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Full text of "Zeitschrift für Mathematik und Physik"

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Zeitschrift 


für 


Mathematik  und  Physik 


herausgegcbon 


unter  der  vernntwortliclion  Roilaction 


voll 


Dr.  O.  Schlömilch,  Dr.  E.  Kahl 

1111(1 

Dr.  M.  Cantor. 


Dreizehnter  Jahrgang. 

Mit  5  lithograpliirten  Tafeln.  ^ 


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LEIPZIG, 

V«rlHg  von   B.  G.  Teubner. 

1S68. 


1929k?*^ 


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Inhalt. 


Arithinetik  und  Analysis.  Seiio 

Znr  Anwendung  der  Kettenbrüche.    Von  Prof.  Jon.  Lieblein Ö3 

Bemerkungen  über  einige  bestimmte  Integrale.   Von  Dr.  A.  Enneprb     •     •     .  250 
Ableitung  der  PArtialbruoh-  nnd  Productentwickehingcn  für  ^ic  trigonome- 
trischen Functionen.   Von  Prof.  Dr.  Scbröter 254 

Zwei  Sätze  aus  der  Theorie  der  binären  quadratischen  Formen.  Von  G,  Cantor  259 

Anflösnng  einer  Aufgabe  von  Boncompagni,  die  Snmme  von  Cnbikzahlcn  be-  \'  • '. 

treffend.   Von  Dr.  L.  Matthibssbn  .     .     .    ' 348 

Note  über  die  Integration  der  partiellen  Differentialgleichung 

Von  Dr.  Ttchben 441 

Zur  Theorie  der  Maximal-  und  Minimalwertbe.    Von  Prof.  Klbibpblleb     .     .  515 

Synthetische  nnd  analytisohe  Geometrie. 

Ueber  eine  das  Hyperboloid  betreffende  Aufgabe.   Von  Prof  Dr.  Gordan   •     .  69 
Lineare  Construction  eines  Punktcpaares,  welches  zu  zwei  gegebenen  Punkte- 
paaren gleichzeitig  harmonisch  ist.    Von  Dr.  Gbblle 148 

Ueber  das  grösste  einer  Ellipse  einbeschriebene  n-Eck.   Von  Dr.  Grelle     .  153 

Verallgemeinerung  des  Problems  der  kürzesten  Linie.   Von  Dr.  Lüroth    .     •  156 

Ueber  den  Obelisken  und  das  Prismatoid.    Von  Dr.  Bauer 100 

Ein  geometrisches  Paradoxon 162 

Ueber  die  Bedingungen,  dass  vier  Punkte  auf  einem  Kreise  und  fünf  Punkte 

auf  einer  Kngelfläclie  liegen.    Von  Dr.  A.  Ennbper 261 

Ueber  eine  gewisse  Ciasse  von  Curven  dritten  Grades.    Von  F.  Eckabdt    .  ' .  263 
Die  pr ojectivisc he n  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  nnd  aus- 
gezeichneten Elemente  ebener  Curven.  Von  P.  Scholz    .    •  207 

Fortsetzung  und  Schluas  dieser  Abhandlung 355 

Ueber  die  developpabele  Fläche,  welche  zwei  gegebenen  Flächen  umschrieben 

ist.   Von  Dr.  Enneper 822 

Ueber  den  Aufsatz  von  Grelle :  „  Lineare  Construction  eines  Punktepaares, 
welches  zu  zwei  gegebenen  Punktepanren  gleichzeitig  harmonisch  ist". 

Von  Dr.  H.  Hertzer 352 

Erklärung  in  Betreff  der  Abhandlung  des  Herrn  v.  Drach,  über  die  cubischen 

Kegelschnitte.   Von  O.  Hesse  ,  A.  Clebsch  und  C.  Neumann    ....  353 
Ueber  Polartetraeder  und    die  Schnittcurve  zweier  Flächen 

zweiterOrdnung.   Von  Dr.  Lüroth 403 

Ueber  Cnrvenbündel  dritter  Ordnung.   Von  Prof.  Dr.  Reye 521 

Einfache  lineare  Construction  der  Flächen  zweiter  Ordnung  aus  neun  und 

ihrer  Durchdringungscurven  aus  acht  Punkten.   Von  Prof.  Dt,  I^ü.^^     •  VH 
Gelegentliche  Bemerkung  über  die  Ellipse,   Von  0.  ScHLi»MiiXH    •    •     .     %     •        ^"^ 


IV  Inhalt. 


Deseriptive  (Geometrie  und  Gedoäsie.  seiie 

Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  höhe- 
ren Geodäsie.     Von  Dr.  F.  R.  Helmert 73 

Fortsetzung  und  Schhiss  dieser  Abhandlung 163 

Ueber  Isophoten  (Linien gleicher  Lichtintensität).  Von  Dr. L.  Bürmestbr  227 

• 

Mechanik. 

Ueber    die   Formveränderungen    prismatischer    Stäbe    durch 

Biegung.   Von  Prof.  A.  V.  Pkschka 38 

Mittheilung  aus   Thomson  and  Tait:  ireaiise  on  natural  phUotophy,    Von  Dr. 

Krdmkb 347 

Zweite  Mittheilung  aus  Thomson  and  Tau:  ireatise  on  natural  phihsophy.    Von 

Dr.  Kbummb 445 

WämLelehre  nnd  Moleonlarphysik. 

Mathematische  Studien  über  die  Materie.    (Zur  Lehre  der  Aqui- 

valentvolumina.)   Von  L.  Püdenz 187 

Beiträge  zur  Molecularphysik.   Von  Prof.  Wittwbr 2ii 

Beit  rag  zur  mechanischen  Theorie  der  Wärme.    Von  Prof.  Eibel  .         491 
Ueber  den  Temperatur  zustand  eines   von  zwei  nicht  concen- 
trischen  Kugelflächen    eingeschlossenen  Körpers.     Von 
Dr.  FaoscH 497 

Elektrioität  nnd  Magnetisnins. 

Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  inder  elektrischen 

Telegraphie.    Von  Prof.  Dr.  Zetzsche 1 

Fortsetzung  und  Schhiss  dieser  Abhandlung 451 

Die  mathematische  Bestimmung  derEIectricitätsvertheilung 

auf  Conductoren.   Von  Dr.  Kottbbitzsch 121 

Zur  Geschichte  der  Erfindung- der  elektrischen  Telegraphie.    Von  Prof.  Dr. 

Zetzsche 350 

Ueber  die  magnetische  Fern  Wirkung  elektrischer  Ströme  und 

Stromringe.    Von  E.  Wetr 414 

Vermiflohtes. 

Neues  Flintglas 72 

Beiträge  zur  Kenntniss  der  Sternschnuppen 161 

Das  Carpi-Präminm 352 


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I. 


-  «    ^  .. 


Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

Telegraphie. 

Von 

Professor  Dr.  Eduard  Zetzsche. 


V.  Die  imterseeisolie  Telegraphie. 

(Zweite  Abtheilang.) 


(Hierzu  Tafel  I,  Fig.  1—37.) 


Nachdem  wir  in  dem  vorhergehenden  Aufsätze  einen  üeherhlick  über 
die  Entstehung  und  Ausbreitung  der  unterseeischen  Telegraphie  zu  geben 
versucht  haben,  lenken  wir  nun  unsere  Aufmerksamkeit  auf 

II.    Die  unterseeische  Leitung  selbst. 

In  Betreff  der  Unterseekabel  oder  Telegraphentaue,  welche  die 
Leitungen  für  die  unterseeischen  Telegraphen  bilden,  sind  vorwiegend 
folgende  Punkte  näher  zu  erörtern :  die  Einrichtung  und  Herstellung  der 
Unterseetaue ,  die  Prüfung  derselben ,  ihre  Legung  und  nöthigenfalls  ihre 
Wiederaufholung  und  Ausbesserung. 

1.  Bie  Sinriohtimg  und  HersttUnng  der  TTaterteetaue. 

An  jedem  unterseeischen  Telegraphenseile  lassen  sich  drei  ver- 
schiedene Theile  unterscheiden,  nämlich  der  eigentliche  Leiter,  die 
Isolationsmittel  und  die  Schutzmittel. 

Das  Material,  welches  den  eigentlichen  Leiter  der  Elektricität  bilden 
soll,  mnss  namentlich  bei  langen  Unterseeleitungen  ein  möglichst  guter 
Leiter  sein  und  darf  zugleich  weder  an  sich  selbst,  noch  durch  das 
Isolationsmittel  und  durch  die  elektrischen  Wirkungen  des  Stroms  Ver- 
änderungen ausgesetzt  sein,  welche  das  Leitungsvermögen  vermindern  oder 
gar  den  metallischen  Zusammenhang  des  Leiters  gefährdew*^  e^^^u^^  ^v^t^a^ 
darf  der  Leiter  e'we  Dacbtbeilige  Wirkung  auf  das  l8o\al\oiiÄm\\\.^\  %ää- 

Zeiltehrift  f.  Mathematik  a.  Physik  XIU,  1.  Y 


2        Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 


üben.  Diesen  Anfordernngen  ejiWpjricdjC  möglichst  reines  Kupfer  ziem- 
lich vollkommen,  weshalb ^e^  ^st^Ugfemein  für  diesen  Zweck  Verwendung 
gefunden  hat.  Das  Kvpfee.  nmbs  natürlich  «ehr  sorgfältig  ausgewählt  und 
vor  seiner  Verwi^MvAg'  auf  seine  Leitungsfähigkeit  untersucht  werden. 
Zu  noch  grölBser&r.lBicherheit  jedoch  schldg  C.  F.  Varley  vor,  einen  oder 
mebrcT^/der'Drähte ,  aus  denen  die   Leitung  hergestellt  wird,  ganz  oder 

Ihefb^.elfie  aus  Platin  zu  machen,  damit,  falls  ja  das  Kupfer  weggefressen 

•   »   •  • 

•*.  ^*ül:de,   das  Platin  den  Strom  noch  leiten  könne  (Deutsche  Industrie-Ztg. 
1866,  S.  338).     Ausser  dem  Kupfer  kam  auch  Eisen  zur  Anwendung;  so 
legte  T.  P.  Shaffner  Eisendrähte  Nr.lO  im  Mississippi  und  S.  C.  Bishop 
in  New- York  im  Hudson    {Shaffner^  ielegraph  manual^  S.  600  und  603). 
Baudouin  endlich  schlug  vor,  Aluminium  zu  verwenden.     Anfänglich 
benutzte     man     einen    einfachen     Kupferdraht    von     entsprechendem 
Querschnitte.     Bei  dem  im  Sommer  18&6  im  St.  Lorenzbusen  versenkten, 
von  Glass,  Elliot&Co.  verfertigten   Tau  war   zum    ersten   Male   der 
Leiter  aus  mehreren  Kupferdrähten  (nach  Shaffner^  teUman.  S.  617  aus 
vier,  nach  Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  3,  S.  178  und  Ztg.  d.  Vereins  deutschen 
Eisenbahnverw.  1861,  S.  334    aus   sieben  Drähten    Nr.  22)   zusammen- 
gedreht {Mechanics  Magazine  64^   S.  513).     Schon  am  21.  Juni  1854   hatte 
Henry  Vernon  Physickin  London  ein  Patent  auf  solche  ans  mehreren 
Drähten  zusammengedrehte  oder  geflochtene  Leiter  erhalten,  während  Pro- 
fessor William  Thompson  und  die  Civilingenieure  John  Thompson 
nnd  William  John  Macquorn  Rankine,  sämmtlich  in  Glasgow,  unterm 
4.  December  ein  ganz   ähnliches   Patentgesnch  eingereicht  hatten  {Mech, 
Mag.  62,  S.  40  u.  620).     Im  September  1857  wurde  ein  Tau   mit  4  aus  je 
4  Dräthen  bestehenden  Leitern  zwischen  Sardinien  pnd  Afrika  gelegt,  und 
seitdem  werden  die  Leiter  vorwiegend  aus  mehreren  zusammengedrehten 
oder  parallel  neben   einander   liegenden  Kupferdrähten  hergestellt;   sehr 
häufig  wendet  man  7  Dräthe  an,  von  denen  6  spiralförmig  um  den  siebenten 
herumgewunden  werden.  Dabei  hat  man,  obwohl  die  Leitungsfähigkeit  etwas 
geringer  wird  (nach  Whitehouse  etwa  8%;    Delamarche,   Elemente 
der  unterseeischen  Telegraphie  S.  24),  offenbar  eine  vermehrte  Sicherheit 
gogen  eine  Beschädigung  des  kupfernen  Leiters  (Ader).    Besteht  nämlich 
die  Ader  aus  blos  1  Drahte,  so  könnte  sie  bei  einer  etwa  in  diesem  vor- 
handenen fehlerhaften  oder  schadhaften  Stelle  leicht  reissen  und  der  ganze 
Leiter  wäre  dann  unbrauchbar.  Bei  einer  aus  mehreren  Drähten  oder  Fäden 
gebildeten  Ader  dagegen  können  die  einzelnen  Drähte  solche  ursprünglich 
vorhandene   oder  später  entstandene  Fehlerstellen   haben   und   sogar   an 
solchen  Stellen  reissen,  ohne  dass  dadurch  die  ganze  Ader  den  Dienst  ver- 
sagt, weil  es  ganz  unwahrscheinlich  ist,  dass  in  allen  Drähten  fehlerhafte 
Stellen  neben  einander  zu  liegen  kommen.   Ausserdem  besitzt  auch  der  zu 
mehrfädigen  Adern  verwendete  feinere  Draht  an  sich  schon  eine  grösser^ 
OJelchartlgkeit    und    solche    aus    mehreren    Drähten    zusammengedrehte 


Telegraphie.  Von  Dr.  Eduard  Zetzsche. 

Adern  vertragen  eine  grössere  Dehnung.  Freilich  werden  sich  bei  mehr- 
'ftdigen  Adern  auch  mehr  Stellen  finden,  an  denen  die  einzelnen  Drähte 
behnfs  ihrer  Verlängerang  zusammengelöthet  sind,  und  daher  muss  dieses 
Zasammenlöthen  der  einzelnen  zur  Ader  zu  verseilenden  Drähte  mit 
besonderer  Sorgfalt  ausgeführt  werden ,  damit  nicht  durch  unvollkommene 
Löthungen  der  Widerstand  des  Taues  ohne  Noth  vermehrt  werde.  Wenn 
ferner  ein  Draht  der  Ader  springt  und  zufällig  die  isolirende  Hülle  verletzt 
oder  durchbohrt,  so  kann  das  eindringende  Wasser  das  ganze  Tau  durch- 
dringen und  einen  grösseren  Stromverlust  veranlassen;  dem  könnte  man 
jedoch  durch  Zusammenlöthen  der  verschiedenen  Drähte  der  Ader  be- 
genen  {Du  Moncel^  traite  de  telegraphie  electrique,  S.  253). 

Mit  der  Dicke  des  Leiters  wächst  zwar  dessen  Leitungsfähigkeit, 
allein  auch  die  Schwierigkeiten  bei  der  Herstellung,  Verladung  und  Ver- 
senkung, weshalb  man  die  Dicke  nicht  zu  gross  wählt.  Bei  langen  Tauen 
hat  der  Leiter  im  Mittel  etwa  2  Millimeter  Durchmesser;  bei  kurzen  Tauen 
kann  man  bis  auf  1  Millimeter  herabgehen.  (Delamarche,  Elemente S. 43.) 

Die  Zahl- der  Leiter  in  einem  Taue  wechselt  zwischen  1  und  6. 
Die  ersten  Taue  hatten  in  der  Regel  eine  grössere  Anzahl  Leiter,  während 
die  in  den  letzten  Jahren  versenkten  meist  nur  1  Leiter  enthalten.  Mit  der 
Zahl  der  Leiter  wächst  natürlich  der  Durchmesser  des  Taues ,  daher  auch 
dessen  Steifigkeit  und  Gewicht ,  sodass  namentlich  bei  sehr  grossen  Tiefen 
dadurch  zugleich  die  Legung  schwieriger  wird.  Zu  erwähnen  ist  hier  noch 
ein  am  15.  September  1855  als  Mittheilung  patentirter  Vorschlag  von  Gor- 
don,  unter  Verzichtung  der  Benutzung  der  Erde  als  Rückleitung,  zwei 
Drähte  nahe  an  einander  in  dasselbe  Tau  ztf  legen  und  als  einen  Stromkreis 
zn  benutzen,  damit  beide  stets  gleich  stark,  aber  entgegengesetzt  geladen, 
somit  Rückströme  und  Inductionsströme  in  benachbarten  Drahtpaaren  un- 
möglich würden  {Mech,  Mag.  64  S.  424;  Delamarche,  Elemente  der  un 
terseeischen  Telegraphie  S.  19;  vergl.  auch  Poggeudorff's  Annalen 
102  S.  66).  Ein  ähnlicher  Vorschlag  von  J.  N.  Hearder  findet  sich  im 
Civil  Engineer  and  Architects  Journal  1859.  S.  219. 

Eine  iiolirende  Hülle  muss  der  Leitungsdraht  erhalten,  weil  das 
Wasser  die  Eiektricität  leitet.  Diese  Hülle  soll  ausserdem  undurchdring- 
lich und  im  Wasser  unveränderlich  sein.  Das  jetzt  vorwiegend  zur  Isola- 
tion verwendete  Material  ist  Guttapercha.  Getheertes  Garn  und  Kautschuk 
sind  zwar  früher,  als  Guttapercha,  aber  nur  vorübergehend  angewandt  wor- 
den. Die  Guttaperchaallein  ist  indess  noch  nicht  ein  so  vollkommener  Isolator, 
als  man  wünschen  muss;  daher  benutzt  man  meist  gleichzeitig  noch  irgend 
eine  aus  verschiedenen  Stoffen  zusammengesetzte  Mischung.  Die  von 
L.  Wraj  vorgeschlagene  Mischung  besteht  aus  2  oder  2^  Theilen  Kaut- 
schuk, ^k  Theil  Harz,  1  Theil  gepulvertem  Quarz  oder  Thonerde  und 
etwa  Vg  Theil  Guttapercha;  sie  isolirt  sehr  gut,  ist  schwer  &^Vim^\2X)^T  \i\A 
ihr  Widerstand  wächst  mit  der  Temperatur ,  allein  sie  kaniv  täqXiX.  wi  ^^^ 


4        Beiträge  zur  Gescliichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 


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Oberfläche  der  Taue  angewendet  werden,  da  sie  leider  vom  Meerwasser 
zerstört  wird.    Die  noch  geheim  gehaltene  Mischung  von  Hngbes  ist  eine 
anscheinend    der   Steinkohle   entstammende,    klebrige  Substanz,    weiche 
zwischen  die  verschiedenen  Lagen  von  Guttapercha  gebracht  wird ,  um  die 
Poren  nnd  Risse  derselben  auszufüllen.  R  a  d  c  1  i  f  f  e  vermischt  Guttapercha  mit 
Kohle,  um  ihre  Daner  zu  erhöhen;  dabei  erhöht  sich  aber  das  Isolationsver- 
mögen  nicht  wesentlich  nnd  es  wird  auch  geringer,  wenn  die  Temperatur 
steigt.    Ebenso  ist  es  bei  der  Mischung  von  Godefroy,  welche  aus  Gutta- 
percha und  gestossenenKokusnussschalen  besteht.  Die  so  häufig  angewandte, 
am  9.  August  1858  patentirte  Mischung  von  John  Chatterton  (und  Wil- 
loughby  Smith)  enthält  3  Theile  Guttapercha ;  1  Theil  Stockholmer  oder 
Holztheer  und  1  Theil  Harz,  ein  Verhältniss,  bei  dem  das  Ganze  entspre- 
chend flüssig  ist;  sie  erhärtet  in  der  Kälte,  wird  aber  bei  etwas  höherer 
Temperatur  flüssig;  sie  wird  warm  zwischen  die  verschiedenen  Lagen  Gutta- 
percha aufgetragen  {Du  Moncel^  iraite  de  teL  eleclr,  S.  254;  Polytechnisches 
Centralblatt  1860  S.  342;  1863  S.  899).     Siemens  und  Halske  geben  dem 
Leiter  zunächst  eine  dünne  Schicht  Chatterton's  Compound;  hierauf  wer- 
den ohne  Anwendung  von  Wärme  schmale,  lange  Bänder  von  Kautschuk 
aufgewalzt,  dann  wieder  Chatterton's  Compound  und  eine  Lage  Gutta- 
percha; darüber  kommen  2  Lagen  von  besonders  vorbereiteten  Hanfschnü- 
ren in  entgegengesetzten  Windungen  nnd  zuletzt  wird  ein  Band  von  (phos- 
phorhaltigem)  Kupferblech  spiralförmig  um  das  Tau  gewunden,  so   dass 
das  Tau  nicht  dicker    als  V^  ^oi^   ^^^  nicht  theurer   wird,   als  ein   mit 
Eisendraht  nmhülltes  (Deutsche  Industrie- Zeitung  1864  S.  100;  Du  Moncel^ 
iraite  de  tel.  el.  S.  262). 

Das  Kautschuk  muss  rein  sein,  wird  in  schmalen  Streifen  an- 
gewendet, die  mit  ihren  frischgeschnittenen  Rändern  an  einander  kleben, 
und  das  Ganze  wird  durch  heisses  Wasser  gezogen,  mit  vulkanisirtem 
Kautschuk  eingehüllt  und  einer  höhern  Temperatur  ausgesetzt,  damit  sich 
die  Flächen  gut  vereinigen.  Siemens  und  Halske  wenden  parallele  Läng- 
streifen an,  Silver  dagegen  windet  die  Streifen  spiralförmig  um;  Biloret 
endlich  wickelt  Kautschukfäden  um  den  Leitungsdraht  (Du  Moncely  iraite 
de  ie'l.  dt.  S.  255  —  257). 

Die  Guttapercha  muss  ebenfalls  möglichst  rein  sein  und  wird  des- 
halb auf  besonderen  Maschinen  gereinigt;  sie  wird  in  mehreren  dünnen, 
von  Blasen  und  Rissen  freien,  den  Draht  ringsum  in  gleicher  Dicke  umge- 
benden Lagen  aufgebracht  und  äusserlich  mit  Stockholmer  Theer  umgeben, 
die  umpressten  Drähte  dürfen  der  Luft  und  Wärme  nicht  ausgesetzt,  son- 
dern müssen  an  kühlen  Orten  in  Rollen  mit  nur  schwach  gekrümmten 
Windungen,  womöglich  unter  Wasser  aufbewahrt  werden.  Denn  während 
die  Guttapercha  im  Süss-  und  im  Meerwassersich  viele  Jahre  hindurch  ganz 
unverändert  erhält  und  erst  bei  70°  C.  weich  und  knetbar  wird,  fängt  sie 
schon  bei  30^  C.  ah  zu  erweichen  nnd  dabei  könnte  der  Draht  die  Lage 


Telegraphie.    Von  Dr.  EduAED  Zetzsche. 

genau  in  der  Mitte  seiner  Hülle  verlassen ;  an  der  Luft  und  im  Licht  femer 
wird  die  Guttapercha  bröckelig  und  zerbrechlich,  wechselnde  Nässe  und 
Trockenheit  aber  zerstören  sie  sehr  bald ,  besonders  im  Sonnenlichte.  Vul- 
kaoisirte  d.  h  mit  Schwefel  versetzte  Guttapercha  bewährte  sich  nicht,  da 
sich  zunächst  Schwefelkupfer  bildete  und  dieses  mit  der  Guttapercha  zu 
einer  dunkelbraunen,  die  Elektricität  leitenden  Masse  verband.  Bramley 
schlug  vor,  die  Dauer  der  Guttapercha  durch  einen  Zusatz  von  Creosot 
oder  dgl.  zu  erhöhen  (Polytechnisches  Centralblatt  1860.  S.  628). 

Die  Temperatur  ist  von  Einfluss  auf  die  isolirenden  Sto£Pe,  ebenso 
der  Druck,  dem  sie  ausgesetzt  werden;  letzterer  verdichtet  dieselben  und 
vermehrt  dadurch  das  Isolations vermögen.  Diese  Stoffe  nehmen  an  ihrer 
Oberfläche  etwas  Wasser  auf,  die  Guttapercha  jedoch  vom  Meerwasser 
nur  eine  unbedeutende  Menge  und  nur  in  der  äussersten  Schicht;  mehr  da- 
gegen nimmt  Kautschuk  auf.  Die  Wasseraufnahme  ist  um  so  grösser,  je 
höber  die  Temperatur,  je  grösser  die  Dichte  des  Wassers  und  je  kleiner 
die  Dicke  der  isolirenden  Schicht  ist. 

In  Frankreich  nimmt  man  allgemein  an,  das  Kupfer  der  Drähte  wirke 
reducirend  auf  das  Kautschuk  und  bewirke  dadurch  dessen  Zerfliessen ,  da 
ja  das  Weich  werden  desselben  von  innen  heraus  beginne.  Mit  Gomme  vierge 
de  Para  (amerikanisches  Kautschuk)  versetztes  Kautschuk  dagegen  zeige 
dies  nur  an  den  der  Luft  ausgesetzten  Drahtenden.  Ausserdem  könnte 
man  dem  entgegen  arbeiten,  wenn  man  zwischen  Kupfer  und  Kautschuk 
eine  Schicht  von  Guttapercha  oder  Chatterton's  Mischung  bringt. 

Das  Umpressen  des  Leitungsdrahtes  mit  Gu1|{apercha  erfolgt  in 
einem  grossen  wagerecht  liegenden  Cylinder,  welcher  durch  Dampf  soweit 
erhitzt  ist,  dass  die  eingebrachte,  in  besonderen  Kesseln  bereits  vor- 
gewärmte und  erweichte  Guttapercha  in  ihm  halbflüssig  wird,  infolge 
des  mittelst  eines  in  den  Cylinder  allmählich  tiefer  und  tiefer  eingeschraub- 
ten Kolbens  auf  sie  ausgeübten  starken  Drucks  aus  einer  nach  oben  mün- 
denden Oeffnung  austritt  und  sich  dabei  an  den  genau  in  der  Mitte  des 
Mundstücks  durchgeführten  Draht  anlegt.  Nach  dem  Austritt  des  Drahtes 
erkaltet  der  Guttaperchaüberzug,  erstarrt  und  der  umpresste  Draht  kann 
auf  eine  grosse  Trommel  aufgewunden  werden.  Ferr^re  entwarf  eine 
ganz  ähnlich  eingerichtete  Maschine ,  in  der  mehrere  Drähte  zugleich  Über- 
zogen werden  können  (Dingler's  polytechnisches  Journal  139  S.  11).  Vor- 
theilhafter  ist  es,  den  Kolben  durch  eine  im  Cylinder  angebrachte,  in  ste- 
tiger Umdrehung  erhaltene  Schraube  ohne  Ende  (Schnecke)  zu  ersetzen 
und  durch  diese  die  Guttapercha  durch  ein  am  Ende  des  Cylinders  befind- 
liches Mundstück  J»indurchzupressen ,  so  dass  sie  sich  an  den  ebenfalls 
stetig  durch  das  Mundstück  geführten  Draht  anlegt;  so  braucht  nämlich 
der  Betrieb  keine  Unterbrechung  zu  erleiden.  Damit  zwischen  dem  Drahte 
und  der  Guttapercha  keine  Zwischenräume  oder  Luftbläschen  bleiben^  tt&\iWl 
man  den  Draht  meist  erst  mit  Chatterton's  MLiBcliung  undi  \^\^\.  *^xd^ 


6        Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

dann  mehrere  Lagen  von  Guttapercha,  deren  jede  nicht  unter  1 — 1,2  Milli- 
meter dick  sein  darf,  wenn  für  die  Güte  der  Arbeit  eingestanden  werden 
soll.  Man  beschränkt  sich  in  der  Regel  auf  3 — 5  Lagen,  obwohl  bei  Probe- 
tauen bis  25  Lagen  angewendet  worden  sind.  Ueberzogen  werden  Kupfer- 
drahtlängen von  3000 — 6000  Fuss ;  die  Vereinigung  dieser  Längen  erfolgt 
dann  so,  dass  man  die  Drahtenden  auf  5 — 6  Zoll  blos  legt,  sorgfältigst 
zusammenlöthet ,  mit  mehreren  Lagen  Guttaperchastreifen  umwickelt,  den 
Ueberzug  mit  der  Spirituslampe  erweicht  und  mit  dem  Finger  an  den 
Draht  andrückt. 

Eine  eigenthümliche  Herstellungsw^se  von  Telegraphen  tauen  Hessen 
sich  Southworth,  Lorillard  &  Ferris  in  Neu-York  für  England  paten- 
tiren :  sie  fertigen  nämlich  zunächst  ans  Guttapercha,  Kautschuk  oder  einem 
andern  Isolator  einen  Strang  mit  fortlaufenden  Längsrippen,  also  mit 
kreuz-  oder  sternförmigen  Querschnitten ,  legen  darauf  in  einer  besonderen 
Maschine  je  1  Draht  zwischen  je  2  Rippen  dieses  Strangs  und  nöthigen  nun 
den  Strang  durch  eine  sich  umdrehende,  trichterförmig  ausgehöhlte  Spindel 
zu  gehen ,  wobei  sich  die  Rippen  um  die  Drähte  herumlegen ;  der  aus  der 
Spindel  austretende  Strang  wird  sofort  mit  Draht  oder  Garn ,  welches  von 
einer  Spule  kommt,  umwickelt,  um  die  Rippen  in  ihrer  Lage  fest  zu  halten ; 
von  3  Spulen  einer  andern  Spindel  erhält  dann  das  Ganze  eine  zweite  Lage 
von  Garn  oder  Draht,  läuft  durch  ein  Gefäss  mit  kaltem  Wasser  und  wird 
endlich  nochmals  mit  Garn  oder  Draht  umwunden,  welche  von  Spulen  einer 
sich  mit  umdrehenden  Scheibe  ablaufen  (Ding  1er 's  Journal  179  S.  52  aus 
London  Journal,  Ogitober  1865). 

P.  A.  Balestrini  (Patentgesuch  vom  8.  Septbr.  1855;  Mech.  Mag,  64 
S.  402)  sucht  die  Guttapercha  ganz  zu  umgehen;  er  lässt  die  Drähte  mit 
Hanf  oder  einem  andern  Faserstoff  umspinnen,  mit  mehreren  Schichten 
Kautschuklösung  und  einer  Schicht  Marineleim  tiberziehen,  eine  gleiche 
Umspinnung  in  entgegengesetzter  Richtung  mit  ebensolchem  Ueberzug 
darüberlegen  und  das  Ganze  mit  einer  Hülle  von  mit  wasserdichten  Stoffen 
getränktem  Hanf  bedecken;  sind  mehrere  so  isolirte  Drähte  in  ein  Tau  zu 
vereinigen,  so  werden  sie  vorher  mit  Draht  umwickelt. 

Capitän  R  o  w  e  1 1  isolirt  den  kupfernen  Leiter  mit  7  Lagen  Kautschuk, 
schliesst  ihn  in  ein  zolldickes  Hanfseil  und  schützt  das  Tan  mit  seiner  sich 
als  wirksam  erweisenden  Schutzlösung,  unter  Ausschluss  jeder  Eisenhülle 
{The  Atlantic  Telegraph,  S.  106). 

Zum  Schutz  gegen  die  Luft  wird  die  Guttaperchahülle  mit  einer  oder 
2  getheerten  Hanflagen  umgeben.  Dies  g^chieht  in  einer  einfachen 
Maschine ,  die  zwischen  2  hölzernen  Scheiben  eine  Anaahl  von  Spulen  ent- 
hält, auf  welche  die  Hanffäden  oder  Schnuren  aufgewickelt  sind  und  sich, 
wenn  die  Scheiben  in  Umdrehung  versetzt  werden ,  auf  das  langsam  und 
gleichmässig  durch  die  hohle  Axe  der  beiden  Scheiben  laufende,  zu  um- 
apinnende  Tau  aufwickeln,  da  jeder  Faden  durch  ein  Loch  der  hohlen  Axe 


Telegraphie.    Von  Dr.  Eduard  Zetzsche. 

nach  dem  Tau  geführt  ist.  Werden  mehrere  Guttaperchadrähte  in  ein  Tau 
vereinigt,  so  werden  bei  der  Ueberspinnung  die  Zwischenräume  zwischen 
ihnen  durch  parallel  eingelegte  Hanfschnüre  (Trensen)  ausgefüllt.  — 
Capitän  Koux  umwickelt  das  Kabel,  um  es  leichter  zu  machen,  mit  einer 
dicken  Schicht  von  dem  im  südlichen  Frankreich  vielfach  verwendeten 
Hattengeflecht  («/^aWerte) ,  welches  auf  dem  Wasser  schwimmt,  nicht  gc- 
theert  zu  werden  braucht  und  im  Wasser  nur  langsam  fault  (Comptes  ren- 
dus  72,  8.  284). 

Die  grösste  Mannigfaltigkeit  herrscht  in  Bezug  auf  die  eigentliche 
Schutshtllle »  welche  das  Tau  bekommt.  Zwar  hat  man,  namentlich  früher 
z.  B.  1850  bei  dem  Tau  zwischen  Dover  und  Calais,  wiederholt  versucht, 
die  Guttaperchadrähte  ohne  weitere  Schutzhülle  in  das  Wasser  zu  versen- 
ken; dies  erscheint  indess  nur  dann  zulässig,  wenn  die  Wassertiefe  nicht 
so  bedeutend  ist,  dass  das  Tau  beim  Versenken  durch  die  Last  des  im 
Wasser  schwebenden  Stücks  und  durch  die  etwa  hinzukommenden  Zer- 
rungen oder  Stösse  einer  nachhaltigen  Dehnung  oder  gar  dem  Zerreissen 
ausgesetzt  ist,  und  wenn  zugleich  das  gelegte  Tau  so  ruhig  und  weich  auf 
dem  Boden  liegt,  dass  ein  Abscheuern  der  Guttaperchahülle  ebensowenig, 
wie  eine  Beschädigung  des  Taues  durch  Schififsanker  oder  Bohrmuscheln 
zu  befürchten  steht.  Gewöhnlich  ist  eine  besondere  Schutzhülle  ganz 
unerlässlich ;  durch  dieselbe  wird  die  absolute  Festigkeit  des  Taues  ver- 
grössert  und  das  versenkte  Tau  gegen  äussere  Beschädigungen  geschützt, 
allein  die  Schutzhülle  vermehrt  zugleich  auch  das  Gewicht  des  Taues  und 
es  ist  natürlich  wesentlich  darauf  zu  achten,  dass  das  Gewicht  des  Taues 
nicht  etwa  ^in  stärkerem  Masse  wachse ,  als  die  Festigkeit  gegen  den  Zug. 
Je  schwächer  man  die  Schutzhülle  nehmen  kann,  desto  billiger  wird  es  und 
desto  mehr  kann  man  allen  das  Tau  gefährdenden  Unfällen  beim  Einladen, 
Verschififen  und  beim  Legen  entgehen  zu  können  hoffen*).  Man  hat  des- 
halb in  dieser  Richtung  sehr  verschiedene  Vorschläge  gemacht;  so  schlug 
Allan  vor,  einen  4  Millimeter  dicken  Kupferdraht  mit  24  Stahldrähten  von 
der  Dicke  einer  Nähnadel  spiralförmig  zu  umwickeln  und  das  Ganze  mit 
4  Lagen  Guttapercha  zu  überziehen  und  mit  einer  doppelten  Lage  getheer- 
ten  Bandes  zu. versehen  (^JDu  Moncel,  traild  detel.eL  S.  262);  ferner  wollte 
Bauduoinals  Leiter  einen  Eisendraht  von  der  6^^fachen  Dicke  eines  aus- 


*)  Vgl.  auch  Dingler 's  Journal  184  S.278  aus  Afech.  Mag.  März  1867,  S.  1^9: 
Proben  des  Kabels,  welches  nach  dem  Verfahren  der  British  and  Americain  Telegraph 
Company  angefertigt  und  darch  längere  Zeit  dem  Versuche  unterworfen  waren,  haben 
bei  ihrer  neuerlichen  Untersuchung  gezeigt,  dass  mit  der  Zeit,  innerhnlb  welcher 
solche  Kabel  in  der  tiefen  See  versenkt  bleiben,  ihre  Festigkeit  und  Isolationsfähig- 
keit zunimmt.  Die  Verringerung  des  Gewichts  und  des  Volumens  lässt  erwarten,  dass 
die  Anwendung  solcher  Kabel  mit  geringeren  Kosten  und  weniger  SchwierigkeUen 
verbunden  sein  dürfte,  als  dies  bei  den  schon  ausgeführten  2  Unterseelinien  der 
Fall  war,  um  so  mehr,  als  das  Auslegverfahren  für  ein  neues  Kabel^i^^^uVW^^^^x- 
besserongen  erfahren  kann. 


8        Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 


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reichendiBn  kupfernen  Leiters  verwenden,  etwa  6  Eisendrähte  von  2  Milli- 
meter Dicke  zusammendrehen  und  hlos  mit  getheertem  Hanf  ohne  Schutz- 
dräbte  bedecken,  oder  einen  2  Millimeter  dicken  Aluminiumdraht  blos  mit 
Guttapercha  bis  zu  mindestens  5  Millimeter  Dicke  überziehen ,  oder  auch 
den  Leiter  aus  Kupfer,  Alumiu  und  Eisen  zugleich  herstellten  {Glösener^ 
iraile  des  applicaiions  de  Velectricite,  Paris  1861,  S.  275—282;  Du  Moncel, 
reuue  des  applicaiions  de  Telectricite  pour  1857  et  1858,  Paris  1859,  8.  21,  88,  9J). 
Das  zwischen  Varna  und  Balaclava  gelegte  Tau  hatte  blos  an  den  Uferenden 
eine  Schutzhülle.  Dass  übrigens  bei  ruhigem  Wasser  auf  dem  Meeresboden 
eine  etwaige  Beseitigung  der  Schutzhülle  dem  Tau  selbst  nicht  gefährlich 
ist,  haben  die  wiederaufgenommenen  Taue  dargethan,  z.  B.  das  erste  Do- 
ver-Calais-Tau,  das  Tau  zwischen  Dover  und  Grisnez  bei  seiner  Ausbesse- 
rung im  Jahre  1859  (Zeitschrift  des  deutsch-österreich.  Telegraphen-Vereins, 
8,  S.  185),  eines  der  Shoeburyness- Kabel  {Mech,  Mag,  13,  S.  347)  und  das 
atlantische  Kabel  vom  Jahr  1865  (Schellen,  das  atlantische  Kabel,  Braun- 
sehweig  1867,  S.  117).  Bei  Tiefseetauen  sind  die  Küstenenden  weit  mehr 
Beschädigungen  durch  Schiffsanker  und  den  Wellenschlag  ausgesetzt,  als 
die  Mittelstücke;  daher  pflegt  man  den  Küstenenden  eine  weit  stärkere 
Schutzhülle  zu  geben,  als  den  Mittelstücken  und  kann  dies  unbedenklich, 
weil  bei  der  an  den  Küsten  vorhandenen  geringeren  Tiefe  die  Legung 
dadurch  nicht  gar  zu  sehr  erschwert  wird.  Die  Schutzhülle  darf  femer 
nicht  so  eingerichtet  sein,  dass  sie  eine  Ausbesserung  des  Taues,  falls  sein 
Leiter  beschädigt  werden  sollte,  unmöglich  macht.  In  manchen  Fällen  ist 
die  Schutzhülle  zugleich  dazu  bestimmt,  dem  Tau  übei;haupt  ein  so  grosses 
specifisches  Gewicht  zu  verschaffen,  dass  es  von  selbst  untersinkt,  man  also 
nicht  nöthig  hat,  es,  wie  z.  B.  das  von  1850  zwischen  Dover  und  Calais  ge- 
legte Tau  durch  besondere  Gewichte  zu  beschweren. 

Eine  in  England  zur  Prüfung  der  Ursachen  des  Misslingens  so  vieler 
Unterseetaue  und  zu  Untersuchungen  über  die  zweckmässigste  Einrichtung 
der  Taue  niedergesetzte Commission,  welcher  auch  die  Professoren  Thom- 
son und  Wheatstone,  Varley,  Latimer  Clark,  Edwin  Clark, 
William  Fairbairn  und  Joseph  Whitworth  angehörten,  äussert 
sich  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  8,  S.  182  und  11,S.72;  Du  Moncel.iratte  de  iel.  eU 
S.  258)  dahin,  dass  kein  Tiefseetau  leicht  sein  dürfe,  weil  es  sonst  nicht 
wieder  aufgenommen  werden  könne  und  weil  sich  beim  Versenken  das 
grössere  Gewicht  durch  ein  grösseres  Volumen  ausgleichen  lasse,  so  dass 
die  Spannung  beim  Legen  trotzdem  nicht  grösser  sei,  als  bei  einem 
leichten  Tau;  dass  fast  kein  leichtes  Tau  sich  bewährt  habe,  schwere  da- 
gegen um  so  besser,  je  schwerer  sie  waren;  daher  sei  eine  blose  Hanf- 
httUe  nicht  ausreichend,  vielmehr  eine  Metallhülle  nöthig,  zwischen  ihr 
und  dem  Isolator  aber  müsse  eine  dicke  Decke  getheertes  Garn  oder  Band 
befindlich  sein,  um  während  der  Erzeugung  und  Legung  des  Taues  als 
Polster   zu  dienen.     Mit  Rücksicht  auf  die  Verhütung  einer  zu  grossen 


Telegraphie.    Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  9 

Dehnung  des  Taues,  einer  zu  grossen  Pressung  der  isolirenden  Hülle  und 
Verhütung  von  Schlingen  beim  Legen  empfiehlt  die  Commission  die 
Schatzdrfthte  in  möglichst  steilen  Windungen  amzalegen,  also  möglichst 
parallel  zum  Leiter*).  Für  Taue  in  seichtem  Wasser  sei  das  Gewicht 
nicht  maassgebend,  sondern  der  Schntz  gegen  von  Aussen  kommende  Be- 
schädigung. Um  ein  Anhängen  der  Meeresthiere  zu  verhüten,  könne  man 
dem  Tau  einen  mit  einem  Gift  versetzten  Anstrich  geben,  wie  es  Jon  v in 
fKr  eiserne  Schiffe  vorgeschlagen  hat,  nämlich  ein  Gemisch  aus  preuesischem 
Blau  und  Turpethum  minerale  (basisch  schwefekaures  Quecksilberoxyd), 
woraus  sich  unter  Wasser  Quecksilbercyanid-Chloruatrium,  ein  sehr  hef- 
tiges Gift,  bildet 

Auch  zur  Schutzhülle  sind  sehr  verschiedene  Stoffe  vorgeschlagen  und 
verwendet  worden :  O^Shaughnessy  benutzte  1839  gespaltenes  indisches 
Rohr  für  ein  Flusstau.  Duncan  Hess  sich  in  England  das  Eatan-  oder 
Botang-Rohr  für  diesen  Zweck  patentiren,  welches  im  südlichen  Ben- 
galen und  China  in  gleichmässig  60  Fnss  langen  Stücken  massenhaft  und 
billig  zu  haben  ist  und  dessen  kieselige  Rinde  weder  vom  Wasser  noch 
von  Insecten  angegriffen  wird ;  die  Seele  des  Taues  soll  mit  den  Rohrstä- 
ben ähnlich  wie  mit  Drähten  umsponnen  werden.  (Deutsche  Industrie- 
Zeitung  1862  S.  131;  Du  Moncel^  traue  S.  263).  Auch  spanisches  Rohr 
wurde  versucht  (Deutsche  Industrie  -  Zeitung  18Ö3  8.  35).  Ein  B 1  e  i  ü  b  e  r  - 
xug  wurde  wiederholt,  u.  A.  von  Samuel  C. Bishop  in  Nenyork  (ßhaff- 
nerjteL  man,  S.  006)  angewendet.  Bishop  baute  besondere  Maschinen 
zum  Ueberziehen  der  isolirten  Drähte  mit  Blei;  auch  John  Chatterton 
in  Birmingham  Hess  sich  am  12.  Juni  1851  eine  verbesserte  Maschine 
zum  Aufziehen  von  Bleiröhren  auf  die  Drähte  patentiren  (Mech.  Mag.  56 
8.  132;  Dingler^s  Journal!  24  S.  265).  Whishaw  schlug  vor,  das  Tau  in 
bewegliche  Eisenröhren  zu  legen,  welche  aus  Stücken  von  1 — 3  Fuss 
Länge  und  1  —  2%  Zoll  Durchmesser  hergestellt  werden  sollten,  indem 
diese  mittelst  Kngelzapfen  verbunden  würden,  wobei  die  Verbindungsstellen 
nicht  wasserdicht  zu  sohliessen  brauchten  (Civil  Engineer  and  Archilecls  Jour- 
nal 1840  S.  804).  Zinnröhren  über  dem  Kabel  und  der  Eanfnm Wicke- 
lung empfahl  Lami  de  Nozan  (Deutsche  Industrie  -  Zeitung  1866  S.  208). 
Shepfaerd  und  Button  liessen  sich  am  23.  November  1850  zugleich  mit  der 
Umwiokelung  des  Outtaperchadrahtes  mittelst  mit  isolirenden  Stoffen  ge- 
tränkten Flannell  und  darüber  mittelst  Metall  oder  Metalldraht  ein  Verfah- 
ren patentiren,  nach  welchem  der  Draht  in  den  von  den  Gliedern  einer 
Kette  gebildeten  Winkelranm  gelegt  und  an  der  Kette  mittelst  Klampen 


*)  Diese  Ansicht  thoilen  auch  Allan  und  Delamarche,  während  Feiten 
and  Quill eaume    bei  festem  Anelnanderscbliessen  der    einseinen  Drähte   oder 
Litsen  eine  sehftdiiche  Ansrecknng  des  Seils  nicht  für  möglich  halten  (Zeitschr.  d. 
TeL-Ver.  1,  8.  171;  3,  8.  101).  —   Bei  Wheatstone's  Tau  von  \ft^   *o\\Uiv  ^\^ 
Bchntzdräbte  senkrecht  zurAxe  gewickelt  werden  (DelamarcYie,  YAeTO^nV^,  ÄA^\ 


10        ßeirnge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 


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befestigt  werden  sollte  {Mech,  Mag,  54  S.  438).  Einen  Panzer  ans  Blech- 
streifen  oder  Stahldrabt  in  mehreren  Lagen  mit  je  einer  Zwischen- 
lage von  Guttapercha  unter  Vermeid ang  von  Hanf  Hess  sich  J.  de 
la  Haie  patentiren  (Deutsche  Industrie  -  Zeitung  1866  S.  308  und  478). 
Knpferblechstreifen  verwendeten  Siemens  und  Halske  1865  beim 
Bona  -  Biserte  •  Tau.  Das  gewöhnlichste  Material  sind  aber  Eisen-  oder 
Stahldrähte,  welche  theils  in  Litzen  zusammengedreht  (nach  Feiten  und 
Guilleaume  in  Cöln;  Zeitschrift  des  Telegraphen -Vereins  3  S.  178),  theils 
einzeln  umgelegt  werden  und  im  letztem  Falle  wieder  entweder  und  zwar 
gewöhnlich  in  spiralen  Windungen  oder  auch  in  parallelen  Lagen  und  mit 
besonderen  Bindedrähten  oder  Kupferblech  (Siemens  und  Halske;  vergl. 
Du  Moncel^  iraite  S.  262)  umwickelt  Einfache  Drähte  umschliessen  die 
Seele  dichter  und  allseitiger;  die  Litzenumspinnung  erhöht  zwar  die  Kosten 
des  Taues  um  257of  hat  aber  den  Vorzug,  dass  ein  etwa  spriugendei*  Draht 
durch  die  andern  Drähte  derselben  Litze  verhindert  wird ,  sich  vom  Tau 
loszutrennen.  Feiten  und  Guilleaume  in  Cöln  geben  die  Kosten  eines 
laufenden  preussischen  Fusses  eines  Seiles  mit  4  Leitungsdrähten,  mit 
doppelter  Hanfumwickelung  und  mit  Litzen  von  verzinktem  Eisendrahte 
zu  22  Sgr.  und  bei  unverzinktem  Eisendrahte  zu  18  Sgr.  an ,  während  ein 
nur  mit  einfachen  dicken  verzinkten  oder  unverzinkten  Eisendrähten  um- 
bponnenes  Seil  beziehungsweise  13  oder  11  Sgr.  kostet  (Zeitschrift  des  Tele- 
graphen-Vereins 1  S.  173).  Der  Eisendraht  wird  aus  dem  besten  Holzkoh- 
leneisen hergestellt  und  soll  eine  Tragfähigkeit  von  80000  Pfund  auf  1  Qua- 
dratzoll besitzen*).  Die  Eisendrähte  wurden  mehrfach  verzinkt,  oder  ge- 
theert  oder  noch  mit  einer  verhältnissmässig  dicken  Lage  getheerten  Hanfs 
Übersponnen,  um  dadurch  das  specifische  Gewicht  zu  vermindern.  Das 
Besten  und  Zerfressen  werden  der  Eisendrähte  wird  durch  diese  Hanf- 
decke nicht  aufgehalten,  wohl  aber  die  Festigkeit  während  des  Legens  ver- 
grössert  {Mech,  Mag.,  neue  Folge,  13  S.  347).  Die  Maschine  zum  Ueberspinnen 
des  Seils  mit  den  Eisendrähten  oder  Litzen  ist  der  schon  erwähnten  Ma- 
schine, welche  die  Guttaperchahülle  mit  der  Hanflage  versieht,  ähnlich, 
nur  in  allen  Theilen  stärker  und  grösser;  durch  grosse  Seilscheiben  wird 
das  fertige  Seil  von  der  Maschine  selbst  herausgezogen;  beide  Maschinen 
werden  durch  Dampf  getrieben.  Die  Herstellung  der  Taue  in  der  Fabrik 
von  Felten&Guilleaumein  Cöln  ist  in  der  Zeitschrift  des  Telegraphen- 
Vereins  (l  S.  160 — 178  und  daraus  in  Dingler*s  Journal  134  S.  117)  ausführ- 
lich beschrieben. 

Wesentlich  abweichende  Einrichtungen  der  Telegraphentaue  wnrden 


*)  Newa  11  verlangt  eine  Tragfähigkeit  von  60  Kilogramm  auf  l  Qoadrat- 
millimeter;  beim  amerikanischen  Tan  riss  das  Eisen  bei  70  Kilogramm,  bei  4em 
Tan  zwischen  Sardinien  nnd  Algier  bei  41 -—42  Kilogramm  (Pelamarche,  Ele- 
mente, S.  47. 


Telegraphie.  Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  11 

▼on  ThomasAllaB  in  London  und  von  S.  Statham  vorgeschlagen.  Nach 
Allan  (Patent  vom  8.  Februar  1853)  soll  das  Tan  einen  gerade  laufenden 
starken  Eisendraht  als  Kern  erhalten  und  um  denselben  die  mit  Guttapercha 
überzogenen  Leiter  abwechselnd  mit  starken  Eisendrähten  spiralförmig  ge- 
wunden und  allenfalls  noch  durch  eine  Lage  dünner  Eisendrähte  gegen 
Beschädigung  von  aussen  geschützt  werden  {Mech.  Mag,  57  S.  366; 
dO  S.  137;  63  S.  414  und  613).  Eine  englisch  •  amerikanische  Gesellschaft 
beabsichtigte  Falmouth  und  Halifax  durch  ein  Allan^sches  Kabel  zu 
verbinden  (Deutsche Industrie- Zeitung  1867 S.  309).  Statham  dagegen  Hess 
sich  am  15.  August  1855  ein  Verfahren  patentiren ,  nach  welchem  um  eine 
isolirende  Seele  (mit  oder  ohne  darin  befindlichen  Draht  oder  Schnur)  einer 
oder  mehrere  Leitungsdrähte  gewickelt  werden  und  nach  Befinden  Draht- 
lagen mit  isolirenden  Lagen  abwechseln  sollten;  nach  einem  Patent  vom 
26.  Januar  1856  dagegen  sollte  als  Leiter  ein  hohles  Seil  aus  spiralförmig 
gewundenen  Metalldrähten  dienen  mit  oder  ohne  Seele  aus  Guttapercha, 
Kautschuk  und  dergl.  (Mech.  Mag.  64,  S.  282 ;  65  S.  304 ;  D  i  n  g  1  e  r '  s  Journal 
146  8.  115). 

Wird  ein  ans  so  verschiedenartigen  Stoffen  hergestelltes  Seil  in  seiner 
Längsrichtung  einem  Zuge  ausgesetzt,  so  dehnen  sich  alle  Stoffe  um  gleich- 
viel und  es  ist  darauf  zu  achten,  dass  bei  keinem  die  Elasticitätsgrenze 
überschritten  wird.  Die  Guttapercha,  deren  absolute  Festigkeit  etwa  3700 
Pfund  für  1  Quadratzoll  beträgt  und  deren  specifisches  Gewicht  0,08  ist,  er- 
reicht die   Elasticitätsgrenze  erst,  wenn  sie  um  0,04  ihrer  Länge  gedehnt 

• 

wird,  das  Kupfer  dagegen  schon  bei  einer  Dehnung  von  0,ooi3  (Schellen, 
d.  atl.  Kabel  8.  14  und  22).  Wird  nun  beim  Kupfer  die  Elasticitätsgrenze 
überschritten,  ohne  dass  sie  bei  der  Guttapercha  erreicht  wird,  so  wird 
letztere  sich  nach  dem  Aufhören  des  Zugs  wieder  vollkommen  auf  ihre 
frühere  Länge  zusammenziehen,  das  Kupfer  dagegen  hat  «ine  bleibende 
Dehnung  erlitten,  muss  sich  durchbiegen  und  die  Guttaperchahülle  durch- 
brechen. Die  Hanfschnüre  können  sich  um  Vio  ^^^  Ve  ^^f^i'  Länge  aus- 
dehnen und  daher  müssen  hauptsächlich  die  Eisendrähte,  deren  Elaäticitäts- 
grenze  etwas  unter  der  des  Kupfers  liegt,  das  Kupfer  vor  einer  das  Tau 
gefährdenden  Ausdehnung  schützen.  Es  ist  daher  die  Dicke  der  Eisen- 
drfthte  nach  dem  specifischen  Gewichte  des  Taues  und  der  Wassertiefe  zu 
bestimmen.  Baudouin  hat  mehrfache  Versuche  mit  Tauen  angestellt 
(Glösener^  traiiä  des  appL  S.  277 flg.  aus  Du  Moncelt  Revue  des  appl. 
de  ViUctr.  S.  88).  Das  36  Millimeter  dicke  Tau  von  Spezzia  mit  8  Milli- 
meter dicken  Schutzdrähten  würde  bei  einer  Belastung  durch  eine  Länge 
von  0000  Metern  des  ruhig  im  Meer  hängenden  Taues  reissen ;  das  nur  15 
Millimeter  dicke  atlantische  Tau  mit  seiner  0,8  Millimeter  dicken  Eisenhülle 
hat  eine  neunfach  geringere  Festigkeit,  würde  aber  doch  erst  bei  0500  Meter 
Länge  reissen.  Ein  nach  Band  ouin^s  Vorschlag  hergestelltes  Tau  mit 
eisernem  Leiter,  welcher  allein  1140  Kilogramm  trageu  kbnuX.^^  h<*i^x^\A 


12       Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

der  Kapferdraht  des  atlantischen  Taues  bei  37  Kilogramm  Belastung 
reissen  würde,  hätte  bei  der  nämlichen  Dicke,  wie  das  atlantische  Tau,  im 
Wasser  nicht  462,  sondern  nur  147  Gramm  Gewicht  und  könnte  eine  Länge 
von  13945  Meter  tragen,  während  das  atlantische  nur  9480  Meter  ku  tragen 
vermochte.  Ein  Baudouin^sches  Tau  mit  Alumininraleiter  endlich 
würde  bei  270  Kilogramm  reissen,  in  der  Luft  20,  im  Wasser  7  Gramm 
wiegen  und  könnte  eine  Länge  von  i^^^**= 38000  Meter  tragen;  4000 Meter 
desselben  würden  nur  78  Kubikmeter  einnehmen  und  106  Tonnen  wiegen 
gegen  696  Kubikmeter  und  2548  Tonnen  beim  atlantischen  Tau;  im 
Meer  hängend  würden  4400  Meter  nicht  2032,  sondern  nur  31  Kilogramm 
wiegen;  allein  sein  Preis  wäre  doppelt  so  gross. 

Die  Firma  Glass,  Elliot  &  Co.  hat  in  den  8  Jahren  1854  bis  1862 
allein  6749  englische  Meilen  Leitungen  ausgeführt  (D.  Ind.Ztg.  1863,  S.  68). 

Als  Beleg  für  die  grosse  Mannigfaltigkeit  in  der  Ausftihrung  der 
Unterseetaue  geben  wir  auf  Tafel  I  eine  Zusammenstellung  von  Abbil- 
dnngen  verschiedener  ausgeführter  Taue,  und  zwar: 

Fig.  1:  ein  amerikanisches  Flusskabel  nach  Shaffner,  Wade  und 
Sleetk,  1853;  a  ist  ein  Draht  Nr.  10  aus  schwedischem  Eisen,  dereinen 
Zug  von  1300  Pfund  anshält,  b  sind  3  Lagen  Guttapercha,  c  getheerte 
Leinewand,  d  Längsdrähte  Nr.  10,  e  Bindedrähte  Nr.  12. 

Fig.  2:  im  Hudson  gelegtes  Tau  von  Samuel  C.  Bishop  in  New- 
Yotk ;  a  mit  Guttapercha  isolirte  Kupferdrähte,  h  weite  Guttaperchahülle, 
c  Schützhülle  aus  getheertem  Hanfgarn. 

Fig.  8:  ebenfalls  von  Bishop;  mit  3  Drähten  Nr.  10  aus  schwe- 
dischem Eisen,  getrennt  durch  einen  Guttaperchastrang  a  und  umschlossen 
von  einer  Guttaperchahülle  b  und  einer  Hanfgarnhülle  c. 

Fig.  4:  von  Charles  T.  und  J.  N.  Chester  in  New-York;  5Kapfer- 
drahte  in  Guttapercha ,  in  einer  getheerten  Hanfgamhülle  und  12  Eisen- 
drähten Nr.  6. 

Fig.  5  :  ebenfalls  von  Chester  und  mit  12  Eisendrähten  Nr.  6.  Gans 
ähnlich  war  das  Mittelmeer- Tau  von  1856,  nar  batte  es  blos  10  ebenso 
starke  Schutzdrähte. 

Fig.  6:  auch  von  Chester,  mit  12  Eisendrähten  Nr.  16.  Shaffner 
(ielegr,  man.  S.  605)  bildet  noch  3  andere  Taue  mit  1  Leitungsdraht  and 
ähnlicher,  aber  stärkerer  Umhüllung  aus  12  Eisendrähten  Nr.  10  und  12 
oder  9  Drähten  Nr.  12  ab;  ebenso  2  Taue  mit  je  6  Litzen  aus  je  7  Eisen- 
drähten für  reissende  Flüsse,  von  denen  dass  stärkste  einen  .Zug  von 
14  Tonnen  aushalten  kann, 

Fig.  7:  Dover- Calais-Tau  vom  Jahr  1851,  von  Newall;  mit  4 Kupfer- 
drähten Nr.  16,  zwischen  denen  Hanflitzen  liegen,  mit  einer  Hülle  aus 
'Hanflitzen  und  10  verzinkten  Eisendrähten. 

Fig.  8 :  Holyhead  -  Howth  -  Tau  von  1852,  von  Newall;  a  Mittelstück, 
b  Küstenende. 


Telegraphie.    Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  1 3 

Fig.  0:  Donaghadee-Port-Patrick-Taa,  1852,  von  Newall.  Aehnlich 
war  das  Dover- Ostende -Tau,  nur  dass  es  12,  aber  etwas  dünnere  Schuts- 
drähte hatte. 

.  Fig.  10:  Donaghadee- Port -Patrick -Tau,  1853,  von  Newall;  mit 
6  Kupferdrähten  Nr.  16  und  12  Eisendrähten  Nr.  2.  Ebenso  war  das  Hit- 
telmeertau  von  1855. 

Fig.  11:  Küstenende  des  Taues  zwischen  Oxfordness  und  Haag,  von 
Newall. 

Fig.  12:  Tau  von  Prinz  Eduards -Insel  nach  Neubraunschweig,  1852, 
von  Newall. 

Fig.  13:  Tau  für  den  Balize-Telegraph  bei  New-Orleans,  von  NewalL 
Ein  ähnliches  von  Newall  wurde  im  Hudson  bei  New- York  versenkt« 

Fig.  14:  a  Mittelstück ,  b  Küstenende  des  Mittelmeertaues  von  1857, 
von  Newall. 

Fig.  15:  a  Mittelstück,  b  Küstenende  des  Taues  zwischen  Cagliari« 
Malta,  Corfu,  1857,  von  Newall.  Ganz  ähnlich  war  das  indische  Tau 
(Suez-Aden-Karratschi),  nur  mit  2  Lagen  Guttapercha. 

Fig.  16:  Tau  im  grossen  Belt,  1853,  von  Newall. 

Fig.  17:  Tau  zwischen  Algier  und  Port- Vendres,  1860,  mit  einem  2  Milli- 
meter dicken  Strang  von  7  Kupferdrähten,  4  Lagen  von  Guttapercha^  abwech- 
selnd mit  4  Lagen  von  Chatte rton^s  Mischung,  1  Lage  von  getheertem 
Hanf  und  10  Stahldrähten  von  2  Millimeter  Dicke  in  getheertem  Hanf.  Ge- 
sammtdicke  22  Millimeter;  Gewicht  eines  Meters  in  der  Luft  620,  im  Wasser 
308  Gramm. 

Fig.  18 :  Malta  -  Alezandria  -  Tau,  1861 ;  si'ebendrähtiger  Kupfetstrang 
von  4  Millimeter  Dicke,  3  Lagen  Guttapercha,  Hanf-  und  EisenhiQle. 

Fig.  19:  Bona -Biserte- Tau  von  Siemens  in  London,  1865;  drei- 
drähtiger  Kupferstrang,  mit  einer  dünnen  Schicht  von  Chatterton^s 
Mischung,  darauf  2  Lagen  Guttapercha  und  2  Lagen  getheerten  ELanfs, 
endlich  Kupferstreifen. 

Fig.  20:  Flusstau  mit  3  Leitungen  in  der  Elbe  bei  Pillnitz. 

Fig.  21 :  a  und  b  Mittelstück,  c  Küstenende  des  atlant.  Taues  von  1858. 

Fig.  22:  desgl.  von  1865.  Die  Hanflitzen  waren  getheert,  die  Eisen- 
drähte nicht  galvanisirt. 

Fig.  23:  desgl.  von  1866.  Die  5  Manillahanflitzen  um  die  galvanisirten 
Eisendrähte  sind  nicht  getheert. 

Das  Tau  im  Persischen  Golfe  (Karratschi-Buschier)  hatte  über  dem 
Kupferdrahte  4  Lagen  Guttapercha,  1  Lage  getheerten  Hanf,  16  Eisendrähte 
und  darüber  eine  bandförmige  Umwickelung  mit  Leinwand ,  welche  in  Pech 
getränkt  war  (Schellen,  d.  elektro - magn.  Telegr.  4.  Aufl.  S.  228).  — 
In  der  Elbe  zwischen  Hamburg  und  Harburg  wurden  1855  und  1860  2  Kabel 
gelegt;  das  letztere  ist  ähnlich,  wie  Fig.  14  construirt,  nur  mit  stärkeren 
Schutzdrähten  (Zeitschr.  d.  Tel.- Ver.  8,  165—173), 


14      Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 


Das  für  die  Strasse  yon  Kertsch  bestimmte,  bei  Felten&Guilleanme 
in  Cöln  verfertigte  Kabel  von  12  Seemeilen  Länge  und  3000  Ctr.  Gewicht 
hatte  einen  Leiter  von  1  Linie  Dicke  aus  7  Kupferdrähten,  3  Guttapercha- 
htillen  und  ]  Schutzhülle  aus  10  %  Zoll  dicken  verzinkten  Eisendrähten ; 
Tragfähigkeit  1500  Ctr.  (Dingler 's  Journal  181,  S.  154). 

2.  Die  FrüAing  der  Vnteneetaiio. 

Von  der  grössten  Wichtigkeit  ftir  das  Gelingen  ist  die  Prüfung  der 
Taue,  und  zwar  darf  dieselbe  nicht  blos  in  einer  Prüfung  des  fertigen 
Taues  bestehen,  sondern  es  müssen  die  zur  Verfertigung  des  Taues  zu 
verwendenden  Stoffe  schon  vorher  sorgfältig  geprüft  werden  und  ganz  be- 
sonders muss  bei  der  Versenkung  des  Taues  dessen  Zustand  einer  fort- 
dauernden Untersuchung  unterworfen  werden,  damit  jede  etwa  eintretende 
Mangelhaftigkeit  sofort  erkannt  und  Anlass  zur  Beseitigung  des  entstande- 
nen Fehlers  gegeben  werde.  Natürlich  muss  das  Tau  ausser  den  physika- 
lischen Proben  auch  einer  Prüfung  auf  seine  Festigkeit  unterzogen  werden, 
damit  es  nicht  beim  Versenken  reisst.  (Vergl.  auch  Delamarche,  Ele- 
mente S.  38). 

Von  den  Eohstoffen  sind  vor  deren  Verarbeitung  sorgfältig  zu  prüfen : 
das  Kupfer,  die  Guttapercha  und  das  Eisen.  Die  im  Handel  vorkommen- 
den Eupfersorten  schwanken  je  nach  ihrer  Eeinheit  in  Bezug  auf  ihre 
Leitungsfähigkeit  in  sehr  weiten  Grenzen  (vergl.  auch  Du  Moncelj  traite 
8.  254;  femer  Dingler's  Journal  146,  S.  113  aus  Mech,  Mag,  67,  S.  30),  bei 
sorgfältig  ausgewählten  Telegraphendrähten  bis  zu  20%.  In  dem  Malta- 
Alexandria- Kabel  z.  B.  kamen  an  verschiedenen  Stellen  Kupfersorten  vor, 
deren  Leitungsfähigkeit  zwischen  00  und  74  wechselte,  wenn  die  des  reinen 
Kupfers  =  100  gesetzt  wurde.  Daher  muss  zuerst  jeder  zu  verwendende 
Kupferdraht  auf  sein  Leitungsvermögen  geprüft  werden.  Bei 
der  Herstellung  des  atlantischen  Kabels  vom  Jahr  1865  wurden  alle  Drähte 
verworfen,  deren  Leitungsfähigkeit  unter  85%  von  der  des  reinen  Kupfer« 
betrug.  Ausführliche  Versuche  darüber  und  über  die  MetAlllegierungen 
wurden  von  Dr.  A.  Matthiessen  und  M.  Holzmann  auf  Veranlassung 
der  englischen  Regierung  ausgeführt  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  7,  S.  261 — 269 
und  8,  S.  9—14  aus  Poggendorff's  Annalen  HO,  S.  222  und  190).  Ebenso 
muss  ferner  die  Leitungsfähigkeit  des  isolirenden  Materials 
bestimmt  werden ;  dieselbe  ist  bei  constanter  Temperatur  hinlänglich  gleich- 
massig;  bei  dem  für  die  Strecke  Eangoon-Singapore  bestimmten  Kabel 
nahm  die  Leitungsfähigkeit  zwischen  den  Temperaturgrenzen  von  5 — 27^  C. 
nahe  im  Verhältniss  von  1:7  zu,  jedoch  nicht  constant.  Dr.  Werner 
Siemens  und  C.  William  Siemens  führten  daher  ihre  Prüfungen  stets 
bei  24®  C.  aus ,  weil  dieser  Temperaturgrad  nach  der  Legung  des  Kabels 
selten  überschritten  wird  und  dabei  kleinere  Fehler  verhältnissmässig  viel 
}eichteT  wahrnehmbar  sind;    nachdem  die  zu  untersuchenden  Drahtringe 


Telegraphie.  Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  15 

24  Stunden  in  einem  Behälter  mit  Wasser  von  24^  gelegen  hatten,  wurden 
sie  in  den  mit  Wasser  von  24°  gefüllten ,  hermetisch  verschliessbaren  Ver- 
snchskasten  gebracht  nnd  einem  Drnck  von  600  Pfund  auf  1  Quadratzoll 
ausgesetzt,  damit  das  Wasser  in  die  etwa  vorhandenen  Höhlungen  oder 
Risse  eindringe*).  Beobachtungen  an  Tauen  während  des  Versenkens 
derselben  haben  bestätigt,  dass  unter  hydrostatischem  Druck  dieLeitungs- 
Miigkeit  der  Guttapercha  sich  merklich  vermindert,  nach  Aufhören  des 
Druckes  jedoch  wieder  etwas  über  den  ursprünglichen  Werth  steigt.  Bei 
Drabtringen  mit  geringen  Fehlem  dagegen  erzeugt  die  Zunahme  des 
äusseren  Druckes  keine  Zunahme  oder  selbst  eine  Abnahme  des  Isolations- 
vermögens;  dies  bietet  den  Schlüssel  zur  Ermittelung  von  Mängeln,  die 
sonst  nicht  wahrnehmbar  sein  würden  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  7,  S.  112). 
W,  und  C,  W.  Siemens  wählten  für  die  Prüfungen  des  Leitungsver- 
mögens des  Kupfers  und  der  G uttapercha  als  Widerstandseinheit **^ 
den  Widerstand  einer  Quecksilbersäule  von  1  Meter  Länge  und  von 
1  Quadratmillimeter  Querschnitt  bei  der  Temperatur  0^,  da  sie  die  Jaco bi- 
sche Einheit  nicht  für  zweckmässig  erachteten  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  7, 
8.  55— Ö8  und  8,  S.  76—85,  aus  Poggendorfrs  Annalen  HO,  S.  1  und 
113,  8.  91;  mit  Tabelle  der  Widerstände  der  anderen  Metalle).  Dr.  Mat- 
thiessen  schlägt  eine  Mischung  von  2  Gewichtstheilen  Gold  und  1  Theil 
Silber  vor  (PoggendorfTs  Annalen  112,  S.  353)  und  verth eidigt  die  von 
der  British  Association  aufgestellte  Einheit  (Poggendorff^s  Annalen  129, 
S.  161).  lieber  die  veischiedenen  Einheiten  vergl.  femer  Zeitschr.  d.  Tel.- 
Ver.  13,  S.  1  und  12  aus  Poggendorffs  Annalen  126;  S.  369  und  127, 
S.  327.  Zur  Bestimmung  der  Widerstände  der  zu  verwendenden  Drähte 
benutzten  Gebrüder  S i e m e n s  die  Wheatstone'sche  Brücke  [während  Du 
Moncel  {iraite  &,  282)  ein  Ditferentialgalvanometer  vorzieht]  und  Wider- 
standsrollen mit  einem  Widerstand  von  1 — 10000  Einheiten.  Zur  Messung 
von  Widerständen  jenseits  dieser  Grenzen  änderten  sie  die  Brücke  d^hin  ab, 
dass  sie  auch  die  festen  Zweige  a  und  h  (Fig.  24)  nicht  einander  gleich, 
sondern  veränderlich  machten ,  sodass  jeder  derselben  die  Werthe  10^  100 
oder  1000  erhalten  konnte,  wodurch  sie  mit  1 — 10000  in  c  eingeschalteten 
Widerstandseinheiten  einen  Widerstand  d  zwischen  0,oi  und  1000000  Ein- 


^)  Verg^l.  auch  die  Versnebe  von  FleemingJenkin  mit  verschiedenen  Tau. 
stücken;  Polytechnisches  Centrulblatt  1860,  S.  444  ans  dv.  Eng.,  October  1859. 

**)  Eine  prenssische  Meile  Eisendrahtleitung  von  2^^  Linien  Durchmesser  ent- 
spricht 64000  solcher  Einheiten.  Den  Widerstand  von  1  alten  Seemeile  (r=:^  Aequa- 
torgrad)  bei  4»  C.  fand  Dr.  Esselbach  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  ö,  8.  109)  beim 
Rothen  Meer-Kahel  zn  22816,  beim  Bona- Cagliari -Kabel  zu  116232,  beim  Syra- 
Conatantinopel  -  Kabel  zu  4)160,  heim  Hellas -Alexandria -Kabel  zu  21816,  beim 
atlantischen  Kabel  zn  60516  solcher  Einheiten.  —  Die  Widerstünde  YouOuWA.'^^tOcA.^ 
Kautochok  etc.  giebt  Du  Moncel,  traiti^  S.  275. 


16      Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

heiten  messen  konnten.  Zur  Messung  der  isolirenden  Schicht  kürzerer 
oder  hesser  isolirter  Tauenden  (von  etwa  1  Knoten  =  |-  geographisch« 
Meile  Länge)  benutzten  sie  eine  sehr  empfindliche  Sinusbussole*)  oder 
ein  Weber'sches  Spi^elgalvanometer  mit  40000  Um  Windungen  und  magne- 
tischem Spiegel;  mit  Hilfe  eines  regulirenden  Magnets  kann  die  Empfind- 
lichkeit dieses  Instruments  von  1  auf  100  verändert  werden.  Um  das 
Messinstrument  auch  für  die  mit  der  wachsenden  Länge  des  Taues  fort- 
während abnehmenden  Isolationswiderstände  gleich  empfindlich  zu  machen, 
legten  sie  über  die  Drahtwindungen  der  Sinusbussole  noch  eine  zweite 
Lage  von  verhältnissmässig  wenig  Windungen  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  7, 
S.  115),  leiteten  durch  diese  beständig  den  Strom  einer  kleinen  constanten 
Batterie  und  zwar  in  entgegengesetzter  Richtung ,  als  der  zur  Prüfung  der 
Isolation  dienende  Strom  in  den  inneren  ursprünglichen  Windungen  läuft, 
und  regulirten  jenen  Strom  durch  eingeschaltete  Widerstände  so ,  dass  er 
die  Wirkung  des  anderen  auf  die  Magnetnadel  gerade  aufhebt,  diese  also 
in  der  BuhelagC  bleibt.  Wächst  die  Taulänge,  so  wird  der  Widerstand 
im  Kreis  der  äusseren  Umwindungen  so  weit  vermindert,  bis  das  Gleich- 
gewicht an  der  Nadel  wieder  hergestellt  ist,  und  den  bekannten  Werth 
dieser  Widerstandsänderung  braucht  man  nur  mit  dem  festen  Verhältniss 
zwischen  den  Einwirkungen  beider  Umwindungen  auf  die  Nadel  zu  mul- 
tipliciren.  Ist  in  Fig.  25  W  der  Widerstand  der  inneren  Windungen  der 
Sinusbussole,  ^i  der  ihnen  hinzugefügte  Widerstand,  w  der  Widerstand 
der  äusseren  Hilfs Windungen,  Wi  der  in  ihren  Kreis  eingeschaltete  Wider- 
stand, m  und  n  endlich  die  Zahl  der  Batterieelemente  in  diesen  beiden 
Kreisen  und  k  der  constante  Coefficient  des  Verhältnisses  zwischen  den 
Einwirkungen  beider  Umwindungen  auf  die  Nadel,  so  hat  man 

setzt  man  nun  anstatt  ^|  den  unbekannten  Widerstand  x  des  Taues  und 
muss  man  dabei  w^  in  w^  ändern,  während  die  Zahlen  der  Elemente  jetzt 
M  und  N  sein  mögen,  so  wird 

M     n    W+  W,  ^ 
N    m     w-|-«', 
Bei  Messung  des  sehr   grossen  Isolations  widerst  an  des  kurzer  Tauenden 


♦)  Nach  der  aus  A  sin  a  =  S^=nE:  IV  flicsscnden  Formel  lV=zn  sina^:  sina, 
worin  ^'der  zumessende  Isolationswiderstand, er  der  abgelesene  Nadelausschlag, n  die 
Zahl  der  Elemente,  S  die  Stromstärke,  E  die  elektro-motorische  Kraft  eines  Elemen- 
tes, A  eine  Constante  und  sin  a^  die  (bei  länger  dauernden  Messungen  öfters  xu  be- 
stimmende) Constante  des  Instruments.  Die  W'iderstandseinheit  g^ebt  mit  einem 
Element  den  Ausschlag  a,. 


Telegraphie.    Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  1 7 

kann  man  fFund  fv  yernaclilässigen  und  ^=1^  •'jT  setzen,  wobei  k  von 

der  Empfindlichkeit  des  Instruments  nicht  abhängt.  Ueber  den  Isolations- 
widerstand  kurzer  Taue  und  Messungen  des  Widerstandes  der  Isolirschicht 
bei  verschiedenen  Temperaturen  vergl.  Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  7,  S.  201 
und  206. 

Der  Isolationswiderstand  Fisolirter  Drähte  findet  sich  (Zeitschr.  d.  Tel.- 
V^er.  7,  S.  202  n.  Du  Moncel,  Iraiie,  S.  267)  aus  dem  specifischen  Leitungsver- 
mögen  der  verwendeten  Materialien  folgendermassen:  sind  r  und  R  die  Halb- 
messer des  Drahtes  und  der  Guttapercha,  /  und  l  die  Länge  und  das  specifi- 
sche  Leitungsvermögen  des  Drahtes,  so  ist  der  Widerstand  des  isolirenden 

Cylinderdifferentials  von  der  Dicke  dx^  im  Abstände  x  von  der  Längsaxe 

fj^  

d  F  =2  — — —  ,  folglich  der  ganze  Widerstand 


2nklJ      X 


lognal  — 

1 

27tkl 


Unerlässlich  muss  das  Leitungvermögen  für  jede  einzelne  Meile 
des  isolirten  Drahts  gemessen  werden,  nicht  nur,  um  mangelhaftes  Ma- 
terial ausschliessen  zu  können,  namentlich  an  Stellen^  wo  der  metallische 
Zusammenhang  des  Kupferdrahts  beim  Umpressen  gelitten  hat,  sondern 
auch  um  einen  vollständigen  Nachweis  über  die  LeitungsfUhigkeit  jedes 
einzelnen  Theiles  des.  fertigen  Taues  zu  gewinnen,  ohne  welchen  sich  später 
durch  galvanische  Versuche  und  Kechnung  der  Ort  etwa  vorgekommener 
Beschädigungen  nicht  genau  bestimmen  lässt. 

Erfahrungsgemäss  treten  an  den  Stellen  des  isolirten  Drahtes,  wo  die 
isoHrende  Schicht  von  Haus  aus  dünner  war,  als  durchschnittlich,  sei  es  in- 
folge einer  Verletzung,  sei  es  infolge  einer  vom  Wasser  eingedrückten 
Blase  oder  einer  excentrischen  Lage  des  Drahtes  elektrolytische  Wirkungen 
des  Telegraphirstroms  auf  und  veranlassen  Störungen  im  Betrieb.  Daher 
muss  der  isolirte  Draht  auch  sorgfältig  auf  derartige  Fehler  geprüft  werden. 
Dazu  kommt  er  in  ein  mit  schwach  angesäuertem  Wasser  gefülltes,  herme- 
tisch geschlossenes,  gusseisernes  Gefäss,  worin  ein  Druck  von  etwa  140  Ff. 
auf  1  QZoll  herrscht*);  das  eine  Ende  desselben  wird  mit  einem  empfind- 
lichen Galvanometer  und  durch  dieses  mit  dem  einen  Pol  einer  Batterie  ver- 
bunden ;  wird  nun  der  andere  Batteriepol  mit  dem  zweiten  Drahtende  ver- 
einigt, so  erkennt  man  am  Galvanometer  den  Widerstand  der  Kupferader 
und  seine  Leitungsfähigkeit;  isolirt  man  dagegen  3as  zweite  Drahtende  und 
verbindet  dafür  den  zweiten  Pol  mit  dem  gusseisernen  Gefäss,   so  zeigt  ein 


*)  Will  man   etwa  in  der  Gnttaperchahülle  eingeschlossene  Luftbläschen  zam 
Platzen  veranlassen,  so  macht  man  das  Qefdss  vor  dem  £\n{\i\\«ii  dea\^«^f^%^T«m^V 
liebst  luftleer. 

Ulluebrift  r,  Matbeautik  m,  Physik.  XlU,  |.  ^ 


18      Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

Ausschlag  des  Galvanometers  das  Vorhandensein  von  Fehlern,  welche  man 
dorch  langsames  Herausziehen  des  Drahts  his  zur  Fehlerstelle  experimen- 
tell  finden  kann.  (Vergl.  auch  Zeitsehr.  d.  Tel.-Ver.  1,  S.  126  ff.) 

Eine  weitere  Prüfung  hat  sich  auf  das  Vertheilungsvermögen  xa 
erstrecken.  Die  Versuche  haben  dargethan ,  dass  das  specifische  Verthei- 
lungsvermögen isolirendcr  Körper  weit  beständiger  ist,  als  ihr  specifisches 
Leitungsvermögon.  Das  Vertheilungsvermögen  ist  überdies  unabhängig 
von  örtlichen  Fehlern  der  Isolirschicht  und  hängt  wesentlich  von  der  Ge- 
stalt des  Isolators  ab.  Durch  die  3Ics8ung  des  Vertheilungsvermogens 
einer  gegebenen  Taulänge  und  die  Vergleichung  desselben  mit  ,dem  mitt- 
lem Vertheilungsvermögen  des  verwendeten  Materials  lässt  sich  daher 
mit  grosser  Sicherheit  entscheiden,  ob  die  isolireude  Schicht  überall  gleich 
dick  ist,  oder  ob  der  Draht  theilweise  excentrisch  in  ihr  liegt.  Das  Ver- 
theilungsvermögen muss  man  überdies  wissen,  wenn  man  die  Lage  eines 
Bruches  des  Leitungsdrahtes,  bei  welchem  das  Bruchende  isolirt  bleibt,  be- 
stimmen will.  Da  das  Tau  eine  Lejdener  Flasche  bildet,  deren  innere  und 
äussere  Belegung  der  Draht  und  das  Wasser  sind,  so  ist  das  Vertheilungs- 
vermögen K  das  Product  ans  dem  Leitungsvermögen  und  einem  constanten 

2  RX  1 

Factor  C,  al80Ä!'= -,  C,  worin  x  das  specifische  Vertheilungsvermögen 

I  R 

lognai  — 

bedeutet  (Zeitsehr.  d.  Tcl.-Ver.  7,  S.  196  und  Tabelle  der  K  auf  S.  203, 
desgl.  Du  Moncel,  iraile,  S.  274);  diese  Formel  nimmt  aber  beiKabeln  oder 

cylindrischen  Flaschen  die  einfachere  Gestalt  A'= an.  Ist  die  elek- 

lognat  — 

trische  Spannung  E  einer  mit  dem  Kabel  verbundenen  Batterie  in  der  Zeit 
f  auf  y  gesunken  *) ,    so    sinkt    sie    im    folgenden    di  durch  den  nach  dem 

Ohm'schen  Gesetze  stattfindenden  Entladuns'strom  ~  um  du  und  man  hat, 
wenn  w  der  Widerstand  der  isolirenden  Schicht,  A'  der  Vertheilnngscoef- 
ficient  ist, zunächst  — Kdu  ==  —  dt  und  daraus 

"       y        Ktv  2ln%  ^    ,  R        x 

C .  lognai  — 

Beobachtet  man  nun  mittelst  eines  Elektrometers  in  2  verschiedenen 
Fällen  die  Zeiten  /,  und  /,,    in   denen    die    ursprüngliche   Spannung  einer 


*)  Ein  bcfriedig^end  isolirtes  Tau  r.^\^i  nach  seiner  Ladung  stets  einen  deutlicb 
wabrncbmbarcn  Rückschlag.  —  Ucber  die  Prüfung  des  Isolationssnstandes  mit  dem 
Elektrometer  von  P e 1 1 i e r,  vergl. auch  8 c h c II c n,  d. clektromagn. Telcgrapli, 4.  Aufl. 
B,  239  ff. 


Telegraphie.     Von  Dr.  EütrAßD  Zötzsciie.  ^     19 

Batterie  bis  zu  einer  gegebenen  Grösse  herabsinkt,  so  erhfiltman  für  die  spe- 

eifiseben  Leitungsvermögen  das  Verhältniss  -^  =:  -^ ,  mittelst  dessen  man ' 

leicht,  wenn  auch  mit  grösserem  Zeitanfwande,  den  specifischen  Widerstand 
des  isolirenden  Materials  bestimmen  und  die  Isolation  zweier  ähnlicher  Kabel 
vergleichen  kann ,  selbst  wenn  man  kein  Instrument  zu  einer  genauen  Mes- 
sung zur  Hand  hat.  Ueber  das  Verfahren  dabei  vergl.  &nchtD  u  M 0  n  c  el,  iraite 
S.  283;  Schellen,  d.  elektromagn.  Telegraph,  4.  Aufl.  8.230  S.  Das  Resul' 
tat  Mt  daVoB  hiebt  «bhängig,  ob'der  Di'afai  vollkommen  cepjtrisch  in/dem 
Isolator  lieget.  Bei  lasgien  Kabeln  könnten'  indessen  kleine  Fehler  leicht 
der  Beobachtung  entgehen)  da  sie  nur  eitieaDki  im  Verhältniss  znar  ganzen  La*  / 
düng  kleinen  Elektrioitätsverlust  vera!nlaasen^  Daher  ziehen  as  SiemoBS 
vor,  die  Ladung  a  und  nach  VeVlanf  einer  MiniUe  ;die;  Entladung  b  mit  dem  . 

Oalvanometer  zu  messen,  den  Verlust  />  =  l an  Quantität  oder  Span- 

DViDg  in  1  Minute  zu   bestimmen  und  —  anstatt    -—  in  obige  Formel  einzu- 


tsen.  -*-  Ueber  die  Kesultatc  der  Messungen  des  specifischcn  Vertheir 
limngscoefficienten  verschiedener  Isolatoren  vergl.  Zeitschr.  d.  TeL-Ver.  7, 
S.  202—205. 

Bei  der  Prüfung  der  Taue  während  des  Legens  wandten  Sie- 
eng  auf  der  Landstation  ein  Uhrwerk  an,  welches  das  Ende  des  Kabels 
l>wech8elnd  kurze  Zeit  mit  der  Erde ,  dann  mit  dem  Pole  einer  Batterie 
rbaQi)«  dann  einige  Zeit  isolirt  hielt.     Auf  dem  Schiffe  ist  beständig  ein 
^^iderstandsmessapparat  mit  der  Linie  verbunden.     Durch  Herstellung  des 
Grleicbgewichts  an  der  Wh  eatstone'schen  Brücke  wird  abwechselnd  der  Wi- 
derstand der  Isolationsschicht  und  des  Leitungsdrahtes  am  Land  und  auf  dem 
^cbiffe  bestimmt  und  erstere  nach  dem  Schiffe  telegraphirt;    weichen  diese 
^  TTerthe   erheblich  von  einander  ab,  so  ist  ein  Fehler  vorhanden  und    die 
^«ge  desselben  kann  aus  den  beobachteten  Werthen  berechnet  werden.  Die- 
^^8  Verfahren  ist  zwar  ermüdend,  aber  sehr  zweckentsprechend. 

Sind  beide  Tauenden  zur  Hand  und  ist  der  Fehler  bei  f  in  Fig.  26  um 
*  und  y  von  ihnen  entfernt,  während  die  Länge  des  ganzen  Taus  =  /  ist 
^öd  werden   die  Widerstände   w,    und  w^  so  regulirt,    dass   die   Nadel 

des  Galvanometers    G  in  Buhe   bleibt,  so  ist  x  = * — .     Ist  dagegen 

w^  +  w^ 

bei  einer  einfachen  versenkten  Leitung  c  der  Widerstand  dos  ganzen  Taues 

*  und  y  die  Widerstände  vom  Fehler  bis  zu  den   beiden  Enden  hin,    z  der 

»Widerstand  des  Fehlers  selbst,  a,  und  6,  die  Widerstände,  welche  an  beiden 

*^uden  gemessen  werden,  während  jedesmal  das  andere  Ende  isolirt  ist,  und 

^  Und  ft  die  entsprechenden  Widerstände,  wenn  das  andere  Ende  mit  d^t 

E^de  verbunden  ist,  so  liefert  das  Ohm'sche  Gesetz  (Ze\tac\iT.  öl.T^V-N^t. 

^»  8.  190); 


20      BeitrSge  asar  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

fl=a?  +  — -^-,     5  =  5  + 


and  hieraas 


War  das  Kabel  schon>or  Auftreten  eines  entstehenden  Fehlers  nicht 
Yollkonunen  gnt  isolirt,  so  bestimmt  man  den  Widerstand  /  der  schon  vorher 
Torhandenen  Isolationsfehler  annähernd  ans  den  gemessenen  a,  6,  a^  nnd 
6|  nnd  entwickelt  dann  aus  den  nach  Eintritt  des  neuen  Fehlers  an  der  am 
andern  Ende  isolirten  Leitung  gemessenen  Widerstilnden  a^  und  6,  f&r  den 
Ort  des  neuen  Fehlers 

a:==a,~y  l/^i~^  oder  s,  =  ^-yl/Ai:^ 

je  nachdem  der  neue  Fehler  swischen  dem  alten  und  der  Station  Ä  mit  den 
Aufzeichnungen  a,  a^  und  a^  oder  der  Station  B  mit  den  Aufaeichnungen 
hy  6|  und  h^  liegt*). 

Bei  allen  diesen  Versuchen  soll  die  Polarisation  an  der  Fehlerstelle 
möglichst  gleich  sein;  deshalb  wird  durch  vorlftufige  Messungen  der  Ort 
des  Fehlers  erst  angenfihert  bestimmt  und  dann  für  die  eigentliche  Mes- 
sung die  Zahl  der  Elemente  so  regulirt,  dass  der  von  der  einen  oder  andern 
Seite  her  durch  die  Fehlerstelle  gehende  Strom  stets  nahe  dieselbe  Stärke 
hat;  bei  der  Beobachtung  selbst  aber  wartet  man,  bis  die  Polarisation  ihr 
Maximum  erreicht  hat. 

Beim  Versenken  des  atlantischen  Kabels  im  Jahre  1806  erfolgte  die 
Prüfung  nach  einem  von  Willougby  Smith,  dem  ersten  Elektriker  der 
Telegraph  Construction  and  Maintenance  Company,  ausgearbeiteten  Regle- 
ment in  folgender  Weise  (Schellen,  d.  atlant.  Kabel  S.  99--106;  MecK 
Mag.XV^  S.  211):  Die  8  Kabeltheile  waren  auf  dem  Schiff  hinter  einander 
au  einem  einzigen  Stromkreise  verbunden,  dessen  vorderes  Ende  a  (Fig.  27) 
durch  das  irische  Küstenkabel  mit  einem  Marinegalvanometer  (r,,  unter 
Einschaltung  eines  Widerstandes  w  von  derselben  Grösse,  wie  5  Meilen 
Guttaperchahülle**)  verbunden  war,  während  der  auf  dem  Lande  be- 
findliche Taster  T,  für  gewöhnlich  isolirt  war,  aber  durch  Niederdrücken 


*)  Im  leUteren  FaUe  wäre  ar  =  a,  —  2r+r2/— 


^^)  100  Millionen  Einheiten,  da  man  den  Widerstand  von  1  Meile  Gnttapercha- 
schicht  for  die  Temperator  des  Meerwassers  im  Mittel  =  500  Millionen  Einheitea 
j^tsaoJkann* 


Telegraphie.    Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  21 

von  1  auf  2  mit  dem  yerSnderlichen  kleineren  Wid  erstände  w  und  der  Erde 
in  Verbindnxig  gesetzt  werden  konnte.     Das  hintere  Ende  h  des  Kabels  K 
war  auf  dem  Schiffe  durch  das  Beflezgalvanometer  &|  und  den  geschlossenen 
Taster  T^  mit  der  Batterie  B  ans  100  Elementen  einer  sogenannten  Sand- 
oder Sägemehl -Batterie  verbunden.     Letztere   war  also  für  gewöhnlich 
geschlossen  und  sendete  ihren  Strom  durch  G^  und  (r,.     Ein  zweiter,  unter 
Umständen  stärkerer  Strom  geht  blos  durch  Q^  >  die  Guttapercha  und  das 
Wasser ;  denn  die  Guttapercha  isolirt  nicht  vollständig  und  ihr  Widerstand 
würde  bei  2C00  Meilen  Länge  nur  ^^nr  ^  \  Million  Einheiten  betragen, 
während  n;=103  Millionen  Meilen  war.     Vernachlässigt  man  den  verhält- 
nissmässig  kleinen  Widerstand  der  Batterie  und  der  Galvanometer,  so  ver- 
hält sich  der  erstere  (Kupfer-)  Strom  zu  dem  zweiten  (Guttaperchastrom), 
wie  \ :  100.    So   lange    die  Ablenkung   beider  Galvanometer  sich  nicht 
änderte,  war  Alles  in  gutem  Zustande.    Mittelst  des  Tasters  T^  konnte  bei 
Polwechsel  oder  Veränderung  der  Batteriestärke   vom  Schiff  nach  dem 
Lande,  mittelst  T^  vom  Lande  nach  dem  Schiff  telegraphirt  werden«  Wurde 
nämlich  T^  niedergedrückt ,  so  ging  der  Haupttheil  des  Stromes  durch  T^ 
und  w  zur  Erde,  hatte  also  den  Widerstand  w  nicht  zu  überwinden,  und 
deshalb  musste  der  Ausschlag  in  G^  merklich  grösser  werden.     Der  Wider- 
stand w    sollte   den  Kupferslrom  in  6,  nicht  zu  stark  auftreten  lassen. 
Die  Zeitmomente,  in  denen  von  der  Küste  nach  dem  Schiffe  gesprochen 
werden  sollte^  waren  im  Voraus  genau  festgestellt,  damit  keine  Verwechse- 
lnngen eintreten  sollten;  nämlich  die  ersten  30  Minuten  jeder  Stunde  waren 
zur  Prüfung  der  Isolation  bestimmt,  die  folgenden  10  Minuten  zur  Prüfung  des 
Widerstandes  des  Leiters  und  dann  je  10  Min.  zum  Sprechen  zwischen  Schiff 
und  Küste  und  umgekehrt«   Trat  z.B.  bei  c  ein  Isolationsfehler  ein  und  ging 
hier  ein  Theil  des  Stromes  ins  Meer,  so  musste  das  Galvanometer  auf  dem 
Schiff  einen  stärkeren,  das  am  Lande  einen  schwächeren  Ausschlag  zeigen. 
Eine  geringere  Aenderung  im  Ausschlag  deutete  auf  einen  kleinen  Fehler, 
eine  sehr  starke  auf  einen  grossen  Fehler,  auf  „tödtende  Erde"  {dead 
eariK),     Aber  selbst  dann  konnte  vom  Schiff  noch  nach  der  Küste  ge- 
sprochen werden,   wenn  nur  durch  Niederdrücken  von  T^  der  Gesammt- 
widerstand  der  Leitung  fast  auf  die  Hälfte  reducirt  und  G^  zwischen  tv  und 
der  Erde  eingeschaltet  wurde.     Bei  einem  Beissen  des  Kupferdrahtes  ohne 
Verletzung  der  Guttapercha  zeigt  sich  auf  G^  noch  ein  schwacher  Strom, 
da  die  Guttapercha  nicht  ein  absoluter  Isolator  ist,  und  aus  dem  noch  vor- 
handenen Widerstand  der  Guttaperchahülle  lässt  sich  die  Lage  des  Fehlers 
ermitteln ;  da  derselbe  der  Länge  dieser  Hülle  umgekehrt  proportional  ist. 
Ist  der  Leiter  und  die  Guttaperchahülle  gerissen ,  so  wird  der  Widerstand 
plötzlich  wesentlich  kleiner  und  bleibt  'da||in  unveränderlich.     Liegen  nun 
einige  Zoll  des  Knpferdrahtes  im  Wasser^  so  geht  der  Strom  ins  Wasser, 
dessen  Widerstand  man  =0  setzen  kann,  so  dass  man  aus  dem  iioC;\i^<y&^ 
handenen  Widerstände  dea  Kupferdrahtes  die  EuttetUTUi^  di^t  ^A»e»X^^ 


22      Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

herechnen  kann.  Wird  daher  der  Kupferdraht  nur  in  einer  kleinen 
Fläche  vom  Wasser  berührt,  so  zeigt  sich  ein  sehr  grosser,  launenhaft  ab- 
und  zunehmender  Widerstand,  und  man  kann  nur  die  dem  beobachteten 
kleinsten  Widerstände  cntsprecheoide  Entfernung  ermitteln,  über  welche 
hinaus  der  Fehler  nicht  liegen  kann.  Tritt  der  Kupferdraht  mit  der 
Fisenhülle  in  Verbindung,  so  ist  er  noch  inniger  mit  dem  Meere  verbunden, 
als  wenn  der  Draht  auf  einige  Zoll  Mos  gelegt  ist;  der  Widerstand  ist  dann 
noch  weniger  yeränderlich  und  es  fehlen  die  schwachen  Ströme  vollständig, 
welche  von  dem  durch  das  Salzwasser  getrennten  Kupfer  und  Eisen  des 
gerissenen  Kabels  herrühren ;  in  beiden  Fällen  treten  Erdströme  aus  dem 
Unterschiede  der  elektrischen  Spannung  zwischen  der  Küste  und  dem 
Sieerwasser  an  der  Fehlerstello  auf.  Hat  endlich  die  Guttaperchahülle 
eine  Oeffnnng,  so  tritt  der  Leiter  mit  dem  Wasser  unter  grösserem  oder 
kleinerem  Widerstände  in  Verbindung,  der  gesammte  Isolationswiderstand 
vermindert  sich  bedeutend  und  ein  Theil  des  Stroms  geht  ins  Meer,  doch 
bleibt  die  Möglichkeit,  dass  die  beiden  Enden  mit  einander  sprechen; 
bleibt  der  Widerstand  des  Fehlers  constant,  so  kann  man  den  Ort  des 
Fehlers  durch  zwei  Widerstaudsmessungen  bestimmen,  wobei  die  andere 
Station  das  Ende  des  Taues  einmal  mit  der  Erde  verbindet  und  einmal 
isolirt. 

Interessant  sind  die  Versuchsreihen,  welche  Cha|rle8  Wheatstone 
mit  dem  Spezzia-Corsica-Sardinieu-Kabel  und  E.  0.  Wildman  White- 
house  mit  dem  Mittclmeer-  und  dem  Neufundland -Kabel  anstellten. 
Vergl.  darüber  Zeitschr-  d.  Tel.-Ver.  2,  S.  152—157  und  S.  274—278.  Des- 
gleichen die  Versuche  von  Varley  über  die  Induction  der  Kabel,  vergl. 
Civ.  Eng,  and  Arch.  /.  1859,  S.  149—157. 

3.  Die  Vertexücong  dos  Traos. 

Während  bei  der  Anfertigung  und  der  Verschiffung  des  Taus  jeder 
einzelne  Theil  gehörig  beaufsichtigt  und  mit  der  erforderlichen  Vorsicht 
und  Muse  behandelt  werden  kann,  werden  die  ohnehin  nicht  geringen 
Schwierigkeiten  bei  der  Versenkung  des  Taus  dadurch  noch  wesentlich 
erhöht,  dass  man  neben  allen,  die  Schifffahrt  erschwerenden  Umständen 
auch  noch  einer  Anzahl  von  besonderen  Zui^ligkeiten  ausgesetzt  ist  und 
alle  auftretenden  Störungen  mit  ziemlicher  Schnelligkeit  ermittelt  und 
beseitigt  werden  müssen,  da  ja  das  Tau  mit  nicht  geringer  Geschwindig- 
keit abläuft.  In  vielen  Fällen  missglückte  die  Versenkung  durch  zu  hef- 
tigen oder  überhaupt  ungünstigen  Wind.  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  3 ,  S.  18, 
10  u.  272.)  J^Ian  muss  daher  die  erfahrungsmässig  günstigste  Zeit  zur 
Versenkung  auswählen. 

Bevor  zur  Versenkung  selbst  geschritten  werden  kann,  muss  der  mit 
dem  Kabel  bei  der  Versenkung-  einzuschlagende  TV  eg  festgestellt  werden 
und  hierzu  wieder  ist,  abgeselieu  von  politischen,  llandels-  und  Betriebs- 


Telegi^aphie.    Von  Dr.  Edüakd  Zetzsche.  j       .23 

Bficksichten ,   eine  mögliclist  genaue  Kenntniss  der  Tiefen  und  der  Be- 
tfchaffenheit  und  Gestalt  des  Meeresbodens  erforderlich.     Ausserdem  sind 
die  Tiefenverhältnisse  schon   für  die  Anfertigung  des  Taues  mit  mass- 
gebend.    Die  zwischen  den  gegebenen  Endpunkten  vorhandenid  kürzeste 
Linie  ist  mit  dem  kürzesten,   daher  am  leichtesten  zu  ladenden  und  zu 
versenkenden  Tau  zu  belegen,    und    doshalb  weicht  man  von  ihr  nicht 
ohne  Noth   ab.     Doch   dürfen  sich  die   Sondirungen  nicht  bloss  auf 
diese  Linie  allein  erstrecken,  sondern  sie  müssen  von  ihr  aus  nach  bei- 
den Seiten  bis  zu  einiger  Entfernung   ausgedehnt  werden,    damit  man 
nicht  nur  die  günstigsten  Verhältnisste  für  das  zu  legende  Tau  ermitteln, 
sondern  auch  im  Voraus  feststellen  kann,    nach  welcher  Seite  hin  man 
im  Falle  der  Noth  von  jener  kürzesten  Linie  abzugehen  hat.     Zu  gros- 
sen und  besonders  sehr  unregelmässig  und  stark  sich  ändernden  Tiefen 
geht  man  nach  Möglichkeit  aus  dem  Wege,  um  das  Tau  nicht  zu  gros- 
sen Spannungen  auszusetzen  und  durch  Störungen  bei  der  Abwickelung 
IQ  gefährden.     Die  tiefen  Meeresbecken  zeigen  meist  eine  auf  grössere 
Entfernungen    sich    nur  wenig  und  allmälig  ändernde  Tiefe;     deshalb 
kann  man  in  ihnen  die  Sondirungen  in  grösseren  Abständen,  etwa  von  d  bis 
12  Meilen ,    vornehmen ,    während  man  bei  unregelmässigem  Boden   nur 
etwa  in  je  2  bis  3  Meilen  Entfernung  sondiren   muss.     Die  Sondirungen 
werden  um  so   schwieriger,   je   grösser    die  Tiefe   ist.     Delamarche, 
Ploix  und  de  Bastard  benutzten  bei  den  Tiefenmessungen  von  etwa 
300O  Metern,  welche  sie  zwischen  den  Balearen  und  Algier  anstellten^), 
ein   einfaches  Senkblei  von  15  Kilogramn^  Gewicht  an  einer  aus  18  ge- 
zwirnten Fäden  bestehenden  Seidenschnur  Fon  5500  bis  6000  Meter  Länge, 
an  der  von  100  zu  100  Meter  Marken  angebracht  waren ;  die  sich  von  einer 
Rolle    abwickelnde    Schnur   hielt    von    selbst  an,    wenn    das  Blei  den 
Grund  erreicht  hatte    und  wurde  dann  von  zwei  Mann    mittelst    einer 
Kurbel  wieder  aufgewickelt.     Zu  einer  Lotbung  von  3000  Meter  Tiefe 
waren  ftwa  1%  Stunde  erforderlich.     Mit  Hanf  überzogene  Messingseile 
bewährten  sich  schlecht  und  rissen  leicht  durch  Schleifenbildung.     Die 
ausgedehntesten  und  grossartigsten  Tiefenmessungen   wurden   im  Atlan- 
tischen  Ocean  ausgeführt    und    nach  ihnen  erschien  die  Legung  eines 
Telegraphentaus    quer  durch    diesen   Ocean    durchaus  nicht  unmöglich. 
Der  Hydrograph  und  Director  der  Sternwarte  zu  Washington,    Lieute- 
nant F.  M.  Maury,  berichtete  unterm  22.  Februar  1854   ausführlich  über 
die   im  Sommer  1853  vom  Lieutenant  O.  H.   Berryman    ausgeführten 
Messungen  an  den  Marincsccretär  der  Vereinigten  Staaten   (Dingler's 
Journal  133,  S.  74,  aus  Zeitschr.  d.  Tolegr.-Ver.  1,  S.  142);     nach  diesen 
Messungen    war   zwischen    Neufundland    und    Irland    ein    regelmässiges 


*)  Mit   Uhnlichon  Senkbleien   hatten  Bdrard    und  de  Tessan   Hchon    1831 
twischen  Sardimeu  und  den  Balearen  Tiefen  von  etwa  1500  MeUT  ^^m^tt^^ix» 


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24      Beiträge  znr  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

Plateau  von  1500  his  2000  Faden  Tiefe.  Die  vom  Meereshoden  mit  her- 
aufgebrachten Bodenproben  zeigten  kalkige  Schalen  mikroskopischer  Mu- 
scheln, woraus  man  auf  die  Abwesenheit  merkbarer  Strömungen  am  Bo- 
den dieser  Meeresstellen  schloss.  {Shaffner^  teh  m£r;i.  S.  653.)  Die  bei 
diesen  Sondirungen  benutzte  Tiefseesonde  des  Lieutenant  J.  M.  Brooks 
zeigt  Fig.  28.  Eine  in  ihrer  ^xe  durchbohrte  Kugel  k  ist  mittels  teiner 
Schnur  f  und  einer  Schlinge  ^  an  2  Haken  zweier  um  die  Axe  s  drehbarer 
Hebel  aufgehängt  und  mit  dieser  Axe  ist  der  Schaft  s  der  Sonde  fest  ver- 
bunden. Während  des  Niedergehens  hängen  Schaft  undKugelander  straffen 
Lothleine  A  wie  Fig. 28a  zeigt;  sobald  jedoch  der  Schaft  auf  den  Boden  auf- 
stösst ,  wird  die  Leine  h  schlaff,  die  Hebel  nehmen  die  in  Fig.  286  gezeich- 
lli  nete  Lage  an,  die  Schnur  f  rutscht  von  den  Haken  ab  und  föUt  sammt  der 

Kugel  zu  Boden ,  worauf  der  Schalt  s  allein  wieder  aufgezogen  wird.  Eine 
etwas  einfachere  Einrichtung  des  obern  Theils  ist  in  Fig.  28  d  abgebildet 
Das  untere  Ende  des  Schaftes  ist  hohl  und  entweder  blos  mit  Unschlitt  be- 
strichen, oder  er  enthält  3  Federkiele  (Fig.  28  c),  damit  in  dieselben  etwas 
von  den  Bestandtheilen  des  Bodens  eindringen  und  mit  emporgenommen 
|.  werden  kann.     Weitere  Messungen  folgten  im  Herbst  1856;   bei  diesen  be- 

obachtete Berryman  die  gleichmässige  Abnahme  der  Geschwindigkeit  der 
niedergehenden  Sonde,   welche  er  auf  die  Reibung  der  Leine  am  Wasser 
schiebt;  bei  den  tieferen  Sondirungen  dauerte  das  Sinken  etwa  3  Stunden, 
\  das  Aufheben  besorgte  eine  kleine  Dampfmaschine  (Zcitschr.  d.  Tel.-Ver.  3, 

]|  S.  232,  mit  Profil  des  Meeresbodens  zwischen  Irland  und  Neufundland ,  aus 

{.  Petermann's  geographischen  Mittheilungen  1856,  S.  175).     Bei  den  1857 

von  Capitän  Dajman  vorgenommenen  Sondirungen  zwischen  Irland  und 
Neufundland  befand  sich  am  Ende  des  Schaftes  eine  federnde  Klappe, 
welche  beim  Sinken  die  Höhlung  offen  Hess,  beim  Aufstossen  aber  durch 
die  darüber  weggleitende  Kugel  in  xlas  Innere  des  Stabes  hineingeschoben 
wurde  und  so  die  in  diesen  eingedrungenen  Bodenbestandtheile  absperrte, 
worauf  eine  zweite,  ursprünglich  über  der  ersten  sitzende  Kugel  mit  en- 
gerer Bohrung  auf  der  Feder  sitzen  blieb  und  deren  Bückgang  beim  Auf- 
ziehen verhinderte.  Das  in  Fig.  29  abgebildete  Tiefenloth  des  Lieutenant 
Fitzgerald  hat  ein  auf  2  Häkchen  &  der  Eisenstange  e  sitzendes,  80  bis 
90  Pfund  schweres  Eisenstück  a ;  am  Ende  der  Stange  e  befindet  sich  ein 
Kästchen«/,  welches  durch  die  Klappe/"  verschlossen  werden  kann ;  dieLoth- 
leine  A  ist  an  einem  Hebel  g  befestigt,  welcher  mit  dem  einen  Ende  Ar  in  den 
Eisenstab  e  eingesteckt  ist,  während  das  andere  Endet  mittelst  einer  Schnure 
an  die  Klappe/*  geknüpft  ist,  so  dass  diese  beim  Sinken  das  Kästchen </ 
nicht  verschliessen  kann;  stösst  jedoch  die  Sonde  mit  dem  Kästchen  auf 
dem  Boden  auf,  so  hakt  sich  das  EndeA:  des  Hebels(/  aus  dem  Stabe 6  aus, 
dieser  schlägt  um,  das  Senkgewicht  a  hakt  aus,  das  Kästchen  d  schaufelt  et- 
was vom  Meeresboden  auf  und  wird  vorangehend  beim  Aufziehen  desLothes 
von  der  Klappe/ verschlossen.  —  Eingehendere  Mittheilungen   über  die 


Telegraphie.    Von  Dr,  Eduard  Zetzsche.  25 


*y^^^--^^^  ^-■*'- 


Sondirangen  des  Meeresbodens  nnd  die  Tiefenmessungen  gab  Schellen  in 
Westermann's  Monatsheften  1860,  Bd.  8,  S.  91. 

Von  grosser  Wichtigkeit  ist  ferner  die  Wahl  derLandnngspunkte, 
welche  wo  möglich  frei  von  Klippen  sein  sollen ;  heftige  Bewegungen  des 
Meeres  an  den  Landungspnnkten  erschweren  die  Landung  des  Taus  und 
setzen  dasselbe  einer  Beschädigung  durch  Abscheuern  aus.  In  der  Nähe 
der  Landungspunkte  soll  sich  ferner  den  Schiffen  kein  passender  Anker- 
gnmd  bieten ,  damit  das  Tau  beim  Aufwinden  der  Anker  nicht  gefährdet 
iflt  Endlich  sollen  die  Landungspunkte  nicht  zu  weit  von  den  Uferstatio- 
nen entfernt  sein. 

Die  Schwierigkeiten  bei  der  Niederlegung  des  Taus  auf  dem  Meeres- 
boden hat  man  auf  verschiedene  Weise  zu  umgehen  versucht.     J.  J.  Lak  e 
•ehlng  vor,  das  Tau  an  Korkstücken  aufzuhängen  und  später  am  Grunde 
durch  Anker  oder  Gewichte  festzuhalten    (Mech.  Mag,  53,  S.  274).     H.  B. 
Wright  Hess  sich  am  21.  August  1866  die  Benutzung  von  Bojen  beim  Le- 
gen und  zum  Schwebenderhalten  des  Taus  patentiren.  {Mech,  Mag,  15.  März 
1887,  S.  100).   Armand  in  Bordeaux  fertigte  1865  ein  neues  Tau,  angeblich 
eine  Erfindung  des  Kaisers  Napoleon ,  welches  in  einer  Tiefe  von  30  bis  40 
Meter,  wo  das  Meer  selbst  bei  heftigen  Stürmen  ruhig  bleibt,  schwim- 
mend erhalten  werden    sollte  (D.  Ind.-Ztg.  1865,  S.  269).     W.Bauer 
sprach  einen  ähnlichen  Gedanken  aus :  An  den  im  Atlantischen  Meere  zwi- 
icben  Europa  und  Amerika  aufgefundenen  Höhenzügen  betiägt  die  Tiefe 
nicht  viel  über  500  Fuss;  an  diesen  Punkten,  in  Entfernungen  von  je  etwa 
^  geogr.  Meilen,  sollten  auf  versenkbaren ,  mit  Leuchtthürmen  versehenen 
SchüTen  Hauptstationen  errichtet  werden,    zwischen  denen  das  an  regel- 
inässig  vertheilten  Schwimmern  hängende  Tau  in  200  Fuss  Tiefe  unter  dem 
Spiegel  hinziehen  sollte ;   muss  ein  Stationsschiff  wegen  Sturm  in  die  Tiefe 
gehen,  so  lässt  es  an  der  Oberfläche  einen  durch  elektrisches  Licht  erleuch- 
teten Schwimmer  zur  Bezeichnung  seiner  Stelle  zurück;    so  wäre  zugleich 
die  Hauptschifffahrtsstrasse  über  den  Ocean  bleibend  markirt  und  die  Schiffe 
hätten  die  Möglichkeit  eines  fast  ununterbrochenen  telegraphischen  Ver- 
kehrs mit  dem  Festland  (D.  Ind.-Ztg.  1864,  S.  368.)  Das  grosse  Gewicht  des 
vom  Schiff  herabhängenden  Taustücks  wollte  Patrick  M'Grade  dadurch 
Termindem,  dass  er  das  Tau  durch  Röhren  gehen  Hess,  welche  an  Hilfs- 
tauen  so  aufgehängt  werden  sollten,  dass  sie  bremsend  auf  das  Telegraphen- 
tau wirken  könnten  {Cio.  Eng,  1859,  S.  324).     Die  Geschwindigkeit  des  Ab- 
laufens  durch  am  Tau  angebrachte  Fallschirme  zu  massigen,   war  nach 
einem  Vorschlag  von  Balestrini  schon  bei  der  Legung  des  Bona-Kabels 
versucht  worden,  jedoch  ohne  Erfolg.    (Delamarcho,  Elemente  S.  67). 
Aehnlich    beabsichtigte    Pierre  Dronier    in   Entfernungen  von  je  200 
Metern  einen'Fallschirm  (Preis  4  Ngr.)  von  0,6  Metern  Durchmesser  anzu- 
bringen ,   damit  das  Tau  höchstens  mit  1  Metor  Geschwindigkeit  «lVA^xl^^  \ 
diese  Schirme  sollten  aus  Segeltuch  passend  zugeschmUen^  4\xiAi  Ä.m'Vim- 


26      Beiträge  znr  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

fange  befestigte  Stricke  so  an's  Tau  gebunden  werden ,  dass  sie  sich  b^m 
Eintritt  in's  Wasser  schirmartig  aufblähten  (D.  Ind.-Ztg.  1866,  S.  138).  In 
England  wurde  vorgeschlagen ,  das  Tau  nach  seinem  Ablaufen  vom  Schiff 
anfangs  durch  Bojen  aus  Kautschuk  oder  einem  andern  wasserdichten  Stoffe 
schwebend  su  erhalten ;  die  Bojen  sollten  2  Oeffnungen  bekommen,  von  de- 
nen die  eine  luftdicht  verschliessbar  sein  und  zum  Einfällen  der  Luft  die- 
nen sollte,  während  die  andere  mit  einem  Drahtnetze  verschlossen  wird, 
welches  mit  einer  sich  im  Wasser  allmälig Jösenden  Substanz ,  z.  B.  Gummi 
überzogen  ist,  so  dass  sich  das  Tau  senkt,  so  wie  sich  diese  Substanz  löst 
und  Luft  entweicht  (D.  Ind.-Ztg.  1864,  S.  59). 

Die  ersten  Unterseetaue  wurden  von  Segelschiffen  versenkt,  welche 
von  einem  oder  mehreren  Dampfern  geschleppt  wurden.  Bald  jedoch  er- 
kannte man,  dass  sich  ein  Dampfschiff  besser  eignen  müsse,  weil  man 
dessen  Bewegung  besser  überwachen  und  regeln  kann ;  das  Schiff  muss  aber 
ausreichende  Stabilität,  Grösse  und  Tragfähigkeit  besitzen ,  seine  kräftige 
Maschine  muss  einen  leichten  und  sichern  Gang  haben  und  das  Deck  eine 
freie  Bewegung  gestatten.  Wegen  der  am  Tau  befindlichen  beträchtlichen, 
aber  veränderlichen  Eisenmasse  kann  das  Kabelschiff  den  Compass  nicht 
brauchen  und  deshalb  ist  bei  grösseren  Entfernungen  ein  besonderer  Dam- 
pfer als  Wegweiser  erforderlich.  Früher  Hess  man  das  Tau  vom  Vordertheil, 
jetzt  vom  Hintertheil  ablaufen.  Im  Schiff  wird  das  Tau  gewöhnlich  in 
Rollen  von  möglichst  grossem  Durchmesser  gelegt ,  obgleich  hierbei  das  ab- 
laufende Kabel  eine  die  Festigkeit  beeinträchtigende  Drehung  erHihrt  und 
leicht  durch  Schleifenbildung  gefährdet  wird.  Um  die  Drehung  zu  um- 
geben ,  könnte  man  das  Tau  in  Form  einer  8  legen ,  allein  man  würde  dann 
wesentlich  mehr  Raum  für  dasselbe  Tau  brauchen ;  oder  man  könnte  das 
Tau ,  falls  es  nicht  zu  gross  ist ,  auf  Haspel  wickeln.  So  schlug  Capitän 
Labrousse  vor,  auf 5 Haspeln  von  13  Meter  Länge  und  2  Meter  Trommel- 
Durchmesser  mit  Endscheiben  von  4  Meter  Durchmesser  je  160000  Meter 
(ll4  Tonnen)  eines  zwischen  Frankreich  uud  Algier  zu  legenden  Taus  auf- 
zuwickeln (Delamarche,  Elemente  d.  unters.  TeL,  S.  62).  Auch  hat  man 
beim  Legen  des  Vama-Baladava-Kabels  versucht,  durch  eine  besondere 
Maschine  jene  Drehung  wieder  zu  beseitigen.  Der  Raum,  in  welchen  das 
Tau  geladen  wird ,  muss  ganz  frei  zugänglich  sein  und  beim  Ablaufen  dür- 
fen sich  dem  Tau  keine  unbeabsichtigten  Hindernisse  in  den  Weg  stellen. 
Die  Ladung  muss  natürlich  gleichmäasig  über  das  Schiff  vertheüt  sein  und 
dieses  Gleichgewicht  darf  beim  Ablaufen  des  Taus  nicht  gestört  wer- 
den, was  sich  am  leichtesten  erreichen  lässt,  wenn  als  Ballast  fUr  das  Schiff 
Wasser  benutzt  wird.  Das  geladene  Tau  muss  sorgf^tig  vor  zu  grosser 
Erwärmung  geschützt  werden,  um  so  mehr,  als  die  gotheertc  Hanfhüllc  sich 
selbst  zu  erhitzen  pflegU  C.  William  Siemens  wies  diese  Selbsterhitzung 
mittelst  eines  Widcrstandsthermomoters  nach ,  welches  aus  mehreren ,  auf 
einen  18  Zoll  langen  Metallstab  aufgewickelten  Lagen  mit  Seide  besponne« 


Telegraphier    Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  27 


r^^^W^^N^M 


nen  Kupferdrabtes  bestand ;  wurde  mittelst  eines  Differentialgalvanometers 
(oder  einer  Wbeatstone'schen  Brücke J  der  Widerstand  dieser DrabtroUe  ge- 
messen, Bo  konnte  man  ans  der  innerhalb  der  gewöhnlichen  Temperattir- 
grenzen  der  temperatur  proportionalen  Widerstandsänderung  die  Tempera- 
tur bestimmen.  Siemens  wies  mit  solchen  Instrumenten  bei  demKangoon- 
Singapore-Kabel  nach  dessen  Verladung  eine  stetige  tägliche  Temperatur- 
jmnabme  von  3®  F.  nach  und  zeigte  damit  zugleich,  wie  wichtig,  ja 
nothwendig  eine  öftere  Abküh^iing  der  Taue  sei  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  7, 
8.853). 

Welche  Linie  das  vom  Schiff  ins  Meer  herabhängende  Tau  bildet, 
hängt  von  der  Geschwindigkeit  des  Schifib ,  der  Geschwindigkeit  des  Ab- 
lanfens  und  des  Niedersinkens  des  Taus  im  Wasser  ab ,  also  auch  von  der 
liefe  des  Wassers  und  dem  specifischen  Gewicht  des  Taus.  Im  Zustande 
der- Buhe  würde  das  Tau  eine  gemeine  Kettenlinie  bilden;  da  es  aber 
im  Wasser  niedersinkt  und  sich  auf  den  Boden  legt,  so  kann  es  dabei  auch 
eine  andere  Linie  bilden.  Abgesehen  von  den  in  der  Nähe  des  Schiffs 
stattfindenden,  bei  Bestimmung  der  Festigkeit  des  Taus  nicht  ausser  Acht 
in  lassenden  Schwankungen  und  dem  Wellenschläge,  nimmt  Siemens  an, 
das  Tan  falle  senkrecht  zu  seiner  Richtung  mit  constanter  Geschwindigkeit 
mnd  bilde  daher  bei  constanter  Geschwindigkeit  des  Schiffs  eine  Gerade^), 
bei  8U-  oder  abnehmender  Schiffsgeschwindigkeit  eine  nach  oben  oder 
unten  gekrümmte  krumme  Linie  (Delamarche,  Elemente  S.  31 ,  34  u.  55). 
Natürlich  ist  die  Spannung  des  Taus  ausser  der  Tiefe  und  dem  specifischen 


'^)  Nach  W.  Thomson  ist  beim  Gewicht  W  der  Längeneinhiait  des  Taues 
im  Wasser,  beim  Neigungswinkel  a  der  Kabellinie  gegen  den  Horizont,  der  Was- 
sertiefe D  und  der  Länge  D :  sin  a  des  eingetauchten  Stücks  der  Druck  senkrecht 
gegen  die  Richtung  des  letzteren  WD  cos  aisin  a  und  die  in  Richtung  des  Kabels 
infolge  der  Schwere  wirkende  Seitenkraft  WD  (also  unabhängig  von  a).  Ist  nun 
P  die  transversale,  Q  die  longitudinale  Seitenkraft  des  (sogenannten)  Reibungs- 
Widerstandes,  den  das  Tau  längs  der  im  Wasser  zu  durchlaufenden  Strecke  (für 
jede  Längeneinheit)  erfährt,  und  T  die  Spannung  des  Taues,  so  ist 

WD=:T+Q,D:sina  und  WcosazsP, 
Entsprechen  nun  den  Componenten  P  und  Q  die  (hTpothetischen)  Beschleunigungen 
p  vnd  7,  so  ist  p^=zv  sina  und  9=11 — vcosa^  wenn  0  die  Geschwindigkeit  des 
Schiffes,  u  die  Geschwindigkeit  (Beschleunigung)  ist,  mit  welcher  das  Kabel  vom 
Schiff  abläuft;  der  Widerstand,  den  das  Kabel  findet,  ist  eine  Function  der  Ge- 
schwindigkeit und  diese  wird  sich  daher  während  des  Versenkens  ändern;  hätte 
man  nun  in  einem  bestimmten  Augenblicke  P|  und  ^i,  so  könnte  man  Pz=:z  Wp^ip^ 
und    Q  =:  Wq* :  q^*  setzen   und  erhielte 

p^c=v  sina:  Ycos a  und  q\  =  (w — vcos a  ytVD:(W D —  t)  «in a, 
welche  Ausdrücke  anwendbar  sind,  wenn  das  Tau  unter  dem  Wasser  sich  gleich- 
förmig fortbewegt,  vorausgesetzt,  dass  sein  unteres  Ende  keine  Spannung  erleidet. 
Eine  Tabelle  für  »:p,   findet  sich  in  Ding  1er 's  Journal  183,   S.  493,    —   V<it^U 
ausserdem  Clv.  Eng.  1859,  S.  317  und  412,  8.  273  und  S.  2So. 


2S      Beiträge  zur  Geschiebte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 


Grewichte,  dem  Widerstände  des  Wassers  und  der  Stirke  der  Bremsung 
von  der  Gestalt  der  Linie  abhängig,  die  es  im  Wasser  bildet.  Auf  alle 
Fälle  aber  muss  bei  wechselnder  Wassertiefe  and  bei  nicht  gans  unTeränder- 
licher  Geschwindigkeit  des  Schiffs  auch  die  Geschwindigkeit  sich  ändern, 
mit  welcher  das  Tau  vom  Schiff  abläaft ,  wäre  es  auch  nur ,  damit  das  Tan 
auf  dem  Boden  keine  Schlingen  bilde  und  keine  unnöthige  Spannung  be- 
halte *).  Daher  sind  stets  Vorrichtungen  zum  Reguliren  und  Messen  die- 
ser Geschwindigkeit  des  Ablaufens  noth'vfendig.  Diese  und  die  Vorrich- 
tungen zur  Führung  des  Taus  auf  seinem  Wege  aus  dem  Schiffsräume  in 
das  Meer  mögen  hier  Erwähnung  finden. 

Bei  der  (missglfickten)  von  Canning  geleiteten  Legung  eines  Taus  im 
St.  Lorenzbusen  im  August  1855  war  das  Tau  auf  dem  Segelschiff  Sarah  L. 
rjant  verladen,  welches  vom  Dampfschiff  James  Adger  unter  Capitän 
Turner  geschleppt  wurde.  Das  Tau  lag  im  Schiffsräume  in  2  grossen  Rin- 
gen ,  wie  die  Taue  in  den  Dockmagazinen.  Durch  eine  kleine  Oeffnung 
im  Deck  lief  das  Tau  über  eine  kleine  Walze  zu  einer  grossen  eisernen 
Trommel  von  12  Fuss  Durchmesser,  um  die  es  3  Mal  geschlungen  war,  dar* 
auf  ebenso  viel  Mal  um  eine  zweite  eben  solche  Trommel  und  dann  über 
eine  dicke  Eisenstange  am  Stern  des  Schiffes  in  die  See ;  die  Trommeln  wa- 
ren mit  mächtigen  Bremsen  versehen  und  ein  Zählwerk  an  ihnen  gab  die 
Zahl  der  Umdrehungen  und  die  Länge  des  ausgeschossenen  Taus  an. 
32  Mann  regelten  beständig  im  Schiffsraum  die  Abwickelung  der  Ringe,  ver- 
hüteten Schlafen  und  Kläuken  und  bedienten  die  Bremsen  auf  dem  Deck 
(Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  3  ,  S.  19).  Im  Juli  1H56  wurde  im  St.  Lorenxbusen 
ein  anderes  Tau  von  dem  Dampfer  Propontis,  Capitän  Goodwin,  unter 
Leitung  von  Samuel  Canning  ohne  jeden  Unfall  gelegt.  Das  Tau  war 
im  Schiffsraum  mit  grosser  Sorgfalt  so  unteigebracht ,  dass  jede  Lage  vom 
Centrum  aus  gegen  den  Umfang  sich  abrollte.  Von  der  Rolle  ging  das  Tau 
durch  einen  gusseisemen  Trichter  und  über  2  gusseiseme  Trommeln  von 
9  Fuss  Durchmesser  und  je  l*h  Tonnen  Gewicht,  endlich  über  eine  Rolle 
am  Stern  des  Schiffs.  Ein  Zähler  an  der  Trommel  gab  die  ausgelaufene 
Länge  an.  Die  Bremsen  an  den  Trommeln  regulirten  das  Ablaufen,  so  dass 
sich  das  Tau  sanft  auf  den  Meeresboden  lagerte.  An  den  tiefsten  Stellen 
machte  das  Tau  einen  Winkel  von  25  ®  mit  dem  Wasserspiegel,  sein  Gewicht 
war  also  gerade  hinreichend,  der  fortschreitenden  Bewegung  des  SchifEs  das 
Gleichgewicht  zu  halten  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  3,  S.  175). 

Die  Ligenieure  W.  J.  Macquorn  Rankine  und  John  Thomson 


*)  Lanfl  das  Tau  mit  einer  der  Schiffsgeschwindigkeit  g^Ieichen  Geschwindig- 
keit ans,  so  legt  es  sich  anf  dem  (ebenen  1  Meeresboden  ohne  Schleifen  und  ohne 
Spannung  nieder.  Wächst  die  Tiefe ,  so  mass  die  Bremse  schärfer  angelogen  wer- 
den, nm  der  Beschleunigung  im  Ablaufen  entgegen  lu  wirken;  bei  abnehmender 
Tiefe  ist  die  Bremse  lu  lüften. 


Telegraphie.    Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  29 


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sachten  durch  folgende  am  2-^.  Februar  1855  für  England  patentirte  Anord- 
nung die  grosse  Reibung,  Erhitzung  und  Abnutzung  des  Taus,  der  Eisen- 
ttang^  am  Hackbord,  der  Bremsen  und  sonstigen  Maschinerie  zu  vermin- 
dern und  Schleifenbildung  auf  den  Tronmieln  zu  verhüten.  Zunächst  um- 
gaben sie  jede  Trommel  mit  einem  spiralförmig  um  die  Trommel  gelegten 
Band  ans  Stahl,  so  dass  für  jeden  Ring  des  Taus  ein  besonderer  Raum  zwi- 
schen den  Ringen  des  Bandes  vorhanden  war;  das  Band  ist  mit  seinen  En- 
den und  nach  Bedarf  auch  an  Zwischenpunkten  am  Gestell  der  Maschinerie 
befestigt  und  bleibt  feststehen ,  während  sich  die  Trommel  dreht.  Femer 
ersetzten  sie  eine  oder  mehrere  Trommeln  dnrch  je  ein  paar  grosse  und 
starke  Rollen,  welche  am  Umfange  mit  kreisförmigen,  durch^ wischenwände 
von  einander  getrennten ,  nach  Erfordern  mit  Querriefen  versehenen  Ka- 
nälen mit  einer  zur  Taudicke  passenden  Tiefe  und  Weite  versehen  waren ; 
je  2  Rollen  waren  in  derselben  Verticalebene  aufgestellt,  so  dass  das  Tau 
wechselsweise  halb  um  die  eine,  halb  um  die  andere  geführt  werden  kann, 
und  zwar  so  viel  Mal,  als  Kanäle  im  Umfange  vorhanden  sind ;  dadurch  war 
ein  Durchgleiten  des  Taus  und  ein  Uebereinand erlegen  seiner  einzelnen 
Ringe  unmöglich  gemacht;  der  Durchmesser  der  Rollen  schwankt  je  nach 
der  Dicke  des  Taus  meist  zwischen  6  und  10  Fuss.  Ebenso  liessen  sie  an 
Stelle  der  Eisenstange  am  Hackbord  eine  weit  genug  Über  den  Stern  des 
Schiffes  hinausragende  Trommel  oder  Rolle  treten,  von  welcher  das  Tau 
frei  ins  Meer  herablief.  Zur  Regulirung  der  Geschwindigkeit  brachten  sie 
mehrere  doppeltwirkende  Pumpen  an ,  welche  von  den  Rollen  oder  Trom- 
meln aus  in  Bewegung  gesetzt  wurden  und  Wasser  oder  Luft  durch  eine 
verstellbare  Oeffnung  drängten ;  dabei  wurde  zugleich  die  Erhitzung  in  den 
Maschinentheilen  vermindert  und  ausserdem  konnte  das  gepnmpte  Wasser 
anch  zur  Abkühlung  des  Taus  und  der  betreffenden  Maschinentheile  be- 
natzt werden  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  3,  S.  12). 

» 

Robert  Stirling  Newall  zu  Gateshead  Hess  sich  am  14.  Mai  1855 
einen  Apparat  zur  Versenkung  von  Unterseetauen  patentireu.  Das  Tau 
wurde  um  einen  aussen  glatten ,  hölzernen  oder  eisernen ,  vom  Boden  bis 
zur  Höhe  des  aufgerollten  Taus  reichenden  Kegel  gelegt,  während  es  durch 
einen  cjlindrischeu  Mantel,  welcher  aus  im  Boden  und  Deck  befestigten 
und  durch  einen  in  der  Mitte  umgelegten  Reifen  zusammengehaltenen 
Stangen  gebildet  war,  unverrückbar  in  seiner  Lage  erhalten  wurde;  über 
dem  Kegel  befand  sich  eine  Rolle,  deren  eine  Seite  genau  in  der  Achse  des 
Kegels  lag  und  nach  welcher  das  Tau  gelangte,  indem  es  durch  eine  Anzahl 
eiserner  Reifen  hindurchging ;  diese  an  der  Decke  und  den  Seitenwänden 
aufgehängten  Reifen  umschlossen  die  Spitze  des  Kegels  nach  oben  hin  immer 
engerund  engerund  sollten  das  Auseinanderiliegen  der  Tauwindungen  infolge 
der  Centrifugalkraft  und  eine  Verwickelung  des  Taus  unmöglich  machen. 
Die  Windungen  des  Taus  wurden  von  ausseu  nach  dem  Kegel  zu  gelegt^ 
mussten  sich  also  beim  Versenken  von  innen  nach  auBBen  a\>V\c^V^\xk«  IaVv 


30      Beitrage  znr  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

sehen  dem  Kegel  und  dem  Stern  des  Schiffs  waren  ein  oder  zwei  Brems- 
rader  von  8  bis  9  Fnss  Durchmesser  angebracht  (Dingler^s  Jonmal  140, 
S.  114). 

Aehnlich  waren  die  Einrichtnngen  anf  der  Elba,  welche  im  Septemb^ 
1857  f^r  Newall  das  Tan  von  Bona  nach  Cap  Spartivento  legte.  Das  durch 
die  Eisenringe  ans  dem  Schiffsraum  kommende  Tau  lief  durch  eine  Ejiie- 
rinne  und  dann  in  eisernen  Rinnen  nach  dem  Hjntertheil,  wo  eine  eiserne 
Trommel  von  8  Fnss  Durchmesser  auf  einem  Balkengerüste  ruhte ;  in  der 
einen  Abtheilung  dieser  Trommel  lag  ein  Bremsband,  welches  durch  einen 
Hebel  beliebig  g^pannt  werden  konnte;  in  der  andern  Abtheilung  der 
Trommel  war  das  Tau  4  bis  6  Mal  herumgeschlungen  und  eine  Vorrichtung 
unten  an  der  Trommel  schob  das  Tau  nach  seinem  ersten  Umgänge  zur 
Seite,  um  die  Stelle  des  Auflaufens  stets  frei  zu  halten  und  ein  Ueberein- 
anderlegen  der  Windungen  zu  verhfiten.  Ans  einem  Kasten  floss  stets  kal* 
tes  Wasser  auf  die  Trommel  herab.  Nach  Siemens*  Vorschlag  war  sur 
Messung  der  Tauspannung  und  zur  Milderung  des  Einflusses  der  Schwan- 
kungen des  Schiffs  noch  ein  langer,  mit  Gewichten  beschwerter,  einarmiger 
Hebel  angebracht ,  welcher  das  unter  einer  an  seinem  Ende  befindlichen 
Bolle  weglaufende  Tau  durchbog;  diese  Bolle  lag  genau  in  der  Mitte  der 
Entfernung f  der  Trommel  von  dem  Gleitstück,  durch  welches  das  Tau  ab- 
lief; wurde  bei  der  durchbiegenden  Belastung  Q  das  mit  A'  gespannte  Tau 
um  den  Winkel  a  gegen  die  Horizontale  oder  um  die  PfeilhShe  h  durchgebo- 
gen, so  war^:  7i^=sina=h:yo,2b^^/^  und  hieraus:  k  =  Qe:ty4  £«—  pt^ 
mit  Hilfe  dieser  Formel  wurde  eine  Scala  berechnet .  so  dass  man  mittelst 
eines  an  der  Bolle  befestigten,  auf  der  Scala  spielenden  Zeigers  jederzeit  die 
Spannung  iT  sofort  ablesen  konnte,  während  ein  ZShlwerk  an  der  Trommel 
die  Ltnge  des  abgelaufenen  Taus  angab  (Delamarche,  Elemente,  S.  05}. 

Das  atlantische  Kabel  vom  Jahre  1S57  wurde  zurBtllf^e  auf  dem  eng- 
lischen Dampfer  Agamemnon  von  92  Kanonen,  zur  Hälfte  auf  der  amerika- 
nischen Fregatte  Niagara  von  5200Tonnen  eingeschifft;  auf  dem  Agamemnon 
bildete  es  einen  einzigen  Stapel  ron  etwa  15  Meter  Durchmesser  und  4,5  Me- 
ter Hohe  und  die  Einschiffung  erfolgte  in  Greenwich,  wobei  in  24  Stunden 
etwa  50  Meilen  eingeschifft  wurden  und  etwa  30  Mann  die  Aufwickelung  hei 
Gasbeleuchtung  besorgten ;  die  andere  Hälfte  wurde  zu  Birkenhead  erst  in 
grosse  Barken  geladen  und  bildete  auf  dem  Niagara  5  Stapel  von  13  Meter 
Durchmesser,  bei  deren  Anordnung  man  jedoch  ziemlich  sorglos  verfahren 
sein,  namentlich  f^  ausreichenden  Schutz  gegen  die  Schiffsmaschinenwärme 
nicht  gesorgt  haben  soll;  die  Einlegung  des  Taus  begann  stets  vomRand  des 
Stapels  ans  nach  dem  in  .der  Mitte  befindlichen  Kegel  von  3  Meter  Durch- 
messer hin.  Die  Maschinerie  zum  Legen  nennt  Delamarche  (Elemente 
S.  81)  plump  und  complicirt;  sie  bestand  hauptsächlich  aus  4  Bollen /{ 
(Fig.  30)  von  1,6  Meter  Durclfmesser  und  0,13  Meter  Breite,  auf  welche  sich 
das  Tau  in  Form  einer  doppelten  8  aufwickelte;  jede  Bolle  war  mit  einem 


Telegraphie.    Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  31 


>^^^^^X^X^^^^V^%^^^^^^i^^.X<j»^.^'.l>»^^^^rf'^< 


Zabnrade  von  denselben  Dimensionen  und  einer  Bremsscbeibc  verbunden ; 
über  eine  am  Hintertbeile  befestigte  fünfte  Rolle  fiel  das  Tan  ins  Wasser. 
Ansaerdem  waren  nocb  2  grosse  Rollen  mit  5  Rinnen,  von  2  Meter  Durch- 
messer nnd  0,3  Meter  Breite,  in  Verbindung  mit  Zahnrädern  und  Brems- 
leheiben  vorhanden ,  zur  etwa  nöthigen  Wiederaufnahme  des  Taus.  Alles 
lusammen  wog  15  Tonnen  nnd  kostete  50000  Franken. 

Der  norwegische  Telegraphen director  C.  Nielsen  beschreibt  das  Ver- 
fihren  bei  der  Legung  von  24  Kabeln  an  der  norwegischen  Küste  in  der 
Zeitachrift  d.  Telegraphen*Vereins  (0,  S.  1)  folgen dermassen:  Das  Tau  lag 
in  eoncentrischen  Ringen  und  jede  Schicht  war  zur  Verhütung  von  Verwir- 
rungen beim  Ablaufen  an  8  bis  12  Stellen  mit  der  darunter  liegenden  mittelst 
Kabelgam  verknüpft.  Da  der  Kegel  nicht  in  der  Mitte  der  Ringe,  sondern 
gerade  unter  der  Luke  stand ,  so  waren  von  den  entfernteren  Punkten  des 
freien  kreisförmigen  Raumes  schräge  Streben  nach  dem  Kegel  gelegt,  um 
das  Tan  zu  fähren.  Oberhalb  des  Decks  lief  das  Tau  zunächst  über  den 
eisernen  Kopf  eines  Bockes  zum  Auslegapparat  und  zwar  zuerst  unter  einer 
Waise  weg,  dann  zwischen  verticalen  gusseisemen  Ftihrungsplatten,  darauf 
zwischen  den  mit  starken  Eisenplatten  belegten  Backen  einer  Druckbremse 
hindurch,  einige  Mal  um  die  Haupttrommel,  Über  eine  Walze  und  zwischen 
verticalen  Frictionswalzen  hindurch  nach  dem  Über  dem  Heck  des  Schiffes 
befestigten  Rade,  von  dem  es  ins  Wasser  hinabschiesst.  Die  Haupttrommel 
hatte  OFnss  im  Durchmesser;  in  ihrem  Kranze  befanden  sich  2  vertiefte  Rin- 
nen, die  eine  für  einen  Bremsriemen,  der  durch  einen  mit  Gewichten  zu  be- 
lastenden Druckhebel  gespannt  wurde,  die  andere,  ebenfalls  einfache,  aber 
breitere  für  das  Tau ;  unter  der  Trommel  lief  das  Tau  über  eine  Rolle  und 
an  einem  seitlich  beweglichen  Abweiser  vorbei,  welcher  verhütete,  dass  sich 
seine  Windungen  auf  der  Trommel  Über  einander  legten.  Die  verticalen 
Frictionswalzen  dienten  zum  Hemmen  des  Taus,  falls  es  bei  heftigen  Seiten- 
bewegnngen  des  Schiffs  aus  der  Rinne  des  Rades  am  Heck  geworfen  wurde. 
Die  ganze  Maschine  mit  Oestell,  aber  ohne  Kegel,  wog  12800 Pfund.  Bei 
Tiefen  bis  600  Fnss  ist  es  ausreichend ,  wenn  die  Spannung  des  Taus  von 
einem  Manne  mit  dem  Fusse  geprüft  wird.  Bei  schroffem  Abhang  des 
Meeresbodens  an  der  Küste  wurde  das  Tau  am  Land  sicher  befestigt  und 
vom  Befestigungspunkte  bis  zur  Wasserlinie  in  hölzerne  Rinnen  gelegt; 
zur  Befestigung  dienten  Deckelbolzen  von  2  bis  3  Zoll  Länge  und  1^^  bis 
2  Zoll  Dicke,  welche  mit  einem  Oemisch  aus  Schwefel  und  Sand  in  grossen 
FelsblScken  eingegossen  wurden;  das  mit  Blei  umwickelte  Tau  wurde  in 
die  Nuth  dieser  Bolzen  eingelegt  und  dann  der  Deckel  fest  aufgeschraubt. 
Wo  das  Tau  heftigem  Seegange  ausgesetzt  war,  wurde  es  auf  kleinen  eiser- 
nen Kreuzen  befestigt  und  durch  diese,  so  weit  die  Brandung  reichte,  ausser 
Berührung  mit  dem  Meeresbodeti  erhalten. 

Die  Auslegmaschine  für  das  atlantische  Tau  vom  Jahre  1858  war  von 
Everett  constmirt.   Das  aus  dem  Schiffsräume  kommende  Tau  Y\^^  ^^t 


32      BeitrÄire  sor  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 


^^^^^  ^  ^^  ^  ^^^^^^^^^>^^^^^^^^^^^^>^'i^^>^^^^  i^  ^  ^^^«r^^'i^^^w.y^^^^^wy^i^^^'rfVrf^^  ji  ^<rfiw<»i^^^',#<^^^^»i^^^^^^^i^^>^^^^s^^W 


Bcfarpie  LettroüeB  meist  dnreh  ein  Fühmngsrohr  iber  eine  Seheibe  mit 
tiefer  Fnrehe  oder  BiDe  im  üsifange,  dsnn  snf  2  grosse  Rider  (r-Bider) 
mit  4  tiefen  BiDen  und  xwsr  sbwechselnd  ron  dem  einen  Bsd  snm  nnden!« 
indem  es  bei  der  ersten  obem  Bolle  des  ersten  Bsdes  eintrat,  oben  nseb 
dem  zweiten  liL^  gii^t  unten  nsch  dem  ersten  xnröck  n.  s.  f.,  bis  es  bei  der 
Tierlen  obem  Büle  des  zweiten  Bsdes  sostnt;  ron  ds  ging  das  Tan  fiber 
eine  Leitrolle  nach  dem  Dynamometer  fiber  eine  zweite  glmhe,  in  gleicher 
Höhe  nnd  in  gleicher  Entfernung  Tom  Dynamometer  befindliche  Leitrolle 
und  über  eine  letzte  Bolle  ins  Heer.  Auf  den  reiiingeiten  Axen  der  beiden 
grossen  T-Bader  sassen  je  2,  mit  ihrer  untern  Hilfte  in  Köhhrasser  ein- 
taachende  Bremsscheiben,  gegen  welche  man  durch  4  Stangen  die  4  Brems- 
ringe anpressen  konnte;  diese  4 Stangen  aber  wurden  mittelst  Winkelhebcdn 
Ton  einem  an  einem  Steuerrade  5  (Fig.  %\s  beim  Dynamometer  stehenden 
Aibeiier  bewe^,  da  sie  mittelst  einer  über  2  Bollen  P|  u.  P^g^^ßten  Kette  £* 
mit  dem  Steuerrade  rerbunden  waren  und  so  tou  diesem  ans  in  dem  einen 
Sinne,  beim  Nachlassen  des  Steuerrades  aber  durch  an  ihnen  angebrschte 
Gewichte  im  entgegengesetzten  Sinne  bewegt  werden  konnten.  Jenseits 
der  Bremsscheiben  sassen  auf  der  Axe  der  beiden  grossen  F-BSder  noch 
Zahnrader,  welche  durch  ein  in  sie  eingreifendes,  gemeinsames  G triebe 
Tcrbunden  waren  und  Ton  denen  das  eine  durch  eine  für  diesen  Zweck  Tor- 
handene  besondere  Dampfmaschine  in  der  Bichtuug  in  Umdrehung  Tersetst 
werden  konnte,  dass  das  berdts  TersenkteTau  wieder  aufgenommen  wurde, 
die  Auslc^maschine  also  als  Aufwindemaschine  diente.  Das  Dynamometer 
zeigt  Fig.  31;  das  Tau  T  liuft  unter  der  Bolle  <^  hinweg,  deren  Axe  in  dem 
starken ,  metallenen ,  zwischen  2  gegenüberliegenden  Stahlbacken  (Coulis- 
sen}  auf  und  nieder  steigenden ,  durch  das  angeh&ngte  Gewicht  W  be- 
schwerten Gleitstück  O  eingelagert  ist.  Je  geringer  nun  die  Spannung  des 
Taus  T  ist,  desto  tiefer  muss  die  Bolle  G  sinken,  und  demnach  kann  man 
aus  dem  Stande  des  an  der  Bolle  G  befindlichen  ZeigeYs  auf  der  an  der  Cou- 
lisse  aufgetragenen  Scala  (18a8  von  1200  bis  3000  Pfund)  stets  die  Spannung 
des  Taus  unmittelbar  ablesen ,  wenn  man  nur  durch  Anhängung  bekannter 
Grewichte  vorher  die  zu  den  verschiedenen  Spannungen  gehörigen  Stand- 
hohen  der  Bolle  G  ermittelt  hat.  Die  Stange,  woran  das  Gewicht  W  sitzt, 
trägt  unterhalb  in  einem  mit  Wasser  gefüllten  Cylinder  T  einen  Kolben,  da- 
mit der  Widerstand ,  den  das  Wasser  der  Bewegung  des  Kolbens  entgegen- 
setzt, etwaige  Stösse  des  Taus  bei  plötzlichen  Spannungsinderungen  infolge 
starker  Schwankungen  des  Schifis  u  dgl.  unschädlich  mache.  Eine  ähnliche 
Einrichtung  verhütet  zu  grelle  Bewegungen  der  Bremsen.  —  Das  Tau  lag 
1858  auf  dem  Niagara  in  6  Bingen;  die  Schiffsschranbe  war  mit  einem  star- 
ken Eisengitter  umgeben,  damit  sich  das  Tau  nicht  in  sie  verwickeln  konnte; 
das  Vordertheil  war  auch  mit  einer  Bolle  versehen ,  um  nöthigenfalls  das 
Tan  am  Vordertheil  aufwinden  zu  können. 

Im  Jahre  1805  wurde  das  ganze  Tau  auf  dem  Great  Eastem  von  Über 


Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  33 

SOOOO  Tonnen  Gclialt)  verEchifTt  und  kg  in  drei  30^  Fass  tiefen  cylindri- 
driscben  Bäumen  (Tendern),  von  denen  der  vordere  von  51^  Fuss  Durch- 
meascr  «13,  der  mittlere  von  58j  Fuss  Durclmiesser  809  und  der  liiotere  Ton 
bSFusa  DurclimesserSÖöMeilen  Tau  atifnelimen  konnte.  Die  Auslegmascliine 
var  von  C&nning&  Clifford  mit  besonderer  Sorgfalt  so  gebaut,  dsss 
das  Tun  leicht  festgehalten,  seine  Geschwindigkeit  leieht  regulirt  werden 
konnte  und  mögliebst  wenig  Toraion  xa  erleiden  hatte.  Dazy  waren 
6  r-EHder  H  (in  Fig.  32)  mit  einer  tiefen  Kinne  auf  iiirera  Umfange  hinter 
einander  aufgestellt,  und  auf  dem  Umfange  eines  jeden  lag  eine  Keitrolle  r, 
deren  Aie  durch  Hebel  und  Gewichte  niedergehalten  wurde,  so  dass  sich 
die  Holte  auf  den  Umfang  des  F-Radcs  auflegte.  Auf  den  Äsen  der 
F-RSder  Eassen  Biemsscheifaen,  deren  Bremsringo  nach  Bedarf  angezogen 
wurden.  Das  Tau  ging  aus  dem  Schiffsräume  erst  über  eine  Leitrolle, 
dann  zwiachen  denUmftlngen  der  6 '''Rilder  und  der  darüberliegendenKeit- 
lolten  in  gerader  Linie  (also  nicht  in  Form  einer  8,  wie  früher)  nach  einer 
kleinen  Leitrolle,  welche  ihm  die  Richtung  nach  einer  grossen  Trommel 
von  0  Fuss  Durchmesser  und  I  Fuss  Breite  gab,  auf  deren  Ase  3  Appold- 
^^^ÜK  Bremsscheiben  sasseu;  nachdem  es  in  4  Windungen  über  den  Umfang 
^^Bkser  Trommel  gelaufen  war,  wurde  ihm  durch  eine  t'- Rolle  die  Rich- 
^^^bg  nach  dem  Dynamometer  angewiesen,  und  es  lief  dann  über  eine  in 
^^^Uicber  Entfernung  stehende  F-Rolle  Über  die  letzte,  starke  und  gegen 
das  Abgleiten  gut  verwahrte  Rolle  am  Uintertheil  dee  Schiffes.  Trommel 
und  Bremse  waren  doppelt  vorbanden,  und  falls  die  eine  den  Dienst  ver- 
engte, konnte  die  andere  durch  eine  einfache  Hebel  Vorrichtung  nn  ihre 
Stelle  gesetzt  werden.  Die  Bremsscheiben  standen  mit  ihren  unteren 
Theilen  Im  Wasser  und  die  Roitrollen  wurden  durch  beständigen  Wasser- 
■uSuas  von  oben  abgekühlt.  Die  Bremsen  wurden  wieder  durch  ein  beim 
Dynamometer  befindliches  Steuerrad  geöffnet  und  geschlossen;  sank  die 
Rolle  G  des  Dynamometers  zu  tief,  so  lief  in  der  Regel  das  Tan  zu  schnell 
^^^^  und  die  Bremsen  mussten  angezogen  werden.  Die  Maschine  arbeitete 
^^^fersttglich  und  mit  so  wenig  Reibung,  dass  bei  offenen  Bremsen  das  Tau 
^^^Pbon  darch  200  Pfund  durch  sie  hindurchgezogen  wurde.  Falls  das  Tau 
^^^nf  dem  Schiff  reissen  oder  bei  ungünstigem  Wetter  gekappt  werden  sollte, 
hatte  man  ausser  anderen  Drahtseilen,  Bojen,  Enterhaken  n.  s.  w.  ein 
5  Meilen  langes,  sehr  starkes  Drahtseil  an  Bord,  mit  Marken  in  je  tOO  Fadeu 
Entfernung;  das  eine  Endo  dieses  Seils  konnte  sofort  am  Tau  befestigt 
weiden,  während  das  andere  Endo  an  einer  grossen  und  starken  Boje  hing; 
bei  einem  eintretenden  Unfall  konnte  man  also  mittelst  der  Boje  den  Ort, 
and  mittelst  der  Marken  am  Seil  die  Tiefe  erkennen,  in  der  das  Tau  am 
Mecrcabuden  lag.  Die  Aufwindemaschine  war  von  der  Auslegemaschine 
^ax  unabhängig  und  hatte  ihre  besondere  Dampfmaschine  (Schellen, 
^  atlant.  Kabel  S.  71 ;  Allaiilic  Telegrap/i  8.  40). 

Bei  der  Legung  des  atlantiseben  Taues  von  X&iü  wjLven  ä\<^  k'o.^V^«- 
r.  /■hj.;*,  XIII,  I.  4 


34      Beiträge  zar  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

«nd  Aufwindemaschioe  mit  2  Dampfmaschinen  Ton  70  Pferdekriften  rer- 
sehen «  und  entere  Hess  sich  auch  zum  Aofwioden  benntxen,  so  dass  dieses 
ebensowohl  Tom  Hintertbeilf  als  Tom  Vordertheil  bewirkt  werden  konnte. 
Ein  M)  Centner  schweres  Eisengitter  hielt  das  Tan  Ton  der  Schiffitschranbe 
fem.  Der  znm  Anffischen  des  Tanes  Ton  1865  bestimmte  Apparat  war  Ton 
Penn  A  Clifford  nen  constmirt.  Das  Enterhakentan  Ton  1805  hatte 
nnr  10,  das  von  1866  aber  20^  Tonnen  Tragfähigkeit ,  nnd  nicht  allein  der 
Great  Eastem,  sondern  anch  seine  Begleitschiffe  Medwaj  nnd  Albanj 
hatten  ganz  gleiche  Ausrüstung  znm  Aufwinden.  Das  dasn  in  20  Meüen 
Länge  (je  7^  ffir  den  Great  Eastem  nnd  Medwaj,  5  f&  den  Albanj)  an- 
gefertigte Drahtseil  (Fig.  33)  hatte  6(  Zoll  Umfang  nnd  bestand  ans  den- 
selben mit  Manilahanf  umsponnenen  Eisendrähten  Nr.  13  (O^ms  englische 
Zoll),  wie  die  Umhüllung  des  Tiefseetaues;  Ton  seinen  7Litaen  umgaben 
6  die  7.  spiralförmig;  ebenso  die  7  Drähte  jeder  Litze.  Hierzu  kamen 
5  Meilen  Drahtseil  für  die  Bojen,  deren  grösste  mit  200  Centner  Zugkraft 
nach  oben  an  das  bis  auf  eine  gewisse  Hohe  gehobene  Tan  gelegt  werden 
sollte,  während  die  mittleren  zur  Befestigung  des  Tauendes  bei  etwaigem 
Reissen  oder  Kappen  besümmt  waren  und  die  kleinsten  als  Markseichen 
dienen  sollten.  Im  Ganzen  wurden  14  Bojen  gelegt  und  12  davon  wieder 
aufgenommen.  Ausser  den  gewöhnlichen  Enterhaken  hatte  man  eine  in 
Fig.  34  abg^iidete  Sorte,  deren  10 — 12  Zoll  hohe  Klauen  von  je  10  Tonnen 
Tragfähigkeit  mit  starken  Sperrfedem  Tersehen  waren,  damit  sie  das 
einmal  gefasste  Tau  beim  Weiterschleifen  auf  dem  Meeresboden  zwischen 
Feder  und  Klaue  festhalten  könnten,  und  eine  andere  Sorte,  deren  Klanen 
auf  der  Innenseite  mit  stählernen  Messern  besetzt  waren,  an  denen  das 
gefasste  Tau  beim  in  die  Höhe  ziehen  durch  sein  eigenes  Gewicht  sich 
durchschneiden  sollte.  Die  Schaufelräder  des  Great  Eastem  wurden  von 
einander  getrennt,  damit  sie  nach  Bedarf  beide  zugleich  oder  jedes  einzeln 
arbeiten  könnten.  Zwei  Dampfkessel  wurden  ausser  Dienst  gestellt,  weil 
sie  den  vorderen  Kabelt endem  so  nahe  lagen,  dass  die  Ton  ihnen  aus- 
gestrahlte Wärme  die  Guttapercha  hätte  erweichen  können.  Im  vorderen 
Tender  lagen  G70  Meilen  Tiefsee-  und  S  Meilen  Kfistentau,  im  mittleren 
865  und  im  hinteren  830  Meilen  Tiefseetau;  der  Dampfer  Medwaj  von  1000 
Tonnen  trug  400  Meilen  Reservetau  (Schellen,  das  atlant.  Kabel,  S.  95; 
Ike  AÜanlic  Telegraph,  S.  89). 

Der  Versenkung  der  Taue  schenkt  auch  Crrt/  Engineer  amd  Jrchüects 
Journal  (z.  B.  1850,  S.  29,  273,  285)  wiederholt  eingehende  Beachtung. 
4.  Dm  WtoismftslUMa  «ad  dis  WisdffksntdlaBf  Mhadkaftsr  nktstmtaas. 

Ist  eine  ünterseeleitung  beschädigt  worden,  so  wird  zuerst  die  Lsge 
der  schadhaften  Stelle  auf  einer  Seekarte,  in  welche  die  Lage  des  Taues 
genau  eingetragen  ist,  durch  Widerstandsbestimmungen  ermittelt*),  darauf 


*)  Es  geschieht  dies  ähnlich,  wie  hei  unterirdischeu  Linien;  verigl.  Dub,  die 


racbt  min  nn  der  betreffenden  Stelle  das  Taa  mit  einein  Anker  zu  faespn, 
hebt  es  behuls^in,  legt  e»  in  die  Hinne  ein^r  RfiUc  au  der  Seite  dos  Suhiffs, 
welches  darauf  dem  Tau  entlang  der  schadbat'tnn  Stelle  enlgegcn  fäbrt. 
Ist  das  Tau  zerriseen,  bo  ecbieest  es  acbnell  von  der  Rolle  binab,  wenn  man 
eich  der  Bmchstelle  nähert;  man  zieht  dann  beide  Endeu  an  Bord,  prilft 
•ie  &uf  ihre  Isolation,  setzt  ein  neues  Stück  Tau  ein  und  läsat  es  behutBam 
wiednr  hinab,  damit  eich  keine  Schlingen  oder  Knoten  bilden.  Ist  das  Taa 
Dicht  Eerrisscu,  sondern  Mos  beadiftdigt,  so  wird  es  je  nach  Erfordern  blas 
auBgebessert  oder  das  schadhafte  Stück  durch  ein  neues  ersetzt.  —  Bei  der 
genauen  Bestimmung  und  endlichen  Austrcnnung  der  Fehlerstelle  sind 
l'roben ,  bei  welchen  die  LeitungsdrShte  im  Tau  durchgeschnitten  werden 
inlUsen,  niclit  zn  umgeben  (rergLauch  ZeitBchr.  d.Tel.-Ver.  «,  S.  51).  Der 
d&niccbe  Telegraphen -Inspector  Lorenzen  hat  hierzu  eine  einfache  Vor- 
richtung construirt,  welche  gestattet,  die  Leitungen  des  Taues  zu  treu- 
nen.  ohne  die  SchutzdrShte  zu  durchBchneiden.  Zu  beiden  Seiten  der 
Stelle,  wo  man  die  Leitungen  trennen  will,  werden  in  etwa  2^  Fuss 
Entfernung  von  einander  2  Klemmen  (wie  Fig.  35)  auf  das  Tau 
geschraubt,  in  entgegengesetzter  Bicbtnng  umgedreht,  bis  die  sich  in  die 
Kicfelung  fest  einlegenden  Schnlzdrähte  gerade  gerichtet  Bind;  darauf  wor- 
den 2  Zagschrauben  über  die  Handgriffe  der  Klammern  gelegt  und  die 
Schrauben  angezogen,  wodurch  die  Scbntzdrähte  sich  sn  weit  auseinander 
^hen,  dass  man  bequem  zur  Seele  gelangen,  die  Hanfumwickelung  lösen 
s  OuttapercbadrHhte  durchschneiden  kann.  Nach  beendeter  Uuter- 
ihuug  entblösst  man  den  Kupferdraht  au  beiden  Enden  etwa  1  Zoll  lang, 
Bst  die  Enden  stumpf  an  einander,  legt  ein  1%  bis  2  Zoll  langes  Stück 
gnjiferdrabt  seitwärts  daneben,  umwickelt  mit  feinemKupferdraht  und  ver- 
thet  gut,  nmgieht  den  Draht  mit  Cbatterton's  Compound  und  Guttapercha, 
{ekelt  den  Hanf  um,  entfernt  die  Zngse.hriiuhen  und  dreht  mittelst  der 
|«mmen  die  Schutzdrähte  wieder  iu  ihre  ursprüngliche  Lage  (Zeitschr.  d. 
iri.-Vev.  12,  S.  72).  —  C  Lair  erleichtert  die  LJithung  dadurch,  dase  er 
niden  Tauenden  durch  die  Oeffnungen  eines  Rahmens  einführt  {Fig.  3«), 
I  Burtickgeschlageneu  Eisendrühte  um  einen  schwach  conischen  Ring 
Upt  und  so  einen  die  Enden  festhaltenden  Knopf  bildet,  worauf  die  blos 
gelegten  Kupferdrähte  zusammengedreht,  gelüthet  und  wieder  mit  Gutta 
percha  überzogen  werden  (I>h  IHanccl,  traite,  S.  aSO).  —  Fig.  37  ver- 
•Bschaulicht  dio  von  Latlmer  Clark  vorgeschlagene  Art  und  Weise  der 
Verbindung  zweier  Kabelstücke  (Uingler's  Journal  lö3,  8.454).  In  eigen- 
thfimlicher  Weise  stellte  der  technische  Inspector  der  Schweizer  Telegra- 
phen. M.  Hipp,  im  Qecember  1^59  das  einige  Monate  zuvor  im  Vierwald- 
sUUlter  See  von  Bauen  nach  Flüelea  (l^"'*'  Schweizer  Fuss  Entfernung, 


BDiliing  de»  Elektro- Magnctismux,  Bertiu  1803,  S.  171;  SchcUe 
iMiscbe  Telegraph,  4.  Ana.  S.  :;73— 2SÜ.- 


36      Beiträge  zar  GteRchichtc  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

grosste  Tiefe  700  Fnss)  gelegte  Tau  wieder  her.  Der  Leitangsdraht  dieses 
Tans  war  mit  Guttapercha  isolirt,  durch  ein  mit  Theer  getränktes  Huifband 
geschützt  nnd  mit  2  Eisenbändem  der  Art  nmwnnden,  dass  das  «weite  die 
Tom  ersten  gelassenen  Lücken  überdeckte.  Grewicht  00  Centner,  Werth 
10000  Francs.  Die  Vomntersnchung  deutete  anf  einen  Fehler  in  2000  Fnss 
Entfernung  vom  Ufer  bei  Flüelen;  das  Tau,  welches  sich  in  den  Schlamm 
▼ersenkt  hatte ,  wurde  an  dieser  Stelle  aus  900  Fnss  Tiefe  empor  gehoben, 
zeigte  an  der  für  verdächtig  gehaltenen  Verbindungsstelle  keinen  erheb- 
lichen Fehler,  vielmehr  waren  beide  Theile,  der  aufgehobene  kürzere  nnd 
der  längere,  fehlerhaft,  weil,  wie  sich  später  ergab,  die  Guttapercha  spröd 
nnd  rissig  geworden  war;  das  kürzere  Stück  wurde  durch  ein  neues  ersetzt, 
das  längere  aufzuheben  war  misslich ,  weil  die  Eisenbänder  den  Draht  zu 
wenig  vor  dem  Reissen  schützten.  Einen  so  starken  Strom  durch  das  Tau 
zu  senden,  dass  die  Erwärmung  des  Drahts  zumErweichen  der  Guttapercha 
ausreichte,  war  kostspielig  und  konnte  misslingen.  Hipp  ging  daher  dar- 
auf aus ,  durch  die  Einwirkung  einer  starken  Batterie ,  deren  positiver  Pol 
mit  der  Leitung  verbunden  wurde ,  den  Kupferdraht  zu  oxydiren  und  mit 
seinem  Oxyd  die  Bisse  der  Guttapercha  auszufüllen.  Er  beauftragte  dem- 
gemäss  das  Telegraphenbureau  Luzem,  diese  Operation  mit  einem  constan- 
ten  Strom  von  72  Elementen  vorzunehmen  und  zwar  im  Bureau  Luzem 
selbst,  welches  9  Stunden  von  der  Stelle  des  Vierwaldstädter  Sees  entfernt 
ist,  wo  das  Tau  eingesenkt  ist;  der  Strom  musste  also  durch  diese  Leitung 
gehen.  Der  Stromverlust  betrug,  wenn  die  Leitung  jenseits  des  Vierwald- 
städter Sees  unterbrochen  wurde,  32  bis  36®  eines  Galvanometers  mit  32  Um- 
Windungen,  an  dem  die  Stärke  des  gewöhnlichen  Telegraphirstroms  30® 
betrug.  Den  5.  December  Morgens  begann  die  Operation  und  am  8.  betrug 
die  Ableitung  auf  der  unterseeischen  Leitung  von  Luzem  nach  Altdorf  nur 
3  ® ,  von  Altdorf  nach  Luzem  nur  2  ^ ;  am  ersten  Tage  war  die  Ableitung 
gleich  stark  geblieben,  am  zweiten  Tage  auf  20®  und  amdritten  auf  8®  herab- 
ge^ngen;  erst  nach  3  Wochen,  während  welcher  Zeit  die  Batterie  immer  in 
gutem  Stande  erhalten  wurde,  war  der  Verlust  nur  noch  1®.  Ein  Ver- 
such im  Kleinen  weist  nach,  dass  nicht  nur  eine  Spalte  in  der  Guttapercha 
unter  Wasser  mit  Oxyd  ansgefüllt  werden  kann,  sondern  dass  sich  auch 
dieses  Oxyd  unter  fortdauernder  Einwirkung  des  Stroms  auftrocknen  lässt 
(Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  4,  S.  73). 

Gestützt  auf  die  im  Jahre  1866  gemachten  Erfahrungen  ftihrte  Lati* 
mer  Clark  einen  neuen  pneumatischen  Kegulator  und  einen  ankerartigen 
Enterhaken  aus,  welche  beide  bereits  patentirt  sind  (Dingler's  Journal  183, 
S.  450,  aus  Mech.  Mag.  XVI,  S.  40).  Bei  dem  Regulator  ist  die  Scheibe, 
welche  von  dem  über  2  entsprechende  Führungsrollen  zu-  und  abgeführten 
Tau  getragen  wird,  an  einem  Kolben  in  einem  hohen,  5  bis  0  Fnss  weiten 
Cy linder  befestigt;  der  Kaum  unter  dem  Kolben  steht  aber  durch  ein  mit 
einer  Klappe  versehenes  Rohr  mit  einem  Behälter  in  Verbindung,  in  wel- 


Telegraphie.    Von  Dr.  Eduard  Zetzschb.  37 

ehern  die  Luft  durch  Pampen  entsprechend  verdünnt  wird ;  bei  sich  ändern- 
der Spannung  in  dem  ablaufenden  oder  aufzuwindenden  Tau  steigt  der 
ELolben  in  seinem  Cylinder  auf  oder  nieder.  Soll  dieser  pneumatische  Re- 
gulator beim  Auslegen  eines  Taus  benutzt  werden,  so  muss  die  Bremsvor- 
richtung mittelst  eines  ähnlichen  Luftcylinders  mit  dem  eben  erwähnten  so 
Terhunden  werden,  dass  bei  jeder  Zunahme  der  Spannung  im  ablaufenden 
Tau  daa  Bremswerk  so  weit  gelüftet  wird ,  dass  eine  das  Tau  gefährdende 
Spannung  oder  gar  ein  Reissen  des  Taus  verhütet  wird.  —  Den  Enterhaken 
hat  Clark  so  eingerichtet,  dass  er  beim  Zusammentreffen  mit  dem  Kabel  an 
feiner  Vorder-  oder  Rückseite  dasselbe  zwischen  2  Platten  einklemmt  und 
beim  Aufwärtsziehen  zerschneidet,  den  eingeklemmten  Theil  zu  Tage  bringt» 
das  abgeschnittene  oder  abgerissene  Ende  aber  auf  den  Boden  zurückfallen 

läMt. 


Tl. 

Ueber  die  Formveränderungen  prismatischer  Stäbe  durch 

Biegung. 

Von 

Gustav  Ad.  V.  Peschka, 

Professor  am  k.  k.  technischen  Institute  in  Brunn. 


Die  Formverändernngen ,  welche  feste,  elastische  Körper  unter  dem 
Einflüsse  äusserer  Kräfte  erfahren,  sind  bereits  vielfach  Gegenstand  ein- 
gehender Stadien  gewesen.  Die  wissenschaftlichen  Untersuch nngen 
stützten  sich  auf  Grundgleichungen ,  die  auf  einer  Hypothese  beruhten, 
welche  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  als  richtig  angesehen  werden  muss. 
Die  Lösung  obgenannter  Gleichungen  bestimmt  die  Raumveränderang 
einzelner  Moleküle,  ausgedrückt  durch  die  sie  beeinflussenden  Kräfte  und 
durch  die  Coordinaten  ihrer  Anfangslagen. 

Da  jedoch  jene  Gleichungen  partielle  Differentialgleichungen  zweiter 
Ordnung  sind,  so  blieb  man  auch  von  der  strengen  Bestimmung  dieser 
Raumveränderungen  weit  entfernt.  Nur  einige  wenige  Gesetze,  wie  z.  B. 
jenes  der  Aenderung  der  Ausdehnung  (Dilatation)  nach  verschiedenen 
Richtungen  von  einem  Punkte  aus ,  gestatteten  eine  einfache  und  elegante 
Ausdrucksform ;  aber  selbst  hierfür  gestalten  sich  die  Näherungsformeln  für 
die  inneren  Spannungen  so  complicirt,  dass  sie  eine  praktische  Anwendung 
nicht  wohl  zulassen. 

Man  machte  deshalb  in  speciellen  Fällen  specielle,  auf  Wahrschein- 
lichkeit beruhende  Annahmen,  wodurch  die  Schwierigkeiten  der  Integration 
grossentheils  umgangen  wurden.  Eine  der  ältesten  Voraussetzungen  ist 
die,  „dass  der  Widerstand,  den  ein  dünner  prismatischer  Stab  dem  Biegen 
durch  äussere  Kräfte  an  irgend  einer  Stelle  seiner  Länge  entgegensetzt, 
dem  Krümmungshalbmesser  seiner  Axe  in  eben  demselben  Punkte  um- 
gekehrt proportional  sei**;  eine  Hypothese,  von  welcher  schon  BernouUi 
unter  Annahme  einer  elastischen  Linie,  d.  i.  eines  Stabes  von  anendlich 
kleinem  Querschnitte,  Gebrauch  machte. 


Ueber  d.  Form  Veränderungen  prismat.  Stäbe  etc.  Von  G-.Peschka.  39 

In  der  That  ist  diese  Annahme,  wenn  sie  auf  Stäbe,  deren  Quer- 
schnitte nicht  sehr  klein  sind,  angewendet  wird,  diejenige ,  welche  für  die 
Praxis  äusserst  nützliche  Resultate  liefert,  und  welche,  wie  bekannt, 
die  Grundlage  einer  Theorie  wurde,  die  durch  Navier,  Poncelet, 
Morin  und  Andere  ausgebildet  und  durch  Erfahrungen  bereichert  und 
gefestigt,  allgemeine  Verbreitung  fand. 

In  dem  Folgenden  wollen  wir  es  versuchen,  die  Formveränderung 
prismatischer  Stäbe  durch  Biegung  unter  consequentem  Festhalten  an  einer 
gegenwärtig  allgemein  üblichen  Hypothese  durchzuführen.  Die  sich  er- 
gebenden Resultate  sind  der  Hauptsache  nach  keineswegs  neu;  daher  das 
Vorliegende  eigentlich  als  eine  Studie  anzusehen  sein  wird,  bei  welcher 
vielleicht  wenigstens  die  Darstellung  einige  Beachtung  verdienen  dürfte. 


Yonuisatzangan.  Zum  Behufe  einer  befriedigenden  Lösung  der  uns 
gestellten  Aufgabe  werden  sowohl  bezüglich  des  Körpers  während  der  Be- 
einflussung durch  äussere  Kräfte,  als  auch  betreffs  der  mit  der  Formver- 
änderung desselben  im  Zusammenbange  stehenden  Vorgänge  im  Innern 
des  Stabes,  gewisse  Voraussetzungen  gemacht  werden  müssen.  Selbst- 
verständlich müssen  diese  Annahmen  von  der  Art  sein,  dass  deren  Zu- 
lässigkeit  entweder  schon  an  und  für  sich  in  der  Natur  der  Sache  begründet 
erscheint,  oder  doch  wenigstens  insofern  als  naturgemäss  bezeichnet  wer- 
den können,  als  man  unter  Voraussetzung  ihrer  Richtigkeit,  ohne  auf 
Widersprüche  zu  stossen,  zu  Resultaten  gelangt,  die  sich  erfahrungsgemäss 
als  richtig  bewahrheiten. 

a.  Eine  lineare  Aufeinanderfolge  der  Moleküle  eines  Körpers  wollen 
wir  eine  Faser  nennen  und  voraussetzen,  dass  die  Richtung  der  Fasern 
immer  parallel  sei  mit  der  Richtung  der  Moleknlarkräfte.  Letztere  wider- 
setzen sich  der  Formveränderung  und  leisten  somit  den  äusseren,  die 
Festigkeit  des  Körpers  beanspruchenden  Kräften  Widerstand. 

Ein   homogener  stabförmiger  Körper  von  congruentem  Normalquer- 
schnitt wird  daher  als  ein  Bündel  ganz  gleicher  Fasern  anzusehen  sein,  oder 
der  gerade  Stab  sowohl,  als  auch  der  gekrümmte  besteht  aus  unendlich 
f  vielen  unter  einander  parallel  laufenden  Fasern,  die,  als  mathematische 
Linien  betrachtet,  in  parallelen  Ebenen  liegen. 

b.  Alle  Atome,  welche  ursprünglich  in  einem  ebenen  Querschnitte 
lagen ,  sollen  auch  im  gebogenen  Zustande  in  einer  Ebene  liegen ,  die  an 
den  betreffenden  Stellen  der  Faser  auf  dem  Faserelemente  senkrecht  steht. 

Unter  Querschnitt  des  Stabes,  welchen  wir  durchgehends,  d.  i.  in  der 
ganzen  Länge  des  Stabes  als  sich  gleichbleibend  annehmen  wollen,  ver- 
stehen wir  jene  Figur,  die  erhalten  wird ,  wenn  sämmtliche  Fasern  durch 
eine  Ebene  normal  geschnitten  werden. 

Die    Verbindungslinie  der  Schwerpunkte  aller  au(eVT\ai\viei^o\)|^^vi^^\i 


40  Ueber  die  FomiTeränderangen  prismatischer  Stäbe  durch  Biegang. 


y■^.^ti»^^,^V^^./^^i^^»^»^^>»^^s/^^^■^.^^^^^^»^^»*wi»<»<ww».  ,^^^^^^>^^^^^^^f^^^>^^^^<^^'^^^^it 


Querschnitte,  welche  wir  uns  als  eine  Cnrve  denken,  heisse  die  Axe  oder 
die  Axenfaser  des  Stabes. 

c.  Durch  die  Axe  und  den  Querschnitt  des  Stabes  ist  die  Gestalt  des- 
selben vollkommen  bestimmt. 

Die  Ebene  der  Axe  des  stabförmigen  Körpers  heisse  dessen  Biegunga- 
oder  auch  Hanptbiegangsebene.  In  dieser  Ebene  denken  wir  uns  alle  den 
Stab  angreifenden  Kräfte  wirkend. 

d.  Die  Atome  eines  und  desselben  Querschnittes  behalten  ihre  relative 
Gegeneinanderlagerung  bei;  es  ändert  sich  also  durch  die  Biegung  weder 
die  Form,  noch  die  Grösse  des  Querschnittes. 

e.  Nach  der  Biegung  bleiben  die  Fasern,  wie  zuvor,  unter  einander 
parallel ,  treten  aus  ihren  Ebenen  nicht  heraus  und  bilden  alle  ursprünglich 
geradlinigen  Fasern  im  gebogenen  Zustande  des  Stabes  zur  äussersten 
Faser  aquidistante  Linien. 

f.  Die  Biegung  des  Stabes  sei  von  der  Art,  dass  die  für  die  Aus- 
dehnung und  Zusammendrtickung  von  Stäben  innerhalb  der  Elasticitäts- 
grenze  geltenden  Gesetze  ihre  volle  Giltigkeit  behalten. 

Obwohl  diesen  Voraussetzungen  ein  eingespannter  und  belasteter 
Stab  niemals  mathematisch  genau  entsprechen  wird,  so  mussten  denn  doch 
diese  Annahmen  vorausgeschickt  werden,  weil  bei  starken  Belastungen 
und  bei  einem  leicht  znsammendrückbareu  Materiale  so  complicirte 
Molekularverschiebungen  und  Formveränderungen  eintreten,  dass  es  ganz 
unmöglich  ist,  diese  durch  Rechnung  zu  bestimmen.  Die  gemachten  An- 
nahmen haben  aber  zugleich  eine  wichtige  praktische  Bedeutung;  denn 
sie  sprechen  die  Bedingungen  aus ,  denen  jeder  auf  Biegungsfestigkeit  be- 
anspruchte Bestandtheil  genügen  muss,  um  als  solides  Glied  irgend  einer 
Construction  betrachtet  werden  zu  können. 

Ä,  Wir  werden  zuerst  einen  Stab  betrachten,  der  an  dem  einen 
Ende  festgehalten  und  an  dem  anderen  Ende  belastet  er- 
scheint. 

Obwohl  dieser  Fall  in  der  Wirklichkeit  verhältnissmässig  selten  vor- 
kommt ,  so  wollen  wir  denn  doch  von  demselben  ausgehen ,  weil  sich  auf 
ihn  alle  anderweitigen  Biegungsfälle  zurückführen  lassen. 

Oleichgawichtsbedingungen.  Soll  in  einem  Stabstücke,  das  zwischen 
einem  beliebigen  Querschnitte  /*,  und  dem  Stabende  liegt,  Gleichgewicht 
stattfinden,  so  müssen  selbstverständlich  die  in  diesem  Querschnitte  durch 
die  Belastung  und  durch  die  hiermit  im  Zusammenhang^  stehende  Form- 
veränderung (Biegung)  wachgerufenen  Kräfte,  welche  theils  in  der  Ebene 
des  Querschnittes,  theils  senkrecht  auf  dieselbe,  jedoch  parallel  zur 
Biegungsebene,  wirken,  mit  den  äusseren  Kräften  im  Gleichgewichte  sein. 

Die  Bedingungen,  die  zu  erfüllen  sein  werden,  damit  der  Gleich- 
gewichtszustand eintrete,  lassen  sich  kurz  folgend  zusammenfassen. 


Von  G.  A.  V.  Peschka.  41 

Denken  wir  nns  nämlich  jede  einzelne  Kraft  in  zwei  beliebige  Kräfte 
zulegt,  deren  Ricbtnngon  zweckmässigerweise  so  gewählt  werden  können, 
das8  sie  mit  den  Coordinatenaxen  OX  und  OY  (der  Ursprung  derselben 
werde  mit  0  bezeichnet)  zusammenfallen  oder  zu  denselben  parallel  sind 
und  in  der  Biegungsebene  liegen,  so  muss : 

a)  die  Summe  der  Componenten  aller  Kräfte  geschätzt  nach  zwei 
beliebigen  Richtungen  gleich  Null  sein,  und 

b)  die  algebraische  Summe  ihrer  statischen  Momente  in  Bezug  auf 
eine  durch  den  betreffenden  Punkt  der  Axenfaser  gehende,  auf  der  Ebene 
der  Figur  senkrecht  stehende  Axe  gleich  Null  sein. 

Die  Momente  der  Kräfte  werden  als  positiv  oder  negativ  betrachtet, 
je  nachdem  die  Drehung  im  Sinne  von  der  positiven  Abscissenaxe  zur 
positiven  Ordinatenäxe,  oder  umgekehrt  geschieht. 

Um  einen  ersten  Ausdruck  für  jene  inneren  Kräfte  zu  erhalten,  wird 
die  Betrachtung  eines  zweiten,  dem  ersten  unendlich  nahen  Querschnittes  F^ 
und  die  der  Aenderung  ihrer  gegenseitigen  Lage  nach  der  Biegung  nöthig 
sein« 

Der  ursprüngliche  Zustand  des  Stabes  heisse  der  erste,  jener  nach 
der  Biegung  der  neue  oder  zweite. 

Im  ersten  Zustande  .schneiden  sich  die  Querschnitte  F^  und  F^  in  einer 
Geraden,  welche  auf  der  Hauptbiegungsebene  senkrecht  steht  und  letztere 
im  Punkte  A^  trifft.  Versteht  man  unter  F^  und  F^  zugleich  die  Schwer- 
punkte der  zwei  vorerwähnten  Querschnitte,  so  ist  offenbar  ^|  der  Krüm- 
mnngsmittelpunkt  der  Axenfaser  für  das  Intervall  F^  F^  und  A^  F^  und  A^  F^ 
als  die  Durchschnittslinien  der  Querschnittsebenen  mit  der  Biegungsebene, 
deren  Krümmungshalbmesser,  welche  den  unendlich  kleinen  Winkel  a^ 
einschliessen  und  die  wir  mit  ^|  bezeichnen  werden. 

Im  zweiten  Zustande  wollen  wir  die  correspondirenden  Grössen  mit 

Si  Sti  -^1  ^  ^^^  Q  benennen. 

Was  von  der  Schwerpunktsfaser  gilt,  hat  selbstverständlich  auch  be- 
zfiglich  aller  übrigen  Fasern  seine  Richtigkeit.  Die  Krümmungsmittel- 
punkte  derselben  werden  sämmtlich  auf  der  in  A^  zur  Hauptbiegungsebene 
errichteten  Normalen  liegen  und  wieder  als  die  Durchschnittspunkte  jener 
Geraden  mit  den  respectiven  Biegungsebenen  erscheinen. 

Denken  wir  uns  durch  F^  eine  auf  die  Biegungsebene  senkrechte  Ge- 
rade gezogen  (in  der  Folge  werden  wir  diese  Gerade  kurz  mit  F^  benennen) 
und  betrachten  wir  ein  unendlich  kleines  Faserstück  zwischen  den  beiden 
vorgenannten  Profilen  von  der  Länge  l^  und  dem  sehr  kleinen  Quer- 
schnitte df^  so  wird,  wenn  wir  dessen  Entfernung  von  der  erwähnten  Ge- 
raden u  heissen: 

A|  ==  (^i  +  m)  «r      " 
Das  negative  oder  positive  Vorzeichen  wird  zu  wählen  sein^  je  nachdem 

die  Faser  auf  derselben   oder  auf  der  entgegengeseizlen  &^\1^  tsäX.  ^^\si 


42  Ueber  die  Fonnveränderangen  prismatischer  St&be  durch  Biegang. 


^.^.^^^^^t^^^^^^^l^^^^VM»<^W^>^^^«^\^<^>^I^I^^^^H^<^^»^^>^i^^1^^^»^^rf^»V/WW^<^^WV 


Krömmungsmittelpiiiikte  liegt     Da  sich  sufolge  der  getroffenen  Annahme 
das  u  nach  der  Biegang  nicht  ändert,  wird  auch 

wobei  l   für    den  zweiten  Zustand  dieselbe  Bedeutung ,   wie  If    für  den 
ersten  hat.     Die  Faser  hat  also  eine  Längenänderung 

erlitten.     Hiemach  wird  die  Kraft  dp,  mit  welcher  die  Faser  dieser  Aende- 
rung  widersteht,  durch  den  Ausdruck 

dargestellt,  wo  u  schon  das  Zeichen  in  sich  schliesst  und  E  den  Elasticitäts- 
modal  für  das  Material  des  Stabes  bezeichnet. 

Dieser  Aasdrack  lässt  sich  unter  der  Voraussetzung,  das«  u  gegen  q 
und  ^1  sehr  klein  ist,  in  einen  für  die  Folge  bequemeren  verwandeln;  es 
ist  nämlich: 

Vernachlässigt  man  die  zweiten  und  höheren  Potenzen  von  m,  so  erhält 
man: 


und  daher 


LaiPiV         9      9t  J         J 


Nun  sind  aber  or^  und  a^Qi  nichts  Anderes,  als  die  Längen  ds  und  ds,  des 
betrachteten  Elementes  der  Axe  zwischen  den  Punkten  F^  und  F^  in  beiden 
Zuständen  des  Stabes,  daher  wird 

welcher  Ausdruck  die  in  einem  Flächenelemente  des  Qaerschnittes  senk- 
recht auf  dessen  Ebene  wirkende  Kraft  repräsentirt. 

Die  zweite  in  der  Ebene  des  Flächenelementes  (gegen  das  Abscheren 
oder  Abschieben)  wirkende  Kraft,  deren  Zahlwerth  wir  einstweilen  nicht 
näher  bestimmen,  heisse  dq. 

Bezeichnet  q>  den  Winkel,  den  die  Richtung  von  dp  mit  der  positiven 
Abscissenaxe  einschliesst ,  und  ^  den  Winkel  mit  dq^  und  sind  XF, 
JTi  F|  etc.  die  Componenten  der  äusseren  Kräfte,  so  hat  man  für  das 
Gleichgewicht  die  Bedingungsgleichungen : 

2)  2dp.cosq>+£dg,cosil;+2Ä=0, 

3)  2dp.sin(p+£dq.8inrlf+2Y=:0, 

wo  sich  die  Suminonzeicheu  beiderseits  auf  alle  Kräfte  erstrecken. 


Von  G.  A.  V.  Peschka.  43 


*,^^^^  ^ ^^ '^'^^■^■^^■^  ^^ ^ ^^"^"^ • 


Um  dq  an  eliminiren,  multiplicire  man  die  Gleichnng  2)  mit  costp^  die 
Gleichung  d)  mit  ^n^nnd  addire  dieselben,  so  wird  :  ^ 

£  dp  (co8^  (p + sin*  <p) + £d  q  (cos  9  cos  ^  +  sin  <p + sin  ifi) 
+cos(p2Ä+sinq)2Y=zO; 
oder,  da 

cosg>  cos^f'i'Sinfp  sin^=sO 
iMiy  wird 
4)  2dp  +  cos  tp  £X+  sin  tp  2  7=0. 

Obwohl,  um  die  Gleichung  für  die  statischen  Momente  der  den  Körper 
beeinflussenden  Krftfte  aufzustellen,  die  Drehnngsaxe  beliebig  gewählt 
werden  könnte,  so  dürfte  es  denn  doch  zweckdienlich  erscheinen,  um  die 
bisher  nicht  ermittelten  Abschiebungskräfte  dq  hierauf  ausser  Einfluss  zu 
bringen,  die  Drehnngsaxe  als  im  Querschnitte  %i  liegend  und  senkrecht 
auf  die  Biegungsebene  anzunehmen.  Es  stellt  sich  diesfalls  von  selbst 
als  das  Einfachste  dar ,  sie  durch  den  Schwerpunkt  zu  führen  ,weil  dann  nur 
die  Coordinaten  der  Axe,  deren  Veränderungen  wir  eigentlich  zu  bestimmen 
btben,  in  die  Rechnung  eintreten. 

Diesem  Umstände  zufolge  denken  wir  uns  auch  die  AngrifiTspunkte 
sammtlicher  Kräfte  in  die  Stabaxe  verlegt. 

Seien  die  Coordinaten  der  Letzteren  allgemein  $  und  17,  die  Coordina- 
ten von  fj[|  X  und  y,  so  ist  die  Momentengleichung: 

5)  2dp.u+2Y{^-^x)~£x{fi--y)=0, 

wobei  das  Vorzeichen  des  ersten  Gliedes  noch  zu  bestimmen  ist. 

Setzt  man  in  die  Gleichungen  4)  und  &)  für  dp  den  gefundenen  Werth, 
ersetzt  man  femer  die  Summenzeichen  durch  Integrale  und  bedenkt  man, 
dass,  wenn  der  Bogen  der  Axenfaser  von  dem  betrachteten  Querschnitte 
an  gegen  das  Ende  zu  wächst, 

cos(p  und  sinq>  beziehungsweise  in  —  •^—  und   —  ^— 

ds  o  s 

fibergeht,  und  dass  endlich  die  Drehnngsaxe,  auf  welche  sjch  die  Abstände 
tf  beziehen,  eine  Schweraxe  des  Querschnittes  sei  und  folglich  in  Bezug 
anf  dieselbe  das  Integral 

Judf=Q 

ist,  so  ergiebt  sich : 

oder,  da    fdf  die  Fläche /"des  Querschnittes,   und  J^^df  das  Trägheits- 
moment %  desselben  in  Bezug  auf  die  Schweraxe  bedeutet, 

••)      <-')-'^--^-f:-=« 


44  Ueber  die  Formveränderungen  prismatischer  Stäbe  durch  Biegung. 

Die  Krümmungshalbmesser  ^  und  ^j  sind  hier  absolut  genommen;  ersetzt 
man  dieselben  durch 

ds        .  ds. 
5—  und   -— 

oder  auch,  da  o  und  a^  die  Contingenzwinkel  in  beiden  Zuständen  sind, 
durch 

ds        .   dst 
^-  und  ^— , 

so  übergehen  die  Gleichungen  in: 

Weil  die  Drehungsrichtung  der  positiven  Momente  mit  der  positiven  Zu- 
nahme des  Neigungswinkels  (d.  i.  mit  d<p  —  dq>i)  übereinstimmt,  so  ergiebt 
sich  durch  einfache  Betrachtungen  mit  Leichtigkeit,  dass  in  der  Glei- 
chung 9)  das  positive  Vorzeichen  beizubehalten  sei. 

Um  zur  endlichen  Gleichung  der  Axenfaser  zu  gelangen,  mfissten 
zuerst,  damit  die  vollständige  Integration  vorliegender  Differentialgleichun- 
gen nicht  zu  grosse  Schwierigkeiten  darbiete,  die  Coordinaten,  welche  sich 
auf  den  ursprünglichen  Zustand  des  stabförmigen  Körpers  beziehen,  durch 
Elimination  entfernt  werden.  Begnügt  man  sich  jedoch  mit  zulässigen 
Annäherungen,  so  sind  die  darch  die  Biegung  herbeigeführten  Aenderungen 
der  Coordinaten  mit  Rücksicht  darauf,  dass  die  Formveränderung  über- 
haupt als  sehr  klein  vorausgesetzt  wird,  leicht  zu  erhalten. 

Die  zweiten  Glieder  der  Gleichungen  sind  sodann  sehr  geringfügige 
Grössen  derselben  Ordnung  als  die  Coordinatenänderungen. 

Setzt  man  in  obige  Gleichungen  statt  der  neuen  Coordinaten  die  ur- 
sprünglichen,  welche  sich  von  ersteren  nur  sehr  wenig  unterscheiden  ^  so 
begebt  man  allerdings  einen  Fehler,  doch  ist  dieser  Fehler,  als  durch  Ver- 
nachlässigung sehr  kleiner  Ausdrücke  zweiter  und  höherer  Ordnung  ent- 
standen, ein  bei  einer  ersten  Annäherung  erlaubter,  und  man  erreicht 
dadurch  den  Vortheil,  dass  die  rechtsstehenden  Theiie  obiger  Gleichungen 
8)  und  9)  durchgehend  bekannte  Grössen  enthalten. 

Setzt  man  also: 

und 

^[Zr(|-x)-i.V(,-y)]=6. 

so  übergehen  die  Gleichungen  8)  und  9)  in: 


Von  G.  A.  V.  Peschka.  45 

10)  ds — dSi^=adSi^ 

11)  d(p — dg>i^=adg>i+bds^. 

Die  einzelnen  Bogenelemente  der  Axe  und  die  zugehörigen  Contin- 
genswinkel  erfahren  also  Aenderangen,  welche  durch  die  rechtsstehenden 
Glieder  der  Gleichungen  10)  und  11)  ausgedrückt  werden;  es  handelt  sich 
somit  nur  darum ,  aus  diesen  unendlich  kleinen  Aenderungen  jene  der  ent- 
sprechenden endlichen  Grössen  herzuleiten. 

Die  Gleichungen  lO)  und  11)  lassen  sich  unmittelbar  getrennt  integri- 
ren,  wodurch  man  die  endlichen  Ausdrücke  für  s — Si  und  tp — ^i  erhält. 
Diese  Grössen  sind  aber  für  die  Anwendung  nicht  so  bequem,  wie  x — rt| 
und  y — ^1 ,  wenn  sich  auch  letztere  auf  verschiedene  Weise  aus  ersteren 
entwickeln  lassen.  Der  in  Folgendem  eingeschlagene  Weg  scheint  daher 
den  Vorzug  auch  schon  deswegen  zu  verdienen,  weil  hier  auch  die  Be- 
deutung der  in  den  Resultaten  vorkommenden  doppelten  Integrale,  sowie 
die  Grenzen ,  zwischen  welchen  sie  zu  nehmen  sind ,  mit  grösserer  Klarheit 
erkannt  werden  kann. 

Die  letztangeführten  Gleichungen  drücken  aus,  dass  die  Längen  der 
unendlich  kleinen  Bogen  ^s^  und  ds — dsi  verändert,  und  die  Winkel  dq>if 
welche  zwei  solche  aufeinanderfolgende  Elemente  einschliessen ,  um 
d<p  —  B(pi  vergrössert  oder  vermindert  werden. 

Denkt  man  sich  nun  statt  der  continuirlich  gekrümmten  Axe  des 
Stabes  zwischen  n+l  Punkten 

0,     1,     2,     3....n — 1,     n, 
deren  Coordinaten 

sein  mögen,  ein  Polygon  von  n  endlichen  Seiten 

welche  mit  der  Abscissenaxe  die  Winkel 

und  unter  einander  (jede  vorhergehende  mit  der  nachfolgenden)  die  Winkel 

einschliessen  (letztere  so  genommen,  dass  eine  Seite  um  den  ihr  zugehörigen 
<X  ^  fpr  im  Sinne  von  der  positiven  0  X  zur  positiven  0  Y  gedreht  werden 
musSy  um  mit  der  Verlängerung  der  vorhergehenden  zusammenzufallen), 
und  durch  irgend  eine  Ursache  die  Gestalt  des  Polygons  so  verändert,  dass 
die  bezeichneten  Poljgonseiten  in: 

die  Winkel  in 

und  die  Contingenzwinkel  in 

übergehen,  so  besteht  die  Aufgabe  einfach  darin,  aus  dei  \>ek^%.iiTiV^Ti  ü^xi^^ 


46  Ueber  die  Formyeränderangen  prismatischer  Stäbe  durch  Biegang. 

Lage  (^o'^'^O)  ^o'^'^yo^  ^^^  Punktes  0  nnd  der  gegebenen  Grössen  die 
Lage  {30n  +  8Xntyn  +  8yn)  des  Endpunktes  n  za  finden. 
Man  hat  bekanntlich  die  Gleichung: 

Xn  —  *o^^*i  cosq>^'^SfCosq>2  + . .  • . +*«  costp^^^ 
und  eine  ähnliche  Gleichung  für  den  zweiten  Zustand. 

Werden  diese  beiden  Gleichungen  von  einander  abgesogen ,  so  ist : 

und  analog 

13)  6yn  —  iyQ=£i''liSr+8sr)sin((pr+d(pr)  —  SrSin  fpr] 
Ebenso  wird 

^=^<Pl  +  ^(pi  +  ^(Pt  + +  ^q>r'^2  +  ^q>r^i 

und  die  Differenzen  genommen : 

14)  8 (pr=8 g>t+8  J g>t  +  8  J (p^  +  .> •  .  +  d  J q>r-i=^d ipi  +  £1"  "^ 8  J q>s 
Werden  8q>r  und   8sr  als  sehr  kleine  Grössen   erster  Ordnung   an- 
gesehen und  ihre  Potenzen  sowie  deren  Producte  vernachlässigt,  so  gestalten 
sich  die  Ausdrücke  wie  folgt: 

12  a)  8Xn=i8xQ  +  2?,»  {8  Sr  cos  q>r  —  Sr  sin  q>r .  ö  ^r) » 

13 6)  8yn=8yQ  + 1:," (8Sr  sin  tpr  +  Sr  cos  <pr  8  q>r). 

Substituirt  man  statt  8  q>r  aus  14)  den  Werth ,  so  ist : 

15)  8Xn=8xQ  +  2i^{ — SrSin(pr8q>i  +  8SrCOS(pr — SrSin(pr£t'''''^8  JfPs)^ 

16)  8yn  =  8yQ  +  2i^  (Sr  cos  tpr  8(pi  +  8SrSin(pr  +  Sr  COS  (pr  JS/—*  8Jq>g). 

Wie  ersichtlich,  drücken  in  diesen  beiden  Gleichungen  die  ersten  Glie- 
der den  Einfluss  der  Verrückung  des  ersten  Punktes  im  Polygone,  die 
zweiten  Glieder  (innerhalb  der  Summen)  hingegen  jenen  aus ,  welcher  von 
der  Drehung  des  ganzen  Polygons  um  den  Winkel  8tpi  herrührt;  die  dritten 
Glieder  bestimmen  den  Einfluss,  der  aus  der  Veränderung  der  einzelnen 
Seitenlängen  entspringt,  und  die  letzten  Glieder  endlich  bezeichnen  die 
Coordinatenveränderungen  des  Endpunktes,  die  aus  den  kleinen  Drehungen 
der  einzelnen  Seiten  um  die  zugehörigen  Poljgonecke  entstehen. 

Um  auf  unser  Problem  zurückzukommen ,  denke  man  sich  innerhalb 
des  in  Betrachtung  stehenden  Axenstückes  einen  Punkt  (^,  y),  dessen 
Coordinatenveränderung  man  erfahren  will;  {x^^y^  sei  der  Punkt,  dessen 
Lage  bekannt  ist. 

Ersetzt  man  die  Summe  durch  Integrale,  und 


^r             n 

ds^ 

COSfpr    „ 

d  s^ 

Sinffr    n 

dsi 

8q>i     n 

8(po 

8Sr        „ 

ds  —  dSi 

8^lq>9  „ 

d(p  —  d<pt, 

Von  Q.  A.  V.  Peschka.  47 

so  ist 

18)  iy  =  iy^  +  {x—x^  *g>o  +  /(«  ^y  +  ^^ /[«»g?  +  Ä^*] ), 

X 

19)  8fp  —  8q>Q+  f{ad(p  +  bds). 

X 
A 

Die  Grössen  in  den  zweiten  Theilen  vorstehender  Gleichungen  beziehen 
sieh  auf  den  ursprünglichen  Zustand. 

War  der  Stab  anfänglich  gerade^  so  ist  dq>z=o^  daher  unter  dieser 
Voraussetzung  die  Gleichungen  übergehen  in: 

X  X* 

20)  6x=  8xQ—(y  —yo)S(pQ+  f(a dx^dyfb  ds), 


*o  'o 


X' 


21)  8y  =  8y^  +  {X'^x^)$q>^+  J{ady  +  dxjbds\ 


0  0 

X 


22)  8q>  =  6q>o+  fbds. 


X 

0 


Diese  Gleichungen  sind  dieselben,  welche  auch  bereits,  mit  Ausnahme  der 
Glieder  in  a,  anderwärts  gefunden  wurden.  Letztere  können  übrigens  im 
Allgemeinen,  da  sie  gegen  die  vorhergehenden  sehr  klein  sind,  oft  ver- 
nachlässigt werden. 

Die  auf  diese  Weise  erhaltenen  neuen  Coordinaten  der  Axe  könnten 
in  a  und  b  substltuirt,  diese  Functionen  sodann  in  die  Integrale  gesetzt 
und  dieses  Verfahren  öfters  wiederholt  werden ,  wodurch  man  immer  mehr 
and  mehr  genäherte  Werthe  von  8y  und  ix  erhielte,  die  in  Beziehung  auf 
den  früher  begangenen  Fehler  sich  von  den  wahren  Werthen  stets  weniger 
nnd  weniger  unterscheiden  würden.  Letzteres  ist  jedoch  nur  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  erreichbar,  indem  in  der  Entwickelung  die  Cosinus  kleiner 
Winkel  der  Einheit,  und  die  Sinus  derselben  den  Winkeln  selbst  gleich- 
gesetzt wurden ,  welcher  Fehler  durch  jenes  Näherungsverfahren  nicht  be- 
hoben wird. 

Was  die  Anwendung  der  gefundenen  Formeln  betrifft,  sei  noch  be- 
merkt, dass  die  Functionen  a  und  b  nicht  immer  continuirlich  sind.  Wir- 
ken nämlich  mehrere  endliche  Kräfte  an  verschiedenen  Stellen  auf  den 
stabförmigen  Körper,  so  werden  besagte  Functionen  für  jedes  Intervall 
zwischen  zwei  aufeinander  folgenden  Angriffspunkten  durch  andere  For- 
meln ausgedrückt,  und  die  Gestalt  der  Axenfaser  wird  an  diesen  Stellen 
eine  Unterbrechung  der  Continuität  erleiden,  weshalb  man  sich  veranlasst 
sehen  wird,  jedes  von  diesen  Curvenintervallen  für  sich  abgesondert  zu  be- 
trachten. 


4S  lieber  die  Formverändef  m^cn  pfismaüsdicrStibe durch  Biegung. 
Werden  diese  Angriffspankte  der  Seilie  naeb  mit 

and  ibre  respeetiTen  Coordinaten  mit 

(*i.yi).  (^•yt),  (*i.  fs) (•»•»»r) (*..  9») 

beseicbnet,  lo  bestimme  man  naeb  der  Formel  mit  den  bekannten  Anfangs- 
werthen  ^^rlf^f^V^  zuerst  dXiydyi,  J91,  betrachte  sodann  diese  Grössen 
als  AnAiogswerthe  für  die  Bestimmung  Ton  Sx^yölf^^  dtp^^  verfahre  mit 
letztsten  aaf  ähnliebe  Weise  und  setze  dieses  Verfahren  so  lange  fort ,  bis 
man  endlich  die  Ansdracke  SXrj  ifry^^r  ^^  einen  Angriffspunkt  (r)  ge- 
fanden hat.  Letztere  Werthe  werden  sodann  snr  Berechnung  der  Lage 
des  erwählten  Punktes ,  welcher  hier  in  dem  Interralle  (r)  und  (r  +  1)  He- 
gend gedacht  wird,  dienen. 

Die  Ausf&hrung  des  Gesagten  wird  unmitelbar  das  Gesuchte  liefern, 
wenn  man  die  Kräfte  in  der  Beibenfolge  ihrer  Angriffspunkte  successive 
wirken  lässt,  und  wenn  man  die  durch  den  Einfluss  der  Kräfte  hervor- 
gebraebten  Coordinatenveränderungen  des  bezogenen  Punktes  einzeln,  ohne 
Bftcfcsicbt  auf  die  Übrigen  Kräfte,  in  Bechnung  zieht,  was  wegen  der  linea- 
ren Form  der  Besultate  gestattet  erscheint. 

Beziehen  sich  also  die  Functionen 

a^  und  6j  nur  auf  die  im  Punkte  (1)  wirkenden  Elräfte, 
Of  und  6,  „       „     „    „         „       (2)         ,.  „ 

fl,  und  6,  „      „     „    „         „       (3)         f,  „ 


Qr  und  br  nur  auf  die  im  Punkte  (r)  wirkenden  Kräfte  und 

a   und  b  auf  alle  vom  Punkte     (r+1)  an  wirkenden,  sowie  auf 

alle  jenen  Kräfte,  für  welche  diese  Functionen  nach  der  ganzen  Stablänge 

eontinuirlich  sind ,  so  erhält  man : 

^y=*yo+(j? — arj  d9>o  + 

+/(«!  ^!/+^xfla^^<p+b^^s))  +  {x—x^)ßa^  d,p+b,  dt)  + 


+f(a^dy+dx  Jla^dq>+b^ds-\)+  (x^x;)  fi^dip+h^ds^-k^ 


23) 


'0  '  '• 


r  X*  '  r 


\+f{cr  dy  +  dxf[ardq>  +  br  d$])  +  (x -^  Xr) /(or  d  q>  +  brds)  + 

X  X' 

+  f(ady'{-dxflad(p+b  ds]\ 

Xq  Xq 

und  ebenso  für  dx  und  dtp  analoge  Ausdrücke. 


Von  G.  A.  V.  Peschka.  49 

Mitunter  enthalten  a  und  b  noch  unbekannte  Grössen ,  welche  erst  ge- 
sucht werden  müssen. 

Wären  z.  B.  die  Formänderungen  eines  wie  immer  gestalteten  ge- 
schlossenen Ringes  zu  bestimmen,  der  an  einer  Stelle  eingeklemmt  ist,  so 
kann  man  die  feste  Stelle  des  Stabes  als  den  Anfangspunkt,  dessen  Coor- 
dinaten  x^  und  y^  sich  nicht  ändern,  ansehen,  die  Integration  über  dessen 
ganze  Länge  erstrecken  und  als  Endpunkt  wieder  (^0,^0)  wählen,  auf 
welchen  noch  die  Kräfte  £dp  und  £dq^  sowie  das  Drehungsmoment  Zu  dp 
(einem  Kräftepaare  äquivalent)  wirkend  gedacht  werden.  Durch  Voll- 
ziehung der  Integrationen  erhält  man  Ausdrücke  für  dx^  Syy8q>  des  End- 
punktes, die  jenen  für  den  Anfangspunkt  gleich,  also  Null  sind.  Aus  die* 
sen  so  erhaltenen  Gleichungen  findet  man  die  gesuchten  Werthe  für  2dp^ 
£dq  und  Zu  dp,  welche  in  die  Integralformel  von  Neuem  eingeführt  die 
Berechnung  der  Aenderungen  für  jeden  beliebigen  Punkt  des  Stabes  mög- 
lieh  machen. 

Durch  ein  ähnliches,  jedoch  entsprechend  modificirtes  Verfahren  wer- 
den sich  alle  Aufgaben  dieser  Art  lösen  lassen. 

Einige  Beispiele  werden  den  Gebrauch  der  aufgestellten  Gleichungen 
und  Formeln  erleichtern  helfen. 

Beispiel  1.  Es  ist  ein  gerader  Stab  von  der  Länge  /  an  einem  Ende 
festgeklemmt  und  am  freien  Ende  dem  Einflüsse  einer  Kraft,  deren  Com- 
ponenten  X  und  F  sind ,  ausgesetzt. 

Die  positive  Abscissenaxe  falle  mit  dessen  Axenfaser,  der  Ursprung 
mit  dem  festen  Punkte  zusammen.     Hiernach  ist: 

ay=o,     ds=dx,     5x^=0,     01/^  =  0,     8(Pq^=0. 


und 


-=]p^'  *=£!f''^'-*)' 


0 

X 


'"^/'"/^  ^^'-^)^^=.-ÄC-f> 


Die  neuen  Coordinaten  sind  somit: 


und 


(--  0 


2E.Z 

Eliminirt  man  hieraus  ar,  so   ergiebt  sich  die  Gleichung  der  gegebenen 
Axenfaser. 

Zdlftchrtri  r.  Mathematik  u.  I'hytik  XIII,  1.  . 


50  lieber  die  Formveränderangen  prismatischer  Stäbe  durch  Biegnng. 


Die  grösste  Aasbiegung  findet  an  der  Einmanerungsstelle ,  d.  i.  für 
x  =  l  statt,  und  ist  ihrem  Zahlwerthe  nach  c=  . 

Beispiel  2.  Unter  Beibehaltung  derselben  Voraussetzungen,  wie  im 
vorhergehenden  Beispiele,  sei  noch  die  Annahme  beigefügt,  dass  der  vor- 
gegebene stabförmige  Körper  noch  an  einer  Stelle  in  der  Entfernung  e  vom 
Ursprung  durch  einen  horizontalen  Schraubenbolzen ,  welcher  durch  seine 
Axe  geht ,  befestigt  sei. 

An  letztbezeicbneter  Stelle  können  sich  also  nicht  die  Coordinaten, 
wohl  aber  kann  sich  die  Neigung  der  Stabaxe  ändern. 

Die  Schraube  wird  gegen  den  Stab  einen  Druck  äussern,  dessen  Grösse 
und  Richtung  vorläufig  unbekannt  sind.  Die  Componenten  des  Letzteren 
mögen  durch  Xi ,  Fj  repräsentirt  erscheinen. 

Hiernach  hat  man  für  das  Stabstück  von  0  bis  e : 

'-Ä("-t)+Ä(-t> 

Für  die  St*»lle  x=e  ist  ^j:=0  und  6y=0,  hiernach  also: 
und 
Endlich  ergiebt  sich  für  das  Stabstück  ^  bis  /: 

1  y 

ö  =  ^.^t  nnd6  =  ^-^(/— :r); 
ferner 

dy=(a:-e)^(/  -  e)  + f-^J'd.r  J\l-x)dx 

e  • 

und 

Für  a;r.=  /i8t  der  Pfeil 

^*~ä71\3  4    "*■  2        12/ 


jund  für  <?=  —  ist: 

2 


Von  ü.  A.  V.  Pbschka.  61 


^*  ~  96  '  E.Z' 
d.  i.  im  Vergleiche  za  dem  im  vorbergebenden  Beispiele  gefundenen  Ke- 
sultate  der  ,V»«  Tlieil. 

Der  Pfeil  für  das  Stabstück  0  bis  e  lässt  sieb  ebenso  einfach  finden. 
Es  ist  nämlich : 

^~E.Z\2         6/         2e.E.%    \2  6/ 

oder 


daher  wie  bekannt 


Ae.E.% 


— -i.=0=2cj?-— 3a?*, 

CS 


woraus 


Demzufolge  ist: 


c,= 


—  YQ^e)e* 


21E.Z 


Hieraus  folgt  für  «  =  -    oder    a:  =  - 

£  «5 


c 


•      216  is:.!' 

Beispiel  3.  £&  ruhe  ein  Stab  von  der  Länge  /  auf  zwei  Stützen 
horizontal  auf,  über  welchen  eine  Last  als  gleichförmig  vertheilt  voraus- 
gesetzt wird,  die  per  Längeneinheit  mit  Einscbluss  des  eigenen  Gewichts  g 
sei.  Den  Ursprung  des  Coordinatensj^stems  wollen  wir  mit  dem  einen 
ünterstützungspunkte  zusammenfallend,  und  die  positive  Ordinatenaxe  mit 
der  Richtung  der  Schwere  übereinstimmend  annehmen. 

Es  wird  diesfalls: 

a=0.  und  b=~  ^ß 8 x' (x' - x) -^j  (I -- x)]. 

X 

Der  Druck  auf  jeden  der  beiden  Stützpunkte  beträgt  —. 


Es  wird  also 


h^z-l—ix'-lx), 

2E.Z^  ^ 


Ferner  ist: 

dxz=0, 
und 


X  X 


52  Ueber  die  Formverändernngen  prismatischer  Stäbe  durch  Biegung. 
Für  a:  =  /  ist  Jy=0,  daher  auch 

und 

gl" 


d<Po=^ 


Hiernach  ist  allgemein : 

Die  grösste  Einbiegung  lässt  sich  auf  bekannte  Weise  leicht  ermitteln. 
Wir  finden  nämlich : 

woraus  folgt,  dass : 

/ 

2' 

oder  dass  die  grösste  Senkung  in  der  Mitte  stattfinde. 

Hiernach  ergiebt  sich  der  Pfeil 

_   5    gU^ 

^*       384  E.X' 

Auch  kann  man  sich  sehr  leicht  die  Ueberzeugung  verschaffen ,  dass 

hy  für  ar  = a  und  a:=— +a  dasselbe  bleibt,  und  folglich  die  Gestalt 

der  Axe  gegen  eine  durch  die  Mitte  des  Balkens  gezogene  Vertikale 
symmetrisch  ist,  was  übrigens  unter  den  gemachten  Voraussetzungen  schon 
an  und  für  sich  einleuchtend  ist. 

Beispiel  4.  Ein  geradliniger  horizontaler  Stab  von  der  Länge  /  ist 
an  beiden  Enden  eingemauert  und  in  einer  Entfernung  e  vom  linksseitigen 
Ende  mit  einem  Gewichte  —  P  belastet.  Der  Ursprung  des  Coordinaten- 
sjstems  stimme  mit  jener  Stelle  überein ,  von  welcher  aus  die  Entfernung  e 
gemessen  wird ,  die  positive  Abscissenaxe  falle  mit  der  Axenfaser  des 
Stabes  zusammen  und  die  positive  Ordinatenaxe  sei  der  Richtung  der 
Schwere  direct  entgegengesetzt. 

Zum  Behnfe  der  Lösung  vorstehender  Aufgabe  denken  wir  uns  am 
rechtsseitigen  Stabende  eine  Kraft,  deren  Componenten  ^,  und  Yx  sind, 
und  ein  Kräftepaar,  dessen  Moment  M  heissen  möge,  wirkend. 

Wir  haben  sonach  für  einen  Punkt,  dessen  x^  e  ist 


u         u 

X  X 


+  A 


I^JdjcJ)M+y,{i-x)\dx 


Von  G.  A.  V.  Peschka.  53 


^^^*b<  W^'^«^V^  *#Nr%^^^^^%^\^rf'^^^ 


and 


'      0  0 

Für  den  Endpunkt  ergiebt  sich  hiernach : 


and 


6y,  =0=-— +4-+  P 


woraus 


und 


Der  Zahlwerth  von  Xf  ist  offenbar  gleich  Null. 
Durch  Substitution  findet  man: 


P^  r—e^{Zl—2e)a:^      e^{2l-^e)x*      ^x      g*"! 


Der  Pfeil  ist  für 


d6y (3/— 2g)a:»      (2/  — g)a?      1 


daher 


_  (2/— g)  +  ]//«(2/— g)«  — /'(3/  — 2g) 
^~  (3/  — 2g) 

und  da  das  obere  Zeichen  zu  wählen  ist,  wird : 


X 


Zl—2e 


Für  g  =  -    wird  o:  =  —   und 
2  2 


—  1     P/» 


*        192'^.!' 

Beispiel  5.  Ein  kreisförmiger  Ring  vom  Halbmesser  r  werde  um 
seinen  vertikalen  Durchmesser  als  Axe  gedreht. 

Die  positive  Ordinatenaxe  gehe  von  dem  Endpunkte  der  Dreliungs- 
axe  aus,  stimme  mit  deren  Richtung  überein  und  die  Abscissenaxe  tangire 
den  Ring  an  eben  dieser  Stelle. 

Durch  die  Einwirkung  der  Centrifugalkraft  wird  er  abgeplattet 
Offenbar  wird  der  Ring  gegen  die  Vertikale  eine  symmetrische  Gestalt  an- 
nehmen, weshalb  wir  nur  dessen  eine  Hälfte  zu  betracVileii  \^x%xxc\i^ii. 


54  lieber  die  Formverändeningeii  prismatischer  Stäbe  durch  Biegung. 

Die  in  jedem  Punkte  thätige  Fliehkraft  wird  dargestellt  durch  die 
Gleichung  ffi.ds.v^.x^  worin  fi  die  Masse  der  Volumeinheit  und  v  die 
Rotationsgeschwindigkeit  bedeutet.  Im  obersten  Punkte  desKinges  werden 
wir  uns  aus  leicht  begreiflichen  Gründen  eine  horizontale  Kraft  JT,  und  ein 
Moment  M  wirkend  annehmen. 

Nachdem  den  Hing  keine  vertikalen  Kräfte  beeinflussen,  so  erscheint 
es  überflüssig,  sich  im  letztbezeichneten  Punkte  eine  Kraft  £d  q  angebracht 
zu  denken. 

Um  die  Kechnung  zu  vereinfachen,  nehmen  wir  die  von  a  abhängigen 
Glieder  als  so  unbedeutend  an,  dass  sie,  als  das  Kesultat  nicht  beeinträch- 
tigend, vernachlässigt  werden  können,  wie  es  beispielsweise  bei  einem 
Metallringe  der  Fall  sein  wird,  und  führen  als  unabhängige  Variable  den 
Winkel  ein,  welchen  der  irgend  einem  Punkte  entsprechende  Radius  im 
Kreise  mit  jenem  Radius  bildet,  der  dem  tiefsten  Punkte  entspricht. 
Dieser  Winkel  heisse  allgemein  er. 

Es  wird  hiernach : 

x=rsina^     dx  =  r.cosa,dcc 

y=r  (1 — cosajy     dy^=^r,sina,da 


und 


b  =  Y:^[-£^(y'-y)—^'i^'—y)]+^ 


9V 

=  -=r-^  [M — ^i  (2r— y)  — ^/'y'r'/  sina{r  —  r  cosa  —  y)da]] 


ferner 


ö 
E 


^^=f^ds==Mrfda--r^X,J{\  +  cosa)d 


0  0  0 


—  lifv^r* I  l\  +cosa )da 

0 


und 


^-jkß'  ö<,=  -^y.m«.d<,.aa 


=  — ^/ 


2/                  X     '     \  i    %  V  f                 ...<*      sinacoS€i\ 
r\  —  acosa+stna)+r^X^  ( — a  cosci-\-stnci'\ ; j 


I      ct^( — ^  I   3'    •         I     ^       sin a cosa    .   sm*a\ 

+  afv^r  I  a  cos  a  +  -.  sin  a  + 1 I. 

*^'  \4  ^4  ^2  2  ^     12    J 

Für  a=7c  ist  8q>=0  und  Jx=0;  daher: 


Von  G.  A.  V.  PE8CHKA.  55 


und  ebenso 


Als  die  Centrifagalkraft  eines  Ringquadranten  ergiebt  sich : 
und  für  M  findet  man 

4 

Substitoirt  man  die  gefundenen  Zahlwertbe,  so  ist: 

ö(p  =  — ^^cj-  •*«'»«•  ^05«, 

^a:=r  I  sina ,  8 <p ,  o tt=  —-=^-^ sin* a^ 
•/  12  A  .  X 

0 

folglich  die  neuen  Coordinaten: 

x=:r  sin a  +      „^  sin^a 

y=r— r  cosa+ J^-^  (co5«a  — l). 

Wie  leicht  ersichtlich,  ist  die  Verkürzung  der  kleinen  Axe  gleich  der 
Verlängerung  der  grossen  und  zwar  beträgt  die  Abplattung 

6E.Z' 

Beispiel  6.  Ein  gerader  Stab,  welcher  auf  n  Stützen  frei  aufruht, 
wird  einer  über  seine  Länge  gleichförmig  vertheilten  Belastung  ausgesetzt 
und  ausserdem  dem  Einflüsse  von  Kräften  unterworfen,  deren  Angriffs- 
punkte zwischen  je  zwei  Stücken  liegen. 

Die  Stabaxe  im  ungebogenen  Zustande  sei  zugleich  Abscissenaxe ,  und 

■^11     ''t»      °a  •  •  •  • "«— 2>     «Ml- 1 
die  vertikal  nach  abwärts  wirkenden  Kräfte,  während 

die  zugehörigen  Abscissen  ihrer  Angriffspunkte,  und 

(?o,     Qu     (?.,....(?— 1 
die  nahezu  vertikalen  Drücke  auf  die  Stützen,  oder  richtiger,  die  aus  den 
Pressungen  gegen  die  Stützpunkte  entspringenden  vertikalen  Componentou 
sind;  ferner  seien 

die  Entfernungen  der  Stützen  vom  Ursprung,  und  g  die  veTäudet\\^\\^  ^^- 
lastung  pro  hkngenewbeit* 


56  üeber  die  Formveränderungen  prismatischer  Stäbe  durch  Biegung. 
Mao  hat  sodann  für  den  r'^°  Stützpunkt: 

0=JdxJdx  [Pr^x  (ar+\—s)  +  Pr+2  (ofr+2  — x)  +.. . . 
U         0 

etr       X  ar 

..,.+  Qn^i  (/?«-!  — X)+ Ja  J?J/>,(a,-x)  dx  +{ßr-ar)fPrictr—x)  dx 

U  0  0 

ßr         SL  ßr 

+fdxfQr{ßr-x)dx  +  {ßr'-ßr)fQr{ßr-x)dx 
0  U  0 

flfr-l   X  ar-\ 

+fdxfPr^l{ar^l—x)  dx  +  {ßr  —  ar-l)fPr-l{Or^\  —  ^)  dx 
0  0  0 

ßr^l    «  ßr^l 

+P^f0r-l{ßr^i—x)  dx  +  (ßr  —  ß  -i)/Or-l(/?r-l-^)  dx  + 
0  0  0 

oder,  wenn  man  die  Integrationen  theilweise  ausführt ,  die  Ausdrücke  zu- 
sammenzieht und  vom  Summenzeichen  Gebrauch  macht: 

ßr        X         ßr~l 

Substituirt  man  in  diese  Gleichung  für  r  alle  Werthe  von  i  bis  (n —  1),  und 
beachtet  hierbei,  dass  nothwendigerweise 

0 

und 


•  ■  • 


■ß 

u 


sein  muss,  so  können  durch  Auflösung  dieser  m  +  1  Gleichungen,  welche  in 

Bezug  auf  die  Unbekannten  Qq  bis  Qn^i  linear  sind,  letztere  auf  allgemeine 

Art  gefunden  werden. 

Ist  jedoch 

?,  =  />,  =  />,=  .. ..P^.l=rO, 
und 

/?n-l — j3«-2  =  /3|i— 2 — /?n-3  =  .«../^l — 0  =  ß 

und  g  cönstant,  so  werden  jene  Gleichungen  allgemein  in  folgende  über- 
gehen : 

rß         X         (n— 1)1? 

+  ßrd(po.E.Z  =  0, 


Von  G.  A.  V.  Peschka.  57 


oder: 

+  Ö.  (r-  I)  3»+ . . . .  +  ör (r  -0  r'+  Ör+I  (r  +  1  -  5)  r« 

und 

ferner  ebenso: 

Ruht  beispielsweise  der  gleichförmig  belastete  Balken  auf  3  Stützen 
auf,  80  ergeben  sich  hierfür  nachstehende  Gleichungen : 

l?i+2J?,  +  2^  =  0, 
Oo+Qi+Ot  +  ^9=0, 
woraus  folgt,  dass 

^        ^  3  ^  10 

(?o  =  A=— gy;    öi  =  — 8^- 

Wäre  hingegen 

g=zO   und    i>,=A  =  ....  =  /'n^i  =  /^ 

ao  erhält  man : 

-^.'K-5-i)+K-i)h^K'-5)'('-^) 


oder: 


+  ,,^(^j)j+?l£^=., 


'iövj)+(ij('-i)+--+(^)"e^)+- 

+ö,+.r'(r  +  2-:)+....+o„_.r.(«-i-:)  +  !^::i^=o. 

Bemerkung.  Die  Spannungen  in  den  einzelnen  Punkten  eines 
Querschnittes  sind  selbstverständlich  verschieden.  Es  wird  jedoch  im. 
Allgemeinen  auch  solche  Punkte  geben,   wo  die  Spanuuu^öu  l^W\<iVi^>3^\ 


58  Ueber  d.  Formveränderungen  prismat.  Stäbe  etc.  Von  G.  Peschka. 


werden.     Diese  ergeben  sieb  sebr   einfacb;   denn   wir  batten  gefanden, 
dass,  wenn  die  Krümmungsradien  absolut  genommen  werden 


Es  ist  aber  aucb 


und 


daber : 


ds 
37.-»  =  "' 


||^=i-6.«+«. 


Die  besagten  Funkte  befinden  sieb  also  in  einer  Entfernung  von  der 
Axe,  die  ausgedrückt  wird  durcb 

a 

^  b 

Hierbei  ist  das  obere  oder  das  untere  Zeicben  zu  wäblen ,  je  nachdem 
der  Neigungswinkel  q>  von  dem  betracbteten  Querschnitte  gegen  das  Ende 
zu-  oder  abnimmt. 

Für  jeden  Querschnitt  wird  es  somit  eine  zu  seiner  Biegungsschweraxe 
parallele  Gerade  geben,  welcher  besagte  Eigenschaft  zukömmt. 

Alle  derartigen  Geraden  im  Stabe  bilden  eine  Cjlinderfläcbe,  welcher 
man  den  Namen  neutrale  Schichte  beilegt.  Wie  ersichtlich,  wird  diese 
nur  in  einzelnen  Fällen  und  zwar  dort,  wo  a=Oist  oder  wo  alle  Kräfte 
senkrecht  auf  die  Richtung  der  Tangente  in  diesem  Punkte  wirken ,  durch 
den  Schwerpunkt  des  Querschnittes  gehen. 


Kleinere  Mittheilungen. 


I  Veber  eine  das  Hyperboloid  betreffende  Aufgabe.  In  seiner 
Abhandlang  „O/i  a  new  geometry  of  space^^  {Transactions ^of  the  Royal 
Society,  2  Febr.  lQ6b)  löst  Herr  Plücker  die  Aufgabe,  aus  den  Gld- 
ehoogen  dieser  Complexe  die  Gleichung  des  Hyperboloids  zu  finden, 
welches  aus  den  ihnen  gemeinsamen  Geraden  gebildet  wird.  Ich  gebe  im 
Folgenden  eine  Lösung  dieser  und  der  umgekehrten  Aufgabe,  welche  in 
ijmmetrischer  Form  erscheint,  indem  ich  mich  homogener  (Tetraeder-) 
Coordinaten  bediene,  wie  solche  schon  Herr  Lüroth  (Crelle's  Journal, 
Bd.  67)  in  die  Plücker*sche  Theorie  der  Raumgeraden  eingeführt  hat. 

Sind  XfX^x^x^  und  yty^y  y^  die  Coordinaten  zweier  Punkte  im  Kaume 
(^  l)  and  setzt  man 

wktnn  man  die  sechs  Grössen  pik  als  die  homogenen  Coordinaten  der 
Geraden  Xy  y  bezeichnen.     Zwischen  denselben  besteht  die  Gleichung: 

0  ^  =  Pi%Pu  +Pi3  Pii  +Pu  Pn- 

Man  erhält  aus  dem  ersten  GHede  dieser  Gleichung  die  Übrigen,  indem 
n^An  den  ersten  Index  festhält  und  die  Übrigen  cyclisch  permutirt  (vergl. 
Jtcobi,  Crelle^s  Journal  Bd.  2,  p.  355).  Wegen  der  Gleichung  l)  re- 
prisentiren  die  Verhältnisse  der  p  nur  vier  von  einander  unabhängige 
Grössen,  die  Bestimmungsstücke  der  Geraden. 

Fasst  man  statt  dieser  die  Gerade  als  Schnitt  zweier  Ebenen  t/,  v  auf, 
Qsren  Coordinaten  UiUfU^u^  und  ViV^v^v^  sind,  so  [erhält  man  ebenso  als 
^ordinaten  der  Geraden  u^  v  die  sechs  Grössen : 

qik  =  ^i^k  —  ViUic,        {gik^= — gki)y 
^^ischen  denen  die  Relation  besteht: 

Und  zwar  sind  diese  sechs  Coordinaten  g  den  sechs  Coordinaten  p  einzeln 
proportional,  in  der  Weise,  dass: 
•N  dO  dP 

^^/i  ^Pik 


60  Kleinere  Mittheilungen. 

wobei  fi,  V  unbestimmte  Factoren  bedeuten,  und  die  Indices  t"  k'  mit  den  In- 
dices  ik  in  der  durcb  die  Formeln  ausgedrückten  Beziehung  stehen. 

Entsprechend  den  Definitionen  des  Herrn  Plücker  bilden  nun  alle 
Geraden,  zwischen  deren  Coordinaten  p  eine  Gleichung  n^^'  Ordnung  be- 
steht : 

9{p)=0 

einen  Comp  lex  n^^^  Ordnung;  diejenigen,  zwischen  deren  Coordinaten 
zwei  Gleichungen  bestehen: 

bilden  eine  Congruenz.  Endlich  bilden  eine  windschiefe  Fläche  alle 
Geraden,  zwischen  deren  Coordinaten  drei  Gleichungen 

9(p)=0,     t(;O)  =  0,      2(P)='0 

stattfinden.  Man  kann  dies  auch  so  ausdrücken ,  dass  die  zwei  Complexen 
gemeinschaftlicher  Geraden  eine  Congruenz,  die  dreien  gemeinschaftlichen 
eine  Fläche  bilden. 

Den  linearen  Complex 

will  ich  einen  speciellei^  nennen,  wenn  zwischen  den  a(aik=  —  Oki')  die 
Gleichung  besteht: 

i/j  j  «34  +  «IS  «4«  +  «14  «28  =  ö- 

Die  a  sind  dann  Coordinaten  einer  Geraden,  und  die  Gleichung  3)  um- 
fasst  die  Gesammtheit  aller  Geraden,  welche  die  Gerade  a  schneiden.  Zwei 
lineare  Complexe  kann  man  nach  Plücker  immer  auf  zwei  Arten  so  combi- 
niren ,  dass  sie  in  specielle  übergehen ;  so  dass  also  die  durch  zwei  lineare 
Complexe  gegebene  Congruenz  aus  allen  Geraden  besteht,  die  zwei  gege-^ 
bene  Gerade  schneiden. 

Endlich  also  müssen  alle  drei  linearen  Complexen  gleichzeitig  ange- 
hörende Gerade  drei  feste  Gerade  schneiden,  und  also  eine  Schaar  von  Er- 
zeugenden eines  Hyperboloides  sein. 

Hieran  anknüpfend  will  ich  im  Folgenden  die  beiden  Aufgaben  be- 
handeln. 

I.  Wenn  eine  Fläche  2**°  Ordnung  f:=0  gegeben  ist,  Complexe  zu  fin- 
den, auf  denen  die  erste,  und  solche,  auf  denen  die  zweite  Schaar  ihrer  Er- 
zeugenden liegt. 

IL  Wenn  drei  lineare  Complexe  gegeben  sind ,  die  Gleichung  des  Hy- 
perboloids zu  finden,  dessen  eine  Schaar  von  Erzeugenden  diesen  Com- 
plexen gemeinsam  ist. 

I. 

Die  Gleichung /'=2?a,'iba:,-a:jfc=0  möge  symbolisch  geschrieben  werden 

wobei  die  Producte  Oi  a/c  die  Coefficienten  a,>  vertreten ;  ebenso  mögen  die 
Bochstaben  b,  Oy  d  etc.  statt  a  gesetzt  werden  können.     Sind  dann  x  und  y 


Kleinere  Mittheilungen. 


61 


£i-^ —  ^i  *=  fltf  fljr=o. 


irgend  zwei  Punkte  einer  Erzeugenden  L,  deren  Coordinaten  durch  pik  he- 
zeichnet  werden  mögen ,  so  ist : 

Sind  X  die  laufenden  Coordinaten,  so  hahen  die  Tangentenebenen  der 
Punkte  xy  die  Gleichungen: 

Nun  kann  man  leicht  einsehen,  dass  diese  Tangentenebenen  sich  in 
der  Erzeugenden  (xy')  schneiden,  mithin  ist: 

und  man  hat  nach  Gleichung  2) 

4)  üg  by  (fl,-  bic  —  hi  au)  =  f*  (o?/-  yi^ — yr  ^k*) 

als  die  Gleichungen  von  linearen  Complexen,  auf  denen  L  liegt. 

Der  Proportionalitätsfactor  fi  ist  hier  nicht  unbestimmt,  maif  kann  ihn 
auf  folgende  Weise  finden. 

Ist  M  irgend  eine  Erzeugende  derselben  Schaar,  wie  L,  und  sind  zwei 
ihrer  Punkte  |,  17,  so  liegt  M  auf  den  Complexen: 

ö)  fl|  bri (oi bk  —  6,- ak)  =  (iM (|,  f}k  —  Vi  |*). 

Den  Proportionalitätsfactor,  durch  den  sich  höchstens  die  Complexe, 
denen  die  Geraden  L  und  M  angehören ,  unterscheiden  können ,  habe  ich  in 
der  zweiten  Relation  fijif  genannt  und  will  ihn  in  der  ersten  mit  (ii  bezeichnen. 

Um  diese  Grössen  in  Beziehung  zu  einander  zu  setzen,  bilde  ich  die 
Identität: 


Hjrtfi 

ff,  ff, 

Ox^i      0x^4 

Oit  «it  0,8  «14 

Xi  x^  x^  x^ 

byb^ 

byb^ 

6yÄj            by      b^ 

«21  «tt  «tS  «24 

Vi  y%  yz  va 

c^Si 

f^C, 

qc,      C^C^ 

«81  ^n  fljs  «84 

bl    §2    bS    b| 

dfldt 

drjd. 

df^d^    djjd^ 

^41  «42  «43  «44 

^1  ^2  ^8   Vi 

Die  linke  Seite  dieser  Gleichung  geht  aber,  wenn  man  die  Determi- 
nante als  Summe  von  Productcn  von  Unterdeterminanten  darstellt,  die  aus 
den  ersten  beiden  und  den  letzten  beiden  Horizontalreihen  gebildet  wer- 
den, und  wenn  man  alsdann  die  Werthe  der  ersten  aus  4,  die  der  letzten 
ana  5  entnimmt,  in  folgenden  Ausdruck  über: 

Indem  man  also  in  der  obigen  Gleichung  die  Determinante  der  ^,^,1,17 
forthebt,  bleibt 

6)  I^Li^M^^ 

ikohei  J  die  Determinante  der  Fläche  ist  und  den  Werth  hat: 


d=^ 


«11  «12  «13  «14 

«ai  «22  «28  «24 

«31  «32  «83  «84 

«41  «42  «48  «44 


62  Kleinere  MittfaeUangen. 

Schreibt  man  die  Gleichung  0)  in  der  Form  uif= — ,  so  sieht  man,  dass 

für  jede  Gerade  derselben  Schaar  /üif  denselben  Werth  hat  und  dass  also 
auch  fi jt  =  ffijir  sein  muss ,  so  dass 

Die  Erzeugenden  des  Hyperboloides  /*=  0  liegen  also  auf  den  Com- 
plexen : 

7)  a,  b    (oi  bk—biak)^Vj  (a?,'  yk —  y ,'  Xk') 


j  \dnx 


dfix)  df(y)      dfjx)  dfjy)! 
dyu        dxk     dyi  ( 


und  zwar  entsprechen  den  Zeichen  der  Quadratwurzel  die  beiden  Schaaren 
der  Erzeugenden.  Je  drei  der  sechs  in  dieser  Formel  enthaltenen  Glei- 
chungen l^ilden  eine  Lösung  der  gestellten  Aufgabe. 

An  die  Form  der  Gleichung  7)  kann  man  folgende  Bemerkung  knüpfen. 

Gehört  die  Gerade  L  ausser  der  Oberfläche  /'=0  noch  einer  zweiten 
Oberfläche  ()o=0  an,  so  liegt  sie  auf  allen  Flächen  der  Schaar: 

und  für  zwei  Punkte  x^  y  derselben  besteht  nach  7) ,  und  zwar  unabhängig 
von  iL ,  die  Gleichung : 

*  |ä^  f '^^^^  +  i  9»  W  ]  ~-  [fiy) + A  ?>  (y)]  - 

Da  hier  die  linke  Seite  für  X  rational  ist,  muss  es  auch  die  rechte  sein. 
In  diesem  Falle  aber,  wo  f,  q>  eine  Gerade  gemein  haben,  zerfallt  die  Schnitt- 
curve  von  f  und  (p  in  diese  und  in  eine  Raumcurve  dritter  Ordnung. 

Man  hat  also  den  bekannten  Satz  vor  sich,  dass  in  diesem  Falle  die 
Determinante  ^  in  das  vollständige  Quadrat  eines  .Ausdruckes  zweiten  Gra- 
des in  k  übergehen  muss ,  und  zugleich  giebt  die  obige  Gleichung  für  die 
Wurzel  dieses  Quadrats  einen  rationalen  Ausdruck. 

n. 

Es  seien  nun  die  drei  linearen  Complexe 

8)  Ä=z2aikqik==0,     B^Zbtkqik  ==0,     C^Zanquc^O 

gegeben.  Man  sucht  die  Gleichung  der  Fläche  zweiter  Ordnung ,  welche 
die  ihnen  gemeinschaftlichen  Geraden  enthält. 

Sind  nun  x  und  y  irgend  zwei  Punkte  einer  dieser  Geraden  Z,  dann 
wird  nach  2) : 

A  =  Züik  {Xi'yk'  —  y.' ock')  =  0,     Ä  =  Zbik  (Xi^yk-  —  yv Xk^  =»  0, 
wo  die  Indices  %  k'  die  nämliche  Bedeutung  haben,  wie  in  Formel  2). 


Kleinere  Mittheilongen.  63 

Diese  beiden  Gleichungen  gelten,  wenn  man  den  Punkt  o:  irgendwie 
maf  L  fixirt  hat,  noch  für  jeden  veränderlichen  Punkt  y  der  Geraden  L ;  sie 
erscheinen,  falls  wir  die  y  als  laufende  Coordinate  ansehen,  als  die  Glei- 
chungen zweier  Ebenen,  die  sich  in  L  schneiden  und  die  Coordinaten 
haben : 

dA^      dA^     dji_      dA 

dy:   dy;    dy;    dV: 

d£     d^      dB      dB^ 

^y\     ^y%     ^y$    dy^ 

Hieraus  folgt,  dass : 

_dA^  d_B_dJB  dj4 
dyi  dyic  dyt  dyu 
und  wenn  wir  diese  Werthe  in  die  Gleichung  C=0  eintragen: 

idAdS      dBdA] 

Dies  ist  die  Gleichung  der  gesuchten  Fläche. 

Die  beiden  Theile  des  auf  der  linken  Seite  dieser  Gleichung  stehenden 
Ausdruckes,  nämlich: 

dAdB        ^        ^       dAdB 

oyi  dyt  oykdyt 

stimmen  mit  einander  überein ,  da  sie  durch  Vertauschung  der  Indices  in 
einander  übergehen ,  man  kann  also  statt  der  Summe  beider  Glieder  eines 
derselben  setzen,  und  daher  der  Gleichung  die  kürzere  Form  geben : 

^      dAdB      ^ 
oyi  cyk 

Diese  Gleichung  ist  nur  scheinbar  unsymmetrisch;  denn  man  kann  leicht 
nachweisen  y  dass  sie  durch  andere  Anordnung  der  Glieder  auf  der  linken 
Seite  die  Form  annehmen  kann: 

^       dBdC       ^       ^^     dCdA 
oyi  dyt  cyi  dyk 

welche  sich  von  der  ersten  Form  nur  durch  Vertauschung  der  Buchstaben 
a,  6,  c  unterscheiden. 

Gl  essen.  Prof.  Dr.  Gordan. 


n.  Zar  Anwendung  der  Eettenbrüche.  Von  Johann  Lieblein, 
a.  0.  Professor  am  Polytechnikum  zu  Prag.  In  einem  früheren  Aufsatze 
(„Geometrische  Deutung  der  Kettenbrüche^S  XII.  Jahrg.  3.  Heft  dieser 
Zeitschrift)  habe  ich  den  Kettenbruch 


64  Kleinere  Mittheilungen. 


{Ph-i  92)  '  (Pi  ^t)  _  {P29z)  '  (Pi9i) 


(p^  g„^i )  :  {P2  Qi )      (Ps 9i ) '•  {Pt 9i)  +  (Ps94)  '  iPs9%) 

(PA92)'iP99%)+"" 


9 

+ (Pn-2  yn~i) :  ( Pit-2  y«~3) 

(P«-l  ^11-3)  -  (Pii-29n-3) 

aufgestellt  und  aus  demselben  eine  Reihe  geometrischer  Sätze  ahgeleitet. 
Dieser  Kettenhruch  gestattet  eine  bemerkenswertbe  Verallgemeinerang. 
Wenn  man  nämlich  statt  der  p  und  q  neue  Grössen  x  einführt  durch  die 
Substitution 

Pr 1         9r  —  9 

^r+l,  3        a^l,  3  ^r+1,  8        ^1,  3 

und  sodann  successive 


./ 


^r4.1,  r  —    '  —  Z       ♦ 

X  rH-«,  4         a?  1,  4 

//  f* 

*  r-f-2,  ^ —  -7/  ~77       I 

^  rf3,  6        ir  I,  5 


(m-4)  __    r^^-2,  h  ^l,  h 

r-Hii-.3,  A       ^(»i-f-3i  ^(in-3) 

r-Hw— 2,  m  1,  m 

setzt,  80  findet  man  nach  leichter  Rechnung  einen  Kettenbruch,  in  welchem 
sämmtlicbe  Glieder  Quotienten  von  Determinanten  m*^°  Grades  sind. 
Diese  Determinanten  sind  in  der  Form 

-^  X  ^1,  l       ^2,  2       ••••  ^«1-2.  m-2  ^r.  «.-1  %.  m 

enthalten,  die  ohne  Abbruch  der  Deutlichkeit  kurz  durch  (l  2  3.  ...m— 2r^) 
bezeichnet  werden  kann ,  da  in  der  Folge  die  Reibe  der  zweiten  Stellen- 
zeiger ungestört  bleibt.  Wenn  man  überdies  nur  die  ersten  n  —  m  Glieder 
des  Kettenbrnches  beibehält,  so  lautet  die  neue  Relation : 

(l...m-2fim):(l...fii-2m-l  f»)      (1 m-2tnm+l) 

^  (l...m-2m-In):(l...m-2m-lm)      (1...  m-2mm-l) 


(l . .  .m-2m+l  I7I-I)  ,  (1 . .  ,m-2m+\  m+2) 

•  (l....m-2  miw-1)  (I..  .m-2m-|-li?i) 

(J...fw-2m-t-2m) 

+ 


(l...m-2  m-f-l  m) 


,     (l...m-2  «-1  n) 
(1..  m-2  «-1  «-2J 

(I...WI-2  wn-2) 
(l...iw-2«-l  w-2) 


Kleinere  Mittheilangen.  65 

in  welcher  die  Stellenzeiger  auf  irgend  eine  Art  unter  einander  vertauscbt 
werden  können. 

Die  Elemente  der  Determinanten  bilden  ein  System  von  n  Heiben  zu 
jem  Gliedern  (n^m),  aus  welcbem  sieb  demnacb  im  Ganzen  (n)^  von 
einander  verscbiedene  Determinanten  m*®'*  Grades  bilden  lassen,  wenn  man 
hierzn  je  m  Keiben  so  oft  als  möglieb  benutzt.  Durcb  die  obige  Relation 
ist  eine  nicbt  uninteressante  Eigenschaft  dieser  Determinanten  bewiesen ; 
diese  nämlicb,  dass  sieb  aus  je  2(n — m)  +  i  von  einander  unabbttngigen 
Determinanten,  deren  Elementensysteme  in  m  —  2  Keiben  tibereinstimmen, 
ein  Kettenbrucb  bilden  lasse,  derart,  dass  seine  Näberungsbrücbe  Quotien- 
ten von  Determinanten  derselben  Art  sind.  Aucb  ersiebt  man,  dass  durch 
2(n  — m)-|-l  von  einander  unabhängige  Determinanten  der  eben  an- 
gegebenen Art  alle  übrigen  bestimmt  sind.  Denn  aus  1)  erhält  man, 
wccessive  n=m  +  2,  m-|-3....n  setzend,  zunächst  2(n  —  m) — 3  weitere, 
nnd  sodann  die  noch  übrigen  durcb  eine  zweckmässige  Vertauscbung  der 
Stellenzeiger.  Für  die  wirkliche  Berechnung  empfiehlt  sich  die  indirecte 
Bestimmung  der  Zähler  und  Nenner  der  Fartialbrüche.  Schreibt  man  die 
Gleichung ; 

(l....m  —  2m-|-rm)  (l...m-2m-|-r  m-|-r-2) .       (I...m-1  w-f-r-1  m) 

(1.  ..w  —  2m  —  Im)       (l...m-2  OT-f  r-1  in+r-2)  *    (l...m-2  wi-1  m) 

,      (1...IW-2  m-t-r-1  m-t-r)       (1  ...m-2  m -|- r-2  m) 
(l...f/i-2m-f  r-1  w-|-r-2)  '       (1  .,.m-2  m-lw)      ' 

welche  den   Zusammenhang  von   drei  aufeinanderfolgenden  Zählern  aus- 
drückt, in  der  Form 

(l....m  —  2mm-t-r-— l)(l..,.m  —  2m-fr  —  2m-fr) 

2)  =(l....m  —  2mm  +  r-^2)  (1 OT  —  2in-t-r—  Im  +  r) 

-f  (l....m  —  2m  +  r  —  2  m  -fr — 1)  (l....m  —  2min  +  r), 

(0  erhält  man  eine  Beziehung  zwischen  sechs  Determinanten  m^®"  Grades, 
welche  aus  m  -f  2  Elementenreihen  des  obigen  Systems  gebildet  werden 
können,  wenn  m  —  2  dieser  Keiben  allen  Determinanten  gemeinschaftlich 
sein  sollen,  und  die  Gleichung  2)  lehrt,  aus  fünf  solchen  Determinanten 
die  sechste  zu  finden.  Dasselbe  Ergebniss  würde  die  Berechnung  des  Nenners 
irgend  eines  Partialbruches  liefern,  und  man  ist  daher  berechtigt,  folgen- 
den Satz  auszusprechen: 

„Wenn  man  aus  einem  Systeme  von  n  Elementenreiben  mit  je 
m  Gliedern  («>m)  alle  möglichen  Determinanten  m**^"  Grades 
bildet,  deren  Systeme  dieselben  m — 2  Keiben  gemeinschaftlich 
haben,  so  lassen  sich  aus  den  Werthen  von  2(«  —  m)  +  l  von 
einander  unabhängigen  Determinanten  die  Werthe  aller  übrigen 
durch  wiederholte  Anwendung  der  Gleichung  2)  finden/* 

Dieser  Satz  lässt  sich  verallgemeinern.     Man  denke  sich  nämlich  aus 
den    obigen   Elementarreihen    sämmtliche    Determinanten    ^^V^Wdi^V.    xvcv^ 

ZeiUrhrin  f.  Mathematik  o.  I'hytik.  Xi/i,  |.  ^ 


66  Kleinere  Mittheilungen. 

nehme  von  diesen  vorläufig  alle  jene  als  bekannt  an,  deren  Systeme 
k+l  bestimmte,  übrigens  willkürlich  ausgewählte  Reihen  gemeinschaftlich 
habeu. 

Diese  Determinanten  sind  demnach  in  der  Form 

(oi  a, .  • . .  Ok^i  xy.,.,uvw) 
enthalten,  und  es  giebt  n  —  (m — 1)  solche  unter  ihnen,  in  welchen  xy  ,,.,uv 
bestimmte  Werthe  bc...,fg  besitzen,  die  immer  so  gewählt  werden  können, 
dass  sämmtlicbe  n  —  (m  —  1)  Determinanten  von  einander  unabhängig  sind. 
Nimmt  man  also  n  —  m  von  einander  unabhängige  Determinanten  neu  an, 
deren  Systeme  die  a^,ax"..ak'b,c,,,.g^^  Reihe  enthalten,  so  hat  man 
2(n — '7>)  +  l  Determinanten,  welche  in  m  —  2  Reihen  übereinstimmen  und 
aus  welchen  alle  in  der  Form 

enthaltenen  berechnet  werden  können.  Nun  sind  aber  auch  alle  Determi- 
nanten von  der  allgemeinen  Form 

bestimmt;  denn  zu  ihrer  Kenntniss  gelangt  man  durch  wiederholte  An- 
wendung der  Gleichung  2)  auf  bereits  bekannte  Determinanten.  So  z.  B. 
würde  man  aus 

a,a,....ajt6c.,../'Maj^.iy),     (a^a^,,,.aithc,.,,fua}c^\v)^ 
{a^a^,.,,akbcfuak^\w)^     {a^a^ , , .  .aj^b  c , . ,  .fu  gv) 

und 

{a^a^..,.aifb€,,,.fugw) 
zunächst 

(fl,ö,....ajfc6c..../iif;w) 

und  aus 

(fljfl,, ..  .ajtfcc..,.e/wfljt^i/'),    (a|/7,....0jt  etuak^xv)^ 

{aia2.,..ajtbc,,,.€tu  0^4.1  w),     (a,  a, . . . .  a  j^  6  c . . . .  ^  <  ufv) 

und 

{aia^.,..aketuftv) 
ferner 

(^1  A,....ajt  bc,.,,e(uvw)f 

d.  h.  eine  beliebige  von  jenen  Determinanten  finden,  in  deren  Systemen  an 

die  Stelle  zweier  bestimmter  zwei  beliebige  Reihen  getreten  sind  u.  s.  f. 

Also  sind  die  Werthe  aller  in  der  Form 

{aia^,,,.aifa:y,,,.vw) 

enthaltenen  Determinanten  durch  die  Werthe  von 

{oia^.,..akaic^iy,,,,vrv)  und  n — m 

schicklich  gewählten   neuen  Determinanten  und   folglich  auch   durch  die 

Determinanten 

(aiflf'«-<'«-2t'w)    und    (m — Ar  —  2)  (m  —  m) 
zweckmässig  gewählte  andere  vollständig  bestimmt.     Da  nun  zur  Bestim- 
mung der  Determinanten 

(<i,fl,....a,„4.2t;w). 


Kleinere  Mittheilungen.  67 

wie  oben  gezeigt  wurde,  2(n — m)r|-l  von  einander  unabhängige  hinreichen, 
ao  hat  man  den  allgemeinen  Satz: 

„Wenn  man  aus  einem  Systeme  von  n  Elementenreihen  zu  je 
m  Oliedern   (n  ^  m)   alle  Determinanten  m^<*°   Grades  ableitet, 
deren  Systeme  dieselben  A:  Reihen  besitzen,  so  sind  durch  die 
Werthe  von  {m  —  k)  (n — fn)+  1  von  einander  unabhängigen  De- 
terminanten die  Werthe  aller  übrigen  vollständig  bestimmt/* 
Ist  Ar=0,  d.  h.  hat  man  sämmtliche  Determinanten  ohne  Einschrän- 
kung gebildet,  so  sind  demnach  m{n — m)-|-l  Determinanten  zur  Bestim- 
mung der  übrigen  erforderlich. 

Dieses  letztere  Resultat  hat  schon  Stern  gefunden  und  vor  Kurzem 
in  der  Abhandlung  „lieber  die  Bestimmung  der  Constanten  in  der  Va- 
riationsrechnung*' bekannt  gemacht. 

Der  vorstehende  Satz  ist  nicht  der  leinzige,  welchen  die  Relation  1) 
liefert;  man  kann  vielmehr  noch  mehrere  geometrische  Sätze  aus  derselben 
ableiten,  wenn  man  m  den  besonderen  Werth  3  annehmen  lässt.  Für 
diesen  Werth  nämlich  und  wenn  man  überdiess  n  —  1  an  die  Stelle  von  n 
treten  lässt,  übergeht  1)  in 

(1  n  —  1  3)  ;  (1  2  3)  _  (l  3  4) :  (1  8  2) 


3) 


(I2n  — 1):(12  3)       (1 4  2) ;(I  3  2J-t-(l  4  5):(i43) 


(I5  3):(l48)-t- 


(Ifi— 1/1  — l):(lw--2n— 3) 
(In  — In  — 3):  (In  — 2  n— 3) 
und  die  hier  vorkommenden  Determinanten  bedeuten  bekanntlich''doppelte 
Raaminhalte  von  dreiseitigen  Pyramiden,  wenn  man  die  Elemente  recht- 
winklige Coordinaten  von  Punkten  des  Raumes  darstellen  lässt.  Ist  also 
0  der  Anfangspunkt  des  Coordinatensystems  und  bezeichnet  Mr  den  Punkt 

((m— 3)  (in-3)  (m-3)\ 

80  lässt  sich  3)  auch  schreiben : 


Die  der  Relation  2)  entsprechende  Gleichung  lautet  jetzt: 

und  liefert  einen  bekannten  geometrischen  Satz,  welcher  betell^NOTL  W<^V^\>x^ 


68   .  Kleinere  Mittheiliingen. 

gefunden  wurde  (siehe  dessen  baryc.  Caicul  pag.  225).  Der  rechte  Theil  der 
Gleichung  4)  enthält  2n  -  7  von  einander  unabhängige  Rauminhalte  von 
jenen  dreiseitigen  Pyramiden,  welche  durch  ein  System  von  n  Punkten  des 
Raumes  bestimmt  sind.  Diese  Volumina  als  gegeben  angenommen  findet 
man,  n  nach  und  nach  =6,  7....  —  n  setzend,  zunächst  2'n  —  II  weitere, 
und  sodann  durch  zweckmässige  Vertanschung  der  Stellenzeiger  2,3...72— 1 
die  Inhalte  aller  noch  übrigen  Pyramiden,  welche  mit  den  bereits  vor- 
handenen die  Kante  OM^  gemeinschaftlich  haben.  Vertauscht  man  da- 
gegen die  Stellenzeiger  1  und  2  mit  einander,  so  erhält  man  ans  4)  eine 
Relation  zur  Berechnung  der  Inhalte  jener  Pyramiden,  welche  die  Kante 
OMf  gemeinschaftlich  haben  aus  2n  —  7  gegebenen  dieser  Art.  Man  be- 
merke nun,  dass  aus  den  bereits  bekannten  Werthen  der  Inhalt  einer  jeden 
noch  unbekannten,  die  Spitze  0  enthaltenden  Pyramide  mit  Hilfe  der 
Gleichung  5)  berechnet  werden  kann.  So  würde  man  z.  B.  OMrMgMt  aus 
OMrM.M^,  OMrM^M^,  OMrM.Mu  OAfrJ^iM,nndOMrM^Mfünien, 
Erwägt  man  ferner,  dass  unter  den  Pyramiden  mit  der  Kante  OMi  sich 
bereits  n  —  3  vorfinden,  welche  die  Kante  0/lff  gemeinschaftlich  haben  und 
ihrem  Inhalte  nach  von  einander  unabhängig  sind ,  und  dass  das  Volumen 
einer  jeden  den  Scheitel  0  nicht  besitzenden  Pyramide  durch  die  Inhalte 
von  Pyramiden  mit  diesem  Scheitel  ausgedrückt  werden  kann ,  so  hat  man 
den  Satz: 

„Wenn  von  den  dreiseitigen  Pyramiden,  welche  durch  ein  System 
von  n  Punkten  des  Raumes  bestimmt  sind,  irgend  3/i  — 11 
(^2n  —  7  +  M — 4)  von  einander  unabhängige  ihrem  Inhalte 
nach  gegeben  sind,  so  kann  man  daraus  die  Inhalte  aller  übrigen 
berechnen." 

Durch  eine  ebenso  einfache  Betrachtung  könnte  man  sich  überzeugen, 
dass  3/1  — 12  von  einander  unabhängige  Verhältnisse  zwi- 
schen den  Inhalten  dieser  Pyramiden  ausreichen  zur  Be- 
rechnung aller  übrigen  Verhältnisse  dieser  Art. 

.  Je  zwei  der  Pyramiden ,  deren  Verhältnisse  in  der  Gleichung  4)  auf- 
treten, besitzen  eine  gemeinschaftliche  Basis;  daher  ist  das  Verhältniss 
ihrer  Inhalte  jenem  Verhältnisse  gleich,  nach  welchem  die  gemeinschaft- 
liche Basis  die  Gerade  theilt,  welche  die  Scheitel  der  beiden  Pyramiden 
verbindet. 

Bezeichnet  also  D  den  Durchschnittspunkt  der  gemeinschaftlichen 
Basis  mit  der  Verbindungslinie  der  Schenkel,  und  (  7.-^^  |      das    Verhält- 

\DMtJ\r 
1         ^  OMxMrMt 

niss,  welches  den  Quotienten  r^J  mm  1^    ersetzt,  so  nimmt  die  Gleichung  4) 
folgende  Gestalt  an : 


Kleinere  Mittheilungen.  69 


^•"'^  ^*  ^^^^■^^^^^  ^^  ^  ^  ^-^■^^.^^  ^.^^■^*,-^^  ^-^-^^k^i^^ 


\/>i^, 


% 


\M.D)vr\DMj\K 


Qod  an  die  Stelle  von  5)  tritt 

.        /ÄHhS^\    _  /^r+3i?\  /^W2^\         /^r+3^\  /A^r+I^N 

Man  denke  sich  durch  je  drei  Eckpunkte  eines  vollständigen  n- Eckes 
im  Räume  Ebenen  gelegt.     Von  den  Verhältnissen ,  in  denen  die  Seiten 
dnrcli  diese  Ebenen  getheilt  werden,  kommen  im  rechten  Theile  der  Glei- 
ebong  6)  2n  —  8  von  einander  unabhängige  vor,  für  welche  die  getheilten 
Seiten  weder  den  Punkt  0,  noch  den  Punkt  if|,  die  theilenden  Ebenen  da- 
gegen eben  diese  beiden  Punkte  enthalten,  und  man  überzeugt  sich  leicht, 
dass  aus  diesen  2n — 8  Verhältnissen  alle  übrigen  derselben  Art  gefunden 
werden  können.     Auf  gleiche  Weise  sind  also  dnrch  2n — 8  von  einander 
unabhängige  Verhältnisse ,  für  welche  die  getheilten  Seiten  weder  0  noch 
Mk^  dieTheilnngsebenen  dagegen  OMk  enthalten,  alle  übrigen  Verhältnisse 
dieser  Art  bestimmt.     Aber  die  in  den  Formen 

\M,  D)\  t  \Ats  Djk  t 

enthaltenen  Verhältnisse  sind  ausreichend  zur  Berechnung  der  noch  übrigen 
onbekannten.     So  würde  man  aus 

\MtD)t\'     \MuD)tk'     KMiDjn  {MiDM 

mit  Hilfe  der  Gleichung  7)  das  Verhältniss  (  ,/  ^ )    ,    und    aus  der  Glei- 

cbung 

(MrD\      (MkD\      (M.D\        _ 

welche  eine  bekannte  Eigenschaft  des  ebenen  Dreiecks  ausdrückt  und  aus 
6)  gefolgert  werden  kann,  ferner  (./-^j  finden.  Die  Berechnung  der 
uochübrigen  Verhältnisse  geschieht  nun  auf  die  bekannte \4 e\«^ ^  xii^  ^^ 


70  Kleinere  Mittheilangen. 

mag  deshalb  nar  bemerkt  werden ,  dass  man  die  betreffenden  Gleichungen 
aus  der  Relation 
M^ Ms  Mt  Ma  +  Ms  Mt  MuO  +  Mt MuOMr+M^OMrMs  +OMrMsMt=0 
abzuleiten  hat.     Erwägt  man  nun,  dass  unter  dem  in  der  Form 


(M^\ 

Vm.dJu 


enthaltenen  Verhältniss  bereits  n — 4  von  einander  unabhängige  vorkom- 
men, welche  gleichzeitig  der  Form 


(MrD\ 


angehören,  so  ist  man  berechtigt,  folgenden  Satz  auszusprechen: 

„Wenn  bei  einem  Systeme  von  n  Punkten  im  Räume  je  drei 

Punkte  durch  Ebenen  verbunden  werden  und  es  sind  von  den 

Verhältnissen,  in  welchen  die  Durchschnittslinien  je  zweier  Ebenen 

von  den  jeweilig  übrigen  Ebenen    geschnitten  werden,  irgend 

37t  — 12  (=2/1 — 8  +  n — 4)   von  einander    unabhängige  gegeben, 

so  kann  daraus  jedes  Verhältniss  dieser  Art  gefunden  werden/* 

Die  Gleichung  4)  lässt  sich  noch  auf  eine  andere  Weise  umgestalten, 

die  wieder  zu  einem  Satze  ftlhrt.     Man  bringe  nämlich  den  Kettenbruch 

auf  die  Form 

«1 

1  +  ^. 


l  +a. 


I  +.... 


r\  TLf     %M    jtm 

die  Grössen  a  sind  sodann,  mit  Ausnahme  von  a,  =    ^  ^    \   Doppelver- 
hältnisse und  durch  die  Gleichung 

""'       OM^Mr^Mr^l'  OM.Mr+xMr  \DMr^Jlr^'  UiVr+lAr 

bestimmt.     Verbindet  man  nun  a,  mit  dem  linken  Theile  der  Gleichung, 
wodurch  dieselbe  in 


(M,B\  .  (M^\ 

\DMj\n^\  '\DMJm 
übergeht,  und  bezeichnet  man  ein  Doppelverhältniss,  in  welchem  die  Strecke 
Mr  Ms  durch  die  Ebenen  Mi  Mk  Mt  und  Mi  Mk  Mm  getheilt  wird,  kurz  durch 
{rslm)ik\  so  erhält  man  aus  4)  die  neue  Relation 
7)  (23/1-1 4)o^  =  l—(4352)ot 

1  — (5  4  6  3)o, 

1  —  (6574)ot 
1  —  . 

• • 

1  — (n  — 2n— 3n  — in — 4%, 


Kleinere  Mittheilungen.  71 

Durch  dieselbe  ist  die  Aufgabe  gelöst,  aas  n  —  5  von  einander  nnabbängigen 
Doppelverbftltnissen  alle  übrigen  zu  finden ,  in  welchen  die  durch  irgend 
eine  Gerade  (hier  OM^)  des  Systems  der  n  Punkte  hindurchgehenden 
Ebenen  die  nicht  in  ihnen  liegenden  Geraden  theilen« 

Man  nehme  nun  3n  — 15  von  einander  unabhängige  Doppelverhält- 
nisae  als  gegeben  an,  von  welchen  in  jeder  der  drei  Formen  {rtiu)^^^^ 
{rtiu)ml^  {r9tu)hm  ^  —  ^  enthalten  sind;  so  sind  hierdurch  nicht  nur, 
alle  ttbrigen  Doppelverhältnisse  dieser  Art,  sondern  überhaupt  alle  Doppel- 
▼erhftltnisse  bestimmt,  nach  welchen  irgend  eine  Gerade  von  irgend  wel- 
chen Ebenen  des  Systems  geschnitten  wird.  Denn  aus  (rslw)t,k  und 
(rskw)^i  findet  man  durch  Elimination  des  dritten  gemeinschaftlichen 
Elementes  (rsWtikf^ai^^=(rs^O*'^  °°^  leitet  hieraus  durch  zweckmässig 
gewählter  und  st  n  —  5  von  einander  unabhängige  Doppelverhältnisse  ab 
aar  Berechnung  aller  übrigen  in  der  Form  {rsiu)a„  enthaltenen.  Auf 
gleiche  Weise  gelangt  man  von  den  Formen  (rsmu)ak  nnd  (rsa^tn^)bm  zn 
den  Doppelverhältnissen  (^rstv)^u^  nnd  sodann  von  (rsav)^u  und  (rsbv^^^ 
in  (rstw)mpi  d.  h.  zu  jedem  Doppelverhältniss ,  für  welches  die  schneiden- 
den Ebenen  durch  eine  beliebige  Gerade  (^Mu  Mp)  des  'Systems  hindurch- 
gehen. Da  nun  alle  noch  übrigen  Doppelverhältnisse  aus  bereits  vor 
handenen  durch  Elimination  gemeinschaftlicher  Elemente  abgeleitet  werden 
können,  so  ist  die  obige  Behauptung  gerechtfertigt,  und  hiermit  der 
folgende  Satz  bewiesen : 

„Wenn  bei  einem  Systeme  von  Ebenen,  welches  entsteht,  indem 
man  je  drei  von  n  Punkten  des  Raumes  durch  Ebenen  verbindet, 
von  den  Doppelverhältnissen,  welche  in  den  Durchschnitten  je 
zweier  Ebenen  durch  die  Schnitie  mit  den  jeweilig  übrigen 
Ebenen  entstehen,  irgend  Zn — 15  von  einander  unabhängige  ge- 
geben sind,  so  lassen  sich  hieraus  alle  übrigen  finden/* 
Die  vorstehenden  geometrischen  Sätze  hat  bereits  Mob  ins  gefunden 
(Der  borycentrische  Calcul  pag.  211,  222  und  260). 

Schliesslich  erlaube  ich  mir  noch,  die  beiden  Identitäten 

(l....m — 2;/i<4-l  n) 


0) 


(I  ....w — 2 III—  lw)(l m  — 2m— Iw+l) 

(l  — m  —  2m4-l  m  +  2) 


(l....m  — 2m—  lm+l)(l m  —  2m  —  1  m-f2) 

,     (l....m  —  2m4-2m-f3) 

(l m--2m  —  1  m  +  2)(l m  — 2  m — 1  m  +  3) 

, (l....m  — 2w  —  1  «) 

(l....m—  2  m—  In  —  1)  (1  ....m  —  2  m — In) 


72  Kleinere  Mittheilungen. 

anzafübren,  von  welchen  die  erstere  ein  specieller  Fall  der  letzteren  ist. 
Man  erhält  dieselben  durch  Verwandlung  der  Kettenbrüche  3)  und  1)  in 
Reihen  nach  einfacher  Reduction.  Setzt  man  die  Punkte  ilf,,  ifi..«.^».! 
als  in  derselben  Ebene  liegend  voraus,  so  erhalten  sammtliche  Glieder  in 
8)  einen  gemeinschaftlichen  Factor  —  die  Höhe  der  Pyramiden  — ,  und 
man  gelangt  durch  dessen  Entfernung  zu  der  in  meinem  früheren  Aufsatze 
angeführten  Flächenrelation  von  Oscar  Werner. 


m.  Heuet  Tlintglas.  In  der  Sitzung  vom  6.  Juni  d.  J.  legte 
Prof.  ScHRÖTTER  der  Wiener  Akademie  Proben  eines  neuen  von  Herrn 
Prof.  Lamj  in  Paris  dargestellten  Flintglases  vor,  das  in  vieler  Hinsicht 
die  Aufmerksamkeit  der  Physiker  und  Chemiker  verdient  und  die  er  der 
Güte  des  Letzteren  verdankt.  Dieses  neue  Flintglas  ist  so  zusammen- 
gesetzt, wie  das  gewöhnliche,  nur  enthält  es  statt  Kalium  die  äquivalente 
Menge  Thallium,  und  bildet  so  einen  neuen  Beleg  für  die  Richtigkeit  der 
zuerst  von  Lamy  ausgesprochenen  Ansicht,  dass  das  Thallium  seinem 
chemischen  Charakter  nach  den  Alkalimetallen  an  die  Seite  zu  stellen  ist. 

Das  Thalliumflintglas  ist  härter  und  schwerer,  als  das  gewöhnliche. 
Seine  Dichte  beträgt  4*18  und  diese  kann  bis  zu  5*6  steigen,  wenn  die 
Menge  des  Thalliums  vermehrt  wird;  in  dem  Maasse,  als  diese  steigt, 
nimmt  das  specifische  Gewicht  und  das  Brechungsvermügen  zu,  die  Härte 
hingegen,  sowie  auch  die  Unveränderlichkeit  an  der  Luft  ab. 

Nach  Lamy  beträgt  das  Brechungsvermögen  des  Thalliumflintglases 
von  der  Dichte  4*18 

für  die  rothen  Strahlen  (B)  1*601, 
„  „  gelben  „  (D)  r673, 
„     „   violetten     „        (H)  1*710. 

Die  Dispersion  N^  —  Ni,  beträgt  also  0*049,  während  diese  bei  einem 
stark  brechenden  Flintglas  von  Fraunhofer  nur  =  0*037  ist.  Dieses 
bedeutende  Farbenzerstreuungs vermögen  Hess  sich  auch  an  dem  von  Lamy 
in  Paris  ausgestellten  Prisma  und  den  nach  Art  der  Sohmucksteine  facet- 
tirten  Stücken  durch  das  lebhafte  Farbenspiel  sogleich  erkennen. 

Die  vorgelegten  Proben  zeigen  eine  schwach  gelbe,  etwas  ins  Grün- 
liche spielende  Farbe,  welche  La my  dem  Umstände  zuschreibt,  dass  er 
sich  des  kohlensauren  Thalliumoxyds  zur  Bereitung  bediente,  bei  dessen 
Zerlegung  sich  etwas  Peroxyd  bildet,  welches  die  schwache  Färbung  be- 
dingt. In  der  That  erhielt  er  bei  Anwendung  des  schw^elsauren  Salzes 
statt  des  kohlensauren  ein  farbloses  Glas. 

Der  Vortragende  legt  auch  noch  unter  Wasser  aufbewahrtes  Thallium 
von  schönem  Metallglanz  und  krystallinischer  Textur,  sowie  ein  etwa  einen 
Centimeter  hohes  vollkommen  ausgebildetes  Octaeder  des  von  Lamy 
zuerst  dargestellten  Thalliumalauns  vor,  in  welchem  ebenfalls  das  Kalium 
durch  Thallium  vertreten  ist.  (Wiener  Akad.) 


Berichtigimg:  S.  22  Z.  1  v.  o.  ist  zu  lesen:  „dagegen**  nnstatt  „daher**. 


m. 

Stadien    über   rationelle   Vermessungen    im    Gebiete   der 

hohem  Geodäsie. 

Von 

Friedrich  Robert  Helmert, 

Goodät  zu  Dresden. 


Einleitung. 

Gegenwärtig  giebt  es  wohl  kaum  einen  modernen  Cultnrstaat,  in 
welchem  nicht  geodätische  Triangulationen  zum  Zwecke  einer  genauen 
Landesvermessung  oder  als  Theil  einer  Gradmessung  ausgeführt  werden 
oder  schon  beendet  sind.  Trotzdem  ist,  soviel  ich  weiss,  nur  Weniges 
über  solche  Grundsätze  bekannt  worden,  durch  deren  Befolgung  man  in 
den  Stand  gesetzt  ist,  die  Vermessung  möglichst  rationell  auszuführen, 
d.  h.  einen  nothwendigeu  Genauigkeitsgrad  derselben  init  möglichst  wenig 
Zeit  und  Geld  zu  erreichen.  Nun  erheischt  freilich  das  Terrain  in  jedem 
einzelnen  Falle  besondere  Maassregeln;  doch  lässt  sich  aber  auch  nicht 
verkennen,  dass  stets  eine  gewisse  Freiheit  bei  der  Wahl  derselben 
stattfinden  wird  und  es  ist  die  Aufgabe  des  Geodäten,  diese  aufs  vortheil- 
theilhafteste  auszunutzen.  Abstrahirt  man  zunächst  von  den  besondern 
Terrainverhältnissen,  bildet  sich  somit  ein  allen  Anforderungen  genügendes 
ideales  Terrain,  so  kann  es  nicht  schwer  fallen,  zu  einigen  Sätzen  zu  ge- 
langen ,  die  gewiss  auch  in  manchen  praktisch  vorkommenden  Fällen  An- 
wendung finden  können.  Hieran  wird  sich  eine  Untersuchung  über  die 
Abnahme  des  Genauigkeitsgrades  schliessen  müssen,  welche  die  Triangu- 
lation erleidet,  wenn  das  Terrain  Abweichungen  von  den  Bedingungen  der 
günstigsten  Triangulation  fordert,  und  es  wird  sich  weiterhin  damit  ein 
IJrthcil  darüber  bilden ,  wieweit  man  erhöhten  Zeit-  und  Geldaufwand  an 
einzelnen  Stellen  anzubringen  habe,  um  sich  jenen  Bedingungen  möglichst 
zu  nähern  und  doch  im  Ganzen  zu  gewinnen. 

Verschiedene  interessante  Bemerkungen  meines  verehrten  Lelirers, 
dos  Herrn  Professor  Nagel  am  hicssigen  Polytechnicum,  erregten  in  mir 
den  Vorsatz,  dem  eben  entwickelten  Gedanken  gemäss,  Studien  über  d\e^ 
Einschaltung  der  Punkto  niederster  Ordnung   o.iner  L?vt\Ao?.\.y\^w^v\^Nac\w 

Zeit9rhrirt  f.  Mtiln'nmiik  n.  Physik  Xlll,  2.  ^ 


74     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 


anzustellen,  um  zugleich  zur  Entscheidung  der  Frage,  ob  die  allgemeinere 
Anwendung  der  Pothenotschen  Aufgabe  hierbei  wirklich  so  vortheilhaft  sei, 
wie  es  nach  den  Resultaten  der  von  Herrn  Prof.  Nagel  im  erzgebirgschen 
Kohlenbassin  ausgeführten  Arbeiten  erschien,  einen  Beitrag  zu  liefern.  Im 
zweiten  der  folgenden  Hauptabschnitte  befindet  sich  das  Endresultat  dieser 
Studien,  während  der  erste  mehr  vorbereitende  Bedeutung  hat.  Der  dritte 
Hauptabschnitt  ist  den  Basisnetzen  gewidmet  und  der  vierte  enthält  ejnigc 
Bemerkungen  zu  den  günstigsten  Formen  grosser  Dreiecksnetze. 


I.  Allgemeine  Bemerkungen  über  die  Genauigkeit  eines  Punktes. 

1. 

Die  Lage  eines  Punktes  wird  bekannt,  sobald  zwei  sich  schneidende 
geometrische  Oerter  desselben  gefunden  werden.  Meistens  begnügt  man 
sich  nicht,  nur  zweien  solchen  die  Bestimmung  zu  überlassen  und  ermittelt 
daher  noch  mehrere.  Insofern  nun  jeder  derselben  etwas  fehlerhaft  sein 
wird,  werden  paarweise  Combinationen  verschiedener  geometrischer  Oerter 
verschiedene  Punktlagen  ergeben ,  die  sämmtlich  von  der  wahren  Lage  ab- 
weichen ,  sodass  es  einer  Ausgleichungsrechnung  überlassen  bleiben  muss, 
aus  der  Vergleichung  aller  Bestimmungen  wenigstens  eine  wahrscheinlichste 
Lage  zu  ermitteln.  Die  Grösse  der  einzelnen  Abweichungen  giebt  dabei 
ein  Mittel  an  die  Hand,  die  Genauigkeit  der  wahrscheinlichsten  Lage,  ihre 
Abweichung  von  der  Wahrheit  zu  schätzen.  Hat  man  nur  zwei  geome- 
trische Oerter,  so  ist  ihr  Durchschnitt  schon  die  wahrscheinlichste  Lage 
des  Punktes  und  es  kann  von  weiterer  Ausgleichung  nicht  die  Rede  sein; 
es  wäre  also  auch  ein  Schluss  auf  die  Genauigkeit  dieser  Bestimmung  nicht 
möglich,  wenn  nicht  in  den  meisten  Fällen  die  wahrscheinlichen  Fehler  der 
geometrischen  Oerter  selbst  durch  die  Art  und  Weise  ihrer  Auffindung  be- 
kannt würden.  Aus  diesen  Angaben  die  Genauigkeit  der  Bestimmung  zu 
folgern,  ist  sonach  eine  erste  Aufgabe,  an  welche  als  nächste  sich  diejenige 
anschliesst:  die  Lösung  für  die  Bestimmung  aus  mehreren  geometrischen 
Oertern  zu  verallgemeinern.  Werden  hierbei  dieselben  als  unabhängig 
von  einander  bestimmt  angenommen,  so  ist  es  endlich  noch  nothwendig, 
auch  den  allgemeinsten  Fall  gegenseitig  bedingter  geometrischer  Oerter 
in*s  Auge  zu  fassen. 

Man  bezeichnet  nun  stets  die  Lage  eines  Punktes  durch  zwei  Coordi- 
naten  und  giebt  die  wahrscheinlichen  Fehler  derselben  an,  sodass  sich  die 
gestellten  Aufgaben  zum  Theil  darauf  reduciren,  aus  jenen  auf  die  Ge- 
nauigkeit der  Bestimmung  überhaupt  zu  schliessen. 

Für  die  hier  anzustellenden  Untersuchungen  wird  es  genügen,  die 
geometrischen  Oerter  als  Gerade  zu  betrachten,  die  sich  bei  eintretenden 


Geodäsie.    Von  Friedr.  Rob.  Helmert.  75 


"^.r--^  -^-/--' 


Fehlem  parallel  verschieben.  Durch  Einfühmng  hinreichend  scharfer 
Näbemngswerthe  für  die  Coordinaten  redncirt  sich  nämlich  die  Gleichung 
jedes  beliebig  gestalteten  geometrischen  Ortes  in  Bezug  auf  die  kleinen 
noch  anzubringenden  Verbesserungen  der  Coordinaten  auf  den 
ersten  Grad,  da  man  deren  höhere  Potenzen  vernachlässigen  darf.  Ebenso 
ist  es  ferner  auch  zulässig,  den  wahrscheinlichen  Fehler  des  geometrischen 
Ortes  an  der  Stelle  der  genähert  richtigen  Lage  des  Punktes  für  die  ganze 
unendliche  Länge  der  substituirten  Geraden  beizubehalten,  da  wirklich 
eintretende  Fehler  sehr* klein  sind  und  für  geringe  Verschiebungen  des 
Punktes  auf  dem  geometrischen  Orte  sich  dessen  wahrscheinlicher  Fehler 
nur  wenig  ändert.  Die  genauere  Ausführung  hiervon  kann  wohl  unter- 
bleiben und  nur  darauf  sei  noch  hingewiesen,  dass  im  Folgenden  an  den 
Stellen,  wo  durch  die  soeben  gemachten  Voraussetzungen  die  allgemeine 
Gültigkeit  eines  Resultats  einer  wesentlichen  Beschränkung  bedarf,  dieses 
auch  besonders  erwähnt  worden  ist. 

Beftünmimg  der  Genauigkeit  der  Lage  eines  Punktes  ans  den  von  einander  nnabhän- 

gigen  wahrscheinlichen  Abweichungen  zweier  Geraden. 

2. 
Ist  der  Punkt  durch  die  beiden  Geraden  AÄ  und  BS  (Fig.  1)  be- 
stimmt, welche  sich  unter  dem  Winkel  tpmO  schneiden,  so  ist  0  seine 
wahrscheinlichste  Lage.     Sind 

die  wahrscheinlichsten  Abweichungen  des  Punktes  von  AA'  und  BB'  zu- 
nächst an  der  Stelle  0  selbst,  so  kann  man  nach  dem  Vorigen  r^  und  r^ 
auch  die  wahrscheinlichen  parallelen  Verschiebungen  der  Go- 
raden nennen,  und  wären  gerade  diese  Fehler  begangen  worden,  so 
würde  der  Punkt  in  eine  der  vier  Ecken  des  aus  den  Parallelen  paaren  zu 
Ajt  und  BB'  durch  M  und  M\  N  und  N'  gebildeten  Parallelogramms  zu 
liegen  kommen*).  Hingegen  entsteht  die  beliebige  Lage  P  in  der  Entfer- 
nung ^  von  0  durch  das  gleichzeitige  Eintreffen  von  Fehler  PC  =  u  senk- 
recht zu  Ay(  und  PD  =  v  senkrecht  zu  BB'. 

.  

Sind  Wj  und  w^  die  Wahrscheinlichkeiten  des  Eintreffens  von  w  =  0 
resp.  V  =  0^  h  und  k  beziehendlich  die  Maasse  der  Genauigkeit,  so  ist  die 
Wahrscheinlichkeit  des  Vorkommens  von  u  resp.  v 

-  ä2  ««  —  k^  M«     **) , 

Wn  =  n)^  ,  e  ,     w»,  =  rv^  .  e  ' 

daher  die  Wahrscheinlichkeit  der  besonderen  Lage  P  bei  gleichzeitigem 

Eintreffen  von  u  und  v 


♦)  Dies  Parallelogramm  ist  in  Flg.  1  mit  angegeben. 
**)  Hierüber,  sowie  über  die  Formeln  in  Abschn.  11.  vergleiche  man:  „Enckc, 
Berliner  astronomisches  Jahrbuch   1834'*  oder  ,, Kavier,  Diffcrentialrechnnng  etc. 
tibersetzt  von  Wiltstein,"  Anhang  zum  II.  Bande  von  Wittstein. 


7G     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 

—  (Ä«t/«  +  Ar«i;«) 

wobei  zwischen  k  und  r^ ,   k  und  r^  die  bekannte  Relation  stattfindet: 

2)  r, Ä  =  r2/f  =  (»  =  0,47694 . 
wj  bleibt  nach  Gleichung  1)  constant,  so  lange  P  sich  auf  dem  Um- 
fange einer  Ellipse  bewegt,  ftlr  welche  y^i^  und  BB'  die  Kichtungen 
conjugirter  Durchmesser  sind,  weil  dabei  ftlr  u  und  v  die  Gleichung  be- 
steht: 3)  äV -f- ArV  =  c^  ,  worin  c  eine.  Constante  bezeichnet. 
Oder  um  auf  übliche  Coordinaten  überzugehen,  betrachte  man  AA'  und  BB' 
als  Achsen  eines  schiefwinkligen  Systems  der  $  und  tj  (Fig.l)  und  hat  alsdann 

V  =  |5f/i q>         u  ^  ri  sin q> , 
.    .  ^  {ksm(p)'^  4"  V^  {hsinfpY  =  c'^,  oder 

\a/         \h/  ksinq>  hsinq) 

worin  a  und  b  die  halben  Längen  der  conjugirten  Durchmesser  Aj^"  und 
BB"  bedeuten.    P  fällt  in  die  Endpunkte  der  letzteren,  wenn  rcsp. 

iy  =  0,  S  =  Hh  «I  also  M  =  0,  »  =  f;^  =  -j-  —  ,    oder 

n 

^  =  0,   1?  =  +  6,  also  V  =  0,  u  =  Uo  =  -\-  -r  wird. 

—  n 

Man  sieht  hieraus,  dass  ifumer 

5)    Uo  .  h  =  Vo  '  k  ^^  c  y 
und  dass  die  zu  verschiedenen  wj  gehörigen  Ellipsen  alle  ähn- 
lich sind  und  um  ihren  Mittelpunkt  0  herum  auch  ähnlich  lie- 
gen, wobei  für  die  conjugirten  Durchmesser  in  Richtung  AA'  und  BB^  die 
Proportion  gilt : 

2a  :  2ä  =  a  :  6  =  Tj  :  Tj . 

Den  vier  Punkten  ^j,   M^\   iV, ,    iVj'  insbesondere,   in  welchen  die 

Parallelen  zu  den  bestimmenden  Geraden  im  Abstände  +  r^  resp.  +  ^2 

dieselben  schneiden,  kommt  die  Wahrscheinlichkeit 

-^« 
tv  =  tv^.  W2.  e 

zu  und  sie  liegen  daher  auf  dem  Umfange  Einer  Ellipse,  welche  die  Haupt- 
ellipse genannt  werden  soll  und  in  ihren  Durchschnitten  ^„  -flf',,  i^,,  iV'j 
mit  AA'  und  BB'  von  obigen  4  Parallelen  tangirt  wird. 

3. 

Denkt  man  sich  die  Wahrscheinlichkeit  wj  des  Eintretens  der  Lage  P 
senkrecht  zur  Papierebene  in  P  aufgetragen  und  bewegt  sich  P  auf  der  etwa 
horizontal  liegenden  Papierebene,  so  beschreibt  gleichzeitig  der  Endpunkt 
der  Senkrechten  eine  Oberfläche  mit  der  Gleichung  , 

6)  ;.^=„,.„,,..-(*"'*  +  **"\der,.^=?=.-«**'+'''^')*'''"^. 
?  ist  in  0  ein  Maximum  und  nimmt  von  hier  aus  nach  allen  Seiten'stetig  ab  bei 


Geodäsie.     Von  Friedk.  Rou.  Helmekt.  77 


^■^^.*>^*si— ■— ^^^^^.^Vj»^   ^y*.^^*    1 


asjmptotisclier  Annäherung  der  Oberfläche  an  die  Papierebene.  Alle  ho- 
rizontalen Qnerschnitte  der  Fläche  sind  Ellipsen,  alle  verticalen  Quer- 
schnitte durch  0  unter  der  Neigung  v  gegen  ÄA'  von  der  Form  der  be- 
kannten Wahrscheinlichkeitscurve  nach  der  Gleichung 

f  =  Wj .  n;^ .  <?  '^  •  vr      y  >» 

und  da,  wie  bekannt,  alle  diese  Querschnitte  einen  Wendepunkt  haben,  so 
hat  die  Oberfläche  eine  Wendolinie  mit  den  Gleichungen 

7)     1  =  2  zT^  {h'^sin^  V  +  k'^siti^  (g)—iO  )  ,     t  =  fv^,w^.c~^'  . 
Die   Wendelinie   ist  hiernach   eine   ebene   Curve   und    es   liegt  dieselbe 
parallel  der  Papierebene.     Die  erste  der  Gleichungen  7),   die  Projektion 
der  Wendelinie  auf  die  Papierebene  bezeichnend,   geht  durch  Transfor- 
mation über  in 

^^     ^l  =  2(/.V^  +  .^0    oder  1  =  (f ,)■  +  ß,y, 

fl'  =  1 :  {ksin  g>  V'^)]  />'=!:  (ä  sin  g)  Yt  ). 

4. 

Um  nun  die  Wahrscheinlichkeit  des  Vorkommens  von  P  auf 
einer  Ellipsenfläche  um  0  überhaupt  zu  ermitteln,  ist  es  nöthig, 
zunächst  eine  endliche  Anzahl  Lagen  von  P  zu  betrachten ,  die  in  der  Art 
glcichmässig  über  die  Papierebene  vertheilt  sind,  dass  sowohl  der  einer 
Lflgc  entsprechende  Fehler  OP  als  auch  die  Wahrscheinlichkeit  seines  Ein- 
tretens innerhalb  einer  sehr  kleinen,  mit  den  andern  gleichräumigen  Fläche 
als  constant  angesehen  werden  dürfen.  Offenbar  verhalten  sich  dann  die 
Wahrscheinlichkeiten  des  Vorkommens  von  P  innerhalb  zweier  solcher 
Flächen  wie  die  betreffenden  wj  um  so  genauer,  je  kleiner  die  Räume  der 
Flächen  genommen  werden.  Die  Zerlegung  der  Papierebene  geschehe 
wie  folgt: 

Man    theile   MOM*  und    NON'  in    eine   gloiche  Anzahl   sehr  kleiner 

Theile  (Fig.  2) : 

9)    MOM'  =  2ri  =  2;«d;    NON'  =  2r^^  =  2u6\ 

trage  diese  Theile  noch  über  die  Punkte  ;V,  3i\  N  und  iV'  hinaus  beliebig 

oft  auf  und  ziehe  durch  die  Theilpunkte  Parallelen  zu  AA'  resp.  BB",    So 

entstehen  zwei  Systeme  von  äquidistanten  1  Wallelen,    deren  sämmtliche 

Durchschnitte  das  Vorkommen  von  Fehlern  bezeichnen,   für  welches  der 

Abstand  ^  die  Wahrscheinlichkeit  ist.     Denkt  man  sich  i  körperlich  etwa 

/      .        öd'    \ 
vom  Querschnitte  eines  Elementarparallelogrammes  (  gleich     : —   | ,  so  hat 

man  damit  ein  Bild  der  Häufigkeit  des  Vorkommens  der  Fehler,  zwar  nicht 
von  absolutem,  aber  doch  relativem  Werthe;  denn  es  leuchtet  ein,  dass  die 
Wahrscheinlichkeiten  für  das  Vorkommen  innerhalb  zweier  beliebigen 
Stücke  der  Papierebene  sich  wie  die  darüber  betiudl\e\ic\\  e.uV\Ä^\\^w\?OCvv\\Ä^ 


78     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  höhern 


^.^N-^s.*"-«.^--«.^^  ^wi~_/",y  ,'-^'- 


^._ 


verhalten,  wenn  man  nur  (Gleichung  9)  n  unendlich  anwachsen  lässt. 
Sind  W^  und  W^  die  Wahrscheinlichkeiten,  dass  P  auf  den  Ellipsen- 
flächen mit  den  Abschnitten  a^  und  b^ ,  «2  und  h^  liegt,  so  ist  also  streng 

^1*^2*  /  /    ^  d^.drising) 

worin   für   -^^ —   noch  di,dri.sinq>  ficesetzt  wurde.     Die  Grenzen  beziehen 

sich  auf  den  Umfang  von  Ellipsen,  deren  Gleichungen  aus  Gleichuog  4) 
durch  Anbringen  der  Indices  1  resp.  2  an  a  und  b  hervorgehen. 

Das  Doppelintegral  im  Zähler  und  Nenner  wird  leicht  durch  Einfüh- 
rung anderer  Grenzen  gefunden.  Doch  möge  die  Transformation  des  Zu- 
sammenhanges wegen  nicht  nach  dem  üblichen  Verfahren,  sondern  wie 
folgt  geschehen: 

Man  denke  sich  (wie  in  Fig.  3)  durch  entsprechende  Theilpunkte  von 
AAl  und  Bff  die  ähnlichen  Ellipsen  gezogen  und  die  Papierebene  also  in 
schmale  elliptische  Hinge  getheilt.  Geht  man  von  einer  beliebigen  Ellipse 
zu  einer  benachbarten,  so  ändert  sich  c  (Gl.  5)  um  gleichviel,  welche  der 
Ellipsen  man  auch  als  Ausgang  annimmt.  Für  jeden  der  Ringe  kann  man 
die  zu  integrirende  Function,  ursprünglich  ^,  als  constant  ansehen  und 
zwar  um  so  mehr,  je  dichter  das  System  Ellipsen  gezogen  wird.  Bedeutet 
dB  den  Inhalt  eines  elementaren  Ringes  innerhalb  des  Winkelraumes  AOB, 
so  ist  nun  jedes  der  Doppelintegrale  auf  die  Form  gebracht 


c 


./■ 


e       ^   ,  de  . 


0 

£,  der  elliptisch  begrenzte  Winkelraum  AOB,  beträgt 


also  ist 


und  sofern 


auch 


e  =  —  .  abstntp  ^ 


de  =  --  {a.db  -^  b,  da)  sifi g> , 


da  =  — —  ,  db  =  — —  ,  aö  =  bS" . 
stn  q>  sm  <p 


7C         ^         7t      .  ^.         n 


de  =  —  ,  ad  =  —  .  bd'  =  —- ,  b  sin  q>  da , 

J*  Ji  »d 

d.  i.  nach  Gleichung  4) 

di  =  - .  -^"^-^ 

4    '  hk  sin  g>  ' 


Geodäsie.     Von  Fkikdk.  Koh.  Helmert.  79 


Damit  wird  das  Integral  gleich 


hhFsin^'/'       ^\<c^)=J.^- 


—    C'« 


hk  sin  g> 


und  wenn  man  der  Ellipse  2.  unendliche  Ausdehnung  giebt,  fV2  =  l  setzt, 
wird 

10)     Wi=  W^.fl  —  e"  ^i')=  1— c  -  ^i*.  ♦) 


5. 

W^  wird  ^  für  Cj  =  C  =  0,83254,  logC  =  0,92040  —  1. 
Die  halben  Längen  der  conjugirten  Durchmesser  der  zugehörigen  El- 
Upse,  welche  die  wahrscheinlichste  heissen  mag,  sind 

11)^=-:^-,    j5=-t^,  worin  r=r2.-,    i/  =  r.  .-,-=  1,7456 
stng>  svi  q>  Q  Q     9 

zu  setzen  sind. 


6. 

Die  Wahrscheinlichkeit,  dass  P  innerhalb  eines  Paral- 
lelogrammes  um  0,  nämlich  gleichzeitig  zwischen  zwei  Parallelen- 
paaren  in  den  Entfernungen  +  u  von  AA'j  +  v  von  BB'  liegt,  ist  gleich 

wobei  jeder  Factor  einzeln  die  Wahrscheinlichkeit  der  Lage  von  P  inner- 
halb eines  der  Parallelenpaaro  bezeichnet. 

Nimmt  man  u  und  v  gleich  r^  rosp.  r.^,  so  wird  die  Wahrschein- 
lichkeit fürPinnerhalb  des  dieHauptellipse  in  ihren  Schnittpunkten 
mit  i^  und  ß^' tangironden  Parallelogramms  (vergl.  Abschnitt  2) 

r  r  111 

^-r,  ^-r,  2         2  4  ' 

nimmt  man   aber  u  und  v  nur  proportional  r^  und  r^  und  ausserdem  so 

gross,  dass  obiges  Product  gleich        wird,  so  müssen  folgende  Be- 
Ziehungen  bestehen: 


•)  Unter  Bezugnahme  auf  Absclinitt  1  sei  hier  bemerkt:  Sind  AA'  und  B/i' 
nur  substituirte  Gerade,  so  ist  Gleichunj^  10)  nicht  streng,  da  zwar  }i\=  i  wird» 
aber  nicht  proportional  dem  Doppelintegrale  im  Nenner  bleibt.  Nimmt  man  je- 
doch für  die  2.  Ellipse  c,  nicht  unendlich,    sondern    nur     ^  8p,  so  Ut  es  auch 

erlaubt  W^  =  W^  .    y"*^^  ^t  •  (  ^""^  )»  *^^''  Decimalon  genau,  zusetzen 

1  —  e       ^  ^  ^ 

und  mau  folgert  leicht  weiter,  dass  H'2  selbst  auf  7  Decimaleu  ^v^ns^xx  ^^\m\\V  väX^ 


~v..   .-^t' 


80     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 

-fF-«=  •'^_^=  1:^=0,707;  —=-=-=-=1,560.*) 

(j 
Wie  zu  erwarten  war,  ist  dieser  Werth  etwas  kleiner,  als  —  in  Gleichung  11). 

7. 

Die  Wahrscheinlichkeit,  dass  P  zwischen  zwei  Ellipsen  1.  uud  2. 
liegt,  ist 

wenn  die  erste  Ellipse  die  zweite  umschliesst.    Wählt  man  die  zweite  El- 
lipse der  ersten  unendlich  benachbart,  so  ist  auch 

W^  —  JFj  =  2e""''**.  c,  .  de,  =  W{. 
Für  zwei  andere  benachbarte  Ellipsen  3.  und  4.  ist  in  gleicher  Weise 

W.^-'W^  =  2e'~  '''*.  C3  .  dcj  =^3' 
uud  da  nach  Gleichung  5)   dc^  =  dc^  ist,   wenn  man  das  Ellipsensystem 
nur  wie  in  Fig.  2  und  3  (Abschn.  4.)  gezogen  denkt,  gilt  die  Proportion: 

12)  W^ :  ^3'  =  ci .  e  ~  ""**  ic^.e 
und  zwar  um  so  genauer,  je  dichter  das  Ellipsen  System  angenommen  wird. 
Lässt  man  endlich  n  (Gleichung  9)  unendlich  anwachsen,  so  geht  der  Flä- 
chenstreifen zwischen  2  benachbarten  Ellipen  in  einen  Contour  von  ver- 
schwindender Dicke  über,  die  jedoch  an  jeder  Stelle  eine  andere  und  pro- 
portional der  Entfernung  von  0  ist**).  Die  Gleichung  12)  sagt  daher  auch 
aus,  wie  sich  die  Wahrscheinlichkeiten  des  Vorkommens  von  P  auf  den 
Peripherien  der  Ellipsen  1.  und  3.  verhalten,  sobald  man  diese  Peripherien 
als  Contourcn  im  obigen  Sinne  betrachtet. 

Unter  dieser  Annahme  mag  auch  die  Wahrscheinlichkeit  des  Vor- 
kommens von  P  auf  einem  Ellipsenbogen  RS  (Fig. 2)  berechnet  werden, 
sodass  derselbe  als  Theil  eines  derartigen  Contours  betrachtet  wird. 

8. 

Das  zwischen  den  Ordinaten  von  R  und  S  befindliche  Stück  der  El- 
lipsenfläche ist,  wenn  Ä  =  (|, ,  1/1),  S  =  (Jj,  '»^o)»  bekanntlich 

e'  =  1  sin  9   II  /^^-p  —  I  Va'^V  +  J(«''^^''*^  -  «'•^^'«  ^  )  |  • 

*)  Zujr  Berechnnng  dieses  Wertlies  diente  eine  der  bekannten  Tafeln  für  das 
betreffende  Integral. 

**)  Bedürfte  man  der  Wahrscheinlichkeit  in  Bezug  auf  eine  mathematische 
Linie,  so  würde  als  Maass  dafür  der  Flächenraum  anzusehen  sein,  welchen  £  be- 
schreibt, wenn  P  sich  auf  jener  Linie  bewegt.  Hier  können  derartige  Betrach- 
tungen ausgeschlossen  werden,  da  sie  das  Vurständniss  der  Vertheilung  der  Fehler 
nicht  fordern. 


Geodäsie.    Von  Friedr.  ßoB.  Helmert.  81 

Durch  DififereDtiation  nach  b  und  a,  wobei  aber    —  ,    ||  und  I2  ^^^' 

stant  bleiben ,  erhält  man  den  elementaren  Fläch enB tr ei fen ,  welcher  an  RS 
angrenzt  (in  Fig.  2  schraffirt) : 

ds'  ==  b sin  q>  (  arc  sin  -  -  —  aresin  —  )  da . 
\  a  a  ) 

Derselbe  Werth  von  dz  würde  sich  ergeben  haben ,  wenn  man  anstatt 
der  \  die  17  oder  auch  die  Richtung  der  Kadieu  OR  und  OS  als  constant  an- 
gesehen hätte,  denn  es  ist  auch 

dt  ^  b  sin  q>  f  arc  sin      ■*  —  arc  sin  --  j  rfa ,  sowie 

^ '       I    •  •     /Dreieck  ROS\        ^ 

de=bsmg>,  arcsm   (ß^^j^-^öW    •    da,    etc. 

Uiermit  ergiebt  sich  nun  die  Wahrscheinlichkeit,  dass  P  auf  dem  an  RS 
angrenzenden  FlachenstÜckchcu  de  liegt,  im  Vcrhältniss  zu  derjenigen, 
dass  P  überhaupt  auf  dem  schmalen  elliptischen  ßingo  liegt,  von  dem  de' 
ein  Theil  ist, 

13)    -„,/—'  =  -r=— I  arc  sin  -  —  arc  stn    -  ) 
^     ff^{AB)        ds        n\  a  a) 

=  —I  arc  stn  -.  -  —  arc  stn  -\-   \ 
n\  b  b  J 

2  .    /Dreieck  ÄO.Sf\ 

=  ,r-"''^^'nDreieck^^^/- 

Eierbei  ist  stillschweigend  RS  als  Theil  von  dem  innerhalb  des  Winkel- 
raumes AOB  gelegenen  EUipsencontour  betrachtet  worden.  Auch  bedarf 
es  keiner  weiteren  Erörterung  für  andere  Fälle. 

Die  Construction  solcher  Bögen  RS  derselben  Ellipse,  welche  gleiche 
Wahrscheinlichkeit  ergeben ,  ist  mit  Hilfe  von  Kreisen  um  0  mit  den  Ila- 
dien a  und  b  sehr  leicht.  Von  derselben  wird  in  Abschnitt  10.  Gebrauch  ge- 
macht werden. 

Nach  dem  letzten  der  Ausdrücke  für  das  Wahrscheinlichkeitsverhält- 
nis« in  Gleichung  13  bleibt  dieses  auch  constant  für  Bogen  RS  verschiedener 
EHipsen,  wenn  sie  zwischen  denselben  Radien  von  0  aus  liegen.  Ver- 
gleicht man  daher  zwei  solche  Bögen  mit  einander,  so  gilt  für  sie  Gleichung 
12)  wie  für  die  ganzen  resp.  Peripherien. 

9. 

Für  kleine  Bögen  RS  darf  man  Dreieck  ROS  mit  dem  Sector  ROS  ver- 
tauschen. Construirt  man  nun  wie  in  Fig.  3  zu  der  mehrfach  erwähnten 
Ellipsen schaar  Radien  derartig,  dass  je  zwei  benachbarte  gleiche  Sectoren- 
flächen  einschliessen ,  so  erlangt  man  mit  Hilfe  der  Figur  einen  Ueb er- 
blick über  die  Vorthoilung  der  Fehler  um  0.  Denn  die  Wahr- 
scheinlichkeit des  Vorkommens  von  P  ist  dieselbe  1)  tür  aW^i  tV^mistA^t^w 


82     Studien  über  rationelle  Vermeßsungen  im  Gebiete  der  höhern 

Flächenstückchen  zwischen  denselben  Ellipsen  und  beliebigen  benach- 
barten Radien  (z.  B.  für  1,  2,  3...  oder  für  1',  2',  3'...)  und  2)  für  alle 
Sectoren  zwischen  benachbarten  Radien  und  derselben  Ellipse,  woraus 
man  durch  Combination  noch  verschiedene  andere  Sätze  ableiten  kann. 
Zieht  man  überdiess  die  Peripherien  von  verschiedener  Stärke  an  verschie- 
denen Stellen,  entsprechend  dem  Abstände  von  0,  so  ist  auch  die  Wahr- 
scheinlichkeit dieselbe  für  alle  Bogenstücke  desselben  Ellipsencontours. 

Endlich  besteht  für  die  Wahrscheinlichkeiten  des  Vorkommens  von  P 
auf  zwei  Bogenstücken  verschiedener  Contoure  oder  innerhalb  der  angren- 
zenden Flächenstückchen  die  Gleichung  12).  Z.  B.  in  Bezug  auf  Theile 
der  Ellipsencontourc  AB  und  A^  B^  in  Fig.  3  oder  in  Bezug  auf  die  an- 
grenzenden Flächenstückchen  ist  das  Verhältniss  der  Wahischeinlichkeiten 

C    ,   ß  •    Ca    ,   C  . 

• 

10. 

Als  wahrscheinlichen  Fehler  in  der  Bestimmung  von  0  wird 
man,  ebenso  wie  bei  Betrachtung  der  Fehler  u  und  v  allein,  denjenigen 
bezeichnen,  welcher  ebenso  oft  überschritten,  als  nicht  erreicht  wird,  und 
als  mittlem  Fehler  denjenigen,  dessen  Quadrat  das  arithmetische 
Mittel  aller  Fehl  er  quad  rate  ist.  Es  wird  sich  zeigen ,  dass  zwischen  beiden 
Grössen  eine  constante  Beziehung  stattfindet. 

Der  wahrscheinliche  Fehler  ist  nach  verschiedenen  Richtungen 
von  0  aus  verschieden ,  denn  verschiedene  Punkte  der  wahrscheinlichsten 
Ellipse  haben  von  0  verschiedenen  Abstand.  Will  man  nun  nicht  diese 
ElliptJC,  nämlich  ihre  grosse  und  kleine  Halbachse  als  grössten  und  klein- 
sten Werth  des  wahrscheinlichen  Fehlers,  angeben,  so  muss  ein  mittlerer 
Wcrth  des  letztern  abgeleitet  werden.    Es  findet  sich  dieser  zu 

wo  Ay  B,  ü  und  V  dieselben  Werthe  wie  in  Gleichung  11)  haben. 

Geht  man  nämlich  wieder  von  einer  grossen  Zahl  endlicher  Fehler  aus, 
seist,  wenn  ^.9  in  Fig.  3  die  wahrscheinlichste  Ellipse  bedeutet,  der  cubische 
Raum  über  dem  an^^  angrenzenden  elliptischen  Ringe  der  Ausdruck  für  die 
Wahrscheinlichkeit  des  Eintretens  des  wahrscheinlichen  Fehlers  überhaupt, 
und  es  ist  erlaubt,  für  jedes  der  Flächenstückchen  1,  2,  3,  etc.  den  Fehler 
von  der  Länge  des  Radius  von  0  aus  nach  einem  beliebigen  Punkte  der 
Fläche,  etwa  dem  rechten  äussern  Eckpunkte  (von  0  aus  gesehen)  zu 
nehmen.     Für  je  drei  benachbarte  dieser  Punkte  ist  nach  Gleichung  13) 


arcstn  -f  — arcstn  -~  =arcstn  -f  — arcsin  --  , 
Ä  A  A  Ä 

Bezeichnet  man  diese  Differenzen  mit  d'^  und  ist  AB  in  n  Theile  zer- 

)egi  worden;  so  erkennt  man  leicht  die  Richtigkeit  der  Gleichungen: 


Geodäsie.    Von  Fkiedr.  Rob.  Helmert.  83 


.^    ^"  y",y".v^  -^         .-   *>     rf     .-"  •     '*-'  -^  .'"-" 


« .  c?t/;  =  —  ,     arc  sin    ^  ==  j? .  rftf;  ==  t/;, 

wübei  ^  von  l.rftj;  bis  n.di|;  oder  von  0  bis  -^  bei  unendlich  wachsendem 

n  geht. 

Es  wird  ferner  ^p  =  Asin'^^  rjp  =  B  cos'^ 

/Pp  =  A'^sin'^tl^  +  B^cos^^tp  +  2  AB  cos  q>  cos'i\>sinip 

2h 

und  daher      R^  =  -^— ^^ ,      worin   der  Zähler  die  Summe  der  Fehler- 

2« 

^vadrate  für  die  halbe  Ellipse  über  AOA\  der  Nenner  die  Anzahl  dieser 

Quadrate  bezeichnet.    Für  unendlich  wachsendes  n  und  bei  gleichzeitigem 

Uebcrgange  von  dem  elliptischen  Streifen  zum  Ellipsencontour  selbst  wird 

1        /*                       A'^  +  B'^ 
B}=  —     1    Af^p  ,  d}\}=  - — ^ ,  oder  nach  Gleichung  11)  auch 


5)    ä2=  ^^  .  ^A^t-^  =  1,^«^^      ''''  "•"  '''^ 


2q^         sin  '^q>  sin  ^g> 

11. 

Nimmt  man  u  und  v  allein  in  Betracht,  so  bestimmt  sich  bekanntlich 
das  mittlere  Fchlcrquadrat  für  u  oder  v  nach  den  Formeln 

CX). 


''•./"'• 


m 


16)   ^ 


2  =  "  -    —      -  =  L  =  'J^ 


w, 


Je  du 

0 

Wi,  =  — .—     und  4i  =  -    --    sind    dabei   bekanntlich    die   Abscisson 
'**        stn  fp  *"        sin  (p 

der  Inflexionspunkte   der  Wahrscheinliclikeitscurven  über  BB'  und  AA' 

(Abschn.  3.).     Im  Falle  gleichzeitigen  Vorkommens  von  u  und  v  gestaltet 

rieh  die  Rechnung  sehr  ähnlich,   wenn   man   nur  vorher  die  gleichwalir- 

scheinlichen  FeKlerquadrate  je  zweier  Punkte  mit  den  Coordinaten  |,  i] 

und  ( —  ö ,  fi  vereinigt  zu 

2  d'^  +  n')  ■ 

Dieser  Summe  entspricht  die  Wahrscheinlichkeit  wj  und  es  ist  daher  für 
die  halbe  Papierebene  über  AA' 

2  £  ifvj  (^  -f"  V^)\   <^iG  Summe  der  Fehlerquadrate,  wenn 
2  Z  wj  als  deren  Anzahl  angenommen  wird. 

Hiermit  ist  dus  mittlere  Fehlerquadrat 


84     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 


"-"V  .•"s."-    ^•..f-    -  .' «-"-^"-"«^^  -   ^^^  .•    •     .-,     ,      *■    •   ^      f   .^  ^-^^  --y  ^    V      ^    *■  _-  -^.--^  ^  .      ,-     -rf--^- v.^i»--'  .—  .-,-   ^   -^--  •--■    .    . 


CX>  (X> 


JJ  «'^  (1^  +  1?^)  e/l  .  (/.y 


^  =  «   .« 

^"  oooo  > 

0      0 

oder  unter  Benutzung  der  bekannten  Formeln 
cx>  oo 

iK  „..1    l\2  .-'V^,    _       1        jAr 

2ft 


auch 


Uksin*(p  \2h^  ^  2k^J  '  Uksin''g>       2h^  ^  2k'^  ' 


oder  eudlich 

Ay2  =  Ä2.^>2.    ä2  =  0,69312  ilf' ;     Ä  =  (),83254i»/ .  *)  ' 

Dagegen  ist  bekanntlich  allgemein 

r  =  0,67449  m. 

12. 

Gab  die  wahrscheinlichste  Ellipse  in  Verbindung  mit  Fig.  3  über  die 
Vertheilung  der  Fehler  Aufschluss,  so  ist  jetzt  in  R  oder  M  ein  Maass 
für  die  Genauigkeit  der  Bestimmung  von  0  gefunden.  Es  fragt 
sich  nun  aber  noch,  ob  man  durch  die  in  der  Praxis  üblichen  Genauigkeits- 
angaben (den  mittlem  Fehlern  der  Coordinaten  von  0)  immer  3!  ableiten 
kann.  Jedenfalls  wäre  dies  möglich,  wenn  0  auf  ein  den  Geraden  JA' 
und  BI/  paralleles  Coordinatensystem  bezogen  würde.  Es  sei  daher  in 
Fig.  4  310©  ein  solches  System;  die  Coordinaten  des  Punktes  0,  welcher 
hier  mit  P  bezeichnet  ist,  mögen  abweichend  vom  gewöhnlichen  Gebrauche 
als  »enkrechte  Abstände  von  den  Achsen  angenommen  werden,  damit  für 
sie  mj  und  mj  die  resp.  mittleren  Fehler  sind.  Für  eine  andere  Achse  03l| 
unter  der  Neigung  ^  zu  031  wird 

, X  sin  {g>  —  ip)  —  y  sin  tf; 

stn  g> 
daher  ist  auch 

1  «^    m  2  ^1^  *''*^  (9  —  *)  +  W  sin'^  -^ 

*  stn^  g> 

wenn  nti  den  mittlem  Fehler  in  x'  bezeichnet.     Für  eine  zweite  zu  03li 

senkrechte  Achse  093,  ist 


*)  In  Bezug  auf  dio  Berechnung  von  M  Uisst  sich  eine  ähnliche  Bemerkung 
macbeu,  wie  bei  Abschnitt  4.  geschehen  ist. 


Geodäsie.    Von  Friedr.  Rob.  Helmert.  85 


daher 


-        m,^  cos  '(g[)i —  t/;)  -\-  mJ  cos  ^i/; 

iHo   = i-r. 

*  stn*  q> 

^  2  _L  t*,  2  ^1       V    ^2     Äf2  . 


d.  h.  „ein  rechtwinkligem  Coordiuatensystcm  gestattet  im- 
mer die  Berechnung  des  mittlem  Fehlers  M,^* 

13. 

Wühlt  man  O^i  und  093i  so,  dass  sie  einem  beliebigen  Paare  con- 
jogirter  Durchmesser  der  Ellipsen  parallel  werden,  so  kann  M  ebenfalls 
wie  oben  aus  den  mittlem  Fehlern  der  Coordinaten  berechnet  werden. 
Dem  Achsenpaare  0^]93t  mögen  in  Fig.  5  die  conjugirten  Durchmesser 
OA^  und  OB^  entsprechen,  die  Ellipse  daselbst  aber  die  Hauptellipse  vor- 
itellen.  Dann  beträgt  die  Wahrscheinlichkeit,  dass  P  auf  dem  unendlich 
langen  Streifen  zwischen  den  beiden  zu  OB^  parallelen  Ellipsentangenten 

durch  A^  und  A{  liegt 

cx)    n-t 

worin  1?,  und  1^2  die  Ordinaten  der  demselben  |  entsprechenden  beiden 
Parallelen  punkte  sind.  Betrachtet  man  A^  A(  und  B^  B{  als  Achsen  der 
^  und  r[^  so  ergeben  sich  nach  und  nach  folgende  Formeln  : 

d^.dri. sin g>  =  d^\ dr{ sin g/  , 

4M  sing)       f  C       -  (g'«  A:'*  +  n^  K^)  sin^  9>'    -v^  .  .    •       - 
If  =      'II  ^    dl  dl]  Sin  cp 

oder 

Uierin  bedeuten  a  und  6'  die  Abschnitte  der  conjugirten  Durchmesser  A^  A^ 
und  ^,  Z?j',  g!  den  Conjugationswinkel  dersolhon;  ferner  ist  für  //  und  k' 

c  .  c 

k  stng>  h  sin  g> 

Man  hat  weiter 

f»  ^  (Iri  =    ^'       -  j     wenn  öä  5/w  y  ==  (> , 


J 


4  h  sin  g> 

— A 

nnd   zufolge   der   vorhergehenden  .Gleichungen   für  a    und  b\    h'  und  k' 
wird  auch 


86      Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 
I    ^  ^   dri   =  —J—, — ; ,    da  6  Ä  «w  9  =  ^  . 


Dies  giebt  zusammen 


-I 


Denselben  Betrag  wurde  man  erhalten  haben,  wenn  ursprünglich  als  be- 
stimmende Gerade  die  conjugirten  Durchmesser  A^^^  und  B^B^'  mit  den 
wahrscheinlichen  Abweichungen  ih  ^i'  ^^  it  ^'  ^^'^  9>'  und  +  rg'  =  +  asin  tp' 
oder  den  Präcisionen  /*'  und  k*  gegeben  gewesen  wären.  Ueberhaupt  er- 
hellt, dass  sich  die  Geraden  AA'  und  B B^  immer  durch  beliebige 
Paare  von  Geraden  ersetzen  lassen,  wenn  dieselben  und  ihre 
wahrscheinlichen  Abweichungen  so  gewählt  werden,  wie  AiAi  und  B^B^' 
mit  +rj'  und  +^2'.  Denn  zunächst  geben  dieselben  auch  dieselbe  Haupt- 
ellipse wie  die  ursprünglichen  bestimmenden  Geraden  und  daher  geben  sie 
auch  dieselbe  Vertheilung  der  Fehler  und  dieselben  Werthe  M  und  Ä. 
Zugleich  ist  soviel  ersichtlich ,  dass  zwei  bestimmende  Gerade  sich 
immer  nur  auf  eine  Weise  durch  zwei  andere,  senkrecht  zu 
einander  befindliche  Gerade  ersetzen  lassen.  Um  z.  B.  zu  zei- 
gen, dass  man  den  Werth  M  auch  durch  Anwendung  von  A^A^  und  B^B^ 
erhält,  hat  man  folgende  Rechnung. 

Aus  den  Werthen  der  wahrscheinlichen  Fehler  senkrecht  A^  A^  und 

B*  B/.  nämlich 

Tj  =  ft  «n  9  ,     r2  =  a  sin  g> , 

und  dem  entsprechenden  mittlem  Fehler 


^1  ^  '  ^-2 


mj     =     ~rr-_   ,  IWj 


^/2  Q]/2 

folgt  mit  Hilfe  der  bekannten  Relation 

«2  +  6^  =  a'2  -f_  i/\ 

sm'<p  stn^g>  sm*(p  sitrg) 

m(  und  m^  genügen  selbstverständlich  auch  der  Gleichung  18),  wenn  man 

die  Achse  der  x  resp.  mit  OA^  oder  Oi?,  parallel  nimmt.     Im  erstem  Falle 

ergiebt  sich  z.  B.  succesive: 

r  '2 
m,'^  =  -^ .,  ;     t(  =  1/  sin  q>  und  da  ab*  sin  q/  =  ab  sin  g),  auch 

,        ab  sin  g>  ^^ (ab  sin  cpY       1 

'  a  2q^  a  ^ 

Die  Ellipsengleichnng  liefert  femer  für  den  letzten  Factor 

a^  <r  surcp  b^stn^fp 

,„       {lrsin'^[(p — 1/;)  -f-  a'^sin'^\p)sin^g)^n^^sin'^{g> — ij>)  +''V*«w^^ 2 

'  2i)^,sm^(p  stn^tp 


Geodäsie.    Von  Friedr.  Rob.  Helmert. 


14. 

Läflflt  man  den  Endpunkt  Q  dos  zu  m^  gehörigen  wahrscheinlichen 
Fehlers  OQ  =  rj',  der  allgemein  mit  r  hezeichnet  werden  mag,  alle  Lagen 
um  0  durchlaufen,  so  beschreibt  er  für  die  Hauptellipse  die  bekannte 
Fusspunktcurve  (Fig.  5)  mit  der  Gleichung 

2        r j  ^ .  5f « ^  (gp  -^  1/;)  -j-  r^  sin^  i\> 

worin  r  und  tf;  variabel  sind  und  r  die  wahrscheinliche  parallele  Ver- 
8ehiet)ung  von  A^A(  unter  der  Neigung  ip  gegen  AÄ  bedeutet.  An  den 
Endpunkten  der  Hauptachsen  tangiren  sich  beide  Curven,  r  wird  dabei 
ein  Minimum  resp.  Maximum.     Der  spitze  Winkel  t/;  aus  der  Gleichung 

19)  r^^.  sin  2(g)  — tf;)  =  r^^  sin  2^ 

entspricht  der  Lage  der  grossen  Achse,  falls  q>  «elbst  spitz  ist. 

Im  Allgemeinen  lässt  sich  für  Q  noch  die  leicht  beweisliche  Proportion 
angeben  (Fig.  5): 

OQ'  '.  00:  O'0==0x0x   •  OiO:  0{0, 
wobei  00  senkrecht  00 \' 

15. 

Wie  schon  bemerkt,  lässt  sich  die  specielle  Vertheilung  der  Fehler  mit 
Hilfe  von  Coordinatenachsen  parallel  irgend  welchen  conjugirtcn  Ellipsen- 
durchmessem  stets  angeben.  In  der  Praxis  ist  man  jedoch  auf  recht- 
winklige Coordinatenachsen  angewiesen  und  diese  gestatten  nur  die  Be- 
rechnung von  M ^  da  man  kein  Mittel  hat,  die  Ellipse  aus  zwei  beliebigen 
zu  einander  senkrechten  Radien  ihrer  Fusspunktcurve  zu  finden.  Wollte 
man  dennoch  z.  B.  aus  00  und  00^  die  Fehlorvertheilung  ableiten,  also 
damit  verfahren  wie  in  Fig.  2  mit  OM  und  ON^  so  würde  man  um  so  grös- 
sere Abweichungen  von  der  Wirklichkeit  erhalten,  je  weiter  sich  000\  von 
den  Ellipsenachsen  entfernt. 

Liegt  z.  B.  000 \  in  den  Halbirungslinien  der  Winkel  zwischen  den 
Hauptachsen,  so  werden  00  =  OOx  =  r,  00'  =  00 x  ^ 

2         r  j  2  sin^  q>  {g> — i^)  -)-  Tj^  sin^  t^       r,  ^  cos  ^  {g> — i/;)  -f-  r.^'^  cos^  t/; 

stn*  <p  sm^  (p 

^  2sin^tp     '  "^  2   ^  • 

OQ  und  OOx^  in  der  angegebenen  Weise  benutzt,  würden  für  gleichwahr- 
schcinliche  Lagen  von  P  Kreise  um  0  anstatt  Ellipsen  ergeben 

Bedarf  man  daher  oinor  genauen  Einsicht  in  dio,  Gruppirung  gleich- 
wahrscheinlich or  Lagen  von  P  um  0,  so  muss  auch  für  eine  Coordinato 
von  P  in  Bozng  auf  eine  dritte  Achse  dor  mittlere  oder  wal\tÄ^\\^\w\\OcÄ 


88     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 

Fehler  berechnet  werden,  was,  wie  sich  später  zeigen  wird,  nicht  viel 
Mühe  macht.  Ist  die  Neigung  einer  der  drei  Coordinatenachsen  gegen  die 
Hauptachse  der  Ellipse  gleich  tf/,  so  ist  für  die  betreifende  Coordinate  das 
Quadrat  des  mittlem  Fehlers 

20)    m'  =  m^  .  cos^  tp'  +  ^2  •  ^^^  ^\ 
wenn  m^  und  mj  die  den  Hauptachsen  entsprechenden  mittlem  Fehler 
bedeuten. 

Setzt  man  nun  für  drei  Coordinatenachsen  resp.  i/;'  =  tj;,  tf;'  =  i|;  +  45P 
und  t(;'  =  ip  -|-  90®,  so  hat  man  zur  Besimmung  von  m^  m^  und  i\> 

2      12  2  2 

m,^  =  m^2  cos  2^  +  m^  sm  ^tj;  =  -J — ^ — ^-  +  -^ — - — ^~-  ,  <^os  2tf; , 

2      I  2  2  2 

ttl2    =         T ^     ^     ^   sin  2t , 


{: 


2 

Führt  man  abkürzungsweise  noch  ttl4  für  1^'  =  tp  -j"  136®  ein,  wo 

«t  2  __  ^  2   I   „,  2       m  2  _  ^1^  +  ^2^     I     ^1^  —  ^2^    -..„  9,.. 
»I4   =  '"i   +  W«3   —  »"2  = 2 ' 2 ^ ' 

so  wird 

zur  Berechnung  von  m^  und  m.^.  Damit  besiramt  sich  auch  t^  aus  einer  der 
obigen  Gleichungen.  Die  zu  m^  und  mj  gehörigen  r  sind  die  Hauptacliseu 
der  Ellipse. 

16. 

Nur  selten  kommen  in  der  Praxis  schiefwinklige  Coordinaten- 
systeme  vor.  Die  wahrscheinlichen  Fehler  der  Coordinaten  gestatteten 
hier  auch  die  Berechnung  von  M  nicht  und  liefern  nur  zwei  Paare 
gegenüberliegender  Punkte  der  Fusspunktcurve,  wenn  die  Achsen  nicht 
zufällig  parallel  conjugirten  Durchmessern  liegen,  was  man  indess  nicht 
wissen  kann. 

Polarcoordinaten,  überhaupt  alle  solche  Coordinatensysteme, 
welche  am  Punkte  zwei  zu  einander  senkrechte  Richtungen 
markiren,  ersetzen  in  jeder  Beziehung  rechtwinklige  Coordinaten. 

Bestiinmang  der  Genauigkeit  eines  Punktes  aus   der  Angabe   mehrerer   von   einander 

unabhängiger  Geraden. 

17. 

Benutzt  man  zunHchst  ein  schiefwinkliges  Coordinatensystem  mit  dem 
Neigungswinkel  <p,  so  sind  die  Gleichungen  der  Geraden  im  Anschlnss  an 
Fig.  G,  wenn  p  und  q  die  Abschnitte  der  Geraden  auf  den  zu  den  x  und  y 
senkrechten  Achsen  bezeichnen : 


Geodäsie.     Von  Fkiedr.  Rob.  ÜELMERt.  89 

^1)  r^  +  TT  =  ^''^  9>» '  .T  +  ;r  =  ^'^  9>. 

Femer  mögen  e,  ....€„  die  n  Abstände  eines  Punktes  P  mit  den  Coordi- 
naten  «,  y  von  den  Geraden  sein,  und  m,  ....  mj,  die  mittlem  Fehler, 
A|  —  Am  die  Maasse  der  Genauigkeit  —  in  Zukunft  kurz  Präcisionon  ge- 
nannt —  der  einzelnen  Geraden  bedeuten.  Dann  ist  zunächst  irgend  ein 
Abstand  f  (Fig.  6) 


22) 


oder  auch 


=  l- p\  sin  y  + .  sin  (y  —  9) 

p  ^        pq  sin  y 


23)    6  =  _A  +  a:.^  +  y.  ^, 


worin  der  Abstand  k  der  Geraden  vom  Coordinaten- An  fange  als  Beobachtungs- 
grösse,  zu  der  tn  als  mittlerer  Fehler  gehört,  erscheint,  /  aber  die  Länge  der 
Geraden  zwischen  den  Achsen  bezeichnet.  Bekanntlich  werden  x  und  y 
so  bestimmt,  dass  die  Wahrscheinlichkeit  des  Zusammentreffens  aller 
Fehler,  nämlich  der  Abstände  €,  ein  Maximum  wird;  also,  wenn  w^.,,  w^ 
die  Wahrscheinlichkeiten  der  Fehler  Null  senkrecht  zu  den  verschiedenen 
Geraden  bezeichnen,  und  e  Basis  der  natürlichen  Logarithmen  ist, 

(w,  .  n^2  •  •  •  •  ^n)  =  c  =  Max. 

n 

Dies  ist  gleichbedeutend  mit   Z  {h^  b^)  =  Min. 

1 

Daraus  finden  sich  für  die  wahrscheinlichsten  Coordinaten  x  und  y 
die  Gleichungen 

r—  ==  0,     _—  =  0,    oder  ausgeführt 
ox  oy 

Für  andere  Lagen  des  Punktes  P,  dessen  Coordinaten  mit  x  +  m, 
y  -j-  V  bezeichnet  werden  mögen,  ist  die  Wahrscheinlichkeit  des  Ein- 
tretens ^ 

Wm^v  =  Max  .  e 
wenn  Max.  den  Werth   der  Wahrscheinlichkeit  für  die   wahrscheinlichste 
Lage  (o:,  y)  des  Punktes  P  bezeichnet  und 

ist,  woraus  mit  Hilfe  von  24)  hervorgeht 

SMlsehrift  f.  M»thfimalik  ti.  Physik  Xlll,  2.  1 


IK)     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 


^ ^ ^  ^-••••^-^-■••••rf— > 


25) 


Wu,  V  =  Max  ,  e 


-  i  (tt  .  -y   +  r  .  7-)«  A» 


==  Max  .  e       1 


Die  e  sind  hierbei  die  Abstände  des  Punktes  (a:  -f-  m,  y  +  v),  oder 
kurz  (li,  r),  von  Parallelen  zu  den  bestimmenden  Geraden,  gezogen  durch 
die  wahrscheinlichste  Lage  (x,  y). 

Für  das  Max.  selbst  ergiebt  sich  noch 

2G)    Max .  =  {fv^  .  w^  .  .  .  w„)  .  e 

worin  e  die  der  wahrscheinlichsten  Lage  entsprechenden  Abstände  von  den 
Geraden  bedeuten. 

Man  sieht  leicht  ein,  dass  diese  Resultate  unabhängig  von  der  beson- 
deren Lage  der  Coordinatenachsen  sind  und  ist  daher  zu  dem  Satze 
berechtigt : 

Ist  ein  Punkt  durch  mehrere  Gerade  bestimmt,  so 
liegen  (nach  Gleichung  25)  um  den  wahrscheinlich- 
sten Ort  desselben  alle  Lagen  gleicher  Wahrschein- 
lichkeit auf  concentrischen,  ähnlichen  und  ähnlich 
liegenden  Ellipsen. 
Damit  ist  in  der  Hauptsache  der  allgemeinere  Fall  auf  den  besonderen 
zweier  Geraden  zurtickgeftihit. 

18. 

Für  die  weitere  Ausführung  möge  zu  rechtwinkligen  Coordinaten- 
achsen übergegangen  werden,  da  schiefwinklige  sich  nach  Abschnitt  16. 
woniger  empfehlen.  Indem  (p  =  90'^  wird,  gehen  die  Gleichungen  21),  23), 
24),  25)  über  in 

27)  0  =  —  k  —  X  cos  y  -^  y  sin  y^  (allgemeine  Form  der  Gleichung 
einer  Geraden), 

28)  s  =  —  X  —  X  cos  y  -\-  y  sin  y^  (F'ehlergleichung),  und 
X  .  2  {1i^  cos'^  y)  —  y  .  Z  {hr  cos  y  sin  y)  -{-  Z  (K^  X  cos  y)  =  0, 

2  (ä2  cos  ysiny)+y.£  (Ä^  sin^  y)  —  -2*  {h'^  X  sin  y)  =  0, 
worin  y  den  Neigungswinkel  der  Geraden  gegen  die  zu  den  Coordinaten  .r 
senkrechte  o;- Achse  bezeichnet. 
Hieraus  folgen 

ix  =  N  ,  S  [fi^a  h'^fli^a  Sin  y^  —  X^  sin  y«)  sin{ya  —  y(i)'j  , 
y  =  N  .  £  [h'^a  h^fti^a  cos  yfi  —  X^  cos  y«)  sin  (y„  —  y^»)] , 
N  =  1  i  2:[h'„  h'^ß  sin\{ya  —  yfi)-\, 
Z  in  Bezug  auf  alle  paarweisen  Combinationen  der  Zahlen  1  ....  w  (ohne 
Wiederholung). 
Ferner  ist 

31)  w..-  »«». ,  -  -s  [«*(-■  ™  r  +  .  Ä  !■)•]  ^   „„j 


«>  { _: ; 


Geodäsie.    Von  Friedb.  Rob.  HelmeRT.  J)l 

flir  das  Maximum  von  W  oder  für  das  Minimum  der  Fehlerquadrate  nach 
Gleichung  26) 

wobei  die  Indices  et  ß  y  unter  den.  Zahlen  1  bis  n  alle  Combinationen  zu 
drei  mit  Wiederholung  bilden.  (Index  y  und  Winkel  y  können  nicht  wohl 
verwechselt  werden,  sodass  dieBezeiehnungsweise  auch  nicht  zu  Irrthümern 
Veranlassung  giebt.)  Zieht  man  zusammen,  so  wird  für  Combinationen 
ohne  Wiederholung  in  der  Summe  rechts 

L  (—  AfÄ^)  =  N    e[ ^^"*  ^^^  ^>''^  •  ^^"  ^^  ^^^  ""  ^^^  ■''  ^^  ^"  ^'^^  ""  ^"^ l 

1  +^y  sin[ya  —  y(i)Y\' 

Speciell  für  3  Gerade  sind  die  wahrscheinlichsten  drei  Abstände  b 

ii  =  N,h^^,h^'^sin (^3— y.^) .  { Aj . sm(y^--y^)  +^2^m{y.^-y{)  +^^sw{y^'-y,;) }, 

h=^'^\^'^'S^'^n{Yi-y.s)'{  -^  -^  "^         }' 

{^^N,h^^.h2^.sin{y2—y{).^  -r-  -4-  -r-         |, 

woraus  die  Proportion  folgt,  wenn  man  nur  die  absoluten  Werthe  der  s 
berücksichtigt , 

wo  «I,  52,  «3  die  3  Seiten  des  fehlerzeigenden  Dreiecks  gegenüber  den 
Winkeln  y^  —  ^2»  /i  —  ^3  ^'^d  /j  —  y\  (ohne  Rücksicht  auf  den  Quadranten) 
bezeichnen.  Die  wahrscheinlichste  Lage  des  Punktes  iHsst  sich  hiernach 
leicht  construiren.  *) 

19. 

Um  die  Lage  der  Ellipsenhauptachsen  zu  erhalten,  werde  das  nach 
der  wahrscheinlichsten  Punktlage  verschobene  Coordinatensystcm  um  den 
Winkel  ijf  gedreht;  es  ist  dann  zu  setzen  für  die  ursprünglichen  ti  und  v 
ausgedrückt  in  den  neuen  Coordinaten  u  und  v 

u  =  u  cos  'ijf  -\-  V  sin  tj;  '^     v  =  —  u  sin  tjf  -{-  v  cos  tf; . 

Wählt  man  nun  t(;  so,  dass  der  Exponent  von  J^'y,v  rein  quadratisch 
wird,  so  bezeichnet  das  neue  Coordinatensystcm  auch  die  Lage  der 
Hauptachsen.     Aus  Gleichung  31)  folgt 

ttan  2t(;  =  Z  {h^  sin  2y)  :  Z  {h}  cos  2y)  und  der  Exponent  wird  gleich 
^^^   |c2  =  m'2  .  2:  [ä2  cos^  (t(; -  y)]  +  t;'^  Z  \h^  sin^  (t(;-  y)]  . 

Die  Coefficienten  von  u^  und  v^  sind  die  Pracisionen  in  der 
Bestimmung    der    Lagen    der    Achsen    der   i/  und   v\     oder   der 


*)  Dasselbe  ist  bei  nGernden  immer  dadurch  zn  ermöglichen,  dass  man  mit 
Ililfe  der  Hanptellipse  für  znnüclist  zwei  Gerade  1  und  2  zwei  andere  snbstitiiirt, 
deren  eine  parallel  einer  dritten  geht,  mit  der  sie  sodann  za  einer  einzigen  be- 
stimmenden Geraden  vercinifi^t  wird.  Man  bemerkt  leicht,  wie  dieses  Vorfahren 
zam  gewünschten  Ziele  zu  führen  im  Stande  ist. 


92      Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  höhern 

Hauptachsen  selbst,  und  die  diesen  Präcisionen  entsprechenden  wahr- 
scheinlichen Fehler  gehören  als  Hauptachsen  zu  der  Hauptellipse.  Ftlhrt 
man  den  Werth  von  if;  ein,  so  ergiebt  sich  die  Präcision  für  die 
Achse  der  ti',  d.  i.  auch  die  Präcision  in  der  Bestimmung  der  Coordinate 
u  senkrecht  zu  dieser  Achse ,  gleich 


33) 


-^1  2;  ä2  +  y\Z  [K^  sin  2y)f  +  {£  (Ä«  cos  2/)]^  }  ; 


für  die  Präcision  in  der  Lage  der  Achse  der  v   ist  die  Wurzel  des  letzten 
Ausdrucks  negativ  zu  nehmen. 

Lage  und  Grösse  der  Ellipse  sind  unabhängig  von  der  Wahl  des  Co- 
ordinatensysteraes ;  für  die  Grösse  der  Hauptachsen  ist  dies  unmittelbar  klar. 
Die  erste  der  Gleichungen  32)  zeigt  ferner,  dass  (tj;  —  y)  für  Drehungen 
des  rechtwinkligen  Systemcs  constant  bleibt,  daher  gilt  der  Satz  in  der 
That  auch  für  die  Lage  der  Ellipse. 


20. 

Zur  Berechnung  der  Präcision  in  der  Bestimmung  einer  der  ursprüng- 
lichen Coordinaten,  etwa  des  o:,  suche  man  zuerst  die  zur  Richtung  der 
o;- Achse  (oder  Achse  der  u)  conjugirte  Richtung,  indem  man  die  y-Achse 
(oder  Achse  der  v)  um  t/;— 90^  dreht  und  tj;  so  wählt,  dass  c^,  der  Exponent 
von  c  in  dem  mit  Max,  bezeichneten  Ausdrucke  rein  quadratisch  wird.  Es 
ergiebt  sich  nach  und  nach 

M  =  m'  ,      V  =  U    cot  t\j  -\-  V   CSC  Iff , 


lind  für 


34) 


;2=2'    1  ä2      /  —  t/^  sin  (ip-y)  +  V  sin  y  VM 

\  \       sin^  tp       J  ^  \     sin^  ip     ) 

^      wird 

lan  if)  =  £  {h^  sin^  y)  :  Z  (Ä^  cos  y  sin  y) . 


Der  Factor  von  u^  ist  das  Quadrat  der  Präcision  in  der  Bestimmung 
von  a;  und  werde  mit  Jy,^  bezeichnet.  jBTj'  sei  die. Präcision  in  e;' und  H.^ 
diejenige  in  der  Bestimmung  von  y,  welche  Grösse  /Tj  aus  ff^  durch  Vcr- 
tauschung  von  y  mit  90®  -f-  y  hervorgeht.     Indem  nun 

Äm2  t/;  =  [^  (ä2  ^„2,  y)]2  :  ^ [2?  (Ä^  sin^  Y)7  +  [£ (Ä^  cos y  sin y)^  j  , 
giebt  eine  leichte  Zwischenrechnung 

3.x    lffi^  =  {£  (Ä^  cos^  y)  .  Z  (Ä*  sin'^  y)  —  ^ (ä'-^  cos  ysiny)y.i:  (Ä^  sin^  y) 
^    \  oder    ff^^^l:  N  ,2  {h'^  sin'^  y) 

und  damit  ist 

3G)  Hj\=  1  :  iV  .  r  (/i'  cos'^  y) ,     N  wie  in  Gleichung  30). 


Geodäsie.    Von  Friedk.  Rou.  Helmeut.  93 


Femer  findet  man 

^/^  =  {[S  (Ä^  sin'^  y)  Y  +  [S  (ä2  cos  y  sin  y)Y}  :  £  (Ä^  sin'^  y) . 
Nan  ist 


2i7,*    '    2ÄJ*    '    2  2- [*„•' V  «•«»  (y„  -  y^)] 


und  somit  auch  M"^  =  -.  N  .  Zh- 


)  37).  *) 


Dieser  Werth  muss  sich  auch  aus  den  Präcisionen  senkrecht  zu  den 
Ellipsenhauptachsen  ergeben  (vergl.  Gleichung  33) ,  und  in  der  That  ist 

vobei 

/^  =  /iY(Ä^  «n  2y)  2]  +  [Z  (Ä«  C05  2y)  ]2 . 

Ueberdiess  gentigen  auch  /T,  und  ^/  der  Gleichung 

^'  "^  \9lv^  "^"   9  ji"i)  '  *"*'  ^  »    ^^®  leicht  zu  zeigen  ist. 

H^  und  ^2  werden  auf  bekannte  Weise  auch  aus  Gleichung  29)  gefun- 
den. Setzt  man  erstens  daselbst  2{h'^  A  cosy)  =  (—  1)  und  —  2{h'^  k  sin y)  =0, 
so  geht  o;  in  (1  :  /T,^)  Über;  wird  zweitens  der  erste  dieser  WertheNull,  der 
zweite  gleich  ( —  1)  gesetzt,  so  geht  y  in  (1 :  T/^^)  über.  Bedarf  man  nun 
B  noch  für  eine  andere  Richtung  (vorgl.  Abschn.  15.),  so  nehme  man  diese 
als  Achse  der  x\  transformire  die  Gleichungen  28  und  29)  und  verfahre 
nun  wie  oben  bezüglich  der  Terrae  der  Gleichungen,  welche  x  und  y  nicht 
enthalten. 

21. 

Hiermit  ist  denn  der  allgemeinere  Fall  mehrerer  Geraden  auf  den  be- 
sonderen nur  zweier  Geraden  zurückgeführt  und  es  bedarf  nur  noch  der 
Bemerkung,  dass  die  neugewonnenen  Formeln  mit  den  entsprechenden 
früheren  identisch  werden,  sobald  alle  Gerade  bis  auf  zwei  in  Wegfall 
kommen.     Aus  Gleichung  37)  ergiebt  sich  alsdann 


^2 

^/*  =  ol'l  7^2  ''^'1     =  kS  T  '2  ^   >    wie  in  Gleichung  17). 


= .  *L_±V_  =  ü!±£i 


Für  die  Lage  der  Hauptachsen  geht  Gleichung  32)  über  in 

lan  2tf;  =  y-j- ^—,y — -^— ^  ,    wobei  die  o:- Achse  in  Richtung  der  ersten 
//•»   cos  ^y«!    I    fit 

Geraden  angenommen  wurde;  dagegen  giebt  Gleichung  19) 


*)  /P  und  M^  üiithalton  nur  Quadrate  dor  Sinns,  daher  werden  im  Folffenden 
die  Winkel,  soweit  sie  nur  zur  Beroehnung  von  //*  und  M^  dienen,  ohne  Rücksicht 
auf  den  Quadranten  bestimmt  werden. 


94       Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 


tan  2tJ;  =      ^    [^  ^^^ — , — --^    und  weil  <p  =  y^  ißt,  geht  dieser  Werth  in 


r,^  sin  2g) 
r,2  cos  2tf;  +  ^2 
den  vorigen  über. 

Für  die  Länge  der  Hauptachsen  lässt  sich  durch  ähnliche  Rechnung 
ein  Oleiches  nachweisen,  was  hier  weiter  nicht  ausgeführt  zu  werden 
braucht. 

22. 

Bei  den  vorigen  Rechnungen  wurden  die  Präcisioncn  h  als  bekannt 
vorausgesetzt.  Sehr  oft  jedoch  kennt  man  nur  sogenannte  Gewichte  g^ 
die  sich  wie  die  A^  verhalten,  und  benutzt  die  AusgleichungsresuUate ,  die 
wahrscheinlichsten  Werthe  der  h  kennen  zu  lernen.  Die  Theorie  lehrt, 
dass  bei  «Geraden  der  mittlere  Fehler  der  Gewichtseinheit  gleich  ist 


"-/! 


^  («'  g) 


-  2  ' 

worin   s  wieder  die  wahrscheinlichsten  Abstände    bezeichnet.      Die   Prii- 


cision  der  Gewichtseinheit  wird  daher  gleich  1  :  j/^^'^ ,    oder  es  ist  für  das 
Gewicht  g 

Ist  nun  Ä'  von  vornherein  genau  bekannt  und  g  =  h^  .i  gesetzt  worden, 
so  muss  sich  jetzt     i  =  2(i^     ergeben. 

Aus  der  Uebercinstimmuiig  oder  Nichtübereinstimmung  beider  Werthe 
kann  man  einen  Schluss  auf  die  Zulässigkeit  der  bei  Abschätzung  der  h 
dienenden  Principien  machen.  Jeder  geometrische  Ort  stützt  sich  auf 
Winkelmessungen  und  feste  Punkte.  Soweit  h  von  ersteren  abhängt,  wird 
man  es  ziemlich  genau  augeben  können ;  die  festen  Punkte  betrachtet  man 
meist  als  fehlerfrei.  Es  muss  daher  im  Allgemeinen  der  Ueberschuss  voi\ 
2,a2  über  i  den  mittleren  Fehler  der  festen  Punkte  charakterisiren,  oder  zur 
Entdeckung  unberücksichtigter  Fohlerquellen  führen. 

23. 

Die  Präcisionen  h  der  Geraden,  und  wenn  es  möglich  ist, 
auch  die  Lage  der  Geraden  wird  man  so  wählen,  dass  M  sich 
möglichst  klein  ergiebt.  Doch  ist  es  auch  sehr  wünschenswerth ,  dass 
JI  für  alle  Richtungen  durch  die  wahrscheinlichste  Lage  des 
Punktes  gleich  werdfe,  d.  h.  dass  die  Ellipsen  gleichwahr- 
scheinlicher Lagen  in  Kreise  übergehen. 

Nach  Gleichung  33)  tritt  Letzteres  ein  für 

0  =  2;  (A^  cos  2y)  =  £  {h^  sin  2y) 


Geodäsie.    Von  Fribdu.  Roh.  Helmert.  95 


Diese  Bedingung  gilt,  für  jede  Lage  der  x- Achse,  auf  welche  sich  die 
X  beliehen.  Schreiht  man  daher  die  erste  der  vorigen  Gleichungen  noch 
in  der  Form 

39)  Z  (Ä^  cos'^  y)  =  ^  (Ä^  sin'^  y)  , 
io  hat  man  für  Gleichheit  der  II  die  Bedingung*):  Es  müssen  sich  die 
h^  unter  den  doppelten  Neigungswinkeln  ihrer  zugehörigen  Geraden  zu 
einem  vollständigen  Polygone  zusammenstossen  lassen  (nach  Gleichung  38), 
oder  es  muss  die  Summe  der  Quadrate  der  Projectionen  der  h  zu  zwei  zu 
einander  senkrechten  Richtungen  gleich  sein.  In  der  letztern  Ausdrucks- 
weise ist  aber  noch  eine  Ungenauigkeit,  denn  liegen  die  zwei  Projections- 
achsen  gerade  in  den  Ilalbirungslinien  der  Winkel  zwischen  den  Haupt- 
achsen, so  ist  Gleichung  39)  erfüllt,  auch  wenn  nicht  alle  II  gleich  sind. 
Obgleich  nun  nicht  zu  vermuthen  ist,  dass  dieser  Ausnahmefall  eintritt, 
ist  es  doch  nothwendig,  die  Summe  der  Quadrate  der  Projectionen  noch 
für  eine  dritte  Achse  zu  bilden. 

Sind  Gleichung  38)  und  39)  erfüllt,  so  wird  Jifi  ein  Minimum  unter 
der  Bedingung  von  £  h-  =  Const.  und  bei  unveränderlichen  Neigungen 
der  Geraden  zu  einander.     Man  hat  aus 

ßp  =  Min.  auch  -—  =  Max.  oder  E  {hc?hß^sin'^{ya—yß))  =  Max, 

Es  muss  daher  für  beliebige  Systeme  von  dh  die  Gleichung  bestehen : 

^~.rfÄi  +  ^.(fÄ2  +  --  +  ^f  </Ä«  =  A'(2A,</Ä,  +  2Ä,rfÄ2  4-...  +  2/i«fM,), 

worin  K  eine  noch  zu  bestimmende  Grösse  ist.  Die  Ausführung  der  Kech- 
nang  giebt  zur  Bestimmung  der  n  -{-  1  Unbekannten  A,  ....  /*„,  K  die 
«  -(-  1  Gleichungen 

o=— AT      .  +  V»'»*(yi— yt)+- .  .+Ä/i-i*««Yy,— y«-i)+Ä««««Vyi— y«) 

o=— Ä'+ v««'»*(y«-^i)+V*'«'(y«-yt)+-  •  •+>'''t-i'««*(y«— y''-i)  • 

Die  zweite  bis  (/i-|-l)te  Gleichung  sagen  ans,  dass  Äj,  H,^^  ...Hny  das 
sind  die  Präcisioncn  der  Geraden  nach  der  Ausgleichung,  einander 
gleich  werden  sollen,  und  da  die  Gleichheit  dreier  dieser  //  diejenige  der 
sämmtlichen  iT  nach  sich  zieht,  so  sind  (/i  — 3)  der  h  für  ein  Miniumm  von 
M  im  obigen  Sinne  beliebig.  Trotzdem  kann  der  Fall  eintreten ,  dass  ein 
Minimum  nicht  möglich  ist,  sobald  sich  nämlich  einzelne  /r  negativ  er- 
geben **).      Die   Unmöglichkeit   eines   Min.   tritt   stets   da   ein. 


W) 


•)  Man  vergleiche  hierüber,  sowie  über  die  im  Gleichiiuj^ssystein  40)  nach 
Weglasüung  der  ersten  Gloichunji:  vorkommende  Dotürmiuaute:  Baltzer,  Deter- 
loinanteu  2.  Aufl.    §  17.  (1.  2  etc.)  und  §  3  (16.  17). 

**)  Ein  negatives  fi^  bedeutet,  man  soll  die  Gerade  um  90"  drehen  und  ihr  die 
Präci&ion  gleich  dem  absoluten  Werthe  des  berechneten  h  \)c\\\^^v^\\. 


96      Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 


wo  sich  die  A^  zu  keinem  Polygone  zusammenstossen  lassen 
(nach  Gleichung  38),  d.  h.  wenn  sich  alle  Geraden  in  einem  spitzen 
Winkelraume  schneiden.  Im  andern  Falle  lassen  sich  mit  Hilfe 
einer  Figur  nach  Gleichung  39)  die  h  leicht  ausprobiren,  indem  es  ja 
auch  meist  auf  strenge  Gleichheit  der  h  nicht  ankommt.  Doch  sind  stets 
die  K^  in  Grenzen  eingeschlossen ,  und  man  erhält  diese ,  indem  man  zu- 
nächst drei  der  h'^  durch  C  und  die  andern  K^  ausdrückt  und  diese  sodann 

Q 

variirt,  u.  s.  w.    Der  Werth  K  findet  sich  nach  Gleichung  38)  zu  —  . 

*i 

Es  mag  noch  erwähnt  werden ,  dass  die  Unbestimmtheit  des  Maximal- 
systems der  h  den  Vortheil  gewährt,  gleichzeitig  noch  andere  Bedingungen 
erfüllen  zu  können,  wozu  namentlich  diejenige  als  von  Wichtigkeit  zu 
rechnen  ist,  bei  constantem  M"^  die  aufgewandte  Mühe  möglichst  klein  zu 
machen.  Die  weitere  Ausfährung  muss  indoss  besonderen  Fällen  vorbe- 
halten bleiben  (vergl.  Abschnitt  34). 


24. 

• 

Vorstehende  Betrachtungen  liefern  ausser  Erreichungen  des  Haupt- 
zweckes noch  nebenbei  die  geometrische  Deutung  der  Ausglei- 
chung der  beobachteten  Werthe  einer  Function  zweier  Ver- 
änderlichen mit  zwei  zu  bestimmenden  Constanten,  hier  den 
Coordinaten  x  und  y.  Zugleich  sieht  man  deutlich,  was  es  heisst:  den 
mittlem  Fehler  einer  Function  der  Constanten  x,  y  anzugeben. 

Z.  B.  die  Function  nten  Grades  von  x,  y 

z^=f(^a:,y) 

wird  man  zunächst  linear  machen  durch  Einführung  scharfer  Näherungs- 
werthe.  Entspricht  Zq  den  Näherungswerthen  x^^  und  y^,  so  ist  für  die  Ver- 
besserungen von  Xf)  und  ^q  ,  die  ^x  und  Jy  hcissen  mögen, 

1        n-i  df  .     df 

z      Jz  =  — —  .  Jx  -f-  — —  .  Jy  ,     oder 


n       0  dx  dy 

und  in  dieser  Form  hat  man  die  Gleichung  einer  substituirten  Geraden, 
nämlich  einer  Parallelen  zu  derjenigen  Tangente  der  Curve,  welcher  (x^yy^) 
am  nächsten  liegt,  ^z  bezeichnet  den  Abstand  dieser  Parallelen  von  {xQ^y^), 
Derselben  entspricht  diejenige  Präcision  ff,  welche  zu  einer  Geraden  unter 
der  Neigung  y  gegen  die  Achse  der  x  gehört ,  wo 

f   ^C 

lau  y  =  —    }    — -^- 


l 


dx 


Geodäsie.    Von  Fkiedr.  Rob.  Helmert.  97 


Ist  hierdurch  die  Prftcision  fUr  z/r,  also  auch  für  z  gefunden,  so  ist  es  nicht 
mehr  schwierig,  auch  für  /'(x,  y)  selbst  sie  anzugeben. 

Beispiel.      Der  Abstand  des  Punktes  (x,  y)   vom  festen  Paukte 

(Jf  1  >  yd  '^ 

e^  =  (x  -  x,f  +  (y  -  y,)\ 

Sind  Xq  und  y^  Näheruugswerthe  von  s  und  entspricht  ihnen  ein  e^, 
80  wird 

Hat  man  nun  das  H  und  damit  den  mittleren  Fehler  m  für  ^f  ermittelt, 
Bo  wird  +  2  f jj  m  der  mittlere  Fehler  in  t^  selbst  sein ,  wenn  hierin  für 
xnnd  y  die  wahrscheinlichsten  Coordinaten  gesetzt  wurden. 

m  selbst  ist  von  der  Entfernung  beider  Punkte  unabhängig,  und  sucht 
man  einen  mittlem  Werth  des  mittlem  Fehlers  im  Abstände  von  be- 
liebigen andern  Punkten  {x^,  ^j),  so  ist  es  nur  nöthig,  diese  für 
eine  Kreisperipherie  um  {x,  y)  zu  betrachten.  Ohne  weitere  Bemerkung 
leuchtet  ein,  dass  das  mittlere  Quadrat  aller  m  wird  im  Anschluss  an 
Gleichung  20): 

41)  ajl2  =  1 =  L  /  (m  2^2^'  +  m  2  «,*2,^')  di\f=  M:!Ü2_  =  ^^  y|f2. 

it  n  i  ^    ^  2  2 


25. 

Bisher  war  angenommen  worden,  dass  die  bestimmenden  Geraden 
von  einander  unabhängig  bestimmt  seien;  anhangsweise  möge  jetzt  der 
Fall  erörtert  werden,  wo  diess  nicht  mehr  so  ist.     Einem  Paare  scharfer 
Näherungswerthe   der  Coordinaten   entspreche  ein   gewisses  System  von 
Werthen  der  Beobachtungsgrössen ;    a^,  a^  ...  a^  sollen  nun  die  Ergän- 
zungen dieser  Werthe  zu  den  wirklichen  Beobachtungsgrössen,  a/,  a^  ... 
ff/  aber  die  Ergänzungen  zu  den  wahrscheinlichsten  Werthen  der  Beob- 
achtungsgrössen bezeichnen.     Versteht  man  noch  unter  x  und  y  die  wahr- 
scheinlichsten Ergänzungen  der  Nähemngswerthe  der  Coordinaten ,  so  ist 

^  :==^  ax  '\-  hy  •\'  cu(  -f"  ^"2'  +  ••••  +  ^^p 

die  Form  der  n  Gleichungen  zur  Bestimmung  von  x  und  ^,  worin  die  Coef- 
ficienten.  Functionen  der  Näheruugswerthe  aller  Grössen  bedeuten.  Da  fer- 
ner p  ^_n  ist,  kann  man  n  der  «'  durch  a:,  y  und  die  (p — «)  andern  «  aus- 
drücken und  letztere  als  zu  bestimmende  Constanten,  wie  x  und  y^  be- 
trachten. Bezeichnet  man  sie  daher  noch  mit  Zj,  Zj,  etc.,  so  nimmt  das 
GleichuDgssystem  die  Form  au 


98      Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 


I  «2'  =  -^^ 


+  ^2^4-^2«!  + +  -^2^P-« 


«/  =  ^^  +  i9^  +  C^^^  +  .  .  .  .  +  i>„  ^p-i, 

ff  p    —      ...  .  ^~  2p — n 

Setzt  man  hierin  links  für  ff'a-f-  ^ff,  so  bestimmt  man  bekanntlich  x,  y,  :  etc. 
derartig,  dass  üiji^.  d'^a)  ein  Min.  wird. 

Der  Ausdruck  für  die  Wahrscheinlichkeit  eines  andern  Constan- 
teu Systems  x  -|-  Jx,  y  -f-  -^y»  2  +  ^2  u.  s.  f.  lässt  sich  immer  auf  die 
Form  bringen  *) : 

—  Z  (A./ix  +  B./iy  -^ +  /).  dzp^nY  .  h}  , 

FT,  =  K,  .  e         ^ 

worin  x,  in  Bezug  auf  die  J  constant,  hi  die  Präcision  in  ff|  ist.  Bildet 
man  weiter  die  Summe  aller  W^  für  alle  möglichen  z/zj,  Jz^^  ...  ^^p-rni 
so  erhält  man  einen  Ausdruck  von  der  Form 

^_  -{P.d^x  +  Q.dx,dy,  +^R  .  ^) 

fr  2     ■         »»2    •     ^  } 

worin  wieder  X2,  P,  0,  /{  von  Jx  und  ^^  unabhängig  sind. 

Dieser  Ausdruck  sagt  aber  aus,  dass  immer  sich  gleichwahr- 
schcinlicho  Lagen  des  zu  bestimmenden  Punktes  um  die 
wahrscheiulichste  Lage  herum  in  Ellipsen  gruppircn,  womit 
daher  der  allgemeinste  Fall  auf  den  einfachsten  „zweier  unabhängigen 
Geraden"  zurückgeführt  worden  ist.     (Vergl,  Abschnitt  39.). 


II.     Ueber  das  Einschalten  von  Netzpunkten  in  ein  grösseres 

,,belianntes<^  trigonometrisclies  Netz. 

26. 

Ist  eine  Landestriangulation  bis  zu  Dreiecken  von  0,5  bis  2  Meilen 
Seitenlänge  herabgekommen,  so  wird  es  sich  darum  handeln,  eine  grosse 
Anzahl  weiterer  Punkte  nach  den  gegebenen  behufs  Detailaufnahme  ein- 
zumessen, sodass  deriBu  durchschnittliche  Entfernung  0,1  bis  0,3  Meilen 
beträgt.  Der  grösste  Theil  dieser  neubestimmten  Punkte  muss  zugänglich 
sein,  da  sie  zum  Ausgange  weiterer  Messungen  dienen  sollen.     Man  wird 


"*)   Ein  Beweis  hierzu  findet  sich  in  den  Seite  75  unter  Anmerkung  ^)  citir- 
teu  Werken. 


Geodäsie.    Von  Friedb.  Rob.  Helmert.  99 


--^.-»-»•*.        r-  ^    ^'^^    ^-m     '. 


daher  im  Allgemeinen  zu  ihrer  Bestimmung  einen  dreifachen  Weg  ein- 
sehlagen können : 

1)  Man  beobachtet  von  den  Hauptpunkten  die  Bichtungen  nach  den 
Nebenpunkten ; 

2)  man  beobachtet  umgekehrt  auf  dou  Nebenpunkten  die  Bichtungen 
nach  den  Hauptpunkten ; 

3)  man  beobachtet  Beides,  combinirt  also  Methode  1)  und  2). 

Wegen  der  ungeheuren  Complicirung  des  Rechnungswerkes  sowohl, 
als  auch  wegen  des  geringeren  Genauigkeitsgrades  bei  gleicher  Mühe  der 
Winkelmessungcn  ist  dasjenige  Verfahren,  zwischen  den  Nebenpunkten 
lelbst  ein  Netz  zu  bilden  und  dieses  in  das  Hauptnetz  einzuhängen ,  nicht 
ii  Gebrauch.  Nur  für  benachbarte  Nebenpunkte  erhält  man  zwar  auf  diese 
Weise  eine  grössere  Sicherheit  in  der  Bestimmung  der  Verhältnisse  ihrer 
Entfernungen  (also  der  Figur  zwischen  diesen  Punkten) ;  jedoch  genügen 
loeh  hierzu  die  Angaben  jener  drei  Methoden ,  welche  jeden  Nebenpunkt 
direet  auf  die  Hauptpunkte  stutzen  und  so  seine  Lage  gegen  diese  weit 
schärfer  zu  berechnen  gestatten. 

Berücksichtigt  man  gleichviele  Hauptpunkte ,  wie  dies  jedenfalls  für 
die  beiden  ersten  Methoden  geschehen  muss,  auch  bei  der  dritten  der- 
selben, so  kann  von  einem  Vergleiche  mit  jenen  beiden  nicht  die  Rede 
sein.  Ein  solcher  hat  erst  dann  Sinn,  wenn  im  dritten  Falle  weniger 
Hauptpunkte  zur  Bestimmung  eines  Nebenpunktes  zugezogen  werden,  und 
er  soll  hier  überhaupt  nur  anhangsweise  dem  Vergleiche  der  1.  und  2. 
Methode  folgen,  insofern  dieses  völlig  genügen  wird. 


27. 

„In  theoretischer  Beziehung  ist  nun  im  Allgemeinen  die  zweite  Me- 
thode, bei  nur  drei  Hauptpunkten  ^ Pothenot'sche  Aufgabe '  genannt,  die 
▼orzüglichste ;  aber  auch  in  praktischer  Hinsicht  bietet  sie  manche  Vor- 
tlidle  vor  der  ersten/* 

Zur  Begründung  dieses  Satzes  möge  vorerst  der  letztere  Gesichts- 
pQokt  angenommen  werden.  Dabei  sind  zu  berücksichtigen  1)  die  Situation 
der  Nebenpunkte  und  2)  die  Menge  der  Arbeit  mit  dem  Theodoliten  und 
die  der  Ausgleichungsrechnung. 

Die  Nebenpunkte  liegen  meistens  tiefer  als  die  Hauptpunkte,  diese 
lassen  sich  daher  leicht  und  gut  von  jenen  visiren ,  während  umgekehrt  die 
Aufsuchung  und  das  An  visiren  der  schwachen  Signalstangen,  durch  welche 
man  die  Nebenpunkte  sichtbar  zu  machen  hätte,  der  grössern  Entfernung 
und  des  schlechten  Hintergrundes  wegen  oft  sehr  misslich  werden  wird. 
Es  ist  dieser  Umstand  der  schnellen  Ausführung  der  Arbeit  nach  der  ersten 
Methode  entschieden   bedeutend   hinderlicher,   als  dei  \)cv   öi^x   v«^\\.^u 


100     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 

Methode  nöthige  häafigo,  doch  leicht  zu  bewirkende  Umzug  nach  nahen, 
benachbarten  Nebeupunkten.  Die  Situation  der  Neben  punkte 
spricht  mithin  zu  Gunsten  der  zweiten  Methode. 

28. 

Hinsichtlich  der  Menge  der  Arbeit  mit  dem  Theodoliten  und  der- 
jenigen der  Ausgleichungsrechnung  lässt  sich  Folgendes  anführen : 

1)  Bei  Winkelbeobachtungen  entsprechen  den  ^ Richtungen  von 
den  9 Hauptpunkten  nach  einem  Nebenpunkte  ^ Winkelmessungen;  eben- 
soviele  lassen  sich  auf  dem  Nebenpunkte  zwischen  den  ^  Hauptpunkten 
vornehmen  und  man  hat  hierbei  noch  den  Vortheil  der  Auswahl  unter  den 

— - — -  möglichen  Winkeln   zu  günstigst  wirkenden  Schnitten.      Jeder 

Winkel,  hier  wie  dort,  liefert  eine  Gleichung  zur  Bestimmung  der  Coordi- 
naten  des  Nebenpunktes  und  wenn  nur  für  letztere  durch  eine  Uebersichts- 
menselaufnahme  der  Nebenpunkte  erst  vorläufige,  durch  darauf  sich  stützende 
Berechnung  aus  zwei  guten  Schnitten  scharfe  Näherungswerthe  bekannt 
worden  sind,  macht  die  Aufstellung  und  Auflösung  der  Gleichungen  in  bei- 
den Fällen  nahezu  dieselbe  Mühe.  Ueber  die  wirklich  erlangte  Genauig- 
keit wird  die  theoretische  Vergleichung  später  das  Nöthigste  angeben. 

2)  a.  Bei  Kichtungsbeobachtungen  von  den  Hauptpunkten 
aus  müssen  die  Nebenpunkte  wegen  ihrer  grossen  Anzahl  gruppenweise 
vereinigt  werden,  womöglich  so,  dass  für  verschiedene  Hauptpunkte  die- 
selben Nebenpunkte  zu  einerlei  Gruppe  gehören. 

Man  bekommt  dadurch  in  die  Rechnung  eine  Beziehung  benachbarter 
Nebenpuukte,  da  eine  Gruppe  am  besten  auch  nur  solche  enthalten  wird, 
und  durch  diese  Beziehung  bestimmt  sich  die  gegenseitige  Lage  dieser  Ne- 
benpunkte etwas  schärfer,  als  der  mittlere  Fehler  3f  jedes  einzelnen  der- 
selben erwarten  lässt.  Leider  verwickelt  sich  aber  die  Rechnung  durch 
diese  Beziehung  ungemein,  denn  sie  bringt  sammtliche  Bestimmungsglei- 
chungen der  Coordinaten  aller  Punkte  einer  Gruppe  in  Zusammenhang  und 
strenggenommen  müssen  alle  diese  Gleichungen  zusammen  ausgeglichen 
werden : 

Ist  Q)  der  Beobachtungsfehler  in  dem  Winkel  a  zwischen  der  Null- 
richtnng  —  es  sei  diese  die  Richtung  nach  einem  andern  Hauptpunkte  — 
und  der  Richtung  nach  einem  Nebenpunkte,  so  schreibt  man  bekanntlich 
die  Gleichung  zwischen  a,  o  und  den  Coordinaten  x  und  y  des  Neben- 
punktes als  Fehlergleichung 

—  w  .  X  =  X  .  f(x,  9j)  , 

wenn  k'^  das  Gewicht  des  Winkels  a  und  f{xy  y)  eine  lineare  Function  der 
Verbesserungen  der  Näherungswerthe  von  x  und  y  ist.  (Die  Coefficienten 
derselben  sind  von  a  und  den  Coordinaten  des  Hauptpunktes  abhängig; 
vergL  AbschDitt  30.). 


Geodäsie.    Von  Friede.  Rob.  Helmert.  101 

CO  besteht  ans  zwei  Theilen,  Bäigrlich*  den  Beobachtungsfehlern  der 
beiden  Richtungen ;  bezeichnen  0^  und-  p^  ijB^p.  den  Fehler  der  Null- 
richtnng  und  den  Fehler  der  Richtung  nach  *ieni  /^ten  Nebenpunkte  auf 
dem  ^ten  Hauptpunkte,  so  ist 

—  «  =  (Off  —  Pq)  . 

•>  * . 
Ist  n  Anzahl  der  Nebenpunkte  der  betr.  Gruppe,  g  Anzahl  ^der  Bäupt- 

punkte,  von  welchen  dieselbe  beobachtet  wurde  und  berücksichtigt  dian,. 
diss  X  constant  wird  flir  alle  Winkel  von  einem  Hauptpunkte  aus,  so 
nimmt  das  System  der  zusammen  zur  Ausgleichung  gelangenden  Gleichun- 
gen die  folgende  Gestalt  an : 

Iter  Nebenpunkt,  2ter  Nebenpünkt,  nter  Nebenpunkt. 

*•  Jnnkt^    »i(0,-l,)=A'(^i,yi);    xi(0i-2,)=AV,.y,);...  *,(Oi-«i)=/;'(x„,y»); 

*'  pÄ   »t(0«-l2)=/'i>i»yi)j   *«(0|-2,)=A>f»y«);...  Xt(0,-H,)-/*n"(a:«,yn); 

.  •  •  •  •  . 

^*°SSkt":    *9(0q-tq)=fMx,,y,);  iiq(0q^2q)  =A(«)(x„y,);.. Kq(0q-nq)=fni9Kxn^n). 

Die  Anzahl  aller  Gleichungen  hierin  beträgt  n,g.  Die  2n  Coordina- 
ten  bestimmt  man  so,  dass  Z  l  —  .v^j  =  Min.,  wenn  v  den  Beobachtungs- 

fehler  einer  Richtung  und  —  sein  Gewicht  bezeichnen.     Man  erhält  damit 

2n  Gleichungen  fär  die  Coordinaten*  und  macht  schon  die  Entwickelung  der 
Coefficienten  der  Unbekannten  für  diese  Gleichungen  aus  den  obigen 
N.  9  Gleichungen  viele  Mühe,  so  noch  viel  mehr  die  Auflösung  nach  den  Un- 
bekannten. 

Noch  schwieriger  wird  die  Rechnung,  wenn  die  Gruppeneintheilung 
im  obigen  Sinne  nicht  hat  innegehalten  werden  können.  Man  wird  wohl 
sehr  häufig  am  besten  thun ,  den  Übrigens  nicht  wesentlichen  Vortheil  des 
Zusammenhanges  der  Gleichungen  für  verschiedene  Nebenpunkte  fallen 
in  lassen  und  jeden  derselben  fUr  sich  zu  berechnen. 

Was  die  Grösse  der  Arbeit  gegenüber  Winkelbeobachtungen  betrifft,  so 
«teilt  sich  diese  jetzt  etwa  halb  so  gross  als  bei  letzteren  heraus;  denn  es 
beträgt  die  Anzahl  der  Einstellungen  des  Instrumentes  für  die  n Neben- 
punkte und  die  Nullrichtung  (w  +  1),  während  bei  Winkelbcobachtungcn 
2it  Einstellungen  zur  Ermittlung  der  n  Richtuugsunterschiedc  mit  den 
Nebenpunkten  noth wendig  werden. 

2)  b.  Vereinigt  man  auf  einem  Nebonpunkte  alle  sichtbaren 
Hauptpunkte  in  einen  einzigen  „Satz'*  und  bezeichnen  (1),  (2),  ,,,{q) 
die  Beobachtungsfehler  der  Richtungen,  so  ergeben  sich  (9— 1)  Gleichungen 
fftr  die  Coordinaten  des  Nebenpunktes.  Durch  Einführung  scharfer  Nähe- 
rungswerthe  erhalten  diese  Gleichungen  die  Form 


102      Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 


•'     *•    ^  ^-^«r--^.—  ^^-^ 


42) 


[(1)  -  (2)  =p=;4+'£j.z  -f  Cj.y, 


•  .    "       • 

.-.  *4(I)  —  (s')  ==  ^  +  ^g .  «a:  +  ^<?-  y  >    wobei 

^      "•  •''{(!)'  +  (2)^  +  ....  +  (aS^)  =  ^'>»-  z«  machen  ist.    Unter 

^.Mil^V*.sü)3  hierbei  die  Verbesserungen  der  Coordinatennäherungswertbe, 

:.,uftl;ftr'  -4,  ^,  C  gewisse  Functionen  der  letzteren  und  der  Coordinaten  der 

•.'Hauptpunkte  zu  verstehen.     Durch  Differentiation   der  Gleichungen  42) 

und  Multiplication   derselben  mit  gewissen,   noch  unbekannten   Grössen 

^2 '  ^31  •  ■  •  ^9  ergiebt  sich  zunächst 

Z^.diX)  —  Z2.d{2)  —  {B^.dx  +  C^^dy)  Zj  =  0 
Z^.dil)  -  Z^.d{S)  -  {B,.dx  +  C,.dy)  Z3  =  0 

u.  s.  f. 

Addirt  man  diese  Gleichungen,  so  muss  ihre  Summe  mit  dem  totalen 
Differential  des  Min,  identisch  werden,  also 

HZ  d{l)  —  Z2  .  d{2)  —  ...  —  Z^.%)  —  £{BZ)  .  dx  —  £{CZ)  .  dy  = 

(l)rf(l)  +  (2)d(2)  +  ...  +  (^)%) 
ftir  beliebige  Werthe  der  Differentiale.     Dazu  gehört,  dass 


^Z  =  (l) 


2 


-  Z,  =  (2) 
-Zg=  {q)  J 


£  {BZ)  =  0 
2 

1  (CZ)  =  0 

2 


>    » 


also  {(l)  +  (2)  +  ..  +  (?)}=0 


Die  weitere  Rechnung  giebt  nach  und  nach: 
iX)  .q  -  {{X)  +  {'i)-\-...-\-{q)}  =  i  A-\-  £  B  .x  +  £C  .y  , 


2 


9 
2 


oder 


£  A  +  £B.x+  £C.y  y 


q  \i  2  2 

Forner  ist  —  (2)  ==  Zj  =  —  (1)  +  ^2  +  ^2  •  ^  +  ^2  •  ^ 
-  (3)  =  Z3  =  -  (1)  +  ^3  +  ^3  .  o:  +  C3  .y 


•J' 


und 


-  (g)  =  Z,=  -  (1)  +  ^,  +  ^,.  o:  +  C, 

£B.  {  £Ä+£B.  X  +£C.  y  ) 


£{BZ)=0=  [£{AB)'\-£{BB) .  x+£{Bq.y']  - 


43)< 


^(CZ)  =0=  [£:(AC)+£{BC).x+  £{CC).y'] 


£C .  {  £A-{-  £B,x+  ECy  } 


Diese  Gleichungen  haben  die  Form  von  Gleichung  29),  wenn  man 
sich  die  Glieder  mit  x,  sowie  die  mit  y  zusammengezogen  denkt.  Durch 
Analogie  erhält  man  daher  die  Quadrate  der  Präcisionen  in  der  Bestim- 
mung von  X  und  y  zu 


44') 


Geodäsie.    Von  Fbiedr.  Hob.  HELMERt.  103 


B^,  =  1  :  N .  {£{CC)  -  ^    (£Cy} 
E^,  =  1  :  N .  {üiBB}^  ^    i£By} 

{l:N)=U£iBB) -  ^-{£By)(£{CC) -i(^C)^)-(2-(ßC)-'?^7} ' 
if»  =  i  .JV.  {(£{BB)  +  IHCC) )  -  ^^{2B)^  +  (2:0^)}  . 

Die  Präcision  in  der  Beobachtung  der  Richtungen ,  für  alle  von  glei- 
cher Grösse ,  ist  dabei  zu  1  vorausgesetzt.  Ist  ihr  Werth  h ,  so  hat  man 
J?,*,  JSTy'  mit  h^  zu  multipliciren ,  M^  mit  Ä^  zu  dividircn. 

Wären  die  {q — 1) Winkel  (1,2),  (1,3),  ...  (1,  q)  einzeln  gemessen 
worden,  jede  Richtung  mit  der  Präcision  1,  also  die  Winkel  mit  der  Prä- 
cision y  —  ^   80  würden  H'^  und  M^  Werthe  annehmen,  die  aus  den  soeben 

aofgestellten  hervorgehen,  wenn  die  B^  mit  2  dividirt,  M^  mit  2  multipli- 
cirt  und  £B  =  0,  sowie  £C  =  0  gesetzt  werden.     Man  erhält  dafür: 

!HJ^  =  1  :  2iV .  £{CC) ;    ^/^  =  i  .  2A-.  Z{BB) 
(1  :  iO  =  £(BB)  .  £{00)  —  {£BC)^ 
i»f2  =  iV'.  i£{BB)  +  £{Cq)  . 

In  £B  und  £C  kommen  theils  positive,  tbeils  negative  Glieder  vor, 
am  80  mehr,  je  gleichmässiger  die  Hauptpunkte  vertheilt  sind.  Indess 
auch  ohne  diese  Voraussetzung  werden 

{£By  ^   {£C)^  ^^^^^  ^^^^^  ^^j  ^^^^ 

immer  klein  sein  und  daher  kann  man  ihre  Quadrate  näberungsweise  ver- 
nachlässigen. Geschieht  diess,  so  wird  mit  Hilfe  einer  leichten  Zwischen- 
rechnnng : 

ui^lj^2  L    .  M'^/i£B.£{Cq^£C.£{BC)^2      i£B.2:{BC)~-£C.£{BB))''\) 
2       '^    ^  q  V      £{BB)  +  £{CC)      >  "*"  1       £{BB)  +  £{CC)      » /' 

d.h.  es  hat  M^  einen  nur  wenig  grösseren  Werth  als   —  M"^. 

Dabei  beträgt  die  Anzahl  der  Einstellungen  für  3f  2(g— 1),  für  M 
nur  9,  woraus  man  erkennt,  dass  auch  auf  dem  Nebenpunkte  Richtungs- 
beobacbtungen  viel  vortheilhafter  sind,  als  Winkelbeobachtungen.  Es  wird 
Hieb  allerdings  zeigen,  dass  es  nicht  rathsam  ist,  die  Winkel  alle  von  einem 
Hauptpunkte  aus  zu  nehmen,  man  verbindet  besser  diametral  liegende 
Hauptpunkte.  Jedenfalls  ändert  im  Allgemeinen  dieser  Umstand  das  Re- 
sultat obiger  Vorgleichung  nicht  dahin  ab,  dass  Richtungsboobachtungen 
flieh  ungünstiger  als  Winkelbeobachtungen  herausstellen  würden  —  immer 
unter  der  Voraussetzung,  dass  die  Hauptpunkte  im  Umkreise  um.  dc^w'K^\^^\v- 


104     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 

pnnkt  nicht  sehr  ungleich  vertheilt  sind.  Der  Beweis  hierzu  kann  umsomehr 
wegbleiben,  weil  sich  andrerseits  auch  zeigen  wird,  dass  „reine  Kichtungs- 
beobachtungen **,  d.^h.  solche,  die  alle  sichtbaren  Punkte  in  Einen  Satz 
vereinigen,  nicht  räthlich  sind,  sondern  wenigstens  mit  Winkelbeobachtnn- 
gen  combinirt  werden  müssen,  sollen  die  Nebenpunkte  nach  allen  Rich- 
tungen gleiche  Präcision  R  erhalten.  Es  gilt  Dieses  ebenso  für  die  Beob- 
achtungen auf  den  Hauptpunkten,  wie  auf  den  Nebenpunkten. 

Man  kann  daher  sagen :  „Werden  gleichviele  Einstellungen  gemacht, 
um  Nebenpunkte  nach  der  ersten  oder  zweiten  Methode  zu  bestimmen ,  so 
ist  bei  gleicher  Beobachtungsweise  die  Ausgleichungsarbeit  ftir  beide  die- 
selbe. Für  beide  Methoden  sind  ferner  Richtungsbeobachtungen  etwa  gleich- 
viel günstiger,  als  Winkelbeobachtungen."    (Vergleiche  Abschnitt  39.). 

29. 

Die  wirklich  erreichte  Genauigkeit  kam  bei  diesen  Untersuchungen 
noch  nicht  in  Frage.  Die  theoretische  Vergleichung  beider  Methoden  soll 
nun  zeigen,  dass  im  Falle  von  Winkelbeobachtnngen  bei  gleicher  Mühe  die 
zweite  Methode  in  der  Regel  bessere  Resultate  als  die  erste  Methode  giebt, 
und  dass,  wie  schon  erwähnt,  reine  Richtungsbeobachtungen  im  Allge- 
meinen nicht  vorkommen  werden,  da  einzelne  Richtungen  ein  grösseres 
Gewicht  als  die  andern  erhalten  müssen,  soll  die  Triangulation  ein  gün- 
stiges Resultat  geben. 

Es  würde  dann  zu  folgern  sein,  dass  im  Allgemeinen  die  zweite 
Methode  die  günstigere  ist. 

30. 

Im  Anschluss  an  Fig.  7  seien  A  und  B  zwei  Hauptpunkte,  P  ein  Neben- 
punkt und  dabei  -^^  =  a,  ^^==j3,  -^P=g),  AB=2c,  JP==a, 
BP  =  b.  Die  Visur  von  A  nach  P  giebt  dann  für  die  rechtwinkligen  Coor- 
dinaten  x  und  y  von  P  die  Gleichung 

0  =  —  X  .  cos  a  +  (c  +  y)  sin  a  , 
wenn  der  Coordinatenanfang  Q  in  die  Mitte  von  AB  gelegt  wird  und  QB 
die  positive  Achse  der  x  wieder  in  dem  Sinne  ist,  dass  die  Coordinate  x 
von  P  senkrecht  zur  x- Achse  zu  nehmen  ist. 

Sind  (x)  und  (y)  scharfe  Näherun gswerthe,  (a:)  -j-  ^a:  =  ar,  {y)  +  Jy 
=  y,  so  wird  für  die  Verbesserungen  ^x  und  Jy  der  Näherungswerthe : 
45)  0  =  —  X  —  jdx  .  cos  et  •\'  Jy  ,  sin  a;    A  =  (x)  cos  a  —  (^c -^  (y))  sin  a. 

Der  absolute  Werth  k  ist  der  Abstand  des  Punktes  ((x),  (y))  von  der 
Visur  AP, 

Die  Gleichung  45)  hat  die  Form  der  Gleichung  27) ;  X  erscheint  daher 
als  Beobachtungsgrösse   mit  dem  mittlem  Fehler  +  ^  •  ®9   wenn  fo  den 


Geodäsie.    Von  Friedr.  Rob.  Helmert.  105 

mittlem  Fehler  in  a  bezeichnet.     Für  die  numerische  Rechnung  nimmt 

(x) 
man  das  zu  {x)  und  (y)  gehörige  (a)  aus  der  Gleichung  tan  (a)  =      \    /  \  > 

setzt  den  Beobachtungswerth  a  =  (a)  -|-  z/a  und  erhält  einfacher 

4G)  0=Ja-Jx.  ^  +  Jy  .  ^  ;  («)  =  {x)  sin  («)  +  (c  +  (y) )  co*  (a). 

Setzt  man  hierin  links  anstatt  Null  da  als  wahrscheinliohe  Verbesserung 
des  Beobachtungswerthes,  so  ist  es  üblich,  die  entstehende  Fehlergleichung 

noch  mit  der  Wurzel  des  Gewichtes  (proportional   —  j    zu   multipliciren. 

Geschieht  ein  Gleiches  für  die  zu  Gleichung  45)  gehörige  Fehlergleichung, 
m  nimmt  diese  selbstverständlich  dieselbe  Form  an  wie  jene. 

Wird  P  von  B  aus  visirt,  so  erhält  bei  gleicher  Anzahl  Einstellungen 
wie  vorher  das  entsprechende  l  die  mittlere  Abweichung  -h  &  .  o. 

31. 

Die  Winkelmessung  in  P,  (p  =  ^  APB,  giebt  für  diesen  Punkt  einen 
kreisförmigen  geometrischen  Ort  (Fig.  7.)  mit  dem  Mittelpunkte  M  und  der 
Gldchung 

y*+(a:  —  c,coiq>f — ( -: )  =0,  oder :  y^ -|- o;^ — 2cx.coiq> — r^=0. 

\stn  g>/ 

Zu  den  Nähcrungswerthen  (a:),  (y)  gehört  ein  genäherter  Werth  (g>) 

nach  der  Gleichung 

(a:)2  +  (y)2  _  ^2 
cot  M  =  ^-^^5 

und  man  erbält  damit  analog  den  Gleichungen  45)  und  46)  fUr  die  Ver- 
besterungen  //y,  Jx  und  J<p 
*l)0=[{yy-\-{xy-2c.{x)cotq>-c^]-\-2{y).Jy-\-2[{x)-c.col{q>)].Jx, 

c  {x)  *  c  {x) 

Bedeutet  (P)  die  genäherte  Lago  von  P,  so  ist  die  erste  Parenthese 


c 


in  Gleichung  47)  soviel  wie     (M  {P))'^  —  Rad,^ ,    Radius  = 

Ist  nun  X^  —  M  (P)  +  Rad., 

»l«o  der  Abstand  des  Punktes  {P)  von  dem  Kreise,  der  dem  Winkel  <p  ent- 
spricht, so  geht  Gleichung  47)  über  in 

49)  0  =  -  A  +  z/a:  .  (^-tjLl'^^fi?)  sin  (,p)  +  Jy  .  ^^^  sin  ig>)  , 

f.  O 

wie  immer  unter  Vernachlässigung  der  Glieder  J\    Für  diese  Gleichung 
kann  man  noch  setzen 

0  =  —  A  —  jdx  .  cos  y  -^  Jy  .  sin  y , 
um  anf  die  Form  27  zu  kommen,     y  ist  hierin  der  Neigungswinkel  der- 

Zeil«rhrifi  f.  Malhoniniik  u.  I'by«ik   X/l/,  2,  ^ 


106    Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 

jenigen  Kreistangente  TT  gegen  AB  (Fig.  7.) ,  welcher  der  Punkt  (P)  am 
nächsten  liegt. 

Zu  der  Beobachtungsgrösse  \  gehört  der  mittlere  Fehler 

wie  die  Differentiation  des  ersten  Klammerausdruckes  in  Gleichung  47)  lehrt. 

Die  Gleichungen  45)  bis  49)  lassen  sich  leicht  für  jedes  beliebige  Coor- 
dinatensystcm  transformiren  und  ebenso  die  Formeln  für  (a),  (go)  u.  s.  f.  za 
leichter  Berechnung  der  Coefficienten  von  Ax  und  Ay  umändern.  Dieses 
bedarf  hier  keiner  Ausführung  weiter  und  es  kann  daher  zur  Vergleichung 
der  Methoden  1.  und  2.  zurückgekehrt  werden. 

32. 

Die  mittlem  parallelen  Verschiebungen  der  den  Visu- 
ren  AV  von  A  und  B  aus,  sowie  der  Winkelmessung  in  P  ent- 
sprechenden substituirten  Geraden  haben  sich  ergeben  zu 

50)    m,  ==  +  rtoo ,     iwj  =  +  6ß) ,    m^  =  +  —  .  oj . 

Solange  daher  P  innerhalb  des  von  den  Punkten  A  und 
B  aus  als  Mittelpunkten  beschriebenen  krummli  nigen  Rhom- 
bus AC^C^B  (Fig.  7.)  liegt,  ist  m^ <^m^  und  auch  m3^<OT2^  Rückt 
P  der  Seite  AB  näher,  sodass  AP,  BP  und  TT  ziemlich  gleiche  Richtung  an- 
nehmen, so  wird  für  beide  Visuren  AP  und  BP  zusammengenommen  das 
mittlere  Fehlerquadrat 

dagegen  wird 

Daher  ist  in  diesem  Falle  sogar  m^"^  immer  grösser  als  m^^  und  zwar  ist 
der  Unterschied  beider  am  grössten  für  a  =  b^  wo  m,'*  =  2m^'^  wird. 

a  =  1 ,  b  =  3  giebt  m.^^  =  1,6.  tn^^  und  a  =  0  giebt  m3'^  =  m,^. 

Bedenkt  man  noch,  dass  m^'  aus  2  Winkelmessungen,  m^  aus  nur 
einer  solchen  hervorgegangen  ist ,  so  kann  man  sagen : 

„Weicht  der  Winkel  q>  mit  dem  Scheitel  P  nicht  sehr 
von  zwei  Rechten  ab,  so  ist  die  Winkelmessung  in  P  zwei- 
bis  viermal  so  günstig,  als  eine  Winkelmessung  in -i  oder  i?." 
Und  hieraus  folgt  weiter  : 

„Liegt  ein  Nebenpunkt  in  der  Nähe  des  Diagonalen- 
durchschnitts eines  von  Hauptpunkten  A,B^  ...  gebildeten 
Vierecks,  so  bestimmt  er  sich  'bei  gleicher  Mühe'  etwa  drei- 
bjs    vjprmnl  so  gennn    durch  Winkclmessung   in  P  als   durch 


Geodäsie.    Von  Fbiedr.  Ron.  IIelmert.  107 


-•S.»  «.^  wN/« 


solche   von   den  Uanptpnnkten  {A,B,...)  aus,   wenn   man   nur 
gegenüberliegende  Hauptpunkte  zusammen  verbindet." 

In  den  meisten  praktisch  vorkommenden  Fällen  ist  es  wohl  möglich, 
mehr  als  drei  Hauptpunkte  im  Umkreise  um  P  herum  zu  sehen ;  liegt  aber 
P  überhaupt  im  Innern  eines  Viereckes  (Polygon es),  so  lassen  sich 
immer  4  (n Winkel)  an  P  so  auswählen  und  messen,  dass  ihre  substituirten 
Geraden  TT  den  Punkt  P  ebenso  gut  bestimmen,  als  n  Visuren  von  den  Ecken 
aus.  Beobachtet  man  aber  nur  die  vortheilhaftesten  Winkel  (also  namentlich 
solche  zwischen  gegenüberliegenden  Hauptpunkten),  so  ist  im  Allgemeinen 
—  für  gleiche  Mühe  —  sogar  die  Genauigkeit  eine  zwei-  bis  vierfache  von 
derjenigen,  welche  durch  Eckvisuren  erreicht  werden  kann. 

Bewegt  sich  P  in  eine  Polygonseite,  d.  h.  kommen  die  Haupt- 
punkte scheinbar  im  Halbkreise  um  P  herum  zu  liegen,  so  nimmt  die  Güte 
der  Bestimmung  nach  der  zweiten  Methode  ab;  doch  erst,  wenn  Paus  d  cMn 
Polygone  heraustritt,  kann  sie  unter  diejenige  der  ersten  Methode 
herabsinken  und.  die  Methode  selbst  unbrauchbar  werden.  Dieser  Aus- 
Dahmefall  tritt  gewiss  nicht  ein,  wenn —  wie  in  Fig.  8.  —  P  von  den  Ecken 
F,  und  ffni  deren  Distanz  //",  ff,,  von  P  aus  unter  dem  grössten  Gesicltts- 
winkel  erscheint,  mindestens  ebenso  weit  entfernt  ist,  als  von  den  andern 
Ecken  //j,  .  .  //ir— i  und  gleichzeitig  deren  Abstände  von  P  sehr  ver- 
schieden sind. 

Befindet  sich  P  in  sehr  grosser  Entfernung  vom  Polygone, 
so  sind  zwar  alle  Geraden  TT,  durch  Winkclmessung  in  P  bestimmt,  viel 
ungenauer,  als  die  Anschnitte  von  den  Ecken  aus,  aber  während  diese 
nahezn  dieselbe  Richtung  haben,  schneiden  sich  die  TT  im  AUgemeliien 
unter  günstigen  Winkeln.  Daher  kommt  hier  die  zweite  Methode  in 
Vortbeil. 

Vorstehende  Sätze,  nicht  gut  anders  als  durch  Induction  zu  beweisen, 
hier  völlig  zu  begründen,  kann  nicht  meine  Aufgabe  sein.  Ich  werde  nur 
einige  Beispiele ,  wo  drei  Hauptpunkte  disponibel  sind,  specieller  diirch- 
whmen.  Es  ist  dieses  gerade  derjenige  Fall,  wo  die  zweite  Methode  am 
'"zuverlässigsten  wird;  doch  tritt  er  in  der  Praxis  nur  äusserst  selten  ein. 
(So  bat  Herr  Professor  Nagel  unter  einem  Complex  von  etwa  40  Ncben- 
ponkten  bei  Zwickau  —  vergl.  die  Einleitung  —  nur  einen  einzigen  der- 
selben auf  nur  drei  Hauptpunkte  stützen  können;  sonst  waren  immer  min- 
destens vier  Hauptpunkte  zu  sehen.) 

33. 

Da  einer  guten  Triangulation  der  Nebenpunkte  immer  eine  Aufnahme 
derselben  im  Kleinen  vorauszugehen  hat,  und  man  somit  die  Lage  der 
Nebenpunkte  gegen  die  sichtbaren  Hauptpunkte  kennt,  kann  der  Fall, 
schliesslich  für  irgend  einen  der  ersteren  eine  unge.nügeT\(V<>  \SosV\\w\w\\w^ 


lT 


108     Studien  über  rationelle  VermesBungen  im  Gebiete  der  höhern 


durchgeführt  zu  haben,  nicht  eintreten.  Schon  vor  Beginn  der  Mes- 
sungen wird  man  zu  überlegen  haben,  welche  Winkel  für  jeden 
Nebenpunkt  zu  messen  sind,  damit  nach  der  Ausgleichung  die 
Präcisionen  H  für  alle  beliebigen  Kichtungen  durch  einen  Punkt 
möglichst  gleich  werden,  damit  aber  auch  der  mittlere  Fehler  M, 
welcher  die  gegen  die  Hauptpunkte  relative  Gesammtgenauigkeit  be- 
zeichnet, für  alle  Nebenpunkte  die  gleiche  Grösse  erhält. 

Diese  Ueberlegnng  macht  nicht  sehr  viele  Mühe ,  da  die  strenge  Er- 
füllung der  soeben  gestellten  Forderungen  nicht  nöthig  ist.  In  Abschnitt  23. 
ist  auch  gezeigt  worden,  welche  Regeln  man  bei  der  Wahl  der  Schnitte 
selbst,  sowie  ihrer  Präcisionen  h  zu  befolgen  hat,  um  die  Forderungen  zu 
erfüllen.  Durch  Uebung  gelangt  man  bald  dazu,  in  jedem  Falle  sofort  aus 
der  Anschauung  der  Figur  die  besten  Schnitte  zu  erkennen  und  alsdann 
führt  eine  leichte  Rechnung,  unterstützt  durch  Constructionen ,  schnell  zu 
den  günstigsten  Präcisionen  derselben. 

Soll  nun  RP  für  alle  Neben  punkte  einen  constanten  Werth  {M^)  er- 
halten ,  und  entspricht  den  so  gefundenen  Präcisionen  h  vorerst  ein  Werth  • 
M^,  so  hat  man  alsdann  diese  h  noch  im  Verhältniss  (M) :  M  zu  verändern, 
indem  die  Relation  besteht 

M-,  {M)  =  (Ä):Ä. 

Mittelst  der  (ä)  berechnet  sich  die  Anzahl  der  Winkelmessungen.  Für 
einen  Schnitt  von  einem  Hauptpunkte  aus,  z.  B.  für  AP  (Fig.  7.)  fand  sich 
niy^  =  a^ .  (0*,  wo  (0  der  mittlere  Fehler  der  Winkelmessung  —  man  nehme 
jetzt  an:  Einer  Winkelmessung  —  ist. 

Durch  /i,  malige  Messung  geht  iw,'^  über  in 


m^  =  cP" 


1 


G)2 


"l 


und  sofern  (Ä|)^=;^ — s  ist,    wird 

2m,  "* 

w,  =  2(Ä,)^a2G)2. 

In  gleicher  Weise  ist  für  die  Winkelmessung  in  P 

9      /a&\'^      9  1    •    .        T        »c  1       A'^^   ®^     ^^1   w^maliger 

^^^12^;  •  ""   ^^'  einmaliger  Messung,    m^^  =  y-\  .  ^  Messung? 

daher 


«3 = 2(A3)^  ö^y..»^- 


Werden  auch  Richtungsbeobachtnngen  gemacht,  so  complicirt 
sich  wenigstens  für  die  zweite  Methode  die  Schätzung  der  (Ä)  etwas.  Man 
verfährt  bei  derselben  etwa  so:  Mit  Hilfe  der  Formeln  in  Abschnitt  28.2''*) 
berechnet  man  zuerst  //  für  drei  verschiedene  Richtungen  unter  Annahme 
reiner  Richtungsbeobachtungen.     Hierzu  nimmt  man  noch  solche  Winkel- 


*)  Mnn  vcrgl.  aiicli  Abschn,  ;i9.  Anmerkung. 


Geodäsie.     Von  Friedr.  Ron.  Helmert.  109 


y   ^  ^  r    ■ 


beobachtnngen,  dass  dadurch  alle  ^  gleich  werden,  oder  dieses  doch  möglichst 
erreicht  wird.  Das  Verfahren  hierbei  ist  genau  wie  oben,  wo  nur  Winkcl- 
messungen  vorausgesetzt  wurden,  wenn  man  nämlich  mit  Hilfe  der  drei 
berechneten  H  die  Lage  der  Ellipse  um  P,  welche  ihren  wahrscheinlichen 
Fehlem  entspricht,  ermittelt.  Nach  Abschnitt  13.  ist  es  alsdann  erlaubt, 
för  die  Richtungsbeobachtungen  zwei  Gerade  zu  snbstitniren ,  die  in  die 
Etlipsenachsen  fallen  und  deren  wahrscheinliche  parallele  Verschiebungen 
der  halben  Länge  dieser  Achsen  gleich  sind. 


34. 

In  Verfolgung  der  zu  Ende  von  Abschnitt  23.  gemachten  Bemerkung 
mögen  nun  noch  die  Bedingungen  für  M^  ^  Min.  ,,bei  gleicher  Muhe  der 
Winkelmessung''  aufgesucht  werden.  Ist  p  ein  von  h  und  n  unabhängiger 
CoefHcient,  so  existirt  zwischen  h  und  /i,  der  Anzahl  der  Messungen,  die 

Beziehung  ä„^  ^  ~y  •     ^®^  mittlere  Fehler  co  der  einzelnen  Messung  ist 

Pa 

(Ubei  als  constant  angenommen.     Hiermit  reducirt  sich  die  gestellte  Auf- 
gabe auf  diejenige, 

AP  =^  —J-, Tn  =  ^'''-  ZU  machen,  bei  £ri  =  Zh^p'=Consl. 

Eine  ähnliche  Rechnung  wie  in  Abschnitt  23.  giebt  ^Bedingungen  von 
der  Form 

K.p?=^  SiK^hß-'sin^  {ya-7ß)']  -  ^(A')  •  -^CA,.'  siv?  (y,-y„)], 
wenn  q  die  Anzahl  der  Geraden  und  K  eine  zu  bestimmende  Grösse  ist. 

Nennt  man  nun  Hi  die  Präcision  an  der  Stelle  von  A«  nach  der  Aus- 
gleichung und  hat  N  die  frühere  Bedeutung,  so  lässt  sich  auch  sagen:  „Es 

müssen  für  ein  Min.  im  obigen  Sinne  die  Werthe  K  .  N  ^  --AI—    „.,  \ 

Pi^  l         Bi*  ) 

für  alle  f  gleich  werden."     Da  nun   die  pi  im  Allgemeinen  nicht  gleich 

«nd,  80  werden  es  auch  die  ///  nicht,  und  es  ist  dieses  Grund  genug,  von 

Jer  Erreichung  eines  solchen  MJn.  abzusehen. 


35. 

Wird  in  einem  Dreieck  ABC,  Fig.  0.,  der  Punkt  P  nach  der  ersten 
Methode  bestimmt,  so  sind  die  Quadrate  der  Präcisionon  bei  P  für  die  drei 
Eckvisuren : 

für^P.V  =  o   ^f  ,>    für/?/>.Ä.,^=  .  "r    .,,    fürr:/>.V=      -^-.^, 

wenn  w,,  w.^,  n^  die  Anzahl  der  Messungen  der  Winkel  in  -P,  a,  n.y  n.^  rcsp. 
gleich  AP,  BP  und  CP  sind,  endlich  «  den  mittlem  Fehler  einer  einzigen 
Winkelmessung  darstellt. 


110     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 

Die  Zwiscbenwinkel  sind  für 
(1  .  2)  =  <P3  =  ^  APB,  (1  .  3)  =  9)2  =  ^  ^0\  (2  .3)  =  g>i  =  ^BPC. 
Daher  ist 

Nach  der  Ausgleichung  treten  an  die  Stelle  der  Äj  Äj  h.^  die  Wertho 
Ä,-'  =  2«»  :  iV,  .  (^  sin^  v,  +  %  «»'  9,  ) 


r-i) 


52) 


Beiläufig   sei  bemerkt:   Die  JI  werden  unter  Annahme  von  «,  =  n.^ 
=  W3  in  demjenigen  Punkte  gleich,  für  welchen  ist  (Fig.  10.) 

~"2       1         TT     —       ^  2      ~r       Tl~  —       IT       i        I^     »    d.  n. 


fi'2^  «3^  «i*'^  «3^  «1^  «2'^ 


(/>/?")-^  ^  (/YT)--'        {PCy    '    (P^')2       (/>^')  2  ^  (PiT)«  ' 

wenn  Ä Aä"  parallel  B^'PC  und  senkrecht  .4P  ist,  ebenso  B^BB"  parallel 
ÄPC  und  senkrecht  BP^  sowie  C  CC  parallel  B'  PÄ'  und  senkrecht 
CP  sind. 

Die  Messung  der  Winkel  q>  va  P  (2.  Methode)  giebt  zur  Bestimmung 
von  P.,  kreisförmige  geometriscbe  Oerter,  für  welcbe  die  Goraden  I.,  IL, 
III.  (Fig.  9.)  substituirt  werden  können.  Die  Pracisionen  derselben 
sind  resp. 

~~  «•>'«3'  * «' '      ""  «1'  «3' '  «^ '  •*  ""  «r'«2' '  «^  ' 

ferner  hat  man  für  ihre  Zwischenwinkel  zu  setzen  (ohne  Rücksicht  auf  den 

Quadranten) 

(I .  II)  =  cf.^  +'j3i  =  <3P:j  —  C,  I  worin  ^,  ^,  C  die  drei  Dreieckswin- 
(I .  III)  =  «I  +  1^3  =  <P2  —  ^ *  \  ^^'^  bezeichnen  und  die  a  und  /5  die- 
(II. III)  =  «^3  +  /32  =  9|  —  ^.  J  selbe  Bedeutung  wie  in  Fig.  9.  haben. 

Damit  ergiebt  sich  weiter  für  die  Prilcisionen  H  und  den  mittlem  Feh- 
ler M  nach  der  Ausgleichung  : 

iV 

^^^2^  =  (.-—-nyi    '    ("«^  ^1^  ''1'  +  ""2^  ^2^  <  +  «3-  ^3^  ^»3') 
\^  .  «1  «2  ö.,; 

2 


+  '\,  '■'.  sin^  (<p,  -  Ä))  . 


ijreoaasie.     von  j^riedr.  hob.  helmebt.  Jii 


Hp=l\ 2L2 .  (öi^^i'«i' sin^{q)2  — B)  +  a^c.^n^sin^ (9), — -i))  ,    wobei 

Z2  =  iVj  :  (co  .  ttj  «2^3)^  iöt*). 


36. 
Du  gleiohfleitige  Dreieck. 

1)  Im  Mittelpunkt  desselben  ist 

4 

«1^  =  «2^  =  «^2  =  _  C2  ;       9>3  =  ^j  =  gP,  =  120^ 

Indem  man  nun  alle  n  einander  gleich  nimmt,  werden 
wobei  -T«  =  3w  ist.     Ferner  werden   für  alle  Riebtun  gen   die  H  gleich, 


*)  Diese  Formeln  gestHtten  indess  noch  eine  weitere  Zusammenziehung.    Mit 
Hilfe  der  Figur  sieht  man  nämlich  ein,  dass 

im  (ip,  —  f/)  =  -— —  «n  («2  -f-  Pi)  ==  — —     — 

=  sin  (pi  («1  —  ^3  CO*  <jp2^  "f"  *'*'''  92  (^t  —  ^3  ^f>^  9i) 
=  ff|  «>i  ipi  +  flj  sin  q>2  +  «3  «iw  (p^  =  2  (a  sin  q>) , 

Daher  ist 
(0  «n*  (<p,  -C)  =  (^^y  «n»  (qp,  -  Ä)  =  f '^')'  «V  (<p,  -  ^)  =  A  £'(«,<«  9) 
nnd  hiermit  werden 

53  J  iVj  =  —^-    gf^     X      •  (»1  "«  +  »1  "3  -+-  Wj  »3  ) , 

(a).W,ff2''3)  "2 +«3 

54t) }  ff^'t  =  8c,» :  Z,,  fl,»  «3» .  2:«  (fl «H  <p) .  («i'+  n/)  =  --  .  -?'^ , 

//j'*  =  8C3* :  /»2  ^i*'  ^2*-  -^  (" *'«  V)'  ("1  +  "2  .)  =  "^  •  ~T-r  ^  >  • 

Die  //  werden  unter  Annahme  gleicher  Beobachtuiigszahlen  n  in  demjenigen 

Punkte  alle  gleich,  wo      fl,c,  =  «z,^,  =  ^s^'s  o^er      «,  :  «^  :  ^/g  =    -   :  —   :  —   , 

^'1       ^t       <*» 
so  dass  sich  nach  den  Proportionen 

tf ,  :  <7,  =  cj  ;  c, ,  flj  :  ^3  =  ^3  :  ^1  >  ^i  •  ^'3  =  '"3 '  'i 
die  Lage  des  Punktes  leicht  ermitteln  lUsst.  Halbirt  mau  nämlich  im  Dreieck  yl/tC 
jeden  der  3  Winkel,  so  theilon  die  Ilalbirungsliuicn  derselben  die  Seiten  in  dem- 
selben Verhältnisse,  In  welchem  die  Längen  der  resp.  anliegenden  Seiten  stehen. 
Durch  je  einen  Theilpunkt  und  die  der  betreffenden  Seite  gegenüberliegende  Eelte 
bisst  sich  nun  ein  Kreis  legen,  dessen  Mittelpunkt  auf  dieser  Seite  liegt.  Der 
gemeinschaftliche  Durchschnitt  der  drei  Kreise  ist  sodann  der  gesuchte  Punkt  (in 
Fig.  14.  15.  und  17.  mit  /^p  bezeichnet). 


112     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 
Weiter  hat  man 

Ebenso  wie  alle  Ä  werden  auch  sämmtliche  ff  gleich ,   H"^  =  1  :  M^. 
2)  In  der  Mitte  einer  Seite,  etwa  BC^  ist 

g>,  =180«,  gP2=(p3=90" 

g),  —  C  =  9>2  —  P  =  30^;  g),   —  ^  =  120®. 

Auch  sieht  man,  dass  n^  =  /iß,  1X2  =  n^  zu  nehmen  sind.     Damit  wird: 


«i+K    V.    V  _6«>'<^\   ^2 ^"1 


n. 


*'   ~    120)» c*  •^"      '~«i»j  '      '        61a» c»'      *  '        eo'c» 

^*   ~       3««c-^  =>'      ^  ~  (2<  +  «/)  «2' '         '     ""«;-".  iVj' 

ff  '2  ff  '2  ^"^  ''^ 

^2    -'«»    -(„,'+„;)AV 

Nimmt  man  noch  /i,  =  n^  =  n.^  ;     w,'  =  n.^'  =  ri/,     ^w  ==  £n\    so 

wird  abgekürzt 

„  o        -  ^  K      G)^  c^      ,^0        r  ^     fi*^  <^^      die  B  sind  dabei  wie  auch  die  ff 
*  2rn   '      '  ^w         sehr  ungleich. 


Damit  iKfj^  so  kloin  wie  für  den  Mittelpunkt  des  Dreiecks  werde,  hat 
man  etwa  doppelt  soviel  zu  messen,  wie  dort;  für  ^fj^  würde  man  etwa 
dreimal  soviel  Messungen  zu  machen  haben. 

Nimmt  man  n^  =  Gwj  =  6^3,  so  werden  alle  iST  gleich,  nämlich: 

2         1         8c»*^  c^       also  M^^  bei  gleicher  Mühe  etwas  klci- 
"^  *         ^-  £n  ner  wie  vorher. 

Möglichste  Gleichheit  der  ff  erreicht  man  durch  Annahme  von  W|'  =  0 ; 
nämlich  : 

^1  ^  =  — r^  ;    H2    =  ^:\    =  —r-^  »  ^2  =  -^^ — -i  >     temer  wird 

4c^  CO' 
2^«'  =  27i/:     also  M,.^  =  — -r-r-    d.  i.  nur  halb  so  gross,  wie  ifcf,^. 

„  Die  zweite  Methode  ist  also  für  Punkte  in  der  Mitte  der  Seiten  gün- 

^2 
stiger  als  die  erste,   M^^  =  -^  .     Macht  man  die  ff  resp.  ff'  möglichst 

gleich,  so  erlangt  man  die  gleiche  Genauigkeit  mit  weniger  Mühe,  als  wenn 
ohne  Rücksicht  darauf  alle  n  einfach  gleich  genommen  werden/' 

3)  Rückt  P  einer  Ecke,  etwa  A,  in  einer  Seite,  etwa  AB^ 
immer  näher,  so  ist  es  erlaubt,  bei  kleinen  a^  näherungsweise  zu 
setzen :  (Fig.  11.) 

a2  =  Ö3  =  2c;  9i  =  60",  (p2  =  120^,  9,3  =  130"; 

Q  2 

9>3— C=120ö;  9)2—5  =  60«;  (Pi  —  A  wird  sehr  klein,  sin^=  ~^.%. 

lo    c 


Geodäsie.    Von  Friedr.  Rob.  Helmert.  113 

Die  Werthe  g7| ,  9>2>  V2  —  ^  ^^^^  zwar  wenig  anders  als  hier  angegeben, 
»her  da  keiner  der  Sinns  dieser  Winkel  der  Nnll  nahe  ist,  verschwindet 
der  Einfiuss  der  kleinen  Aenderungen. 
Es  wird  damit 

_2       .         ^2  ^<"'  C'  rr2  32o«C««,« 

^1*  oder  iTj«  =   ^^  ^    ;     iTg«  =  _-,--- '- 


3n^N^  .     .  3(4«! c«  +  n^a^^)  Ni  ' 

Gleichheit  aller  B  ist  nicht  möglich,   da  alle  drei  Visnren  in  einem 

spitzen  Winkelranm  -liegen ;   sie  wird  möglichst  erreicht  mit  Wj  =  0  und 

4c«  ' 

«3  a=  iii  .  — 2"  1    ^^  giebt 


«I 


32(0«  c«     ..         256(0^  c^      „ ..        32©«  c« 


V  oder  JI,^  =  ^3«  =  -^~  ^    ,  iV^  =  — ---  ;   7»/^«  ==  -— —  oder,  da 


Sn^Ni  '      '  3«3W3    '       *  3^3 

4c«    ,    .        ,  „  ,    ..  o       32c»«  c« 


£n  =  Wj  +  Hj  .  — 5    d.  i.  nahezu  £n  =  «3,  auch  Afi«  = 


«,* - S2n 


Bei  Gleichheit    aller    n    nj  =  Wj  =  w^    ist  dagegen   Mi    = 


160)«  c« 


mit  Vernachlässigung  der  kleinen  Glieder. 

Es  ist  sonach  rftthlich,  die  n  wie  vorher  zu  nehmen;  gegen  die  Lage 
von  P  im  Dreiecksmittelpunkt  hat  man  sodann  immer  noch  doppelte  Arbeit, 
um  ein  gleich  grosses  M  zu 'erhalten. 

Weiter  findet  sich  (Fig.  11.) 

4©«  > 

^2*=^2  («i^c««i'+  4c^(«2'  +  ;j3'));    X.^  =  — ^:  {ni'th+nin.^'+n^'n.{) 

H{^  =  1 :  6X0  c*  («/  +  ;i;) ;  ^2'«  =  1 :  A  Z^  c«  a,«  (;i/  +  <) 

3 
und    ir3'«=l:y  Z2C«al«(/ll'  +  «2')• 
Gleichheit  der  Jt  ist  nicht  erreichbar  *)  ;  möglichst  angestrebt  wird  sie 

gß2 a  2 

durch  Annahme  von    «2'  =^  ''s'  ^^^  Wj'  =  W2'  • j" "'  »     womit   i&  w 

Dahezu  =.n/  und 


«1 


Ä#2_±      ©«  «t^  _  32©«  c« 
^«  ~T  *      <     ""     3ign      • 

32  ©«  c« 
Dagegen  wird  bei  n/  =  Wj'  =  '*/    ^2  =="  ~~~ot~     ^'  ^'  ^^  ^^^  ^^^' 

her,  nur  sind  die  H'  noch  verschiedener  als  vorher,  da  nicht  einmal  /// 
und  H2  (oder  H^')  gleich  werden. 

Auch  für  die  jetzt  behandelte  Lage  vonP  ist  somit  itf,«  ^  i^fj'- 


*)  Da  die  Rechnung^  nnr  nühorun^s weise  richtig  ist,  kann  es  nicht  befremden, 
düffl  trotz  Gleichheit  dreier  H'  doch  nicht  dieselbe  aller  beliebigen  ^'stattfindet: 
fff  und  ff^'  sind  Präcisionen  für  nahezu  dieselbe  Richtung. 


114     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 


4)  Rückt  P  der  Ecke  Ä  auf  der  Wiukelhalbirungsliiiie 
näher,  und  wird  daher  a^  wieder  sehr  klein,  so  gilt  folgende  Näherungs- 
rechnung: (Fig.  12.) 

9>3  —  C=  90^  =9^2  —  ^5    9^1  —  ^  ^^^^  kloin,  sin^  =   . -.y  . 
Für  w^  ==  '^3  gehen  über  M^^  N^  u.  s.  w.  in 


4;,  c2  + 2n-/i,2       ,^      „        256  c»fi,2w2 


H,^  = 


lew^c 


16co«rt,'^c2 

2 


-.•^,;  J»^i  = 


«2  HWjC^-f-SWj«!"' 


'»2^1 


•    7/2 ^2 

»    -"2    "3    


32a,2  c2  G,2 


^         "^        (4c2wi  +  3w2ä,2)ivr,   * 

Mögliclist  gleiche  H  giebt  «,  =  0  und  wird  dabei,  weil  2n  =  «2"f"  ":<' 
64cö2c2 


1/2 

^^»  32:n 


Dagegen  ist  für  «| 


«2  =  «3     Zn  ==  3/1 


24a)' c^ 
und  mit  Vernachlässigung  kleiner  Glieder  M^  =  — ^-   ,  also  wenig  anders. 


Weiter  findet  sich  bei  n.^  =  n^ 
M^  =  Xj  {a^c^n{  +  8c* Wj');  L^  =  (o^  i  c^  (2w/  +  ^2)^2 -> 

gß2 ^  2 

Gleichheit  aller  ^  verlangt  Wj  ==  «2'. 2""""  »  womit  nahei?n  =  w, 


und    üifo'  = 


Dagegen  ist  bei  w,  =  n.^  =  w.^       il/j'  = 


8ai'  c^ 
2:n 


~2n 


,    d.  i.  nicht  ungün- 


stiger als  vorher;  nur  sind  hier  die  H  sehr  ungleich. 

Stellt  man  zusammen ,  was  in  1)  bis  4)  gefunden  wurde ,  so  hat  man : 

w'  c^ 
„Bei  gleicher  Mühe  (£n=  ConsL)  werden  die  Coefficienten  von  — — , 

^^  fi 

entsprechend  den  TV,'  und  M2^: 


3/,« 

w 

^/,' 

.V,« 

bei  G 
lieit  a 

5,3 

leich- 
ller  w 

• 

JAlle^gleich. 
tAlle^gleich. 

bei  u 
chei 

nglei- 
n  n 

1)  Dreiecksmitte 

1,8 

5,3 

1,8 

JAlleÄ  und  alle//' 
\    gleich. 

2)  Seitenmitte 

10,5 

5,0 

8. 

4. 

J  Gleiche  //;    mög- 
\     liehst  gleiche/^. 

3)  In  der  Seite  nahe 

der  Ecke 

4)  Nahe  der  Ecke  in 

der  Winkelhal- 

16. 
24. 

10,7 

1 
8. 

Ungleiche  Z^; 

> 
Ungleiche//'. 

10,7 
21,3 

10,7 

8. 

jMöglichst  gleiche 
\     H;  ebenso  B', 

JMögl.  gleiche  ff; 
\ gleiche  ff*. 

birungslinio. 

1 

Geodäsie.    Von  Fiuedr.  Rob.  Hklmkrt.  115 


•~  • -v-.".^ --.^-^ 


Diese  Tabelle  zeigt  1)  den  besondem  Vortheil,  den  die  zweite  Methode 
innerhalb  des  Dreiecks  gewährt,  2)  wie  ansserordentlich  verschiedene  M 
man  durch  gleiche  Mühe  bei  verschiedenen  Punktlagen  erhält. 

5)  Liegt  P  ausserhalb  des  Dreiecks  im  rückwärtsverlängerten  Winkel- 
raum (etwa  ftir  '^BAC)^  so  gelten  bei  grösserer  Nähe  an  A  die  Verhältnisse 
wie  unter  3)  und  4). 

Geht  man  in  grössere  Entfernung  von  Ay  so  werden  M^  und  M^ 
Dach  und  nach  immer  mehr  einander  gleich ;  während  sich  nun  bei  An- 
Wendung  der  zweitep  Methode  alle  H*  gleich  machon  lassen  ^  ist  dieses  für 
die  H  nach  der  ersten  Methode  ganz  unmöglich. 

Wird  die  Entfernung  AP  =  e  sehr  gross,  so  entstehen  Schnittfiguren, 
wie  für  P^  in  Fig.  11.  und  12. 

Eine  leichte  Rechnung  giebt  näherungsweise  unter  Annahme  eines 

sehr  grossen  e 

4co  .  c 
M^=  ö~tr>   »  wenn  i?w  =  /j| -j-w^  +  Wa»  «i==W2^^^''3  =  2''i» 

zu  Fig.  11. 

M^  =  -  2  *    /,    wenn^w=/i| -J-/I2  +  W3,  ni=fi2=n.^  auge- 
c  .  ^n 

nommen  werden. 

Ferner  ist 


zu  Fig.  12. 


«^ .  e* 


M^  =  nr^" »  -^'^  =  '»i  +  ^»2  +  «3>  «i'=  ^2  =  H  gesetzt. 

Während  die  Gleichheit  der'iüf  für  beide  Methoden  für  grosse  Entfer- 
nungen des  Punktes  P  vom  Dreieck  hiermit  bewiesen  ist,  zeigt  die  Figur 
anmittelbar,  dass  die  erste  Methode  sehr  ungleiche,  die  zweite  Methode  aber 
gleiche  H  ergiebt. 

6)  Liegt  P  im  offenen  Winkelraum  BAC^  Fig.  13.,  so  ist  die 
zweite  Methode  unbrauchbar  und  nur  bei  grösserer  Entfernung  des  Punktes 
vom  Dreiecke  kann  sie  der  ersten  Methode  gleichgestellt  werden.  Für 
sehr  grosse  Entfernungen  erhält  man  Resultate,  wie  soeben  unter  5)  ge- 
funden wurden.  Am  ungünstigsten  sind  die  Lagen  P^  in  der  Winkelbal- 
birungslinic.  Je  seitlicher  bei  gleichem  Abstände  von  CB  P,  rückt,  um 
so  besser  bestimmt  es  sich  nach  der  zweiten  Methode. 

Für  7^2»  wo  Dröieck  ABC  congruent  Dreieck  P^BC  ist,  hat  man 

flj2=fl32  =  4c^;  «^2=l2c2,92  =  9':{  =  •'^Ö^  9^1  =  300";  (p.^—C=(p.^—B  =  30'' 

9>i— ^=24o^ 

_  16co^_f  K  +_63_)  ^^^       _         ^^^  _ 
'  2;ii;i2  +  9«2W2  2  31  1  T       2» 

.^        16a)2c^(3M,'  +  2w2')  ,  ,  '  I  o    ' 

M./=      rt    '     '  I       '     /      bei«.,  ^«.5  ;  2;«  = /i.  +  2w., . 

2/ii   «2  +  «2  ''2  .  .^  '  II. 


116     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  höhern 


■••^».^s-^  ^w.j 


Möglichste  Gleichheit  der  Präcisionen  H  rcsp.  H'  vorlangt  w,  ==  (>, 
n,'=0.   In  jedem  Falle  aber  ist  bei  gleicher  Mühe  M^  etwa  3  .  i>f,^. 

Damit  ist  erwiesen,  dass  Lagen  P  ausserhalb  des  Dreiecks  sich  im 
Allgemeinen  nach  der  ersten  Methode  bssser  als  nach  der  zweiten  Methode 
bestimmen.  In  der  Praxis  kommen  indess  solche  Lagen  kaum  vor,  da  von 
einem  Punkt  ausserhalb  des  Dreiecks  ABC  and  ere  nahe  Hauptpunkte  i>,  E^ 
F  etc.  sichtbar  werden. 

37. 

• 

Was  im  Vorhergehenden  für  das  gleichseitige  Dreieck  gefunden  wurde, 
gilt  auch  für  das  ungleichseitige,  so  lange  dieses  nicht  sehr  spitze  oder 
stumpfe  Winkel  enthält.  Der  günstige  Kaum  für  die  zweite  Methode  ver- 
schiebt sich  dann,  wie  es  die  schfaffirteu  Flächen  in  Fig.  14.  und  15.  un- 
gefähr andeuten.  Sehr  stumpfe  Dreiecke  sind  am  ungünstigsten;  daher 
möge  der  Fall  dreier  Punkte  in  einer  Geraden  (Fig.  16.  und  17.) 
bei  Gleichheit  der  Längen  BA  und  AC  =  2c  besondere  Beachtung  finden. 
Im  Anscliluss  an  Fig.  16.  hat  man : 

I.Lage  von  Pin />.  «2^  =  0.^2^80^;    aj2  =  4c2;     nj  =  w^ 

Cj    =  4c  ;  C2  =  C3  ==  c  ;     «2  =  W3 
(P:^  =  (P'i — C=q).y  =  (p2 — ^=45®;  (Pi  =  g>\ — -^  =  00". 

.      «  2  _  Iß»' '''  («.  +  «2)  „„,,   „  2  _  16»V(«,:+  «,') 

2;*,  «2 +  ''2 ^2  2Wj  «2  +''2  ''2 

Beide  Werthe  werden  gleich  für  n,  =  w/,  «2  =  ^2*  ^h  ^"^  ".{'• 

Gleichheit  der  H  resp.  H'  verlangt  n^  =  0  =  w,',  «o  ^=  '':» 5  "2'  "^^  '':t' » 
damit  wird 

11  00 

M.^  =  M^^  =  TFi  =  T.h  =  32  .  "^  ,   2n  =  2;i  =  2n\ 

Bei  Gleicheit  aller  n  =  n  ist  der  Betrag  für  M^'  und  ^^2^  derselbe. 

2.  Lage  /*  in  i>, ,  wo  />|  sehr  nahe  an  A  in  der  Linie  DA  liegt.  Man 
erhält  näherungsweise : 

öj  sehr  klein,  «2*^  =  ^3^  =  ^^^5    ^^2  ^^  '*3>    ^h  ^^  ''/ 

9^3  =  9^3  —  ^  =  9^2  =  ^^o  —  ^  =  90";      5IW2  gpj    =  51^2  (gp^  _  ^)  =      l 

•  *  ■ 

w,  =  w^  =  /I3;  W|'=  ^2==  W3'  geben  (mit  Vernachlässigung  kleiner  Glieder) 

6g)2c2  ,        20)2  c^ 


Die  Präcisionen  sind  aber  dabei  sehr  ungleich  nach  verschiedenen 
Richtungen.  Die  //  und  resp.  die  H'  werden  gleich,  wie  auch  der  Anblick 
der  Figur  lehrt,  für 


Geodäsie.     Von  FuiEDR.  RoB.  Helmert.  117 


B^'^^.r"       -      r      ^      -       •        ■'^  ^^•^f-'^.^.t^^.^.^-.^^- 


also  nabezn 

Zn  =  2w2  ^*i'  =  W|'»  ^iid  das  giebt 

3.  Lage  P  in  2>2  «'^bc  an  B^  wobei  jedoch  />2^  senkrecht  CB  sein 

mag.  (Fig.  16.) 

flj2  ___  4^2^  ß,^2  _.  16c' j  ß^  sehr  klein 

fl  2 

fi  =  9>^  —  (^=9i  =  ^\  —  ^  =  '^0'';  Äin^  9,2  =  sin^  {(p^  —  ^)  =  jg^-j  • 
64ö)2c*  .  (16^2 «2+  W«i  +  «2^^j)  ' 


J|f2-— 

*  256n j «,  c^  +  n,  /i.j  «2*  +  ^^"2  ''3  ^^ 

2  _  o^c'  .  (Ific'^y?/  +  g/  y»2'  +  Igg^O 

«,  «2  +  Wi  n.^  +  «2  «3 

48c()'  c**^                 32ai'  c' 
Man  erhält  im  letztern  Falle  J/j 2 =-p-^r—,  i>f2^=  —5^ ;  2n  =  Sn  =  3n. 


hierbei  sind  die  B  resp.  H' 
> ;    ungleich ,  wenn  man  alle  n 
gleich  gross  nimml. 


Oiebt  man  den  Visnren.von  A  und  C  aus  gleichen   Einfluss,  ^setzt 

n,  =  4«„  so  wird  M,^  =       l2Sn  n,  c^  +  n,'^  a/     ' 

Gleichheit  der  H  verlangt  2c^W2  =  Wj  a^^  und  damit  geht  M^*^  über  in 

20«^  c' 

"  y       ,     wenn  man  setzt 


i^n  =  w,  -] ^-|-  4"  4n,  =  5«,  nahezu. 

Daher  ist  es  nicht  rationell,  den  beiden  erwähnten  Visuren  gleichen 
Einfluss  zu  geben.  Besser  ist  es,  w^  =  0,  sowie  wegen  Gleichheit  der  H 
icj  Hj  =  w,  «2^  zu  nehmen : 

8c'  0)2  ^^2  0,2  ^2 

^1'  =^ =  — =; — ,  da  2Jw  =  Hl  +  w,  .  .  .?      also  nahezu  gleich  n<  ist. 

Nimmt  man  femer  fi/  =  fi./,  wodurch  I.  und  III.  gleichen  Einfluss 
erlangen,  so  wird 

M  2  =    «^  c^  ■  (32c»  n/  +  g,'  «/) 
^  2^2'  n,'  +  w,'  Wj' 

Gleichheit  der  iT  tritt  ein  bei  32c' n/  =  <^2^2\  dafür  geht  i^w  über 

in  nahezu  «2',  und  also  -^2^  in         M^  = =— ; —  . 


Mit  Hilfe  der  jetzt  gewonnenen  Formeln  und  der  Figur  16.  lässt  sich 
der  Satz  aussprechen:  „Solange  P  innerhalb  des  schraffirtcn  Raumes  in 
Figur  17.  liegt,  ist  die  zweite  Methode  ebenso  gut  und  etwas  besser  als 
die  erste  Methode ;  in  jedem  andern  Falle  ist  sie  weniger  genau  als  diese.*' 

38. 

Man  wird  schon  im  Vorhergehenden  die  Bemerkung  gemacht  haben, 
(lass  eine  Combination  beider  Methoden,  also  die  Anwenduiv^  &<>.\  ^tvVVäxl 


118     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 

Methode,  zuweilen  vortheilhaft  sein  muss.  Es  fragt  sich  nur,  ob  dieses 
häufig  vorkommen  kann. 

Hat  man  nur  zwei  Hauptpunkte  A  und  B  (Fig.  18.) ,  so  ist  die  dritte 
Methode  so  lange  vorzüglich,  als  P  ausserhalb  des  Halbkreises  über  AB 
liegt  und  dabei  wenigstens  einer  der  Aussen winkel  des  Dreiecks  ABP 
bei  A  oder  B  nicht  viel  kleiner  als  90"  ist.  Im  gleichseitigen  Dreieck 
ABP  werden  alle  Präcisionen  E  für  P  gleich,  sobald  man  jeden  Winkel 
gleich  oft  beobachtet. 

Die  Winkelmessung  bei  P  wird  wegzulassen  sein,  wenn  P  innerhalb 
des  Halbkreises  über  AB  zu.  liegen  kommt.  Entfernt  sich  P  vom  Halb- 
kreise und.  rückt  AB  näher,  so  wird  die  Bestimmung  unzureichend.  (Vergl. 
P,  in  Fig.  18.) 

Man  erkennt  nun  leicht,  dass  für  eine  Einschaltungstriangulirung 
die  dritte  Methode,  sofern  sie  nur  zwei  Hauptpunkte  als  Ausgang  nimmt, 
nicht  so  günstig  ist  wie  die  beiden  ersten  Methoden ;  denn  alle  Lagen  von 
P,  welche  der  dritten  Methode  günstig  sind,  werden  die  Benutzung  noch 
eines  dritten  Punktes,  ja  meistens  noch  mehrerer  Punkte  gestatten ;  wo- 
durch man  bei  gleicher  Mühe  der  Winkelmessung,  ohne  die  sämmtlichen  in 
Abschnitt  27.  angegebenen  Uebelstände  überwinden  ^  zu  müssen  —  sowohl 
die  der  ersten  als  die  der  zweiten  Methode  —  mindestens  dieselbe  Ge- 
nauigkeit erhalten  kann. 

Auch  darf  man  nicht  vergessen,  dass  die  beiden  ersten  Methoden  ein 
von  den  zufalligen  Fehlern  der  Hauptpunkte  freieres  Resultat  geben ,  als 
die  dritte  Methode ,  die  offenbar  den  ganzen  Fehler  der  zwei  Hauptpunkte 
in  den  Nebenpunkt  Überträgt. 

Denkt  man  sich  die  dritte  Methode  als  reine  Combination  der  beiden 

m 

andern  und  vergleicht  die  Resultate  „  gleicher  Mühe ",  so  ist  wohl  immer 
die  zweite  Methode  vorzuziehen,  nicht  nur  in  praktischer,  sondern  auch 
in  theoretischer  Hinsicht;  wie  daraus  hervorgeht,  dass  die  erste  Methode 
in  den  praktisch  vorkommenden  Fällen  von  Einschaltungen  ungünstiger  als 
die  zweite  ist.  Diejenige  Arbeit  bei  Anwendung  der  dritten  Methode, 
welche  der  ersten  Methode  entspriclit,  drückt  die  Genauigkeit  offenbar 
herab  gegenüber  der  zweiten  Methode,  welche  die  ganze  Arbeit  am 
günstigsten  verwendet. 

39. 

Die  theoretische  Vergleichung  wurde  unter  der  Annahme  von  Winkel- 
beobachtungen geführt.  Es  ist  nun  schon  früher  gefunden  worden ,  dass 
die  erste  Methode  ebenso  wie  die  zweite  sich  etwas  günstiger  zeigt  für 
reine  Richtungsbeobaclitungen,  dass  zu  diesen  aber,  um  eine  gleichmä.ssige 
Genauigkeit  für  jeden  einzelneu  Punkt  P  sowohl  als  auch  vergleichsweise 
für  verschiedene  Punkte  P  zu  erhalten,  immer  Winkelboobachtungen  zur  Er- 
^/inznng  zugezogen  werden  müssen. 


Geodäsie.    Von  Friedr.  Rob.  Helmert.  119 

■ 

Es  ist  nun  von  Interesse  zu  sehen ,  wie  bei  3  Hauptpunkten  sich  die 
B  unter  Annahme  reiner  Kichtungsbeobachtung^n  gestalten. 

Die  Formeln  aus  Abschnitt  28.  26  geben ,  sofern  das  System  42)  sich 
redndrt  auf 

(1)  -  (2)  =  ^2  +  ^2  ^  +  c^y 

{1)-{3)  =  J,  +  B,x+C,y 
ud  man  einen  Hilfswerth  (2)  —  (3)  =  {A^ — A^  +  (^3 — ^2)  ^ + (^3  —  ^2)  V 

einnihrt: 

n1  1    .    V       ^l_rhj?2  _+_^     .     W   2 1    .    Y      ^t     +    ^2     +  ^3^ 

(l:^)=  Pi'+V+^3^ .  ^i!±^2!+^3_'  __  (B,c,  +  B^c^+B,c,y\ 

Ä'=y  .  N,  I    1  ^  ^2  -T-    3   ^     t  -r   2  -r   3_|  .     ^  _  1  gesetzt. 

2 
Dieselben   Werthe   würde  man    erhalten   durch   — -maliere 

3  ^ 

Messung  jedes  der  drei  Winkel  an  -P*),  wenn  einer  Einstellung 
die  Präcision  A  =  1  ebenso  wie  oben  zukommt.  Die  Fehlergleichungen 
werden  nämlich 

(1  .  2)  y^  =  A^ .  j/j  +  /?, .  yf.x  +  c, .  j/\.y 

(1 . 3)  y\-  =  A^ .  y^  ^B,.y^.cc  +  c,.yl^.y 

(2  .  3)  j/j  =  A,  .  j/^  +  2?,  .  y  {.'>=+  C,  .j/l-y 
und  daraus  folgt  z.  B. 

V  =  1  :  -^  •  yf  (^^)'  -^=  {jj[2{BB).i:{CC)-{ZBC)}  ; 

d.i.  wie  oben. 

2 
Hiemach  giebt  die  Anzahl  von    6  .  — -   Einstellungen  bei  Winkel- 

o 

Beobachtungen  genau  so  viel  Genauigkeit  als  3  Einstellungen  bei  Eich- 
tnngsbeobachtungen.  Dieses  etwas  befremdende  Resultat  kann  etwas 
strenger  auch  wie  folgt  abgeleitet  werden  im  Anschluss  an  Abschnitt  2.5. 


*)  Ebenso  leicht  findet  man,   dass  ein  Satz   reiner  Richtungsbeobachtungen 

2 
xwischcn  ^Hauptpunkten  H  nnd  M  ebenso  crgiebt  wie  die  —  malige     Messung 

•Her  der  ---z möglichen  Winkel  zwischen  diesen  9 Hauptpunkten,  dass  daher 

bei  dieser  Art  Winkelmessungen  2(7—!)  Einstellungen  Dasselbe  leisten  als  q  Ein- 
stellungen bei  Richtnngsbcobachtungcn.  Dioso  Beziehung  gilt  überdies  ganz  all- 
gemein für  Winkel-  und  Richtungsbeobachtungen  von  einem  PunkVe  «wä. 


120     Studien  über  rationelle  Vermessungen  etc.  von  F.R.  Helmert. 

Aus  den  Gleichungen  \[^}  ~  £)  ^  "!'  t  ^'  ""  t  5'  ^  I  erhält  man 

1(1)  —  (3)  =  ^3  +  ^3  a;  +  Cay  J 

die  wahrscheinlichsten  Wcrthe  x,  y  für  (1)  =  (2)  =  (3)  =  0  und  es  ist 

überhaupt  von  einer  Ausgleichung  nicht  die  Hede  (wesshalb  die  Ableitung 

der  H  und  3/  aus  den  allgemeinen  Formeln  vorhin  nicht  streng  richtig 

war).     Dem  Fehlersystem  m  und  v  für  x  und  y  mögen  Richtungsfchler  (1), 

(2)  und  (3)  entsprechen,  wo 

(1)  -  (2)  =  2?,«  +  C^p     {l)-iZ)  =  B,u  +  C.,v. 

Die  Wahrscheinlichkeit  ist  dabei 

-[(!)• +  (2)» +  (8)«] 


=  X,  .  e 


Oder  für  (2)  —  (3)  =  5,  m  +  C, » 

fr,  =  X,  .  e         t    •-  3 

,     (BiU+CiVy+(BtU+C,vy+{ß,ti  +  C,vy\. 
+  3  f 

Lässt  man  nun  (1)   für  ein  constantes  System  u^v  alle  möglichen 
Werthe  durchlaufen,  so  wird 

--^((B,u+C,vy+(B^u+C,vy+{ßz«+C,vy) 

fr,  =  ff^M,t>  =  %2 '  ^  ' 

Construirt  man  hierzu   die  Ellipsen  wie  früher,    so    erhalten    diese 

gleiche  Lage  und  Grösse  mit  den  entsprechenden  Ellipsen  ^   welche   sich 

2 
durch      malige  Messung  der  drei  Winkel  ergeben  würden. 


IV. 

Die    mathematische    Bestimmung    der    Vertheilong    der 
Elektricität  anf  Conductoren  im  Allgemeinen  und  speciell 
auf  gewisse  Systeme  von  Conductoren,  die  von  Rotations- 
flächen mit  gemeinschaftlicher  Botationsaxe 

begrenzt  sind, 

von 

Th.   Kötteritzsch. 


§   1. 

Bekannte  Sätze  der  Potentialtheorie. 

1)  Ist  eine  gewisse  Elektricitätsmenge*)  über  ein  beliebiges  System 
von  Condnctoren  vertheilt,  so  nimmt  dieselbe,  für  den  Zustand  des  Gleich- 
gewichtes, eine  solche  Anordnung  an,  dass  ihr  Potential  für  alle  Punkte 
im  Innern  und  auf  der  Oberfläche  eines  und  desselben  Conductors  einen 
eonstanten  Werth  hat. 

Die  Dichtheit**)  der  Elektricität  in  Punkten,  die  zur  Innern  Masse 
eines  Conductors  gehören ,  ist  stets  gleich  Null ;  oder  die  Elektricität  ver- 
breitet sich  nur  auf  den  Oberflächen  der  Conductoren. 

2)  Werden  die  einzelnen  Conductoren  eines  in  beliebiger,  aber  unver- 
änderter, relativer  Lage  gegeneinander  verharrenden  Conductorensystems 
mit  beliebigen  Elektricitätsmengen  geladen,  so  giebt  es  nur  eine,  aber  auch 
stets  eine  Art,  nach  der  die  Anordnung  der  Elektricität  stattflndet.  Zu- 
gleich befindet  sich  dann  die  Elektricität  im  Zustande  des  stabilen  Gleich- 
gewichtes. 


*)  Gemessen  nach  absointem  Maasse. 

♦♦)  Der  Ansdrnck  „Dichtheit  der  Elektricität  an  einem  Punkte»'  definirt  sich 
am  einfachsten  durch  den  Specialfall,  dasfl,  wenn  auf  einer  Kugel  vom  Radius 
B>  1,  die  Elektricitiltsmcnge  Q  sich  befindet,  die  Dichtheit  der  gleichförmig  über 

die  Kugel  verbreiteten  Elektricität  an  jedem  Punkte  =   -  -  ist, 

ZeiUfhrifl  f.  Mtlhrinntik  //.  Phy'^ik  Xlll.  Ü.  V^ 


122     Die  matliematische  Bestimmung  der  Vertheilung  der  Elektricität 

*i)  Die  Diclitbeit  der  Elektricität  an  einer  bestimmten  Stelle  der  Ob  ei 
fiäcbc  eines  Conductors  und  das  Potential  der  gesammten  nach  dem  6c 
Hetze  1)  vertbeilten  Elektricität  auf  den  Punct,  um  dessen  elektriscbe  Diel 
tigkeit  es  sieb  bandelt  •  bangen  zusammen  durcb  die  Relation : 

Ä_  ^^ 

wobei  ' 

r'  V 

das  Aenderungsgcsetz  von  F,  dem  Potential  der  gesammten  vorbai 

denen  Elektricität  auf  den  genannten  Punkt,  bedeutet,  wenn  diese 
Punkt  um  die  unendlicb  kleine  Strecke  dtv  in  der  Ricbtung  der  Noi 
male  nacb  aussen  fortrückt; 

Q  ist  die  Dicbtbeit  der  Elektricität  in  unserem  betreffenden  Punkte ; 

//  bedeutet  eine  nur  von  den,  den  einzelnen  Conductoren  mitgetbeilte 
Elektricitätsmcngen  abhängige  Constante  und 

;r  d«is  Verbältniss  des  Kreisumfanges  zum  zugehörigen  Durchmesser. 

4)  V  bat  folgende  Fnndamentaleigenschaften : 

cjf,  V  ist  für  alle  Punkte  p  ausserhalb  der  Conductoren  endlich  un 
ändert  sich  stetig,  wenn  p  seinen  Ort  stetig  ändert. 

fJ,  Fgebt  in  Null  über,  wenn  der  Punkt  p,  auf  den  es  sich  bezieh 
in  unendliche  Entfernung  von  den  Conductoren  rückt. 

y,  Für  jeden  Punkt  p  ausserhalb  des  von  einem  Conductor  erftillte 
Raumes  genügt  Fder  Gleichung: 

d'-v      d-n-      d'v 

wenn  a:,  y,  r  die  rechtwinkligen  räumlichen  Coordinaten  des  Punl 
tes  p  sind,  auf  den  sich  V  bezieht. 

d,  V  ist  constant  für  alle  Punkte  p,  die  auf  der  Oberfläche  desselbe 
Conductors  liegen;  oder  diese Conductoroberfläche  ist  eineNiveai 
fläche  für  V, 

f.  Kommt  die  Function  V  her  von  elektrischen  Massen,  die  steti 
über  die  Oberflächen  eines  Systems  von  Conductoren  verbreite 
sind,  so  hat  Ffür  alle  Punkte  des  inneren  Raumes  eines  und  dei 
selben  Conductors  denselben  constanten  Werth,  den  es  fiir  all 
Punkte  der  Oberfläche  desselben  hat. 

f.  Kommt  V  nur  her  von  elektrischen  Massen,  die  stetig  über  di 
Oberflächen  eines  Systems  von  Conductoren  verbreitet  sind,  s 
giebt  es  nur  eine  einzige  Function  F,  die  den  von  a  bis  b  aufg( 
zählten  Eigenschaften  genügt,  es  giebt  aber  auch  stets  eine  solch 
Function. 


auf  Conductoren  u.  s.  w.  von  Th.  Kötteritzsch.  123 


5)  Den  Fundamentaleigenscliaften  für  V  von  a  bis  ö  genügt  das  Poten- 
tial zweckmässig  gewählter  elektrischer  Massen  im  Innern  eines  jeden  ein- 
seinen Condnctors. 

6)  Diese  elektrischen  Massen  im  Innern  eines  jeden  Conductors  haben 
hierzn  nnr  der  Bedingung  zu  genügen ,  dass  ihr  Gcsammtpotential  für  alle 
Punkte  auf  der  Oberfläche  eines  und  desselben  Conductors  einen  constan- 
ten  Werth  habe ,  der  aber  für  die  einzelnen  Conductoren  ein  verschiedener 
fein  kann. 

7)  Genügt  die  im  Innern  eines  einzelnen,  von  allem  fremden  elektri- 
schen Einfluss  befreiten,  Conductors  angenommene  Vertheilnng  elektri- 
scher Massen  den  beiden  Bedingungen  :  1,  dass  ihr  Potential  für  alle  Punkte 
der  Conductoroberfläche  constant  ist,  2,  dass  die  algebraische  Summe  der- 
selben, addirt  zur  algebraischen  Summe  der  wirklich  auf  der  Oberfläche 
des  Conductors  vorhandenen  elektrischen  Masse,  Null  ergiebt,  so  ist  der 
Werth  des  Gesammtpotentiales  beider  elektrischer  Massensysteme  für  alle 
Punkte  ausserhalb  und  auf  der  Conductoroberfläche  gleich  Null. 

8)  Sind  diese  beiden  Bedingungen  für  jeden  einzelnen  Conductor 
eines  ganzen  Systemes  von  Conductoren  erfüllt*),  so  muss  auch  nothwcn- 
dig  das  Gcsammtpotential  aller  vorhandenen  elektrischen  Massen  für  alle 
Punkte  auf  oder  ausserhalb  der  Conductoren  Null  sein. 

9)  Ist  V  das  Potential  aller  elektrischen  Massen,  die  sich  auf  der  Ober- 
fläche der  Conductoren  eines  ganzen  Conductorensystems  befinden,  für 
irgend  einen  Punkt  einer  Conductorfläche  oder  des  von  dem  Conductoren- 
systeme  ausgeschlossenen  Raumes,  ist  ferner  ü  das  Potential  der  nach  den 
beiden  unter  &)  genannten  Bedingungen  angenommenen  elektrischen  Mas- 
sen vertheilnng  für  denselben  Punkt,  auf  den  sich  V  bezieht,  so  ist  nach  8) 

folglich,  da  nach  2)  pag.  121  ^  ==  —  —  ^—  auch 

_   h     du 
4:7t    dtv' 


Literatur: 

PoisRon:    Mdm.  1   et  2  sur  la   distribution  de  relcctricitJ   k  la  surfacc  des  corps 

condnctenrs.   M^m.  de  la  classe  des  sc.  matliem.  et  phjs.  de  Tinst.  Ann^e  1811. 
Green:  An  essay  on  the  application  of  matliematical   anaijsis  to  thc  theorics  of 

electricity  and  magnctlsm.     Crelle's  Jonmal,  Bd.  31).  44.  n.  47. 
Gauss:    Untersuchungen  über  die  im  verkehrten  Verbältnisse  des  Quadrates  der 

Entfemnnf^  wirkenden  Anziehungs-  und  Abstossnngskräfte.   1840.    Namcntlicb 

§  24,  §  25,  §  20,  §  27,  §  36  und  §  37. 


•)  Nämlich  so,  wie  es  Nr.  6  und  Nr.  1  dieses  §  verlangt. 


124    Die  mathematische  Bestimmung  der  Vertheilung  der  Elektricität 


§2. 
Präcisirung  der  gestellten  Aufgabe. 

Ist  die  in  9,  §  1  definirte  Function  U  bekannt,  so  folgt  nach  dem  an 
derselben  Stelle  genannten  Satze  die  gesuchte  elektrische  Dichtheit  einfach 
durch  Differentiation,  wenn  man  noch  bemerkt,  dass  die  Cohstante  h  sich 
ergiebt  aus  der  Relation 

Um  ß_^^jr ^jj 

worin  bedeutet 

Q  die  algebraische  Summe  aller  dem  Conductorensysteme  urspriinglich 

mitgetheilten  Elektricitätsmenge  (nicht  durch  Vertheilungswirkung). 

Fq^  =  —  17      den  Werth  von  Fresp.  Uim  Bezug  auf  einen  Punkt  p\ 

dessen   Entfernung   R    von    dem    Conductorensysteme    unendlich 
gross  ist. 
Die  zu  lösende  Aufgabe  kommt  daher  darauf  hinaus,  die  Function  U 
zu  beschaffen. 

Die  Potentialfunction  [7  im  Bezug  auf  irgend  einen  Punkt/?  kann  aber 
als  bekannt  angesehen  werden,  sobald  die  analytische  Bestimmung  der 
Massen  erfolgt  ist ,  welche  U  bewirken. 

Die  zu  bestimmende  Massen  vertheilung  hat  nun  folgende  Bedingungen 
zu  erfüllen: 

1.  Nach  5,  §  1  müssen  die  geometrischen  Oerter  für  die  einzelnen  an- 
zunehmenden Massen  innerhalb  der  gegebenen  Conductoren  liegen. 

2.  Nach  6,  §  1  müssen  die  anzunehmenden  Massen  die  einzelnen  Con- 
ductoroberflächen  zu  Niveauflächen  ihres  Potentiales  haben  und 

da  durch  Vertheilung  auf  jedem  einzelnen  Conductor  stets  gleich  grosse 
Mengen  entgegengesetzter  Elektricitäten  erregt  werden,  die  algebraische 
Summe  der  auf  demselben  wirklich  vorhandenen  Elektricitätsmengen  also 
dadurch  nicht  geändert  wird,  sondern  immer  der  den  Conductoren  ur- 
sprünglich mitgetheilten  Elektricitätsmenge  gleich  bleibt  und  da  die  Wir- 
kung der  auf  jedem  einzelnen  Conductor  haftenden  Elektricitätsmenge  auf 
jeden  Punkt  ausserhalb  oder  auf  dem  Conductor  ersetzt  werden  soll  durch 
die  hypothetischen  elektrischen  Massen  im  Innern  des  Conductors,  so  ist 
nach  7  und  8,  §  1  auch 

3.  die  algebraische  Summe  der  im  Innern  eines  jeden  einzelnen  Con- 
ductors anzunehmenden  Elektricitätsmenge  gegeben.  Sie  ist  nämlich  ent- 
gegengesetzt gleich  der  dem  betreffenden  Conductor  ursprünglich  mitge- 
theilten algebraisch  addirten  Elektricitätsmenge*). 

*)   IJei  Abstraction    von    directcm  Uebergang    der  Elektricität  zwischen  den 
Couductorcn. 


auf  Conductoren  u.  s.  w.  Von  Tn.  Kötteuitzsch.  125 


^  ."«iv^^-*'*  - 1^^'-^ 


Uiemach  lässt  sich  die  im  Allgemeinen  zu  lösende  Aufgabe  in  folgende 
Worte  fassen:  „Innerhalb  gegebener  geschlossener  Flächen 
sind  elektrische  Massen,  deren  algebraische  Summe  für  jede 
einzelne  Fläche  ebenfalls  gegeben  ist,  so  zu  bestimmen,  dass 
ihr  Gesammtpotential  diese  Flächen  zu  Niveauflächen  hat/' 

Diese  Aufgabe  ist  bekanntlich  unbestimmt. 

Hai  man  elektrische  Massen  symmetrisch  vertheilt  zu  einer  Ebene,  so 
sind  auch  die  Niveauflächen  ihres  Potentiales  symmetrisch  zu  dieser  Ebene 
gelegen.  Umgekehrt  muss  man  daher  auch,  wenn  die  Conductoren  selbst 
sowohl,  als  auch  die  den  einzelnen  Conductoren  ursprünglich  mitgethcilton 
algebraischen  Summen  von  Elektricität  symmetrisch  zu  einer  Ebene  geord- 
net sind ,  der  Aufgabe  genügen  können  durch  eine  symmetrisch  zu  dieser 
Ebene  angeordnete  Vertheilung  der  anzunehmenden  elektrischen  Massen. 

Der  vorige  Satz  gilt  auch  noch ,  wenn  man  statt  Ebene  Gerade  setzt. 

Sind  endlich  die  Conductoren  begrenzt  von  Rotationsflächen,  die 
sämmtlich  ein  und  dieselbe  Gerade  zur  Kotationsaxe  besitzen ,  so  wird  man 
der  gestellten  Aufgabe  genügen  können  durch  eine  Vertheilung  elektri- 
scher Massen  der  Art ,  dass  Dichtheit  und  Vorzeichen  derselben  für  alle 
Punkte,  die  auf  der  Peripherie  eines  Kreises  liegen,  der  seinen  Mittel- 
punkt in  der  Kotationsaxe  und  seine  Ebene  senkrecht  zu  derselben  hat, 
constant  ist. 

Ist  nun  in  diesem  Falle  keiner  der  einzelnen  Conductoren  von  einem 
anderen  umschlossen,  so  kann  man  erwarten,  dass  man  der  Aufgabe  auch 
genügen  könne  allein  durch  eine  angenommene  Vertheilung  elektrischer 
Massen  auf  der  Kotationsaxe  selbst. 

Dieser  Fall  ist  es  nun,  den  wir  in  der  Folge  specieller  betrachten 
werden  in  einer  Weise,  dass  die  Methode  der  Rechnung  auch  auf  jedes 
beliebige  Conductorensystem ,  das  ursprünglich  mit  beliebigen  elektrischen 
Massen  beladen  worden  ist,  ausgedehnt  werden  kann. 

Wir  stellen  uns  also  dieAufgabe:  „Wie  sind  elektrische  Massen 
auf  der  Axe  eines  Systems  von,  von  Rotationsflächen  mit  ge- 
meinschaftlicher Axe  umschlossenen  und  einander  nicht  ein- 
schliessenden,  Conductoren  anzuordnen,  wenn  dieselben  zur 
Ermittelung  der  elektrischen  Dichtheit  auf  den  Conductoren 
benützt  werden  sollen?" 

Nach  5,  §  1  ist  dazu  erforderlich,  dass  ein  endliches  Stück  der  Rota- 
tionsaxe  von  jedem  einzelnen  Conductor  selbst  umschlossen  ist,  derselbe 
also  keine  ringförmige  Gestalt  hat;  und  es  lässt  sich  erwarten,  dass  auch 
die  innerhalb  der  Conductoren  liegenden  Stücke  der  Rotationsaxe  nicht  zu 
klein  gegen  die  übrigen  Dimensionen  des  Conductors  sein  dürfen. 


126     Die  mathematische  Bestimmung  der  Vertheilung  der  Elektricität 


§3. 
Keduction  gewisser  specieller  Fälle  auf  den  allgemeinen  Fall. 

Wir  sagten  oben,  dass  die  algebraische  Summe  der  in  Wirklichkeit 
auf  einem  jeden  Condiictor  befindlichen  Elcktricitätsmengen  bekannt  sei. 
Dies  scheint  nicht  der  Fall  zu  sein,  wenn  einer  oder  mehrere  Conductoren 
zur  Erde  abgeleitet  sind  oder  kurze  Zeit  abgeleitet  gewesen  sind. 

Im  erstem  Falle  muss  man  aber  bei  strenger  Rechnung  sowohl  die  Ab- 
leitungsvorrichtung, als  auch  die  ganze  Erde  mit  als  Conductor  betrachten 
und  wird  so  auf  den  allgemeinen  Fall  pag.  125  zurückgeführt.  Für  nur  an- 
genäherte Rechnung  unter  Voraussetzung  eines  sehr  dünnen  Ableitungs- 
drahtes  kann  man,  nach  Green's  Vorgange,  das  Potential  der  auf  den  Con- 
ductoren befindlichen  elektrischen  Massen ,  bezogen  auf  jeden  Punkt  der 
abgeleiteten  Conductoren,  gleich  Null  setzen  und  erhält  damit  eine  Be- 
dingungsgleichung zur  Berechnung  der  auf  den  abgeleiteten  Conductoren 
befindlichen  Elektricitätsmengen. 

Wenn  im  zweiten  Falle,  der  wieder  aufgehobenen  Ableitung,  die  Be- 
rechnung der  elektrischen  Dichtheit  stattgefunden  hat  für  noch  bestehende 
Ableitung,  so  kann  durch  Ermittelung  des  Integrales y^^d«,  wo  q  die  elek- 
trische Dichtheit  im  Oberfiächenelemente  ds  des  abgeleiteten  Conductors 
bedeutet,  und  wenn  die  Integration  über  die  ganze  Oberfläche  des  Conduc- 
tors ausgedehnt  wird,  die  algebraische  Summ'e  der  auf  dem  abgeleiteten 
Conductor  befindlichen  Elcktricitätsmengen  gefunden  werden.  Ist  aber 
diese  bekannt,  so  ist  man  dann  auch  nach  wieder  aufgehobener  Ableitung 
wieder  auf  die  allgemeinen  Fälle  pag.  125  zurückgekommen. 

Der  Natur  der  Sache  nach  sind  die  Begrenzungsflächen  der  von  uns 
spccicllnach  pag.  125  zu  behandelnden  Conductoren  sämmtlich  geschlossene 
Flächen.  Diese  Flächen  sind  aber,  namentlich  in  den  praktisch  wichtigen 
Fällen,  meist  solche,  dass  sie  nicht  ohne  weiteres  durch  eine  einzige  Glei- 
chung analytisch  festgelegt  werden  können,  z.  B.  bei  dem  häufig  vorkom- 
menden Apparat,  wo  ein  cylindrisches  Drahtsttick  centrisch  an  eine  Kugel 
angesetzt  ist,  u.  s.  w.  Um  auch  die  Meridiancurven  solcher  Flächen,  wie 
es  uns  erwünscht  ist,  durch  eine  einzige  Gleichung  von  der  Form  y  =  f{x) 
oder  (p{x^y)  =  0  für  rechtwinklige  Coordinaten  [oder  r  =  f^  (9)  oder 
9^1  (''»ö)  =0  für  Polarcoordinaten]  andeuten  zu  können,  erinnern  wir  an 
die  (Dirichlet'sche)  Formel: 

Genügt  y  innerhalb  desintervalles  für  x  von  a  bis  a^  derFormy=/'j  (a:), 
innerhalb  des  Intervalles  a^  bis  a^  der  Form  y  =  f2{^^y  innerhalb  des  In- 

tervalles  «j  l^is  «h  ^^^  Form  y  =  f-^ix)^ •,  innerhalb  des  Intervalles 

ün-  1  bij  h  der  Form  y  =  f„  (o:),  so  ist  der  Werth  des  y  für  ein  a:,  das  der 

Bedingung  genügt,  bP[  x^  a: 


auf  Condnctoren  u.  s.  w.  von  Tn.  Köttkkitzscii.  127 


\^  2n  (x  —  a) 

—  oo 


«  e  '"      h-u 


inil  —  a)   . 

A (')'•'"  '""  1.-«    'dt 


//, 


•2  JT  (/  —  «)    .  /  2  «  (/  —  a) 

—    /«   -   — . —  —     i     ,,     ,       M  j>   /  ,\   .  in 


f.,  (/)  e    -  '"     -b-a~       dt-\-  I  f.,  (0  c         •"        Ä--«-     '  dl 


2  n  [l  —  rt) 
+ +     I  fn{t)e-  "'-    h-oT    •'  rf/ 


f 


Ist  diese  Gleichnng  die  in  ebenen  rechtwinkligen  Coordiuaten  aus- 
gedrückte Gleicliung  des  auf  der  einen  Seite  der  liotationsaxe  gelegenen 
Stückes  der  Meridiancurvo  eines  der  gegebenen  Condnctoren,  so  ist  ersiebt- 
lieb,  dass 

keine  der  mit  /  bezeichneten  Functionen  innerhalb  der  zugebörigeu  Inte- 
grationsgrenzen unendlich  wird, 
dass  y  sich  mit  Ausnahme  eines  Falles  mit  x  stetig  ändert, 
dass  für  x  =  a  oder  x  =h  y  ==  0 

und  dass,  da  wir  eiuander  umschliessende  Condnctoren  von  unserer  Be- 
trachtung ausgeschaltet  haben,  ein  hohler  Conductor  aber  im  Bezug 
auf  die  Vertheilung  von  Elektricität  ebenso  wirkt,  wie  ein  massiver, 
die  obige  Gleichung  nur  einen  zusammenhängenden  Curvenzweig  be- 
deuten wird. 

Der  eben  erwähnte  Ausnahmefall  ist  der,  wenn  der  Conductor  ein 
senkrecht  auf  der  Eotationsaxe  stehendes  ebenes  Begrenzungsstück  enthält. 
Umgeht  man  die  Schwierigkeit  dieses  Falles  durch  zuGrunde-Legung  eines 
anderen  Coordinatensystemes,  so  können  wir  sagen :  Durch  eine  Gleichung 
von  der  vorstehenden  Form  ist  irgend  ein  Punkt  des  auf  der  einen  Seite 
der  Rotationsaxe  liegenden  Stückes  der  Meridiancurve  eindeutig  bestimmt. 
Sind  weiter  die  Derivirten  der  mit  f  bezeichneten  Functionen  inner- 
halb der  entsprechenden  Integrationsiutervalle  stetig,  so  ist  auch  eine  so- 
fortige Differentiation  der  obigen  Gleichung  erlaubt,  wobei  freilich  an  den 
Integrationsgrenzen  ^/j,  «j,  (t-^n  .  .  .  <hi-\.  statt  der  wirklichen  zwei  im  Allge- 
meinen verschiedenen  Werthe  von  y  das  arithmetische  Mittel  dieser  beiden 
Wcrthe  zum  Vorschein  kommt. 


128    Die  mathematische  Bestimmung  der  Vertheilung  der  Elektricität 


§4. 
Analytische  Fixirung  der  gestellten  Aufgabe. 

Seien  eine  Anzahl,  etwa  7,  Conductoren  von  der  Art  gegeben,  wie  sie 
pag.125  vorschreibt.  Die  Gleichungen  der  Meridiancurven  derselben  seien, 
bezogen  auf  ein  ebenes  rechtwinkliges  Coordinatonsystem  mit  der  Kota- 
tionsaxe  als  Axe  der  x: 

y  =  9i(a:);  y  =  92(^)'-  y  =  9>A^)' y  =  9>q{^)' 

Die  mit  elektrischen  Massen  zu  belegenden  Stücke  der'Rotationsaxe  (voll- 
ständig innerhalb  der  Conductoren  gelegen)  mögen  reichen,  resp. 

von  tti  bis  b^ ;  von  a.^  bis  b.^]  von  a^  bis  63; von  ag  bis  bq. 

Der  den  Anforderungen  pag.  124  genügende  Modus  der  Vertheilung  elektri- 
scher Massen  sei  dargestellt  durch  resp. 

A(?)'  /*2(9)'  A(?)> fAQl 

Dann  ist  das  Gosammtpotential  aller  angenommenen  elektrischen  Massen 
bezqgen  anf  einen  Punkt,  dessen  rechtwinklige  räumliche  Coordinatcn *) 
sind  X,  1/,  t* 

«i  «a  *t%  tiq 


h 


1        *^ 

wenn  r  =  j/  {x  —  q)'^  +  »?'^  +  J^ 

Ist  nun  der  Punkt  o;  1/  f  irgend  ein  Punkt  der  Oberfläche  des  s'*""  Con- 
ductors,  also  t}-  -f-  J*  =  y^  =  \SPs  (^)]^»  so  ist  nach  pag.  124,  2. : 

welche  Lage  auch  der  Punkt  a;  ^  f  auf  der  Oberfläche  des  5^''''  Conductors 
einnehmen  mag. 

Bedeutet  also  da  ein  auf  der  Oberfläche  dieses  Conductors  gelegenes 
Bogenelement,  so  ist 

ox  da     '     dy    da        öx  dy 

eine  identische  Gleichung,  sobald  der  Werth  von  y  =  (p^  (x)  als  Function 
von  X  in  dieselbe  eingesetzt  wird. 


*)  Uezogeu  auf  ein  Coordiuateusystem,  das  möglichst  mit  dem  obigeu  ebeneu 
zusammenfällt. 


auf  Conductoren  u.  s.  w.  von  Th.  Kötteritzsch.  129 


Die  Identität  I  repräsentirt  q  Identitäten ,  da  in  ihr  s  alle  Werthe  von 
1  bis  9  annehmen  kann. 

Weiter  ist  nach  3.  pag.  124 

n.  Jfs{Q)'i(f  =  ^, 

wenn  —  Ag  die  algebraische  Samme  der  dem  5^^"  Conductor  direct  mitge- 
theilten  Elektricitätsmengen  bedeutet. 

Die  Gleichung  II  repäsentirt,  aus  demselben  Grunde  wie  die  Gleichung 
I,  q  Gleichungen. 

Vermittelst  der  Gleichungensysteme  I  und  II  sollen  nun  die  Functio- 
nen f{g)  und  die  Längen  und  Lagen  der  mit  elektrischer  Masse  zu  belegen- 
den  Axcnstücke,  d.  i.  die  Integrationsgrenzen  a  und  b  bestimmt  werden. 
Aasgeschlossen  bleiben  dabei  im  Allgemeinen  Lösungen  von  der  Form: 
fg  (e)  :^  0,  und  bs  =  (h. 

Indem  wir  hier  für  die  Bestimmung  der  a  und  b  nur  au  das  pag.  125 
über  Symmetrieverhäitnisse  Gesagte  erinnern,  gehen  wir  namentlich 
darauf  aus,  die  Functionen  f  zw,  berechnen. 

Jedenfalls  können  wir  über  diese  Functionen  die  Voraussetzung 
machen,  dass  sie  an  den  und  innerhalb  der  Integrationsgronzen  nirgends 
unendlich  werden,  womit  dann  auch  ihre  Entwickelung  innerhalb  .dieser 
Grenzen  in  Fouriersche  Reihen  gestattet  ist. 

Um  diese  Entwickelung  in  möglichst  einfacher  Form  verwenden  zu 
können,  denken  wir  uns  den  Coordinatenanfang  bei  der  Berechnung  des 
Potentialwerthes  der  in  einem  bestimmten  etwa  dem  jt/*"  Conductor  ange- 
nommenen Elektricität  immer  in  die  Mitte  der  mit  elektrischer  Masse  be- 
legten Axenstrecke  gelegt;  eine  Operation,  die  offenbar  auf  das  Potential 
jedes  einzelnen  Conductors  sowohl,  wie  auf  das  Gcsammtpotential  ohne 
Einfluss  ist.    Setzen  wir  dem  entsprechend  weiter 

-!^  jr_    . 

K  —  "p  =  2Ä/I ;  fp  {q)  =   V«  «^  e  "  Äp  ^ S 

—  oo 
iK>  erhalten  wir  statt  der  Gleichung  1,  jetzt 


1     ^^     JVi^-Qr  +  y' 


»p 

wobei  jetzt,  gemäss  der  angenommenen  Beweglichkeit  unseres  Coordinaten- 
systems,  dem  x  für  jeden  einzelnen  Conductor  ein  besonderer  Werth  bei- 
gelegt werden  muss. 

Es  ist  nun  unsere  Aufgabe,  der  Gleichung  2,  oder  dem  (/».  ei\i^  Fqxxel 


130    Die  mathematische  Bestimmung  der  Vertheilnng  der  Elektricität 


•^^•^  f  w . 


zu  geben,  dass  dessen  Berechnung  für  jeden  Werth,  den  x  und  y  gemäss 
der  Bedingung,  dass  der  Punkt  xy  auf  der  Meridiancurve  des  s^  Conduc- 
tors  liegt,  erlangen  kann,  leicht  ist,  und  namentlich  auch  die  Art  der  Ab- 
hängigkeit des  Vs  von  x  und  y,  wenn  xy  irgend  einen  Punkt  der  Meridian- 
ebene  bezeichnet,  hervortritt.    Hierauf  hat  dann,  unter  Anwendung  der 

Gleichungen  I  und  11  die  Bestimmung  der  Coefficienten  f/  und  endlich  die 

der  Functionen  /j  selbst  zu  erfolgen. 

Hierbei  bt  noch  besonders  der  Umstand  hervorzuheben,  dass,  weil 
eine  Function  sich  nur  in  einer  einzigen  Weise  in  eine  Fouriersche  Reibe 
entwickeln  lässt,  sich  auch  alle  Unbestimmtheit  der  Aufgabe  in  der  Art  der 
Bcdingungsgleichungen  zeigen  muss,   von  denen  die  Integrationsgrcuzcu 

hp  und  die  Coefficienten  a^  abhängen. 


§5. 
Transformation  von  üs  und  -      (/,. 

d  X 


Seien  die  beiden  Theile  des  Integrales 


\h 


In    = 


n    -Qt 


Vi^-QY  +  y' 


dQ 


r    cos  {n  -    q)  r     sin  {n  ^   q) 

lc=    1    -  -       -do  und /,  =  f   /  - 

J  Vi^-QY  +  y'  J  Vi^  -  qY  +  r 

-  /i  —  Ä 


tlQ. 


Nun  ist  bekanntlich 


y/,  I  COS  n  Q  du  I  ros  (w      /)  cos  u  t  dl  = 

<>  -A 


oo 


i 


P,         j  sin  u  Q  du    I  sin  {n  --  t)  sin  ul  dl  = 


0 


-A 


0  für  Q^  >  /r 

1  r    ^     \  /...      •»        ,  » 
-  cos  in  ,  q)  fuf'Q'  =  Ir 

cos  {n  -  q)  für  q-  <  /r 

0  für  q'^  >  /r 

-  sin  {n  --  q)  für  q-  =  //' 

sin  (w  —  q)  für  qi^  <  k'^ 


auf  Conduetoren  ii.  s.  w.  von  Tu.  Köttkritzsch.  131 

Mit  Hülfe  von  A^  und  By  nehmen  Ic  und  Is  folgende  Gestalten  an : 

+  CX>  CO  +A 


—  OO  0  — A 

+  CX>  CX)  \h 


=  ^  f  = 


I,  =  —  I ^ /  s/«  (mo)  rf«   /  sm  (n~j)sin(ul)dl. 

-  OO  0  -  A 

Aus  der  bekannten  Formol 

AT" 


folgen  weiter  die  für  nn»  wichtigen  Formeln ,  wenn  man  setzt  in  derselben 

CX) 

und  wenn  man  setzt  x  =  —  und  für  z  z^  schreibt 

2f  e'^'-'^lz^  J'e '''■''  äz=j/^-eV 

0  —00 

oder,  wenn  man  im  letzten  Integrale  noch  setzt 

z  =  u  -\-  l. 
+  00 

—  CX) 

Mit  Hülfe  der  Formel  C,  nimmt  nun  Ig  ,    wenn  man  noch  setzt  cos  uq 
=  p,r.  e    ^    oder  c'o5  w^  =  ;>.  r.  —  (^    ^     +  <*       "*')  die  Formen  an: 

IfZ=p.r.  -  --       I ... dip    I  du    I  cos  {n  —  t)  cos  {ul)  dt 

jCX) 


132    Die  mathematische  Bestimmuog  der  Vertheilung  der  Elektricität 


-■  -*  .'-^.^--^----'-'-^-^-v-^^  •■rf- ••  ^^^^ ^  ••-^.^v^"^ -'.'*'-'-'^  « 


Oder 


Ic=p.r. 


2nY%e~i 


J 


/t 


dflf   I  du  I  cos  {n  —  t)  cos {u t)dl 


0         — * 

—  cx> 


( 

wobei  iu  Hinsicht  des  auf  q  bezüglichen  Integrales  der  letzten  Darstellung 
von  Ic  die  Integration  sowohl  im  Bezug  auf  die  oberen,  als  auch  auf  die 
unteren  Vorzeichen  auszufuhren  ist. 

Ganz  entsprechende  Form  erhält  auch  /«,   wenn  man  setzt,   das  eine 

Mal  sin  UQ  =  p.  i.  e"    y  das  andere  Mal  sin  uq  =  p.  i.  -^    {e       — f^  )» 

nur  müssen  dann  die  beiden  Integrationsergebnisso  von  einander  abgezo- 
gen werden,  während  sie  im  vorigen  Fall  zu  addiren  waren. 

Führt  man  die  auf  q  bezüglichen  Integrationen  aus  nach  Formel  />, 
pag.  131,  so  Erhält  man 

J^=p,r.~     1^    --(/i^     /  ^  1"^^+"*^/ 'c/m    I  cos  {n^t)ros  {ut)  dl. 
Tt  J      "^  J  J  ^  h 


Oder 


^c^^pr.        \    /  — .        di\t     I  e\~~4L^'^"'^f^dH    1  cos  {n  ^,  l)  cos  (u  t)  dt 

i^  ) 

^ du    I  cos  (w  -   t)cos{ut)dlf. 


OO 


/,  = 


CX3 


0  ^  0 


u 


— [-ux 

4^  ' 


Oder 


0  ^  ü 


u 


— :; [-UX 


-/ 


* 


e/t(; 


OO 


M« 


4^ 


MO? 


A 


i  l               ^ 

du  I  sin  {n   -  l)  sin  {ut)dt 

^  du  I  sin  (n  —  t)  sin  {u  t)dl 

^  du  I  sin  {n  —  l)  sin  {ut)dt 


betzt  man  nun  t/;  =  —  also  — = ,  so  wird 

t;  ^  V 


auf  Condactoren  u.  s.  w.  von  Tn.  Kötteritzsch.  133 


L  r. —    I  rftf;  I  eir^^^^t^du   1  cos  {n  —  i) cos  (u i) 


dt 


0  0  —  h 


Nun  ist  aber  nach  Fonncl  Aj  pag.  130 

0 


^Jcos^u(^^  +  x--^jyujcos{n^^^  I '''^^^lu+^"~  l) 


Ö  -A 


/y2  P\2    > 

je  nachdem  (  —  +  3?  —  — j    =ä^. 


Der  Ausdnick  - — [-  x  —  —  nimmt  bei  wachsendem  v  stetig  ab,  nnd  ist  für 

t;  4 

r  =  0,  +  OO,  für  t;  =  -|-  OO,  —  oo;  da  nun  nach  den  Integrationsgrenzen 

der  auf  v  bezüglichen  Integration  v  nur  positive  Wertbe  zu  durchlaufen  hat, 

so  haben  nur  diejenigen  Elemente  für  die  nach  v  auszuführende  Integration 

einen  von  0  verschiedenen  Werth,   für  welche  v  einen  solchen  positiven 

Werth  hat,  däss 

_  Ä  <  y! -I- a:  - -^  <  +  A 
V  4 

d.  h.  wir  haben  als  Grenzen  der  Integration  im  Bezug  auf  v  zu  nehmen  die 
positiven  Wurzeln  der  beiden  in  v  quadratischen  Gleichungen: 

2  2 

^  +  a;—   r  =  +  Ä    und    ^4-x—  ^=  —  h. 
V  4  V  4 

Die  Integrationsgrenzen  sind  demnach : 


p,  =2  [o:  -  k  +  ]/y^  +  {x  —  h)^];  v^^2lx+  h  +  /yr+  {X  +  hyi 

Mit  Beachtung  des  auf  der  vorigen  und  auf  dieser  Seite  Gefundenen  erhal- 
ten wir  nun : 


,/.  =  yco.[«|(^!  +  .-|)]^. 


Verfährt  man  analog  mit  dem  zweiten  dreifachen  Integrale  der'zweiten 
Darstellung  von  Te  pag.  132,  so  erhält  man 


134    Die  mathematische  Bestimmung  der  Vertheilung  der  Elektrieität 


<*  ^  ^     'v.-^-^  ..^•^-" 


'>[a;  +  Ä+  Ky«+(x  +  Ä)«] 


.,  /.=  i/».[.H^  +  '-T)]v 


2U-A+  ^j;'+{x-/o»j 

2  [-  a:  +  A  +  Ktf'T  (i  -  /')'] 

2  [-  «  -  A  +  Jf'yMT';  +>0*] 

Endlich  erhält  mAn  noch  auf  analogem  Wege  und  unter  Benutzung  der 
Formel  B,  pag.  130,  für  l,  die  beiden  Darstellungen: 

2[«  +  A+^y«+^x  +  A)'J 

•w.-.-/^[..f(^+»-i)r^ 

2  [.r  -  A  +  K«r»"+  (.t  -  A)»] 
und 

2[«  +  A+F'y»+(a;  +  Ä)«J 


4,     /,=  2 


^/-["f(f+-i)]v 


+iA["«(?-^-T)]v- 


Setzen  wir  femer  v  =  2«^;    /<.  -j-  ^«  =  ^n»  so  findet  sich 

< 

Oder 


TT 
»       .      OCl 


auf  Conductoren  u.  s.  w.  von  Th.  Kötteritzsch.  135 


Oder : 

n       .       \  n    y   (u         1  \   . 

2  I  u 


a?  —  Ä  +  Ky«  +  (a?  —  hf 


y 

—  X  +  h+  ^«  +  (a?  -  Ä)« 


/    *  y 


,    1      "7 


n 
n  -r  XI 


"   //    Vi  -    „/    2    '  r/M 


-  ar  -  Ä  +  Vif  +  (a;J-  Ä)« 


u 


Durch  Vergleichung  der  Relationen  5,  und  6,   erhält  man  noch  die 
Formel : 

•^+1+/^*  +j£+J)*  -a:  +  y^+]^^«+(a:-/^)« 

;/  r^  y 

^n     y   (u         1  \  /  \„'^y(^         ^\  ; 


U  J  u 

u  —k  +  Vy*  +  (;^^^^  —  a:  —  A  +  Ky*+  (a?+~A")* 

Nach  pag.  129,  2  und  nach  pag.  130  ist  nun  die  gesuchte  Transforma- 
tion von  üs,  die  wir  auch  in  der  Folge  zu  Grunde  legen  werden, 


üs=     ^    ^    « 


P    jP 
n    ^m  • 

CX) 


WO  /^  durch  5,  oder  6,  pag.  134  und  135  und  2,  pag.  129  definirt  ist. 
Es  könnte  scheinen,  als  ob  die  Anwendung  der  bekannten  Formel 


F{x)=^Je  «^*'  du  JF{t)e-''^^dt;  — 


h  <  X  <  +  h 

statt  der  Formel  A^  und  5,  pag.  130  auf  kürzerem  Wege  zum  Ziele  führte, 
allein  die  Bestimmung  der  Integrationsg|renzen  für  v  bei  der  spätem  Sub- 
stitution tp  =  —  (pag.  132)  dürfte  Schwierigkeiten  verursachen ;   zugleich 

führte  uns  unser  Weg  auch  auf  die  Formel  2,  pag.  134,  die  dann  wichtig 
wird,  wenn  eine  zur  Rotationsaxe  senkrechte  Symmetrieebene  vorhanden 
i«t  (vergl.  pag.  125),  indem  dann  für 


136    Die  mathematische  Bestimmung  der  Vertheilung  der  Elektrieität 


-^.  ^N.'  ».'-•.^^-/-.•.'-^-•'.^     -^     . 


4-00  5p 


gesetzt  werden  kann 


—  oo 


0 


Von  den  vielen  Transformationen ,  die  man  noch  aus  5,  6,  und  7,  für 

/„  ableiten  kann,  erwähnen  wir  nur  noch  kurz  ihrer  leichten  geometrischen 

Interpretation  wegen  die  folgende: 

-,                           \  -{-  sin  a  _    , 

Setzt  man  w  =  — ,  so  erhält  man : 


cos  Of 

X  A-  h  X  —  h 

arc  tna  ■ —  arc  tnq  

■»             y  ^             y 


n 


r 


n^{x  +  ytnga)t  ^^ 


rosa 


cosa 

'-^    ^       x  —  h                                    .  ^  ^      — Ä— .r 
arc  ing  arc  tng  

;/  y 

welche  beiden  Integrale  auch  aus  dem  ursprünglichen  Integral 


•l    ^ 

direct  abgeleitet  werden  können,  indem  man  das  eine  Mal  substitnirt 
y  tng  a  =  X  —  g,  das  andere  Mal  y  tng  a  =  q  —  x. 

Es  dürfte  aber  auch  hier  umständlich  sein,  mit  Strenge  die  Integrations- 
grenzen zu  bestimmen ,  wenn  man  von  den  obigen  beiden  Integralen  die 
Transformationen  5,  und  G,  pag.  134  und  135  herleiten  wollte. 

Bezieht  man  nun  Us  auf  ein  und  dasselbe  rechtwinklige  Coordinatcn- 
System  mit  der  Rotationsaxe  als  Axe  der  rc,  im  Bezug  auf  welches  die  Mittel- 
punkte der  mit  elektrischer  Masse  belegten  Axenstücke  die  Entfernung  von 
der  Axe  der  y  haben,  resp. 

Oj ,        ©2 »        ^3  >  •  •  •  •        ^q  t 
so  kann  sich  an  dem  bereits  gefundenen  Ausdruck  ftlr  Us  nichts  weiter  än- 
dern, als  dass  an  die  Stelle  von  o;  jetzt  ar-j-^;) tritt,  so  dass  wir  erhalten: 

X  -\-  hp  '\'  hp 


arc  tng 


y 


n  -*  (.r  +  hp  —  y  tngcc)  i     , 
8.    Us  =    J>/'  ^"  «"       l     e      ^^  --- 

"         y 


auf  Conductoren  o.  s.  w.  von  Th.  Köttbsitzsch. 


137 


-i^\-»    »^-'.^    ,*~,^W<"    ^  W^i^^*«^    - 


arc  tng 

» 


Äp  —  X  —  bp 


nj^{x  +  bp  +  ytnga)i  ^^ 


cosa 


arc  tng 


—  hp  —  a?  —  6| 


7     +  oo 


=  ^P  ^a 


P 

n 


1        -CX> 


x+bp  +  hp+yy*  +  (x  +  bp+hp)^ 


(-+*-!  [t-I])'.« 


u 


^^  +  bp-'hp+yy»+{x  +  bp--hp)* 

y 


T*  — <x>  2 


%7H*'A(T-T)}'<f« 


K 


-  .T  -  bp  -hp+  yy^+  (x+  bp  +  h^* 

y 

Nach  der  dritten  oder  vierten  dieser  Transformationen  von  ü,  ist  nun 
dessen  Berechnung  für  jedes  beliebige  x  und  y  leicht  durch  einfache  Beihen- 
eniwickelnng  der  Exponentialgrösse. 

J  O   TT  ^    TT 

Analog  wie  üg  lässt  sich  auch  —11,=    ^      -f"  y     ^      umgestalten. 
Für  unsern  Zweck  wird  die  folgende  Transformation  genügen. 
Aus  1,  pag.  128  folgt: 


+  A, 


d 


-Ä. 


X Q 

Setzt  man ^  =s  tng  a.  so  folgt 

y 

Zeittchrin  f.  Mathomafik  u.  Physik  XIII,  2. 


Vi 


138    Die  mathematische  Bestimmung  der  Vertheilung  der  Elektrieität 


d 


arc  tng  ■ — — 

-^  -\-y    ^~=^  —  I fp{^—y tng a) [Striae ycosa]da. 

arc  tng 


•     +00 
Also  auch ,  da  fp  (^)  == 


n-r—  pt 

n 


—  00 


cerc  tng 


x  +  h, 


dx  "^^  dy 


^«  —      I    c       ^  \sinu-\-y  co8(ji\da. 


arc  tng 


X  —  Ai 


Endlich  beim  Uebergang  auf  das  pag.  136  angenommene  feste  Coordi 
natensystem : 

x  +  bp  +  hp 


arc  tng 


y 


dx  dy 


^^— ^     \    e     ^  [sina-^-y  cosa]dct. 

1      ^^  2/ 


arctang 


X-\'  bp  —  Äp 


Wir  schreiben  hierfür  kurz : 


indem 

x  +  bp 
arc  tng  — ■ — =- 

r 


n,    z,  = 


e 


n  ^  (x  +  bp  —y  tng  a)  i 

^  \sin a-\-y  cosotlda 


J 

arc  tng 


x+b 


P 


arc  tng 


y 

X  +  A;»  +  hp 

y 


10       7    — 


n  j—(x  +  bp—y  tng  a)  i 

^  [sin  ff + y'  COS  tt\dct 


I 


arc  tnq  - 

y 


auf  Conductoren  u.  s.  w.  von  Th.  Kötteritzsci!.  139 


§6. 
Bestimmung  der  Coefflclenten  c^. 

Bei  der  Bestimmung  der  Coefficienten  a^  haben  wir  folgende  Relatio- 
nen zu  erfiillen. 

Nach  Seite  129  und  128  IT,  und  I, 

1,      f  f.  {9)  dQ  =  A, 

q      \  00      p 

eine  identische  Gleichung,  sobald  in  ihr  der  Werth  von  y  als  Function  von 
X  mittelst  der  Gleichung 

3,    y  =  9t  (pc) 
sabstitnirt  wird. 

Femer  nach  pag.  129 : 

endlich  die  Werthe  von  Z^  und  Zj  nach  pag.  138. 

Jede  dieser  4  Gleichungen  repräsentirt  deren  g ,  indem  p  oder  $  alle 
ganzzahligen  Werthe  von  1  bis  q  annehmen  kann. 

Nach  der  Gleichung  4  genügen  die  a^  bekanntlich  auch  folgenden  Re- 
lationen : 


"p  (0  ro«  (n  -^  0  rf< ;   ßl^~—  If^  (0  sin  {«  ~  /)  dt. 

Seiner  Bedeutung  nach  (pag.  128)  kann  aber  fp  (^)  nur  reell  sein ,  da- 
raus folgt  weiter,  dass  der  reelle  Theil  von  a^eine  gerade,  der  imaginäre 
eine  ungerade  Function  von  n  sei ,  oder  dass 

Mit  Beachtung  der  Gleichungen  5,  überzeugt  man  sich  leicht,  dass  11$  nach 
8,  pag.  136  nur  reelle  Werthe  enthält. 

Setzt  man  den  Werth  von  /*,  {q)  nach  Gleichung  4 ,  in  die  Gleichung 
1,  ein,  80  erhält  man 


140    Die  mathematische  Bestimmung  der  Vfertheilung  der  Elektricität 


N.-^«^  •-»— ,^,-^,-1.  ^^r-"  -%^^  >^*N  *\.-x'>--v  v.^   >•-.*.   v/%  *"  •Ny%y>-'N«    *  •^^*s^^  •".• 


2  a^  A,  ==  Ä, 
oder 

^'   ''•=T  AT' 

eine  Oleichung,  die  deren  wiederum  nach  der  Bedeutung  von  sq^  repräsen- 
tiren  kann. 

Zur  Bestimmung  der  übrigen  CoefBcienten  a^  bleibt   nun    allein    nur 
noch  die  Gleichung 

übrig.   Wir  denken  uns  zunächst  y  mit  Hülfe  der  Gleichung  .3 ,  aus  —  und 

Z  ^ 

—  eliminirt,  wodurch  die  Gleichung  2,  übergehen  mag  in  die  Identität: 

+  O0 


8,  y?  ^  <  {*!  (''i ^)  +  *2  («» ^)}  -  0. 


n 

1        -OO 


if/]  (/},  o:)  und  t/Zj  (/i,  x)  sind  dann  eindeutige  und  stetige  Functionen  von  n 
und  x\  zugleich  sind  ihre  reellen  Theile  gerade,  ihre  imaginären,  ungerade 
Functionen  von  n.  Setzen  wir  nun  n  gleich  einer  beliebigen  complexen 
Zahl,  etwa 

«  =  fi  +  IV, 

so  ist  ersichtlich ,  dass ,  weil  der  Factor  von  n  in  Z, ,  nämlich  7~  (^  -h   ^/> 

kp 

—  y  ing  a)  i  nur  positive ,  dagegen  in  Zj  nur  negative  Werthe  annehmen 

kann, 

Z, ,  also  auch  if/j  (/},  o;),  endlich  und  stetig  bleibt,  wenn 

{L  den  Weg  von  —  cx>  bis  -f"  o^  ^^^ 

V  den  Weg  von  0  bis  -|-  oo  durchläuft ; 

Z./,  also  auch  if/j  {n^  x)  endlich  und  stetig  bleibt ,  wenn 
{L  den  Weg  von  —  oo  bis  +  oo  und 

V  den  Weg  von  0  bis  —  oo  durchläuft. 

Es  ist  also  tf/j  (n,  x)  eine  synectische  Function  von  n  für  alle  Punkte 
auf  der  positiven  Seite  derAxe  der  ^  und  if/j  ipyx)  dasselbe  fUr  alle  Punkte 
auf  der  negativen  Seite  der  Axe  der  fi. 

Femer  ist  ersichtlich ,  dass ,  wenn  n  =  Re^^ 

Ä  =  oo  **  («1  a:)  =  0, 

wenn  n  =  Äe~*® 

Lim  ,        .        ^ 

Ä  =  oo  ^-^  (w,  x)  =  0, 

vorausgesetzt,  dass 

0    <(^    <7t. 


»of  Conductoren  u.  8.  w.  von  Th.  Köttebitzsch. 


141 


^*^»  •■^.^■^^^■^■^^w^m 


Bilden  wir  nun 


Fig.  i. 


dn^ 


toflgedehnt  über  einen  Integrationsweg,  wie 
ihn  Figur  1  darstellt,  und 


^  ß^^dn, 


Fig.  2. 


insgedehnt  über  einen  Intogrationsweg  nach 
Flgar  2,  so  ist  /,  =  /j  =  0  und  wir  erhal- 
ten die  Relationen 


c  •  u  « +  »-t 

0 


e  0  « +  Ta 

0 


de. 


Lassen  wir  nun  r^  und  r.,  unendlich  ab-,  dagegen  /{  unendlich  zuneh- 
men, so  verschwinden  die  letzten,  /{enthaltenden,  Integrale  und  wir  erhalten 
die  beiden  Gleichungen : 

+  00 


—  cx> 


-  oo 
aas  welchen  folgt: 


11 


4-  OO 

I       /         ^\        1  ,       /  \  ^  7^1  (f*7  ^)    —    '«^•2  (f*7  ^)      . 


-OO 


142    Die  mathematische  Bestimmung  der  Vertheilung  der  Elektricität 

Ist  weiter  zur  Abkürzung 

12,  *,  (ft,  o:)  —  1^2  (fi,  a;)  =  X|,  (^,  o:)  =  X* , 

80  ist  ersichtlich,  dass  X^  dieselben  Eigenschaften  besitzt,  die  wir  pag.  140 
als  dem  ilfi{n^x)  und  tf/jC^,  o:)  zukommend  anführten. 

Legen  wir  nun  dem  a  der  Gleichung  11,  alle  gauzzahligenWerthe  von 
—  oo  bis  -|-  oo  bei ,  so  ist 

13,  2  <  {ti  («,  x)  +  %  ('»»  ^)} 
—  cx> 

P^^     ^  \  (i      '    fi— 1    '   fi+l        f*— 2    '    fi+2  I 

-  (X> 

Setzt  man  weiter 
so  nimmt  die  Gleichimg  8,  pag.  140  folgende  Form  an : 


X, 


i,   f{X[Ä, 


15,    1  {X[  X^  +  X^  X,-\- X,  X,  + -\-X[X^}d^  =  0 

—  oo 

eine  Gleichung,  die  deren  q  repräscntirt,  indem  s  alle  ganzzahligcuWerthe 
von  1  bis  q  zu  durchlaufen  hat. 

Mit  Beachtung  von  5,  pag.  139  ist  ferner  leicht  ersichtlich,  dass  auch 
in  Xpdie  reellen  Theilo  gerade,  die  imaginären  ungerade  Functionen  von 
fi  sind. 

Die  sich  aus  15,  ergebenden  q  Gleichimgen  sind  nun  auch  die  einzigen 

weiteren  Gleichungen,  die  sich  zur  Berechnung  der  «^ergeben. 

Setzen  wir  die  zu  integrirende  Function 

16,  x;z^+x;jr,  +  ....  +  x;^^  =  c, »-, 

WO  Cs  eine  reelle  Constante  bedeuten  möge,  so  hat  JVs  folgende  wesentlicbc 
Eigenschaften : 

1,  Ws  ist  eine  Function  von  (i  und  x. 

2,  fV^  wird  unendlich  für  jeden  reellen  ganzzahligen  Werth  von  fi. 

3,  Ws  wird  Null  für  f*  =  +  oo. 

4,  Jfs  ist  endlich  und  stetig  für  Werthe  von  [i  die  nicht  unter  den  Fall 

2,  gehören,  auch  wenn  (i  eine  endliche  complexe  Grösse  ist. 

5,  Der  reelle  Theil  von  W,  ist  eine  gerade ,  der  imaginäre  Theil  eine 

ungerade  Function  von  fi, 

6,  Ws  wird  unendlich ,    sobald  ft  =   +  '  oo  -f-  / ,    wenn  /  eine  reelle 

Grösse  bedeutet. 

7,  fV,  verschwindet  für  or  =  +  oo;  |i*  endlich. 


auf  Conductoren  u.  s.  w.  von  Th.  Köttekitzsch.  143 


\,   J  Wsd(i  =  0. 


8. 

—  oo 
Sind  nun  Wi^   W^^   f^3  ....  Wq  Functionen  von  ^i,  und  j;,  denen  die 

eben  genannten  Eigenschaften  zukommen,  so  folgt  aus  der  Gleichung  16, 
das  für  die  Xp  lineare  System  von  Gleichungen : 

Xj  Xj  +  Xg  -^2  +  Xj  ^3  + +  Xj  X^  =  Cj   W^ 

^1  ^1  "h  ^  ^2  "f"  ^»  -^3  "f"     •  •  •  •    "^^q^q^^  ^2    ^2 
X^  A^j  +  X^  ^2  "H  ^3  -^3  "1"    •   •   •  •    "^  ^q^q"^^  ^^^i 

Ist  R  die  Determinante  dieser  Gleichungen,  so  ist: 
17,     RXp=Ct  W', ---^+cj»',— 5-  +  c,fF,— 5   +.... 

8Xp  ax^  ax^ 

^      ax*        p 

p 


Nimmt  man  nun 


-f-i 


Xp  dii=   I     -^  d(i 


fi  als  complexe  Variable  gedacht  und  das  Integral  ausgedehnt  Über  einen 
Kreis,  dessen  Radius  kleiner  als  Eins  ist  und  dessen  Mittelpunkt  der  auf 
der  reellen  Axe  gelegene  Punkt  |x  =  n  ist,  so  ist 


J^^''^-'kj^n-'<- 


Folglich  ergeben  sich  bei  zweckmässig  gewähltem  Integrationsweg  alle 
Coefficienten  J*  in  der  Form : 


\  jx,dt.  =  \  J   ^rf^ 


18.     <  =   2 
Oder  bei  Ausführung  der  Integration : 

Die  Constanten  c^,  Cj,  c.^  ....  c^  können  auf  folgende  Weise  bestimmt 
werden:  Dividirt  man  die  Gleichung  17,  durch  R  und  integrirt  dann  die 
so  entstandene  und  noch  mit  dfi  multiplicirtc  Gleichung,  indem  man  als 
Integrationsweg  einen  um  den  Nullpunkt  mit  einem  Radius  kleiner  als  Eins 
beschriebenen  Elreis  wählt,  so  ist  mit  Rücksicht  aufNo.  18  und  7,  wenn 
noch  abkürzungsweise 


144    Die  mathematische  Bestimmung  der  Vertheilnng  der  Elektricität 


gesetzt  wird ,  das  System  Gleichungen  gültig : 


c,N\  +  c,Nl  +  c,Nl  + +  cX=«S=-^T* 


1 

c,K  +  '=2«l  +  '=,K-h +  ',^»^<=Yf, 

c,Nl-\-c,Nl  +  c,fil  + +  c,iVj=««  =  |-^ 

Hiermit  sind  die  Constanten  Factoren  Cp  vollständig  bestimmt. 
Von  der  Gleichung  pag.  129 

20,    fpiQ)  =  ^a^,e''hp^' 

—  oo 

7t  Jf  TU 

=  Co  +  6'j  C05  — -  9  -f"  ^2  ^^*  2  —  Q-^C^cosS  —  Q  -{- 

hp  Zip  fip 

Tfi  7t  7t 

-j-  J^i  sin-—  Q-{- 2>2  **'*  2  -—  o  +  2>.,  5in  3  —   ^  +  — 
hp  hp  hp 

ist  also  nun  die  rechte  Seite  als  in  allen  ihren  Theilen  bekannt  anzusehen. 

Soll  die  Gleichung  20,  aber  für  uns  branchbare  Resultate  enthalten,  so 

muss  sie  noch  die  beiden  Bedingungen  erfüllen : 

1,  ihre  rechte  Seite  muss  convergent  sein, 

2,  die  Constanten  C  und  D  müssen  von  x  unabhängig  sein. 

Die  erstere  Bedingung  verlangt,  dass  die  Beihen  der  absoluten  Werthe 
der  C  und  der  2>  abnehmen. 

Die  zweite  Bedingung  verlangt,  dass  der  aus  17,  folgende  Werth  von 
^pvon  X  unabhängig  sei,  d.  h.  dass  man  die  hp  und  bp  so  wähle,  dass  sie 
neben  der  Bedingung,  dass  die  angenommenen  elektrischen  Massen  voll- 
ständig innerhalb  der  gegebenen  Conductoren  liegen,  auch  noch  die  Diffe- 
rentialgleichung 


dx  ^  dx 


21,     Ä  i^  =  F^ 

erfüllen. 

Die  Realisirbarkeit  der  letzten  beiden  Bedingungen  ist  zugleich  das 
Kriterium  dafür,  ob  überhaupt  die  gestellte  Aufgabe  lösbar  sei  oder  nicht. 


auf  Conductoren  u.  s.  w.  von  Th.  Kötteritzsch.  145 


§7. 
Bestimmung  der  Function  fpio)  selbst. 

Nachdem  wir  durch  die  Gleichung  20,  pag.  144  die  Entwickelung  von 
fp  (q)  in  eine  Fouriersche  Reihe  kennen  gelernt  hahen,  handelt  es  sich  noch 
darum,  diese  Function  fp  (q)  selbst  zu  bestimmen. 

Ich  erinnere  hier  an  eine  Abhandlung*)  meines  hochverehrten  Leh- 
rers, des  H.  Hofrath  Schlömilch,  in  welcher  folgende  Theoreme  bewiesen 
werden : 

Ist  f'  {z)  =  —f(^z)  =  f*  {u  -^  it)  zwischen  den  Grenzen  für  u,  0  und 
cx>,  für  /,  —  c»  und  -|-  oo,  nirgends  unendlich,  so  ist 

1.  l  f(0)  -i-  f{l)  cos X  +  f{2)  cos2 X  +  f{3)  cos3 X  +  .... 

e  («- a:) < ^  e - («-^) <  n-it) -/-(+ .0.  ^, 

^nl g  — «'  2  t 

0 

7t  ^X    ^0. 

2,  f{\)  sin  X  +  /•(2)  sin  2x  +  f(3)  ««  3  a:  +  . . .. 

<x> 

7t>   X    >    0. 

7t 

Schreibt  man  in  diesen  beiden  Formeln  für  x  -r-  Q  und  addirt  dann 

hp 

beide ,  so  erhält  man  unter  der  Bedingung 

Ä^>  ^>0, 
wenn  man  noch  die  /*  durch  angehängte  Indices  sondert,  die  Gleichung: 

2 /■.  (0) +/•,  (1)  CO« -^  *  + /•,  (2)  co»2 -^  9  + /i  (3)  cos  3 -^  9  + . .  . 
+/i(l)«.«  •^?  +  A(2)««2  ^^  +  /i(3)  ««3  ^  Q  +  ... 


e"'  —  e 

0 


-'^(A,-P)^<^,-CA;,-P)^t    ^  /•,(-,<)-/-,(-f  ,7) 

0 


dt 


0 


•)  Ddveloppement  de  deux  formules  suinmatoiroB.     Journal  von  Grelle  Bd,  4^, 
pag.*  125. 


146     Die  mathematische  Bestimmung  der  Vertheilung  der  Elektricität 


--^-^.X'.--  ^  ^  y-i^-^r-^».^^   ^:^.^^^-  ^^^^.^'.^-,^.^^'S^S.f  ^  -^^m'  .'  ••  J^  ^    ^-  ^-t  ^-w-  ^~  « 


Setzen  wir  in  der  Gleichung  20,  pag.  144 

^0  =  y  <Pi  (0);  On  =  9>i  ('») ;  J>n  =  9>2  W 
und  zur  Abkürzung  wenn  A^*  >  ^  >  0 


0 


/ 


e.  (*''-«')^'^e  -(*'-•) Ä7'     y,(-.0+y.(+'0  ^,  _  p 


^«^ ^  — jr/ 


0 

so  können  wir,  so  lange 

A;,  >  ^  >  0 

die  Gleichung  20,  pag.  144  auch  schreiben: 

Ist  dagegen 

—  Ä,,  <  9  <  0 
so  ist,  wie  leicht  ersichtlich 

fr  (?)  =  ^1  -  ^'j- 
Deuten  wir  den  Werth  von  f^  (^)  fär  ein  positives  p  durch  /"^  (+  ^), 

für  ein  negatives  9  durch  fp  ( —  ^)  an,  so  ist  auch  der  Werth  von  fp  (9),  so- 
weit er  uns  überhaupt  interessiren  kann,  bestimmt  durch  die  Gleichungen: 

4.  /■,.(+?)+/■;<  (-e)  =  2  F,. 

5.  /■,<(+ P) -/;-(-?)  =  2  F,. 

0 


dt. 


0 

Hiermit  ist  /*^  (p)  bestimmt,  so  lange  gpj'  (z)  =  9/  (m  -|-  i7)  und  fp^  (*) 
=  gpj'  C*^  "f"  «0  iiicht  unendlich  werden  für  einen  Werth  von  u  zwischen 
0  und  +  00  >  von  /,  zwischen  —  00  und  +  00. 

Die  speciellen  Fälle,  wo  diese  Bedingungen  nicht  stattfinden,  können 
hier  bei  unserer  allgemeinen  Betrachtung  nicht  weiter  discutirt  werden, 
sie  werden  sich  aber  im  Allgemeinen  durch  eine  der  pag.  141  angewandten 
ähnliche  Methode  lösen  lassen. 


auf  Conductoren  u.  s.  w.  von  Tli.  Kötteritzsch.  147 


■  y~w-rf     .      -  •»•-•v'-w^ 


§  8. 
Schlussbemerkungen. 

Sollte  die  Aufgabe  in  der  Fassung  der  pag.  125  unlösbar  sein ,  so 
wird  sie  docb  nach  dem,  was  über  Symraetrieverhältnisse  gesagt  wurde, 
immer  lösbar  sein,  wenn  die  anzunehmenden  elektrischen  Massen  als 
irgend  wie  symmetrisch  zur  Rotationsaxe  angeordnet  im  Innern  der  ein- 
zelnen Conductoren  angenommen  werden.  Es  ist  dann  statt  der  pag.  128 
eingeführten  Function  fy  {q)  eine  Function  fp  (p,  c)  zu  bestimmen,  wenn  q 
und  a  die  Coordinaten  eines  Punktes  im  Innern  der  Meridiancurven  des 
/>'*•"  Conductors  sind.  Denkt  man  sich  fp  (q^c)  ebenfalls  in  eineFourier'sche 
Reihe  entwickelt,  so  ist  dann  auch  die  Bestimmung  von  fp  (^,  a)  ganz  ana- 
log der  Bestimmung  von  fp  {q)  ausführbar. 

Diese  Methode  ist  immer  anzuwenden ,  wenn  die  von  Rotationsflächen 
mit  gemeinschaftlicher. Rotationsaxe  umschlossenen  Conductoren  einander 
einschliessen. 

Es  ist  dann  auf  diesem  Wege  weitergehend  nicht  besonders  schwie- 
rig, die  elektrische  Vertheilung  auf  einem  beliebigen  Conductorensystem 
zu  bestimmen. 

Das  Schwierigste  bei  der  Lösung  des  vorgelegten  Problems  ist  immer 
die  Beschaffung  der  pag.  142  eingeführten  Function  W,  Die  genauere  Be- 
stimmung dieser  Functionen  muss  einer  besonderen  Arbeit  vorbehalten 
bleiben. 

Die  Wichtigkeit  der  Lösung  des  vorgelegten  Problems  sowohl  fUr 
strömende,  als  auch  für  statische  Elektricität,  bedarf  für  den  Physiker  zu 
ihrer  Begründung  keiner  Worte. 

Endlich  bemerke  ich  noch,  dass  für  mich  bei  Abfassung  dieser  Arbeit 
namentlich  der  Gesichtspunkt  massgebend  war,  für  das  Experiment  eine 
solche  theoretische  Grundlage  zu  erlangen,  dass  die  Ergebnisse  des  Experi- 
mentes mit  beliebiger  Genauigkeit  vorher  bestimmt  werden  können.  Es 
galt  daher  auch  für  mich  nicht  z.  B.  bestimmte  Integrale  zu  entwickeln,  son- 
dern nur  anzugeben,  indem  dann  jeder  auf  höchst  einfachem  Wege,  z.  B. 
mit  Hülfe  eines  Planimeters,  den  Werth  des  bestimmten  Integrales  beliebig 
genau  sich  verschaffen  kann. 


IQeinere  Mittheilungen. 


17.  Lineare  Constraction  dei  PnnktepaareB,  welches  n.Ewei  gegebenen 
Pnnktepaaren  gleichzeitig  harmonisch  ist  Von  Dr.  Grelle.  Angesichts 
des  bekannteix  Satzes  über  die  Eigenschaften  der  Durchschnitte  der 
Diagonalen  eines  vollständigen  Vierecks  liegt  der  Gedanke  nahe,  das 
Punktepaar,  welches  zu  zwei  gegebenen  Punktepaaren  gleichzeitig  har- 
monisch ist,  im  Fünfeck  zu  suchen.  Und  in  der  That,  zerlegt  man  ein 
Fünfeck  auf  zweierlei  Art  durch  eine  Diagonale  so  je  in  ein  Dreieck 
und  ein  Viereck ,  dass  die  beiden  Vierecke  eine  Diagonale  gemeinschaft- 
lich haben,  vervollständigt  die  Vierecke ,  so  wird  man  auf  dieser  gemein- 
samen Diagonale  zwei  Punktepaare  erhalten,  welche  zu  dem  Paare,  das 
die  durch  jene  Diagonale  verbundenen  Ecken  des  Fünfecks  bilden, 
gleichzeitig  harmonisch  sind.  Um  demnach  aus  jenen  beiden  ersten 
Paaren  das  dritte  construiren  zu  können,  muss  man  versuchen,  aus  den 
gegebenen  vier  Punkten  das  Fünfeck  herzustellen.  Untersucht  man  zu 
diesem  Zwecke  die  Lage  verschiedener  Linien  und  Punkte  im  Fünfeck, 
so  gelangt  man  zu  den  gewissen  Gesetzen ,  die  in  der  That  die  gestellte 
Aufgabe  lösen.  Diese  Gesetze  sollen  in  dem  Folgenden  mitgetheilt  wer- 
den, ohne  jedoch  dabei  das  Fünfeck  als  Ausgangspunkt  zu  nehmen;  es 
würde  nämlich  sonst  eine  so  grosse  Fülle  von  Linien  und  Punkten  in 
Betracht  zu  ziehen  sein,  dass  ich  ftlrchten  müsste ,  die  Geduld  des  Lesers 
zu  sehr  in  Anspruch  zu  nehmen. 

Die  Gleichungen  der  Punkte  des  gesuchten  Paares  seien  <i  =  0, 
6  =  0,  und  die  der  Punkte  der  gegebenen  Paare : 

.  p^a  — Xb  =  0  ri^  a  —  x6  =  0 

^^  ^  =  a-fA6  =  0,  *  =  a-fx6==0; 

ausserdem  seien   die  Gleichungen   irgend  zweier  Punkte   ausserhalb  der 
Geraden,  auf  welcher  jene  sechs  Punkte  liegen: 

(2)  '  =  ^ 

^  ^  m^Aa-^-Bh  +  Cc^O.     (Siehe  die  Figur.) 

Wh  ziehen  von  C  aus  je  eine  Gerade  durch  p  und  q^  von  m  aus  je 


Kleinere  Mittheilungen. 


149 


eine  Gerade  durch  r  and  s.     Die  cq  und  ms  schneiden   sich  in  einem 
Punkte  dy  als  dessen  Gleichung  man  leicht  findet: 


(3) 


Ax  —  B 
X  —  X 


(a+A6)4-Cc 


AX  —  B 
%  —  X 


(a  +x6)+^a+5ft+Cc=0. 


Durch  Vertauschung  des  +  x  mit  —  x,  des  -|-  X  mit  —  X  geht  hieraus 
sofort  die  Gleichung  des  Durchschnitts  g  der  pc  und  tnr  hervor  mit: 


(4) 


g  -  ^^^^  (a  -  Ib)  +  Cc  ==  0, 


während  man  die  Gleichung  des  Durchschnitts  f  der  es  und  mq  dadurch 
erhält,  dass  man  in  (3)  x  mit  X  und  umgekehrt  vertauscht.  Man  be- 
kommt : 

AX—ß 


(5) 


f^- 


K—X 


{a  +  x6)  +  Cc  =  0. 


Und  endlich  folgt  noch  aus  (3),  dass  die  Gleichung  des  Punktes  e,  der 
mit  d  ein  zu  c  und  q  harmonisches  Paar  bildet: 


(6) 


e    -  ^— ^  {a  -f  Xh)  ~Cc=^0, 

X A 


15()  Kleinere  Mittheilungen. 

und  die  des  Panktea  /t,  der  mit  d  ein  zu  $  und  m  harmonisches  Paar 
bildet : 

(7)  h-  —  "ihnl  (rt  +  K^)  +  ^a  -f-  ^ft  4-  Cc  =  0 

sein  muss. 

Es  wird  behauptet^  dass  die  Geraden,  welche  bez.  a  mit  e^  und  b 
mit  h  verbinden,  sich  in  einem  Punkte  der  fg  schneiden  müssen. 

Um  dieses  zu  zeigen,  stellen  wir  die  Gleichung  des  Durchschnitts  i 
der  ae  und  fg  her.  Zu  diesem  Zwecke  sind  drei  Constanten  Qy  o^  t  so 
zu  bestimmen,  dass: 

pö  +  <y  e  —  t  g+  f 

stattfindet.     Man  wird  finden: 

x-j-A                     x-j-il  X  —  X  ^ 

9  =  A-j-,    a. ^-^,    t  =  ^^, 

woraus  sich  als  die  gesuchte  Gleichung  des  Punktes  i  ergiebt: 

(8)  I  = Y  (a  +  x6)  +  ^fl  —  ^6  +  Cc  =  0. 

Aus  (7)  und  (8)  folgt  aber: 

h  —  i=2Bb, 

womit  obige  Behauptung  erwiesen  ist  Wenn  sich  demnach  eine  zweite 
Gerade  finden  lässt,  die  ebenso  wie  die  fg  den  Punkt  t  enthält,  so  ist 
damit  die  gestellte  Aufgabe  gelöst. 

Zur  Bestimmung  dieser  zweiten  Geraden  bedarf  es  zunächst  noch 
eines  dritttcn  Punktpaares,  ebenfalls  zum  Paare  a,  b  harmonisch.  Dieses 
ist  in  der  bis  jetzt  gezeichneten  Figur  bereits  vorhanden;  denn  da  aus 
(4)  und  (5)  folgt: 

f--g  =  ^±^^iAa-Bb), 

und  ausserdem: 

m  --  Cc^=  Aa  -{-  Bb 

ist,  so  schneiden  die  fg  und  cm  die  Gerade  der  gegebenen  vier  Punkte 
in  den  beiden  Punkten  u  und  v  der  Gleichungen : 

u  =  Aa  —  Bb  =  0 
V  EEi  Aa  '{'  Bb  =  0, 

d.  i.  in  zwei  Punkten,  die  ein  zu  a,  b  harmonisches  Paar  bilden. 

Verfährt  man  demnach  mit  den  Paaren  u,  v  und  />,  q  ebenso,  wie 
vorhin  mit  r,  s  und  ;>,  y,  wobei  nur  darauf  Acht  zu  geben  ist,  dass  der 
Punt  e  bei  der  letzten  Construction  dieselbe  Rolle  spielt  wie  bei  der 
vorherigen,  so  ist  t  und  damit  auch  das  Paar  a,  b  auf  lineare  Weise 
festgelegt. 

Mit    dem    geringsten  Aufwand    von  Geraden   wird   wohl   die  Sache 


Kleinere  Mittheilungen.  151 


-•  >*>- .  -'■ . 


erledigt,  wenn  man  das  durch  u  und  v  zu  legende  Linienpaar  von  m^ 
(siehe  die  Figur)  zieht.  Die  mju  schneidet  die  cd  in  d^,  und  ist  jetzt 
der  Punkt  c^,  von  welchem  aus  das  zweite  Linienpaar  durch  p  und  g 
zu  legen  ist,  auf  der  d^  c  so  zu  bestimmen,  dass  efj,  e  zu  q^  e^  harmo- 
nisch wird.  Alsdann  findet  man  leicht  die  Punkte  g^  und/\,  damit  die 
9i  f\ )  doQ  Punkt  I  und  schliesslich  die  Punkte  a  und  h. 

Auf  die  Bestimmung  zweier  Punkte  der  letzten  Art  läuft  die  Lösung 
verschiedener,  die  Kegelschnitte  betreffender  Probleme  hinaus  und 
zwar  namentlich  die  Construction  eines  Kegelschnitts  ans  4  Punkten 
und  1  Tangente,  4  Tangenten  und  1  Punkte,  3  Punkten  und  2  Tan- 
genten, 3  Tangenten  und  2  Punkten,  welche,  falls  die  gegebenen 
Punkte  nicht  in  den  gegebenen  Tangenten  liegen,  bekanntlich  bislang 
nur  mit  Hülfe  eines  Kreises  ausführbar  war,  nunmehr  aber  in  linearer 
Weise  geschehen  kann.  Es  soll  dieses  hier  an  den  beiden  ersten  jener 
vier  Aufgaben  gezeigt  werden. 

I.    Gegeben  1  Tangente  und  4  Punkte,   von  denen  keiner  der  Berüh- 
rungspunkt der  gegebenen  Tangente  ist. 

Verbindet  man  je  zwei  und  zwei  der  gegebenen  Punkte  in  der 
Weise,  dass  ein  dem  Kegelschnitte  eingeschriebenes  Viereck  entsteht,  be- 
zeichnet die  Gleichungen  der  Seiten  dieser  Figur  der  Reihe  nach  mit: 

«  =  0 

^  ^  c  =  0 

rf  EH  ^fl  +  Pft  +  Cc  =  0, 

80  ist  bekanntlich  die  Gleichung  des  zu  suchenden  Kegelschnittes: 

(10)  Kac-^hd^Oy 

wo  K  eine  Constante  bedeutet,  die  in  Bücksicht  auf  die  Bedingung,  dass 
die  gegebene  Gerade,  etwa  der  Gleichung: 

(11)  t  =  A^a-\'B^h'\'C^c  =  0 

die  Curve  berühren  soll,  zu  bestimmen  ist.  Setzt  man  zu  dem  Zweck 
den  Werth  von  d  in  (10)  ein: 

(12)  Kab-\'  Aah  +  Bb^  +  C6c  =  0 

und  eliminirt  darauf  aus  der  Kegelschnittsgleichung  in  dieser  Form 
und  aus  (11)  eine  der  Variabein,  z.  B.  6,  so  entsteht  unter  Benutzung 
der  Bezeichnungen: 

BC^—  B^C  =  q 
die  nach  a  und  c  quadratische  Gleichung: 

(13)  A^pa^  +  ac  (^ÄT  +  C,/>  +  ^,  y)  +  C^qc^  =  0, 

aas  der  man  durch  Auflösung  nach  a  zwei  Gleichungen  von  det  ¥^'t\si\ 


152  Kleinere  Mittheilungen. 


■•^  •^  *"•■  — ^*i*"  i^'w  > 


a  —  Ac  =  0,    a  —  |äc  =  0 

erhält.  Da  diese,  ihrer  Entstehung  zufolge,  den  Geraden  angehören, 
welche  die  beiden  Punkte,  die  der  Kegelschnitt  und  die  gegebene  Ge- 
rade /  =  0  gemeinsam  haben  j  je  mit  dem  Durchschnitte  der  a  =  0  und 
c  =  0  verbinden,  diese  beiden  Punkte  aber  zusammenfallen,  indem 
f  =  0  eine  Tangente  sein  soll,  so  muss  A  a=  |ii  sein,  d.  h.  muss  (13) 
gleiche  Wurzeln  haben.  Hierfür  ist  die  Bedingung: 
(14)  (^i^  K+C,p  +  A,qy^4.A,  C,  pq, 

welche  E  bestimmt.  Durch  Auflösung  nach  K  erhält  man  dafür  aber 
zwei  verschiedene  Werthe,  woraus  zu  schliessen  ist,  dass  es  zwei  Kegel- 
schnitte der  verlangten  Art  giebt.  Die  Lage  der  Punkte,  worin  diese 
beiden  Curven  die  i  =  0  berühren ,  ist  leicht  zu  erkennen ,  wenn  die 
beiden  aus  (14)  für  K  folgenden  Werthe  in  (13)  eingeführt  werden. 
Man  erhält  alsdann  als  Gleichungen  der  Geraden,  welche  die  Berüh- 
rungspunkte je  mit  dem  Durchschnitt  der  a  =  0,  c  =  0  verbinden : 


(15) 


a  +  c  l/Ai=0,     a  —  cl/SAÄ  =  0, 
r      A^p  r      A^p 


d.  i.  ein  zu  a  =  0,  c  »=  0  harmonisches  Linienpaar.  Was  für  irgend 
ein  Paar  gegenüberliegender  Seiten  des  eingeschriebenen  Vierecks  be- 
wiesen ist,  gilt  für  jedes.  Es  ist  demnach  gezeigt,  dass  die  beiden 
Berührungspunkte  ein  Paar  bilden,  gleichzeitig  harmo- 
nisch zu  den  beiden  Punktepaaren,  worin  je  zwei  gegen- 
überliegende Seiten  des  eingeschriebenen  Vierecks  die  ge- 
gebene Tangente  schneiden. 

Hiermit  ist  die  gestellte  Aufgabe  als  gelöst  zu  betrachten,  da  nach 
dem  Satz  vom  PascaPschen  Sechseck  jetzt  jede  beliebige  Anzahl  von 
Punkten,  die  den  gesuchten  Kegelschnitten  angehören,  construirt  wer- 
den kann. 

n.    Gegeben  4  Tangenten  und  1  Punkt,  der  in  keiner  der  Tangenten 
Uegt. 

Die  Formeln  der  letzten  Betrachtung  beziehen  sich  ohne  Weiteres 
auf  diesen  Fall,  wenn  man  sich  unter  a=sO,  6  =  0,  c  =  0  jetzt  die 
Gleichungen  irgend  dreier  aufeinander  folgender  Eckpunkte  des  aus  den 
gegebenen  Tangenten  gebildeten  umschriebenen  Vierecks  denkt.  Als- 
dann ist  cf  BS  0  die  Gleichung  der  vierten  Ecke  dieser  Figur,  t  =  0  die 
des  gegebenen  Punktes,  und  ist  (12)  die  Gleichung  zwischen  den  Drei- 
eckcoordinaten  der  Tangenten  des  dem  Viereck  eingeschriebenen  Kegel- 
schnitts. Folglich  sind  a  —  Ac  =  0  und  a  —  fi  c  =  0  die  Gleichungen 
zweier  Punkte  auf  der  Diagonalen  ac  so  gelegen,  dass  ihre  gerad- 
linigen Verbindungen  mit  A  Tangenten  sind,  sodass,  weil  f  ein  Kegel- 
schnittspunkt ist,   wieder  wie   vorhin  fA  =  A  sein   mass.     Man  hat  also 


Kleinere  Mittheilungen.  15ä 

nk'ieder  die  für  if  quadratische  Bestimmangsgleichong  (14),  woraus,  ebensowie 
▼orbin ,  auf  die  Existenz  zweier  Curven  der  verlangten  Art  zu  scbliessen 
ist.  Und  zwar  haben  diese  wegen  (15)  solche  Lage,  dass  ihre 
Tangenten  in  dem  gegebenen  Punkte  /  ein  Linienpaar  bil- 
den, gleichzeitig  harmonisch  zu  den  beiden  Linienpaaren, 
die  man  durch  Verbindung  des  Punktes  /je  mit  zwei  gegen- 
überliegenden Ecken  des  umschriebenen  Vierecks  erhält. 

Hannover,  im  Januar  18G8. 


V.  üeber  das  grösite  tintv  Ellipse  einbeschriebjBiie  it-Eck.  Von  Dr. 
Grelle.  Die  Ellipse  ^  -\-  72=  1  kann  man  als  rechtwinklige  Pro- 
jektion des  Kreises  x^  -\-  y^  =  a^  ansehn,  dessen  Ebene  die  der  Ellipse 
in  ihrer  grossen  Achse  unter  dem  Winkel  arc  cos  (  —  j  schneidet.  Folg- 
lich ist  das  grösste  der  Ellipse  eingeschriebene  n-Eck  die  Projektion 
eines  grössten  dem  Kreis  eingeschriebenen  n  -  Ecks.  Dieses  Iftsst  sich 
folgendermassen  bestimmen. 

Sind  die  Coordinaten  der  n  Eckpunkte  Pj,  Pj»  ^3>  •  •  •  ^«  ^^^  der 
positiven  or- Achse  nach  links  herumgerechnet  o?],  ^i;  ^2)  ^21  ^3)  ^31  *  *  -  • 
^mj  ynj  dann  yist  der  Inhalt  des  eingeschriebenen  Polygons : 

W     «  =  i  [y\  3:2  —  ^2^1+^2^3  —  ^3  ^2  +  ^3  ^4  —  ^4  ^3  + 

-f  y„_i  x„  —  y«  ar„_i  +  y«  a:,  —  y,  arj, 

wenn  die  Bedingungen  erfüllt  werden: 

x^^'\-y,^^  =  a^ 
(2)  


^n^  +  yn^  =    «' 


Um  das  Maximum  von  t  zu  erhalten,   sind   demnach   die  partiellen 
ersten  Abgeleiteten  nach  x^^  oTj,  ...  x„^  y^,  y.^,  .  ,  .  y»  von 

(3)      "  =  i  [y\  ^2  —  ^2  a^i  +  ^2  •'^3  —  ^3  ^2  —  +  yn  ^^i  —  Vi  a:«] 
+  ^,  [--^i^  +  yi'  -  «']  +  ^2  [^2'  +  ^2^  -  «']  + 

+  ^H  [a:«^  +  yn^  —  «^], 

wo  X,,  x.^,  .  .  .  .  x„  vor  der  Uand   beliebige  Constante  bedeuten,  einzeln 
gleich  Null  zu  setzen.     Dies  giebt: 

'Ipittrhri/t  /.  Maiht'iiialik  u.  Phymk  XIII,  2.  W 


154 


Kleinere  Mittheilungen. 


()U 

du 
du 


—yQ+yn 


y^ir^^+2K,x,=o 


{i){da 


3 


(du_ 

du 

^y^ 

du 


mTa  *"^~  HC  f 


+  2x,.v,=0 


^ys 


^x,,  2 


du 

dyn-\ 


■a:„__2+^i 


+2jc„_ii^«_i=() 


^«==^-rl+^.  +  2x,y.=0. 


l»y 


Durch  Elimination  von  x,  ans  den  beiden  ersten,  von  x.^  aus  den 
beiden  zweiten  u.  s.  w.  Gleichungen  der  Systeme  (4)  und  (5)  er- 
hält  man: 

(—  y^  +  y»)  y\  =  (^2  —  ^»)  ^1 
(6;  (^2  —  ^4)  y^  =  (—  ^2  +  ^4)  ^3 


(y»-2  —  yn)  ym-i  =  {—  Xn^%  +  ar^)  ir,^i 
(y„_i  —  2/1)  y«     =  (—  a:»-i  +  ^i)  ^« 

Die  Summe  von  irgend  (w  — 1)  dieser  Gleichungen  (G)  ist  immer 
die  n^^;  zur  Bestimmung  der  2n  Unbekannten  x^  .  .  .  x^^  y^  *  .  .  yn  h»t 
man  also  nur  2w — 1  Gleichungen  [(2)  und  (6)],  woraus  hervorgeht,  dass 
es  unendlich  viele  einem  Kreis  eingeschriebene  grösste  n^Ecke  giebt. 
Ihre  Beschaffenheit  ist  leicht  zu  erkennen,  wenn  man  aus  (G)  durch 
Auflösung  der  Klammern  und  nachherige  Division  mit  a^  zunächst  zieht: 


(7) 


y  1   .Vi      I    ^   ^2  ^2  ^3  j^    *^2    ^3 


a    a  a    a 


an  a     a 


x^  x^ 


^3^4     1 

a    a  a     a 


y„-i  yn     ,    .-^-1   Xn^  ^^ 
a      a  n        a 


yn  yx 

a    a 


+ 


a     a 


und  darauf  in  diese  Bedingungsgleichung  für  die  Coordinatcn  der  Eck- 
punkte eines  grössten  Kreis -n -Ecks  die  Winkel  einführt,  welche  die 
Halbmesser  jener  Eckpunkte  mit  der  positiven  ar-Achse  bilden.  Werden 
diese  nämlich  der  Keihe  nach  mit  cT],  a.^^  ...  a„  bezeichnet,  so  lässt 
sich  (7)  in  der  Form  geben: 

(8)     cos  («2  —  cfj)  =  cos  {a^  — '^2)  ^^^  ^^*  (''4  —  ^'a)  =  .  •  .  =  cos  {a„  —  cr»_i) 

=  cos  {2n  —  a„  -\-  or,), 
woraus 

flfj  «1  =  «3  «2  =  «^4  «3  =   .   •  =  0^»   -^  ««-1  =  2  7t   —    «„    -f  O,, 

und   in    weiterer   Folge   zu   schliesscn   ist,    dass   von    allen    einem  Kreis 
e/ngeschrieheDon  w- Ecken  das  regelmässige  das  grösste  sein  mnss. 


Kleinere  Mittheilungen.  155 


x^  =  a  cos  9,     a  cos 


Um  die  Lage  der  Projektionen  der  Eckpunkte  eines  solchen  regel- 
mässigen Polygons  auf  die  Ellipsenebene  kennen  zu  lernen,  nehmen  wir 
an,  dass  von  irgend  einem  Kreispnnkte  der  Abscisse  x^  aus  in  dem 
Kreise  ein  regelmässiges  n-Eck  constrnirt  wäre.  Wird  der  Winkel  des 
Halbmessers  dieses  Punktes  mit  der  positiven  o:- Achse  g)  genannt,  dann 
sind  die  Coordinaten  der  Eckpunkte  dieses  Kreispolygons  der  Reihe  nach: 

y^  =  a  sm  (p^     a  sm  {q>  -\-  — I,      n  sm  I  gp  +  2  — j,  .  .  • 

demnach  die  der  Eckpunkte  eines  grössten  einer  Ellipse  ein- 
geschriebenen n-Ecks: 

x^  =  a  cos  9>,      a  cos  {(f-f-         I,     a  cos  I  g)  -j-  "   "    I» 

/  2^\  /  2:e\ 

y^z=b  ^in  9>,      b  sin  {<p  -^  -     j^     h  sin  iq>  -■{'  2  — I  . . .  ., 

'  woraus  sich  ohne  Mühe  die  folgende  Construktion  eine^  grössten  Ellipsen- 

x^         y^ 
n-Ecks   ableitet:     Man   beschreibe  um    die   Ellipse  —  -4-  -,-,  =  1 

den  Kreis  x'^ -\- y'^  =  a'^  und  construire  in  letztem  irgend  ein 
regelmässiges  n-Eck;  die  Ordinaten  der  Eckpunkte  dieser 
Figur  schneiden  alsdann  die  Ellipse  in  den  Eckpunkten 
des  gesuchten  Vielecks.  In  einigen  speziellen  Fällen  z.  B.  dcfnon 
des  Dreiecks  und  Vierecks  kann  man  den  Kreis  vermeiden. 

Nach  Vorigem  sind  nämlich  die  Coordinaten  der  Eckpunkte  /^^  (>,, 
/^j  eines  grössten  Ellipsendreiecks: 

ix^  =  acos(p  J  —  a  cos  (60^  —  q>)        «   .  J  —  a  cos  (60"  +  (f) 

^^''^y^=b  sinq>,     ^  '  •  j  -f  ft  sin  (60«  —  (p\      ^''\—b  sin  (60«+^). 

Hieraus  erhält  man  als  Gleichung  einer  durch  P^  und  den  Coordi- 
naten-Anfang  A  gelegten  Geraden,  wenn  noch  die  Projektion  des  Win- 
kels (p  auf  die  Ellipsen-Ebene  mit  er  bezeichnet  wird,  sodass  tgq>  =  -tga 
sein  mnss:  y  .^^  fg^j^ .  ^ 

und  als  Gleichung  der  durch  Q^  und  R^  gelegten  Geraden: 

a^  tga'         2  sin  (p' 

Diese  beiden  Geraden  schliessen  demnach  den  Winkel  irgend 
eines  Paares  conjugirter  Durchmesser  ein;  und  da  sie  sich 
ausserdem,    wovon  man  sich  durch  eine  einfache  Rechnung   leicht  über- 

zeugt,  im  Punkte  der  Abscisse  —  -  *  schneiden,  so  gelangt  man  in  fol- 
gender Weiso  zu  einem  grössten  Ellipsendvoieck: 


156  Kleinere  Mittheilungen. 


-^  ^-^-r-  •■  ^^^  ^  ^  ^ . 


Man  ziehe  irgend  ein  Paar  conjugirter  Durchmesser: 
P^  AS^  nnd  Q.^AR^^  und  durch  den  Halbirungspunkt  M  der 
AS^  eine  Sehne  Q^MR^  parallel  der  iß2'^^2i  dann  sind  P^y  jß, 
und  R^  die  Ecken  der  verlangten  Figur.  (Die  siogulären  Fälle, 
in  denen  die  grosse  und  kleine  Achse  der  Ellipse  als  die  betreffenden 
conjugirten  Durchmesser  genommen  werden,  hat  Sohncke  in  seiner 
Sammlung  von  Aufgaben  aus  der  Differentialrechnung  als  Lösungen  des 
gestellten  Problems  (s.  II.  Aufl.  pag.  112)  angegeben.) 

Die  Coordinaten  der  Eckpunkte  eines  grössten  Ellipsen-Vier- 
ecks sind: 

jjj  =  a  cos  9> ,     —  a  sin  g),     —  a  cos  q),     -|-  a  äiw  gp, 
y^=bsing>j     -\-  b  costp^     —  b  sin  9»,     —  b  cosg)^ 

woraus  sich  als  Gleichungen  der  Geraden ,  die  je  zwei  gegenüberliegende 
Punkte  verbinden ,  ergeben :  * 

y  =       igu  '     X 

Dies  beweiset,  dass  die  vier  Eckpunkte  eines  grössten  einer 
Ellipse  eingeschriebenen  Vierecks  die  Punkte  sind,  in 
denen  irgend  ein  Paar  conj  ugirter  Durchmesser  dieEUipse 
schneidet. 

Hannover,  im  Januar  1868. 


VI.  Verallgemeinerung  des  Problems  der  kürzesten  Linie.  Es  ist  be- 
kannt, dass  die  kürzeste  Linie,  welche  man  auf  einer  Oberfläche  zwischen 
zwei  Punkten  ziehen  kann,  die  characteristische  Eigenschaft  besitzt,  dass 
'ihre  Schmiegungsebene  in  jedem  Punkte  durch  die  Normale  der  Ober- 
fläche geht. 

Wenn  man  diese  Eigenschaft  auf  bekannte  Weise  projectivisch  ver- 
allgemeinert (cf.  Salmon,  Kegelschnitte  Art.  478  ff.),  so  gelangt  man  zu 
einem  Problem,  welches  die  Behandlung  in  homogenen  Coordinaten  zu- 
lässt  und  also  lautet: 

Auf  einer  Fache  n^*^*"  Ordnung,  deren  Gleichung  sei  u  =  0,  soll 
eine  Curve  so  gezogen  werden,  dass  für  jeden  ihrer  Punkte  der 
Pol  der  Tangentenebene  von  «  ==  0  in  Bezug  auf  eine  gegebene 
Fläche  zweiter  Ordnung  v  =  0  auf  der  Schmiegungsebene  liege. 
Wenn  wir  die  Gleichung  der  Fläche  zweiter  Ordnung  v  =  0 
schreiben  in  der  Form 

?'  "^  x^'^  "h  ^2^  "h  ^3^^  "h  ^4"*  *=  ^ 

indem  wir  der  Kürze  wegen  als  Coordinatentetraeder  ein  Polartetraeder 


Kleinere  Mittheilangen. 


157 


von  «>  =  0  wählen,   so   sind  die  Coordinaten   des  Pols    der  Tangenten- 
ebene von  M,  wenn  wir 

1     du 


u 


n  dxi 


setzen,  wie  bekannt  u^^  u^^  t/3,  u  .^'^   nnd   es   wird  also  die  Differential- 
gleichung der  gesuchten  Curve: 


(1) 


"1 

"2 

tl3       U^ 

^1 

x^ 

X^     x^ 

dx^ 

dx2 

dx.^  dx ^ 

(fix^ 

ifix^ 

iPx^  d^x^ 

=  0. 


Diese  Gleichung  ist  mit  Hülfe  der  Gleichung  ei  =  0  zweimal  zu  inte- 
giren.  Um  zu  einem  ersten  Integral  zu  gelangen,  multiplicireu  wir  die 
obige  Gleichung  mit  der  Determinante 


(-0 


R  = 


u 


I 


u, 


u 


u 


du^  du^  du^    du^ 

X I        X  9       X  <)       X  A 


dx^  dx^  dX'n  dx^ 

welche  gleich  Null  gesetzt  die  Differentialgleichung  der  projectivibch  ver- 
allgemeinerten Krümmungslinien  ist.  Führt  man  die  Multiplication  aus, 
beachtet  man  die  Gleichungen 

Zui  Xi  =  0<i     £ui  dXi  =0 

sowie  die  aus  ihnen  durch  Differentiation  folgenden 

£duiXi  =  0^     £uid^Xi=  —  Zduidxiy 

und  entwickelt  die  Determinante,  so  erhält  man  die  folgende  Gleichung  : 

Zxi  d'^Xi  •  Zxi  dxi  —  £ X?  ' Zdxi  d'^xi  ^^Zdui  d^Xi        Zm,  du, 

Zx{^  Zdxf—{Zxi'^dXif  l"    ZuidXi     "•"  "ii/r*     ^  ^' 

Das  erste  Glied  der  linken  Seite  ist  ein  vollständiges  Differential,  ebenso 
das  dritte,  das  mittlere  wird  es  auch,  wenn  die  Gleichung  besteht 

Z  dui  d^Xi  =  Z  d^Ui  dXi, 

Unter  dieser  Voraussetzung  liefert  also  die  Integration  der  vorigen 
Gleichung  ein  erstes  Integral  in  der  Form 

Z  dui  dxi  •  Zui"^ 
Zxi^Zdxi^  —  iZxidXiY  ^        '^' 

Jene  Voraussetzung  ist  erfüllt,  wenn  u  =  0  die  Gleichung  einer 
Fläche  zweiter  Ordnung  ist  und  in  diesem  Falle  können  wir  auch  die 
zweite  Integration  ausführen  und  zwar  indem  man  die  elliptischen  Coor- 
dinaten, welche  bei  der  kürzesten  Linie  die  Lösung  liefern,  in  ent- 
sprechender Weise  verallgemeinern,  wie  dies  mit  dem  Probleme  selbst 
geschehen  ist. 


(3) 


158  Kleinere  Mittheilungen. 

Wir  denken  uns  die  abwickelbare  Fläche  der  den  beiden  Flächeu 
u  =  0  und  v  =  0  gemeinsamen  Tangentenebenen  construirt  und  schreiben 
nun  in  Ebenencoordinaten  die  Gleichung  irgend  einer  Fläche  zweiter 
Ordnung,  welche  jener  abwickelbaren  Fläche  eingeschrieben  ist, 

indem  wir  zum  Coordinatentetraeder  ein  gemeinsames  Polartetraeder  der 
Flächen  m  =  0  und  t;  =  0  wählen.  Die  Gleichung  der  Fläche  m  =  0 
hat  dann  in  Ebenencoordinaten  die  Form  w  -}- X  v  =  0  und  lautet  in 
Punktcoordinaten 

(A)  -ZI I 52 I ±3 1 ?4 =  0 

Durch  jeden  Punkt  des  Raumes  gehen,  wie  diese  Gleichung  zeigt, 
drei  Flächen  der  Schaar,  deren  Parameter  wir  Xj,  Aj,  L^  nennen  wollen. 
Es  ist  klar,  dass,  wenn  für  einen  Punkt  diese  Bezeichnung  festgestellt 
ist,  es  nicht  zweifelhaft  sein  wird,  wie  man  in  einem  andern  Punkt  die 
Wurzeln  zu  bezeichnen  hat,  wenn  man  nur  von  dem  einen  Punkt  zum 
andern  gelangen  kann,  ohne  die  abwickelbare  Fläche  zu  durchschneiden. 
Sind  die  reellen  Grössen  a  so  bezeichnet,  dass 

«1  <  «2  <  «a  <  «4» 
so  erkennt  man  leicht,  dass  die  Wurzeln  liegen   zwischen  den  Grenzen 

die  grösste  —  a  j  und  —  a  .> 

die  mittlere  —  «2   ^^^  —  ^^-6 

die  kleinste  —  a,^  und  —  a^ 

Diese  drei  Parameter  X  führen  wir  nun  als  neue  Coordinaten  ein.     Der 
Ausdruck  der  Coordinaten  x  durch  diese  neuen  findet  sich  leicht. 
Denn  aus  den  Gleichungen 

^    n-l-T-  =  0'        (''  =  1'    '•^'    3) 
'*!  "t"  ^h 

ersieht  man^  dass  die  oTj  proportional  sind  den  Determinanten,  welche 
man  aus  dem  System  der  Coefficienten  dieser  Gleichungen  bilden  kann. 
Hechnet  man  diese  Determinanten  aus  und  zieht  die  allen  x"^  gemein- 
samen Factoren  in  den  Multiplicator  ^,  so  findet  sich 

9  V  =  («2  —  «3)  («2  —  «4)  («3  —  a^)  («i  +  ^i)  («1+  ^2)  («i  +  y 

(5)      /^  ^^^  =  —  («3  — «4)  («:j  — «1)  («4  —  «1)  («2  +  ^1)  («2+  ^2)  («2  +  y 

9  ^3^  =  («4  —  «1)  («4  —  ''2)  («1  —  «2)  («3  +  ^1)  (^'3+^2)  iH  +  h) 

a  x^  =  — (flj  — «2)  («,  —03)  («2  —  «3)  K  +  A,)  (04  +  ^2)  («4  + A3) 

Aus  diesen  Gleichungen  folgt  zunächst 

9  {'^i^+^z+^z'  +  ^x)  =  («1—  Ö2)  K—  «3)  («1—  «4)  =  ^  («1  «2  ^'3  «4) 

(«2— «3)  («2— ^»4) 
(«3— «4) 


Kleinere  Mittheilungen.  159 

und  also  durch  Differentation 

dQ£x?  +  2^  £xidxi=^0. 

Aus   den  Gleichungen    (4)   ergibt  sich   ferner   durch  logarithmische 
Differentiation,  Quadrirung  und  Addition 

dXk 


\  ^  /  q  (iii  +  kk)  {fii 


+  h) 


dg 
Setzt  man   hier  für  — ^  seinea  obigen  Werth,    so    findet    man    das 

Vierfache  des  Nenners  von  (3) 

Xi  dX/t  dlfe 


4  [Z  Xi^  S  dXi^  —  (r  Xi  dXiY]  =  £^i'  ^i^A  -5t 


Bezeichnen  wir  jetzt   den    constanten  Parameter   der  Fläche  u  =  0 
mit  Aj,  so  ist 

altio 

Z  dui  dXi  =  £ 

und  man  findet,  da 

ähnlich  wie  oben 

dxi^ 


4  Z 


Xi^ 

ü             ^* 

«l+.^l 

(li  +  A, 

.      dxi'^ 

^      Xi  dXi 

-       0, 

^  T.  y.  y.  — 

Xi^  dkft  dkfi 

WO  ^A)  =  0  ZU  setzen  ist. 

Ordnen  wir  die  hier  vorkommenden  dreifachen  Summen  nach  h  und 
ky  80  haben  wir  also  die  folgenden  einfachen  Summen  auszuwerthen : 


M>1  ••  _  M/    I 


^i  ^    -T-r  x-/-    -.    ,— cundJT. 


(^^-  +^k)  («.  +  ^ a)  '  («,  +  Aj)  («,  +  A,)  («,•  +  AaO  • 

Man  sieht  sofort,  dass  die  erste  Null  ist,  wenn  h  und  k  verschie- 
den sind,  und  die  zweite,  wenn  h  und  k  untereinander  und  von  1  ver- 
schieden sind.     Ferner  findet  sich,  wenn  wir 

(« 1  +  h)  («2  +  ^h)  (ö:j  +  Aa)  (ri ,  -{-  A^)  =  Ah 
setzen , 

„  y       ar,'  (l/i  -  A*)  (A,  -  A.) 

'  ^  («■•  +  M  K  +  M^  =  '^^"'  "'"^  "'^  ■  -^^- 

Da  nun  dk^  =  0  zu  setzen  ist,  so  findet  sich  mit  Hülfe  dieser  Formeln 
unsere  Differentialgleichung 


160 


Kleinere  Mittheilungen. 


^  3  2 ^         ^1 >f  I  2 

''''   (CA,  +  A,  -  l,)  A,        "*=» 


ij  —  *i 


=  0, 


WO  C  die  Con»tante  der  ersten  Integration  bezeichnet.  Setzen  wir 
CA^  4~  ^1  =  ^>  ^^  ^'^^  ^^^^  ^  ^^^^  Constante  und  unsere  Differential- 
gleichung kann  dann  in  zwei  zerlegt  werden,  deren  Integrale  wir  in 

zusammenfassen  können.  Die  hier  vorkommenden  Integrale  sind  hyper- 
elliptische erster  Gattung,  wie  es  bei  der  gewöhnlichen  kürzesten  Linie 
der  Fall  ist. 

Wenn  man  in  der  Gleichung  der  verallgemeinerten  Krümmungs- 
linien R  =  0  (wo  iß  in  (2)  definirt  ist)  für  die  u  und  x  ihre  eben  ge- 
brauchten Ausdrücke  substituirt,  so  geht  sie  nach  Fortlassung  eines  nicht 
verschwindenden  Factors  über  in 

Daher  der  Satz: 

Durch  jeden  Punkt  einer  Fläche  zweiter  Ordnung  A  gehen  zwei 
Flächen,  welche  die  der  Fläche  A  und  einer  andern  zweiter 
Ordnung  B  gemeinsame  Tangentenebene  berühren.  Jede  Fläche 
dieser  beiden  Schaaren  trifft  A  in  einer  Curve,  welche  die  Eigen- 
schaft haben,  dass  die  Linien  sich  schneiden,  die  zwei  benach- 
barte Punkte  verbinden  mit  den  Polen  ihrer  Tangentenebenen 
in  Bezug  auf  die  Fläche  B, 


VII.   Ueber  den  Obelisken  und  das  Prismatoid.    Von  den  beiden  in 
der  Ueberschrift  genannten  Körpern   hält  man  gewöhnlich   das  Prisma- 


toid für  allgemeiner,   weil   aus   diesem  der  Obelisk  entsteht,   wenn  man 
den  beiden  Parallelflächen  des  Prismatoides  gleichviel  Seiten  giobt  und 


Kleinere  Mittheilungen.  161 

die  entsprechenden  Seiten  parallel  legt.  Nach  einer  brieflichen  Bemer- 
kung des  Herrn  Dr.  A.  Bauer,  k.  k.  Gymnasiallehrer  zu  Pisek  i.  B.,  ist 
es  aber  ebenso  richtig,  das  Prismatoid  als  einen  speciellen  Fall  des 
Obelisken  anzusehen.  Wenn  nämlich  jede  der  Parallelflächen  des  Obe- 
lisken m  -\-  n  Seiten  zählt  und  in  der  Grundfläche  n  Seiten,  in  der 
hierzu  parallelen  Fläche  m  Seiten  auf  blosse  Punkte  reducirt  werden,  so 
geht  der  Obelisk  in  ein  Prismatoid  überj  dessen  Grundfläche  m  und 
dessen  obere  Fläche  n  Seiten  besitzt.  Für  den  Fall  m  =  4,  w  =  3 
mögen  vorstehende  Figuren  zur  Erläuterung  dienen,  welche  die  Grund- 
risse der  betreflfenden  Körper  darstellen.  Schi. 


VIII.  Beiträge  zur  Kenntniis  der  Sternicbnuppen.  In  einer  unter  dem 
vorstehenden  Titel  der  Wiener  Akademie  eingereichten  Abhandlung 
sucht  Dr.  £dm.  Weiss  zuerst  die  Ansicht  zu  begründen,  dass  wir  in 
den  Sternschnuppenringen  nichts  anderes  als  Auflösungsprodukte  perio- 
discher Kometen  vor  uns  haben.  Er  wurde  zu  derselben  durch  die 
epochemachende  Entdeckung  Schiaparelli's  geleitet,  dass  die  Bahnen 
der  periodischen  Kometen  1862  III  und  1866  I  mit  den  Bahnen  der  be- 
kannten periodischen  Sternschnuppen  in  den  Nächten  vom  10. — 12.  Au- 
gust und  13. — 14.  November  zusammenfallen.  Davon  ausgehend,  ist  es 
dem  Verfasser  gelungen,  noch  zwei  andere  Kometen  aufzufinden,  welche 
zwei  andere  periodische  Sternschnuppenfälle  veranlassen:  es  sind  dies 
der  eine  Komet  des  Jahres  1861  (I)  und  der  unter  dem  Namen  Biela'- 
scher  bekannte ;  der  erstere  veranlasst  die  periodischen  Sternschnuppen- 
fälle um  den  20.  April,  der  letztere  die  um  den  28.  November. 

Hierauf  wird  die  Wirkung  des  Durchganges  der  Erde  durch  einen 
Meteorstrom  an  den  Meteoren  des  Biela'schen  Kometen  specieller  unter- 
sucht, weil  diese  Meteere  unter  allen  bekannten  weitaus  die  grössten 
Störungen  durch  die  Erde  erfahren.  Es  wird  gezeigt,  dass  die  An- 
ziehung der  Erde  den  Radiation spunkt  zu  einer  ganzen  Radiationsgegend 
von  beträchtlichem  Umfange  ausdehnt,  und  dass  ausserdem  noch  zahl- 
reiche Meteore  des  Stromes,  die  noch  in  die  Attractionssphäre  der  Erde 
gelangen,  ohne  jedoch  auf  sie  herabzustürzC^n,  in  den  Weltraum  zerstreut 
werden,  indem  sie  wieder  in  den  Anziehungsbereich  der  Sonne  gelangt, 
Bahnen  um  dieselbe  beschreiben,  deren  Umlaufszeit  zwischen  Ö'V^  und 
390  Jahren  schwankt,  während  sie  vor  der  Störung  durch  die  Erde 
6*/^  Jahre  betrug. 

Endlich  wird  noch  die  mehrfach  beobachtete  Thatsache  besprochen, 
dass  die  helleren  Meteore  in  der  Regel  die  entfernteren  sind,  eine  That- 
sache ,  die  besonders  bei  den  bekannten  August-  und  Novembermeteoreu 
bemerkt  wurde,  von  denen  die  letzteren  im  AWgem^mQW  n\^\  vQ\Ä.\!kÄ\N^'^ 


Kleinere  Mitthoilungen. 


leuchten  und  in  bedeutendercu  Höhen  erscliciucu  uud  wieder  verlöHcliea 
als  die  ereteren.  Der  Hauptgrund  davon  liegt  nun  darin,  dsss  die  Ge- 
Bcbwiudigkeit,  mit  der  die  Novembetmetoore  in  die  ErdatmoephKre  cin- 
Iroten,  weit  belräubtiicber  ist,  als  dio  der  Angntitmetcorc.  Die  ersteren 
bringen  daher  auch  ein  weit  grÖBseres  Quantum  lebendiger  Kraft  mit, 
welches  in  Liebt  und  Wärme  umgesetzt  wird,  als  die  Ueteore  dei> 
Laur  cntiusstrumes. 


IX-  Ein  geometrisches  ParadoxotL  Um  ad  oculos  zu  dcmonstriren, 
dasH  das  Scbacbbret  nicht  nur  64,  sondern  auch  €5  Felder  bi'sitKt, 
Bchtieido  mnn  dniiselbc  aus  starkem  Papier,  zerlege  es  auf  die  in  Fig.  1 


angegebene  Weis«  in  vier,  zu  je  zweien  congiuentc  Stücke  A,  B,  C,  II 
und  BCtKo  diese  zu  einem  Rechtecke  zusammen,  welches,  wie  Fig.  2 
zeigt,  diu  Grundlinie  5  uud  die  Uiihe  13  besitzt  also  6ö  Folder  ent- 
hält. —  Wir  thcilen  diese  kleine  Neckeiei  mit,  weil  die  Aufsuchung 
des  begangenen  Fehlers  eine  hübsche  SdiUlernufgabe  bildet  und  weil 
sich  an  die  Vermeidung  des  Fehlers  die  Lösung  und  Conijtraction  einer 
quadratischen  Gleichung  knüpfen  läset.  Schh 


V. 

Stadien    über    rationelle   Vermessungen   im    Gebiete   der 

hohem  Geodäsie. 

(Fortsetzung.) 
Von 

Friedrich  Robert  Helmert, 

Geodät  zu  Dresden. 


111.    Zur  Theorie  der  Basisnetze. 

40. 

Eine  Basis,  AB^  eines  Dreiecksnetzes  ist  immer  beträchtlicli  kleiner, 
als  die  grossen  Dreiecksseiten  und  es  entsteht  also  die  Aufgabe,  eine  der 
letzteren  möglichst  scharf  durch  Triangulationen  ans  der  Grundlinie  AB 
abzuleiten.  Man  ist  gewöhnt,  als  zweckmässigstes  MultipUcationsnetz  ein 
solches  von  der  Form  19)  zu  betrachten,  welches  aus  der  Basis  AB  eine 
erste  Vierecksdiagonale  ^iCj,  aus  dieser  eine  zweite  D^D^^  etc.  ableitet. 
Die  letzte  dieser  Diagonalen  ist  die  grosse,  abzuleitende  Dreiecksseite. 
£s  wird  in  der  That  auch  verhältnissmässig  leicht  sein,  ein  zur  Basis- 
messung passendes  Terrain  so  auszusuchen,  dass  zunächst  zu  beiden  Seiten 
der  Basis  zwei  Punkte  C  liegen,  welche  weit  bessere  Femsicht  als  die  End- 
punkte der  Basis  selbst  gewähren.  Doch  kann  auch  der  Fall  eintreten,  wo 
wenigstens  einer  der  Endpunkte  A  oder  B  eine  gute  Fernsicht  bietet  und 
hier  ist  es  fraglich,  ob  nicht  ein  Basisnetz  von  der  Form  20),  welches  snc- 
cessive  die  Längen  AC^  CDy  etc.  bestimmt,  bessere  Dienste  leisten  würde, 
als  das  schon  erwähnte  MultipUcationsnetz. 

41. 

Aus  der  Basis  AB  =  2c  in  Fig.  21.  22.  23.  soll  die  gleiche  Länge 
AC'=  C^C2  =  ^s^==a^  wobei  AC  immer  grösser  als  AB  genommen  werden 
wird,  mit  Hilfe  eines  oder  zweier,  der  Basis  anliegenden  Dreiecke  gefunden 
werden. 

In  dem  Dreiecke  ABPy  wo  P  in  Fi^.  21.  irgend  welche  Lage  auf  der 
Peripherie  eines  mit  dem  Radius  A  C  um  A  beschriebenen  Kreises  erhalteix 
kann,  wird  auf  die  Bestimmung  der  Länge  AP  =^  a  ^^w.  ^töä^V.cxv^vcäxsä'^ 

ZfUnchriFl  I.  Malhomaiik  u.  Vh^atk  \\U,  3.  \*1 


164      Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hölicrn 

nächst  der  Winkel messung  iu  B  diejenige  des  Winkels  P  haben,  welche 
den  Schnitt  III.  in  der  Figur*)  giebt. 

Die  Visur  von  B  aus  schneidet  AP  am  günstigsten,  wenn  der  Winkel 
P  ein  Maximum  erreicht,  d.  h.  in  dem  in  B  rechtwinkligen  Dreiecke  äCB, 
wie  sich  leicht  beweisen  lässt.  Gleichzeitig  bekommt  der  Schnitt  III.  zu 
A  (f  die  günstigste  Neigung,  nämlich  die  senkrechte.  Jedoch  ist  hierbei  die 
Genauigkeit  der  Visur  von  B  aus  an  der  Stelle  P^  sowie  diejenige  dos 
Schnittes  III.  noch  nicht  die  grösstmögliche ;  sie  nimmt  zu,  je  kleiner  der 
Winkel  bei  A  wird,  je  mehr  die  Seite  BP  =  b  abnimmt.  Daher  ist  zu  ver- 
mnthen,  dass  die  günstigste  Dreiecksform  nicht  AB C\  sondern  ^ie  eines 
Dreieckes  ist,  dessen  Spitze  P  zwischen  C  und  C"  li^gt>  wenn  C"  den 
zweiten  Durchschnitt  des  Kreises  um  A  mit  dem  Kreise,  welcher  dem 
gleichschenkligen  Dreiecke  ^  i5 17  umschrieben  ist,  bezeichnet.  Für  letztern 
Punkt  (Fig.  20.)  ist  die  Neigung  der  Visur  von  B  aus,  sowie  auch  die  des 
Schnittes  III.  gegen  die  Linie  AC"  dieselbe  (ohne  Rücksicht  auf  den  Qua- 
dranten) wie  im  Dreiecke  A  CB, 

Allgemein  ist  fiir  eine  beliebige  Lage  von  AP  die  Präcision  in  der  Be- 
stimmung dieser  Länge  dieselbe,  welche  sich  für  eine  bestimmende  Gerade 
senkrecht  zu  -4 Paus  den  Formeln  des  Abschnittes  20.  ergiebt.  Man  hat  da- 
selbst zu  substituiren,  indem  man  jene  bestimmende  Gerade  als  Achse  der 
X  betrachtet  und  wenn  w, ,  w.^,  n.^  die  Beobachtungszahlen  für  die  Winkel 
A,  B,  P  bedeuten. 


"i 


2a«(a'' 

"2 

26-0.2 

2«3C* 

wegen  Visur  AP    yj  =  90®  ^i^  = 

wegen  Visur  BP   y.^  =  90<* — P       h^  = 

wegen  Schnitt  III.  y..  =  90«  — 7?        h^^  =  -^—^  , 
°  '  *  *         a^  b^  ©2 

ferner  die  Zwischenwinkel  (1.2)  = />;  (1.3)  =  7?;  (2.3)  =  ^. 

Damit  wird  das  Quadrat  der  Präcision  in  der  Bestimmung  von  A  P 

-ik^b  ^'"'^+    -1-7^4  *'"'   f^  +   -^»--4  ^"''  A 


I 


^a^b'^m^  •    a^.b'^to^  '    a^b^  .m^ 


fP  = 


oder  auch 


55) 


m  = 


^^  = 


(w,  w,,  -f"  "i  ":\  H"  ''2'^  sin^P 


2©'^  (wi^'^  +  ^2  •  f^'cos^P  -f-  ^n^c^  .  cns'^B) 
(w,  «2  +  W^  W3  +  ^2^'a)  '  s^^^^ 


Hto'^C'  (y/,  sm^A  -{-  ti.stn^ Bcos^P-j-  fi.^sin^P,cos^  B) 


*)  Der  Deutlichkeit  wegen   in  «lerselhen   nnr  bei   den   besonderen   Lagen   C 
and  C'  von  P  angegeben. 


Geodäsie.     Von  Friede.  Rob.  Helmert.  165 


.    %.^    -«...'S     -V,    .     -V /N  ^S  .^ -*V.  V."  *    **■  /"    *-^  .^  f'^*- 


Um  die  günstigsten  Beobachtungszahlen  fi  bei  nnveränderter  Dreiecks- 
form zu  finden,  suche  man  das  Maximum  von  B}  für  (w, +  W2  +  «:j)  =  Clonst. 
Die  Beziehungen  der  n  unter  einander  werden  dabei 

=  (w, + «3) .  (w,  sin^A + Wj  sir?Bcos'^P+  n^  sin^Pcos^B) — 5i>i^^ cos'^P  (« j  «2  +  ^  1  ^3  +  '•i  ^: 
^(iij+Mj). (w,Äi>i^-/i+n2*"'^^^^**^+''3 sin?Pcos'^B)—sin'^P cos^B  (wj  «2+"!  ^'3  +  ^*2 '^i 
Daraus  folgt 

Wj  —  Wj  :  Hj — itj  :  «2  —  «3  :  («1  W2H"''i''3"f'^2^3)  = 

=  (0n^B  cos^P  —  Wn^^) :  [sin^P  cos^B  —  Jw^i) :  {sin^Pcos^B — ^Vi^  ^  cos^  P) 

:  (n,  Äiw*^  +  «2  stn^  B  cos^P  +  Wg  «Vi*  i>  co*'  B). 

Setzt  man  für  den  Augenblick  zur  Abkürzung 
sin^  A  =  a^]  sin^  B  cos^P==  ß'^ ;  sin^  P .  cos^  B  =  y^^  £{n)  =  ;i j  -f-  "2  +  "w  >  '^o 
findet  sich 

_  n,(y^-2^'  +  «^)H-2:(,0.(^^-«^) 


«3 


«j  —  »3  :  («,«j  +  «2«3  +  »i,«3)==y'  — /J^:  («la'  +  nj/J^  +  Wjy*), 
..J-..J-««      (-3n,«+2»,..SW)(«<+p'  +  y'-a'y-a»y'-yy«)  +  Z'(«).(P»-««)(y'-i 

.,<.'+...(P+»,y (-yi-ä^^ipt, • 

Führt  man  A  =  180— (B+C),  o*=/32  +  y«  +  2|Sy  ein,  so  gebt  die  Pro- 
portion über  in 

(3«,-2'n):[(-3«,*+2«,2(«))  (^  +  y2  + /Jy)»  +  Z^C«) .  {ß'  +  2ßy){f-{-2ßY)]  = 

=  1:  [-2«,.(/J^  +  y*+|Sy)  »-22'(«).  ((/S*  +  y')  |Sy  +  /SV': 
Daraus  folgt 

„7_Uo„         2'(«).^y_  ^(«J^^y^       _-        ,^_ 

«1     -h   ^«1    •  ^i^  yi  +  (3y  +  Ißt  -j-y»  +^yy'  ""  "•      """ 

Damit  hat  man  weiter 

W2  —  ^  W  .  ^2  -{-  y2  J|_  y |3  »     ^3  —  ^W  '  ßi  _|_  y^  _j_  ^^    , 

y2|32 

2  /?2 

Wi  «^  +  w,,  /5«  +  W3  y'  =  2:(«)  .  ^ß2^yZ_^^ß^  ^^^  endlich 


VI 


% 


166     Stadien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  höhern 


'  ^  ^  ^  ^  -^^.•■.-  ><'^,-*''*-.^>'^^^'^-- 


--»■-^>'-*'  -.^'-^ v-'w^.^^  '•-^•*»--^  •■-•'-^•.^•■^^rf 


^^^^.^^.^^^.m'^^m-,^^.*'^'  .- 


£(n) 


nK^Beo^P+9U^Peo^B+  simßtimPcosßcosP 


66)^ 


Geht  man  auf  die  ursprüngliche  Beseichnaog  zurück,    so  sind  die 
günstigsten  Beobachtungszahlen  n   und  der  ihnen  entsprechende 
Werth  von  IP 
w,  =  —  0 .  smBcosB,  $inPcosP\ 

n^=Q,sinA.co$B, sin P         \ ,  0= 

n^  =  Q.sinA.sinB.cosP         ) 

^  ^     Sn         nn^P 

8a^.c^  *  sin^B  .co8^P-\- sm^Pcos^B-^  9inB  sinPcosBcosP' 

Diese  Formeln  sind  praktisch  nicht  streng  zu  gebrauchen,  4cnn  für 
Dreiecke,  in  welchen  Winkel  B  >  90**  ist,  wird  Wj  negativ;  dagegen  ist 
für  Dreiecke,  wo  jP  <  90",  wieder  Hj  negativ.  Nimmt  man  daher  bei  allen 
Dreiecksformen  (Fig.  20.)  zwischen  ABC  und  ABC,  wo  B  <  90", 
n,  sehr  klein  an,  so  geht  H^  über  in 


8  ö'  c^      I  113 


cos^P        sin^P  cos^B 


n. 


} 


Unter  Voraussetzung  von  Wj  -f-  n^  =  Z{n)  =  Const.  wird  dieses  //' 
am  grössten  fUr 

ifj  :  nj  :  £n  =  sinP  cosB  :  sinB  cosP  :  sinA 
nämlich  gleich  \    r  \ 

3_  Z{n)        8m*_P  >  ^^)- 

8«2c^    •  «>|2^ 

JP  nimmt  beständig  zn,  wenn  die  Dreiecksspitze  P  sich  von  C  nach  C' 
bewegt  und  man  hat  insbesondere 

für  das  gleichschenklige  Dreieck  ABC 

2c2 


59) 


«1=0,  «2  =  2 £{n)  .  cos^A  =  -«  .  2:(fi);  «3  =  E{u)  —  n 


a* 


^_2£(n),c^.{a^^c^ 


to^  .  a* 


dagegen 


für  das  rechtwinklige  Dreieck  ABC 

!n,  =  0  =  «2  ;     Zin)  =  «3 

Setzt  man  weiter  für  Dreiecke,  wo  B>  90"  ist,  w,  =  0,    so  wird 

8»^^'      \    W3       '  w,  / 

Ein  Maximum  hiervon  tritt  ein  für 

nj  :  W3  :  £(n)  =  —  «wP  .  cosB  :  5in-4  :  sin  B  cos P-^  ' 
es  betrügt  dann 

£n         sin^P     ^     .  ^;j  „ 

8  0)-^^'       stn^  B  Sta^  s^ 


in  = 


Gl). 


Geodäsie.     Von  Friedr.  Rob.  Helmert.  167 

Da  Winkel  P  in  C  einen  grössten  Werth  erlangt,  so  ist  das  recht- 
winklige Dreieck  überhaupt  bei  Annahme  der  günstigsten  Beobach- 
tungszablen  n  von  der  günstigsten  Form  zur  Mnltiplication  der 
Basis  AB. 

Obgleich  negative  Beobacbtungszahleu  nicht  möglich  sind,  so  kann 
man  doch  nach  der  Lage  von  P  fragen,  für  welche  H^  aus  Glei- 
chung 56)  ein  Maximum  wird.  Man  erkennt  dann  einestheils,  wie  viel 
Verlust  an  Genauigkeit  eintritt,  indem  man  eben  die  negativen  /i-Werthe 
mit  Null  vertauscht,  anderntheils  aber  hat  die  Untersuchung  noch  die 
praktische  Bedeutung,  zu  der  günstigsten  Dreiecks  form  unter 
Annahme  gleicher  w,  n|  =  «2  =  W3,  zuführen,  wie  Gleichung  62) 
später  zeigen  wird.  Um  also  das  Maximum  von  H"^  für  veränderliche 
Lagen  P  (immer  unter  Voraussetzung  von  ^P  =  a  =  25=  Const.)  zu 
Buchen ,  bringe  man  H^  zunächst  auf  die  Form 

//2  =  ^^  :  {a^cofp  4-  4c2  .  csc^-,    P—a^  +  2ac  cos  fi  cos P  .  csc^P). 

Durch  Differentiation  nach  P  und  B,  wobei  zu  bedenken  ist,  dass 

sin B  :  sinP  =:  a  :  2c  j 
findet  man  die  Bedingungsgleichung  für  das  Max.  von  B'^ 

0  =     _    , — -—:r  4-  4  c  .  COS  B  COS  P  —  a  sin^  P. 
a^  -\-  4:C* 

Werden  mit  x,  y^  z  und  k  folgende  constructiv  leicht  darstellbare 
Grössen  bezeichnet,   nämlich 

x  =  —  2c  cosB  =  BM^    y  z=  acosP  =  MPj    z  =  asinP=AM 

2  ac 
—-—        ^z:  =  AF^  wenn  AF  senkrecht  zur  Hypotenuse  iV^^  des  in 

A  rechtwinkligen  Dreiecks  AB  ff  genommen  wird ,  so  geht  obige  Gleichung 
über  in  '  2 

und  da  b  =  y  —  .r,   sowie  z^  -\-  x^  =  A-c*^  ist,  so  wird  daraus 

^2_2c2  2c2  «'— 4c2 


k  = 


X 


ix^  .     .    ^    '     a^  4"  ^  ^'^  ' 


woraus  x  sich  rasclrausprobircn  lässt. 

X 

Betrfichtet  man  arund  b  -\-  -—   als  Veränderliche,  so  erhellt,  dass  x 

rasch  zunimmt,  wenn  P  von  C  nach  C  geht,  dagegen  ändert  sich  h  -\-    - 
fast  gar  nicht: 

Für  C  hat  man  a:  =  0,  ^  +  ^    =h  =  /ä^  —  4  ^  =  \)  =  BC;^, 


168     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  böhern 


^_-- ^  -'■w^- 


•    ^«^^_-S*-M^'     ^^'    ^•w'  V       '*.'   -'^-1*     ■'*       ^  \,»    .^  -^    ^.  f    ^        ■    , 


f  ü  r  C"  wird  sin  P=     ^  ya^  —  c^ ,     cos  P  =   - 


(ebenso  gross  wie  für  P,  wenn  es  die  Lage  C  hat), 


Während  nun  der  Werth  x  yh  -\-  \^  \  ^ux  C  Null  ist ,  erreicht  er  für 
C"  einen  Betrag,  grösser  als  (Jc^  —  2^^);  es  wird  nämlich  für  if' 

was  in  praktischen  Fällen  stets  positiv  ist. 

Zwischen  C  und  C  muss  daher  dasjenige  P  liegen ,  dessen  entspre- 
chendes X  obige  Gleichung  erfüllt.     Der  Werth  dieses  x  kann  näherungs- 

weise  dadurch  angegeben  werden,  dass  man  oben  für  b  -\-  -—  diejenige 

X 

Grösse  substitujrt,  welche  b  -\-  --  für  C  oder  C"  annimmt.  Die  erstereSub- 
stitution  giebt  x  zu  klein ,  die  letztere  zu  gross : 

a^  +  4  c"^  (a2  +  4  c^)  {t?  -  3  c'^)   '       ^ 

Der  Unterschied  dieser  Grenzen  ist  nicht  von  Belang,    man   erhält 
z.  B.  bei  a^  =  As'^  =  12  c^ 

0,35  c  <x  <  0,38  r  ; 
bei  «2  __  4^2  _.  46^2  j^^j^»,,    ^  __  q^28  c  aus  beiden  Grenzen. 

In  Fig.  21.  ist  P  so  gelegt,  dass  für  Dreieck  ABP  H'^  ein  Maximum 
wird  und  dazu  gesetzt  worden 

<  _    '^jf  .  (g^  — 4c^)a       _   a^      /    2c:  6'   V 
^  -  («^  +  4cO   (a^  —  3cÖ  ""  T  •  UiVr .  (;6r;  ' 
welcher  Werth  sich  ohne  Mühe  construiren  lässt. 

Berechnet  man  endlich  H'^  für  das  gleichschenklige,  das  rechtwinklige 
und  das  günstigste  Dreieck,  so  ergiebt  sich 

bei  d^  ==  12c^    resp. 

^    =  «T^  °^*^  78 '  "^^^  "48 '  """^40  ' 


*)  Es  i»t  also  (BC)  .  (BC*)  =  (/?C)«,  BC'  von  //r^und  //C"  das  ffeümetrisclie 
Miitül. 

**)  X  ist  hioruAch  immer  kleiner,    als  die  Projectiuii   J^'  vuii  ./(?  =  c   auf 


^6';  x<CAG\ 


Gcodäsiü.     Von  FuiEDU.  Kob.  IIelmkut.  1G9 


bei  a-  =  46  c-    resp. 

Diese  Zusammenstellung  zeigt,  wie  gering  der  Verlust  ist,  welchen 
man  erleidet,  indem  das  rechtwinklige  Dreieck  für  dasjenige  der 
günstigsten  Form  —  aber  wegen  z.  Th/ negativer  n  unmögliche  —  substituirt 
wird,  denn  CS  bietet  mit  dem  Dreiecke  der  günstigsten  Form  fast 
gleiche  Genauigkeit. 

Bisher  war  immer  vorausgesetzt  worden,  dass  die  Winkel  des  Dreiecks 
auf  die  rationellste  Weise  nach  den  günstigsten  Beobachtungszahlen  beob- 
achtet werden.    Nimmt  man  indess  jeden  Winkel  gleich  oft, 

so  geht  H^  über  in 

c->)//^=  -^^"l  .       -    -. .--^"U^ . 

1 G  w-  c^       sin '  Ü cos^ P  +  sin^ P cos* B  -\-  sin  B  cos  B sin P cos P  ' 

also  von  dem  Werthe  bei  günstigsten  w  ungefähr  die  Hälfte 
nur.  Da  das  veränderliche  Glied  in  IP  völlig  übereinstimmt  mit  dem- 
jenigen von  //^  aus  Gleichung 56),  so  ist  —  wie  schon  früher  angedeutet  — 
die  Rechnung  auf  Seite  1G7  —  ICD  zur  Bestimmung  der  günstigsten  Form 
des  Dreiecks  auch  für  den  Ausdruck  der  Gleichung  G2)  gültig,  nur  ist  das 
Dreieck  der  günstigsten  Form  {ABP  Fig.  21.)  im  jetzigen  Falle  nicht 
me)ir  praktisch  unbrauchbar,  wie  sich  zufolge  der  Werthe  der  n  von 
selbst  versteht.  Das  rechtwinklige  Dreieck  giebt  H"^  genau  halb 
80  gross  wie  in  Gleichung  60);  dagegen  giebt  das  gleichschenklige 
Dreieck  die  Formel 

Z{n)  6'2(^^-c2) 


IP  = 


to'i     •    a'i  (a^-2a^c^'}-Ac') 


Dieser  Werth  ist  für   a-  =  126-2     jjz  =   _?^       ^^ 

w  c^       135 

für„^  =  46c^     /y^^l^.^ 

d.  i.  ebenfalls  naiiezu  nur  die  Hälfte  des  früheren  Werthes. 

Nach  diesen  Erörterungen  möge  nun  zu  derjenigen  Form  des  Multi- 
idicationsnetzos  übergegangen  werden,  welche  zunächst  aus  AB  eine  erste 
Diagonale  Cj  C\  (Fig.  21.  22.  23.)  ableitet. 


42. 

Die  günstigste  Form  der  Dreiecke  eines  derartigen  Netzes  ist  offenbar 
die  gleichschenklige;  ihr  entspricht  (Fig.  21.)  der  Rhombus  AB  C^C.^, 
Jedoch    werden   sehr   häufig   auch   andere   Foiuieii  notWo\»\ä^\i  >x\i^   ^* 


170     Studien  über  rationelle  Vennessungen  im  Gebiete  der  hohem 

können  Fig.  22.  und  23.  als  Grcnzformen  angesehen  worden,   zwischen 
denen  sich  jene  bewegen. 

Im  Anschluss  an  Fig.  21.  hat  man  in  dem  allgemeinen  Ausdrucke 
für  H^  aus  Abschnitt  20.  zu  setzen,  um  das  Quadrat  der  Präcision  in  der 
Bestimmung  der  Längen  C^  G  und  C2  G  zu  erhalten, 

wegen  Visur  A  C,   A,*  =  -    .  -  .  n,     y,  =90»  — q> 

2*»*'  {i.2)  =  2<p  =  ^AC,B 

wogen  Viflur  B  C,  Aj*  =   *,'  yj^OO»  — g» 

wegen  Winkel- j    ^.^^jj^  0        (1.3)  =  (2.3)  =  90»-y, 

messung  m  C^    )      -^  (o^  c^        6     fs  \       j      \       j  y» 

wobei  Wj  =  «2  als  selbstverständlich  eingeführt  wurde. 

Mit  diesen  Werthen  gehen  über  2!{h^sm^y)  und  (1:^)  in 

und  es  wird  für  Cj  G ,  ebenso  für  C.^  G 

_  (n^  +  2yi3)  5iVy 

daraus  folgt  das  Quadrat  der  Präcision  in  C^C^^  der  abgeleiteten  Diagonale 
fiox   ^7-2  _    (W|  +  2/t3)  jfm<y   _    (^1  +  2^3)  c- 

Erscheint  die  Basis  um  die  Mitte  G  gedreht  und  zwar  soweit, 
dass  je  ein  Winkel  an  der  Basis  in  jedem  Dreiecke  90®  wird,  wie  in  Fig.  22., 
so  sind  zu  substituiren 

wegen  ^C,     A,»  =  — ^    y,  =  90«— v» 

^"i    "  (1.2)  =  90"— /5, 

wogen  ßC,     A^'-^^,    y.,=  ^,  +  ^  (1.3)  =  ^, 

wegen  Schnitt  III.  V  =  72^2   Yz  =  90»  — t/;  -  ß^     (2.3)  =  90*». 

Damit  hat  mün 

T(h'i  c.•«V.^  —  '^Lf  ^i!  t     a.    ^*2  ^^'"^  iß\  +^)      ,      2W3  jc^  ro5'-'  (/3^  +  t/^) 
^*  ^m  >;  —    2^^,  ^,      -^-  2öj2  ^2  -r  ,,^2  /,  V-/  -        » 

(l:iV)   =?^,^-^^+      ^^'^ff'/-^      +    4Ä^>  also 
das  Quadrat  der  Präcision  für  CjC  (und  ^2^) 

jjQ  ^        2c2  M|W2  +  ^'1^3  +^2^<3 

ö)'^  .  a/^  '   w,  a,2  cos^ip  -f-  njö/-^  5f>i"^  0^1  +  '^)  +  ^''3^^  ^os'^  (t/;  -j-  /5|) 

Da  hierin  der  besondere  Werth  von  tf;  noch  nicht  eingeführt  ist,  kann 
diese  Formel  auch  auf  Fig.  23.  für  ^C^,  resp.  AC.^  Anwendung  finden,  in- 
dem man  tf;  =  0  nimmt. 


Geodäsie.     Von  FuiEOU.  RoB.  Hklmkut.  171 

Zunächst  ist  für  Fig.  22: 

d,^  =  s^  —  c^]   flj^  =  ^2  ^  3^2.    cos  tf;  =  *-^  ;  sin  {ß^  +  t/;)  =    ^   "^  ^ 


«1  s 


jin  ß,  =  —  ;    cos  84  =  — :  cos  (p,  +  tf;)  ==    ^'— 

somit 

_       2  c^  .s^  ^^iL'J-i  Jl_^L^_+^'2j»3 

^     —    0,2  (j2_c2)    •       „^    (^2  _|.   3^.2)2    _|_    ,,^  (^2  _|_  ^2)2    _|.    4^^  ^l       ' 

Das  Quadrat  der  Präcision  für  C^C2  ist  wieder  nur  die  Hälfte 
hiervon ,    JT^  =  —^  , 

ß4N     17'2 ^£l  _      _  W|   yi2  +  ^|    ^3  +3  ^ 

"**^    "  ,V2  /'o2 y.2\    •      •,  ■/o2  _L   Q^2\2     r    ^     ^02  _L  VÄ  2 


Bezüglich  der  Fig.  23.  hat  man   in  der  Formel  für  IP  auf  voriger 
Seite  zunächst  die  Indices  1  au  a  und  b  mit  2  zu  vertauschen ,  sodann  aher 

zu  suhstituiren 

s  2c 

62  =  *;  «2  =^  *^  "f"  ^^^1  tf;  =  0;  sin §2=^  ~  \   c^^  ß2  "^^  —  » 

•  (in  C*2 

CS  wird  hiermit ,  ähnlich  wie  ohen ,  für  C^  C^ 

prN    tri  ^^  ^i  ^2  +  ^1  ^3  +  ^2  ^'3 

^  ^  0)2    •  m  («2  4-  4c2)2  +  „2*.  54  +  16/«3  c*  • 

Werden    in   jedem    Dreiecke    die    drei  Winkel    gleich    oft 
beohachtet,  und  setzt  man 

2  (wj  +  «2  "f"  ''3)  =  6«  =  ^w,     so  werden 

2*«     c^ 
für  Fig.  21.  jy'2==  ^''-^ 


66) 


4  0)2  (c2  +  5-')  2  ' 

2;^  c2  «2 

mr  Fig.  22.  //'2  =    -^  .  j.-^— -2^-^  +  4-c2^2"+-7^.ij  5 

Zn  c- 

für  Fig.  23.  //'2  = 


4  0)2  •     j4^  icc^  +  4c2  52    ' 
d.  h.  es  ist  Fig.  21.  günstiger  wie  Fig.  22.  und  diese  günstiger  als  Fig.  23. 

43. 

Die  Werthe  von  If^  können  bedeutend  vergrössert  werden  —  unter 
Voraussetzung  gleicher  Mühe,  En  =  Const.  —  wenn  die  Beobachtungs- 
zahlen so  verschieden  genommen  werden,  dass  H'^  einen  Maximalwerth 
erreicht. 

1)  Für  //'2  aus  Gleichung  63),  zu  Fig.  21.  gehörig,  nehme  man 
;i,  =  n.^  sehr  klein,     also  Zn  ==  2n^  nahezu, 
und  hat  damit 


Zn  .  c 


2 


67)  ir^  —  ~^,  ^^2  _|_  ^,^2 , 

d.  i.  gegen  den  Werth  aus  Gleichung  (j&)  das  DoppeVtö, 


172      Stutlien  über  rationelle  Veriiiessungcn  im  Gebiete  der  böhern 

2)  Für  iT^  aus  Glcicbung  64),  zu  Fig.  22.  gebörend,  ist  die 
Rechnung  schwieriger.  HinsicbtUch  der  n  gleicht  nun  Ausdruck  64)  völlig 
dem  zweiten  der  Ausdrücke  55),  es  lassen  sich  daher  die  daselbst  gewon- 
nenen Resultate  übertragen,  wenn  man  setzt  für  iiii^  A,  dort  a^  genannt  im 

weiteren  Laufe  der  Rechnung, 

sin^  A  =  a^  =  {s^  +  S  c^  ^  ferner 
sin^B  cos^P  =ß^  =  (.^^  +  O^;  sin^P  .  cos"' B  =  y^  =  4c^ 
Die  daselbst  angegebene  Relation  ä^  =  ß^  +  y^"f"  2|5y  bleibt  auch  hier  giltig. 

Man  bemerkt  nun  sofort,  dass  für  das  Maximum  /i|  sich  negativ  er- 
geben wird.  Nimmt  man  daher  /i,  =  0  (oder  sehr  kleiu),  so  giebt  Glei- 
chung 64) : 

Sucht  man  jetzt  das  Maximum  für  Et'^  bei  2  (/i.^  -f-  W3)  =  ^n  =  Const., 
so  erhält  man  die  Relation  zwischen  n^  uud  n^ 

(j?^4-  c^)  :  2c^^yi3  :  yi^ ;       Sn  =  —-^^ .  /*. 

und  es  wird 

^H^   tri  _    -^^L        _, ^^  t        

^  :2a>-^    •  (5^— c'O  (5'^  +  3Ö^  * 

3)  Verfälirt  man  mit  //"^  aus  Gleichung  65)  so ,  wie  mit  11"^  aus  Glei- 
chung 64),  dann  findet  man  ebenfalls  einen  negativen  Werth  von  Wj  für 
ein  Maximum  von  /T^.  Man  wirf  dem  entsprechend  n^  sehr  klein  nehmen. 
Für  ;i,  =  0  giebt  Gleichung  65) 


Dieses  wird  ein  Grösstes,  wenn  zwischen  n.^  und  ft^  die  Relation  statt- 
findet 

s^  :  4  c'*^  =  «3  :  n.2  ; 

52    I    4^2 
also      2^n  ==  2(/i2  -f~  ''3)  =  — ir"2 —  •  "2»     ^"^^ 

69\    J7"2=    --^^      ^'        -- 

Die  Werlhe  von  Ä'^  der  letzten  beiden  Gleichungen  sind  ungefähr 
doppelt  so  gross,  als  diejenigen  für  dieselben  Figuren  aus  Gleichung  66). 
Uebrigens  sieht  man,  dass  den  wesentlichsten  Einfluss  auf  die  Bestimmung 
der  Länge  Cj  C^  =  AC,  wie  bei  nur  einem  Dreiecke  an  der  Basis,  die 
Winkel  bei  C^  und  Cj  .haben. 


Geodäsie.    Von  P^kikdk.  Rob.  Helmkut. 


173 


44. 

Um  einen  Ueberblick  über  die  Resultate  zu  erbalten,  möge  eine  Zu- 
sammenstellung der  H  und  H'  folgen  und  zwar  für  zwei  veracbiedeue 
Längen  von  Cj  C^  =  AC  =  2^  =  a  : 

1)  s^  =  3c^ 

wird  einer  kleinsten  Multiplication  der  Basis  2c  cntsprecben  und  man  bat  dafür 

Sn         ,^.  V   •  *     'L         Verhältnisse 
-r  - .- multiplicirt  mit     ,         ..     x-     ^ 
flj*  c'  <ier  günstigsten  n. 


««  =  3e« 


fP 


n. 


/l3ä 

m 

'A3 


•A.. 
'A. 

I  / 

/IIH 


günstigHte  w 

'A, 

'Ah 


n. 


Wi 


0  :  17  :  83 


2;« 

100 


0  :     0  :  100  :  100 


'A, 

0  :     0  :  60  :  100 

'Ah 

0  :  17  :  33  :  100 

/ü8 

0  :  29  :  21   :  100 

1)  Ein  Dreieck.  7/, 

Gleichschenkliges  Dreieck  AffC 
Kcchtwinkliges  Dreieck  ABC 
Günstigstes  Dreieck  ABP 

2)  Zwei  Dreiecke. 

Khombische  Form  (Fig.  21.) 
Form  von  Fig.  22. 
Form  von  Fig.  23. 

Hierin  ißt  Z{n)  =  100  gesetzt  und  bedeutet  bei  einem  Dreiecke 
(w,  -f-  n.^  -f-  W3),  bei  zwei  Dreiecken,  da  sie  doch  jenem  entsprechen, 
2(„j  +  „^-f-  „3). 

Es  sei  weiter  2)  s^  ==  11,5  c^  einer  grössten  Multiplication  der  Basis 
entsprechend :  ■ 

««  =•  ll,5r«. 

1)  Ein  Dreieck. 

Das  gleichschenklige  Dreieck 
Das  rechtwinklige  Dreieck 
Günstigste  Form  ABP 

2)  Zwei  Dreiecke. 

Rhombische  Form  (Fig.  21.) 
Form  von  Fig.  22. 
Desgl.  für  Fig.  23. 

Die  Tabelle  lehrt: 
„Man  bestimmt  1)  die  gleiche  Länge  AC  =  ^\^'i  immer  günstiger  aus 
zwei  Dreiecken  als  aus  nur  einem  Dreiecke.  2)  Dabei  sind  im  erstem 
Falle  Formen,  wo  die  Basis  gegen  ihre  Lage  im  Falle  der  rein  rhombischen 
Form  nur  gedroht  crsciieint,  wesentlich  günstiger,  als  solche,  bei  welchen 
die  Basis  in  ihrer  Richtung  verschoben  erscheint.  3)  Die  Winkel, 
welche  der  Basis  gegenüberliegen,  sind  die  eigentlich  maassgobonden 
der  Bestimmung.  ** 

45. 
Es   inögo   nun  noch  die  Frage  erörtert  werden,   wieviel  mau  (yc.v^^\. 
Fig.  l'J.  und  20)  einzelne  Dreiecke  oder  lllioiuWu  awiAXVJ^XL^^xi  \\^^.^  ^'«v 


Coefficientcn  von   -■- - 

Günstigste  n: 

Wj  —  n%  —  W3. 

n  ungleich. 

W|  :  "2  :  »3  •  ^W 

'/«.7, 

'/»«. 

0  :    5   :  95  :  100 

/luai 

/vftß 

0  :    0   :  100  :  100 

VllMW 

~ 

'A,5 

'Alt 

0  ;    0  :  50  :  100 

'/«TT 

'A.3 

0  :    7  :  43  :  100 

y-m 

'A«. 

0  :  13  :  37  :  100 

174     Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 


•    W-  ^*X*^N*'WN--V   -^- 


eine  grössere  Länge  aus  der  Basis  AB  bei  gleicher  Mühe  am  genauesten 
abzuleiten. 

Ist  m^  das  Quadrat  des  mittleren  Fehlers  der  ersten  abgeleiteten 
Seite,  so  wird  für  die  nächste  abgeleitete  Seite 


s^     ,        .    s^ 


tHp^ 


wo  der  erste  Summand  wegen  der  fehlerhaften  Winkelmessung  bei  Ab- 
leitung der  zweiten  Seite  aus  der  ersten  und  der  zweite  Summand  wegen 
des  Fehlers  m^  in  der  letztern  angesetzt  worden  sind.  Selbstverständlich 
ist  dabei  Voraussetzung,  dass  die  zur  Verbindung  der  ersten  und  zweiten 
Abgeleiteten  dienende  Figur  derjenigen  ähnlich  sei,  welche  zur  Her- 
leitung  der  ersten  Abgeleiteten  aus  der  Basis  diente. 

Allgemein  ist  für  eine  j9te  Abgeleitete  das  Quadrat  des  mittlem  Fehlers 

70)  nfp'  =  nii^  .  p  .  (^- j       , 
und  nennt  man  S  die  Länge  der  pten  Abgeleiteten,  so  ist  dabei 

1)  Für  das  rechtwinklige  Dreieck  folgt  aus  Gleichung  Gl)  u.  62) 

^_      1  €  5^ 

wo  6  =  4  0)^   oder  8  aP-  ist,    je  nachdem  man   die   günstigsten   n    oder 
gleiche  n  annimmt. 
Damit  wird 


?2  /s'^\ 


'^  Zu      tan 


Bezeichnet  man  nun  mit  N  =  p  .  2n  die  Summe  aller  Wiukelmes- 
suDgen,  welche  constant  zu  bleiben  hat  für  dieselben  c  und  S^  und  führt 
man  in  m^^  hiernach  ein 

-L/i  =  -  , 
P 

ferner  ^  Q 

WO  /  den  log.  nat.  bedeutet,  so  geht  m^,*  über  in 

2  __ 


nip 


'i^H'^}  ^  ('»»'• 'i^J- 


o        2 

//i/  wird  ein  Minimum  für  "~ä"p~  "^  ^'  ^*  **  ^^^ 

cos^  p  =  /  -J—  . 
9in  P 


Geodäsie.    Von  Friedr.  Rob.  Helmert.  175 


•"-/-.^  ^•-^•••-^-«*--^-' 


Diesem  entspricht -P  =  27" ,    ä==  2,20c   d.  b.  das  rechtwinklige 

Dreieck   ist   am   günstigsten,   wenn   die  Hypotenuse   ACf  von 
der  bekanntenKathete(Basi8)  das  2,20fache  beträgt.  Esist  dabei 

Für  P  =  22»  wird  m^^  =        '      ^  \l  —j  ,     also  wenig  grösser, 

fUr  7>  =  32«  tritt  an  Stelle  der  Zahl  (0,80)^  im  Nenner  von  m^^  (0,79)^ 
für  i>  =  450  und  P  =  130  aber  (0,69)^ 

Man  erkennt  daraus,  dass  alle  Dreiecke,  deren  Winkel  P 
(d.  i.  Winkel  (f)  zwischen  45^*  und  13"  liegt,  nahezu  die  gleiche, 
nämlich  die  Maximalsicherheii  bieten. 

2)  Für  die  rhombische  Form  des  Netzes  ist  nach  66)  und  67) 

wo  i  =  2(0^  oder  (o^  ist,  je  nachdem  die  n  gleichwerthig  oder  die  gün- 
stigsten sind.    Aus  Gleichung  70)  folgt  hiermit 

~  Zn  '  sin*  9  *  ^  •  \  c  V      ' 


m^ 


oder  auch 


=  {-/"   0  Sl  ''  ^"■''  2?^  •  ^  <^<"  9')\ 


und  bezüglich  9)  wird  dieses  ein  Minimum,  wenn 

1  =  cos  2q>  .  l  cotan  q> , 
d.i.  2y  =  33Q. 

Das  rhombische  Multiplicationsnetz  ist  daher  am  gün- 
stigsten, wenn  die  Winkel,  welche  der  bekannten  Diagonale 
(Basis)  gegenüber  liegen,  33«  betragen.  Die  Multiplication  be- 
trägt dabei  in  jedem  Rhombus  etwa  das  —fache. 

Der  entsprechende  kleinste  Werth  von  nip^  beträgt 


oder 

m 


=    g'-  ^    (i  ^v 

lan'^2q>.  N\   2c/  ' 
^  (0,65)^  ,N    \  2  c)' 


Da  nun  f  =  4  /,  so  ist  zwischen  den  kleinsten  Werthen  von  m^ 
für  die  Netze  aus  rechtwinkligen  Dreiecken  und  Rhomben  die  Relation 
vorhanden  : 


/o,8oy  1^ 

V0,6Ö/  •   4   • 


^V=  \K-n?J  '  T-'^P^^ 


oder  /  »        4  ^ 


17ß       Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 

wo  m^  sich  auf  das  Kbombcnnetz  bezieht.  Man  sieht  daraus,  dass 
es  sehr  un vorthcilhaft  ist,  „Dreiecke*'  und  nicht  Rhomben 
zu  nehmen. 

Für  29  =  60**  wird  in  m^  aus  dem  Divisor  (0,65)^ 

(0,48)^ 
für  2^  =  50^  ebenso (0,59)^. 

Interessant  ist  för  letztere  Grösse  von  2qp,  dass  sie  derjenigen  Rhomben- 
form  entspricht,  für  welche  m^^  ein  Min.  ist,  ohne  Rücksicht  auf  die  Mühe. 

Schreibt  mau  nämlich  m^  in  der  Form 


ntp^ 


Ro  wird  dieses  m^^  bei  constantem  Sn  und  veränderlichem  q>  ein  Min.  für 

2  9)  =  50",    doch  ist  dabei  die  Mühe,   entsprechend   der  Gesammtzahl 

N  =  p  .  Zu   aller  Winkelmessungen,    veränderlich   mit   der   Zahl    der 

Dreiecke. 

46. 

Man  könnte  noch  manche  ähnliche  Betrachtung  über  die  Basisnetze 
anstellen.  Hier  sei  nur  noch  ein  wichtiger  Punkt  erwähnt.  Die  vorher- 
gehenden Berechnungen  zeigen  nämlich,  dass  in  jedem  Basisnetze  ge- 
wisse, als  „maassgebende  Winkel"  bezeichnete  Winkel  hervorragenden 
Einfluss  haben,  auch  dann,  wenn  alle  Beobachtungszahlen  gleich  ge- 
nommen werden.  Es  kann  daher  auch  nicht  davon  die  Rede  sein,  dass 
das  Resultat  ein  wirklich  ausgeglichenes  ist,  denn  die  maasgebenden 
Winkel  unterdrücken  sozusagen  den  Einfluss  der  anderen.  Dem  lässt  sich 
allerdings  abhelfen,  wenn  man  die  maassgebenden  Winkel  wenig,  die  an- 
dern oft  beobachtet,  also  gerade  nicht  so  verfährt,  wie  es  bisher  als 
rationell  bezeichnet  worden  ist.  Abgesehen  von  der  Ungereimtheit,  die 
darin  liegt,  erzielt  man  dadurch  doch  nur  soviel,  dass  das  Endresultat  aus 
etwa  zwei  Einzelresultaten  sich  bestimmt.  Daher  ist  es  jedenfalls  zweck- 
mässiger, die  maassgebenden  Winkel  auf  die  feinste  Art  zu  ermitteln,  sie 
vielleicht  mit  mehreren  guten  Theodoliten  zu  beobachten ,  kurzum  dafür  zu 
sorgen,  dass  in  ihnen  selbst  schon  ein  sicheres,  weiterer  Ausgleichung 
nicht  bedürftiges  Resultat  vorliegt. 

Anhangsweise  sei  ferner  bemerkt,  dass  Richtungsbeobachtungen 
(insbesondere  bei  dem  Rhombusnetze)  Anwendung  finden  könnten.  Be- 
sonderer Untersuchung  bedarf  dieser  Fall  nicht,  eben  darum,  weil  die 
maassgebenden  Winkel  den  grössten  Einfluss  behaupten,  sodass  in  das 
Resultat  der  Character  der  Richtungsbeobachtungen  wenig  eingeht*). 

*)  Einige  Bemerkungon  über  günstigste  Basisnotze  finden  sich  auch  in  dem  Vor- 
wort von  St ru VC  zu  der  Ermittelung  des  Höhenunterschieds  zwischen  dem  Schwarzen 
u.Kaspischen  Meere  etc.  von  Fuss,  Sabler  u.Sawitsch.  Petersburg  1849."  Seite IX. u.  f. 
Besonders  umfassend  sind  aber  die  Untersuchungen  hierüber  indem  Werke :  „die  kleine 
Speyerer  Basis"  von  F.  M.  Schwerd  1822. 


Geodäsie.    Von  Friedr.  Ron.  Helmert.  177 


*-'    .i^-^-*-    -*-^     »'^^^•-^^■-^"•^'••■,-_->..'N,-^^^^,-*-_        .•  ^—     *-     r      -       ■  •.-      _*^_C      /— >-       •'  ^      .-.'••.-  1^  .---^■'-*'     ^-  .H^.1^-^-/-    rf-    ^    >•   .    •   -- 


IV.    lieber  die  günstigste  Yertheilung  der  Hauptpunkte  eines 

groasen  Vreiecksnetzes. 

47. 

Es  kann  nicht  die  Aufgabe  dieser  Arbeit  sein,  über  die  Grösse  der 
Entfernungen  benachbarter  Hauptpunkte  etwas  Maassgebendes  anzuführen, 
ebenso  wenig  wie  im  vorhergehenden  Hauptabschnitte  die  wirkliche  Länge 
der  Basis  in  den  Kreis  der  Betrachtungen  gezogen  wurde.  Bessel  empfahl 
möglichst  grosso  Distanzen,  Struve  fand  Distanzen  von  3  bis  4  geogra- 
phischen Meilen  als  die  praktisch  zweckmässigsten,  niimentlich  hinsichtlich 
der  Schnelligkeit  der  Messungsarbeit  und  der  Elimination  der  Lateral- 
refraction. 

Man  scheint  indess  im  Allgemeinen  der  Ansicht  zu  sein,  die  grössto 
Genauigkeit  durch  Verbindung  möglichst  weit  entfernter  Nachbarpunkte 
erreichen  zu  können,  und  lässt  das  Terrain  in  gewissen  Richtungen  La- 
toralrefraction  vermuthen,  so  sucht  man  ihren  Einfluss  durch  Control- 
vcrbindungen  zu  mindern.  Ist  die  Messung  Theil  einer  Gradmessung,  so 
ist  sicher  dabei  auch  der  Zweck  „geringsten  Kostenaufwandes'*  erreicht; 
triangulirt  man  aber  nur,  um  die  Grundlage  einer  Landesvermessung  zu 
erhalten,  so  geben  Punkte  in  kurzen  Distanzen  meist  ausreichende  Ge- 
nauigkeit bei  weniger  Gesammtkosten. 

Im  Folgenden  möge  der  in  neuerer  Zeit  häufigste  Fall  der  Com- 
hiuation  beider  Endzwecke  durch  eine  einzige  Triangulation  festgehalten 
werden.  Diese  muss,  soll  sie  möglichst  vortheilhaft  sein,  die  Lage  einer 
grossem  Anzahl  gleichmässig  vertbeilter  Punkte  zu  ermitteln  suchen.  Es 
hätte  einestheils  keinen  Sinn,  im  Allgemeinen  eine  andere  Yertheilung 
anzunehmen,  anderntheils  erleichtert  aber  die  gleichmässige  Yertheilung 
der  Punkte  ihre  gleichmässige  Bestimmung ,  sowie  auch  diejenige  der 
Punkte  zweiter  Classe.  Unter  „gleichmässiger  Bestimmung*'  ist  dabei  eine 
solche  zu  verstehen ,  welche  nicht  nur  Punkte  in  gleicher  Entfernung  von 
der  Basis  gleichgenau  angiebt  (also  mit  gleichem  M  ermittelt),  sondern 
auch  jeden  einzelnen  Punkt  gleichmässig  nach  allen  Richtungen  bestimmt 
(B  constant).  Wenn  sich  überhaupt  eine  Triangulation  dem  entsprechend 
vornehmen  lässt,  so  ist  es  gewiss  diejenige,  deren  Nachbarpunkte  zu  regel- 
mässigen Figuren  verbunden  werden  können. 

48. 

Kann  man  alle  Nachbarpunkte  in  gleiche  Entfernung  legen,  so  erhält 
man  als  Grundfigur  des  Netzes  das  gleichseitige  Dreieck.  Dieser 
Grundfigur  steht  am  nächsten   das  Quadrat  mvl  zvj  <i\  \>\^^^wvw\^\i. 


178      Studieu  über  rationelle  Vermessimgen  im  Gebiete  der  Luhem 

Weitere  Grundformen  giebt.es  nicLt.  Denn  ist  AB  CD  .  .  .  (Fig.  24.)  eine 
fi<r>lehe  Grandform,  also  ein  reguläres  »-Eck,  innerhalb  dessen  keine  Netz- 
punkte liegen,  »o  muss  der  Winkel  de«  n-Eickes  äcb  im  Umkreise  jeder 
Eeke  {Bz.  B.)  eine  ganze  Anzahl  Male  auftragen  lassen^  weil  jeder  Punkt 
llieil  ist  von  mehreren  Vielecken  gleicher  Form.     Das  giebt 

4  : =  einer  ganzen  Zahl , 

4 

oder  ^  =  einer  ganzen  Zahl ,      was  nur  möglich  ist 

für  II  =  3,  4  und  6. 

Das  reguläre  Sechseck  giebt  durch  die  zu  seiner  Construction  nöthigen 
Diagonalen  ein  dem  Netze  aus  gleichseitigen  Dr^ecken  verwandtes  Netz. 
Es  bleiben  hiemach  nur  die  erwähnten  zwei  Grundfiguren  übrig. 

Bei  gleicher  Punktzahl  auf  gleicher  Fläche  sind  die  Distanzen  be- 
nachbarter Punkte  für  beide  Grundfiguren  ziemlich  gleich;  denn  indem 
einem  (Quadrate  immer  etwa  zwei  Dreiecke  entsprechen  werden,  muss 

n 

sein,  wo  Sg  die  Quadratseite,  Sj  die  Dreiecksseite  bedeuten. 

Die  in  der  Praxis  vorkonunenden  Netzformen  werden  aber,  falls  nicht 
besondere  örtliche  Verhältnisse  es  hindern,  zwischen  dem  Quadratnetze 
und  regulären  Dreiccknetz'e  schwanken.  Es  ist  daher  im  Folgenden  ein 
Vergleich  beider  Grenzf^lle  dahin  ausgeführt  worden,  welcher  von  beiden 
das  Verhältniss  entsprechender  Seiten  der  Grundfiguren  am  genauesten 
„bei  gleicher  Mtthe"  angiebt. 


s^'i  =  2  */  .  "—  ;     Sg  =  0,93  s^ 


49. 

Im  AnschluBB  an  Fig.  25.  sei  ABC  ein  im  Innern  des  Netzes  gelegenes, 
gleichseitiges  Dreieck.  Die  Messung  von  <^  BAC  =  a  und  ^  ABC 
s=  ß  giebt  für  die  Gegenseiten  BC  =  a  und  AC  =  b 

^       ^'^^^  u'^f^\  »     A  sPAP        da  —  dß 

-  =  --  -      wobei  ö  l  r  )  =  cot  ada  —  cot  ßdß  =  -=^  -- 

b       sin  ß  \b  /  '^    *  y^ 

die  Grösse  des  Fehlers  in  —  bezeichnet,    welcher  den  Winkelfehlern  da 

0 

und  dß  entspricht. 

Diese  Formel  gilt  fUr  jedes  andere  Seiten verbältniss  im  Dreiecke, 
und  es  hat  daher  das  gloicliseitigo  Dreieck  die  Eigenschaft,  sich  von 
jeder  Seite  aus   gleich  gut  construiren  zu  lassen.    (Vergl.  Abschnitt  38). 

Die  Beobachtung  des  dritten  Winkels  <^  ACB  =  y  bat  auf  rff^j  im  Mittel 

keinen  Einfluss,  denn  y  controlirt  nur  die  Summe  von  a  und  ß^  indem 


Geodäsie.     Von  Fuiedr.  Rob.  Helmekt.  171) 

^  +  ß  +  y  —  180^  =  0 

sein  soll.   Findet  man  nnn  rechts  anstatt  Null  einen  Wertli  v,  so  sind  aus 

da  -]-  dß  -]-  dy  =  V 

die  waLrscheinlicben  Aenderuugen  da  =  dß  =  dy  =  — ,  daher  da  —  dß, 

3 

wie  es  in  rf  (  —  j  nur  vorkommt,  gleich  Null.  Bezeichnet  nun  +  w  den  mitt- 
leren Fehler  in  der  Messung  der  Winkel  «,  |3,  y .  .  .  (in  Bogen)  und  +5  den 

mittleren  Fehler  in  —  ,    so  ist  also   bei   Messung  von  a  und  ß  oder 

a,  ß  und  y 

71a)      d2==%2. 

Da  nun  das  Dreieck  ABC  von  andern  Dreiecken  umschlossen  wird, 

muss    man  —  noch  aus  der  Dreieckskette  (1.  2.  3.  4.  5),  sowie  aus  der  Kette 

(1.12.  11.  10.  9.  8.  7.  6.  5),  (Fig.25.),  welche  als  unabhängig  von  einander 

angesehen  werden  können,  berechnen.     Die  erste  Kette  giebt  -  durch    Ö 

Seitenverhältnisse,   die  zweite  durch  9  solche.     Obgleich  sich  nun  jedes 
dieser  Verhältnisse  schliesslich  für  sich  betrachtet  ebenso  genau  bestimmt, 

wie  —  für  ^sich  betrachtet,  so  darf  man  doch  hier,  wo  benachbarte  Dreiecke 

in  Frage  kommen,    den  Seitenverhältnissen  diese  Genauigkeit  nicht  bei- 
legen ,  wie  sofort  klar  ist.   Nennt  man  +  ^j  ^''^^  it  ^3  ^^®  mittleren  Fehler 

in  —  aus  beiden  Ketten,  +  m,  den  noch  unbekannten,  aus  allen  Einzel- 

0 

be.stimmungen  sich  ergebenden  mittlem  Fehler  in  — ,  so  wird 

5  m^^  <  ^2^  <    5  ^2;    9  ^^2  <;  ß^2  ^  9  ^2^ 

Betrachtet  man  weiter  die  Winkel  um  A  und  B,  so  zeigt  sich,  dass  diese 
bei  den  Bestimmungen  von  ^2  ^^d  d^  bisher  nur  zum  kleinen  Thoil  in  Anwen- 
dung gekommen  sind.  Man  wird  daher  der  Wahrheit  näher  kommen,  wenn 
man  sich  a  und  ß  noch  aus  den  Summengleichungen  der  Winkel  um  A  und  B 

bestimmt  denkt  und  zwar  mit  dem  mittlem  Fehler  H — 77=,  wie  leicht  ein- 

zusehen.     Das  Quadrat  des  mittlem  Fehlers  der  Bestimmung  von  -  mit 
Hilfe  von  a  und  ß  geht  damit  über  in 

In  die  obern  Grenzen  von  dj^  und  dg^  darf  dieser  Werth  für  d^  nicht 
eingerührt  werden.     Es  kommt  z.  B.  in  der  Kette  (\,  1.  W.  \,^^>i  ^^^  ^>v^- 

ZrilNihrifi  f.  Mnihrmniik  u.  Physik  XIII,  3.  V^ 


180    Studien  üLer  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  liöhern 


stn  a^ 


tient        ^    vor,  und  da« 2  '^'^d  ß^  gleich  sind,  sowie  derselben  Summen- 
sin  P3 

gleichung  angehören ,   gilt  für  den  Quotienten  eine  ähnliche  Bemerkung, 

wie  sie  früher  für  -: — 5  {gemacht  wurde:    Der  Einfluss  der  Snmmenglci- 

sm  ß 

chungen  fällt  bei  den  Dreiecksketten  beinahe  gänzlich  weg. 

Vernachlässigt  man  nun    noch  den   geringen  Einfluss  verschiedener 
Polygonzusammenschlüsse,  so  bekommt  man  zur  Bestimmung  "von  +'"p 

dem  schlicsslichen  mittlem  Fehler  in  ( j-jj  die  Ungleichung 

<  ««I    < 


ö 

9  9 

Die  obere  Grenze  giebt  m^  <  0,44  w^  und  hiermit  giebt  die  unloro 
Grenze  0,40  ©^  <  m 2.  Der  Gesammtbestimmung  des  Verhält- 
nisses zweier  Nachbarseiten  im  Netze  (zweier  Seiten  desselben 
Dreieckes)  entspricht  sonach  das  mittlere  Fehlerquadrat 

71b)   m^^  =  0,42  co^. 

Ilat   man  Richtungen  beobachtet,    so   ändert  sich  d^  in  71a)  gar 

5 
nicht,  dagegen  muss  für  w,^  der  Factor  —  in  d,^  weggelassen  werden,  wie 

sich  von  selbst  versteht,     dj^  und  ^3'  bleiben  in  den  früheren  Grenzen  ein- 

fi^eschlossen ;  denn  betrachtet  man  z.  B.  wieder  .  .  .  -7— ;i-  ...  in  der  Kette 

sm  ß^ 

(1. 2.3.4.5.),  so  könnte  man  zunächst  erwarten,  dass  der  mittlere  Fehler  die- 

(2d''\ 
—  )  ergeben  würde,  da  a^  und  ß.^  eine 

Visur  gemeinsam  haben.     Man  überzeugt  sich  indess  leicht,   dass  dieses 

keinen  Einfluss  hat,  indem  man  -r-:^^  diiferenzirtund  dieRichtunffsfehler 

stnß^    . 

einführt.    (Vergleiche  später  eine  ähnliche  Rechnung  bei  Untersuchung  des 

Quadrates.)    Aus  der  Ungleichung 

1 ^      .2/ 1 

r   .    1    <"^  <    1    .    1 


+  6mV  "^  y^V'  'i_ ,,%  "*"  "5d'^  "*" 


3  3 

folgt  wie  vorher  0,51  «'  >  m',^  >  0,4G  w^ 

71c)     >yiV^  =  0,48  (0^. 

m\^  ist  somit  nicht  viel  grösser  als  iw,^. 

Das  Verhältniss  AB  :  CD  im  Rhombus  ABCD  bestimmt  sich    aus 


Geodäsie.    Von  Fkiedk.  Kob.  Helmekt.  181 


{ABC  und  CDB),  aas  {ABC,  1,  2,  3,  4)  und  aus  (9,  8,  7,  G,  CDB), 
also  auf  drei  verschiedenen ,  ziemlich  unabhängig  von  einander  bestehen- 

I       w  tinn        1  nnj,\       u       ^^  sinACBsinCDB  .     , 

den  Wegen.     {ABC  und  CDB)  geben  —  =  ^-^^^-^  ^-^-^^ ,    und   da 

diese  Winkel  in  verschiedenen  Summengleichungen  vorkommen,  ist  das 
Quadrat  des  mittlem  Fehlers 

— •  (4  0)')  =  ö^. 

6     3     '^        ^  9 

Berücksichtigt  man  nun  die  beiden  Ketten  aus  je  5  Dreiecken  und 
nennt  m^     das    Quadrat    des    mittlem    Fehlers     der    schliess- 

lichen  Bestimmung  von  —-,  so  ist 

C/  u 

1  .     .  1 


<  V< 


1.1«"  "^              1.1.' 
=-  •  2 .  2 

i?^«,2  ^  öm^^  10    o  ^   5(52 

9  9 

72a)     0,55  ar  <  m^^  <  0,67  «^  ;     m^^  =  0,61  o^ 

Für    Rieht u'ngsbcobachtungen  hat  man  unter  Weglassung  des 

Kactors  — 
u 

1  ,«      .  1 


1  1  <'^"<        1  1 

3  3 

72  b)     0,63  cö'  <  mV  <  0,74  w^;     m\^  =  0,68  o)^. 

Das  Verhältniss    der    Seiten    AB:BD  im  Rhombus    bestimmt 

ttich  aus 

{ABCmuCl  CDB)',    {ABC,   1,  2,  3,  4,  CDB),    (9,  8,  7,  6) 

und  zwar  wieder  ziemlich  unabhängig.    Ersterc  2  Dreiecke  geben 

AB_sinACB    sin  CDB 

b1)  ~  sin BCD  '  ^'nCÄB' 

die  Winkel  des  erstem  Verhältnisses  gehören  hierbei  zu  derselben  Sum- 

5 
mengleichung,  der  Factor  ~  darf  daher  auf  sie  nicht  angewendet  werden. 

Man  erhält  das  Quadrat  des  mittlem  Fehlers  dieser  Bestimmung  zu 


3     \    ü  ^    /       y 


»'' 


m*3 ,  das  mittlere  Fehlerqaadrat  ans  allen  Bestimmungen,  wird  mitbin 

<<< 


1  1  1  ^    ""^  1  1  1       ' 

117,0  +  6V  "^  W  11^  +  "6d^  +    4d^ 


9  9 


73  a)     0,56  «2  <  m^^  <  0,69  ©2;     m^^  =  0,62  o}\ 

Vi* 


182       Studien  über  rationello  Vermessungen  im  Gebiete  der  höhern 


'  ,^  ^^  •••*  ^  .-*'-' . 


5 


Für    Ricbtungsbeobachtungen    kommt    wieder    der  Factor 

in  Wegfall  und  man  findet,  ähnlich  wie  frilher: 

73h)     0,62  »2  <  mV  <  0,72  w^;     m'.,^=^0,r>7jo^ 

Man  erkennt  hieraus,  dass  eich  die  Verhältnisse  zweier  Rhonibusseiten, 
die  zu  verschiedenen  Dreiecken  gehören ,  ziemlich  gleich  genau  bestim- 
men. Es  mögen  daher  im  Folgenden  solche  Seiten  (also  AB  und  BB^ 
AB  und  CZ>etc.)  kurz  „Gegenseiten"  heissen.  Liegt  der  Rhombus  nicht 
im  Netze,  sondern  isolirt,  so  ist  das  mittlere  Fehlerquadrat  des  Ver- 
hältnisses solclTer  Gegenseiten 

74)    '^';*  =^.j5-. 

50. 

Für  ein  im  Innern  des  Netzes  gelegenes  Quadrat  ^5CZ>  (Fig.  2ö.) 
hat  man  zunächst  die  directen  Bestimmungen 

AB        sin  AGB       ,(AB\  .  ,  .^^.  i(4j>r\        i 

AB        sinACB    sinBDC        /AB\  ^  (ri,n\ 

Werden    also    nur   die   nöthigsten  Winkel  gemessen,    so   bestimmen  sich 
beide  Verhältnisse  gleich  genau.    Das  mittlere  Fehlerquadrat  beträgt  2«'-. 
Beobachtet  man  alle  Winkel,  so  hat  man  noch 
AB        sin  ABB    sin  A CD 


'    '^  (^1)  =  ^  ^"^^^^  *"  "^  ^^^^'^^ 


AC        sin  ABB    sin  CDA 

AB        sin  ABB    sin  ACD      ,  (AB\         ,  ,  ,  ^  ^,         ,  /^  . ,  n 

Die  sämmtlicheu  Bestimmungen  aus  den  Winkelmessungen  im  Qua- 
drate hängen  daher  von  den  45^-Winkeln  ab.  Ein  Einfluss  der  rechten 
Winkel  kommt  erst  herein,  wenn  man  die  Gleichung  zwischen  den  3 
Winkeln  jedes   Dreieckes    berücksichtigt.      Die    erste    Bestimmung    von 

AB 

—-  ändert  sich  jedoch   auch  dann  nicht,    weil   die   betreffenden  Winkel 

derselben  Sunimengleichung  angehören;  in    den  andern  Verhältnissen  je- 
doch   ist   es  erlaubt,    überall    das   mittlere  Fehlerquadrat    eines  Winkels 

2 
gleich   -   w^  anzunehmen,  da  die  Summengleichungen  die  einzelnen  Winkel 

noch  mit  dem  Gewicht  —  bestimmen.     Man  hat  daher  für  das  erste  und 

zweite  Verhältniss  die  Bestimmungen  mit  den  Fehlerquadraten: 

4  4  4 

w^    -  wS    resp.  -w^     -o)-. 

]\[an  überzeugt  sich  leicht,  dass  diese  Bestimmungen  jedes  Verhältnisses 


Geodäsie.     Von  Friedr.  Rob.  Helmert.  183 

völlig  unabhängig   von    einander    sind,    nicht    etwa   irgend   ein   Winkel 

oder  eine  Summengleichnng  mehrfach  Anwendung  fanden.    Es  sind  sogar 

AB 
für     .^  noch  die  Winkel  CDBy  CAB,  BCD  und  CBD  unberücksichtigt,  doch 

geben  sie  nur  Summengleichungen  von  ACB  und  ABC,  ABB  und  CBAy 
ihr  Einfluss  ist  mithin  Null. 

Vereinigt  man  die  Resultate,  so  int  das  Quadrat  des  m.  F. 

mr^^ 0^=     -"-      =ia>^ 

^  AC  ^    -4-5^         ö 

75  a)  (  2     '    4        .  *\ 

Diese  Rechnung  gilt  in  gleicher  Weise  für  Winkel-  und  Richtungs- 
beobachtungen. 

Im   letztern  Falle   könnte   man   vermuthen,    dass    z.   B.    die   zweite 

AB 
Bestimmung  von  -—-    einen    andern    mittlem   Fehler    erhielte.      Nun    ist 

BC 

d  \^^A  =  d{ABB)  —  d{ABC)  =  2d  (A)  —  d{B)-d (C),  wo  d {A)  etc.  die  Rich- 
tungsfehler sind.   Im  Mittel  ist  ein  Richtungsfehler  -__,  also  bleibt  der  mitt- 

AB 

lere  Fehler  von  — —   hier   genau   so  gross,    als    wenn  die  Winkel  unab- 

BC 

liängig  von  einander  gemessen  worden  wären. 

AR 

-    -   bestimmt  sich   weiter   durch    die  Ketten    (1.  2.  3.)    und    (9.  8. 


7.  16.  15.  14.  13.  12.  11),  erstere  drei  Nachbarseitenverhältnisse,  letztere 
4  solche  und  2  Gegenseitenverhältnisse  enthaltend.  Für  die  mittlem 
Fehler  dieser  Verhältnisse  hat  man  Werthe  einzuführen,  die  zwischen  O, 
icsp.  &'  und  denjenigen  mittlem  Fehlern  liegen,  welche  sich  schliesslich 

für   — -^,  resp.  _      aus   allen  Bestimmungen    ergeben.      Letztere   Grössen 

mögen  mit  m  und  m,  bezeichnet  worden.     Berücksichtigt  man  nun  noch 

die  Summengleichungen  der  Winkel  um  A,  Bj  C,  i>,  welche  für  die  erste 

AB  7 

der  directen  Bestimmungen   von   -  -   den  Factor  —  erheischen  und  nennt 

AC  o 

man  das  m.  Fehlerquadrat  für  das  Mittel  der  beiden  directen  Bestim- 
mungen 

^'  =  -r—T  =  4" ' 

—7-  +  -4- 
2  -     - 

8  3 

*)  Eine  btreuj^o  Ausgleichung  gab  genau  gleich^i  \lcB\i\la\Aä. 


184    Studien  über  rationelle  Vermessungen  im  Gebiete  der  hohem 


80  ist 

-^ .-^ . <m^<-. .-^ 


die  obere  Grenze  giebt  m*'^  <  0,51  w^. 

AB 
Für  -^  bat  man  2  ganz  gleiche  indirecte  Bestimmungen  aus  (3.  2. 


10.  9.  8.  7.)  und  (11.  12.  13.  14.   15.  16)  mit  je  4  Nachbarseiten-  und 

einem  Gegenseitenverhältnisse.   Wegen  der  Summengleichungen  um  A,  B^ 

7. 

Cy  D  ist  der  Factor  -  bei   beiden   directen   Bestimmungen,    also    bei   ^"^ 

ö 

selbst  in  Anwendung  zu  bringen.     Nennt  man  daher 

7  7 

*         8  12      ' 

so  wird 

1 


<  xa,'  < 


J_    .   2     — -A_  JL4.9 L_ 

Die  obere  Grenze  giebt     mj^  <  0.45  w^. 

Führt  man  jetzt   die  Näherungswerthe  in    die  untern  Grenzen  ein, 
so  ergibt  sich 

m^  >  0,43  w^  1  nii^  >  0,40  »2 

m^  <  0,51  «2  I '  m/^  <  0,45  «« 

75b)    m^^0^4W,  m,2^=^0,42  w^. 

AB  AB 

Man  kann  hiernach  für  — ^  ^^^777;    ^^s    mittlere   Fehlcr- 

^C  6  B 

qua d rat  zu  0,45(0*  annehmen. 

Sind  Kichtungsbeobachtungen  gemacht ,    so  ist   nur  der 

7 
Factor  —  wegzulassen,  sonst  ändert  sich  au  der  Kechuung  weiter  nichts, 
o 

Die  Ungleichungen  gehen  übi*r  in 

1 


<  m"^  < 


i.    ,  JL4.__i__  i    .     L    .  L_ 


für   —— ,  sodass  also 
AC 


und  für  — -  in 
L/  JJ 


m  2  <  0,53  ö^ 


1   .  .    '   1 — ^'^^^  r-.":""    1 


^'"2  +  ^  •  4.ni'2_|_,„'r  {^'2+2-4  ^-2  _[_  ^'2 

woraus  m'^'^  <  0,50  «^  folgt. 


Geodäsie.    Von  Friede.  Rob.  Helmert. 


185 


AB     AB 
ÄC'    CD 


zu 


Hiermit  geben  die  untern  Grenzen  resp. 

m'^  >  0,45  ar^  \n\^  >  0,44  ©^ 

und  da 

ni'2  <  0,53  fi)2  mV  <  0,50©^ 

war,  so  kann  man  setzen 

75  c)  m^^  =  0,49fi)^.  jn',  2^=  0,47^^. 

Hiemach  kann  das  mittlere  Fehlerqnadrat    für 
0,48  Q}^  bei  Richtungsbeobaclitungen  gesetzt  werden. 

61. 

Die  gewonnenen  Formeln  stellen  sich  am  übersichtlichsten  dar, 
wenn  man  noch  alle  Fehlerqnadrate  auf  gleiche  Mühe,  etwa  diejenige 
fQr  Winkelbeobachtungen  in  einem  Quadratnetze,  reducirt.  Man  hat 
hier  in  einem  Quadrate  12  Winkel  zu  messen,  d.  i.  soviel  wie  24  Ein- 
stollangen;  dieses  gilt  für  ein  Quadrat  im  Netze  ebenso,  wie  für  ein 
isolirtes  Quadrat.  Dagegen  hat  man  im  Rhombus  nur  6  Winkelmes- 
sungen gleich  12  Einstellungen  zu  machen.  Für  Richtungsbeobachtungen 
im  isolirten  Quadrate,  resp.  Rhombus  beträgt  die  Anzahl  der  Einstellungen 
12,  resp.  10,  dagegen  hat  man  für  dieselben  Figuren  im  Netze  nur  8, 
resp.  G  Einstellungen  zu  rechnen,  da  die  begrenzenden  Visuren  (z.  B. 
AB^  AC  .  .  .)  auch  für  die  Nachbarfiguren  gelten,  also  nur  zur  Hälfte  in 
Anschlag  zu  bringen  sind.  Reducirt  man  nun  alle  mittleren  Fehlerqua- 
dratc    auf    24  Einstellungen ,    so   ergiebt  sich ,   wenn  +  oo  der  mittlere 

Fehler  einer  Winkclmessung  f  H~  tt—  der   einen  Richtung]  ist: 


Mittleres  Fehlerquadrat  des 

Verhältn. 

2r  Nachbar - 

und  2r  Gegenseiten 

Winkel 

Richtungen 

Winkel 

Richtungen 

Rhombus  isolirt, 
,,         im  Netz, 

Quadrat  isolirt, 
,,       im  Netze 

0,33  CO« 
0,21 
0,80 
0,47 

0,28  a»« 
0,12 
0,40 
0,16 

0,67  CO* 
0,31 
0,67 
0,42 

0,66  CO« 
0,17 
0,33 
0,16 

Wenn  nun  auch  die  Zahlen  dieser  Tabelle,  soweit  sie  sich  auf 
Figuren  im  Netze  beziehen,  der  Vernachlässigungen  wegen  nur  rela- 
tiven Werth  für  die  Vergleichung  des  Rhombus  und  Quadrates  im  Netze 
besitzen,  so  erhellt  doch  daraus  mit  Gewissheit,  dass  insbesondere  bei 
Richtungsbeobachtungen  das  Quadratnetz  recht  günstige  Bestimmungen 
liefert  und    dem  Dreiecksnetz  gleichgestellt  zu  werden  verdient. 

52.     Schluss. 

Um  die  Arbeit  nicht  zu  sehr  auszudehnen,  sind  weitere  Betrach- 
tungen über  Netzformen  im  Allgemeinen,  über  Kiax^zs^^l^TSi^  V^^&'l-^V. 


186    Studien  über  rationelle  Vermessungen  etc.  v.  F.  R.  IIelmekt. 

eine  Keclinung  wie  in  Abscbn.  45.  geben  würde)  und  Anderes  mebr 
nicbt  angestellt  worden.  Freilieb  ist  nicbt  zu  verkennen,  dass  das  liier 
Gegebene  nur  den  leicbtesten  Theil  der  Discussion  der  Landestriangu- 
lirung  vollständiger  abhandelt,  nämlicb  die  Einschaltung  der  Punkte  nie- 
derster Ordnung,  und  dass  der  vierte  Hauptabschnitt  sehr  dürftig  aus- 
gefallen ist.  Wer  jedoch  weiss,  welche  Anhäufung  von  Fragen  bei  der 
Untersuchung  eines  Hauptnetzes  entsteht  und  wie  gerade  hier  die  spe- 
ciellon  Terrain  Verhältnisse  zu  berücksichtigen  sind,  wird  es  nicht  son- 
derbar finden,  dass  zunächst  das  Einfachere  eingehender  untersucht  wurde, 
um  so  mehr,  als  in  demselben  das  Allgemeinere,  in  allen  Fällen  Gil- 
tige zur  Darstellung  gelangte. 

Anmerkang  zu  Abschn.  II.  32.  Da  unter  gleichen  Umständen  die  aufge- 
wandte Mühe  umgekehrt  proportional  A/*  ist ,  in  diesem  Abschnitte  es  aber  daranf 
ankam,  die  Resultate  gleicher  Mühe  zn  vergleichen,  so  hat  sich  der  Verf.  erlaubt, 
hier  —  abweichend  vom  gewöhnlichen  Gebrauche  —  die  Genauigkeit  in  der  Be- 
stimmung des  Fnnktes  ebenfalls  umgekehrt  proportional  dem  Quadrate  des  mitt- 
lem Gesammtfehlers  M  zu  setzen,  sodass  sie  dircct  proportional  der  aufgewandten 
Mühe  wird. 


VI. 
Mathematische  Studien  über  die  Materie. 

Zur  Lehre  der  Aequivalentvolumina. 

Von 

L.    PUDENZ, 

Candidat  des  höheren  Schalamts  ku  Enhausen  auf  dem  Eichsfelde. 


Aus  dem  Dalton^sclien  Gesetze  für  cliemiscbe  Verbindungen  ergibt 
sich  für  den  Verstand  der  nothwendige  Schluss,'  dass  eine  bestimmte 
Masse  eines  elementaren  Stoffes  eine  bestimmte  Anzahl  von  Individuen 
enthält;  die  ganze  Eigenthümlichkeit  dieser  Individuen  zu  verstehen, 
reicht  es  aber  nicht  ans.  Der  Verstand  fasst  diese  Individuen,  diese 
die  Materie  räumlich  constituirenden  Momente,  je  als  ein  für  sich  da- 
stehendes Ganze  auf,  gerade  wie  er  die  Zellen  eines  organischen  Kör- 
pers ihrem  constituirenden  Charakter  nach  als  Einheiten  nimmt.  Es 
folgt  aus  diesem  Dalton*schen  Gesetze  durchaus  nicht  die  Nothwendigkeit, 
dass  diese  Individuen  überhaupt  untheilbare  seien;  die  Annahme  der 
Untheilbarkeit  ist  nur  eine  wahrscheinliche  Hypothese.  So  klein  auch 
diese  Individuen  immer  sein  mögen ,  wir  können  sie  wohl  in  Theile  zer- 
legt denken,  aber  ob  sie  in  Wahrheit  theilbar  sind,  wissen  wir  nicht. 
Eine  Theilbarkeit  auf  mechanischem  Wege  lässt  sich  nicht  gut  verstehen, 
denn  dann  müsste  ein  Individuum  das  andere  durchschneiden  und  gäbe 
also  letzteres  Individuum  eher  seine  Einheit  auf ,  als  seine  Verknüpfung 
mit  benachbarten  anderen.  Ebenso  wenig,  wie  der  Verstand  die  Theil- 
barkeit auf  mechanischem  Wege  nothwendig  findet,  muss  er  das  Indi- 
viduum für  sich  als  aus  Theilen  constituirt  auffassen.  Denn  der  Umstand, 
dass  wir  wohl  eine  Vorstellung  von  Raumform,  aber  kein  Verständniss 
dos  Raumes,  resp.  der  ihn  anfüllenden  Masse,  gewinnen,  führt  uns 
weder  zum  Individuum  als  Atom,  noch  zum  Individuum  als  aus  Atomen 
constituirt,  analog  der  Pflanzenzelle. 

Wir  können  also  diese  Individuen  eben  nur  als  Individuen  fassen 
und  ihrer  Constitution  nach  weiter  nicht  verstehen. 

Wenn  wir  die  Individuen  aber  auch   nur  a\R  Aw^VXvViVwe.Tv  KwÄ\^^w^  v^^ 

'InlHcliriH  f.  MaiheniAlik  u.  Physik  Xlll ,  'J.  \^ 


188  Mathematische  Studien  über  die  Materie. 

wird  dadurch  die  Unveranderlichkeit  der  Raumgrenzen  dieser  Individuen 
nicht  ausgeschlossen.  Es  folgt  aus  dem  Begriffe  des  Individuums  und 
aus  dem  Unverständniss  seiner  Raumconstitution  nicht  die  Unmöglichkeit 
seiner  Formänderung.  Es  wäre  möglich ,' dass  es  sein  Volumen  ver- 
grössere oder  verringere;  dass  es  seine  Form  ändere,  etwa  aus  der 
Form  des  Würfels  in  die  des  Oktaeders  übergehe.  Diese  Möglichkeit 
wird  heute  allgemein  nicht  angenommen  —  man  nennt  das  Individuum 
starr.  Die  Veränderlichkeit  der  Individuen  anzunehmen,  wird  man 
gezwungen,  wenn  man  den  Raum  des  durch  sie  constituirten  Körpers 
nur  durch  sie  erfüllt  denkt,  in  welchen  Temperaturzuständen  der  Körper 
sich  auch  befinde.  Die  Individuen  als  starre  zu  nehmen  bedingt  in  der 
allgemein  gewordenen  Hypothese  des  Aethers;  man  denkt  sich  das  Indi- 
viduum starr,  dagegen  die  es  umgebende  Aethersphäre  elastisch. 

Suchen  wir  diese  Elastizität  des  Aethers  zn  verstehen,  so  kommen 
wir  zu  dem  Resultate,  dass  man  die  Individuen  der  Körper  als  starre 
nimmt,  dagegen  die  Individuen  des  Aethers  als  veränderliche.  Denn 
da  nach  unserer  Aetherlehre  kein  leerer  Raum  existirt,  so  heisst  Con- 
densation  des  Aethers  Condensation  des  Aether  -  Individuums.  Es  ist 
daher  ein  durchaus  falscher  Vergleich,  wenn  die  Freunde  des  Aethers 
lehren,  die  Condensation  des  Aethers  sei  analog  der  Condensation  eines 
Gases.  Denn  letztere  wird  als  Annäherung  der  Gas -Moleküle  erklärt, 
während  die  nächsten  Aethertheilchen  als  sich  berührende  gedacht 
werden.  —  Dies  denjenigen  Denkern,  welche  die  Veränderlichkeit  eines 
Körper -Individuums  ungereimt  finden! 

Der  Aether  ist  ein  Phantasiegeschöpf,  geschaffen,  die  Schwierig- 
keiten der  Erklärung  des  Leuchtprozesses  in  sich  aufzunehmen.  Seine 
Existenz  ist  wegen  der,  durch  die  bis  unendlichfache  Condensibilität 
erhaltenen,  Eigenthümlichkeit,  dass  ein  phantasievoller  Physiker  von 
einigem  mathematischen  Takte  durch  ihn  alle  physikalischen  Erschei- 
nungen sinnlich  vorstellen  kann,  noch  keineswegs  erwiesen.  Ja  wegen 
dieser  seiner  Eigenthümlichkeit  führt  er  zu  vielen  Spielereien  der  Phan- 
tasie; ich  erinnere  nur  an  die  hübschen  Zeichnungen  der  Aether-Ellipsoiden 
in  der  jüngst  erschienenen  Molekularphysik  des  Hrn.  Cornelius.  —  So 
geistreich  auch  durch  den  Aether  manche  Vorstellungen  entstanden  sind, 
als  z.  B.  die  Vergleichung  der  Körperconstitution  mit  dem  Makrokosmos 
—  diese  Vorstellungen  werden  dadurch  nicht  wahr,  sie  sind  eben  nur 
Zeugniss  einer  guten  Phantasie. 

Abgesehen  davon,  dass  durch  den  Aether  der  BegrifP  des  Atoms 
ein  zweifacher  (Körper -Atom  =  starr,  Aether -Atom  =  veränderlich) 
geworden  ist,  und  dass  wegen  der  durch  ihn  hervorgerufenen  schwindel- 
haften Gedankenbahn  mehr  und  minder  die  Naturforscher  ihn  fallen 
lassen,  wie  z.  H.  Schrauf  in  seinen  physikalischen  Studien;  so  viel  ist 
gewiss,    dass    durch    soine    Annahme    jedes    tiefere    Eindringen    in    die 


Von  L.  PüDENZ.  189 


Körperconstitution  abgeschnitten  ist  und  dass  er  gerade  hierbei  nicht  zu 
Grunde  gelegt  werden  darf,  da  ja  die  Annahme  seiner  Existenz  höchstens 
Frucht  dieses  Studiums  sein  könnte,  wenn  er  wirklich  existirte.  Wie 
man  aber  hierbei  den  Aether  bei  Seite  setzen  muss,  ebenso  auch  den 
leeren  Raum  —  eine  Meinung,  welche  der  Hr.  Rath  Karsten  in  seinen 
hierher  gehörigen  Aufsätzen  schon  ausgesprochen  hat.  Man  stellt  sich 
dadurch  freilich  auf  den  simplen  Standpunkt  eines  gewöhnlichen  Men- 
schen und  sieht  einen  Berg  voll  Schwierigkeiten,  aber  so  nur  findet  man 
des  Pudels  Kern. 

Auf  diesen  Standpunkt  stelle  ich  mich.  Alsdann  muss  ich  annehmen, 
dass  die  kleinsten  Individuen  der  Elemente  ihr  Volumen  ändern.  Hierzu 
nehme  ich  noch  die  Hypothese,  begründet  durch  die  Polymorphie  der 
Körper,  dass  das  Individuum  auch  seine  Form  ändern  könne.  Der 
üebergang  von  einer  Form  zur  anderen  geschieht  durch  einen  Wärme- 
prozess  (vergl.  Rose  über  TiOj,  äOj,  TöOg,  NbO^  etc.,  ferner  die  Modi- 
fikationen des  P,  S  etc.). 

Ob  diese  Hypothese  ihre  Wahrheit  hat,  wird  die  Untersuchung  Über 
die  Form  und  Anordnung  der  Individuen  in  den  Krystalleu  ergeben; 
welche  Untersuchung  freilich  erst  dann  geschehen  kann,  wenn  durch 
das  Studium  der  Aequivalentvolumina  genug  Boden  zur  Abstraktion  ge- 
wonnen ist.  Ein  wesentliches  Mittel  für  diese  Untersuchungen  sind  die 
sogenannten  Vikariationen.  Wird  z.  B.  in  einem  Krystalle  FeO  durch 
MnO  vertreten,  ohne  dass  Form-  und  Volumen  -  Aenderung  eintritt,  so 
folgt  sofort,  dass  MnO  und  FeO  an  Form  und  Anzahl  gleiche  Individuen 
besitzen.  Auch  sehr  lehrreich  sind  in  dieser  Beziehung  gewisse  Ab- 
änderungen, z.  B.  die  des  Kieselzinkerzes  von  Nertschink  (nach  Her- 
mann) : 

I.     210  SiO^  =  26,08     (gefunden  25,96 

390  ZnO  =  65,54  65,66 

225  HO   =    8,38  8,38) 

IL     210  SfOj  =  25,39      (gefunden  25,38 
I  384  ZnO  =  62,84  62,85 

\      6PbO  =    2,70  2,70 

250  HO   =    9,07  9,07) 

In  II.  ist  nicht,  wie  Hr.  Rammeisberg  meint ,  Pb.O'^ SiO^  -\-  HO  mit 
I.  vermengt,  sondern  bei  gleichem  Verhältniss  der  Kieselerde  zu  den 
basischen  Oxyden  (=  7  :  13)  eine  grössere  Anzahl  von  Wasseratomen 
vorhanden.  Worin  hat  das  seinen  Grund?  Etwa  nur  darin,  dass  die 
PftO- Individuen  grösser  sind  als  die  ZnO -Individuen?  Mussten,  um  die 
räumliche  Ungleichheit  aufzuheben,  gerade  ^  der  Wasseratome  von  I.  in 
IL  mehr  sein?  Um  diese  Fragen  zu  lösen,  muss  erst  diese  beantwortet 
sein:  Sind  die  Aequivalentvolumina,  oder  die  Individuen,  der  SiO.2,  ZnO^ 
HO  in  I.  und  II.  dieselben?  —  Scd  haec  l\actci\wa\ 


190  Mathematische  Studien  über  die  Materie. 


Aus  der  Annahme  der  möglichen  Polymorphie  der  Individuen  folgt 
die  Möglichkeit  der  verschiedenen  Aequivalentvolumina  desselben  Ele- 
mentes, derselben  Verbindung,  oder  was  dasselbe  ist:  die  Möglichkeit, 
dass  dasselbe  Element,  dieselbe  Verbindung  verschiedene  spezifische 
Gewichte  haben  kann,  und  dass,  wenn  dies  ist,  wir  in  Wahrheit  ver- 
schiedene Körper  vor  uns  haben,  ebenso  verschieden,  wie  es  die  iso- 
meren Verbindungen  der  organischen  Chemie  sind.  Man  hatte  früher 
die  Meinung,  dass  das  verschiedene  spezifische  Gewicht  desselben  Kör- 
pers nur  Folge  schlechter  Beobachtung  sei  —  eine  Meinung,  welche 
dem  intelligenten  Herapath  seine  Ehre  kostete  bei  den  Deutschen  Buff, 
Kopp  und  Anderen  —  bis  man  durch  die  Polymorphie  der  Krystalle 
derselben  Verbindung  anders  denken  lernte.  Man  fand  jedoch  nicht 
gleich  das  Rechte.  Denn  man  nahm  die  Verschiedenheit  der  Moleküle 
nur  da  an,  wo  eine  augenföUige  Formänderung  dazu  zwang,  und  be- 
dachte nicht,  dass  wir  neben  dem  Gesichtssinne  noch  andere  Sinne 
haben,  welche  auch  ihre  Berechtigung  bei  Beurtheilung  der  Körper  haben. 
Denn  warum  sollen  die  Körper,  welche  dem  Gesichte  verschieden  er- 
scheinen, ihrem  spezifischen  Gewicht  nach  verschieden  angenommen 
werden,  und  nicht  auch  die  Körper,  welche  nach  Geschmack,  nach  Ge- 
fühl verschieden  sind?  Oder  aber:  wenn  die  Krystalle  des  Anatas, 
Rutils,  Brookits  uns  nicht  bekannt  wären  und  die  Individuen  dieser 
Mineralien  nur  in  scheinbar  amorphen  Pulvern  entgegenträten,  würden 
dann  diese  verschiedenen  Individuen  und  ihre  verschiedenen  spezifischen 
Gewichte  nicht  existiren  sollen? 

Hr.  Kopp  schreibt  im  Graham- Otto,  dass  die  Studien  der  Aequi- 
valentvolumina fester  Verbindungen  darum  von  so  weniger  Frucht  gefolgt 
seien,  weil  man  nicht  die  Temperaturen  kenne,  bei  welchen  die  Volu- 
mina zu  vergleichen  , seien.  Dies  ist  durchaus  nicht  Schuld,  denn  die 
Ausdehnungen  der  festen  Körper  sind  viel  zu  gering,  als  dass  durch  sie 
die  Fehlergrenze  bei  der  Angabe  der  spezifischen  Gewichte  merklich 
verändert  würde.  Die  Schuld  lag  darin ,  dass  man  auf  die  mögliche 
Polymorphie  eines  jeden  Elementes,  einer  jeden  Verbindung,  nicht 
kam;  und  man  kam  nicht  darauf,  weil  man  nicht  vorsichtig  genug  zu 
Werke  ging.  Wie  man  aber  zu  Werke  ging,  ergibt  sich  daraus,  dass 
man  aus  verschiedenen  Angaben  des  spezifischen  Gewichts  einer  Verbin- 
dung das  arithmetische  Mittel  als  das  wahrscheinlichste  spezifische  Ge- 
wicht annahm,  ohne  zu  bedenken,  dass  die  verschiedenen  spezifischen 
Gewichte  der  Fingerzeig  für  verschiedene  Modifikationen  seien,  oder 
dass  die  eine  Angabe  die  genaueste  sei,  dagegen  die  anderen  weniger 
genau.  Hatte  man,  um  ein  handgreifliches  Beispiel  vorzuführen,  etwa 
für  CaO  die  Angaben  p  =  2,95  (für  Arragonit),  p'  =  2,72  (für  Kalk- 
spath),  so  nahm  man  das  wahrscheinlichste  spez.  Gewicht  für  CaO  = 
^  (2,95  -f-  2,72)  =  2,84,  also  ein  spez.  Gew.,  welches  keine  Modifikation 


Von  L.  PüDENZ.  191 

des  CaO  hat.  Freilich  kann  man  nicht  jede  Angabe  des  spezifischen 
Gewichts  eines  Körpers  als  wahr  annehmen,  am  wenigsten  bei  unkrystalli- 
sirten  Körpern,  weil  in  einem  solchen  verschiedene  Modifikationen  der- 
selben chemischen  Verbindung  vorhanden  sein  können.  Dieses  Zusammen- 
sein hängt  von  der  Präparation  ab.  Am  einleuchtendsten  ist  dies  beim 
Schwefel.  Hr.  Eath  Karsten  machte  auf  die  Präparation  des  S  auf- 
merksam, indem  er  sagt,  dass  von  der  Vorsicht  beim  Abkühlen  abhinge, 
ob  die  äusseren  Schichten  krystallisirten ,  d.  h.  anderer  Modifikation  seien, 
als  die  inneren.  Eine  Norm  für  solche  Präparate  kann  gelten  ihre  Lös- 
lichkeit in  den  verschiedenen  Lösungsmitteln.  —  Auch  sehr  lehrreich  in 
dieser  Hinsicht  sind  die  interessanten  Versuche    des  Hm.  Beudant*). 

Sehr  Recht  hat  dagegen  Hr.  Kopp,  wenn  er  obige  Bemerkung  bei 
flüssigen  Verbindungen  macht,  welche  mit  wenigen  Graden  schon  bedeu- 
tende Aenderungen  des  Acquivalentvolumens  haben.  Hier  wird  die  Frage: 
bei  welchen  Temperaturen  muss  man  ihre  Aequivaleutvolumina  verglei- 
chen, um  sofort  einen  Einblick  in  die  räumliche  Constitution  zu  haben? 
sehr  kritisch.  Sie  ist  auch  schon  vielfach  der  Gegenstand  der  Diskussion 
gewesen.  Um  aus  dem  Multa  das  einzig  Brauchbare  zu  nennen,  gedenke 
ich  der  Untersuchungen  des  Hm.  Kopp,  welcher  die  Aequivalentvolu^ 
mina  bei  den  Siedepunkten  verglich.  So  lehrreich  diese  Untersuchungen 
uns  auch  noch  werden,  so  erkennt  man  doch  sofort,  dass  durch  sie  zur 
in  Frage  stehenden  Aufklärung  wenig  geleistet  ist;  denn,  wenn  gewisse 
isomere  Verbindungen  beim  Siedepunkt  dasselbe  Volumen  haben,  so  ist 
für  diese  Verbindungen  nur  die  Thatsache  festgestellt,  dass  in  ihnen 
beim  Uebergang  in  die  Dampfform  die  constituirenden  Elemente  resp. 
elementare  Verbindungen  gleiches  Volumen  haben,  aber  der  Grund  ihrer 
Verschiedenheit  ist  um  nichts  mehr  ergründet. 

Da  diese  Frage  so  eng  mit  3er  Wärmelehre  zusammenhängt,  und 
letztere  durch  die  Beziehungen  zwischen  Eaum  und  Wärme  in  der  orga- 
nischen Chemie  ausgezeichnete  Nahrung  erhält,  falle  ihre  Diskussion  hier 
weg,  wo  ich  vorläufig  mich  auf  die  Aequivalent Volumina  der  festen 
Körper  beschränke.  Bei  der  späteren  Behandlung  dieser  Frage  werde 
ich  auch  im  Stande  sein,  den  Beweis  zu  liefern,  dass  die  Individuen 
des  Wassers  bei  4*'  Cels.,  wo  es  also  am  dichtesten  ist,  in  festen 
Hydraten  wieder  gefunden  werden.  Aus  diesem  Satze  lernen 
wir,  dass  nicht  gerade  nur  feste  Körper  mit  festen  zu  vergleichen  sind, 
um  einfache  Eelationen  zu  gewinnen;  dass  man  nicht  gerade  das  Eis 
hierzu  in  Vergleichung  bringen  muss.  —  Die  Thatsache,  dass  die  Indi- 
viduen des.  Wassers  bei  4^  C.  in  festen  Körpern  auftreten,  neben  dem 
Umstände,  dass  die  spezifischen   Gewichte    der  festen  Körper  meist  auf 


♦)  Ann.  de  chim.  et  de  phys.  XXXVIII ,  '.^98  und  Pogg.  svtviv.  \.om.'!^\N  ^^^.  'A^ 


192  Mathematische  Studien  über  die  Materie. 

solches  Wasser  bezogen   sind,   ist  von  höchstem  Interesse   für   das  Be- 
rechnen der  Aequivalentvolundna ,  wie  wir  gleich  sehen  werden. 

Beziehungen  der  Aec[nivalentvolnmina  aufzufinden,  haben  bekannt- 
lich schon  Viele  angestrebt  (die  Meisten  in  den  Jahren  1842  — 1845), 
aber  noch  Keiner  hat  es  zu  einem  glaubwürdigen  System  gebracht.  Ich 
werde  in  Folgendem  mein  System  der  mathematischen  Chemie  für  feste 
Körper  skizziren.  Es  hat  Vieles  in  sich,  was  schon  Hr.  Schröder 
gesagt;  steht  aber  zu  dessen  Arbeiten  in  demselben  Verhältniss,  wie 
dasjenige  System,  welches  die  Beziehungen  der  Aequivalentvolumina 
durch  Potenzverhältnisse  erschlösse  —  wcinn's  also  möglich  wäre  —  zu 
den  Priorität  suchenden  Anstrengungen  des  Engländers  Play  fair  sieb 
stellen  würde,  welcher  Chemiker  alle  möglichen  Wurzeln  der  Aequiva- 
lentzahlen  und  ihrer  Multipla  mit  den  spezifischen  Gewichten  der  Ele- 
mente verglich. 

Mein  Hauptsatz  für  die  Aequivalentvolumina  fester  Körper  in  allen 
ihren  Modifikationen  ist  der,  dass  sie  in  rationalem  Verhältniss  zu 
einander  stehen;  und  der  durch  Untersuchungen  sich  herausteilende 
Untersatz  ist,  dass  diese  Verhältnisse  einfacher  Art  sind. 

Jetzt  macht  sich  die  Zahl  9  des  Aequivalentvolumens  von  Wasser 
bei  4®  C.  geltend.  Es  stellt  sich  heraus,  dass  die  Aequivalentvolumina 
durch  3  thcilbar  sind.  Hierin  liegt  die  Norm  für  die  Bestimmung  der 
Aequivalentvolumina.  So  finden  wir  in  den  Otyden ,  dass  der  Sauerstoff 
die  Aequivalentvolumina: 

•...2,7;  3,9;  4,5;  4,8;  5,1;  5,4  .. .  ' 
hat. 

ManchW,  welcher  in  dieser  Sache  noch  keine  Studien  gemacht  hat 
und  vor  dem  Prüfen  zu  verwerfen  leicht  geneigt  ist,  mag  denken,  ich 
schaffe  mir  mit  diesen  vielen  Zahlen  eine  Schablone  der  Willkühr.  Ich 
bitte  ihn,  diesmal  erst  nach  sorgfältiger  Prüfung  sein  Urtheil  fällen  zu 
wollen;  mag  dann  sein  Urtheil  mit  meiner  Ueberzeugung  von  meinem 
System  differiren,  zu  der  Ueberzeugung  glaube  ich  ihn  dann  doch  ge- 
führt zu  haben,  dass  die  Modifikationen  der  Elemente,  resp.  elementarer 
Verbindungen,  in  ihren  Verbindungen  uns  wieder  entgegentreten. 

Ehe  ich  jedoch  zur  wirklichen  Rechnung  übergehe,  glaube  ich  noch 
Etwas  sagen  zu  müssen  über  die  sogenannte  Binar theorie.  Durch 
meine  Untersuchungen  stellt  sich  heraus,  dass  in  einer  höheren  Verbin- 
dung die  Moleküle  der  elementaren  Verbindungen  ihren  individuellen 
Charakter  behalten,  sodass  sie  also  Individuen  sind,  wie  die  kleinsten 
Thcile  der  Elemente.  Es  wird  sich  z.  B.  herausstellen,  dass  die  Indi- 
viduen des  Rubins,  Sapphirs,  Corunds  in  den  Thonerdesalzen  wieder 
zum  Vorschein  kommen. 

Ich  schicke  mich  an,  mein  System  und  meine  Ansichten  durch 
praktisch  gewonnene  Grössen  zu  vertheidigen.     ich  bin  mir  dabei  recht 


Von  L.  PüDENZ.  193 

bewusst,  dass  Naturwissenschaft  keine  Wissenschaft  ist,  bei  der  man 
a  priori  schliesst,  und  dass  meine  Angaben  bei  den  Lesern  am  besten 
dann  ziehen  würden,  wenn  diese  schon  die  Mühe  sich  genommen  hätten, 
die  sämmtlichen  bekannten  Mineralien  nach  ihrer  räumlichen  Constitution 
verstehen  zu  wollen.  —  Zunächst  will  ich  einige  Hydrate  anführen,  in 
denen  das  Aequivalcntvolumen  des  Wassers  9  ist. 

Zur  Abkürzung  bezeichne  ich  die  Aequivalentzahl,  das  Aequivalent- 
Volumen,  das  spezifische  Gewicht  eines  Körpers  K  mit 

z.  B.  ae  {Fe^  0.,)  =  80 

v{Fe^O.^    =15,3 
plFe.^0.^)    =    5,225. 

Um  aber  z.  B.  das  Aequivalentvolumen  von  Fe  in  v{Fe2  0.^)  =  15,3 
anzugeben,  schreibe  ich  2 . Fe„  {Fe.^  0^)  oder  kurz  Fei,  Die  berechneten 
p  markire  ich. 

(I/O),  =9. 

1.  r(y^)  =  17,4;     //=  1,781 

p  =  1,77     (Berzelius) 

v{P,HO)  =  17,4  +  9,0=  26,4;     p=  1,515 

p  =  1,515     (Pelouze) 

2.  r(Z;iO)  =  7,2;     jt>' =  5,666 

;,  =  5,657     (Rose). 

viZnO.HO)  =  7,2  +  9,0  =16,2;     p  =  3,055 

p  =  3,053     (Filhol) 

.     r(Criö.)  =  «,85;      /;'  =  3,164 

;,.=  3,161     (Karsten) 

v(CaO,HÜ)  =  (8,H5  +  9,0)  =  17,85;     p  =  2,073 

p  =  2,078     (Filhol) 

4.  t'(Ä'O)  =  17,7;     //  =  2,666 

p  =z  2,656     (Karsten) 

v{KO,Hi))  =  17,7  +  9,0  =  26,7;     //  =  2,105 

p  =2,10     (vulgo) 

5.  r(iVaÖ)  =  11,1;     /;'  =  2,793 

p  =  2,805     (Kar8t(Mi) 

v{!Sa(i.Hn)  =  11,1  +  9,0  =  20,1 ;     //  =  1,94H 

p  =  2,0     (Dalton) 

6.  r(ff'.^  O-j)  =  15,3;     //  =  5,224 

p  =  5,225     (Boullay) 

V {Fe,  ()., .  Uff)  =  15,3  +  9,0  =  24,3 ;     //  =  3,662 

p  =  3,65     (Betx.v?l\MW\. 


194  Mathematische  Studien  über  die  Materie. 

Diese  Hydrate  könnte  ich  noch  vermehren,  wenn  nicht  das  v  der 
Metalloxyde  in  den  gedachten  Hydraten  erst  nach  den  später  kommenden 
Kegeln  bestimmt  werden  müsste.  An  betreffender  Stelle  werde  ich  sie 
erwähnen. 

Die  V  der  vorgeführten  Metalloxyde  lernen  wir  ihrer  Constitution 
nach  später  kennen ,  und  zwar  nach  dem  System  als  mathematisch  genaue 
Grössen,  z.  B. 

'v{CaO)  =  8,85  besteht  aus  Ca^  =  6,3 

0,    =2,55 
wo  0„  die  oft  auftretende  Hälfte  von  5,1  ist  und  Ca„  die  äälftc  des 

t;(Ca)  =  12,6;     p' =  1,587 

p  =  1,584  (Bunsen). 
Es   gehört   nämlich  Ca   zu   denjenigen  Metallen,    welche  häufig   Verbin- 
dungen mit  der  Hälfte  des  v  im  freien  Zustande  eingehen. 

Dass  in  obigen  Hydraten  das  v(HO)  =  9,0  auftritt,  ist  sicher;  es 
käme  darauf  an,  die  Constitution  dieses  Wassers  kennen  zu  lernen.  Die- 
selbe lässt  sich  nur  durch  die  Yolumenanderung  des  flüssigen  Wassers 
bei  anderen  Temperaturen  als  4®  C.  angeben  und  ihre  Erkennung  würde 
also  die  Frucht  der  Vergleichung  mit  den  Flüssigkeiten  der  organischen 
Chemie  sein.  Ich  ponire  in  v{HO)  =  9,0  das  H„  =  3,6  und  0„  =  5,4. 
Dies  anzunehmen  hindert  nicht 

v{HO^)  =  11,7  =  9,0  +  2,7;     p  =  1,453 

p  =  1,452     (Tht^nard) 
denn  das  zweite  0  ist  eine  vom  ersten  verschiedene  Modifikation  '•'). 


*)    Darin  jedoch,   dass  das   zweite  0  bei   geringer  Erwärmung  weggeht,   liegt 

nicht  gerade  der  Grnnd  seiner  Verschiedenheit  vom  ersten.     So   geht   z.  B.    auch 

aus  dem  Polianit  des  Hrn.  Plattner  das  0  und  HO  fort,  obgleich  dies  fortgehende 

0  von  derselben  Modifikation  mit  dem  im  MnO  zurückbleibenden   zu  sein  scheint. 

Dieser  Polianit  nämlich  ist 

U[MnO  +  0)  +  [MnO  +  NO) 
denn 

65  MnO  =  «1,37      (gefunden  81,40 

64  0        =  18,31  18,28 

1  BO     =    0,32  0,32). 

Hierin  scheint  nämlich  das  Mn  mit  dem  Fe  des  Hrn.  Beaudrimout: 

v(Fe)  =  3,6;     p  =  7,778 

p  =  7,778  (Beaudrimont) 
isoster  zu  sein;  ebenso  aber  auch  das  Op  des  entweichenden  Sauerstoffs  gleich 
dem  Ov  des  aus  HO^  entweichenden  0  und  gleich  dem  Oo  des  0  im  zurückblei- 
benden MnO.  Denn  v[U{MnO  +  0)  +  MnO. HO]  =  64.  [(3,6  +  2,7)  +  2,7]  -f 
[(3,6  +  2,7)  +  9,0]  =  573,3  liefert  p  =4,877,  also  gleich  dem  p  =  4,88  des  Hrn. 
Plattner. 

Das  Studium  des  Entweichens  ein  und  desselben  Stoffes  bei  verschiedenen 
Temperaturen  aus  ein  und  derselben  Verbindung  ist  noch  wenig  in  Angriff  ge- 
nommen worden,  und  desswcgen  will  ich  an  diesem  Orte  nichts  unterlassen,  die 
chemische  Constitution  eines  Pyrolusits  vom  p  =  4,94  anzugeben: 


Von  L.  PuDENZ.  195 

{H0\  =  6,3. 

Man  bat  oiueu  gewissen  Anhaltspunkt  für  eben  angegebene  Consti- 
tution des  {HO)v  =  ^fi  in  dem  oft  als  Base  sich  geltend  machenden 
Wasser  vom  v  =  6,3.  Dieses  Wasser  hat  die  Constitution:  H„  =  3,6 
und   0„  =  2,7.     Die  Existenz  dieses  Wassers  ergibt  sich  aus: 

1.  v{MG0)  =  e,3',    /  =  3,174 

p  =  3,20     (Karsten) 

v{MG().IIO)  =  6,3  +  6,3  =  12,6;     p  =  2,30 

p  =  2,30     (Kirvann) 

2.  V  {SnO.^  =  10,8 ;     p  =  6,944 

;,  =  6,96     (Kopp) 

v{SnO.,.nO)  =  10,8  +•  6,3  =  17,1;     //  =  4,912 

p  =4,932     (Grh.-Otto). 

(7/0),  =  7,65. 

Dass  in  diesem,  sehr  oft  auftretenden  Wasser  vom  v  =  7,65  auch 
Hp  =  3,6  existirt,  hat  sehr  viel  Wahrscheinlichkeit.  Denn  dann  müsste 
Op  =  4,05  =  i[.2,7  yein,  welches  0^  uns  (i.f.a.35.  in  v {SO.^)  =  20^25 
auch  entgegentritt: 

t,(S)  =  8,l;     /;'=  1,975 

p  =  1,976 

v{SO.;)  =  8,1  +  3.4,05  =  20,25;     p  =  1,975 

;,  =  1,970     (Bussy). 

Dass  {IlO)t,  =  7,65  existirt,  ergibt  sich  aus 

1.  v{NaO)  =  11,1     (siehe  oben) 

v{NaO.IW)  =  11,1  +  7,65  =  18,75;     //  =  2,133 

p  =  2,130     (Filhol) 

2.  v{Fc,  0.^)  =  15,3     (siehe  oben) 

v{Fe.,  0,^  +  HO)  =  15,3  +  7,65  =  22,95;     p  =  3,878 

p  =  3,878  (Vohl). 
Ich  habe  schon  drei  verschiedene  Modifikationen  des  Wassers  an- 
geführt; es  sei  mir  erlaubt,  hier  noch  auf  zwei  Modifikationen  aufmerksam 
zu  machen.  Die  eine  ist  die  Modifikation  von  (//O),.  =  8,1,  welche  da- 
durch charaktcrisirt  ist,  dass  sie  gewöhnlich  bri  100"  C.  entweicht  und 
die  Verwitterung  so  leicht  möglich  macht.  Die  andere  ist  die  durch  ihr 
grosses  Aequivalcntvolumen  merkwürdige  Modifikation 


PyroluHit  =  1290  (MnO  +  0)  +  35  (MnO  +  •_> .  //O)  +  2  (2 .  ßaO  +  NO) ; 
gefunden:     MnO  80,44;         17,90    0;       l.l-'i    //O;       0,5.5    BaO; 
berechnet:       „     80,444;       17,001,,        1,124    „  0,5^V     „ 


196  Mathematische  Studien  über  die  Materie. 

^Ö^  =  15,0. 

1.  v{NaO)  =  11,1     (siehe  oben) 

v{NaO.HO)  =  11,1  +  15,0  =  26,1;     p  =  1,533 

p  =  1,536  (Gehlers  Lex.) 

2.  v{KO)  =  nj     (siehe  oben) 

v{KO.Hü)  =  17,7  +  15,0  =  32,7;     p  =  1,721 

p  =  1,708     (Gehl.  Lex.) 

Es  wäre  manchem  Leser  gewiss  interessant  gewesen,  neben  den 
erwähnten  Modifikationen  des  Wassers  nicht  die  des  Eises  vermissen  zu 
müssen;  es  thut  mir  leid,  darin  nicht  entsprechen  zu  können;  auf  dem 
Dorfe,  worin  ich  zur  Zeit  mich  aufhalten  muss,  habe  ich  keine  Gelegen- 
heit, die  mir  verloren  gegangenen  Notizen  über  das  Eis  wieder  ersetzen 
zu  können. 

Ich  will  jetzt  dazu  übergehen,  die  einfachen  Verhältnisse  zwischen 
den  0„  an  verschiedenen  Oxyden  zu  zeigen.  Dazu  ist  noth wendig,  über 
die  V  der  Metalle  gewiss  zu  werden.  Wie  sollich  es  anfangen,  hierüber 
so  überzeugend  als  möglich  für  die  Leser  mich  auszudrücken?  Es  würde 
mancher  Leser  vielleicht  erwarten ,  dass  ich  erst  die  v  aller  Metalle 
systematisph  anführe  und  darauf  die  v  ihrer  Oxyde  mit  ihnen  vergliche. 
Dies  zu  thun  finde  ich  fUr  meinen  Zweck  nicht  angemessen.  Ich  will 
vielmehr  also  verfahren:  ich  will  erst  an  mehreren  Oxyden,  in  denen 
solche  Metall -Individuen,  welche  im  freien  Zustande  bekannt  sind,  uns 
entgegentreten ,  die  Existenz  verschiedener  Modifikationen  des  Sauerstoffs 
und  die  v  derselben  bis  zur  Gewissheit  lehren ;  dann  nach  Kenntni.ss 
der  Op  auf  die  v  solcher  Metall -Individuen,  welche  als  frei«  nicht  be- 
kannt sind,  zurückschliessen. 

0„  =  1,35  =  i.2,7 
0,.  =  2,7. 

Die  dichteste  Modifikation  des  0  finden  wir  als  0^  =  ^.2,7  =  1,35 
im  Zinnstein  und  krystallisirten  Kadmiumoxyd : 

1.  e;(5;0  =  8,l;     ;/  =  7,284 

p  =  7,291     (Karsten) 

v{SnO,,)  =  8,1  +  2.1,35  =  10,8;     p  =  6,944 

p  =  6,96     (Kopp) 

2.  v{Cd)  =  6,45;     p  =  8,682 

p  =  8,677     (Herapath) 

v{CdO)  =  6,45  -f  1,35  =  7,8;     //  =  8,205 

p  =8,183     (Herapath). 

Die  Modifikation  des  0,  deren  v  doppelt  so  gross  ist,  finden  wir  im  CdO 
des  Hrn.  Kopp : 


Von  L.  PüDENZ.  197 

3.  V  {CdO)  =  6,45  +  2,7  =  9,15 ;    /  =  6,994 

p=7,00     (Kopp); 

ferner  in  {H0\  =  6,3  =  3,6  +  2,7 ;  ferner  in  • 

4.  .  v{Fe)  =  3,6;     p  =  7,778 

p  =  7,778     (Beaudrimont) 

V  {Fe^  O3)  =  2 . 3,6  +  3 . 2,7  =  15,3 ;    p  =  5,224 

p  =  5,225     (Boullay) 

5.  t;(Z;i)  =  4,5;    /  =  7,24 

p  =  7,24     (Böckmann) 

v{ZnO)  =  4,5  +  2,7  =  7,2 ;     p  =  5,666 

p  ==  6,657     (Rose). 

Die  eben  erwähnte  Modifikation ;  0„  =  2,7  tritt  sehr  oft  auf,  wie  wir 
später  sehen  werden.  Eine  fast  nicht  minder  oft  nns  begegnende  Modi- 
fikation ist 

0.  =^.3,9=1,95 
0^  =  3,9. 

1.  v{Ni)  =  3,6;  Ni  isoster  mit  dem  eben  erwähnten  Fe  und  dem 
Cr,  dessen  p  =  7,3  angegeben  wird. 

v{NiO)  =  3,6  +  1,95  =  5,55;     p  =  6,666 

p  ==6,661     (Rammelsberg) 

2.  v{Sn)  =  8,1     (siehe  oben!) 

v{SnO)  =  8,1  +  1,95  =  10,05;     p  =  6,666 

p  =  6,666     (Herapath) 

3.  V  {Ag)  =  10,2 ;     p  =  10,587 

p  =  ]  0,567     (G.  Rose) 

v{AGO)  =  10,2  +  3,9  =  14,1 ;     p  =  8,227 

p  =  8,256     (Karsten) 

4.  t;(S0  =  5,7;     /?'  =  2,456 

p  =  2,490     (Wöhler) 

v{SiO.^)  =  5,7  +  2.3,9  =  13,5;     p  =  2,222 

p  =  2,222     (Schaffgotsch). 

0,  =^.5,1  =  2,55. 

Die  Modifikation  ()„  =  2,55,  welche  auch  oft  auftritt,  haben  wir  in 

1.  (CaO)  =  6.3  +  2,55  =  8,85     (siehe  oben!) 
kennen  gelernt.     Als  fernere  Beispiele  gelten: 

2.  r(Cw)  =  3,6;     Cu„  =  Fe„  =  Ni„  =  ^fi-, 
v{CiiO)  =  3,6  +  2,55  =  6,15;     p  =  6,455 


198  Mathematische  Studien  über  die  Materie. 


■^>'>.rf%.^.  -  -^  *.-  ^*..^v^ 


3.  t;(P6)  =  9,15;     /  =  11,312 

V  {Pb.^  O3)  =  2 . 9,15  +  3 . 2,55  =  25,95 ;     p  =  8,902 
*  p  =  8,902     (Herap.) 

4.  v{Pb^^Oi  =  Mennige)  =  3.9,15  +  4.2,55  =  36,75; 

p  =  9,097 

p  =  9,096     (Herap.). 
Hierhin  wäre  vielleicht  etwa  noch  zu  rechnen 

5.  t;(P60)  =  9,15  +  2,55  =  11,75     p  =  9,530 

p  =9,50     (Bonllay), 

aber  nicht  mit  Gewissheit.  Denn  es  existirt  auch  die  Modifikation  {Pb)t, 
=  9,0,  und  da  könnte  v{PbO)  =  11,7  die  Constitution  Pb„  =  9,0  +  0^ 
=  2,7  haben.  Sehr  oft  begegnen  uns  Verbindungen,  deren  v  so  be- 
schaffen ist,  dass  verschidene  Modifikationen  der  sie  constituirenden  Ele- 
mente der  Grösse  des  v  Genüge  leisten.  So  z.  B.  die  andere,  oktaed. 
kryst.,  Modifikation  von  PbO: 

v{PbO)  =  13,95;    p  =  8,025 

p  =  8,02. 

Hier  kann  nun  sein  v(PhO)  =  9,15  -f"  4,8,  aber  auch  =  9,0  -j-  4,95  (dies 
wahrscheinlich!);  denn  dass  O«,  =  4,95  existirt,  ergibt  sich  a.  a.  O. 
auch  aus 

v{As)=  13,2;     p'  =  5,682 

;,  =  5,672     (Herap.)*) 

v{AsO.;^  =  regul.  Octaed.)  =  13,2  +  3.4,95  =  28,05; 

;/  =  3,5294 

p  =  3,529     (Regn.  Stre.). 
Die  dritte  Modifikation 

v{PbO)  =  9,0  +  3,0  =  12,0;     p  =  9,277 

p  =  9,275     (Herap.) 

lässt  freilich  keinen  Zweifel  über  ihre  Constitution  übrig,  weil  0„  =  3,0 
wohl  oft. auftritt,  aber  nie  0„  =  2,85. 

Zu  den  Oxyden,  in  denen  0^,  =^2,55  existirt,  gehört  auch  noch 

6.  v{HGO)  =  7,2  +  2,55  =  9,75;     //  =  11,077 

p  =  11,078     (Herapatli). 

Man  verzeihe  mir,  wenn  ich  hier  von  der  Norm  abweiche  und  das  oft  auf- 
tretende HGp  =  7,2  hierhersetze,  ohne  seine  Existenz  im  isolirten  Zu- 
stande angeben  zu  können.  Ich  that  es,  weil  ich  nicht  wusste,  wie  ich 
diese  Constitution  später  passend  anbringen  könne,  und  um  gleich  durch 
folgendes 


•)  Dieses  Aft  ist  iBo^ter  und  isomorph  mit  dem  rothen  krystallisirten  Phosphor: 
t;(/')  =  l3,2;    /?'  =  2,348;     p  =  2,34     (Hittorf). 


Von  L.  PüDENZ.  199 


-^-    ^ , ■_/• .--- 


V  {HG./))  =  *J .  7,2  +  5, 1  =  1 9,5 ;     p  =  10,G7 

p  =  10,69     (Herapath) 

den  AmmermüUer'schen  Satz*),  dass  im  Oxydul  das  0»  doppelt  so  gross 
auftreten  kann  als  im  Oxyd,  in  Erinnerung  zu  bringen. 

Wir  haben  in  den  vorgeführten  Oxyden  nun  schon  verschiedene  Mo- 
difikationen des  0  kennen  gelernt,  als: 


0„  =  1,35 
=  1,95 
==2,55 
=  3,0 


2,7 

3,9 
5,1 
4,95 
=  4,05  =  3.1,35  vergl.  v(ßO.^  =  20,25. 

Diese  Anzahl   von  Modifikationen  wird  genügen,  um  die   weiteren 
Untersuchungen  über   Oxyde  ohne  Meinungsdifferenz  mit  mir   durchzu- 


gehen. 


BO^. 


Wir  haben  oben  v(Sn)  =  8,1  kennen  gelernt.  Mit  diesem  Sn  ist  iso- 
morph das  diamantenartige  Bor  (dimetrisch)  vom  p  =  2,681.  Dieser 
Modifikation  des  Bor  entspricht  das  v  =  4,05  =  ^.8,1  =  \,v{Sti).  Die  v 
würden  für  diese  isomorphen  Stoffe  gleich  sein,  wenn  man  statt  BO^^ 
schriebe  B{0^)2'i  und  diese  Schreibweise  würde  zweifelsohne  zweckmässiger 
sefin,  als  das  dieser  Isomorphie  einst  zur  Liebe  geschriebene  SnO^  fürSnO,^. 

Die  Individuen  dieses  Bor  finden  wir  mehrfach  wieder: 

1.  Im  Boracit  =  MGO^.BO.*,     Es  ist  hierin 

3  {MGO)„  =  3 . 6,3  =  18,9     (siehe  oben !) 

4(^03)^  =  4(4,05  +  3.2,7)  =  4.12,15  =  48,6 

v{MGO^ .  BOr^^)  =  67,5 ;     p  =  2,956 

p  =  2,955     (Rammeisberg). 

2.  Im  oktaedrischen  Borax  =  NaO.BO.^  +  5 HO. 

NaO„  =  11,1  =  11,1 
2(^03)^  =2.12,15  =  24,3 
5(7/0),    =5.9,0      =45,0 

7=80,4;     p'  =  1,813 
p  =  1,815 

3.  In  NaO.BO^^  +  \{).H0. 

NaO„  =11,1         =    11,1 

2  {B0.^)„     =  2 .  12,15  =    24,3 
10(//0)„    =10.7,65=    76,5 

t;=  111,9;     p'=  1,705 
p  =  1,692     (Filhol). 

*)  Vergl.   Ammermüller's  Dissertation   in  Poggend.  ann.   tom,  49   pag.  341; 
1840,  Nr.  2. 


200  Mathematische  Studien  über  die  Materie. 

In  den  drei  erwähnten  Verbindungen  war^as  {BO^^  dasselbe;  in  den 
beiden  letzten  finden  wir  verschiedene,  schon  bekannte,  Modifikationen 
des  Wassers.   - 

Jene  Individuen  des  Bors  finden  wir  wieder : 

4.  im  Borax  anhydre  =  NaO.BO^'. 
{NaO\      =11,1         =11,1 

2 .  {B0^\  =  2 .  15,75  =  31,5 

»  =  42,6;     p'  =  2,366 

p  =  2,367     (Filhol). 

Diese  Borsäure   enthält  nicht    die  Modifikation   0^  =  2,7,    sondern    die 
Op  =  3,9  d.  h.  {B0^\  =  4,05  +  3 .3,9  =  15,75. 

5.  In  der  geschmolzenen  BO^  des  Hrn.  Davy: 
v{BO^)  =  4,05  +  3.5,1  =  19,35;     p  =  1,804 

p  =  1,803     (Davy). 
Hierin  ist  also  0»  =  5,1,  wie  oben  in  {HG^O)^. 

6.  Die  eben  erwähnte  BO^  des  Hrn.  Davy  begegnet  uns  wieder  in 
BO^  +  3/rO  oder  BO^BO'-\-  2  HO.  Es  ist  bekannt,  dass  2  HO  hieraus  bei 
Erhitzung  weggehen.  Dies  hat  hier  seinen  Grund  darin,  dass  zwei  ver- 
schiedene Modifikationen  von  HO  in  der  Verbindung  existiren,  nämlich  die 
abgehende  ist  vom  HO,,  =  8,1,  die  zurückbleibende  dagegen  die  schon 
kennen  gelernte  H0„  =  6,3.     Demnach 

v{B0^,H0  +  2jyO)  =  19,35  +  6,3  +  2.8,1  =  41,55 

p  =  1,479 
p  =  1,480     (Berzel.) 
p  =  1,4797  (Böttger). 

Würde  man   die  2 HO  so  entfernen,   dass  das  Restirende  BO^HO   dabei 
keine  Aenderung  erleidet,  so  würde  man 

'(«'>■'"'>  -  ?if^  «»^- 

Eine  dieser  Constitution  ganz  ähnliche  haben  wir  in  C^O^.HO  -j-  2 HO. 
Es  ist  hierin  (^2^:0«'  =  löjS,  welche  (CjOj)- Modifikation  uns  auch  in 
anderen  Verbindungen  wieder  entgegentritt.     Es  ist  alsdann 

v(C^O^,HO-\-  2/]rO)  =  16,2 +6,3 +  2.8,1  =38,7;  p  =  1,628 

p  =  1,629  (Buignet) 

p  =  1,G3  (Bödeck.) 
und 

t;(C2  03.^0)  =  16,2  + 6,3  =  22,5;     />'=  2,000 

p  =  2,00     (Bödecker). 

Dnrch  das  Zusammenhalten  solcher  analoger  Verbindungen  wie 
HO.BO.^  -\-2H0  und  HO.C^O^  -j-  2H0  kann  man  viel  lernen.  Aus  der 
Difi*erenz : 

v{HO,C^O^  +  2H0)  —  v{HO.C^O^)  =  16,2 


Von  L.  PuDENZ.  201 

ergibt  sich  HOp  =8,1.  Denke  ich  mir  dieses  Wasser  auch  im  HO.BO^ 
+  2 HO,  so  ist  v{HO.BO.i)  =  25,66  d.  h.  gleich  dem  HO^  =  6,3  und 
{BO^)-  des  Hrn.  Davy.  Setze  ich  nun  wieder  H0„  =  6,3  in  HCC^O^,  so 
bleibt  {C^O^^  =  16,2,  was  auch  durch  Oxalsäure  Salze  als  recht  erkannt 
wird.     Welche  Constitution  hat  {C.^  O3),,  =  16,2? 

Es  ist  hierin  C„  =  4,05  und  0„  =  2,7.     Diese  Kohle  hat  man  freilich 

im  freien  Zustande  noch  nicht  wahrgenommen ,  obgleich  sie  oft  auftritt,  wie 

auch  in  (COj)»  =  10,05..  Von  den  als  freien  beobachteten  C- Individuen  ist 

die  Modifikation,  welche  am  öfteren  auftritt,  diejenige  des  Hm.  Renngott: 

t;(C)  =  2,7;     p'=  2,222 

p  =  2,229     (Kenngott). 

Diese  existirt  z.  B.  im  Arragonit  und  im  PbO ,  CO^  des  Hrn.  Beudant.   Es 

ist  hierin 

(C02).  =  2,7 +  2.2,7  =  8,1, 
daher 

1.  (CaO),.  =  8,85     (siehe  oben !) 

v{CaO.CO^  =  8,85  +  8,1  =  16,95;     p  =  2,9498 

p  =  2,949     (H.  Rose) 

2.  {PbO)„  =  H,  7     (siehe  oben!) 

v{PbO.CO^)  =  11,7  +  8,1  =  19,8;     p  =  6,742 

p  =  6,7293     (Beudant). 
In  der  erwähnten  Kohlensäure  -  Modifikation  ist  Cr  =  0,,. 

Einige  Erdmetalle. 

I.     Ba,  Sr,  Th. 

Zunächst  will  ich  an  einigen  Erdmetallen  eine  noch  nicht  beachtete 
Gleichheit  des  Aequivalentvolumens  zeigen,  nämlich  an  Barium,  Strontium 
und  Thallium. 

ae  {Ba)  =    68,5 


ae{Sr)  =    43,8 
ae{Tl)  =203,5 


v=17,l;     /=  4,006 

p  ==  4,00     (Gehl.  Lex.) 
f)=17,l;     p'=  2,561 

p  =  2,504  —  2,580     (Bunsen) 
r=17,l;     /=  11,901 

/>=11,9     (Crookes). 
Mit  dem  v  =  17,1  aber  treten  diese  Metalle  in  Verbindungen  höchst  selten 
auf;  ja  {Ba)„  =  17,1  liegt  gar  nicht  vor. 

Wie  wir  später  sehen  werden ,  tritt  in  den  salpetersauren  Salzen  sehr 
oft  (iVO,)^  =  26,1  auf;  diese  iVO,,  -  Modifikation  existirt  auch  in  den  Salzen: 

1.  viSrO.Nfh)  =  (17,1  +  2,7)  +  26,1  =  45,9;  ;/=  2,305 

p  =  2,305  (Buign.) 

2.  r(r/0.m,)  =  (17,1  +  2,7)  +  26,1  =  45,9;  p  =  5,80 

p  =  5,80 
(Wiei\.  A-c.  Bei.  ^ö\.  \^ ,  ^^"^^/^■\^^  '«^^i 


202  Mathematische  Studien  über  die  Materie. 


Obgleich  es  keinem  Zweifel  unterliegt,  dass  in  diesen  zwei  Verbin- 
dungen das  V  des  Metalls  gleich  17,1  ist,  so  will  ich  doch  noch  eine  analoge 
Constitution  zur  weiteren  Erhärtung  hinzufügen: 
3.     v{AG)  =  10,2     (siehe  oben!) 

v{ACrO.NO^)  =  (10,2  +  2,7)  +  26,1  =  39,0;  p  =  4,3590 

p  =  4,3554  (Karst.) 
In  den  meisten  Verbindungen  des  Ba  und  Sr  tritt  uns  das  v  der  Metalle 
bald  als  |^.17,1  d.  i.  als  11,4,  bald  als  ^.17,1  7=  8,55  entgegen.  Wir 
haben  also  dann  speziell  hier  eine  Gesetzmässigkeit,  welcbe  Hr.  Seh  öder 
(Pogg.  ann.  1842)  allgemein  für  die  Aequivalentvolumina  der  Elemente 
geltend  gemacht  hat. 
So  ist  z.  B. 

v{BaO)  =  11,4  +  2,7  =  14,1;     p=  5,425 

p  =  5,456     (Filhol). 
Diese  ^aO- Modifikation  begegnet  uns  wieder  z.  B.  in 

1.  r{BaO  +  9^0)  =  14,1  +  9.9,0  =  95,1;  p  =  1,657 

p  =  1,656  (Filhol) 

2.  v{BaO.NOr)  =  14,1  +  26,1  =  40,2;  p=  3,246 

p  =  3,240—3,242  (Krem.) 
Die  Uebereinstimmung  der  p{BaO -\-  9 HO)  und  p{ßaO.  NO^)  mit  ihren 
p'  lehrt,  dass  das  p{BaO)  des  Hrn.  Filhol  nicht  exact  ausgefallen  ist. 

Sollte  nicht  auch  v(SrO)  =  14,1  existireu?  Diese  Modifikation  des 
SrO  ist  noch  nicht  beobachtet  worden,  aber,  dass  sie  existirt,  ergibt 
sich  aus 

r(5r0  +  9 HO)  =  14,1  +  9.9,0  =  95,1;  ;/ =  1,396 

;,  =  1,396  (Filhol). 
Es  ist  also  dieses  Strontianhydrat  gleicher  Constitution  mit  dem  angeführten 
Barytbydrat. 

Dass  auch  {Ba),.  und  (5r),.  in  Oxyden  mit  der  Hälfte  von  17,1  auf- 
treten, will  ich  nun  zeigen.  Ein  solches  BaO  liegt  mir  zwar  augenblick- 
lich nicht  vor,  aber  seine  mögliche  Existenz  ergibt  sich  aus  einem  sol- 
chen SrO. 

1.  v{SrO)  =  8,55.  +  2,7  =  11,25;     />'=  4,605 

;,  =  4,611     (Filhol). 
Wir  haben  hier,  wie  in  der  angeführten  Modifikation  von  SrO,  die  Modi- 
fikation Op  =  2,7;  es  wird  uns  aber  nicht  wundern,  wenn  auch  die  Modi- 
fikation Op  =  1,95  in  diesem  Oxyde  existirte.    Und  es  exisirt  in  der  That: 

2.  {SrO)„  =  8,55  -f  1,95  =  10,5. 
Dies  erhellt  aus: 

1.  v{SrO,  HO)  =  10,5  +  6,3  =  16,8;     p  =  3,619 

p  =  3,625     (Filhol) 

2.  V  {SrO .  A7>.)  =  10,5  +  .26, 1  =  .^6,6 ;     ;/  =  2,8907 

;;  =  2,8901      (Karsten). 


Von  L.  PüdeHä.  Ö03 


Wir  haben  demnach  bis  jetzt  vier  Modifikationen  von  SrO  kennen  gelernt: 

1.  r(5r0)  =  17,1 +  2,7    =19,8 

2.  v{SrO)  =  11,4  +  2,7    =  14,1 

3.  viSrO)  =  8,65  +  2,7    =  11,25 

4.  vlsrO)  =  8,65  +  1»95  =  10,6. 
Und  zwei  Modifikationen  von  SrO .  NO^ : 

1.  v{SrO.NOf;)  =  19,8  +  26,1  =  46,9 

2.  v{SrO.NO^)  =  10,5  +  26,1  =  36,6. 

Sollten   dies  die  einzigen  Modifikationen  von  SrO  nnd  SrO.NO^   sein? 
Ganz  wahrscheinlich  nicht! 

II.     lieber  Ca  nnd  MG. 

Die  merkwürdige  Eigenschaft  der  Volnmenändcmng  des  Ba  nnd  Sr 
theilt  im  gleichen  Maasse  das  Ca  nnd  das  MG. 

1.  v{Ca)  =  12,6     (siehe  oben!) 

v{CaO)  =  i- 12,6  +  2,55  =  8,85     (siehe  oben !) 

2.  v(CaO)  =  \.  12,6  +  3,9  =  12,3;     p  =  2,277      . 

p  =  2,3     (Berzel.) 

3.  r(i«fC)  =  7,2;    p==  1,667 

^  =  1,69  —  1,71     (Kopp) 
V  {MGO)  =  ^ .  7,2  +  2,7  =  6,3     (siehe  oben !) 

4.  V  \mGO)  =  1 . 7,2  -f  3,9  =  8,7 ;     p  =  2,30 

p  =  2,3     (Berzel.). 
Man  findet  hier  v(CaO)  =  12,3  nnd  v{MGO)  =  8,7  parallelster! 

ni.     Ueber  Al^O^. 

Wie  nach  ihrem  zahlreichen  Auftreten  die  Thonerde  eine  grosse  Rolle 
unter  den  elementaren  Verbindungen  spielt,  so  auch  nicht  minder  durch 
ihre  zahlreichen  Modifikationen.  Ohne  letztere  wahrscheinlich  nicht  die 
erstere!  Die  Verschiedenheit  dieser  Modifikationen  lässt  sich  leicht  klar  dar- 
thun,  weniger  jedoch  die  spezielle  Constitution,  denn  die  meisten  Modi- 
fikationen existiren  für  sich  und  lassen  sich  in  Verbindungen  meist  leicht 
wieder  erkennen;  dagegen  ist  das  Aluminium -Metall,  so  wie  es  in  den 
verschiedenen  Modifikationen  der  Thonerde  auftritt,  nicht  in  freiem  Zn- 
stande wahrgenommen :  es  ist  selbst  mehrerer  Zustände  fähig  und  in  diesen 
nur  durch  Schlussfolgerung  per  analogiam  aus  dem  17(^/2^3)  zu  bestimmen. 
Für  gewalztes  Aluminium  gibt  Doville  das/)  =  2,67,  wofür  v  =  5,1  und 
p'  aas  2,686  ist.  Neben  diesem  p  findet  man  noch  für  krystallis.  Aluminium 
p  SS  2,56,  wofür  V  ==  5,4  ist.  Ans  den  von  mir  bald  vorgeführten 
Thonerde  •  Modifikationen  werden  wir  aber  schliessen,  dass  {Al2)v  weder 
mit  t;  aa  2.5,1  noch  mit  v  =  2.5,4,  überhaupt  mit  einem  v  über  8  wohl 
nicht  auftritt,  und  dass  das  Aluminium* Metall  nlclit  zu  d^xi^«ii\^^ti  %^d!D&'iX% 

ZeiUehri/i  f.  Mathematik  u.  Phyaik  XIIl,  5,  \^ 


204  Mathematische  Studien  über  die  Materie. 

welche   die   Schröder' sehe  -Regel  befolgen.      Nur   bei   einer  einzigen 
Modifikation  scheint  dies  stattzufinden,  nämlich  bei  (^2^3)^  =  13*2: 
v{Al^O^)  =  5,1  +  3.2,7  =  13,2. 

Die  Existenz  dieser  Modifikation  ergibt  sich  ans 

p[.^/2  0.^,SeO^^  +  KaO  SeO^  +  24  J^O]  =  1,971  (R.  Weber). 

Hierin  ist  nämlich    .ffO,  =    8,1 

KaO  =  17,7     (siehe  oben !) 
SeO^  =  15,9. 

Diese  SeO^=  15,9  ergibt  sich  aus 

1.  v{BaO,SeO\)  =  14,1  +  15,9  =  30,0;  p'=  4,666 

p  =  4,67     (Schafarik) 

2.  v{PbO.SeO.^)  =  11,7  +  15,9  =  27,6;  p'=  6,341 

p  =  6,37     (Schafarik) 
nnd  ist  also  constitnirt: 

{SeO^\  =  7,8  +  3.2,7  =  15,9,  , 

worin  das  {Se)r  =  7,8  entspricht  dem 

t,(S)=^7,8;     /=  2,051 

p  =  2,050     (Karsten). 
Demnach  ist 

v{Al^O.^.SeO^^  +  KaO.SeO^  +  24^0)  = 

(13,2  +  3.15,9)  +  (17,7+1.15,9)  +  24.8,1  =  288,9;  p  =  p. 

Diese  ^/jOj- Modifikation  begegnet   uns  noch  im  Wermiculith  des  Hrn. 
Crossley. 

In  anderen  Thonerde- Modifikationen   ist  man  gezwungen  das  (^Z^)» 
=  4,8  anzunehmen,  als  im 

1.  orientalischen  Sapphir  des  Hrn.  Scholz: 
v{Al^O^)  =  4,8  +  3.1,95  =  10,65;     p  =  4,836 

p  =  4,8.30     (Scholz). 

Die  Individuen  dieses  Sapphirs  haben  wir  wieder  in 

a)  reinem  Diaspor  =  Al^O^.HO\  v=  10,65  +  7,65  =  18,3;  p  =  3,306 

p  =  3,303 
6)  Hydrargillit  =  ^/j O3  +  3 jfiTO;    v=  10,65  +  3.7,65  =  33,6  ; 

p'=  2,336;    p  =  2,34. 

2.  Orient.  Sapphir  des  Hm.  B rissen: 
v{Al^O^)  ==  4,8  +  3.2,7  =  12,9;     p  =  3,997 

p  =  3,994     (Brisson). 

Die  Modifikationen    dieses  Sapphirs   finden  wir   wieder   im  Spinell 
Al^O^.ZnO.     Denn 

{ZnO\    =    7,2     (siehe  obenl) 
{Al,0,),=  12,9      . 

t)  =  20,l;    /=4,58;     p  =  4,58     (Ebelmen).      • 


Von  L.  PüDENZ.  205 


3.  Orient.  Sapphir  des  Hrn.  Brisson: 

t;(^/2  03)  =  4,8 +  3.3,9.=  16,5;    p'=  3,115 

p  =»  3,131     (Brisfion). 
Ebendiefi  {Al^^  =  4,8  scheint  auch  zu  existiren  in  der  nur  ans  Verbin- 
dungen bekannten  Modifikation : 

4.  {Al^  0^),  =  13,8  =  4,8  +  3 .3,0. 

War  man  genöthigt,  in  den  vier  erwähnten  Modifikationen  des  {Al^p 
=  4,8  anzunehmen ,  so  ist  man  in  den  beiden  folgenden  (Al^)»  =  5,4  oder 
=  4,5  anzunehmen  genöthigt. 

5.  Orient.  Sapphir  des  Hm.  Muschenbroek: 

V  {Al^  O3)  =  5,4  +  3 . 3,0  =  14,4 ;     p  =  3,569 

p  =  3,562     (Muschenbroek). 
Man  findet  die  Individuen  dieses  Sapphirs  wieder  im  künstlichen  Spinell' 
des  Hm.  E  b  e  l  m  e  n : 

V  {Al^  O3  ,MGO)  =  14,4  +  6,3  =  20,7 ;     p  =  3,450 

p  =  3,452     (Ebelmen) 
und  in  der  Gemme 

v(MGO,Al^  03^)  =  6,3  +  2 .  14,4  =  35,1 ;     p  =  3,500 

p  =  3,523     (Mohs). 
Die  Differenz  zwischen  p  und  p  findet  ihre  Erklärung  darin ,  dass  stets  ein 
FeO-  Gehalt  das  p  erhöht. 

'  6.     Korund: 

v(Al^O^)  =  4,5  +  3.2,7  =  12,6;     p'  =  4,079 

/>  =  4,0  —  4,07. 
Dass  diese  Modifikation  existirt,  ergibt  sich  aus 

v{Al^O^  +  %nO)  =  12,6  +  8.9,0  =  84,6;  /  =  1,459 

p  =  1,459   (Filhol). 
7.     Wie  aber  ist  die  Constitution  des  oft  auftretenden  Orient,  purpur- 
rothen  Rubins  zu  fassen? 

V  (Rubin  =  Al^  O3)  =  12,0 ;    p=  4,2833 

p  =  4,2813     (Brisson). 
Etwa  t;  =  6,15  +  3. 1,95  =  12,0? 

Ueber  die  Alkalien  ICaO,  NaO,  LiO. 

Wir  haben  oben  schon  je  eine  Modifikation  zweier  Alkalien  kennen 
gelemt,  nämlich  {KaO)^  =  17,7  und  {NaO)„  =  11,1.  Diese  alkalischen 
Individuen  sind  die  einzigen ,  welche  allein  für  sich  erkannt  worden  sind. 
Von  LiO  liegt  leider  keine  Bestimmung  vor.     Es  ist 


v{Ka)    =45,0 
ae  {Ka)  =  39,2 

p(Na)    =  23,4 


p  =  0,871 

p  =  0,865     (Gay-Lussac) 

p'  ==  0,983 

p  =  0,988     (SchröiloY') 

Vo 


206  Mathematisclie  Studien  über  die  Materie. 


'        -^    »,-w-N  -s.- 


t;{Zt)  =  11,7;     p=  0,6983 

p  =  0,598     (Bunsen). 
Zwischen  v{Na)  nnd  v{Li)  herrscht  die  merkwürdige   Gesetzmässigkeit: 
v{Na)  =  2.v{Li). 

In  den  bemerkten  Oxyden  existiren  die  ^  dieser  v: 
v{KaO)  =  i.45,0  +  2,7  =  15,0  +  2,7  =  17,7 
v{NaO)  =  i.23,4  +  3,3  =  7,8  -f  3,3  =  11,1. 
Aus  v{NaO)  =  11,1  ergibt  sich  also  als  wahrscheinlich  0^  =  3,3.     Diese 
0- Modifikation   scheint    auch   im   Lithion    des    folgenden   Salpetersäuren 
Lithion  zu  existiren : 

v{LiO)  =  i.11,7  +  3,3  =  3,9  +  3,3  =  7,2 
viuO.NO^^)  =  7,2  +  21,0  =  28,2  ;    /  =  2,447 

p  =  2,442     (Troost). 
Es  cxistirt  neben  {NO^)p  =  26,1,  welches  wir  schon  kennen  gelernt 
haben,   nämlich  auch  die  Modifikation  (A'O^)«.  =  21,0,   wie  sich  aus  fol- 
genden Salzen  ergibt: 

1.  v{NaO.NO^)  =  11,1  -f  21,0  =  32,1;  p=  2,649 

p  =  2,654    (Kremers) 

2.  V {SrO.NO^)  =  14,1  +  21,0  =  35,1 ;   p  =  3,0050 

p  =  3,0061  (Hassenfratz). 
Es  wäre  freilich  auch  möglich,  dass 

{LiO)„  =  7,2  =  i.  11,7  +  1,35  =  5,85  +  1,35 
wäre.     Denn  dass  (Zf%  =  5,85  existirt,  ergibt  sich  aus  dem  Lithion  der 
andern  LiO .  NO^  -  Modifikation  : 

v{LiO.NO^)  =  8,55  +  21,0  =  29,55;  /==  2,335 

p  =  2,334     (Kremers) ; 
dieses  {LiO)„  =  8,55  ist  5,85  +  2,7 ! 

In  einer  iVaO -Modifikation  ist {Na)p  =  ^,v{Na)  =  7,8  und  Op  =  4,95, 
welche  0-Modifikation  wir  oben  fanden  im  regul.  octaed.  As.O^  und  im 
octaed.  PbO-^  demnach 

{NaO\  =  7,8  +  4,95  =  12,75. 
Die  Existenz  dieser  Natron -Individuen  ergibt  sich  aus 

1.  v{NaO.NOr;}  =  12,75  -f  26,1  =  38,85;  p=  2,1880 

p  =  2,1880     (Marx) 

2.  v{NaO,C^O^)  =  12,75  +  16,2  =  28,95;  p=  2,315 

p  =  2,315     (Bnignet). 
Wenn  so  der  Calcul  mit  der  Erfahrung  übereinstimmt,  muss   wohl  jeder 
Zweifel  weichen ! 

In  den  bisher  kennen  gelernten  alkal.  Oxyden  KaO  und  NaO  und  LiO, 

•mit  Ausnahme   des  (LiO)p  =  8,55 ,  nehmen  wir  das   v  des  verbundenen 

Metalls  als  \  des  freien  Metalls.     Ich  werde  nun  zeigen  an  Oxyden,  dass 

wie  in  {LiO\  =  8,55  =  ^.v{Lt)  +  2,7  so  auch  in  {]SaO\  und  {KaO)^  das 

iya)r  und  [Ka)„  gleich  ^.v{Nd)  und  i^,v{Ka)  gefunden  wurden. 


Von  L.  PuDENZ.  207 


Entsprechend   dem   {^LiO\  =  ^.11,7  +  2,7   finden    wir    (NaO\  = 
\ .  23,4  +  2,7  =  14,4  in 

v.{NaO.NO^)  =  14,4  +  26,1  =  40,5;  /=  2,099 

p  =  2,096   {Klapproth,  Mohs). 
Ich  komme  nun  zu  einem  AaO,   das  durch  ein  besonderes  Op  aus- 
gezeichnet ist,  nämlich  zu 

{ICaO)„  =  28,5  =  i.45,0  +  6,0  =  22,5  +  6,0. 
Diese  ifaO- Modifikation  ergibt  sich  aus 

1.  v{EaO.BO/)  =  28,5  +  2.19,35  =  67,2;  p  =  1,741 

p  =  1,740  (Buignet) 

2.  V {Kaa, H0  +  2,C.^ 0.^)  =  28,5  -(-  9,0  +  2 .  16,2  =  69,9 ; 

p'=  1,834;  p  =  1,836  (Buignet) 

3.  v{EnO.NIf^O.C^ff^  0,o),  dessen  p  =  1,700  (Schiff)  ist. 

Auch  dass  {Nä)p  als  ^  v{Na)  auftritt,  scheint  gewiss  zu  sein;  denn 
(NaO)„  =  f  .23,4  +  3,9  =  15,6  +  3,9  =  19,5 
scheint  wirklich  zu  existiren  in 

v{NaO.NO^)  =  19,5  +  26,1  =  45,6;  p  =  1,864 

p  =  1,8694   (Muschenbroek). 

In  Vorstehendem  habe  ich  gezeigt,  wie  man  sich  aus  den  verschie- 
dentlichsten  Angaben  des  spezifischen  Gewichtes  für  ein  und  dieselbe  Ver- 
bindung zurechtfinden  kann.   Die  Verbindung  NaO.NO^,  deren />  folgende 

sind: 

p{NaO. NOr^)  =  1,8694  (Muschenbroek) 

=  2,096     (Klapproth) 
=  2,188     (Marx) 
=  2,654     (Kremers) 
ist  sehr  lehrreich.     Aus  ihr  kann  man  lernen  den  Glauben  an  die  mehr- 
fachen Modifikationen  ein  und  derselben  Verbindung  und  dass  das  wahre 
spezifische  Gewicht  nicht  das  arithmetische  aus  seinen  verschiedenen  An- 
gaben ist. 

Ich  habe  nur  vier  verschiedene  Modifikationen  der  NaO.NO^  angeführt, 
ich  will  noch  eine  hinzufügen: 

l;(iVa0.^05)  =  37,5;     p  =  2,266      • 

p  =  2,265     (Buignet). 
Ist  hier  v  =  11,4  -f-  26,1?     Diess  stimmte  mit 

v{NaO,ClO^)  =  11,4  +  35,1  =  46,5;  p=  2,289; 
denn  dass  {ClO^,,  =  35,1  existirt,  ergibt  sich  aus 

1.  v{KaO,ClO.^  =  17,7  +  35,1  =  52,8;  p  =  2,325  (Buignet) 

2.  v{ßaO.  CiO^ .  HO)  =  10,5  +  35,1  +  8,1  =  53,7  ;  p  =  2,988  (Buign.) 

und  seine  Constitution  ist  einfach  diese 

v{ClO^)  =  21,6  +  5.2,7  =  35,1; 
denn 

1.    v{MCl)  =  3,6  +  21,6  =  25,2 ;     p  =  2,56    (Sc\i\«:^ 


208  Mathematische  Studien  über  die  Materie. 


^■^^  -^-^  »-y 


2.  v(FeXt)  =  3,6  +  21,6  =  25,  2 ;    />  =  2,53 

3.  V  \eG^  .  C/)  =  2 . 7,2  +  21,6  =  36,0;    p  =  6,56     (Schiff). 

Nach  dieser  üebereinstimmang  zwischen  v{NaO.NO^)  =  37,5  nnd 
v{NaO.ClO^)  =  46,5  scheint  es  gewiss  zu  sein,  dass  {NaO)„  =  11,4  =  7,8 
4-3,6  existirt.  Aber  es  scheint  nur  so!  absolute  Gewissheit  ist  es  nicht, 
wie  man  aus  Folgendem  erkennen  kann. 

Hr.  Kremers  (vergl.  Liebig's  und  Kopp's  Jahresbericht  für  1852 
pag.  15)  fand 

p,  (BaO.  NO^ ,  bei    14«  krystallis.)  =  3,240  —  3,242 
p.XBaO,NO^,  bei  100»  krystellis.)  =  3,222  —  3,228 
Wir  haben  oben  kennen  gelernt  v(^BaÖ)  ==  14,1.     Dieses  o{BaO)  ist 
in  v{BaO.NOn^)  vom  p, ;  denn 

t;,  {BaO.NO^)  =  14,1  -f  26,1  =  40,2;  p\  =  3,246 
aber  in 

v^^BaO.  NO^)  =  40,5  {p\  =  3,222  =  p.^) 
kann  BaO  oder  auch  1^0-^0^  modifizirt  sein.  Wäre  hier  {BaO)p  =  14,4,  so 
wäre  oben  auch  {NaO)p  =  11,4;  ist  dagegen  hier  (iVOj)»  =  26,4,  so  ist 
oben  auch  {N0^)o  =  26,4.  Diese  exakte  Untersuchung  des  Hm.  Krem  er  s 
lässt  also  sehr  wahrscheinlich  erscheinen,  dass  obiges  NaO.NOr^  des  Hrn. 
Bnignet  nach  nochmaliger  Auflösung,  bei  niederer  Temperatur  mit  einem 
um  0,3  geringeren  v  krystallisiren  würde. 

üeher  StOo. 
Oben  haben  wir  kennen  gelernt 

t;(5l)  =  5,7 

a.     ü  (S/Oj)  =  5,7  +  2 . 3,9  =  13,5 ;     p=  2,222 

p  =  2,222     (Schaffgotsch). 
Diese  SiOj- Modifikation  finden  wir  wieder  im 

1 .  Leucit  =  ^2  O3 .  S/O./*  +  ir«  0 .  SiO., 

t;=  (16,5  +  3.13,5)  +  (17,7  +  13,5)  =  88,2;  p  =  2,479 

p  =  2,480  (Rammelsb.). 
In  diesem  JI2  O3  (siehe  oben !)  ist  also  dasselbe  0^  wie  im  S/Oj. 

2.  Eudnophit  =  Aljl^.SiO^^  +  NaO.SiO^  +  2  HO. 

V  =  (16,5  +  3.13,5)  +  (11,1  +  13,5)  +  2.7,65  =  96,9; 
p  =  2,274;  p  =  2,27     (Berlin). 
Man  kann  diesen  Eudnophit  als  ein  Natron -Leucit -Hydrat  auffassen. 

3.  Natrolith  =  Al^O^.SiO^^  +  NaO.SiO.^  +  2 HO-,  er  gibt  leicht  sein 
Wasser  ab  {nO„  =  8,1). 

v=  (16,5  +  2.13,5)  +  (11,1  +  13,5)  +  2.8,1  =  84,3; 
p  =  2,259;  p  =  2,254  -  2,258  (Keungott). 

4.  Apophyllit  aus  dem  Badanthale  am  Harze  =  'i.CaÜ^ .SiO^^  -{- 
KaO.Si02^-\-  16,  HO, 


Von  L.  FüDKKz.  "Md 


v.'Xj^V.r  ^^^   .•-vy-M'  -.•-  •-•■  ^-  rf--< 


r  =  4(2.8,85  +  3.13,6)  +  (17,7  +  3.13,5)  +  16.9,0  =  435,0 
p'=  1,966;    p  =  1,96     (Rammelsberg). 
Man  übersehe  nicht,  dass  hier  2(CaO)e,  =:  {KaO)p  iat!   Hat  {KaO)p  viel- 
leicht noch  einmal  so  viel  Individuen  als  (CaO)„'i 

5.  Bronzit  =  MGO .  SiO,^ 

17  =  8,7  +  13,5  =  22,2;    /  =  />  =  2,252. 
Hier  haben  wir  also  das  oben  discutirte  v{MGO)  =*  8,7,  worin  0„  =  3,9 
ist,  wie  in  v{Si02)  ==  13,5. 

6.  Thomsonit  von  Dumbarton: 

8  {M^O^ .  SiO^)  +  6{CaO.  SiO^)  +  NaO^,  SiO^^  +  20 BO. 

r = 8  (12,6  + 13,5)  +  6  (8,85  +  13,5)  +  (2 .  11,1+3 .  13,5)+20 . 7,65=558,6 

p'  s=  p  =  2,383    (Rammelsberg). 
In  diesem  Thomsonit  haben  wir  also  die  Individuen  des  Korunds. 

7.  Glas,  vonPelouze  kurz  vor  seinem  Tode  hergestellt  (Oompt. 
rend.  14  Janvier  1867)  : 

102  SiOj    =  74,97  (75,00);      i;  =  102 .  13,5  =  1377,0 

23  NaO    =17,46(17,40)  23.11,1=    255,3 

6^/303=    7,57    (7,60)  6.13,8=      82,8 

v=  1715,1 
p  =  2,380 ;     p  =  2,380     (Pelouze). 

8.  Tayalit  des  Hrn.  Gmelin:  FcO^,SiO.:\ 
1;=  5.6,6  +  2.13,5  =  60,0;     p'=  4,133 

p  =  4,138     (Gmelin). 

Hier  haben  wir  {FeO)„  =  6,6;  wie  z.  B.  auch  in 

V  {FeO,SO.^)  =  6,6  +  20,25  =  26,85 ;    p  =  2,840 

p  =  2,841     (Filhol). 

In   diesem   schwefelsauren   Eisenoxydul   haben   wir    nämlich   das   v{SQ^) 
=  20,25,  was  für  p{SO.^)  =  1,970  (Bussy)  oben  kennen  gelernt  wurde. 

9.  CuO.SiO.^  +  ^^0-,  schönste  Varietät. 

t;  =  6,6  +  13,5  +  2 . 9,0  =  38,1 ;     p  =  2,302 

;,  =  2,304  (Breithaupt). 

b.  viSiO^)  =  11,7  =  5,7  +  2.3,0;     p'=  2,5641 

p  =  2,5648    (Brisson). 

Diese  Modifikation  nennt  Brisson  ägyptischen  Kiesel.     Wir  finden  sie 
wieder  in 

t;(^/203^SiU/)  =  4. 12,0  + 3.11,7  =  83,1;     p' =  3,559 

p  =  3,559  (Mohs), 
worin  wir  die  Individuen  des  purpurrothen  Rubins  haben. 

c.  v{SiO.^)  =  11,25;     p  =  2,666 

p  =  2,664     (Brisson). 

Auch  diese  Modifikation  nennt  Brisson  ägyptischen  Kles<^\.    IViX^  Q>^\n.- 


210     Mathematische  Studien  über  die  Materie.    Von  L.  Pudenz. 

stitntion    lässt   sich   bis  jetzt    nicht  feststellen.     Die  Individuen  dieser 
Modifikation  finden  wir  wieder  im 

1.  Wollastonit  =  CaO.SiO^,     v  =  8,86  +  11,25  =  20,1 ; 

p'=  2,889;    /!  =  2,886     (Mohs) 

2.  V  (FeO .  SiO^)  =  6,6  +  1 1,25  =  17,85 ;     p  =  1,709 

p  =  1,713    (Neamann). 
Hier  haben  wir  dieselbe  FeOy  wie  in  FeO.SO^l 

3.  Gymnit  =  MGO^ .  SiO^^  +  6  J5rO; 

t;=^  4.6,3 +  3.11,25  +  6.7,65=  104,85;    /=  2,136 

p  =  2,136. 

d.     v{SiO^  =  Bergkrystall)  =  5,7  +  2 . 2,7  =  1 1,1 ;  p  =  2,70 

p  =  2,70  (Gmel.) 
Die  Individuen  dieses  Bcrgkrjstalls  finden  wir  neben  den  Individuen 
des  Sapphirs  von  Muschenbroek  im 

1 .  Audalusit  =  Al^  0^^ .  SiO^^ ; 

t;  =  2.14,4 +  3.11,1  =  62,1;     p=3,10ö 

p  =  3,104     (Mohs) 

2.  jil20^.SiO^^  +  2jffO', 

1,=  14,4 +  2.11,1  +  2.7,65  =  51,9;  p  =2,686 

p  =  2,690  (Finkenscher). 
Die  Individuen  des  Bergkrystalls  finden  wir  wieder  im 

3.  Serpentin  =  MGO.HO^  +  2{MGO.SiO^)', 

V  =  (6,3  +  2.6,3)  +  2(6,3  +  11,1)  =  53,7;    ;/=  2,570 

p  =  2,57     (Hermann) 

4.  Sarkolith  vom  Vesuv  = 

52, Jl^O^.SiO^  +  13. NaO.Si0.i  +  SKaOSiO.^  +  ^7 ,  CaCfi  SiO.^^ ; 
V  =  52(16,5  +  11,1)  +  13(11,1  +  11,1)  +  3(17,7  +  11,1)  + 
+  47(3.8,85  +  2.11,1)  =  »  =  4101,45;    p=  2,932;  p  =  2,932 

(Rammeisberg). 
Die  übrigen  Modifikationen  der  Kieselerde  und  ihr  Auftreten  in  den 
Silikaten  in  der  Fortsetzung. 


vn. 

Beiträge  zur  Molecularphysik. 

Von 

Prof.  Dr.  WiTTWER 

in  Reg^ensburg:. 


Bekanntlicb  war  es  die  Lehre  vom  Lichte,  welche  zuerst  darauf 
aufmerksam  machte,  dass  es  ausser  den  schweren  Stoffen  noch  einen 
anderen,  den  sogenannten  Aether,  gebe,  der  sich  dadurch  auszeichnet, 
dass  seine  einzelnen  kleinsten  Theilchen  sich  nicht  anziehen,  wie  das 
Gravitationsgesetz  von  den  Körpern  erheischt,  sondern  sich  abstossen; 
denn  wenn  diese  Bedingung  nicht  erfüllt  wäre,  so  würde  es  unmöglich 
sein,  dass  der  Aether  den  ganzen  Baum  erfüllte  und  durch  seine 
Schwingungen  das  Licht  veranlasste.  Die  Erfüllung  des  allgemeinen . 
Baumes  wäre  allenfalls  noch  denkbar,  wenn  die  Aethertheilchen  auf  ein* 
ander  weder  eine  anziehende  noch  eine  abstossende  Wirkung  ausüben 
würden,  aber  die  Oscillationen ,  welche  anzunehmen  die  Optik  gezwungen 
ist,  weisen  mit  strenger  Noth wendigkeit  auf  eine  gegenseitige  Abstossung 
hin,  welche  einerseits  das  schwingende  Aethertheilchen  wieder  in  die 
Buhelage  zurückzuführen  strebt,  andererseits  einem  andern  mit  dem 
ersten  nicht  in  unmittelbarer  Berührung  stehenden  Theilchen  Bewegung 
mittheilt.  In  unmittelbarer  Berührung  können  aber  die  Aethertheilchen 
nicht  sein,  und  dabei  doch  den  ganzen  Baum  erfüllen,  denn  sonst  wäre 
alle  Bewegung  unmöglich.  Es  bleibt  also  nur  die  Annahme  übrig,  dass 
die  Aethertheilchen  sich  abstossen ,  und  dieser  Annahme  folgen  auch  die 
sämmtlichen  Physiker  unserer  Zeit. 

Bezüglich  der  gegenseitigen  Einwirkung  der  Aether-  und  der 
schweren  Theilchen  gilt  zumeist  als  Thatsache,  dass  dieselbe  eine  An- 
ziehung sei,  während  einzelne  Stimmen  (z.B.  Wiener,  die  Grundzüge 
der  Weltordnung)  sich  für  eine  Abstossung  aussprechen. 

Als  Besultat  des  Zusammenwirkens  von  Aether-  und  schweren  Theil- 
chen findet  man  die  Theorie  als  allgemein  herrschend,  dass  um  ein 
schweres  Atom  herum  eine  Atmosphäre  von  Aethetlln^VVOEx^Ti  vvOcl  \^.^^'t^^ 


212  Beiträge  zur  Molecularpbysik. 


ft^'\^   •"^'»»^.••^-^•»■N^^   ■^'■^^•■m 


ia  derea  Schichten,  wie  bei  der  Atmosphäre  unserer  Erde,  die  Aether- 
theÜQhen  um  so  dichter  bei  einander  sind,  je  näher  erstere  dem  schweren 
Kerne  sind,  während  bei  wachsender  Entfernung  von  dem  Kerne  die 
Dichtigkeit  der  Schichten  immer  geringer  wird,  bis  endlich  der  Unter- 
schied zwischen  der  Schichte  und  dem  allgemeinen  Räume  verschwindet. 
Am  deutlichsten  ausgesprochen  findet  sich  dieser  Satz  in  Redten- 
bachers  „Dynamidensystem". 

Was  die  Bewegung  der  Lichtstrahlen  anbelangt,  so  heisst  es  in 
sämmtlichen  mir  bekannten  Lehrbüchern  der  Physik,  die  darüber  sprechen, 
dass  die  Schwingungen  sich  in  dem  dichteren  Aether  weniger  rasch  fort- 
pflanzen als  in  d^m  dünneren,  dass  also  das  Licht  im  allgemeinen  Räume 
schneller  gehe  als  in  den  durchsichtigen  Körpern,  weil  in  letzteren  der 
Wirkung  der  schweren  Atome  auf  die  Aethertheilchen  wegen  diese 
Aethertheilchen  dichter  bei  einander  sind.  Man  denkt  sich  das  Licht 
etwa  so  durch  das  Medium  gehend,  wie  eine  Kugel  durch  die  Luft  oder 
einen  andern  Körper  wandert,  wobei  sie  in  dem  dichteren  Medium 
des  grösseren  Widerstandes  wegen  nur  langsamer  vorwärts  kommen  kann. 
Es  lässt  sich  schwerlich  behaupten,  dass  diese  Vorstellung  über  jedes 
Bedenken  erhaben  sei ,  denn  der  Aether  ist  nicht  das  die  Bewegung  des 
Lichtes  hemmende  Medium,  sondern  er  ist  selbst  der  Träger  derselben, 
und  die  Bewegung  muss  sich  im  Allgemeinen  um  so  rascher  fortpflanzen, 
je  grösser  die  gegenseitige  Einwirkung  der  Aethertheilchen  ist,  und  dass 
diese  wächst,  wenn  die  Distanzen  der  Aethertheilchen  kleiner  werden, 
wenn  also  deren  Dichtigkeit  wächst,  dürfte  wohl  als  sicher  angenommen 
werden.  Will  man  das  Licht  rücksichtlich  seiner  Fortpflanzung  mit 
einem  andern  Vorgänge  vergleichen,  so  eignet  sich  weit  besser  als  die 
fliegende  Kugel  oder  die  bekannte  Cavalerieabtheilung  der  Schall,  und 
von  diesem  weiss  man,  dass  er  in  den  festen  Körpern  und  in  den  tropf- 
baren Flüssigkeiten  rascher  geht  als  in  den  Gasen,  und  seine  grössere 
Geschwindigkeit  fällt  also  auf  die  dichteren  Medien.  Es  gibt  nun  sicher- 
lich Umstände  genug,  welche  veranlassen  können,  dass  der  Schall  bei 
nicht  sehr  bedeutender  Dichtigkeitsverschiedenheit  in  dem  dichteren 
Medium  langsamer  geht;  allein  die  Vergleichung  des  Verhaltens  der  die 
grösste  Verschiedenheit  bietenden  Stoffe,  der  festen  und  der  tropfbar- 
flüssigen Körper  einerseits,  der  Gase  andererseits,  spricht  offenbar  dafür, 
dass  der  Schall  in  dichteren  Körpern  schneller  geht.  Bei  dem  Lichte,  das 
mit  dem  Schalle  so  viel  Analogie  hat,  kann  man  nun  nicht  wohl  das 
Entgegengesetzte  annehmen. 

Offenbar  ist  die  Lehre  vom  Lichte  unter  den  physikalischen  Disci- 
plinen  diejenige,  welche  am  ehesten  geeigpiet  ist,  uns  über  die  Verhält- 
nisse des  Aethers  Aufschluss  zu  geben,  und  sie  sagt  uns,  dass  der 
Aether  in  der  Nähe  der  schweren  Atome  weniger  dicht  sei 
^Is  im  allgemeinen  Baume. 


Yon  Prof.  l)v.  WiTTWEtt.  213 

Ausser  diesen  theoretischea  Schlnssfolgernngen  kann  ich  mich  anch 
anf  .einen  mathematischen  Beweis  stützen,  nnd  mein  Gewährsmann  ist 
Cauchy,  welcher  in  seinem  Memoire  sur  la  dispersion  de  la  lumiere 
§  9  die  Fortpflanzung  des  Lichtes  untersucht,  wie  sie  in  denjenigen 
Medien  stattfindet,  welche  keine  Farbenzerstreuung  haben,  und  hierbei 
gefanden  hat  (8.  193),  dass  in  d^enselben  die  Lichtgeschwin- 
digkeiten sich  direct  (also  die  Brechungsco^fficienten  um- 
gekehrt) verhalten,  wie  die  Quadratwurzeln  der  Aetherdich- 
tigkeit. 

Ich  muss  gestehen,  dass  es  mir  höchst  auffallend  war,  dass  dieser 
Satz,  der  sich  in  einem  eben  so  berühmten  als  vielfach  citirten  Werke 
findet,  so  ganz  in  Vergessenheit  gerathen  konnte,  dass  die  ihm  direct 
widersprechende  Annahme,  die  AetHerkugeln  seien  in  der  Nähe  der 
Körper  näher  bei  einander  als  im  allgemeinen  Räume,  so  unbedingt 
herrschend  wurde.  Allerdings  bezieht  sich  der  Cauchy* sehe  Satz  zu- 
nächst nur  auf  das  Verhältniss  von  allgemeinem  Räume  nnd  Gasen, 
unsem  einzigen  Medien,  die  keine  Farbenzerstreuung  haben;  aber  man 
kann  doch  nicht  annehmen,  dass  bei  den  farbenzerstreu^nden  Medien 
bezüglich  der  Aetherdichtigkeit  gerade  das  Entgegengesetzte  von  dem 
eintrete,  was  die  Medien  ohne  Dispersion  zeigen.  Einen  Rechnungs- 
fehler, der  dieses  allgemeine  Stillschweigen  in  den  allgemein  exen  Werken 
rechtfertigte,  habe  ich  in  der  in  Rede  stehenden  Abhandlung  nicht  finden 
können,  und  Radike  hat  wohl  dasselbe  Schicksal  gehabt,  denn  sonst 
würde  er  diesen  Satz  nicht  zweimal  (Handbuch  der  Optik  II  466  und 
Abhandlung  über  die  Optik  in  Doves  Repertoriura  der  Physik)  in  ver- 
schiedenen Bearbeitungen  wiedergegeben  haben. 

Die  Ursache  der  in  der  Nähe  der  schweren  Atome  vorkommenden 
Verdünnung  des  Aethers  sind  diese  Atome  selbst,  und  da  jede  Ursache  in 
der  Nähe  ihrer  Quelle  stärker  wirkt  als  in  der  Ferne,  so  müssen  wir 
annehmen,  dass  zunächst  um  die  Atome  herum  diese  Verdün- 
nung des  Aethers  den  höchsten  Werth  erreiche,  so  dass  also 
entgegengesetzt  von  der  allgemein  herrschenden  Ansicht 
die  Dynamiden  eine  von  innen  nach  aussen  zunehmende, 
nicht  abnehmende  Aetherdichtigkeit  zeigen. 

;|2  —  1 

Bekanntlich  gilt  für  die  Gase  die  Gleichung  =  c,    wenn    n 

den  Brechungscoefficienten ,   d   die   Dichtigkeit   des  Gases,   c   eine   Con- 
stante  bedeutet.     Bezeichnet   man   mit  q  die  Aetherdichtigkeit,  so  wird 

«'  =  — ,    wenn   a    eine   Constante   ist,    und    4urch   Verbindung    dieser 

Gleichung  mit  der  vorhergehenden  erhält  mau: 


214  ^  Beiträge  zur  Molecularphysik. 


^-1 

=  c,  d.  1.  ^  = 


a        -^  —  V     ca  +  i' 

wenn  also  d  (im  allgemeinen  Baume)  «=  0  ¥drd ,  so  wird  q  =  a^  welch 

letzteres  mithin  die  Aetherdichtigkeit  im  freien  Baume  angibt,     q  ist  die 

mittlere  Dichtigkeit  des  Aethers  der  Djnamide,  und  da  dieselbe  abnimmt, 

wenn   das  Volumen  sich  vermindert^   d.  i.   die  Dichtigkeit  d  des  Gases 

wächst,  so  ergibt  sich,  dass  die  einzelnen  Aetherschiehten  von  aussen  nach 

innen   immer  weniger  dicht  sein  müssen.     Das  Brechungsvermögen   der 

n^— 1 
nichtluftförmigen  Körper,   also   die   Grösse  — - — ,   scheint  constant  zu 

bleiben,  so  lange  der  Körper  nicht  in  den  gasformigen  Zustand  über- 
geht (Mülle r-Pouillets  Lehrbuch  der  Physik  und  Meteorologie ,  6.  Aufl. 
I  561)  und  soweit  diese  Beständigkeit  anhält,  muss  auch  för  sie  bezüg- 
lich der  Aetheratmosphäre  die  nämliche  Norm  gelten  wie  bei  den  Gasen. 

Es  möge  mir  gestattet  sein,  über  die  Annahme,  dass  bei  sehr 
kleinen  Distanzen  die  kleinsten  Theilchen  der  Körper  nach  einem  andern 
Gesetze  als  bei  grossem  wirken,  wie  z.  B.  nach  der  Formel  a''^  in  wel- 
cher a  eine  Constante,  r  die  Entfernung  bedeutet,  einige  Bemerkungen 
zu  machen. 

Auf  solche  Formeln  musste  man  zu  einer  Zeit  kommen,  als  die 
Lehre  vom  Aether  noch  nicht  anerkannt  war,  denn  es  ist  klar,  dass, 
wenn  man  die  Existenz  des  Aethers  ignorirt,  man  durch  die  einfache 
Beobachtung  der  Porosität  der  Körper  darauf  geflihrt  werden  muss, 
dass  die  Newton' sehe  Attraction  nicht  ausreicht,  dieselbe  zu  erklären. 
Nimmt  man  Dynamiden  mit  einem  schweren  von  Aetherkugeln  umgebenen 
Kerne  an,  so  kann  man,  wie  ich  in  einer  andern  Abhandlung*)  gezeigt 
habe,  die  verschiedenen  Erscheinungen  der  Cohäsion,  als  da  sind  Ab- 
stossung  bei  sehr  geringer  Distanz,  Indifferenzpunkt,  dann  Anziehung, 
die  bei  wachsender  Entfernung  zweier  Dynamiden  zuerst  grösser  wird, 
dann  abnimmt,  wie  das  Quadrat  der  Entfernung  wächst  u.  s.  w«,  ganz 
leicht  aus  den  Differenzen  der  verschiedenen  Wirkungen  ableiten,  ohne 
dass  man  andere  Gesetze  zu  Hülfe  zu  nehmen  brauchte,  als  man  jeden 
Tag  zu  beobachten  Gelegenheit  hat. 

Bekanntlich  nimmt  die  gegenseitige  Wirkung  zweier  Magnete  ab, 
wie  die  dritte  Potenz  der  Entfernung  wächst;  sie  thut  dieses,  solange 
die  Entfernung  gegen  die  Dimensionen  der  Magnete  gross  ist,  und  bei 
NichterfUllung  dieser  Bedingung  kommt  ein  ganz  anderes  Resultat  zum 
Vorschein.  Wollte  man  all  den  Wechsel,  der  hier  stattfindet,  der  Wir- 
kung einer  einzigen  Kraft  zuschreiben,  so  müsste  diese  wohl  nach  einem 
ganz  sonderbaren   Gesetze    wirken;    nimmt    man   aber  Differenzen   von 


*J  Entwarf  einer  Molecularphysik.    Diese  Zeitschr.  XI  3. 


Von  Prof.  Dr.  Wittweb.  215 


Kräften  an,  die  stets  abnehmen,  wie  das  Quadrat  der  Entfernung 
wächst,  so  erklären  sich  die  beobachteten  Erscheinungen  auf  die  ein- 
fachste Weise  von  der  Welt.  Ist  es  unmöglich,  ist  es  nur  unwahrschein- 
lich ,  dass  es  bei  den  Molecularerscheinungen  auch  so  sei  ?  Die  Erfahrung 
lehrt,  dass  diejenigen  Naturgesetze,  welche  die  einfachsten  sind,  sich 
am  besten  bewähren,  und  hievon  sollte  man  ohne  die  äusserste  Noth 
nicht  abgehen.  Dass  eine  einfache  Kraft  in  geringer  Entfernung  nach 
einem  andern  Gesetze  wirke  als  in  grösserer,  ist  meines  Wissens  in  der 
Natur  ohne  Beispiel,  denn  wo  scheinbar  eine  solche  auftritt,  ergibt  sich 
bei  näherer  Betrachtung  ein  Zusammenwirken  von  mehreren.  Ich  werde 
daher  in  dem  Nachstehenden  von  dem  Satze  ausgehen,  dass  die  gegen- 
seitige Einwirkung  zweier  Elementarkörper  in  jeder  Entfernung  dem 
nämlichen  Gesetze  gehorche. 

Betrachten  wir  nun  das  Zusammenwirken  von  Aether  und  Massen- 
theilchen  in  den  Djuamiden  etwas  näher,  und  nehmen  wir  der  all- 
gemeinen Ansicht  folgend  an,  jede  Dynamide  bestehe  aus  einem  schweren 
Kerne  und  einer  ihn  umgebenden  Atmosphäre,  die  aus  einer  ungezählten 
Menge  von  Aethertheilchen  besteht! 

■   Die   Aethertheilchen   stossen   sich  ab.     Dieses   ist  notorisch.     Der 
schwere  Kern  kann  auf  die  Aethertheilchen       , 

I.     anziehend, 
II.     gar  nicht, 
m.     abstossend 
wirken. 

I.  Ist  die  Wirkung  eine  anziehende,  so  haben  wir  folgende  zwei 
Möglichkeiten.     Es  kann 

d)    die  Anziehung  bezüglich  der  Entfernungen  dem  nämlichen  Gesetze 
gehorchen ,  welches  die  Abstossung  der  Aethertheilchen  unter  ein- 
ander beobachtet; 
fr)    die  Anziehung  kann  mit  einer  höheren  Potenz  also  rascher,   oder 
sie  kann  mit  einer  niedrigeren  Potenz   also   langsamer  abnehmen 
als  die  gegenseitige  Abstossung  der  Aethertheilchen. 
d)  Wenn  beide  Wirkungen  das  nämliche  Gesetz  befolgen,  so  muss 
sich  um  den  Massenkem  eine  Anzahl  von  Aethertheilchen  sammeln  und 
dieses  wird  solange  fortdauern,  bis  die  Anziehung,  welche  der  Massen- 
kem  auf  ein   femstehendes  Aetheratom  ausübt,   durch   die  Abstossung 
der  bereits  angezogenen  aufgehoben   wird.     Es  tritt  hier  der  Fall  ein, 
den  ich  in  meinem  Entwürfe  einer  Molecularphysik  S.  179  Gleichung  1 
und    2    abgeleitet   habe.      Die    durch    den    Massenkern    angesammelten 
Aethorkugeln  sind  entweder  sämmtlich  mit  dem  Kerne  in  unmittelbarer 
Berührung  (oder  bilden   bei   gehöriger  Anzahl  eine  Art  von  Kinde  um 
ihn),  oder  sie  thun  dieses  nur  zum  Theile.     Im   ersten   Falle,   welcher 
eintritt,  wenn  die  Kräfte  abnehmen,   wie  das   (^u&diat   di^t '^xiVl^x'Six^^^^^ 


216  Beiträge  zur  Molecularphysik. 

wäclitt,  haben  wir  einen  Massenkern  nnd  fest  damit  verbundene  Aether- 
kngeln,  nnd  die  ganze  Verbindung  ist  auf  den  äussern  Aether  ohne 
Binfluss,  da  Anziehung  der  Massenkugel  und  Abstossung  der  Aether- 
rinde  sich  aufheben,  und  wir  haben  daher  den.  oben  unter  II.  vorgesehenen 
Zustand.  Befolgen  die  beiden  Wirkungen  ein  anderes  Qesetz,  so  ent- 
steht im  Allgemeinen  um  den  Massenkem  herum  eine  Aetheratmosphäre, 
die  durch  die  Anziehung  des  Kernes  festgehalten  wird  und  auch  bleiben 
würde,  wenn  der  allgemeine  Raum  frei  von  allem  Aether  wäre.  Kommt 
der  Aether  des  allgemeinen  Baumes  noch  in's  Spiel,  so  vermehrt  sich 
durch  den  Druck  desselben  die  Dichtigkeit  des  von  der  um  den  Kern 
stehenden  Atmosphäre  erfüllten  Baumes  noch  um  eine  der  Dichtigkeit, 
welche  der  Aether  des  allgemeinen  Baumes  hat,  entspre9chende  OrOsse 
und  es  ergibt  sich  also,  dass  der  Aether,  der  den  Massenkem  umgibt, 
jedenfalls  dichter  ist  als  der  fem  stehende. 

b)  Wenn  die  Anziehung  zwischen  Aether  und  Massenkem  ein  anderes 
Gesetz  befolgt,  als  die  Aetherabstossung,  so  ist  die  eben  angegebene 
Sättigung  des  Kernes  nicht  möglich,  oder,  wenn  man  will,  die  Sättigung 
für  die  eine  Entfernung  gilt  nicht  auch  für  die  andere.  Es  wäre  in 
diesem  Falle  gar  nicht  denkbar,  dass  der  in  einiger  Entfernung  von 
einem  Weltkörper  befindliche  Aether  die  nämliche  Dichtigkeit  hätte,  als 
der  Aether,  welcher  fem  von  allen  Sternen  sich  befindet.  In  diesem 
Falle  wären  die  verschiedensten  Brechungen  des  Lichtes  im  allgemeinen 
Baume  selbst  die  unausbleibliche  Folge,  von  dem  regelmässigen  (schein- 
baren) Laufe  der  Gestirne  wäre  keine  Bede  mehr.  Man  könnte  allen- 
falls, insoweit  die  Erde  im  Spiele  ist,  die  eintretende  Lichtbrechung  als 
in  der  Strahlenbrechung  des  Luftkreises  einbegri£Pen  betrachten ;  aber  bei 
Stembedeckungen  des  Mondes  müsste  die  Wirkung  nothwendig  eintreten. 
Bekanntlich  beruht  auf  der  Erscheinung  der  Stembedeckungen  der  Be- 
weis, dass  der  Mond  keine  Atmosphäre  hat.  Der  Fall  b)  kommt  also 
in  der  Natur  nicht  vor,  die  Anziehung  zwischen  Massentheil  und  Aether 
und  die  gegenseitige  Abstossung  der  Aethertheilchen  befolgen  rücksicht- 
lich der  Entfernung  das  nämliche  Gesetz,  es  möge  dieses  sein,  welches 
immer  es  wolle. 

II.  Wenn  Aethertheilchen  und  Massentheilchen  gar  nicht  auf  ein- 
ander wirken,  so -ist  auch  kein  Grund  vorhanden,  warum  in  der  Nähe 
der  letzteren  eine  andere  Verth eilung  der  ersteren  eintreten  sollte  als 
ferne  davon. 

III.  Stossen  Massenkem  und  Aether  sich  ab,  es  mag  dieses  nach 
was  immer  für  einem  Gesetze  geschehen,  so  sind  die  zwei  Fälle  möglich: 

a)  die  Massenkerne  ziehen  sich  an; 

b)  sie  stossen  sich  ab. 

a)  Ziehen  sich  die  Massentheilchen  an ,  so  werden  unter  vorstehender 
Bedingung  die   porösen   Körper  umnöglicb,    d.  h.   es   kann    nicht  mehr 


Von  Prof.  Dr.  Wittwkr.  217 


^ ^^  *  y  ^^-^•^^•^^^.^^.^^ 


vorkommen,  dass  awei  Kerne  in  einiger  Entfemnng  stehen  bleiben. 
Befindet  sich  eine  Aetherkngel  zwischen  zwei  Massenkngeln ,  so  wird 
jede  der  letzteren  absitossend  anf  sie  wirken,  nnd  man  kann  diese  Ab- 
atossnng  in  zwei  Kräfte  zerlegen,  von  denen  die  eine  in  der  Verbin- 
dungslinie der  beiden  Massenkngeln  liegt,  während  die  andere  senkrecht 
daranf  steht.  Letztere  drückt  die  Aetherkngel  weg  nnd  die  Massen- 
kngeln nähern  sich  einander  bis  zur  Berühmng.  Es  wäre  denkbar,  dass 
die  Aetherkngel  genau  in  der  Verbindungslinie  der  Massenkngeln  liegt, 
dass  also  die  anf  dieser  senkrecht  stehende  Componirende  der  Abstossung 
verschwindet;  allein  dieses  wäre  nur  ein  dem  labilen  Gleichgewichte 
entsprechender  Specialfall,  der  im  nächsten  Augenblicke  bei  der  gering- 
sten Bewegung  (und  Oscillationen  hat  man  ja  fortwährend)  aufgehoben 
würde. 

6)  Stossen  sich  auch  die  Massenkerne  ab,  so  haben  wir  in  der 
ganzen  Natur  keine  Anziehung,  und  das  Vorkommen  der  Körper,  die 
aus  mehreren  Theilen  bestehen  und  deren  Theile  zusammenhängen, 
würde  unmöglich. 

Es  bliebe  nun  noch  übrig,  die  Möglichkeit  zu  besprechen,  dass  die 
Massenkeme  auf  einander  abstossend ,  auf  den  Aether  anziehend  wirken, 
sowie  der  Fall,  dass  die  Massenkerne  keine  Kugeln  sind,  sondern  be- 
liebige Gestalt  haben. 

Wenn  Abstossung  zwischen  Massenkern  und  Massenkem,  Anziehung 
zwischen  Kern  und  Aether  stattfindet,  so  haben  wir,  insoweit  es  sich 
wie  hier  nur  um  die  Aetherhülle  des  Kernes  handelt,  den  oben  unter 
I.  besprochenen  Fall. 

Weicht  die  Gestalt  der  Massenkerne  von  der  der  Kugel  ab,  so  wird 
darum  wohl  die  Gestalt  der  Dynamide  geändert,  auf  die  Frage  aber, 
ob  die  Aetherkugeln  der  Hülle  in  der  Nähe  des  Kernes  dichter  seien 
als  ferne  davon,  ist  dieser  Umstand  ohne  Einfluss. 

Aus  den  vorstehenden  Betrachtungen  ergibt  sich,  dass  die  Ent- 
stehung von  Aetherhüllen  der  schweren  Körper  unmöglich  sei,  wenn 
man  die  Bedingungen  stellt,  dass  diese  Hüllen  aus  einer  grossen  Menge 
von  Aethertheilchen  zusammengesetzt  und  dabei  weniger  dicht  sein  sollen 
als  der  Aether  im  allgemeinen  Baume.  Wenn  nun  die  Beobachtung 
lehrt,  dass  in  dem  die  schweren  Atome  rings  umgebenden  Baume  Aether 
von  geringerer  Dichtigkeit  sich  befindet,  so  muss  die  erste  der  obigen 
Bedingungen  nicht  in  der  Natur  begründet  sein.  Ich  kann  mir  nun 
keine  andere  Zusammensetzung  der  Dynamiden  denken  als  die,  welche 
der  von  mir  in  meinem  Entwürfe  einer  Molecularphysik  (S.  189)  an- 
gegebenen analog  ist,  und  die  darauf  beruht,  dass  die  Zahl  der  sich 
an  einen  Massenkern  anlagernden  Aethertheilchen  kleiner 
ist,  alsdieZahl  der  einem  Aethertheilchen  des  freien  Baumes 
zunächststehenden. 


218  Beitrage  zur  Holecolarphjrsik. 

Canehy  hat  in  seinem  Metmoire  sur  Im  dispersion  de  la  Iwmere  (§  9 
p.  191)  anch  das  Gkaetz  ang^eben,  nadi  weldiein  sidi  die  gegenseitige 
Abstossnng  der  Aethertheilchen  regelt,  er  liat  nimlidi  gefunden,  dass 
sie  abnimmt  wie  die  Tieite  Potenz  der  Entfemvng  wldist.  Man  bitte 
demnach  alles,  was  man  xnr  Ableitung  der  MolecnlarerBcbeinnngen 
braucht,  und  es  wire  nnr  noch  die  Constantenbestimmnng  ftbrig.  Denn 
setxt  man: 

1)  Massentheilchen  and  Massentheilchen  xiehen  sieh  mit  einer  Kraft 
an,  welche  dem  Quadrate  der  Entfernung  umgekehrt  proportional 
ist  (Newton'sches  Gesetx),  und 

2)  die  Aethertheilchen  stossen  sich  .mit  einer  Kraft  ab,  die  im  um- 
gekehrten Verhaltniss  zum  Biquadrate  der  Entfernung  steht  (Cau- 
chj'scbes  Gesetz), 

so  bleibt  nur  die  Wirkung  zwischen  Aether  und  Massentheilchen  zu 
suchen  übrig.  Diese  Wirkung  muss  eine  Anziehung  sein,  denn  sonst 
gSbe  es  nach  dem  oben  angefahrten  Satze  HI.  keine  porösen  KSrper, 
nur  muss  die  Zahl  der  sich  um  ein  schweres  Atom  gmppirenden  Aether- 
theilchen eine  kleine  sein,  und  ausserdem  nimmt  diese  Beziehung  ab, 
wie  das  Biquadrat  der  Entfernung  wScbst,  weil  nach  I.  b)  die  Dyna- 
miden  auf  den  ihnen .  fem  stehenden  Aether  des  allgemeinen  Raumes 
ohne  Einflnss  sein  müssen. 

In  meiner  mehrerwähnten  Abhandlung  bin  ich  von  dem  Satze  aus- 
gegangen, dass  alle  einfachen  Kräfte  in  der  Katur  abnehmen  wie  das 
Quadrat  der  Entfernung  wächst,  und  da  hiebei  auch  die  gegenseitige 
Abstossnng  der  Aethertheilchen,  für  welche  Cauchj  das  Biquadrat  ge- 
funden hat,  eingeschlossen  ist,  so  haben  wir  hier  allerdings  einen 
Widerspruch,  allein  e-s  gibt  doch  Verhältnisse,  welche  darauf  hinzudeuten 
scheinen,  dass  auch  bei  Zugrundelegung  meiner  Annahme  den  von 
Cauchj  aufgestellten  Bedingungen  Genüge  geleistet  werden  kann. 

Bezeichnet  man  die  Menge  materieller  Substanz  eines  Theilchens 
aus  der  Umgebung  eines  zunächst  betrachteten  mit  m,  sind  a,  ^,  ^  die 
Winkel,  welche  die  Verbindungslinie  beider  Theilchen  mit  den  Goordi- 
natenaxen  machen,  ist  femer  f(r)  die  von  der  Entfernung  r  abhängige 
Anziehung  oder  Abstossnng,  so  ist  ftir  den  Ruhezustand: 

S  (m  co$a  f(r))  =  0 
S  (m  cosß  f{r))  =  0 
S  (m  cosy  f{r))  =  0 

Nimmt  man  nun  an,  das  eingeschlossene  Theilchen  werde  aus  der 
Bnhelage  entfernt  und  bedeuten  ^|,  ^17,  ^t  die  Componirenden  der 
Verschiebung,  r(l  -f~  0  ^'^  nunmehrige  Entfernung  zweier  Theilchen, 
so  bekommt  Cauchy  (S.  4  Gleichung  16)  als  Werthe  der  das  Theilchen 
in  die  Gleichgewichtslage  zurückführenden  Klraft: 


Von  Prof.  Dr.  Wittwek.  219 


d 


wobei 


i 


DieRp!  Gleichungen  lassen  sich  als  das  Fundament  betrachten,  auf 
denen  das  ganze  Werk  Cauchy's  beruht. 

Als  Bedingung  Hir  das  Ausbleiben  der  Farben diepersion  im  Aether 
des  allgemeinen  Raumes  findet  nun  Cauchy  (S.  190  Gleichung  2G),  dass 

wenn  H  eine  Constante  bedeutet  und  das  Zeichen   —  eine  gegenseitige 
Abstossung  der  Aethertheilchen  angibt. 
Demzufolge  wird 

Nimmt  man  an,  es  sei 

M  -  -  " 


r 


wenn  n  eine  beliebige  ganze  positive  Zahl  bedeutet,  und  berücksichtigt 
man,  abweichend  von  Cauchy,  der  bei  den  ersten  J^otenzen  von  -^J, 
Ar\^  Ai  stehen  bleibt,  auch  die  höheren  Potenzen  dieser  Grössen,  so 
erhält  man   nachstehende  Ilauptgleichung: 

\=^  —  HSm  \    -  ^    —  ^. ,    (w+ 1 )  ( CAt$  ti^  A\-\-c(iS  «  ras  ß  J7j-{-cos  a  cos  y  z/f ) 

.J    .        1     r    *   («  +  ^)i  A^'i    X     A  '1    y     A^^^  I    ("  +  1)  (w  +  3) 

(ro««'*  A^  -|-  CAtSit  Cüsß^  Ari^  -\-  cnsa  casy"^  A^'^  -\-  2cosa'^  cos  ß  z/|  Ay 
-|-  2ro«Cf'  rosy  A^A^  -|-  2 rosa  cosß  cosy  AriA^)  —  (w  +  1)  {rosa  A^'^ 

.  +  rosß  JiJr,  +  rosy  ^|^f)]  +  ^^[^"  "^  ~2^"  "*"  '^^  ('"'**"'  ''^- 
-f-  cosa'^  AlE,Ar^  -(-  rosor'^  A'^A^'^  -)-  cos  er  co.9jS  A^'^  Atj  -\-  rosa  cosß  Auf 
-f-  ro5Cf  cosß  Ari  A^'-\-cos a  cos y  A%^ Ai-\-cos a  cosy  AtfA^-\-cos a  cos y  A^'^) 

(fi+l)  (?j  +  3)  (w  +  r>)   .  ,    ..„  ,  Ol   *  1   I  1  ^"» 

--^'--^     '    /^  ■     i^cosa^  A^'^-j-costt  cosß'^  Atf-\-cosa  cosy^  Aq'^ 

1.  ^.  •) 

-j-  3ro.va^  co5j!^  z/|'''^t/-|-.3ro.vft^  rosy  A^'^  A^-\-  Dcosa  cos ß'^  cosy  Atf  At; 
-\-  licosa'^  cosß'^  A^  Aif-{-l)  cnsn'^  rosy*  A'^  z/f* -(-  3rosa  cosß  cosy-Atf  A^'*) 

-  ^"--t '  ^  (^s"  +  ^«  ^»<'  +  ^«  ^f')  +  ^"  "^  ?.  ^"  "^  '^  c-*«'  '^^'  ^ 

ZriMrhr///  /:  Maihpninlik  u.  I'hynik  \Ul,  X  \Ky 


80  erhält  man    die  Werthe   von  -^ ,    ^ ,    deren    Gleichungen    ich    im 


220  Beiträge  zur  Molecularphysik. 

-f-  cosß^  J^  /Irf  +  cos  y^  Äi,  A^  -|-  2  C05  a  cos  ß  A^  Ai]  -\-  2  cos  a  cos  y  A^  A^ 

+  2cosß  cosy  A^  Ari  A^)    -j ? 

Wechselt  man  die  Ausdrücke  cosa,  cosß^  cosy^  A^^  Arj,  A^mit  einander  aus, 

Interesse  des  Raumersparnisses  weglasse. 

Die  Vertheilung  des  Aethers  im  allgemeinen  Räume,  die  zu  wissen 

d^      d^ri      d'^S 
zur  genauen  Berechnung  der  Werthe  von  ^  ,   ^.^  ,    -  .^  nothwendig  ist, 

kennen  wir  allerdings  nicht,  es  hleibt  aber  kaum  eine  andere  Annahme 
übrig,  als  die,  dass  diese  Vertheilung  eine  regelmässige  sei.  Sind 
ausserdem .  die  Aethertheilchen  kleine  ^ugeln ,  die  nach  allen  Richtungen 
in  gleicher  Weise  thätig  sind,  so  muss  es  möglich  sein,  durch  ein  solches 
Aethertheijchen  ein  rechtwinkliges  Axensystem  so  zu  legen ,  dass  die  um 
die  eine  Axe  stattfindende  Gruppirung  des  Aethers  sich  bei  den  andern 
wiederholt,  dass  die  Aethertheilchen  sich  etwa  so  um  das  den  Anfangs- 
punkt der  Coordinaten  bildende  hemm  lagern,  wie  die  Ecke  eines 
tesseralen  Krystalles  um  dessen  Mittelpunkt.  Ist  dieses  richtig,  und 
befindet  sich  ein  Aethertheilchen  auf  der  einen  Seite  einer  Axe,  so  muss 
auf  der  entgegengesetzten  Seite  in  der  gleichen  Entfernung  von  dem 
Ursprünge  wieder  ein  Theilchen  sein,  und  die  Gruppirung  um  die  eine 
Axe,  sie  möge  sein,  welche  immer  sie  wolle,  wiederholt  sich  bei  den 
beiden  andern.  Bezeichnet  man  die  Winkel,  welche  die  Verbindungs- 
linie eines  Aethertheilchens  und  des  Coordinatenanfangspunktes  mit  den 
drei  Axen  machen,  mit  a,  6,  c,  geben  also  cosa^  cosb^  cos  c  die  Lage 
dieses  Thcilchens,  so  muss  sich  auch  ein  Theilchen  vorfinden,  das  auf 
der  andern  Seite  der  Z-Axe  gelegen  durch  cosa^  cosb,  — cos  c  bestimmt 
wird.  Weitere  zwei  Theilchen  werden  bestimmt  durch  cosa^  — cos  b, 
cos  c  und  cosa^  — cosb^  — cos  c  und  jenseits  des 'Anfangspunktes  sind 
wieder  vier  Theilchen,  deren  Lage  bestimmt  wird  durch 

—  cos  a,  cos  b^  cos  c 

—  cos  ö,  cos  by     —  cos  c 

—  cos  a ,     —  cos  b ,  cos  c 

—  cos  «,     —  cos  by     —  cos  c. 

Bilden  diese  acht  Theilchen  je  eine  Gruppe  auf  der  positiven  und 
auf  der  negativen  Seite  der  A'-Axe,  so  müssen  auch  solche  Gruppen 
um  die  beiden  andern  Axen  vorhanden  sein.  Tauscht  man  daher  a,  b 
und  c  ordnungsgemäss  aus,  so  erhält  man: 

A,     für  die  um  die   Y-Ahq  stehenden  Gruppen 

cos  c,  cos  rt,  cos  b 

cos  Cy  cos  tty     —  cos  b 

cos  Cy     —  cos  (ty  cos  b 


Von  Prof.  Dr.  Wittwer.  221 


cos  c, 

—  cos  a  y 

—  cos  b 

cos      Cy 

cos  «, 

cos  b 

cos     Cy 

cos      (ty 

—  cos  b 

COS  c,      - 

cos     (ly 

cos  b 

—  cos  Cy      ■ 

—  cos  a  y 

—  cos  b. 

die  Z-Axe 

stehende 

Gruppen 

cos  6, 

cos     Cy 

cos  a 

COS  hy 

cos     Cy 

—  cos  a 

cos  by     - 

cos     Cy 

cos  a 

cos  by 

—      cos     Cy 

—  cos  a 

—  cos  by 

cos     Cy 

cos  a 

—  cos  by 

cos     Cy 

—  co's  a 

cos    by            ' 

cos     Cy 

cos  a 

cos     by              ' 

—     cos     Cy 

—  cos  a. 

Die  Glieder  der  ersten  Verticalreihe  beziehen  sich  insofern  auf  die 
Axe  der  Xy  als  sie  die  Cosinusse  der  Winkel  angeben ,  welche  die  ver- 
schiedenen Verbindungslinien  der  zum  ganzen  Systeme  gehörigen  Theil- 
eben  und  des  Anfangspunktes  der  Coordinaten  mit  der  X-Axe  machen. 
Man  hat  also  diese  verschiedenen  Cosinusse  in  der  obigen  Formel  an 
die  Stelle  von  cosa  zu  setzen.  Ebenso  repräsentiren  die  Glieder  der 
zweiten  und  dritten  Verticalreihe  den  cos  ß  und  cos  y  der  Formel.  Mit 
dem  Worte  System  bezeichne  ich  die  Gesammtheit  der  zusammengehörigen 
Aethertheile,  etwa  analog  der  Bezeichnung,  die  man  bei  den  Linsen 
der  Mikroskope  benutzt. 

Im  Allgemeinen  machen  24  Aethertheilchen   ein  System   aus,   doch 

24    24    24 
sind  auch  Specialfälle  vorhanden,    in   denen  nur  -^>  "^i  -r    Theilchcn 

vorkommen.  Ist  z.  B.  eine  der  vorstehenden  Grössen ,  etwa  cos  c  =  0, 
so  deutet  der  Rest  auf  12  Theilchen  hin ,  die  sich  in  den  Ebenen  der  XY^ 
XZ  und  YZ  selbst  befinden,  wie  dieses  bei  den  Ecken  der  Fall  ist,  welche 
die  charakteristischen  Kanten  des  Pentagondodecaeders  abschliessen. 
Wird  auch  cosb  =  Oy  so  werden  noch  6  Theilchen  angegeben,  die  in 
den  Axen  selbst  liegen  (Octaederecke).  Ist  cos  a  ^=  cos  b  =  cos  c ,  so 
erhält  man  8  Theilchen,  deren  Gruppirung  die  der  Würfelecke  ist.  Ist 
cosc  =  0  und  cosa  =  cosby  so  erhält  man  die  12  Ecke  der  Combi- 
nation  von  Würfel  und  Octa^'der.  Das  Khombendodecaeder  besteht  ans 
zwei  Systemen ,  die  auch  schon  die  verschiedene  Entfernung  der  Ecke 
von  dem  Mittelpunkte  nothwendig  macht.  Das  eine  System  umfasst  die 
8  Würfelecke,  das  andere  die  6  Octaederecke. 

Nimmt  man  die  vorstehende  Anordnung  als  Grundlage,  so  erhält 
man  aus  der  Hauptgleichnng  für  je  ein  System,  wenn  man  nach  Cauchy 
fi  =  4:  setzt,  und  mit  p  die  Zahl  der  Glieder  dos  Systems  bezeich- 
net, da 


222  Beiträge  zur  Molecularphysik. 

S  cos  (t  =  0 
-^-^  =     ^r7  -  (~3~~  (,cosa^  +  cos  b'  +  cos  c^)  J^  —  pJ^j 

=  7^(3— V^'^^- 

Wir  haben  also  eine  Kraft,  deren  Werth  positiv  ist,  und  die  abnimmt, 
wie  die  fünfte  Potenz  der  Entfernung  wachst. 

Nimmt  man  nach  meiner  Voraussetzung  n  =  2y  so  wird 

S  cos  a  =  0 

S  [{n  -f-  1)  (^os  «^  J^  -|-  cos  a  cos  ß  ^ri  -^  cos  a  cos  y  z/f)  —  A^ 

=  — -  (cos  c?  ■\-  cos  Ip^  -f-  cos  c^)   —  ;>  z/|  =  0. 

Dieses  Glied  fallt  also  aus.  Ebenso  ist  es  mit  dem  nächstfolgenden 
Gliede ,  weil  seine  sämmtlichen  Theile  ungerade  Potenzen  von  Cosinussen 

enthalten.  Das  zweitnftchste  Glied  (das  mit  ,^  multiplicirt  ist)  ver- 
schwindet nicht,  weil  in  ihm  die  Prodncte 

^  cost?  AI  (z/§2  +  Ari^  -f  z/f2^  —  ^   cos  «^  dl^  —       .  3  AI  {cosu^  cosß'^  Ari^ 

+  rosaVosy2^n—  |^U^5^+^'?*^+^0  + ^'"^^  {cos a^  Al'^  +  cos ß'*'  Aiy 

-|-  cosy^  A^^) 

vorkommen,  und  es  wird,  wenn  wieder  p  die  Zahl  der  zum  System  ge- 
hörenden Aetherth eilchen  bedeutet,  die  Wirkung  des  Systemes 

35 

—  ^^  'P  A^  {cos  (i^  cos  1)^  -\-  cos  fr  cos  c^  -\-  cos  IP^  cos  r')  {Aif  -|-  z^f *) 

-^^pdi{A^^+yi,f+A^^)  +  ^'^-l^-^ 

=  "^^5 -^  (~  \  {Al^'  +  Ari'+At'^)  +  '^^^  {cosa'  +  cosb'  +  cosc')  ^^' 

35  .,  .  .  .  .  \ 

-j-  ' ^  {cffS (r  cifS b*  -|-  r(ts (i^  cos c* -\- cos  b'^  cos  c^)  {Arj^ -\-  z/f '^)  j  -|-  . . . 

Um  das  Aethertheilchen ,  das  oben  als  Anfang  der  Coordinaten  ge- 
nommen wurde,  uild  das  sich  irgendwo  im  allgemeinen  Räume  befinden 
mag,  lagert  nun  eine  unendliche  Anzahl  anderer,  die  sich  alle  zu 
Systemen  von  6,  8,  12  oder  24  Gliedern  vereinigen  lassen.  Bei  jedem 
einzelnen   dieser   Systeme    heben    sich    die    ersten    Glieder    der   Ilaupt- 

gleichung  auf,  also  auch  für  alle  zusammen.    Das  mit    r^  versehene  Glied 

verschwindet  im  Allgemeinen  für  jedes  System  nicht  und  wenn  mehrere 
derselben  zusammenwirken,  so  wird  das  Verschwinden  immer  unwahr- 
scheinlicher.    Bezüglich  der  Frage,  ob  dieses  Glied  einen  positiven,  ob 


Von  Prof.  Dr.  Wittwer.  223 


einen  negativen  Werth  habe,  ist  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass 
die  Vertheiluug  des  Aethers  jedenfalls  eine  Gleichgewichtslage  desselben 
darstellen  muss,  und  dass  bei  der  geringsten  Verschiebung  eines  Theil- 
chens  nothwendig  eine  Thätigkeit  auftritt,  welche  die  Gleichgewichtslage 
wieder  herzustellen  sucht. 

Es  hat  also  ^-^  einen  positiven  Werth  wie   bei  Cauchy,   und   die 

von  ihm  repräsentirte  Kraft  nimmt  für  jedes  System  ebenfalls  ab  wie 
die  fünfte  Potenz  der  Entfernung  wachst.  Diese  Abnahme  ist  eiue  sehr 
rasche ,  und  es  werden  daher  nicht  allzuvlele  Systeme  in  der  Natur  in^s 
Spiel  kommen,  denn  für  die  ferneren  wird  die  Wirkung  bald  ver- 
schwinden. 

Was  für  ;r-7  gilt,  findet  selbstverständlich  mutalis  mutandis  auch  auf 

Ol" 


und  ^-y  seine  Anwendung. 


Geht  die  Verschiebung  in  der  Richtung  einer  Axe  vor  sich,  so 
kann  nicht  wohl  etwas  anderes  eintreten  als  das,  was  man  Polarisation 
des  Lichtstrahles  nennt,  und  es-  ergibt  sich 

dl'  r-     ' 

wenn  A  eine  Constante  bedeutet. 

Diesfr'Gleichung  unterscheidet  sich  von  der  Cauchy 'sehen  dadurch, 
dass  die  beschleunigende  Kraft  nicht  der  ersten,  sondern  der  dritten 
Potenz  der  Verschiebung  proportional  ist.  Dass  auch  im  letzteren  Falle 
Schwingungen  um  die  Gleichgewichtslage  stattfinden  müssen,  ist  offenbar 
und  ebenso  haben  wir  auch  Interferenzen  und  Beugungen  des  Lichtes, 
es  könnte  aber  schon  sein,  dass  es  die  eine  oder  andere  Lichterschei- 
nung gibt,  die  mir  bis  jetzt  entgangen  ist,  und  die  sich  mit  der  vor- 
stehenden Annahme  nicht  verträgt. 

Nach  dem,  was  ich  in  meinem  Entwürfe  einer  Molecularphysik 
(S.  196)  über  die  Construction  der  Gase  gesagt  habe,  ist  es  leicht,  sich 
die  Erscheinung  zu  erklären ,  warum  die  Gase  die  Eigenschaft  des  freien 
Aethers,  die  Farben  nicht  zu  zerstreuen,  theilen,  denn  die  Vertheiluug 
der  einzelnen  Aetherkugeln  in  den  Gasen  kann  sich  von  der  des  Aethers 
im  allgemeinen  Räume  nicht  wesentlich  unterscheiden,  solange  jedes 
Massenatom  eine  grosse  Aetherhülle  besitzt,  solange  die  Dichtigkeit 
der  Luft  nicht  bedeutend  ist.  Es  hat  dieses  jedoch  seine  Gränzen, 
und  bei  dichten  Gasarten  wird  auch  eine  Farben dispersion  eintreten 
müssen.  Bei  den  tropfbar- flüssigen  und  den  festen  Körpern  ist  die 
Vertheiluug  der  Aetherkugeln  um  den  Massenkern  eine  andere,  es  ver- 
schwinden die  ersten  Glieder  der  Hauptgleichung  nicht  mehr,  und  die 
Farbenzerstreuung  tritt  ein.   Bei  den  farbenzeTBlxQUQüäQXi  ^jät'^^wi  >««ä>b&\. 


226       Beiträge  zur  Molecularphysik.   Von  Prof.  Dr.  WiTTWEe. 

als  -r.     Bei   der  relativen   Grösse    der  Molecularanziehungen  nnd  Ab- 
b 

stossungen  ist  es  sehr  leicht  denkbar,  dass  bei  durch  die  Zusammen- 
setzung bedingten  Differenzen  in  den  Wirkungen  bald  (für  uns)  bedeu- 
tende Härtegrade  u.  dgl.  der  Körper  eintreten  können.  Eine  andere 
Frage  ist  die,  ob  unter  meinen  Voraussetzungen  die  Weltkörpcr  auf 
ihrem  Wege  nicht  allzusehr  gehemmt  werden.  In  dieser  Beziehung  ver- 
lasse ich  mich  darauf,  dass  man  sich  schon  seit  langer  Zeit  mit  dem 
Gedanken  befreundet  hat,  dass  die  Weltkörper  ihren  Weg  machen 
können,  ohne  sonderlich  gehemmt  zu  werden,  obwohl  sie  durch  einen 
Raum  müssen,  von  dem  nach  Cauchy  jedes  Kubikmillimeter  von  Millionen 
von  Aethertheilchen  besetzt  ist.  Ein  Vorzug  meiner  Theorie  dürfte  wohl 
darin  zu  suchen  sein,  dass  sie,  ohne  mit  dem  Schweregesetze  in  die 
mindeste  Collision  zu  kommen,  keine  anderen  Wirkungen  voraussetzt, 
als  man  jeden  Tag  allenthalben  zu  beobachten  Gelegenheit  hat.  Dass 
auch  in  der  Sternenwelt  polare  Wirkungen  auftreten,  ist  nicht  neu; 
schon  B  es  sei  hat  bei  der  Beschreibung  des  Halley 'sehen  Kometen  von 
1836  darauf  aufmerksam  gemacht. 

Es  bleibt  noch  die  Frage  zu  beantworten  übrig,  ob  es  nicht  mög- 
lich wäre,  dass  ein  System  von  Aethertheilchen  ein  von  diesen  ein- 
geschlossenes ebenfalls  mit  einer  Kraft  in  die  Gleichgewichtslage  zurück- 
zuführen  strebe,  welche  abnimmt  wie  die  fünfte  Potenz  der  Entfernung 
wächst,  wenn  die  ursprüngliche  Abstossung  zweier  Theilchen  der  ersten 
oder  dritten  Potenz  umgekehrt  proportional  ist. 

Im  ersten  dieser  beiden  Falle  müsstcn  sich  die  ersten  vier  Glieder 
der  llauptgleichung  auf  Null  reduciren,  das  fünfte  dagegen  bleiben;  im 
zweiten  Falle  müssten  die  ersten  zwei  Glieder  verschwinden,  das  dritte 
dagegen  nicht.  Man  sieht  sehr  leicht,  dass  beides  nicht  geschieht,  denn 
wenn  mau   n  =  1   beziehungsweise  n  =  3   setzt,    so   verschwindet   das 

zweite  Glied  nicht,  wohl  aber  in  beiden  Fällen  das  mit  -^  multiplicirte, 

weil  seine  sämmtlichen  Theile  ungerade  Potenzen  von  Cosinussen  als 
Factoren  haben. 

Nimmt  man  an,  dass  die  Aetherabstossung  einer  höheren  Potenz  der 
Entfernung  umgekehrt  proportional  sei  als  der  vierten,  so  kann  augen- 
scheinlich die  das  Aethertheilchen  in  die  Gleichgewichtslage  zurück- 
führende Kraft  nicht  der  fünften  Potenz  umgekehrt  proportional  sein, 
wie  es  die  Cauchy'sche  Gleichung  verlangt,  und  ebenso  ist  es  bei  der 
Annahme  irgend  eines  andern  Gesetzes.  Wir  haben  daher  nur  die  Wahl 
zwischen  der  zweiten  und  der  vierten  Potenz.  Welche  von  den  beiden 
Annahmen  die  richtige  sei,  wird  die  Zukunft  lehren. 


vm. 

Ueber  Isophoten 

(Linien  gleicher  Lichtintensität). 

Von 

Dr.    L.   BURMESTER, 

Lehrer  der  l'hysik  und  der  darsloUenden  Goomotric  aiii  deutschen  Realgymnasium 

zu  Lodz  in  Russisch  -  Polrn. 


Erster  Thell. 

§  1- 

Die  Linien  gleicher  Lichtintensität,  welche  ich  der  Kürze  wegen  mit 
dem  Namen  Isophoten'*') ^bezeichne,  sind  his  jetzt  noch  sehr  wenig 
analytisch  untersucht  worden.  Ich  habe  daher  diese  Linien  zum  Gegen- 
stande meiner  gegenwärtigen  Untersuchung  gemacht.  Hierbei  habe  ich 
viele  interessante  Resultate  erhalten,  welche  ich  in  einem  besonderen 
Werke  zu  veröffentlichen  gedenke.  Da  aber  das  Zeichnen  vieler  Tafeln 
viel  Zeit  und  Müsse  erfordert,  so  werde  ich  hier  vorläufig  einige  Resultate 
meiner  Studien  mittheilen. 

Nehmen  wir  an,  eine  Fläche  sei  von  parallelen  Lichtstrahlen  be- 
leuchtet, deren  Intensität  i  constant,  also  unabhängig  von  der  Länge 
der  Lichtstrahlen  ist,  und  bezeichnen  wir  mit  L  die  Beleuchtung  oder 
Lichtstärke  eines  Flächenelementes,  mit  X  den  Winkel,  welchen  die 
Normale  dieses  Elementes  mit  den  parallelen  Lichtstrahlen  bildet ,  so  ist 

bekanntlich 

X  =  I  coz  A. 

Die  Gesammtheit  aller  parallelen  Lichtstrahlen,  welche  eine  Fläche 
beleuchten,  nennen  wir  ein  StrahlenbUndel;  und  als  Richtung 
desselben  nehmen  wir  die  Gerade,  welche  den  Lichtstrahlen  parallel 
durch  den  Coordinatenanfang  der  beleuchteten  Fläche  geht. 

Sind  Vjc,  Vy,  Vz  die  Winkel,  welche  die  Strahlenrichtung  mit 
den  rechtwinkeligen   Coordinatenaxen   der  ^y   tjy  z  bildet,   sind   analog 


♦)  L.  Burmester,  Elemente  einer  Theorie  der  Iso^iVioien.  ^\>\w>^  C^q\X.. V^^'^i. 


228  Ueber  Isophoten. 


^xt  (fyy  <fz  die  Winkel,  welche  die  Normale  eiues  Flächenelementes  mit 

diesen   Axen    einschliesst ,    so    ist    nach    einem   Satze    der    analytischen 

Geometrie 

cos  k  =^  cos  Vx  cos  öjc  +  cos  Vy  cos  öy  -[-  cos  Vz  cos  <y. . 

Ist  die  beleuchtete  Fläche  durch  die  Gleichung 

^(^,  y,0  =  0 

gegeben,  dann  haben  wir 

dF 

dx 
dF 


cos  Gy     = 


/(iT+(gr+(D' 

dF 
'dz 

cos  O  _      _  -  .  :         .      ,  • 

Hiernach  ist  die  Lichtstärke  irgend  eines  Flächenelementes  dieser  Fläche 

durch  die  Gleichung 

dF   ,  dF   ,  dF 

cos  Vx  ^ f-  cos  Vy  A  -  +  cos  V.  ' 

.  dx   '  ^  dy    '  dz 

bestimmt.  Diese  Gleichung,  welche  eine  Fläche  reprUsentirt ,  ist  die 
Grundformel  der  Isophoten,  die  durch  ein  Bündel  paralleler  Lichtstrahlen 
erzeugt  werden.  Geben  wir  dem  L  successive  verschiedene  Werthe, 
welche  die  Grenzen  -f-  f  und  —  t  nicht  ühorschreiten  dürfen ;  dann  sind 
die  Durchschnitte  der  beiden  Flächen 

dF   ,  dF   ,  dF 

cos  Vx  ^     +  cos  Vy  r.     -j-  cos  V.  - 

dx  dy  dz 

F{x,y,  z)  =  0 

die  Isophoten  der  letzteren  Fläche.  —  Je  nachdem  wir  aus  diesen  beiden 
Gleichungen  or,  y  oder  z  eliminiren,  erhalten  wir  die  Gleichungen  für 
die  Projectionen  der  Isophoten  in  den  Coordinatenebcn  yz^  xz  oder  xy. 
Da  es  für  unseren  Zweck  nur  erforderlich  ist,  die  Lichtstärke  relativ  zu 
bestimmen,  so  nehmen  wir  die  Intensität  i  des  Strahlenbündels  gleich 
der  Einbeit  an;  dann  ist 


Von  Dr.  L.  Bürmester.  229 

.  dF   ,  dF   ,  dF 

cos  Va: ^  COS  Vy  ^ \-  COS  V.   — 

j         ^x    '  ^  dy    '  dz 

Jj  ——  -j  -^ — : •        •        •        •        ix. 


/©+©'+(0' 


Um  nun  ein  vollständiges  regelmässiges  Isophotensystem  einer  Fläche 
zu  erhalten,  mittelst  dessen  die  Auftragung  der  Farbentöne  leicht  aus- 
geführt werden  kann,  bestimmen  wir  eine  beliebige,  aber  ausreichende 
Anzahl  Isophoten,  so  dass  der  Lichtstärkenunterschied  je  zwei  auf  ein- 
ander folgender  Isophoten  gleich  ist. 

Wir  geben  daher  dem  X  der  Reihe  nach  die  Werthe 

-"-',-1*). 
n 

Diese  Werthenreihe ,  in  welcher  n   eine  ganze   positive  Zahl  bezeichnet, 

liefert  uns   ein   regelmässiges,   aus  2/1  -|-  1    Isophoten   bestehendes   Iso- 

photensystem. 

Bezeichnen   wir  mit  et  und   ß  beziehungsweise    die  Tangenten   der 

Winkel,  welche  die  Projection  der  Strahlenrichtung  in  der  zx-  und  xy- 

Ebene  mit  der  2-Axe  bildet,  ist  ferner  die  Gleichung   der  beleuchteten 

Fläche  in  der  Form 

2  =  f{x*y) 

gegeben,  so  ergiebt  sich  aus  der  Gleichung  II. 

1    —   CC  -       P   7— 

"ir^+^Z- + (t)"+ (I)"  ■  ■  ■  ■ 

Diese  Gleichung,  die  nur  noch  die  Coordinaten  x,  y  in  sich  trägt, 
liefert  uns  die  Projectionen  der  Isophoten  in  der  o:^- Ebene,  d.  h.  im 
Grundriss.  —  Können  wir  die  Projectionen  der  Isophoten  im  Grundriss 
ermitteln,  und  ist  die  beleuchtete  Fläche  construirbar,  so  können  wir 
mittelst  der  darstellenden  Geometrie  die  Isophotenprojectionen  im  Auf- 
riss  und  Seitenriss  stets  construiren. 

Die  Gleichung  IIL  können  wir  noch  vereinfachen,  wenn  wir  das 
Coordinatensystem  um  die  z-Axe  drehen,  so  dass  die  positive  a;-Axe 
mit  der  Grundrissprojection  der  positiven  Strahlenrichtung  zusammen- 
fällt. Hierdurch  wird  die  Allgemeinheit  nicht  beschränkt.  Bezeichnen 
wir  mit  v  den  Winkel,  welchen  die  positive  Strahlenrichtung  mit  der 
positiven  z-Axe  bildet,  so  wird 


*)  In  der  Praxis  genügt  im  Allgemeinen  n  =  10  für  die  Auftca^xxw^  d&\  >S«iX- 
bentöne. 


230  Ueber  Lsophoten. 


und  folglich 


(: 


a  =  —  ian  v 

dz 
cos  V  A-  sin  V  '  :r^ 

vX 

j  ._  iv 

Von  allen  lsophoten  des  ganzen  Systems  zeichnen  sich  die,  welche 

der  Lichtstärke 

Z  =  0,     cos  V,     +  1 

entsprechen,   besonders  aus. 

Für  Z  =  0  erhalten  wir  aus  IV. 

dz      . 

1  -["  ^ÖW  V  •  r—  =  0. 
OX 

Diese  Gleichung  giebt  uns  die  Grundrissprojection  der  lsophoten,  welche 
die  Grenze  zwischen  Licht  und  Schatten  bildet.  Wir  wollen  sie  deshalb 
mit  dem  Namen  Grenzisophoten  bezeichnen. 

Setzen  wir  L  =■  cosv^  so  ergiebt  sich  ans  der  genannten  Gleichung 

Diese  Gleichung  liefert  die  Grundrissprojection  der  Isophote  der  Licht- 
stärke, welche  auf  der  o:^- Ebene  auftritt. 

Specielle  Betrachtungen  zeigen,  dass  wir  im  Allgemeinen  nach  der 
Gestalt  dieser  Isophote  oft  die  Form  des  ganzen  Isophotensystems  be- 
urtheilen  können.  —  Wir  wollen  diese  Isophote  desswegen  die  Typ us- 
isophote  nennen. 

Die  Lichtstärke  Z  =  +  1   kann   nach   der  Gleichung  IV.    wie  man 

leicht  erkennt  nur  eintreten,  wenn 

dz 

--  =  tan  V 

OX 

ist.  —  Die  Isophote,  welche  durch  diese  Doppelgleichung  bestimmt  ist, 
wird  im  Allgemeinen  durch  einen  oder  mehrere  isolirte  Punkte  reprä- 
sentirt,  in  denen  die  grösste  positive  oder  negative  Lichtstärke  auftritt. 
—  Wir  wollen  dieselbe  daher  mit  dem  Namen  Maximalisophote  be- 
zeichnen. 

Es  wird  fUr  die  Folge  von  Nutzen  sein,  wenn  wir  in  die  Gleichung  IV. 
statt  der  rechtwinkeligen  Coordinaten  die  sogenannten  cylindrischen 
Coordinaten  einführen,  welche  durch  die  Gleichungen 

X  =  r  cos  0 

1/  ==  r  sin  0 
deßnirt  sind,  —  Dann  ist 


Von  Dr.  L.  Burmester.  231 


$  =  arctan  (  —  )  ; 

dz  dz   dr        dz    d9  dz  ^  dz  sin  $  , 

di~dr  dx  "^  dÖ  dx  ~dr  ^''^    ""  a«  T~ ' 

dz        dz   dr    ,   dz    d9        dz    ,    ,    ,    dz  cosO 

=    -  H —  =       stn  0  -4— 

dy        dr  dy  ^  ?Ö  dy        dr  ^  d9      r 

Snbstitniren  wir  diese  Wertbo  in  die  Oleicbnng  IV.,  8o  erhalten  wir 


,      .       rdz         .        dz  sin  öl 


COS 

Ld   =  '.   '     '    —~-'z:r-  -    -    --. —    --z:: —     -  •  •         .         .         .  Y« 


/•+B:r+[;ä' 


Diese    Gleichnng  liefert   die   Gmndrissprojectionen   der  Isopboten    einer 
Flftcbe,  deren  Gleichnng  in  cylindrischen  Coordinaten  nnd  in  der  Form 

z  =  /-(r,  6) 
gegeben  ist. 

Obgleich  die  Formel  V.  weniger  einfach  ist  als  die  Formel  IV.,  so 
wird  sie  nns  doch  in  der  Folge  wichtige  Vortheile  bieten.  Wir  können 
der  Formel  V.  noch  eine  andere  Gestalt  geben,  wenn  wir 

dz 

;r^  =»  COS  a> 

or 

1  dz 

=  p  stn  (o 


r   d$ 


setzen,  worin 


dz 

d$  1  dr 

tan  (0=     -    = 

dz  r   (iQ 

'fr 
ist.     Wir  erhalten  dann 

cos  V  -[-  sin  V  .  }} ,  cos  (ö  -["  w)  xn 

La  =^  •       •       •  .       VI» 

Geometrisch  bedentet  p  die  Tangente  des  Winkels,  welchen  die 
Flüchen normah»  des  Punktes  r,  r,  ö  mit  der  c-Axe  einschliesst,  w  den 
Winkel,  welchen  der  Radinsvector  r  mit  der  Normale  der  Dnrchschnitts- 
curve 


z  =  f{r,  0)  \ 
z  =  const.     1 


bildet. 


232  lieber  Isophoten. 

Die  Isophoten  der  Botationsfläohen. 

§2. 

Die  allgemeine  Gleichung  der  Rotationsflächen,  welche  darch  Um-^ 
drehnng  einer  einfach-  oder  doppelt  gekrümmten  Cnrve  am  die  s-Axe 
erzeugt  werden,  ist  in  cylindrischen  Coordinaten 

*  =  fir).*) 
Betrachten  wir  z  als  Ordinate  nnd   r  als   willkürliche  Abscisse,  so 
giebt  diese  Gleichung  die  Meridiancurve  der  Rotationsflächen. 

Es  ist 

dz  /  .  . 

Diese  Wertke,  in  die  Gleichung  V.  gesetzt,  liefern 

cos  V  -\-  sin  V  .  f'  (r) ,  cos  $  . 

Vi  +  (/'  i.r)y 

Dies  ist  die  allgemeine  Gleichung  der  Isophoten**)  der  Rotations- 
flächen. Hierin  ist  r  der  Radius vector,  d  die  Anomalie,  welche  von 
der  positiven  Strahlen  rieh  tun  g  aus  gezählt  wird.  Die  Gleichung  1)  giebt 
fiir  gleiche  entgegengesetzte  Werthe  von  0  gleiche  Werthe  für  r,  das 
ganze  Isophotensystem  wird  daher  durch  die  Strahlenrich- 
tnng  symmetrisch  gctheilt. 

Wenn  wir  die  Gleichung  1)  auf  cos  0  reduciren,  so  wird 


coso  =  CSC  V  ^ — -^rx       '  ^  —  7n-\ 2) 

Hieraus  folgt  der  Satz: 

Auf  den  Parallelkreisen  der  Rotationsflächen  ist   die 
Grösse  cos  0  eine  lineare  Function   der  Lichtstärke  L. 
Bezeichnen  wir  mit  x  den  Winkel,  welchen  die  Tangente  der  Meri- 
diancurve {z  =  f{r))  mit  der  Axe  der  r  bildet,  so  ist 

f(r)  =  (an  r, 
nnd 

cos  $  =  CSC  V  .  CSC  X  .  L  —  coiv  .  cot  t 3) 

Betrachten  wir  die  Grössen  cos  $  und  L  als  rechtwinkelige  Coordi- 
naten, so  repräsentirt  diese  Gleichung  eine  Gerade,  deren  Abschnitte 
von   den   entsprechenden   Axen   durch   die   Grössen   —  cotv  .  cot  x  und 


*)  Hierbei  ist  vorausgesetzt,  dass  die  Gleichung  auf  :  reducirt  werden  kann. 
**)  Wir  wollen )   wenn    nichts  besonders  bemerkt  wird,    unter  Isophoten  der 
Kürze   wegen  die  Projcctioncn  derselben  im   Grundriss  verstehen,    ebenso   nnter 
Strahlenrichtung  die  Projection  derselben  im  Grundriss. 


Von  Dr.  L.  Burmester.  233 

cos  V  €08  T  gegeben  sind.  Beide  Abschnitte  lassen  sich  leicht  constrniren. 
Wenn  wir  nun  dem  L  die  Lichtstärken  der  Werthenreihe  Seite  231 
geben,  so  erhalten  wir  entsprechende  Werthe  ftir  cos  d,  welche  diejenigen 
Punkte  auf  einem  beliebig  angenommenen  Parallelkreis  vom  Radius  r 
bestimmen,  in  denen  jene  dem  L  beigelegte  Lichtstärken  auftreten. 
Bestimmen  wir  nach  dieser  Angabe  auf  mehreren  beliebig,  aber  zweck- 
mässig angenommenen  Parallelkreisen  die  Lichtstärken  der  erwähnten 
Werthenreihe,  dann  liefern  *  uns  die  so  erhaltenen  Punkte  die  Isophoten 
der  Fläche. 

Zu  jedem  Parallelkreis  gehört  ein  bestimmter  Werth  von  x  und 
daher  entspricht  jedem  Parallelkreis  eine  Gerade,  mit  deren  Hülfe  wir 
die  Orte  gegebener  Lichtintensitäten  bestimmen  können.  Wir  wollen 
diese  Geraden,  deren  Lage  durch  die  leicht  zu  construirenden  Werthe 
cot  V  cot  t  und  cos  V  cos  x  bestimmt  ist,  die  Hülfs geraden  nennen. 

Die  Construction  der  Isophoten  der  Rotationsflächen  ist  hiernach 
auf  das  Problem  des  Tangentenziehens  an  die  Meridiancurve  {z  !=  f(r)) 
zmückgefUhrt. 

Obgleich  die  Hülfsgeraden  durch  die  Werthe  —  cot  v  cot  r  und 
cos  V  cos  r,  welche  die  Abschnitte  auf  den  Axen  des  cos  9  und  der  L 
darstellen  y  gegeben  sind ,  so  wollen  wir  noch  eine  andere  Methode  an- 
geben, die  ^en  Vortheil  bietet,  dass  wir  nicht  mit  Bestimmungswerthen, 
wie  cot  V  cot  z^  zu  thun  haben,  die  sehr  gross  werden  und  die  Dar- 
stellung auf  der  begrenzten  Zeichnenfläche  nicht  gestatten.  Zu  diesem 
Zweck  suchen  wir  die  einhüllende  Curve  der  Hülfsgeraden. 

Wir  setzen 

cos  ^  ^=  ri^     L  =  g, 

so  ist  nach  Gleichung  3) 

ri  =  CSC  V  esc  r  .  I  —  cot  v  cot  t. 
Differenziren  wir  diese  Gleichung  nach  t,  dann  erhalten  wir 

0  =  —  CSC  V  .  cos  T  .^  -^^  cotv. 

Durch  Elimination  der  Grösse  t  ergiebt  sich  ans  diesen  beiden  Glei- 
chungen die  Gleichung  der  einhüllenden  Curve  der  Hülfsgeraden 

_^ J?!_=i. 

COS^  V  COt^  V 

Dies  ist  die  Mittelpunktsgleichung  einer  Hyperbel,  deren  halbe  Hauptaxe 
cos  V  und  deren  halbe  Nebenaxe  cot  v  ist.  Diese  Hyperbel,  an  der 
die  Hülfsgeraden  Tangenten  sind,  wollen  wir,  da  sie  indirect  ein  Hülfs- 
mittel  bei  der  Bestimmung  dieser  Geraden  ist,  die  Hülfs hyperbel 
nennen. 

Bekanntlich  liegen  die  Fusspunkte  der  vom  Brennpunkt  auf  die 
Hyperbeltangenten  gefällten  Senkrechten  auf  der  Peripherie  des  Hanpt- 
kreises.     Wir  können  hiernach  die  Hyperbeltangenteu ,   4,  \i.  ^\^  "^^^Kv 


Ueber  Isoplioteti. 


geraden,  leicht  zielien,  ohne  die  Hyperbel  selbst  zn  constrairan;  denn 
da  die  Richtnngsconstante  der  Hdlfsgeraden  nach  Gleicfanng  3)  esc  v  .  c$c  r 
ist,  so  ist  die  Ricbtangsconetante  der  dsranf  Tom  Brennpunkte  gefKIIten 
Senkrechten  durch  lin  v  sin  x  gegeben. 

Wenn  wir  die  Constmction  der  Isophoten  der  Rotationsflächen  Mu< 
führen  wollen,  bd  liaben  wir  zwei  einfache  HHlfxfignren  Fig.  1'  und 
Fig.  1^  nöthig,  die  Rlr  alle  Rotations flScben  gelten,  wenn  die  Strahlen- 
richtnng  nnTeränderlich  genommen  wird. 


Es  seien  (Fig.  1")  LyA  nnd  L^A  die  Projoction^'n  der  Strahlen- 
richtnng  im  GrnndrisB  nnd  im  Anfriss,  AD  gleich  der  Einheit,  und  AZ 
flcnkrecht  anf  der  Projectionsaxn  AC\  dann  ist,  wie  man  leicht  ans  der 
Fignr  ersieht, 

^DAZ  =  v,  BD  =  smv 

AP  =  rosv,        CE  =  cfilv. 

In  Fig.  l**  seien  oL  nnd  ocosS  die  Coordinatenaxen ,  auf  welche 
die  Constmctionsgeraden  bezogen  sind.  Die  Strecken  o(+i)=o(—  i)  =  l 
sind  in  n  =  lÜ  gleiche  Theilo  getheilt,  und  durch  diese  Tbeilpnnkte, 
welche  in  nnserem  speciellen  Falle  den  Lichtstärken:  -|-1,  -)-0,9  .  .  . 
0... — 0,9,  — J  entsprechen,  sind  Ordinalen  gezogen.  Anf  den  Axea 
sei  Ort  =  AB  =  cos  p,  ob  ^  CE  ^  rat  v  gemacht;  a  nnd  b  sind  dann 
die  Endpnnkte  der  Hyperhelaxen,  und  der  mit  oa  beschriebene  Kreix 
ist  der  Hanplkreis.     Femer  sei  ab  —  «F,    f rf  =^  1 ,    so   ist    F  der  eine 


Von  Dr.  L.  Burmester. 


235 


Brennpunkt  der  Hülfsliyperbel  und  dh  die  Gerade ,  auf  welche  die  Werthe 
sin  V  sin  x  abgetragen  werden.  Hiermit  ist  Alles,  was  wir  zur  Construction 
der  Isophoten  der  Rotationsflächen  nöthig  haben,  vorbereitet. 

Wenn  wir  die  Strahlenrichtung  so  wählen,  wie  sie  gewöhnlich  bei 
technischen  Zeichnungen  angenommen  wird,  dann  wird  die  Hülfsfigur  1^ 
da  Z,  cos  ^  und  sin  v,  sin  x  nie  grösser  als  1  werden,  nur  die  Grösse 
eines  Quadrats  haben,  dessen  Seite  gleich  2  ist,  und  die  Hülfsfigur  1* 
einen  noch  kleineren  Flächenraum  einnehmen.  Es  werden  daher  alle 
Grössen,  die  wir  zur  Construction  gebrauchen,  nie  die  Grenzen  der 
Zeichnenfiäche  überschreiten. 

Nach  dieser  Vorbereitung  sind  die  Isophoten  der  Rotationsflächen 
sehr  leicht  zu  construiren.     Wir  wollen  dies  an  einem  Beispiel  zeigen. 

Es  sei  in  Fig.  1  durch  Grund-  und  Aufriss  eine  Rotationsfläche 
dargestellt,   welche   durch  Umdrehung   einer   ebenen   Curve  MN  erzeugt 


^'■ 

l 

V 

^v 

1 
1 

y 

^-^.. 

\  1 

wird.      Diese   Curve   ist   zugleich    die   Meridiancurve.     Es   sei   TM  eine 
Tangente  im  Punkte  M  an  derselben,   T  der  DuTch8cV\w\U.  \ä\\.  ^^.x  ^x^- 

Zeilschrilt  /.  Malhmtatik  u.  Phyük  Xlll,  3.  V\ 


230  •     lieber  Isophoten. 

jectionsaxe  und  TU  =  sin  v  =  BD  (Fig.  1*);  dann  Ut  UV  =^  sin  v  sinx. 
Diesen  Werth  tragen  wir  auf  cfÄ,  (Fig.  1*")  ab,  so  dass  cfAr,  =  17F=* 
sin  V  sin  T  ist.  Hierauf  ziehen  wir  h^F  und  durch  den  Schnittpunkt  p 
mit  dem  Hauptkreis  die  Hülfsgerade  GG  senkrecht  auf  kF,  Die  Ab- 
schnitte, welche  durch  diese  Gerade  auf  den  Ordinaten  ( — 1,  — 0,9, 
—  0,8,  .  .  .  0  .  .  .  +0,8,  +0,9.,  +1)  entstehen,  geben  uns  die  Werthe 
der  cos  0,  Wir  beschreiben  (Fig.  1)  um  Q  einen  Kreis  S  mit  dem  Radius  1; 
tragen  auf  die  Projection  Z,ß  der  Strahlenrichtung  die  Werthe  der  cos$, 
welche  wir  aus  der  Fig.  1**  entnehmen,  ab.  So  erhalten  wir  die  WinkeH, 
die  auf  dem  Parallelkreis  M„  die  Punkte  bestimmen,  in  denen  die  an- 
genommenen Lichtstärken  auftreten.  In  der  Fig.  1  ist  £)P  =  +0,7c 
(Fig.  !•*),  PR  senkrecht  auf  Zj£),  dann  giebt  der  Durchschnitt  der  Ge- 
raden QR  mit  dem  Parallelkreis  M„  den  Punkt,  in  welchem  auf  diesem 
Kreis  die  Lichtstärke  +0,7  auftritt.  Ebenso  findet  man  die  Punkte  für 
die  anderen  Lichtintensitäten.  In  gleicher  Weise  kann  man  die  Orte 
der  gegebenen  Lichtstärken  auf  einem  anderen  Parallelkreis  N„  finden. 
Diesem  entspricht  in  Fig.  1^  die  Hülfsgerade  G,G,,  Wenn  wir  so  auf 
mehreren  Parallelkreisen  diese  Orte  bestimmen,  dann  erhalten  wir  die 
Projectionen  der  Isophoten  im  Grundriss.  Um  die  Projectionen  im  Auf- 
riss  zu  erhalten,  brauchen  wir  die  gefundenen  Punkte  nur  hinauf  zu 
projiciren.  Eine  Controle  für  die  richtige  Lage  der  Hülfsgeraden  liefern 
uns  die  Abschnitte  derselben  auf  den  Axen;  denn  es  muss  (Fig.  1*') 
ai  =  cot  V  cot  T  und  ol  =  cos  v  cos  z  sein,  und  diese  Werthe  lassen  sich 
auch  leicht  construiren. 

Die  Maximalisophote  (^  =  +  1)  wird  im  Allgemeinen  durch  einen 
oder  mehrere  isolirte  Punkte  repräsentirt;  diese  kann  unsere  bisherige 
Constructionsweise  nur  dann  liefern,  wenn  zufällig  diese  Punkte  auf 
einigen  von  den  beliebig  angenommenen  Parallelkreisen  liegen.  Wir 
müssen  daher  diese  isolirten  Punkte  noch  besonders  zu  bestimmen  suchen. 
Aus  der  Gleichung  1)  folgt  für  ^  =  +  1 

cos  $  =  1 ,     tan  X  =  tan  v. 

Die  erste  Gleichung  zeigt,  dass  die  Projectionen  dieser  Punkte  auf 
der  Projection  der  Strahlenrichtung  liegen,  und  aus  der  zweiten  ergeben 
sich  die  Abstände  dieser  Punkte  vom  Pol.  Um  diese  constructiv  zu 
bestimmen ,  müssen  wir  an  die  Meridiancnrve  Tangenten  ziehen ,  welche 
mit  der  Axe  der  r  den  Winkel  v  bilden.  —  Die  Abstände  der  so  erhal- 
tenen Berührungspunkte  von  der  Axe  der  z  sind  dann  die  Abstände  der 
Grundrissprojectionen  der  isolirten  Punkte  von  dem  Pol. 

In  besonderen  Fällen  können  wir  die  Hülfsgeraden  noch  auf  einem 
anderen  als  auf  dem  oben  angegebenen  Wege  bestimmen.  Nehmen  wir 
an,  es  sei  die  Grundrissprojection  einer  Isophote  gegeben,  deren  Licht- 
stärke ;/*  ist;  dann  können  wir  umgekehrt  durch  die  Punkte,  wo  diese 
Cnrve  die  beliebig  zweckmässig  angenommeneu  Parallelkreise  schneidet, 


Von  Dr.  L.  Burmester.  237 


die  entsprechenden  Werthe  von  cos  $  ermitteln.  Diese  Werthe  tragen 
wir  auf  die  den  Theilpnnkt  m  gebende  Ordinate  ab,  nnd  durch  die 
erhaltenen  Punkte  legen  wir  Tangenten  an  die  Hülfshyperbel^)  (Fig.  1^), 
welche  dann  die  Htilfsgeraden  sind.  Hierauf  verfahren  wir  wieder  wie 
oben  gezeigt  worden  ist  und  bestimmen  die  Übrigen  Isophoten.  Damit 
wir  auf  diese  Weise  unseren  Zweck  vollständig  erreichen,  wird  erfordert, 
dass  die  Projection  der  gegebenen  Isophote  die  Projection  aller  nöthigen 
Parallelkreise  schneide.  Ist  dies  nicht  der  Fall,  so  muss  noch  die  Pro- 
jection einer  zweiten  Isophote  gegeben  sein,  die  wenigstens  durch  die- 
jenigen Kreise  geht,  welche  von  der  erstgegebenen  nicht  getro£Pen 
werden.  Zwei  solche  Isophoten,  die  diese  Forderung  in  manchen  Fällen 
erfüllen  und  sich  oft  durch  die  Eigenschaften  ihrer  Gleichungen  direct 
construiren  lassen,  sind  die  Grenzisophote  und  Typusisophote.  Aus- der 
Gleichung  1)  folgt  für  Z  =  0  die  Gleichung  der  Grenzisophote 

1  4-  /öw  V  .  /"  (r)  .  ro*  ö  =  0 3) 

nnd  für  L  =  cos  v  die  Gleichung  der  Typusisophote 

r  (r)  [f  (0(1  —  '«^^  ^  •  ^os^  e)  —  2  tan  V  C05  ö]  =  0      .     .     4) 

Mit  Hülfe  dieser  Isophoten  kann  man  oft,  selbst  bei  complicirten 
Flächen,  die  Construction  des  ganzen  Isophotensystems  in  einfachster 
Weise  ausführen. 

Ist  z  =  f  (r)  die  Gleichung  der  Meridiancurve  der  durch  irgend 
eine  Curve  erzeugten  Rotationsfläche,  so  ist  z  =  f'{r  —  d)  die  Gleichung 
der  Meridiancurve  der  Kotationsfläche ,  welche  durch  Umdrehung  der- 
selben Curve  im  Abstände  d  von  der  Axe  erzeugt  wird. 

Die  Gleichung  der  Isophoten  dieser  letzteren  Fläche  ist  dann  nach 

Gleichung  1) 

cos  V  -f-  sin  V  ,  f  {r  —  d)  .  cos  $ 

^i  +  crcr-rf)? 

Denken   wir  uns  diese  Gleichung  auf  r  —  d  reducirt,   so   gilt   der 

Satz: 

Bei  den  Grundrissprojectionen  der  Isophotensysteroe 
zweier  Rotationsflächen,  die  durch  dieselbe  Curve  in 
ungleichen  Abständen  von  der  Drehungsaxe  erzeugt 
worden  sind,  ist  die  Differenz  der  gleichgerichteten 
Leitstrahlen  gleich  der  Differenz  der  beiden  Ab- 
stände von  der  Drehungsaxe. 

Haben  wir  nun  die  Grundrissprojectionen  von  dem  Isophotensystem 
einer  Rotationsfläche  fertig  vor  uns,  dann  erhalten   wir  das  System  der 


*)  Dies  kann  leicht  mit  Hülfe  des  Haiiptkrciscs  und  des  Brennpunktes  Aus- 
geführt worden,  ohne  die  Tlülfshyperbel  selbst  zu  consirmTen.  Atv  V\^.  \^  \^V  äa^^«. 
Hyperbel  nur  der  VollatHndigkeit  wegen  construirt. 


238  Ueber  Isophoten. 


*'  .^  ^  ^  ^     ■--,'.*    -    --^-^^     -  ^  ^  r'   •-  *^^  **^-,^-^  ^  .^  ^.  0^  i 


um  d  erweiterten  oder  verengerten  Rotationsfläche,  wenn  wir  BÜmintlicbe 
Lichtfltrablen  jenes  fertigen  Systems  um  d  verlängern  oder  verkürsen. 

In  speciellen  Fällen  können  wir  die  Isopboten  der  Rotationsflächen 
oft  noch  in  einfacherer  Weise  constrniren ,  als  dies  nach  der  allgemeinen 
Methode  ausgeführt  werden  kann.  Wir  wollen  dies  an  den  Isophoten 
der  Kugelfläche  zeigen. 

Die  Gleichung  der  Kugelfläche  in  cylindrischen  Coordinaten  ist 


wenn  q  den  Radius  der  Kugel  bezeichnet. 
Es  ist  dann 

Setzen  wir  diesen  Werth  in  Gleichung  1),  so  wird 


cus  V  ,  j/(i^  —  r^  —  sm  v  ,  r  ,  cos  $ 

1/  =  u) 

Q 

Führen  wir  in  diese  Gleichung  rechtwinkelige  Coordinaten  ein,  so  ist 

r^  =  a:^  +  i/, 

r  cos  $  =  X 
und  dann  ergiebt  sich 


(»•^[1  —  L'\    '    q'II-^L^^cos'v 

Aus  dieser  Gleichung  ersieht  man,  dass  die  Projectionen  der  Isophoten 
der  Kugetflächc  Ellipsen  sind,  deren  Mittelpunkte  auf  der  Projection 
der  Strahlenrichtung  liegen. 

Hieraus  lassen  sich  leicht  einige  Eigenschaften  ableiten,  die  für  die 
Construction  dieser  Ellipsen  von  besonderem  Nutzen  sind.  Bezeichnen 
wir  mit  b  die  grosse  Halbaxe  dieser  Ellipsen,  mit  c  ihre  Excentricität, 
und  mit  m  den  Abstand  der  Ellipsenmittelpunkte  vom  Coordiuatenanfang, 
so  ist 

b  =  ^j/i  _rs 

c  =  qJ/X  —  L^  sin  V , 
m  =  Lq  sin  v. 
Hiernach  ist 

Q^        {q  sin  vY 

Die  Endpunkte  der  grossen  Axen  der  Ellipsen  liegen 
auf  einer  Ellipse,  deren  Halbaxen  q  und  q  sin  v  sind. 
Ferner  ist 

e"^  -\-  m^  =  (q  sin  vY 

Die  Brennpunkte  der  Ellipsen  liegen  auf  einen  Kreise 
vom  Radius  ^  sin  v. 


Von  Dr.  L.  Bürmester 


2311 


Auf  diese  Eigenscliafteii  gründet  sich  eine  sehr  einfache  Conetmction 
der  Isapboten  der  KngelflMche. 

Es  sei  Fig.  2  die  Qnindriss-  nnd  Anfrissprojection  einer  KugelflHcho 
vom  BAdins  p,  welche  von  einem  Strahlen biiudcl  beleuchtet  whd,  dessen 
Richtung  in  Fig.  1"  gegeben  iat,  also  niit  der  :-Axe  den  Winkel  v  ein- 
Bchliesst. 

Fiff.  2. 


V. 

K 

\    ^,«- 

\i^ 

^       X 

Wir  machen  in  Fig.  1'  Äff  =  p  und  bencbreiben  nil  Ffff,  als  Radius 
in  Fig.  2  um  (t  den  KreiB  k'.  Auf  dieeeoi  Kreis  liegen  die  Brennpunkte 
der  Ellipsen.  Die  Punkte  +1  und  —1  sind  die  isolirtcn  runkte_der 
MazimnlienphoLe.  Wir  thcilcn  jede  der  beiden  gleichen  Strecken  0,-^1 
und  Ö,  — i  in  b  ^  10  gleiche  Tbcile.  Die  erhaltenen  Tlieilpunkte  sind 
die  Mittelpunkte  der  elliplischi^n  Isophoten,  welche  den  Lichtstärken  -|-0,f), 
+  0,8  .  .  .  ,  0  .  .  .  —0,8,  —0,9  entsprechen.  Wollen  wir  nnn  eine  Iso- 
phote,  z.  B,  die  der  Lichtstärke  +0,8,  cnnetruireo,  so  ziehen  wir  durch 
+0,8  eine  Gcmde  auf  oL  scnkreclil.  1>i«Hc  ist  dann  die  Axe  der 
lüUipsfl;  wo  sie  den  Kreis  K  schneidet,  liegen  Kai  Vax  4ve  fttftWB'^M.'^iJÄ 


240  lieber  Isophoten. 

b  and  ^,.  Uieranf  ziehen  wir  durch  b  den  Radios  oc  und  cd  parallel 
der  Axe  oL^ ,  so  ist  d  der  eine  Endpunkt  der  grossen  Axe.  Wir  haben 
hiernach  den  Mittelpunkt,  die  Brennpunkte  und  die  grosse  Axe  der 
Ellipse  und  somit  Alles,  was  zur  einfachsten  Construction  der  Ellipse, 
resp.  der  Isophoten  der  Kugelfläche,  nöthig  ist. 

Ganz  so  wie  im  Grundriss,  können  wir  bei  der  Kugelfläche  auch  im 
Aufriss  ^die  Construction  ausführen,  wenn  wir  von  dem  Hinaufprojiciren 
keinen  Gebrauch  machen  wollen.  In  der  Fig.  2  sind  die  Projectionen 
der  Isophoten  der  Lichtstärken -(-!»  4"ö»^i  +0,5  und  —0,5,  —0,8,  — 1, 
im  Grundriss  und  Aufriss  dargestellt. 

Die  Isophoten  der  Kugelfläche  können  auch  als  Fundament  einer 
zweiten  Isophotenconstrnction  der  Rotationsflächen  dienen. 

Für  die  Kugel  ist 


-2  ' 


wenn  q  den  Kugelradius,  Tj^  den  Radiusvector  bezeichnet. 
Diesen  Werth  in  die  Glcicliung  2)  gesetzt  giebt 

g  cscv               cotv,  j/g^  —  rn'  „. 

cos  9  = '^H ....     7) 

Dies  ist  die  Gleichung  für  die  Isophoten  der  Kngelfläche. 
Aus  der  Gleichung 

folgt,  wenn  wir 

f  (r)  =  tan  x 
setzen, 

r^  =  Q  sin  T. 

Haben  wir  an  die  Meridiancurvc  einer  Rotationsfläche  Fig.  1  in  Af 
eine  Tangente  MT  gezogen,  welche  mit  der  Axe  des  r  den  Winkel  t 
bildet,  so  erhalten  wir  aus  7)  die  Werthe  der  Winkel  ö,  welche  auf  den 
Parallclkreis  MM^  die  Punkte  gegebener  Lichtstärken  bestimmen. 

Um    die   Werthe   der   ö   zu    erhalten,    construiren    wir    den    Werth 

Tjf  =  ^  sin  T.     Es  sei  in  Fig.  2    der  Radius   der   dargestellten   Kugel   p, 

MT  eine  zu  MT  parallele  Tangente;  so  ist,  wenn  wir  Mq  parallel  der 

Projectionsaxe  ziehen, 

M'q  =  r^  =  Q  sin  r. 

Mit  M'q  beschreiben  wir  um  o  im  Grundriss  den  Kreis  JK',  Die 
Durchschnitte  a,  ß.,..  dieses  Kreises  mit  den  Isophoten  der  Licht- 
stärken 0,8,  0,5 ....  verbinden  wir  mit  dem  Mittelpunkt  o.  Diese  Ver- 
bindungslinien schliessen  dann  mit  oL  die  Winkel  0  ein,  welche  den 
genannten  Lichtstärken  entsprechen.  Ziehen  wir  (Fig.  1)  Ö0,8  parallel 
oa  (Fig.  2),  80  ist  der  Schnittpunkt  0,8  dieser  Geraden  mit  dem  Parallel- 
kreis   der    Rotationsfläche    der    Ort    der  Lichtstärke   0,8.      In    gleicher 


Von  Dr.  L.  Burmkster;  241 


Weise  kann  man  dte  Punkte  der  anderen  gegebenen  Lichtstärken  be- 
stimmen. 

Diese  zweite  Construction ,  mit  Benutzung  der  sogenannten  Kugel- 
skala, ist  schon  von  einigen  Autoren  ausgeführt  worden.  Wir  haben 
dieselbe  nur  der  hier  angegebenen  leichten  Ableitung  wegen  mit  an- 
geführt. Diese  Construction  wird  ungenau,  wenn  der  Radius  des  Parallel- 
kreises  (Ä^  Fig.  2)  sich  dem  Radius  der  Kugel  nähert,  und  ohne  Aufriss- 
projection  ganz  unbrauchbar,  wenn  er  gleich  demselben  wird.  In  diesem 
Falle  liefert  aber  die  erste  Construction  mit  Benutzung  der  Linieuskala 
die  schärfsten  Schnitte;  denn  im  Grenzfallo  werden  dort  die  Hülfs- 
geraden  gg  Asymptoten  der  Ilülfshyperbel.  Ein  anderer  Vorthcil  besteht 
darin,  dass  wir  bei  der  Linienskala  durch  gerade  Linien  unseren  Zweck 
erreichen,  während  wir  bei  der  Kugelskala  viele  Ellipsen  gebrauchen. 

Die  Isophoten  der  Schraubenflächen. 

§  3. 

Die  Schnittcurve ,  welche  eine  durch  die  Drehungsaxc  golcgte  Ebene 
mit  einer  Seh  rauben  fläche  bildet,  wollen  wir,  wie  bei  den  Rotations- 
flächen, auch  hier  Meridian curve  nennen. 

Ist  nun 

.  =  f{r) 

die  Gleichung  dieser  Meridiancurve,  so  ist  die  allgemeine  Gleichung  der 
Schraubenfläche,  welche  durch  eine  einfach-  oder  doppeltgckrtimmte 
Curve  erzeugt  wird,  deren  Drehungsaxe  in  der  z-Axe  liegt,  in  cylin- 
drischen  Coordinatcn 

^  ==  y  .  ö  +  f(f). 

Die  constante  Grösse  y  wollen  wir  den  Ilauptparametcr  der 
Schraubenflächen  nennen.  Für  y  gleich  Null  gehen  die  Schraubenflächen 
in  Rotationsflächen  über. 

Aus  dieser  Gleichung  folgt 

dz  _ 
do  ~  ^' 

Setzen  wir  diese  Wcrthc  in  die  allgemeine  Gleichung  VI.,  so  wird  zu- 
nächst 


Y 
lau  (0  =   - 


und 


242  Ueber  Isophoten. 


:i 


cos  V  -^  sinv.J/  [/*' (r)]*  +  ^  •  cos  (0  -f"  ^) 
L  = _'__,_.,._.__,^^^ .     .     1) 


/ 


i  +  [rwp  +  ^ 


Diese  allgemeine  Gleichung  der  Isophoten  der  Schraubenflächen 
hat  ganz  die  Form  der  Gleichung  1)  (§  2).  Die  Construction  der  Iso- 
photen der  Schrauben  flächen  kann  demnach  ganz  in  derselben  Weise 
wie  bei  den  Rotationsflächen  ausgeführt  werden.  Dieselbe  Uülfsfigur  (1^) 
kann  in  unveränderter  Gestalt  auch  bei  den  Schraubenflächen  Anwen- 
dung finden;    ebenso  auch  die  Kugelskala  (Fig.  2).     Wir  brauchen   nur 

die  Werthe  1/  [/'  (r)]'  -}"  i  "'^^  In'  \  2"  construiren ,  was  mit  Leich- 
tigkeit geschehen  kann,  wenn  der  Werth  f'{r)  zu  ermitteln  ist.  Die 
Construction  der  Isophoten  der  Schrauben  flächen  ist  hiernach  auf  das 
Problem  der  Tangontenziehung  an  die  Meridiancurve  der  Schrauben- 
flache  zurückgeführt. 

Eleganter  gestaltet  sich  noch  die  Gleichung  1) ,  wenn  wir  den  Werth 

7 


tan  w  =        , 


substituiren ,  dann  ist 


/ 


f 


rrw]'  +  2  =-   T  - 


folglich 


Y 
cos  V  +  5m  V  • •  cos  (ö  +  «) 

L-  ,     /-"""         . ....     2) 


r  '     \r  sm  tat 


Auch  nach  dieser  Gleichung  kann  die  Construction  der  Isophoten 
der  Schrauben  flächen  mit  Benutzung  der  Figur  1*»  in  derselben  Weise, 
wie  bei  den  Rotationsflächen  ausgeführt  werden.  Wir  haben  statt  f  (r)  hier 

y 

-    . —  und  statt  cos  0  hier  cos  (0  4-  to), 
r  sin  (o  \     I       / 

Geometrisch  bedeutet  w  den  Winkel  zwischen  Radiusvector  und 
Normale  der  Schnittcurve 

2  =  0 

und  r  sin  a  den  Abstand  dieser  Normale  vom  Pol. 

Hiernach  ist  die  Construction  der  Isophoten  der  Schraubeufläche  auf 
das  Problem  des  Tangentenziehens  an  die  Schnittcurve  zurückgeführt, 
welche  die  Grundriss- Ebene  mit  der  Schrauben  fläche  bildet.  Um  die 
Construction  der  Isophoten  der  Schraubenflächen  im  Grundriss  auszuführen, 
constrüirt  man   die  Schnittcurve   des   Grundrisses  —  die   überhaupt   bei 


} 


Von  Dr.  L.  BiiRMESTER.  243 


einer  Darstellung  einer  Schraubenfläche  nicht  fehlen  darf  —  und  beschreibt 
einen  Kreis  vom  Radius  r  um  den  Pol.  Im  Punkte,  wo  dieser  Kreis 
die  Schnittcurve  tri£Pt,  ziehen  wir  die  Tangente  resp.  Normale  derselben. 
Dann  haben  wir  den  Winkel  w.  Diesen  legen  wir  mit  einem  Schenkel 
an  die  Axe  der  Polarcoordinaten ,  so  bildet  der  andere  Schenkel  den 
Anfang  für  die  Zählung  des  Winkels  ö.  Um  nun  cos  (ö  -f-  w)  zu  be- 
stimmen ,  verfahren  wir  ganz  wie  bei  den  Rotationsflächen ,  indem  wir 
analog 

y 

r  5fw9 
setzen. 

Die  Construction  der  Isophoten  der  Schrauben  flächen  unterscheidet 
sich  von  der  Construction  der  Isophoten  der  Rotationsflächen  nur  dadurch, 
dass  bei  diesen  der  Winkel  9  beständig  von  der  Projection  der  Strahlen- 
richtung, bei  jenen  aber  von  einer  mit  r  veränderlichen  Anfangsrichtung 
ausgezählt  wird ,  welche  mit  der  Projection  der  Strahlenrichtung  den 
durch  r  bestimmten  Winkel  ca  einschliesst.  Haben  wir  so  auf  beliebig 
vielen  um  den  Pol  concentrisch  beschriebenen  Kreisen  die  Punkte 
gegebener  Lichtstärken  bestimmt,  so  geben  diese  die  Projectionen  der 
Isophoten  im  Grundriss.  Da  diese  concentrischen  Kreise  die  Grundrlss- 
projectionen  von  Schraubenlinien  sind,  welche  auf  der  Schranbenfläche 
Hegen,  so  erhalten  wir  durch  Hinaufprojiciren  die  Projectionen  der  Iso- 
photen im  Aufriss. 

Um  das  Isophotensystem  der  Schraubenfläche  vollständig  zu  erhalten, 
müssen  wir  noch  der  isolirten  Punkte  der  Maximalisophote  gedenken, 
welche  unsere  Construction,  wie  schon  bei  den  Rotationsflächen  gesagt, 
nur  zufällig  liefern  kann. 

Es  wird  Z^  =  +  1 ,  wenn  in  Gleichung  2) 

=  tan  V 

r  sin  00  \ a) 

cos  (ö  -f-  w)  =  1 

ist.     Aus  der  ersten  Gleichung  folgt 

y 

/*  sm  0}  =        —  • 
fan  V 

Um  nun  die  Orte  der  Lichtstärke  Z  =  +  1  zu  bestimmen,  müssen  wir 
hiernach  die  Normale  der  genannten  Schnittcurve  zu  construiren  suchen, 

y 

deren  Abstand  vom  Pol    ist;  dann  ist  o)  bekannt  und  hierdurch  sind 

tan  V 

es   auch   r,  ö,    die   Coordinaten    der   isolirten    Punkte.     Die   Bestimmung 

dieser  Normale  ist  aber  im  Allgemeinen  nicht  leicht.    Wir  müssen  daher 

diene  Punkte  theils  durch  Rechnung,  theils  durch  Constructioti  vi  ^x\sä\.\.^tw 

suchen.  * 


244  Ueber  Isophoten. 

Aus  den  beiden  Gleichungen  a)  folgt  auch ,  wenn  wir  für  ian  o»  den 
Werth  — :^/  r  setzen 

y 


r  sin  0  =  — 

tanv 


b) 


Aus  der  ersten  dieser  beiden  Gleichungen  folgt  der  Satz: 

Die   isolirten  Punkte   der  Maximalisophote   liegen    bei 
allen  Schraubenflächen  auf  einer  .Geraden,  welche  im 

Abstände der   Grund  rissprojection   der  Strah- 

tan  V  IT      .r 

lenrichtung  parallel  ist. 

Aus  der  zweiten  Gleichung  ergiebt  sich  der  Abstand  dieser  Punkte 
vom  Coordinatenanfang,  wenn  wir  dieselbe  auf  r  reduciren.*) 

Wir  wollen  hier  beispielsweise  einige  specielle  Fälle  betrachten : 
1)  Die  Isophoten  der  schiefen  Schraubenfläche  (Schraube 
mit  scharfem  Gewinde) 

2  =  y ö  -[-  ar. 

Diese  Gleichung,  in  der  a  die  Cotangente  des  Winkels  bedeutet, 
welchen  die  erzeugende  Gerade  mit  der  Drehungsaxe  eiuschliesst ,  geht 
in  die  Gleichung  der  geraden  Schraubenfläche  (Schraube  mit  flachem 
Gewinde)  über,  wenn  «  =  0  ist. 

Es  ist  hier 

r(r)  =  « 

7 
tan  CO  = 

r  ,a 
Die  Gleichung  der  Isophoten  dieser  Fläche  ist  dann  nach  Gleichung  1)  d.  § 

7/  P 

cos  V  -f-  *"'  ^  1/    ^'^  ~|"  ~  2   ^^^  (^    "}"   ^ 

L  = z—     - , — .     .     .     .     of) 


•//l  +  «'+^ 


Da  nun   die  Werthe 

^      und 


mit  Leichtigkeit  construirt  werden  können,  so  ist  auch  die  Construction 
dieser  Isophoten  einfach. 

Setzen  wir  in  die  Gleichung  et)  für  ©  seinen  Wcrth,  so  wird 


*)  Giebt  diese  Gleichung,  auf  r  reducirt,  nur  einen  Werth  für  r,  so  hesteht 
selbe tvcrstäüdlicb  die  Afaximalisophote  nur  aus  einem  lüoUrteu  Punkt. 


Von  Dr.  L.  Bürmester.  245 


V  -\-  sin  V  la  cos  ö  ^-  —  •  sin  0  ) 


cos 

2/= _    ^z^_^^^=r^ ß) 

/  .     .       .    .    y^ 

\2 


^     1  +  «'  + 


r' 


Denken  wir   uns   diese  Gleichung  auf       reducirt,  so  gilt  der  Satz: 

Die   Leitstrahlen   der  Grundrissprojeetionen   von    den 
Isophoten  der  Schraubenfläche 

z  =  y$  "^  av 
sind  dem  Hauptparameter  y  proportional. 
Wenn  wir  also  das  Grundrissisophotensystem  einer  dieser  Schrauben- 
flächen  vom  Hauptparameter  y^   fertig  vor   uns   haben,    so  können   wir 
das  System  einer  anderen,  deren  Hauptparameter  ^j  ist,  leicht  mit  Hülfe 
dieser  Proportionalität  construiren. 

Für  L  =  0  erhalten* wir  die  Gleichung  der  Grenzisophote 

ysinv,  sin  $ 
cos  V  4"  (isinv.  cos  0 
Die  Grenzisophote  geht  hiernach  stets  durch  den  Pol  und  erstreckt  sich 
in  die  Unendlichkeit,  wenn  asinv^  cos  v  ist.    Für  den  besonderen  Fall 

a  sin  V  =  cos  v  wird 

r  =  y  tan  v  .  lan  ^$, 

Aus  der  zweiten  der  beiden  Gleichungen  b)  folgt 

yian^  V  —  a^ 
wodurch  auch  die  Maximalisophote  mit  Berücksichtigung  der  ersten  der 
Gleichungen  b)  bestimmt  ist. 

Die  Lichtintensität  Z  =  4:  1  kann   also  nur  auf  dieser  Schrauben- 
fläche auftreten,  wenn  tanv'^a  ist. 

2)  Die  Isophoten  der  logarithmischen  Schraubenfläche 

2  =  yö  -j-  ^^(r)' 

Diese  Gleichung,  in  welcher  a  eine  Constante  bedeutet,  geht  für  a  =  0 
auch  in  die  Gleichung  der  geraden  Schraubenfläche  über. 
Es  ist  dann 

•  y 

tan  M,  =  —  • 
a 

Aus  der  Gleichung  1)  d.%§  folgt  hier  die  Gleichung  der  Isophoten 

dieser  Fläche 

r  y*  "l~  ^^  • 

cos  V  -f-  sin  V .  —^ — cos  (0  -f-  w,) 

l  = 


/i  +  ö:z 


246  lieber  Isophotcn. 


Da  der  Winkel  cd  constant  ist  und  die  Werthe 

—     und     -^ 

a  r 

sehr  leicht  construirt  werden  können,  80  ist  auch  die  Construction  der 
Isophoten  dieser  Fläche  einfach. 

Aus  der  Gleichung  dieser  Isophoten  folgt  der  Satz: 

Die  Grundrissprojectionen  der  Isophoten  der  logaritb- 
mischen  Schraubenfläche 

2  ==  yö  -f-  ol{r) 
und  des  Rotationslogarithmoids ''^) 

z  =  yy^  +  a^.l{r) 
sind  congruent,   und   unter  dem  Winkel  <o^   gegen   ein- 
ander gedreht,  wenn  diese  beiden  Flächen  von  gleich- 
gerichteten Strahlenbündeln  beleuchtet  werden. 

r 
Denken  wir  uns  die  Gleichung  dieser  Isophoten  auf    /  ^    ,      ^  redu- 

cirt,  so  ergiebt  sich  der  Satz: 

Die  Leitstrahlen   der  Grundrissprojectionen   von   den 
Isophoten  der  Schraubenflächen 

z  =  y$  -\-  al{r) 

sind  der  Grösse  j/y'^  -j-  «^  proportional. 
Selbstverständlich  gilt  dies  auch  von  der  Rotationsfläche 

Mit  Hülfe  dieser  Proportionalität  können  wir  sehr  leicht  die  Isophoten- 
systeme  aller  Flächen  dieser  Gattung  construiren,  wenn  wir  das  Iso- 
photensystem  einer  dieser  Flächen  fertig  vor  uns  haben,  und  uns  nar 
den  Parameter  y  veränderlich  denken. 

Die  Gleichung  der  Grenzisophote  dieser  Flächen  ist 

r  =  tan  v  .  ^/y^+  «^  .  cos  (ö  -\-  €0^), 

Dies  ist  die  Gleichung  eines  Kreises,  der  durch  den  Pol  geht 

und  dessen  Durchmesser  gleich  fa«  v  j/y^ -f"  a^  ist. 
Die  Gleichung  der  Typusisophote  ist 

/f+:^  =  0.  I 

r  •  j 

Die  Curve  der  ersten  Gleichung  lässt  sich  leicht  direct  construiren.  Sie 
geht,  wenn  tan  v  ^  1,  durch  den  Pol   und  erstreckt  sich  mit  zwei  sym- 


*)  Wir  bezeichnen  die  Rotationsfläche,  welche  durch  ITradrehung  der  logarith- 
miscben  Linie  (z  =  ai(r)  -f-  ^)  entsteht,  mit  dem  Namen  Rotationslogarithmoicl« 


Von  Dr.  L.  BüRMESTER.  247 

metrischen  Zweigen  in  den  unendlich  grossen  Kreis,  welchen  die  zweite 
Gleichung  repräsentirt. 

Für  den  besonderen  Fall  tan  v  =  1  wird 

Dies  ist  die  Cissoide  des  Diokles. 

Aus  der  zweiten  der  beiden  Gleichungen  b)  d.  §  ergiebt  sich 

tanv 

Hierdurch  ist  die  Maximalisophote  mit  Beachtung  der  ersten   der  Glei- 
chungen b)  bestimmt. 

3)  Die  Isophoten  der  geraden  Schranbenfläche 

z  =  yö. 
Di^se  Fläche  ist,  wie  schon  gesagt,  der  specielle  Fall  a  =  0  von 
der  eben  betrachteten  Fläche.  Es  wird  aber  für  die  Folge  von  beson- 
derem Nutzen  sein,  wenn  wir  auf  die  Isophoten  dieser  Schrauben  fläche 
specieller  eingehen.  Je  nachdem  y  negativ  oder  positiv  ist,  erhalten 
wir  die  rechts  -  oder  linksgängige  Schraubenfläche.  Wir  wollen  der  Be- 
stimmtheit wegen  y  negativ  nehmen.-  Dann  ist  die  Gleichung  der  rechts- 
gängigen Schraubenfläche 

2  =  —  yö. 
In  diesem  Falle  ist 

ö,  =  _  ^0»; 

folglich  die  Gleichung  der  Isophoten  dieser  Fläche 

y 

COS  V  -f-  51  w  V  •  —  •  sin  $ 

r 

L=  — 


y-+% 


Diese   Isophoten  lassen  sich   wegen   des   einfachen  Werthes  —  mit 

grösster  Leichtigkeit  nach  der  für  Rotationsflächen  angegebenen  Methode 
construiren.  Da  die  Lichtstrahlen  r  dem  Parameter  y  proportional  sind, 
so  kann  man  nach  einem  fertigen  Isophotensystem  einer  dieser  Schrauben- 
fläche die  Isophotensysteme  aller  Flächen  dieser  Gattung  sehr  leicht 
mit  Benutzung  dieser  Proportionalität  construiren. 
Aus  der  Gleichung  dieser  Isophoten  folgt,  da 

sin  0  =  cos  (90®  —  0) 

ist,  dass  das  ganze  Isophotensystem  im  Grundriss  von  der 
durch  den  Pol  gehenden  auf  der  Projection  der  Strahlen- 
richtung senkrecht  stehenden  Geraden  symmetrisch  getheilt 
wird. 

Die  Gleichung  der  Grenzisophote  ist 

/, 


248  Ueber  Isophoten. 

r  =  —  y  tan  v  .  sin  9. 
Die   Grnndrissprojection    der   Grensisophote    ist    ein    durch 
den  Pol  gehender  Kreis,  dessen  Radins  gleich  y  tan  v  ist. 
Die  Gleichung  der  Typusisophote  ist 

y  ,       y  tanv    ,    . 

r  =  -— ^ —  csc^  —  -  ^ —  sm  9 
2tanv  2 

r 

Diese  Curve,  welche  aus  zwei  Theilen  besteht,  ist  schon  S.  247  be- 
sprochen. Die  Maximalisophote  wird  durch  einen  isolirten  Punkt  reprä- 
sentirt,  dessen  Coordinaten 

r  =  — ^— 
tan  V 

sind. 

Die  Isophoten  der  Conoidflächen. 

§4- 

Die  allgemeine  Gleichung  der  Conoidflächen,  welche  durch  eine 
Gerade  erzeugt  werden,  die  senkrecht  au  einer  festen  Geraden  und 
zugleich  an  einer  Curve  hingleitet,  ist  in  cylindrischen  Coordinaten,  wenn 
wir  die  feste  Gerade  zur  t-Axe  nehmen 

Hiernach  ist 

dz       ^       dz        ^  ,^. 

und  diese  Werthe  in  die  Gleichung  V.  gesetzt,  wird 

cos  V  —  sinv  '  — ^-^  •  sin  9 


/.  +  [«]■ 

Dies  ist  die  allgemeine  Gleichung  der  Isophoten  der  Conoidflächen. 

Denken  wir  uns  diese  Gleichung  auf     — -  reducirt,  so  ergieht  sich  der 

Satz : 

Die  Leitstrahlen    der  Grundrissprojectionen   von   den 
Isophoten  der  Conoidflächen  sind  der  Grösse  /*'(ö)  pro- 
portional. 
Wir  können  daher  nach  dem  fertigen  Isophotensystem  der  einfachsten 
Conoidfläche,   der  geraden   Schraubenfläche,    die   Construction   der  Iso- 
photen  aller   construirbaren  Conoidflächen   ausführen ,    wenn    der  Werth 
/'{(i)  ermittelt  werden  kann. 


Von  Dr.  L.  Bürmester.  249 


Setzen  wir 


80  ist 


/•'(«)  ^ 


cos  V  +  siti  V  '  ~  '  sinO 


Dies  ist  die  Gleichung  des  Isophotensystems  der  geraden  Schranben- 
fläche  oder  des  um  90^  gedrehten  Isophotensystems  des  Rotation sloga- 
rithmoids.  Um  nun  die  Isophoten  der  Conoidflächen  zu  construiren, 
ziehen  wir  im  Grundriss  des  Isophotensystems  der  geraden  Schranben- 
fläche  einen  Leitstrahl  unter  einem  Winkel  0  durch  alle  Isophoten.  Die 
Dnrchschnittspunkte  geben  uns  die  Werthe  der  Qi,  welche  den  Licht- 
stärken der  durchschnittenen  Isophoten  entsprechen;  dann  ist 

und  somit  haben  wir  auf  diesem  Leitstrahl  die  Punkte  jener  Lichtstärken 
auf  der  Conoidfläche  bestimmt.  Wiederholen  wir  dieses  auf  mehreren 
Leitstvahlen ,  so  erhalten  wir  alle  Punkte,  welche  verbunden  das  Ißo- 
photensystem  der  Conoidflächen  liefern. 

Da  fllr  den  Leitstrahl  des  hellsten  Punktes  der  geraden  Schrauben- 
flächo  0  =  90^^  ist,  so  liegen  auch  die  Punkte  der  Maximaliso phote  aller 
Conoidflächen  auf  einer  senkrecht  zur  Grundrissprojection  der  Strahlen- 
richtnng  durch  den  Pol  gehenden  Geraden. 

Denken  wir  uns  den  Durchschnitt  der  Conoidfläche  z=  f{$)  mit  der 
Fläche  des  Kreiscylinders ,  dessen  Radius  1  ist  und  dessen  Axe  in  der 
r-Axe  liegt,  von  dem  Oylinder  abgewickelt  und  in  einer  Ebene  aus- 
gebreitet, so  ist  z  =  f($)  die  Gleichung  dieses  Schnittes  in  rechtwin- 
keligen Coordinaten. 


Kleinere  Mittheilungeii. 


X.    Bemerkungen  über  einige  bestimmte  Integrale.    Setzt  man  zur 
Abkürzung: 

.  /  cos  (z^  u^)  Csin  {z^  u')  _ 

0  0 

80  findet  man  leicht: 

op  qp 

""  Yi  &z  "^  ^  =Jsi'ri(z^  11^)  du,      27  äf"  ^  '^  =J^os  (z^  ti«)  du, 
oder: 

Multiplicirt  man  die  zweite  der  vorstehenden  Gleichungen  mit  i  =  y — h 
addirt  das  Product  zur  ersten,  so  folgt: 

Die  vorstehende  Gleichung  mit  tr  '  multiplicirt,  giebt: 

HP  ±  ?»;)  '^1 = _  (1  _ ,)  ^ « ,='/. 

n 
I)a  nun   nach  1)  (p)z=o  =  ^ ,  {q)zz=zQ  =  0,   so    folgt   durch   Integration 

nach  z\ 

P  +  V  =  J  "-  "•■  -  (1  -  O/Ife-  (='  -  "')  '•  du. 

ü 

Aus  dieser  Gleichung  leitet  man  unmittelbar  die  beiden  folgenden  ab: 


j  2 

p  =    -  COS  (t^)  +  jK  2  /  ^''  ^^^  ~  "^^  ^^"  ~r     2  f  ^^^  ^^^  ""  "'^  ^" ' 
3)  " 


u  u 


Kleinere  Mittheilungen.  251 


^^•^-^  ^  -•  -  -►^.r'^.^. '_-•_»  ^.^^  ^  ^  ^  - 


Setzt  man  in  den  Integralen  rechts  zu  statt  u,  so  folgt: 

1 

2(p  —  ^)  =  TT  {coä(z^)  +  ÄiVi  {f))  —  2zj/27t  jcos  z^  (1  —  u^)  du, 

ü 
nnd  hieraus: 


X 


du. 


4)  2J (,p—q)du=nj cos{u^)du  +  n  j sin{u'^du—}/2^J^^ 

0  0  ü  0 

Die  Gleichungen  2)   respective  2/7,  2q  multiplicirt  und  addirt  geben: 
Diese  Gleichung  nach  z  integrirt  giebt: 

y « 

p^  +  y' = (f )' + 2  /f /(p  -•  y)  ^«- 

u 
Setzt  man  links  Air  p  und  9   ihre  Werthe   aus  3)   und   ftir  das  Integral 
rechts   den   in   4)  aufgestellten  Ausdruck,   so   erhält  man    nach    einigen 
sehr  einfachen  Reductionen: 

I  jcos  (z2  —  w^)  ^M  [  +  {  fsin  {z'  -  u^)  du  \  =  f-"^~^^^  ^w, 
oder  auch  j/2    statt  z  gesetzt: 

I  _/L ,  (,  _ ..) ..  \'+  [jl = (.  _ .  V.  f+jH^L^^ 

Durch  Entwicklung  der  Integrale  folgt  für  2z'=^x: 

^,     2n  —  r  1.  3.  5  .  .7(4 w  —  3)  * 

Die  durch  p  und  q  bezeichneten  Integrale  stehen  mit   den  beiden  Inte- 
gralen : 

op  00 

jcosiu^  «--221/  2iu,     jsin(y)  e~2^"  du 
S  5 

in  nahem  Zusammenhang,   was   sich   leicht  direct  auf  folgende  Art  dar- 
thun  lässt.     Setzt  man  in  den  beiden  Integralen: 

j/^  =fcos{fv'^)  drv,  j/ J  =  JsinW)  dw 
IT  =  M  +  ^»  so  folgt: 

Zeitiehri/i  f,  Maihemätik  u.  Phyiik  XIH,  8,  \^ 


252  Kleinere  Miitheilnngeti. 

1/    -  =    I  cos  (u^  '\-  v"^  -{-  2uv)  dv  =  2  I  cos  (m'  -f-  t;^)  cos2uv  dv^ 

l/-|^  =    /äiw  (w^  +  t;'^  +  2uv)  dv  =  2  1  sin  (ti^  +  v^)  cos  2up  dv, 

—ho  0 

Die  erste  der  vorstehenden  Gleichungen  multiplicire  man  mit  cos  (ti^), 
die  zweite  mit  sin{u^)  und  bilde  die  Summe  der  Prodncte;  ferner  mnl- 
tiplicire  man  die  erste  Gleichung  mit  sin{u^)y  die  zweite  mit  cosiw^)  und 
bilde  die  Differenz  der  Prodncte,  hierdurch  ergeben  sich  die  Gleichungen: 

/—  9P 

{cos  (u^)  +  sin  {u^)}y^  =  2  jcos  (v^)  cos  2uv  dv, 


0 


{fo*(ti^)  —  sin  {u^)}J/  ^  =  2   I  sin  {v^)  cos2uv  dv. 
Diese  Gleichungen  geben: 

2  /  lcos(v^)cos2uve''^^''dudv=j/^  j\cos{u^)  +  sin{u^))  e-^"  du, 

0     Ö  0 


OOOO  .-_    cx> 


2  I  lsin{v^)cos2uve-'^^''dudv=j/'^  j {cos(u^)  —  sin{u^)}  e-^-""  du. 

0     0  u 

Integrirt  man  in  den  Doppelintegralen  links  zuerst  nach  t/,  so  folgt: 

Ü  0  0 

ü  U  Ü 


Setzt  mau  hierin  hz  statt  z,  so  ergeben  sich  die  Gleichungen: 

.2> 


<»  OO 


f) 


L  ai,  =  z  j/^  ({cos  (k*)  +  sin  («")}  e-  26  z«  ^„^ 


/6  cos  («' 

0 


rUÜL^)    ai.  =  z  j/|  /"{eo.  (i.^)  -  sin  (O}  ^-2*  ^"  du. 

0 

Aus  diesen  Gleichungen  lassen  sich  andere  ableiten,  in  welchen  cos{u^) 
und  sin  (w^)  unter  dem  Integralzeichen  mit  ähnlichen  Functionen  von  u 
multiplicirt  erschoinen. 


Kleinere  Mittheilnngen.  ^53 

Nimmt  man  in  den  Gleichungen  5)  6  =  — n ,  mnltiplicirt  mit 

( —  1)"""^»  legt  n  alle  ganzzahligen  Werthe  von  1  bis  oc  bei,   so  giebt 
die  Sammation  der  Integrale,  mit  Rücksicht  auf: 

2w  — 1 


y.  (-  ir- 


die  beiden  Relationen: 

0 

0 

1 
Für  «  =  ~.=  geben  die  vorstehenden  Gleichungen : 

yn 


(6 


00  00 


{1/2-1)       --  -V-^      a„=  /_        ^.  ^       an. 

0  '  0  ' 

Setzt  man: 

J    e'u^g-xu  ^  "-  >  J    gtU  ^  g-lU 

0  u 

so  geben  die  Gleicbnngen  6)  durch  Division  die  Fnnctionalgleichung : 


Schliesslich  sei  noch  bemerkt,  dass  die  Gleichungen  6)  sich  auch  direct 
herleiten  lassen,  wenn  man  die  bekannte  Gleichung: 


cos  —  <^ 
^^-    -.-     dv  =  2z    I  — 


1  /  2  «  ^  /  COS  2  UV 


e"-  +  e~  ^     "*  « 

mit  cof  (ti^  ^M,  wVi  (m^)  du  mnltiplicirt  und  nach  u  zwischen  den  Grenzen 
— oo  und  +00  integrirt. 

Oöttingen.  Dr.  Ennepek. 


\^^ 


254 


Kleinere  Mittheilang6A. 


XL    Ableitung  der  Partialbraeh-  nnd  Produkt -Entwickelnngen  far  die 
trigonometrischen  Funktionen.     Von   Prof.  Dr.  Schröter   zu  Breslau. 

Die  Partialbruch-Entwickelnngen  der  trigonometrischen  Funktionen 
coig  X  nnd  cosec  x  werden  gewöhnlich  aus  den  Produktentwickelungen 
und  diese  aus  dem  allgemeinen  Multiplikationstheorem  der  Trigono- 
metrie, d.  h.  aus  dem  algebraischen  Ausdruck  von  sin  nx  durch  sin  x 
hergeleitet;  dabei  bedarf  man  des  Fundamentalsatzes  der  Algebra,  der 
eigentlich  mit  der  Trigonometrie  weiter  nichts  zu  thnn  hat,  nämlich  des 
Nachweises,  dass  jede  rationale  ganze  Funktion  sich  in  lineare  Faktoren 
zerlegen  lasse  u.  s.  w.  Dieser  beträchtliche  Apparat  von  Formeln  und 
Hülfsbetrachtungen  kann  ersetzt  werden  durch  die  einzige  trigono- 
metrische Formel  fiir  die  Verdoppelung  des  Winkels,  aus. welcher,  wie 
es  scheint,  in  der  elementarsten  Weise,  sowohl  die  Entwickelnngen  der 
trigonometrischen  Funktionen  in  Partialbrüche,  als  auch  in  Faktoren- 
folgen hervorgehen ;  ein  schliesslicher  üebergang  zur  Grenze  ist  natürlich 
hier  wie  dort  unentbehrlich,  aber  bei  beiden  Arten  der  Herleitung 
durch  ganz  dieselben  Betrachtungen  ausführbar.  Da  sich  der  ange- 
deutete elementarere  Weg  für  Zwecke  des  Unterrichts  besonders  em- 
pfiehlt, so  sei  es  gestattet,  ihn  hier  mitzutheilen. 

Wir  gehen  von  der  bekannten  trigonometrischen  Formel  aus: 
(10  cigx  =  —  Utg  2   +  ctg  — ^ — \ 

und   zerlegen  jede  der  beiden  dg  auf  der  rechten  Seite  mit  Hülfe  der- 
selben Funktionalgieichung  (I.)  in  die  Summe  zweier  neuen,  also: 


1    [        X 
o:  =  -  }^cig  - 


clg  X    =    —r- 


+  ctg 


X  -\-  n 


+  cig 


X  -f-  2n 


4-  cfg 


a:  +  3 


1 


Wegen  der  Eigenschaft  der  Periodicität: 

ctg  (x — tt)  =  ctg  x 
lässt  sich  die  letzte  Gleichung  auch  so  schreiben: 


ctg  X  = 


\    ^    X  4-  n 

1 

^     . 

Clg      7 

4 

cl9^+   i 

X  TT 

ctg      ^ 

+  ctg 


(f + 1) 


Die  in  gleicher  Weise  weiter  ausgeführte  Zerlegung  jedes  ctg  in  die 
Summe  zweier  neuen  giebt: 


Kleinere  Mittheilungen. 


255 


ctgx  = 


"8 


^^  ^  ctg  — 8— +  ^'?  — 8— +  c/j;  — r_ 

8          1     ,          j?  —  7t    ,          o;  — 2«    ,          X  —  Zn 
+  ^'^  — 3 h  c'ö^  ^— g h  c^ö^ Q 


+  ctg  (I  +  J) 


Setzt  man  dieselbe  Operation  nMal  fort,  so  ergiebt  sieb,  wie  leicht 
zu  übersehen  ist,  die  allgemeine  Formel: 


(\i:)ctgx=^^ 


aus  welcher,   wenn  wir  n  bis  in 's  Unendliche  wachsen  lassen,    die  Par- 
tialbmch-Entwickelung   für  ctg  x  hervorgeht.     Das   letzte  Glied   der  auf 
der  rechten    Seite   von   (II.)    stehenden   Reihe   nähert   sich    nämlich    für 
it  =  oo   dem   Grenzwerthe  0    und   dasselbe    gilt   auch   für    die    letzten 
Glieder  in  den  beiden  Summen 


n— I 
2 1 


} '"  HA") 


1 

2« 


während    mit    wachsendem   n    zugleich    die   Anzahl    der   Glieder    dieser 
Reihen  foit  und  fort  wächst;  für  jeden  endlichen  Zahlenwerth  k  wird  aber 


und 


i  fx  ±  kit\  1 


w  =  CX) 


JZo  ^  '"i^)  ^  i   • 


Denken   wir   uns   nun    eine  vorerst  endliche  Zahl  k  so   gross,    dass 
2k  '^  X  ist,  dann  dürfen  wir  schreiben: 

k 


^^0  ^  =   -;c^  + 


\x  +  hit        X  —  hnj 


wo 


2        1 


R/i  =  lim 


1    {       {x  +  hn\    ,         (x  —  hn\\ 


bedeutet   und    es   bleibt   zu  untersuchen,    was  aus  Rk  wird,    wenn  mit  n 


H-l 


auch    k   in's    Unendliche   wächst,    so   aber,    dass   k   nur  bis  2 — 1  geht, 

k 
d.  h.    ^   j-    immer  noch  unter  1  liegt. 

2 — 1  • 


256  Kleinere  Hittheilungen. 


Das  allgemeine  Glied   der  Summe  für  Ra  lässt  sich  mit  Hülfe  der 
trigonometriscben  Formel : 

/•.VI           /          IX                ÄW  2  a 
clg  (a  +  6).  -f-  dg  (a  —  6)  =   -^-^ :-»- 

so  umformen: 

2  .T  I  •  51/1  ^^      ,  I 

\.r  2*-V 

\x         2V  Väw  2"  / 

und  hiernach  wird: 

•—1 

2     -  1 

—  Rk=  2xlim      Sl  ^ 


\ÄÄ  2"/ 


2"  (hn\ 

Hier  hat  der  Faktor  --  -  •  sin  I    -  1  einen  Werth,  der  zwischen  1  und 

hn  xz"  / 

2  «—1 

—  liegt,  da  h  nur  Werthe  bis  2—1    annehmen   kann;   ist  daher  k  so 

n 

gross  gewählt,  dass  2A:  >>  o;,  so  werden  alle  Glieder  der  Summe 


»-1 
2 — 1 


positiv  sein  und  unter  den  entsprechenden  Gliedern  der  Reihe 

2-^111 

V 


j^      4  Ä^  —  a:^ 

A4-1 

liegen;    von    dieser   ist  aber   das  Anfangsglied  das  grösste   und  die  An- 

ft-i 
zahl  =  2 — l—Ar,   folglich  liegt  der  Werth  dieser  Summe  unter 


>\.:.:A^i 


2  1--k 


' '  h (-.-7) -(.-'-.  y 


Lassen  wir  nun  n  und  k  gleichzeitig  bis   in's  Unendliche   wachsen, 

k 
so  aber,    dass       -  j—   unter    1    liegt,     dann    wird    der    in    Parenthese 

2—1 
stehende  Faktor  des  letzten  Ausdrucks  endlich  bleiben   und  der  andere 

Faktor    ,    -  bis  zur  0  abnehmen;  der  Werth  von  Rfc  wird  also  auch 

2-1     • 

mit    wachsendem   k    sich    der  Null    nähern    und   wir   erhalten   die   Ent- 

wickelung :  • 


Kleinere  Mittheilungen.  257 


•  ^  -rf-  ^  4 


cig  ^  =  i-  +  2  C-Ta«  +  :^~1^)  '^'' 


1 

4-CX) 

(irr.)        ctg  X  =  yi 


h7c4-x  ' 

-  c»  ' 

Ans   dieser  folgt   nun   vermittelst   der   bekannten    trigonometrischen 

Formel : 

1  1   (       X  X  4-  n   \ 

die  Entwickelung  für 

(IV.)  cosecx  =    y  -'^     ,^ 

j^    hit-\-x 

und  endlich  die  Partialbruchentwickelungen  für 

4-00  2 

+00  /  IS* 


(VI.)  sec  X  =   'S] 


(- 1)' 


_<30     (A  +  i)  «  +  .1:    • 


Um  zu  den  Produkt -Entwickelungen  für  die  trigonometrischen 
Funktionen  zu  gelangen,  kann  man  sich  in  ähnlicher  Weise  der  be- 
kannten Formel: 

(Vir.)  sm  X  =  ^  ,  sin    -  ,  sin  — ^ — 

bedienen,  indem  man  jeden  der  beiden  Faktoren  auf  der  rechten  Seite 
dieser  Gleichung  vermittelst  derselben  Relation  in  zwei  neue  Faktoren 
auflöst  und  so  beliebig  weit  fortfährt;  um  indessen  den  unbequemen 
Faktor  2,  welcher  sich  dabei  wiederholt,  zu  uliminiren,  fassen  wir  lieber 
den  Quotienten  zweier  5f><  Funktionen  auf: 

,     X  .    .T    +  TT 

sin  X  2  2 


sin  tj  ,  y         .    y  +  n 

s,n-      sin—— 

und    setzen   diese  Gleichung  in   der  angegebenen  Weise   fort;    dann   ist 
leicht  zu  übersehen,  dass  wir  folgende  allgemeine  Formel  erhalten: 


sin  X 


X 

n— 1 

,  xA-hn       .    X  —  hn 

Sin  — — 

2    -     1 

sm — i •  sm  — 

2« 

y 

■l'll 

1 

2*                    2" 
.  y  +  hn       .    y^hn 

sin   ^ 

sin- •  sm  -~-  

2« 

2'*                    2" 

(VIII.)  i""-!^  = 

sin  y 


wo  das  Produktzeichen  77  die  bekannte  Bedeutung  bal. 


sin  I  :^  +  -  ) 
\2«    '   2 / 


2Ö8  Kleinere  Mittheilungen. 

Aus  dieser  Formel  folgt,   wenn  wir  n  bis  in^s  Unendliche  wachsen 

siti  cc 
lassen,  die  Produkt-Entwickelung  für  — —  ;     der    letzte    Faktor    nähert 
'  ^         sin  y 

sich  nämlich  für  it  =  cx>  dem  Grenzwerthe  1   und   dasselbe  gilt  für  die 

letzten  Faktoren,    welche   unter  dem  Produktzeichen  stehen,    während 

mit  wachsendem  n  zugleich  die  Anzahl   der  Faktoren   dieses  Produktes 

fort  und  fort  wächst;  der  erste  Faktor  hat  aber  zum  Grenzwerthe 

sin  — 

lim    1*.  =  fL 

"=00     .    y  y 

und  für  jeden  endlichen  Zahlenwcrth  k  wird 


-\-kn\ 
«=(»     .   (y  +  kn\  y  -\-  kn 


in\ 

m  \  -  ■=' —  1 

Nehmen  wir  daher  vorerst  eine  endliche  gehörig  gross  gewählte  Zahl  /r, 
so  zerfällt  das  obige  Produkt  in  (VIII.)  in  zwei  Theile,  die  wir  so 
scbreiben  können: 

.  sin  X        X    -j—f  j^  -\-  Äxc      X  —  ÄTcl 

«>'  u ~^  \J-  \y  +  f^^  '  y  —  Ä^J 

X  '\'  hn       .    X  —  hn 
„"-'      I  sin — i .  sm       — — 


lim      t-l     ) Z 

».=00  rl      \     .    y  -\-  hn       ,    y  —  hn 
*4.i      \sin     -gn--  •*'"  — 2^  — 

bedeutet,   und  es  bleibt  zu  untersuchen,   was  aus  Pk   wird,   wenn  mit  n 

«—1 
auch  k  bis  in's  Unendliche  wachst,  so  jedoch,  dass  k  immer  unter  2 — 1 

n-l 

2 — 1 

bleibt,  also  — ein  ächter  Bruch  ist. 

k 

Das  allgemeine  Glied  des  Produktes  Pk  lasst  folgende  Umformung  zu: 

snr  —- 

'  — 4" 

sm"  ■  — 
2" 

stn*  — 
2" 


stn^  -j;— 
2» 


und    dieselbe   Betrachtungsweise,    welche    Schlömilch    (Handbuch  der 
algebraischen  Analjsis,  1862,  Seite  196  ff.)  über  die  einzelnen  im  Zähler 


Kleinere  Mittheilungen.  259 

ond  Nenner  auftretenden  Produkte  angestellt  hat  und  welche  hier  zu 
wiederholen  unnöthig  erscheint,  führt  für  ein  gehörig  gewähltes  k  zu 
dem  Werthe  von 

Pk  =  


1  _  ^^^ 


4^ 

wo  f*  lind  V  nicht  näher  hestimmte  positive  ächte  Brüche  bezeichnen; 
gehen  wir  nun  zur  Grenze  über,  indem  wir  auch  k  bis  in^s  Unendliche 
wachsen  lassen,  so  nähert  sich  P^  dem  Grenzwerth  1  und  wir  erhalten 
die  Produkt-Kntwickelung  für: 

,-v  .                            sin  X         X  -rnr  x -\-  hn      x  —  hn 
(IX.)  ~        =        i,,t  _  i       -  .  _ 

Sfn  y  y  1  1  y  -{-  hn      y  —  hn 

woraus  denn  für  y  =  0  folgt: 

(X.)  sin  X  =  X'  iq\^l  —  j^^J 


1 

n 


und  wenn  wir  in  IX.  y  =  0  und  statt  x  setzen  x  -\- 


cosx=   J5"(i  -    (2/illT)'«0- 


Xn.     Zwei  Sätze  aus  der  Theorie  der  binären  quadratischen  Formen. 

In  seiner  Inauguraldissertation  ,,de  aequationibus  secundi  gradus  in- 
dcierminalis**  leitet  Göpel  aus  der  Kettenbruch -Entwickelung  der  Qua- 
dratwurzeln aus  ganzen  Zahlen  interessante  Sätze  über  gewisse  Dar- 
Ktellungen  der  Form  x'^ — Dy^  ab,  wenn  D  eine  Primzahl  von  den  Formen 
8/1 -f- 3»  8/1  +  7  oder  das  Doppelte  einer  solchen  ist. 

Jacobi  theilt  den  Inhalt  dieser  Arbeit  im  35.  Bande  des  Crelle*- 
schen  Journals  in  einer  Notiz  über  Göpel  mit,  auf  welche  ich  hier  ver- 
weisen muss,  da  das  obengenannte  Schriftchen  schwerlich  im  Buch- 
handel aufgefunden  werden  dürfte. 

£s  soll  hier  gezeigt  werden,  wie  sich  diese  Sätze  einfach  und  ohne 
Hülfe  der  Kettenbrüche  nachweisen  lassen  und  dabei  gewisse  Beschrän- 
kungen verlieren,  welche  ihnen  bei  jener  Methode  anhaften.  Wir  be- 
weisen zu  dem  Ende  die  folgenden  Sätze  I.  u.  IL,  in  denen,  wie  sich 
jeder  überzeugen  kann,  die  entsprechenden  Sätze  Göpels  enthalten  sind. 

I.  Ist  D  =  p  oder  D  =  2p  und  p  eine  Primzahl  8/i  -f-  3  und  be- 
zeichnet man  mit  q>^  t|;  eine  von  denjenigen  Darstellungen  der  Zahl  D 
in  der  Form  Z>  =  ^^  -j-  2t/;^,  in  welchen  i/;  ^  1  mod,  4  wenn  D  =  p, 
und  ^  ^  1  oder  _  3  mod,  8  wenn  D  =  2/?,  so  ist  die  Form:  (-^2t/;,  «p,  t(;) 
äquivalent  der  Form  (1,  0,  —  i>). 


260  Kleinere  Mittlieilungen. 


Ist  also 


eine  Substitution,   durch   welclie  letztere  Form  in 


Wir    behaupten    nun,    dass    die   Substitution 


welche  aus 


Beweis.  Wir  stützen  uns  auf  einen  Satz  des  Legen dre,  welcher 
unter  anderm  in  seiner  .^Theorie  des  nombres,  tome  1  §.  VII**  gefunden 
werden  kann,  nach  welchem  die  Zahl  — 2  stets  darstellbar  ist  in 
der  Form:  (1)  —  2  =  «'  —  i>/^,  wenn  D  die  in  unserem  Theorem 
verlangten  Bedeutungen  hat. 

Die  Form  (Z>/,  5,  /),  welche  aus  jenen  Zahlen  5,  /  gewonnen  wird, 
hat  nach  (1)  den  Detenninantcn  —  2  und  ist  daher,  nach  einem  be- 
kannten Satze  der  Theorie  der  quadratischen  Formen,  der  Form  (1,0,  —2) 
äquivalent. 

a,  y 

die  erst  15  übergeht,  so  hat  man: 

Dl  =  a'^  +  2ß\     s  =  ay-\-2ßd,     l  =  y"- -\- 2d\  (2) 

y,  6 

jener  durch  Vertauschung  der  Stellen   von  ß  und  y  entsteht,   die  Form 

(1,0,  —  J))  in  eine  von  den  beiden  Formen:  (—2t/;,  ^,  t/;),  ( — 2-^,  — g),  ^) 

überführt. 

Denn  bezeichnet  man  die  transformirte  Form  mit  («,  6,  c)  so  ist: 

^/  =  a^  — i>y^     h  =  €tß  —  Dyö,     c  =  ß'^  —  D6'^      (3) 

und  man  findet,  wegen  (2),  da«s: 

a  =  — 2r;  (4) 

im  Falle  D  =  p  ist  b  ungerade,    c  ungerade   und: 

c  =  jS2  _  2>tf2  =  ^2  ^  ^2  =  1   ^^^l  4 

im  Falle  D=2p  ist  b  gerade,     c  ungerade  und: 

c~ß'^  +  26'^  =  1  oder  =  3  mod.  8. 
Da  nun  D  =  b'^  —  öc  ,  so  folgt  aus       (4) : 

B  =  b'^  +  2c^. 
Hieraus  sieht  man,  dass  6,  c  eine  von  den  im  Theoreme  gemeinten  Dar- 
stellungen 9,  tf;  ist,  und  dass,  da  ausser  der  Darstellung  ^,  tf;  nur  noch 
die  Darstellung  — 9>»  t/;  existirt:   6  =  +  V»       c  =  t/;. 

Es  ist  also  die  Form  (1,  0,  —  D)  stets  einer  von  den  Formen: 
(—  2i/;,  9?,  t/;),     ( —  2t/;,   —  ^,  t/;)     äquivalent, 
woraus,  wegen  der  Aequivalcnz  beider,  die  Richtigkeit  des  Satzes  folgt. 
II.    Ist  D  =  p  oder  =  2p  und  p  eine  Primzahl  8w  +  7,   und  be- 
zeichnet   man    mit   g),  t(;    irgend    eine    von    den   unendlich  vielen   Dar- 
stellungen der  Zahl  D  in  der  Form: 

D  =  ip^  —  2i/;^,   in   welchen:    t/;  ^  1  mod,  4   wenn   B  =  pj 
rp  ^  1  oder  ^  3  mod,  8  wenn  Z>  =  2/?,   so    ist   die  Form   (2  t/;,  <p,  ^) 
stets  äquivalent  der  Form  (1,0,—  i>). 

Beweis.  Hier  ist  nach  derselben  Quelle,  welche  wir  im  Beweise 
von  I.  angeführt,  die  Zahl  -f-  2  stets  darstellbar  in  der  Form: 

+  2  =  s^  —  Li\ 


Kleinere  Mittheilungen.  261 


Die  Form  (i>/,  s^  t)  bat  den  Detorminanten  2  und  ist,  der  Theorie 
der  quadratischen  Formen  gemäss,  äquivalent  der  Form  (1,0,  — 2). 

Bezeichnen   wir  nun  eine  Substitution,   durch  welche  letztere  Form 
in  erstere  übergeht,  mit 


Beweise  von  I.,   dass   die  Form  (1,0, — />)  durch  die  Substitution 


so   findet  man,   ähnlich   wie  in   dem 

a  ß 
y  d 

in  eine  Form  {a,  6,  c)  übergeht,  in  welcher:  a  =  2c,  und  wo  ausserdem 

c  den  Congruenzbedingungen  von  tf;  genügt. 

Da  nun:  D  =  hb  —  2cc,  so  folgt  hieraus  zunächst,  dass  es  eine 
Darstellung  6  =  g)^,,  c  =  t/;,,  der  Zahl  D  in  der  Form:  />  =  qxp — 2t\j^ 
giebt,  so  dass  die  Formen  (1,0,  —  D)  und  {2%^  g)o»  '^^  äquivalent  sind. 

Die  übrigen  Darstellungen  g?,  t/;  gehen  aber,  wie  man  aus  der 
Theorie  der  quadratischen  Formen  des  Determinanten  2  sieht,  aus  einer 
g>Q  ^0  vermittelst  der  Fqrmeln :  q>  =  ^  cp^u  -{-  2v%^  '«f'  =  V'o'^  i  ^o  ''(^) 
hervor,  in  welchen  u,  v  eine  Lösung  der  Gleichung: 

m2  _  2t;^  =  1 

bedeutet,  bei  welcher  u  positiv  ist. 

Die  Zahlen  u,  v  sind  ihrerseits  in  den  Formen  enthalten: 

II  =  w^  -|-  2iy^,       V  =  2(afj, 
wo  unter  o,  i}  eine  Lösung  einer  der  beiden  Gleichungen: 

ü«  —  2ri^  =1,       w^  —  2iy2  =  —  1 
zu  denken  ist. 

Man    überzeugt  sich   nun   leicht,   dass    die  Form  (l,  0,  — />)   durch 


die  Substitution 


in    (2t/^,  g),  tf;)    über- 


-f-  ato  -j-  2ßfjy     i  **^  "f"  ß^ 

+  yca -f- 2(^1/ ,     -4-  yiy  -f-  dco 
geht,    wenn    das  Zeichen  +  in    derselben   mit  dem  Zeichen  +   in   den 
Formeln  (1)   übereinstimmend  genommen  wird. 

Berlin,  im  April  1868.  Georg  Cantor. 


Xm    üeber  die  Bedingungen,  dass  vier  Punkte  auf  einem  Kreise  und 
fünf  Pankte    auf   einer   Kugelfläche    liegen.      Liegen    die    vier   Punkte 

(^»  ^o)>  (^''i*  ^t)*  (^2»  ^-i)*  (^3»  ^:i)  ^^^  ^^^  Umfang  eines  Kreises  mit  dem 
Kadius  r  und  dem  Mittelpunkte  (x»  ^),  so  finden  die  Gleichungen  statt: 

{x  -  a^Y  +  (y  -  6.,)^  =  r\     {x  -  a,Y  +  (y  -  b,y  =  r\ 
(x  -  a,y  +  (y  -  b,y  =  rK     (x  -  «3)*  +  (y  -  6,)^  =  r\ 

oder:  «„'  +  K^  —  2a^^x  —  ^b^y  -{-  x'^  -\-  y^  —  r^  =  0, 

«i^  + V  —  2«,.r  —  26iy  +  ^'  +  y^  — '•'^O, 
V  +  ^2^  —  2^20:  —  2b^ij  4-  .r2  -f-  y'  —  r^  ==  0, 
^,^  +  V  -  2«3.r  -  2b,y  +  a:^  +  y^  —  r*^  =  Q. 


262 


Kleinere  Mittheilungcn. 


'  *    ^     -■  ^     ^ 


Durch  Elimination  von  —  2x,  —  2y,  a;'  +  y^  —  r^  zwisclieii  den 
vorstehenden  Gleichungen  folgt: 


=  0. 


V  +  V. 

«0  •  *t»  •    1 

«,*  +  b,^ 

•  Oj  .  4, ,   1 

«j»  +  4,^ . 

«2,  *j.    1 

a. 


+  ^ 


flo ,  b. 


Vertauscht  man  in  der  Determinante  die  erste  mit  der  vierten  Ver- 
ticalrcihe,   multiplicirt  die   zweite  und  dritte  Verticalreihe  mit  —  2,  so- 


ist  auch: 

i  1.  -2ao,  -2%,  V+  V 

;i.-2a,.  -26,.«;-+  V 

^) 

1,        2«2.         262.  V+  V 

1.  —  2«3.  -263,  V+  V 

Setzt  man:  («r  —  ö*)^  +  i^r  —  b,y  —  p\,i 

das  Produkt  der  Gleichungen  1)  und  2) : 

ö >           /'O  •  l  •      Po  *  2»       Po  >    7f 

3) 

Po  *  \>           ^ »            Pl   »  2 »       -Pl   »    3 

Po  *    2*      Pl   »    2»           ^*            P2  »    3 

Po  »    3»      Pl   »    3»     P2  ♦  3»           ^ 

=  0. 


i  •  r  t 


80  ergieb' 


=  0. 


Diese  Determinante  entwickelt  giebt: 

•  (Po»  1P2»  3)*+(Po»2  Pi»3)*+(Po:p  P|.2)*-2(;>^.,  P2»  :j)'^  (Po»  3P1 »  2)^ 

—  2(pj,,  i  P2»  3)*^  (Po»  2  Pi'  3)^  ^  2(^,,.  3  P|.  2)^  (P(p  2  Pp  3)^  ==ö' 
oder: 

(Pü »  !  P2'  3  ~r  Po»  2  Pl»  3  "1    Po»  3  Pl»  2  )  (      Po»  I   P.»»  3     l"  Po»  2  P|»  3     I    Po»  3  Pp  2), 
(Po*  I  P2*  3  Po»  2  Pl»  3  "1    Po»  3  Pl »  2)   (Po*  I  P2*  3  ~r  Po»  2  Pl »  3         P»*  3  Pl »  2/  ^=^' 

'  Diese  Gleichung   enthalt   ein  bekanntes  geometrisches  Resultat,    da 

Prt  s  die  Länge  der  Verbindungslinie  der  Punkte  («r,  6,)  und  («,,  6,)  ist. 

Sollen  die  fünf  Punkte   («„,  6„,  c„)  ....  (w^,  64,  Cj)   auf  einer  Kugel- 

fläclie  liegen,  setzt  man:  («r  —  »sY  +  (^r  —  ^1)^  +  (^r  —  ^*)'^  =  pV»*i 

so  erhält  man   auf  ganz  analoge  Weise  wie  vorhin : 


4) 


0, 

Po  >  1» 

Po  >  2» 

Po  »  3> 

Po^  4 

Po  »  n 

0, 

Pl   »    2» 

Pl   »  3» 

Pl'»  4 

Po  »  2» 

Pl^  21 

0, 

P»*»  3» 

Pi''»  4 

•  Po  »  3' 

Pl  »  3» 

P2  '  3» 

0, 

P3^  4 

Po  »   1  J 

Pl^4' 

P2  >  4» 

P3  1  4» 

0 

=  0. 


Die  Entwicklung  dieser  Determinante  führt  zu  keinem  einfachen 
Kesultate.  Man  bemerkt  leicht,  dass  die  Gleichungen  1)  und  2)  Folge 
der  Gleichung  3)  sind,  so  dass  also  die  Gleichungen  3)  und  4)  Hir  die 
angenommenen  Werthe  von  pr^  s  eine  einfache  geometrische  Deutung 
zulassen.  Das  angewandte  Verfahren  lässt  sich  ohne  Schwierigkeit 
auf  ein  entsprechendes  System  von  m  -j-  1  Gleichungen  mit  n  Unbe- 
kannten ausdehnen. 

Göttingen,  Dr.  Ennbper. 


Kleinere  Mittheilungen.  263 


^  ■*  '>.^^  -v^ 


.  ZI7.  üeber  eine  gewisse  Classe  von  Cnrven  dritten  Qrades.  1.  Es 
seien  A^  By  C  die  Eckpunkte  eines  Dreiecks,  /,  m,  n  drei  dnrch 
dieselben  gehende,  sich  in  einem  Pnnkte  schneidende  gerade  Linien; 
ferner  seien  Z,  M,  N  diejenigen  geraden  Linien,  welche  mit  den  Linien 
dy  m^  n  die  Winkel  des  Dreiecks  harmonisch  theilen.  Alsdann  gehen 
die  sechs  Linien  Z,  M^  iV,  /,  m,  n  viermal  zn  je  dreien  durch  einen  Punkt. 

Diejenigen  Curven  dritten  Grades  nun,  welche  durch  die  vier  so 
erhaltenen  Punkte  P^  P, ,  P^-,  P-^^  und  dnrch  die  Eckpunkte  des  Dreiecks 
gehen,  besitzen  eine  Keihe  merkwürdiger  Eigenschaften,  so  dass  eine 
nähere  Betrachtung  derselben  nicht  ganz  ohne  Interesse  sein  dürfte. 

Bei  der  Betrachtung  der 'Curven  wählen  wir  die  drei  Punkte  J,  B,  C 
zu  Fundamentalpunkten  eines  Systems  von  Dreiliniencoordinaten,  und 
setzen  voraus,  dass  die  Coordinaten  der  vier  Punkte  P  durch  die 
Gleichungen 

«  _  ^  _  y 

a         b  c 

-  =  ^-  =  —  l 
ab  c 

-  =  _  ^  =   ? 
a  b  c 

a  b  c 

gegeben  seien.  Alsdann  ergiebt  eine  leichte  Rechnung  als  die  all- 
gemeinste Gleichung  einer  Curve  dritten  Grades,  welche 
dnrch  die  Fnndamentalpunkte  und  durch  die  vier  Punkte 
r  geht: 
1)  Aa  (c2/32  —  b'^f)  +  Bß  (a'V^  —  ^^a^)  +  Cy  {b^a^  —  a^ß^)  =  0. 
Die  Gleichungen  der  drei  Tangenten,  welche  an  diese 
Curve     in    den    drei    Fundamentalpunkten     gelegt    werden 

können,  sind  sodann: 

Bß  _    Cy 


2) 


a^  b^ 

Diese  drei  Tangenten  gehen  durch  einen  und  denselben 
Punkt,  dessen  Coordinaten  durch  die  Gleichung 

^^  dl  —  ^^  —  ^y 

^      «2  b'    ~    c^~ 

gegeben  werden,  und  der  ausserdem  ein  Punkt  der  Curve 
ist,  weil  durch  Erfüllung  der  Bedingungen  in  3)  auch  der  Gleichung  1) 
genügt  wird. 


6» 

c^' 

Cy 

Aa 

Aa 

Bß 

264 


Kleinere  Mittbeilangen. 


4) 


Ferner  ergeben  sich  als  Gleichnngen  der  Tangenten,  welche 
man  in  den  vier  Pnnkten  P  an  die  Onrve  legen  kann: 

I      a{Cb  —  Bc)  -}-  ß(Ae  —  Ca)  ^y{Ba^Jb)  =0 
j      a{Cb+  Bc)  —  ß\Ac+Ca)  +  r\Ba  —  Ah)  =  0 
—  aicb  +  Bc)  +  ß{Ac—Ca)  +  yiSa  +  Ab)  =  0 
a(Cb  —  Bc)  +  ßlAc+Ca)  —  y^Ba  +  Ab)  ^0. 

Auch  diese  vier  Tangenten  gehen  durch  einen  und  den- 
selben Punkt,  welcher  überdiess  in  der  Cnrve  liegt,  und 
dessen  Coordinaten  bestimmt  werden  durch: 

Die  in  diesem  Punkte  an  die  Carve  gelegte  Tangente  hat  die 
Gleichung: 

G)  Aa((Pb'^—B'^c^  +  Bß^J^c^'-C^a^  +  Cy(^'ii«— ^*»)  =  0. 

Dieser  Gleichung  wird  aber  durch  die  Coordinaten  des  Punktes  3) 
Genüge  geleistet.     Daher  schneiden  sich  im  Punkte  3)  die  Tan- 
genten,   welche    an    die    Curve    in    den    drei    Fundamental- 
punkten  und   im   Punkte  5)   gelegt   worden   sind;    im  Punkt 
5)    dagegen   treffen  sich   die   vier   in   den   Punkten   P  an  di 
Curve  gelegten  Tangenten. 

Die  drei  Seiten   des  Fundamentaldreiecks   treffen   die  Curve   ausse 
in  den  Ecken  A^  B,  C  noch  in  drei  Punkten  /),  E,  F.     Die  Coordinate 
derselben  werden  bestimmt  durch  je  zwei  der  folgenden  Gleichungen: 

')  i  ^  -  0,  ;■.  - 


B 

C 

y 

c 

n 
A 

et 
A 

ß 
B 

y  =0,     ,   = 


Die  Vergleichung  von  7)  mit  5)  zeigt,  dass  der  Punkt,  in  wel- 
chem eine  Seite  des  Fundamentaldreieckes  der  Curve  fer- 
nerhin begegnet,  in  gerader  Linie  liegt  mit  dem  gegenüber- 
liegenden Scheitel  und  dem  Punkt  5). 

Die  Tangenten,  die  man  in  den  drei  eben  erwähnten  Punkten  an 
die  Curve  legen  kann,  haben  die  Gleichungen: 

(Aa{B'^c''--C^b'^)-{-  a'^BC{By  —  Cß)  =0. 
8)   J  Bß  {C^ a^  —  A'*' c^)  4-  b'CA  {Ca—  Ay)  =  0 
[  Cy  {AH^^  B'^J)  '\-c''AB  {Aß  —  Ba)  =  0. 

Eine  einfache  Rechnung  ergiebt,  dass  auch  diese  Tangenten 
sich  in  einem  Punkte  schneiden,  dessen  Coordinaten  durch 
die  GJeichong  bestimmt  werden: 


Kleinere  Mitthcilnngen.  265 


Aa  Bß 

_  Cy 

Anch  dieser  Punkt  liegt  in  der  Curve  and  durch  ihn 
geht  zugleich  die  im  Punkte  3)  an  die  Curve  gelegte  Tan- 
gente, deren  allgemeine  Gleichung  ist: 

10)  A^b'^c^{C!^--B^a  +  B^ c^ a'^ {A^ -- C^) ß  +  (^ a^ b'^ {B"^ -^ A'^) y  =  0 , 
denn  diese  Gleichung  wird  zur  Identität,  sobald  man  setzt: 

Aa  =  ka^  [^(^^c^  +  C^ft«)  _  B'^C^a^\  u,  s.  w. 

Auch  die  vier  Kegelschnitte,  welche  man  durch  die  Fun- 
damentalpnnkte  so  legen  kann,  dass  sie  die  Curve  in  einem 
der  Punkte  P  berühren,  schneiden  sich  in  einem  Punkte 
und  zwar  im  Punkte  «^);  dagegen  geht  der  Kegelschnitt, 
welcher  durch  die  Fundamentalpunkte  geht  und  die  Curve 
im  Punkte  3)  berührt,   durch  de.n  Punkt  5). 

Ebenso  treffen  sich  drei  Kegelschnitte,  welche  durch 
dio  Fandamentalpunkte  gehen  and  die  Curvo  in  einem  der- 
selben oscnliren,  in  einem  Punkt,  dessen  Coordinaten  der 
Gleichnng  genttgen: 

Durch  eben  denselben  Punkt  geht  auch  der  Kegelschnitt, 
welcher  durch  die  drei  Fundamentalpunkte  geht  und  die 
Curve  im  Punkte  ö)  tangirt. 

2.  Eine  der  wichtigsten  Eigenschaften  der  betrachteten  Curven  ist 
die,  dass  ihre  Gleichung  nicht  nur  auf  eine  Weise  auf  die  Form  1)  ge- 
bracht werden  kann.  Bezieht  man  nämlich  dio  Gleichung  auf  ein  Fun- 
damentaldreieck, dessen  Ecken  in  D,  E^  F  liegen,  d.  i.  in  den  Punkten, 
wo  die  Seiten  des  früheren  Fundamentaldreiecks  der  Curve  nochmals 
begegnen,  so  bleibt  die  Form  der  Gleichung  ganz  dieselbe,  wie  vorher, 
nur  die  Coefficienten  ändern  sich.  Die  früheren  Punkte  P  werden  hier 
ersetzt  durch  die  Punkte  A,  B^  C  und  durch  den  Punkt  6),  denn  dio 
einfachste  Betrachtung  ergiebt,  dass  die  sechs  Linien,  welche  diese  vier 
Punkte  unter  einander  verbinden,  zu  je  zweien  durch  die  Punkte  2),  E,  F 
gehen  und  dass  dio  zwei  durch  eine  und  dieselbe  Ecke  gehenden  Linien 
den  zugehörigen  Winkel  des  Dreiecks  2>,  E^  F  harmonisch  theilen.  Bei 
dieser  Transformation  geht  der  frühere  Paukt  3)  über  in  den  Punkt  9), 
der  Punkt  5)  dagegen  in  den  Punkt  3). 

Diese  Transformation   kann    aber   beliebig    oft   'VX^AexV^W.   ^^\^^^^^ 


266  Kleinere  Mittheilungen. 

indem  man  z.  B.  die  Punkte,  in  welchen  die  Seiten  des  Dreiecks  D,  Ey  F 
der  Curve  fernerhin  begegnen,  als  Eckpunkte  eines  neuen  Fnndamenfal- 
dreiecks  wählet.  Es  folgt  somit,  dass,  sobald  die  Gleichung 
einer  Curve  dritten  Grades  einmal  auf  die  Form  1)  ge- 
bracht werden  kann,  diess  auf  unzählig  viele  Weisen  ge- 
schehen kann. 

3.  Von  den  hier  betrachteten  Curven  sind  als  specielle  Fälle  die- 
jenigen Curven  dritten  Grades  zu  bemerken,  welche  durch  die  drei  Eck- 
punkte eines  Dreiecks  und  durch  die  Mittelpunkte  der  vier  die  Seiten 
dieses  Dreiecks  berührenden  Kreise  gehen.  Die  Gleichungen  dieser 
Curven  sind  einfacher: 

Aa  iP  —  Y^)  +  Bßiy^—a'^  +  (7y(a^  — jS«)  =  0. 

Wenn  in  der  Gleichung  1)  einer  der  Coefficienten  Aj  B  oder  C  ver- 
schwindet, so  berührt  die  Curve  zwei  Seiten  des  Fundamentaldreiecks. 
Ist  z.B.  C=0,  so  berührt  die  Curve  die  Seite  ^C  im  Punkte  A  und 
BC  im  Punkte  B, 

Wenn  dagegen  der  Quotient  aus  zwei  der  Coeflßcienten  A^  B,  C  in 
1)  gleich  ist  dem  positiven  oder  negativen  Quotienten  der  entsprechen- 
den Coefficienten  a,  6,  c,  wenn  also  z.  B. 

A  ,     a 

B    ^  ^'h' 
so    zerföllt    die    Curve   in    eine    gerade   Linie   und    einen   Kegelschnitt. 
Die  gerade  Linie   ist   dabei   einer   der  beiden    durch,  den   Punkt  C  ge- 
henden, oben  erwähnten  harmonischen  Strahlen. 

Unter  dieser  Voraussetzung  ergeben  sich  aus  den  oben  aufgestellten 
Sätzen  sehr  leicht  als  specielle  Fälle  die  folgenden: 

Es  seien  A  und  B  zwei  Punkte  eines  Kegelschnittes ,  C  ein  beliebiger 
ausserhalb  desselben  gelegner  Punkt.  Die  Verbindungslinie  des  Punktes 
C  mit  dem  Punkte,  in  welchem  die  Polare  von  C  die  Sehne  AB  schneidet, 
begegne  dem  Kegelschnitt  in  P  und  P^.  Alsdann  schneiden  sich 
in  einer  Linie,  welcher  der  vierte  harmonische  Strahl  zn 
AC^  PC  und  BC  ist: 

1)  die  in  A  und  B  an  den  Kegelschnitt  gelegten  Tan- 
genten; 

2)  die  Tangenten  des  Kegelschnittes  in  P  und  Py\ 

3)  die  Tangenten  in  den  Punkten,  in  welchen  die  Seiten 
AC  und  BC  vom  Kegelschnitt  nochmals  getroffen  werden; 

4)  die  Kegelschnitte,  welche  durch  die  drei  Punkte  A^ 
B^  C  gehen  und  den  gegebeneu  Kegelschnitt  in  einem  der 
PunkteP, o  der  P,   berühren; 

5)  die  Kegelschnitte^  welche  durch  A^  B  und  C  gehen  und 
den  gegebenen  Kegelschnitt  in  einem  der  Punkte  A  oder  B 
psculiren, 

Jleichenbacb  i/V.  'S ,  ^,  ^^silkrdt^ 


IX. 

Die  projectiviflchen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 
ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven. 

Von 

Paul  Scholz 

aut  Kroloschin  in  Poien. 


Erster  Abschnitt. 
Gerade  Punktreiheii  nnd  ebene  Strahlbttschel  in  perspeotivisoher  Lage. 

§•  1.  Yoraussetzungen. 

\  a)  Die  Begriffe  Puukt,  gerade  Linie,  Ebene  nehmen  wir  als 
durch  die  Anschauung  bekannt  an;  insbesondere  setzen  wir  voraus,  dass 
wir  uns  jede  Gerade  als  Träger  einer  stetigen  Punktreihe  nnd  als  Axe 
eines  Ebenenbüschels,  jeden  Punkt  als  Mittelpunkt  eines  ebenen 
StrahlbÜscliels  und  jede  Ebene  als  Trftger  unendlich  vieler  Punktreihen 
nnd  ebener  Strahlbüschel  vorstellen  können,  dass  diese  Gebilde  (Punkt- 
reihe, ebener  Strahlhüschel,  Ebenenbüschel)  derart  eine  stetige,  in  sich 
zurückkehrende,  d.  i.  sich  schliessende*)  Aufeinanderfolge  ihrer  Elemente 
(Punkt,  Gerade,  Ebene)  darstellen,  dass  jedes  Element  nur  an  zwei  Nach- 
barelemente grenzt,  so  dass,  wenn  wir  eines  derselben  als  das  vorher- 
gehende bezeichnen,  nur  eines  das  folgende  sein  kann,  und  nur  zwei  Mög- 
lichkeiten gegeben  sind,  um  von  jedem  Element  zum  darauf  folgenden  fort- 
schreitend die  ganze  Aufeinanderfolge  derselben  zu  durchlaufen;  jede  die- 
ser Möglichkeiten  stellt  einen  Beweguugssinn  dar. 

6)  Ein  diese  Gebilde  (Punktreihe,  Strahlbüschel,  Ebenenbüschel)  in 
einem  bestimmten  Bewegungssinne  continuirlich  durchlaufendes  Element 
derselben  (resp.  Punkt,  Strahl,  Ebene)  gelangt  daher  nicht  eher  wieder  in 
die  Anfangslage,  von  welcher  es  ausging,  bis  es  die  Lage  aller  anderen 
Elemente  seines  Gebildes  eingenommen;  wir  sagen  dann:  das  Element  hat 
das  Gebilde  einmal  durchlaufen,  einen  Umlauf  gemacht. 


*)  V.  Standt,  Geometrie  der  Ln^e  No.  55.  61. 

ZciUchrifl  f.  Milhenialik  u.  P/iytik.  Xlll,   4.  ^^ 


268        Die  projeotivischen  Eigenschaften  der  gewöhnliehen  und 

2.  Es  gehört  zur  Natur  dieser  Grundgebildo,  dass  sie  jedes  durch 
zwei  seiner  Elemente  der  Lage  nach  eindeutig  bestimmt  sind ,  so  dass  zwei 
Gebilde  derselben  Art,  welche  zwei  Elemente  gemeinschaftlich  haben)  mit 
allen  ihren  Elementen  in  eiuanderfallen  und  zwei  verschiedene  Gebilde 
derselben  Art  höchstens  ein  Element  gemeinschaftlich  haben  können,  und 
dass 

eine  Pnnktreihe,  von  welcher  zwei  Punkte  in  einer  gewissen  Ebene 
liegen,  mit  allen  ihren  Punkten  in  dieselbe  falle, 

ein  ebener  Strahlbiischel^  von  welchem  zwei  Strahlen  in  einer  gege- 
benen Ebene  liegen ,  ganz  mit  allen  seinen  Strahlen  in  derselben  liege,  und 

eine  Punktreihe,  welche  in  zwei  verschiedenen  Ebenen  eines  Ebenen- 
biischels  enthalten  ist,  in  allen  Ebenen  desselben  liegt,  also  mit  seiner  Axe  zu- 
sammenfallt. 

3.  Durch  Einführung  der  Bezeichnungen  ,, unendlich  entfernter  Punkt^\ 
„unendlich  entfernte  Gerade",  „unendlich  entfernte  Ebene"  sind  wir  in  den 
Stand  gesetzt,  den  Satz  auszusprechen: 

d)  dass  zwei  von  einander  verschiedene  Punktreihen  derselben  Ebene 
stets  einen  Punkt,  zwei  Strahlbüschel  derselben  Ebene  stets  einen  Strahl, 
zwei  Ebenenbüschel,  deren  Axcn  sich  in  einem  Pnnkte  schneiden,  stets 
eine  Ebene  gemeinschaftlich  haben; 

b)  dass  jede  endliche  Gerade  einen  und  nur  einen  unendlich  entfern- 
ten Punkt,  jede  endliche  Ebene  eine  und  nur  eine  unendlich  entfernte  Ge- 
rade enthält  und  alle  unendlich  entfernten  Pnnkte  und  Geraden  in  einer 
Ebene,  der  unendlich  entfernten  Ebene  liegen. 

4.  Die  in  diesem  Paragraphen  angeführten  Satze  bilden  wesentlich 
die  Grundlage  jeder  geometrischen  Untersuchung,  in  etwas  anderer  Aus* 
druckswoise  auch  der  elementaren  und  analytischen  Methoden  und  sind  von 
den  namhaftesten  Mathematikern  entweder  als  aus  der  Anschauung  ge- 
schöpfte und  nicht  zu  widerlegende  Grundsätze  erklärt,  oder  stillschwei- 
gend durch  Anwendung  anerkannt,  oder  in  ihrem  Zusammenhange  veran- 
schaulicht worden*).  Wir  führen  sie  nur  deshalb  an,  weil  wir  lediglich 
durch  Anwendung  dieser  wenigen  Fundamentnlsätze  die  Resultate  zu  er- 
schliessen  gedenken,  welche  den  Gegenstand  dieser  Abhandlung  bis  No.  43 
incl.  bilden;  in  No.  44  entnehmen  wir  der  Anschauung  eine  neue  Voians- 
setzung,  mit  welcher  im  Verein  sie  die  Grundlage  auch  für  die  folgenden 
Untersuchungen  sind.  Denn  wiewohl  wir  unsere  Untersuchung  so  zu  füh- 
ren gedenken,  dass  die  abzuleitenden  Sätze  sich  rein  aus  der  Anschauung 
ergeben,  so  wollen  wir  doch  jedesmal  zeigen,   dass   dieselben  eine  noth- 


*)  Vcrgl  Steiner,  Entwickelung  der  Abhängigkeit  geometrischer  Gestalt^ 
No.  1.  2.  V.  Staiidt,  Georoetiie  der  Lage  §§  1  bis  3,  5  und  ö.  8chroeter,  difl 
Theorie  der  Kegelschnitte  §§.  1  bis  4.  Keye,  Geometrie  der  Lage,  Vortrag  1  u.  2  n,  X. 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.   Von  Paul  Scholz.  269 

wendige  Folge  der  in  diesem  Paragraphen  angegebenen  und ,  wie  sich  aus 
den  Citaten  ergiebt,  allgemein  anerkannten  Voraussetzungen  sind  und  da- 
mit zugleich  die  Bedingungen  und  Grenzen  der  Giltigkeit  der  gefundenen 
SXtze  bestimmen*). 

f.  2.  Bezieliung  der  Gmndgebilde  auf  einander«    Gebilde  mit  nnendlicli 

entferntem  Träger« 

5  a)  Den  Sätzen  in  No.  2  und  3  zufolge  kann  jede  Punktreihe  einer 
Ebene  auch  als  der  Inbegriff  aller  Strahlbüschel  dieser  Ebene  aufgefasst 
werden ,  welche  einen  und  denselben  Strahl,  nftmlich  den  Träger  der  Punkt- 
reihe,  gemeinschaftlich  haben;  jeder  ebene  Strahlbtischel  kann  als  der  In- 
begriffaller Punktreihen  dieser  Ebene  aufgefasst  werden,  welche  einen  und 
denselben  Punkt,  nämlich  den  Mittelpunkt  des  Strahlbüschels,  gemeinschaft- 
lich haben,  und  jeder  Ebenenbüschel  als  der  Inbegriff  aller  Strahlbüschel  im 
Räume,  welche  einen  Strahl,  die  Axe  des  Ebenenbüschels,  gemeinschaftlich 
haben. 

6)  Liegt  ein  Punkt  a  in  einer  Geraden  a,  und  diese  Gerade  a  in  einer 
Ebene  9[,  so  sagen  wir:  der  Punkt  a  liege  perspectivisch  mit  der 
Geraden  a  und  mit  der  Ebene  %,  die  Gerade  a  liege  perspectivisch 
mit  dem  Punkt  a  und  mit  der  Ebene  91 ,  die  Ebene  %,  liege  perspectivisch 
mit  dem  Punkt  a  und  mit  der  Geradon  a, 

6a)  Aus  No.  3  und  5  folgt:  In  je  zwei  Gebilden  (Punktreihe,  Strahl- 
bttschel,  Ebenenbüschel)  verschiedener  Art,  deren  Träger  nicht  perspecti- 
viBch  mit  einander  liegen ,  liegt  jedes  Element  des  einen  Gebildes  perspec- 
tivisch mit  je  einem  Element  des  anderen  Gebildes,  welches  sein  entspre- 
chendes heisse;  je  zwei  aufeinanderfolgende  Elemente  des  einen  Gebil- 
des können  nur  zwei  aufeinanderfolgenden  Elementen  im  anderen  Gebilde 
entsprechen.  Die  drei  Grundgebilde  sind  also  in  Bezug  auf  ihre  in  No.  I 
bezeichneten  Elemente  von  gleicher  Mächtigkeit,  sie  enthalten  jedes  gleich 
viel  Elemente. 

6)  Wenn  daher  ein  Element  des  einen  Gebildes  nach  einnnder  in  einem 
und  demselben  Bewegungssinue  die  Lage  aller  anderen  Elemente  seines 
Gebildes  einnimmt,  so  muss  das  in  dem  anderen  Gebilde  ihm  entsprechende 
Element  ebenfalls  die  Lage  aller  anderen  Elemente  seines  Gebildes  einneh- 
men und  zwar  in  einem  von  dem  Bewegungssinn  des  ersten  abhängigen 
BewegnngSMinne,  so  dass,  wenn  das  eine  don  entgegengesetzten  Bewegungs- 
sinn einschlägt,  auch  das  andere  den  seinigen  ändern  muss.     Dem  einen 

*)  Dies  möge  zugleich  als  Rechtfertigung  dafür  dienen,  dass  in  der  Fol^e  auch 
einige  Sätze  angeführt  und  bewiesen  werden,  welche  schon  von  v.Staudt  inscinerOeo- 
Dietrie  der  Lxge  und  den  BeitrHgen  zu  derselben  angegeben,  zumal  Verfasser,  treu  die 
von  dem  grossen  Meister  Steiner  aufgestellte  Regel  befolgend,  erat  nachdem  der 
Inhalt  dieses  Aufsatzes  durch  eigene  Untersnehnng  gefunden  und  in  seineu  ^^%«tiV 
liehen  Theilen  festgestellt  war,  sich  das  v.  Standt^scVie  BwcVi  mw  N^T%c\vtw^«Ti  w(v<:^\.^. 


270        Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 


'  -^^  *  -^  -^  ^-^ « 


Bewegungssinn  in  irgend  einem  der  Grundgebilde  entspricht 
demnach  in  allen  auf  die  in  a)  angegebene  Weise  perspectiv 
vi  seh  auf  dasselbe  bezogenen  Grundgebilden  ein  bestimmter 
Bewegungssinn,  dem  anderen  der  entgegengesetzte*). 

r)  Aus  den  Sätzen  des  §.  1  folgt  hiernach  ferner:  Die  sSmmtlichen 
Strahlen  eines  ebenen  Strahlbüschels  müssen  die  Ebene  desselben  vollstän- 
dig in  allen  ihren  Punkten  bedecken,  so  aber,  dass  jeder  vom  Mittelpuukt 
des  Büschels  verschiedene  Punkt  derselben  stets  nur  durch  einen  einzigen 
Strahl  und  von  diesem  mit  einem  einzigen  Punkte  bedeckt  wird ;  die  sümmt- 
lichen  Ebenen  eines  Ebenenbüschels  müssen  den  Kaum  vollständig  in  allen 
seinen  Punkten  erfüllen ,  so  dass  durch  jeden  seiner  von  der  Axe  des  Bü- 
schels verschiedenen  Punkt  nur  eine  Ebene  desselben  geht. 

7  a)  Dass  die  in  No.  1  ausgesprochenen  Voraussetzungen  auch  für  die 
Punktreihe,  deren  Träger  die  unendlich  entfernte  Gerade  g^  einer  Ebene 
ist,  und  für  ebene  Strahlbüschel,  deren  Mittelpunkt  ein  unendlich  entfern- 
ter l^unkt  ist,  gelten  müssen,  wenn  sie  für  endliche  Pnnktreihen  und  Strahl- 
büschel mit  endlichem  Mittelpunkt  gelten,  lässt  sich  mit  Hilfe  der  Grund- 
sätze in  No.  2  und  3  wie  folgt  beweisen: 

Irgend  eine  endliche  Gerade  a  kann  von  allen  mit  ihr  in  einer  und  der- 
selben Ebene  liegenden  Geraden,  von  denen  sie  nicht  in  endlichen  Punkten 
geschnitten  wird,  nur  in  dem  einen  unendlich  entfernten  Punkt  a*  ge- 
schnitten werden,  den  sie  nach  No.  36  enthält;  und  alle  diese  Geraden  bil- 
den einen  ebenen  Strahlbüschel  mit  unendlich  entferntem  Mittelpunkt  (No.5), 
welchem  auch  a  angehört.  Ist  b  irgend  eine  andere  endliche  Gerade  der- 
selben Ebene,  welche  a  in  einem  endlichen  Punkte  schneidet,  so  geht  nach 
No.  2  und  3a  durch  jeden  Punkt  von  b  eine  und  nur  eine  Gerade,  welche 
zugltfich  mit  a  den  unendlich  entfernten  Punkt  a*  gemeinschaftlich  hat, 
also  ein  und  nur  ein  Strahl  des  Büschels  a*^  ;  wegen  No.  3a  gie.bt  es  aber 
keinen  Strahl  des  Büschels  a^  ,  welcher  nicht  einen  Punkt  mit  b  gemein- 
schaftlich hHtte;  andererseits  können  nach  No.  2  zwei  von  einander  ver- 
schiedene Strahlen  eines  ebenen  Strahlbüschels  %  mit  endlichem  Mittelpnnkt 
nie  denselben  unendlich  entfernten  Punkt  enthalten,  und  nach  No.  36  giebt 
es  keine  Gerade  derselben  Ebene,  deren  unendlich  entfernter  Punkt,  also 
überhaupt  keinen  unendlich  entfernten  Punkt  in  dieser  Ebene,  welcher  nicht 
mit  h  einen  Strahl  des  Büschels  bestimmen  müsste. 

b\.  Die  Strahlen  eines  ebenen  Strahlbüschels  mit  unendlich  entfern- 
tem Mittelpnnkt  (eines  Parallelstrahlbüschels)**)  folgen  daher  ebenso  stetig 
auf  einander,  wie  die  Punkte  einer  endlichen  Punktreihe  und  sind  ein  Ge- 
bilde von  gleicher  Mächtigkeit  als  diese. 


*)  V.  St  Audt,  Beitrüj^c  zur  Geometrie  der  Lage,  erstes  lieft,  No.  47.    Schroe- 
ter,   Theorie  der  Kegelschnitte  §.  4. 

**)  V.  Staudt,  Geometrie  der  Lnge,  No.  41. 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paui.  Scholz.  271 


^^^^»%^»»^i^'^^>^i^>^^^^^ 


2.  Die  Punkte  einer  unendlich  entfernten  Goraden,  das  sind  die 
Bämmtlichen  unendlich  entfernten  Punkte  einer  Ehene,  folgen  eben  so 
stetig  auf  einander,  als  die  Strahlen  eines  Strahlbüschels  mit  endlichem 
Mittelpunkt  und  sind  ein  Gebilde  von  gleicher  M'^chtigkcit  als  diese*). 

3.  Die  Elemente  eines  ebenen  Parallelstrahlbiischels  wie 
die  der  unendlich  entfernten  Geraden  einer  Ebene  bilden  da- 
her eine  stetige,  sich  seil  liessende  Aufeinanderfolge  von  der 
in  No.  1  angegebenen  Beschaffenheit,  wie  die  Grundgebilde 
mit  endlichen  Trägern **). 

c)  Der  Bewegungssinn  eines  die  unendlich  entfernte  Punktreilie  g^ 
durchlaufenden  Punktes  wird  daher  in  der  Hinsicht,  ob  er  an  irgend  einer 
Stelle  geändert  wird  oder  nicht,  da  diese  Gerade  sich  der  Anschauung  ent- 
zieht, nach  dem  Drehsinn  des  mit  ihm  perspectivischen  Straldes  eines 
Strahlbüschels  mit  endlichem  Mittelpunkt,  und  der  Bewegungssinn  eines 
einen  Parallelstrahlbüschel  durchlaufenden  Strahles  nach  dem  Richtungs- 
sinn des  mit  ihm  perspectivischen  Punktes  einer  endlichen  Punktreihe  be- 
nrtheilt.  Vgl.  No.  4lrtrf'.  Die  auf  den  Voraufisetzungen  des  §.  1  beruhen- 
den Folgerungen  gelten  daher  für  die  unendlich  entfernte  Pnnktreihe  und 
für  Strahlbüschel  mit  unendlich  entferntem  Mittelpunkt  in  ganss  gleicher 
Weise,  wie  für  Strahlbüschel  mit  endlichem  Mittelpunkt  und  endliche  Punkt- 
reihen. 

(T)  Ebenso  lässt  sich  zeigen,  dass  die  Voraussetzungen  in  No  1  .auch 
für  jeden  in  der  unendlich  entfernten  Ebene  liegenden  Strahlbüschel  und 
für  jeden  Ebenenbüschel,  dessen  Axe  eine  unendlich  entfernte  Gerade  ist, 
gelten,  wenn  sie  für  die  entsprechenden  Gebilde  mit  endlichen  Trägern  gel- 
ten; doch  bedürfen  wir  für  unsern  Zweck  dessen  nicht,, da  wir  uns  in  die- 
ser Abhandlung  überhaupt  auf  Gebilde  beschränken,  welche  mit  allen  ihren 
Elementen  in  einer  endlichen  Ebene  liegen,  und  nur  da  darüber  hinaus- 
gehen ,  wo  es  uns  darauf  ankommt,  zu  zeigen,  wie  leicht  diese  Entwickelun- 
gen  auch  auf  räumliche  Gebilde  zu  übertragen  sind,  dass  ihr  Charakter 
also  ein  durchaus  allgemeiner  ist. 


§•8.  Streeke.   Winkel.  InterTall. 

8ö)  Die  ganze  Aufeinanderfolge  der  Punkte  einer  Geraden  wird  we- 
gen No.  1  durch  irgend  zwei  ihrer  Punkte  a  ,  a^  in  zwei  Gruppen  getheilt. 
Den  Inbegriff  aller  der  Elemente  der  Geraden ,  deren  Lage  ein  in  einem 

und  demselben  Bewegungsainne  von  a   (oder  von  a^)  aus  auf  der  Geraden 


♦)  Schrooter,  die  Theorie  der  Kegelschnitte  1867.     S.  80. 
*♦)  V.  Staudt,  Geometrie  der  Lage,  §.5,  insbesondere  No,  56.    Rö^^^<i^^- 
metrie  der  Lage,  Vortrag  2. 


272      Die  projectivischen  Eigenschafton  der  gewöhnlichen  und 


•  <^i^w^«^r^^/^^ 


tfich  stetig  bewegender  Punkt  einnimmt,  bis  er  nach  a*  (a  j  gelangt,  also 
die  sämmtliclien  Punkte  einer  der  beiden  Gruppen  in  ihrer  Aufeinander- 
folge und  Lage  nennen  wir  eine  durch  a  und  a^begrenzte  Strecke  a^  ^'; 
jede  ist  die  Ergänznngsstrecke  der  anderen*).     Die  Punkte  a    und 

a^  nennen  wir  die  Grenzpunkte  derselben. 

b\.  Durch  Angabe  irgend  eines  dritten  von  den  Grenzpunkten  ver- 
schiedenen Punktes  a^  lassen  sicli  die  beiden  Strecken  unterscheiden  und 
damit  die  beiden  Bewegungssinne,  in  welcheu  von  einem  der  beiden  Grensb- 
punkte  ausgehend  die  Punkte  der  beiden  Strecken  auf  einander  folgen.    Wir 

bezeichnen  durch  a^  ^^^  diejenige  der  durch  a^  und  a*  begrenzten  Strecken 

der  Geraden  a,  welche  den  Punkt  a^  nicht  enthält,  mit  a^**'*')  diejenige, 
welche  ihn  enthält. 

2.  Sind  beide,  wie  diese  Bezeichnung  angiebt,  von  demselben  Anfangs- 
punkt aus  beschrieben  zu  denken,  so  folgen  die  Punkte  der  beiden  Strecken 
nach   No.  I    in    entgegengesetztem  Bewegungs-   oder  Bichtungssinne   auf 

einander,  so  dass  durch  die  Aufeinanderfolge  der  Punkte  a^  a*  a*^oder  kür- 
zer der  Indices  Xx  v  der  eine,  durch  die  Aufeinanderfolge  der  Punkte  a  ^^ 
oder  XvT  der  andere  der  beiden  möglichen  Bewegungssinue  auf  der  Geraden 

a  fixirt  ist.    So  werden  durch  a^^^^*'  und  a^**^*' die  Punkte  derselben  Strecke, 

aber  in  entgegengesetzter  Aufeinanderfolge,  durch  a^**'^  und  a^^*"^  die 
Punkte  der  anderen  Strecke  in  entgegengesetzter  Aufeinanderfolge,  durch 
dV^*)*'  und  oS''^^)  die  Punkte  beider  Strecken  in  der  durch  denselben  Bewe- 
guugssinn  bestimmten  Aufeinanderfolge  bezeichnet. 

Demnach  ist  a^**)  °^  die  endliche  der  beiden  Strecken  a^**\  a^i*0 
diejenige,  welche  den  unendlich  entfernten  Punkt  enthält 

Auch  durch  die  Bezeichnung  a^^i'^^und  a^  ^'^^  werden  wir  öfters 
die  beiden  Strecken  unterscheiden.     Vergl.  No.  15. 

cl.    Ist  einer  der  beiden  Grenzpunkte  auf  einer  endlichen  Geraden  a, 

etwa  a^  identisch  mit  dem  unendlich  entfernten  Punkte  a^  ,  so  nennen  wir 
^lie  beiden  Strecken  die  Halbstrahlen  der  Geraden  a  in  Bezug  auf  den 

Punkt  a  ,  die  wir  entweder  durch  einen  dritten  Punkt  oder  durch  die  Be- 
zeichnung a^  1*^  oS  ^^^  unterscheiden. 

2.  Bewegt  sich  ein  Punkt  a^  auf  einem  der  Halbstrahlen  von  a  in  Be- 
zug auf  a^  in  dem  Bewegungssinne  a^^^  ,  so  sagen  wir:  er  entfernt  sich 

von  dem  Punkt  a^;  bewegt  er  sich  in  dem  Sinne  a*  *  =a*^*,  so  sagen  wir: 
er  nähert  sich  dem  Punkt  a  . 

9  a)  Ebenso  werden  die  sämmtlichen  Strahlen  s  eines  ebenen  Strahl- 
bUchcls  i  durch  zweidcrselben^^,  ^^,  die  wir  die  Grenzstrahlen  nennen. 


*)y.jStaudt,  Geometrie  der  Lage,  No.öl.  Keye^JQeoinetrie  der  Lage  1866.  S.O. 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.   Von  Paul  Scholz.  273 

in  Ewei  Gruppen  geth^ilt;  die  sämmtlichen  Strahlenjcder  der  beiden  Grup- 
pen in  ihrer  Lage  und  Aufeinanderfolge  von  dem  einen  der  beiden  Grenz- 
strahlen aus  nennen  wir  einen  durch  Si  und  s^  begrenzten  Winkel,  nach 

v.Staudt's  Bezeichnung  einen  vollkommenenWinkel  5nt)i  ^®*  *(^|») 
der  eine  derselben,  so  ist  5n _^)  der  andere,  sein  Ergänzungswinkel. 

Ist  $^  ein  dritter  Strahl  des  Büschels,  so  ist  ^i^r)»  ^®^  ®^°®  ^^^  beiden  Win- 
kel ^(Xt)«  clerjenige,  Welcher  den  Strahl  Sp  nicht  enthält,  s  iy^\  der  andere^ 
welcher  den  Strahl  s^  enthält. 

b)  Auch  hier  wird  der  Bewegungs-  oder  Drehsinn  eines  einen  Winkel 
von  einem  seiner  Grenzstrahlen  aus  beschreibenden  Strahles  und  damit 
die  Aufeinanderfolge  der  Strahlen  des  Winkels  von  einem  seiner  Grenz- 
strahlen aus  durch  die  Reihenfolge,  in  welcher  drei  Strahlen  desselben  oder 
ihre  Indices  darin  auftreten,  fixirt,  so  dass  z.  B.  die  beiden  durch  si  und  s^ 

begrenzten  Winkel,  in  demselben  Drehsinn' beschrieben,  durch  ^Q^\,nnd 
^(rvX)  bezeichnet  werden. 

cl.  Ist  0  der  Mittelpunkt  des  Strahlbüschels  ein  unendlich  entfernter 
Punkt,  so  ist  auch  die  unendlich  entfernte  Gerade  g^  ein  Strahl  des  Bü- 
schels,  also  wenn  s.  und  s^  endliche  Strahlen  desselben,  ^nr)oo  derjenige 

Winkel  (Parallelstreif-an),  welcher  die  Gerade  g^  nicht  enthält,  und  ^Mqo») 
derjenige,  welcher  sie  enthält. 

2.  Ist  aber  d  ein  unendlich  entfernter  Punkt,  s^^  ein  endlicher  Strahl 
des  Büschels  jg,  aber 5^ =^gp,  so  nennen  wir  die  entstehenden  Winkel  die  bei- 
den Halbebenen  in  Bezug  auf  die  Gerade  Sj^^  welche  wieder  durch  An- 
gabe eines  dritten  Strahles  s^  oder  eines  endlichen  Punktes  a^  unterschieden 
werden,  so  dass  ^(Ix)»  ^'®  ®^*°®  ^®^>  welche  den  Strahl  s^  oder  den  Punkt 
a*' nicht  enthält,  und  Snp(Xi)=^(x)vX)  ^*6  andere,  welche  s^  oder  a**  enthält. 

d)  Der  Inbegriff  aller  derjenigen  Halbstrahlen  der  einen  Winkel  «(Xvr) 
bildenden  Strahlen ,  welche  von  demselben  Halbstrahl  eines  den  Winkel 
von  einem  seiner  Grenzstrahlen  aus  in  einem  und  demselben  Bewegungs- 
sinne einmal  durchlaufenden  Strahles  gedeckt  werden,  heisstnach  v.  Stau  dt 
ein  einfacher  Winkel;  der  Inbegriff  der  übrigen  Strahlen  bildet  den 
Scheitelwinkel.  Von  jedem  Strahl  eines  vollkommenen  Winkels  liegt 
daher  ein  Halbstrahl  in  dem  einen,  der  andere  in  dem  anderen  der  einfachen 
Winkel,  aus  denen  er  besteht.  Unter  dem  Ausdruck  „Winkel^^  ohne  das 
Attribut  „einfach^*  verstehen  wir  immer  einen  vollkommenen  Winkel ,  und 
zwar  einen ,  der  nur  einen  Theil  der  Strahlen  des  Büschels  enthält. 

e)  Analoges  wie  für  den  Strahlbüschel  lässt  sich  auch  für  den  Ebenen- 
büschel festsetzen.     Vergl.  No.  Id. 

10.  Unserer  Definition  gemäss  (No.  9a)  liegt  jeder  von  den  Grenz- 
strahlen verschiedene  Strahl  eines  StrahlbüscheU ,  da  ev  Ti«^<!\i^Q.'b  %»Ov\<^w 


274  Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

den  Mittelpunkt  mit  den  Grenzstrahlen  gemeinschaftlich  hat,  zufolge  No.2 
dieselben  aber  nicht  noch  einmal  schneiden  kann,  in  einem  von  denselben 
begrenzten  Winkel  ganz  mit  allen  seinen  Punkten,  wenn  wir  wissen,  dass 
einer  seiner  vom  Mittelpunkt  verschiedenen  Punkte  in  diesem  Winkel  liegt, 
d.  i.  in  dem  von  seinen  Grenzstrablen  begrenzten  und  den  Strahlen  des 
Winkels  bedeckten  Gebiet  der  Ebene  sich  befindet. 

a)  Die  Strahlen  eines  Winkels  müssen  daher  das  durch  die  Grenz- 
strahlen von  der  EbeiTe  ausgeschnittene  Gebiet,  in  welchem  einer  derselben 
liegt ,  ganz  mit  allen  Punkten  erfüllen  und  bedecken ,  so  dass  jeder  Punkt 
desselben  stets  von  einem  und  nur  einem  einzigen  Strahl  dieses  Winkels  und 
von  diesem  nur  mit  einem  einzigen  Punkte  bedeckt  wird,  von  dem  Ergän- 
zungswinkel aber  nicht  ein  einziger  Strahl  oder  Punkt  eines  solchen  in  ihm 
liegt. 

b)  Insbesondere  liegt  jeder  Strahl  eines  Strahlbüschels  mit  unendlich 
entferntem  Mittelpunkt  ganz  in  einem  von  zwei  anderen  Strahlen  seines 
Büschels  gebildeten  Parallelstreifen  also  wenn  einer  der  beiden  Grenz- 
strahlen  die  unendlich  entfernte  Gerade  ist,  ganz  in  einer  der  beiden  Halb- 
ebenen  in  Bezng  auf  den  anderen  Grenzstrahl. 

c)  Ebenso  rauss  ein  Halbstrahl  eines  Büschels  in  einem  von  zwei  ande- 
ren Halbstrahlen  desselben  Büschels  begrenzten  einfachen  Winkel,  in  wel« 
ehern  einer  seiner  vom  Mittelpunkt  verschiedenen  Punkte  sich  befindet, 
ganz  mit  allen  seinen  Punkten  liegen. 

d)  Zufolge  No.  2,  3  und  10  können  wir  den  Satz  aussprechen:  Jede 
Kbene  wird  durch  je  zwei  in  ihr  gelegener  Geraden  in  zwei  Winkel  getheilt, 
welche  dem  Strahlbüschel  angehören,  dessen  Mittelpunkt  der  den  beiden 
Geraden  gemeinschaftliche  Punkt  ist. 

1 1  a)    Wie  bisher  wollen  wir  auch  im  Folgenden  irgend  einen  Strahl 

eines  Strahlbüschels  jg^  durch  das  Zeichen  s  ,  irgend  einen  Punkt  einer  ge- 
raden Punktreihe  a^  durch  das  Zeichen  a?  markiren.     Jeden  Strahl    eines 

Büschels  i^^,  also  auch  den  das  Büschel  durchlaufenden  Strahl  wollen  wir 
mit  6^,  jeden  Punkt  einer  Punktreihe  a^^  also  auch  den  dieselbe  durchlau- 
fenden Punkt  wollen  wir  mit  a;^  bezeichnen.  Wir  werden  ferner  den  Schnitt- 
punkt einer  Geraden  a  mit  einem  Strahl  s    durch  a  ,    den   einer   Geraden 

aj,  mit  einer  Geraden  s^  durch  a.  oder  d     bezeichnen,  die  Gerade,  welche 

fc 
die  beiden  Punkte  Ä  und  af  enthalt  und  durch  dieselben  bestimmt  ist,  mit 

if  ,  die  Gerade,  welche  mit  den  beiden  Punkten  a    und  h^  perspectivisch  liegt, 

mit  n    oder  5,. 

h)   Wenn  wir  von  dem  durch  die  Elemente  k  und  r  begrenzten  und  das 
Element  v  ontbalteuden,  durch  das  Symbol  {kvx]  bezeichneten  Intervall 


ansgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  275 

• 

eines  der  Grnndgebilde  sprechen,  so  verstehen  wir  daranter  sowohl  die 
durch  die  Pankte  a^  und  a*  begrenzte,  den  Punkt  a*'  enthflltende  Strecke 
a^  '  einer  Geraden  a,  als  auch  den  durch  die  Strahlen  s^  und  s^  begrenz- 
ten, den  Strahl  s^  enthaltenden  Winkel  s^vr)  eines  Strahlbüschels  d,  sowie 

den  dnrch  die  Ebenen  ®^  und  @^  begrenzten,  die  Ebene  &'  enthaltenden 
Flftchenwinkel  ©C^**^)  eines  Ebenenbüschels  s, 

12a)   Wir  können  so  den  allgemeinen  Satz  aussprechen: 

1.  Die  ganze  Aufeinanderfolge  der  Elemente  eines  der  bezeichneten 
Grundgebilde  wird  durch  irgend  zwei  derselben  A,.t  in  zwei  Gruppen  ge- 
theilt;  den  Inbegriff  aller  der  Elemente  des  Gebildes,  deren  Lnge  ein  in 
einem  und  demselben  Bewegungssinne  von  A(t)  aus  stetig  das  Gebilde  durch- 
laufendes Element  einnimmt,  bis  es  nach  t(A)  gelangt,  also  die  sämmtlichcn 
Elemente  einer  der  beiden  erwähnten  Gruppen  nennen  wir  ein  Intervall 
(Ar)  [(Ti)]. 

2.  Von  demselben  Grenzelement  aus  kann  von  einem  lau- 
fenden Element  in  demselben  Bewegungssinne  (No.  1)  immer 
nur  dasselbe  Intervall  und  im  entgegengesetzton  Bewegungs- 
sinneimmernurdasErgänzungsintervallbeschriebenwerden. 

Hieraus  und  aus  No.  1  folgt  ferner: 

3.  Die  beiden  durch  irgend  zwei  Elemente  eines  der  Grund - 
gebilde  begrenzten  Intervalle  ergänzen  sich  zu  dem  ganzen 
Gebilde  und  schliessen  einander  aus,  so  dass  kein  Element  des 
einen  Intervalles  zugleich  dem  anderen  angehören  kann. 

b)  Je  ein  Element  des  einen  und  ein  Element  des  anderen  der  durch 
zwei  beliebige  von  einander  verschiedene  Elemente  k  und  r  in  einem  der 
Grundgebilde  bestimmten  Intervalle  sind  einerseits  durch  das  eine,  folglich 
andererseits  durch  das  andere  Grenzelement  getrennt;  wir  nennen  so  gele- 
gene Elemente  ein  Elementenpaar  (Punkten-,  Strahlen-,  Ebenen- 
paar) der  ersten  Art  in  Bezug  auf  die  Grenzelemente  i  und  r. 

c)  Je  zwei  Elemente  eines  und  desselben  Intervalles  sind  einerseits 
durch  keines,  folglich  andererseits  durch  beide  Grenzelemente  getrennt; 
wir  nennen  so  gelegene  F^lcmente  ein  Elementenpaar(Punkten-, Strah- 
len-, Ebenenpaar;  der  zweiten  Art  in  Bezug  auf  die  Grenzelemento 
X  und  T. 

d)\.    Fallen    das  eine  Element  eines  Elementenpaares  in  einem  der 
Grundgebilde  mit  einem  der  beiden  Grenzelemente  zusammen,  oder 
2.    fallen  beide  mit  beiden  Grenzelementen  oder  in  einem  derselben 
zusammen,  oder 

3.  wird  eines  der  Elemente  des  Elementenpaaros  unbestimmt  oder 

4.  wird  eines  der  Gronzelomente  unbestimmt) 


276       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

8o  können  wir  ein  solches  Elementenpaar  sowohl  denen  der  ersten  Art,  wie 
denen  der  zweiten  Art  zuzählen,  ausschliesslich  aher  weder  den  einen,  noch 
den  andern;  ein  solches  Elementenpaar  nennen  wir  ein  Elementen- 
paar (Punkten-,  Strahlen-,  Ehenen-Paar)  der  drittenArt  in 
zug  auf  die  Orenzelemente  X  und  r. 

13  a)  Hiernach  bilden  zwei  unendlich  nahe  oder  zusammenfallende,  von 
den  Grenzelementen  verschiedene  Elemente  stets  ein  Elementenpaar  der 
zweiten  Art. 

b)  Sind  die  Grenzelemente  zwei  unendlich  nahe  oder  zusammenfallende 
Elemente,  so  bilden  je  zwei  von  ihnen  verschiedene  Elemente  ein  Elemen- 
tenpaar der  zweiten  Art. 

c)  n  in  einem  und  demselben  oder  ein-  oder  mehrmal  ver- 
änderten Bewegungssinne  stetig  auf  einanderfolgende  Ele- 
mente eines  der  Grundgebiide,  deren  keines  mit  einem  der 
Grenzelemente  zusammenfällt,  müssen  zufolge  No.  1  und  12a' 
sämmtlich  in  demselben  Intervall  liegen. 

d)  Bilden  zwei  Elemente  a,  x  eines  der  Grundgebilde  in 
Bezug  auf  zwei  andere  Elemente  X,  r  desselben  als  Grenxele- 
mente  ein  Elementenpaar  der  ersten,  zweiten  oder  dritten 
Art,  so  bilden  dieElementeA,  rin  Bezug  au  fdie  Elemente  a^n 
als  Grenzelemente  ebenfalls  resp.  ein  Elementenpaar  der  er- 
sten, zweiten  oder  dritten  Art. 

§•  4.  Bewegongssinn.  Folgerungen« 

1 4  a)  Ein  Bewegnngssinn  in  einem  der  Grundgebilde  ist  eindeutig  be- 
stimmt 

1.  durch  Angabe  der  Aufeinanderfolge  irgend  zweier  benachbarter 
Elemente  (No.  1); 

2.  durch  Angabe  eines  Intervalles  und  desjenigen  Grenzelementes, 
von  welchem  ausgehend  ein  Element  dasselbe  durchlaufen  soll 
(No.  12a); 

3.  durch  Angabe  der  lieihenfolge,  in  welcher  beliebige  drei  Elemente 
des  Gebildes  aufeinander  folgen  8ollen"(No.  12a*). 

6)  Es  wird  derselbe  Bewegungssinn  bestimmt,  wenn  statt  eines  der 
drei  Elemente  irgend  ein  anderes  mit  ihm  in  demselben  der  von  den  beiden 
anderen  Elementen  bestimmten  Intervalle  befindliches  Element  gesetzt  wird 
(No.  12a*,  14  a«). 

c)  Verändern  daher  die  drei  Elemente  ihre  Lage,  so  dass 
jedes  stets  in  demselben  der  von  den  beiden  an  deren  bestimm- 
ten Intervalle  bl  eibt,  so  bezeichnen  sie  in  jed  er  Lage  densel- 
ben Bewegungssinn;  fallen  zwei  derselben  zusammen,  so  wird  die  Be- 

♦)  Schroeier,  die  Theorie  der  Kegelschnitte,  1867,  §.4.  —  v.  Staudt,  Bei- 
/rä^'e  zur  Oeoweirie  der  Lage,  erstes  Heft,  No.  47. 


auagezeichneten  Elemente  ebener  Ourven.  Von  Paul  Scholz.  277 

Stimmung  des  Bewe^ungssiunes  illusorisch;  so  oft  ein  Element  eiues 
der  beiden  anderen  ttbersclireitet,  also  in  das  andere  der  von 
denselben  bestimmten  Interyalle  übergeht,  bezeichnet  die- 
selbe Aufeinanderfolge  den  dem  früheren  entgegengesetzten 
Bewegungssinn. 

15.  Ein  in  einem  der  Orundgebilde  von  der  Lage  X  aus  in  demselben 
Sinne  27  sich  bewegendes  Element  desselben  muss  von  den  durch  A  und 
ein  beliebiges  anderes  Element  r  begrenzten  Intervallen  zunächst  das  eine, 
durch  den  Bewegungssinn  und  den  Anfangspunkt  bestimmte  durchlaufen, 
und  kann  nicht  eher  in  das  andere  Intervall  gelangen,  bis  es  alle  Elemente 
des  ersten  einmal  gedeckt  hat  (No.  I,  12a^). 

d)  Durch  jede  Lage  |  des  das  Gebilde  in  einem  und  demselben  Sinne 
2?  stetig  durchlaufenden  Elementes  und  ein  beliebig  gewähltes  Element  z 
wird  das  Gebilde  in  zwei  Intervalle  getheilt,  von  denen  das  eine  das  im 
Sinne  L  folgende  und  daher  nach  No.  1,  12a,  15  alle  di^  Elemente  enthält, 
deren  Lage  das  laufende  Element  einnehmen  muss,  bis  es  nach  x  gelangt, 
während  das  andere  das  im  Sinne  2?  vorhergehende  und  alle  die  Elemente  ent- 
hält, deren  Lage  das  laufende  Element  nicht  einzunehmen  braucht  und  nicht 
einnehmen  kann,  bis  es  im  Sinne  2?  das  erste  Mal  nach  r  gelangt  ist;  das 
erstere  bezeichnen  wir  mit  (||  t),  das  zweite  mit  (§  —  t)*). 

6)  Demnach  bezeichnen  wir  mit  Rücksicht  auf  No.  1,  wenn  A  das  An- 
fangselement, mit  (£  — A)  dasjenige  Intervall,  welches  das  laufende  Ele- 
ment von  der  Lage  X  aus  bereits  beschrieben ,  und  mit  (|  |  A)  dasjenige, 
welches  das  laufende  Element  zu  beschreiben  hat,  bis  es  wieder  nach  A 
gelangt. 

c)  Dasjenige  der  beiden  durch  zwei  Elemente  A,  r  begrenzten  Inter- 
valle, welches  das  in  einem  gegebenen  Sinne  27  auf  das  gewählte  Anfangs- 
element A  folgende,  also  auch  das  in  demselben  Sinne  27  dem  Endelement  r 
vorhergehende  Element  enthält,  ist  demzufolge  mit  (A  |t)  =  (t  —  A)  zu  be- 
zeichnen, das  andere  der  Intervalle  (At)  aber,  welches  das  in  dem  Sinne 
2»  dem  Element  A  vorhergehende,  also  das  im  Sinne  27  auf  das  Anfangs- 
element X  folgende  Element  enthält,  mit  (t  |  A)=(A  —  r). 

d)  Während  das  laufende  Element  das  Intervall  (A|  t)  von  der  Anfangs- 
lage A  an  stetig  beschreibt,  theilt  es  in  jeder  seiner  Lagen  dasselbe  in  zwei 
Theile  (A|)t  und  A(|r),  welche  wir  demgemäss  resp.  mit  (J  —  A)  und 
(|  I  t)  zu  bezeichnen  haben;  der  letztere  Theil  (|  |  x)  und  das  ganze  Inter- 
vall (t|A)=3(A — r)  bilden  das  Intervall  (§  |  A)  und  gehören  demselben  mit 
allen  ihren  Elementen  an  ;  der  erstere  Theil  (|  —  A)  und  das  Intervall  (A  —  x) 
bilden  d^  Intervall  (g  —  r).     Beschreibt  das  laufende  Element,  nachdem 


*)  Lesen  köimen  wir  diese  Symbole  resp:  f  plus  t  und  §  minus  r.  Der  vcrticale 
8trich  (j)  ist  der  Einfachheit  wegen  statt  des  gewöhnlichen  Pluszeichens  ^e«Qti.t. 
wurden. 


278        Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

,  ^^-  -  ^    ^    ■irs^*^'  .^^•«•-'. .-,--.•■'•'-••      ''■•-'■^*'*''  --^-f^-'*.*^-^ 

es  in  die  Lage  x  gelangt,  in  gleichem  Bewegnngssinn  das  Intervall  (r  |  A), 

so  theilt  es  in  jeder  seiner  Lagen  dieses  in  zwei  Theile  (|  —  t)=(S  |  X);  der 

erstere  Theil   (J— t)   und  das  ganze  Intervall  (A  |  T)=3(r  —  k)  bilden  mit 

allen  ihren  Elementen  das  Intervall  (|  — A),  der  letztere  Theil  (||  k)  und 

das  Intervall  (A  |  t)  bilden  das  Intervall  (|  |  r). 

Während  daher  das  laufende  Element  das  Intervall  (A  1 1)  beschreibt, 

ist  A  ein  Element  des  Intervalles  (|  —  t);   während  es  das  Intervall  (r  |  A) 

=  (A  —  t)  beschreibt,  gehört  A  dem  Intervall  (|  1 1)  an. 

e)    Sind  demnach  ^,  ij  zwei  beliebige  Lagen  des  laufenden  Elementes, 

so  ist  stets  eines  der  Intervalle  (J  —  r),  (i?~t)  ein  Theil  des  anderen  und 
eines  der  Intervalle  (S  |  r),  (i?  |  r)  ein  Theil  des  anderen;  aber  die  Intervalle 
(^  I  r)  und  (fi — t),  (|  — r)  und  (vj\t)  haben  das  eine  Paar  kein  einziges  Ele- 
ment gemeinschaftlich,  das  andere  nur  das  Intervall  (£17) r. 

Elemente  des  Intervalles  (|r?/)  können  daher  nur  zwei  Intervallen  ge- 
meinschaftlich sein^  welche  in  ihrem  Zeichen  entweder  beide  den  verticalen 
oder  beide  den  horizontalen  Strich  enthalten,  Elemente  des  Intervalles 
({ij)r  nur  zwei  Intervallen,  von  denen  das  eine  den  verticalen,  das  andere 
den  horizontalen  Strich  in  seinem  Zeichen  enthält. 

ß  Ferner  folgt  aus  Ibdi  Ist  v  ein  Element  des  Intervalles  (A  |  t),  so  ' 
ist,  während  das  laufende  Element  ^  das  Intervall  (Av)r  beschreibt,  allen 
Intervallen  (g  — t)  der  Theil  (tA)v,  allen  Intervallen  (||  t)  der  Theil  A(vt) 
gemeinschaftlich;  während  |  das  Intervall  A(vr)  beschreibt,  ist  allen  Inter- 
vallen (I  —  t)  der  Theil  (tAv)  und  während  |  das  Intervall  v(rA)  beschreibt, 
ist  allen  Intervallen  ($|  r)  der  Theil  (Avr)  gemeinschaftlich. 

16..  Aus  No.  1  und  12«  geht  hervor: 

a)  Hat  ein  Element  eines  der  Orundgebilde  in  demselben  in  einem  ge- 
gebenen Bewegungssinne  Avr  ein  Intervall  (Avt)  voi)  der  Lage  A  an  durch- 
laufen und  bewogt  es  sich  in  demselben  Sinne  weiter,  so  beschreibt  es  das 
zweite  der  durch  A  und  r  begrenzten  Intervalle  (tA)  v;  ändert  es  aber  in  der 
Lage  T  den  Bowegungssinn,  so  muHS  es  in  das  erste  Intervall  zurückkehren. 

b)  Sind  demnach  drei  aufeinanderfolgende  von  einander  verschiedene 
Lagen  a,  ß^  y  eines  in  einem  der  Giundgebilde  sich  bewegenden  Elementes 
so  beschaffen,  dass,  wenn  t^  irgend  eines  der  übrigen  von  a,  ß,  y  verschie- 
denen Elemente  ist,  a  und  /  nicht  in  demselben  der  durch  t^  und  ß  begrenz- 
ten Intervalle  sich  befinden,  also  /  nicht  in  (j^ciß)  liegt,  so  folgen  die  drei 
Lagen  aßy  in  demselben  ßewegungssinne  auf  einander,  und  wir  nennen  ß 
ein  gewöhnliches  Element;  befinden  sich  aber  y  mit  a  in  demselben 
Intervall,  so  dass  ['^oiß)  =  {}\fyß^,  so  hat  das  sich  bewegende  Element  in 
der  Lage  ß  seinen  Bewegungssinn  geändert,  in  den  entgegengesetzten  ver- 
wandelt; wir  nennen  dann  j?  ein  Kückkehrelemen t.  Hierbei  ist  nicht 
ausgeschlossen,  dass  in  dem  Elemente  ß  mehrere  in  der  Bewegung  des  lau- 
fenden Elementes  aufeinanderfolgende  Lagen  zusammenfallen  (vereinigt 
smi\)f  y  ist  dann  die  erste  von  ß  veri>chiedcne  Lage  desselben. 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  279 

c)  Aeudert  das  laufende  Element^  naclidem  es  ein  Intervall  (jtp\ß)  be- 
schrieben, in  der  Lage  ß  den  Bewegungssinn  und  beschreibt  es  in  dem  ent- 
gegengesetzten Sinne  das  Intervall  (/?  —  qp)  =  (g)  | /?) ,  so  ist  daher  entwe- 
der (ß  —  g>)  ein  Theil  von  (t^|j3),  oder  (^  |  j3)  ein  Tlieil  von  (ß  —  g));  in 
dem  beiden  Intervallen  gemeinschaftlichen  Theile  ist  jedes  Element  dop- 
pelt zu  zählen  als  dem  einen  und  dem  anderen  Intervall  angohörig;  die  Ste- 
tigkeit erfordert  auch  von  dem  Grenzelement,  dem  Hückkehrclement  ß,  an- 
zunehmen, dass  in  ihm  zwei,  nämlich  zwei  aufeinanderfolgende  Lagen  des 
laufenden  Elementes  vereinigt  sind. 

17.  Bewegen  sich  daher  zwei  Elemente  §,^  eines  Grund- 
gebildes in  demselben,  rcsp.  von  den  LagenA  undr  aus  in  dem*- 
selben  Bewegungssinne,  so  beschreibt  das  eine  Eleuient  zu- 
nächst das  eine,  das  andere  Element  zunächst  das  andere  der 
durch  k  und  t  begrenzten  Intervalle  und  umgekehrt;  bewegen 
sie  sich  aber  in  entgegengesetztem  Bewegungssinn,  so  be- 
schreiben beide  dasselbe  Intervall  und  umgekehrt.  Im  ersten 
Falle  ist  es  nicht  nothwendig,  dass  die  beiden  Elemente  sich  begegnen,  im 
zweiten  begegnen  sie  sich  immer. 

a)  Ist  die  Bewegung  der  beiden  Elemente  ^,  p  nun  eine  solche,  dass, 
während  das  eine,  g,  von  X  aus  das  Intervall  (A.|t),  das  andere,  p,  von  r  aus 
das  Intervall  (t|A)  =  (A  —  i)  durchläuft,  so  dass  nie  beide  in  demselben 
Intervall  sich  befinden  und  sie  gleichzeitig  §  in  t,  ^  in  A  anlangen,  so  thei- 
len  je  zwei  gleichzeitige  Lagen  von  ^  und  p  das  ganze  Gebilde  in  zwei  In- 
tervalle, M-elche  nach  No.  15a  mit  (g|p)=(p  —  Q  und  (p||)=:(J — q)  zu  be- 
zeichnen sind,  und  deren  jedes  nach  No.  VZb  und  13«^  stets  eines  der  Ele- 
mente A,  T  enthält;  und  zwar  enthält,  so  lange  |  in  dem  Intervall  (A|t),  also 
^  in  dem  Intervall  (tJA)  sich  befinden,  das  Intervall  (S^C>)  =  (p  —  ^)  stets 
das  Element  t,  das  Intervall  (p{|)  =  (^  —  q)  stets  das  Element  A,  so  dass 
(II  r)  stets  ein  Theil  von  (^\q)  und  (|- A)  stets  ein  Theil  von  (|  — p),  (^|A) 
stets  ein  Theil  von  (^||)  =  (g  —  g)  und  (q  —  i)  stets  ein  Theil  von  (g  —  |) 
=  (§!(»)  ist.  Ist  danil  v  irgend  ein  Element  des  Intervalles  (A|r)y  und  ist, 
wenn  |  nach  v,  g  nach  v  gelangt,  welches  ein  Element  des  Intervalles 
(A  —  t)  ist,  so  folgt  aus  No.  15/: 

Während  I  das  Intervall  (A|v)  =  (Av)t  beschreibt,  sind  allen 
Intervallen  (||^)  die  sämmtlichen  Elemente  des  Intervalles 
(ii|t)  =  A(vt)  gemeinschaftlich  und  nur  diese,  allen  Intervallen 
(p||)  =  (|  — p)  die  sämmtlichen  Elemente  des  Intervalles  (v|A) 
=  t(i;A)=(A  —  v)  und  nur  diese;  während  |  den  Theil  (v|T)=tA(vT) 
durchläuft,  ist  allen  Intervallen  (|  — p)  der  Theil  (v  — A)  =  (A|v) 
=  (Av)t  gemeinschaftlich  und  sonst  kejn  Element,  allen  Inter- 
vallen (p  —  y=(4|())  der  Theil  (u -t)  =  (tIi;)=(ti;)A. 

b)  Durchläuft  ein  Element  eines  der  Grundgebilde  dasselbe  zweimal 
hintereinander  in  demselben  Bewegungssinne  von  der  Lage  A  an^  so  livVi^-^ 


280        Die  projectiviechen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

alle  diese  Lagen ,  wenn  wir  die  des  ersten  nnd  zweiten  Umlanfes  nnterschei- 
den,  ein  Gebilde,  von  welchem  der  Satz  in  No.  1  ebenfalls  gelten  mnss  mit 
seinen  sftramtlichen  Polgerangen.  Wir  denken  nns  die  Lagen  des  zweiten 
Umlanfes  auf  denen  des  ersten  liegend,  dann  haben  wir,  wenn  das  lanfendc 
Element  einen  Umlauf  vollendet,  nach  No.  15a  den  zweiten  Umlanf  mit 
(A|il),  den  ersten  mit  (k  —  iL)  zu  bezeichnen.  Lassen  wir  nun  zwei  auf- 
einanderliegende  Elemente  |$  gleichzeitig  sich  in  diesem  Gebilde  von  einer 
bestimmten  Lage  kl  an  in  bestimmtem  Bewegnngssinne  bewegen,  so  genü- 
gen dieselben  den  Hedingnngen  für  die  Bewegnng  der  Elemente  5  ond  q 
in  No.  17 <7;  wenn  das  eine  derselben  einen  Umlauf  gemacht,  hat  auch  das 
andere  einen  vollendet;  bei  jeder  Lage  von  ^|  enthält  jedes  der  beiden 
Intervalle  (||0»  0  —  S)  die  sümmtlichen  Elemente  des  einfachen  Gebildes 
einmal. 


|.  5«  PergpecÜTigehe  Intervalle. 

18.  Lediglich  als  Folgcrnng  ans  den  Voraussetzungen  und  Sätzen  in 
No.  1  ,  6,  7,  8,  9,  10,  15  ergiebt  sich: 

Ist  a  eine  beliebige  Punktreihe  in  der  Ebene  eines  beliebigen  ebenen 

Strahlbüschels  ä^,  welche  nicht  mit  dem  Mittelpunkte  e^  perspectivisch  liegt, 
so  entspricht  jedem  Punkt  a^  derselben  ein  nnd  nur  ein  Strahl  «^  des  Bü- 
schels und  umgekehrt.  Wählen  wir  zwei  beliebige  Punkte  von  a 
a    und  a^  zu  Gronzpunkten  und  die  mit  diesen   perspectivisch 

liegenden  Strahlen  &^,.«     zu    Grenz  strahlen   des  Büschels,  so 

entsprechen  allen  Punkten  der  einen  Strecke  a-^-^nur  Strah- 
len,  und    zwar  die  sämmtlichen  Strahlen  des  einen  Winkels 

s,.  .    und  umgekehrt,  allen  Punkten  der  anderen  Strecke  a^**'^^ 

nur  Strahlen,  und  zwar  die  sämmtlichen  des  anderen  Winkels 

&^       .    und  umgekehrt.     Dies    gilt  ganz  allgemein  (No.  3),  mag  a  eine 

endliche  oder  die  unendlich  entfernte  Gerade,  mag  e^  ein  endlicher  oder 
unendlich  entfernter  Punkt  sein,  bei  ganz  beliebiger  Wahl  der  Grenzele- 
mente. 

a)  Die  einem  Punktenpaar  erster,  zweiter,  dritter  Art  entsprechenden 
Strahlen  bilden  daher  stets  ein  Strahlenpaar  resp.  erster,  zweiter  oder  drit- 
ter Art,  und  die  einem  Strahlenpaar  erster,  zweiter,  dritter  Art  entspre- 
chenden Punkte  bilden  stets  ein  Punkteprar  rcsp.  erster,  zweiter,  dritter 
Art;  vorausgesetzt  ist  dabei,  dass  die  Grcnzelemente  der  Punktreihe  nnd 
des  Strahlbüschels  perspectivisch  liegen. 


ausgez^chneten  Elemente  ebener  Curven.    Von  Paul  Scholz.  281 


•  --s.  ^^^^^y  ^J'  ^^  ^  ^^ 


6)  Die  eino  der  durch  a  und  a*  begrenzten  Strecken  a^^'^*'  liegt  nach 
No.  10  ganz  mit  allen  ihren  Punkten  in  dem  von  den  Strahlen  des  einen 

der  von  «^  und  ^  begrenzten  Winkels  s  ,       ,  des  entsprechenden  Winkels, 

bedeckten  Gebiet  der  Ebene,  die  andere  Strecke  a^**'^^  ganz  mit  allen  ihren 
Punkten  in  dem  Gebiet  des  anderen,  des  ihr  entsprechenden  Winkels  ^r^^^w 

c)  Nach  No.  6  und  15a  entspricht  der  Strecke  a^f'^)  (a^^'*))  der  Win- 
^^^  {^\  U  11  W  ""^  umgekehrt;  demnach  liegt  die  Strecke  a^^^'^  (a^^'*)) 
ganz  in  dem  Winkel  ^\\^\yi\^\\\  ^»^  Strecke  a^^"*^  (a^^""'^)  liegt  ganz 
mit  allen  ihren  Punkten  in  dem  ihr  entsprechenden  Winkel 5\,       .  (5^,       .  j. 

Ueberhaupt  liegt  eine  Strecke  ganz  mit  allen  ihrenPunkten 
.in  demjenigen  von  zwei  mit  ihren  Grenzpunkten  perspecti- 
visch  liegenden,  sonst  beliebigen  Strahlen  einer  Ebene  gebil- 
deten Winkel,  in  welchem  einer  ihrer  Punkte  sich  befindet 
(No.  36,  10.) 

ci)  Die  mit  den  Punkten  einer  Strecke,  die  nur  einen  Theil  der  Gera- 
den a  bildet,  perspectivischen  Strahlen  eines  Büschels,  dessen  Mittelpunkt 
nicht  in  der  Geraden  a  liegt,  bilden  daher  einen  Winkel,  der  stets  nur  einen 
Theil  des  Büschels  aufmacht  und  umgekehrt  (No.  3). 

e)  Zwei  Punkte  der  unendlich  entfernten  Geraden  bilden  daher  in  Be- 
zug auf  zwei  beliebige  Grenzpunkte  derselben  ein  Punktepaar  erster,  zwei- 
ter oder  dritter  Art,  wenn  in  irgend  einem  Strahlbüschel  mit  endlichem 
Mittelpunkt  die  mit  diesen  beiden  Punkten  perspectiviychen  Strahlen  in 
Bezug  auf  die  mit  den  Grenzpunkten  perspectivischen  Strahlen  ein  Strahlen- 
paar resp.  erster,  zweiter  oder  dritter  Art  bilden;  in  allen  übrigen  Strahl- 
biischeln  mit  endlichem  Mittelpunkt  bilden  dann  die  entsprechenden  Strah- 
len ebenfalls  ein  Strahlenpaar  resp.  erster,  zweiter  oder  dritter  Art.  (Vergl. 
die  Anroerk.  zu  No.  19.) 

So  beurtheilen  wir  das  Verhalten  der  sich  der  Anschauung  entziehen- 
den unendlich  fernen  Elemente  aus  dem  Verhalten  der  mit  ihnen  perspecti- 
vischen endlichen  Elemente. 

19.  Daraus  geht  hervor:  Beziehen  wir  irgend  eine  Punktreihe  ö,  per- 
spectivisch  anfeinen  Strahlbüschel  iS^  dessen  Mittelpunkt  mit  keinem  der 
Punkte  von  o,  identisch  ist,  den  Strahlbüschel  %^  ferner  perspectivisch  auf 
eine  Punktreihe  0,,  deren  Trfiger  nicht  den  Punkt  i^  enthält,  diese  Punkt- 
reihe wieder  auf  einen  Strahlbüschel  d%  dessen  Mittelpunkt  nicht  mit  einem 
ihrer  Punkte  zusammenfällt  u.  s.  f.,  und  sind  in  jedem  der  Gebilde  o,,  d', 
/!,, ^^...  zwei  Elemente  zu  Grenzelementen  so  gewählt,  dass  sie  mit  den 
Grenzelementen  des  jedesmal  in  der  Reihe  vorhergehenden,  also  auch  des 
folgenden  Gebildes  perspectivisch  sind ,  so  entsprechen  jedem  Elemetvl^w- 


282      Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

paar  erster,  zweiter  oder  dritter  Art  des  einen  Gebildes  in  jedem  der  ande- 
ren Gebilde  Elementenpaare  resp.  der  ersten ,  zweiten  oder  dritten  Art  in 
Bezug  auf  die  erwählten  Grenzelemente,  so  dass  allen  Elementen  desselben 
Intervalles  eines  Gebildes  in  jedem  der  anderen  Gebilde  nur  Elemente  des- 
selben Intervalles  und  zwar  die  sämmtlichen  entsprechen,  welches  wir  das 
dem  ersteren  entsprechende  Intervall  nennen*).  Dem  einen  Bewegnngs- 
sinn  in  einem  dieser  Gebilde  entspricht  in  jedem  der  anderen  Gebilde  ein 
ganz  bestimmter,  von  diesem  abhängiger  Bewegungssinn.  Vergl.  No.  66,  12a. 
Die  Träger  dieser  Gebilde  brauchen  nicht  sämmtlich  in  derselben  Ebene 
zu  liegen;  nothwendige  und  hinreichende  Bedingung  ist  nur,  dass  jede 
Punktreihe  in  der  Ebene  der  beiden  mit  ihr  perspectiviscben  Strahlbüschel, 
nämlich  des  in  der  Reihenfolge  vorhergehenden  und  des  folgenden,  liegt, 
also  nacli  No.  2  mit  der  Schnittlinie  der  beiden  Ebenen  zusammenfällt  nnd 
keinen  der  Mittelpunkte  dieser  beiden  Büschel  enthält. 

20.    Ist  aber  a  eine  Gerade  in  der  Ebene  eines  ebenen  Strahlbüschels' 

iS^,  welche  mit  dem  Mittelpunkt  ^^  perspectivisch  liegt,  so  ist  a  ein  Strahl 

des  Büschels  i^  und  0^=a^  ein  Punkt  der  Punktreibe  a;  die  allen  übrigen 
Strahlen  des  Büschels  auf  der  Geraden  a  entsprechenden  Punkte  fallen  zu- 
sammen (No.  2)  in  den  Punkt  a^  und  die  allen  übrigen  Punkten  der  Gera- 
den a  im  Büschel  entsprechenden  Strahlen  fallen  zusammen  in  den  Strahl 

o,  so  dass  dem  Punkt  a^  von  a  alle  Strahlen  des  Büschels  ausser  a,  dem 
Strahl  a  des  Büschels  aber  alle  Punkte  von  a  ausser  a^  entsprechen  *•). 

a)    Wählen  wir  nun 


zwei  beliebige  von  a^  verschie- 
dene Punkte  von  a  er  und  a^  zu 
Grenzpunkten    und   die   mit  diesen 


zwei  beliebige   von  a  verschiedene 
Strahlen  des  Büschels  d^  s^  und  s^ 

A  X 

zu  Grenzstrahlen  und  die  mit  diesen 


*)  Dass  das  Gesagte  in  der  That  auch  für  eine  uneDdlich  entfernte  Pnnkt- 
reihe  g^  und  mit  ihr  perspcctivische  Strahlbüschel  gilt,  erhellt  auch  aus  Fol- 
gendem: Je  zwei  solcher  Strahlbüschel,  deren  Mittelpunkte  ausserhalb  g^^  Hegen, 
also  endlichd  Punkte  bind  (No.  36),  müssen  entweder  in  derselben  Ebene,  welche 
auch  die  unendlich  entfernte  Gerade  g^  enthält,  oder  in  zwei  verschiedenen 
Ebenen  liegen,  die  sich  in  dieser  unendlich  entfernten  Geraden  g^  schnei- 
den. In  jedem  Falle  lässt  sich  von  irgend  einem  Punkte  von  g^^  in  der  Ebene 
eines  jeden  dieser  Strahlbüschel  eiue  Gerade  ziehen,  welche  mit  keinem  der  Hüschel- 
strahlen  zusammenfallt;  diese  beiden  Geraden  liegen  in  einer  Ebene,  werden  jede 
von  einem  der  beiden  Strahlbüschel  in  projectivischen  Punktreihen  geschnitten, 
welche  perspectivisch  liefren,  da  in  dem  unendlich  entfernten  Punkt  zwei  entspre- 
chende zusammenfallen,  so  dass  für  die  projectivische  Beziehung  der  beiden  ge- 
gebenen Strahlbüschcl  die  unendlich  entfernte  Gerade  ersetzt  werden  kann  durch 
zwei  endliche  Punktreihen,  welche  mit  einem  Strahlbüschel  perspectivisch  liegen, 
dessen  Mittelpunkt  ein  endlicher  Punkt  ist. 

♦*J  Seh  ro  et  er,  die  Theorie  der  Kegelschuitte.    1867,   §.  19  a. 


ausgezeichneten  Elemente  eirener  Curven.  Von  t^AüL  Scholz.  2di 


perspecti viseben  Strahlen  zn  Grenz- 
strafalen  des  Büschels,  so  fallen  letz- 
tere zusammen  io  den  Strahl  a;  je 
zwei  von  a  verschiedene  Strahlen 
bilden  daher  ein  Strahlenpaar  der 
zweiten  Art  und  die  ihnen  entspre- 
chenden Punkte  der  Geraden  a  bil- 
den ein  Panktepaar  der  zweiten 
Art;  die  einem  Punktepaar  erster, 
zweiter  oder  dritter  Art,  von  wel- 
chen wenigstens  einer  nicht  mit  a 
identisch  ist,  entsprechenden  Strah- 
len bilden  ein  Strahlenpaar  dritter 
Art. 

b)   Fällt  aber  d^  mit  einem  der 

Grenzpunkte  auf  a,  etwa  mit  a  zu- 
sammen, so  ist  a  der  eine  Grenz- 
strahl des  Büschels,    welcher   dem 

Punkt    a      entspricht,    der   andere 

Grenzsträhl,  welcher  dem  a  ent- 
sprechen sollte,  aber  wird  unbe- 
stimmt, so  dass  sich  Strahlenpaare 
erster  und  zweiter  Art  nicht  unter- 
scheiden lassen ;  demnach  entspricht 
jedem  Punktepaar  der  Geraden  a 
ein    Strahlenpaar    dritter    Art    des 

Büschels  S>^  und  jedem  Strahlenpaar 
des  Büschels  ein  Punktepaar  drit- 
ter Art  auf  der  Geraden  a. 


perspectivischen  Paukte  zu  Grenz- 
pnnkten  von  a,  so  fallen  letztere  zu- 
sammen in  den  Punkt  Ä^ ;  ^b  zwei 
von  a  verschiedene  Punkte  von  a 
bilden  daher  ein  Punktepaar  der 
zweiten  Art  und  die  ihnen  entspre- 
chenden Strahlen  des  Büschels  d^ 
ein  Strahlenpaar  der  zweiten  Art, 
die  einem  Strahlenpaar  erster,  zwei- 
ter oder  dritter  Art,  von  welchen 
wenigstens  der  eine  von  a  verschie- 
den ist,  entprechenden  Paukte  bil- 
den ein  Punktepaar  dritter  Art. 

Fällt  aber  a  mit  einem  der  Grenz- 
strahlen von  3^ ,  etwa  mit  s^  zusam- 

men,  so  ist  a    der  eine  Grenzpunkt 

auf  a,  welcher  dem  Strahl  5?  ent- 

X 

spricht,  der  andere  Grenzpunkt,  wel- 
cher dem  s^  entsprechen  sollte,  aber 

wird  unbestimmt,  so  dass  sich  Punk- 
tepaare erster  und  zweiter  Art  nicht 
unterscheiden  lassen;  demnach  ent- 
spricht jedem  Strahlenpaar  des  Bü- 
schels d^  =  a^ein  Punktenpaar  drit- 
ter Art  auf  a  und  jedem  Punkte- 
paar auf  a  ein  Strahlenpaar  dritter 

Art  im  Büschel  d^ 


Ob  iS^ein  endlicher  oder  unendlich  entfernter  Punkt,  a  eine  endliche 
oder  die  unendlich  entfernte  Gerade  ist,  ist  hierfür  gleichgiltig  (No.2,3,7,8a). 


,   §.6«    Grenzgerade. 

j4.  Ein  Strahlbüschel  und  eine  Punktreihe.    StreckenbüscheK 

21.  a)  1.  Bezeichnen  wir  die  Gerade  sj.  in  No.  18  als  Strahl  des  Bü- 
schels a  cemäss  No.  IIa  mit  a  und  die  Gerade  a  mit  a  .  so  wird  s^  in 
jeder  seiner  Lagen  durch  die  mit  diesen  Geraden  perspectivischen  Punkte 
ir  und  Sr  in  zwei  Strecken  getheilt,  von  denen  zufolge  No.  ISb  die  eine 
Sr  ^   die  sämmtlichen  Punkte  enthält,  welche  m\l  detv  SVt«>p\^xi  ^^^  ^vciva. 

Zeiischiift  f.  MatheniBtik  u.  Vhynik.    XIV.  4.  7J{^ 


Ä84       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  tmd 

der  durch  a     und  a    begrenzten  Winkel,  a.       . ,  perspectiviscb  liegen,  und 

nur  di^e,  während  die  andere  Strecke  g^^^^^  die  sämmtlicben  Punkte 
enthält,  welche  mit  den  Strahlen  des  andern  Winkels  a  perspectivisch 

liegen,  und  nur  diese;  a  ist  aber  ein  ganz  beliebiger  von  a  und  a  ver- 
schiedener  Strahl  des  Busches  a  . 

2.  Zufolge  No.  10  giebt  es  keinen  Punkt  in  dem  Winkel  a,       .,  Welcher 

nicht  auf  einem  ganz  mit  allen  seinen  Elementen  in  denselben  fallenden 

Strahl  des  Büschels  a    läge  und   zugleich  nach  No.  2,  3a,  6c  einem  Strahl 

des  Büschels  0^  angehörte,  und  zwar  derjenigen  Strecke  desselben,  welche 
nach   No.  18c  ganz  mit  allen  ihren  Punkten  in  diesem  Winkel  liegt,  den 

mit  a  gemeinschaftlichen  Punkt  enthält  und  daher  mit  ^^^^^'  zu  be- 
zeichnen ist. 

6)  Ist  g^  irgend  eine  andere  Gerade  derselben  Ebene,  welche  weder 

mit  a    noch  mit  g    perspectivisch   liegt  und   nach   No.  3  mit  a    ,  a    ,  a 

X  X  X  Y  Z  W 

resp.  die  Punkte  Ö>  =  ^^i  9*=  ^  »  öj^=  ^-h  gemeinschaftlich  hat,  von 
denen  nach  No.  2  keine  zwei  zusammenfallen,  so  liegt  jeder  Punkt  der 
Strecke  a,  sowohl  mit  einem  Strahl  des  Winkels  a,       .,  als  mit  einem 

Strahl  des  Winkels  s,       .  ^  perspectivisch,  wo  5%  =  5;  =  rt    ,    5^>,   s^^x 

die    resp.    mit    den    Punkten    9^,   cit,   c\«    perspectivischen  Strahlen  des 

Büschels    g     sind;    und  jeder  Punkt  der  Strecke  g*.  liegt  sowohl  mit 

einem  Strahl  des  Winkels  a  ,,   .,  als  mit  einem  Strahl  des  Winkels  5  ,  ^  .x 

perspectivisch.     Auf  jedem  Strahl  5^  des  Winkels  s^.       .^  enthält 

daher  die  Strecke  g^^^^^  den  mit^^  perspectivischen  Punkte 
und    sonst  auf  keinem    andern    Strahl;    auf  jedem    Strahl    des 
Winkels  5^/^  .^enthält  die  Strecke  g*^^^^  den  mita    perspecti- 

vischen  Punkt  g  ,    nie   die  Strecke   S>^^'*^\ 

c^  Lassen  wir  daher  einen  Strahl  5*  von  der  Lae^e  5?  =  a 

aus  den  Strahlbüschel  g  in  demselben  Sinne  continuirlich 
durchlaufen,  so  muss  die  eine  der  beiden  durchi^undden 
mit  fj     perspectivischen  Punkt  ^     begrenzten  Strecken  i^^'^ 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  285 

stetig   den   Winkel   a.      ^.    beschreiben,    bis  s    einen  Umlauf 

vollendet  nnd  wieder  nach  s^  gelangt  (No.  1),  in  allen  ihren 

Lagen  während  desselben  und  in  allen  ihren  P.ankten  in  die- 
sem Winkel  liegen,  nnd  es  kann  keinen  Punkt  in  diesem  Win- 
kel geben,  welcher  von  dem  Strahl  s^  während  eines  Umlaufes 
mehr  als  einmal  oder  keinmal  (No.  6c)  getroffen  würde,  und 
keinen,   welcher  nicht  in  der  mit  ihm  perspectivischen  Lage 

von  s^  derStrecke  q^^*^^  angehörte;  die  andere  Strecke  g'^^^^ 

aber  muss  in  derselben  Weise  den  andern  Winkel  a  .  .  be- 
schreiben. 

22.  d    und  jeder  Punkt  von  a    gehören ,  ihrer  Natur  als  Grenzpunkte 

gemäsSi  beiden  Strecken  des  perspectivischen  Strahles  an,  jeder  von  diesen 
verschiedene  Punkt  aber  nur  einer  Strecke.   Jede  Gerade  der  Ebene  wird 

daher  in  dem  mit  a    gemeinschaftlichen  Punkt  und,  wenn  sie  den  Punkt  '^ 

enthält,  auch  in  diesem  gleichzeitig  von  beiden  Strecken  des  Strahles  s^ 
getroffen,  in  jedem  der  Übrigen  Punkte  aber  nur  von  einer.  Wir  bezeichnen 

die   eine  der  beiden  Strecken  Si        ,  welche  im   Drehsinne  ^  von  s     den 

Winkel  a,      ^^  beschreibt,  mit  ^^      ,   die  andere  mit  g^^""^-'  und  in  der 

Anfangslage  Sj  =  a    beim  Anfange  der  Bewegung  resp.  mit  sf     \  ^^         . 

Während  s    im  Sinne  J  einen  Umlauf  macht,  werden  von  derselben 
Strecke  ^(»1*)=  »(»Z*)    (a(«-*)=  8»(»*))  getroffen: 

a)  jede  von  ö    und  a  ^  verschiedene  Gerade  des  Winkels  a,      .Ja  ,.   .| 

in  allen  Punkten,  a    ausgenommen; 

X 

b)  jede  beliebige  Gerade  der  Ebene  g^,  welche  weder  mit  a     noch 

mit  g  perspectivisch  liegt,  in  allen  Punkten  der  Strecke  gl^^  (öj  ), 
welche  von  den  Greuzpunkten  g^  und  gj  verschieden  sind,  und  in  dem 
Punkte  g?,  wenn  dieser  derStrecke  g^^ '  ^Vj3^^~~^^  j  von  s^  in  der  An- 
fangslage  a    =  5*  angehört; 

c)  jede  Gerade   der  Ebene,    welche  mit  g     perspectivisch,    also   ein 
Strahl  5^  des  Büschels   ist,   in  allen  Punkten  der  Strecke  g^^^Ji/^) /gZ(t^^)\ 

ausser  den  Grenzpunkten  e>    undg^,  aber  in  det  e\TV2.\^^Ti\k^'^^V^^.*3fc>^  ^^^ 


«iö 


■% 


286       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewölmliehen  and 

laufenden  Strahles  s  ,  in  welcher  er  mit  s^  zusammenfällt;  in  allen  anderen 
Lagen  desselben  wird  s^  sowohl  von  der  einen  wie  von  der  anderen  Strecke 
im  Punkt  Ä^  getroffen  (No.  20). 

23.  Da,   wenn  a    von  a     verschieden,  jede    der   beiden    Strecken 

K9W)  (No.  216)  nur  ein  Theil  der  Geraden  p^«  also  auch  jeder  der  beiden 

Winkel  s^    .^  (No.  18)  nur  einen  Theil  des  Büschels  ir  ausmachen  kann, 

aber  jeder  der  Punkte  von  g^  während  eines  Umlaufes  des  Strahles  s^ 
einmal  mit  ihm  perspectivisch  liegt  (No.  3,  6,  21c3,  so  muss  diejenige  der 

beiden  Strecken  Sf  von  **,  welche  in  der  Anfangslage  s^  am  Anfange 
der  Bewegung  den  mit  g^  gemeinschaftlichen  Punkt  a    =  g^  nicht  enthält, 

denselben  nach  Beendigung  des  ersten  Umlaufes  von  s^  enthalten,  und  die- 
jenige Strecke  d         ,  welche  den  Punkt  a    in  der  Anfangslage  am  Anfange 

der  Bewegung  enthält,  kann  denselben  nicht  nach  Beendigung  des  ersten 
Umlaufes  enthalten. 

a)  Jede  der'  beiden  Strecken  g^^^^  bildet  demgemäsS; 
wenn  s^  den  Büschel  d  einmal  durchlaufen,  in  der  Anfangs- 
lage jT^  die  Ergänzung  zu  derjenigen  Strecke,  welche  sie  am 
Anfange  der  Bewegung  bedeckte,  und  muss  beim  zweiten  Um- 
laufe von  5  in  demselben  Drehsinne.^  den  entgegengesetzten 
des  beim  ersten  Umlaufe  beschriebenen  Winkels  beschreiben, 
so  dass  sie  nach  Beendigung  des  zweiten  Umlaufes  dieselbe 
Lage  hat  und  dieselben  Punkte  enthält,  als  beim  Anfange  der 
Bewegung. 

b)  Die  säramtlichen  Lagen  einer  der  beiden  Strecken  g^^^^  während 

zweier  aufeinanderfolgender  Umläufe  von  s  in  demselben  Drehsinne  sind 
daher  ein  Gebilde,  welches  wir  ein  Streckenbüschel  nennen  wollen, 
von  welchem  die  Voraussetzungen  in  No.  1  und  die  daraus  hervorgehenden 
Folgerungen  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  gelten,  und  welches  die  ganze 

£bene  des  Büschels  so  erfüllt,  dass  jeder  von  jy  verschiedene  Punkt  der- 

1 
selben,  welcher   nicht  der  Grenzgeraden  a    angehört,   mit  einer  solchen 

Strecke  in  einer  und  nur  einer  ihrer  Lagen  perspectivisch  liegt;  mit  S^ 
aber  liegt  die  laufende  Strecke  in  allen  ihren  Lagen  und  mit  jedem  Punkt 

von  ö     in  zwei  durch  einen  ganzen  Umlauf  von  *  getrennten  Lagen  per- 

spect/r/scb. 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  287 

c)  Jeder  der  beiden  Winkel  a,  .  erscheint  hiernach  als 
eines  der  Intervalle,  in  welche  das  Streckenhüschel  d  (^^)) 
sowie  jedes  andere  g^  (^^) »  dessen  Mittelpunkt  d  irgend 
einer  der  Punkte  von  $?  ist  und  welches  auf  dieselbe  Grenz- 
gerade a  bezogen  wird,  zerfällt  durch  die  beiden  von 
den   Punkten   a   =iSfundiS^  (resp.  d    )    begrenzten   Strecken 

l 

d)  Aus  No.  12a'  und  16  gebt  ferner  hervor:  Dieselbe  der  durch  a 

unddauf^^  bestimmten  Strecken,  welche,  während  5    sich  im 

Sinne  d  von  s^  an  beweetf  den  Winkel  a,       .  beschreibt,   be- 

schreibt,  wenn  s^  sich   im  entgegengesetzten  Sinne  bewegt, 
den  £rgänzunfi:swiukel  a,     .    :  und  derselbe  der  Winkel  a.     ., 

welcher  von  der  einen  der  in  der  Anfangslage  durch  a   und  d 

bestimmten   Strecken  beschrieben  wird,  während  «sich  im 

Sinne  d  bewegt,    wird,  wenn   s      sich   im   entgegengesetzten 
Sinne  bewegt,  von  der  anderen  dieser  Strecken  beschrieben. 

24.  Während  s^  im  Sinne  J  von  5^   aus  den  Büschel  ^^  beschreibt, 

durchläuft    der  auf    einer   Geraden    g^^  welche  weder  mit  a    noch  mit  d 
perspectivisch  liegt,  entsprechende  Punkt  gemäss  No.  21,  22  zuerst  die  in 
dem  Winkel  a.       .  befindliche  Strecke  gi^^     ,  wenn  g^  die  Gerade  «J  in 

irgend  einem  Punkt  der  Strecke  S,^  '^^  schneidet,  und  er  durchläuft  zuerst 

die  in  dem  Winkel  a      .    befindliche  Strecke  0^^        i  wenn  g^  die  Gerade 

tj  in  irgend  einem  Punkt  der  Strecke  Ä]^""      schneidet. 

Daher  bewegt  sich,  während  5^  imSinne^fdenBüscbeljB^ 
beschreibt,  der  entsprechende  Punkt  auf  allen  Geraden  g  der 

Ebene,  welche  mit^J  einen  Punkt  der  Strecke  j8^^'^^  gemein- 
schaftlich haben,  im  Sinne  9^'  ,  auf  all^n  Geraden  g  der 
Ebene,  welche  mit  s^  einen  Punkt  der  Strecke  ir^~^^  gemein- 
schaftlich haben,  im  Sinne  0^^',  welchem  im  Büschel  a  nach 
No.  1  der  dem  Sinne  a         enteresenseBelxl^  a         ^\i\.^^x\Oö.\.% 


288       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  and 

Beschreibt  aber  s  denBüscheld  indem  dem  Sinne  z/ entge- 
gengesetzten Sinne  z/,  so  bewegt  sich  zufolge  No.  6  der  ent- 
sprechende  Punkt   auf   allen    Geraden   der   ersteren    Art   im 

Sinne  g^^i  auf  allen  Geraden  der  letzteren  Art  im  Sinne  ß 

25.  Die  ausnahmlose  Allgemeinheit  der  Voraussetzungen  des  §.  1  und 
der  darauf  sich  gründenden  Folgerungen  und  Definitionen  gestattet  uns, 
unsere  Untersuchungen  ihrem  Wesen  nach  ganz  allgemein  bei  ganz  belie- 
biger Lage  der  in  Betracht  kommenden  Gebilde  und  bei  ganz  beliebiger 
Wahl  der  in  denselben  hervorzuhebenden  Elemente  anzuwenden.  Beson- 
derheiten in  der  Lage  der  Gebilde  und  der  Wahl  gewisser  Elemente  der- 
selben werden  nur  gewisse  Modificationen  des  Resultates  veranlasnen, 
welche  aber  ebenfalls  in  der  allgemeinen  Untersuchung  als  Specialitäten 
enthalten  sein  müssen. 

a)  Jegliche  zwei  Elemente  eines  stetigen  geschlossenen  Gebildes  von 
der  in  No.  1  angegebenen  Beschaffenheit Hheilen  dasselbe  in  zwei  Inter- 
valle; auch  von  zwei  aufeinanderfolgenden  oder  zusammenfallenden  Ele- 
menten können  wir  dies  sagen ,  nur  findet  dann  der  besondere  Fall  statt, 
dass  das  eine  Intervall  gleich  Null,  das  andere  gleich  dem  ganzen  Gebilde 

wird.  Ist  3  ein  Punkt  von  a  .  so  wird  die  eine  der  Strecken  g^*^^  in 
jeder  Lage  von  s  ,  welche  verschieden  von  a  ist,  gleich  Null,  die  andere 
gleich  dem  ganzen  Strahl ;  in  der  einzigen  mit  a     zusammenfallenden  Lage 

aber  wird  die  Begrenzung  der  beiden  Strecken  g^^^^  unbestimmt. 

b)  Daher  folgern  wir,  damit  dieser  specielle  Fall  den  allgemeinen  Ge- 
setzen dieses  Paragraphen  sich  unterordne:  Während  s^  von  dem  be- 
liebigen Anfangsstrahl  s^   an  den  einen  der  Winkel  a.     .  be- 

schreibt,  wird  die  eine  der  Strecken,  während  s  den  anderen 
der  Winkel  a,     .  beschreibt,   die  andere  der   Strecken  igw^) 

gleich  Null,  und  die  Lagea     von^^  bildet  den  Uebergang. 

Also  auch:  Während  s    von  dem  beliebigen  Strahl  ^^  an  den 

einen  Winkel  a.     .  beschreibt,  wird  die  eine  der  Strecken  S> 

gleich  dem  ganzen  Strahl,  während  s  den  anderen  Winkel 
a,     .  beschreibt,  die  andere.    Durch  die  Anschauung  kann  man  sich 

davon   überzeugen,  «wenn  man   sich  zunächst  die  Grenzgerade   a     nicht 

mit  d^  perspectivisch  denkt  und  nach  und  nach  um  den  Schnittpunkt  mit 
irgend  einem  Strahl  s^  des  Büschels  §,  sich  drehen  lässt,  bis  sie  mit  s^ 
zusammenfällt,  was  nothwendig  einmal  stattfinden  muss  nach  No.  2. 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  289 

c)  Dem  Satz  in  No.  24  würde  dann  der  schon  aus  No.  1  und  6  folgende 
entsprechen ,  dass  auf  allen  Geraden  der  Ebene ,  welche  nicht  mit  d    per- 
spectivisch  liegen,  der  entsprechende  Punkt  sich  entweder  im  Sinne  g 
bewegen  muss,  wenn  s^  den  Sinn  s^       =  a      ^  hat,  oder  im  Sinne    g^^* 

wenn    s^  den  Sinn  *-,        ==  a         hat.    rn  Bezug  auf  die  mit  JS     uerspecti- 

Xipx  Q^x 

vischen  Geraden  ist  No.  20  und  22c  zu  vergleichen. 

d)  Lassen  wir  den  Anfangsstrahl  der  Bewegung  von  s^  s^  mit  a  zu- 
sammenfallen,  so  können  wir  den  No.  216  und  226  entsprechenden  Satz 
folgend ermassen  aussprechen:  Alle  nicht  mit  s>  perspectivischen 
Geraden  der  Ebene  werden  in  allen  ihren  Punkten  von  s  mit 
derselben  Strecke  g^^^^  getroffen. 

Wir  heben   nur  diese  Einzelheiten  hervor;   die  den  übrigen  Sätzen 

dieses  Paragraphen  für  den  Fall,  dass  §,    ein  Punkt  der  Grenzgeraden  a 
ist,  entsprechenden  Sätze  ergeben  sich  hiernach  von  selbst. 


B,    Ein  Strahlbüschel  und  zwei  Puuktreihen. 

2().  Nehmen  wir  nun  zunächst  wieder  den  Punkt  je»    ausserhalb  der 
Grenzgeraden  a    an ,  und  sind  g^  und  g    irgend   zwei  Gerade  derselben 

Ebene,  welche  mit  a    =5^  je  einen  Punkt  resp.  a    :^gjuud  a    =9^ 

derselben  Strecke  d^  gemeinschaftlich  hahen,  so  muss  nach  No.  216  und 
24  von  den  beiden  resp,  mit  den  Strecken  g*^'  und  g^^^^^  perspectivi- 
schen Winkeln  $^  .^  und  s^  t  des  Büschels  d^  der  eine  ein  Theil  des 
andern  sein.  Die  Indices  d  und  ^  mögen  so  gewählt  sein,  dass  der  Winkel 
*r  ^b)^  ^^^  Theil  von  s^  j  ist,  so  ist  der  dem  Punkt  g^  auf  g  entspre- 
chende Punkt  ein  Punkt  der  Strecke  g^^^^^  und  der  dem  Punkt  g?  ent- 
sprechende Punkt  von  g^  ein  Punkt  der  Strecke  gi^  .  Den  Winkeln 
s^       .  ^  und  s.       .|  entsprechen  demnach  auf«    resp.  die  Strecken  a 

und  a  ,  so  dass  sie  resp.  mit  s^aa)^  ^nd  ^-n^g)   bezeichnet  werden 

können  und  ferner  *J(^^)d=  *5,(Ä|X)  «nd  /^^^^g  =  ^J,^«!)  >s^-  ^^'' 
nach  ist  der  mit  der  Strecke  a      ^  perspectivische  Winkel  ^^^vvji^  ^^'^ 


290       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

Winkeln  s^  .^nnd  8^.  .^  gemeinschaftlich  und  in  jedem  seiner  von 
den  Grenzstrablen  s^ ^  und  s^  t  verschiedenen  Strahlen  liegen  die  mit  g^ 
und  g    perspectivischen  Punkt  d    und  ^   je  einer  auf  eioer  der  Strecken 

sF         j  d  ,  und  bilden  also  .ein  Punktepaar  der  ersten  Art  in  Bezug 

auf  die  Grenzpuokte  d^  und  g^    (No.  126). 

Auf  jedem  Strahl  des  Winkels  ^l(^id)  ^her  liegen  die  beiden  Punkte 

i^  und  d  in  einer  der  beiden  Strecken  St  y  bilden  also  ein  Punktepaar 
zweiter  Art  in  Bezug  auf  d  und  d  ;  und  zwar  liegen  beide  i^  und  d  in 
der  Strecke  g(^l^)  =  g(^*^)  auf  jedem  Strahl  des  Winkels  s^^-;^  3)  g,  in  jedem 

Strahl  des  Winkels  5^  j(g;i)  aber  auf  der  Strecke  ä^^""^^=ä'^^^\  welche, 

wenn  s^  den  ersten  Umlauf  beendet ,  auf  dem  Strahl  s^  =  a  mit  d  i^ '  ^' 
zusammenfällt  (No.  23 a). 

a)  Haben  die  Geraden  g^  und  g    mit  a    =5^  je  einen  Punkt  der 

Strecke  ^^      ^'  gemeinschaftlich,  so  gilt  mit  Vertauschung  der  Strecken 

d  *  und  s>^^^^  dasselbe.  Das  Resultat  ist  unabhängig  von  dem  Dreh- 
sinne ^  von  s^.  Derjenige  Strahl  des  Büschels  d  ,  welcher  mit  dem 
Schnittpunkt  g|  der  Geraden  g^  undp    perspectivisch  liegt,  muss  (No.  13 a) 

ein  Strahl  des  Winkels  ^^(|Xd)  ^^^^t  u^<^  zwar  ein  Strahl  des  Theiles 
s  /fc  n  j  oder  des  Theiles  s^  ä(l9)  >  J®  nachdem  der  Punkt  g|  in  dem  Win- 
kel o  / .   X  oder  a ,      ^.  liegt. 

b.  Der  Anfangsstrahl  sZ^  ist  beliebig  gewählt ;  nehmen  wir  statt  dessen 

irgend  einen  anderen  Strahl  desselben  Winkels  S)^(Sä)f  ^^  ^'^^^  ^^  ^^' 
sultat,  wie  aus  demselben  von  selbst  hervorgebt,  nicht  geändert.  Es  lässt 
sich  jedoch  auch  schon  erkennen,  wie  der  Satz  lauten  muss,  wenn  statt  j»*^  ein 

Strahl  s  des  anderen  Winkels  s  .  /^  t\  gewählt  wird,  oder  was  dasselbe  ist, 
wenn  g^  und  g    den  Anfangsstrahl  die  eine  in  einem  Punkt  der  einen,  die 

andere  in  einem  Punkt  der  anderen  Strecke  g^^^^  schneiden;  es  lässt  sich 
aber  auch  durch  eine  ähnliche  Betrachtung  ableiten. 

Wir  können  demnach  folgenden  von  der  Wahl  des  Anfangsstrahles 
ganz  unabhängigen  Satz  aussprechen ,  wobei  wir  den  Schnittpunkt  der  Ge- 
raden g^  und  g    kürzer  mit  g    ,  den  mit  demselben  perspectivischen  Strahl 


auBgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  SchObz.   291 

des  Büschels  g^  mit  $    und  den  mit  diesem  perspectivischen  Punkt  der  Ge- 
raden a     mit  a    bezeichnen,  also:  Zwei  beliebige  Geradestund  g 
derselben  Ebene,  welche  nicht  Strahlen  des  Büschels  d    sind, 
schneiden   die    Grenzgerade    in    zwei    Punkten    9*=^^^  ^^^ 
(rz=a    ,   welche   diese   in  zwei   Strecken   theilen.     Auf   allen 

Strahlen  s^ .  welche  mit  den  Punkten  der  Strecke  aV  por- 
spectivisch  sind ,  das  ist  auf  allen  Strahlen  des  Winkels 
s^  (Soi)^   in  dessen  Gebiet  der  Punkt  ^     sich  befindet,    bilden 

die  mit  g^  und  g  gemeinschaftlichen  Punkted  und  d  ein 
Punktepaar    der  zweiten  Art  in  Bezug  auf    die  Grenzpunkte 

d^  undd;  auf  allen  Strahlen  des  anderen  Winkels  5^  o(äd)  ^^^" 
den  s>e  ein  Punktepaar  der  ersten  Art,  und  auf  den  mit  a     und 

a     perspectivischenStrahlen^^^^und^l^fc,  den  Grenzstrahlen, 

ein  Punktepaar  der  dritten  Art  (No.  Tirf'). 

27.  a)  Ist  der  Mittelpunkt  des  Büschels  sT  bei  ganz  beliebiger  Lage  der 
Geraden  g^.  und  g   mit  einer  derselben,  etwa  mit  g^  perspectivisch,  so  ist  i9 

verschieden  von  g  und  es  gilt  von  den  den  Strahlen  des  Büschels  auf  g^ 
entsprechenden  Punkten   das  in  No.  20,   von   den  auf  g^  entsprechenden 

Punkten   das    in  No.  18  Gesagte.     Die  den  sfimmtlichen  Punkten  von  g 

ausser  9^  auf  g^  entsprechenden  Punkte  fallen  in  den  Grenzpunkt  d  zu- 
sammen und  die  den   übrigen  Punkten   von  g^  auf  g    entsprechenden  in 

g^*).  Auf  allen  von  g^  verschiedenen  Strahlen  s  bilden  die 
mit  den  Geraden  ^^  und^  geui  einschaftlichen  Punkte  Punk- 
tepaare der  dritten  Art  in  Bezug  auf  die  Grenzpunktedund 

ie»^  nach  No.  12£?^,  auf  dem  mit  0^  zusammenfallenden    Strahl    s 

o  0 

ebenfalls  ein  Punktepaar  dritter  Art  aber  nach'No.  \2d^, 

b)  Ist  9>     mit  beiden  Geraden  g  perspectivisch,  also  nach  No.  2  mit 
dem  Schnittpunkt  g    identisch,  so  sind  die  den  sämmtlichen  Punkten  von  g^ 

ausser  g    auf  g    und   die  den   sämmtlichen  von   g     ausser  g     auf  g^  ent- 

sprechenden  Punkte  in  g    vereinigt;  auf  allen  von  s»  und  ^verschie- 


*)  Schroeter,  die  Theorie  der  Kegelschnitte  1867,  §.  19a. 


denen  Strahlen  s    bilden  die  mit  p«  und  g   gemeinschaftlichen 

Punkte    Punktepaare  dritter  Art    in  Bezug  auf    die   Grenz* 

punkte  d  ==ö    und  s     nach  No.  12rf',  auf  den  mit  g^  und    g     zu* 

sammenfallenden    Strahlen    Punktepaare     dritter    Art    nach 
No.  12rf». 

28 a)  Ist  ^'  mit  keiner  der  Geraden  g ^j  g  perspectiviscb,  so  können 
wir  nach  No.  25  den  Satz  in  No.  26  auch  in  dem  Falle  auwenden,  wenn  die, 

Punkte  a.  nml  o^  auf  a  ,  zusammenfallen,   was  nach  No.  2  nur  möglich 

'^f  ip  'ip  '  ° 

ist,  wenn  ^    ein  Punkt  der  Grenzgeraden  a^  ;  der  besonderen  Lage  von  g 
eutspricht  das  Nullwerden  einer  der  beiden  Strecken  a  im   Resultat. 

Sind  also  g^  und  g  irgend  zwei  Gerade  in  der  Ebene  des  Büschels  £y  ,  welche 
einen  Punkt  der  Grenzgeraden  a     gemeinschaftlich  haben ,  a    ,  so  bilden 

1.  wenn  beide  Gerade  g  von  a  ^  verschieden  sind  und  den  Punkt  i^ 

nicht  enthalten ,  die  Punkte  ^    und  3,   entweder  auf  allen  Strahlen  s^  des 

Büschels  ^   ,  den  mit  a      perspectivischen   Strahl   $     ausgenommen,    ein 

Punktepaar  der  zweiten  Art  oder   auf  allen  Strahlen   ein  Punktepaar  der 

ersten  Art  in  Bezug  auf  die  Grenzpunkte  j^   und  d    )  je  nachdem  das  eine 
oder  das  andere  von  einem  der  Strahlen  gilt,  je  nachdem  nämlich  die 

Strahlen  s    und  a    im  Büschel  a  .    ein  Strahlenpaar  zweiter  oder  erster 

Art  bilden  in  Bezug  auf  die  Geraden  ^^  und  g   als  Grenzstrablen  (dies  folgt 

auch  aus  No.  18),  aber  auf  dem  Strahl  s     stets  ein   Punktepaar  dritter  Art 
(No.  12  d«); 

2.  wenn  eine  der  Geraden  g  oder  beide  mit  a    zusammenfallen,   die 

mit  g^.  und  g   perspectivischen  Punkte  eines  jeden  Strahles  a-     ein   Punkte- 
paar dritter  Art  in  Bezug  auf  die  Grenzpunkte  d^  und  g^  (No.  19c*»*). 

6)  Ist  «^  ein  Punkt  von  a      und 

1.  sind  g^  und  g  zwei  beliebige  in  der  £bene  des  Büschels  ä  ge- 
legene Gerade,  welche  von  a  verschieden  sind  und  den  Punkt  g^  nicht 
enthalten,  so  bilden  nach  No.  136  und  25  die  Punkte  ^  und  ^  auf  dem 
Strahl  s^  in  allen  seinen   von  a     verschiedenen  Lagen    ein    Punktepaar 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.    293 


zweiter  Art,  in  der  Lage  a     aber  ein  Panktepaar  dritter  Art  in  Bezug  auf 

die  Grenzpunkte  i^  und  d^  (No.  12d*J; 

2.  fallen  eine  der  Geraden  ^«;^    oder  beide  mit  a     zusammen,   so 

bilden  die  Punkte  d  und  d  auf  s^  in  allen  seinen  Lagen  Punktepaare 
der  dritten  Art  (No.  I2d^  *  *  *). 

29.  Beachten  wir,   dass  a    ein  beliebiger  Punkt  von  a     (No.  18),  also 

s^  ein  beliebiger  Strahl  des  Büschels  ^    und  wählen  wir  in  No.  24  statt  des 

beliebigen  Strahles  a    (No.  21a)  des  Büschels  a    den  mit  dem  Punkt  g 

perspectivischen  Strahl a   desjenigen  Strablbüschels  a  ,  dessen  Mittelpunkt 

der  mit  dem  beweglichen  Strahl  s  des  Büschels  d  perspectivische  Punkt 
von  a^ist|  so  folgt:  Von  je  zwei  entsprechenden  Lagen  ^   ^^9^ 

und  d  =8|»  welche  auf  dem  mitihnen  perspectivischen  Strahl 

5^  von  d  ein  Punktepaar  erster  Art  in  Bezug  auf  d  und 
ST  =a  als  Grenzpunkte  bilden,  bewegen  sieh  die  beiden  dem 
Strahl  s^ ,  während  er  den  Büschel  sy^  beschreibt,  auf  g^  und  g 

entsprechenden  Punkte  g^  und  g  ,  der  eine   ira  Sinne  g  auf 

das  Gebiet  des  einen   der  durch  die  Grenzgerade  a,   und  die 

perspectivische  Lage   von   s^  a     bestimmten  Winkel,  welches 

den  Punkt  g    enthält,  a,      .,,  der  andere  im  Sinne  g^    auf  das 

Gebiet  des  andern  Winkels  a,  .  weiter;  von  je  zwei  ent- 
sprechenden  Lagen  aber,  welche  auf  dem  mit  ihnen  perspec- 
tivischen Strahl  s^  ein  Punktepaar  zweiter  Art  bilden,  be- 
wegen sich  die  Punkte  g^  und  g    entweder  beide  im  Sinne  g 

aufdasGebietdesWinkelsa.       .  oderbeideimSinne  g  ^     auf 

das  Gebiet  des  Winkels  a  (vergl.    14c).      g^  und  g^  sind  aber 

die  resp.  mit  a  ,  a    perspectivischen  Punkte  der  Geraden  g, 

§•  7.    Zwei  Strahlbflschel  und  zwei  Punktreihen«    Folgerang. 

30.  Fassen  wir  jeden  der  Strahlen  s^  von  d^  als  Ganzes  auf,  nicht  als 
bestehend  aus  zwei  Strecken   S,^^^ ,  so  ist  a     em^  \i€\\^\A^^  ^^t«A^  ^^x 


294        Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 


Ebene  (No.  18,  21a)  nnd  a    ein  beliebiger  Punkt  derselben  und  die  drei 

l    X        X       i  ^ 

Strahlen   des   Büschels    a    ^|.  >  ^y )  ^^  bestimmen   einen   gewissen   Be- 
wegungssinn (No.  Ha*);  demnach  erhalten  wir  aas  No.  20,  24,  27: 

9  ä 

a)  Bilden  die  Schnittpunkte  a  und  a  zweier  Geraden  g^. 
und  p  in  der  Ebene  zweier  ebener  Strahlbüschel  a  undd^mit 
dömdiesen  beiden  Büscheln  gemeinschaftlichen  Strahl  a  =5: 
ein  Punktepaar  der  ersten  Art  in  Bezug  auf  die  Mittel- 
punkte a  und  d^  und 


durchlaufen  ein  Punkt  g^  von 

g^   und  einer   g    von  g    jeder 

inbeliebigemRichtungssinne 
seinePunktreihe,  sobewegen 

sich   die  in    den   Büscheln  a 

nndg^  entsprechenden  Strah- 
len in  dem  einen  Büschel  in 
demselben,  in  dem  anderen 
in  entgegengesetztem  Dreh- 
sinne. 

5)BildendiePunktea    undaaufa     aber  ein  Panktepaar 
'  9  9  9  ^ 


beschreiben  ein  Strahl  a    von 

a  und  einer  s  von  ig  jeder  in 
beliebigem  Drehsinne  sein 
Büschel|  so  bewegen  sich  die 
auf    den   Geraden    g^   und  g 

entsprechenden  Punkte  auf 
einer  in  demselben,  auf  der 
anderen  in  entgegengesetz- 
tem  Kichtungssinne. 


der  zweiten  Art  in  Bezug  auf  a     und  d^, 


sobewegen  sichdiedenStrah- 

^  len  a  und  5^  entsprechenden 
Punkte  entweder  auf  beiden 
Geraden  ^indemselben  oder 
auf  beiden  in  entgegenge- 
setztem Richtungssinne. 


so  bewegen  sich  die  den  Punk- 
ten g^  und  g    entsprechenden 

Strahlen  entweder  in  jedem 
der  bei  den  Büschel  in  demsel- 
ben oder  in  jedem  in  entge- 
gengesetztem Drehsinne. 


£ 


>    .9 


c)  Fällt  einer  der  Punkte  a    ,  a    mit  einem  der  Punkte  a  ,  d 

9      9  ' 

zusammen,  etwa  a     mit  g   ,  so  dass  das  eine  Paar  ein  Punkte 

paar  dritter  Art  bildet  in  Bezug  auf  das  andere  als  Grenz 

punkte, 


so  verändert  der  dem  Strahl 
s    auf^^  entsprechende  Punkt 

seine  Lage   nicht,  bis  s     mit 
der    Geraden   g^    zusammen- 


soverändert  der  dem  Punkt  g. 

im  Büschel  S>    entsprechende 
Strahl  seine  Lage  nicht,  bis 


9« 


mit  j^^  zusammenfällt  und 


Ausgezeichneten  Elemente  ebenem  Curven.  Von  Paul  Scholz.  295 


fAlltundi]imintnachher,wenn 

idieBeweguDg  fortsetzt, die- 
selbe Lage  wieder  ein,  näm- 
lich die  des  Punktes  ^^,  Es 
kann  in  diesem  Falle  von  einem 
eigentlichen  Bewegungsstnn  (No.  l) 

des  dem  Strahl  s^  auf  g^  entspre- 
chenden Punktes  nicht  die  Rede  sein, 
also  auch  nicht  von  einer  Verglei- 

chung  mit  dem  Bewegungssinn  des 

l 
dem  Strahl  a    auf  g^  entsprechen- 
den Punktes. 

Die   den  Strahlen  s^  und  a 
auf  der  anderen   Geraden  g 

entsprechenden  Punkte  kön- 
nen dieselbe  sowohl  in  glei- 
chem, als  in  entgegengesetz- 
tem Rieht nngssinne  beschrei- 
ben, was  aach  durch  Hinzuziehung 
einer  dritten  von  g    verschiedenen 

weder  mit  a  noch  mit  d  perspec- 
tivischen  Geraden  aus  den  Fällen 
a)  und  b)  erkannt  wird. 


kehrt  nachher,  wenng^diesen 

verlässt,  in  dieselbe  Lage  zu- 
rück, nämlich  in  die  der  Ge- 
raden g^.  Es  kann  in  diesem  Falle 

daher  von  einem  eigentlichen  Be- 
wegungssinne (No.  l)  des  dem  Punkt 

g^  im    Büschel    i^  entsprechenden 

Strahles  nicht  die  Rede  sein,  also 
auch  nicht  von  einer  Vergleichnng 
mit  dem  Bewegungssinne  des  dem 

Punkt  9  im  Büschel  d^entsprechen- 

den  Strahles. 

Die  den  Punkten   g^und  g 

in  dem  anderen  Büschel a  ent- 
sprechenden Strahlen  können 
dasselbe  sowohl  in  gleichem 
als  in  entgegengesetztem 
Drehsinne  beschreiben^  was 
auch  durch  Hinzuziehung  eines  an- 
deren Strahl büschels,  dessen  Mittel- 
punkt weder  mit  g^  noch  mit  g  per- 

spectivisch  liegt,  aus  den  Fällen  a) 
und  b)  erkannt  wird. 


31.  a)  Jedesmal  wenn  die  Funkte  a    und  a     ein   Punktepnar  erster, 

zweiter  oder  dritter  Art  in  Bezug  auf  die  Punkte  a  und  i^  bilden,  bilden 
nach  No.  13  und  18  die  mit  a  und  i^  perspectivischen  Strahlen  des  Bü- 
schels g  ein  Strahlenpaar  resp.  erster^  zweiter  oder  dritter  Art  in  Bezug 
auf  die  Geraden  ^^  und  g    und  umgekehrt.     Die  Punkte  a    und  a    bilden 

daher  stets  ein  Punktepaar  erster  Art  in  Bezug  auf  d  und  a  ,  wenn  sie 
sich  der  eine  in  dem  einen,  der  andere  in  dem  anderen  der  Winkel  9f*t\ 

befinden,  und  stets  ein  Punktepaar  zweiter  Art  in  Bezug  auf  dieselben 
Grenzpunkte,  wenn  sie  sich  in  demselben  Winkel  ^.^^  befinden,  und  stets 

ein  Pnnktepaar  dritter  Art,  wenn  einer  derselben  oder  beide  auf  einer  der 
Geraden  ^«,  g^  oder  in  beiden  liegen,  und  umgekehrt. 


298       Die  projectiTischen  Bgensebaften  der  gewolmGclien  und 


r^^^  ^^s^^'.^h^^^*^ 


Dies  berfickAiehtigend  folgern  wir  ans  No.  24  mid  90  folgende  Sitze : 


«)  Dnrehlänft  ein  Pnnkt  g. 

stetig  in  einem  bestimmten 
Sinne  die  Pnnktreihe  g ^^  %o 

wird  dadurch  den  mit  g     per- 

speetivischen  Strahlena   and 

derBOsehela  nndj^^jedem 
ein  bestimmter  Drehsinn  er- 
t heilt  (No.  1  und  6). 

6)  Die  mit  a  and  s' aaf  </   per- 

spectivischen  Pankte  g^  and 

g^dnrchlaafendanndiePankt- 
reibe(7  in  entgegengesetztem 
Bichtangssinne  (No.  17),  wenn 

a  nndd  sich,  der  eineia  dem 
einen,  der  andere  in  dem  an- 
deren der  darch  g^  und  g  be- 
stimmten Winkel  befinden, 
in  gleichem  Richtnngssinne,' 

wenn  a  and  iS  sich  in  demsel- 
ben Winkel  g^^y^  befinden. 


c)  Oder: 
DiePunkte g^ und  g^ bewegen 

sich  in  gleichem  oder  in  ent- 
gegengesetztem Riebtangs- 
sinne,  jenachdeni^^ und  g  die 

Gerade  a    in  Punkten  dersel- 

9 

ben   Strecke   i$,         oder   ver- 


schiedener     Strecken      d 
seh  neiden.*) 


(^^) 


Beschreibt    ein    Strahl     t 
stetig    in    einem   bestimmten 

Sinne  den  Bfischel  d,so  wird 

dadarch  den  mit  »  perspectiv 
▼  ischen  Punkten  g^  und  g  der 

Geraden  g^  nnd  g   jedem   ein 

I    bestimmterRichtangssinn  er- 
theilt  (No.  I  onde). 

Die  mit  g.  and  g^  im  Büschel 

a    perspectivischen  Strahlen 

a^  nnd  a.    durchlaufen    dann 

ihr  BQschel  in  entgegen- 
gesetztem Drehsinne  (No.  17)| 
wenn     g^    nnd   g     den    beiden 

Büscheln  d     und  a       gemein- 

schaftlichenStrahla  ,dieeine 

9 

ineinemPunkt  dereinen,  die 
andere  in  einem  Punkt  der 
anderen  der  durch  die  Mittel- 
punkte bestimmten  Strecken 
schneiden,  in  gleichem  Dreh- 
sinn, wenn  ^^und  g    beide  den 

Strahl  a    in    Punkten  dersel- 
9 

ben  Strecke  ^^^^^ 


schneiden. 


Die  Strahlen  a^nnd^^  be- 
wegen sich  in  gleichem  oder 
in  entgegengesetzt  cm  Dreh- 
sinne,je  nachdema  iniddsich 
in  demselbenWinkel g^ ...oder 

verschiedenen     Winkeln 
befinden. 


in 
9 


(«D 


^)  Vgl,  V,  8t Audi,  Beiträge  zur  QeomeAne  Aei  Ln^e,  erstes  Heft,  No.  50,  51 


ftttftgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  297 


d)   Liegt    der   Mittelpunkt 
eines    der    beiden    Strahlbü- 

scbel,  etwad    in  einer  decGe- 
raden  g,  so  verharrt  der  dem 

Strahls^  ti^fg^  entsprechende 

Punkt  in  seinerLage,  nttmlich 

wenn    S^   in    der    Geraden    g^ 

gelegen,  im  Schnittpunkt  9   , 
wenn  S?  in  g^  gelegen,  in  j^^, 

bis  g^  resp.  den  Punkt  d^  oder 

g   deckt,  undnimmt,  sobaldg^ 

diese  verlassen,  die  alt  eLage 
wieder  ein;   der  ausgezeichneten 

Lage   von   ö*   in  resp.  Ä     oder  9 

• 
aber  entsprechen  im  BüRchel  d    im 

ersten  Fall  die  sämmtlichen  Strahlen 

ausser  9^,   im  zweiten  der  einzige 

Strahl  g^ ,  in  beiden  Fällen  auf  der 

Geraden  g^  die  sämmtlichen  Punkte 

ausser  resp.  g^  und  j^^*).   Fällt  auch 
2. 


a  in  eine  der  Geraden  g,  so  gilt  von 
dem  dem  Strahl  a    auf  g  ^  entspre 
cbenden  Punkt  Analoges. 


Geht    eine    der   Geraden   g, 
etwa^^  durch  den  Mittelpunkt 

eines  der  beiden  Büschel,  so 
verharrt   der    dem    Punkt    9^ 

im  Büschel  a  entsprechende 
Strahl  in  seiner  Lage,  näm- 
lich wenn  g^  durch  Ä^  geht, 
in  dem  gemeinschaftlichen 
Strahl  a   ,    wenn    g^  durch    a 


Strahl  gr^    oder   s^^=a     deckt. 


geht,    in  g^,    bis  s^   resp.  den 

l 

und  nimmt,  sobalds^diesever- 
lassen,  die  alte  Lage  wieder 
ein;  der  ausgezeichneten  Lage  von 

r  in  resp.  g^  oder  s^.  aber  entspre- 
chen auf  der  Geraden  g^  im  ersten 
Fall  die  sämmtlichen  Punkte  ausser 
Ä  ,  im  zweiten  der  einzige  Punkt  a  , 

in  beiden  Fällen  im  Büschel  a  die 
sämmtlichen   Strahlen   ausser  resp. 

a    und  ^^•3.     Geht  auch  cr^  durch 
Q  o   ^  S 

.9     ^ 


einen  der  Mittelpunkte  jg  ,  a  ,  so  gilt 
von  dem  dem  Punkt  9^  in  a   entspre- 
chenden Strahl  Analoges. 
Hieraus   und    aus   No.  27   ergiebt  sich   von    selbst   das  Resultat    für 
den  Fall 


dass  der  Mittelpunkt  eines  der  bei- 
den Büschel  mit   9    zusammenfallt. 


dass  eine  der  Geraden  g  mit  a 
zusammenfällt. 


32.  Wüssten  wir  eine  Gerade  g  ,  welche  die  Eigenschaft  hat,  dass, 
während  sie  von  einem  ihrer  Punkte  9  in  beliebigem  aber  ein  und  demsel- 
ben Sinne  stetig  durchlaufen  wird,  alle  Strahlbüschel  der  Ebene,  deren 
Mittelpunkte  nicht  in  ihr  liegen,  von  dem  mit  9    perspectivischen  Strahle  in 

gleichem  Drehsinn  beschrieben  werden ,  welches  auch  die  allgemeine  De- 


*)  Schroeter,  die  Theorie  der  Kegelschnitte  |.  10a, 


298      IKe  projectiTiBchen  Eigenschüften  der  gewöhnlidieii  und 


.^^^i^^.<^y■^<^^'i<'<^^*^»*»^^<^^^^»l^^w^ 


finition  für  die  Gleichheit  des  Drehsinnes  in  zwei  nicht  eoncentrischen 
Strahlbäscheln  sei,  wofern  sie  nor  in  das  in  No.  17  angegebene  Kriterinm 
tibergeht,  sobald  die  Mittelpankte  der  beiden  Bnschel  znsaramenfallen ,  so 
wurden  wir  mit  Räcksicht  anf  No.  17  folgendes  specielle  Kriterinm  erhal- 
ten :  Je  zwei  nicht  concentrische  Strahl büschel  der  Ebene ,  deren  Mittel- 
punkte ausserhalb  der  Geraden  g    liegen ,  werden  jeder  von  einem  seiner 

Strahlen  in  gleichem  oder  ungleichem  Drehsinne  beschrieben,  je  nachdem 
die  Spuren  der  laufenden  Strahlen  in  der  Geraden  g    sich  in  gleichem  oder 

ungleichem  Richtungssinne  bewegen. 

Durch  Anwendung  des  Satzes  in  No.  31 ,  wenn  g    eine  der  beliebig  in 

der  Ebene  g<*legenen  Geraden  g^^  g^  vertritt,  folgt  dann: 

a)  Wird  eine  beliebige  von  g  verschiedene  Gerade  g^  der  Ebene  von 
einem  ihrer  Punkte  g^  in  einem  bestimmten  Sinne  durchlaufen,  so  beschreiben 
die  mit  g^  perspectivischen  Strahlen  aller  Strahlbüschel,  deren  Mittelpunkte 
ausserhalb  der  Geraden  g    und  g^  befindliche  Punkte  des  einen  der  von  g 

und  g^  begrenzten  Winkel  sind,  ihre  Büschel  in  gleichem  Drehsinne,  die 
mit  9^  perspecti vischen  Strahlen  aller  Strahlbüschel,  deren  Mittelpunkte 
ausserhalb  der  Geraden  g    und  g^  befindliche  Punkte  des  anderen  Winkel» 

9  O 

g.  j.     sind,  ihre  Büschel  ebenfalls  in  unter  sich  gleichem,  aber  dem  der 

ersteren  entgegengesetzten  Drehsinne. 

6)  Die  Grenze  zwischen  diesen  beiden  Gruppen  von  Büscheln ,  also 
den  Uebergang  von  den  einen  zu  den  anderen  bilden  die  Strahlbüschel, 
deren  Mittelpunkte  in  den  Geraden  g^.  und  g    liegen.    Da  sie  gemäss  ihrer 

Lage  als  Grenzgebilde  beiden  der  bezeichneten  Gruppen  angehören,  so 
müssen  sie  die  Eigenschaften  beider  in  sich  vereinigen;  der  ihnen  durch 
die  Bewegung   von   g^  ertheilte  Bewegungssinn   muss   das  Resnltat  sein, 

wenn  wir  uns  den  laufenden  Strahl  sowohl  dem  Bewegungssiun  der  einen 
wie  dem  der  anderen  Gruppe  (dem  entgegengesetzten)  folgend  den- 
ken, kann  also  mit  keinem  derselben  verglichen  werden.  In  den  Strahl- 
büscheln, deren  Mittelpunkte  die  Punkte  der  Geraden  ^^  sind,  erscheint 

dieser  resullirende  Bewegungssinn  in  der  in  No.  30c  und  31  d  angegebenen 
Weise,  in  den  Strablbüscheln,  deren  Mittelpunkte  die  Punkte  der  Geraden 
g    sind,  jedenfalls  in  anderer  Weise,  da  hier  je  zwei  verschiedenen  Lagen 

von  g^  auch  zwei  verschiedene  Strahlen  entsprechen  (No.  2,6,  18). 

c)  Daraus  folgt  nun,  dass,  wenn  es  überhaupt  in  der  Ebene  eine  Gerade 
von  der  Beschaffenheit  giebt,  wie  wir  sie  von^    angenommen  haben,  es  nur 

eine  einzige  der  Art  geben  kann,  dass  diese  sich  durch  ihre  Lage  von  den 
anderen  unterscheiden  und  als  eine  ausgezeichnete  kennzeichnen  muss; 
denn  die  von  vornherein  von  ihr  vorausgesetzte  wie  die  in  b)  daraus  ge- 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  29d 

folgerte  Eigenschaft  der  Strahlbüschel,  deren  Mittelpunkte  in  ihr  liegen, 
kommen  dieser  Geraden  an  sich  zn,  sind  an  keine  sonstigen  Daten  ge- 
knüpft, von  denen  sie  abhängig  wären. 

§•  8«    Die  nnendlich  entfernte  Gerade  als  Grenzgerade« 
A.  Eine  Punktreihe  und  ein  Strahlbüschel. 

33.  Da  nnsere  bisherigen  Untersuchungen  lediglich  in  einer  Ausbeu- 
tung der  in  §.  1  gestellten  Voraussetzungen ,  vorzüglich  der  Eigenschaften 
der  Stetigkeit  und  der  sich  schliessenden  Aufeinanderfolge  der  Elemente  in 
den  Grundgebildcn  bestehen,  und  wohl  in  der  Anschauung  eine  Erläuterung 
finden ,  deren  aber  zur  Beweisführung  nicht  bedürfen  (vergl.  No.  4) ;  da 
femer  aber  die  Voraussetzungen  des  §.  1  gemäss  No.  2,3,7  auch  für  die 
nnendlich  entfernten  Elemente  und  Träger  von  Grundgebilden  in  gleicher 
Weise  gelten,  wie  für  die  endlichen  (No.  25),  so  müssen  jene  den  erhaltenen 
Eigenschaften  und  Gesetzen  ebenso  unterworfen  sein  wie  diese,  obwohl 
sie  sich  der  Anschauung  entziehen;*  nur  werben  eben  deswegen  die  Sätze  , 
sich  oft  etwas  einfacher  gestalten.  Ja  wir  werden  finden,  dass  Eigenschaf- 
ten, welche  in  ihrer  einfacheren  Form  an  den  unendlich  fernen  Elementen 
auffallen  und  diesen  eigenthümlich  zu  sein  scheinen,  allgemein  allen  Ele- 
menten der  Ebene  (Punkten  und  Geraden)  in  gleicher  Weise  zukommen. 

34.  Wählen  wir  daher  statt  der  beliebigen  Geraden  a     die  unendlich 

entfernte  Gerade  g^  als  Grenzgerade,  und  ist  ^\  irgend  ein  endlicher  oder 
nnendlich   entfernter  Punkt  der  Ebene,  s^  ein  beliebiger  Strahl  des  Bü- 

seh  eis  d^,  a     =^3    ^^^  mit  der  unendlich   entfernten   Geraden    gemein- 

schaftliche  Punkt  desselben  und  g     ein  beliebiger  von  si^  =  g    undg^  ver- 

schiedener  Strahl  des  Büschels  Qg^,  so  folgt  aus  No.  21a  mit  Rücksicht 
auf  No.  25: 

a)  Jede  Geradegi  derEbenewird  durch  diemitp^     und  ^^^ 

perspectivischen  Punkte  g^  und  9*  in  zwei  Halbstrahlen  ge- 
theilt,  von  denen  der  eine  g^^*  ^  ganz  mit  allen  seinen  Punk- 
ten in  der  einen  der  beiden  Halbebenen  in  Bczugauf^  ^^^l» 
a.  ., der  anderen^  '^ganzmit  allen  sei  nenP  unk  toninder 
anderen  Halbobene  g    .      .liegt.    In   allen  mit  ^^  perspectivischen 

Geraden  wie  z.  B.  g    wird  der  eine  der  beiden  Halbstrahlcn  (No.  25^  ^lelcK 

X 

Null,  der  andere  wird  gleich  dem  ganzen  StraM,  we\c\iW  &^m\iwi>ck  \xi\^ ^^^"^ 

Zeitsebrift  f.  Mtlbrmalhik  u.  Physik,  X/V,  4.  »XV 


800      Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

seinen  Punkten  einer  der  beiden  Halbebenen  in  Bezug  auf  si==:g  ange* 
hört  (vergl.  No.  IIa). 

Die  Geraden  g    and    ^^^    gehören    ihrer    Eigenschaft   als 

Grenzgeraden  gemäss  jeder  der  beiden  Halbebenen  an. 

b)  Da  alle  Strahlen  s^  des  Büschels  §1^  mit  dem  beliebigen  Strahl  s  ^ 

desselben  den  Mittelpunkt  &^  gemeinschaftlich  haben,  so  folgt 

1.  Die  beiden  Halbstrahlen  eines  jeden  Strahles  eines 
ebenenStrahlbüschels  in  Bezug  auf  den  Mittelpunkt,  dieser 
mag  ein  endlicher  oder  ein  unendlich  entfernter  Punkt  sein, 
liegen  in  Bezug  auf  jeden  der  übrigen  Strahlen  desselben  in 
verschiedenen  Halbebenen,  jeder  mit  allen  seinen  Punkten 
in  einer  (No.  IIa). 

2.  Ein  Halbstrahl  eines  Büschels  liegt  in  Bezug  auf  irgend 
einen  anderen  Strahl  desselben  Büschels  in  allen  seinen 
Punkten  auf  derselben  Halbebone,  auf  welcher  einer  seiner 
vom  Mittelpunkt  verschiedenen  Punkte  sich  befindet 

35.  Aus  No.  21c,  22,  24,  25  folgt  ferner: 

d)   Lassen   wir  einen    Strahl  s^  von  der   Lage  sz^  aus    den 

Strahlbüschel  d  in  einem  bestimmten  Bewegungssinne  J  ste- 
tig  durchlaufen,   bis   er   einen  Umlauf  vollendet  und   wieder 

nach  s^  gelangt,    so  «muss   der  eine   Halbstrahl   jg^^'    ^  =  g^^' 

m 

stetig  die  eine  der  beiden  Halbebenen   in  Bezug   auf  s^  =  g    , 

g,  X  =a,  .  V  beschreiben,  in  allen  seinen  Lagen  während 
dieses  ersten  Umlaufes  und  in  allen  seinen  Punkten  in  dieser 

Halbebene  liegen  und  es  kann  keinen  vom  Mittelpunkt  jg^  ver- 
schiedenen Punkt  derselben  geben,  welcher  von  dem  Halb- 
strahl 3  während  eines  Um  lau  fesmehr  als  einmal  oder  kein- 
mal getroffen  würde;    der    andere  Halbstrahl   jg'^""*^  =  g^'^*' 

aber    muss  in    gleicher  Weise  die    andere  Halbebene  a    , 
beschreiben. 

6)   Es  wird   demnach,  während  s^  von  5^  an  einen  Umlauf 

macht,  ganz  allgemein  jede  endliche  Gerade  g  der  Ebene  in 
allen  von   den   Grenzpunkten    verschiedenen   Punkten   eines 

und  desselben  Halbstrahles  in  Bezug  auf  den  mit  g     gemein- 
scbaftlichen  Punkt   g^  voti  einem   und  demselben  Halbstrahl 


aasgezeicbneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  301 

von  5^  in  Bezngaufden  Mittelpunkt  g*  getroffen,  inallenPunk- 
ten  des  anderen  Halbstrahlels  von  dem  anderen;  nämlich  in  allen 

Punkten  des  in  der  Halbebene  ^z  oo)=«'J,|«)(Vp »)  =  %-»)) S«*«««" 

nen  HalbstraWs  /«Z«)=gC«l*)(gJ!C?»)_g(«— ))  ^„„  j^^  •„  ginnet 

diese  Halbebene  von  der  Anfangslage  5,        (i?j  ""*' )  an  beschreibenden 

Halbstrahles  8^»'*^(/»~*^);  nnd  zwar: 

1.  jede  Gerade,  welche  mit  ^^  perspectivisch  liegt,  also  ein  Strahl 
s^  des  Büschels  ist,  während  s^  die  einzige  mit  s^  zusammenfallende  Lage 
hat; 

2.  jede  endliche  Gerade^^,  welche  nicht  mit  j^    perspectivisch  ist  und 

einen  endlichen  Pankt  9T  mit  dem  Anfangsstrahl  s^  gemeinschaftlich  hat, 
während  s^  den  mit  dem  Halbstrahl  0^g^^*^=ö|^'*  Y9j^^*^=ö^^"*^) 

perspectivischen  Winkel  ^f^;^«,)^=*J;t|S)  (*Jc^x)^  =  *a-6))    beschreibt, 
welcher  nach  No.  ISd  nur  einen  Theil  des  Büschels  ausmacht; 

3.  jede  endliche  Gerade^,  welche  nicht  mit  §>    perspectivisch  ist  und 

mit  5j  den  unendlich  entfernten  Punktgemeinschafllich  hat,  während  5^  conti- 

nuirlich  den  ganzen  Büschel  beschreibt. 

c.  Von  beiden  Halbstrahlen,  jg^^'  ^sowohl,  als  g^^""  ^wer- 
den getroffen: 

Die  unendlich  entfernte  Gerade ^^^  in  allen  Lagen  von  ä^; 

jede  mit  0^  perspectivisc he  Gerade  in  allen  Lagen  von*^ 
ausser  einer,  der  mit  ihr  zusammenfallenden; 

jede  andere  endliche  Gerade  nur  in  einer  Lage  von  $^,  der 
mit  ihrem  unendlich  entfernten  Punkt  perspectivischen. 

Jede    Gerade  der  Rubrik  6*  wird  in  dem  mit  s^   gemeinschaftlichen 

Grenzpunkte  9^  von  dem  Halbstrahl  j^^^'     ^  oder  S>  '  getroffen,  je  nach- 

dem der  Punkt  g^  der  Anfangslage  des  einen,  g^^        ,  oder  der  des  anderen 

9?'^      1  angehört. 

rfl.     Auf  den    Geraden   der    Rubrik   6*   ist  eine   Bewegung 

(No.  1)  des  dem  Strahl  s^  entsprechenden  Punktes,  also  ein 
eigentlicher  Bewegungssinn  nicht  vorhanden,  also  auch  TvvÄ,\i^. 
vergleichbar  mit  einem  anderen  Bewegungssinne. 


ä02       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  and 

2.  Von  den  Geraden  der  Rubrik  fc*  bewegt  sich  (No.  24)  der 
dem  Strahl  s^  entsprechende  Punkt  auf  allen,    welche  ^?in 

einem    Punkte   des   Halbstrahles    d^  schneiden,  im  Sinne 

c^*     ,  auf  allen,  welche  $^  in  einem  Punkte  des  Halbstrahles 

Stj~    ^schneiden,  im  Sinne  g^       . 

3.  In  den  Geraden  der  Rubrik  b*  lässt  sich  über  den  Bewegnngssinn 

des  dem  Strahl  s^  entsprechenden  Punktes  unter  den  angenommenen  Ver- 
hältnissen nichts  bestimmen ;  da  aber  dieser  Bewegnngssinn  nicht  von  dem 

Anfangselement  abhängt,  so  können  wir  einen  anderen  Strahl  5  als  Anfangs- 
strahl wählen,  in  Bezug  auf  welchen  die  zu  untersuchenden  Geraden  der 

Rubrik  6*  einzureihen  sind.    Vergl.  No.  29,  30. 

* 

e)   Ein  Ue hergehen  des  dem  Strahl«^  auf  einer  Geraden  p^, 

welche  mit  d^  nicht  perspectivisch  ist,  entsprechenden  Punk- 
tes Qu  von  einem  Halbstrahl  in  Bezug  auf  den  Mittelpunkt  ^ 

auf  den  anderen  kann  nur  stattfinden  und  findet  stets  statt, 
wenn  der  Punkt  g^  aufgr^  den  unendlich  entfernten  Punkt  über- 
schreitet^) (No.  216),  also  während  eines  ganzen  Umlaufes  des 
Strahles5^  nur  einmal.     Umgekehrt  bleibt,  während«^  einen 

Theil  des  Büschels  g^,  einen  Winkel  beschreibt,  der  aufein  er 
Geraden  g^  entsprech  ende  Punkt  auf  demselben  Halbstrahl, 

also  der  der  einen  Grenzlage  entsprechende  auf  demselben 
als  der  der  anderen  Grenzlagc  entsprechende,  so  enthält  die 
in  dem  Winkel  liegende  Strecke  den  unendlich  entfernten 
Punkt  nicht;  und  sie  enthält  ihn  stets,  wenn  der  eine  der  Grenz- 
punkte von  demeinen,  der  andere  von  dem  anderen  Halbstrahl 

von  s^  getroffen  wird. 

B.    Folgerungen.    Halbebene.    Halbstrahlbüschel. 
Der  unendlich  entfernte  Punkt. 

36.  a.  Wir  haben  wiederholt  hervorgehoben ,  dass  gewisse  Eigenschaf- 
ten für  alle  Gebilde  resp.  Elemente  von  Gebilden  innerhalb  gewisser  genau 
festgestellter  Grenzen  gelten,  ausserhalb  derselben  aber  für  keines,  son- 
dern durch  andere  die  ersteren  ausschliessende  Eigenschaften  ersetzt  wer- 
den. Die  Umkehrungen  von  Sätzen,  welche  solche  Eigenschaften  betreffen, 
müssen  ebenfalls  richtig  sein  und  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  gelten. 

*J  V,  Staudtf  Geometrie  der  Lage  ^o. 55, 


aasgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.    Von  Paul  Scholz.  303 

6)    Aus  No.  35 e 6  folgt  mit  Rücksicht  darauf,  dass  der  Anfangsstrahl 
1^  ein  beliebiger  Strahl  des  Büschels  ist: 

Schneidet  der  irgend  einen  Strahlbüschel  d^  in  demselben  Bewegungs- 
sinne  stetig  durchlaufende  Strahl  s^  beliebige  Gerade  derselben  Ebene, 

welche  mit  dem  Mittelpunkt  des  Büschels  d  nicht  perspectiviscb  sind,  in  n 
aufeinanderfolgenden  Lagen  jede  derselben  nur  in  endlichen  Punkten ,  so 
wird  jede  dieser  Geraden  in  allen  n  Punkten  von  demselben  Halbstrahl  des 

laufenden  Strahles  s^  getroffen,  von  welchem  sie  in  einem  dieser  Punkte 

getroffen  wird,  und  alle  Gerade,  deren  Schnittpunkte  mit  $^   in  einer  der 

n  Lagen  demselben  Ualbstrahl  von  ^  ,  angehören,  werden  in  allen  n  Lagen 
von  demselben  Halbstrahl  getroffen. 

Der  Satz  gilt  auch  dann,  wenn  s    sich  continuirlich  in  dem  Büschel  d 
bewegend,  seinen  Drehsinn  innerhalb  der  n  aufeinanderfolgenden  Lagen  ein- 
oder  mehrmal  ändert. 

c)   Von  dem  ein  Strahlbüschel ,  dessen  Mittelpunkt  irgend  ein  Punkt  jS 
einer  Geraden  s  ist,  in  irgend  einem,  aber  einem  und  demselben  Sinne  von 

f  ans  einmal  durchlaufenden  Strahl  s^  müssen  zwei  Punkte  derselben  Halb- 
ebene in  Bezug  auf  s  mit  demselben,,  zwei  Punkte,  welche  auf  ver- 
schiedenen Halbebenen  in  Bezug  auf  s  liegen,  aber  der  eine  mit  dem 
einen,  der  andere  mit  dem  anderen  Halbstrahl  in  Bezug  auf  den  Mittel- 
punkt 9  getroffen  werden;  dies  gilt  auch  von  dem  Strahlbüschel,  dessen 
Mittelpunkt  der  Schnittpunkt  der  die  beiden  Punkte  enthaltenden  und  durch 
dieselben  bestimmten  (No.  2)  Geraden  mit  s  ist ;  die  beiden  gegebenen 
Punkte  müssen  daher  im  ersten  Fall  auf  demselben  -Halbstrahl  dieser  Ge- 
raden in  Bezug  auf  den  Schnittpunkt  mit  s  liegen,  im  zweiten  auf  verschie- 
denen Halbstrahlen.     Das  heisst: 

1.  Die  Verbindungsgerade  6  =6    zweier  Punkte  b  ,6    wird 

von  einer  anderen  Geraden  $  in  einem  Punkt  der  Strecke  b"^ 
getroffen,  wenn  die  Punkte  b    undb    auf  verschiedenen  Halb- 
ebenen in  Bezug  auf*  liegen, in  einem  Punkt  der  Strecke  6^^*     , 

wenn  b  undb  auf  derselben  Halbebene  in  Bezug  auf  5  liegen, 
und  umgekehrt. 

2.  Sindb   undb    zwei  aufeinanderfolgende,  also  unendlich  nahe  Punkte, 
80  ist  die  Strecke  b  der  Geraden  b    gleich  Null;  die  Gerade  b    kann 

von  allen  Geraden,  von  denen  sie  nicht  in  den  Punkten  b  und  b  selbst  ge- 
troffen wird,  nur  in  Punkten  der  Strecke  b  geliofieu  ^wÖl^ü*     ^%^\ 


304       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 


Zwei  aufeinanderfolgende  endliche  Punkte  befinden  sich 
inBezng  auf  jede  Gerade,  welche  mit  ihnen  in  derselben 
Ebene,  aber  mit  keinem  perspectivisch  liegt,  stets  auf  dersel- 
ben Halbebene  and  in  Bezug  auf  jeden  der  übrigen  Punkte 
ihrer  Verbindungslinie  auf  demselben  Halb  strahl. 

37.  Durch Vergleicbung  von No. 21c  oder  35a  und  10  folgt:  Der  eine  der 
beiden  einfachen  Winkel,  aus  denen  ein  vollkommener  Winkel,  dessen 
Strahlen  nur  einen  Theil  eines  Strahlbüschels  bilden,  besteht  und  welcher 

g^  entweder  gar  nicht,  oder  nur  als  Grenzstrahl  enthält,  liegt  ganz  mit  allen 

seinen  Halbstrahlen  und  den  diesen  zugehörigen  Punkten  auf  einer  der  beiden 

Halbebenen  in  Bezug  auf  s^,   der  andere  einfache  Winkel,  der  Scheitel- 

winkel  des  ersteren ,  ganz  auf  der  anderen.    Also : 

a)  jDie  beiden  einfachen  Winkel  eines  jeden  vollkomme- 
nen Winkels  mit  endlichem  Mittelpunkt,  der  nur  einen  Theil 
des  concentrischen  Strahlbüschels  bildet,  liegt  inBezugauf 
jeden  derbeiden  Grenzstrahlen,  wie  in  Bezug  auf  jeden  Strahl 
des  Ergänzungswinkels  auf  entgegengesetzten  Halbebenen, 
jeder  mit  allen  seinen  Halbstrahlen  auf  einer. 

b)  n  in  demselben  oder  in  ein- oder  mehrmal  geändertem 
Drehsinne  aber  stetig  aufeinanderfolgende  Lagen  desselben 
Halbstrahles  eines  stetig  in  einem  Strahlbüschel  sich  bewe- 
genden Strahle  sliegen  in  Bezug  aufjeden  der  übrigen  Strah- 
len des  Büschels,  d.  i.  inBezng  aufjeden  Strahl  desselben,  mit 
welchem  der  bewegliche  Strahl  in  keiner  dieser  n  Lagen  zu- 
sammenfällt, auf  derselben  Halbebene. 

c)  Liegt  der  eine  Halbstrahl  eines  Strahles  «^  und  der  eine 

Halbstrahl  einesStrahles^^  in  Bezue  auf  einen  anderen  Strahl 

s^  desselben  Büschels  auf  derselben  oder  aufentgegengesetz- 
ten  Halbebenen,  so  liegen  sie  in  Bezug  auf  jeden  Strahl  des 
Winkels*?       .   auf  derselbeji,    resp.   auf  entgegengesetzten 

Halbebonen  undinBezug  auf  jeden  Strahl  des  Winkels  5,^    . 
resp.  auf  entgegengesetzten  Halbebenen  oder  auf  derselben. 

d)  Sind  5^  und  s^  zwei  aufeinanderfolgende  Strahlen  des  Büschels  Ä^, 
SO  enthält  der  Winkel  s^  .  keinen  Strahl;  daher  folgt  aus  vorigem  Satz 
mit  Rücksicht  auf  No.  346^:  Befinden  sich  irgend  zwei  endliche 
von  j^    verschiedene  Punkte  g;,  g     zweier  aufeinanderfolgen- 

der  Strahlen  5^,  $^  eines  Büschels  i^^  in  Bezug  auf  irgend  einen 


i 


Punkt  sein  (No.  25,  a^  =  S'oo). 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.    Von  Paul  Scholz.  305 

der  übrigen  Strahlen  auf  derselben  oder  auf  entgegengesetz- 
ten Halbebenen,  so  liegen  sie  nnd  die  sie  enthaltenden  Halb- 

strablenÄ-^  ^  und  iJ^^  -^  in  Bezug  auf  jeden  der  übrigen  Strah- 
len auf  derselben  resp.  auf  entgegengesetzten  Halbebenen. 

Diese  Sätze  gelten,    ^^  mag  ein  endlicher  oder  unendlich  entfernter 

l 

38.    Jeder  der  beiden  Halbstrahlen  von  s^  bildet,  wenn  s^  von  sz^  an 

den  Büschel  d^  einmal  durchlaufen  und  wieder  nach  5^  gelangt  ist,  die  Er- 
gänzung zu  demjenigen  Halbstrabl ,  welchen  er  am  Anfange  der  Bewegung 

deckte ,  und  muss  beim  zweiten  Umlauf  von  s^  in  demselben  Sinne  J  die 
der  beim  ersten  Umlauf  durchlaufeneu  entgegengesetzte  Halbebene  be- 
schreiben, so  dass  er  nach  Beendigung  des  zweiten  Umlaufes  dieselbe  La^ 
hat,  als  am  Anfange  der  Bewegung  (No.  23a). 

a)  Demnach  kann  jede  der  beiden  Halbebenen  in  Bezug  auf  irgend 
einender  Büschelstrablen  gemäss  No.  10  und  35a  als  ein  einfacher  Winkel 
angesehen  werden*),  dessen  vollkommener  Winkel  der  ganze  Strablbüschel 

ist.  Also  zufolge  No.  12a  und  23rf:  Derselbe  Halbstrahl  g^^'^^X^^^""  *^)» 
welcher  von  der  Lage  »f '  l^i  ~  )  ^^^  ^°  ^®°^  Drehsinne  J  von  s^  die 
Halbebenei^^'  .  1^^^.  .  ^J  beschreibt,  beschreibt  in  dem  entgegengesetz- 
ten  Drehsinne  J  die  andere   Halbebene  ^f\_l^  \^(VZ.7\\  ^^^  dieselbe 

Halbebene,  welche,  während  s  im  Sinne  J  den  Büschel  beschreibt,  von 
dem  Halbstrahl  j^^     ^  aus  der  Anfangslage  g^^'       beschrieben  wird,  wird 

in  dem  Drehsinne  J  von  dem  Halbstrahl  g  ^~"    ^  aus  der  Anfangslage  S>^  ~~  *^ 

beschrieben,  so  dass  ^^ ^^  ^Ä/^Iln  ^"^  (X-^l)^  (llX)'  ^'®  ^^^^  *^^ 
der  Bezeichnung  nach  No.  15  hervorgeht. 

6)  Die  sämmtlichen  Lagen  eines  der  beiden  Halbstrahlen  j^'^^^'^  wäh- 
rend zweier  aufeinanderfolgender  Umläufe  von  s  in  demselben  Bewegungs- 
sinne erfüllen  daher  die  ganze  Ebene  und  sind  ein  Gebilde,  von  welchem 
die  Voraussetzung  in  No.  1  und  die  daraus  hervorgehenden  Folgerungen, 
wie  die  in   §.5,   in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  gelten;  wir  nennen  es  ein 

Halbstrah lenbüschel;  jeder  von  g^  verschiedene  Punkt  der  Ebene 
liegt  mit  einem  Halbstrahl  dieses  Halbstrahlbüschels  in  einer  und  nur 
einer  Lage  perbpectivisch. 

*)  v.  8tandt,  Geometrie  der  Lage  No.  22. 


306       Die  projecti vischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

39.  Die  Halbstrablen  jg^^'*'  und  ^^^"~*-'  von  s^.  sind  zwei  Elemente 
des  Halbstrahlbüschels,  welche  dasselbe  in  zwei  Intervalle,  Halbebenen 
theilen,  die  wir  entsprechend  dem  Princip  in  No.  15  a  mit  ^^?i^  «od  dj?_j^ 

oder  resp.  mit  ^/?  i/  ^°^  ^(l\l)  ^^  Bezug  auf  den  Drehsinn  J  bezeich- 
nen, je  nachdem  wir  uns  das  laufende  Element  in  der  Lage  äj  oder  in 
der  Sff^^^  denken  (vergl.  No.  38a).     Von  einem  zweiten  Strahl  $^  gehört 

nach  No.  34  6i  ^er  eine  Halbstrahl  g^^' *^  der  Halbebene  S>^^J\T?==^f!lZ'^^ 
an  und   der  andere  g^^""**^  der  Halbebene   ö^jTTx*  =i^;3'     jv.    Jede  der 

V  v^  1  ^J  (a    ■  *) 

Halbebenen  in  Bezug  auf  s.  wird  daher,  als  Intervall  des  Halbstrahl büschels 

aifgefasst,  durch  den  in  ihr  enthaltenen  Halbstrahl  von  s^  in  zwei  Tbeile 
getheilt,  die  gemäss  No.  15a  in  der  Reihenfolge,  wie  sie  von  dem  im  Sinne 
d  den  Halbstrahl büschel  von  d^^'  ^  an  durchlaufenden  Halbstrahl  beschrie- 
ben werden ,  folgendermassen  zu  bezeichnen  sind : 


oder  resp. 


^{x\v)  ^{v\i)  ^{x\v)    V:i) 
%-x)  V-t')  V-i)  ^{i-vy 


Der  erste  und  dritte  dieser  einfachen  Winkel  ergänzen  sich  als  Scheitel- 
winkel zu  dem  vollkommenen  Winkel  yf,     .  =  *.        ,x  und  ebenso  der  zweite 

(i|Vj        {v  —  X) 

und  vierte  zu  dem  Winkel  s,   ,,.  =  *?-        ..  Während  nun  s^  von  5?  aus  im 

{v\X)        {X  —  v)  X 

Sinne  J  einen  Umlauf  macht,  beschreiben  gleichzeitig  (No.  21c  und  35«) 
der  Halbstrahl  /^'^^  von  1*^^' "^^  aus  die  Halbebene  iS^^)*\   der  Halbstrahl 

K  \.X\X) 

d  ^~       von  Sf^"  *^  aus  die  Halbebene  ^/J jTx     5   die  beiden  Halbstrahlen 

bewegen  sich  in  gleichem  (Drehsinn)  Bewegungssinn;  wir  können  daher 
No.  17  anwenden  und  erhalten,  indem  wir  noch  bemerken,  dass,  was  von 

dem  willkürlich  gewählten  Strahl  5^  festgesetzt  ist,  auf  jeden  beliebigen 
anderen  Strahl  s^.  angewendet  werden  kann. 

a)  Während  s    im  Sinne  ^  von  s.  aus  den  Büschel  ^^  einmal 

durchläuft,  ist  den  Halbebenen  iS/^ttN  in  Bezug  aufalle  Lagen 
5?  des  Winkels  .vf- ,  .  der  einfache  Wink  el  g,',ff emeinschaft- 
lieh  mit  allen  seinen  Halbstrahlen  und  ausser  diesen  keiner, 


ausgezeicbneten  Elemente  ebener  Curven.    Von  Paul  Scholz.  307 


'  ^^*"^^^>'>>^^^V./^rf^^^^\i^^l^V^^^^^rf 


in  Bezue   auf  alle  Lagen  s].    des  Winkels  s^  ,..    der   einfache 

Winkel  Ä,^,   .      in  gleicher  Weise:  den  Halbebenen  3;?     Z  aber 
{*'\V  (s— s) 

ist  in  Bezug  auf  alle  Lagen  s].  des  Winkels  s,.,  .  der  einfache 

^        .  ^         £  Uli') 

Winkel  d/  ,,v  und  in  Bezug  auf  alle  Lagen  5^  des  Winkels 
*f  . ,    der  einfache  Winkel  1^,,,  ^^gemeinschaftlich. 

6)    Aus  No.  Ibad  und  34  b^  ergiebt  sich: 

Während5^von5?   ausimSinne^stetigdenWinkels;, ,  . 

X  ^  {l\v) 

beschreibt,  liegen  auf  derselben  Halbebene  gJJ^^^.    in  Bezug 

auf  jede  seiner  Lagen  f^  der  von  dem  Halbstrahl  g^^  ^  be- 
schriebene einfache  Winkel  jg;,*       vonsf, ..    und  von  s^,,.  .  der 

einfacheWinkel  ^^rT  ^  ,welchervon  dem  Halbstrahl  3^^  ''be- 
schriebene wird;  auf  der  Halb  eben  ejg\.^Lv  aber  liegen  die  eiur 
fachen  Winkel  ^,  A   x  nnd  ^.flT:  also  in  Bezug  aufjedeLage 

5?  im  Winkel  s.^,  .   liegen  stets  auf  derselben  Halbebene  der 

i  C^|v)         ^ 

von   dem  Halbstrahl  j^^^'^  beschriebene  einfache  Winkeides 

einen  und  der  von  dem  Halbstrahl  g^^"~  beschriebene  ein- 
fache Winkel  des  anderen  der  beiden  Theile,  in  welche  der 

Winkel    *f,,  .  durch  ^t  zerfällt. 
(^1«')  £ 

c)   In  Bezug  auf  jede  Lage  sj  von  s    während  des  ersten  Umlaufes 

von  8^  aus,   in  welchem  die  Halbstrahlen  fr       ^  und  j^^^        ^    von   resp. 

fp  I  od)         «    (o — od)  i«     TT  11    1  Ttfloo)         -      fp—oo)  , 

iJ^^'  '  und  g^'^  ^  aus  resp,  die  Halbebenen  g^J'.^  und  ^)T,J^  beschrei- 
ben, liegt  der  Halbstrahl  g^^'"*^  auf  der  Halbebene  ^^j'_*^.,  daher  1^^"""*^ 
auf  i^/t  t^  »  während  des  zweiten  Umlaufes,  in  welchem  die  Halbstrahlen 
Ä  und  ^^"^^  von  resp.  Äl^  ~  *^  und  ^^^'    ^  aus  resp.  die  Halbebenen 

^ai^r^  ""^  4^1*/  ^«schreiben,  liegt  der  Halbstrahl  ^^^'*^  auf  der  Halb- 
ebene g[J|j\  also  4^"*>  ^"^4j'*|)- 

40.  Durchläuft  von  demjenigen  Halbstrahl  g^^**^  von  «J  aus,  welcher 
den  mit  einer  Geraden  g^  der  Rubrik  6*  in  No.  35  gemein8ch&ftl\<5\v^xi^>ax^V 


308        Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  and 

8?=*^  enthält,  der  Halbstrahl  r*'*^  im  Bewegungssinne  ^  stetig  den 
Halbstrahlbtischel  ^ ^  so  trifft  er  nach  No.  216  und  356*  die  Gerade^,  in 

den  von  g^  an  stetig  aufeinanderfolgenden  Punkten  des  Halbstrahls  g^^' ^-'j 
während  er  den  einfachen  Winkel  i^J?  T/  beschreibt,  bis  er  in  die  mit  j* 
perspectivische  Lage  d.  "^  gelangt;  darauf  so  lange  nicht,  bis  er  in  die 
Lage  j^^^""*^  gelangt  ist,  d.  i.  bis  er  die  Halbebene  jg,^*^  beschrieben,  der 

Strahl -5^  also,  dem  ^^^^'  angehört,  von  s^  aus  einen  ganzen  Umlauf  vull- 

endet  hat  (No.  38);  von  da  ab  aber  trifft  der  laufende  Halbstrahl  d 
wieder  die  Gerade  ^.,  während  er  den  Rest  des  Halbstrahlbüschels,  den 

einfachen  Winkel  »^tx2\      beschreibt,  in  den  von  gf'^  an  im  gleichen  Bich- 

tungssinne  wie  in  g^        (No.  16)  aufeinanderfolgenden  Punkten  von  fit  . 

Lassen  wir  daher  einen  Punkt  g^  die  Gerade  g^  von  g|  ab  im  Sinne  g.  '  ^ 
(No.  \^a^)  durchlaufen,  so  ist  deswegen,  weil  er  beim  Ueberschreiten  des 
unendlich  entfernten  Punktes  g*  von  dem  einen  Halbstrahl  i^^^'    ^  auf  den 

5  • 

anderen  j^.^        ^  rückt,  der  mit  demselben  perspectivische  Halbstrahl  des 

Halbstrahlbüschels  &^  genöthigt,  die  Hälfte  seines  Gebildes,  entsprechend 

einem  ganzen  Umlauf  von  s  zu  überspringen,  damit  den  hintereinander- 
folgenden  Lagen  von  c^.  hintereinanderfolgende  Lagen  desselben  Halbstrahls 

entsprechen.  Dadurch  nnf  ist  es  möglich,  dass  das  Halbstrahlbüschel,  ein 
Gebilde  von  doppelt  so  grosser  Mächtigkeit  als  die  gerade  Punktreihe,  mit 
dieser  in  perspectivische  Beziehung  gebracht  werden  kann. 

Die  Modification,  welche  eintritt,  wenn  g^  eine  Gerade  der  Rubrik  6* 

in  No.  35,  ergiebt  sich  schon  hieraus  von  selbst,  wenn  wir  beachten,  dass 
die   ganze  Untersuchung   ihrem  Wesen  nach  dieselbe  bleiben   müss,  nur 

einer  der  Halbstrahlen  g^  gleich  Null,  der  andere  gleich  der  ganzen  Ge- 
raden g^  wird  (No.  25). 

Betreffs  der  Fälle,  wenn^£  =  ^gp  oder  eine  Gerade  der  Rubrik  6*  in 

No.  35,  vergleiche  No.  35  c. 

41.  Zufolge  No.  25  und  33  gelten  die  in  diesem  Paragraphen  angestell- 
ten Untersuchungen  und  abgeleiteten  Sätze,  sowohl  wenn  der  Mittelpunkt 

des  Büschels  ^^   ein  endlicher,  als  wenn  er  ein  unendlich  entfernter  Punkt 

ist;  die  eintretenden  Modificationen  wenn  d    ein  unendlich  entfernter  Punkt, 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  309 


No.  25,  bezogen  hnf  a^^  =  g^^  leicht  erkennen. 


sind  in  denselben  schon  enthalten  und  lassen  sich  mit  Berücksichtigung  von 

l 

Dass,  wenn  der  Mittelpunkt  i^  eines  ebenen  Strahlbüschels  ein  end- 
licher Punkt  und  g^  irgend  eine  endliche  den  Punkt  h  nicht  enthaltende 
Gerade  ist,  ihr  unendlich  entfernter  Punkt  beiden  Halbstrahlen  des  mit  ihm 

perspectivischen  Strahles  s^  angehört,  nach  entgegengesetzten  Richtungen 
zu  liegen  scheint, 

dass,  während  ein  Strahl  s^  den  Büschel  beschreibt,  der  ihm  auf  der 
Geraden  ^^* entsprechende  Punkt  beim  Ueberschreiten  des  unendlich  ent- 
fernten Punktes  von  einem  Halbstrahl  von  $^  auf  den  andern  rückt, 

sowohl  in  der  dem  unendlich  entfernten  Punkt  vorhergehenden ,  wie  in 
der  ihm  folgenden  Lage  auf  derselben  Halbebene  in  Bezug  auf  den  mit  .dem 
unendlich  entfernten  Punkt  perspectivischen  Strahl  (Parallelstrahl)  liegt,  in 

Besng  auf  jeden  mit  einem  endlichen  Punkt  g'^  perspectivischen  Strahl  aber 

•  ^ 

in  der  auf  g'^  folgenden  Lage  nach  No.  34 n  und  18  auf  der  entgegengesetz- 
ten Halbebene  sich  befindet,  als  in  der  g^  vorhergehenden  Lage , 

sind  durchaus  keine  dem  unendlich  entfernten  Punkt  als  solchem  eigen- 
tbümliche  Eigenschaften,   sondern   sie  sind   eine   Folge   der   allgemeinen 

Sätze  in  No.  216  und  22;  sie  kommen,  wenn  wir  statt  der  unendlich  entfern- 

X 
ten  Geraden  eine  beliebige  endliche  Gerade  a      als  Grenzgerade  wählen, 

auch  jedem  endlichen  Punkt  derselben  in  gleicher  Weise  zu : 

sowohl  beim  Durchlaufen  der  einen  Strecke  jj^^**^  von  j^^  aus,  als  beim 
Durchlaufen  der  anderen  (in  entgcgengesetzteip  Hichtungssinne ,  No.  12a) 
gelangen  wir  zu  demselben; 

wenn  der  dem  Strahl  s^  auf  g^  entsprechende  Punkt  den  der  Geraden 
^^  mit  a  gemeinschaftlichen  Punkt  gj' überschreitet,  geht  er  stets  von  der 
einen  Strecke  j^^^^^  auf  die  andere  über  (No.  216,  22),  und 

befindet  sich  in  der  dem  Punkt  g  j'  vorhergehenden ,  wie  in  der  auf  ihn 

folgenden  Lage  in  demselben  der  durch  a    und  den  mit  gj  perspectivischen 

Strahl  s\  ffebildeten  Winkel,  weil  in  diesem  Falle  a    ,  g^  und  sl  Strahlen 

des  Büschels  g^  sind ,  also  der  eine  mit  allen  seinen  Punkten  in  einem 
der  von  den  beiden  anderen  bestimmten  Winkel  sich  befinden  muss 
(No.  10);  in  jeder  der  übrigen  Lagen  g^  aber  fällt  \iaa\i  'So.'l  ^v  "c^^^  '°^'^'^ 


310        Die  projectivtöchen  Ejgensc'haften  der  gewöhnlichen  und 

eineni  Pankt  von  a  zasamnien ;  die  dem  Pankt  gf  vorhergehende  und  die 
ihm  folgende  Lage  gehören  daher  nach  No.  16  verschiedenen  Strecken 
fl^      an,  also  der  eine  dem  einen,  der  andere  dem  anderen  der  von  a 

und  dem  mit  9^  perspecti vischen  Strahl  s     gebildeten  Winkel  (No.  186c), 

werden  aber  beide  von  derselben  Strecke  d      '  getroffen  (No.  216). 


C,  Ein  Strahlbüschel  nnd  zwei  Panktreihen. 
42.  Aus  No.  26  bis  28  folgt,  wenn  wir  die  unendlich  entfernte  Gerade 
g^  statt  a     als  Grenzgerade  wählen,  indem  wir  die  Strahlen  s^  ^,  s^  >  von 

js>   f  welche  mit  den  den  Geraden  g^^  g^  und  der  Grenzgeraden  g^  gemein- 
schaftlichen Punkten,  d.  i.  mit  den  unendlich  entfernten  Punkten  von  g^ 

nnd  g^  perspectivisch  sind,  kürzer  mit  ^^1  ^^  und  den  mit  dem  Schnittpunkt 

Q    perspectivischen  Strahl  mit  s     bezeichneir:  Die  den  Strahlen  eines 

ebenen  Strahlbüschels  d     auf  zwei  Geraden  g^,  g^  derselben 

Ebene  cntprecbenden  Punkte  bilden  in  Bezug  auf  die  Punkte 

d^undjg^als  Grenzpunkte 

d)  ein  Punktepaar  dritter  Art: 
er)  auf  jedem  Strahl  des  Büschels: 

1.  wenn  der  Mittelpunkt  d     auf  ^^  oder  (7.  oder  im  Schnittpunkte 
beider  liegt,  bei  beliebiger  Lage  der  Geraßen  g^.,  g^  (No.  27);  • 

2.  wenn  eine  der  Geraden  g^. ,  g^  oder  beide  mit  g^  zusammenfallen, 

bei  beliebiger  Lage   der  endlichen  Geraden   und  des  Punktes  e 
•     (No.  28a«,  6«). 

ß)  nur  auf  einzelnen  Strahlen  des  Büschels  in  allen  anderen  Fällen, 
also   wenn  sowohl  g^.  als  g^  endliche  Gerade  sind  und  nicht  durch   den 

Punkt   d^  gehen,  nämlich 

1.  wenn  j^^  ein  endlicher  Punkt,  stets  und  nur  auf  den  Parallelstrah- 
Ion  zu  gj.  und  g^ ,  mögen  diese  durch  einen  endlichen  Winkel  von 

einander   getrennt,   unendlich    nahe   sein   oder   zusammenfallen 
(No.  266); 

2.  wenn  i^^  ein  unendlich  entfernter  Punkt ,  stets  und  nur  auf  dem 
*  Strahl,  welcher  mit  g^  zusammenfällt,  und  welcher  hier  die  Pa- 
rallelstrahlen vertritt  (No.  286^), 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  311 


P^N.^^^-   »■•■■*■  ^-^^^-^^^   ^  ^   ^  ^   ^■■^>^  ^-^-^-S^  ^^.-—    *.•*»'**  ^-V>,#   ^    ^'«-«P-^-« 


und  zwar  Pnnktepaare  dritter  Art  nach  No.  12 rf*  nur  (im  Falle  [/3*])  auf 
dem  Strahl  g^  ,  nach  No.  12 rf'  nur  (im  Fall  [a^])  auf  dem  mit  g^  oder  g^  zu- 
sammenfallenden Strahl  oder  auf  beiden,  nach  No.  12(/'*  in  allen  anderen 
Fällen ; 

fc)  ein  Punktepaar  zweiter  Art,  nur  wenn  sowohl  ö' .als  g  end- 
liche Gerade  sind  und  ^  ein  stusserhalh  derselben  befindlicher  Punkt  der 
Ebene  ist,  nämlich,  wenn  dies  der  Fall,  die  Parallelütrahlen  »vj,  r,  resp. 
die  unendlich  entfernte  Gerade  g^  von  vornherein  ausgenommen ; 

(y)  auf  Jedem  der  übrigen  Strahlen  des  Büschels 

1.  bei  beliebiger  Lage  der  Geraden  ^^,  g  mit  Berücksichtigung  der 

schon  erwähnten  Beschränkungen,  wenn  g    ein  unendlich  entfern- 
ter Punkt  (No.  28 ft^); 

2.  wenn   g^  und  g  unendlich    nahe  Gerade    und    ^  ein    beliebiger 

Punkt  (No.  266); 

3.  wenn  g^  und  g    zwar    durch    einen    endlichen    Winkel   getrennt 

sind,  sich  aber  in  einem  unendlich  entfernten  Punkte  schneiden 

und  jj    ein  Punkt  dea  Winkels  g.^     ^  ist,  welcher  die  Gerade  g^ 

enthält  (No.  28«^); 
/3)  nur  auf  einem  Theil  der  Büschelstrahlen,  wenn  g^  und  g    beliebige 

endliche  durch   einen    endlichen  Winkel  von    einander  getrennte  Gerade 

sind,  die  sich  in  einem  endlichen  Punkte  schneiden,  und  £»    ein  beliebiger 
endlicher  Punkt  ausserhalb  derselben,  nämlich  auf  den  sämmtlichen  Strah- 


le 


9 


en  des  Winkels  s^        ,  welcher  den  Schnittpunkt  g    enthält  (No.  266); 

c)  ein  Punktepaar  erster  Art,  nur  wenn  ^^  und  o  zwei  endliche 

and  durch  einen  endlichen  Winkel  von  einander  getrennte,  sonst  beliebige 

Gerade  sind   und   0    ein  endlicher  ausserhalb  derselben  gelegener  Punkt 

der  Ebene  ist,  nämlich  wenn  dies  der  Fall,  die  Parallelt^trahlen  5^,  s^  aus- 
genommen, 

a)  auf  jedem  der  übrigen  Strahlen  des  Büschels,  wenn  g^  und  g    sich 

in    einem   unendlich   entfernten  Punkte  schneiden,   und  g    ein  Punkt  des 
Winkels  fi'/»  >.      ist,  welcher  g^  nicht  enthält  (No.  28«^) ; 

ß)  nur  auf  einem  Theil  der  Büschelstrahlen  ,*  stets  wenn  g^  und  g  sich 
in  einem  endlichen  Punkte  schneiden,  nämlich  auf  den  sämmtlichen  Strah- 
len des  Winkels  s^  .^^  ,  welcher  den  Schnittpunkt  ^  ludal  exkVViSXv.  V^Q,*3t.^V^. 


312       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  nnd 

43.  a)  Ans  No.29  folgt,  a     =g ^  gesetzt: 

Beschreibt  ein  Strahl  «continnirlich  in  demselben  Dreh- 
sinne einen  ebenen  Strahlbuschel  d,  so  bewegen  sich  die  auf 
irgend  zwei  Geraden  g^^  g    derselben  Ebene  entsprechenden 

Punkte  g^,  g     von  jedem  derjenigen  Bfischelstrahlen  ans,  auf 

denen  sie  in  Bezug  auf  den  Mittelpunkt  d  und  den  unendlich 
entfernten  Punkt  d^  als  Grenzpunkte  ein  Pnnktepaar  erster 
Art   bilden,    nach    entgegengesetzten    Halbebenen   (wenn   der 

Schnittpunkt  g    der  Geraden  g^^  g   ein  endlicher  Punkt,  der  eine  im  Sinne 

g        ,    d.   i.    sich  dem  Schnittpunkt  g    nähernd  (No.  Sc*),  der  andere  im 

Sinne  g  ,  d.  i.  sich  von  g  entfernend);  von  jedem  derjenigen  Bd- 
schelstrahlen  aus  -aber,  auf  denen  sie  ein  Punktepaar  der 
zweiten  Art  bilden,  bewegen  sich  die  au f^^ und  g  entsprechen- 

denPunkteaufdieselbeHalbebene  (also,  weun  g   ein  endlicher  Punkt, 

entweder  beide  sich  dem  Punkt  g  nähernd,  oder  beide  sich  von  ihm  ent- 
fernend). 

h)  Auf  denjenigen  Strahlen  $   ,   auf  denen  die  Punkte  ((., 

g    ein  Punktepaar  dritter  Art  bilden,  gehen  sie  in  den  Fällen 

[/?•*]  inNo.42a  je  einer  oder  beide  zugleich  von  dem  einen  Halb- 

strahl  jS^^*^  auf  den  andern   über  (Xo.  25,  35e,  4l). 

Im  Falle  [a^]   in  No.  42«  verändert  der  der  einen  Geraden 

entsprechende  Punkt  seine  Lage  (d.  i.  die  des  Punktes  d  )  nicht 
und  wird   nur  in  der  einen  mit  dieser  Geraden  zusammenfallenden  Lage 

von  s  ,  welcher  auf  der  anderen  der  Schnittpunkt  ^  entspricht,  durch  die 
Summe  der  übrigen  Punkte  ersetzt  (No.  27). 

Im  Falle  [a^  in  No.  42o  können  wir,  da  d^e  unendlich  entfernte  Gerade 
g  y^  als  Grenzgerade  beiden  Halbebenen  in  Bezug  auf  irgend  eine  endliche 

Gerade  angehört,  sowohl  sagen:   die  Punkte  g^,   g     bewegen  sich  in 

Bezug  aufjede  Lage  von  s  auf  dieselbe,  als  sie  bewegen  sich 
auf  entgegengesetzte  Halbebenen. 

|.  9.  Abhängigkeit  der  entsprechenden  Bewegnng^sinne  in  zwei  perspectivisch 
auf  einander  bezogenen  Grundgebilden  (Punktreihe ,  Strablbüschel) 

von  d^r  relativen  Lage  ihrer  Träger. 

44.  Bezichen  wir  irgend  zwei  Strablbüschel  mit  endlichem  Mittelpunkt 
perspectivisch  aufeinander  durch  die  unendlich  entfernte  Gerade,  so  dass 

Je  zwei  ent^rprechende  Strahlen  parallel  sind,  so  lehrt  die  Anschauung,  dass 


aufgazeichneten  Elemente  ebener  Cnrven.  Von  Paul  Scholz.  313 

der  einem  beliebigen  Drehsinn  des  einen  Büschels  in  dem  anderen  (No.  6,19) 
entsprechende  stets  diesem  gleich  ist*),  wir  mögen  die  Kennzeichnung  jedes 
der  beiden  in  jedem  ebenen  Strahlbüschel  (No.  1)  möglichen  Bewegungs- 
sinne an  sich  auf  die  in  der  „Entwickelung  der  AbhJingigkeit  geometrischer 
Gestalten'^  von  Steiner  auf  pag.  46  oder  auf  die  in  der  „Theorie  der  Kegel- 
schnitte'* von  Herrn  Schroeter  in  §.  4,  pag.  3  angegebenen  Weise  ausfüh- 
ren; jede  dieser  Methoden  ist  nur  auf  Strahlbüschel  mit  endlichem  Mittel- 
punkt und  auf  jedes  solche  Strahlbüschel  anwendbar,  also  jedesmal  und  nur 
dann,  wenn  beim  Uebergange  des  laufenden  Strahles  aus  einer  Lage  in  die 
nächstfolgende  eine  eigentliche  Drehung  stattfindet,  welche  ihrem  Begriffe 
nach  das  Vorhandensein  eines  endlichen  Punktes  als  festen  Drehungscent- 
rums voraussetzt. 

a)  Die  unendlich  entfernte  Gerade  hat  daher,  wie  sie  durch 
ihre  Lage  vor  allen  anderen  Geraden  der  Ebene  ausgezeichnet  ist,  die  in 
No.  32  von    der  Geraden    g     angenommene    ausgezeichnete    Eig^en- 

schaft,  dass  demselben  liichtungssinn  in  ihr  in  allen  Strahl- 
büscheln mit  endlichem  Mittelpunkt  derselben  Ebene  der 
gl  eiche  Dreh  sinn  entspricht,  und  umgekehrt.  Daher  erhalten  wir 
«US  No.  30,  31,  wenn  wir  eine  der  beliebigen  Geraden  ^«,  g^  uns  durch  g^ 

vertreten  denken,  folgende  Sätze: 

b.  Sind  irgend  zwei  Strahlbüschel  a  ,  e  mit  endlichem 
Mittelpunkt    auf  eine   endliche  Gerade  ^.   derselben   Ebene, 

welche  keinem  derselben  als  Strahl  angehört,  perspectivisch 
bezogen, 

1.  so  sind  die  einem  beliebigen  Richtungssinne  von^.  ent- 

sprechenden  Drehsinne  in  a    und  g    einander  gleich,  wenn  die 

Punkte  a  und  j^  sich  auf  derselben  Halbebene  in  Bezug  auf 
g^  befinden,  und  entgegengesetzt,  wenn  auf  verschiedenen, 

2.  so  ist  der  einem  Drehsinn  des  einen  Büschels  im  anderen 
entsprechende  ihm  gleich,  wenn  der  beiden  Büscheln  gemein- 

schaftliche  Strahl  5,  =  a    von  cr^  in  einem  Punkte  der  Strecke 

i^,         ^ t   ihm  entgegengesetzt,   wenn  s.  von  g^  in  einem  Punkt 

der  Strecke  d^^^^*  getroffen  wird  (No.  36c). 

c)  Werden  zwei  Strahlbüschel  derselben  Ebene  mit  end- 
lichen Mittelpunkten  a  ,  0  jeder  von  einem  seiner  Strahlen 
resp.  a  und  s  in  beliebigem  Drehsinn  beschrieben,  so  bewe- 
gen sich  in  jeder  Geraden  der  Ebene,  welche  den  Strahl  s^.  in 

♦)  Schroeter,  Theorie  der  Kegelschnitte  186*.     |.  l'^ic. 


314    *    Die  projectiy beben  Eigenschaften  der  gewohnlichen  und 

einem  Punkte  der  Strecked^  '^  schneidet,  auch  auf  der  un- 
endlich entfernten  Geraden,  die  den  Strahlen  a  und  «  ent- 
sprechenden Punkte  in  gleichem  Richtungssinn,  wenn  die 
Strahlbüschel  in  gleichem,  in  entgegengesetztem  Richtnngs- 
sinne,  wenn  die  Strahlbttschel  in  entgegengesetztem  Dreh- 
sinne durchlaufen  werden,  und  umgekehrt;  aufjeder  Geraden 

jedoch,  welche  den  Strahl  sz^  in  einemPunktder  Streck eg.     ^ 

schneidet,  bewegen  sich  die  den  Strahlen  a  und  s^  entspre- 
chenden Punkte  in  gleichem  Richtungssinne,  wenn  die  Strahl- 
büschel in  entgegengesetztem,  in  entgegengesetztem  Rich- 
tungssinne, wenn  die  Strahlbüschel  in  gleichem  Drehsinne 
durch  lau  fen  werden,  undumgekehrt.    Betreffs  der  Geraden,  welche 

durch  einen  der  Punkte  a  ,  Ä    gehen,  vergl.  No.  30c,  31  d,  436. 

d)  Lassen  wir  einen  Punlct  g^  eine  belle  big  gelegene  end- 
liche Pnnktrei  he  ^^  in  einem  bestimmten  Sinne  stetig  durch- 
laufen, 

1.  80  müssen   die  mit  g^   perspecti  vischen  Strahlen  aller 

Strahlbüschel,    deren  Mittelpunkte    endliche,   ausserhalb^. 

gelegene  Punkte  derselben  Halbebene  in  Bezug  auf^^  sind, 
ihre  Büschel  in  gleichem  Drehsinne  durchlaufen; 

2.  die  mitg-perspectivischenStrahlenallerStrahlbüschel, 

deren  Mittelpunkte  endliche,  ausserhalb  g.  gelegene  Punkte 
der  anderen  Halbebene  in  Bezug  aufgr^  sind,  müssen  ihre  Bü- 
schel ebenfalls  in  unter  sich  gleichem,  aber  dem  der  anderen 
entgegengesetzten  Drehsinne  beschreiben. 

3.  Beim   Uebergange   des   dem   Punkte   g.    entsprechenden   Strahles 

eines  der  Büschel,  deren  Mittelpunkte  in  den  die  Halbebenen  begrenzenden 
Geraden  g^^g^  liegen,  aus  einer  Lage  in  die  nächstfolgende  müsste  so- 

wohl  eine  Drehung  in  dem  einen,  wie  eine  im  entgegengesetzten  Sinne 
erfolgen,  es  erfolgt  daher  gar  keine  eigentliche  Drehung,  sondern  nur  eine 
Verschiebung. 

•}•    Der  mit  g      perspectivische   Strahl  jedes   Strahlbüschels,    dessen 

9 

Mittelpunkt  in  der  Geraden  g^  liegt,  fällt  in  diese  Gerade  und  behält  diese 
Lage  bei,  so  lange  nicht  g^  seinen  Mittelpunkt  deckt  (No.  27,  30c,  31  d); 

W    der   mit   g^   perspectivische   Strahl  jedes  Strahlbüschels,   dessen 
Mittelpunkt  in  g^  liegt,  ein  unendlich  entfernter  Punkt  ist,  (jedes  Parallel- 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.   Von  Paul  Scholz.  315 


•  ^«.^  '^•V.'*   -V-V^^— 'V'^i-'V   "-f-.^*-X»,^.^.,^\/V  ■>  ^N.-V'^.^^J"  **   '\'%'*>*-.'V'^-A^>'\y^^.'<^'%.'^  ■^'%.^S-*^>-,^j^j^V<^    /^  -N  '^Ä>-^'^'' 


strahlbü8che1s)  beschreibt  sein  Büschel  in  einem  von  dem  Richtungssinne 
von  Q^  abhängigen  und  mit  demselben  sich  ändernden  (No.  C)  Bewegungs- 
sinn, der  aber  keinem  und  jedem  der  beiden  Drehsinne  eines  Strahlbüschels 
mit. endlichem  Mittelpunkt  gleichgesetzt  werden  kann  (No.  32)*). 

e)  Denken  wir  uns  demnach,  alle  Strahlbiischel  mit  endli- 
chem Mittelpunkt  werden  jeder  von  einem  seiner  Strahlen  in 
gleichem  Drehsinne  durchlaufen,  so  ertheilen  alle  Strahl- 
büschel, deren  Mittelpunkte  endliche  Punkte  derselben  Halb - 
ebene  in  Bezug  auf  eine  beliebige  in  dieser  Ebene  befindliche 
Oerade^^sind,  demmitdem  laufendenStrahlaufpr^p^rspecti- 

vischenPunktedenselbenBewegungssinn,alleStrahlbüschel, 
deren  Mittelpunkte  endliche  Punkte  der  zweiten  Halbebene 
sind  in  Bezug  auf  ^^,  den  entgegengesetzten  Bewegungssinn; 

und  es  giebt  keinen  einzigen  Strahlbüschel,  dessen  Mittelpunkt  ein  endlicher 
ausserhalb  g^  gelegener  Punkt  der  einen  Halbeb'ene  in  Bezug  auf  g.^  und 

welcher,  in  demselben  Sinne  J  beschrieben,  auf  ^.  denselben  Bewegungssinn 

hervorriefe,  als  die  Strahlbüschel,  deren  Mittelpunkte  Punkte  der  anderen 
Halbebene  sind. 

Der  dem  laufenden  Strahl  eines  Strahlbüschels,  dessen 
Mittelpunkt  in^.  liegt,   auf  g.  entsprechende  Punkt  verharrt 

in  der  Lage  des  Mittelpunktes,  so  lange  nicht  der  laufende 
Strahl  mit^.  zusammenfällt. 

Dieser  Satz  enthält  den  in  No.  44  ^  als  speciellen  Fall. 
/)   Mit  Berücksichtigung  von  No.  34,  35  a,  e  folgt  aus  No.  44  c  oder  ans 
d6c  und  44c: 

Werden  zwei  Strahlbübchel  derselben  Ebene   mit    endli- 

chen   Mittelpunkten   a   ,  ö     jeder   von    einem   seiner  Strahlen 

resp.  a  ,5^von  dem  beiden  Buschein  gemeinschaftlichenStrahl 

a  =s^   aus  stetig  einmal  durchlaufen,   so  beschreiben  je  ein 

Halbstrahlvona    und  ein  er  von«,  weichein  derLageßr     einen 

®      9 


*)  Anmerkung.  Die  Bezeichnung  ,, Drehsinn*'  im  engeren  Sinne  darf  daher 
rechtmässig  auch  nur  bei  Strahlbiischeln  mit  endlichem  Mittelpunkt  angewendet 
werden;  im  Allgemeinen  aber  haben  wir  den  Bewegungssinn  eines  jeden  Strahl- 
btischels  „Drehsinn"  g-enannt  im  (  egonsatz  zu  dem  Bewej^ungssinn  in  einer  Punkt- 
reihe, dem  Ricbtungssinn,  weil  die  Bedingung;  eines  festen  Mittelpunktes  schon  in 
dem  Begriff  des  Strahlbüschcls  (No.  1,  5)  enthalten  ist  und  die  strahlen  eines 
Parallelstrahlbüschels,  wenn  auch  koiuen  gemeinschaftlichen ,  endlichen  Mittel- 
punkt, so  doch  was  wir  einen  unendlich  entfernten  Punkt  nennen  (die  Richtung) 
gemeinflcbaftlich  haben. 

Zeitscbrifl  f.  MalhemaliJc  u.  Phyaik.  Xfli,   4.  «j^^X 


316        Die  projccti vischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

Punkt   der  Strecke  STj:  gemeinschaftlich   haben,    dieseihe 

Halbebeno  in  Bezug  auf  5^,  wenn  die  Büschel  in  gleichem,  ver- 
schiedene Ualbebenen,  wenn  sie  in  entgegengesetztem  Dreh- 
sinne beschrieben  werden;  je  ein  Halbstrah]  vono  aberundei- 
ner  von*,  welche  in  der  Lage  5J  keinen  Punktder  Streck  edl^* 

gemeinschaftlich  haben,  beschreiben  verschiedene  Halb- 
ebenen, wenn  die  Büschel  in  gleichem,  dieselbe  Halbebene, 
wenn  sie  inentgegengosetztemDrehsinndurchlanfenwerden, 
und  umgekehrt   (No.  15^). 

g)  Wir  heben  hervor,  dass,  wie  sehr  auch  die  Untersuchung  in  No.  32 
darauf  hinweist,  dass  die  dort  von  der  Geraden  g    angenommene  Eigenschaft 

thatsächlich  bei  der  unendlich  entfernten  Geraden  g^  stattfindet,  dies 
doch  dadurch  nicht  bewiesen  ist  und  der  Satz  am  Anfange  von  No.  44  als 
ein  Erfahrungssatz  aus  der  Anschauung  entnommen  ist;  wie  dies  auch  in 
der  „Systematischen  Entwickelung  der  Abhängigkeit  geometrischer  Gestal- 
ten** pag.  52  und  der  „Theorie  der  Kegelschnitte'*  §.  19c  pag.  79  geschehen. 

Aus  der  Vergleichung  von  No.  32  und  44  bis44(/'  mit  der  Anscbanuog 
geht  aber  hervor,  dass  dieser  Satz  mit  den  auf  die  Voraussetzungen  des 
§.  1  allein  sich  stützenden  früheren  Untersuchungen  im  vollsten  Einklänge 
steht. 

h)  Wollten  wir  in  ähnlicher  Weise  den  Richtungssinn  in  zwei  beliebi- 
gen geraden  Punktreihen  der  Ebene  an  sich,  d.  i.  ohne  Rücksicht  auf  ein 
Strahlbüschel  vergleichen,  so  würde  eine  No.  32  ganz  analoge  Untersuchung 
als  Bedingung  erkennen  lassen  das  Vorhandensein  eines  Strahlbüschels  in 
der  Ebene,  welcher  die  ausgczeiclinete  Eigenschaft  besasse,  dass  einem 
und  demselben  Drehsinn  in  ihm  in  allen  nicht  mit  ihm  perspectivischen 
Geraden  der  Ebene  derselbe  Richtungssinn  entspreche,  oder  von  dem  wir 
dies  annehmen  wollten.  Ein  solcher  Strahlbüschel  müsste  aber  aus  dem 
in  No.  32  c  angegebenen  Grunde  durch  seine  Lage  ausgezeichnet  sein  vor 
allen  übrigen.  Der  Strahlbüschel  mit  endlichem  Mittelpunkt  giebt  es  un- 
endlich viele,  die  sich  an  sich  keiner  von  dem  anderen  unterscheiden  lassen^ 
und  Strahlbüschel  mit  unendlich  entferntem  Mittelpunkt  gi^bt  es  auch  un- 
endlich viele,  die  sich  keiner  von  dem  anderen  unterscheiden  lassen,  und 
einen  ausgezeichneten  Punkt  wie  jede  endliche  Gerade  besitzt  die  unend- 
lich entfernte  Gerade  nicht.  Da  wir  also  keinen  einzig  und  allein  von  allen 
übrigen  sich  unterscheidenden  Strahlbüschel  kennen ,  so  können  wir  nicht 
allgemein  den  Richtungssinn  einer  Geraden  mit  dem  einer  anderen  an  sich 
vergleichen ,  sondern  nur  in  Rücksicht  auf  ein  oder  mehrere  Strahlbüschel 
von  gewisser  Lage*). 


*)  V.  St  an  dt,  Beiträge  zur  Geometrie  der  Lage,  erstes  Heft,  No.  49. 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.   Von  Paul  Scholz.  317 

45.  a)  Bewegen   wir,  nachdem  der  Strahl  s^  in   dem   ebenen  Strahl- 
büsthel  S?  einen  Winkel  «f , ,  .  in  demselben  Drehsinn  J    von  s.  an  stetig 

darchlaufen,  den  Mittelpunkt  d^  anf  dem  beliebig  gewählten  Strahl  s^  in 

einem  und  demselben  Sinne  P  ,  so  theilt  er  in  jeder  seiner  Lagen  den  Strahl 

o 

s^  in  sEwei  Halbstrahlen,  die  wir  nach  dem  Princip  von  No.  15a  mit  Sr  ^ 
nndg  'bezeichnen.  Denken  wir  uns  nun  s^  in  jeder  Lage  von  3^  in  demsel- 

ben Sinne  ^  von  s^  an  den  Büschel  weiter  durchlaufend,  so  beschreibt  nach 
No.  Ibe  und  44/*  der  von  der  Anfangslage  i8  ^'  °°^  ausgehende  HalbstrahU^^ '  **' 
stets  eine  und  dieselbe  der  Halbebenen  in  Bezug  aufs  ,  »:  ,  J,  der  von  der  An- 
fangslage  jj^^""*^  ausgehende  Halbstrahl  g^^^~^^  stets  die  andere  )gj^|.°°^ 

b)   Während  *^  den  Winkel  s,.,  .  beschrieben,  beschrieb  der  ihm  auf 

jeder  Geraden  g  ,  welche  nicht  den  Punkt  Sr  enthält,  entsprechende  Punkt 

9^  eine  Strecke  er        in  bestimmtem   Richtungssinne  P  .     Wenn  nun  5^, 

Z  X 

nachdem  i?  in  eine  beliebige  Lage  S>^ ^  gerückt,  seinen  Büschel  in  demsel- 

V 

auf  irgend  einer  Geraden  g^  ,  welche  nicht  den  Punkt  g^  enthält,  entspre- 
chende Punkt  0^  in  demselben  Sinne  P^^  in  welchem  er  die  Strecke  ^l  '*'' 

durchlaufen,  weiter  die  Strecke  gl        ,  wenn  die  neue  Lage  g^  von  ^  mit 

der  ursprünglichen,  die  wir  mitd  ^  bezeichnen  wollen,  auf  derselben  Halb- 
ebene in  Bezug  auf  ^.  sich  befindet  (nach  No.  44 f);  sobald  aber,  sei  es  da- 
durch, dass  d    die  Gerade ^^  oder  die  Gerade  ^^  überschritten,  die  neue 

Lage  d^  sich  nicht  mehr  mit  ^ ^  auf  derselben  Halbebene  befindet,  be- 
schreibt der  Pankt  g^  in  dem  entgegengesetzten  Bichtungssinne  P^  zunächst 

dieselbe  Strecke  9^''""^^  =  9^?''*'^' 

Rückt  der  Punkt  ^  in  die  mit^^  perspectivische  Lage  d^  &,  so  verharrt 

der  dem  Strahl  5^  entsprechende  Punkt  in  dieser  Lage  g^t  =  9.  =»  . 

Rückt  dor  Punkt  d    in  die  Lage  des  unendlich  entfernten  PunktA^  ^^xi 


l  ^  X 

v\ 
ben  Sinne  ^   von  der  Lage  .v    an  weiter  beschreibt,  so  durchläuft  der  ihm 

9  V 


31H        Ihc  projcKtivischon  r.iji;onschanen  der  gewonniicnen  una 


t.y-wi»'  ^    *V  - 


s^  S^««,  so  lässt  sich  der  Drehsinn  von  s  nicht  mehr  mit  dem  des  Büschels 
sf^ ^  vergleichen;  der  dem  Strahl  s  entsprochende  Punkt  g^  kann  dtcfaer 
mit  gleichem  Recht  in  demselben  Sinne  P^  die  Strecke  g^       ,  als  in  dem 

entgegengesetzten  Sinne  P    die  Strecke  ^,         ^  =  g     '   ^  beschreiben. 

c)  Eine  Aendernng   des    Bewegiingssinnes  von    g^  findet 
demnach  statt: 

1.  wennd    die  Gerade  r/.  überschreitet, 

5 

2.  wenn  »    die  Gerade  g ^  überschreitet, 

3.  wenn  5    den  Drehsinn  H  n  d  e  j- 1  (No.  6) 

Da,  wo  gleichzeitig  zwei  dieser  Fälle  auftreten,  hebt  eine  Aendernng 

die  andere  auf:  so  durch  Combination  der  Fälle  1  und  2,  wenn  s^  die  Ge- 
rade  g    in  ihrem  unendlich  entfernten  Punkte  schneidet  (vergl.  No.  16  und 

44 e)  oder  g^  mit  g^  zusammenfällt  (vergl.  44  a),  ö^  also  gleichzeitig  sowohl 

den  Punkt  d^t  als  den  Punkt  g  ^^    überschreitet;   bei  solcher  Lage  von  s 
resp.  g^  wird  daher  der  Bewegungssinn  von  g    nicht  geändert,  welche  Lage 

auch  der  Punkt  sir  auf  der  Geraden  5^  haben  mag,  so  lange  der  Strahl  s^ 
in  demselben  Drehsinne  sich  bewegt;  es  geht  aber  bei  der  ersten  Combina 
tion  gemäss  No.  35ß  der  Punkt  g^  auf  den  anderen  Halbstrahl  von  s^  ^^oer. 

d)  Andererseits  denken  wir  uns  den  Mittelpunkt  des  Strahlbüschels 
fest,  drehen  aber,  nachdem  der  Punkt  g^.  auf  der  Geraden  g^  eine  Strecke 

g^   '  -^  in  demselben  Richtungssinnc  P,  von  g^  an  durchlaufen,  die  Gerade 
I  5  5 

g.  um  den  beliebig  gewählten  Punkt  g  in  einem  und  demselben  Drehsinne 
J   ,  und  durchläuft  der  Punkt  g.  auf  der  Geraden  ^^  in  irgend  einer  neuen 

Lage  g^j.  die  andere  Strecke  g^  in  demselben  Richtungssinne  P^^  so  be- 
schreibt auch  s^  in  demselben  Drehsinn  z/  weiter  den  Winkel  ä;  .,^,  wenn 
der  Halbstrahl  g^  J    '^  (die  Bezeichnung  bezogen  auf  den  Richtungssinn  P  ) 

auf  derselben  Halbebene  in  Bezug  auf  ä     liegt,   als  der  Halbstrahl  g    ' 
der  ursprünglichen  Lage  g  ^  von  g    (No.  35,  38«,  37);  sobald  aber  dadurch, 
dass  ö     den   Punkt  ö    überschreitet,  die  Halbstrahlcn  g^  J    ^  und  g^  J    '  anf 
entgegengesetzten  Halbebonen  in  Bezug  auf  5  ,  oder  was  dasselbe  ]8t(No.  34J 


ausgezeichneten  Elemento  obener  Curven.   Von  Paul  Scholz.  319 

^  «       nnd  (j  j,  auf  derselben  llalbebone  sich  befiiuleu,  beschreibt  der 

Strahl  s^  in  dem  entgegengesetzten  Drehsinn  J    zunächst  wieder  den  Win- 
kel s^  __n~  *fii  ^  (No.  16).     Dies  Kriterium   gilt   zufolge    No.  10»   wenn 

der  Mittelpunkt  des  Strahlbtischels  ein  unendlich  entfernter  Punkt,  wie  wenn 
er  ein  endlicher  Punkt  ist. 

Eine  Aenderung  des  Bewegungssinnos  von*  findet  dem- 
nach stets  und  nur  statt,  wenn 

1.  (/den  P  unkt  g^  über  schreitet,  sei  es,  dass  in  der  niitij 
perspectivischenLage^p^clemHalbstrahlg^P     *    oder   dem 

Halbstrabl  9^  p       ^angehört,  *' 

2.  g    den  Richtungssinn  ändert  (No.  6). 

In  einer  Combination  zweier  Fälle  findet  keine  Aenderung  des  Dreh- 
sinnes von  8^  statt. 

e)  Mit  Rücksicht  auf  No.  38a,  15e,  .H9c,  44(/,e,  45  können  wir 
vorstehende  Sätze  auch  folgende  rroassen  aussprechen: 


Lassen  wir,  nachdem  5    in 
dem  ebenen  Strahlbüschel  ^ 
im  Sinne  J   den  Winkel  6,.,  v, 
also  der   auf  der   Geraden  g 
ihm    entsprechende   Punkt   g 

im  Sinne  P    die  Strecke  g 
•beschrieben,  den  Mittelpunkt 

d      in    einem    und     demselben 

Richtunessinno/^   vonderur- 

^  a 

sprünglichen  Lage  d  ^  an  den 

Strahl  s    durchlaufen,  und  in 

jeder   neuen    Lage    &^ y   von  g 

den    Strahl    s      in    demselben 

Drehsinn  z/     von  san  weiter 

bewegen,      so      bewegt     sich 
der  P  u  n  k  t  g     a  u  f  <7  ^ ,  j  <»>  n  a  c  h  - 

dem,    bezogen    auf  den   Rich- 


Lassen  wir,  nachdem  der 
Punkt  g     auf  der  Geraden  g 

im  Sinne  /^^  die  Strecke  g.,     \ 

also     der     in    einem    Büschel 

dent8prechendeStrahl5^  im 

Sinnet    den  Winkel  5,, ,  ,be- 
9  Wv) 

schrieben,    die    Gerade    gf    in 

einem  und  demselben  Dreh- 
sinne d     von  der  ursprüngli- 

chenLage^  ^  aus  den  Büschel 

gdurchlaufen,  und   in  jeder 

neuen  Lage  g  „  von  g  den 
Punkt  g^  in  demselben  Rich- 

tungssinn  P  von  g  an  sich 
weiter  bewegen,  so  bewegt 
sich  der  Strahl  s  im  Büschel 
g   ,  je   nachdonv,  Vi^T.o^^TJi  «b>x^ 


320       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 


tnngssinnP  ,  g^  den  Sjtrahl  s^ 
in  einem  Punkt  des  Halbstrah- 

lesg^^J*^oder  /^r'''^  schnei- 

det, 

in  demselben  Richtnngs- 
sinnP^  weiter,  so  lange ^^  auch 

in  Bezug   auf  die  neue  Lage 

jg^i.    den    Strahl    s^    in   einem 

Punkt  des  Halbstrahles  d^y    ^ 

resp.islfj""*^  trifft, 

in    dem    entgegengesetz- 
ten    Sinne    P^,    wenn   g^   den 

Strahl  s^  in  einem  Punkt  des 

HalbstrahlesÄ^^^^^esp.d^^j** 
schneidet, 

gar  nicht,  wenn^^  mitiJ^ 
perspecti visch  liegt. 


den  Drehsinn  J    der  Punkts^ 

y 

in  Bezug  auf  ^^^  sich  auf  der 

Halbebene  9(j|{)><1ö»^  Hi\t)^ 
befindet, 

in     demselben    Drehsinn 

J     weiter,   so    lange   j^^  auch 

in  Bezug    auf   die  neue  Lage 

gu^    sich    auf    der  Halbebeue 

9(£|{)»7   resp.  8(j|j),7  befindet, 

in    dem    entgegengesetz- 
ten Drehsinn^  .wenndsicb 

9 

aufder  Halbebeue  B/ti  t^wresp. 

gar  nicht,  wenn  d    mit  g^ 
perspectivisch  liegt. 


f)    Als  Zusatz  zu  dem  Satz  rechts  gehört  Folgendes: 


{v\<x>) 


Befindet  sich  der  Punkt  §,     auf  der  Halbebene   g/tit/o»  ^^ 
muss ,  wenn  g^  im  Sinne  J    den  Büschel  g,  bis  zur  Lage  a   =  y^^  beschreibt, 

in  dieser  Lage  nach  No.  3öa  und  39  der  Halbstrahl  g^  '    ^  denselben  treffen, 

also  die  Lageg^^     ^  =  g^»^*''  haben.     Der  auf  irgend  einer  Geraden  g 

der  Ebene,    welche  gy  =  gto    "^   einem   endlichen   von   g.  verschiedenen 

Punkte  g^  =  g^jj  des  Halbstrahles  g^J    ^  und  s    in  einem  Punkt  ^     =  9-c 

der  endlichen  Strecke  8>  schneidet,  entsprechende  Punkt  muss  daher 

nach  No.35e  die  endliche  Strecke  a;  von  a    an  durchlaufen.     Wenn 

nun  der  Strahl  8     im  Sinne  J     von  5    an  den  Büschel  d     durchläuft,    so 

9  V 

trifft  er   (No.  35)    mit  demselben  llalbstrahl,   welcher  in  der  Anfangslage 
ij^^      dicPunkteat=0  undi/  enthältund  die  Halbebene  jg^^,    ,     beschreibt," 

in  welcher  die  Halbstrahlen  g^J    '  =  g^^^       von  </>q  und  g;^         von  J^^mit 


*  ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  321 

allen  ihren  Pnnkten  liegen  (No.  34  ft*),  auch  den  Punkt  8i  =  9*'o5  ^^^  *^^ 
g    entsprechende  Punkt  muss  daher  vong    an  (No.  35  e)  die  endliche  Strecke 

(9  £^  QQ  y 

f}  ^'       durchlaufen,   also  dieselbe,   wie  der  dem  Strahl  g^  entsprechende 

Punkt,  aber  von  dem  anderen  Grenzpunkt  aus,  also  nach  No.  17  in  entgegen- 
gesetztem Kichtungssinne. 

Die  beiden  Drehsinne^    und^    sind  daher  nach  No.  44  c 

y  9 

einander  gleich. 

Befindet  sich  der  Punkt  d^  aber  auf  der  Halbebene  %l\]__l<o 

bezogen  auf  den  Drehsinn  ^  ,  so  deckt  der  Halbstrahl  9  j,  ^      ,   wenn  g. 

das  erste  Mal  in  die  Lage  5^  kommt,  den  Halbstrahl  j^^^        ,  der  auf  der- 
selben Geraden  g     entsprechende  Punkt  beschreibt  daher  nach  No.  35 ^  die 

Strecke  9^        ,  welche  den  unendlich  entfernten  Punkt  enthält,  der  dem 

Strahl  s    entsprechende  Punkt  beschreibt  wieder  die  Strecke  ^   ^     von  g 

au,  bewegt  sich  also  nach  No.  17  in  demselben  Kichtungssinne;  in  diesem 

Falle  sind  die  beiden  Drehsinne  J    und  J    nach  No.  44c  ent- 

Y  9 

gegengesetzt. 


(Fortsetzung  folgt.) 


X. 

üeber  die  developpabele  Fläche,   welche  zwei  gegebenen 

Flächen  umschrieben  ist. 

Vou 

Dr.   A.  Ennepek, 

ausserordeiitUcheä  Mitg^lied  der  Gesellschaft  der  Wissenschaften 

zu  Göttinjjen. 


I. 

Die  Gleicliungeu  der  beiden  gegebenen  Flächen  auf  ein  orthogonales 
Cüordinaten.systeiu  bezogen  seien  /"(^r,  y,  z)  =  0  nnd  fi{x,  y,  z)  =  0,  oder 
kürzer  f=0  und  /*,=:=  0.  Der  Punkt  (x,  y,  z)  der  Fläche  /*=  0  möge  mit 
dem  Punkte  (.r,,  y,,  r,)  der  Fläche  /\=0,  dieselbe  berührende  Ebene  haben. 
Sind  a,  b,  c  die  Winkel,  welche  die  Normale  zur  Fläche  f=0  im  Punkte 
(o;,  y,  z)  mit  den  Coordinatenaxen  bildet,  haben  «j,  6,,  Cj  analoge  Bedeu- 
tungen für  den  Punkt  (.r,,  y,,  c,)  der  Fläche  /'i=0,  so  finden  bekanntlich 
folgende  Gleichungen  statt:       "^ 

cos  a      cosb      cosc  •! 


a/      df       df 


/jl)'^©)'+(rOr 


a.r         ^j/         dz 


vm<hm\ 


dx^         d  f/i         d  Zf 

Die  Gleichungen  der  berührenden  Ebenen    in    den   Punkten  (j-,  y,  :)   un  I 

(^1,  y,i  m)  sind: 

(.Y — üc)  cosa'\-(y — y)  ro56  +  (Z —  :)  ro5C  =  0, 
( A'  —  .r , ) cus «,  +  (!'  —  y^) cos b^-^-^Z  —  : ) roi  r,  =  0. 
Sollen  diese   Gleichungen  identisch  sein,    so  müssen  folgende  Relatioin'n 
stattfinden  : 

COSll=CuStt^^        cos  b=  CVS  hl,        CuSC  =  CiiSCi^ 

.r  cos^t'\-f/  rits  //  +  c  cosc=^T^  cosa^  -^-yi  <'<***  '^  +  *i  ''<^*  ^i- 
Set^t  man  : 

3)       X cos a-^-y cosb '\-z  cosc~—p^  x^costti-\'fjintsh^'\-ZiCosCi^-p^ 


üeber  die  developpabo*le  1*  läc]ic  etc.    Von  Dr.  Ennepeb.        323 


so  geben  die  Gleichungen  2)  und  3)  in  Verbindung  mit  f=0  und  ^-~0 
ein  System  von  sechs  Gleichungen,  welchen  zufolge  rr,  y,  z  und  a:,,  y,,  r, 
als  Functionen  von  p  angesehen  werden  können.  Lässt  man  p  variiren,  so 
erhält  man  auf  jeder  der  beiden  Flächen  eine  Curve,  längs  welcher  die- 
selben gleiche  berührende  Kbenen  in  zwei  entsprechenden  Punkten  haben. 
Die  Enveloppe  dieser  berührenden  Ebenen  ist  die  developpabele  Fläche, 
welche  den  beiden  Flächen  /'=0  und  /*,  =0  gleichzeitig  umschrieben  ist.  Es 
soll  vorausgesetzt  werden ,  dass  in  den  Gleichungen  3)  p  nicht  constant  ist 
infolge  einer  der  Gleichungen  /'=0  oder  A=0,  ein  Umstand,  welcher  statt- 
findet, wenn  eine  der  gegebenen  Flächen  die  Parallelfläche  einer  Kegel- 
Üäche  o4er  eine  Kugelfläche  ist.  Der  erste  Fall  ist  überhaupt  aus 
zuschlicssen ,  der  Fall  einer  Kugelfläche  ist  weiter  unten  besonders 
behandelt,  wobei  sich  herausstellt,  dass  die  allgemeinen  Gleichungen  ih(^ 
Gültigkeit  behalten. 

Die  Coordinaten  des  Punktes  der  Wendecurve  der  developpabelen 
Fläche,  welcher  mit  den  Punkten  (x,  y,  c)  und  (^i,  ^i,  ^i)  auf  derselben 
Geraden  liegt,  sind  durch  (§,  r/,  J)  bezeichnet.  Zur  Bestimmung  von 
I,  t/,  f  dienen  die  Gleichungen : 

§  cos  rt  + »?  ^^^ ''  +  £^^^  ^^^Pi 
^dcosa        dcosb        d  cosc 

4)  {      ^P  ^P  ^P 

.d^cosa        d^cosb        d^cosc 

Berücksichtigt  man,  dass: 

dx  ,  ^y  .  ^z       ^  aar,  ,    ^Vi   I         «  ^*i       A 

cos  a  - — [-COSO  —-+COSC  -—  =0,      cosa. [-cosbi h  cosc^  --—  =  0, 

dp  *  dp  dp  dp  dp  dp 

so  geben  die  Gleichungen  3)  nach  p  differeutiirt: 

dcosa        dcosb        dcosc  dcosa^  dcosby  dcosc^ 

oder  auch  wegen  2): 

dcosa  .     dcosb        dcosc  dcosn^   ,      dcosb^  dcosc 

Diese  Glei<j|iungen  in  Verbindung  mit: 

d  cos  a  ,  d  cos  b  ,  d  cos  c 

cosa  — ;r \-cosb  —r V-cosc  — :r —  =  0 

dp  dp  dp 

geben : 

'dcosa       .  ^        .        .  . 

D -- —  =  {z  — z^)  cos b  —  ^y—y^)  cosc, 

,  ,  dcosb       .  .  ,  >, 

f))  /  D  -/-      =  ( .r       Xijcos c  —(z  —  r, )  cos a. 

'  ()p 

'  CO  ?  c 

D  '— —  ^{y  -    y^)  cos n  —  (.r  —  .r, ) cos b, 
dp 


32 1    lieber  die  dereloppabele  Fliclie,  wt-tAe  swei 


^^f^^^^^f^ß^^^t^tm*^*^^^^ 


WO  zur  Abkürzmt^  genetzt  ist: 

cof  Oy     Oft«  ^,     eos  e  • 

Mittelst  der  GleichiiDgen  5)  geht  die  zweite  Gleichung  4)  ober  in : 

^)     [f-  —  -i)coi6 — (jf — y,)  cose]  §  +  [(x  —  Xj)  cw r  —  (r  ~Cj)iw«]  ^ 
+  [(y — y,>ro#tf  —  (X — Xj)iro#  6]  {;=/>. 

Wegen  der  Gleichangen  t)  geben  die  Gleichungen  3)  snbtrahbt : 
8)  (x — x,)ro#a  +  (f —  fi)  «w6+(r  —  z^}case=.0. 

Mit  Rücksicht  aof  die  Gleichungen  9)  folgt: 

^dcosa      dcosb      dcosc 


dp 


f» 


dp 


a;» 


-I 


I 


[x  CO*  rt  +  y  C05  6 + r  fo«c] 


+  [x(x-x,)+y(y-y,)  +  z(2-r,)][(a?-x,)co5a  +  (jf-jr,)a«6+(2-2,)co«c], 
d,  i.  wegen  3)  ond  8): 

d  cosa      d  cosb      d  cosc 

P 


dp 

^1, 


dp 

9ii 


dp 

z 

•1 


=  -  5  [('  -x.)'  +  (f  -f.)*+(5  -  z,f]. 


Analog  findet  man  mit  Hülfe  der  Gleichangen  5),  8)  und  Icosa-^  t^cogh 
-j-f^cosc^p: 


=  — J  [(^-^.)'+(i^-y,)*+(2— 2.)*]. 


DifTerentiirt  man  die  Gleichung  7)  nach  p,  wobei  $,  17,  {;  als  Constanten  an- 
zusehen sind,  so  zeigen  die  beiden  zuletzt  entwickelten  Gleichungen,  dass 
auf  beiden  Seiten  der  Term  : 


i, 

ni 

i 

dcosa 

d  cosb 

dcosc 

dp    ' 

dp  ' 

dp 

X      x„ 

y    Vi, 

wegfallt,  es  bleibt  dann: 

dx        dy 


«) 


dp^      dp*     dp 
cos  Oy   cos  b,  cos  c 


3Xj 

COS  a, 


ay,     a«, 


dp' 

COS  6, 


ap 

cos  c 


Durch  die  vor»tebendc  Gleichung,  die  Gleichung  7)  und  ^  cos  a  +  ti  cosb 
+  j^cosc=p  sind  |,  ly,  J  bestimmt.  Es  bleibt  noch  übrig,  die  Differential- 
Quotienten  von  x,y,  ;  und  Xi,  y^,  Zj  nach  p  auf  einfache  Weise  darzustellen. 


amscbrieben  ist.     Von  Dr.  A.  Ennepeb. 


325 


^^■^^•^^^  <■ 


Da  die  drei  Punkte  (|,  %  £),    {x^  y^  z)    uud  (a:i,  ^j,  ^i)  auf  derselben 
Geraden  liegen,  so  kann  man  setzen: 


oder: 
10) 


1= 


x  —  qx^  y  —  qjt 

^  =  117^'       f  = 


^•^ 


Mittelst  dieser  Gleichungen  wird  die  erste  Gleichung  4)  und  die  Gleichung  7) 
identisch.     Die  Gleichung  9)  geht  über  in : 


11) 


dx        dy        dz 

dp'      J}'      dp 

cos  a,    cos  b^     cosc 

^ — ^11  y—yn  2— «I 


=  Q 


dXi       dyt        dzi 


dp'     dp'     dp 

cosa^     cosb,      cosc 

^— ^n  y—ytj  «— -I 

Die  Quantität  q^  bestimmt  durch  die  Gleichung  11),  hat  eine  sehr  ein- 
fache geometrische  Bedeutung,  wie  gleich  gezeigt  werden  soll. 

Difierentiirt  man  cos  <i,  cos  tj  cos  c,  welche  Functionen  von  o:,  ^,  z  sind, 
nach  j9,  so  folgt : 

d  cos  a      d  cos  a  dx      d  cos  a  dy  .d  cos  a  dz 


dp 


^  + 


^  + 


dx     dp         dtf     dp         dz     dp' 


dcosb       dcosbdx      dcosbdy      dcosbdz 

+  —^ —  -^ — r 


dp 


dx      dp         dy     dp         dz     dp' 


d  cos  c      d  cos  c  dx      d  cos  c  dy       d cos  c  dz 

dp    ^       dx      dp         dy     dp  dz     dp' 

Setzt  man  diese  Werthe  von 

d  cos  a      d  cos  b       d  cos  c 


in  die  Gleichungen: 


dp    '        dp    '        dp 


d  cos  a   .     d  cos  b   ,  d  cos  c  d  cos  u  d  cos  b  d  cos  c 


dp     '  ""  dp    '  ^   dp      ''    "*  dp    '  ^^   dp 

nimmt  zu  denselben  noch  die  Gleichung: 

dx    ,  .dy    ,  dz       ^ 

cos  a  — --   +  c^^'  b  7^  +  cos  c   -—=:-=  0, 
cp  Cp  '  dp 

so  erhält  man  zur  Bestimmung  von 

dx      dy      dz 

dp'     dp'     dp 
folgende  Gleichungen : 

dcosa         dcosb  ,     dcos 


dp 


12) 


(■ 

1/      dcosa         dcos 


)sc\  dx       /   dcosa        dcosb        dcosc\dy 

x  )  d~p  ^V~dV^^~di^'~W)^ 


+     a 


dcosa        dcßsb  ,     dcosc\  dz 


dz 

b 


+y 


dz 


+z 


dz  }  dp 


=  1, 


+  ^^- 


d  cos  c\  d  X 


cos c\  dx      / 


dcosa        dcosb         dcosc\dy 
W^'''~dy-'^'''^)d'p 


.    /      dcosa  .       dcosb   ,        dcosc\dz 


326  lieber  die  doyeloppabelc  Fläclie,  welche  zwei  gegebenen  Fliehen 


cos  a  -f-    cos  b  ^    -T   Cos  C    ;r-  =  0. 

("p  cp  dp 

Sind  R\  K'  die  beiden  Hau|>tkrümmun<^8ha1bnieäser  der  Fläche /':=0 
im  Punkte  (x,  y^  z)^  »o  hat  man  für  das  Prodnct  derselben  die  Gleichung; 


13) 


£iiS  tf , 


cosby 


cosc^ 


d  cos  a  d  COS  b  3  cos  c 

dx   '        dx  ^  dx   ' 

dcosa  dcosb  dcosc 
dy  '       dy    \      dy 

d  cos  a  d  cos  b  d  cos  c 

"dT' 


0 
cosa 

cos  b 

cos  c 


1 


dz   '       dz   ' 

Wegen    der  Gleichungen  1)    lässt    sich  die  vorstehende   Gleichung   auch 
schreiben ; 

I  ^     ^1 

•     cx  c>y 

dv      av 


—^  r-,  0 


")  .'.•  [c^y-  {u^  (!()> 


dz' 

av 


a/ 


dx'     dxdy'     dxdz'  dx 

dv     av       ay  df 

dy  dz'  dy 

ay  df 


dxdy'     dy"' 
d^f       d^f 


dx  dz'  dy  dz       dz^ 
Bildet  man  das  Prodnct  dor  Gleichung  13)  mit  der  fol|^enden: 

cosa     cosb     cosc     0 
X  y  z        0 


dz 


X, 


=/>, 


^1  M        0 

0     0     ö    1  i 

so  bomorkt  man  Ificht,  dass  das  Product  der  beiden  Determinanten  gleich 
der  Determinante  des  Systems  12)  ist  in  Beziehung  auf 

dx      dy      dz 

dp'  '  dp'     dp 

als  Unbekannte,  der  gemeinschaftliche  Neuner  derselben  ist  also  einfach 

gleich  ^^.. 

Zur  Abkürzung  setze  man: 
15)  yl^^:c-x,y^.{y-y,y  +  {z^z,y^  =  ^^ 

.  d  cos  rt  .  /  .  a  cos  b  .  ,  ^  d  cos  c         ,    ^ 


1(5) 


{.c  -  .r.) 


dx 
d  cosa 


dx 
.dcosb  dcosc 


dy 


dy 

,  ^  dcosa  .  ,  dcosb  .  ,  ^  dcosc 


dz 


cos 


dz 


umschrieben  ist.     Von  Dr.  A.  Enneper.  327 

dcosa^  dcosbi  dcosCi 

dcosüi  dcosbi  dcosCi 

^yi  oi/i  a^, 

.dcosa^      ,  .dcosbi  ,  ,  .dcosc^        .,     . 

Schreibt  man  die  Gleichung  8)  auf  folgende  Weise: 

(a:-..)|^+(i.-y.)|^+(.-..)|{  =  0. 

SO  erhält  man  mittelst  der  vorstehenden  Gleichung  und  der  GleichungiMi  I) 
aus  16)  für  Z,  My  N  auch  nachstehende  Werthe : 

d^f  aV  d^f 

^^-^  '    ^  d^f     ,  av  av 


-/l(©"-(l-0'-(l^)} 


Durch  die  Verbindungslinie  der  beiden  Punkte  (a:,  y,  z),  (ar^  y,,  r,)  und  die 
Normale  zur  Fläche  /=0  im  Punkte  (a:,  y,  ?)  werde  eine  Ebene  gelegt 
und  der  Krümmungshalbmesser  des  Normalsclinittes  im  Punkte  (.r,  y,  z) 
durch  Ä  bezeichnet.     Für  R  hat  man  bekanntlich  die  Gleichung: 

Wegen  der  Gleichungen  17)  lässt  sich  die  Gleichung  18)  auf  folgende 
Form  bringen: 

19)  (x  —  x;)  L  +  {y  -y,)M-]r  {z  —  z^)N=  -|. 

Setzt  man  in  den  Gleichungen  14)  und  18)  /,,  arj,  ^,,  t,  statt  /,  .r,  y,  z,   s 
mögen  ä'ä"  und  R  übergehen  in  Ä',  Ä",  und  Ä,. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Gleichungen  16)  erhält  man  aus  12): 

^=:(cosb.N—cosc.M)  R'R"  ^, 

20)  ^  ^  ^^  (^^* ^'^  —  cosa.  N)  R' ä"  --, 

-—  =  (cos  a  .  iil  —  cos  b  ,L)  /?'  Ti"  — 
dp      ^  '  D' 


328  Ueber  die  developpabele  Fläche ,  welche  zwei  gegebenen  Flächen 


'••-*"s-^.^- 


Wegen  cosai  =  coso^     cosh^=cosb,     cosc^=cosc  hat  man  analog: 

-^  =  (cos  6  .  iV,  —  cos  c  ,  M.)  R\  R'\  —, 
dp  D 

21)  {-—^  ^(cos  c  ,  L.  —  cosa  .  N.)  R\K\  ---, 

1  op  ü 

--1  =  (cos  a  .  Mt—cosb  .  L)  R\ Ä",  —. 
dp       .  *'**/; 

Substituirt  man  die  Werthe  der  Diflerentialquotienten  aus  den  Gleichungen 
20)  und  21)  in  die  Gleichung  11),  so  folgt  wegen  (x  — x^) 0050  + (y—y^) cos b 
+  (z  —  Zi)cosc=0: 

=g\ix^x,)L,  +  (y^y,)M,  +  (z-z,)N,\ir,R'\, 
d.  i.  wogen  19)  und  der  analogen  Gleichung  für  Ä, : 

«,«.\  R  R        Rf 

Durch  die  vorstehende  Gleichung  ist  q  in  Function  von  a:,  y,  z  und  Xp  y,, «, 
bestimmt.     Die  Gleichungen  10),  22)  in  Verbindung  mit /*=0,  A=0  und 

df^       df,    .   df,        ^    df,  df,  df, 


dx       dy       dz  dx'^^dy'^    dz 

geben  ein  System  von  neun  Gleichungen;  eliminirt  man  x,  y^  z^  ^1»  Vi»  *i 
zwischen  denselben,  so  erhält  man  drei  Gleichungen  zwischen  J,  1/,  f  und  q^ 
welche  die  Coordinaten  S,  »?,  ^  eines  Punktes  der  Wendecurve  der  deve- 
loppabelen  Fläche  in  Function  der  Variabelen  q  bestimmen. 

Das  Bogenelement  der  Wendecurve  sei  ds^  ferner  q  der  Krümmungs- 
halbmesser und  r  der  Torsionsradius.     Da  nun 

/  1    ds\*  ^/d  cos  a  Y      /d  cos  b\^      /dcos  c\« 
\  r    dp)  '"X    dp   )       \    dp   )       \dp)' 

so  geben  die  Gleichungen  5)  nach  8)  und  15): 

1    ds       J 

23)  —  ^  =  -77- 

^  r    dp       D 

Aus  den  Gleichungen  20)  findet  man  mittelst  9)  und  19) 

=  Ä'fi"^  \{L(x-x,)'\-M{y-y,)+N{z-z,)\cosa=-r^—cosa, 
folglich : 


uiDSchrieben  ist.     Von  Dr.  A.  Enneper. 


329 


Diese  Gleichung  und  zwei  analoge  Gleichungen  geben: 

Die  linke  Seite  dieser  Gleichuncr  ist  aber  ( —  zr-] .    Nimmt  man  die  Qua- 
d  rat  würze]  positiv,  so  folgt: 

1  ds_  !  //r/?"     /^li^'^X 

Q  dp^  D\    R  Ä,    /' 

oder,  wenn  man  die  vorstehende  Gleichung  durch  die  Gleichung  23)  dividirt: 


24) 


Ä, 


eoi 


m 

Die  Bogenelemente  der  Contactcurven  der  developpabelen  Fläche  mit  den 
Flächen  f=0  und  /i=0  seien  da  und  ^<j, ,  ferner  g>  und  g>,  die  Winkel, 
welche  die  bemerkten  Curven  mit  der  Verbindungslinie  der  Punkte  (a:,  y,  z) 
(^i»yi»  ^i)  bilden.     Die  Gleichungen  20)  geben: 

—  {Leos a+M cos b+ Neos cy\ , 
}sa>  — =  ^""'^*  ^JfjL.  yZ'Jl  ^-Ijl.  ^""^^  ?i 

^—^11  y— yi,  ^— «i 

Mittelst  der  Gleichung  19)  leitet  man  aus  den  vorstehenden  Gleicliungen 
leicht  die  fplgenden  ab : 

^— ^n  y— yir  2— «t 

eos  a ,     eos  h ,     co5  c 

z,       ^,      ^ 


25) 


de    Rff'j 

Sm  CD  ■;--=: , 

^  dp        ED' 


Ebenso  folgt: 


26)       «wg)j— -'=-^— 1  — 


dp  /?,      /> 


a:— x,,  y— yi,  r  — 2, 
co5a,      CO»  6,      C05C 
Z,         M,         iV, 


=:—CO((Pi. 


Es  ist  offenbar : 


dhTp^rpj^^d-pTp^'''^'^^'^'^d-pd-p 

=  {l+eoi(peoi(p^)sm(pstnq>i—  — \ 


oder  nach  25)  und  26) 


27) 


dx  dXi      dy  ^y\_j,dt  dz^. 


dp  dp      dp  dp      dp  dp 
=  (l+ro^epro/.,.)-;R--^(y). 


330  lieber  die  developpabcle  Fläche^  welche  zwei  gegebenen  FlSchen 


••  ^  ^  .^ .»  ^^  ^    'S.    -\  -„^^•*-^^    --.      *^rf 


Sabstituirt  man  in 


für  ^,  f^,  J  ihre  Werthe  aus  10),  so  folgt  uacb  2j)  und  21): 

6;)'--G^,.~i)'+ö4.-!(f-:)'-''(Wi 

1  —  q  \?p  ait>      dp  dp      dp  dp) 


^— «^M  y— 2/11  2—^1 

+2     co5^/,  ros6,     cosc 

L,  M,         N 

— 2|    cosfi,  cosb,     cosc 

i      ^,  ^A»        ^'l 


Ä  Ä'      _l_  ^ 


/^ 


1  —  g  dp  1  —  g 


\»  T\'f 


n\R'\       1     a 

7 r~z/  r- 


D 


1  —  q  dp  1 — y' 


Wegen  der  Gleichungen  25),  26)  und  27)   wird  die  vorstehende  Gleichung 
einfacher: 


/aA«    )  a     1    ,     1    /?'Ä"  1     ,        q    n\R\    ^ 


J*\dpJ 


\dp  l—q  •    1— y       Ä.     /> 
1 


1  — ^       D 


+  (l-7)*  Z>«  )    R         '^      R, 


In  dieser  Gleichung  verschwindet  nach  22^  das  zweite  Quadrat  auf  der  rech- 
ten Seite,  man  hat  also  einfach: 


1      .       1     RiÜ'  //  q     R\B^\  d      , 


dp'~~      dp  l  —  q  '    V—q     R      D 


1~V      /?,      D 


oder  auch  nach  25)  und  2C) 

28) 


d  s  d      1  cos  (p  dö      q  cos  qp,  d  (?, 

dp  dpi  —  q       \  —  qdp         l  —  q    dq 


Diese  Gleichung  lässt  sicli   noch    weiter  vereinfachen.     Die  Differenz  der 
beiden  Gleichungen:  * 

x  —  x^dxy  —  y^dyz  —  z^dz da 

J      dp         J     dp         d     dp  dp^ 
x  —  x^dxy      y  —  y^dy^      z  —  z,dz,  da, 

n      dp  J      dp  J     dp  dp 


giebt: 


dj 


da 


da. 


--=cosq)- cos  q>i  — - 

dp  dp  dp 


Mittelst  dieser  Gleichung  lässt  sich  die  Gleichung  28)  auf  eine  der  folgenden 
Formen  bringen: 


29) 


d  s       d    qJ    ,  a  a 

dp       dpl  —  q  dp 

ds^        d     J      ,  dcx 


umBchrieben  ist.  Von  Dr.  A.  Enkeper.  331 


^^fc^^^N^^^^^^V^*^"^^*^^^^^*^^.^^.^.^.^.^^^^  ^.^  ^  ^  ^'■^•^^.^^.^  ^  ^^^  0'  ^  ^^  ^^^.^-^    ^    ^    m   0  ^   . 


^•^  ^  >■  ^-^_^  ^rf      ^^ ^^^^^^^ 


Ans  den  vorhergehenden  Entwickelangen  lassen  sich  einige  bemerkens- 
werthe  Sätze  ableiten.  Zufolge  der  Gleichangen  10)  ist  q  das  Verhältniss 
der  Distanzen  der  Punkte  (a?,  y,  z\  (a:,,  yi,  «,)  vom  Punkte  (S,  iy,  £).  Mit- 
telst der  Oleichnng  22)  folgt: 

Ist  eine  developpabele  Fläche  zwei  Flächen  umschrieben ,  so  ver- 
halten sich  die  Distanzen  zweier  Punkte  df r  Berührnngscurven, 
welche  derselben  Generatrix  angehören,  vom  entsprechenden 
Punkte  der  Wendecurve,  wie  die  Producte  der  Hauptkrfimmungs- 
halbmesser  in  diesen  Punkten,  dividirt  durch  die  Krümmungs- 
halbmesser der  Normalschnitte,  welche  durch  ihre  Verbindungs- 
linie gehen. 
Ana  den  Gleichungen  5),  20)  und  25)  folgt  : 

dx  dy         dz 

d^'        dp'        dp 
dcosa     dcosh     dcosc        J  da 

cosa^      coshj      cosc 

Ist  nun  cosq>=0,  so  genügt  die  Berührungscurve  der  Fläche  f=0  der 
Differentialgleichung  der  Krümmungslinien  und  umgekehrt.     Setzt  man: 

(|-a:)'+(,-y)'+(f-*)'=«», 
SO  ist  nach  10)  i=-~-.     Für  q>=  —  giebt  die  erste  Gleichung  29):  ^=3 1, 

oder  /— ^o=*'"*o»  ^®  '0  ^^^  Werth  von  t  ist,  welcher  dem  Werthe  s^  von 

s  entspricht.     Aus  dem  Vorstehenden  folgt  unmittelbar: 

Berührt  eine  developpabele  Fläche  eine  beliebige  Fläche  längs 
einer  KrÜmmungslinie ,  so  ist  die  Differenz  zweier  Generatricen, 
begrenzt  durch  die  Wendecurve  und  die  Contactcurve,  gleich  dem 
zwischen  ihnen  liegenden  Bogen  der  Wendecurve. 

Berührt  eine  developpabele  Fläche  zwei  Flächen  in  Krüm- 
nmngslinien,  so  ist  die  Distanz  zwischen  zwei  entsprechenden 
Punkten  der  Berührnngscurven  constant. 

II. 

Die  in  I  angewandte  Methode  erfordert  einige  Modificationen  für  den 
Fall ,  dass  eine  der  gegebenen  Flächen  eine  Kugelfläche  ist.     Setzt  man : 

1)  fl?*i+ffV+2*i=A^', 

so  ist: 

2)  ir,=Arco«a;     y,=Ärcos6,     ?,=ÄrcoÄC; 

3)  ira-,+yy,-f  z«,  =  Ä«. 

Diese  Gleichungen  und  /•=0  gestatten  es,  je  fünf  der  Quantitäten  t,  y,  ?, 
*ti  yn  ^1  *^s  Functionen  der  sechsten  anzusehen,  oder  besser^  ui«.ti  Va:clt\> 

Ztltschrift  f.  Mfithcmalik  b.  Phyilic.  XIII,  2.  ^^ 


332  üeber  die  deyeioppabele  FläcbO;  welche  zwei  gegebenen  Flächen 


die  B&mmtlichen  Coordinaten  als  Fanctionen  einer  Variabeleo  anaeheo,  f^ 
welche  man  z.  B.  den  Bogen  der  BerflfarungscurFe  der  developpabelen  Fliehe 
mit  der  Kagelfläcbe  nehmen  kann.     Diese  anabhängige  Variabele  werde 

darch  t  bezeichnet  und  zur  Abkürzung  gesetzt  — -=a:',  — -^=rjr',  etc.    Die 

ox  dt 

Gleichungen  1)  und  2)  geben : 

Mittelst  dieser  Gleichungen  und  2)  folgt: 

5)  ocx\+yy\+zz\^0. 

Bezeichnet  g  eine  Unbestimmte ,  so  erhält  man  aus  2)  ,  4)  und  5) : 

Ist  wieder  (|,  i?,  t)  der  Punkt  der  Wendecurve,  welcher  mit  den  Punkten 
(«♦  y,  z)  und  (ar, ,  y,,  z,)  auf  derselben  Geraden  liegt,  so  hat  man  zur  Be- 
stimmung von  $,  i7i  C  die  Gleichungen: 

Die  zweite  der  vorstehenden  Gleichungen  geht  wegen  6)  über  in : 

•^1  ♦   yi »   ^i 

welche  Gleichung  selbstverständlich  ist.     Setzt  man: 

X'-qx,  y-^yi  g-gz, 

1—^  1  — y  1  —  ^ 

so  giebt  die  dritte  Gleichung  7) : 

Die  Gleichungen : 

ica?'r+yy'i  +  «^'i=0,     Xia',+y,y',  +  rit',=0 
nach  T  differentiirt  geben : 

a^i  ^"i  +yi  y"i +^1  «"i  =— (ä:''i  +y''i +^'*i). 

Die  Gleichung  9)  lässt  sich  also  auch  schreiben : 
d.  i.  nach  1),  3)  und  6): 


nniBcbrieben  ist.  Von  Dr.  A.  Enneper. 


333 


10) 


gk'ix*+y*+z'^k')q= 


X 
X 


1 1 


y\ 


X 


Um  aas  dieser  Gleichung  x\y\  z  za  eliminiren,  wird  es  am  einfachsten 
sein,  die  rechts  stehende  Determinante  mit  derjenigen  zu  mnltipliciren,  wel- 
che das  reciproke  Prodnct  der  beiden  Hauptkrümmnngshalbraesser  der  Flä- 
che/*=:0  im  Punkte  Qx^y,  z)  darstellt.  Die  in  I,  13)  gegebene  Gleichung 
lässt  sich*leicht  auf  folgende  Form  bringen : 


H) 


cosüy      cosb,      coscy 
dcosa     dcosa      dcosa 


dx  ' 

dy  ' 

dz  ' 

dcosb 

dcosh 

dcosb 

dx  ' 

3y  • 

dz  ' 

dcosc 

dcosc 

dcosc 

0 
cosa 

cosb 

cosc 


R'ir 


/• 


dx  ^       dy    ^       dz 
Die  vorstehende  Gleichung  werde  mit  der  folgenden  multiplicirt: 


12) 


^',  y,   «,  0 


X 


0 


X 


^1 )  yi »  ^1 


X 


0,      0,      0,     1 

Nach  den  Gleichungen  1),  2),  3)  und  6)  ist: 

cosa.x+cosb.y'  +  cosc.z'ttsQ^ 


,  dcosa   .     ,  dcosa   .    ,  dcosa 
X  —^ hy  — tt: — h« 


dcosa        g  ,  . 


dx     '  "      dy      '  dz 

xcosa+ycosb+zcosc=x^cosa+y^cosb'^-z^cosc^=sk, 

Wendet  man  diese  Gleichungen  an  und  ersetzt  in  dem  Product  der  Gleich- 
ungen 11)  und  12)  die   vier  Elemente  der  letzten  Horizontal-  oder  Ver- 

iCt    y»     Zt 
ticalreihe  0,  cosa,  cosb^  cosc  durch  0,  -jt,  j-,  —  ^  so  folgt: 


1 


ITK' 


X 
X 
X 


i  1 


y 
»1 


^i.  .  dcosa  dcosb    ,  ,  .  dcosc 

N  i  /  %  dcosa    ,   ,  . 

+  (y-yO  j  (^-^i)-T7- +  (y-»i) 


dx 
dcosb 


9y 

dcosa 


sy 


+  (^-«.) 


dcosc 


,         ...  .  „ .  ,  .  dcosb    .  ,         .  dcosc  { 

+  (z-t,)  j(.T-ar,)-^^+(y-y,)-ä^  + («-*.)  -^^[ 

Diese  Gleichung  durch 


334  lieber  die  developpabele  Fläche,  welche  zwei  gegebenen  Flftcben 


r^w^.^^>»^i/v^i»'^^^^\^^^^^^'V»»^»^p^>«^»M^^ 


dividirt,  giebt: 


k'      Tk'' 


Ä 'Ä"     1 


pA«(«»+y'+z»-A«) 


Ä      *  ' 


d.  i  nach  10) : 


Ä'Ä"  1 


WO  B  dieselbe  Bedentnng  wie  in  I)  hat.  Aas  dem  Vorstehenden  folgt,  dass 
die  in  I)  aufgestellten  Gleichungen  10)  und  22)  ftir  die  Kugelfläche  gültig 
bleiben,  d.  h.  wenn  B\  =  R"^  =  R^=k  ist.     Haben  r,  ^,  ;,  a,  (f,  and 

dieselben  Bedeutungen  wie  in  I) ,   so  findet  man  aus  den  Gleichungen  1), 

3)  und  10) : 

i  ds  .da 


14) 


7al=«'^'   rt=*^"'- 


15) 


17) 


Die  Gleichung  13)  nach  t  differentiirt,  giebt: 

dJ      XX  ^yy+zz 

Die  Gleichung  10)  quadrirt,  giebt  mit  Rücksicht  auf  4),  13)  und  15): 

16)  x*+y'+z'=iqkgjy+(^-^^. 

Aus  6)  und  10)  findet  man  leicht: 

x'^\ +y  y\  +  ^'  ^\={^g^^g » 
^'\+y\+z\=^ifcgjy. 

Mittelst  der  Gleichungen  15),  16)  und  17)  lässt  sich  zwischen  ^,  r  und  s  eine 
bemerkenswerthe  Gleichung  darstellen.  Zufolge  dieser  Gleichungen 
findet  man: 

Setzt  man  also : 

—  ^=A:öf(l-.^), 

80  folgt  mittelst  der  ersten  Gleichung  14) : 


18) 


r        k  l  —  q' 
Mittelst  der  Gleichungen  15),  16)  und  17)  geben  die  Gleichungen  8): 


oder: 


(K)'=0+0+(K)'-(r..-^)*. 


.=1  " 


dsl-^g' 


umschrieben  ist.  Von  Dr.  A.  Ennrpeb.  335 

Eliminirt  man zwischen  der  vorstehenden  Gleichung  und  der  Gleich- 

ang  18),  so  folgt: 

dr  k^  k' 
oder  integrirt: 

wo  h  eine  Constante  ist.     Durch  diese  Gleichung  ist  die  kürzeste  Linie 
einer  Kegelfläche  charakterisirt*).    Aus  dem  Vorstehenden  folgt: 

Die  Wendecnrve  einer  developpabelen  Fläche,  welche  eine  Kugel- 
fläche berührt,  ist  die  kürzeste  Linie  einer  Kegelfläche. 
Ist  (A',  F,  Z)  ein  Punkt  der  developpabelen  Fläche,  welche  der  Fläche  /sO 
und  einer  Kugelfläche  umschrieben  ist,  bezeichnet  man  durch  v  die  Distanz 
der  beiden  Punkte  (X,  Y^  Z)  und  (x^^  y,,  Z|),  so  finden  die  Gleichungen  statt: 


^=^1+^— r-^,    ^=i^,+t'^-,    2=2.+^ 


A   • 


Ist  p  eine  Constante,  so  hat  man  für  einen  Punkt  {X^^  Y^^  Zj)  der  Parallel- 
fläche : 

A 

Z,  =3  z^  +t;  — p  cos  c. 

n 

Nun  ist  nach  2)  co5a= -t;,  cosb^=^^  coscs=^j  nimmt  man  also  in   den 

rC  n  rC 

vorstehenden  Gleichungen  p=/r,  so  folgt: 

^'     =      ^1    ^      Zj 

^— *i     y—yi     «—«1  * 

Die  Elimination  von  x,  y^  z^  x^^  y^,  z^  zwischen  diesen  Gleichungen,  den 
Gleichungen  1),  2),  3)  und  der  Gleichung  /'=0  giebt  ofi'enbar  ein  Resultat 
von  der  Form : 

was  die  Gleichung  einer  Kegelfläche  ist,  welche  den  Anfangspunkt  der 
Coordinaten  (Mittelpunkt  der  Kugelfläche)  zur  Spitze  hat.  Hieraus  er- 
giebt  sich: 


*)  Der  Beweis   dieses  Satzes  ist  in  den  „Bemerkungen  über  RaumciLcv^xiL^* 
gegeben,  welche  ein  Supplement  zu  II  bilden. 


336  lieber  die  deyeloppabele  Fläche,  welche  zwei  gegebenen  Flftchen 

Eine  beliebige  developpabele  Fläche,  welche  einer  Kngelflicbe 
nmscbrieben  ist,  ist  die  Parallelfläcbe  einer  Kegelfläche,  welche 
den  Mittelpunkt  der  Kngelfläcbe  zur  Spitze  hat. 
Um  eine  einfache  Anwendung  der  yorhergehenden  Entwickelnogen 

zu  geben,  seien  die  Gleichungen  der  beiden  Flächen /'=0  und  /*]=0,  re- 

spective : 

^^^  A^  B^  C^'      A,^  bJ  er 

Wegen 


findet  man: 


oder : 
20) 


dx        oy        dz       ^dXi         dy^        dz^ 

df^^df      d/\^d£      df^^df 
dx^      d  x^     3y,       dy^     dz^      dz^ 


A       Af         B       B^        C        C| 


Diese  Gleichungen  in  Verbindung  mit: 

xr-qxi  y—qyt       y      «—^«1 

^--1=7'    ^-"1^'    ^^~l^ 

geben: 

\^=^Sn     y=^i?i,     ^=6'fc; 

wo  zur  Abkürzung  gesetzt  ist: 

Die  Substitution  der  Werthe  von  a:,  y,  z^  a:, ,  y, ,  z^  aus  21)  in  19)  giebt: 
23)  ^l*,  +  ^i?'.  +  6T,=l,     ^,?.  +  i?,V,  +  ^,ri  =  l  etc. 

Es  ist  ferner  : 

RR"  _    ABC 
R  f  R  i      Ai B^Ci 

At  Bi  6', 

oder  wegen  21)  und  23): 

B        A^  ,,         B^     ,        6^  _ 


umschrieben  ist.   Von  Dr.  A.  Enneprb.  337 


Die  Gleichung  für  q  wird  hierdurch : 

ABC  ^       ^    .       ^   .       C«  . 

Bestimmt  man  aus  dieser  Gleichung  und  den  Gleichungen  23)  die 
Werthe  von  {*„  iy'„  £*,,  setzt  darauf  für  {„  iy,,  f,  ihre  Werthe  aus  22)  ein, 
so  ergehen  sich  für  ^,  17,  ^  folgende  Gleichungen: 


r= 


(g-/?,)(C-C,)  _  (A-UA* 
(_AB,—A,ß)(AC,  —  A,C)  \   l—q  J' 

■C,)  (B-qB,\* 

\-B,'C)\   l-q  /' 


?= 


^A-'A,)(B^n,) 


{CA,''C^A){CB,'-'C,B) 


Nimmt  man  A^  B,  C  positiv,  A'^B>C^  ferner  ^,  =  F,  =  C,=/r,  A'^k  >i?, 
so  ist  ein  Punkt  (£,  1},  {;)  der  Wendecurve  deir  developpabelen  Fläche, 
welche  den  beiden  Flächen : 

umschrieben  ist,  durch  folgende  Gleichungen  bestimmt: 

(k  tv-  (*-g)(^-g)  /^-*?Y 

''^^  i    ^*''^  -(^-5)(5-C)l,  \-q  )  ' 

r^  tv_  i^-k){k-B)  (kq-CV 

^o  — >'/> — •  Die  developpabele  Fläche  ist  die  Parallelfläche  für  die 
constante  Distanz  j/T  zur  Kegelfläche : 

a^  y*    ^     «• 


A  —  k      k'-B  '  k^C 


Aus  den  Gleichungen  24)  flndet  man: 


J_L*_n/l     (^-A:)(g-^)(6--^)     I      I 
,        r  dq~^y  \iA-kq){B-kq)(C-kii)\\-,i 


33S  Ueber  die  derdoppsbele  Fbcfae,  wddie 

m. 

Sind  die  beiden  Fliehen  f=^0  and  A^O  swei  Flicken  sweiten  Gni- 
des  9  so  liest  sich  die  Gleiehm^  der  omsekriebenen  dereloppmbelen  Fliehe 
^Bk  einfachsten  ansAhren,  wenn  statt  der  Ponktcooidinaten  eogenannte 
tetraedrische  Coordinaten  mn  Grande  gele^;!  werden.  Man  kann  bekannt- 
lich das  Fnndamentaltetraeder  so  wihlen,  dass  die  Ecken  desselben,  in 
Bexiehnng  anf  jede  der  g^ebenen  Fliehen,  die  Pole  der  gegeniberliesen- 
den  Seitenebenen  sind.  Die  ansznf&hrenden  Rechnungen  entspreckmi  dann 
dem  einfachsten  Fall  t^  Pnnktcoordinaten ,  wenn  nimlich  die  beiden  Fli- 
ehen concentrisch  sind  nnd  ihre  Hauptachsen  gleiche  Richtungen  haben. 
Die  Reduction  zweier  homogenen  Functionen  zweiten  Grades  mittelst  einer 
linearen  Substitution  auf  ihre  einfachsten  Formen«  in  welchen  die  Producta 
ungleicher  Variabelen  nicht  enthalten  sind ,  ist  schon  mehrfach  ansgefthrt; 
der  grossereu  Uebersichtlichkeit  w^en  sind  im  Nachstehenden  nur  die 
Entwickelungen  der  bemerkten  Reduction  ansgeföhrt,  unter  Hinzuf&gung 
einiger  neuen  Relationen,  welche  (^  den  vorliegenden  Zweck  erforder- 
lich sind. 

Seien  P  und  Q  zwei  homogene  Functionen  zweiten  Grades  der  m  Varia- 
belen X|,j:2,...j:s,  so  dass: 

1) 

wo  allgemein  ar^s=as^r  and  6r,«=6^r  ist.     Mittelst  der  Substitution: 

lassen  sich  P  and  Q  als  Functionen  von  fy^  •••-^y«  Auf  folgende  Art  dar- 
stellen : 

Sabtftituirt  man  in  die  Gleichungen  3)  fiir  P^  Q  ihre  Werthe  aus  1)  und  die 
Wertlie  von  py^^yt«- •••py«  *°^  ^)'  *^  ergeben  sich  die  ii(ii  +  l)  Gleich- 
ungen : 

4) 


r=s 

ss=m 

r^a 

«ssa 

P^£ 

Z     ar,,mrXs, 

(?=-£ 

Z       ^r,«Jfr^*f 

r=l 

s=l 

r=l 

s=l 

"iC  ntC  *n'^^^  f^^^  ''^'^ +««<?rta<?«m  =  flr,o 


WO  r,  1  alle  ganzen  Zahlen  von  1  bis  n  dnrcblanfen.  Von  den  n*  Coeffi- 
cienten  Cr,»  der  Substitution  2)  und  den  2it  Quantitäten  Ap  at»«---^» 
^i,^,f ...   b^  bleiben  n  unbestimmt,  eine  Unbestimmtheit,  welche  sich  leicht 

aufheben  lisst,  wenn  r^^,....:;?^  statt  y|....yj,  gesetzt  wird.    Es  soll  vor- 

ausgesetzt  werden,  dass  keine  der  Determinanten: 


umsohrieben  ist.  Von  Dr.  A.  Ehmbpbr. 


339 


») 


«Ml     ^1,» 


««,1»     ««,« 


=  ^, 


=  ^ 


verschwindet.     Durch  C  werde  die  folgende  Determinante  bezeichnet: 


ö) 


=  C. 


In  den  Determinanten  A^  Bj  C  seien  respective  a^,«!  /^r,«»  }^r,«  die  Factoren 

von  flr,#»  ftr,#>  Cr,s. 

Die  Determinante  C  mit  a|,^t  ...a«,  mnltiplicirt,  giebt: 

^1  ^1>1»    ^i  ^iif»  •  •  •  •  ^'n  <^n« 
^1  ^f»  li     ^t  ^tit»  •  •  •  •  ^n  ^t»» 


7) 


=  ^1  a^  . . .  du  C 


Bildet  man  das  Product  mit  der  Gleichung  6) ,  so  ist  nach  4)  die  linke 
Seite  des  Products  gleiche,  die  rechte  Seite  gleich  aja, ...a^C*.  Man  er- 
hält so  die  beiden  Gleichungen : 

Multiplicirt  man  die  erste  Gleichung  4)  mit  b^,  die  zweite  mit  rim,  bildet  die 
Differenz  der  Producte,  so  folgt: 

/SU 

^  («m^l  —  ^m«!  )  Cr,«  C,, | c=  ö«, frr, *  —  b^dr^M» 

•Für  5=1,2,  ...n  ergeben  sich  hieraus  die  Gleichungen: 

£  (ßmbt  —  ^möf)  Cr,t  C|,«  =  <»m^r,l  —  ^m^r,!  > 
^{^m^t  —  ^m  ö«)  Cr,l  ^2,1  ==  amftr,2  —  ^iNar,2, 

^  («m  */  —  ^m  «0  Cr,|  C„, |  r=  a„  6r,  n  —  6„  «r,«« 

Multiplicirt  man  diese  Gleichungen  resp.  mit  }^i,M>y2,mi  •••}^n,mi  bildet  die 
Summe  der  Producte,  berücksichtigt: 

yi,mCi,i  +  ...+y«,«,c,,i=0,  t'^m, 
so  folgt: 

oder  -p  =  z  gesetzt: 

(Z6r,l  —  ör,l)  yi.i-  +  . . .  +  («^r,«  — flr,«)  yii,m  =  0. 

Setzt  man  hierin  r=l,2,  ...ti,  so  ergiebt  sich  für  yt.m  •••  ym,m  oin  Sy- 
stem von  n  Gleichungen,  dessen  Determinante  verschwinden  muss,  da  nicht 
gleichzeitig  yi^^  ....  ym,m  verschwinden  können.     Hieraus  folgt: 

z6|,|  — ö|,i,  2^^i>i-^öi,,,  ...  2^1,11  — fl,. 


n 
n 


=  0 


«^mt  —  öüii»  *^«»f-^«mit>  •••  ^^mn — «um  \ 


340  Ueber  die  dereloppabele  Flächoy  welche  Ewei  gegebenen  Fl&chen 


oder: 

») 

wo: 
10) 


»2«— pj"-« +...  +  (- l)«-'5rZ+(—l)-^=0, 


r=ii 


r=r  « 


y='^(^lirflfnr+^t»rtffir+...+^niraii,r). 

Bezeichnet  man  die  Wnrzeln  der  obigen  Gleichung  in  z  durch  Z|,Zt,...t„, 
so  hat  man  bekanntlich: 

.,+z.+.. +c.=  £-,  l.+±+...+  ±=±. 

Da  nun  allgemein  c=7^,  so  sind  die  Wurzeln  von  9)  --^,  -~i ...  -r-*.   Hier- 
aus  folgt: 


a. 


•  n  ^4.^+       4.^=A      ^+^4-       4.^-JL 

Multiplicirt  man  die  Gleichung: 


a,       a> 


a„       A 


^iili         ^i»«>  ^nn 

0,  1,  0 

^r-fim    ^r+iwi    ^r-fiij» 


'«»I  1        •'«1*1 


'«in 


yr»# 


mit  der  Gleichung  7),  so  folgt  nach  4): 


12) 


«111 


a 


US 


a 


itn 


^r— iii     ^r— n*     ^r— i»n 


^iw 


6- 


rys 


^ni « 


«r+iH     «'r+n*     «r+1 


1  n 


a 


ni  I 


«m 


a 


ftlR 


fl*=«|flft  •••<»«^yrw. 


Die  links  stehende  Determinante  ergiebt  sich  aus  A^  wenn  die  Elemente 
''du  <»rn  ..-«nn  ersetzt  werden  durch  c,,,,  c,,,, ...  c«,,.     Hieraus  folgt: 

a*(«r,i  <^ii5  +  «ri2  <^fi*+-    •+  «r,ii<^nM)  =  öi-..fl«C^yr,«. 

Wegen  ö,  ^j...a„C  =  — -und  0,.,,  =  «^,,.  lässt  sich  die  vorstehende  Gleichung 
auch  schreiben: 


13) 


Multiplicirt  man  die  Gleichungen  2)  respective  mit  «i  Cr,i»"2^r,t»."^'«<^r»ii 
bildet  die  Summe  der  Producte,  so  folgt  nach  4) 


umachrieben  ist.   Von  Dr.  A.  Enneper.  34 1 


d.  1. : 

Mittelst  dieser  Gleichung  folgt: 

«ssn 

Analog  wie  die  Gleichung  13)  findet  man : 
Die  Gleichung  15)  geht  hierdurch  über  in : 

Für  r=l,  ?,...;i  ergeben  sich  hieraus  die  n  Gleichungen  : 

,'=2       dP  B^=^  at 

•=«     dP       2?«=»  öl  * 

d  P     .  d  P  d  P 

Diese  Gleichungen  resp.  mit  ^-x — ,  i"o""»  •••i"5 —  raultiplicirt  und   ad- 

O  Xf         OXf  cx„ 

dirt,  geben  nach  14): 

Da  iu  der  Doppelsumme  rechts  nur  die  Terme  übrig  bleiben,  für  welche 
S'=il  ist,  so  folgt: 

r  =  n    *=n        dP  d  P  '=»    /i* 

16)  i^^     2ß^^,££^=tB2      «'y... 

Auf  analoge  Weise  folgt : 

17)  i2;   ^«,„|i^|^  =  ^.^2;     ^y%. 


IV. 

Seien  Vi,  yt,  yg,  ^4  vier  homogene,  lineare  Functionen  ier  vier  Varia- 
bein Xi=x,  ir,=y,  x^:=z  und  x^.  Die  Gleichungen  7^=0  und  ö=0  zweier 
Flächen  zweiten  Grades  lassen  sich  auf  fotgendiä  Fv^tmew  Wvu^^w*. 


342  Ueber  die  derelopfMibele  Fliehe,  welche  swei  gegebenen  Fttchen 


Zur  Vereiafachang  werde  im  Folgenden  geseUt: 

Berührt  die  Ebene: 

2)  £vy=^0 

jede  der  Flächen  1),  so  finden  die  Relationen  statt: 

3)  -T— =  0,     £^=0. 

a  o 

Von  den  vier  Parametern  p„  p,,  r,,  r«  der  Gleichung  2)  sind  nur  drei  ar- 
biträr, da  dieselbe  durch  einen  der  Parameter  dividirt  nur  drei  beliebige 
Constanten  enthält.     Die  Gleichungen  2)  und  3)  bleiben  nngeändert,  wenn 

allgemein  v  ersetzt  wird  durch  — ,  wo  ^'(p'i  +  p't+S+P«')^  ^  genommen 

werden  kann,  so  dass,  unbeschadet  der  Allgemeinheit: 

4)  2:p*=1 

sein  möge.  Die  vier  Parameter  P|,  r,,  Pg,  v^  der  Gleichungen  2),  3)  und  4) 
werden  als  Functionen  einer  Variabelen  u  angesehen.  Differeniiirt  man 
unter  dieser  Voraussetzung  die  Gleichung  2)  nach  »,  so  bt  das  Resultat  der 
Elimination  von  u  zwischen  der  Gleichung  2)  und  der  folgenden : 

die  Gleichung  der  developpabelen  Fläche,  welche  die  beiden  Flächen  1) 
gleichzeitig  berührt.   Die  Gleichungen  3)  und  4)  nach  u  differentiirt  geben: 


«) 


„p^p  ^  V  ^^  ^  dv 


a  du        '        b  du 
Aus  den  Gleichungen  5)  und  6)  folgt: 


du 


Vi^ 

yi. 

ysi 

Vi 

El 

* 

• 

P4 

«1 

ö,' 

«t 

a« 

»1 

Pf 

p« 
bi 

^iy 

^u 

«'j. 

P4 

=  0. 


Eliminirt  man  i\^v^^ü^^v^  zwischen  den  Gleichungen  2),  3),  4)  und  7),  so 
ist  das  Resultat  der  Elimination  die  Gleichung  der  developpabelen  Fläche. 
Die  Gleichung  7)  lässt  sich  durch  vier  Gleichungen  von  folgender  Form  er- 
setzen : 

yr=A— +  fi— +  VPr, 

für  r=l,  2,  3,  4;  A,  ^,  v  sind  drei  Unbestimmte.  Multiplicirt  man  diese  Gleich- 
ung  mit  Pr,  setzt  darauf  r=l,2, 3,  4,  addirt  die  Producte,  so  folgt  nach 
2)  und  3):  v=0.     Man  hat  also: 


% 

umschrieben  ist.    Von  Dr.  A.  Ennepeb.  343 


oder  mit  Weglassang  des  Index :  • 

_       y 

8)  i        ^ . 

Setzt  man  diesen  Werth  Ton  v  in  die  Gleichungen  3) ,  so  gehen  dieselben 
über  in : 

Multiplicirt  man  die  erste  OleichuDg  0)  mitA,  die  zweite  mit  fi,  so  giebt 
ihre  Summe: 

10)  ±4.Ji.=  Ö- 

Die  Gleichungen  0)  folgen  respective  durch  Differentiation  der  Gleichung 
10)  nach  A  und  f».     Hieraus  folgt,  dass  die  Discriminante  der  Gleichung  10)* ' 
gleich  Null  gesetzt,  die  gesuchte  Gleichung  der  Fläche  ist. 
Die  Gleichung  10)  vollständig  entwickelt  ist: 

V 


/6'        ,,*%,.&%,,     ft'4       t  \l 


Znr  Bestimmang  der  Wendecorve  dienen  die  Gleichungen : 

irj,=:o,   -s4-i'=o,    ^y|^=o. 

Die  beiden  ersten  Gleichungen  6)  und  die  Gleichung  5)  nach  u  difforentiirt, 
geben : 

CM* 


344  Ueber  die  developpabele  Fläche,  welche  swei  gegebenen  Flichm 


MultipHcirt  man  die  erste  Gleichang  mit  X,  die  zweite  mit  fi,  die  dritte  mit 
—  1  und  bildet  die  Samme,  so  folgt: 

Da  nun  nach  8)  allgemein  ( 1-  ~- j  P=y,  so  reducirt  sich  die  vorstehende 

Gleichung  auf: 

'''  KiH)  (!-:)■=»• 

Bedentet  H  eine  Unbestimmte,  so  geben  die  Gleichungen  6): 


«^t, 

P|,        t^A 

flt«^t» 

a,r„     «4  »4 

ff^"'- 

r,       r,       v^ 
flr, '     ö, '     a^ 
r,       r,       v^ 
6, '     6, '     b^ 

1 

du 

fl,  a,  ö^ 

• 

Bildet  man   das  Product  der  beiden  rechts  stehenden  Determinanten,  so 

folgt: 

9 

Zav'  —  a^t^^,       1— «'"n 

^T^-^^^ 

«.,.».  ».(|iy= 

6/- 

^^^*-ft^*. 

l 

+ 


oder  entwickelt: 

„,.,.,.  «.1  fJi)"=  i^..+ (^^.-0  if  .--4  ^i-' 

Diese  Gleichung  und  drei  analoge  Gleichungen  geben  ,  mit  Rücksicht  auf  3) 
und  4) : 

Auf  ganz  ähnliche  Weise  folgt: 

Mittelst  der  beiden  letzten  Gleichungen  geht  die  Gleichung  12)  über  in : 


d.  i.  nach  8) : 


18) 


24 


y' 


-.+ 


=  0. 


omsohrieben  ist.    Von  Dr.  A.  Ennkfer. 


345 


Nun  18t: 


^»z 


a 


y 


-==:2ay'-'ili: 


.v 


+  i»x 


«y 


Ka"^  b/  a"^  b  Xa"^  b  ) 

Diese  Gieicbnng  redncirt  sich  nacli  0)  und  10)  einfacli  auf: 


(4+i)  ' 


Mittelst  dieser  Gleichung  nud 


"  -.=4^»»- 


•  (1+ f )' 

Iftsst  sich  die  GleicboDg  13)  auf  folgende  Weise  schreiben: 


^'        Zay'  +  TTT-T  -Sfty'  =  0, 


oder  entwickelt : 

14) 


a,  flr,  «8  Ö4 


(^y'i+^ty'.+^y's+^y'*) =0. 


Durch  diese  Gleichung  und  die  Gleichungen  9)  ist  die  Wendecurve  bestimmt. 
Nimmt  man  in  den  Gleichungen  1),  3),  8),  10),  11)  und  16)  von  III  fi  =  4, 
so  kann  man  in  den  Gleichungen  11)  und  14)  von  IV  unmittelbar  statt  der 
tetraedrischen  Coordinaten  die  gewöhnlichen  Punktcoordinaten  einführen. 
Man  gelangt  dann  zu  folgendem  Resultat. 
In  den  beiden  homogenen  Functionen: 

r=4    *=4  r=4    *=4 

P=:£        Zür.sXrXs,       Q  =^  Z        Ebr.s^rXs, 
r=l    *=1  r=l    •=! 

sei  allgemein  a^,f=:a,,r)  ffr^8=bs}r-     Bezeichnet  «r,*  den  Factor  von  fl^,, 
in  A,  ßrjs  den  Factor  von  6r,*  in  By  wo: 


A= 


setzt  man : 


^VV      ^1*4 


^W       ''4M 


B= 


r=4    B=4 

p  =  2       Zar^gßr.sy      g  =  ^£br$stilrysi 

SO  ist  die  Discriminante  der  Gleichung: 

gleich  Null  gesetzt,  die  Gleichung  der  developpabelen  Fläche,  welche  den 
beiden  Flächen  P=0  und  Q=^0  umschrieben  ist.   Die  Gleichung  der  Fläche 

ist  also  das  Resultat  der  Elimination  von  —  zwischen  den  Gleichunf^en  i 


346        Ueber  die  developpabele  Fläche  etc.  Von  Dr.  Ennrpbr« 

3i>^^«+2(/>p-A)Afi+(ö^-öi)fi«  =  0,       ^ 

Für  die  Wendecnrve  tritt  zu  den  vorsteheoden  Gleichnngen  noch  die  fol- 
gende : 

BPX*+AQii*:=0. 

Durch  AasfÜhrnng  der  angegebenen  Elimination  ergiebt  sich  als  Gleichang 
der  Fläche: 

{Pp^P,y{Qq-Qty-4A0{Pp-P^y-4BP(0q--0,Y 
^21^ABPQy+\%ABPQ{Pp'-P,){Qq-Qi)^0. 

Die  Wendecnrve  ist  dnrch  die  beiden  folgenden  Gleichnngen  bestimmt : 

iPp-P.y^ZBPiQq^Q,), 

(Qq-Oty=-^AO{Pp-PO' 
Die  dnrch  /^,  und  P,  bezeichneten  Functionen  haben  eine  sehr  einfache 
geometrische  Bedeutung,  es  ist  nämlich  P|=0  die  Gleichung  der  reciproken 
Polarfläche  der  Fläche  0=0  in  Beziehung  anf  die  Fläche  P=:0.     Analoge 
Bedeutung  hat  die  Gleichung  Qi  =0. 


Kleinere  Mittheilungen. 


/; 


XV.  Mittheilimgen  ans  Thomson  and  Tait,  treatise  on  natural  philo- 

tophy.     Oxford  1867. 

Inhalt  des  Stückes,  den  ein  Kegel  von  sehr  geringer  Oeff- 
nung  aus  einer  Kugel  fläche  herausschneidet.  Es  sei  j?  der  Inhalt 
eines  sehr  kleinen  Stückes  der  Kugelfläche  (d.  h.  eines  Stückes,  wovon 
jeder  Theil  dem  Punkt  E  sehr  nahe  liegt)  und 
welches  durch  einen  Kegel,  der  P  zur  Spitze 

hat,   aus  der   Kugelfläche   herausgeschnitten        /     «       .^--^^"  / 
wird.     Die  sehr  kleine  Oeffnung  dieses  Ke-   kUz^ 
gels  sei  o;    so  gross  ist  also  das  Stück,  wel- 
ches  er  aus   einer  Kugel  schneidet,    deren 
Mittelpunkt  mit  seiner  Spitze  zusammenfällt 
und  deren  Radius  die  Einheit  ist.   Aus  einer 
Kugel,  deren  Mittelpunkt  P  und  deren  Radins 
Pi^ist,  würde  jener  Kegel  das  Stück  mPE^ 
schneiden.     Dieses  Stück  ist  die  orthogonale  Projection  des  Elementes  E^ 
und  weil  der  Winkel  zwischen  beiden  Kugelstücken  =  P^Cist,  so  hat  man 

2aoiPE^ 


1 

\ 


E—mPE^\cos  PEC=z 


EE 


yf 


w 


\' 


wenn  n  =  CE  den  Radius  der  Kugel  bezeichnet. 

Die  Anziehung  einer  homogenen  Kugelschale  auf  einen 

ausserhalb  gele-  ^ 

genen  Punkt  ist 
dieselbe,  als  ob 
die  Masse  der 
8c haleim  Mitte  1- 
pun  kt  d  ersel  ben 
concentrirt  wäre. 
Es  «ei  C  der  Mittel- 
punkt dersehrdünnen 
Kagelschale,  P  der  \ 
auAserhalb  gelegene 
Punkt    und    J     ein 


\ 


ZefuHirirt  r.yhihemalik  a.  /'fiysik.  XIII.  t. 


1\ 


348  Kleinere  Mittheiinngen. 

Punkt  auf  PC,  so  dass  CJ :Cj4=CA:CP.  Ferner  «ei  die  ganze  Kagelschale 
in  Paare  von  Elementen  zerlegt,  die  darch  einen  Doppelkegel  mit  der 
Spitze  J  herausgeschnitten  werden.  H  und  H'  seien  die  Inhalte  iweier 
solcher  Elemente,  dem  Kegel  mit  der  OefTnung  co  entsprechend.  Dann  ist 
nach  dem  Obigem 

cosCHJ  cos  Cn  J 

nozeichnet  man  mit  g  die  überall  gleiche  Dichtigkeit  der  Schale,  so 
sind  die  Anziehungen  der  beiden  Elemente  //  und  //'  auf  P  bezüglich 


-.  ""^  9---^u' 


,f  «• 


"^  cos  CIW  Pin  "^  cosCB  J'  /'//  • 

Aus  der  Aehnlichkeit  der  Dreiecke  CPU  und  CHJ  M\^iLC  PH=^LC  lU 
und  JH      cn       a 


HP      CP      CP 

Gleicherweise  folgt    aus   der   Aehnlichkeit   der   Dreiecke   PCH'  uud 

CHJ,  dass  L  CPff'  =  LCB'J\\nd 

JH'  _CH' _  a 

W  P'^  CP  '^CP' 

Die  Ausdrücke  für  die  Anziehungen  der  Elemente  ff  uud   //'  auf  P 

gehen  durch  diese  Substitutionen  über  in 

CO  (I*  0)  rt* 

^  ^oTCHj'  cT'  """^  ^c'^iCH'J  '  C~F'' 

Weil   Dreieck  ff' CM  gleichschenklig  ist  und    die   Winkel  CPH  und 

CPH'  bezüglich  gleich  CffJ  und  Cff'J  sind,  so  sind  diese  Ausdrücke  gleich 

und  geben  eine  Hesultireudo  in  der  Richtung  PC^  deren  Grösse 


«» 


Um  die  ganze  von  dor  Schale  auf  den  Punkt  P  ausgeübte  Kraft  zu 
finden,  wird  die  ganze  Schale  durch  Doppelkegel,  derenSpitzen  in  Jliegen, 
in  entsprechende  Elemente  zerlegt      Die  Kesultirende  je  zweier  Elemente 

ist  2a>*".  (>r— -jUnd  liegt  in  der  Eichtung  PC.  Da  Z2a)  gleich  der  Oberfläche 

der  mit  dem  Radius  1  um  7  beschriebenen  Kugolfläche,  also=47i;  ist,  so  hat 
man  als  Ausdruck  der  ganzen  von  der  Kugelschale  auf  Pausgeübten  Kraft 

Duisburg,  3.  Mai  18(«.  Dr.  W.  Krumme, 

Oberlehrer  an  der  Realschule. 


X7I  Auflösung  einer  Aufgabe  von  Prinz  A.  Boncompagni,  die  Summe 
von  Cnbikzahlen  betreffend.    Von  Dr.  Ludwig  Mattiiiessen  in  Husum. 

Im  IX.  Jahrgänge  der  Zeitschrift  wurde  die  Aufgabe  mitgetheilt:  Die 
ganzen  Zahlenwerthe  der  Grössen  a%  /i.  r  zu  bestimmen,  welche  die  Summe 


Kleinere  Mittheilungen.  349 

ar>  +  (a:  +  /f +  (a:  +  2/-)'+ +  [^  +  («  -  0  r]» 

%n  einer  Cubikzaiil  machen. 

Inzwischen  ist  nach  oiiioin  im  XI.  Bande  pag.  248  u.  flg.  von  Proressor 
Cantor  in  Heidelberg  gegebenen  Referat  im  Jahre  1806  von  Angelo  Ge- 
nocchi  der  päpstlichen  Academia  de'  nnovi  Lincei  eine  Abhandlung  vorge- 
legt, worin  er  Auflösungen  der  unbestimmten  Gleichungen 

j:»+(:r-f  r)»  +  (j;+2r)»+ +  [a^  +  («  -  I)  r]»  =  i^» 

und  x'+(jr  +  r)»  +  (x+2/)3+ +  [j?  +  (n  — l)  r]»  =  z' 

gi(*bt.  Genocchi  wendet  dabei  das  bekannte  Verfahren  au,  aus  bereits 
entdeckten  Werthen  der  Unbekannten  neue  Wurzeln  zu  erfiudeu.  Ange- 
sichts des  bekannten  Beispiels 

3»  -1-  43  -f  5«  =  0» 

hat  es  nun  keine  Schwierigkeit  für  n=s3  neue  Werthe  von  x^  r  und  y  zu 
bestimmen.  Da  aber  auch  fUr  n  andere  ganze  Zahlenwerthe  verlangt  wer- 
den,  indessen  aus  dem  Referate  von  Professor  Cantor  nicht  zu  ersehen 
ist,  wie  Genocchi  zu  anderen  Zahlen  werthen  dieser  Grösse  gelangt,  so 
will  ich  hier  mein  Verfahren  mittheilen.  Man  kann  nämlich  ausgehen  von 
folgenden  identischen  Gleichungen: 

0»+l'=l»  «  =  2 

(—  jy  +  l*  +  3'=:3»  w  =  3 

(—  0'  +  ^'  +  1'  +  2^  =  2*  w  =  4 

(— 3)'  +  (- l)«+l»  +  3'  +  5'  =  5'         «  =  5 

(— 2)'  +  (—  l)'  +  0»+l»  +  2»  +  3»  =  3'     «  =  0 

^  U.  8.   W. 

Mittelst  dieser  Gleichungen  ist  man  nun  im  Stande,  eine  beliebige 
Anzahl  von  Zahlen  zu  finden,  welche  eine  arithmetische  Progression  bil- 
den und  deren  Cubensumi^e  wieder  eine  Kubikzahl  ist,  sowie  umgekehrt 
eine  jede  Cubikzahl  in  eine  beliebige  Anzahl  anderer  Cubikzahlen  zu  ver- 
wandeln, deren  Basen  eine  arithmetische  Progression  bilden. 

Die  Summe  der  gegebenen  Reihe  ist  nämlich 

1.2 

Dividirt  man  die  Gleichung  durch  r'  und  setzt  a;:r  =  S,  y:r  =  tjy  sub- 
stituirt  ausserdem  2§+«  —  l  =  f,  so  erhält  man 

Aus  den  oben  angeführten  spcciellen  Beispielen  folgt  nun,  dass  die 
Summe  der  Reihe  ein  Cubus  wird,  wenn 

1)  n  =  2/>  =  3,     a:==  — (2/?-f  1),     r==2,     y  =  2;;  +  3, 

2)  n  =  2p  +  4,     a;  =  -(p+l),     r=l,     y  =  p  +  2 
ist.    FUgt  mau  hinzu  die  speciellen  Fälle 

3»  +  4'  +  5'  =  0' 
C—  2/  +  (—  1/  +  0'  +  1'  +  2'  +  3'  +  4'  -f  5'  =  0\ 


nfx-^ —  rj|.T*-f  (w  -  \)rx+     \  -■■  '  r-)  =  y- 


350  Kleinere  Mittheilungen. 


r^v«^  %^'%#'vw^/^^N^^ 


SO  ist  die  Summe  ein  Cubus,  wenn 

3)  n  =  3,       a:  =  3,       r=l,     y  =  0, 

4)  11  =  8,     a:=— 2,     r=l,     y  =  ö. 

Setzt  man  2a?-|-(/i  —  l)r  =  z,  so  kann  die  Summe  offenbar  noch  ein 
Cubus  werden,  wenn  n  eine  beliebige  gerade  oder  ungerade  Zahl  and 
z  =  r  =  l  ist,  also: 

2  —  ;i  n 

5)  «  =  «,     a:  =  — ^,     r=l,      y  =  -. 

Zu  der  Auflösung  3'  +  4'  -|-  5'  =  6'  gelangt  man,  wenn  man 

w  =  8,      r=|,      2c=|  +  ii,      y  =  4  +  W 

setzt.     Hieraus  ergiebt  sich  die  Bedingung  f/=:2  und  y  =  6,  a;= — 2.     Es 

ist  also  die  Auflösung 

(— 2)'  +  (— l)«  +  0»+l»  +  2'  +  3»  +  4»  +  5'  =  ö», 

welche  die  erstere  involvirt. 

Zu  der  schönen  Auflösung 

1 1'  +  12»  +  13»  +  14»  =  20» 

gelangt  man ,  wenn  man  /i  =  4,  r  =  l,z=l-l-ii  setzt.     Dann  ist 

y«  =  I  (1  +  M)  t  (!+«)'  + 15  t=8  +  9u  +  |ü'+4ti». 

Setzt  man  y==2  +  /7ti,  so  erhält  man  die  Bedingungsgleichungen  der 

Hationalität 

3  —  12/?» 
P  =  J,  "  =  -2~^8lZ7  =  24,  also  y  =  20,  a:=n. 

Was  den  Fall  n  =  2  anbetrifift,  so  bemerkt  schon  Eni  er  in  seinen 
Schriften,  dass  es  unmöglich  sei,  zwei  Cubikzahlen  antugeben,  deren 
Summe  wieder  einen  Cubus  gäbe.  Also  wäre  das  Beispiel  0»+m»  =  m»  die 
einzige  Lösung.  Dann  kann  natürlich  auch  u  =  l  sein.  Dass  man  im  Stande 
ist,  auf  diese  Art  Cubikzahlen  in  die  SumnK  beliebig  vieler  anderer 
Cubikzahlen  zu  verwandeln,  deren  Basen  in  arithmetischer  Progression 
stehen,  ersieht  man  aus  folgender  Zusammenstellung: 

351120» 

=  0» +-351120» 

=  175560»  +  234080»  +  202600» 

=  193116»  +  210672»  +  228228»  +  245784» 

=  183540»  +  193014»  +  204288»  +  214062»  +  225036» 

=  132240»  +  153824»  +  175408»  +  196992»  +  218576»  +  240160» 

=  91245»  +  117150»  +  143055»  +  168960»  +  194865»  +  220770»  +  246675» 

=  58520»  +  85690»  +  1 12860»  +  140030»  +  167200»  +  191370»  +  221540»  +  248700». 


XVII.  Znr  Oeschiohte  der  Erfindung  der  elektrisohen  Telegraphie. 

Abbd  Moigno  theilt  in  „  Les  Mondes"  tome  XV,  livr.  14,  pag.  561 
mit:  Cantu  habe  von  Mailand  an  den  Administrator  des  historischen  In* 
stituts,  K c u z i ,  eine  Mittheilung  über  deu  Autheil  Alexander  Volta's  an 


Kleinere  Mittheilungen.  351 


^/^^^^^^'^^^^^^^^•^^^■^^^^»^^^^^^^^^•^'^■^^■^ 


der  Erfindung  der  elektrischen  Telegraphie  gelangen  lassen.  Cantu  sagt, 
dass  Volta  zuerst  daran  gedacht  habe,  Signale  auf  grosse  Entfernungen 
mittels  eines  auf  hölzernen  Pfählen  ausgespannten  Drahtes  zu  befordern. 
Als  Beweis  dafür  wird  ein  von  Volta  an  den  Professor  Barletti  am  15. 
April  1777  geschriebener  Brief  mitgetheilt.  Bis  auf  Weiteres  scheint  mir 
aber  dieser  Beweis  durchaus  ungenügend,  weil  erstens  in  dem  Briefe  zwar 
von  der  Möglichkeit ,  von  Como  aus  in  Mailand  eine  elektrische  Pistole  zu 
lösen,  die  Eede  ist,  nicht  aber  von  einer  Verwertliung  dieser  Möglichkeit 
für  telegraphische  Zwecke,  und  weil  zweitens  bereits  aus  den  Jahren  1753 
und  1774  Vorschläge  zu  elektrischen  Telegraphen  bekannt  sind. 

Die  betreffende  Stelle  des  Briefes  von  Volta  giebt  Moigno  mit  fol- 
genden Worten  wieder :  Je  ne  sais  ä  combien  de  milles  un  fil  de  fer  Icndu  sur  le 
sol  des  champs  ou  de  In  route^  replie  en  arriere  ou  traversanl  un  canal  d*eau,  con- 
duirait  CetinceJte  suivant  le  parcours  irtdiqui.  Mais  je  prevois  gue  dans  un  tres- 
long  voyage  sur  la  terre  humide  ou  ä  Iravers  les  eaux  courants^  ils  s'e'tabliraU 
bienldl  une  communication  gui  devierail  le  cours  du  feu  eleclrique  separe  du 
crochet  de  la  bouteille  pour  relourner  au  fond,  Mai^  si  le  fil  de  fer  elail  soutenu 
ä  une  cerlaine  elevation  au-dessus  du  sol  par  des  poleaux  en  bois  plantes  de  dt- 
stance  ä  distance  ^  par  exemple  de  Cöme  ä  Milan  ^  et  inlerrompu  seulement  dans 
ce  dernier  Heu  par  mon  pislolei^  quUl  conlinuäl  et  vinl  enfin  plonger  dans  un  ca- 
nal de  navigatiati,  gui  communiguc  avec  mon  lac  de  Cöme^  je  ne  crois  pas  im- 
possible  de  faire  partir  mon  pistolet  ä  Milan ,  avec  une  bonne  bouteille  de  Leyde 
chargee  par  moi  ä  Cöme, 

Dagegen  wurde  aus  ^^Scols  Magazine^^  (Bd.  XV,  8.  78)  zuerst  von  dem 
Glasgower  Journal  yjThe  Common  Wealth>^  in  der  Nummer  vom  21.  Februar 
1854  ein  Brief  mitgetheilt,  welcher  nach  der  französischen  Uebersetzung  im 
y^Cosmos,  revue  encycloped^gue*^  (IV, 7)  auch  in  die  Zeitschrift  des  deutsch- 
österreichischen Telegraphen- Vereins  (I,94)überging;  derselbe  ist  von  Heu- 
frew  am  7. Februar  1753  üatirt  und  mit  CM.  unterzeichnet,  was  man  für  die 
Anfangsbuchstaben  des  Schotten  Charles  Marshall  hält  (vgl.  Du  M  on- 
cel,  traite  de  Idlegr,  electr.  p.  304).  In  diesem  Briefe  wird  vorgeschlagen, 
für  jeden  Buchstaben  einen  Draht  mittels  Glas  oder  Harzkitt  isolirt  an  feste 
Träger  zu  befestigen  und  am  Ende  mit  einer  Kugel  zu  versehen,  welche 
nach  demElektrisiren  einen  auf  Papier  geschriebenen  Buchstaben  anziehen 
sollte;  oder  man  sollte  anstatt  dieser  Buchstaben  Glocken  von  verschiede- 
ner Grösse  nehmen  und  anf  diese  den  elektrischen  Funken  überspringen 
lassen.  Zur  besseren  Isolation  könne  man  auch  die  Drähte  ihrer  ganzen 
Länge  nach  mit  einer  dünnen  Lage  von  Holzkitt  überziehen. 

Aehnlich  war  bekanntlich  der  1774  von  Lesage  in  Genf  gemachte 
Vorschlag ,  mittels  an  den  Drähten  angebrachter  Hollundermarkkügelchen 
zu  telegraphiren. 

Schliesslich  möge  noch  eine  Notiz  (in  „Comples  rcndus*\  LXVl,  1109) 
Erwähnung  finden,  in  welcher  die  erste  Idee  zu  einem  ma*^u^lv6s:.V\\iVL '>l>^^- 


352  Kleinere  Mittheiiungen. 

graphen  in  das  Jahr  1636  verlegt  wird ;  dieselbe  schniiit  sich  über  aaf  den 
in  Daniel  Scliwcnter's  mathematisch- philo^^ophischen  Erqniekstondeo 
(Nürnberg  It^dOj  eiitlialtonen ,  damals  nnd  aach  jetzt  noch  anansführbareu 
Vorschlag  zu  boziuhen,  welchen  auch  Dub  (Anwendung  des  Elektromagne« 
tisuius  S.  272)  aus  PoggendorflTs  Annalen  (82,  335)  mittheilt. 

Eduard  Zetzschb. 


XVnL  üeber  den  Au&ats  von  Dr.  Grelle:  „Lineare- Construction  des 
Punktepaares,  welches  zn  zwei  gegebenen  Pnnktepaaren  gleichzeitig  har- 
moniich  ist'*  (Seite  148  laufenden  «Jahrganges).  Die  vom  Verfasser  behan- 
delte Aufgabe  ist  augeDscheinlich  unmöglich  lösbar;  denn  das  Resultat  sind 
zwei  Punkte,  demnach  bestimmen  sich  diese  durch  eine  quadratische  Glei- 
chung, und  diese  letztere  kann  nie  linear  lösbar  sein.  —  Die  Folgerangen 
des  Aufsatzes  sind  richtig  bis  Seite  150  unten,  wo  der  Verfasser  sagt:  „Ver* 
fährt  man  demnach  mit  den  Paaren  u^v  und  p,  q  ebenso,  wie  vorhin  mit  r,  f 
und  /;,  9,  ...  so  ist  t...  festgelegt.**  Hier  hat  der  Verfasser  übersehen,  dass 
dieses  f  ein  anderes  auf  der  neuen  Linie  ist,  als  das  vorhergehende  (die 
beiden  i  liegen  auf  einer  Geraden ,  welche  durch  a  geht).  Selbstverständ- 
lich sind  auch  die  folgenden  Aufgaben  nicht  linear  zu  lösen.. 

Berlin.  Dr.  H.  Hertzer, 

Lehrer  au  der  Oewerbeakademie. 


XIX.  Dai  Carpi-Prämiam.  Wir  wünschen  unsere  Leser  auch  dieses 
Jahr  wieder  mit  der  Preisfrage  bekannt  zu  machon,  an  deren  Lösung  die 
päpstliche  Akademie  der  Nuovi  Lincei  in  Rom  die  Ertheilung  das  Carpi 
Prämiums  von  1000  Lires  knüft.  Der  Gegenstand  der  Bearbeitung,  welche 
bekanntlich  in  italienischer,  lateinischer  oder  französischer  Sprache  abge- 
fasst,  spätestens  am  31.  October  1800  der  Akademie  übergeben  sein  muss, 
nnd  welcher  der  Name  des  Verfasse^-s  in  mit  einem  Motto  zu  versehenden 
j^cbchlossenen  Couvert  beizuliegen  hat,  ist 

„Die  Vergleichung  der  Ebbe-  und  Fluthverhältnisse  der 
hauptsächlichsten  Häfen  an  der  italienischen  Küste,  die  Prüfung 
und  Erklärung  der  dabei  auftretenden  Unterschiede.** 

Mathematische  Erörterungen  im  Anschluss  an  die  Untersuchungen  von 
La  place  über  den  Gegenstand  sind  dringend  empfohlen;  zum  Mindesten 
eine  klare  Darstellung  der  Schwierigkeiten,  welche  einer  mathematischen 
Behandlung  entgegenstehen.  Das  experimentelle  Material  muss  aus  offi- 
cielleu  C^uellcu  geschöpft  sein. 


Kleincrc  Mittheilungen.  353 


»1 


ZX.  Erklftmng  in  Betreff  der  Äbhandinng  des  Herrn  Dr.  v.  Brach 
llber  die  cnbiBchen  Kegelschnitte.  Gegenübor  den  Angriffen,  welche  unser 
College  Dr.  v.  Drach  durch  »eine  Schrift  über  die  cubischen  Kegel- 
schnitte sich  zugezogen  hat,  fühlen  wir  uns  zu  folgender  Erklärung  ver. 
anlasst. 

Nachdem  im  Eingange  jener  Schrift  Möbius,  Chasles,  Seidewitz, 
Schröter,  Cremona  aLs  diejenigen  bezeichnet  worden  sind,  durch 
welche  die  Theorie  der  cubischen  Kegelschnitte  entstanden  und  ausge- 
bildet ist,  fährt  Drach  fort: 

„Mit  Rücksicht  darauf,  dass  einerseits  synthetische  Betrachtungen 
„nicht  Jedermann  angenehm  sind  und  andererseits  die  analytische  Behand- 
„lungCremona*8  ausserhalb  seines  Vaterlandes  weniger  bekannt  sein  mag, 
„dürfte  vielleicht  nachfolgende  Zusammenstellung  der  hauptsächlichsten 
„Eigenthümlichkeiten  der  liaumcurven  dritter  Ordnung,  welche  zugleicli 
„einen  Beitrag  liefert  zu  der  immer  innigeren  Verschmelzung  der  neueren 
analytischen  und  synthetischen  Geometrie,  sowie  zu  einer  Theorie  der 
algebraischen  Raumcurven  überhaupt,  nicht  unerwünscht  sein  und  die 
Aufmerksamkeit  in  etwas  höherem  Grade  auf  jene  Curven  hinlenken, 
„deren  Bedeutung  für  die  Mechanik  schon  von  Möbius  und  Chasles  er- 
„kannt  wurde  und  denen  möglicher  Weise  für  die  weitere  Entwicklung 
„mancher  mechanischer  und  physikalischer  Untersuchungen  eine  nicht 
„unbedentendere  Rolle  zugetheilt  sein  mag,  als  den  ebenen  Curven  und  den 
„  Oberflächen  zweiter  Ordnung.*' 

In  der  Schrift  selbst  sucht  Drach  die  Untersuchungen  der  genannten 
Autoren  so  gut  als  möglich  zu  benutzen,  um  eine  Darstellung  zu  liefern, 
durch  welche  dem  Leser  ein  bequemer  Zugang  eröffnet  werden  soll  in  das 
Innere  der  in  Rede  stehenden  Theorie. 

Wenn  Drach  in  seiner  Schrift  zuweilen  Untersuchungen  von  Cre- 
mona fast  wörtlich  wiedergiebt,  so  können  wir  hierin  nur  eine  Aner- 
kennung der  VortrefFlichkeit  derselben  erblicken,  und  können  überhaupt 
nicht  zugeben,  dass,  nachdem  die  von  ihm  benutzten  Quellen  in  der  Ein- 
leitung einmal  genannt  waren,  der  Verfasser  auch  im  weiteren  Verlaufe  der 
Schrift  zu  fortwährenden  Citationen  verpflichtet  gewesen  wäre. 

Allerdings,  einräumen  müssen  wir,  dass  das  Verfahren  unseres  Col- 
legen  Drach  ein  etwas  unvorsichtiges  gewesen  ist.  Denn  jeder  Leser 
wird,  sobald  er  in  der  Einleitung  einen  so  glänzenden  Namen  wie  Cremona 
gefunden  hat,  ein  Vorurtheil  fassen  zu  Gunsten  Cremona^s,  und  jeden  be- 
liebigen Theil  der  Schrift  von  vornherein  mehr  geneigt  sein,  als  ein  Werk 
Cremen a^s  denn  als  ein  Werk  Drach's  anzusehen.  Und  was  wohl  zu  be- 
achten ist,  jeder  Leser  wird  fast  unwillkürlich  sämmtliche  gute  Partieen 
der  Schrift  auf  Rechnung  Cremen a's,  hingegen  die  weniger  gelungenen 
oder  gar  fehlerhaften  Partieen  derselben  auf  Rechnung  Drach'a  ä^vl^w« 


354  Kleinere  Mittheilungen. 


'^^^  ^ ^^ ^ ^^ *v#* ^\ ^»^ ^ 


Unvorsiclitig  ist  es  also  allerdings,  dass  Drach  nicht  Schritt  fiir  * 
Schritt  angegeben  hat,  in  wie  weit  die  einzelnen  Betrachtangen  von  Cre- 
men a  oder  von  ihm  selbst  herrühren.  Aber  es  ist  eine  Unvorsichtigkeit, 
durch  welche  Cremona  in  keinerlei  Weise  geschädigt  werden  kann,  eine 
Unvorsichtigkeit,  durch  welche  nnr  Drach  selbst  in  Üble  Lage  kommen 
konnte. 

Jedenfalls  dürfte  nicht  zu  bestreiten  sein,  dass  Drach  sich  uro  das 
grössere  Publicum  ein  anerkenncnswerthes  Verdienst  erworben,  indem  er 
die  Aufmerksamkeit  desselben  auf  die  schätzbaren  Untersuchungen  Cre- 
mona^s  geleitet  bat. 

O.  Hesse. 

A.  Clebsch. 

C.  Neumann. 


Die  projectiTischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und* 
ausgezeichneten  Elemente  ebener  Cnnren. 


Fortgetznng^  (siebe  viertes  Heft). 


Zweiter  Abschnitt. 

Kmmme  ebene  Pnnktreihen  und  ebenes  Strahlbttsohel,  ebenes  Tangenten« 
bfticliel  und  gerade  Punktreihe  in  perspectivischer  Lage. 

§•  10«  Allgemeine  Definition  und  Erseugunggweise  Ton  Corren. 

46.  a)   Denken  wir  uns  einen  Punkt  d  aus  der  Lage  d    auf  einer  Ge- 
raden s  in  die  Lage  eines  der  ihm  benachbarten  Punkte  gerückt,  etwa  in 

die  Lage  von  d  ,  dann  eine  Gerade  s  aus  der  Lage  s    in  der  Ebene  @  um 

den  Pnnkt  d    in  die  Lage  eines  der  dem  Strahl  s    benachbarten  Strahlen 

0 

des  ebenen  Strahlbüschels  d  ,  etwa  in  die  Lage  s  gedreht,  dann  i  auf  der  6e« 
raden^  aus  der  Lage  d  in  die  eines  derbeiden  benachbarten  Punkte  gerückt, 
etwa  nach  d  ,  ;  um  den  Punkt  d    in  derselben  Ebene  @  aus  der  Lage  s  in 

die  eines  der  beiden  im  Büschel  d  benachbarten  Strahlen  s    gedreht  u.  s.  f., 

so  entsteht  eine  stetige  ebene  Curve*);  an  welchen  Begriff  wir  jedoch 
die  Bedingung  knüpfen ,  dass  d  und  s  in  wenigstens  zwei  aufeinander  fol- 
genden Lagen  denselben  Richtungs-  resp.  Drehsinn  beibehalte'*'*).  Jede  der 
Geraden  s  ^s  .s  ...  s^,,,  verbindet  zwei  aufeinander  folgende Curvenpunkte, 

resp.  y  8\  d^  Ä^  d^  S^^  ...  Sr  9^^  ...  und  jeder  der  Punkte  ^^  i^,  ...  »^  ...  ist 
der  Schnittpunkt  zweier  aufeinander  folgender  Tangenten  resp.  s  s  ^  ^i  ^9  •  •  • 

6)  Kommt  es  vor,  dass,  wenn  s  in  eine  Lage  s^  und  der  zugehörige  der 
Punkte  iS  in  die  Lage  d         gelangt  sind ,  der  Winkel ,  um  welchen  nun  s 


•)  Vgl.  Cremonn^  Introduzione  ad  una  teoria  yeomctrica  delie  curoe  piane  No.  28; 
V.  Staodt,  Oeometrie  der  Lage  No.  2,  21. 
••)  Siehe  die  AnmeTkun^  »a  No.  506*. 
29it»chrift  f.  MMih§mnik  u.  I'hylk,  XIV,  5.  <^«^ 


356       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

sich  dreht,  gleich  Null  ist,  also  ^  anf  der  Geraden  s  an  die  Stelle  eines 
der  Nachbarelemente  von  i        ,  etwa  i         rücken  moss,  dass  s  femer 

X  +  2 

diese  Lage  Sj   beibehält  und  nur  i  in  die  dem  d  benachbarte  Lage 

t  rückt  u.  6.  f.j  bis  d  zu  einem  Punkt  d  ^  der  Geraden  Si  gelangt^  um 
welchen  sich  s  aus  der  Lage  s.  in  die  eines  der  Nachbarelemente  des  Bfl- 

schels  d  dreht;    oder  kommt  es  andererseits  vor,  dass,  wenn  d  in  die 

l 
Lage  eines  Punktes  d   und  s  in  die  Lage  5.  gekommen ,  $  aus  der  Lage  s. 

in  die  darauffolgende  u.  s.  f.  übergeht ,  ohne  dass  d  aus  der  Lage  d    rückt, 

bis  s  in  eine  Lage  «.         gelaugt,  auf  welchem  Strahl  d  aus  der  Lage  i 

in  eine  benachbarte  rückt,  s  aber  in  seinen  sämmtlichen  Lagen  in  derselben 
Ebene  @  Hegt,  so  nennen  wir  eine  solche  Curve  eine  ebene  gebrochene 
Curve,  eine  stetige  ebene  gebrochene  Curve,  wenn  weder  d  in 

der  Punktfolge  von  ^  bis  d  ^  incl.,  noch  s  in  der  Strahlenfolge 
von  s.  bis  s.         ^     incl.  den  Bewegungssinn  ändert. 

47.   Zur  Erzeugung  einer  ebenen  Curve  nahmen  wir  die  sämmtlichen 

12  t 

in  d  ,  d  ...S  ...  befindlichen  ebenen  Strahlbüschel  in  einer  und  derselben 
Ebene  liegend  an.  Denken  wir  uns  jedoch,  nachdem  d  in  den  dem  ^  benach- 
barten Punkt  d  und  s  von«    nach  s    gerückt,  die  Ebene  @  aus  der  Lage 

(5  5  )  =3  @    in  die  der  einen  der  @    benachbarten  Ebenen    des  Ebenen- 

büschels  s  gedreht,  etwa  in  die  Lage  @  ,  dann  ^  von  d   auf  der  Geraden  s 

nach  i  und  s  aus  der  s   in  die  des  einen  seiner  Nachbarstrahlen  in  d^m 

« 
1  2 

der  Ebene  @    zugehörigen  Strahlbüschel  i  ,  s  gedreht  und  nun  wieder  die 

Ebene  @  aus  der  Lage  @   in  die  der  einen  ihrer  Nachbarebenen  im  Ehe- 

2  2  * 

nenbüschel  s  gedreht,  etwa  in  die  Lage  ®  ,  und  nachdem  B  von  d   auf  s    in 

z  z 

t 

3  •  2 

die  folgende  Lage  &  gerückt,  in  dem  der  Ebene  ®   zugehörigen  Strahlbü- 

3 
schel  i   die  Gerade  s  au§  der  Lage  's   in  die  des  einen  der  Nachbarstrahlen, 

5   gedreht  u.  s.  f.,   so  entsteht  eine  gewöhnliche  stetige  RaumcurvCi 

sobald  wir  die  Bedingung  erfüllen,  dass,  wenn  2  in  irgend  einer  Lage  s. 

der  Geraden  s  den  Richtungssinn  oder  s  in  irgend  einer  Lage  ff  von  ^  den 
Drehsinn  oder  @  in  irgend  einer  Lage  s    von  s  den  Drehsinn  ändern,  die 

beweglichen  Elemente  d,  5,  @  den  jedesmaligen  neuen  Richtungs-  resp. 
Drehsinn  wenigstens  in  zwei  aufeinanderfolgenden  Lagen  beibehalten. 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  357 

0       1      %  .  12        3 

d  ,  d  «  iS    u.  s.  f. ,  andererseits  s  ,  s.  s  u.  s.  f.,  @  ,  @  ,  ©   u.  s.  f.  nennen 

'  0      12  . 

wir  aufeinanderfolgende  Elemente  der  Raumcurve. 

Den  Inbegriff  der  Bewegung,  welche  die  drei  Elemente  iS,  5,  @  aus- 
führen ,  wenn  sie   resp.  aus   einer  Lage    d  ,  ^],  @    in  die  darauffolgende 

resp.  d       f  ^  4.4)  ®         übergehen,  nennen  wir  eine  Bewegungsein- 

he  it.  Verändern  in  einer  Aufeinanderfolge  von  Bewegungseinheiten  eines 
oder  zwei  der  Elemente  dt  '^,  @  ihre  Lage  nicht,  so  erhalten  wir  eine  ge-  . 
brochene  stetige  Raumcurve;  wir  stellen  aber  auch  hier  die  Bedin- 
gung, dass,  so  lange  in  einer  Aufeinanderfolge  von  Bewegungseinheiten 
dieselben  zwei  der  Elemente  d,  ^,  @  ihre  Lage  nicht  ändern,  das  dritte  den 
Bichtungs-  resp.  Drehsinn  nicht  ändern  darf,  und  dass,  so  lange  eines  und 
dasselbe  der  Elemente  j$,  s  seine  Lage  nicht  verändert,  die  anderen  beiden 
ihren  Bewegungssinn  nicht  ändern  dürfen. 

a)  Besteht  zwischen  den  Ortsveränderungen  der  Elemente  )S,  s,® 
einer  Bewegungseinheit  und  den  Bewegungseinheiten  unter  sich  ein  Gesetz, 
80  beisst  die  Curve  eine  gesetzmässige,  im  anderen  Falle  eine  gesetz- 
lose. 

Gelangen  nach  einer  Aufeinanderfolge  von  Bewegungseinheiten  die 

Elemente;]^,  ^,  @  resp.  aus  den  Lagen  i  ^  s,,  Q    in  die  Anfangslage  resp. 
iS  ,  5  y  ®    und  fallen  sie  in  den  folgenden  Bewegungseinheiten  (ßsS')        , 

(d^®)  u.  s.  f.  resp.  mit  den  gleichartigen  Elementen  der  Bewegungs- 

12 
einholten  (d5@)  ,  (d5@)   u.  s.  f.  zusammen,  so  heisst  die  Curve  eine  ge- 
schlossene Curve. 

b)  l.  Verändert  während  des  ganzen  Verlaufes  der  Curve  die  Ebene  @ 
ihre  Lage  nicht ,  so  erhalten  wir  eine  stetige  ebene  Curve;  verändert 
während  des  ganzen  Verlaufes  der  Curve  s  seine  Lage  nicht,  so  entsteht 
ein  Ebenenbüschcl,  dessen  Bewegungseinheiten  aus  den  zwei  beweg- 
lichen Elementen  g  und  @  bestehen,  und  verändert  während  des  ganzen 
Verlaufes  der  Curve  d  seine  Lage  nicht,  so  hüllen  die  Elemente  s  und  @ 
einen  Kegel  ein.  Bleiben  während  des  ganzen  Verlaufes  der  Curve  s  und 
d  fest,  so  entsteht  ein  Ebouenbüschel,  dessen  Bewegungseinheiten  nur 
aus  dem  einen  Element  @  bestehen;  bleiben  @  und  ^  fest,  so  entsteht  ein 
ebener  Strahlbüschel  und  bleiben  ®  und  s  fest,  eine  geradeP unk t- 
reihe  als  speciclle  Fälle  der  allgemeinen  Curve. 

2.  Sind  nie  während  des  ganzen  Verlaufes  einer  in  der  angegebenen» 
Weise  erzeugten,  stetigen,  gebrochenen  geschlossenen  Raumcurve  alle  drei 
Elemente   der  Bewegungseiuheiten   in  Bewegung,    wenn   diese    aus  einer 
Lage  in  die  nächstfolgende  übergehen,  und  wechseln  stets  die  Aufevtv^\i^^x- 
folgen  von  Bewegungseinheiten,  in  denen  die  G^tad^  s  ^^^^^A^^^.>  ^^"^^"^^ 


35S       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 


i  und  @  in  der  angegebenen  Weise  stetig  ihre  Lage  verEndem,  mit  solchen 
Anfein  and  erfolgen  ab ,  in  denen  die  Gerade  s  stetig  ihre  Lage  veranderty 
während  ^  und  @  festbleibeu,  bo  entsteht  ein  räumliches  und  wenn  die 
Ebene  @  stets  fehtbleibt,  ein  ebenes  Polygon  als  specieller  Fall  der 
allgemeinen,  stetigen,  gebrochenen  und  geschlossenen  Ranmcurve. 

c)  Aus  dem  Vorhergehenden  folgt,  gemäss  den  in  §  1  gemachten  Vor- 
aussetzungen als  charakteristisches  Merkmal  aller  Cnrven, 
welche  auf  die  erwähnte  Art  erzengt  gedacht  werden  können, 
dassjede  Bewegungseinheit  nur  an  zwei  benachbarte  grenzt, 
so  dass,  wenn  die  eine  derselben  als  die  vorhergehende  be- 
zeichnet wird,  unreine  die  folgende  sein  kann,  und  dass  je- 
des der  Elemente  der  Bewcgungscinheiten  (der  Curve)  nur  an 
zwei  gleichartige  grenzt,  derait,  dass,  wenn  das  eine  dersel- 
ben das  vorhergehende,  nur  eines  das  folgende  sein  kann,  die 
Curve  also  nur  in  zweierlei,  einauder  entgegengesetzten  Be- 
wegungssinnen von  den  sie  bildenden  Bewegungseinheiten 
oder  deren  Elementen  beschrieben  werden  kann. 

Weiter  auf  die  Kaumcurveu  einzugehen,  entspricht  unserem  Zwecke 
nicht;  bis  hierher  glaubten  wir  aber  auch  auf  sie  unsere  Discussion  aus- 
dehnen zu  müssen,  um  die  allgemeine  Giltigkcit  der  angegebenen  Erzeu- 
gungsart der  Curven  und  damit  ihre  Berechtigung  und  ihre  Grenzen  zn  er- 
kennen (vergl.  No.  7rf). 

48.  Nachdem  in  dem  ersten  Abschnitt  die  spccicllen  ebenen  stetigen 
Curven ,  eine  oder  mehrere  gerade  Punktreihen  mit  einem  oder  mehreren 
ebenen  Strahlbüscheln  in  pcrspcctivischc  Beziehung  gebracht  und  die  in 
den  verschiedenen  Lagen  derselben  stattfindenden  und  die  jedesmalige 
Lage  charakteriöircnden  Eigenschaften,  die  Abhängigkeit  der  Lage  und  des 
Bewegungssinnes  jedes  der  Elemente  von  der  Lage  und  dem  Bewegungs- 
sinn des  entsprechenden  erörtert,  wollen  wir  in  diesem  Abschnitt  die  all- 
gemeinen stetigen  ebenen  nicht  gebrochenen  Curven  in  ihren  Beziehungen 
zu  diesen  einfachsten"  ebenen  stetigen  Curven  in  gleicher  Weise  unter- 
suchen und  im  Folgenden  unter  „Curve**  immer  eine  ebene  stetige  nicht 
gebrochene  Curve  verstehen,  welche  wir  uns  auf  die  in  No.  46  angegebene 
Art  erzeugt  denken  können. 

«)  Eine  solche  Curve  kann ,  da  jede  ihrer  Beweguugseinheiten  stets 
aus  zwei  Elementen,  Punkt  und  Gerade  besteht,  ihrer  Entstehung  gemäss 
(No.  40und  47c)  sowohl  als  eine  continuirliche  Aufeinanderfolge  von  Punk- 
ten, eine  krumme  Punktreihe,  wie  als  eine  continuirliche  Aufeinander- 
folge von  Strahlen,  ein  Tangentenbüschel  angesehen  werden.  Jeder 
Punkt  der  Curve  erscheint  als  der  Mittelpunkt  eines  ebenen  Strahlbüschels, 
welcher  zwei  aufeinanderfolgende  Strahlen  mit  der  Curve,  d.  i.  ihrem  Tan- 
gentenbüschid  gemeinschaftlich  hat,  und  jetio  Tangente  der  Curve  als  eine 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  369 


gerade  Pnnktreihe,  welche  zwei  aufeinanderfolgende  Punkte  mit  der  Curve 
gemeinschaftlich  hat. 

b)  Den  Voraussetzungen  in  No.  2  und  3  zufolge  oder  nach  No.  5  ent- 
spricht 


jedem  Punkt  der  Curve  in  jedem 
Strahlbüschel  der  Ebene,  mit  des- 
sen Mittelpunkt  er  nicht  zusammen- 
fällt, ein  und  nur  ein  Strahl,  welcher 
mit  ihm  perspectivisch  liegt;  in  dem- 
jenigen Strablbüschel  aber,  dessen 
Mittelpunkt  mit  ihm  identisch  ist, 
entsprechen  ihm  alle  Strahlen ; 

je  zwei  von  einander  verschiede- 
nen  aufeinanderfolgenden  Punkten 

d*,  d*        der  Curve  entsprechen 
in  jedem  der  Strahl  büschel  derEbcne, 
deren  Mittelpunkte   ausserhalb   der 
beiden  gemeinschaftHcbon  Tangente 
s     liegen,  zwei  aufeinanderfolgende 

von  einander  verschiedene  Strahlen; 

in  jedem  der  Strablbüschel  der 
Ebene,  deren  Mittelpunkte  die  von 

d*  und  si"  verschiedenen  Punkte 
von  s    sind,  ein  und  derselbe  (zwei 

zusammenfallende)  Strahl,  nämlich 
die  beide  verbindende  Tangente  s    ; 

in  jedem  der  beiden  Strablbüschel, 

deren  Mittelpunkte  die  Punkte  ^ 

und  i^  selbst  sind,  die  Tangente 
s    ,    der     beiden    gemeinschaftliche 

Strahl,  und  alle  übrigen  Büschel- 
strahlen. 


jeder  Tangente  der  Curve  auf  jeder 
geraden  Punktreihe  der  Ebene,  de- 
ren Träger  nicht  mit  ihr  zusammen- 
fällt, ein  und  nur  ein  Punkt,  welcher 
mit  ihr  perspectivisch  liegt;  auf  der- 
jenigen Punktreihe  aber,  deren  Trä- 
ger mit  ihr  identisch  ist,  entsprechen 
ihr  alle  Punkte; 

je  zwei  von  einander  verschiedenen 
aufeinanderfolgenden  Tangenten 
s        ,  s     der  Curve  entsprechen 

auf  jeder  der  geradenPunktreihen  der 
Ebene,  welche  nicht  den  beiden  ge- 

meinschaftlichen  Punktj^  enthalten, 
zwei  aufeinanderfolgende  von  ein- 
ander verschiedene  Punkte; 

auf  jeder  der  Punktreihen,  welche 
den  beiden  gemeinschaftlichen  Punkt 

i'^  enthalten,  aber  mit  keiner  der- 
selben zusammenfallen,  ein  und  der- 
selbe(zweizusammenfallende)Punkt, 

nämlich  der  Curvenpunkt  g   ; 

auf  jeder  der  beiden  Punktreihen, 
•  deren  Träger  diese  beiden  Tangen- 

ten  selbst  sind,  der  Curvenpunkt  g  , 
welcher  beiden  gemeinschaftlich  ist, 
und  alle  übrigen  Punkte  der  Ge- 
raden. 


§.  i\.    Oewöhuliche  endliche  Curvenelemente. 

.     Ä,   Allgemeine  Bestimmungen. 

49.    Bewegen  wir  eine  Gerade  s    so,   dass  sie  in  einem  bestimmten 

Sinne  2;  der  Reihe  nach  die  Lage  der  Tangenten  s  einer  ebenen  stetigen 
Curve  S  einnimmt,  von  irgend  einer  ihrer  Tangenten  an,  welche  wir  mit  5^ 


3^)        Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 


^  ..«*  .^  «^s^  ^K' ^- ^r  ^ 


bezeichnen  wollen,  nnd  rücke  ein  Punkt  d    auf  der  Geraden  s     in  jeder 

9 

ihrer  Lagen  so  fort^  dass  er  der  Reihe  nach  die  Punkte  der  Curve  von  i 

an  deckt,  das  heisst  also,   lassen  wir  die  Gerade  s    im  Sinne  £  von  $    an 

den  Tangentenbüschel  und  zugleich  den  Punkt  St  von  d  an  die  krumme 
Punktreihe  S  durchlaufen,  so  wird  zufolge  No.  46  und  14a*  durch  die  Be- 
stimmung des  Bewegungssinnes  £  auf  jeder  der  Tangenten  5  der  Carve  ein 
gewisser  Bichtungs-  und  in  jedem  der  Büschel  d  ein  gewisser  Drehsinn  be- 
zeichnet, welche  jeder  gleichzeitig  mit  S  in  den  entgegengesetzten  über- 
gehen. . 

a)  Wir  nehmen  nun  vorläufig  an^  die  Curve  S  habe  in  den  nächsten  A 

im  Sinne  U  auf  s     resp.  d     folgenden  Tangenten  s    s   ...  Sj  und  Punkten 

^   ^  . . .  d  ,  welche  das  Curvenstuck  tS^       bilden ,  die  Eigenschaft, 

1.  dass  diese  Tangenten  von  S        lauter  endliche  Gerade,  welche  sieb 
sämmtlich  nur  in  endlichen  Punkten  schneiden,  so  dass  also  auch 

die  A  + 1  Curvenpunkte  d  von  S^    '  lauter  endliche  Punkte  sind, 

2.  dass   s     beim  Uebergang  aus  jeder  der  eisten  X  Tangenten   von 

S  in  die  im  Sinne  2^  folgende  eine  Drehung  in  demselben  Sinne 
J  ausführe,  als  bei  dem  Ueborgange  aus  der  Lage  s    in  die  $  , 

3.  dass  der  Punkt  g^ ,  um  aus  der  Lage  irgend  eines  der  ersten  k  Cur- 

veupunkte  von  S  in  den  im  Sinne  2^  folgenden  zu  gelangen,  auf 
der  mit  beiden  perspectivischen  Lage  von  s  sich  jedesmal  in  dem- 
selben Richtungssinn  P  bewegen  muss,  der  auf  der  Geraden  s    in 

der  Anfangslage  derselben  s    durch  die  Bewegung  des  Punktes  ST 

aus  der  Lage  ^    in  die  ^   eindeutig  bezeichnet  ist  (No.  14  a^). 

Diese  Annahmen  sind  nach  No.'46  gestattet,  da  über  den  Werth  von  k 
nichts  bestimmt  ist. 

b)  s^i  s  t  s^  s  ,  s^  seien  irgend  fünf  im  Sinne  2J  aufeinanderfolgende 

der  erwähnten  A  +  1  Tangenten  von  S       ,  von  denen  die  ersten  vier  resp. 

die  Curvenpunkte   d   ^  ,  ig*  ä  ,  i^  d'',  i5^ ^      enthalten;    s  ,  s     seien   irgend 

zwei  im  Sinne  27  aufeinanderfolgende  der  J+  1  'J'angenten  von  s    bis  5,, 

a  ß      ß  ®  •         fc 

welche   resp.  die   Punkte   d  0   ,  Ö^^  enthalten,   wobei   ajso   f  jeden   der 

Werthe  0,  1,  2,  ...  A  —  2,  ß  jeden  der  Werthe  1 ,  2  . . .  f  —  1  haben  kann. 

c)  Befindet  sich  s     in  der  Lage  einer  der  Tangenten  von  S^      ,  etwa 

Syy  so  deckt  der  Halbstrabi  e^'^  ,  d.  i.  der  Halbstrabi,  welcher  mit  dem 


ansgeBeiehneten  Elemente  ebener  Carven.  Von  Paul  Scholz.  361 

Grenzpnnkt  8>    als  Anfangspunkt  den  Eichtnngssinn  P  angiebt  (No.  14  a'), 
wenn  d^  in  der  Lage  d  ,  den  Halbstrahl  3^'*''*^  =  3l  '     ,  und  wenn  g^  in 

die  Lage  ^^  rückt,  den  Halbstrahl  ^y^^^  =  ^^^  *^;  geht  nun  s    in  die  im 
Sinne  £  auf  $.  folgende  Lage  5  über,  im  Büschel  d    im  Sinne  J  sich  fort- 
bewegend, so  geht  nach  Voraussetzung  (No.  49a')  der  Halbstrahl  i^^ 
aus  der  Lage  äI^  '  *^  io  die  Lage  3^*^'*^  =  ^^*    *'  über,  in  welcher  er  mit 

der  folgenden,  wenn  i^^  aus  der  Lage  §p  in  die  i^  rückt,  ausser  diesen  bei- 
den  (Punkten)  §r  und  d  alle  übrigen  Punkte  gemeinschaftlich  hat;  des- 
gleichen haben  die  Halbebenon  »^l]^  und  »I^V^l  ausser  den  Punkten  der 
begrenzenden  Halbstrahlon,  d.  i.  ausser  den  Punkten  der  Geraden  s^  und  s 
alle  übrigen  Punkte  gemeinschaftlich  (No.  17 a,  39a).  Ebenso  haben  auch 
die  Halbstrahlen  «[''"*)  =  i8j'^*^  nnd  gj^^ *^  =  ä[^'"*^  ausser  den  Grenz- 

ponkten  g^  und  ^  alle  übrigen  Punkte  und  die  Halbebenen  äJ^.  ^      =  ^(IJ\ 

nnd  i^,  ,   ^'  alle  Punkte  ausser  denen  der  Geraden  s.  und  s  gemeinschaft- 

lieh;  folglich: 

Der  Schnittpunkt  irgend  einer 
Geraden  g  mit  der  Tangente  s,  ge- 
hört demnach,  wenn  er  ein  endlicher 

von  i  nnd  Sr  verschiedener  Punkt 
ist,  demjenigen  der  beiden  Halb- 
strahlen g^'  ^\  ^^^~^\  welchem  er 
in  Bezug  auf  die  eine  der  beiden 

Lagen  i8  und  S>^  von  ^^  angehört, 
anch  in  Bezug  auf  die  andere  an. 


Der  Mittelpunkt  p  irgend  eines 
Strahlbüschels  gehört,  wenn  er  ein 
endlicher  ausserhalb  der  Geraden 
s,  und  s  gelegener  Punkt  der  Ebene 

ist,  derjenigen  der  beiden  Halbebe- 
nen d j,^     A  welcher  er  in  Bezug  auf 
die  eine  der  beiden  Lacren  5.  und  s 
von  $    angehört,  auch  in  Bezug  auf 
die  andere  an. 


Wegen  der  Voraussetzungen  in  No,  49a  gilt,  was  hier  von  den  Punk- 
ten i  und  j^^  und  den  Tangenten  s  und  s  gesagt  ist,  von  je  zwei  auf- 
einanderfolgenden Punkten  und  je  zwei  aufeinanderfolgenden  Tangenten 
des  Curvenstücks    S       . 

B.  Ein  nur  gewöhnliche  endliche  Elemente  enthaltendes 
Curvenstück  und  eine  gerade  Punktreihe. 

50.  Aus  No.49c'  und  45e  oder  36c'  und  456  erhalten  wir  folgende  Stttze : 
a)   1.  Da  die  Punkte  ö  von  S        continuirlich  sich  aneinaud^t  x^\Vi^w^ 


362     Die  projeciiyiBcJieii  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und  - 


'■^^V^%^^'^^'^^'^W»^>^^>^^^^«^^^ 


und  laater  endliche  Punkte  sind,  so  liegen  sie  in  Bezug  auf  jede 
Gerade,  welche  keinen  derselben  enthält,  auf  derselben 
Halbebene.  » 

2.  Es  folgen  daher,  während  die  Gerade  s  von  s    an  stetig  im  Sinne 

9  o 

£  das  Curvenstttck  S^  ^  beschreibt  bis  5, ,  die  mit  den  aufeinanderfolgen- 
den  Lagen  derselben,  d.  i.  mit  den  im  Sinne  2J  aufeinanderfolgen- 
den   Tangenten    von    S^^  ^  auf  irgend   einer  Geraden  g     der 

Ebene,  welche  keinen  der  Punkte  j^  von  5'^  '  enthält,  also 
auch  auf  g^,  perspectivischen  Punkte  stetig  in  demselben 
Kicbtungssinne  P    aufeinander  und  bilden  auf  derselben  di 

Strecke  a^'''*^; 

3.  und  zwar  gehören,  wenn  g'  '  ^  den  unendlich  entfernten 
Punkt  von  a    nicht  enthält,  diese  Punkte  entweder  sämmtlich 

dem  Halbstrahl  g^^'^^  oder  sämmtlich  dem  Halbstrahl  ST^' 
der  perspectivischen  Lagen  von  s    an.     Wenn  aber  die  Strecke 

0^  '  ^  den  unendlich  entfernten  Punkt  a^  einmal  enthält,  also  g    zu  einer 

der  Tangenten  von  S^  ^  s  parallel  ist^  so  gehören  (No.  35^)  die  den  Tan- 
genten s  s  .,,  bis  s    entsprechenden  Punkte ,  das   sind  die  Punkte  des 

Halbstrahles  g^  '     ,  wenn  einer  derselben  in  dem  Halbstrahl d  (ä  ) 

der  perspectivischen  Lage  von  s    liegt,  sämmtlich  dem  Halbstrahl  d 

(ö  ),  und  die  den  Tangenten  von  s    bis  s.    entsprechenden  Punkte 

y         * 

das  sind  die  Punkte  des  Halbstraliles  a^^'  '  sämmtlich  dem  Halbstrahl 
i&  (Ä         )  der  perspectivischen  Lagen  von  s     an  (vgl.  No.  52/*). 

6)  1.  Enthältdie  Gerade«/    einen  derPunkte  ^  von  S      ^  d*^ 

und  fällt  sie  mit  keiner  der  Tangenten  von  S^        zusammen,  so 

liegen  die  beiden  Halbstrahlen  g^*^'*^  und  3^        der  beiden  aufeiuander- 

ß 
folgenden  Tangenten  s    und  s^ ,  welche  sich  im  Punkte  iy    schneiden,  nach 

No.  37  6  (für  w  =2)  auf  derselben  Halbebene  in  Bezug  auf  g  ,  also  nach 
No.  34  6^  die  Halbstrahlen  g('^-*)  =  g(''«»)  und   «?'*>=  ^^^^^^  und  dem- 

nach  auch  die  Punkte  g  und  ^^  auf  entgegengesetzten  Halbebenen  in  Be- 
zug auf  g  .     Es  liegen  folglich,  wenn  ^'^  der  einzige  Punkt  von 


aasgeseidbneten  El^nente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  363 

5^**^  ist,  welchen  g    enthält,  die  Punkte  Ä^,  Ä^  bis  jj**  auf  einer, 
die  Punkte  d^  bis  d    auf  der  anderen  Halbebene  in  Bezug  auf  p^, 

2.  Der  Punkt  Ä^  gehört  dem  Halbstrahl  g("^*)  =  g^*l*^  von  «    und 

dem  Halbstrahl  i^J^"^^  =  i^S'"'*^  von  $^  an.     Mithin  folgen  die  mit 

P  P  P 

den  Tangenten  5  ,  $,  his  s    auf  0     perspectivischen  Punkte  in 
demselben Kichtungss in neP    anfeinander,bilden  die  Strecke 

g^  '   ^  (g    s=s  d)  und  gehören,  wenn  diese  den  unendlich  entfern- 
ten Punkt  nicht  enthält,  sämmtlich  dem  Halbstrahl  i^^^'^Mer 

•  n  ß  ß 

perspectivischen  Lagen  von  5    an.     Im  Punkt  g    =3  g*^  =s  j^*^  fal* 

len  die  mit  den  beiden  Tangenten  s    und  s^  perspectivischen 

Punkte  zusammen  (vgl.  No.  30c,  31</,  4öe}*).   Die  mit  den  Tangen- 
ten «^  bis  5.    auf^    perspectivischen  Punkte  folgen  ebenfalls 

stetig  in  unter  sich  gleichem,  aber  dem  ersteren  entgegenge- 
setzten Richtungssinne  P    auf  einander,  bilden  die  Strecke 

g^'  '  bezogen  auf  den  Kichtungssinn  P  ,  9  bezogen  auf  den  Sinn  P 

(▼gl.  No.  16c),  und  gehören,  wenn  diese  den  unendlich  entfern- 

ten  Punkt  nicht  enthält,  sämmtlich  dem  Halbstrahl  j}^^       Mer 
perspectivischen  Lagen  von  5   an.  Es  geht  also  der  dem  Strahl 

t    auf  einer  Geraden  ^    entsprechende  Punkt^  wenn  w^   diese 

überschreitet,  stets  von  dem  Halbstrahl  V       ^  über  auf  den 
Halbstrahl  d  ,  nie  umgekehrt. 

3.  Enthält  nun  aber  auch  eine  der  Strecken  oder  jede  derselben  ein- 
mal den  unendlich  entfernten  Punkt,  so  gehören  die  sämmtlichen  Punkte 

des  Theiles  0^*"^  der   ersten   Strecke  dem  Halbstrahl   r^'    %    die   des 

Theiles  g^""*'  (die  Bezeichnung  bezogen  auf  den  Richtungssinn  P  )  der 

zweiten  Strecke  dem  Halbstrahl  r^""*',  folglich  (No.35c,  50a*)  die  sämmt- 
lichen Punkte  des  Theiles  g  der  ersten  Strecke  dem  Halbstrahl  3^^       ' 


*)  Wie  dies  die  Annahme  in  No.  iÖc  begründet,  so  ist  andererseits  die  Be 
obachtang  von  No.  1(5  c  bei  der  Erzeugung  von  Carven  anf  die  in  Ko.  40  angege- 
bene Weise  als  Bedingung  für  die  Stetig^keit  derselben  anfznatellen.    Vgl.  No.  51 6> 
und  No.  60. 


364       Die  projectiyischen  Eigenschaften  der  gewöhnKohen  und 


.^w-^    ^    ^  »^  ^    ^    ^.i«  ^'t.^  ^  ^-^"^^   rf"^^^^S^%*V 


und  die  des  Theiles  g^*       '  der  zweiten  Strecke  dem  Halbstrahl  Ä  der 

perspcctivischen  Lagen  von  s    an  (ygl.  No.  52^). 

4.  Gebt  aber  die  Gerade  g     nicht  blos  durch  den  Punkte    von  S"      , 

y 
sondern  noch  durch  einen  anderen,  %\  ohne  aber  mit  einer  derTangenteni 

zusaromenzufallen,  so  muss  der  der  Tangente  ^  auf  ^  entsprechende  Punkt 
von  V  aus  den  unendlich  entfernten  Punkt  von  g  überschreiten,  um  so 
auf  den  Halbstrahl  g^^'    *  von  s    zu  gelangen,  ehe  er  nach  g     =  g^  ==  |* 

(ß  -  e)  — 

kommt;  die  Strecke  g^*^        ,  welche  die  im  Sinne  P    aufeinanderfolgenden 

den  im  Sinne  £  geordneten  Tangenten  s^  bis  s    entsprechenden  Punkte 

umfasst,  mnss  daher  den  unendlich  entfernten  Punkt  enthalten,  d.  i.  eine 
der  Tangenten  von  s^  bis  5    muss  zu^    parallel  sein.    Die  deo 

Tangenten  s    bis  5.    entsprechenden  Punkte  folgen  dann  von  g     =  d*aiui 

wieder  im  Sinne  P  aufeinander  und  gehören  dem  Halbstrahl  i^^  '  der 
perspectivischen  Lagen  von  s    an. 

c)  1.  Fällt  die  Gerade  g  mit  einer  der  Tangenten  von  Sr  *  t^  zu- 
sammen^ so  enthält  sie  zwei  aufeinanderfolgende  Cnrvenpnnkte ,  welche 
sie,  den  einen  mit  der  vorhergehenden  Tangente  s  ,  den  anderen  piit  der 

folgenden  Tangente  s  gemeinschaftlich  hat.  Zufolge  No.  396,  c  und  45a  lie- 
gen auf  der  Halbebene  gl{'*^  der  Halbstrahl  l'^^  *^=  d^^**^  von  j  ,  also 

unter  anderen  der  Punkt  d*,  und  der  Halbstrahl  i^^  */  =  d^^    *^  von  s  , 

^  n  n 

Ol 

also  unter  anderen  der  Punkt  d   .    Hat  g j=  s    ausser  den  beiden  Punkten 

g  und  jg'' keine  weiteren  mit  dem  Curvenstück  S  gemein,  so  müssen 
daher  die  Punkte  ^  sämmtlich  auf  derselben  Halbebene  in  Be* 

zug  auf  5,,  nämlich  auf  der  Halbebene  g,^*Mieffen  (vgl.  No.öOc*). 

2.  Also  müssen  wegen  No.  44 e  und  456  die  mit  den  übrigen  im  Sinne 
2^  geordneten  Tangenten  auf  Sy  perspectivischen  Punkte  stetig  in  demselben 

y 
RichtuugssinneP^  aufeinanderfolgen,  und   zwar  müssen  (No.  49c),  da  Ä 

auf  dem  Halbstrahl  ^  \  §P  aber  auf  dem  Halbstrabi  d  ~  der  ent- 
sprechenden  Tangente  resp.  s   oder  s    liegt,  die  den  Tangenten  von  s    bi« 

s   entsprechenden  Punkte  sämmtlich  dem  Halbstrahl  g^       ,  die  den  Tan- 

gentcn  von  s    bis  .v    entsprechenden  aber  sämmtlich  dem  Halbstrahtd 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Carven.  Von  Paul  Scholz.  365 

der  perspectivischen  Lagen  von  s    angehören.     Da  der  Halbstrahl  2} 
von  Sj.  der  der  Tangente  $    im  Sinne  £  vorhergehenden,  und  der  Halb- 

strahl  äI  von  s.^  der  auf  s    im  Sinne  2J  folgenden  Tangente,  nach 

No.  15^  und  Z9hyC,  45a  auf  der  Halbebene  K  _K  liegen,  so  kann  der  der 

i        t 
Tangente  5.  auf  5.  entsprechende,  dem  Punkt  jg    =i?**  im  Sinne  P.  vorher- 

gehende  Punkt  2.  nur  dem  Halbstrahl  d^  =Ä^  angehören;    das 

heisst,  die  Punkte  d^,d,  d     und   somit    die  mit   den    sämmtlichen 

Tangenten  ^von  S     '  au  sser^auf^.  perspectivischen  Punkte 

folgen  stetig  in  demselben  Eichtungssinne  P  aufeinander, 
welcher  durch  die  beiden  in  ihr  befindlichen  Curvcnpunkte 
und  den  Bewegungssinn  Z^  schon  bestimmt  ist. 

3.  Ferner  folgt  hieraus : 

Jeder  Schnittpunkt  zweier  Tangenten  gehört  dem  Ualb- 

strahl  d        ^  der  einen,  der  im  Sinne  Zi*  vorangehenden  und  dem 

Halbstrahl  Ä^*~       der  anderen  an,  der  zweiten  im  Sinne  27. 

Der  der  laufenden  Tangente  s    auf  einer  festen  Tangente 

5-,  entsprechende  Punkt  geht,  sobald  s  die  Lage  von  ^,  tiber- 
schreitet, stets  von  dem  Halbstrahl  d  über  auf  den  Halb- 
strahl  a^«-*). 

4.  Sollte  nun  das  Curvenstück  S        mit  s.  ausser  den  Punkten  2   und 

^  noch  einen  Punkt  gemeinschaftlich  haben,  in  welchem  d  die  Gerade 
s^  überschritte  oder  s    zum  zweiten  Male  mit  s .  zusammenfiele,  so  müssto 

nach  No.  506'^  und  bOc*  der  dem  Strahl  s    auf  s    entsprechende  Punkt 

den  unendlich  entfernten  Punkt  überschreiten,  was  gegen  Voraussetzung 
No.  49  a*  ist. 


C,  Ein  nur  gewöhnliche  endliche  Elemente  enthaltendes 
Curvcustück  und  ein  ebener  Strahlbüschel. 

51.  Aus  No.  49c  und  4be  oder  37^  (für  /i  =  2)  und  45rf  folgt  weiter: 
a)  1.  Beschreibt  0    von  2    an  stetig  im  Sinne  27da8  Curven- 
stückt         bis  0    ,  so  folgen  die  mit  den  aufeinanderfolgenden 
Lagen  vonF,  d.  i.  mit  den  im  Sinne  2J  sich  sleli^  «.\i^\\!k«L\i^^x- 


366       Die  projectivischen  Eigenfichaften  der  gewöhnlichen  und 

reibenden  Punkten  von  S  '  in  einem  Strahlbüschel  ^  der 
Ebene,  durch  dessen  Mittelpunkt  keine  der  Tangenten  9  von 

5         geht,  perspectivischen    Strahlen    stetig    in    demselben 

Drehsinne  J    aufeinander  und  Hlden  in  demselben  den  Win* 

9 

2.  Der  Punkt  p^  liegt  entweder  in  Bezug  auf  die  sämmt- 
lichen  Lagen  von  s    auf  der  Halbebene  ^,,}  oder  in   Bezug 

auf  die   sämmtlichen    Tangenten   auf  der  Halbebene  i,  ,  .  ' 

MOD)  ^^'^^ 

=  Ä,        xi   im  erEften  Falle   ist  nach  No.  Afyf  der  Drehsinn  J 

gleich  dem  dem  Bewegungssinn  ^^entsprechenden  Drehsinne 

Jvons  •  im  zweiten  Falle  gleich  dem  dem  Drehsinn  d  von  i 
9  9 

entgegengejsetzten  Drehsinn. 

b)  1.  Liegt  der  Punkt  p^  auf  einer  der  Tangenten  von  S     ^» 
etwa  5^,  und  fällt  er  mit  keinem  der  Curvenpunkte  von  S^ 

zusammen  und  befindet  er  sich  auf  dem  Halbstrahl  »g"  (»ß  \^^^ 
auch  auf  dem  Halbstrahl  dv'"*'  i^ß  )^  ®^  gehört  er  der  Halbebene 
^M  )      \   (  \  w  ^°  Bözug  auf  die  der  Lage  $^  im  Sinne  2?  vorhergehende 

Lage  8    von  s    und  der  Halbebene  »f  _  \(^J  L   w  '°  Bezug  auf  die  i 

Sinne  27  auf  5^  folgende  Lage  s     von  s  an  (No.15r,  396).  Ist  nun  ^^  die 

P  ^      Y  9  '  ß 

einzige  Tangente  von  S^  ,  welche  durch  den  Punkt  p^  gebt, 
so  gehört  p^  in  Bezug  auf  alle  Lagen  von  s    von  s    bis  s^   der- 

selben  Halbebene  dj^.    *'  ( V  M  )*  ^^  Bezug  auf  alle  Lagen  von 

bis  s,  der  Halbebene  g^,^""^^  ("ä^^'*^  ,")  an. 

2.   Es   folgen  demnach  die  mit  den  Punkten  ^  ,    d     bis  ff 

perspectivischen  Strahlen  des  Büschels  p^  in  demselben 
Drehsinne  J     stetig    aufeinander  und    bilden    einen    Winkel 

^;  liK»  die  mit  den  Punkten  d    und  St    perspectivischen  Strah- 
(o|p) 

lenp^,p  fallen  in  dem  Strahl  ^A  zusammen;  die  mitden  Punk* 

ß      Y  ß 

y  X 

ten   r    bis  d    perspectivischen  Strahlen  folgen  ebenfalls  in 

gleichem  Drehsinne  aufeinander,  aber  in  dem  dem  ersteran 


im 


s 

y 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  307 


entgegengesetzten   J    und  bilden  den  Winkel  />7oi]y  bezogen 

auf  den  Drehsinn  ^  ,  d.  i.  pj^^^^i  ^^^^S®^  *^^  ^^^  Drehsinn  ^  (vergl. 
No.  16c,  sowie  die  Anmerkung  zn*iIo.  506*);  dies  gilt  zufolge  No.  45(f, 
^^  mag  ein  endlicher  oder  der  unendlich  entfernte  Punkt  von 
s^sein.     Liegt  y  auf  dem  Halbstrahl  d^  ,  so  ist  der  Dreh- 

sinn zi  nach  No. 45/*  dem  Drehsinn  ^  von  ^  stets  entgegenge- 
setzt, also  gleich  J\  liegt  p^  aber  auf  dem  Halbstrahl  d^^  , 
80  ist  der  Drehsinn  A     dem   Drehsinn  A  von  ^     stets    gleich, 

also  ^    =J.     Ist  to     ein  unendlich  entfernter  Pankt,  so  lässt  sich  der 
9  9 

Bewegnngssinn  J    nicht  mit  J  vergleichen. 

3.  Ist  daher  s^  nicht  die  einzige  Tangente  von  S^  ,  welche  durch 
den  Punkt  p^  geht,  sondern  geht  von  den  Tangenten  s  bis  8^  noch  eine  $^ 
durch  p^  und  liegt  p^  auf  dem  Halbstrahl  d^*^""*^  (4^'*^)»  «<>  Mgen  die 

mit  den  Punkten  ^  von  d  bis  d  perspecti vischen  Strahlen  von  p^  im 
Sinne  J  (z/)  aufeinander,  die  den  Punkten  von  d  bis  d  entsprechenden 
im  Sinne  J  (//)  und  die  den  Punkten  d  bis  d  entsprechenden  im  Sinne 
A  (^).     Der  Punkt  p^  muss  also,  wie  hieraus  folgt,  auf  der  Tangente  5. 

dem  Halbstrahl  Ä^'*^  (4^*^)  a°&«^ör«ö  (vgl.  No.  50  c»). 

c)  Fällt  der  Punkt  p^  mit  einem  der  Curvenpunkte,  S^^,  zu- 
sammen, so  gehen  durch  ihn  die  beiden  aufeinanderfolgenden  Tan* 
genten  Sy  und  s  ,  welche  ausser  ihm  noch  die  ihm  benachbarten  Punkte 

resp.  Sr  und  d  enthalten.  Der  Punkt  d^  gehört  dem  Halbstrahl  Ä^^'*^ 
an ,  liegt  also  in  Bezug  auf  die  im  Sinne  £  vorhergehende  Tangente  s   auf 

der  Halbebene  ^,^^'*^  er  gehört  ferner  dem  Halbstrahl  g(^'?*)  =  ij(^-») 
an,  liegt  also  nach  No.  396  in  Bezug  auf  die  im  Sinne  27  folgende  Tangente 
auf  der  Halbebene  Ä/AiAy     Ist  also  g''  der  einzige  Curvenpunkt 

von5^  (Welcher  mit  ]pzus  am  men  fällt  und  sind  die  beiden  auf- 
einanderfolgenden   Tangenten    s.    und   5     die    einzigen    von 

Sf"  ,  welche  mit  p^  perspec^ivisch  sind,  so  liegt  p^Wjj''  in  Be- 
zug auf  alle    Tangenten   ausser  ^^und«     auf  der  Halbebene 

^fp'r       ^^®  ^®°  Punkten  S?  bis  ÄNm  Büschel  p^  enUpt^^Vk^ndL^Xk  ^\xi^«a 


368        Die  projectivischen  EligenschafteB  der  gewöhnlichen  und 

folgen  daher  nach  No.  45/*  im  Sinne  A  stetig  aufeinander  und  ehenso  folgen 

die  den  Punkten  d      bis  d    entsprechenden  in   demselben  Sinne  A  stetig 

aufeinander.     Nun  sind  aber  die  den  Punkten  d   und  d     entsprechenden 
Strahlen   die   im  Sinne   27  der  Curve  also  im  Drehsinne  A  des  Bäschels 

p^  =  ^  aufeinanderfolgenden  Tangenten  s.  und  s  ,    der   Punkt   g    dem 

Halbstrahl  g;*^"",  d     dem  Halbstrahl   i^^*^'*'   angehörend:    es    folgen 

daher  die   den  sämmtlichen  Punkten  %  von  S^     '  im  Sinne  H 

entsprechenden  Strahlen  des  Büschels  p==i^stetig  im  Sinne 

A  aufeinander,  und  ein  das  Büschel  d    von  der  mitd    perspec* 

tivischen  Lage  an  im  Siifne  A  durchlaufender  Strahl  s^  trifft 

die  Punkte  ^     bis  d^  mit  demselben,   die  Punkte  ^     bis  d    mit 
dem  anderen  Halbstrahl. 

Geht  durch  den  Punkt  s*  ausser  s,  und  s  von  den  Tangenten  s  bis 
s.  noch  die  Tangente  s  ,  aber  keine  der  Tangenten  von  s  bis  $.  und  geht 
durch  denselben  von  den  Tangenten  s  bis  5.  noch  die  Tangente  s  ,  aber 
keine  der  Tangenten  s    bis  ^  ,  so  gilt  das  von  den  sämmtlichen  Tangenten 

und  Punkten  von  S^^  ^  in  No.  51  c  Gesagte  nur  von  den  Tangenten  und 
Punkten  resp.  $     bis  s   und  d    bis  d  .     Das  die  Tangenten  von  5    bis  s 

und  von  s  bis  $.y  sowie  die  Punkte  ^    bis  jg    und  von  i  bis  ^    Betreffende 

*  Ar 

folgt  theils  aus  No.  516,  theils  durch  wiederholte  Anwendung  von  No.  51c, 

je  nachdem  \r  =d    ein  von  d   ,  y  und  von  jg*,  g    verschiedener  Punkt  der 
Tangenten   s    und  $  ist  oder  mit  einem  derselben  zusammenfällt. 

« 

D,    Beschaffenheit  eines  nur  gewöhnliche  endliche 
Elemente  enthaltenden  Curvcnstückes. 

52.  o)  Aus  No.  50c3*  folgt: 

Ein  Curvensttick  S^  ,  welches  den  in  No.  49«  angegebe- 
nen Bedingungen  genügt,  hat  die  Eigenschaft, 

1.  dass  alle  seine  Punkte  in  Bezug  auf  jede  seiner  Tan- 
genten auf  derselben  Halbcbenc,  nämlich  d,,^J  fbe- 
zogen  auf  den  Drehsinn  A^  liegen; 

2.  dass  sich  in  einem  Punkte  nicht  mehr  als  zwei  Tan- 
genten ronS      ^schneiden; 


aasge^icbneteiL  Elemente  ebener  Curven.   Von  Paul  Scholz.  369 

3.  das8  die  mit  irgend  einer  Tangeute  von  S^  ,  ^  per- 
spectivischen  Punkte  der  übrigen  eine  endliche 
Strecke  iSi*'      bilden,  welche  zugleich  die  beiden  die- 

ser  Tangente  5.  angehörigen  Curvenpunkte  d    und  d 

enthält. 
6)  1.  Die  Gerade  s    liegt  mit  den. Anfangspunkten  dieser  sämmtlichen 

Strecken  ü^^'    ,  die  Gerade  5.  mit  den  Endpunkten  derselben  perspectivisch. 

Bezeichnen  wir  den  Schnittpunkt  von  s  und  s.  mit  d  ,  so  kann  mit  jeder 
dieser  Strecken,  da  sie  endlich  sind,  nur  ein  Theil  der  Strahlen  des  Bü- 
schels d'  perspectivisch  liegen ;   und  da  jede  derselben  zwei  Punkte  von 

^^  ^  enthält,  so  müssen  dieselben,  wie  die  Punkte  d  von  5^  ,  sämmtlich 
in  demjenigen  der  von  s   und  5.  begrenzten  einfachen  Winkel  liegen ,  wel- 

eher  den  beiden  Halbebenen d,      x  und  gl-  ,  -^gemeinschaftlich  ist  (No.  39a) 

(o|oj  C*l*; 

und  welchen  wir  mit  Ä ,  L  J  bezeichnen  wollen, 

2.  Da  durch  g*  keine  der  Tangenten  von  s   bis  *- _    geht  (No.  52  a*), 

SO  hat  der  Punkt  i^  in  Bezug  auf  diese  die  Lage  von  p  in  No.  51  a.  Jeder 
von  s   und  5,  verschiedene  Strahl  s^  des  Winkels  s,   . ,.,  welchem  der  ein- 

fache  Winkel  i^/   i  *x  angehört,  muss  daher  einen  und  nur  einen  der  Punkte 

von  Sr    ^  und  von  jeder  von  s    und  s.  verschiedenen  Tangente  von  S^    ^ 

einen  Punkt  der  endlichen  Strecke  d         enthalten.     Daraus  folgt 

einerseits,  dass  der  den  Punkten  von  S^    ^  im  Büschel  g     entspre- 
chende  Winkel  S^  ...  (No.  51c)  nur  einen  Theil  des  Büschels  d    ausmachen 

kann,  da  der  mit  dem  Büschel  i^  gemeinschaftliche  Strahl  s^=s^,   ausser 

d   keinen  Punkt  von  Sr     '  enthält,  dass  also  auf  einerGeraden  nicht 

mehr  als  zwei  Curvenpunkte  von  5^    '  liegen  können, 

andererseits,  dass  die  mit  den  Tangenten  von  s   bis  5^  perspectivischen 

Punkte  von  *  ^  =  5  die  endliche  Strecke  9^"}  in  der  Keihenfolge  von 
g*  bis  g  erfüllen  (No.506')  und  c^^e  mit  den  Tangenten  von  s  bis  5,  perspec- 
tivischen Punkte  dieselbe  Strecke  in  der  Eeihenfolge  von  g    bis  $!^\  folglich : 

3.  Die  Schnittpunkte  der  Tangenton  mit  einander  erfüllen 

das  von  denStreckeud  von*,  0,*       vons»  mü^  ^^ixi^xslx- 

o  0      &  \ 


379       Die  proiectivischen  ESjgenBcBaften  der  gew5bnficEea  uaf 

venstück  S        begrenste,  dem  e.infachen  Winkel  »^^^^.i  *^6®* 

hörige  Gebiet  der  Ebene  vollständig,  and  ausserhalb  dessel- 
ben giebt  es  keinen.     Von  jedem  Punkt  dieses  Gebietes  gilt  das  in 

No.  51  fr' Gesagte.  Wir  bezeichnen  dies  Gebiet  durch  das  Symbol  @:  ,.  (ygL 
No.  b2e). 

c)  1.  Die  Strecken  d^^**^  der  Strahlen  ^  des  Winkels  ^  y..  enthal- 

(0  ZI) 

ten  keinen  einzigen  Schnittpunkt  einer  Tangente,  daher  enthält  das 
von  den  Strecken  iJ^^**  ,  g'°^  '  und  dem  Curvenstttck  Sr  ^  be- 
grenzte dem  Winkel  5^  ...  angehörige  Gebiet  der  Ebene  nur 

Punkte,  welche  mit  keiner  der  Tangenten  von^  perspec- 
tWisch  liegen,  also  die  Lage  von  p^  in  No.  5Ia  haben,  und  wir  bezeich- 
nen dasselbe  mit  @,   ... 

(Ol) 

2.  Durch  die  unendlich  entfernte  Gerade  wird  das  Gebiet  @.  «^  in 
zwei  Theile  getheilt,  deren  einer  dem  den  beiden  Halbebenen  sS  J  und 
^/i  I  n  gemeinschaftlichen  einfachen  Winkel  »f  ^ly  deren  anderer  dem  den 

beiden  Halbebenen  i^,  r"v*  and  ijLT",x     gemeinschaftlichen  einfachen  Win- 

(o|o)  {X\X)     o 

kel  »fTjT  angehört;  es  folgt  mit  Rücksicht  auf  No.  51a*,  daas  der  er- 
stere  Theil  alle  Punkte  der  Ebene  enthält,  welche  den  Halb- 
ebenen d^^    X    in  Bezuff  auf  die  sämmtlichen  Tangenten  s  von 

S^  ^  gemeinsam  sind  und  nur  solche,  der  andere  alle  Punkte 
der  Ebene,  welche  den  Halbebenen  ^,7^.       in  Bezug  auf  die 

sämmtlichen  Tangenten  s  von  S^  ^  gemeinsam  sind  und  nur 
solche,  was  auch  aus  No.  39a  und  45a  abgeleitet  werden  kann;  wir  be- 
zeichnen den  ersteren  Theil  mit  ©^  . ..,  den  zweiten  mit  @.  _  .. 

3.  Jeder  Punkt  von  ©^  .       befindet  sich  mit  jedem  Curvenpunkt  von 

«S^  ^  in  Bezug  auf  jede  der  Tangenten  von  Sr  %  mit  Ausnahme  der  beiden, 
welche  sich  in  letzterem  schneiden ,  auf  derselben  Halbebene ;  jeder  Punkt 

von  @,  __..  befindet  sich  mit  jedem  Curvenpunkt  von  S^     '^  in  Bezug  auf 

jede  Tangente  von  S'  ^  mit  Ausnahme  der  beiden ,  welche  sich  in  letzte- 
rem schneiden,    auf  entgegengesetzten  Halbebenen   (No.  36c).     Jedem 

Punkt  von  ®^  ,..  kehrt  daherdas  Curvenstück  S^    ^  in  seiner 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.    Von  Paul  Scholz.  371 


ganzen  Ausdehnung  seine  concave,  jedem  Punkt  von  ®,  __.. 

seine  convexe  Seite  zu.     Also: 

4.    Bewegt  sich,  während  die  Elemente  d^  und^    in  einem 

9 

gewissen  Sinne  £  das  Curvenstttck  S^°  ^  beschreiben,  welches 

den  in  No.  49«  angegebenen  Bedingungen  genügt,  der  mit  g 

perspectivische   Strahl  p      eines   S  trahlbüschels  j)    ,   dessen 
Mittelpunkt   ein    endlicher  Punkt  der  Ebeno  ist,    durch  wcl- 

chen  keine  der  Tangenten  vonS^       g^ht,  von/>an  bisp?^  in 

dem  Drehsinne  J j  welchen  s    beim  Ucbergange  aus  jeder  Lage 

in  die  im  Sinne  2^  folgende  hat,  so  kehrt  das  Cnrvenstück  S^    ^ 
dem  Punkt  j>     seine  concaveSeite  zu,  und  umgekehrt;  bewegt 

sich  aber  der  mit  ^     perspectivische  Strahl    des  Büschels  p 

vonpbispj^in  dem  dem  Sinne  j  von   s     entgegengesetzten 

Sinne  Jj  so  kehrt  das  Curvenstück  S     '  dem  Punkte  p^  seine 
convexe  Seite  zUj  und  umgekehrt.     Im   ersteren  Falle  gehört   der 

Punkt  p     dem  Gebiet  @.  ... ,  im  zweiten  dem  Gebiet  ®,  __..  an. 

d)  1.  Der  andere  Winkel  s^r^j^.  enthält  (No.  18  und  626*)  die  Ergän- 

znngsstrecken  Sr        ^  sämmtlicher  Tangenten  von  S^        zu   den  Strecken 

jj^^'    .     Jeder  Strahl  6^  dieses  Winkels  hat  (No.  lO)  die  Lage  der  Geraden 

g     in  No.  50«;  die  mit  den  Tangenten  s  von  S^^  ^  auf'einem  solchen  Strahl 
perspectivische  Strecke  enthält  folglich,  da  die  Grenzpunkte  in  den  Punkt 

jj'  zusammenfallen  und  nach  No.  526' jeder  ihrer  übrigen  Punkte  höchstens 

von  einer  der  Tangenten  von  S^        getroffen   werden   kann,   alle  Punkte 
desselben  ausser  g    einmal,  diesen  aber  zweimal;  also  wird  der  Winkel 

*?/   ^x  von  den  Strecken  iJ    **''^  der  Tangenten  5  von  S^       derart 

stetig  erfüllt,  dass  durch  jeden  in  seinem  Gebiet  gelegenen 

Punkt  eine  und  nur  eine  der  Tangenten  s  von  S^        geht.     Wir 
bezeichnen  ihn  deshalb  mit®,    ,v;  jeder  in  seinem  Gebiet  befindliche  Punkt 

{Ol)'*' 

hat  die  Lage  von  p     in  No.  516^'  *. 

2.    Dieser  Winkel  sl ,   ,s  =  ©,   ,x  enthält  in  dem  mit  cler  Halbebene 

£(oX)         (Ol) 

(o-oD)^   (ajooo)  /^lej.  Punkt  gZ  gehört  nach  No.  50 c'  dem  IlalbstrahU^'''^^ 
(o|o)  (o|o)     ^  "^  o 

von  s    und  dem  Halbstrahl  g^  von  s   an)  gemein8chaCt\\<i\\^Ti  ^\w^kOcv^\^ 

ZeiUcbrJ//  /.  Atäihemalik  u.  Physik,  XIV,  5.  7,^ 


372        Die  projectivischen  Eügenschaften  der  gewöhnlichen  und 

Winkel  (No.  2Sa  und  45  a)  von  jeder  Tangente  denjenigen  Theil  der  Strecke 
ir^     ,  welcher  dem  Halbstrahl  g^^~~*^  angehört,  in  dem  der  Halbebene 

r,  ,  V  =d,  I   N    gemeinschaftlichen  einfachen  Winkel  (No.  37«)  den  ande- 
(o|o)        (o|o)    "  ^ 

ren  Theil,  welcher  dem  Halbstrahl  g^^'*^  angehört;  den  ersteren  bezeich* 
uen  wir  hiernach  mit©  .  _iv  ^®°  anderen  mit  ®  ,  .... 

3.    Aus  No.  51  ft*  und  52c*  folgt: 

Jedem  Punktvon®.       ..kehrt,  wenn*  wir  allgemein  mit  ;«. 
dieTaugente  bezeichnen,  mitweicher  erperspectivisch  liegt 
nämlichdem  Halbstrahld  angehörend,  das  Curvenstück 

S^      ,  welches  die  der  Tangente  s,  im  Sinne  E  vorhergehenden 

Lagen  von  s  enthält,  seine  convexe,  das  Curvenstück  S^^  , 
welches  die  auf  fim  Sinne  ^  folgenden  Lagen  von  5    enthält, 

seine  concave  Seite  zu;  jedem  Punkt  des  Gebietes  @.      .  aber, 

der  auf  der  Tangente  5.  liegt  und  also  dem  Halbstrahl  i^^^'    ^ 

angehört,  kehrtdasCurvenstück  5^^  ^  die  concave  und  S^'^  ^  die 
convexe  Seite  zu. 

e)  In  gleicher  Weise  folgt  aus  No.  516',  52  ft',  c*: 

Jedem  Punkt  des  Gebietes  @  .  ,.  kehrt,  wenn  wir  mit  s^  und  s.  all- 

gemein  die  beiden  Tangenten  von  5  bezeichnen ,  welche  sich  in  dem- 
selben schneiden,  das  Curvenstück  S^  ^  seine  concave,  S''^  ^  die  convexe 
und  5        wieder  die  concave  Seite  zu. 

f)  Beschreiben^    und  Ä^  im  Sinne  Z  das  Curvenstück  S^^  ^, 
80  ist,  so  lange  der  mit  irgend  einer  endlichen  Geraden(;     der 

Ebene  perspectivische  Punkt  iS    von  5   dem  Halbstrahl  d  ^ 

angehört,  der  Bewegungssinn  P  von  d^  gleich  ^   ^    ,dasheisst, 

der  Punkt  d^  entfernt  sich  (No.  Sc)  vondemihmaufcr  entspre- 
chenden  Punkte,  also  auch  von  ^   ;  so  lange  der  mit  (;    perspec- 

tivische  Punkt  von  s     dem  Halbstrahl  i^^  angehör  t,  is  t  der 

9 

Bewegungssinn  Pgleich  d^  ,  das  heisst;  der  Punkt  ^^  nähert 
sich  dem  ihm  auf  g     entsprechenden   Punkte,    also    auch  der 


Geraden^     (vgl.  No.  50). 


auBgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.    Von  Paul  Scholz.  373 


'^^^^.  '^^y^^ 4^^ ^^it-s^^s^^ 


53.  Dies  ist  das  Bild ,  welches  ein  den  Bedingungen  in  No.  49a  unter- 
worfenes Curveustück  S"  einer  Curve  S  der  Anschauung  bietet,  sowie 
die  Art  und  Weise,  in  welcher  sich  die  mit  den  Elementen  eines  solchen 
Curvenstückes  in  irgend  einem  Strahlbüschel  oder  einer  geraden  Punktreihe 
der  Ebene  perspectifischen Strahlen,  resp.  Punkte  aneinander  reihen;  diese 
Art  und  Weise  wird,  da  über  den  Werth  vonA  nichts  bestimmt  ist  und 
wie  aus  No.  50  und  51  hervorgeht,  nicht  geändert,  wenn  wir  uns  das  Curveu- 
stück S^  fortgesetzt  denken  durch  andere  S"  ^  ,  S"^^'  etc.,  welche  den- 
selben Bedingungen  genügen  und  bei  deren  Beschreibung  im  Sinne  E  s 

und  i^     denselben  Dreh-  resp.  Richtungssinn  z^  und  P  haben,  als  bei  Be- 
schreibung von  S       .  Der  mit  der  laufenden  Tangente  s    auf  s      perspecti- 

vische  Punkt  durchläuft  zunächst  (No.  50c^)    den  Halbstrahl  g^^'*\  dem 

Halbstrahl  S>"  von  s  "angehörend  j  wenn  derselbe  in  die  Lage  ^*  ,  ent- 

sprechend der  Lage  s    von  s    gelangt ,  so  gilt  auch  von  der  unendlich  ent- 

fernten  Gefaden,  was  von  jedem  Strahl  s    des  Winkels  s^.   ..  in  No.  52 rf* 

gesagt  ist;  der  eine  Theil  des  Gebietes  @.     .  (No.  520*)  wird  Null,  nämlich 

der  nicht  von  den  Curvenpunkten  von  Sr  ^    begrenzte.     Bis  hierher  ent- 
fernt sich  Ä    von  s  ;  im  weiteren  Verlauf  der  Curve  geht  der  der  Tangente 

s    axxf  s    entsprechende  Punkt  auf  den  Halbstrahl  ^  ^von«   und^^^'    ' 

von  s^  über,  nähert  sich  also  der  Punkt  »^  der  Tangente  s  .  Erst  in  den  auf  ^'* 


0 


>9 


resp.  s   folgenden  Lagen  kann  nach  No.  506*,  c'  g    die  Geradem  überschreiten 

a 

oder  s  mit  s  zusammenfallen.  Das  Gebiet  @ .  .  ist ,  wenn  bis  zu  den 
Lagen  d  resp.  s  keine  dieser  beiden  Möglichkeiten  eingetreten,  durch  die 
Strecken  g        •  ,  ^^°^^^  (g^=^*  ist  der  Schnittpunkt  von  s    und  s  )  und 

das   Curveustück  S^^^\   das   Gebiet   ©^    x  =  ©?  ,  x   durch  die  endlichen 

(or)         (o|t) 

Strecken  iJ  ,  g^^'^*  und  S^°^  begrenzt,  und  also,  wenn  g    mit  d    zu- 

sammenfällt, rings  von  dem  Curveustück  S         eingeschlossen. 

§•  12.    Ausgezeichnete  Curvcnelemente« 

j4,  AllgemeineBestimmungen. 

54.  a)  Um  nun  alle  möglichen  Weisen ,  in  denen  ein  nach  No.  46  eine 
Curve  beschreibender  Punkt  oder  Tangente  in  die  folgende  Lage  übergehen 
kann,  ihren  Einfluss  auf  die  Beschafifenheit  der  Gwfv^  xsluÖl  ^\^^^^^^^% 


374      Die  projecti vischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

der  mit  denselben  in  den  Strahlbüschehi  und  geraden  Punktreihen  der 
Ebene  perspectiviscben  Strahlen  resp.  Paukte  zu  erkennen,  stellen  wir  uns 

ein  Curvenstück  S^  ^  vor,  welches  die  Curvenpunkte  d  ,  Ä  ....d  ,Ä  ,»   und 

die  Tangenten  s  .8  ....5«, 5   fNo.  46),  wo  5»=  d  d  ,5  f=Ä  »  ,  umfasst  and 

°  Ol  O      B  ^  O  S 

welches  der  Bedingang  (l)  in  No.  49  a  in  allen  Elementen  von  s    bis  $.,  den 

Bedingungen  (2)  und  (3)  aber  in  allen  Elementen  von  s    bis  s    resp.  d    bis 

i,  genügt;  dies  Curvenstück  S^  denken  wir  uns  fortgesetzt  (nach  No.  46) 
durch  ein  zweites  5  ,  welches,  die  Punkte  ^  ,g  ,^  ....  i8  und  die  Tan- 
genten  s  ,5.=d   »  ,  s   =d   d  ,  s^ s    umfassend,  für  sich  den  Bedingun 

gen  (2)  und  (3)  in  No.  49  a  in  allen  Elementen  von  s  his  s  resp.  d  bis  d  , 
der  Bedingung  (l)  in  den  Elementen  von  s^  bis  s  genügt;  so  jedoch  den- 
ken wir  uns  S  durch  S^  ^  fortgesetzt,  dass  die  das  ganze  Curvenstück 
S^  Mn  dem  durch  die  Wahl  der  Elemente  s  und  d  zu  Anfangselementen 
eindeutig  bestimmten  (No.  47  c,  14«*)  Bewegungssinne  2  durchlaufenden 
Elemente  s  und  ^  beim  Uebergang  von  den  Elementen  resp.  s  und  j^  , 
welche  eine  ganz  beliebige  endliche  oder  unendlich  entfernte  Lage  in  der 
Ebene  haben  können,  in  die  Lagen  s^  und  d  beliebig  den  Bewegnngssinn 
beibehalten  oder  ändern  können,  den  sie  beim  Uebergang  von  jedem  Ele- 
ment von  S^  in  die  Lage  des  im  Sinne  Z  folgenden  haben.  Dem  Be- 
wegungssinne Z  entspreche  in  dem  Theil  S^        der  Drehsinn  z/  von  »<f    und 

der  Richtungssinu  P  von  g^  auf  s  . 

h)    Wir  bezeichnen 

die  Suhime  aller  der  Strahl- 
büschel der  Ebene,  deren  Mittel- 
punkte ausserhalb  der  Tangente  s 

liegen,  durch  das  Symbol  (j),  jeden 
derselben  durch  3; 

die  Summe  aller  der  Strahl- 
büschol,  deren  Mittelpunkte  die  von 

den  Ciirvenpunkten  auf  s^  (g,  )  vor- 


die  Summe  aller  der  Geraden 
der  Ebene,   welche  nicht  durch  den 

Punkte    gehen,  durch  das  Symbol 
(z),  jede  derselben  durch  z\ 


schiedenen  Punkte  von  5   sind,  mit 
[5  J»  jeden  derselben  durch  g  . 


die  Summe  der  geraden  Punkt- 
reihen der  Ebene,  deren  Träger  die 
von  den  Tangenten,  welche  sich  in 

g      schneiden    {s),    verschiedenen 

y 
Strahlen  des  Büschels  ^    sind,  mit 

[j  1,  jede  derselben  durch  z  . 

U  0 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.   Von  Paul  Scholz.  375 


^^^^wv%'^/^^^<« 


Der  in  einem  der  Büschel  [}  •]  mit  §    perspectivische  Strahl  ist  stets 
s^,  der  in  einem  der  Büschel  (3)  mit  Sr  perspectivische  Strahl  kann  nie  Sy^ 

wohl  aber  eine  andere  der  Geraden  {s  )  sein,  und  ist,  wenn  dies  nicht  der 

Fall ,  stets  eine  der  Geraden  [z  1    Jede  der  Geraden  [z  1  muss  daher  mit 
einem  Strahl  Zy  identisch  sein. 

Der  auf  einer  der  Geraden  \z  ]  mit  s    perspectivische  Punkt  ist  stets 

Ä  ,  der  auf  einer  der  Geraden  (z)  mit  s   perspectivische  Punkt  g    kann  mit 

einem  der  Punkte  [3  ]  nur  zusammenfallen ,  wenn  Sy  mit  s    zusammenfallt, 

also  alle  Punkte  3    mit  allen  Punkten  [3  ]  identisch  sind. 

Jeder   der   Strahlbüschel    [3  ] 


c)  Jede  der  Geraden  [c  ]  kann 

mit  der  Punktreihe  S^        ausser  ^ 
höchstens  zwei  Punkte  gemeinschaft- 

lieh  haben,  einen  mit  S       ,  den  wir 

mit  ff^  y  und  einen  mit  5       ,  den  wir 

l 
mit  d    bezeichnen  (No.  526*). 


Jede  der  Geraden  (z)  kann  mit 

S^     ^  höchstens  vi'er  Punkte  gemein- 
schaftlich   haben;    wir    bezeichnen 

von  den  beiden  dem  Theil  S^^     an- 
gehörigen  immer   denjenigen,  wel- 

eher  g^  am  nächsten  ist,  mit  g^,  von 

den  beiden  dem  Theil  S    ^^  ange- 

hörigen  denjenigen,  welcher  g    am 

nächsten  ist,  mit  ^  .  * 


kann  mit  der  Tangentenfolge  S^ 
ausser  s.   höchstens   zwei   Strahlen 

gemeinschaftlich  haben,   einen   mit 

5^**     ,  den  wir  mit  s  ,  und  einen  mit 

S^^^\  den  wir  mit  s  bezeichnen 
(No.  52a*). 

Jeder    der    Strahlbüschel    (j) 

kann  mit  iS^  *'''  höchstens  vier  Tan- 
genten gemeinschaftlich  haben;  wir 
bezeichnen    von    den    beiden    dem 

Theil  S^°  ^^  angehörigen  immer  die- 
jenige,  welche  s    am  nächsten  ist, 

mit  s   ,  von  den  beiden  dem  Theil 

■ 

S^       angehörigen  diejenige,  welche 

s   am  nächsten  ist,  mit  s  . 
e  « 


d)  1.  Während  die  Elemente  s    und  «^  das  Curvenstück  S^^^  von  resp. 

9 

s^y  ^  an ,  also  im  Sinne  Z  stetig  beschreiben,  bilden  die  auf  allen  Geraden 
der  Ebene  {(2),  [2  ],  (s^)  {s  )\  und  in  allen  Strahlbüscheln  der  Ebene 
{(S)»  [j]»(^J(^  )!  perspectivischon  Punkte  und  Strahlen  eine  stetige 
Panktcnfolgc  (/"">,  j^""),  ^f«")  (g^""^))  re8p.StraMcnfolge(z^^^^,  c«^^^, 


376       Die  projcctivischei»  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  tmd 


'^^■^^^■^yi^^^^^-w^rf 


2.    Nach  den  Bestimmungen  in  c 
folgen  in    den   Strahlbüscheln 
(j) »  Ü*']  ^»e  den  Punkten  S^"*  ^^  von 

i^  bis  d  entsprechenden  Strahlen 
stetig  in  einem  und  demselben  Dreh- 
sinne aufeinander,  und  ein  die  Strah- 
lenfolge 2.  ..  resp.  z.  .  durchlau- 
fender Strahl  trifft  die  Punkte  von 

S^^^^  mit  demselben  Halbstrahl. 
Analoges  gilt  von  den  Punkten  von 

S       und  den  entsprechenden  Strah- 

len.     Im  Büschel  g     folgen  die  den 

sämmtlichen  Punkten  von  S  ^'  ent- 
sprechenden Strahlen  ih  demselben 
Sinne  (zf)  aufeinander,  bilden  nur 

einen  Theil  des  Büschels  g    und  der 

die   Strahlenfolgo     s,    ,.   durchlau- 

fende  Strahl  s^  trifft  die  Punkte  von 

S  alle  mit  demselben  Ilalbstrahl. 
Analoges  gilt  von  den  sämmtlichen 

Punkten  von  S^^^  und  den  in  ^^ 
entsprechenden  Strahlen  (No.  51  r). 


folgen    auf   den  Geraden  (z), 

\_z  ]  die  den  Tangenten  von  S^  * 

von  s   bis  s  entsprechenden  Punkte 

y  f         '^ 

stetig  in  einem  und  demselben  Rich- 
tungssinne auf  einander,  und  in  Be- 
zug auf  jede  der  Geraden  (t) ,  [r  1 

liegen  die  Punkte  von  ö'^^^  auf 
derselben     Halbebene.       Analoges 

gilt  von  den  T.ingenten  von  5^  ^ 
und  den  auf  denselben  befindlichen 
Curvenpnnkten.  Auf  der  Geraden 
s,  folgen  die  den  sämmtlichen  Tan- 
genten von  iv  entsprechenden 
Punkte  in  demselben  Sinne  aufeinan- 
der, bilden  nur  einen  Theil  der 
Punktreihe  s,  und  die  Punkte  von 

S  liegen  sämmtlich  auf  derselben 
Halbebcno  in  Bezug  auf  5  .  Ana- 
loges gilt  von  den  sämmtlichen  Tan- 

gcnten  von  S  ^  und  den  auf  den- 
selben befindlichen  Curvenpnnkten 
(No.  50  c). 


55.  «)  Da  keiner  der  Punkte  (j)  oder  [5  ]   mit  einem  Punkte  des  ihm 
nach  No.  53c  zugehörigen  Curvenstückes  S  zusammenfällt  (höchstens 

die  Punkte  g    ,  ^    aufs    und  j^*,  3    auf»?    ausgenommen),  so  können  nach 

No.  35c  und  25  \^^  =  9  (xj  ^*^  Punkte  von  S         von  dem  anderen  Halb- 

strahl  des  die  Strahlenfolnre  z,    ,,2,    ^  in  den  Büscheln  (i),  \i  1  durchlau- 

°        (ai)      (a  *)  ^°^ '  ^^  ■■ 

fenden  Strahles  als  die  Punkte  von  S         nur,  wenn  g     ein  unendlich  ent- 
fernter Punkt,  getroffen  werden  und  auch  dann  nicht  immer. 

b)    Jeder  der  Punkte  (3),  [j  J  kann  als   auf  einer  Geraden  z  liegend 
^ngesehen  werden,  und  es  folgt  aus  No.  35a,  dass  in   allen  Büscheln  (3), 

[3  J,    deren    Mittelpunkte   in    einer   und   derselben  Geraden  z  liegen,   die 

Punkte  von  S         von  dem   anderen  oder  demselben  Halbstrahl 
des    die  »Strahlenfolge  z.        resp.  z       .  durchlaufenden  Strahles   getroffen 


aoBgezeichneten  Elemente  ebener  Corven.  Von  Paul  Scholz.  377 

werden,  als  die  Punkte  von  S^"  ^ ,  je  nachdem  der  den  Carvenstücken  ij^*  *^ 

nnd  Sr^,  (bezogen  auf  diese  Gerade  z)  gemeinschaftlich  e  Theil  von  S  *^  a  u  f 
der  anderen  oder  derselben  Halbebene  liegt  in  Bezug  auf  diese  Ge- 
rade, als  der  den  Cnrvenstücken  s'"^^  und  Sr  ^^  gemeinschaftliche  Theil  von 
S^^ ;  und  dass  in  Bezug  auf  alle  Geraden  z,  welche  durch  einen  und  denselben 
der  Punkte  (j);  [j  ]  gehen,  die  Punkte  von  S^*  '  auf  der  anderen  oder 
derselbenHalbebene  liegen,  als  die  Punkte  vonS^^    ,  je  nachdem  die 

S  ^  und  S^^*^  (bezogen  auf  diesen  Punkt  g  oder  j^)  gemeinschaftlichen 
Curvenpunkte  von   dem  anderen  oder  demselben  Halbstrahl  des 

die  Strahlenfolge  z.  .  resp.  z  .  in  diesem  Büschel  durchlaufenden  Strah- 
les getroffen  werden ,  als  die  5^^  ^^  und  S^"  gemeinschaftlichen  Punkte. 
Daraus  folgt  ferner:  , 

c)  Liegen  die  Punkte  S^     ^  in  Bezug  auf  eine  der  Geraden 
(z)  auf  derselben  oder  auf  der  entgegengesQtzten  Halbebene 

als  die  Punkte  Sr^  y  so  liegen  sie  in  Bezug  auf  alle  Gerade  (z) 
resp.  auf  derselben  oder  auf  der  entgegengesetzten  Halb- 
ebene als  die  Punkte  S^^^l 

d)  Werden  die  Punkte  S^^*^  in  einem  der  Büschel  (j),  [j^] 
von  demselben  öder  dem  entgegengesetzten  Halbstrahl  ge- 

troffen,  als  die  Punkte  5  ,  so  werden  sie  in  allen  Büscheln 
(j),  [g  ]  von  dem  die  Strahlenfelge  z,  .  resp.  t.  .  durchlaufen- 
den Strahl  resp.  mit  demselben  oder  dem  entgegengesetzten 
Halbstrahl  getroffen,  als  die  Punkte  S       . 

e)  Liegen  die  Punkte  ^     ^  in  Bezug  auf  eine  der  Geraden 
(z)  auf  derselben  oder  auf  der  entgegengesetzten  Halbebene 

als  die  Punkte  5^  ,  so  werden  die  Punkte  Sr^^^  in  jedem  der 
Büschel  (g),  [g  ]  von  dem  die  Strahlenfolgez  .resp.t^  ^durch- 
laufenden Strahl  mit  demselben  resp.  dem  entgegengesetzten 
Halbstrahl  getroffen,  als  die  Punkte  5^        und  umgekehrt. 

f)  Die  Tangenten  (*  ),  welche  die  dem  Punkt  d  benachbarten  Curven- 
punkte enthalten,  sind  unmittelbar  aufeinanderfolgende  Strahlen  des  Büschels 

Ä,  daher  folgt  aus  No.  37 <f  und  54 rf*:  Liegen  die  Punkte  S  ^inBe- 
zug  auf  den  mit  dperspectivischen  Strahl  z.  eines  der  Büschel 

(g)  (oder  in  Bezug  auf  eine  der  Geraden  [r  ])  auf  derselben  oder 


378       Die  projectiviöchen  Eigenschaften  der  gewöhnliclien  nnd 

aaf  der  enigegeDgesetzten  Halbebene  als  die  Punkte  Sr^*\   so 
liegen   sie   in  Bezug   anf  den    in  jedem  der  Büschel   (j),   deren 

Mittelpunkte  nicht  auf  einer  der  Geraden  (5  )  gelegen  sind,  dem  Pnnkte 

^    entsprechenden  Strahl,  also  in  Bezug  auf  alle  Gerade  [z  ] 
resp.    anf  derselben  oder   auf  der   entgegengesetzten    Halb- 

ebene  als  die  Pnnkte  S  '     , 

t 
Betreffs  der  BQschel   (3),   deren  Mittelpunkte  auf  den  Geraden  («M 

(ausser  s/)  gelegen-siud ,  vergleiche  No.  b6d. 

Gleichfalls  liegen    die  Punkte  i>      "^  iu  Bezug  auf  den  in  jedem  der 
Büschel  [j  ]  dem  Punkt  sj    eut^prechenden  Strahl  z.  =  5    (No.  54  fr)  anf  der- 

selben  oder  auf  der  entgegengesetzten  Halbebenc   als  die  Punkte  S        ,  je 
nachdem  Has  Eine  oder  das  Andere  in  Bezug  anf  eines  der  Büschel  [5  J  gilt. 

^)    Je  nachdem  die  Punktet         in  Bezug  aufdenin  ein 


em 


derBüschel  (3)  dem  Punkt  d^  entsprechenden  Strahl  z(o  der  in 
Bezug  aufeine  derGcradeu[r  ]),  auf  dersclbenoderauf  der  ent- 
gegengesetzten Halbebenc  liegen  alsdioPunkteö  ^     ,  werden 

die  Punkten  vondcmimBüschel^^  dicStrahlenfolcres;     ^ 

^      (or) 

durchlaufenden  Strahl  resp.  mit  demselben  oder  dem  entge- 
gengesetzten llalbstrahl  getroffen,   als  die  Punkte  von  S>^^ 
(No.  35«,  54</*J  und  umgekehrt. 


B.     EinflusH    der    ausgezeichneten  Elemente    eines    Curven- 

stückesanfdic  mit  demselben  perspectivischen  Strahlen-  und 

Punkten  folgen;  Classificirung  der  erstcren. 

56.  a)  1.  Jedesmal,  wenn  in  den  Büscheln  (3),  [3  ],  ä  die  den 
Punkten  von  S  im  Sinne  Z  entsprechenden  Strahlen  in  demselben 
Bewegungssiunc  aiifeinaniler folgen,  als  die  den  Punkten  5  "^  im 
Sinne  2^  entsprechenden ,  also  resp.  der  Strahl  z^,  z    =8^.  s    in  diesen  Bü- 

schein  für  die  Strahlenfolge  resp.  z,  ..  z,  .,5^  ^  ein  gewöhnlicher 
Strahl  ist,  müssen  von  den  nicht  in  diesem  Strahl  befindlichen  Curven- 
punkten  nach  No.  34  6*,  396  die  auf  den  Punkt  ^^  im  Sinne  2  folgenden, 
das  sind  die  von  S 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  379 

entweder  auf  dor  anderen   Halbebene  in   Bezug  auf  resp. 

z     z  =zs.^  s    liegen  und  von  demselben  Halbstrahl, 
»      i»       »     ^ 

oder  auf  derselben  Halbebene  in  Bezug  auf  resp.  2.,  z.=Sy, 

s   lieG^en  und  von  dem  anderen  Halbstrahl 

.des  eines  der  Büschel  resp.  (j),  [^  ],  d  durchlaufenden  Strahles  getroffen 
werden,  als  die  dem  Punkt  d^  in  demselben  Sinne  £  vorhergehenden  Cur- 
venpunkte,  nämlich  als  die  von  Si        ,  und  umgekehrt. 

2.    Jedesmal,    wenn  der  Strahl  z    ,  z   =5      s     für  die  Strahlcnfoke 

resp.  z,     ^.z,     V ,  ^^    X   ein  Rückkehr  strahl  ist,  müssen  von  den  nicht  in 
^      (o»)      (ov)      (ov)  ' 

diesem  Strahl  befindlichen  Curvenpunkten  die  von  S^ 

entweder    auf    derselben    Halbebene    in    Bezug    auf  «resp. 
2  ,  z=s,yS   liegen  und  von  demselben  Halbstrahl, 

oder    auf   der  anderen   Halbebene  in   Bezug   auf  resp.   z., 
s^n  s   liegen  und  von  dem  anderen  Halbstrahl 

des  eines  der  Büschel  (3) ,  [j  ]  1  »  durchlaufenden  Strahles  getroffen  wer- 
den,  als  die  Punkte  von  S^       ,  und  umgekehrt. 

b)    1.    Jedesmal,  wenn  auf  einer  der  Geraden  (2),  [2  ],  s.  die  den 

Tangenten  von  S  im  Sinne  £  entsprechenden  Punkte  in  demselben 
Bewegungssinne  aufeinander  folgen,  als  die  den  Tangenten  von  S  im  Sinn 
2»  entsprechenden  Punkte,  also  resp.  der  Punkt  ^  ,  j   =g^,  g**  auf  diesen 

Geraden  für  die  Punktenfolge  resp.  ^  ,  y  >  i^«.  ein  gewöhnlicher 
Punkt  ist,  muss  nach  No.  366*^  und  45 n, 6  die  Tsingcnte  s  beim  Uebergang 
aus  der  Lage  s   in  die  im  Sinne  £  folgende,  s  ,  und  somit  aus  jeder  Lage  im 

Curvenstück  5  in  die  im  Sinne  2^  folgende  (No.  54  n),  sich  in  demselben 
Sinne  J  bewegen,  den  sie  hat  beim  Uebergange  aus  jeder  Lage  im  Cur- 

vrnstück  S         in  die  im  Sinne -Z  folgende,   oder   in-dcm   entgegen- 

gesetzten   -^,  je   nachdem  die  Punkte  von  5  auf  derselben 

Ualbebene  in  Bezug  auf  diese  Gerade  resp.  2,  z  ,5.  liegen,als 

die  Punkte  von  5^'**,  oder  auf  dor     nt gegengesetzten. 

2.    Jedesmal  aber,  wenn  der  Punkt  j  ,3    =:g**,ig^   für   die  Punkten- 
folge resp.  5        ,3      \  ^y    ^  ein  Rück  kehr  punkt  i«t,  muss  5   beim  Uebet- 


380      Die  projectivischcn  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 


gang  aus  der  Lage  s  in  die  im  Sinne  2  folgende,  5.,  in  dem  entgegen- 
gesetzten  Sinnet  oder  demselben  Sinne  J  sich  bewegen,  je 
nachdem  die  Punkte  5  ^  sieb  aaf  derselben  Halbebene  in  Be- 
zug auf  diese  Gerade  resp.r,  z  oder  s,  befinden,  als  die  Punkte  Sr^\  oder 
auf  der  entgegengesetzten. 

c)   Durch  Vergleicliung  hiermit  und  mit  No.  45 6,  d  folgt  aus  No.55c,cf,e 
und  6,  wenn  wir 

betrefifs  der  Strahlbüschel  3,  deren  Mittelpunkte  die  von  g**  verschiedenen 
I^unkte  der  von  s    verschiedenen  Tangenten  (5  )  sind,  für  welche,  indem  1 

oder  s     mit 2    zusammenfällt,  einer  der  beiden  Theile  Sr       ,  S>     ^  gleich 

Null  wird,  und 

betreffs   der  Geraden   z,    welche  die  Tangente   s    in   einem  der  anf 

derselben  befindlichen  von  is  verschiedenen  Curvenpunkte  schneiden,  ohne 
mit  ihr  zusammenzufallen,  für  welche,  indem  d    oder  S   mit}  zusammenf&Ut 

einer  der  beiden  Theile  S^^^\  S^^^^  gleich  Null  wird, 

No.  25a  berücksichtigen: 

1.   dass  in  allen  Büscheln 

(j)  der  dem  Punkt  d^  entspre- 


chende    Strahl     z       für     die 

Strahlen  folge    2,     .     ein    go- 

iov)  ° 

wohnlicher  oder  Rückkehr- 
Strahl  ist,  wenn  er  in  einem 
derselben  ein  gewöhnlicher 
resp.  Rückkehr -Strahl  ist; 

2.    dass  in  al Ten  Büscheln 

[j  ]  der  dem  Punkt  g^  entspre- 
chende    Strahl     s^      für      die 


Strahlonfolge 


(Ol') 


ein    ge 


wohnlicher  oder  Rückkehr- 
Strahl  ist,  wenn  er  in  einem 
derselben  ein  gewöhnlicher 
resp    R  ü  c  k  k  c  h  r  -  S  t  r  a  h  1  i  s  t. 

d)  I .  Nach  No.  51  /;,  c  ist  die  Tan- 
gente s    in  den  Strahlbüschelif  3  und 

^  ,  ilcrcn  Mittelpunkte  die  von  den 


dass  aufallen6eraden(z) 
der  der  Tangente  5    entspre- 

cheude  Punkt}    für  die  Punk- 

tenfolge  y  ein  gewöhnli- 
cher od  er  Rückkehr-Punkt  ist, 
wenn  er  auf  einer  derselben 
ein  gewöhnlicher  resp.  Rück- 
kehr-Punkt ist; 

dass  auf  allen  Geraden 
[z  ]  der  der  Tangente  s    ent- 

sprechende  Punkt  iJ*  für  die 
Punktenfolge  y  ^  ein  ge- 
wöhnlicher oder  Rückkehr- 
Punkt  ist,  wenn  er  auf  einer 
derselben  ein  gewöhnlicher 
resp.  Rückkehr- Punkt  ist 

Nach  No.  bOb,  c  ist  der  Punkt 
^^  auf  den  Punktreihen  z  und  z^, 
deren  Träger  die  von  den  sich  in 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.   Von  Paul  Scholz.  381 


Curvenpankten  auf  s  ,  d  ^  8,  ver- 
schiedenen Punkte  von  s  sind,  ein 
Räckkehrstrahl  für  die  Strahlen- 
folge z.  xresp.  2,  ^,  in  den  Strahl- 
huscheln,    deren  Mittelpunkte   die 

Curvenpunkte  d  ,  i^*^  sind ,  aber  ein 
gewöhnlicher  Strahl.  Gleiches  gilt 
für  8 . 

2.     Daher  erscheint    der   dem 

Punkt  j^^  entsprechende  Strahl  z   , 

wenn  er  in  den  Strahlbüschelu  (}), 
deren  Mittelpunkte  mit  keiner  der 

Geraden   (5  )  pcrspectivisch  liegen, 

ein  gewöhnlicher  oder  Rückkehr- 
Strahl  ist  für  die  Strahlenfolgo  z.     . , 

in  den  Strahlbüschcln  } ,  deren 

Mittelpunkte  die  von  ^  verschiede- 
nen, auf  den  von  s.  verschiedeneu 

y 
l^angenten    (5    )  befindlichen   Cur- 
venpunkte sind,  ebenfalls  resp.  als 
ein    gewöhnlicher    oder  Rückkehr- 
Strahl, 

in  den  Büscheln  },  deren  Mittel- 

punkte  die  übrigen  von  g^  verschie- 
denen Punkte  der  von  s.  vcrschie- 

y 
denen  Tangenten    {s  )  sind,    resp. 

als  ein  Rückkehr-  oder  gewöhnli- 
cher Strahl. 


d^  schneidenden  Tangenten  s^  und 
s    verschiedenen  Strahlen  des  6ü- 

y 

schels  d^  sind,  ein  Rückkehrpunkt 
für    die    Punktenfolge   j^^*'-'    resp. 


a 


(ov) 


auf  den  Geraden  s^  und  s 

ß         y 


jedoch  ein  gewöhnlicher  Punkt. 
Gleiches  gilt  von  d  . 

Daher  erscheint  der  der  Tan- 
gente^  entsprechende  Punktj  ,wenn 

er  auf  den  Geraden  (2),  welche  mit 

keinem  der  aufs   befindlichen  Cur- 

e 

venpunkte  pcrspectivisch  liegen,  ein 
gewöhnlicher  oder  Rückkehr-Punkt 

ist  für  die  Punkten  folge  y      , 

auf  den  Geraden  2,  welche  mit 

den  von  s   verschiedenen,  diese  Ge- 

y 

rade  s    in  den  von  d    verschiedenen 
s 

auf  derselben  befindlichen  Curven- 
punkten  schneidenden  Tangenten 
identisch  sind,  ebenfalls  resp.  als  ein 
gewöhnlicher  oder  Rückkehr- Punkt, 

auf   den    übrigen    Geraden   r, 
welche  die  Tangente  s   in  einem  der 

y 
auf  ihr  befindlichen  von  i^    verschie- 
denen     Curvenpunkte      schneiden, 
r*esp.    als  ein   Rückkehr-   oder   ge- 
wöhnlicher Punkt. 


3.    Dies  hier  in  No.  56 rf  Gesagte  würde  zunächst  nur  gelten,  wenn  s 

y 

eine  endliche  Gerade  und  5^  ein  endlicher  Punkt  derselben  ist,  da  die 
Untersuchungen  in  No.  50  und  51  sich  nur  auf  endliche  Curvenelemente 
beziehen;  da  aber  die  hier  in  Betracht  kommenden  Eigenschaften  nach 
No.58^,25  für  solche  Curvenelemente,  die  wir  gewöhnliche  nennen,  auch  gel- 
ten, wenn  sie  eine  unendlich  entfernte  Lage  habon,  so  gilt  dasselbe  all- 
gemein. Wir  können  hiernach,  ohne  dit*  Allgeiiieinhoit  der  Untersuchung 
SU  beschränken,  des  leichteren  Ausdruckes  wegen 


382        Die  projeetivisclien  Eigenäcliaften  der  gewöhnlichen  Qtid 


diejenigen  Stralilbüschcl  3 ,  de- 
ren  Mittelpunkte  den  Geraden  (5**) 
angehören , 


diejenigen  Geraden  z,  welche 
s  in  einem  der  von  d  verschiede- 
nen  Curvenpunkte  schneiden, 


ausschliessen ,  da  dieselben  Gesetze,  welche  für  die  übrigen  Punkte  (j) 
resp.  Geraden  (z)  gelten,  auch  auf  diese  Anwendung  finden,  aber  die  an- 
gegebene Modification  erleiden. 

57.  a)  1.  Sind  der  der  Tangente  s  auf  einer  der  Geraden  (z)  entspre- 
chende Punkt  3     und    der   ihr   auf  einer  der  Geraden  [z  ]  entsprechende 

st, 
3   =1^     beide   auf  ihren  Geraden   entweder  gewöhnliche   oder 

beide  Rückkehr-Punkte  für  die  Punktenfolgen  j^  ^^  resp.  3      , 

so  befinden  sicli  3  und  g  stets  in  demselben  der  von  einer  der  Tangenten 
von  S'^  und  einer  der  Tangenten  von  S^**  gebildeten  Winkel*);  die 
Schnittpunkte  je  einer  Tangente  von  S'      und  einer  von  S         mit  s    bil- 

den  daher  stets  ein  Punktepaar  zweiter   Art  in  Bezug  auf  die  Punkte  3 
und  ^^  (No.  31 ,  12) ,  gehören   also  derselben  von  den  beiden  durch  3  und 
d**  begrenzten  Strecken  an;   das  hcisst  (No.  16):  der  Punkt  3**  ist  für 
die  Punktenfolge  ^         au-f  5    und  somit  auch  für  die  Pnnkten- 

^olgeiJ^®*'^  auf  5    ein  RückkehVpunkt  (No.  426a«,  37)**). 

2.  Ist  der  eine  der  Punkte  3  ,  Ö  auf  seiner  Geraden  für  die  Punkten- 
folge resp.  3  oder  3  '  ein  gewöhnlicher,  der  andere  ein  Rückkehr- 
punkt,   so  gehört  stets  der  eine  dem  einen,  der  andere  dem  anderen  der 

durch  eine  Tangente  von  5^^  und  eine  von  S  ^  gebildeten  Winkel  an;  die 
Schnittpunkte  zweier  solcher  Tangenten  mit  s    bilden    daher   ein  Punkte- 


•)  Unter  5^yf^  und  S^^^^  sind  lirer  die  Theile  von  5^°  "^  zu  verstehen,  welche 
resp.  den  durch  die   gewählte  Gerade   2  nach   No.  51c   bestimmten  Curvenstncken 

S^^^'  und  5^^   ^  mit  den  durch  die  gewählte  Gerade  z     bestimmten   gemeinschaft- 
lich sind. 

••j  Dass  der  Punkt  ä^,  je  nachdem  er  für  die  Punkt cnfolge  §i^      ^  ein  gewöhn- 
licher oder  ein  Rückkehr-Punkt,  auch  für  die  Punkten  folge  gl     ^  resp.  ein  gewöhn 

lieber  oder  ein  Rückkehr-Punkt  ist,  ist,  wenn  3     ein  Kückkchr-Punkt   für  die  Punk- 
tenfolge 3-    ^'^    also  3*^3^  (No.    10c)  folglich  *g  =  *!^  (No.  2),  selbstverständlich; 

wenn  aber  ^     ein  {^«•wohnlicher  Punkt  für  die  Punkt^!nfol<?e  y        ,  so  lässt  sich  die- 
selbe Schlussfolge,  welche  in  No.  57a  auf.«   angewandt  ist,  ebenso  für  «<.  durchführen. 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.   Von  Paul  Scholz.  383 


paar  der  ersten  Art  in  Bezug  auf  die  Punkte  5    uud  S  ,  das  lieisst  (No.  lü): 

der  Punkt  i^     iöt  für  die  Punktcnfolffeif         und  somit  auch  für 

'='       g 

(o  v^ 
die  Punkten  folge  5^       auf*^    ein  gewöhnlicher  Punkt*). 

6)    1.  Aus  No.  55^  und  50«'  folgt,  dass  die  Tangente  s   in  dem  Büschel 

c 

s>    ^nx  die  Strahlenfolgo  s\      .  ein  Rückkeh r strahl  ist,   wenn 

entweder  sowohl  in  Bezug  auf5^  =  r^    als   in   Bezug  auf   z, 

dem  in  einem  der  Büschel  (3)  mit  «g    perspectivischen  Strahl,  die 
Punkte  S^     ^aufderselben  lialbebene  liegen,  als  die  Punkte 

oder  wenn  sowohl  in  Bezug  auf  eine  der  Geraden  z,  als  in 
Bezug  auf  5-=z.  die  Punkte  S^  ^  auf  der  entgegengesetz- 
ten Halbebene  liegen,  als  die  Punkte  5^^    . 

Aus  No.  39(1  geht  nämlich  hervor,  dass,  da  5    und  s^  zwei  unmittel- 

y 
bar  aufeinander  folgende  Strahlen  des  Büschels  £i    sind,  alle  Punkte,  welche 

in  Bezug  auf  Sy  auf  derselben  Lialbebene  sich  befinden  und  weder  mit  s 
noch  mit  s^,  perspectivisch  liegen ,  auch  in  Bezug  auf  s    ein  und*  derselben 

Halbebene  angehören,  und  dass  je  zwei  weder  mit  s   noch  mit  Sy  perspec- 

tivisclie  Punkte ,  welche  in  Bezug  auf  eine  dieser  Geraden  auf  entgegen- 
gesetzten Halbebenen  liegen,  auch  in  Bezug  auf  die  andere  entgegengesetz- 
ten Halbebenen  angehören. 

Da  aber  r   ==  5^  der  dem  Punkt  ^    in  einem  der  Büschel  [3  ]  entspre- 
chende Strahl  ist,  so  können  wir  mit  Rücksicht  auf  No.  bhc^d^e  auch  sagen: 

y 
Die  Tangente  s    ist  in  dem  Büschel  ji     für  die  Strahlenfolge 

s^     V  ein  Rückkehrstrahl,  wenn  sowohl  in  einem  der  Büschel 
(or) 

(3)  als  in  einem  der  Büschel  [3  ]  der  dem  Punkt  i^  entspre- 
chende Strahl   für   die  Strahlen  folge  z,     ^    resp.  z,     .ein  ge- 

°       (ov)  *^      {ov)  ° 

wohnlicher  Strahl  oder  in  beiden  ein  Rückkehrstrahl  ist. 

2.   Die  Tangenten   abcristindemBüscheldfürdieStrah- 

lenfolge**     .  ein  gewöhnlicher  Strahl,  wenn  die  Punkte  S 
°      {ovj  ^ 

in  Bezug  auf  s,  =  Zy  auf  derselben  und   in  Bezug  auf  eine   der  Ge- 
raden Zyy  d.  i.  eine  der  Geraden  [2  ],  auf  der  entgegengesetzten,  oder 

•j  Siehe  vorhergende  Anmerkung. 


384       Die  projectiviachcu  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

in  Bezug  auf  s^=^z    auf  der  entgegengesetzten  und  in  Bezog  anf  eine 
Gerade  2.  oder  z   auf  derselben 

Halbebene  sich  befinden,  als  die  Punkte  Sr^    ,  also  nach  No.  55c,cf,e 

und  56ajodesmal,  wennder  dem  Punk  tJS    entsprechende  Strahl 

resp.  für  die  Strableufolge  2,     .oder  2,     . 
^  *      (0»)  (ov) 

in  einem  der  Büschel  (j)  ein  gewöhnlicher  und  in  einem 

derBüschelljJein  Rück  kehr -Strahl,  oder 

in  einem  der  Büschel  [3  ]  ein  gewöhnlicher  und  in  einem 
der  Büschel  (5)  ein  Rückkehr-Strahl  ist. 

c)  Mit  Hilfe  von  No.  566  folgern  wir  weiter  aus  No.  576: 

1.  Die  Tangente  s    kann  im  Büschel  d^  für  die  Strahlen- 

y 

folfi^e  s^     V  nur  dann  ein  gewöhnlicher  Strahl  sein, 
**      (ov)  ^  ' 

wenn  d    auf  s.  für  die  Punktenfolge  st  ^'  ein  gewöhnlicher  nnd  anf 
einer  der  Geraden  [z  ]  für  die  Punktenfolge  }         ein  Rückkehr-Ponkt  ist, 

oder  wenn  d    auf  s^  ein  Rückkehr  -  und  auf  einer  der  Geraden  [z  ]  ein  ge^ 

wohnlicher  Punkt  ist, 
.     das  heisst,  nach  No.  57a',  jedesmal,  wenn  der  der  Tangente  1 

auf  einer  der  Geraden  (z)  entsprechende  Punkt)  für  die  Punk- 
ten folge  y       ein  gewöhnlicher  Punkt  ist. 

y 

2.  Die  Tangente  s    kann  im  Büschel  i^*"  für  die  Strahlen- 

y 

folge  s.     .  nur  dann  ein  Rückkehrstrahl  sein, 
^      (ov)  ' 

wenn  Ä    auf  5    für  die  Punktenfolge  2^^      und  auf  einer  der  Geraden 

[2  ]  für  die  Punktenfolge  y     '  ein  gewöhnlicher  Punkt  ist,  oder 

y 
wenn  5    auf  s    und  einer  der  Geraden  [2  1  ein  Rückkehrpunkt  ist, 

das  heisst  nach  No.  57«*,  jedesmal,  wenn  der  der  Tangentes 

auf  einer  derGeraden(z)  entsprechende  Punktj    für  die  Punk- 

{  0  Vi 

tenfolgeg         ein  Rückkehrpunkt  ist. 

d)  Zufolge  No.  6,  28,  ilb,  Abd  muss  jedesmal,  wenn  der  dem  Piuikt 
y 

i    in  einem  der  Büschel  (3)  entsprechende  Strahl  2    für  die  Strahlenfolge 

^r     N  ciw  gewöhnlicher  Strahl  ist,  der  Punkt  ö    auf  s     in  der  Lage  $.  von 

y 
d    aus  sich  in  demselben  Richtungssinne  P  weiter  bewegen ,  mit  welchem 


ansgeseic^eten  Elemente  ebener  Curven.   Von  Paul  Scholz.  385 


er  auf  5     in  der  vorhergehenden  Lage  s    nach   d     gelangt  war;  jedesmal 
aber,  wenn  der  Strahl  z.   für  die  Strahleufolge  z,     .  ein  Kückkehrstrahl 

ist,  mnss  d^  den  Richtnngssinn  aaf  s    in  der  Lage  s.    ändern  in  den  ent- 
gegengesetzten  P, 

Daraus  folgt,  dass  der  Punkt  dauf^^  für   die  Punkten  folge 

i^^     ^   jedesmal   ein  gewöhnlicher  oder  Rückkehr- Punkt  ist, 

wenn    der  dem  Punkt  d     entsprechende  Strahl   in   einem  der 
Büschel  (})  für  die  Strahlenfolge  z,     .  resp.  ein  gewöhnlicher 

oder  Rückkehr-Strahl  ist. 

58.  a)  Wir  stellen  hier  die  in  No.  57  gefundenen  Satze    zusammen; 
diese  sind : 


1.  Sind  die  dem  Punkt  d^ 
in  einem  der  Büschel  Q)  und 

einem  der  Büschel  [3  ]  ent- 
sprechenden Strahlen  resp. 
«   ,  5^  für  die  Strahlenfolgen 

resp.  Zr     X  und  z.     .  beide  ge- 

*^      (ov)  (ov)  *=* 

wohnliche  oder  beide  Rück- 
kehr-Strahlen, so  ist5   im  Bü- 

achel  d^  für  die  Strahlen- 
folee  8^  .  ein  Rückkehr- 
strahl,  und  umgekehrt. 

Ist  eines  derElementez., 

z^  =  s^  ein  gewöhnlicher,   das 

andere  ein  Rückkehr-Strahl 
für    die    Strahlenfolge    rt)sp. 

2,     .oderz,     .,  so  ist  5   für  die 
(09)  (ov)'  e 

y 
Strahlenfolge    s,     .     ein     ge- 
wöhnlicher Strahl,    und  um- 
gekehrt. 

2.  Jedesmal,  wenn  s    im 

ß 

Büschel  d^   für  die  Strahlen- 


e 


Sind  die  der  Taugente  s 

aufeiner  der  Geraden  (z)  und 
einer  der  Geraden  [z  ]  ent- 
sprechenden Elemente   resp. 

l    undd    fürdiePunktenfolge 

(ov)         j    (oO    L     .j 
resp.  j''     ^undj^     ^    beide  ge- 
wöhnliche  oder   beide  Rück- 

y 

kehr-Punkte,8oi8td    aufder 
Tangente  s.  für  die  Punkten- 
folge    g^  ^^      ein     Rückkehr- 
I    punkt,  uud  umgekehrt. 


Ist  eines  der  Elemente  i 
£        y 
und  i   =5g     ein  gewöhnlicher, 

das    andere     ein     Rückkehr- 
Punkt    für   die    Punktenfolge 

(ov)       ,  (ov)  «    X  aS 

resp.  j         oder  y    \  so  ist  g* 

für  die  Punktonfolge  g^°*'^  ein 

gewöhnlicher  Punkt,  und  um- 
gekehrt. 

y 
Jedesmal,  wenn  g    aufder 

Tangente  Ä.    für  die  Puukl^xw- 


386       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 


folse   5,    X    ein   gewöhnlicher 
(ov)  ° 

oder  Rückkehr-Strahl  ist,  ist 
der  der  Tangente  5    anf  einer 

der     Geraden      (2)      entspre- 

chendePunktj  resp.  ein  ge- 
wöhnlicher oder  Rückkehr- 
Punkt   für    die  Punktenfolge 

^      ,  und  umgekehrt. 


folge  isl^  ein  gewöhnlicher 
oderRückkehr-Punkt  ist,  ist 

y 

der  dem  Punkte  in  einem  der 
Büschel     (3)     entsprechende 

Strahl  z,  resp.  ein  gewöhnli- 
cher oder  Rückkehr-Strahl 
fürdieStrahlenfolgee.     .,und 

umgekehrt. 

b)  Diese  Sätze  im  Verein  mit  No.  56  c  zeigen  die  Abhängigkeit  der 

Bewegnngssinne  der  den   laufenden  Curvenelementen  d     und  s     in  den 

Strahlbüscheln  (3),  (5  J,  ^  ,  resp.  den  Punktreihen  (z),  [z  ],  s^  entsprechen- 
den Elemente  von  einander;  sie  lassen  erkennen,  dass,  sobald  wir  den  Be- 
wegungssinn des  den  laufenden  Curvenelementen  ^  und  s  in  einer  gleich- 
zeitigen Lage  in  irgend  zwei  ungleichartigen  der  erwähnten  Gebilde  kennen, 
dadurch  der  Bewegungssinn  des  in  jedem  der  anderen  Gebilde  entsprechen- 
den Elementes  und  somit  auch  der  Charakter  der  Curvenelemente,  welche 

o  P 

gerade  von  ^^  und  s    gedeckt  werden,  in  der  Hinsicht  bestimmt  ist,  ob  d 

und  s    beim  Uebergang  in  die  nächstfolgende  Lage  ihren  Bewegnngssinn 

ändern  müssen  oder  nicht. 

c)  Wir  stellen  darnach  folgende  Definitionen  auf:*) 

Lassen  wir  die  Elemente  g^  und  s    das  Curvenstück  S^ 

9 

stetig  im  Sinne  £  durchlaufen,  und  ist  dioLage  der  Theile 
S^   ^\  Sr^      gegen  einander  eine  derartige. 


*)  Haben  8^  und  tt    den  Theil   5^**^^  von  sf^^^^  im  Sinne  2  durchlaufen,  so 

9 

dass  *  die  Lage  s  ,  g^  die  von  8^  hat,  so  beginnt  nach  No.  46  die  Beschreibung 
des  Theiles  S^^^^  mit  einer  Bewegung  von  s  ,  für  welche   8^  als  Drehungscentrtun 

gegeben  ist,  und  darauf  erst  kann  eine  Bewegung  von  8^  von  der  Lage  Ä*  aus 
erfolgen.  Ausserdem  ist  nun  ein  zweiter  Fall  möglich  und  ebenso  berechtigt,  dem- 
zufolge wir  das  Curvenstück  S  '  uns  so  in  zwei  Theile  zerlegt  denken,  dass 
der  durch  den  Bewcgungssinn  von  g^  und  s  bestimmte  erste  Theil  mit  einer  Be- 
wegung  von    .?     schliesst,   also  der  zweite  mit  einer  Bewegung  von  v^  beginnen 

mnss,  für   welche   die  Bahn,   nämlich  die   zuletzt  erlangte  Lage   der  Geraden  s 

gegeben  ist. 

Wir  haben  willkürlich   für   die  Durchführung  den   ersten   Fall   gewählt;    der 
andere  führt  zu  demselben  Resultat,   d.  i.  zu  denselben  F^ormen   für  das  Curven- 


fkUBgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  387 


1.    dass  der  dem  Punkt  d^ 

in  der  Lage  d  in  einem  der 
Büschel  (j)  entsprechende 
Strahl   z.     ein   gewöhnlicher, 

der  in  einem  der  Büschel  [j  ] 

entsprechende       2=5         ein 

Rückkehr-Strahl  istresp.für 
die    Strahlen  folge    z,     .    oder 

so    i8t5   imBüschele    für 

£ 

die  Strahlenfolge«*     ,  ein  ge- 

wohnlicher    Strahl,    und    wir 

nennen  &  einen  gewöhnlichen 
Cnrvenpnnkt; 


dass  der  der  Tangente  c<r 
in   der   Lage  s     auf  einer  der 
Punktreihen       (2)       entspre- 

chende  Punkt  3  ein  gewöhn- 
licher, der  auf  einer  der  Ge- 
raden   [z  ]    entsprechende    3 

=  g^  ein  Rückkehr-Punkt  ist 
resp.    für     die    Punktenfolge 

a      'oderj^^    \ 

so  ist  Ä^ auf  der  Geraden  5^ 

für  die  Punktenfolge  g^       ein 

gewöhnlich  erPunkt,  und  wir 
nennen  s  eine  gewöhnliche  Tan- 
gente; 


,(ov) 


stück  iS^     "^f  denn  wir  erhalten  den   einen  stets  aus  dem  anderen,  wenn  wir  den 

Bewegangssinn  2  für  die  Elemente  §>^  und  s  iu  den  entgegengesetzten  2  um- 
kehren; diese  Umkehrung  des  Bewegangssinnes  ist  aber  unabhKngig  von  der  Oc- 
staltung  des  Curvenstückes,  also  ohne  Einfluss  auf  dieselbe.    Denken  wir  uns  näm- 

(v  o\  — 

lieh  das  CurvenstUck  /S^     ^  so  in  zwei  Theile  getheilt,  dass  der  erste  im  Sinne  2^ 

SS^^\  die  Tangenten  ä^,  ^y—i»  •••  *'«»  ^y  ^^^  ^^®  Punkte  »*',  •*'""\  ...  4    g'^,  der 

zweite,    Sr'   -',    also  die  Tangenten  Sy^    s  ,   *A  •••  *i>   *o  ^^^  ^^®   Punkte    Ä^,  d% 

Ä*  ...  ^  ,  Ä  umfasst,  so  erhalten  wir  für  die  möglichen  Formen  von  S^^^^  folgende, 
den  in  No.  58c  angegebeneu  ganz  analoge  Definitionen,  iu  denen  die  Symbole  (j) 

[i  ]i  i^)i  [O  die  ii^  No.  546  bestimmte  Bedeutung  haben: 

Lassen  wir  die  Elemente  Sr  und  a     das  Curvenstück  S^     ^    stetig  im  Sinne 

£  durchlaufen  und  ist  die  Lage  der  Theile  s'*^\  S^^^^  gegen  einander  eine 
derartige, 


dass  der  dem  Punkt  §f^  in  der  Lage 
fy*  in  einem  der  Büschel  (3)  entspre- 
chende Strahl  z     ein  gewöhnlicher,  der 

in  einem  der  Büschel  [)  ]  enlHprcchendc 
z     ein  Rückkehr  »Strahl  ist  resp.  für  die 

Strahlonfolge  z..  oder  z^,.,     • 

80    ist    s^  im  ^üschel    2**    für    die 

ZeiiMchrin  I.  MiiUemai'ik  u.  /'/i)AJk  X/IJ,   5. 


dass    der    der   Tangente    ä     in  der 
Lage  Sy  auf  einer   der  Punktreihen  (z) 

entsprechende  Punkt  j^  ein  gewöhnlicher, 
der  auf  einer  der  Geraden  (z  )  entspre- 
chende jj  ein  Rückkehr-Punkt  ist  resp. 
für  die  Punktenfolge  j^*'*'^  oder  i^J^^\ 
so  ist  8^  auf  der  G^t«ä«w  &  ^  S:\«  ^\ft. 


388       Die  projccü vischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 


^.^\^^^^V^rf 


2.    dass  sowohl  der  Strahl 
zin  einemderBü8chel(c)al8 

der  Strahl  zl=s,  ineinemder 

Büschel  [j^j  ein  gewöhnlicher 
Strahl  ist  für  die  Strahlen- 
folge resp.  2^^^^  oder  z^^^^, 


80  ist  s    im  Büschel  g^  für 

e 

y 

die     Strahlenfolge    s^^^^     ein 

Rückkehrstrahl,       und       wir 

nennen  d  einen  einfachen 
Wendepunkt; 

3.  dass  der  Strahl  z.  in 
einem  derBüschel(5)einRück- 
kehr-,   der   Strahl    2:  =  ^^    in 

einem  der  Büschel  [j  ]  ein  ge- 
wöhnlicher Strahl  ist  für  die 
Strahlenf  olffe  resp.  2,    .oder 


Strahlenfolge    «F^^n    ein    gewölmliclier 

Strahl,    g''  ein    gewöhnlicher   Cur- 
venpunkt; 

daHR    sowohl   z     in    einem    der  ßU- 

flchel   (j)  als  2    =s^  in  einem   der  J5ü- 

schel    [3  ]    ein   gewöhnlicher  Strahl    ist 
für    die   Strahlenfolge    resp.    Z/^q\   oder 

so  ist  8^  im  Büschel  g^  für  die 
Strahlenfolge  s^  ,.  ein  Rückkehrstrahl, 
S*   ein  einfacher  Wendepunkt; 


dass  der  Punkt  g  auf 
einer    der    Geraden    (z)     ein 

Rückkehr-,  der  Punkt  Ä*=:g^ 

auf  einer  der  Geraden  [z  \  ein 

gewöhnlicher    Punkt   ist  für 

die    Punktenfolge   resp.   g 

oderg^    S 

so  ist  g^  auf  der  Geraden 
s  für  die  Punktenfolge  d^°*^ 
ein  gewöhnlicher  Punkt  und 


wir     nennen 


Wendetangente; 


eine   einüaclie 


dass  sowohl  der  Punkt  ) 
auf  einer  der  Geraden  (z)  als 

auch  der  Punkt  )    =g  aufeiner 

o 

der  Geraden  [z  ]  ein  gewöhn- 
licher Punkt  ist  für  diePunk- 
tenfolge  resp.  ^    '  oder  g^    ', 


Punktenfolge     gi.^°^     ein    gewöhnlicher 

Punkt,  }iy  eine  gewöhnliche  Tan- 
gente; 

dass  3*»  auf  einer  der  Geraden  (:) 
ein  Rückkehr-,  3»  =8^  auf  einer  der 
Geraden    fr  ]    ein    gewöhnlicher  Punkt 

ist  für  die  Punktenfolge  resp.  y^^'  oder 

80    ist   ^^  auf  der  Geraden   s^  für 

die  Punktenfolge  8^*'°^  ein  gewöhnlicher 
Punkt,  s^  eine  einfache  Wende- 
tangente; , 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven,  Von  Paul  Scholz.  389 


y 

so  ist  5    im  Büschel  d     für 
e 

die  Strahlenfoli'e  s^    .eiut^e- 

°       (o  v)         ° 

wohnlicher    Strahl,   und    wir 

nennen  d    einen  einfachen  Btlck- 
kehrpankt; 

4.  dass  sowohl  der  Strahl 
z.  in  einem  derBüschel  (5),  als 

auch  der  Strahl  2  =5in  einem 

b         s 

derBüschel[5  JeinRückkehr- 

strahl    ist    für   die  Strahlen- 

folge  rosp.  z,     .oder  2,    ., 


dass   z     in   einem   der  Büschel  (i) 

ein    Rückkehr-,    2   =  av  in    einem    der 

Büschel  [)  ]  ein  gewölinlichor  Strahl  ist 
für   die  Strahleufolge    resp.  -/y^x    oder 

>o)» 

80    ist    Sy    im   Büschel   f^^    für  die 

y 
Strahlenfolge    s  ?    v    ein    gewöhnlicher 

Strahl,  8^  ein  ein  fach  erRückkchr- 
pankt; 

dass    sowohl    2_  in    einem   der  Bü- 

V 

sehe!  (a)  als  auch  2    ==«(.  in  einem  der 

NO/  ^  ^ 

Büschel  li  ]   ein  Rückkehrstiahl  ist  für 

y 
die  Strahlenfolge  resp.  2,         oder  ^^^^y 

80  ist  8  yim  Büschel  g^  für  diu  Strah- 

lenfolgc  *  ?  ß\   ein  Rückkehrstrahl ,    §r 
ein  Rückkehr-Wendepunkt. 


soistg'aufder  Geraden  s 

für  die  Punktenfolge  S^^^""^  ein 

Rückkehrpunkt,  und  wir  nen- 
nen ^  eine  einfache  Büokkelirtan- 

gente; 

dass  sowohl  der  Punkt  g* 
auf  einer  der  Geraden  (2),  als 

auch  der  Punkt  g*=i8^auf  einer 
der  Geraden  [zj  ein  Rück- 
kobrpuukt  ist  für  die  Punk- 
tenfolge resp.  3^^^^  oder  g(*^^\ 

y 
dass   y*  auf  einer  der  Geraden  (2) 

sowohl,  als  auch  aj  =  iS*  auf  einer  der 
Geraden  [2 J  ein  gewöhnlicher  Punkt  ist 
für    die  Punktenfolge    resp.  g^^®^    oder 


3 


(vo) 


so   ist   g*^  auf  der  Geraden   *«.  für 
die  Punktenfolge   3^''°)    ein   Rückkehr- 
punkt, s^  eine  einfache  Rückkehr 
tangento*, 

dass  sowohl  3^  auf  einer  der  Ge- 
raden (2)  als  auch  3°  =  g*»  auf  einer  der 
Geraden  [2  1  ein  Rückkohrponkt  ist  für 

die  Punktenfolge  resp.  j^*'^^  oder  ]^)^^\ 

so    ist   ir  auf   der   Geraden   «c  für 

die    Punktcnfolge   gl    ^   ein   Rückkehr- 

pnnkt,    Ji^    eine  Rückkehr- Wende 
tangente. 

Diese  Definitionen  bestimmen   ganz  dieselbe   Gestaltung    von    SS^^^  in  den 
einzelnen  Fällen  als  die   in  No.  58 r,   da  es  beispiclweis  gleich  ist  (No.  16c),  ob  2^ 

für  Zr     \  oder  z     für  2.      .  ein  crcwöhnlicher,  ein  Rückkehr -Strahl,  ob  für  S^^^^ 

im  Sinne   £  s    oder  für  S^^^^  im  Sinne   £  s^  eine  W^nd^lwi^^iA.^  VeX.  . 


390      Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 


80   ist  s      im    Büschel    ^ 

für  die  Strahlen  folge  ^"^  .  ein 

Rückkehrstrahl, undwirnen- 

nen   d^  einen  Wende  -  Btkekkehr- 
pnnkt. 


soistiSaufder  Geraden  ;. 

0 


für  die  Punktenfolge  ig^^ein 


Xov) 
t 
Kückkohrpunkt,  nndwirnen- 

nen  s    eine  Wende -Büokkehrtan- 
gente.  *) 


Von  den  in  gleicher  Höhe  stehenden  Sätzen  ist  der  eine  die  Folge  des 
anderen. 

Andere  als  diese  vier  Möglichkeiten  für  die  Beschaffenheit  der  den 

Elementen  d^  und  s  in  irgend  einer  Lage  in  den  Strahlbüscheln  und  Pnnkt- 

reihen    der   Ebene    entsprechenden    Strahlen    resp.    Punkte    sind    nicht 
vorhanden. 

d)  Noch  haben  wir  bis  jetzt  die  Strahlbtischel,  deren  Mittelpunkte  die 
von  iJ^  verschiedenen  auf  5   gelegenen  Curvenpunkte  g,  sind,  und  die  Ge 

raden  der  Ebene,  welche  mit  den  durch  S   gehenden  von  s.  verschiedenen 

t  .        ,  ,  , 

Tangenten   s    identisch  sind,  nicht  berücksichtigt. 

1.  Erstere  gehören  in  die  Klasse  der  Strahlbüschel  [^  J ;    für  sie  sind 
aber  s,  und  s  oder,  wenn  s.  mit  s   zusammenfällt,  auch  s    und  s  ^=  s^  auf- 

einanderfolgende  Strahlen  ihrer  Büschel,  und  zwar  zufolge  der  Voraus- 
setzungen in  No.  54  a,  nach  No.  51c  oder  58  e^  in  demselben  Sinne  aufeinan- 
derfolgende, in  welchem  die  den  Punkten  von  S^  resp.  S^  ^  im  Sinne  27 
entsprechenden  Strahlen  aufeinanderfolgeD.     Daher  ist  in  diesen  Bü- 

schein  %   (=g.  äussert  )  der  dem  Punkt  g  entsprechende  Strahl 

5^  für  die  Strahlen  folge  z ,    .  ein  Rückkehr-  oder  gewöhnlicher 

Strahl,  wenn  er  in  allen  übrigen  Büscheln  [j  ]  resp.  ein  ge- 
wöhnlicher oder  Rückkehr-Strahl  ist  (No.  56rfS  58c^). 

2.  Die  von  s.  verschiedenen  Geraden  5     sind  Gerade  der  Art  ft  1 ,  in 

denen  »und  g    oder,  wenn  §P  und  Ä    zusammenfallen,  auch  g^=g^  und  ^ 
aufeinanderfolgende  Punkte  ihrer  Geraden  sind,  und   zwar  in  demselben 

Sinn  aufeinanderfolgende,  in  welchem  die  den  Tangenten  von  S      '  resp. 

5        im  Sinne  27  entsprechenden  Punkte  aufeinanderfolgen.     Daher  ist 

auf  diesen  Geraden?    r=  5     ausser  .<fj  der  der  Tanerente  5    ent- 

*)  Yergl.  V.  S  tan  dt,  Geometrie  der  Lage  No.  197—204.' 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.   Von  Paul  Scholz.  391 


sprechende  Punkt  ^^  für  die  Puiiktenfolge  5^^^^  ein  Rückkehr- 
oder gewöhnlicher  Punkt,  wenn  er  auf  allen  übrigen  Ge- 
raden   [cj   resp.    ein  gewöhnlicher  oder  Rückkehr-Punkt  ist 

(No.  bQd\  58  c^). 

3.  Da  das  Verhalten  des  dem  Punkt  ^  resp.  der  Tangente  s  ent- 
sprechenden Elementes  in  der  mit  S  ^  perspectivischen  Elementenfolge 
in    diesen  Gebilden    in   dieser  einfachen   Weise   durch   das  Verhalten    in 

den  übrigen  Gebilden  [^  J  oder  [z  ]  bestimmt  und  erkennbar  ist,  so  mögen 

dieselben  nach  wie  vor  von  der  Bezeichnung  [^  ],  [z  ]  ausgeschlossen  bleiben 
(No.  546,  56 rf'). 


%.  13«  Einflnss  der  ausgezeichneten  Elemente  auf  die  relative  Lage  und 
Anordnung  der  übrigen  Elemente  des  Curvenstückes,  d.  i.  auf 

die  Gestalt  desselben« 

59.   Im   Folgenden   wollen  wir  aus  diesen   Definitionen   und   Eigen 
Schäften  das  diesen  in  den  einzelnen  Fällen  entsprechende  Bild  des  Cur- 

venstückes  S^  ableiten.  Wir  haben  da  gemäss  der  schon  früher  er- 
kannten ausgezeichneten  Eigenschaften  der  unendlich  entfernten  Punkte 
und  der  unendlich  entfernten  Geraden  (No.  44)  folgende  drei  Fälle  zu 
unterscheiden: 

I.  s   ist  eine  endliche  Gerade  und  d    ein  endlicher  Punkt  derselben, 

y 

TL,  s   ist  eine  endliche  Gerade  und  jy  ihr  unendlich  entfernter  Punkt, 

e 

III.  s   ist  die  unendlich  entfernte  Gerade  g^  ,  also  auch  g    ein  unendlich 
entfernter  Punkt. 

a)  In  dem  ersten  dieser  Fälle  sind  die  sämmtlichen  Punkte  und  Tan- 
genten von  S  ^  endliche  Punkte  und  Gerade;  in  Bezug  aufjede  der 
Geraden  (z)  liegen  die  Punkte  S  'auf  derselben  Halbebene 
mit  den  Punkten  S^'^^\ 

1.  Es  werden   daher  nach  No.  bbe  in  jedem  der  Büschel  (j),  [j  ]  die 
Punkte  S^'^  von  demselben  Halbstrahl   des  die  Stralilenfolge  resp.  2,     . 

oder  2^    ,  durchlaufenden  Strahles  getroffen ,  als  die  Punkte  S^   ^ . 
(ov)  ° 

•  '9 

2.  Es   liegen   mithin  jedesmal  wenn  der  dem  Punkt  g     in  einem  der 
Büschel  (j),  [j^J   entsprechende  Strahl   z.   oder  :.  ein   ^^^nqVvoW^V^^  ^^^^ 


392        Die  projectivischeu  Eigeuschaften  der  gewöhnlichen  und 


*,^s»^*»_----.*^-*'«-^s,»«-..»V^^^»«.^X/^,.»^^.^  «•  ^^  ^  j-  r-  ^  ^^^^ .^^r^  ^,^\  •>*  v.-N.-*'s_-^  ^  .^.^.^.^^  ^ 


Rückkehr- Strahl  ist,  die  Punkte  5^^  *^  resp.  auf  der  entgegengesetzten  oder 
derselben  Halbebene  in  Bezug  auf  den  Strahl  r    oder  Zy=s^, 

3.  Jedesmal   wenn  der  der  Tangente  s    auf  einer  der  Ge- 

raden  (:)  entsprechende  Punkt  j  ein  ge  wohnlicher  oder  Rück- 
kehr-Punk  t,  muss  5   inderLacre*    den  Drehsinn  ^  resp.  beibe- 

halten  oder  in  den  entj;<*gengesctztcnzi  ändern. 

4.  Jedesmal  wenn  ^^  auf  s     in  der  Lage  ä    den  Richtnngs- 
sinn  ändert,  fallt  der  Halbstrahl  /^'^^  in  Bezog  auf  die  zweite  der  in 

i^   (No.  16c)  zusammenfallenden  Lagen  von  ^^  auf  den  Halbstrahl  fy 
in    Bezug  auf  die   erste  dieser   Lagen;   jedem    Punkt    dieses   Halb- 
strahl es  kehren  daher  sowohl  S^^'^  als  S^^^    die  convexe  Seite 
zu  (No.  52^'),  jedem  Punkt  des  anderen  Halb  Strahls  beide  die 

concave  Seite.     Wenn  g^  auf  s    in  der  Lage  d    den  Richtnngs- 

sinn  nicht  ändert,  kehrt  jedem  Punkt  des  Halbstrahls  d 
^        die  convexe,  5^*'  die  concave,  jedem   Punkt  des  Halb- 
strahls 5^^'"*^  5^"^^  die  concave  und  d^"^  die  convexe  Seite  zu. 
h)  1.  Im  zweiten  Falle  werden  stets  die  Punkte  5^^"^  von  dem  im 
Büschel  g^  =  ^«   die  Strahlenfolcrc  «f     .durchlaufenden  Strahl  s^  mit  d 

selben  Halbstrahl  getroffen  als  die  Punkte  S^^  \  da  der  andere  Halbstrahl 
gleich  Null  ist  (No.  25) 

2.  Jedesmal  also  wenn  s    für  die  Strahlenfolere  5^       ein  eewöbnlicher 

£  ^       iov)         ^ 

oder  Rückkehr- Strahl,  d,  i.  (No.  58«*)  wenn  {  auf  einer  der  Geraden  (z)  für 

die  Punktenfolge  j^^^^  ein  gewöhnlicher  oder  Rückkehr-Punkt  ist,  liegen  die 

Punkte  S  ^^^  und  5^°^^  resp.  auf  vcrschiedeuer  oder  derselben  Halbebene 
in  Bezug  auf  s   und  s  , 

3.  Gemäss   No.  bbg  liegen   daher  in  Bezug  auf  jede  dar  Geraden    z 
oder  [z^  die  Punkte  5^^**^  und  d^^^  auf  derselben  Halbebene,  so  dass,  je 

nachdem  z.  für  die  Strahlenfolcrc  2,     ,  in  den  Büscheln  (i)  ein  gewöhnlicher 
s  ^      (ov) 

oder  Rückkehr- Strahl  ist,  die  Punkte  6"  ^^  von  dem  anderen  oder  dem- 
selben Halbstrahl  (No.  56r/)  des  die  entsprochende  Strahlenfolge  durchlau- 
fenden Strahles  getroffen  werden,  als  die  Punkte  *S''"^,  und  nach  No.  55(/,  e 
in  Bezug  auf  jede  der  Geraden  [z)  die  Punkte  S^^  ^  resp.  auf  der  ent- 
gegengesetzten  oder  derselben  Ilalbcbcne  liegen,  als  die  Punkte  5'    • 


em- 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  393 


4.  Wenn  g^  in  ^3  ,  dem  unendlich  entfernten  Punkt  von  s^,  angelangt,  so 

gehören  alle  endlichen  Punkte  von  s  dem  Halbstrahl  ^^''^'^an  (No.l5,49c); 

sobald  aber  Ä^  auf.  dem  Strahl  s  in  die  auf  d^  folgende  Lage  übergeht  in 
demselben  oder  dem  entgegengesetzten  Richtungssinne,  so  gehören  alle 
Punkte  von*   dem  Halbstrahl  ^^^'^^  an;  daher  kehren  allen  Punkten 

fi^l    nach  No.  52rf*'*   stets   beide  Theile  von  iS^"'\  sowohl  5  "     , 
welcher   die  im  Sinne  2  der  s    vorhergehenden  Lagen  von  5^,  als  S 
welcher  die  im  Sinne  £  auf  s    folgenden  Lagen  von  s    enthält,  die  con- 

vexeSeitezu. 

c)  1.  Im  dritten  Falle  muss  nach  No.  44a  jedesmal  wenn  der 

Punkt  iS^  auf  s^  für  die  Punktenfolge  ^^^^^  ein  gewöhnlicher 
oderRtickkehr-Punkt,das  heisst,  jedesmal  wenn  der  Strahl  z  in  einem 
der  Büschel  (^)  für  die  Strahlenfolge  z  ein  gewöhnlicher  oder^ückkehr- 
Strahl  (No.  bld)  ist,  s  in  der  Lage  s^  den  Drehsinn  -J  res p.  bei- 
behalten oder  in  den  entgegengesetzten  J  ändern  und  um- 
gekehrt.*) 

2.  Jedesmal  wenn  die  Punkte  5^     ^  in  Bezug  auf  eine  der  Geraden 
(2)   auf  derselben  oder   der  entgegengesetzten  Halbebene  liegen,  als  die 

Punkte  5^^^\  liegen  die  Punkte  Ä^^^^  und  .S^^''^  in  Bezug  auf  die  unendlich 


*)  Die  Frage,  ob  Ä^  auf  s    in  der  Lage  ««.  den  Rieh  tun  gssinn  beibehält  oder 

ändert,  scheint  bei  Untersuchung  einer  Form  von  S^^^\  in  welcher  s  :=g^^  mit 
der  Frage  zusaramenzafallen,  ob  s    seinen  Drehsinn  in  der  Lage  s    beibehält  oder 

lindert.  Wollen  wir  jedoch  die  Verschiedenheit  der  Formen,  welche  den  Beding- 
ungen in  No.  58e»,«  (No.  tOa\  M),  sowie  der  Formen,  welche  No.  68 c»,*  (No.  eOcSrf«) 

entsprechen,  auf  die  Bewegung  von  2^  zurückfuhren,  und  was  in  den  Fällen  I 
und  II  (No.  59)  evident  und  bewiesen  ist  (No.  50c,  60)  auch  für  den  Fall  III  an- 
nehmen (No.  25  A ,  fl    =3  ^<jQ ) ,  nämlich 

dass  die  Punkte  5*^°^*  und  5^^*'^   sich  auf  derselben  Halbebece  in  Bezug  auf 
.9     oder  Su  befinden  müssen,    wenn  Sr   auf  der  Geraden  s    in  der  Lage  «c  und  s 

im  Büschel  Ä^  ihren  Bewegungssinn  entweder  beide  beibehalten  oder  beide  an» 
dem,  und 

dass  die  Punkte  S^^^^  und  .s'^*'^   sich   auf  entgegengesetzten  Halbebenen  in 
B<*zug  auf  V     oder  s  ^  befinden,  also  St^  die  Gerade  s^  überschreitet,  wenn  von  den 

Elementen  i^  auf  der  Geraden  s  beim  Durchgang  durch  die  Lage  s^  und  «^^«i> 
Büschel  Ä^  eines  den  Bewegungssinn  beibehält ,  das  audexe  a\)^t  '».u^^tN.^ 


394      Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

entfernte  Gerade  vesp.  auf  derselben  oder   auf  entgegengesetzten  Seiten 

(das  beisst:  '^  überschreitet  in  der  auf  d    folgenden  Lage  die  Gerade  (^g^). 

3.  Da  stets  der  dem  Punkt  ^^  in  einem  der  Büschel  (j)  entsprechende 
Strahl  in  der  Lage  z.  den  Drehsinn  beibehält  oder  ändert,  je  nachdem  j 

seinen  Drehsinn   A  in  der  Lage  s    beibehält   oder   ändert,  so  müssen 

irgend  einem  der  Punkte  (j),  j^ entweder  beide  The ile  5^  ^^  und 
^  '  die  concave  oder  beide  die  convexeScitozukehren.  Durch 
den  Punkt  3*  geht  entweder  keine  der  Tangenten  von  S  \  dann  liegt  j* 
indem  Gebiet  @,  , , .  ,  denn  das  Gebiet  @,        ,.   ist  Null  (No.  52c*):  oder 

durch  j  gehen  zwei  der  Tangenten  von  5  ,  dann  gebort  j*  auf  der 
s^   oder   s     zunächst  liegenden  dem   Halbstrahl    g^        '^    an   (No.  50c', 

54ö);  oder  durch  y  geht  nur  einer  der  Tangenten  von  5'  ,  dann  gehört  j* 
dem  Halbstrahl  §r^~~  ''derselben  an,  weil  der  ganze  Halbstrahl  g ^  '^  in- 
nerhalb  des  Gebietes  ©  .    .  (No.  526)  liegt;  also  gehört  der  beliebige  Punkt 

y  entweder  in  Bezug  auf  alle  Tangenten  von  5^  oder  wenigstens  in  Be- 
zug  auf  die  von  s    bis  s    der  Ualbebenc  ;g,        /  =  g;^'   /  an,     (Gleiches 

gilt    bezüglich   des   Curvenstückes   5    /^  und  jeden  beliebiges  Punktes  3), 

D  a  h  0  r  k  e  h  r  e  n  beide  T  h  c  i  1 0  6'^"^  u  n  d  5  '  j  e  d  0  m  d  e  r  P  u  n  k  t  e  (g) 
ihre  concave  Seite  zu. 

4.  Jede  Bestimmung,   dass  einer  der   beiden  Theile  S       ,  .S  ^  '  einem 

der  Punkte  (^)  oder   \\  \   die  concave  oder  convexo  Seite  zukehre,  kann 

sich  nur  auf  endliche  Punkte  (3)  oder  [5  ]  beziehen  und  hat  nur  für  solche 
Bedeutung,    da   die   unendlich  entfernten   Punkte   sowohl   der    Halbebeue 

d^i       als  ^f   _\  in  Bezug  auf  jede  Lage  von  s    angehören  (vgl.  No.  45/", 

52  c'  *). 

d)   Der  in  No.  59 c^  bewiesene  Satz  ist  nur  ein  speciellor  Fall  von  fol- 
gendem allgemeineren  :  J  o  d  e  m  P  u  n  k  t  j ,  w  e  1  c  h  e  r  m  i  t  d  e  n  P  u  n  k  t  e  n 

^        in  Bezug  auf  s    aufderöelben  Halbebene  liegt,  kehrt  das 

so  würde  daraus  folgen,    dass   h^  auf  s     beim  Durchg^ang  durch  die  Lage  «*. 

seinen  Richtungssinn 

beibehält,  wenn  s    =g      eine  gewöhnliche,  oder  av  =g       eine  einfache 

Rückkehrtangente  ist,  und 

ändert,  wenn  ^^^^ü^  eine  einfache  Wende-  oder  Wende-Rückkehrtau- 
gente ist  (vgl.  No.  58 c  und  60). 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  395 


'■-^-^•'•'^«^^-^-•^^■.^%^v^^>^.^.^-'-- 


Curvenstück  S^  die  concave  Seite  zu.  Nach  No.  52a^  gehören 
nämlich,  wenn  s    eine  endliche  Gerade,  alle  Punkte   },   welche   mit  den 

Punkten  S^  ^^  auf  derselben  Halbebene  in  Bezug  auf  s  liegen,  der  Halb- 
ebene  g^*'  ^an,  welche  nach  No.  526,  c,rf  die  Gebiete  ®,  y\y®(  \tV®(  —t) 
enthält.  Der  angegebene  Satz  ist  mithin  die  Folge  von  No.52c',rf',  e.  Ebenso 

folgt  daraus,  dass  jedem  Punktj,  welcher  mit  den  Punkten  S^^  ' 
in  Bezug  auf  s  auf  derselben  Halbebene  liegt,  das  Curven- 
stück S^^  ^. seine  concave  Seite  zukehrt,  denn  alle  diese  Punkto  5 
gehören  der  Halbebene  ^/  ja    (bezogen   auf  den  dem  Sinne  27  in  S^^^' 

entsprechenden  Richtungssinn  von  d^  und  Drehsinn  von  $  )  an,  welche  die 

•  2  0  1 

Gebiete  ©,,   . ,  ©...  .,  @  . .  ^  enthält.   Die  Sätze  in  No.  52  lassen  sich  leicht 

so  weit  ausdehnen,   dass  sie  auch  für  den  Fall  s  =^g^  anwendbar  sind. 

(No.  25). 

In  gleicher  Weise  ergiebt  sich  aus  No.  52,  dass  jedem  der  Punkte 
(j)»  welcher  in  Bezug  auf  s  auf  der  entgegengeseten  Halb- 
ebene sich  befindet  als  die  Punkte  «S  ^^  oder  S^  \  das  Curven- 
stück 5  ^    resp.  S^    ^  seine  convexe  Seite  zukehrt.    Darausfolgt: 

Wenn  die  beiden  Theile  S^""^^  und  S^^*'^  von  5-°''^  sich  auf  der- 
selben Halbebene  in  Bezug  auf  5    befinden,  dann  kehren  jedem 

der  Punkte  (j)  entweder  beide  Theile  S^^^'  und  5^^*''  ihre  con- 
cave oder  beide  ihre  CO nvexe  Seite  zu;   wenn  die  Punkte  S^ 

und  o^  auf  entgegengesetzten  Halbenen  in  Bezug  aufs  lie- 
gen, so   kehrt  jedem  der  Punkte  Q)  einer  der  beiden  Theile 

S^       ,  S^^  ^  die  concave,  der  andere  die  convexe  Seite  zu. 

60.  (i)  Wenn  »ein  gewöhnlicher  Curvenpunkt,  also  s  eine 
gewöhnliche  Tangente  ist,  so  liegen  in  der  Tangeute  5^  zwei  Curven- 

punkte,  welche  nicht  zusammenfallen,  sondern  von  einander  verschieden 
sind,  da  z    in  jedem  der  Büschel  (j)  für  die  Strahlenfolge  z,     .  ein  gewöhn- 

Hoher  Strahl ;  ebenso  sind,  da  g  auf  jeder  der  Geraden  {z)  ein  gewöhnlicher 
Punkt  für  die  Punktenfolg(5  3  ,  die  beiden  sich  in  ö  schneidenden  auf- 
einanderfolgenden Tangenten  von  S  ^  von  einander  verschieden.  Also 
giebt  es  nur  eine  von  s     vferschiedene   Tangente   s     nämlich  s  ,  und   nur 

einen  von  ä    verschiedenen  Curvenpunkt  auf  jeder  d^t  Taii^^TiXÄö.  s  m\A  ^^ 


396        Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 


nämlich  resp.  d    und  §r  ]   die  in  No.  56  J^  58  J  angegebenen  Fälle  bieten 

keine  Besonderheiten,  da  von  jeder  der  Tangenten  und  jedem  der  Curven- 

(o  v)  t 

punkte  von  5         das  Gleiche  gilt ,  als  von  5    resp.  g  . 

In  dem  auf  jeder  der  Geraden  [z  ]  der  Tangente  s    entsprechenden 

Punkt  i8^  fallen  zwei  aufeinanderfolgende  Punkte  der  Punktenfolge  J       , 

in  dem  in  jedem   der  Büschel   [^  J  dem  Punkt  d    enfsprechenden  Strahl  s 

zwei    aufeinanderfolgende   Strahlen    der    Strahlenfolge    z  zusammen. 

(No.  16  c,  506«,  516*).    In  den  Punktenfolgen  /^^\  ig^*'"^  jeder  der  Geraden 

(z)   und  von  s, ,  sowie  in  den  Strahlen  folgen  z.    .,5^       jedes  der  Büschel 

(j)  und  von  g    fallen  ausser  in  den   Grenzelementen  g^ ,  j    resp.  z  ^  z  m 
keiner  Stelle  zwei  aufeinanderfolgende  Elemente  in  eines  zusammen. 

1.  Im  Falle  I  liegen  in  Bezug  auf  jede  Gerade  z  =  z    die  Punkte  S^ 

auf  der  entgegengesetzten  Halbebene,  als  die  Punkte  5^^  •^;  in  Bezug  auf 

jede  der  Geraden  ^(^JliegeD  mit  Ausnahme  derauf  diesen  selbst  gelegenen 

Jo  v)  * 

die  sämmtlichenCurvenpunkte  Sf        auf  derselben  Halbebene  (No.58c*,59fl); 

y 

dieElemente^    und  d    behalten  daher  in  den  Laeen  ^    resp.d 

den  Drehsinn   resp.  Richtungssinn,   der  ihnen  im  Theil  5^ 

zugehört,  auch  für  den  Theil  sf^^^  bei. 

Da  auch  in  jedem  der  Büschel  (j)  der  entsprechende  Strahl  in  der 
Lage  z.  den  Drehsinn  nicht  ändert,  so  kehrt  nach  No.  45/",  52 c',*  das  Cur- 

venstück  S       jedem  der  Punkte  (j),  welchem  S^       die  concave  oder  con- 
vexe  Seite  zukehrt,  auch  seinerseits  resp.  die  concave  oder  convexe  Seite 

zu.    In   beiden  Theilen   5    ^    und  6'        entspricht  dem  Sinne  2  derselbe 

Drehsinn  J  von  s   ;  in  jedem  dor  Büschel  [j  |  aber  entspricht,  da  c.  =  s. 

für  die  Strahlenfolge  z,     .   ein  Rückkehrstrahl,    dem  Sinne  Z  von  d^  in 

°        (o  v) 

dem  einen  derTheile  z.   ...  z.^  ^  der  enti^effeneresetzte  Drehsinn  als  in  dein 

(«?)       (SO  ö    b      ö 

anderen;  dereine  der  beiden Thcile  S       ,  S       kehrt  daher  jedem  der  Punkte 
[3  ]  dieconcavo,  der  andere  die  convexe  Seite  zu  (vgl.  No.  50,  51,  52). 

2.  Im  Falle  II  liegen  in  Bezug  auf  jede  Gerade  z,=  z    die  S^       auf 

derselben  Halbebene,  als  die  Punkte  5       ,  in  Bezug  auf  jede  der  Geraden 
(5   )  aber  mit  Ausnahme  der   in  diesen  Geraden  selbst  liegenden  Curven- 

punkte   die   Sr^     auf  der   entgegengesetzten    Halbebene,  als  die  Punkte 


ausgezoiclineten  Elemente  ebener  Curven.    Von  Paul  Scholz^.  397 


£r  ^  ,  und  in  Bezug  auf  jede  Gerade  (z)  die  Punkte  5  auf  der  ent- 
gegengesetzten Halbebene,  als  die  Punkte  Ä^^^^  (No.58c^,  596).  Der  Punkt  g^ 

behält  in  der  Lage  §r  den  Richtungssinn  auf  5  für  das  Curvcnstück  S  '^  bei 
(No.  57 cf),  8  aber  ändert  seinen  Drehsinn  in  der  Lage  s  in  den  entgegen- 
gesetzten J  (No.  44rf,  456).  Da  nun  der  dem  Punkt  i8^  entsprechende  Strahl 
in  jedem  der  Büschel  (j)  in  der  Lage  z^  den  Drehsinn  beibehält,  in  jedem 

der  Büächel   [j  )  aber  in  der  Lage  2^=  5^  ändert,  so   kehrt  jedem  der 

Punkte  (j)  stets  einer  der  Theile  5^"    ,  5^*^  die  concave,  der  andere  die 

convexe  Seite  zu;  einem  der  Punkte  [j  ]  aber  kehren  stets  beide  Theile  die 
convexe  Seite  zu  (No.  596*). 

3.  Im  Falle  III  behält  die  Gerade  s    für  den  Theil  sf^^^  den  Drehsinn 

bei,  den  sie  bei  Beschreibung  des  Theiles  S        im  Sinne  Chatte.  (No.  58c^, 

44a y  siehe  die  Anmerkung  zu  No.  59 c^).  Die  Punkte  Sr  -^  liegen  in  Bezug 
auf  jede  der  Geraden   (z)   auf  derselben ,   in  Bezug  auf  jede  der  Geraden 

[z  ]  auf  der  entgegengesetzten  und  in  Bezug  auf  jede  der  Geraden«     {g^) 

auf  ders'^lben  Hall)ebene,  als  die  Punkte  von  ö"^  '  (No.  44(/,  456,  c).  Jedem 

der  Punkte  (j)  kehren  beide  Theile  ihre  concave  Seite  zu  (No.  59c'*). 

t    .        , 
6)  Wenn  ä    ein  einfacher  Wendepunkt,  also  s   eine  einfache 

et 

y 
Wendetangente,  so  ist  die  Tangente  s    im  Büschel  g   für  die  Strahlen- 

folge  s  ,     V  ein  Rückkehrstrahl;    es  fällt  daher  die  folgende  Lage  von  s  , 

d.  i.  der  dem  Punkt  ^  entsprecliende  Strahl  mit  s  ,  der  mit  ^  perspectivi- 
sehen  Lage  nach  No.  16r  zusammen,  so  dass  in  s   drei  aufeinanderfolgende 

Curvenpunkte  liegen*),  von  denen  keine  zwei  zusammenfallen,  weil  sie  mit  in 
demselben  Drehsinn  aufeinanderfolgenden  Strahlen  in  jedem  der  Büschel  (^) 
perspectivisch  sind;  oder  was  dasselbe  ist,  die  beiden  aufeinanderfolgenden 
Tangenten  s    und  s  fallen  zusammen;  auch  jeder  der  übrigen  den  Winkeln 

8.   ^  und  s,.  .  gemeinschaftlichen  Strahlen  des  Büschels  d  enthält  ausser  d 

einen  Punkt  von  iy        und  einen   von  5        ,  also  drei  Curvenpunkte  von 

fif  '.  Damit  steht  im  Einklänge,  dass  der  der  Tangente  s  auf  jeder  der 
Geraden  (2)  entsprechende  Punkt  ein  Rückkehrpunkt  ist  für  die  Punkten- 
folge J  °     1  also  zwei  aufeinanderfolgende  Punkte,  welche  zwei  aufeinan- 


•)  Cremonüy  Iniroduzione  ad  una  ieoria  geometrica  delle  cttfDC  piaue,  AtI,^,*Ä« 


398  .    Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

derfolgonden  Lagen  von  s    entsprechen ,  vereinigt  enthält.    Ebenso  fallen 
auf  jeder  der  Geraden  \z  ]  in  den  der  Tangente  s   entsprechenden  Pankt 

d    zwei  aufeinanderfolgende, 

auf  jeder  der  von  s^  und  s    verschiedenen  Geraden  (z),  welche  durch 

die  Punkte  d    und  ^  gehen  (No.  56d*),  drei  aufeinanderfolgende  Punkte, 
entsprechend  den  Tangenten  s  ,    s.  und  resp.  s^  oder  s    (der  Punkt  g   resp. 

gleich   d     oder   %^  erscheint   als   gewöhnlicher  Punkt   für   die  Punkten- 

folge  a^»")). 

auf  jeder  der  Geraden  ^«und  s    nur  zwei  entsprechend  den  Tangenten 

5  ,  *o  (j     resp.  gleich  d     oder  g     erscheint  als  Rückkehrpunkt  für  j     Q 

zusammen.     In  jedem  der  Büschel  [^  ]  fallen  in  den  mit  d     perspectivi- 
sehen    Strahl    s.    drei   aufeinanderfolgende   Strahlen,    entsprechend    den 

Punkten   «*,  ^,  ^, 

in  jedem  der  Büschel  h   und  !^  (No.  58 d*)  aber  nur  zwei,  entsprechend 

den  Punkten  g^  und  resp.  §S^  oder  ^    (2    =5.  =  *    erscbeint  als  Rückkehr- 
Strahl  für  z,    V  )  zusammen, 
(ov)  -' 

Von  5    oder  s^  verschiedene  Gerade  s    sind  nicht  vorhanden. 
In  der  Strahlenfolge  z.    .   jedes  der  Büschel  (j)  fallen  ausser  in  den 
Strahlen  z  ,  z    nirgends  zwei  aufciuanderfolgende  Strahlen  zusammen. 

1.  Im  Falle  I  liegen  in  Bezug  auf  jede  der  Geraden  z  =^[z  ],  so  wie 

in  Bezug  auf  jede   der  Geraden  (js  )  die  Punkte  *b         auf  der  entgegen- 
gesetzten,  in    Bezug    auf  jede    der    Geraden    (:)    aber   auf    derselben 

Halbebene,  als  die  Punkte  S'^  ^^  (No.  58 c^  59a).    5    ändert  in  der  Lage  s 

den  Drehsinn,  g    aber  behält  seinen  Richtungssinn  auf  s  bei  (No.  456, 57(/)» 

Jedem  der  Punkte(j)  und  [j  ]   kehrt  einer    der   beiden  Theile  ä"^,  5 
die  concave,  der  andere  die  convoxe  Seite  zu  (No.  52 c^).. 

2.  Im  Falle  II  liegen  in  Bezug  auf  jede  der  Geraden  (z)  die  Punkte 

o^        auf  der  entgegengesetzten,  in  Bezug  auf  jede  der  Geraden  \z  ]  =  z^ 

und  in  Bezug  auf  jede  der  Geraden  (s    )  auf  derselben  Ilalbebene  als  die 

Punkte  5^^^^  (No.  596).     Weder  5^  noch  .<?    ändern  in  der  Lage  ä    resp.  s 
den  Richtungs-  resp.  Drehsinn  (No.  57f/,  45c).    Irgend  einem  der  Punkte 

(3)  und  [j  ]  kehren  daher  entweder  beideTheileÄ  "  '^  und  5^'*    die  concave 
oder  beide  die  convexe  Seite  zu  (No.  52 c^). 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven,  Von  Paul  Scholz.  39Ö 

3.   Im  Falle  III  behält  s    seinen  Drelisinu  bei   (No.  58  c^  44  a,  siebe 

die    Anmerkung  zu   No.  59c^).     In   Bezug  auf  jede  der  Geraden  (z)  lie- 

gen  die  Punkte  Ä^       auf  der  entgegengesetzten  Halbebene,  als  die  Punkte 

Sr^  ^  (No.  58c^,  45c),  also  überschreitet  der  Punkt  e^  in  den  auf  g^  folgenden 
Lagen  die  unendlich  entfernte  Gerade  gfx,  =  ^  ^^^y'^  ^°  Bezug  auf  jede  der 

Geraden  [z  ]  =  z  liegen  jedoch  die  Punkte  Sr^  ^  und  ^^  ^^  auf  derselben 
Ualbebene  (No..  44  d,  456),  Jedem  der  Punkte  (g)  kehren  daher  beide 
Theile  5^"  ^^  und  5^^*^  die  concave  Seite  zu  (No.  52c*,  59c»^). 

c)    Wenn  §r  ein  einfacher  Hückkehrpnn  kt,  also  s^  eine  ein- 

y 
'fache  Rückkehrtangente,  so  ist  der  Punkt  ^    für  die  Punktenfolge 

(  o  V 

d),        auf  5^  ein  Rückkehrpuukt;  es  fällt  daher  die  folgende  Lage  von  ^^, 

d.  i.  der  Punkt  Ä^,  in  welchem  s.  von  der  folgenden  Tangente  s    geschnit- 

y  y 

ten  wird,  mit  d     zusammen,  so  dass  in  d    sich  drei  aufeinanderfolgende 

Tangenten  s  ,  s^  s  von  S  schneiden*),  von  denen  keine  zwei  zusam- 
menfallen ,  weil  mit  ihnen  auf  jeder  Geraden  z  drei  in  demselben  Richtungs- 
sinne aufeinanderfolgende  Punkte  perspectivisch  liegen;  auch  durch  jeden 

der  übrigen  den  Strecken  i    ^^  und  sl       auf  5.  gemeinschaftlichen  Punkte 

gehen  ausser  ä  eine  der  Tangenten  von  S  ^  und  eine  von  S^  ,  also  drei 
der  Tangenten  von  iS^      .     Damit  steht  im  Einklänge,  dass  der  dem  Punkt 

y 

ö^  in  jedem  der  Büschel  (j)  entsprechende  Strahl  für  die  Strahlenfolge  z,     . 
ein  Rückkehrstrahl  ist,  also  zwei  aufeinanderfolgende  Strahlen,   welche  * 
zwei  aufeinanderfolgenden  Lagen  von  d^  entsprechen ,  enthält. 

In  jedem  der  Strahlbüschel  [j  J  fallen  in  den  dem  Punkt  jg     entspre- 
chenden Strahl  ^o=^fc  zwei  aufeinanderfolgende, 

in  jedem  der  Büschel  (3) ,  deren  Mittelpunkte  die  von  jg    und  g     ver- 
schiedenen Punkte  der  Geraden^    und  s     sind  (No.  b6(P),   drei  aufeinan- 

y     Yi  £ 

derfolgende  Strahlen ,  entsprechend  den  Punkten  g  ,  ^    und  resp.  g    oder 

^     (der  Strahl  ä.  resp.  gleich  5   oder  .9     erscheint  als  gewöhnlicher  Strahl 

für  die  Strahlen  folge  ^/^j^O, 


*)  CremortOy  Introduzirme  ad  una  ieoria  geometrica  dcUc  ninje  platie  kt\».  ^^^^» 


400      Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

in  jedem  der  Büschel  ^  ,  2    aber  nnr  zwei  entsprechend  den  Punkten 

^   und  g^  Cz.  resp.  gleich  s   oder  s     erscheint  als  Kückkehrstrabl  für  a,    .) 
zusammen. 

In   den  der  Tangente  s    auf  jeder  der  Geraden  [z  ]    entsprechenden 

Punkt  1^  fallen  drei  aufeinanderfolgende  Punkte  der  Puuktenfolge  2^^^\ 
entsprechend  den  Tangenten  s  y  s^,  s    zusammen, 

auf  jeder  der  Geraden  s  ,  s    nur  zwei  entsprechend  den  Tangenten  s^ 

und  resp.  5   oder  5   (j    =  i^  .erscheint  als  Eückkehrpunkt  für  ;&^      ,  No.58d). 

Von  g    verschiedene  Curvenpunkte  i,  sind  nicht  vorhanden  (No.  bSdy 

In  der  Punktenfolge  g  '^  ^  jeder  fler  Geraden  (2)  fallen  ausser  in  ^^,  j    nir- 
gend zwei  aufeinanderfolgende  Punkte  in  einen  zusammen. 

1.  Im  Falle  I  liegen  in  Bezug  auf  jede  der  Geraden  [z  J=?^  die 

Punkte  S^**  ^  auf  derselben  und  in  Bezug  auf  jede  der  Geraden  (z)  ebenfalls 
auf  derselben  Halbebene,  als  die  Punkte  S^'^^'  (No.  59a).     §f^  ändert  in 

der  Lage  d   auf  der  Geraden  s    den  Richtungssinn ,  s    behält  seinen  Dreh- 

y 
sinn  bei.     In  Bezug  auf  jede  der  Geraden  (5^),  die  in  diesen  befindlichen 

(tv) 
Curvenpunkte   ausgenommen,  liegen  also  nach  No.  4^e  die  Punkte  S^ 

auf  der   entgegengesetzten  Halbebene ,  als  die  Punkte  S^      .     Jedem  der 

Punkte  (5)   kehrt  daher  der  eine   der  beiden  Theile  S         und  S^  ^^  die 
concave,  der  Andere  die  convexe  Seite  zu  (No.  52c*,  59rf);    irgend  einem 

der  Punkte  [j  J  aber  kehren  entweder  beide  dieser  Theile  die  concave  oder 

beide  die  convexe  Seite  zu,  jedem  Punkt  des  lialbstrahles  der  Tangen- 

y 
ten  (s  )y  welcher  die  Schnittpunkte  mit  den  anderen  Tangenten  enthält,  die 

convexe ,  jedem  Punkt  des  anderen  lialbstrahles  die  concave  Seite  (vergl. 

No.  59  a*)- 

iyX) 

2.  Im  Falle  II  liegen  die  Punkte  S^     ^   auf  der   entgegengesetzten 

y 
Halbebenc  in  Bezug  auf  jede  der  Geraden  (s  )  und  auf  derselben  Halb- 
ebene in  Bezug  auf  jededer  Geraden  [z  ],  als  die  Punkte  S^  ^^  (No.  596") 

§)    ändert  den  Richtungssinn  auf  $  ,  s    aber  behält  seinen  Drehsinn  ^  bei 

(No.  58c*,  44  d,  45  c).    Daher  liegen  auch  in  Bezug  auf  jede  der  Geraden  (2) 

die  Punkte  S        und  S^"^^^  auf  derselben  Ilalbebene.     Jedem  der  Punkte 

(jj  kehrt   daher  einer  der  beiden  Theile  S^"^\s^^^^    die  concave,  der 


ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.  Von  Paul  Scholz.  401 


andere  die  convexe,  irgend  einem  der  Punkte  [5  ]  aber  kehren  beide 
Theile  die  convexe  Seite  zu  (No.  52  e*,  596*,  59  rf). 

3.  Im  Falle  III  ändert  s  den  Drehsinn  in  den  entgegengesetz- 
ten   ^    (siehe  die    Anmerkung   zu    No.    59c^).     In    Bezug    auf  jede    der 

Geraden  (2)  und  [z  ]  liegen  die  Punkte  S     ^  auf  der  entgegengesetzten 

''  • 

llalbebene,  als  die  Punkte  5^  ;  der  Punkt  ^  überschreitet  daher  in  den 
auf  g^  folgenden  Lagen  die  Gerade  g^ .  Jedem  der  Punkte  (j)  kehren 
beide  Theile  S^"  ^^  und  S^^'^  die  concave  Seite  zu  (No.  52 c*,  59c»*). 

d)    .Wenn  %^  ein  Wenderückkehrpunkt,  also  s    eineWende- 

rückkehrtangente,  so  ist  5    im  Büschel  I    für  die  Strahlenfolge  5^     v 

ein  Rückkehrstrahl  und  g^  auf  der  Geraden  s,  für  die  Punktenfolge  ^^  ^ 
ein  Rückkehrpunkt;  es  sind  deshalb  in  s    die  beiden  aufeinanderfolgenden 

Tangenten  8   und  s.  und  in  ^    die  beiden  aufeinanderfolgenden  Punkte  § 
und  Sr  vereinigt.     Die  Tangente  s  =s    enthält  daher  drei  aufeinander- 
folgende Curvenpunkte  g*,  §  ,  g^,  darunter  einen  d  ,  welcher  von  g  verschie- 

y         fj 
den  ist,  und  durch  ^**  =  d'  gehen  drei  aufeinanderfolgende  Tangenten  s  , 

5^,  5  ,  darunter  eine  8   ,  welche  von  s    und  s,  verschieden  ist  (No.  56 rf*. 

y 
58 d).     Daher  ist  der  dem  Punkt  ^    entsprechende  Strahl 

im  Büschel  ^  und  von  den  übrigen  Büscheln  (5)  auf  allen ,  deren 
Mittelpunkte  ausserhalb  s  liegen,  für  die  Strahlenfolge  z^  ^  ein  Rückkehr- 
strahl, zwei  aufeinanderfolgende  Strahlen  enthaltend, 

'  in  jedem  der  Büschel  (j),  deren  Mittelpunkte  die  von  d     und  ^     ver- 
schiedenen Punkte  von  s    sind,  ein  gewöhnlicher  Strahl,  drei  aufeinander- 

f] 

y      fi      A 

folgende  Strahlen  enthaltend,  welche  den  Punkten  d  ,  ^  ,  d     entsprechen, 
in  jedem  der  Büschel  [5  ]  für  die  Strahlenfolge  z      .  ein  Rückkehrstrahl, 

£        t 

drei  aufeinanderfolgende  Strahlen  enthaltend,  welche  den  Punkten  d  ,  d  , 

d'  entsprechen,  im  Büschel  ^    ein  gewöhnlicher  Strahl,  zwei  aufeinander- 

y  jj 

folgende  Strahlen  enthaltend,  welche  den  Punkten  g    und  g'  entsprechen. 

Der  der  Tangente  s   entsprechende  Punkt  ist 

c 

anf  der  Geraden  5.  und  von  den  übrigen  Geraden  (?)  auf  allen,  welche 

nicht  durch  g   gehen,  für  die  Punktenfolge  j  ein  Rückke\\Y^v\wVA.^T.^A 

aufeinanderfolgende  Punkte  enthaltend , 


402       Die  projectivischen  Eigenschaften  der  gewöhnlichen  und 

auf  allen  von  s  j.  verschiedenen  Geraden  (z) ,  welche  durch  den  Pnnkt 


d 


ß 


d    gehen,  ein  gewöhnlicher  Punkt,   drei   aufeinanderfolgende  enthaltend, 
welche  den  Tangenten  s^y  s  ^  s    entsprechen, 

auf  allen  Geraden  \z  ]  für  die  Punktenfolge  j^     '  ein  Rückkehrpunkt, 

drei  aufeinanderfolgende  enthaltend,    welche  »den    Tangenten   s  ,  «.,  t 
entsprechen , 

auf  der  Geraden  s    ein  gewöhnlicher  Punkt,  zwei  aufeinanderfolgende 

enthaltend ,  welche  den  Tangenten  s  •=■$.  entsprechen. 

In  jedem  der  Fälle  I,  II,  III  liegen  in  Bezug  auf  jede  der  Geraden 
(t),  [2j,  («f)  die  Punkte  5^^  ^-^  auf  derselben  Halbebene ,  als  die  Punkte 

S^^^^  (No.58c*,  59);  in  jedem  der  drei  Fälle  ändern  sowohl  s    als  ^  auf  s^ 

ihren  Dreh-  resp.  Richtungssinn.  Demnach  kehrt  jedesmal  jedem  der  Punkte 

(j)  und  [j  ],  welchepi  einer  der  beiden  Theile  5^"^  ,  ^        seine  concave 
oder  convexe  Seite  zukehrt,  auch  der  andere  resp.  seine  concave  oder  con- 

vexe  Seite  zu;  und  zwar  kehren  5^**  *  und  5^*  ^' 

im  Falle  III  jedem  der  Punkte  (j)  die  concave  Seite, 

im  Falle  II  jedem  der  Punkte  [j j  die  convexe, 

im  Falle  I  jedem  der  [3  ],  welcher  auf  dem  Halbstrahl  von  s.  liegt, 
welcher  die  Schnittpunkte  mit  den  Übrigen  Tangenten  enthält,  die  con- 
vexe ,  jedem  Punkt  3  ,  welcher  dem  anderen  Halbstrahl  angehört,  die  con- 

To  v\ 
cave  Seite  zu;  ferner  jedem  der  mit  S         auf  derselben  Halbebene  in  Be- 
zug auf  ^^  liegenden  Punkt  (3)   die  concave,  jedem  der  auf  der  anderen 

Halbebene  liegenden  Punkte  (3)  die  convexe  Seite.    (Letzteres  gilt  auch 
für  den  Fall  H,  No.  59  rf). 

61,  a)  Wegen  der  in  No.  46  a  angegebenen  Bedingung  lässt  sich  die 
Untersuchung  nach  der  Beschaffenheit  einer  ebenen  stetigen ,  nicht  gebro- 
chenen Curve  in  irgend  einem  ihrer  Elemente  und  dii*.  Beurtheilung,  ob 
das  mit  irgend  einem  Curvenelement  in  irgend  einem  der  Strahlbüschel 
resp.  einer  der  geraden  Punktreihen  der  Ebene  pcrspectivische  Element 
für  die  den  sämmtlichen  Curvenelementen  pcrspectivische  Strahlen  -  resp. 
Punktenfolge   ein  gewöhnliches  oder  Rückkehrelement  ist,    auf  die   hier 

durchgeführte  Untersuchung  zurückführen.    Jedem  Curvenelement  g**  resp. 

s  ,  in  welchem  eines  der  laufenden  Elemente  ^    und  s    oder  beide  den  Be- 

wegttDgssinn   Ändern ;  geht   ein  Curvenstück  5      '   vorher    und   folgt  ein 


Ausgezeichneten  Elemente  ebener  Curven.   Von  Paul  Scholz.  403 

(tp) 
Corvenstück  S       ;  welche  den  Bedingungen  in  No.  49a  in  der  in  No.  54a 

geforderten  Weise  genügen;  jedes  dieser Curvenstücke  besteht  einschliess- 
lieh  der  Elemente  d  ,  s  mindestens  aus  drei  aufeinanderfolgenden  Elemen- 
ten (drei  Punkten  und  drei  Geraden).  Curvenstücke  aber,  welche  den  in 
No.  49a  gestellten  Bedingungen  genügen,  sind  in  No.  49  bis  53  behandelt 
worden  (vergl.  No.  58  c*). 

b)    Zugleich  erkennen  wir,  dass  die  Antwort  auf  die  Frage,  ob  das 
mit  einem  Curvenelement  ^   oder  s   in  einem  der  S^trahlbüschel  resp.  einer 

Geraden  der  Ebene  perspectivische  Element  für  die  den  sämmtlichen  Cur- 
Tenelementen  perspectivische  Strahlen  - ,  resp.  Sunktenfolge  ein  gewöhnli- 
ches oder  Rückkehrelement  ist,  nicht  Mos  davon  abhängt,  ob  die  laufen- 
den Elemente  d  ,  s    in  der  Lage  d    resp.  s    ihren  Bewegungssinn  P  oder  J 

Sndem  oder  nicht,  sondern  auch  von  der  Lage  der  Elemente  h    und  s  , 

daas  daher  die  Sätze  in  No.  201  der  „Geometrie  der  Lage  von  v.  Stand  t'\ 
wie  sie  lediglich  der  Anschauung  entnommen  sind,  auch  nur  für  endliche 
Cnrvenelemente  gelten.  Eine  allgemeine,  alle^Fälle  umfassende  Beantwor- 
tung obiger  Frage  konnte  nur  dadurch  erzielt  werden,  dass  wir,  wie  es  in 
den  vorhergehenden  Paragraphen  geschehen,  den  umgekehrten  Weg  ein- 
schlugen und  aus  der  Beschaffenheit  und  Bedeutung  der  mit  §r  und  s    in 

den  Strahlbüscheln  und  geraden  Punktreihen  der  Ebene  perspectivischen 
Elemente  für  die  der  Curve  entsprechende  Elementenfolge  die  Beschaffen- 
heit von  d^  und  s  in  irgend  einer  Lage  in  der  Hinsicht ,  ob  sie  den  Bewe- 
gungssinn ändern  oder  nicht,  und  die  Bedeutung  des  einen  oder  des  an- 
deren für  die  Gestaltung  der  Curve  in  diesem  Punkte  abzuleiten  versuchten. 
Auf  der   beigefügten  Figurentafel   sind    die   verschiedenen  Formen, 

welche  das  Curvenstück  Sf"  haben  kann  und  wie  sie  sich  aus  der  Be- 

schreibung in  No.  60  ergeben,  aufgezeichnet;  den  daselbst  in  No.  OOa^a^a^ 
6*  etc.  beschriebenen  Fällen  entsprechen  resp.  die  Figuren  a\  a\  a',  b^  etc. 


Z0lUcbrin  f.  IHälhemätik  a.  Phyt/Jc.  Xnf,  5.  »IJÖ» 


XL 

Ueber  Folaitetraeder  und  die  Schnittcorre  zweier  FUdien 

lEweiter  Ordnung. 

Von 

Dr.  LÜROTH, 
Docent  an  der  Universität  Heidelberg. 


Bei  Gelegenheit  vob  Vorlesungen  über  die  analytische  Geometrie  des 
Raames  warde  ich  auf  eine  Lücke  aufmerksam ,  welche  unsere  ausgezeich- 
netsten Lehrbücher  über  diesen  Gegenstand ,  wie  die  Werke  der  Herren 
Hesse  und  Salmon  zeigen.  Dieser  Mangel  betrifit  die  Eigenschaften  der 
Schnittcurve  zweier  Flächen  zweiter  Ordnung  und  ihren  Zusammenhang 
mit  den  algebraischen  Eigenschaften  der  Gleichung  vierten  Grades  von  der 
die  Kdgel  abhängen,  welche  in  dem  durch  jene  Raumcurve  bestimmten 
Flächenbüschel  auftreten.  Ich  habe  versucht,  diese  Lücke  auf  die  unten 
angegebene  Weise  zu  ergänzen.  Es  handelt  sich  hierbei  wesentlich  um 
die  geometrische  Bedeutung  des  Verschwindens  von  simultanen  Invarianten, 
die  zugleich  auf  eine  eigentliche  und  eine  uneigentliche  Fläche  zweiter 
Ordnung  (Kegel,  Ebenenpaar)  sich  beziehen.  Ich  habe  zunächst  diese  In- 
terpretation vorgenommen  für  zwei  allgemeine  Flächen  zweiter  Ordnung, 
weil  die  Methode  ganz  die  gleiche  ist,  und  weil  in  den  oben  angeführten 
Werken  zwar  gezeigt  ist,  dass  jene  Invarianten  verschwinden,  wenn  gewisse 
geometrische  Eigenschaften  Statt  haben,  aber  der  Nachweis  fehlt,  das  auch 
das  Umgekehrte  richtig  ist. 

§.1. 

Die  Singularitäten  der  Schnittcurve  zweier  Flächen  zweiter  Ordnung 
Ä  und  /?,  deren  Gleichungen  in  homogenen  Punktcoordinaten  wir  schrei- 
ben wollen 

Ä  =  Eüiu  li  Sit  =  0, 


Ueber  Polartetraeder  etc.     Von  Dr.  LüBOTH. 


405 


' ^■^^.^■^  j  -^ -/ w* -^  *-"»*-  W-*.  ^   - 


hängen  ab  von  dem  Verhalten  der  Wurzeln  einer  Gleichung  vierten  Grades 
in  Xy  welche  erhalten  wird;  wenn  man  die  Hesse'sche  Determinante  H  von 
A-^-XB  gleich  Null  setzt.     Schreibt  man  diese  Gleichung 

so  sind,  wie  bekannt,  ^/,  6,  <I>,  @\  z/'  Invarianten  und  zwar  mit  Ausnahme 
der  ersten  und  letzten  simultane  Invarianten  beider  Flächen. 

Wir  untersuchen  jetzt  die  geometrische  Bedeutung  des  Verschwindens 
dieser  Invarianten.  z/=0  und  z/=:0  stellen,  wie  bekannt,  die  Bedingungen 
dar  dafür,  dass  die  Flächen  A  und  B  Kegel  sind. 

Um  die  Bedeutung  der  übrigen  zu  erkennen ,  beniitzen  wir  ein  Polar- 
tetraeder der  Fläche  A,  Wir  bemerken  zu  dem  Zwecke,  dass  sich,  wie 
auch  die  Fläche  A  beschaffen  sein  mag,  stets  vier  nicht  in  einer  Ebene 
liegende  Funkte  angeben  lassen,  von  denen  jeder  der  harmonische  Pol  der 
andern  ist.  Bezeichnen  wir  solche  vier  Punkte  mit  x^xjy  z^w  und  multipli- 
ciren  H  zweimal  mit  der  Determinante     • 

/)  =  2;  +  o?!  y,  Zj  w^, 
die  nach   dem  eben  Bemerkten  nicht  verschwindet,  so   erhalten   wir  mit 
Rücksicht  auf  die  zwischen  den  Coordinaten  der  vier  Punkte  bestehenden 
Gleichungen  und  indem  wir  abkürzende  Bezeichungen  wie 

ZhikXiyk^h{xy) 
einführen : 

a{xx)'\'\b(xx)         kb(xy)  kb{xz)  kb(xtv) 

Xb{yx)  a{yy)  +  Xb{yy)         Xb(yz)  Xb^yw) 

Xb{zx)  ^^C^y)         a{zz)  +  Xb{zz)  Xb  (zw) 

Xb{wx)   .  kbijvy)  Xb{wz)         a{fvw)+Xb{fVw) 

Aus  dieser  in  X  identischen  Gleichung  folgen  die  Ausdrücke  für  4  ß  Z>% 
6  <P  />*,  4  6'  />*.    Bezeichnen  wir  der  Kürze  wegen  die  Determinante 

b{xx)     b{xy) 
blya:)     b(yy) 
und  die  Determinante 

b(xx)     b(xy)      b{xz) 
b{yx)     blyy)     b{yz) 
b{zx)      b(^zy)     b{zz) 
und  führen  für  analoge  Ausdrücke  ähnliche  Bezeichnungen   ein,   so   fin- 
den wir 

.  ib(xx)      b(uij)      b(zz^      b(ww) 

^eD^==a(xx)a(yy)a(zz)aiww)\~)-^^  +  -^^  ( 

K     J    \if!fJ    y     j    K      j  1 0(0:0:)      a{yy)      a{zz)      a(wu)) 

qO ,  D^  =^ a  (x x)  a  (yy)  B  {z?v)  + a{xx)  a{zz)  B(yw)  +  a{xx)  a  {fvw)B(yz) 

+  a(yy)a(zz)  B  (xTv)  +  n  {yy)  a{tvrv)  B(xz)  +  a{zz)  a(fvw)  B(^xy) 

4S^D*=a(^xx)B(yztv)  +  a(yy)  B(xzw)+ a(zz)  B{xyw')  +  a{wrv)  B{xyz) 

B(^xy)  =  0  ist,  wie  man  sofort  sieht,  die  Bedingung,  dass  die  Linie  xy 

die  Fläche   B  berührt  und  in  ähnlicher  Weise  sagt  B(^xyz)  =  0  a\iÄ^  dsÄ^ 

die  Ebene  der  drei  Punkte  xyz  Tangentonebcne  öl^t  Y\aODL^  B  \%\., 


Z>»^  = 


mit  B{xy^ 


mit  B  (xyz) 


406    üeber  Polartetraeder  und  die  Schnittcurve  zweier  Flächen 


^.^^^  ^^^^y^.  -y-    •    -  -  ^  •        -  >»>■  ^  ^  ^    »  ^  r  *    -,-,^_^ 


§.2. 
Wir  nehmen  nun  zuerst  an,  A  sei  eine  allgemeine  Fläche  zwei- 
ter Ordnung.  Man  kann  dann,  wie  man  geometrisch  leicht  einsieht,  un- 
endlich viele  Polartetraeder  von  Ä  so  construiren ,  dass  drei  ihrer  Ecken 
auf  einer  gegebenen  Fläche  zweiter  Ordnung  B  liegen.  Sind  dies  etwa  die 
Ecken  xyz^  so  reducirt  sich  6  =  0  auf 

h{mw)  =0 
und  sagt  also  aus,  dass  auch  die  durch  jene  drei  bestimmte  vierte  Ecke  auf 
B  liegen  muss. 

6  =  0  ist  also  nothwendige  und    hinreichende  Bedin- 
gung dafür,  dass  Polartetraeder  von  ^existiren,  deren 
Ecken  auf  B  liegen. 
&  verschwindet,  wenn  es  ein  Polartetraeder  von  A  giebt,  dessen  Seiten 
die  Fläche  B  berühren.    Da  na|^   stets   solche  constrnirt  werden  können, 
die  drei  Tangentenebenen  von  B  zu  Seiten  haben,  so  erkennt  man  wie 
vorhin,  dass, 

wenn  die  Seiten  eines  Polartetraeders  von  Ä  die 
Fläche  ^  her ühren  sollen,  es  nothwendig  und  hinrei- 
chend ist,  wenn  0'  verschwindet. 

Was  nun  endlich  Q>  betrifft,  so  verschwindet  es,  wenn  man  ein  Polar- 
tetraeder von  A  angeben  kann,  dessen  Kanten  B  berühren.  Es  lässt  sich 
nun  stets  ein  Polartetraeder  so  constrairen,  dass  fünf  seiner  Kanten  Tan- 
genten von  B  sind.  Man  kann  dies  folgendermassen  zeigen.  Nehmen  wir 
irgend  einen  Punkt  a  an  und  schneiden  mit  seiner  Polarebene  in  Bezug  auf 
A  die  Flächen  B^  A  und  den  von  a  an  5  gelegten  Tangentenkegel.  Die 
Schnittcurven  mögen  sein  resp.  ^,  Ä ^  B'\  Wenn  wir  nun  in  besagter  Ebene 
ein  Polardreieck  von  A'  beschreiben  können,  dessen  Ecken  in  B"  liegen 
und  von  dem  zwei  Seiten  Tangenten  von  B'  sind,  so  berühren  ausser  diesen 
offenbar  auch  noch  die  Verbindungslinien  von  a  mit  den  Ecken  des  Drei- 
ecks die  Fläche  B  und  somit  in  der  That  fünf  Kanten  eines  Polartetraeders. 
Man  schliesst  dann  wie  früher ,  dass 

die  Existenz  eines  Polartctraeders  von  ^,  dessen  Kan- 
ten ^berühren,  durch  die  Gleichung  <I>  =  0  bedingt  ist. 

Die  Forderung,  ein  Polartetraeder  zu  beschreiben,  von  dem  fünf  Kan. 
ten  die  Fläche  B  berühren,  zieht  zwei  Bedingungen  nach  sich :  erstens  die, 
dass  B"  ein  Polardreieck  von  ^'eingeschrieben  werden  kann  und  zweitens, 
dass '«in  Polardreieck  möglich  ist,  das  mit  zwei  Seiten  B'  berührt,  während 
zwei  seiner  Ecken  auf  B"  liegen.  Der  Ort  des  Punktes  a  ist  also  eine 
Curve.  Wenn  die  Bedingung  0  =  0  erfüllt  ist,  so  wird  diese  Curve  be- 
schrieben von  den  Ecken  der  Polartetraeder,  welche  obigem  Satze  gemäss 
construirt  sind;  ich  behalte  mir  die  Untersuchung  dieser  Curve  auf  eine 
anderp  Gelogonbeit  vor. 


zweiter  Ordnung,    Von  Dr.  Lüroth.  407 


§.3. 

Betrachten  wir  jetzt  den  Fall;  dass  die  Fläche  i^einXegelist.  Es 
mnss  dann  die  Spitze  des  Kegels  ein  Eckpunkt  des  Polartetraeders  sein  und 
die  drei  andern  sind  nicht  mehr  vollständig  bestimmt,  sondern  nur  die  ge- 
raden Linien,  auf  welchen  sie  beliebig  angenommen  werden  können,  so 
dass  das  Polartetraeder  zu  einem  Polartrieder  wird. 

Legen  wir  die  Ecke  w  in  die  Spitze  des  Kegels,  so  ist  a{ww)  =  0  und 
die  Gleichung  ö=0  reducirt  sich  dann  auf  6(ww)=0,  d.h.  ö=0  zeigt  an, 
dass  die  Spitze  des  Kegels  auf  B  liegt. 

Die  Gleichungen  0  =  0  und  6'  =  0  sind  ähnlich  wie  im  vorigen  Para- 
graphen die  Bedingungen  dafür,  dass  resp.  die  Kanten  und  Seiten  eines 
Polartrieders  von  A  die  Fläche  B  berühren.  Wenn  die  beiden  Bedingungen 
^  =  0  und  6'=  0  zusammen  bestehen,  so  giebt  es  Polartrieder,  welche  dem 
Tangen ten k egel ,  den  man  von  der  Kegelspitze  an  B  legen  kann,  einge- 
schrieben und  andere,  welche  ihm  umschrieben  werden  können. 

Verschwinden  aber  S  und  <P  zu  gleicher  Zeit,  so  ziehe  man  durch  die 

Spitze  des  Kegels  A^    die  ja  dann  auf  B  liegt;  eine  Tangente  an  diese 

Fl&che  und  nehme  in  dieser  einen  der  Punkte  xyz,  etwa  z  an.-  Dann 

liefert  <I>  =  0  die  Gleichung 

a  (yy)  b  {wxf  -f-  a{xx)  b  {fvyY  =  0, 
oder 


y^iyy)  h(tvx)  +  iya(xx) .  6  (wy)  =  0, 
die  aussagt,  dass  eine  der  Linien,  die  man  von  w  nach  den  beiden  Punkten 

X  y^(j/y)  +  iy  j/ajxx)  ziehen  kann,  Tangente  an  B  ist.  In  diesen  beiden 
Linien  wird  aber  der  Kegel  A  berührt  von  den  Tangentenebenen,  die  durch 
die  Linie  ;i;z  zu  legen  sind,  wie  man  leicht  erkennt.  Es  fällt  also  eine  dieser 
beiden  Ebenen  zusammen  mit  der  Tangenten  ebene  von  B  im  Punkte  rv.  Da- 
her der  Satz :  We  nnmit6zugleichcPverschwindet,soistdieSpitze 
voUi^einPunktvon  B,  Der  Kegel  berührt  in  diesem  Punkte  die 
Fläche  ^,  d.h.  er  wird  von  ihrer  Tangentenebene  in  zwei  zusam- 
men fallendenLinien  geschnitten.  6  und  6' verschwinden  gleichzei- 
tig, wenn  die  Spitze  des  Kegels  auf  B  liegt  und  die  Seiten  eines  Polartrieders 
die  Fläche  berühren.  Da  nun  alle  Ebenen,  welche  durch  einen  Punkt  einer 
Fläche  gehen  und  diese  berühren,  sich  in  den  beiden  von  dem  Punkte  aus- 
gehenden Geraden  der  Fläche  schneiden,  so  verschwindet  &  wenn  die 
Triederseiten  durch  diese  Geraden  gehen.  Aber  auch  die  Umkehrung  ist 
richtig.  Denn  man  kann  zwei  Ebenen,  von  welchen  jede  durch  eine  der 
genannten  Geraden  geht  und  von  denen  die  eine  die  Polare  der  andern 
enthält,  als  zwei  Seiten  des  Polartrieders  betrachten.  Die  dritte  Seite  ist 
dadurch  bestimmt  und  berührt,  wie  6'=  0  dann  zeigt,  ebenfalls  die  Fläche, 
d.  h.  geht  durch  eine  der  Geraden. 

Wenn  6,  (P  und  0'  zusammen  verschwinden,  so  liegt  die  Spitze  des  Ke- 
gels auf  B»     Nehmen  wir  die  eine  der  durch  sie  geiVi^TiÄew  ^^x^.^^iü.'s^^B 


408     Ueber  Polartetraeder  und  die  Schnittcurve  zweier  Flächen 


zur  Scbuittlinie  zweier  der  Triederseiten ,  so  sagt  6'=0  aus,  dass  die  dritte 
durch  die  andere  Gerade  der  Fläche  geht  und  (P  =  0,  dass  sie  den  Kegel 
in  zwei  Linien  schneidet,  von  welchen  die  eine  in  der  Tangentenebene  der 
Fläche  B  liegt y  was  zusamraengefasst  den  Satz  ergiebt:  das  Verschwin- 
den von  0,  <P  und  S'  ist  die  Bedingung  dafür,  dass  der  Kegel 
seine  Spitze  auf  der  Fläche  B  hat,  sie  in  diesem  Punkte  be- 
rührt und  in  einer  geraden  Linie  schneidet. 

§•4. 

Nimmt  man  für  A  ein  Ebenenpaar  und  zwei  der  Punkte  xyzw, 
etwa  z  und  w  auf  der  Schnittlinie  .der  beiden  Ebenen ,  so  verschwindet  J 
und  Sf  0  reducirt  sich  auf  a(xx)  a(yy)  B{zw)^  so  dass  <P  =  0  aussagt, 
dass  die  Schnittlinie  des  Ebencnpaarcs  die  Fläche  ^berührt. 
S'  besteht  dann  nur  noch  aus  zwei  Gliedern.  Nimmt  man  nun  für  die  Ebene 
yzm  eine  Tangentenebene  von  5,  so  liefert  0'=O  die  Gleichung  ^(xzip)=0, 
d.  h.  8'  verschwindet,  wenn  die  beiden  Ebenen  harmonische 
Polarebenen  der  Fläche  ß  sind. 

Wenn  nun  mit  S'  zugleich  <P  =  0  ist,  so  kann  man  zunächst  bemerken, 
dass  wegen  der  letzteren  Bedingung  der  Ausdruck 

F(a:z«;)  =  —  {  h{xz)  }/b(ww)  —  bixw)  j/b  (z  z)  j* 
ist.   Hiermit  erhellt  sofort,  dass  aus  6'  =  0  folgt 

B [y  ya(x x)  ±  ix  j/a {y y) ,  2w]=0, 
welche  Gleichung  aussagt,  dass  eine  der  beiden  Ebenen  des  Paares  die 
Fläche  J?  berührt.     ^=0  und  ^=:0  zeigt   also   an,  dass   eine  der 
Ebenen  des  Paares  zwei   Gerade  von  ß  enthält,  durch  deren 
Schnittpunkt  die  andere  Ebene  hindurchgeht. 

Wenn  nun  endlich  die  Fläche  A  in  zwei  zusammenfallende  Ebe- 
nen ausgeartet  ist,  so  kann  man  die  drei  Punkte  yzw  auf  dieser  Ebene 
und  X  ganz  beliebig  ausserhalb  annehmen;  es  verschwinden  dann  J^  8,  0 
von  selbst  und  &'  \\iY(\=a(xx)  B{yzw).  &=0  ist  also  die  Bedingung, 
dass  die  doppelt  zu  rechnende  Ebene,  in  welche  i<  ausgeartet 
ist,  die  Fläche  B  berührt. 

§.5.    . 

Alle  die  bis  jetzt  erlangten  Resultate  bezogen  sich  auf  den  Fall,  dass 
die  Fläche  B  eine  allgemeine  Fläche  zweiter  Ordnung  war.  Wir  müssen 
jetzt  noch  den  Fall  ins  Auge  fassen,  dass^  selbst  eine  uneigentliche  Fläche 
zweiter  Ordnung  ist. 

Es  möge  zunächst  B  ein  Kegel  sein,  dann  verschwindet  J\  Ist  nun 
A  gleichfalls  ein  Kegel ,  so  verschwindet  auch  ^  und  es  bleiben  nur  noch 
die  Invarianten  <J>,  &  und  S'  zu  untersuchen. 

Die  Gleichungen  ö  =  0  und  0=-O  haben  die  nämlichen  Bedeutungen, 
}je  wir  im  §.  4  für  sie  gefunden  haben:  die  erste  sagt  aus,  dass  die  Spitze 


zweiter  Ordnung.     Von  Dr.  LÜROTH.  409 


des  Kegels  A  auf  B  liegt,  und  die  zweite,  dass  man  Polartrieder  des  Kegels 
A  construiren  kann,  deren  Kanten  B  berülireu  und  umgekehrt.  Die  In- 
variante S'  hat  in  Bezug  auf  die  Flächen i?,  ^dieselbe  Bedeutung,  die  B  in 
Bezug  auf  die  Flächen  A^  B  hat;  diese  entsteht  aus  jener  durch  Ver- 
tauschung der  a  mit  den  fr;  6  =  0  ist  somit  die  Bedingung  dafür,  dass  die' 
Spitze  des  Kegels  B  auf  A  liegt. 

Das  Zusammenbestehen  der  Gleichungen  6  =  0  und  <P  =  0  zeigt,  wie 
im  §.  4,  an,  dass  die  Spitze  des  Kegels  A  auf  B  liegt,  und  dass  dieser  letz- 
tere Kegel  vom  ersteren  berührt  wird,  während  dem  gleichzeitigen  Ver- 
schwinden von  S'  und  <2>  der  umgekehrte  Fall  entspricht. 

Da  beim  Verschwinden  von  S  und  &  jeder  der  Kegel  durch  die  Spitze 
des  anderen  geht,  so  ist  dies  auch  die  Bedingung,  dass  sie  eine  gerade 
Linie  gemein  haben.  Wenn  dagegen  die  drei  Gleichungen  6=0,  <P  =^0, 
6's=0  zusammenbestehen,  so  haben  die  beiden  Kegel  eine  Erzeugende  ge- 
mein und  berühren  sich  längs  derselben. 

Ist  B  ein  Kegel,  A  ein  Ebenenpaar,  so  sind  die  Invarianten  //,  ^  und 
6  identisch  Null.  Die  Bedeutung  von  8' wird  nicht  geändert  und  6=0  zeigt 
also  an,  dass  die  Spitze  des  Kegels  auf  einer  der  Ebenen  des  Paares  liegt. 
Auch  0  =  0  bedeutet,  seiner  früheren  Interpretation  conform,  dass  die 
Schnittlinie  der  beiden  Ebenen  den  Kegel  berührt. 

Das  Zusammenbestehen  der  Gleichungen  6'=0,  4^  =  0  bedingt  somit, 
dass  die  eine  Ebene  des  Paares  den  Kegel  berührt. 

Degenerirt  endlich  A  in  eine  doppelt  zu  rechnende  Ebene,  so  ver- 
schwindet auch  noch  O  identisch,  und  die  einzig  Übrigbleibende  Invariante 
S'  zeigt  durch  ihr  Verschwinden  an,  dass  die  Spitze  des  Kegels  auf  dieser 
Ebene  liegt. 

§.«. 

Ist  B  ein  Ebenenpaar,  so  sind  die  Bedingungen  ^'=0  und  6'=  0  an  ' 
und  für  sich  erfüllt.     Wenn  nun  auch  A  ein  Ebenenpaar  ist,  so  bleibt  nur 
noch  die  Invariante  O  als  simultane   übrig.    Wenn   auch  diese  Invariante 
noch  verschwindet,  so  schneiden  sich  die  Schnittlinien  der  beiden  Ebenen- 
paare, d.  1).  die  vier  Ebenen  beider  Paare  gehen  durch  einen  Punkt. 

Andere  als  die  jetzt  absolvirten  Fälle  brauchen  wir  nicht  zu  unter- 
suchen, weil  entweder  sie  sich  aus  diesen  durch  Vertauschung  der  Flächen 
A  und  B  ergeben  oder  sämmtlichc  Invarianten  ver8ch>frinden. 

§.7. 
Wir  wollen  jetzt  die  Invarianten  bilden  für  die  beiden  Flächen  A-^-^nB 
undi9.   Indem  wir  die  Zeichen  z/,  6,  O,  B\A'  in  der  nämlichen  Bedeutung 
wie  bisher  anwenden,  woll<*n  wir  die  neuen  Invarianten  bezeichnend/^  4.^  ä, 
6^-1-^^,  ^  u.  s.  w.     Wir  finden  so  n 


410    Ueber  PoUrtetraeder  und  die  Scbnittcarve  zweier  Fliehen 


p*.  *  =  © +3H«1>+ 3.u'©' +  f«»^' 


4     <ffi 


Mit  Hülfe  dieser  Hesultate  ist  es  nun  leicht,  die  Eigentbümlichkeiten 
der  Schnittearve  zweier  Flächend,  ^abzuleiten  aus  den  algebraischen  Eigen- 
schaften der  Gleichung  des  §.  1.  Diese  Ourve  ist  ja  der  Schnitt  von  irgend 
zweien  der  Flächen  des  Büschels  A  +  ^tB  und  also  z.  B.  der  Schnitt  eines 
der  vier  Kegel  mit  der  Fläche  B,  Wir  wollen  uns  dieser  letzten  Anschau- 
ungsweise bedienen. 

Wenn  nun  die  Gleichung  H=zO  keine  Doppel  wurzeln  besitzt,  so  hat 
auch  die  in  Rede  stehende  Schnittcurve  keine  Singularitäten. 

Soll  die  Gleichung  H  =  0  eine  Doppelwurzel  besitzen,  so  muss  für 

diese  neben  B  auch  noch  ——-  verschwinden.     Bezeichnen  wir  diese  Wur- 

dX 

zel  mit  A,  so  muss  also  nach  den  obigen  Gleichungen 

^^-f  i^  =  0,  Sj^lB,  s  =  0 
sein.  Die  erste  Gleichung  ist  erfüllt.  Die  zweite  sagt  gemäss  den  in  §.  4 
enthaltenen  Resultaten  aus,  dass  die  Spitze  des  Kegels,  welcher  der  Dop- 
pelwurzel entspricht,  auf  der  Fläche  B  liegt.  Da  diese  Fläche  in  der  Nähe 
eines  ihrer  Punkte  von  ihrer  Tangentenebene  unendlich  wenig  abweicht, 
so  hat  also  die  Schnittcurve  einen  Doppelpunkt,  dessen  Tangenten 
die  Schnittlinie  des  Kegels  mit  der  Tangentenebene  der  Fläche  sind. 

Hat  aber  die  ir  =  Oeine  dreifache  Wurzel  A,  so  genügt  diese 
den  Gleichungen 

Ö^+Z^,  ß  =  Oy         OajtXB,  ^  =  0. 

Der  Kegel  A-\'XB  hat  dann  seine  Spitze  auf  B  und  wird  von  der  dort 
an  B  gelegten  Tangentenebene  in  zwei  zusammenfallenden  Linien  geschnit- 
ten; d.  h.  die  beiden  Tangenten  der  Curve  in  diesem  Punkte  fallen  zu- 
sammen, die  Curve  hat  einen  Rückkehrpunkt. 

Wenn  endlich  die  3  Invarianten 

^A+Xß^By  ^A-\-Xß,B,  S'a^Xb,B 

ür  einen  Werth  von  X  zusammen  verschwinden,  so  hat  die  Gleichung  H=0 
vier  gleiche  Wurzeln.  Unsere  früheren  Resultate  zeigen,  dass  der 
Kegel ,  welcher  dieser  Wurzel  entspricht ,  die  Fläche  berührt  und  in  einer 
Geraden  schneidet.  Die  Schnittcurve  besteht  folglich  in  einer  Curve 
dritter  Ordnung  und  einer  ihrer  Tangenten. 

Wenn  für  eine  Wurzel  von  Ä^=Osämmtliche  erste  Unterdeter- 
uiinanten  von  ^verschwinden,  so  ist  diese  Wurzel  natürlich  Dop- 


zweiter  Ordnung.    Von  Dr.  LOroth,  4t  1 

pelwarzel.  Der  entsprechende  Kegel  ist  ein  EbeDenpaar;  dieRaumcnrye 
zerfällt  in  zwei  Kegelschnitte. 

Verschwinden  aber  für  eine  dreifache  Wurzel  alle  ersten 
Unterdeterminanten  von  H^  so  ist  für  diese  Wurzel  X  auch  noch 

<P^4.1 11,11  =  0. 

Nach  §.  5  berührt  die  Schnittlinie  des  Ebenenpaares  die  Fläche  B* 
Die  Schnittcurve  besteht  somit  aus  zwei  sich  berührenden 
Kegelschnitten. 

Ist  die  Wurzel  il,  weiche  alle  ersten  Unterdeterminanten 
annullirt,  vierfache  Wurzel  von  irs=0,  so  bestehen  die  beiden 
Gleichungen 

welche  bedingen ,  dass  nicht  nur  die  Schnittlinie  der  beiden  Ebenen,  sondern 
auch  eine  der  Ebenen  selbst  die  Fläche  B  berührt.  Die  Kaumcurve  be- 
steht aus  zwei  sich  schneidenden  Geraden  und  einem  Kegel- 
schnitt, der  durch  ihren  Schnittpunkt  geht  und  von  der  Ebene 
der  Geraden  berührt  wird. 

Giebt  es  einen  Werth  von  A,  für  welchen  die  zweiten  Unterdeter- 
minanten von  H  alle  verschwinden,  so  finden  die  Gleichungen 

Ö^+Xil,il  =  0,  <P^4.X  11,11  =  0 

identisch  statt.  X  ist  dann  dreifache  Wurzel  von  H=0,  Der  eine  Kegel 
degenerirt  in  eine  doppelt  zu  rechnende  Ebene  und  die  Schnittcurve 
besteht  aus  einem  doppelt  zu  rechnenden  Kegelschnitt,  längs 
dessen  sich  beide  Flächen  berühren. 

Soll  eine  derartige  Wurzel  vierfache  Wurzel  sein,  so  muss 
neben  den  beiden  obigen  noch  die  Gleichung 

ö'^-fXn, »  =  0 
bestehen.     Die  doppelt  zu  rechnende  Ebene  berührt  die  Fläche  und  die 
Schnittcurve  besteht   aus   zwei  sich  schneidenden  Geraden, 
welche  doppelt  zu  rechnen  sind. 

Wenn  aber  die  Gleichung  ^==0  zweimal  zwei  gleiche  Wurzeln 
X  und  X'  hat ,  so  finden  die  Gleichungen  statt  ' 

ö^-f  i ^,  ^  =  0 ,  S^^ i,  Bß  =  0] 

aas  diesen  beiden  Gleichungen  folgt  aber,  weil 

Ö^+Afl,  A-hXß  =4^^+Z^  =0, 
Syi^X'ßyi^Vß  =  4  /Ia-{-1'B  =  0 
ist: 

Wie  wir  in  §.  6  gesehen  haben,  haben  also  die  beiden  Kegel,  welche  zu 
den  Wurzeln  X  und  A'  gehören,  eine  gerade  Linie  gemein.  Die  Schnitt- 
curve besteht  somit  aus  einer  Curve  dritter  Ordnung  und  elw^x 
ihrer  Sehnen. 


412     Ueber  Polartetraeder  und  die  Sehnittcurve  zweier  Flächen 

Nan  können  aber  für  eine  dieser  Wurzeln  k  die  ersten  Unter 
determinanten  von /f  alle  verschwinden.   Dann  ist  Ba-^-Ib.b  iden- 
tisch  Null  und  es  bleibt  als  Bedingung  nur  6^4.^11,  b  =  0.    Wie  vorhin  hat 
man  aber  auch  hier  die  Gleichung 

welche  nach  §.  6  anzeigt,  dass  die  Spitze  des  Kegels,  der  X'  entspricht,  auf 
dem  Ebenenpaare  liegt.  Die  Sehnittcurve  besteht  dann  also  aus 
einem  Kegelschnitt  und  zweien  ihn  und  sich  selbst  schnei« 
denden  Geraden. 

Wenn  endlich  für  die  beiden  Wurzeln  die  ersten  Unterdeter- 
minanten sich  sämmtlich  annuUiren,  so  liegt  die  Sehnittcurve  ganz 
auf  zwei  Ebenenpaaren  und  besteht  folglich  aus  einem  windschiefen 
Viereck. 

§.8. 

Wie  sich  diese  Untersuchungen  auf  Flächen  zweiter  Klasse  und  die 
Eigenthümlichkciten  der  ihnen  umschriebenen  abwickelbaren  Fläche  über- 
tragen lassen ,  ist  klar. 

Betrachten  wir  nun  neben  der  Sehnittcurve  der  beiden  Flächen  zwei- 
ter Ordnung  A  und  B^  die  wir  als  allgemeine  voraussetzen  wollen,  die  ihnen 
umschriebene  abwickelbare  Fläche.  Schreiben  wir  die  Gleichungen  dieser 
Flächen  in  Ebenencoordinaten  resp. 

ZAik  UiUk  =  0,         2£^ik  UiUk  =  0 , 
wo  Aik  und  B\k  die  Unterdeterminanten  der  Determinanten  /i  und  A'  be- 
zeichnen ,  so  hängen  die  Singularitäten  der  abwickelbaren  Fläche  ab  von 
den  Wurzeln  der  Gleichung 


H'  = 


^11  +  ^^11  ^12  +  ^^12  ^^13  +  ^  ^13  ^14  +  ^^14 

^%\  +  ^  ^21  -^22  "H  ^  ^22  -^23  "f"  ^  ^23  ^^24  "i    ^  ^24 

^31  +  ^  ^31  ^32  +  ^  ^32  ^33  +  ^  ^33  ^3i  +  ^  ^34 

^41  +  ^^41  ^42+^^42  ^43  +  ^^43  ^44  +  ^^44 


=  0. 


^an  multiplicire  diese  Gleichung  mit  den  Determinanten   /j  und  zf', 
die  der  Voraussetzung  gemäss  nicht  Null  sind;  mau  erhält  dann 

Ab^^  +  k  J'a^^       ^  ^gj,  +  A  ^^'«22       ^  ^23  +  ^  ^'^^23       ^  ^24  +  ^  '^''24 

^  ^31  +  A  zf  «3^     zf  632  -t-  A  z/  ^32     z^  ^33  +  A  z/  «3.J     A  b^^  -f  A  Ja^ 
Ab^^  +  kJ'n^^      db^^  +  kJ'a,,     db^^  +  kJa,.^     Jb^^  +  kzfa 
so  dass 


44 


h\j.a'=v.a''h(^-^^. 


Wenn  also  A  eine  Wurzel  der  Gleichung  /f  =  0  ibt,   so  ist         ■;   eine 
Würze)  von  B'  =0, 


zweiter  Ordnung.     Von  Dr.  LüROTH.  413 

Weil  ferner  die  Unterdeterminanten  von  E'  nach  obiger  Gleichung 
lineare  Functionen  sind  der  Unterdeterminanten  von  H^  so  verschwinden 
die  ersten  und  zweiten  Unterdeterminanten  von  B'  für  den  Wurzelwerth 

,  wenn  die  von  H  für  den  Werth  iL  zu  Null  werden  und  umgekehrt. 

A  ^ 

Die  Singularitäten  der  Gleichung  £r=0  ziehen  demnach  ganz 

entsprechende   der  Gleichung  J7'=0   nach  sich;    zugleich   mit 

jedem   der    in  §.   7   aufgezählten  Fälle,    welche  sich  auf  die 

Schnittcurve  der  beiden   Flächen  A  und   B  beziehen,  findet 

ein  anderer  statt,  den  man  aus  ihm  durch  dualistische  Ueber- 

tragung  erhält  und  der  sich  auf  die  denselben  Flächen  Ä  und 

B  umschriebene  abwickelbare  Fläche  bezieht. 

Heidelberg,  im  December  1867. 


XVII. 

üeber  magnetische  Eemwirkung  elektriBcher  Ströme 

.    und  Stromringe. 

Von 

Emil  Weyr, 

ord.  Hörer  am  polytechnischeu  Institut  za  Prag. 


Dieselben  Vortheile,  welche  das  Massenpotential  bei  Betrachtung  der 
Wechselwirkung  materieller  Systeme  darbietet,  ergeben  sich  bei  der  Ver- 
wendung des  magnetischen  Potentials  für  die  Untersuchung  der  Fem- 
Wirkungsweise  elektrischer  Ströme  und  Stromsjsteme. 

Das  magnetische  Potential  ist,  wie  das  Potential  der  Massen,  eine 
Function,  deren  Ableitung  nach  einer  Richtung  die  Wirkungscomponente 
nach  dieser  Richtung  hin  angiebt;  ausserdem  stehen  beide,  nämlich  das 
Massenpotential  und' das  Strompotential,  in  mannichfachen  gegenseitigen 
Beziehungen,  so  z.  B.  auch  in  der,  dass  beide  die  partielle  Differential- 
gleichung 

zf  F  =  0 
erfüllen. 

Das  Strompotential  wurde  bisher  gewöhnlich  aus  dem  Massenpotential 
abgeleitet,  indem  man  sich  dabei  auf  das  Ampcre'sche  Theorem  von  der 
Aequivalenz  elektrischer  Ströme  und  der  von  ihnen  umgrenzten  transversal- 
magnetischen Flächen  stützte. 

Wie  ich  nun  in  einem  Aufsatze*)  gezeigt  habe,  ist  dieses  Theorem, 
ausser  in  dem  speciellen  Falle,  wenn  sowohl  der  Strom,  als  auch  die  trans- 
versal-magnetische Fläche  eben  ist,  nicht  giltig,  weshalb  ich  mir  im  An- 
fange dieser  Arbeit  eine,  von  der  Betrachtung  transversal -magnetischer 
Flächen  unabhängige  Entwickelungswcisc  des  Strompotentials  anzugeben 
erlaube. 


*)  Novemberheft  der  Sitzungsberichte  der  kaiserlichcu  Akademie  der  Wiasen- 
Bchaften  in  Wien,  1867. 


Ueber  magnetische  Fernwirkung  etc.    Von  Emil  Weyr.        415 


^^V>.^V-^-w    --^^^•^r^.^-»'   ^- 


Um  die  Untersuchung  so  allgemein  als  möglich  führen  zu  können,  war 
es  nöthig,  den  Begriff  eines  Elementarstromes  dahin  &n  erweitern ,  dass 
derselbe  nicht  eben  zu  sein  brauche,  und  seine  Fernwirkungsweise  zu  be- 
stimmen. 

Ich  könnte  wohl  ohne  Weiteres  von  den  bekannten  Grundgleichungen 
für  die  drei  Oomponenten  der  Femwirkung  eines  elektrischen  Stromes  aus- 

• 

gehen;  des  Zusammenhanges  und  der  Vollständigkeit  wegen  möge  es  mir 
jedoch  erlaubt  sein,  dieselben  aus  dem  Gesetze  der  elektromagnetischen 
Action  in  Kürze  abzuleiten. 

I. 

Ist  ds  das  Bogenelement  einer  geschlossenen  Linie  5,  durch  welche 
ein  elektrischer  Strom  von  der  Intensität  1  geleitet  wird  und  ^ein  Punkt, 
in  welchem  das  nordmagnetische  Quantum  1  concentrirt  ist,  so  wirkt  be- 
kanntlich ds  auf  M  mit  der  Kraft 

ds .  sind 

wobei  R  die  Entfernung  des  magnetischen  Punktes  von  dem  Stromelemente 
and  9  den  Winkel  bedeutet,  welchen  E  mit  ds  einschliesst. 

Die  Richtung  der  Kraft  steht  senkrecht  auf  der  durch  M  und  ds  geleg- 
ten Ebene  und  wird  durch  die  Ampere*  sehe  Regel  näher  bestimmt. 

Würde  die  Stromintensität  t  und  die  in  M  vorhandene  magnetische 
Quantität  m  sein,  so  hätte  man  den  obigen  Ausdruck  noch  mit  mi  zu  mul- 
tipliciren. 

Bezeichnet  man  die  Coordinaten  von  ds  mit  o:,  y,  z ,  jene  von  M  mit 
a,  ßy  y  und  die  Projectionen  von  ds  auf  die  drei  Axen  mit  dx^  dy^  dz,  so 
haben  die  Richtnngscosinus  cosk,  cos^ij  cosv  der  Kraft,  weil  die  Richtung 
dieser  Kraft  auf  der  Ebene  von  R  und  ds  senkrecht  steht,  die  Werthe : 


ro5A  =  +  — 


(y-ßyz      (z^y\dy 
\    R   Jds      \  R  Jds 


sm 


'0 


(z—y\dx      /x—ci\dz 
,    V^ß   /rf7""i    R    Jds 


stnu 


/.r--a\  (ly  __  /y  — .g\  dx 
\    R    Jds      \    R    J  ds 


COSV=    + .       r. 

—  stfi  V 


Das  obere  oder  untere  Zeichen  der  Cosinus  ist  zu  nehmen ,  je  nachdem  die 
Kraft  die  eine  oder  die  direct  entgegengesetzte  Richtung  besitzt,  was  wie- 
der von  der  Richtung  des  die  Curve  durchfliessenden  Stromes  abhängt. 
Die  drei  Kraftcomponenten  haben  dem74tifo\gei  4\e  \^  ^x^i\i^  \ 


4 1 6  Ueber  magnetische  Pemwirkting 


—  Ä» 

-  Ä» 

Die  Kraftcomponenten  des  ganzen  geschlossenen  Stromes  sind  daher 

z=+  A^-«)tfy-(y-/?)rf^^ 
R=yQr-ay+(y-ßy+iz-yy 


wobei  man 


zu  setzen  hat. 

^  Ist  der  Strom  eben,  d.  h.  liegt  er  ganz  in  einer  Ebene,  nnd  bringt  man 
ihn,  ohne  seine  Ebene  umzuwenden,  in  die  A'F- Ebene,  so  ist  dann  das 
obere  Zeichen  zu  nehmen ,  wenn  eine  im  Strome  schwimmende  menschliche 
^^igur,  gegen  die  von  ihm  begrenzte  Fläche  blickend,  die  -{-z-Axe  zur  rech- 
ten Hand  behält.  Ist  die  Richtung  des  Stromes  die  entgegengesetzte ,  so 
gilt  das  untere  Zeichen. 

II. 

Wenn  man  auf  irgend  einer  Fläche  um  einen  Punkt  herum  eine  ge 
schlosscne  Linie   von  verschwindender  Länge   beschreibt  und  sie  als  die 
Leitlinie  eines  Stromes  betrachtet,  so  nennt  man  einen  solchen  Strom  einen 
Elementarstrom,  vorausgesetzt,  dass  in  dem  betrachteten  Punkte  der  Fläche 
keine  Singularität  (etwa  eine  Spitze  u.  s.  w.)  vorkommt. 

Um  für  einen  solchen  die  Fernwirkungscomponenten  zu  bestimmen, 
verlegen  wir  den  Coordinatenanfang  bei  parallel  bleibenden  Axen  in  den 
angegriffenen  Punkt  M,    Demzufolge  erhält  man  für  die  drei  Componenten : 


'^-^J  ^ ' 

-^      ,     Pz  dx — X  dz 

^=±J  R" ' 

,     rxdy—ydx 


wobei 
ist 


elektrischer  Ströme  nnd  Stromringe.   Von  Emil  Weyr.        417 

Betrachten  wir  nan  z.  B.  die  Componente  Z,  so  läset  sich  das  Integral 

^x  dy — y  dx 


ß 


leicht  auf  folgende  Art  entwickeln. 

Bezeichnet  man  die  a;y-Projection  von  R  mit  r  und  den  Winkel,  wel- 
chen r  mit  der  x-Axe  einschliesst,  durch  (p  ,  so  ist : 

y 
Kp^=zarclang-^-^ 

X 

somit 

xdy — y  dx=r^  dq> 

und  folglich  das ,  einem  Stromelemente  zuj^ehörige 

—   /r 

Legt  man  durch  die  Endpunkte  dieses  Elementes  und  durch  die  z-Axe 
zwei  Ebenen^   so  schliessen  diese  unter  einander  den  Winkel  dq>  ein  und 
werden  auf  der  Stromcurve  ein  zweites  Element  abschneiden ,  in  welchem  t 
der  Strom  die  entgegengesetzte  Eichtung  hat;  für  welches  also  dZ  negativ 
zu  nehmen  ist,  und  zwar  in  der  Grösse  • 

(r  +  Sry.d^ 
+    ~(R  +  6B)'    ' 

wenn  dr  und  8ß  die  diesem  Uebergange  entsprechenden  Zuwächse  von  r 
nnd  R  sind.  Der  Theil  des  Integrales  also,  welcher  von  den  beiden  Ele- 
menten herrührt,  welche  durch  die  zwei  die  z-Axe  enthaltenden  Ebenen 
herausgeschnitten  werden,  ist: 


oder  wenn  man  bis  auf  unendlich  kleine  Grössen  zweiter  Ordnung  geht: 

3r*dR      2rör 


Nun  ist 

R^z=:r^+z\ 

also 

ÖR=^ B • 

Sei 

die  Gleichung  der  Fläche,  auf  welcher  sich  der  Elementarstrom  befindet, 

so  ist 

Sz=ip.öx  +  ^.öy, 

mit  p  und  y  die  Ableitungen  von  z  nach  x  und  y  \>eze\cJci\i^\.. 


418  üeber  magnetische  Ferti Wirkung 


.  m  ^f^  *^  "* 


Nun  geschieht  der  Uehergang   in  einer  dnrch  die  s-Axe  gehenden 
Ehene,  welche  mit  der  x  •  Axe  den  Winkel  tp  einschliesst. 
Es  mnss  also 

X 

dx  =  dr.costp  =  dr.  — , 

r 

dy  =  dr  .sinw  =  dr.  -^ , 

r 

und  somit 

6r 

Sz=:  —  {px  +  gy) 

T 

sein. 

Denkt  man  sich  im  Punkte  (x^  y,  z)  an  die  Fläche  die  Tangentialehene 
gelegt  und  füllt  von  M  auf  dieselbe  das  Perpendikel  /,  so  ist  bekanntlich 

^^—px  —  qy  +  z 

folglich 


oder,  wenn  man  den  Winkel,  den  /  mit  der  z- Axe  bildet,  durch  v  bezeichnet: 

i 
px  +  qy  =  z , 

cosv 
daher 


r   L  C05vJ 


Setzt  man  den  Werth  für  6  z  m  die  Gleichung  für  6R^  so  erhält  man 

zi  ' 


ÖR  =  — 

r 


/?•- 


cosv 


R 


und  somit,  wenn  man  substituirt 

—  LA'      R^cosvJ  ^' 


daher : 


^=±//[i-^J''-^'- •''''• 


Da  die  Ausdehnung  eines  Elementarstromes  unendlich  klein  ist,  so 
kann  man  für  .t,  y,  z  die  Coordinaten  irgend  eines  Punktes  der  von  dem 
Strome  umflossenen  Fläche  setzeo  und  sie  als  constant  betrachten ;  t  ist 
dann  das  von  M  auf  die  diesem  Punkte  zugehörige  Tangentialebene  ge- 
fällte Perpendikel  und  v  der  Winkel,  welchen  t  mit  der  z-Axe  bildet. 
Demzufolge  wird: 


elektrischer  Ströme  und  Stromringe.   Von  Gmil  Weyr.        4ld 


'  -  - .-  ^. 


Das  Integral 

/  i  r  .  6r  .  d(p 

ist  aber  nichts  Anderes  ,  als  die  a;y- Projection  der  von  dem  Strome  um- 
flossenen Fläche.  Wenn  wir  also  letztere  mit  f  bezeichnen  und  beachten, 
dass  sie  unendlich  klein  ist: 

I  i  r  .  Ör ,  dip=:fcosv 
und  folglich 

und  ebenso 

wenn  l  ond  fi  die  Winkel  sind ,  welche  t  oder  die  in  o; ,  y,  «  aaf  die  FUcbe 
errichtete  mit  t  gleichsinnige  Normale  mit  der  x  -  nnd  y  -  Axe  bildet. 

Oiebt  man  dem  Coordinatensystem  wieder  die  allgemeine  Lage,  so  wird : 

Das  Perpendikel  /  ist  bestimmt  dnrch  die  Gleichung 

Aus  der  letzteren  ergiebt  sich: 

da 

dt 

COSfl=: 


Es  ist  jedoch 


dl 

cosv=—  —  . 
dy 

3  (o:— tt)  _  ^  /J^N 


*)  Dieselben  Ausdrücke  findet  man  für  einen  ebenen  Elementarstrom  in  ähn- 
licher WeUe  in  Karstcn's  „Encyclopädie  der  Physik"  XIX.  Bd.  entwickelt, 
pag.  235  nnd  281. 

**)  Ich  glaube  diesen  allgemeineren  Formeln  vor  den  vorhergehenden  des- 
halb einen  Vorzug  geben  zu  müssen,  weil  ihre  Form  sie  sofort  als  Differential- 
quotienten  des  Potentiales  zu  erkennen  giebt. 

ZviUchriftf.  fAuXhemallk  o.  Phjtik,  Xllly5.  7,^ 


Daraus  folgt: 


42Ö  Ueber  magnetische  Femwirknng 

Man  kann  also  die  drei  Componenten  der  magnetischen  Fernwirkung  eines 
Elementarstromes  als  partielle  Abloitangen  der  Fanction : 

—  tf 

nach  den  drei  Coordinaten  a^  ß,  y  betrachten.  Es  wird  daher  diese  Fanc- 
tion IF  das  magnetische  Potential  des  Elementarstromes  genannt.  Diese 
Fanction  genügt,  so  wie  das  Massenpotential  der  Lapl  ace' sehen  Differen- 
tialgleichung: 

wovon  man  sich  dorch  wirkliches  Differentiiren  überzeugt. 

Es  lässt  sich  nun  sehr  leicht  nachweisen ,  dass  man  einen  Elementar- 
strom der  Wirkung  nach  durch  ein  magnetisches  Element  ersetzen  kann. 

Denkt  man  sich  nämlich  im  Punkte  (x,  y,  z)  einen  Magnetpol  von  der 
Intensität  +  m  und  in  einem  auf  der  mit  t  gleichsinnigen  Normale  im  Ab- 
stände 6n  gelegenen  Punkte  den  gleich  intensiven  entgegengesetzten  Pol, 
so  bilden  beide  zusammen  ein  magnetisches  Element  mit  dem  Momente 

m  .  öfi. 
Das  Potential  des  ersten  Poles  ist 

nnd  jenes  des  zweiten 

±»[i+'(i)] 

und  somit  das  Potential  des  magnetischen  Elementes: 

+ 
Nun  ist  jedoch 


+  ■¥■ 


folglich  das  Potential  des  magnetischen  Elementes 


elektrischer  Ströme  und  Stroniringo.   Von  Emil  Weyr.         4^1 


"  ^  --  yv^  .^^y 


Man  siebt,  dass  dieses  identisch  wird  mit  dem  des  £1ementarstromes 
von  der  Intensität  t ,  wenn 

if=m  ,ön 

wird,  d.  h.  wenn  das  magnetische  Moment  des  Elementes  gleich  ist  jenem 
des  Elementarstromes. 

Man  kann  demnach  den  Elementarstrom  durch  ein  solches  Element 
ersetzen  und  umgekehrt. 

Wie  man  sich  leicht  überzengt,  ist  hierbei  die  Lage  der  Pole  des  Ele- 
mentes eine  solche ,  dass  eine  im  Strome  schwimmende  menschliche  Figur, 
gegen  das  Element  blickend ,  den  Nordpol  zur  Linken  hat. 

Um  das  magnetische  Feld  eines  Elementarstromes  und  des  ihm  äqui- 
valenten magnetischen  Elementes  zu  untersuchen,  wollen  wir  die  im  Punkte 
(x^y^z)  an  die  Fläche  gezogene  Tangentialebene  zur  Ebene  der  xy  •  und  die 
Normale  zur  z-Axe  nehmen.     Dann  wird: 

'z  =  0, 


und  folglich  das  Potential : 


^-±ri. 


Die  Gleichung  der  Niveauflächen  ist: 

fr=«=  consl. 

und  für  unseren  Fall,  wenn  wir  d^  Factor  +/*  in  die  Constante  hinein- 
ziehen, 

yc»  =  (a^  +  /3'  +  y*)i. 

Aus  dieser  Gleichung  der  Niveauflächen  sieht  man ,  dass  dieselben 
Rotationsflächen  sind,  deren  Axe  die  Normale  ist.  Die  Gleichung  ihres 
Meridians  ist: 

oder ,  wenn  man  Polarcoordinaten  einfuhrt : 


r's=c'5t>ig). 


Die  Analysis  der  Gleichung  der  Niveauflächen  lehrt,  dass  dieselben 
durch  die  Coordinatenebenen  symmetrisch  getheilt  werden,  dass  alle  im 
Punkte  (ir,y,  2)  die  xy  -  Ebene  (d.  i.  die  Ebene  des  Elementarstromes)  inflec- 
torisch  berühren  und  die  z-Axe  überdies  zweimal  unter  rechten  Winkeln 
durchschneiden.  Ferner  sind  alle  ähnlich  und  ähnlich  gelegen  in  Bezug 
anf  den  Punkt  {x^y^z)  als  Aehnlichkeitscentrum.  Ganz  dasselbe  gilt  von 
den  Meridianen  der  Niveauflächen,  den  Niveaulinien. 

7»^ 


422  Ueber  magnetische  Fernwirkung 


■     ^^  *  •    ^         -      .*-w^V  ^  "N^" 


Dieselben  bilden  Achterlinien ,   deren  Doppelpnnkt  der  Coordinaten- 
'anfacg  ist  und  welche  die  Z- Aze  zur  Axe  haben.     Aus  der  Gleichung: 

ergiebt  sich  eine  sehr  einfache  Construction  für  diese  Meridiane. 

Ist  nämlich  |0^  die  Ebene  eines  solchen  Meridians  (siehe  d.  Taf.), 
dessen  Parameter  c  ist,  und  man  will  Punkte  desselben  bestimmen,  80  be- 
Bchreibe  man  aus  0  den  Kreis  Af  mit  dem  Radius  c  und  über  OB=c  als 
Durchmesser  den  Kreis  IT,  Um  nun  die  auf  dem  Leitstrahle  OS  liegenden 
Punkte  des  Meridians  zu  finden,  mache  man  OT-^OS  und  beschreibe 
über  M N  als  Durchmesser  einen  Kreis,  welcher  den  Strahl  OS  in  P,  und  P, 
schneidet;  so  sind  Pj  und  P,  Punkte  des  Meridians. 

Denn  es  ist: 

ÖPj«  =  OP^^  ==r^=OM.ON=c.csinq>  —  c^sin  <p. 

Da  alle  Meridiane  in  Bezug  auf  0  ähnlich  und  ähnlich  gelegen  sind, 
so  kann  man  aus  einem  Meridiane  alle  übrigen  ableiten. 

Weil  die  Niveaufiächen  Rotationstiächen  sind,  so  sind  die  Kraftlinien 
ebene  Curven,  deren  Ebenen  durch  die  :•  Axe  gehen,  und  zwar  sind  sie 
deshalb  die  orthogonalen  Trajectorien  der  Meridiane  der  Niveauflächen. 

Die  Gleichung  der  letzteren  war: 

daher  ihre  Differentialgleichung : 

2dr  —  r  .  coi(p  .  dq>^iO 
und  somit  die  Differentialgleichung  der  Kraftlinien 

dr  .  coiq>  +  2r  .d(p  =0, 
woraus  sich  durch  Integration  ergiebt : 

r  =iC^  cos*  (p , 

welches  die  Gleichung  der  Kraftlinien  ist. 

Aus  derselben  ergiebt  sich  folgende  einfache  Construction  der  Kraft- 
linien: 

Man  beschreibe  aus  0  mit  Cj  als  Radius  den  Kreis  K  (siehe  d.  Taf.) 
und,  um  die  dem  Leitstrahle  OS  entsprechenden  Punkte  der  Kraftlinie  zu 
finden,  mache  man  M^O^  und  iV,  0,  parallel  zu  Of  und  Q^P^  und  QtPt  senk- 
recht auf  ÖS,  so  sind  P,  und  P^  zwei  Punkte  der  Kraftlinie. 

Denn  es  ist: 

0 Pi  =  0 P2=^  r  =  0 Q  ,  cos gj  =  c,  cos q> .  cos gj  =  c,  cos^ gj. 
Für  g)  =i  0  und  q>  =  n  wird : 

also  sind  ^,  und  B^  auch  Punkte  der  Kraftlinie. 

Die  Untersuchung  der  Gleichung  der  Kraftlinien  zeigt,  dass  alle  in 
einer  und  derselben  durch  die  f-Axe  gehenden  Ebene   liegenden  Kraft- 


elektrischer  Ströme  und  Stromringe.   Von  Emil  Weye.        423 


-*-•■••>•.•■  ^•"•-^•-^      *■--   -*   .   -'^•^^^  •-^.y"»^  -^^ 


'-^-/"^-■^•^^-^•-^•v- 


linien  durch  0^  und  0\  symmetrisch  getheilt  werden  und  alle  in  0  die  {;- Axe 
inflectorisch  berühren  und  überdies  noch  zwei  Mal  die  |-Axe  unter  rechten 
Winkeln  durchschneiden.  Sie  bilden  ein  System  von  Achterlinien,  welche 
in  0  ihren  Doppelpunkt  haben  und  der^n  Axe  die  |-Axe  ist. 

III. 

Die  Resultate,  welche  sich  aus  der  Betrachtung  eines  Elementarstro- 
mes ergeben,  lassen  sich  sofort  auf  einen  endlichen  Strom  iS  übertragen. 

•  Legt  man  nämlich  durch  S  eine  Fläche  F^  deren  einzige  Begrenzung 
S  bildet,  und  zerlegt  man  nun  F  in  unendlich  kleine  Flächenelemente,  so 
kann  man  sich  jedes  derselben  von  einem  mit  S  gleichgerichteten  und  gleich 
intensiven  Strome  umflossen  denken.  Die  Gesammtwirknng  dieser  Ele- 
raentarströme  ist  dann  offenbar  identisch  mit  jener  des  Stromes  5,  da  sich 
die  ausserhalb  «S  liegenden  Elcmentarströme  ihrer  entgegengesetzten  Rich- 
tung wegen  der  Wirkung  nach  aufheben. 

Das  Potential  eines  dieser   Elementarströme,  welcher  die  Fläche  df 

nmfliesst,  ist  nach  Früherem: 

—  dfA 

Das  Potential  des  ganzen  Stromes  S  ist  also : 

'^—df.i 


W 


-l^'-'^ 


Das  doppelte  Zeichen  ist  zu  dem  df  zu  rechnen  und  richtet  sich  nach  der 
Lage  von  df  und  der  Richtung  des  df  umkreisenden  Elementarstromes. 
Denkt  man  sich  jeden  der  Elcmentarströme  durch  das  ihm  äquivalente 
magnetische  Element  ersetzt,  und  rechnet  man  die  Axenrichtung  desselben 
vom  Nordpole  nach  dem  Südpole  als  positiv,  so  ist  das  obere  Zeichen  dann 
zu  nehmen ,  wenn  die  Axenrichtung  des  magnetischen  Elementes  mit  jener 
von  i  übereinstimmt,  und  das  untere,  wenn  diese  beiden  Richtungen  ent- 
gegengesetzt sind.  Wenn  wir  also  /  als  positiv  oder  negativ  rechnen ,  je 
nachdem  es  mit  der  Axe  des  betreffenden  Elementes  dieselbe  oder  die  ent- 
gegengesetzte Richtung  hat,  so  kann  man 

'~     J     R' 
schreiben. 


fF. 


Die  drei  Wirkungscomponenten  sind  dann: 

dff 

dfv 

^  —    a     • 


424  Ueber  magnetische  Fernwirkung 

Es  braucht  nicht  bemerkt  zu  werden,  dass  auch  das  Potential  eines 
geschlossenen ,  endlichen  Stromes  der  Gleichung 

gentigen  muss. 

Dem  Integrale 

kann  man  eine  bemerkenswertlie  Deutung  geben. 

/ 
Es  ist  nämlich  -^  der  Cosinus  des  Winkels  ö  zwischen  dem  Leitstrahle 

R  und  der  in  rf/*  auf  die  Fläche  errichteten  Normale,  letztere  in  der  Rich- 
tung vom  Nord  -  zum  Südpole  des  äquivalenten  magnetischen  Elementes 
gezählt;  somit  ist  das  erwähnte  Integral  auch  gleich 

*df.  cos 6 


s 


/?» 


Nun  ist  df  ,cos6  die  centrale  Projection  von  df  auf  die  mit  dem  Ka- 
dius  R  aus  M  beschriebene  Kugel,  und  somit  ' — '-^ —  die  centrale  Projec- 
tion von  df  auf  die  ausM/  mit  dem  Kadius  1  beschriebene  Kugel. 

Der  Winkel  ö  ist  entweder  für  alle  Punkte  der  Fläche  F  spitz  oder 
überall  stumpf.  Dies  wird  dann  der  Fall  sein ,  wenn  sich  von  M  an  F  kein 
Berührungskegel  legen  lässt,  oder  wenn  der  aus  M  über  S  construirte  Ke- 
gel die  Fläche  F  (ausser  in  S)  nicht  schneidet. 

Dann  ist  das  Integral 

^df .  cos  6 


f 


R' 


der  Flächeninhalt* der  centralen  Projection  von  N  auf  die  ans  ;V  mit  dem 
Radius  1  beschriebene  Kugel. 

Es  kann  aber  auch  ö  theils  spitz,  theils  stumpf  sein. 

Dies  wird  dann  eintreten,  wenn  sich  von  31  an  F  ein  oder  mehrere  Be- 
rührungskegel  legen  lassen.  Die  Bcrührungscurven  trennen  dann  jene 
Partien  ab,  in  welchen  der  Winkel  ö  ausschliesslich  spitz  oder  stumpf  ist. 
Wenn  man  in  diesem  Falle  aus  M  über  iS^  als  Leitcurve  einen  Kegel  con- 
struirt,  so  wird  dieser  die  Fläche  F  (ausser  in  S  noch)  schneiden.  Offen- 
bar werden  sich  die  Glieder  des  Integrales,  welche  sich  auf  die  ausserhalb 
dieses  Kegels  liegenden  Tlieile  von  /'erstrecken,  tilgen,  und  es  bleibt  nur 
das  Integral  über  den  Theil  der  Fläche,  welcher  innerhalb  des  Kegels  liegt. 

Dies  giebt  aber  dem  Integral 

\os6  .  df 

wieder  den  Werth  des  Flächeninhaltes  der  Centralprojection  von  S  auf  die 
aus  M  mit  1  beschriebene  Kugel.    Nennen  wir  diese  Fläche  Fy  so  hat  man: 


ß 


elektrischer  Ströme  und  Stroraringe.  Von  Emil  WßVB.        4?6 

Aus  diesem  geht  sofort  klar  Jiervor,  dass,  wenn  man  das  Integral 


f 


über  eine  geschlossene  Flüche  ausdehnt,  dasselbe  verschwinden  müsse. 

Da  man  ferner  durch  S  unendlich  viele  Flächen  legen  kann,  so  lässt 
sich  IV  auf  unendlich  viele  Arten  darstellen,  und  man  sieht,  dass  das  über 
eine  Fläche  ausgedehnte  Integral 

'*df.t 


/■ 


Ä» 

nur  von  der  Begrejizung  der  Fläche  abhängt  und  mit  dieser  gleichzeitig 
verschwindet. 

Die  Niveauflächen  des  Stromes  S  werden  durch  die  Gleichung 

fV=  consL 
eharakterisirt. 

Diese  Gleichung   kann  man   der   angegebenen  Auffassnngsweise  des 
Potentials  gemäss  folgendermaassen  in  Worte  umsetzen: 

Eine  Niveaufläche  ist  jene ,  von  deren  jedem  Punkte  aus  man  die 
Stromcurve  denselben  Flächeninhalt  einschliessen  sieht. 
Um  die  Nützlichkeit  der  angeführten  Auffassungsweise  des  Potentials 
an  einem  Beispiele  zu  zeigen,  soll  dasselbe  für  einen  Strom  bestimmt  wer- 
den, dessen  Leitlinie  irgend  ein  Kegelschnitt  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  ist. 
Um  das  Potential  zu  finden,  verwenden  wir  die  Gleichung:  * 

W=  +  F, 

wobei  F  die  Fläche  ist,  welche  die  centrale  Projection  von  S  auf  die  aus 
M  mit  dem  Radius  1  be8chriebene  Kugel  einschliesst.  Um  diese  Oentral- 
projection  zu  finden,  hat  man  jeden  Punkt  des  Stromes  mit  M  zu  verbinden 
und  den  Schnitt  mit  der  Kugel  zu  suchen.  Die  Gesammtheit  der  Projec- 
tiousstrahlon  bildet  einen  Kegel  zweiten  Grades,  dessen  Schnitt  mit  der 
Kugel  die  Centralprojection  von  iS^  ist.  Dieser  Schnitt  ist  nun  ein  sphäri- 
scher Kegelschnitt,  und  wir  haben  die  Aufgabe  aufzulösen:  die  Fläche  zu 
finden ,  welche  dieser  sphärische  Kegelschnitt  auf  der  Kugel  begrenzt. 
Zu  dem  Ende  denke  man  sich  das  Coordinatensystem  in  eine  solche  Lage 
gebracht,  dass  die  Uauptaxen  der  Kegelfläche  zugleich  Coordinaten- 
axen  werden.  Werden  die  zwei  Parameter  des  Kegels  mit  k  und  ft  be- 
zeichnet, so  ist  seine  Gleichung: 

,A'a:»-t-fA*y*  — z»  =  0, 

und  die  Gleichung  der  Kugel : 

^*  +  y*  +  2'  =  1. 
Es  ist  somit  die  Gleichung  der  a:y- Projection  dos  sphärischen  Kegelschnittes: 


426  Ueber  magDetische  Femwirkniig 


-'*  -*■>■  •>-^^^«>^^^«  ^ ^ . 


folj^lieh  die»«  f;iue  EIIip»e  mit  den  Axen: 


.-T^  ond 


Werdeo  die  Winkel,    welche  die  Uaoptöcbnitte   des  KegeU  mit  der 
; •  Aze  bilden,  mit  A  ond  B  bexeicbnet .  so  hat  man: 

l  =  coiA^ 
liz=coi  B, 

dflbf^r  die  Gleichang  der  ^^-Projection  auch: 

in^A^sim^B         ' 

HO  da««»  sinA  and  sin  B  die  beiden  Axen  der  Ellipse  sind. 

Heisfft  g  der  Radinsvector  in  der  x^- Ebene  ^  so  ist  das  Differential  der 
KngelflHcbe: 

df=^     —- , 

oder,  da 


sttv 


ist,  80  hat  man  für  die  Fläche  des  sphärischen  Kegelschnittes: 

welches  l)op])cIiritt*gral  Ubor  den  ganzen  Flachenranm  der  Ellipse 

aiiHKudebnen  ist. 

Nach  Q  kann  die  Integration  durchgeführt  werden,  und  zwar  hat  sie 
von  0  bis  r  zn  geHchehen',  wenn  r  der  dem  Winkel  q>  zugehörige  Radius- 
vector  der  Ellipse  ist. 

Man  erhält  deinnaili 

'2n  In 

/'=:  /*(!  —  /l  -r*)  d(p  =  2n-  fj/l  — r* .  dtp. 

0*  0 

Führt  man  die  excentrische  Anomalie  u  ein,  so  hat  man: 

X  =^  sin  A  .  cos  (o , 

y  =  5i>?  B  .  sin  CO , 

/sin  B\ 

CD  =  nrr  lang  \ 1 .  tting  cd  , 

\sin  .4/  * 

(leninacli 

dtp  IT  =  sind  .  sin  B  .  -r-,- ^ r-^i  »   ■  « 

sm^  A  ros*  cq  +  snr  B  stn^  m 

Mnd 

r*  -    u;'  +  y*  -2  5m«  .i  .  cos*  00  -|-  sm'  /?  .  si «'  co , 


elektrischer  Ströme  und  Stromringe.    Von  Emil  Weyb.        427 


sonach : 


2n 


e/  strr  Ä  cor  co  +  sin'  B  atrr  co 

0 


Wenn  man  annimmt,  dass  A  der  kleinere  von  den  beiden  Winkeln  A  und 

B  ist,  so  setze  man: 

sin^B—sin^A      ^ 


sin^B — sin^A 
cot^A 


=  Ä«. 


Nun  kann  F  leicht  auf  die  Form  gebracht  werden  : 

n  n 

2  2 

_  4sinAsinBr     1       r den  __    /*     rfo      ] 

"■    ^  cosA       Isin^AJ  (l+Äsm«a})^(a>.T)     J  2f(a>.^)J' 

0  0 

Oder  wenn  man,  wie  üblich,  mit  //g  das  vollständige  elliptische  Integral 
dritter  Art  in  der  Form  von  Legendre  und  mit  K  das  vollständige  ellip- 
tische Integral  erster  Art  für  k  als  Modulus  und  h  als  Parameter  bezeichnet: 


F=  27S  —  4iang  A  .  5i>f  B  \-rx-j  —  ^\ 


Diese  Gleichung  ist  jedoch  nicht  mehr  giltig,  wenn  der  Punkt  M  in  die 
Stromebene  hineinfällt,  weil  dann  der  Kegel  eine  Ebene  wird.  Dieser 
Fall  lässt  sich  jedoch  unmittelbar  sehr  einfach  erledigen,  und  zwar  kann 
zweierlei  zutreffen.  Entweder  fällt  der  Punkt  ausserhalb  der  vom  Strome 
umflossenen  Fläche,  dann  ist  sofort: 

oder  aber  er  fällt  innerhalb  dieser  Fläche;  dann  ergiebt  sich: 

F=27t\ 
denn  im  ersten  Falle   schneidet  der  Kegel  die  Kngel  in  einer  nicht  .ge- 
schlossenen Linie  und  im  zweiten  Falle^n  einem  grössten  Kreise. 
Das  Potential  ist: 

W=:  +  2n  +  UanyA  sin  B  f-/^^-  -  äI. 

Ich  lasse  nun  eine  Entwickelung  des  Potentials  resp.  der  sphärischen 
Fläche  F  nach  Kugelfunctionen  folgen. 
Bezeichnet  man  die  Grösse 

sin^A  .  cos*  CD  +  *«'«*  ^  •  *«w*  o> 
mit  Zy  so  ist 

2n 


F==27i--8inAsmB   rdfo.j/l-z 


Entwickelt  man  nun  j/l  —  z  nach  Potenzen  von  5,  so  findet  ma  sehr  leicht 
die  Gleichung: 


428  Ueber  magnetische  Femwirkung 


'••^•x^^j 


somit : 


l/l— t  =  1  —  2;'!  r— 4-7-xl,   .  2", 

'^  I   2n  — l[2"i7(w)p 


23r  2] 


J     z  ^  I  2/1  — l[2"i7(ii)]V 

Nun  ist  aber: 

r^^  r </a)  ___/*  rf(2a>) 

^    c       fc/  si/i*^ CO«* CD  +  sin^  B  sin' co     */  «1/1* -:/ + sin*  B—cos2<a  (sin*  B — «fit* j) 

2it  2n 

=  2. 


f/(«>i*  Ä  +  Äiw*  ^)*  —  (sin"  B  —  sf/i*  .4)*      ««>»  -^  «'"  ^  ' 

somit: 

ix 

F=«f>t^«i>i5  2r— ^-  .Al^r.  fä(o.z''-K 

1  2/1— 1  [2  i7  (/?)!* J 

Es  ist  nun : 

n 

2«  2 

rd(o.z''^^=:4  f(sin'  A  coi^  o  +  «'»*  ^  •  ««* «)"— '  .  ^a>, 
0  u 

oder,  wenn  man  200=9  setzt,  gleicli 

— — j    /     5IK*  ^  +  si/i*  Z^  —  coS  q>  (siti*  B  —  si/i*  A)  \        rfqp ; 

setzt  man  jedoch : 

sin^  A  +  sin*  B  =  qx  , 

sin* B  —  sin* A=  g yx*^\ , 
so  wird : 


in 


/:"-^/a)=^2  /  (^  —  l^JC*—\vos(py^^dfp, 


0  0 

Da  jedoch : 


-   /  (j- — yx* — \cu$(py      (f(p 


die  (/i  — 1)*®  Kugelfiinc-tion   für  das  Argument  a:  ist,  so  folgt  daraus: 

in 


Aus  den  zwei  vorhergehenden  Gleichuugen  ergiebt  sich  sofort: 

5m*  A  +  *'"*  ^ 
2  Sf ;i  .4  sin  B 
^  nj:  2  s//<  -'/  sin  B , 


elektriBcher  Ströme  und  Stromringe.   Von  Emil  Weyr.         429 


somit : 


und  folglich : 


2« 
0 


/ 


^^^^{sinAsinBY     n{2n)     ^(-'^) 


2/1-1       [2"i7(«)]*    (,)    • 
Das  Potential  endlich  ergiebt  sich  aus  der  Gleichung : 

Da  ebene  Ströme  von  besonderem  Interesse  sind,  so  will  ich  nun  zu  der 
Betrachtung  ihres  Potentials  im  Allgemeinen  übergehen. 

Legen  wir  den  ebenen  geschlossenen  Strom  so  in  die  orj^- Ebene,  dass 
eine  in  ihm  schwimmende  menschliche  Figur,  ins  Innere  der  von  ihm- um- 
flossenen Fläche  blickend,  die  z-Axe  zur  linken  Hand  hat  und  machen  die 
Annahme,  dass  seine  Leitcurve  sich  nirgends  selbst  durchschneide,  so 
bietet  sich  zur  Bestimmung  des  Strompotentials  W  sofort  das  von  der 
Stromcurve  umflossene  Stück  der  a:^^- Ebene  dar. 

Wenn  wir  das  Integral 

^df.t 


f 


auf  diese  Fläche  beziehen,  so  ist  für  alle  Funkte 


somit: 

ff 


f'df 


Denkt  man  sich  die  Stromcurve  S  als  die  Basis  eines  zur  ;-Aze  parallelen 
Cylinders,  so  hat  das  Potential  innerhalb  desselben  eine  andere  Form  als 
ausserhalb. 

Offenbar  wird  für  alle  Punkte,  welche  innerhalb  des  C^^linders  liegen, 
die  xy-  Projection  in  den  von  dem  Strome  umflossenen  Theil  der  j:y- Ebene 
fallen ,  Wogegen  für  ausserhalb  liegende  Punkte  diese  Projection  ausserhalb 
der  Stromcurve  liegt. 

Der  Kürze  halber  möge  dieser  Cylinder  der  Stromcylin  Jer  heissen. 

Betrachten  wir  nun  den  Funkt  M^  auf  welchen  sich  das  Potential  be- 
zieht, und  legen  wir  der  Einfachheit  wegen  die  z-Axe  durch   denselben. 

Dann  wird: 

a  =  0, 

|5  =  0, 
folglich : 

Ä'  =  .T«  +  f/*  +  /, 

oder,  wenn  wir  die  a:j/- Projection  von  R  mit  q  bezeichnen: 
Dabei  i»t  q  von  der  xy-  Projection  M^  des  Punktes  M  cftt^«.Wc\« 


w 


4*^0  Ueber  magnetische  Femwirkang 

Heisst  ferner  q>  der  Winkel,  welchen  q  mit  einer  beliebigen  durch  Jf, 
in  der  a:^^- Ebene  gezogenen  Axe  bildet  (gezählt  in  der  angegebenen  Strom- 
richtung), 80  ist: 

dfs=Q .  dQ  ,dg>j 
folglich : 

Stellen  wir  ans  nun  die  Aufgabe ,  dieses  Doppelintegral ,  welches  sicli 
auf  den  vom  Strome  umflossenen  Theil  der  a:y- Ebene  bezieht,  in  ein  ein- 
faches zu  verwandeln,  das  sich  über  die  geschlossene  Stromcnrve  S  selbst 
erstreckt. 

Da  hat  man  nun  die  zwei  Fälle  zu  unterscheiden,  ob  nämlich  M  inner- 
halb oder  ausserhalb  des  Stromcylinders  liegt. 

Liegt  erstlich  M  ausserhalb  des  Stromcylinders ,  so  liegt  Af,  ausserhalb 
des  Stromes  5;  dann  schneidet  jeder  durch  M^  gezogene  Leitstrahl  die 
Stromcnrve  in  Punkten  von  einer  geraden  Anzahl.  Sie  mögen  i,2,3....2ii 
und  die  ihnen  zugehörigen  Werthe  von  ^  r,,r,  ....r,„  heissen.  Führt  man 
nun  in  W  die  Integration  nach  q  aus,  so  hat  man  von  r,  bis  r, ,  von  r,  bis 
r^  u.  s.  w.  zu  integriren  und  erhält : 

V  L/r.'+y'      /r,»+/      /V+y«      /r.»+y'  J 

Ist  nun  ds  ein  Stromelcmeut  (in  der  Stromrichtnng  gezählt)  and  6  der 
Winkel,  welchen  dasselbe  mit  seinem  Leitstrable  r  einschliesst  (welcher 
Winkel  alle  Werthe  von  0  bis  2n  annimmt),  so  hat  man: 

r  .  dq>  =  ds  .  sinQ 
und 

ds  ,  sind 

r 

Man  wird  einseben,  dnss  bei  der  angegebenen  Zählung  des  Winkels  (p 
in  den  Punkten  1,  3,  5 . . .  die  Richtung  des  wachsenden  <p  jener  des  wach- 
senden s  entgegengesetzt  ist,  während  beide  in  2,  4,  6...  gleich  sind. 

Für  die  ersten  Punkte  ist 

ds  sin  6 

dm  =  — ^ 

r 

und  für  letztere- 

ds  .  sind 
dq)  = . 


Dies  berücksichtigt,  erhält  man  für  ff^  sofort  den  Werth: 

*  ds  ,  sind 


/*as,smn 


elektrischer  Ströme  und  Stromringe.   Von  Emil  Weyr.        431 

wo  sich  nnn  das  Integral  über  die  geschlossene  Stromcurve  zu  erstrecken 
bat ,  und  r  die  Entfernung  eines  Punktes  des  Stromes  von  der  x  y  -  Projec- 
tion  A/|  des  Punktes  M  bedeutet,  auf  welchen  sich  das  Potential  bezieht. 

Bezeichnet  man  mit  p  das  von  Afj  auf  die  Tangente  der  Stromcurve 
gefällte  Perpendikel  (welches  +  oder—  ist,  je  nachdem  seine  Richtung 
mit  der  der  äusseren  Normale  der  Stromcurve  übereinstimmt  oder  ihr  ent- 
gegengesetzt ist)  ,  so  ist : 


also  auch 


sin  6  =  — , 
r 


J  rVr'  +  y' 


Liegt  zweitens  der  Punkt  M  innerhalb  des  Strorocylinders,  also  M^ 
innerhalb  5,  so  schneidet  jeder  durch  il/,  gezogene  Leitstrabi  die  Strom- 
curve eine  ungerade  Anzahl  — mal,  z.  B.  in  den  Punkten  1,  2, 3...(2/i  —  1). 

Führt  man  die  Integration  nach  q  abermals  aus,  so  hat  man  von  0  bis 
Ti,  von  r,  bis  r,  u.  s.  w.  zu  integriren  und  erhält: 

oder,  da  die  Integration  nach  9  in  diesem  Falle  offenbar  von  0  bis  2n  ge- 
schehen muss: 

V  L/r,'  +  y*      l/r,^+f      j/^+y»      j/r.^+f  J' 

oder  da  hier  für  die  geraden  Indices : 

•  ds  ,  sind 

r 

and  für  die  ungeraden: 

ds  .  sin  d 
dq>=^ 


ist: 

/*   ds  .  sin  6 
^=:-2«  +  y   / , 

oder : 

V   r^j/r^  +  y' 

Wenn  wir  also  das  über  die  ganze  Stromcurve  ausgedehnte  Integral : 

ds  ,  p 


f 


r^j/r''+  y« 


mit  U  bezeichnen,  so  ist  für  ausserhalb  des  Stromcylinders  liegende  Punkte 

W=»yü 


432  Ueber  magnetische  Femwirkang 


*  1^-*-*^^^ 


and  för  innerhalb  liegende  Pankie : 

Wenn  man  somit  ron  Aussen  in  den  Stromcylinder  oder  nmgekelut 
übergeht,  so  ändert  sich  der  Werth  des  Potentials  nm  2^. 

Liegt  der  Pnnkt  M  in  der  Stromebene  und  zwar  ausserhalb  S^  so  wird: 

fr  =  0; 
liegt  er  innerhalb  S^  so  wird: 

^=-2«. 

Auf  der  entgegengesetzten  Seite  der  Stromebene   ist  der  Potentialwerth 
(weil  y  ans  dem  Negativen  sich  der  Null  nähert) : 

W^'=  +  2«. 

Beim  Durchgang  durch  die  Stromebene  innerhalb  des  Stromes  ändert  sich 
der  Potentialwerth  um  4;r,  ausserhalb  des  Stromes  gar  nicht. 

Da  in  der  ganzen  Stromebene  das  Potential  entweder  den  Werth  0 
oder  2n  aufweist,  so  ist  die  Stromebene  eine  Niveaufläche,  oder  eigentlich 
bildet  sie  zwei  Niveauflächen ,  da  dem  vom  Strome  umflossenen  Theil  ein 
anderer  Potentialwerth  zukommt,  als  dem  äusseren.  Und  in  der  That  ist 
auch  in  diesen  beiden  Theilen  der  Stromebene  die  Kraftrichtung  die  ent- 
gegengesetzte. 

Es  mag  nun  noch  der  Grenzwerth  betrachtet  werden ,  dem  sich  das 
Potential  eines  ebenen  Stromes  für  sehr  grosse  Entfernungen  nähert. 

'  Für  diesen  Fall  kann  man  7?  für  alle  Punkte  der  Stromcurve  als  con- 
stant  betrachten  und  erhält: 

^■=^'/''^' 

oder,  wenn  mit  F  die  vom  Strome  umflossene  Fläche  bezeichnet  wird: 

— vF 
ff  =  — '- 

welches  derselbe  Ausdruck  ist,  wie  wir  ihn  für  das  Potential  eines  £le- 
raentarstromes  erhalten  haben. 

Die  Niveauflächen  und  Kraftlinien  nehmen  daher  für  sehr  grosse  Ent- 
fernungen den  Charakter  der  Niveauflächen  und  Kraftlinien  eines  Ele- 
mentarstromes an. 

Unter  den  ebenen  Strömen  zeichnet  sich  seiner  praktischen  Verwend- 
barkeit wegen  insbesondere  der  kreisförmige  aus. 

Es  sollen  daher  die  oben  gefundenen  allgemeinen  Ergebnisse  auf  einen 
solchen  angewendet  werden. 

Um  sein  Potential  für  alle  Fälle  zu  bestimmen ,  hat  man  blos  das  Inte- 
gral V  zu  entwickeln. 

Damit  jedoch  die  Entwickelung  möglichst  einfach  ausfalle,  nehmen 
wir  den  Mittelpunkt  des  Kreises  zum  Coordinatenanfangspnnkt  und  legen 


elektrischer  Ströme  und  Stromringe.   Von  Emil  Weyr.        433 


*^'-^w--<^^.^-'  ^    ^   ."  ä'    ^    ^    .-      .      ^      ,      '      ^  .•-  ,  ^^^^^J^^  ■*./.-.  ^^.,-,-^j>--.  -     ^    ^    ^   ^    ^        -.-'  "'■^-^.^■^^^^ 


(ohne  der  Allgemeinheit  der  Untersnchiing  zu  schaden)  die  xz- Ebene 
durch  den  Punkt  M,  auf  den  sich  das  Potential  bezieht.  Dann  ist  a  die 
Entfernung  des  Kreiscentrums  von  der  xy  •  Projection  iKf,  des  Punktes  M. 
Heisst  a  der  Radius  des  Kreises  und  g)  der  Winkel,  welchen  er  in 
irgend  einer  Lage  mit  der  negativen  x  Axc  bildet  (diesen  Winkel  in  der 
Stromrichtung  gezählt) ,  so  ist : 

p  =  a'\-acosg>^ 

r^  =  a*  -^-  a'  -^-  2  rt  a  cos  q> , 
somit : 

jj^^    r {a  +  cLCOsq>)dxp -_ 

Setzt  man: 

<jp  =  2co, 

4aa 


4aa 


SO  ergiebt  sich  nach  einer  einfachen  Umformung  sehr  leicht: 

^^(a+a)*  +  /L\a  +  «/ */   (l+//sm'cö)  z/(a»A-)      J    z/(coA')J' 


oder: 


k:-5^"--') 


^  =  -       ,       -    -      - 
/(«  +  «)»  +  / 


Daher  das  Strompotential : 

2y 


&."'-'^) 


Das  doppelte  Zeichen  von  n  entspricht  den  zwei  Lagen  des  Punktes ,  auf 
welchen  sich  das  Potential  bezieht,  bezüglich  des  Stromcylinders. 

Für  Punkte  innerhalb  desselben  ist  das  untere,  für  ausserhalb  liegende 
dagegen  das  obere  Zeichen  zu  wählen. 

Die  Wirkungscomponenten  würden  sich  aus  W  durch  Differentiation 
nach  den  Coordinaten  ergeben.  Da  jedoch  dieselbe  complicirt  ausfällt, 
scheint  es  mir  entsprechender  zu  sein ,  die  Componenten  aus  den  für  sie 
entwickelten  Fundamentalgleichungen  Seite  416  abzuleiten. 

Behält  man  das  eben  verwendete  Coordinatensystem  bei,  so  lie/ern 
die  anfangs  entwickelten  Gleichungen  für  die  drei  Componenten  die  Aus- 
drücke : 


434  Ueber  nuignetiscbe  Femwiikiig 


'^^^^^^^^^^^^■^^^^^^^^^^^^^^^^■^^^^^^■^^^^^■^^^■^■^^■^^^■^■^^^^^^^^r^^i^^i^^^^tmftmf^it^^ 


4x 


"f^ 


---p 


*— «)^f  —  f^' 


Weno  mmo  wieder  den  Wickel  ^  einfahrt ,  so  ist : 


fol^ieh : 


=  -arf 


cosqt  dq^ 


• 
Z^af 


{e^+t^+2aacosq>+f)i 


Vor  allem  Anderen  sieht  man,  dass  sich  die  Integration  in  Fnnmittelbar 
durchführen  Iftsst  nnd 

liefert;  d.  h.  die  Resultantenrichtang  befindet  sich  in  der  j:r- Ebene  oder 
in  der  durch  den  afficirtcn  Punkt  und  die  Stromaxe  gelegten  Ebene. 

Für  die  zwei  übrigen  Componenten  erhält  man  nach  ^inführnng  des 
Winkels  m  die  Ausdrücke : 

4ay /»*  (2cos^m'-'l)dm 

[{a+ay+^]ij  ^(«'^)        ' 

0 

ff 
„^  4a  /»-j  a  +  a(2co5*iö  — 1)  rfoj 

oder  endlich: 


Liegt  der  magnetische  Punkt  in  der  Stromebene,  so  wird : 
folglich : 


elektrischer  Ströme  und  Stromringe.   Von  Emil  Wktr.        435 


nnd 


4^1      r    K—E    («-«)  Er\ 


Nun  ist  hier: 


*«=  """ 


(«+«)• 


und 


woraus  sich  leicht 


ergiebt*). 

Liegt  der  magnetische  Punkt  in  der  Stromaxe,  so  ist: 

«  =  0, 
somit  auch : 

^  =  0. 

Der  Werth  von  X  nimmt  eine  unbestimmte  Form  an,  welche  sich  je- 
doch leicht  bestimmen  lässt. 
Bekanntlich  ist: 

*=T['+(IP+(hl)W ] 

und 

-f[-(T)'M.h-:y?- ]• 

folglich : 
nnd  weil 
ist,  so  hat  man: 

ir=o. 

Für  Z  ergiebt  sich  der  bekannte  Werth : 

2na* 


Z:^ 


und  überdies  für  y=0; 


z='-2. 


(l 


*)  Denselben  Ausdrnck  findet  man  im  zweiten  Hefte  de»  14.  Thoiles  von 
Grunert'»  Archiv,  wo  Herr  Dr.  Haedenkamp  die  Wirkung  linearer  elt»ktri- 
II eher  Ringle,  aber  nur  für  den  Fall  betrachtet,  dn»a  der  maf^netische  Punkt  iu  d^t 
Stromebene  liege. 

Zritschrin  f.  Maihemzlik  u.  Phytik.  XllI,  5  ^(^ 


436  lieber  roagnetiscbe  Fernwirknng 


Wir  haben  zur  BestimmuDg  des  Potentials  eines  ebenen  Stromes  (sor 

Berechnung   des   Integrals     1  -^-)  den  von   ihm   nmgrenzten   Theil  der 

Stromebene  verwendet.  Man  gelangt  za  demselben  Resultate  mit  Be* 
nntznng  irgend  einer  anderen  durch  den  Strom  gelegten  Fläche. 

Des  folgenden  Abschnittes  wegen  will  ich  jetzt  das  Potential  eines 
Kreisstromes  mittelst  einer  durch  ihn  zur  z  Achse  parallel  gelegten  Cylinder- 
fläche  bestimmen.  Damit  der  Kreisstrom  die  einzige  Begrenzung  der 
Cylinderflächo  bilde,  mut:s  man  dieselben  nach  einer  Richtung  (wir  wollen 
die  -^-z-Axe  wählen)  unbegrenzt  lassen. 

Für  eine  solche  ist  mit  Beibehaltung  des  augewendeten  Ooordinaten- 
Systems  und  der  angegebenen  Stronirichtung: 

f= — ('/  +  «^<>*<p). 
Ä*  =  //•  -|-  «»  -J-  2  a  u  cos  <jn  +  (c  —  y )'' , 

somit  ist  das  Potential  des  Kreisstromes: 

11'^    /**     /'  a{a  +  acos(r)f1fp  dz 

J       J   [«»  +  a*+2«acü5<jp+(z  — y*J]ä 

Würde  man  die  Integration  nach  z  ausführen  (was  unmittelbar  ge- 
schehen kann)  und  dann  weiter  reduciren,  so  erhielte  man  dieselbe  Form 
für  W y  wie  ich  sie  im  Vorhergehenden  angab. 

Zugleich  kommt  man  auf  die  doppelte  Form  des  Potentials,  entspre- 
chend der  doppelten  Lage  des  magnetischen  Punktes;  nämlich  innerhalb 
und  ausserhalb  des  Stromcylinders. 

Für  uns  ist  nur  die  letztentwickelte  Form  des  Potentials  wichtig. 

Es  lässt  sich  nämlich ,  wie  sofort  erhellen  wird ,  auch  schreiben : 

doy       J    /««  +  a»  +  2aaro5(p  +  (r  — y)* 
Hezeiclmet  man  mit  V  das  Massenpotential  des  Stromcylinders,  so  ist 

In 
y^    /**     /* ad(p  .dz       

0         ü      j/^''  +  ß'  +  2«af0Äqp  +  (*  — y/ 
und  folglich  existirt  die  bemerkenswerthe  Relation: 

da  \  a  / 
oder : 


t 


I  (t         a 


.  .      d  V 
Dabei  ist  —   die  auf  die  Cylinderaxe  senkrechte  Kraftcomponente. 


elektrischer  Ströme  und  Stromringe.   Von  Emil  Wkyr.        437 


IV. 

Ich  übergehe  nan  zur  Betrachtuug  der  Fernwirkiingsweise  eines  ebe- 
nen StroniHystems,  nämlich  des  Ringstromes.  Man  denke  sich  zwei  cou- 
centrische  Kreise  1  und  2  mit  den  Radien  a,  und  a^.  Die  von  ihnen  gebil- 
dete Ringfläche  möge  so  als  genchlossener  Stromleiter  auftreten ,  dass  die 
einzelnen  Strömungscurven  zu  1  und  2  concentrische  Kreise  sind.  Man 
stelle  sich  einen  beliebigen  Radius  der  Kreise  vor,  welcher  die  Kreise  1 
und  2  io  den  Punkten  I  und  11  schneiden  mag ;  dann  denke  man  sicii  die 
Gerade  I II  als  Ein  -  und  Austrittsstelle  für  den  Ringstrom. 

Offenbar  werden  die  einzelnen  Elcmentarströme  verschiedene  Inten- 
sitäten  besitzen,  da  sie  dem  Strome,  ihrer  verschiedenen  Länge  wegen, 
verschiedene  Widerstände  entgegensetzen. 

Nimmt  man  als  Einheit  der  Stromstärke  jene  an,  welche  auf  die 
Breiteneinheit  bezogen  dem  Stromkreise  vom  Radius  1  entspricht,  so  ist 
die  Strominteusität  des  Elementarstromringes  von  der  Breite  da  und  dem 

Radius  a  offenbar  —  und  somit  sein  Potential : 

a 

a  . 

Um  das  Potential  des  ganzen  Ringstromes  zu  erhalten,  hat  man  von 
a,  bis  Qf  zu  integriren;  also: 


=/'!^- 


"t 


Führt  man  statt  fV  den  letztgefundenen  Differentialausdruck : 

aa\  a  / 
ein,  so  erhält  man  sofort: 

wobei  nach  Früherem  V^  und  Vf  die  beiden  Masscnpotontialc  der  beidon 
Grcnzstromcylinder  sind. 

Schreibt  man  für  diese  ihre  Integralausdrücke ,  so  ist: 
Für  die  beiden  Wirknngscoinponcnten  hat  man: 


43S  Uebor  inagDeti^che  Fcmwirkang 


•/■^^   •f^-^'m    ^-^.'^    ^  ■^^^■^m- 


da  Ca 

.1  —  , 

#1,        "t 


l)ahei  i>t  also  all;;oiu(*in : 


f '  a  iC  afp  ,  dz  {a-^-aeoSff) 


un<I  M-etin  man  nach  r  intogrirt: 


Nun  i>t : 


in 


/*  {a-j-acosq})  (ig>    i*  (a-^- neos qi)  dtp 
fi*  +  «*  +  2«arüifg)  J  €i'''\-a^'{'2aaC0Sfp 


0  0 


=  2—      f  /ogf  (<?'  + er  +  2aaco«g?)  ^9), 


oder: 


0 


'in  3r, 


0  » 

Aber  boknnntlicli  ist: 


/"'4'  +  (t)+Kt)'-''*'^] 


ploicli  Null  oder  g]«*iili  2nlog    -  jr  nachdem  a  l)i*zicliung.s\veise  kleiner  culer 

gröHser  ist  als  a\  f(»]<;licb  ist: 

in 


ü 


2;e 


gleich  Null  oder  gleich  — ;  also  jedenfalls  von  a  nnabhängig.     Wenn  man 

jedoch  die  Form  von  A'  hetrachtet,  so  erscheint  sie  als  eine  Differenz,  in 
deren   beiden  Theilen  dieser  nämliche  (weil  von  a  unabhängige)  Werth  0 

oder  —  vorkommen  und  sich  also  wegheben  wird. 
a 


elektrischer  Ströme  und  Stromringo.   Von  Emil  Weyr.         439 


Wir  können  daher,  dies  bemerkt, 


d  et  /*  {ct'\'ncosq>)dq> 


setzen. 

Dieses  Integral  geht  aber  aus  dem  Seite  429  entwickelten ,  mit  V  be- 
zeichneten hervor,  wf»nn  man,  den  Factor«  in — y  umwandelnd,  a  und  « 
vertauscht. 

Dies  giebt  sonach : 


Die  A!'-Componente  wird  nnn  durch  P]insetzung  der  Grenzen  «,  und  a,  in 
den  rechter  Hand  stehenden  Ausdruck  erhalten. 

Besonders  erwähnungswerth  ist  der  Fall,  wo  der  Ringstrom  ein  voller, 
d.  h.  wo  «1=0  wird. 

Dann  wird  auch  A:*=0  und  Ä=0  und  folglich  in  diesem  Falle: 

d_v, 

da  — "Zjty 

hm  . =  — , 

«1        aj/a^  +  Y* 

« 

Zur  Berechnung  der  Componente  Z  hat  man  allgemein  : 

^y__     /^     r (z-'Y)dz  .  dtp 

""       0^     iT    [a*+cc'+2aacosq>  +  {z-Yyy'' 
und  wenn  man  nach  z  integrirt: 


^7  ___     1  dq) 

^*       0      j/a*  +  «*+2aa(?0Ä<p+y*' 


oder: 

dv 

dy  4Ä' 


Die  Componente  Z  selbst  wird  erhalten,  wenn  man  rechts  für«  die  Grenzen 
(i,  und  «2  einsetzt. 

Insbesondere  für  eine  Stroinscheibe  («,  =  0)  wird,   wenn  man   statt«, 
nur  a  schreibt: 


440  Ueb.  magn.  Fernwirkung  elektr.  Ströme  etc.  Von  EiiiL  Weyr. 

Der  Fall  der  Stromschoibe  ist  deshalb  benierkenswertb ,  weil  das  Po- 
tential derselben,  wie  man  sieb  leicht  Überzeagt,  unstetig  ist. 

Denn  setzt  man  in  den  Ausdruck  für  S  a^  =  0  und  schreibt  a  statt  0,, 
so  ergiebtsich: 

oder : 

2« 

S=-   I       /  -7—  -  ^  +  2«  /  -. 

Uns  Integral: 

hat  aber,  wie  man  sieht,  den  Werth  x. 

Die  Componcnteu  behalten  jedoch,  wie  gezeigt  wurde,  für  ö|=0  voll- 
kommeu  bestimmte  stetige  Werthe. 

Prag,  im  Janunr  1808. 


Kleinere  Mittheilungen. 


XXI   Note  über  die  Integ^ration  der  partiellen  Differentialg^leichung: 

wo  P],  P,,  —  Pn  ^u  Pni  0  geg^ebene  functionen  der  unabhängigen  Va- 
riablen X  nnd  y  sind. 

1.  Wenn  gp, ,  ^, ,  <P8"-9'n  ^  unbekannte  Functionen  der  unabhängigen 
Variablen  x  und  y  bedeuten,  und  man  setzt 

Pi  ==  9>i  +  9>t  +  Vs  +  "  '  +  Vn  ^  S„^  1  =  S„_ I,  I  +  <p« 

«\    f    A  =  <Pl  V<<P8  +  7>i<P«<P4+ =  5«,  S  =  5^i»-1,3  +  <JPfi^ii-l,2 

-^n— 1  =  9^1  ^t  •••  <r»-l  + =^^11-1=  ^n— l,i»-l  +  <Pn^«-l,  n- 2 

-^n  =  <3P|  9>i  9>8  •  •  •  <Pn  ="  ^«,  n=  <3^n  ^n-l,  n-l 

80  sind  gp, ,  g;,,  98^  •••9'n  aIs  Wurzeln  der  algebraischen  Gleichung 

bestimmt. 

Durch  Einsetzung  der  Ausdrücke  2)  für  die  Coefficienten  /^, ,  P,.../\, 
in  die  vorgelegte  Differentialgleichung  1)  erhftlt  man 

oder 

rf" »  d"  z  d"  z 

oder  endlich 

rf"»  rf"*  (/"»  ^« 


442  Kleinere  MittheilniigeD. 


Falls  DQo  io  der  Dlfferentialgleicbung  5)  ^e  Coefficienten  5^.1.1« 

•S.  -  L  St  -^a  - 1.  3 ^u  - 1.  a  - 1  ▼oo  eioer  solchen  Beschaffenheit  sind,  da» 

sie  folgende  m  —  1  Bedingangen : 


— 1-  <F, =  0 

fix  fiy 


erfiilleu,  ao  ksuii  uiaii  o)  unter  der  Form 
.,  rf(><    .        dQ, 

schreiben ,  wo 

.  . .  +  .V,-i,  ,«1  ^^iTTl  =  Ol-     • 

Mnn  ersiebt  biersas,  dass,  insofern  die  Bedingungen  6)  erfüllt  sind, 
datf  Integral  Q^  die  Gleicbnng  7)  anf  eine  Differentialgleichnng  8^  snrack- 
führt,  deren  Ordnung  um  eins  kleiner  ist,  als  die  der  vorgelegten  Glei- 
chung 1).  • 

Um  die  Gleichung  7)  zu  integriren,  bedienen  wir  uns  hier  eines  von 
dem  gewöhnlichen  etwas  abweiclienden  Verfahrens,  indem  wir  für  y  eine 
neue  unahhHngij^e  Variahlo  y,  einführen,  dergestalt,  dass  y,  durch  die 
Function  von  x  und  y  bestimmt  ist,  welche  das  Integral  der  Differential- 
gleichung 

darstellt,  wenn  dieses  Integral  unter  der  Form 

geschrieben  wird,  wo  c  die  willkürliche  Constante  bedeutet.     Es  reducirt 
sich  nämlich  die  Gleichung  7)  auf  die  Form 

wo  0  jetzt  eine  Function  von  x  und  y,  ist. 

Intejjrirt  man  diese  Gleichung  mit  Rücksicht  auf  x,  indem  //,  als  con- 
stnnt  betrachtet  wird,  und  fügt  man  eine  willkürliche  Function  von  y^  hiuzu. 
ergiebt  sich 

WO  f  die  willlküriclie  Function  bezeichnet. 


Kleinere  Mittheilunü^en,  443 


Die  Diflferentialgleiclmng  8)  erhHlt  also  die  Form 

I^r»--^  (/«->»  </»-»» 

da  aber  die  Coefficienten  in  dieser  Gleichung  dieselben  Functionen  von 
9i  1  ^f  •••^»— ii  al«  ^io  Coefficienten  in  der  ursprünglichen  Gleichung  4) 
oder  1)  von  g>i,q>t  "  -  q>n  sind,  und  die  linke  Seite  von  0)  aus  4)  erhalten 
werden  kann,  wenn  man  n  mit  w  — l  vertauscht,  so  ist  klar,  dass  man  auch 
im  Stande  sein  rouss,  die  Gleichung  ft)  unter  der  Form 

dOt,  dO, 

dx  dy 

zu  schreiben  ,  wo 

rf-^*  r/"-2»  d»-2. 

vorausgesetzt,  dass  die  Bedingungen  6)  erfüllt  sind,  wenn  man  darin  n  mit 
n —  1  vertauscht,  wodurch  zugleich  die  Anzahl  der  Bedingungsgleichungen 
auf  n  —  2  reducirt  wird. 

Das  Integral  Q^  der  Gleic|iung  9')  wird  somit  zu  einer  Differential" 
gleichung  10)  führen,  welche  um  zwei  Ordnungen  niedriger  ist,  als  die  vor- 
gelegte l).  Durch  eine  Ähnliche  Betrachtung  mit  Kücksicht  auf  die  Dif- 
ferentialgleichung 10)  gelangt  man  zu  einer  Gleichung  von  der  Ordnung 
n  —  3  u.  s.  w.,  so  dass  eine  auf  diese  Weise  fortgesetzte  Reduction  zuletzt 
auf  die  Gleichung  ^*   •        ^*      /-» 

ax  ay 

führt,  deren  Integration  die  primitive  Gleichung 

mit  ihren  zugehörigen  w>llkürlichen  Functionen  giebt. 

2.  Aus  dieser  allgemeinen  Betrachtung  geht  also  hervor,  dass,  wenn 
die  Bedingungen  6)  bei  der  allmMligen  Vertauschung  der  Indices  n  mit 
n  —  1 ,  n  —  2  ...  2  erfüllt  sind,  rann  sofort  die  Gleichungen : 

(Ix  dy 

dQ,,  dO, 

ZT  +  ^"-«  7)7  "  ^" 

dO,  dO,       ^. 


(Ix  dij 

t/z  dz 

7" +g>i  7-=-  (^i-i 

(Ix  nij 


444  Kleinere  MiUbeilungen. 

aufschreiben  kann.  Ans  diesen  erhält  man  dann  durch  wiederholte  Inte- 
gration die  primitive  Gleichung 

mit  ihren  zugehörigen  willkürlichen  Functionen. 

3.  Die  Bedingüngsgleichungen  6)  zeigen  unmittelbar,  dasa  sie  f&r  eon- 
stante  Werthe  der  Functionen  q>i,  ipf»g>m  befriedigt  sind. 

Hat  also  die  vorgelegte  Gleichung  die  Form 

wo  /i, ,  a, ,  a, . . .  /i«  .1,  a«  gegebene  constante  Grössen  sind  und  Q  eine  be- 
liebige  Function  von  x  und  y,  so  sind  9>ii  9i  •  •  •  9>n  als  Wurzeln  der  alge- 
braischen Gleichung 

9>"—  «1  V""*  +«2  V"~^—  . . .  (— 1)"~*  a»_i  (p  +  (— Ij"  «•  =  0 

bestimmt. 

In  diesem  Falle  werden  die  Gleichungen  11)  integrabel,   und   durch 
wiederholte  Integration  gelangt  man  zu  der  primitiven  Gleichung 

zr=f^''^Odx^  +  f,{y  —  q>,x)+f,(y  —  (pn^iX)  +  ,.,+fn(y—q>,x), 

yfo  fif  ff  . »  fn  dio  "  willkürlichen  Functionen  bezeichnen. 
Beispiel: 

Hierin  sind  q>i  und  tpf  durch  die  quadratische  Gleichung 

9*  —  3^  +  2  =  0 
bestimmt. 

Diese  giebt  g?i  =2  und  9i  =  1  oder  umgekehrt,  wodurch  d/fe  Gleich- 
ungen 11)  in  die  folgenden  übergehen: 

d»    .      dz    ' 

Führt  man  nun  in  die  erste  von  diesen  anstatt  y  eine  neue,  durch  die 
Gleichung  ^i  =  y  —  ^  bestimmte  unabhängige  Variable  ein,  erhält  man 

dOt 
dx 

mithin 

Die  zweite  Gleichung  wird  folglich 

dz   ,     dz  ,    /.  /  \ 

J-+2-7-  =ary  +  /^(y  — x). 
dx        dy 

Setzt  man  hierin  anstatt  y  eine  neue  unabhängige  Variabio  yj  =  y  — 2x» 
findet  man 


> 


Kleinere  Mittheilimgcn.  445 


dz 

1.1  s 


wornus  man  durch  Integration  erhält 

»  =  J  :r«  y  -  4  jr»  +  /;  (y  —  a-)  +  /;  (y  -  2  a-). 

Kopenhagen,  11.  Angust  1808.  Dr.  phil.  Camillo  Tychsen. 


XXn.  Zweite  Mittheilnng  ans  Thomson  and  Tait,  A  treatise  on  na- 
tural philosophy.  Von  Dr.  \^.  Krumme,  Oberlehrer  an  der  lieaUchule 
zu  Duisburg. 

Anziehung  einer  homogenen  dünnen  Kugel  schale  auf 
ein  Element  der  Schale  selbst.  Das  in  P  gelegene  Element  der 
Kngelschnl«)  (Tafel  II,  Pig.  1)  habe  den  Inhalt  a.  Ein  Kegel,  der  P  zur 
Spitze  hat  und  dessen  Oeffnnng  co  ist,  schneidet  bei  ff  aus  der  Schale  ein 
Element  /T  heraus,  welches  nach  dem  Früheren 

mPff^ 
cos  CffP 
zum  Inhalt  hat.     Bezeichnet  q  die  Dichtigkeit  der  Kugelschale,  so  ist  die 
Anziehung  des  Elementes  ff  auf  P  in  der  Richtung  ffP 

pCO  Pff^  QO    flO  j 

cos  C  ff  P'fff^'^  cos  Cff  P'  ^  ^' 
Die  Anziehung  der  ganzen  Schale  auf  P  hat  aus  Gründen  der  Sym- 
metrie die  Kichtung  PC.     Die  von  ff  auf  P  ausgeübte  Anziehung  hat  nach 
der  Richtung  PC  die  Componente 

(Dpa. 
Die  Anziehung  der  ganzen  Schale  auf  das  Element  ö  ist  also 

p*  a£m  =  2ffp*tf  =  A. 
Denn  Zm  bezeichnet  die  Summe  der  Elemente  einer  Kugelfläche  vom 
Radius  1  und  dem  Mittelpunkt  P,  die  auf  derselben  Seite  einer  in  P  au  die 
Kugel  gelegten  Tangentialebene  liegen.     JSm  ist  also  2n. 

Die  Anziehung  derselben  Kugelschale  auf  einen  ausserhalb  gelegenen, 
aber  der  Oberfläche  nahen  Punkt  von  der  Masse  ga  (Masse  des  Elemen- 
tes o)  ist  nach  dem  Früheren  An(^c^=^A': 

Anziehung  einer  dünnen  Kugelschale  auf  einen  Punkt 
Py  wenn  die  Dichtigkeit  eines  jeden  Punktes  der  Schale  der 
3ten  Potenz  seiner  Entfernung  von  einem  nicht  mit  dem  Mit- 
telpunkt zusammenfallenden  Punkte  S  umgekehrt  propor- 
tional ist.  Dieser  Fall  hat  ein  hervorragendes  Interesse,  weil  er  in  eini- 
gen der  wichtigsten  elementaren  Probleme  aus  der  Elektricitätslehre  seine 
Anwendung  findet. 

(i)  P  und  5  sind  durch  die  Kugelschale  getrennt. 


446  Kleinere  Mittheilungen. 

Der  Punkt  P  kann  innerhalb  (Taf.  II,  Fig.  l)  und  ausserhalb  (Fig.  t) 
liegen.  Ausdrücke,  die  sich  für  beide  Figuren  verschieden  gestalten,  sollen 
als  Marke  diejenige  Figur  erhalten ,  worauf  sie  sich  beziehen.  Der  Kngel- 
radius  werde  mit  a ,  der  Abstand  des  Punktes  S  vom  Kugelmittelpunkt  mit 
f  bezeichnet 

Man  verbinde  S  mit  P  und  nehme  auf  SP  oder  seiner  Verlängerung 
den  Punkt  T  so ,  dass 

(Fig.  1)   SP.ST:=r  —  a^\    (Fig.  2)   SP.TS  =  a*  —  f*. 

Durch  T  lege  man  eine  beliebige  Gerade ,  welche  die  Kugel  in  K  und 
K'  schneidet,  verbinde  IC  und  £'  mit  S  und  bezeichne  die  resp.  Schnitt- 
punkte mit  der  Kugeloberfläche  mit  E  und  E\ 

Die  ganze  Kugelschale  werde  in  Paare  von  Elementen  zerlegt,  deren 
Umfange  auf  Kegelflächen  liegen,  die  P  zur  gemeinschaftlichen  Spitze 
haben.  K  und  K'  seien  zwei  solche  an  den  Enclpunkten  der  Sehne  KK' 
gelegene  Elemente;  ihr  Kegel  habe  die  Oeffnnng  o.  Die  Kegel,  welche 
entstehen,  indem  man  eine  durch  S  gehende  Gerade  sich  längs  des  Um- 
fangs  von  IC  resp.  K'  bewegen  lässt,  mögen  aus  der  Kugelschale  die  Ele- 
mente E  resp«^  herausschneiden.  Hierdurch  zerlegt  man  die  Kugelschale  in 
Paare  von  Elementen  E  und  E']  denn  man  sieht  leicht,  dass  wenn  alle  Paare 
von  Elementen  AT  und  K  genommen  worden  sind,  die  Summe  der  Elemente 
E  und  E'  die  ganze  Kugelfläche  ergiebt  und  dass  kein  Element  zweimal 
vorkommt.  Die  Anziehung  der  ganzen  Kugelschale  auf  P  ist  also  die  Re- 
sultirende  der  Anziehungen  aller  Elementenpaare  E  und  E'  auf  P, 

Bezeichnet  q  die  Dichtigkeit  im  Punkte  E  und  F  die  Anziehung  E  auf 
Py  so  ist 

Nach  dem  vorausgesetzten  Dichtigkeitsgesetz  ist,  unter  k  eine  Con- 
stante  verstanden, 

k 


Q  = 


S  E 


V 


Die  Gerade   SEE  hat  in  den  beiden  Durchschnittspunkten    mit  der 
Kugel  gleiche  Neigung  gegen  dieselbe,  also  i«t 

'^Sk'^'      "SE^'^^KK' 
und  deshalb 

k       S  E^    2a(oTK* 
SW'' '  ST~^ '  ~'A'E^~  _         2a       TE^ 

-  EP'  •  Ä^r  *  SE7sk'~Ep'  •  ^' 

In  dem  grössten  Kreise,  dessen  Ebene  ^Ä' aufnimmt,  ist 

(Fig.  1)  SK.SE=-r—a'  und  (Fig.  2)  SA\SE=a^  —  f\ 
Demnach  ist  Sk\SE=:SP.ST  und   folglich   sind  die  Dreiecke  EST 
und  7*6' /s*  ähnlich.     Hieraus  ergiebt  sich 


Kleinere  Mitthciltingcn.  447 


TJ^:Sl{  =  PE:SP 
und 

Tk^  1 


SK^.EP^      SP*' 

Der  Ausdrnck  für  F  geht  darch  diese  Substitution  über  in 

J^  1 

KK''  SE.SP''""' 
dem  man  auch  die  Form  geben  kann 

(Fig.  i)F=l-^.-  (^,_;)gp.  .SA-  und 

Gli^icherwpise  ergiebt  sich  für  die  Anziehung  von  /t"  nnf  P 
(Fig.  1)  /•'=  A  ^, .  ^^  _  ",^  ^  ^. .  ÄA-  «n.l 

(Fig.2)r=i-;^.^-,_^^^..r.. 

Also  F:F'=zS^:SA'\ 

Es  ibt  gezeigt  worden,  dass  L  TKS=^L  EPS\  ganz  in  derselben  Weise 
folgt  L  TK'S=z  L  E'PS.     Zieht  man  KK"//SK'  und  K'K"//SK,  so  it^t 

LSKK"=LEPE\ 

Die  Resnitirende  von  F  und  /*'  muss  also  gegen  diese  Einzelkräfte 
dieselbe  Lage  haben,  wie  Kh'  gegen  KS  und  KK".    Hieraus  ergiebt  sich: 

Die  Resnitirende  der  von  .Eund  J?'auf-P  ausgeübten  An- 
ziehungen geht  durch  S*  und  hat  zu  den  Einzelkräften  i^und  F' 
dasselbe  Verhältniss,  wie  KK'  zu  den  Seiten  KS  und  K' S  des 
Dreiecks  SKk\ 

Die  Grösse  der  Resultirenden  ist  mit  Berücksichtigung  des  letzten 
Theiles  dieses  Satzes: 

.  KK    oder 


KK'    (/»  ~  fl*)  S  /'•  (/ «  ~  o»)  S  P«' 

(Anmerkung:  f*(^>a^  bedeutet  Differenz  zwischen  /"*  und  «'.) 

Die  Gesanimtanziehung  auf  P  ist  also 

X,2a  _  A  .  4;rrt 

.  £(0  =: 


(/*  <^  a*)  SP'  '  (/-» (^  a»J  SP*  ' 

Die  Anziehung  der  ganzen  Kugclschale  auf  P  ist  demnach  dieselbe, 

als  wenn  die  Masse  — ^ im  Punkte  S  concentrirt  wäre. 

b)  PundiS  liegen  beide  innerhalb  oder  beide  ausserhalb 
der  Kugelfläche. 


44S  Kleinere  Hittheilangen. 

Unter  C  (Taf.  IV,  Fig.  7)  den  Mittelpankt  der  Kngel  Terstanden, 
nehme  man  anf  CS  oder  aeiner  Verlingemng  einen  Pnnkt  5,,  so,  daas 
CS.  CS,  =  fl«. 

Verbindet  man  C  mit  E^  so  folgt  ans  der  Aehnlichkeit  der  Dreiecke 
CES  nnd  CES^ ,  dass  für  jeden  Punkt  der  Kngelfl^che 

SE       f. 
SEf       a' 

Hieraus  folg^  '-^— ,=  .     Ist  q  die    elektrische   Dichtigkeit   im 

Pnnkt  E,  so  hat  man 

S,E* 
Nach  den  Ansführnngen  unter  a)  hat  also  die  Anziehung  der  Kngel- 
schale  auf  P  die  Richtung  5,  P  und  erfolgt  gerade  so,  als  ob  die  Masüo 
l,4;r/i 


/•.'  '^  «• 


im  Punkte  S^  concentrirt  wäre.     Setz^  man  statt   1,  und   /*,    ihre 


Werthe   —  und  — ,  so  hat  man  für  die  in  S,  concentrirt  zu  denkende  Masse 

a 
i  — .  4na 

f_ • 

Wird  eine  Kugel  so  elektrisirt,  dass  die  elektrisch  e  Dich- 
tigkeit jedes  Punktes  derOber fläche  der  3teo  Potenz  der  Ent- 
fernung dieses  Punktes  von  einem  ihnerhalb  der  Kugel  ge- 
legenen Punkte  S  umgekehrt  proportional  ist,  so  zieht  sie 
,einen  äussern  Pnnkt  so  an,  als  ob  ihre  ganze  Elektricität  in 
^concentrirt  wäre.  Die  Anziehung  auf  einen  innern  Punkt 
ist  dieselbe,  als  ob  eine  im  Verhältniösa  zu /'grössere  Elektri- 
citätsmenge  in  einem  Punkte  5,  concentrirt  wäre,  der  auf  der 
Verlängerung  von  CS  liegt  und  mit  5»  durcb  die  Relation 
CS.  CS,  =a*  verbunden   ist. 

i  ' 
Die  Dichtigkeit  in   E^   Fig.  4,   sei  wie   vorhin  -^-^.    Betrachten  wir 

die  Elemente  E  und  E\  die  aus  der  Kugelschale  durch  einen  Doppelkegel 
herausgeschnitten  werden,  dcbsen  Spitze  S  und  dessen  Oefinung  co  ist,  so 

hat   man   für  die   Inhalte   der  Elemente    E  und   E    bezüglich   — — —, — 

EE 


nnd 


EE' 
Die  beiden  Elemente  haben  die  Elektricitätsmenge 

k2fici) 


12/10}     /  l      ,      l    \_     X2ato 
~EE^  '  \SE  "'"  Slf)  ""  SE'TSE' 


Kleinere  Mittheilungen.  449 

SE .SE'  hat  für  alle  durch  S  gehende  Geraden  den  constanten  Werth 
a' — /'.     Für  die  gauze  Elektricitätsmenge  findet  man  also  den  Ausdruck 

X  ,A  nn 

Bezeichnet  man  diesen  Ausdruck  mit  m,  so  sind  nach  dem  Obigen  die 
Elektricitätsmengen,  die  in  S  oder  S,  concentrirt  gedacht  werden  müssen, 
je  nachdem  P  ausserhalb  oder  innerhalb  der  Kugelflh'cbe  liegt,  bezüglich 

m  und  -  m. 
f 


DnickltblMr  im  8iippleaMnth«fte  1S68. 


8eite  117  Zeile  15  v.  o.  liee  ^  sUtt  ^, 


♦» 


119 

>i 

135 

»♦ 

138 

»* 

139 

1« 

-  8  y.  o.  ,1  52007  stott  52637 , 

12  V.  n.  „  /?/r4-  sUtt  Ge»-^^ 

16  V.  o.  „  w+n^  +  p/  statt  m+ftp+p/, 

19  V.  a.  ,,  07682  sUtt  07681. 


XV. 

Beitr&ge  zur  Oeschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

Telegraphie. 

Von 

Professor  Dr.  Eduard  Zetzsche. 


V.  Die  unterseeisohe  Telegraphie. 

(Dritte  Abtheilang.) 


(Hierzu  Tafel  V,  Fig.  38—67.) 


Nacb  der  im  vorhergehenden  Anfsatze  erfolgten  Besprechung  der 
Herstellang;  Prüfung  und  Versenkung  der  Unterseeleitung  wenden  wir 
uns  zur 

lU.    Benutzung  der  unterseeischen  Leitung  zum 

Telegraphiren 

und  haben  dabei  zunächst  das  elektrische  Verhalten  'unterseeischer  Taue 
zu  betrachten,  darauf  aber  die  auf  Unterseelinien  verwendeten  Telegra- 
phenapparate. 

1.  Das  olektrUeho  Yorlialtoii  untorieeUoIior  Telegrapliontauo. 
Jeder  im  Wasser  oder  in  feuchter  Erde  liegende  Telegraphen draht 
bildet  bekanntlich  eine  Art  Lejd euer  Flasche  und  Siemens  nannte  des- 
halb solche  Drähte  Flaschendrähte;  die  Isolirschicht  des  Drahtes  ent- 
spricht nämlich  dem  Glas  der  Flasche,  der  Leitungsdraht  bildet  die  eine, 
die  metallene  Schutzhülle  oder  die  umgebende  Feuchtigkeit  dagegen  die 
andere  Belegung.  Jede  in  dem  Leitungsdrahte  auftretende  Elektricität 
muss  daher  vertheilend  auf  die  äussere  Hülle  wirken, -dadurch  aber  selbst 
gebunden  werden  und  es  muss  demnach  die  Fortpflanzung  eines  elek- 
trischen Stroms  im  Leitungsdrahte  wesentlich  verlangsamt  werden;  die 
ersteren  Erscheinungen  bezeichnet  man  als  die  Ladungserscheinun- 
gen, die  letztere  nennt  man  die  Verzögerung  des  Stroms.  Schon 
im  Jahre  1848  wurden  diese  Erscheinungen  von  Siemens  und  Halske 
einerseits  und  von  Krame r  andererseits  bei  Anle^tk^  ^^x  tsccv\äxnx^\^^^^ 

ZeiUcbr/A  f.  Mathemalik  und  Physik  XIV,  6.  ^V 


45i     Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

Leitungen  von  Berlin  nach  Frankfurt  a.  M.  und  von  Berlin  nach  Köln 
beobachtet;  Dr.  A.  Krämer  deutete  sie  zuerst  als  Ladungserscheinangeu 
(Zeitschr.d.Tel.-Ver.  i,S.137),  Dr.  Werner  Siemens  untersuchte  sie  weiter 
und  verötfentlichte  einen  am  18.  Jan.  1850  gehalteneu  Vortrag  inPoggendorff's 
Annalen  (Bd.  79  S.  481;  Delamarche,  Elemente  der  unterseeischen  Te- 
legraphie  S.  14),  und  fast  gleichzeitig  machte  Guillemin  Mittheilungen 
über  diesen  Gegenstand  (PoggendorflTs  Annalen,  79  Sv  333).  Weitere  Un- 
tersuchungen von  Siemens  finden  sich  in  dessen  der  Pariser  Akademie 
vorgelegtem  und  unter  demselben  Titel  1851  auch  besonders  erschienenen 
Aufsatze:  Memoire  sur  la  iclegraphie  eleclrique  (vgl.  Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  1, 
8.  138),  in  PoggendorfTs  Annalen  (Bd.  102  S.  66)  und  in  der  Zeitschr.  d. 
Tel.-Ver.  (6,  S.  97).  Da  die  Ladungserscheinungen  seitdem  wiederholt 
ausführlich  besprochen  worden  sind  (vgl.  Dub,  Anwendung  des  Elektro- 
magnetismus S.  183—191  und  S.  233;  Schellen,  der  elektromagnetische 
Telegraph,  4.  Aufl.  S.  244—208;  Du  Moncelj  traue  de  lelegraphie  eleclrique^ 
S.  55  und  264 — 277),  so  können  wir  uns  hier  auf  eine  kurze  Erwähnung 
der  für  die  Einrichtung  der  'J'elegraphenapparate  wichtigen  Erscheinun- 
gen beschränken. 

Wird  ein  gut  isolirter  unterseeischer  Leitungsdraht  ab  an  dem 
einen  Ende  h  isolirt,  an  dem  andern  Ende  a  mit  dem  einen  Pole  P|  einer 
Batterie  verbunden,  während  der  andere  Pol  P^  mit  der  Erde  verbunden 
ist,  so  durchläuft  den  Draht  ein  kurz  andauernder  Ladungsstrom  in 
der  Richtung  von  a  nach  ^;  trennt  man  das  Ende  a  des  geladenen  Drahtes 
ah  von  dem  Batteriepole  /*,  und  verbindet  es  dafür  mit  der  Erde,  so  wird 
der  Draht  in  der  Richtung  von  b  nach  a  von  dem  ungefähr  gleich  starken 
Entladungsstrome  oder  Rückstrome  durchlaufen;  trennt  man  da- 
gegen das  Endo  a  des  geladenen  Drahtes  ab  von  dem  Pole  P,  und  ver- 
bindet dafür  das  Ende  b  mit  der  Erde,  so  hat  der  eben  so  starke  Ent- 
ladungsstrom jetzt  die  Richtung  von  (t  nach  b.  Ist  das  Ende  //  vom  Anfang 
an  nicht  isolirt,  sondern  mit  der  Erde  verbunden,  so  wird  der  Strom  der 
bei  a  eingeschalteten  Batterie  bei  b  erst  nach  der  erfolgten  Ladung  des 
Drahtes  wahrnehmbar;  wird  nach  der  Ladung  a  isolirt,  so  tritt  der  Ent- 
ladungsstrom bei  b  aus. 

Die  umfassendsten  Versuche  über  die  Ladung  haben  Faraday 
(Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  1,  S.  126  und  2,  S.  101)  und  Charles  Whcatstonc 
(Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  2,  S.  152)  angestellt.  Prof.  Faraday  benutzte  einen 
100  englische  Meilen  langen  Kupferdraht  von  V„.  Zoll  Durchmesser  mit 
einem  etwa  Vj^  Zoll  dicken  Guttaperchaüberzug,  welcher  in  200  unter  sich 
verbundenen  Rollen  von  je  Y^  Meile  Länge  zu  beiden  Seiten,  eines  auf 
einem  Kanäle  schwimmenden  Fahrzeugs,  in  das  Wasser  eintauchend,  auf- 
gehängt war;  weitere  100  Meilen  desselben  Drahtes  waren  auf  dem  Fuss- 
boden  eines  trockenen  Speichers  aufgehäuft.  Die  Batterie  enthielt  300 
Paaic  von  Platten  zu  je  3  und  4  Zoll  Länge  und  Breite.    Die  Oberfläche 


Telegraphie.  Von  t)r.  fiDCABD  Zetzsch^.  45S 


*'*^^^^^^>*^^^^^^f^^^^^^.^^^^^'^^ 


des  Knpferdrahtes  betrug  8300,  die  der  Wasserbeiegang  33000  Qnadratfuss. 
Faradaj  und  Latimer  &  Clark  experimentirten  ferner  auf  8  unter- 
irdischen Leitungen  zwischen  London  und  Manchester,  in  einer  Gesammt- 
länge  von  1500  englischen  Meilen.  Prof.  Wheatstone  stellte  seine  Yer- 
sache  an  dem  110  englischen  Meilen  langen,  für  die  Mittelmeerlinie  Spezzia- 
Corsica-Sardinien  bestimmten  Tau  an,  dessen  6  Kupferdrähte  von  V^^  Zoll 
Durchmesser  je  Vi^  Zoll  dick  mit  Guttapercha  überzogen  waren ,  während 
die  Vs  '^^  dicke  Schutzhülle  aus  12  Eisendrähten  bestand.    . 

White house,  der  Physiker  der  transatlantischen  Compagnie,  machte 
Versuche  mit  einem  200  Kilometer  langen  unterirdischen  und  einem  eben 
so  langen  unterseeischen  Drahte  und  fand  bei  ersterem  eine  Verzögerung 
von  Vs»  ^®i  letzterem  von  V4  iS^^^uiidc  (Delamarche,  Elemente,  S.  17). 
Bei  neueren  Versuchen,  welche  Varley  mit  einer  aus  mehreren  Wider- 
standsrollen  gebildeten  Leitung   anstellte,    deren   Widerstand   dem  von 
13000  Meilen  Kabel  gleichkam,  zeigte  die  Magnetnadel  des  Galvanometers 
am  Ende  der  Leitung  erst  nach  10  Secunden  eine  merkliche  Ablenkung 
(Schellen,  d.  atlant.  Kabel  S.  133).     Varley   zeigte   an   dieser  künst- 
lichen Leitung   durch   ein-  und  auszuschaltende  Condensatoren  zugleich 
den  Einfluss  der  elektrischen  Vertheilung  auf  die  Fortpflanzungsgeschwin- 
di'gkeit  und  die  Dauer  der  Entladung  gegenüber   der  einfachen  Ladung 
und  Entladung  des  Drahtes.     Bei  Faraday's  Versuchen  brauchte  eine 
elektrische  Welle  zum  Durchlaufen  der  1500  englische  Meilen  langen  unter- 
irdischen Leitung  2  Secunden ,   während  bei  einer  gleich  langen  Luftlei- 
tung die  Zeitdauer  des  Durchgangs  kaum  messbar  war  (Zeitschr.  d.  Tel.- 
Vor.  1,   Seite  133).     Um.  das   atlantische  Tau   zu   durchlaufen,   brauchte 
der  Strom  0»31  Secunde.     Nach   Siemens    (Poggendorffs  Anualen  102, 
Seite  06)   steht   die   elektrostatische  Induction    und  die  Verzögerung  des 
Stroms  in  Flaschendrähten  im  Verbal tniss  der  Quadrate  der  Drahtlängen. 
Wegen  der  Verzögerung  des  Stroms   kann   man   auf  langen  Unter- 
seeleitungen nur  langsam  arbeiten;    dagegen   kommen   die  Apparate   bei 
den  Unterseeleitungcn ,  obgleich  deren  Leitungsföhigkeit  um  %  geringer 
ist,  mit  schwächeren  Batterien  in  gleich  schnellen  Gang,  wie  oberirdische 
mit  stärkeren,  da  die  im  Drahte  gebundene  Elektricität  sich  auf  der  ganzen 
Oberfläche  vertheilt  und  demnach  nur  ein  kleiner  Theil  den  Widerstand 
des   ganzen  Drahtes    zu  Überwinden  hat.     Sehr  störend  sind  die  auftre- 
tenden Entladungsströme  und  deshalb  müssen  die  Apparate  den  Wirkun- 
gen derselben  entzogen  werden ;  das  Mitsprechen  des  eigenen  Kelais  ist  bei 
der  directen  Correspondenz  von  geringerer  Bedeutung  und  Hesse  sich  z.  B. 
bei  Anwendung  von  Inductionsrelais  durch  entsprechende  Schaltung  der 
Batterien  umgehen  ^) ;  allein  der  kräftige  Kückstrom  macht  das  Relais  eine 


*)  Auf  der  Cagliari- Malta- Cor fu-Linie  wurde  das  Relais  durch  einen  beson- 
deren Umschalter  während  des  Sprechens  aus  der  Leitung  ausgeschaltot;  blieb  dl« 


454     Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 


».*— —  -.'--1»-^-^  ^  ^,>^  ^  ^ . 


Zeit  lang  für  von  der  andern  Station  kommende  Telegraphirströme  un- 
empfindlich.  Bei  Translation  werden  die  Schwierigkeiten  noch  grösser. 
Matzenauer  schlug  zur  Beseitigung  derselben  vor,  den  Tasterhebel 
oder  den  die  Translation  besorgenden  Morse-Schreibhebel  während  seiner 
Bewegung  vorübergehend .  mit  der  Erdleitung  in  Verbindung  zu  setzen 
(Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  6,  S.  95). 

Die  Grösse  der  Ladung  einer  ünterseeleitung  kann  30— 40  Mal 
so  gross  sein,  als  bei  einer  gleich  langen  oberirdischen;  sie  hängt  ab 
von  der  Dicke  des  Leitungsdrahtes  und  seiner  isolirenden  Hülle,  von 
der  Natur  des  Isolationsmittels;  sie  wächst  mit  der  Stärke  der  Batterie 
und  mit  der  Dauer  der  Berührung  der  Leitung  und  des  Batteriepoles, 
Bei  rasch  vorübergehender  Berührung  ist  die  Ladung  bei  Leitungsdrähten 
der  verschiedensten  Art  fast  immer  dieselbe.  Gaugain  nimmt  daher 
eine  zweifache  Ladung  an:  eine  momentane,  von  der  isolirenden 
Substanz  unabhängige,  durch  eine  Wirkung  in  die  Ferne  erzeugte 
seitliche  Condensation  oder  Ladung,  und  eine  langsamer  erfolgende, 
von  Atom  zu  Atom  durch  die  isolirende  Substanz  fortschreitende,  also 
durch  molekulare  Wirkung  erzeugte.  Beim  Telegraphiren  dauert  die 
Berührung  so  lange,  dass  letztere  auftritt,  die  Ladung  also  dem  speci- 
fischen  Yertheilungsvermögen  des  Isolirmittels  proportional  ist.  Dieses 
ist  bei  Luft  =  1,  Glas  1,76,  Schellack  2,  Schwefel  2,24,  Kautschuk  2,8,  Gutta- 
percha 3.8  (Schellen,  elektromagn.  Tel.  4.  Aufl.  S.  251).  —  Die  Grösse 
der  Ladung  ist  dem  Strome  proportional,  der  sich  von  dem  Leitungs- 
drahte durch  die  isolirende  Schicht  nach  der  Kabelhülle  bewegt.  Nach 
dem  Oh  mischen  Gesetze  hat  man  für  die  Ströme  cS  und  ^V,  von  ;/  und  n^ 
gleichen  Elementen  bei  den  Widerständen  7v  und  w, 

da  nun  der  Widerstand  des  Drahtes  und  der  Batterie  gegen  den  Wider- 
stand   der    isolirenden    Hülle   (vom   specifischen    Leitungswiderstand  -  1 

verschwindet,  für  letztere  aber  (d.  2.  Abth.  S.  17;  Pogg.  Annalen  102,  S.  103) 

R 

lognat  — 

T 

V=— — —-gefunden  wurde,  so  ergiebt  sich 

2  TT  Af 

'''•^'-f  '■  y-'     R-       ji,' 

logiial  —     lüijnaf  — 
r  r, 

woraus  die  Gesetze   der  Ladung   und   Entladung*)    zu    entnehmen  sind. 


Leitung  Cagliari-Malta  nach  jeder  Stromgebnng  isolirt  (durch  Isohition  des  Riibe- 
contacts  im  Taster),  so  wurden  die  Zeichen  sehr  unregelmässig.  De  1  am  a rohe, 
Elemente,  S.  15  und  16. 

*)  Du  Moncel  (traiti,  S.  272)  hebt  noch  besonders  hervor,  dass  das  Lcitiings- 


Telegraphie.   Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  455 

Ständen  bei  zwei  Tauen  von  gleichem  Isolirmittel  (A  =  A,)  die  Drahthalb- 
messer  r  and  r^«in  demselben  Verhältnysse,  wie  die  Halbmesser  R  und  B^ 
der  isolirenden  Hülle,  so  würde 

d.  h.  die  Ladungen  sind  bei  gleichen  Längen  /  und  /^  der  Zahl  der  Ele- 
mente oder  der  Spannung  der  Batterie,  bei  einer  und  derselben  Batterie 
dagegen  der  Länge  der  Taue  proportional.  —  Wäre  dagegen  n  =  Mj', 
/=/|  und  A=5Aj,  so  würde 

S :  S.r=z  lognat  —  :  lognat  - . 

Tj  r 

Da  die  obige  allgemeine  Formel  für  S :  S,  einen  unbequemen  Werth 

für  S  oder  für  die  Ladung  liefert,  so  hat  Wheatstone  aus  Versuchen 

an  Unterseetaueu  die  bequemere  Formel 


-^Vl 


abgeleitet,  worin  B  einen  für  dasselbe  Tau  constanten  Coefficienten,  r  den 
Halbmesser  des  Leitungsdrahtes  und  d  die  Dicke  der  Isolirschicht  be- 
deutet (Schellen,  elektromagn.  Telegr.  4.  Aufl.  S.  254).  Da  nun  die 
Stromstärke  mit  dem  Quadrate,  die  Ladung  nur  mit  der  Quadratwurzel 
des  Drahthalbmessers  wächst,  so  ist  es  wirksamer,  den  Drahthalbmesser^ 
als  die  Dicke  der  Isolirschicht  zu  vergrössern;  denn  diese  hat  auf  die 
Stromstärke  keinen  Einfluss  und  die  Ladung  ist  nur  umgekehrt  propor- 
tional der  Quadratwurzel  dieser  Dicke.  Eisendrähte  würden  eine  weit 
dickere  Isolirschicht  erfordern,  wenn  bei  gleicher  Leitungsfähigkeit  die 
Ladung  nicht  grösser  werden  sollte,  als  bei  Kupferdrähten  {Du  Motte  ei, 
iraile,  S.  276  und  211). 

Ist  ein  Flaschendraht  geladen  und  man  lässt  seine  Entladung  durch 
eine  Tangentenbussole  gehen,  so  wirkt  dieser  Strom  von  sehr  kurzer 
Dauer  nach  denselben  Gesetzen  wie  ein  horizontaler  Stoss  auf  ein  ruhen- 
des Pendel,  d.  h.  es  ist  die  Kraft  dem  Sinus  des  halben  Ausschlagswin- 
kels er  proportional  (Pogg.  Ann.  34,  S.  392);  bei  zwei  verschiedenen  Tauen 
hal>en  wir  daher  auch: 

sin  -  :  stn  -:  =  S  :  Si  =  — ^  :  — ---  \-  , 

lognat  —     lognat  — 

oder  bei  w  =  fij,  A  =  Aj  und  7?:Äj  =  r:rj 


vermögen  des  Metalls  keinen  Einfluss,  Temperatur  und  Druck  nur  durch  ihre  Abr 
"l^nderung  der  Isolation  Einfluss  auf  den  Entladungs»trom  haben,  dass  nach  Guil- 
lemin  die  Zeit  derEntladung  eines  ungefiihr  100  Lienes  langten  Drathes  etwa  4  mal 
so  gross  int,  als  die  der  Ladung,  und  dass  ein  isolirter  Draht  etwa  f^oppelt  so  ntark 
geladen  wird,  als  ein  zur  Erde  abgeleiteter;  dass  endlich  die  Ladung  sehr  schwach 
ist,  wenn  die  äussere  Hülle  nicht  mit  der  Erde  verbunden  \«\.. 


-156     Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 


r^^^«^^N^^^^%^^^N^^^^^^^^F^^^^PW^W 


bei  1(1  DanieH'schen  Elementen 

„    32 

„    «4 

„128 

„  256 

„  512 

l:  1.1=:  sin  —  :  sin  — , 

d.  h.  die  Länge  zweier  Stücken  desselben  Taas  verhalten  sich  wie  die 
Sinus  der  halben  Ausschlagswiukel ,  welche  hei  Entladungen  entstehen, 
die  aus  der  liadung  mittels  deraelbon  Batterie  herrühren. 

Wheatstone  fand  mittels  eines  Galvanometers  mit  astatischen,  an 
einem  Cocon faden  ohne  Torsion  aufgehäugten  Nadeln  bei  einem  Umwin- 
dungsdraht  von  "233  preuss.  Fuss  Länge  und  V40  ^^gl*  ^H  Durchmesser 
in  einem  Tau  von 

1  IJoile      8  Meilen      16  Meilen  Länge, 
d"  2,5«  b^ 

0  5  10 

0  10  20 

2,5  20  41 

5  41  88 

10  88  88 

Erscheint  der  Ladiingsstrom  nach  den  Zeiten  l  und  /|  an  den  Enden 
der  beiden  Taustückeu  von  der  Länge  /  und  Z^,  so  ist: 

r*  lognat  —    r^lognat 

(Zeitsch.  d.  Tel.-Ver.  6,  S.  98)  oder,  falls  wieder  Ä  :  /?i  =  r  :  r,  wäre, 

/«  :  /,'  =  /r«:/^r,«. 
Die  Ladungszeiten  sind  also  unabhängig  von  den  Batterien. 

Bei  der  Berechnung  der  Geschwindigkeit,  mit  welcher  telegraphische 
Zeichen  durch  eine  Leitung  gegeben  werden  können,  ist  die  von  Fara- 
day  zuerst  beobachtete  Bildung  elektrischer  Ladungswellen  im 
Kabeldraht  zu  berücksichtigen.  Unterbricht  man  nämlich  die  Verbindung 
des  Drahtes  mit  dem  freien  Pole  der  zur  Erde  abgeleiteten  Batterie,  so 
verbreitet  sich  die  bisher  im  Drahte  angesammelte  ruhende  Elektricität 
über  den  ganzen  Draht  und  der  Strom  beginnt  im  Messinstrumente  nach 
einiger  Zeit.  Kehrt  man  die  Batterie  um,  anstatt  sie  zu  unterbrechen, 
BO  fliesst  die  vorhergehende  Ladung  theils  durch  das  Messinstrument, 
theils  vereinigt  sie  sich  mit  der  nachfolgenden  entgegengesetzten  Elek- 
tricität.    Bei  schnellem  Batterieweclisel  bilden  sich  in  beliebiger  Zahl'^'^) 


*)  Aus  i  = -',  vgl.  2.  Abth.  Ö.  18  u.  Zeitschr.  d. Tel.-Ver.  7,  8.206.  — 

^r^lloqnal  — 
r 

Pogg.  Ann.  102,8. 6Ö  ff.  —  In  derdurch  die  Ladongvei  brauchten  Zeit  liegt  eine  Ursache, 

weshalb  die  verschiedenen  Messungen  zur  ßestimmuug  der  Furtpflanzungsgeschwin- 

digkeit  der  Elektricität  so  sehr  von  einander  abweichende  Werthe  ergaben. 

**)  In  langen  Leitungen,  wie  die  zwischen  England  und  Amerika,  konnte  man 

C  Wellen  erhalten  (IJu    Uoncel,  trotte,  ß.  265). 


Telegraphie.   Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  457 


'^■^^r  ^wr-^-«^-,^^-,^.^^ 


WelleD,  deren  jede  von  der  nachfolgenden  entgegengesetzten  vei*zehrt 
wird,  sich  aber  dabei  nach  dem  Ende  hin  bewegt  und  bei  ausreichender 
Kraft  das  telegraphische  Instrument  bewegt.  Wechseln  lange  und  kurzi^ 
Strömungen  ab,  so  werden  die  kurzen  Wellen  von  der  vorhergehenden 
und  folgenden  leicht  ganz  oder  über  das  praktisch  zulässige  Mass  hinaus 
verzehrt  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  6,  8.  97), 

Die  Grösse  der  Ladung  (Elektricitätsmenge) ,  welche  ein  Leiter  auf 
die  Längeneinheit  mittels  eines  elektrischen  Motors  von  der  Spannung 
1  erhält;  nennt  man  seinen  Lad  nngscoefficienten,  seine  Induc- 
tions-  oder  elektrostatische  Capacität;  derselbe  ist  für  das  Tele- 
graphiren  auf  weite  Entfernungen  von  grosser  Bedeutung.  Da  die  Ströme 
S  und  Sy  offenbar  den  die  Leiter  von  der  Länge  /  und  /|  durchströmenden 
Elektricitätsmengen  proportional  sind;  so  erhält  man  bei  den  Ladungs- 
coefficienten  6'  und  6\ 

sin  -  :  sin  -^  =  S :  5,  =  Chi  :  C*  L  n., 
2  2  »11 

Lässt  man  anstatt  eines  einzigen  Entladungsstosses  mittels  eines 
Unterbrechungsrades  eine  Reihe  rasch  hinter  einander  folgender  Ent- 
ladungen durch  das  Galvanometer  (Sinusbussole)  gehcU;  so  nimmt  dessen 
Nadel  während  der  Ladungen  und  Entladungen  eine  feste  Ablenkung  ß  und 
ßi  an;  diese  ist  abhängig  von  der  den  Galvanometerdraht  durchströmen- 
den Elektricitätsmenge ,  d.  h.  von  der  Zahl  m  und  mj  der  Ladungen  in 
1  Minute  und  der  Elektricitätsmenge,  welche  bei  jeder  Entladung  durch 
den  Draht  geht.     Dann  wird 

sin ß  :  sin ßi  =  Cnml :  C^  w,  w,  /, . 

Bei  Tauen  von  sehr  grosser  Länge  erfordert  die  Ladung  einige  Zeit ; 
die  vorstehenden  Methoden  setzen  aber  voraus,  dass  für  beide  Taue  die 
volle  Ladung  in  nahezu  derselben  Zeit  erreicht  werde.  Bei  nur  einige 
Fuiss  langen  Tauen  erhält  man  nur  bei  ras«*h  auf  einander  folgenden 
Ladungen  und  Entladungen  in  einer  Bussole  mit  20000  bis  30000  Um- 
windungen  eine  bemerkbare  dauernde  Nadelablenkung. 

Als  Einheit  für  den  Ladungscoefficient  wählt  man  die  La- 
dung eines  Condonsators  von  1  Quadratmeter  Oberfläche,  dessen  ebenso 
grosse,  zur  Erde  abgeleitete  zweite  Platte  durch  eine  Luftschicht  von 
1  Millimeter  von  der  ersten  getrennt  ist.  Danach  ist  der  Ladungscoeffi- 
cient eines  Taus,  dessen  1,5  Millimeter  dicker  kupferner  Leitungsdraht  mit 
^ner  4  Millimeter  dicken  Guttaperchaschicht  bekleidet  ist,  etwa  8,6. 

Bei  oberirdischen  Leitungen  findet  nach  Siemens  (Pogg.  Ann.  102, 
S.  108)  auch  eine  Ladung  statt,  nur  ist  sie  wegen  der  grösseren  Entfer- 
nung des  Drahtes  von  der  Erde  sehr  schwach;  sie  wächst  mit  der  Ober- 
fläche und  mit  der  Stärke  der  Krümmung  bei  gleicher  Oberfläche,  aus 
dem  ersteren  überwiegenden  Grunde  wächst  sie  mit  dem  Halbmesser,  aus 
dem  zweiten  nimmt  sie  mit  dem  Halbmesser  ab. 


458     Beiträge  zur  GescLichte  der  Fortiscbritte  in  der  elektriscben 

Ein  von  einem  Strome  darchflossener  (am  Ende  nicht  isolirter)  Leiter 
wird  wegen  der  Ladung  erst  nach  einiger  Zeit  einen  dauernden  elek- 
trischen Zustand  annehmen,  obgleich  die  EVektricität  fast  augenblicklich 
am  anderen  Ende  erscheint.  Erst  wenn  der  Draht  vollständig  geladen 
ist,  geht  der  Strom  regelmässig  und  in  unveränderlicher  Stärke  durch 
den  Draht.  Die  Dauer  D  des  veränderlichen  Zustandea  ist  bei 
2  Leitern  von  gleicher  Länge  und  gleichem  Widerstände  (oder  Leitungs- 
föhigkeit)  proportional  dem  elektrischen  Vertheilungsvermögen  *)  oder 
dem  Lftdungscoefficienten  C,  Mit  der 'Länge  /  des  Leiters  wächst  nicht 
blos  die  Ladung,  sondern  auch  der  von  der  Elektricität  zu  durchlaufende 
mittlere  Weg;  daher  wächst  die  Dauer  des  veränderlichen  Zustandea  mit 
dem  Quadrate  der  Länge.  Sie  wächst  aber  endlich  auch  im  geraden 
Verhältniss  zur  Lpitungsfähigkeit  oder  im  umgekehrten  zum  Widerstände 
des  Leiters;  daher  steht  sie  auch  im  umgekehrten  Verhältnisse  zu  dem 
Querschnitte  q  des  Leiters.  Die  elektromotorische  Kraft  der  Batterie 
ist  ohne  Einfiuss  auf  jene  Dauer;  denn  wenn  diese  Kraft  wächst,  so 
wird  zwar  die  Ladung  eine  schnellere,  aber  auch  eine  grössere  und  des- 
halb eine  längere  Zeit  erfordernde'^'^).  Bei  den  specifischen  Leitungsver- 
mögen X  und  A|  ist  daher 

Xq      A,5',  '  Xq 

Bei  gewöhnlichen  eisernen  Telegraphendrähten  von  4  Millimeter  Durch- 
messer und  500  Kilometer  (etwa  65  Meilen)  Länge,  welche  mittels  der 
Isolirhüte  auf  Tragstangen  in  der  Luft  ausgespannt  sind,  schwankt  die 
Dauer  des  veränderlichen  Zustandes  zwischen  0,014  und  0,022  Secunden, 
ist  also  im  Mittel  0,018  Secunden.  Bei  einem  Draht  von  l  Meile  Länge, 
aber  von  gleichem  Widerstände  (/: /i  =  A^  :  A,  9,)  wäre  demnach  diese 
Dauer  nur  0,018 :  65  =  0,0003  Secunden;  bei  einem  Drahte  von  der  näm- 
lichen Beschaffenheit,  aber  100  Meilen  Länge,  würde  die  Dauer  100*==  10000 
so  gross  sein. 

Nehmen   wir  nun   nach   der   obigen  Formel  von  Wheatstone  die 

Ladung  und  damit  auch  den  Ladungscoefficient  proportional  ]/ r^  so  er- 
halten wir  für  den  Draht  von  4  Millimeter  Durchmesser  und  500  Kilometer 
Länge  C  =  ^2,  5f  =  4;r  und 

1/2    500* 
0,018  =  ^-^ —  .  M  Secunden 
47i;a 


*)  Nach  Gaugain  geben  Schwefel  und  Gummilack  zwar  schnell  eine  starke 
Ladung,  die  vollständige  Ladung  wird  aber  viel  später  erreicht,  als  bei  Guttapercha 
(Du  Moncel,  iraiti,  S.  273). 

**j  Ueber  die  von  Guillemin  aufgestellten  Gesetze,  vgl.  auch  Dub,  Anw. 
d.  Klektromagn.  S.  235,  aus  Annales  de  chim.  et  de  phys,  60,  S.  385^  —  Eine  Ver- 
grösserung  der  Dicke  des  Leitungsdrahtes  wäre  also  auch  aus  diesem  Gmnde 
räthliüh. 


Teleguaphie.   Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  459 

und  daraus  bei  dem  Halbjnesser  r  Millimeter  oder  r^  prenss.  Linien  und 
der  Länge  /  Kilometer  oder  Iq  preuss.  Meilen 

^       l/r/*     ^  21/2      /•     -^^       0,915  VOMb    /o*  « 

D^f—^.M^OfilS.-J^  .  —  =0,018.-^ 7^--i^.  Secunden. 

Xnr^  ryr    500'  r^yr^         ^ 

Bei  /  =  000  Kilometer  findet  man  für  r=  1,5  Millimeter  D  =  0,027  und  für 
r  =  2.5  Millimeter  D  =  0,013  Secunden. 

Wie  schon  erwähnt,  ist  der  Ladungscoefficient  bei  einem  Untersee- 
tau 30—40  mal  so  gross,  als  bei  einer  Luftleitung;  wäre  nun  die  Leitungs- 
föhigkeit  des  Drahtes  dieselbe,  wie  bei  einem  4  Millimeter  dicken  Eisen- 
draht,  so  wäre  die  Dauer  des  veränderlichen  Zustandes  bei  500  und  2000 
Kilometern  Länge  30  .  0,018  =  0,54  und  4* .  0^54  =  8,64  Secunden.  Bei  einem 
Unterseetau  mit  einem  1,5  Millimeter  dicken  Kupferdraht  und  einer  4  Milli- 
meter dicken  Guttaperchalage  würde  die  Dauer  des  veränderlichen  Zu- 
standes nahe  ebenso  gross  sein,  wenn  sie  nicht  dadurch  noch  verlängert 
würde,  dass  die  Elektricität  in  die  isolirende  Schicht  eindringt.*) 

Bei  einem  am  anderen  Ende  isolirten  Leitungsdrahte  erstreckt  sich 
die  Ladung  blos  auf  die  Oberfläche  und  ist  in  ihrer  Grösse  durch  die 
Grösse  und  Gestalt  dieser  Oberfläche  bedingt;  die  Ladung  ist  propor- 
tional der  Drahtlänge,  wenn  die  Isolation  so  gut  ist,  dass  in  allen  Punkten 
dieselbe  Spannung  herrscht;  sie  wächst  mit  dem  Umfange  des  Drahtes 
und  ist  proportional  der  Spannung  oder  der  elektromotorischen  Kraft 
der  Batterie.  Die  Dauer  des  veränderlichen  Zustandes  ist  4  mal  so  gross 
als  bei  einer  zur  Erde  abgeleiteten  Leitung,  erfolgt  also  bei  Untersee- 
tauen keineswegs  augenblicklich  und  die  gesammte  Ladung  kann  deshalb 
bei  langen  Leitungen  nicht  durch  einen  Gnlvanometernadelausschlag  beim 
•ersten  Erguss  der  Elektricität  in  den  Draht  gemessen  werden,  weil  dieser 
als  durch  einen  momentanen  Stoss  erzeugt  anzusehen  ist. 

Die  Dauer  der  Entladung  eines  geladenen  Drahtes  lässt  sich 
nicht  mit  grösserer  Genauigkeit  angeben,  als  die  der  vollendeten  Ladung; 
die  Entladung  durch  beide  zur  Erde  abgeleitete-  Drahtenden  erfolgt  in 
derselben  Zeit  wie  die  Ladung;  ist  aber  blos  ein  Ende  abgeleitet,  das 
andere  isolirt,  so  dauert  die  Entladung  4 mal  so  lange,  als  die  Ladung. 
Bei  Unterseetauen  entladet  sich  die  von  Elektricität  durchdrungene  iso- 
lirende Schicht  theils  durch  den  Leitungsdraht,  theils  durch  die  äussere 
Schutzhülle,  daher  bemerkt  man  bei  einem  solchen  Tau  gleich  nach  er- 
folgter Hauptentladung  an  beiden  Enden  noch  einen  schwachen  Strom, 
der  um  so  länger  anhält,  je  länger  die  Batterie  mit  dem  Leitungsdrahte 
verbunden  war,  je  mehr  also  die  Elektricität  in  die  Isolirschicht  eindrin- 


*)  Varley  erhielt  bei  einem  1500  engl.  Meilen  langen,  mit  Guttapercha  iso- 
lirten Drahte  am  andern  Cnde  die  grösste  Intensität  erst  nach  7  Secunden,  dieselbe 
hielt  aber  auch  noch  7  Becunden  nach  Unterbrechung  der  Batterie  an  (Zeitscbr. 
d.  Tel.-Ver.  1,  S.  287).    Vgl.  auch  die  Nachträge. 


460     Beiträge  zur  Geücliiclite  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

gen  konnte.  Dadurch  kann  hei  Untcrseetauen  die  Ladung  und  Ent- 
ladung um  15  his  20  Minuten  verlängert  werden'*').  —  Aus  dem  atlan- 
tischen Tau  von  1866  entwich  die  von  einer  schwachen  Batterie  her- 
rührende, also  nicht  starke  Ladung,  wenn  heide  Enden  isolirt  waren, 
so  langsam,  dass  nach  1  Stunde  kaum  die  Hälfte  der  Elektricität  durch 
die  Guttapercha  in's  Wasser  ühergcgangen  war. 

Die  zur  Erzeugung  eines  Signals  erforderliche  Zeit,  vom 
Anlegen  der  Batterie  an  dem  einen  Ende  der  Linie  his.  zum  Entstehen 
des  Signals  am  anderen  Ende,  ist  nicht  (wie  die  Dauer  des  veränder- 
lichen Zustandes)  proportional  dem  Quadrat  der  Länge;  sie  wird  bedingt 
durch  den  Zeichengeber,  die  Empfindlichkeit  des  Empfangsapparates, 
Länge  und  Isolationszustand  der  Linie,  die  Batterie.  Bei  einer  500  Ki- 
lometer langen,  4  Millimeter  dicken  oberirdischen  Eisenleitung  waren  für 
den  Apparat  von  Ilughes  0,002  bis  0,003  Secunden  erforderlich,  und  diese 
Zeit  änderte  sich  nahezu  proportional  zu  der  Länge  der  Linie;  der 
Elektromagnet  dieses  Apparates  ist  sehr  empfindlich,  und  daher  kann 
man  für  einen  Zeiger-  oder  Morse'schen  Telegraphen  bei  70 — 80  Daniell- 
schen  Elementen  bei  500  Kilometern  0,01  Secunde  und  bei  1000  Kilometern 
0^03  Secunden  annehmen.  Bei  einer  unterirdischen  oder  unterseeischen 
Leitung  würden  bei  500  Kilometern  für  den  Elektromagnet  von  Hughes 
0;09  Secunden ,  für  ein  gewöhnliches  Heiais  ,0^45  Secunden  erforderlich 
sein.  Hughes  fand  für  seinen  Apparat  bei  einem  Unterseetau  mit  1,6 Milli- 
meter dickem  Kupferdrahte  und  einer  2,4  Millimeter  dicken  Guttapercha- 
schicht bei  Längen  von 

121  242         363         484         605         726   Kilometern 

0,025      0,045      0,080      0,115      0,140      0,160  Secunden; 
Whitehouse  1858  am  transatlantischen  Kabel  mit  Kupferlitze  von  0,07 
Millimeter  Durchmesser   und   3  Guttaperchalagen  von  3,7  Millimeter  Ge- 
sammtdicke  bei  einem  gewöhnlichen  Relais  bei  Längen  von 

233  398  796  Kilometern 
0,14  0,34  0,79  Secunden. 
Bei  zu  kurzer  Dauer  des  Contactes  erreicht  der  Strom  nicht  seine  volle 
Intensität  und  kann  deshalb  möglicher  Weise  gar  kein  Zeichen  hervor- 
bringen, um  so  mehr  als  er  hierzu  mit  der  nöthigen  Intensität  eine  hin- 
reichend lange  Zeit  wirken  muss;  während  der  Entladung^strom  einer  Ley- 
dener  Flasche,  selbst  von  sehr  grosser  Intensität^  die  Magnetnadel  nicht  ab- 
lenkt, thut  dies  ein  viel  schwächerer  Strom  von  einiger  Dauer.  Die  Dauer  des 
Contactes  kann  indess  stets  kleiner  sein,  als  die  zur  Erzeugung  eines  Sig- 
nals erforderliche  Zeit;  sie  beträgt  bei  einer  gewöhnlichen,  500  Kilometer 
langen^  oberirdischen  Leitung  für  den  Elektromagnet  von  Ilughes  0,003, 
fUr  einen  gewöhnlichen  Elektromagnet  0,01  Secunden.    Bei  einem  Unter- 


*)  Auf  der  Linie  Luudou- Amsterdam  dauerte  die  Entladung  etwa  '/j^  Seconde. 


Tclegraphie.  Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  461 

aeetau  von  726  Kilometern  fand  HngheB  bei  seinem  Elektromagnet  nur 
einen  Contact  von  0,021  Secnnden  erforderlich,  während  das  Zeichen  erst 
nach  0,160  Secnnden  erschien.  Bei  einem  gewöhnlichen  Relais  mnss  auf 
einer  Unterseelinie  zur  Erzeugung  eines  vollen  Ankeranzugs  der  Contact 
0,10  bis  0,15  Secnnden  dauern ;   für  ein  Galvanometer   etwa  0,3  Secnnden. 

Die  Geschwindigkeit  der  Aufeinanderfolge  der  telegra- 
phischen Signale  ist  wesentlich  durch  die  Dauer  der  Ladung  und 
Entladung  bedingt.  Bei  zu  raschem  Schliessen  und  Oeffnen  der  Batterie 
▼erschwindet  der  Strom  im  Empfangsapparate  nicht  ganz,  sondern  seine 
Intensität  nimmt  nur  abwechselnd  zu  und  ab.  Ein  Elektromagnetanker 
wird  in  dem  Momente  angezogen,  wo  der  Strom  ausreichend  stark  ist, 
and  wieder  losgelassen,  sobald  die  Stromstärke  so  weit  herabgesunken 
ist,  dass  die  ihr  entsprechende  Magnetisirung  nicht  mehr  ausreicht,  den 
Anker  angezogen  zu  erhalten;  je  näher  sich  diese  beiden  Stromstärken 
liegen,  desto  rascher  können  (abgesehen  von  der  Zeichendaucr)  die  Zei- 
chen auf  einander  folgen.  Die  Empfindlichkeit  des  Empfangsapparates 
dagegen  hat  auf  diese  Geschwindigkeit  keinen  Einfluss.  Beim  Elektro- 
magnet von  Hughes  wird  der  Anker  mechanisch  gegen  die  permanent 
magnetischen  Pule  angelegt  und  fällt  daun  ab,  wenn  der  Strom  diesen 
permanenten  Magnetismus  schwächt;  daher  hängt  bei  ihm  die  Geschwin- 
digkeit des  Telcgraphirens  vorwiegend  von  der  Geschwindigkeit  jener 
mechanischen  Bewegung  ab.  Bei  länger  dauernden  Zeichen,  z.  B.  Morse- 
Strichen,  wird  die  Ladung  stärker,  die  Entladung  dauert  länger  und  man 
muss  langsamer  sprechen.  Die  Entladung  kann  man  beschleunigen  durch 
Anlegen  einer  Erdleitung  nach  jedem  Strom  (wie  es  beim  Morse-Taster 
geschieht);  durch  Nebenschliessungen  zur  Ei Jo  von  hinreichend  grossem 
Widerstände  (doch  sind  dabei  Anlässe  zu  Störungen,  namentlich  zu  Po- 
larisation zu  vermeiden);  durch  Anwendung  von  Inductions-  und  mag- 
netoelektrischen Strömen*),  welche  wegen  ihrer  grösseren  Spannung 
die  zur  Zeichen  gebung  nöthige  Stärke  schneller  erreichen ;  durch 
Ströme  von  wechselnder  Richtung**),  indem  man  z.  B.  zum  Zeichen- 
geben positive  Ströme  benutzt,  zwischen  je  2  positiven  Strömen  aber 
einen  negativen  zur  t heilweisen  Entladung  in  die  Linie  sendet,  wes- 
halb auch  dieser  negative  kürzere  Dauer  haben  oder  von  einer  scl^wächeren 
Batterie  herrühren  muss. 

Bonelli  berichtet,  dass  auf  dem  Cagliari- Malta -Tau  mit  etwa 
2  Millimeter   dicker  Drahtlitze   aus   7  Drähten    und   2  Millimeter    dicker 


*)  Doch  dürfen  diüse  (ebenso  auch  die  g^alvanischen)  nicht  so  stark  ieia,  dass 
sie  die  Quttapercbahiille  gefährden. 

**)  Die  Zeichen  abwechselnd  durch  einen  po^itivun  und  negativen  Strom  her- 
vorzubringen, ist  weniger  vortheilhaft ,  weil  dann  jeder  negative  Strom  erst  die 
ganze  Ladung  des  positiven  beseitigen  und  darauf  dcu  L»^\\.w  ü^^^Aan  \aÄÄ^  tB»Ä%. 


462    Beiträge  zar  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

GattaperchahtiUe  kaum  75  Signale  in  1  Minute  gegeben  werden  konnten, 
und  dasfl  man  bei  schnellem  Spiel  beim  Morse- Alphabet  anstatt  Pnnkten 
und  Strichen  nur  kurze  und  lange  Striche  erhielt,  indem  auf  einander 
folgende  Punkte  zu  einem  Strich  verschwammen  oder  ganz  ausblieben 
{ßhaffner^  telegraph  manual,  S.  509). 

2.  Bio  Apparate  fäae  Uiiterteeliiiien. 

Die  auf  Unterseelinien  zu  verwendenden  Apparate  müssen  vor  Allem 
möglichst  empfindlich  sein,  damit  man  mit  möglichst  schwachen  Strömen 
telegraphiren  kann;  denn  zu  starke  Ströme  gefährden  (abgesehen  von 
der  längeren  Zeit  zur  Entladung)  erfahrungsgemäss  die  Guttapercha 
theils  durch  zu  grosse  Erwärmung,  theils  durch  Durchschlagen  der  Elek- 
tricität,  und  gerade  in  der  Anwendung  von  zu  starken  Strömen  in  der 
bereits  mangelhaft  gewordenen  und  mit  schwachen  Strömen  nicht  mehr 
betriebsfähigen  Leitung  sucht  man  die  eine  Ursache  des  Misslingens  der 
atlantischen  Elabellegung  vom  Jahre  1858.  Die  Einrichtung  der  Apparate 
muss  ferner  den  soeben  erörterten  Erscheinungcm  der  Ladung  undEnt* 
ladnng  Rechnung  tragen. 

Auf  den  verschiedenen  Unterseelinien  kamen  auch  sehr  verschiedene 
Apparate  zur  Anwendung.  Auf  der  Linie  Oxfordness-Haag  wurden  vor- 
wiegend Doppelnadelapparate,  jedoch  auch  Bain^s  elektrochemischer 
Schreibapparat  verwendet  (Zeitschr.d.Tel.-Ver.  1,S.56);  auf  ersteren  waren 
die  Ladungserscheinungen  weit  weniger  störend,  wegen  der  sich  wieder- 
holenden Umkehrung  der  Stromrichtung.  Auf  derselben  Linie  benutzte 
man  auch  Morseapparate  mit  einer  von  Varley  angegebenen  Vorrich- 
tung, durch  welche  der  Strom  bei  jeder  Bewegung  des  Tasters  umgekehrt 
wurde;  als  Relais  diente  eine  sehr  empfindliche  Galvanometemadel,  welche 
aber  nicht  stumpf  gegen  einen  festen  Contact  sich  anlegte,  sondern  schief 
auf  einer  Goldfeder  hinglitt,  damit  bei  schneller  Bewegung  nicht  etwa 
eine  dünne  Luftschiebt  zwischen  Nadel  und  Contact  bleiben  und  die, 
Innigkeit  der  Berührung  beeinträchtigen  sollte;  man  telegraphirte  bis 
25  Worte  in  1  Minute  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  1,  S.  288;  Dingler 's  Jour- 
nal 134,  S.  418).  Auch  auf  den  Linien  Varna  -  Sebastopol  (?)  und  Vama- 
Constantinopel  fanden  Morseapparate  Verwendung  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver. 
2,  S.  16^ und  284).  Im  persischen  Golfe  nahm  Hughes  seine  Typen- 
drucktelegraphen (Zetzsche,  Copirtclegraphen,  Typendrucktelegraphen 
und  Doppeltelegraphie,  Leipzig  18Ö5,  S.  Ol)  in  Gebrauch. 

Besondere  Verdienste  um  die  Vervollkommnung  der  Apparate  für 
unterseeische  Linien  erwarben  sich  Siemens  &  Halske,  Varley  und 
Thomson. 

a)  Die  Apparate  von   Werner  Siemens  &  Halske. 
Das   Fortgeben    der  Telegramme   vermittelt   der  Submarintaster 
(Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  0,  S.  100).    Während  bei  dem  gewöhnlichen  Taster 


Telegraphie.   Von  Dr.  EdüABD  Zetzsche.  463 

Fig.  38  Taf.  V  die  Luftleitung  L  mit  der  Axe  1  des  Tasterliebels  T,  das 
Relais  R  mit  dem  Ruhecontact  2  und  der  eine  Pol  der  Batterie  B  mit 
dem  Arbeitscontact  3,  der  andere  Pol  und  das  Relais  aber  mit  der  Erde 
E  verbunden  zu  werden  pflegt,  ist  der  Marinetaster,  um  dem  Entladungs- 
strome den  Weg  durcb  das  Relais  abzuschneiden,  nach  der  Skizze  Fig.  39 
eingeschaltet;  steht  die  Leitung  L  mittels  des  als  beweglich  gedachten 
Armes  a  mit  5,  in  Berührung,  so  ist  das  Relais  R  zum  Empfangen  ein- 
geschaltet; wird  L  dagegen  mit  ^2  verbunden,  dann  ist  das  Relais  aus- 
geschaltet, der  Taster  zum  Geben  bereit,  und  sendet  in  seiner  Ruhelage 
einen  negativen  Strom  der  Gegenbatterie  B^^  beim  Niederdrücken  auf 
3  aber  einen  positiven  aus  der  Arbeitsbatterie  B^  in  die  Leitung; 
um  endlich  bei  Herstellung  der  Verbindung  zwischen  L  und  s^  nicht  den 
letzten  Entladungsstrom  durch  das  Relais  gehen  zu  lassen,  berührt  a  auf 
seinem  Wege  nach  s^  kurze  Zeit  den  mit  der  Erde  E  verbundenen  Con- 
tact  5,.  Der  Tasterhebel  ist  zugleich  mit  seinen  beiden  Lagerstündern 
um  eine  verticale  Axe  drehbar,  wird  aber  durch  eine  Spiralfeder  in  sei- 
ner Ruhelage  erhalten  und  dabei  mit  einer  Contactschraube  gegen  einen 
mit  dem  Relais  verbundenen  Contaet  s^  angedrückt;  da  die  Tasteraxe 
durch  ihren  Ständer  mit  der  Luftleitung  verbunden  ist,  so  ist  das  Relais 
zum  Empfangen  eingeschaltet ;  in  dieser  Ruhelage  kann  aber  der  Taster- 
hebel um  seine  horizontale  Axe  nicht  niedergedrückt  werden,  weil  sein 
Handgriff  gerade  über  einem  Anschlage  der  Grundplatte  liegt.  Soll  der 
Taster  zum  Sprechen  eingeschaltet  werden,  so  wird  er  zuerst  um  jene 
verticale  Axe  gedreht;  dadurch  wird  einerseits  der  nach  dem  Relais 
führende  Contaet  von  seiner  Contactschraube  verlassen  und  das  Relais 
ausgeschaltet,  andererseits  aber  durch  einen  gegen  die  Ständer  isolirten 
Knopf  eine  mit  dem  Ruhecontact  des  Tasters  verbundene  Contactfeder 
^2  an  ihren  nach  der  Gegenbatterie  führenden  Contaet  angedrückt,  diese 
Batterie  also  geschlossen,  so  lange  der  Tasterhebel  auf  dem  Ruhecontact 
liegt;  drückt  man  dann  den  Tasterhebel  auf  den  mit  der  Arbeitsbatterie 
verbundenen  Arbeitscontact  nieder,  so  wird  die  Gegenbatterie  geöffnet 
und  dafür  die  Arbeitsbatterie  geschlossen.  Wird  endlich  der  Taster  um 
die  verticale  Axe  in  seine  anfängliche  Lage  zurückgeführt,  so  streift  ein 
Vorsprung  an  ihm  gegen  einen  mit  der  Erde  verbundenen  Contaet  5, 
und  entladet  die  Linie.  Die  Ruhecontactschraube  des  Tasters  legt  sich 
nicht  unmittelbar  auf  ihren  Contaet,  sondern  drückt  eine  ebenfalls  mit 
dem  Tasterständer  und  so  mit  der  Luftleitung  verbundene  Feder  auf 
diesen  Contaet  nieder. 

Das  polarisirte  Relais  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  6,  S.  102)  ist  sehr 
empfindlich.  Sein  senkrecht  'stehender  Elektromagnet  hat  2  Schenkel 
E  nnd  E^  (Fig.  40),  deren  untere  Enden  durch  einen  Verbindungsanker 
wie  gewöhnlich  verbunden  sind;  an  diesem  Verbindungsanker  ist  ein 
winkelförmig  nach  oben  gebogener  Stahl magnet  mit  seinem  Nord^^l  n^\- 


464    Beiträge  zur  Geschiebte  der  Fortschritte  In  der  elektrischen 

schraubt,  macht  also  zugleich  den  Verbindungsanker  und  die  beiden 
Eisenkerne  des  Elektromagnets  in  ihren  oberen  Enden  nordpolarisch;  auf 
d^m  Südpol  S  des  Stahlmagnetes  dagegen  ist  in  einem  Lager  eine  eiserne 
Zunge  Z  so  befestigt,  dass  sie  sich  zwischen  den  oberen  Elektromagnet- 
polen leicht  bewegen  kann ,  wobei  ihre  Bewegung  durch  2  Schrauben  d 
und  (i|  begrenzt  wird,  deren  eine  d  den  Contact  für  den  Schluss  der 
Localbatterie  bildet.  Liegt  diese  südpolarische  Zunge  nicht  genau  zwischen 
beiden  Polen,  so  wird  sie  von  dem  näheren  angezogen.  Die  posiüren 
Telegraphirströme  durchlaufen  den  Elektromagnet  so,  dass  der  auf  der 
Seite  von  d  liegende  Pol  N  der  Kerne  nordpolarisch,  der  auf  der  Seite 
von  dl  liegende  Pol  iV|  aber  südpolarisch  wird;  unter  Einwirkung  der 
Telegraphirströme  überwiegt  also  die  Wirkung  von  N  auf  die  Zunge,  bei 
der  Einwirkung  der  entladenden  Ströme  der  Gegenbatterie  aber  die  Wir* 
kung  von  iV,.  Will  man  ohne  Gegenbatterie  arbeiten ^  so  muss  die  Zunge 
näher  an  Ni  liegen. 

Um  den  Strom  stets  in  der  zur  Erzielung  der  eben  geschilderten 
Wirkungen  nöthigen  Kichtung  durch  das  Relais  senden  zu  können,  be- 
findet sich  vor  dem  Relais  ein  einfacher  Stromwender  (Zeitschr.  d. 
Tel.-Ver.  Ö,  S.  104),  dessen  Einrichtung  Fig.  41  skizzirt;  die  Kurbel  k 
desselben  kann  durch  Einschnappen  eines  Stiftes  in  das  eine  oder  das 
andere  von  2  Löchern  in  2  Stellungen  festgehalten  werden ;  in  der  einen 
Stellung  verbindet  der  eine  mit  der  Kurbel  verbundene  Bietallbügel  mit- 
tels der  aufschleifenden  Federn  die  Klemmen  1  und  2,  der  andere  Bügel 
die  Klemmen  3  und  4  wie  in  Fig.  41 ;  in  der  anderen  Stellung  verbindet 
der  eine  Bügel  die  Klemmen  1  und  3,  der  andere  die  Klemmen  2  und  4 
und  der  Strom  durchläuft  nun  das  Relais  R  in  der  entgegengesetzten 
Richtung. 

Der  polarisirte  Schwarzschreiber  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  6, 
S.  160)  hat  einen  eben  solchen  Elektromagnet,  wie  das  Relais,  nur  liegen 
seine  Schenkel  horizontal;  nur  die  Pole  stehen  sammt  der  Zunge  aus 
dem  das  Triebwerk  zur  Bewegung  des  Papierstreifens  enthaltenden  Kasten 
hervor;  die  Zunge  ist  rückwärts  verlängert  und  hat  an  ihrem  Ende 
eine  Schneide,  welche,  wenn  der  Apparat  schreibt,  den  Papierstreifen  an 
die  von  einer  täglich  frisch  anzufeuchtenden  Schwärz  walze  aus  mit  Farbe  ver- 
sehene vom  Triebwerke  umgedrehte  Schwärzscheibe  andrückt.  Der  Schwarz- 
Schreiber  ist  mit  einer  Selbstauslösung  des  Trieb-  oder  Laufwerkes  versehen; 
es  sitzt  nämlich  innerhalb  des  Kastens  unmittelbar  neben  dem  Schreibmag- 
net noch  ein  kleiner  Elektromagnet  E  Fig.  42,  welcher  mit  jenem  in  dem- 
selben Schliessungskreise  liegt;  so  lange  der  Anker  a  nicht  angezogen 
ist,  liegt  die  Feder  f  am  Ankerhebel  bremsend  mit  einem  durch  das 
Laufgewicht  p  regulirbarcn  Drucke  auf  der  kleinen  Elfenbein  walze  g  und 
hemmt  das  Laufwerk;  wird  a  angezogen,  so  lässt  f  die  Walze  g  und  das 
Laufwerk  los,  zugleich  aber  stellt  sich  der  seitwärts  von  p  liegende  Stiefel 


Telegraphie.   Von  Dr.  £düard  ZetzscHE.  465 


n  &eiikreeht,  so  daBS  er  mit  dem  Absätze  auf  der  darunter  liegenden,  anf 
einer  Radaze  des  Triebwerks  sitzenden*  und  sich  deshalb  mit  drehenden 
Trommel  T  so  lange  tanzt,  als  telegraphirt  wird ;  hört  das  Telegraphircn 
aaf,  so  wird  der  Stiefel  durch  die  Reibung  von  der  Trommel  wieder 
seitwärts  mitgenommen  ;  in  Folge  dessen  senkt  sich  die*  Feder  f  wieder 
auf  die  Walze  g  und  horomt  das  Laufwerk.  Bei  den  in  neuerer  Zeit 
gebauten  Schwarzschreibern  läuft  die  Schwärzscheibe  mit  ihrem  unteren 
'J'heile  in  einem  offenen  Farbtroge  und  wird  durch  den  Schreibhebel  mit 
ihrem  oberen  Theile  gegen  den  an  dieser  Stelle  über  eine  scharfe  Kaute 
lanfeuden  Papierstreifen  angedrückt;  auch  ist  ihr  Rand  fein  gekerbt,  damit 
die  Schrift  deutlicher  wird.  Der  Schwarzschreiber  ist  so  empfindlich,  dass 
er  meist  ohne  Relais  unmittelbar  in  die  Leitung  eingeschaltet  werden 
kann. 

Soll  der  polarisirte  Schreibapparat  als  Translator  (Zcitschr.  d.  Tel.- 
VerJ  6,  8.  103)  dienen,  so  wird  die  Einschaltung  nach  der  Skizze  Fig.  43 
bewirkt.  Bringt  ein  ans  der  Leitung  Z,  eintreffender  Strom  das  Relais 
Rf  anm  Ansprechen,  so  wird  die  Localbatterie  b  geschlossen,  der  Schreib- 
hebel h  deiB  Schreibapparates  legt  sich  auf  den  Contact  3  und  schliesst 
die  Arbeitsbatterie  ^i,  welche  ihren  Strom  in  die  Leitung  L^  sendet,  so- 
bald der  Arm  a  auf  s^  liegt;  beim  Rückgang  des  Schreibhebels  erfolgt 
wieder  eine  Entladung  mittels  des  Stromes  der  Gegenbatterie  B^,  Durch 
das  Relais  B^  kann  kein  Rückstrom  gehen;  denn  selbst  wenn  der  Arm 
a  TOB  «t  auf  ^1  zurückgeführt  wird,  streift  er  erst  ^3  und  setzt  dabef  die 
Leitung  L^  ableitend  mit  der  Erde  E  in  Verbindung.  Das  Umschalten 
der  Kurbel  a  erfolgt  am  Schreibapparat  nicht  durch  Menschenhand,  son- 
dern von  selbst,  nämlich  durch  den  auf  der  Axe  des  Hebels  der  Selbst- 
aoslösupg  (Fig.  42)  sitzenden  Commutatorhebel,  indem  sich  dieser  auf 
die  eine  oder  die  andere  zweier  Contactschraubcn  legt,  von  denen  die 
eine  mit  dem  Schreibhcbel ,  die  andere  mit  dorn  Relais  in  Verbindung 
steht;  die  Entladung  (Stellung  von  a  auf  s^  aber  besorgt  der  Stiefel  n 
der  Selbstauslösung,  welcher  vom  an  der  Zehe  und  hinten  am  Absätze 
isolirt  ist,  nicht  aber  in  der  Mitte  der  Sohle,  so  dass  er  in  seiner  ruhen- 
den oder  tanzenden  Stellung  nicht,  wohl  aber  wenn  er  seitwärts  ab- 
gleitet, den  Hebel  der  Auslösung  mit  der  Trommel  T  und  durch  eine  auf 
dieser  schleifenden  Feder  mit  der  Erde  leitend  verbindet.  —  Um  bei 
Anwendung  der  Translation  die  vom  Schreibhebcl  zu  seiner  Bewegung 
verbrauchte  Zeit  nicht  von  der  Schlicssungszeit  der  durch  den  Schreib- 
hebel geschlossenen  Batterie  in  Contact  kommen  zu  lassen,  haben  Sie- 
mens &Ualske  dem  Schreibhebcl  .einen  federnden  Contact  gegeben,  so 
dass  die  Contactfeder  ihren  Contact  früher  erreicht,  als  der  Schreibhebel 
ihn  erreichen  würde,  und  auf  ihm  selbst  noch  eine  Zeit  lang  liegen 
bleibt,  wenn  der  Schreibhebcl  schon  seinen  Rückgang  begonnen  hat 
(vgl.  Jahrgang  X  S.  210  und  348).    Auch  der  Commutatorhebel  qv\\>^\\.  ^^VJci^ 


466    Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektriachen 

Contactfedem.  —  Die  vollständigen  Schemata  der  Einschaltung  und  Ver- 
bindung sämmtlicher  Apparate,  sowie  die  verschiedenen  Stöpselnngen 
sind  beschrieben  und  durch  Abbildungen  erläutert  in  der  Zeitschrift  des 
deutsch -österreichischen  Telegraphen  -  Vereins  (6,  S.  169)  und  daraus  in 
Dub;  Anwendung  des  Elektromagnetismus  (S.  425),  und  in  Schellen, 
der  elektromagnetische  Telegraph  (4.  Aufl.  S.  490  und  495). 

Die  Apparate  von  Siemens  &Halske  kamen  auch  auf  den  anter- 
seeischen  Linien  von  Port-Vendres  nach  Algier  und  von  Malta  nach 
Alexandrien  zur  Anwendung. 

b)  Die  Apparate  von  Cromwell  Fleetwood  Varlej. 

Am  16.  Februar  1854  lioss  sich  Varley  3  zusammen  gehörige  Apparate 
patenfiren  (Polytechn.  Centralbl.  1855,  S.  729  oder  Dingler's  Journal 
136,  8.  262  aus  Reperiory  of  Patent  Inventions,  April  1855,  S.  293):  einen 
Taster,  ein  Relais  und  einen  Commutator  {srvitch).  Der  Commn- 
tator  befindet  sich  auf  der  Platte  des  Tasters  und  enthält  eine  auf  zwei 
Ständern  lagernde,  mit  der  Leitung  L  verbundene  Welle,  deren  Kurbel 
in  zwei  durch  die  Worte  „Abgang"  und  „Empfang"  bezeichnete  Lagen 
gebracht  wird;  in  der  ersteren  Lage  liegt  ein  an  der  Welle  befindlicher 
Stift  h  auf  einer  Feder  g,  in  der  anderen  Lage  ein  Stift  t  auf  einer 
Feder  /;  beim  Umstellen  des  Commutators  aus  der  einen  in  die  andere 
Lage  kommt  ein  dritter  Stift  o  der  Welle  mit  einer  dritten,  mit  der  Erde 
verbundenen  Feder  n  in  Berührung,  wodurch  die  Leitung  L  bei  jedem 
Wechsel  entladen  wird.  Die  Axe  des  Tasterhebels  besteht  aus  zwei  gegen 
einander  isolirten,  durch  ein  scheibenförmiges  elfenbeinernes  Mittelstäck 
mit  einander  verbundenen  Theilen;  diese  Theile  stehen  durch  2  Federn 
b  nnd  c ,  welche  zugleich  den  Tasterhebel  in  seiner  Ruhelage  erhalten, 
mit  den  Polen  Ü  und  Z  der  Telegraphirbatterie  in  Verbindung;  das 
elfenbeinerne  Mittelstück  ist  von  2  sich  nicht  berührenden  metallenen 
Halbkreisen  umgeben,  von  denen  der  eine  mit  dem  Tasterhebel  und  dem 
Pol  Z,  der  andere  mit  dem  Pol  C  verbunden  ist.  Ist  der  Taster  in  sei- 
ner Ruhelage,  so  geht  der  positive  Strom  durch  ihn  in  eine  mit  der 
Commutatorfeder  g  verbundene  Feder  ^  und  wenn  der  Commutator  auf 
„Abgang**  steht,  durch  den  Stift  h  in  die  Leitung  Z,  nach  der  anderen 
Station,  wo  der  Commutator  auf  „Empfang*'  steht,  durch  den  Stift  t  nnd 
die  Feder  j  nach  dem  Relais,  bewegt  aber  den  Relaishebel  so,  dass  die 
Localbatterie  nicht  geschlossen  wird.  Drückt  man  nun  den  Taster  nie- 
der, so  wird  zunächst  die  Leitung  L  mittels  einer  am  Taster  schleifenden 
Feder  k  (welche  also  jetzt  zugleich  mit /"auf  demselben  Halbkreise  auf- 
schleifen muss)  entladend  mit  der  Erde  verbunden,  gleich  darauf  aber 
kommt  k  mit  dem  anderen  Halbkreise  in  Berührung  und  bewirkt  die  üm- 
kehrung  des  Stroms  (weil  f  noch  auf  dem  ersteren  Halbkreise  schleift), 
wodurch   das   Relais   auf  der  Empfangsstation    den   Localstrom  schliesst. 


Telegraphie.   Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  467 


^^.^-*  ^^^^^  ^■^■^^'^  ^-^.^^^^  * 


D«8  Relais  (Fig.  44)  ist  dem  Wesen  nach  ein  Galvanometer,  dessen  Nadel 
in  Folge  einseitigen  Uebergewichts  sich  mit  einem  an  seiner  Axe  befes- 
tigten Arm  d  gegen  eine  Feder  e  anlegt  nnd  so  den  Localstrom  schliesst; 
während  jedoch  der  Taster  sich  in  der  Bulielage  befindet,  durchläuft  der 
Strom  das  Eelais  so,  dass  er  den  Arm  d  von  der  Feder  e  entfernt.  Der 
Contact  am  Arm  d  hat  eine  Kugelhaube  als  Oberfläche.  Die  Kegulirung  des 
Relais  wird  durch  Vergrösserung  oder  Verkleinerung  des  Uebergewichts 
in  Folge  einer  grösseren  oder  kleineren  Schrägstellung  bewirkt.  Der 
Empfangsapparat  ist  ein  gewöhnliches  Galvanometer. 

Die  in  Fig.  45  abgebildete  Einrichtung  des  Relais  für  Ströme  von 
wechselnder  Richtung  von  Varley  erwähnt  DuMoncel  (traile,  S.  488). 
Der  Relaishebel  a  h  liegt  innerhalb  der  Spulen  S  und  schwingt  zwischen 
den  Polen  zweier  permanenter  Magnete  1\  und  /\,  welche  zu  ihm  pa- 
rallel zu  beiden  Seiten  seiner  Axe  c  liegen;  an  die  beiden  Arme  seines 
Qnerhauptes  d  sind  2  Federn  angelölhet,  welche  die  beiden  Cotactkugeln 
aus  Platin  tragen  ^  nnd  mit  diesen  sich  an  die  Stellschrauben  Vi  und  v, 
anlegen  können. 

Ein  noch  anderes  Relais  von  Varley,  welches  für  verschiedene 
Zwecke  dienen  kann  und  einen  polarisirten  und  einen  nicht  magnetisir- 
ten  eisernen  Hebel  .hat,  beschreibt  Glösener  {Iraile  des  applicalions  de 
Nieciricile  I,  S.  215). 

Ein  anderer  Apparat  von  Varley  besteht  aus  einem  eigenthümlichen 
Taster,  nebst  einem  Relais  (Stvitcfi),  Mit  diesem  Switch  steht  eine 
besondere  Switchbattcrie  in  Verbindung,  so  dass  jede  Station  2  Linien- 
und  2  Localbatterien  und  für  jede  Linie  2  Relais  (ein  gewöhnliches  und 
einen  Switch)  braucht.  Beim  Niederdrücken  des  Tasters  wird  «der  Strom 
der  Linieubatterie  nach  der  anderen  Station  entsendet  und  zugleich 
einem  von  der  anderen  Station  kommenden  Strome  ein  anderer  Weg  als 
gewöhnlich  durch  das  Relais  eröffnet.  Diesen  Weg  durch  den  Switch 
nämlich  verfolgt  nach  dem  Loslassen  des  Tasters  der  Rückstrom  und  der 
Strom  der  Gegenbatterie;  er  ist  jedoch  dem  Strome  nur  kurze  Zeit  ge- 
öffnet, nämlich  so  lange  der  Rückstrom  dauert,  damit  dieser  nicht  durch 
das  Relais  gehe;  dann  wird  dieser  Weg  unterbrochen  und  der  alte  durch 
das  Relais  hergestellt.  Die  Eröffnung  des  neuen  Weges  wird  durch  eine 
eigenthümliche  Einrichtung  des  Tasters,  dagegen  die  nicht  plötzlich  mit 
dem  Loslasseu  des  Tasters  erfolgende  Unterbrechung  desselben  durch  den 
Switch  bewirkt.  Der  Taster  hat  ausser  den  gewöhnlichen  2  Contact- 
kegeln  und  der  Leitung  nach  der  Hebelaxe  noch  2  Klemmen,  von  denen 
die  eine  mit  einem  dritten  Contactständer,  die  andere  mit  einer  langen 
Feder  verbunden  ist,  welche  letztere  beim  Ni»'derdrücken  des  Taster- 
hebeis  von  diesem  auf  den  dritten  Contactständ er  aufgedrückt  wird  und 
dadurch  die  Switchbatterie  schliesst;  indem  nun  der  Strom  dieser  Batterie 
den  Switch  -  Elektromagnet  a  (Fig.  40)  umkreistund   dieser  seinen  Anker 

ZeiUchrm  f.  Mailiemalik  u.  J  liysik  Xlll,  ti.  ^^ 


468     Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  .elektrischen 

anzieht,  unterbricht  der  Ankerhebel  e  zunächst  den  Weg  über  die  Stell- 
schraube u  nach  dem  Beiais,  bringt  dafür  aber  die  Feder  f  mit  der  Schraube 
bei  w  in  Verbindung.  Damit  nun  beim  Loslassen  des  Tasters,  wo  die  Gegen- 
batterie in  Thätigkeit  tritt,  nicht  auch  die  Feder  /'loslässt,  steht  der  Hebel 
e  des  Switch  mit  einem  kleinen  Gewicht,  einem  Zahnrad  und  einem  Wind- 
flügel in  Verbindung,  wodurch  er  genöthigt  ist,  sich  nur  langsam  zu  senken 
und  erst  etwa  %  Secunde  nach  dem  Loslassen  des  Tasters  die  Gegen- 
batterie zu  öffnen  und  mittels  des  Contactes  u  das  Kelais  wieder  einzu- 
schalten (Schellen,  d.  elektrom.  Telegraph,  3.  Aufl.  S.  291).  —  Deutlicher 
lassen  sich  die  Vorgänge  an  dem  Binschaltungsschema  Fig.  47  erkennen; 
Beim  einfachen  Telegraphiren  ist  der  Umschalter  (/  in  4  und  5  gestöpselt. 
Wird  der  Taster  T  niedergedrückt,  so  geht  der  Strom  der  Telegraphir- 
batterie  By^  über  3  und  1  nach  4  und  durch  L  nach  der  Empfangsstation, 
daselbst  aber  aus  L  über  4  in  ^,  l  und  2  des  ruhenden  Tasters  T  nach  dem 
Hebel  e  des  Switch  S  über  u  durch  das  Relais  i?  zur  Erde  E^  so  dass  der 
Strom  der  Localbatterie  6|  über  5  des  Umschalters  ü  durch  den  Schreib- 
apparat M  geht;  zugleich  ist  aber  auf  der  sprechenden  Station  die  Switch- 
battcrie  h^  geschlossen  worden  und  der  Strom  derselben  geht  über  p  durch 
den  Taster  Tnach  q  durch  den  Switchelektromagneten  nach  r,  daher  wird 
der  Switchhebel  e  der  sprechenden  Station  angezogen ;  dadurch  der  Weg 
von  2  in  7  über  e  und  den  Contact  u  nach  dem  Relais  R  und  zur  Erde  E 
abgebrochen,  dafür  aber  die  Feder  f  an  den  Contact  tr  angelegt  und  der 
Weg  von  e  aus  Über  w  und  B^  zur  Erde  E  hergestellt;  die  Gegenbatterie 
B^  ist  aber  noch  nicht  geschlossen,  weil  in  dem  noch  niedergedrückten 
Taster  l  und  2  ausser  Verbindung  sind.  Sowie  aber  der  Taster  in  die 
Ruhestellung  zurückgelangt  ist,  sendet  die  Gegenbatterie  B^  ihren  Strom 
über  w,  e,  2  und  1  in  7",  4  in  Z7  nach  L  zur  Entladung,  bis  der  Switchhebel 
sich  in  seine  Ruhelage  begiebt ,  wobei  f  von  w  fortgeht  und  e  sich  wieder 
an  u  anlegt.  —  Bei  der  Translation  ist  natürlich  noch  ein  zweites  eben 
so  beschaffenes  Apparatsystem  (nach  Befinden  jedoch  ohne  Switch  und  mit 
gewöhnlicliem  Taster)  vorhanden,  etwa  rechts  von  dem  in  Fig.  47  skizzirten. 
Der  Umschalter  U  ist  dann  in  6  und  7  gestöpselt.  Kommt  nun  in  der 
einen  Apparathälfte  ein  Strom  aus  L'  durch  U'  und  die  Apparate  die>ser 
Hälfte:  -/>/,  2  in  T,  e  und  u  in  S  durch  ä'  zur  Erde  E,  so  spricht  das  Relais 
/?'  dieser  Hälfte  an,  der  Strom  der  zu  Ä'  gehörigen  in  der  anderen  Apparat- 
hälfte stehenden  Localbatterie  b\  und  Switchbatteric  b\  wird  geschlossen 
und  läuft  von  b\  über  x  durch  ä',  7  in  U',  5  in  \V  nach  6',,  r\  S'  und  M\ 
die  beiden  letzteren  ziehen  ihre  Anker  an,  wodurch  ^  ausgeschaltet  und 
zugleich  ein  Strom  nach  L  weitergegeben  wird, 

Schellen  (d.  elektrom.  Telegraph,  4.  Aufl.  S.  512)  beschreibt  einen 
auf  der  Unterseeleitung  London- Amsterdam  auf  8  Drähten  ohne  jede 
Schwierigkeit  und  Störung  durch  die  Rückströme  (mit  einer  Geschwindig- 
keit von  ungefähr  300  Punkten  in  l  Minute)  arbeitenden  Kabeltranslator 


Telegraphie.  Von  Dr.  Eduard  Zetzschb.  469 

oder  Switch  ▼on  V arley,  welcher  nur  eine  Abänderung  des  polarisirten 
Relais  ist.  In  Fig.  43  sind  a  und  a,  die  Pole  des  Elektromagnetes,  dessen 
Drahtenden  /  und  ',  sind ;  c  ist  der  leichte  Hebel,  welcher  mit  seiner  Dreh-^ 
axe  auf  dem  Südpolschenkel  des  Stahlmagnetes  aufsitzt,  während  der  Nord- 
polschenkel dieses  Stahlmagnetes  mit  den  Kernen  des  Elektromagnetes 
▼erschranbt  ist.  Im  Buhezustande  zieht  das  Polende  ^,  den  Hebel  c  gegen 
die  Sehranbe  d-,  die  Contactschraube  d^  ist  mit  dem  Zinkpole  der  Gegen- 
oder Zinkbatterie  B^  verbunden,  während  die  Arbeits-  oder  Kupferbatterie 
B^  mit  dem  Kupferpole  nach  dem  Taster  geführt  ist.  Die  Polenden  a  und 
a,  nnd  die  Contactschrauben  d  und  d^  sind  so  gestellt,  dass  der  Hebel  von 
jedem  Polende  an  der  Contactschraube ,  an  welche  er  sich  durch  die  Wir- 
kung eine^  Stroms  angelegt  hat,  auch  dann  noch  festgehalten  wird,  wenn 
der  Strom  verschwindet,  so  dass  es  also  jedesmal  eines  zweiten  Stromes 
von  entgegengesetzter  Bichtung  bedarf,  wenn  der  Hebel  von  einer  Schraube 
an  die  andere  gelegt  werden  soll.  Der  Widerstand  der  Drahtrollen  ent- 
spricht ungefähr  dem  der  ganzen  Leitung.  —  Wollen  2  Stationen  durch 
eine  ünterseeleitung  L  mit  einander  sprechen,  so  haben  sie  beide  die  näm- 
liche in  Fig.  49  angedeutete  Einschaltung,  und  in  beiden  ist  der  Umschalter 
17  bei  4  und  5  gestöpselt.  Wird  der  Taster  J  niedergedrückt,  so  geht  der 
Strom  der  Kupferbatterie  B^  über  3  und  1  des  Tasters  und  4  des  Umschal- 
ters nach  dem  Galvanometer  G :  von  hier  aus  bieten  sich  ihm  2  Wege  von 
gleichem  Widerstände:  der  eine  führt  nach  der  Klemme  /  des  Switch,  die 
Drahtrollen  des  Elektromagnetes  und  über  /,  zum  Zinkpole  von  ^i  zurück, 
der  andere  Weg  führt  durch  das  Galvanometer  und  in  die  Leitung  nach 
der  anderen  Station.  Auf  der  gebenden  Station  wird  daher  der  Nordpol  a 
verstärkt ,  der  Nordpol  /i,  geschwächt  oder  gar  in  einen  Südpol  umgewan- 
delt, der  Hebel  c  also  gegen  die  Contactschraube  c/,  angelegt;  allein  trotz- 
dem kann  die  Zinkbatterie  B^  ihren  entladenden  Strom  nicht  eher  in  die 
Leitung  senden,  als  bis  der  Taster  in  seine  Ruhelage  zurückgekommen  ist; 
damit  dieser  Strom  aber  eine  etwas  längere  Zeit  erhalte,  ist  der  Switch- 
hebel auf  der  Contactseite  mit  einer  leichten  Stahlfeder  versehen ,  welche 
die  Zinkbatterie  noch  kurze  Zeit  geschlossen  hält,  wenn  der  Hebel  bereits 
seinen  Rückweg  angetreten  hat;  natürlich  muss  auch  der  Tasterhebel  beim 
Bttckgang  sich  fest  auf  seinen  Ruhocontact  auflegen ,  weil  sonst  in  Folge 
mangelnder  Entladung  der  Rückstrom  störend  auftreten  würde.  Auf  der 
Empfangsstation  geht  der  Strom  der  Kupferbatterie  ^i  durch  das  Galvano- 
meter»  den  Hebel  des  ruhenden  Tasters,  durch  den  Switchhcbel,  durch  das 
Relais  B  und  durch  die  Erde  E  nach  der  gebenden  Station  zurück ;  durch 
die  Switchdrahtrollen  geht  von  e  aus  nur  ein  verhältnissmässig  geringer 
Stromtheil,  weil  der  Widerstand  auf  diesem  Wege  beträchtlich  grösser  ist; 
der  Belaishebel  schliesst  natürlich  den  durch  den  Schreibapparat  M  gehen- 
den Strom  der  Localbatterie  6.  Auch  der  Entladungsstiom  der  Zinkbatterie 
theilt  sich  bei  e  in  2  Theile,  von  denen  der  eine  in  die  Leitung  L  s^^isS^^ssA. 


470     ßciträjrc  anr  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrisclien 


den  Rückstrom  nentrallsirt ,  während  der  andere  Theil  durch  die  Bollen 
des  Switch  geht  und  den  Switchhehel  in  die  Ruhelage  xurnckfiährt,  so  dui 
das  Relais  der  gehenden  Station  wieder  in  die  Leitung  eingeschaltet  wird. 
—  Soll  zwischen  der  unterirdischen  Leitung  £,  und  einer  oherirdischen 
Leitung  L^  übertragen  werden,  so  braucht  die  Translationsstation  antser 
den  bisher  erwähnten  Apparaten  der  Fig.  49  noch  den  in  Fig.  50  abgebil- 
deten Wechsel  H'  und  den  in  Fig.  51  skizzirten  Apparatsatz,  welcher  durch 
den  Draht  pp  mit  dem  Apparatsatz  der  Fig.  49  verbunden  ist.  In  Fig.  49 
aber  muss  der  Umschalter  ü^  ebenso  wie  der  Umschalter  C^  in  Fig.  51 
gestöpselt  sein,  nämlich  in  6  und  7.  Kommt  nun  ein  Strom  aus  L^^  so 
gebt  er  durch  das  Galvanometer  G^  über  6  in  U^  nach  dem  Hebel  des 
Schreibapparates  3/,  durch  den  Umschalter  V  und  das  Relais  R^  zur  Erde 
E;  der  Relaishebel  scbliesst  die  Localbatterie  &i,  welche  ihren  Strom  durch 
pp^  Bf,  L\,  »2  und  HI,  in  IV  und  3/,  sendet,  worauf  der  Schreibbebel  von  üf, 
den  Strom  der  Arbeitsbatterie  B^  in  die  Leitung  £,  weiter  giebt,  ebenfalls 
mit  StromtheiluDg  bei  dem  Galvanometer  ^, ,  so  dass  zugleich  auch  der 
Switchhebel  gegen  die  Schraube  d,  gelegt  wird  und  beim  Rückgang  des 
Schrcibhebels  ein  Entladungsstrom  der  Batterie  Bf  die  Leitung  durch- 
strömte Um  ein  Zurückprallen  des  Schreibhebels  vom  Ruhecontact  un- 
schädlich zu  machen,  ist  der  Schreibbebel  auch  gegen  diesen  Contact 
hin  mit  einer  leichten  Feder  versehen.  Kommt  ein  Strom  ans  ^,,  so 
geht  er  durch  ^, ,  J/i ,  iS,  über  d  und  /*  durch  /?, ,  schliesst  dadurch  die 
Batterie  6, ,  deren  Strom  durch  pp,  R^^  U^,  /i,  und  Wf  in  IV,  durch  Mf  geht, 
so  dass  der  üebel  des  Schreibapparates  Mf  jetzt  den  Strom  der  Batterie  B 
über  Uf  und  Gf  nach  Z,  weiter  giebt. 

Am  20  Deceraber  1862  liess  sich  Varley  mehrere  Telegraphir- 
methoden  patontiren  (Dingler's  Journal  175,  S.329  oder  Polytechn.  Cen- 
tralbl.  1803,  S.  1025,  aus  The  Emjineer,  August  1803,  S.  95),  bei  denen  die 
telegraphischon  Zeichen  nicht  durch  das  Auftreten  von  Strömen  (wie  ge- 
wöhnlich), sondern  durch  Zu-  und  Abnahme  der  Stromstärke*)  hervor- 
gebracht und  zugleich  Ladungsplatten  **)  und  VViderstandsrollen  angewen- 
det werden.  Bei  der  ersten  Methode  sind  auf  der  Empfatfgsstation  zwischen 
Leitung  L  und  Erde  E  eine  Anzahl  metallener,  gegen  einander  isolirter 
Ladungs])lattcn  P  (Fig.  .^2)  so  angebracht ,  dass  die  Platten  gerader 
Nummer  mit  L,  die  ungerader  Nummer  mit  E  verbunden  sind;  das  Relais  R 


*)  Etwa«  Aohnlichcs  war  schon  1858  für  R.  A.  Rrooman  pateutirt  worden 
(Jhhrjr.  V,  8.40).  Auch  Caselli  und  ßoneUi  suchten  hei  ihren  Copirtelegrapheu 
die  Rückströme  unscLmllich  zu  machen  (Zetzsche,  Copirtelegrapheu,  S.  12  u.  26). 

*•)  In  gewisser  Beziehung  dem  verwandt  ist  die  Verwendung  einer  Gegen* 
batteric  znr  Hcseitigang  der  Rücksttöme,  wozu  M.  H  Jacobi  grosse  Platinelek- 
troden  in  einem  OefUsa  mit  verdünnter  SchwefelsHnre,  Gaston  Planta  Blcielek- 
trodon  vorschlug  (Zeitschr.  d.  Tel.- Ver.  7,  8.  II  und  1.3).  Ueber  Jacobi 's  Gegen- 
batterie vgl.  auch  fJu  Moncel,  trniU,  8.354. 


Telegrapliie.   Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  471 


^■•^.^'^.^-^^^ 


ist  zwischen  den  Platten  und  L  oder  zwischen  den  Platten  und  E  ein- 
geschaltet; ausserdem  ist  zwischen  L  und  E  noch  eine  zur  Erhöhung 
der  Geschwindigkeit  des  Telegraphirens  dienende  Widerstandsrolle  W 
eingeschaltet.  Der  ankommende  Strom  tritt  auf  der  Empfangsstation  mit 
allmälig  wachsender  Stärke  auf  und  verzweigt  sich  theils  nach  den  La- 
dungsplatten,  theils  durch  W  zur  Erde;  hat  mit  vollständiger  Ladung 
der  Platten  die  Stromstärke  ihr  Maximum  erreicht,  so  hört  der  Zweig- 
strom durch  das  Beiais  auf,  wenn  auch  der  Strom  in  der  Leitung  fort- 
dauert. Wird  auf  der  gebenden  Station  der  Strom  umgekehrt,  so  senden 
die  sich  entladenden  Platten  einen  Strom  von  entgegengesetzter  Richtung 
durch  das  Relais.  Bei  der  zweiten  Methode  schliesst  ein  Elektroscop, 
dessen  beide  Pole  durch  eine  WiderstandsroUe  verbunden  sind,  beim 
Wechsel  der  Stromstärke  die  Localbatterie.  Bei  der  dritten  Methode 
ist  die  äussere  (primSre)  Windung  einer  Inductionsspule  mit  der  Lei- 
tung L  und  *der  Erde  E  verbunden,  während  der  Empfangsapparat  R  in 
die  innere  (secundäre)  Windung  eingeschaltet  ist  und  somit  bei  jedem 
Auftreten  oder  Verschwinden,  Zu-  oder  Abnehmen  eines  Stromes  in  der 
äusseren  Windung  von  einem  Inductionsstrome  durchlaufen  wird.  Der 
Eisenkern  der  Inductionsspule  besteht  aus  einem  Bündel  Eisendrähten, 
welche  4  Mal  so  lang  sind,  als  die  Spule,  worauf  die  äusseren  und  inneren 
Windungen  aufgewickelt  sind;  diese  Eisendrähte  sind  umgebogen,  so 
dass  sie  die  ganze  Spule  wie  eine  Büchse  umschliessen.  Bei  der  vierten 
Methode  hat  das  Relais  zwei  Windungen  von  verschiedener  Länge  und 
verschiedener  Windungszahl;  die  erste  Umwickelung  habe  z.  B.  halb  so 
viel  Widerstand  und  halb  so  viel  Windungen,  als  die  zweite,  und  es 
sei  ein  Elektromagnet  und  eine  Inductionsspule  vorhanden,  dessen  Wider- 
stand dem  der  zweiten  Umwickelung  gleich  ist.  Wird  nun  die  erste 
Umwickelung  mit  der  zweiten  und  zugleich  auch  mit  dem  Elektromagnet 
verbunden,  so  geht  jeder  Strom  ungetlieilt  durch  die  erste  Umwickelung 
und  verzweigt  sich  dann  zur  Hälfte  in  die  zweite  Umwickelung  und  zur 
anderen  Hälfte  in  den  Elektromagnet;  da  nun  der  Strom  in  der  ersten 
und  in  der  zweiten  Umwickelung  in  entgegengesetzter  Richtung  fliesst, 
so  gleicht  sich  seine  magnetisirende  Wirkung  aus  und  es  würde  folglich 
keine  Wirkung  im  Relais  auftreten,  wenn  nicht  das  Eisen  jenes  Elektro- 
magnetes  während  des  Magnctisirens  dem  Durchgange  des  Stromes  eine 
Art  Widerstand  entgegenstellte',  so  dass  der  Strom  in  der  zweiten  Um- 
wickelung etwas  mehr  als  die  Hälfte  beträgt  und  ein  Zeichen  auf  dem 
Relais  giebt.  —  Bei  der  fünften  Methode  umkreist  der  Strom  zwei 
Galvanometer  von  verschiedener  Grösse,  deren  Nadeln  sich  zwar  durch 
einen  gegebenen  Strom  nach  derselben  Richtung  bewegen  und  denselben 
Ausschlag  erlangen,  aber  nicht  gleich  schnell.  Die  grössere  und  lang- 
samere hat  mehr  Umwickelungen,  giebt  aber  keinen  grösseren  Ausschlag, 
da  ein  Theil  des  Stromes  in  eine  WiderstandsroUe  a.Vi^"^'L^^\^\.  \^\.    \^^R. 


472      Beiträge  zar  Geßchichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 


w-v*.  --•■-.•  ^  -^  ^^y  y  *  •'--*  vww^-^^'v-**',^  ^^^^^^.^-^^^  - 


beiden  Galvanometer  bilden  ein  Relais;  ihre  Axen  liegen  vertical  über 
einander,  stehen  aber  nicht  in  metallischer  Verbindung;  die  eine  Axe 
trägt  eine  isolirte  Gabel,  bei  welcher  der  eine  Zinken  isolirt,  der  andere 
mit  einer  kleinen  Contactfeder  mit  Gold-  oder  Platin -Knöpfchen  yersehen 
ist.  Wenn  die  Nadeln  sich  nach  der  einen  Kichtung  bewegen,  so  legt 
sich  die  Contactfeder  an  einen  von  der  Axe  der  anderen  Nadel  zwischen 
die  Gabelzinken  herabreichenden  Stab  und  schliesst  einen  Localstrom; 
bei  der  Bewegung  nach  der  anderen  Seite  wird  der  Kreis  des  Local- 
stromes  geöffnet.  Oder  es  hängt  von  der  Gabel  ein  Diaht  herab  in  einen 
halbkreisförmigen  mit  Wasser  gefüllten  Trog  und  zwischen  den  Gabel- 
zinken hängt  ein  zweiter,  gegen  die  Zinken  isolirter  Draht  herab  in  den 
Trog;  auf  dessen  Boden  ein  mit  dem  einen  Batteriepol  verbundener  Draht 
liegt;  der  andere  Batteriepol  ist  mit  der  einen  Nadelaxe  verbunden ,  von 
der  Mitte  der  Batterie  aber  geht  ein  Draht  durch  ein  (zweites)  Relais  nach 
der  zweiten  Galvanometeraxe.  Wenn  nun  der  Linienstronr  sich  in  dem 
einen  Sinne  ändert,  so  werden,  wegen  der  schnelleren  Bewegung  der 
kleineren  Nadel,  die  beiden  Drähte  in  der  Flüssigkeit  sich  einander 
nähern ;  bei  einer  Aenderung  der  Stromstärke  im  entgegengesetzten  Sinne 
entfernen  sie  sich  von  einander.  Wurde  nun  die  Entfernung  der  Drähte 
im  Trog  entsprechend  gewählt  (mit  Zuhilfenahme  von  Widerstandsrollen), 
so  wird  in  den  genannten  beiden  Fällen  ein  Strom  nach  der  einen  oder 
nach  der  andern  Richtung  das  (zweite)  Relais  durchlaufen,  selbst  wenn 
der  Unterschied  in  der  Entfernung  der  beiden  Drähte  weniger  als  V^^  Zoll 
beträgt.  Auch  hier  lassen  sich  mit  Vortheil  Inductionsplatten  anwenden. 
—  Wesentlich  einfacher  wird  die  Einrichtung ,  wenn  man  blos  eine  Gal- 
vanometer-Nadel nimmt  und  mit  einem  daran  angebrachten  Arm  in  das 
Wasser  des  Trogs  tauchen  lässt;  ein  Ende  des  Trogs  ist  dann  durch 
die  primäre  Umwickelung  einer  Inductionsspule  hindurch  mit  dem  einen 
Pole  der  Batterie  verbunden,  während  der  andere  Pol  mit  der  Axe  der 
Nadel  in  Verbindung  steht;  in  die  secundäre  Umwickelung  der  Induc- 
tionsspule ist  ein  polarisirtes  Relais  oder  ein  anderer  Telegraphen- Apparat 
eingeschaltet.  Dreht  ein  Strom  die  Nadel  nach  der  einen  oder  anderen 
Seite,  so  wird  der  Widerstand  der  Wassersäule  grösser  oder  kleiner, 
deshalb  nimmt  die  Stromstärke  ab  oder  zu,  es  wird  also  ein  Strom  in 
der  einen  oder  anderen  Richtung  in  die  secundäre  Umwickelung  inducirt 
und  durchläuft  das  Relais.  —  Die  Einschaltung  der  Batterie  B  in  der  geben- 
den Station  kann  verschieden  sein,  doch  werden  auch  hier  Inductions- 
platten P  zwischen  Erde  E  und  Kabel  L  eingeschaltet,  und  deren  Spannung 
addirt  sich  beim  Umkehren  des  Stromes  zu  der  der  Batterie.  Solche  Ein- 
schaltungen zeigen  Fig.  3,  4  u.  5  auf  Taf.47  des  Polytechn.  Centralblatts  vom 
J.  1863 ;  in  diesen  Figuren  sind  durch  H' Widerstandsrollen  angedeutet,  welche 
einen  schwachen  Strom  nach  dem  ersten  kräftigen  veranlassen  sollen;  dieln- 
ductionsrollen  (/in  Fig.  4)  sind  von  feinem  Draht,  enthalten  ein  Bündel  Eisen- 


Telegraphie.   Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  473 


*  j^-*'^*'  ^.>"  y^  ^ . 


drahte  undbefördem  dieEntladnng  des  Kabels,  indem  sie  nach  ihrer  vollstän- 
digen Magnetisirnng,  wenn  der  Strom  von  den  Platten  Panfhört,  den  Magnetis- 
miiB  verlieren  und  dabei  einen  entgegengesetzten  Strom  in  dieLeitungsenden. 
Der  Taster  mag  so  eingerichtet  sein,  dass  er  die  Leitung  behufs  der  Ent- 
ladung nach  jedem  Strom  kurze  Zeit  mit  der  Erde  in  Verbindung  bringt. 

Die  Contactfedem  an  dem  Relaishebel  sind  nicht  einfache  flache 
Federn,  sondern  sie  sind  mit  kleinen  kuglichen  Contactknöpfchen  aus 
Platin  versehen,  wodurch  die  Tendenz  zu  Vibrationen  wesentlich  ver- 
mindert ist.  Die  J^edern  erhöhen  zugleich  die  Empfindlichkeit  der  Relais, 
da  sie  die  magnetische  Anziehung  zum  Thcil  überwinden  und  so  das 
Haftenbleiben  verhüten.  Bei  dem  einen  Relais  läuft  der  Hebel  in  eine 
Feder  aus  und  hat  2  Contactschrauben  gegenüber;  erst  legt  sich  die  Feder 
auf  die  erste  und  dann  der  Hebel  selbst  an  die  zweite  Schraube.  —  Beim 
Betrieh  langer  unterseeischer  Leitungen  ist  es  meist  wichtig,  zu  wissen, 
wie  die  Zeichen  auf  der  Empfangsstation  ankommen.  Um  dies  zu  er- 
fahren, soll  eine  sogenannte  Prüfungsleitung  in  der  gebenden  Station 
angebracht  werden ;  so  dass;  wenn  Etwas  am  zeichengebenden  Apparate 
oder  die  Batterie  nicht  in  Ordnung  ist,  die  Prüfungsleitung  den  Gebenden 
unterrichtet;  was  von  seinen  Zeichen  wahrscheinlich  auf  der  Empfangs- 
station ankommt,  oder  ob  er  zu  schnell  telegraphirt.  Es  genügt,  dass 
der  in  die  Prüfungsleitung  gesendete  Strom  nur  V^^j  von  der  Stärke  des 
Stromes  im  Kabel  hat.  —  Als  Isolator  wendet  Varley  zwischen  den  La- 
dnngaplatten  mit  Paraffin  getränktes  Papier  an. 

c)  Die  Apparate  von  Edward  Brailsford  Bright 

in  Liverpool 

sind  zum  Telegraphiren  mit  gleich  langen  Strömen  von  wechselnder 
Richtung  bestimmt  und  wurden  am  13.  Januar  1858  patentirt  (Polytechu. 
Centralbl.  1859,  S.  368,  aus  London  Journal  October  1858,  S.  206).  Beim 
Loslassen  und  Niederdrücken  des  Tasters  dreht  sich  eine  excentrische 
Scheibe,  auf  welcher  Federn  aufschlcifen,  allemal  durch  ein  Uhrwerk  mit 
Sperrvorrichtung  um  00^  und  unterbricht  dadurch  oder  schliesst  den  Strom 
in  der  einen  oder  anderen  Richtung.  Das  Relais  hat  2  Arbeitscontacte, 
an  die  sich  der  Hebel  anlegt,  um  den  Localstrom  zu  schliessen. 

d)    Die  Apparate  für  die  transatlantische  Linie  von 

Thomson  und  Varley. 

Da  man  bei  dem  atlantischen  Tau  mit  Rücksicht  auf  die  Erhaltung 
desselben  auf  die  Benutzung  sehr  schwacher  galvanischer  Strome  ange- 
wiesen war,  so  war  die  Anwendung  von  Apparaten  mit  Elektromagneten 
ausgeschlossen,  weil  bei  diesen  nur  durch  kräftige  Ströme  eine  ausreichende 
Magnetisirung  der  Eisenkerne  zu  erzielen  ist,  und  weil  zugleich  die  Er- 
zeugung und  das  Verschwinden  des  Elektromagnetismus  eine  merkliche 
Zeit  erfordert.     Die  Galvanometer   dagegen   lassen   alcVi  dxrt^iVjL  N^\\sx\\^- 


474     Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

derung  des  Nadelgewichtes  und  Vermehrung  der  Umwindungen  beliebig 
empfindlich  machen,  um  den  Nadelanssclilag  noch  deutlicher  wahrnehmbar 
zu  machen ,  griff  Professor  WilliamThomson  in  Glasgow  1858  zu  dem 
bereits  18^  von  Gauss  und  Weber  in  Göttingen  benutzten  Spiegel- 
galvanometer*) zurück.  Wirft  der  Spiegel  AB  (Fig.  53)  den  in  der 
Bichtung  FTC  durch  einen  Schlitz  in  dem  mit  einer  Skala  versehenen 
Schirme  MM  normal  auffallenden  Strahl  der  Lampe  F  in  sich  selbst  zurück, 
so  muss  der  Winkel  FC  E,  um  welchen  der  reflectirte  Strahl  CE  nach 
der  Drehung  des  Spiegels  in  die  Lage  A^  B^  von  dem^einfallenden  Strahle 
/*C  abweicht,  doppelt  so  gross  sein,  als  der  Drehwinkel  ACd^^  weil  dieser 
ja  eben  so  gross  ist,  als  der  Winkel  DCFy  um  welchen  das  Einfallsloth 
D  C  jetzt  vom  einfallenden  Strahle  abweicht.  Der  Weg ,  den  das  Spiegel- 
bild auf  der  Skala  zurücklegt,  ist  ausserdem  auch  noch  proportional  der 
Entfernung  des  Schirms  MM  oder  M^Mi  von  dem  Spiegel  AB,  wodurch 
eine  weitere  Vergrösserung  desselben  möglich  ist.  Thomson  gab  nun 
seinem  Reflex-  oder  Spiegelgalvanometer  die  aus  Fig.  54  ersicht- 
liche Anordnung.  Das  mit  vielen  tausend  gut  isolirten  Windungen  eines 
feinen  Kupferdrahtes  versehene  Galvanometer  G  wird  mit  den  Draht- 
enden X  und  y  in  die  Leitung  eingeschaltet ;  in  der  Mitte  der  Rolle 
hängt  an  einem  feinen  Coconfaden  das  sehr  leichte  Magnetst&bchen  m, 
auf  dessen  Rücken  ein  kleines  Stahlspiegelchen  5  so  befestigt  ist,  dass 
die  Spiegelebene  mit  der  verticalen  Ebene  der  Nadel  m  zusammenfallt 
und  bei  der  Ruhelage  der  Nadel  in  dem  magnetischen  Meridian  liegt,  in 
welchen  auch  die  Drahtwindungen  eingestellt  werden.  Drei  Fuss  von  dem 
Spiegel  entfernt  steht  ein  Schirm  S  mit  einer  Spalte  T,  welche  sich  durch 
einen  Schieber  nach  Bedarf  verengern  lässt ;  eine  dhht  hinter  dem  Schirm 
stehende  Lampe  F  wirft  ein  Lichtbündel  durch  die  Spalte  T  auf  die 
Sammellinse  Z^,  so  dass  das  Bündel  auf  dem  Spiegel  s  als  eine  helle  und 
scharfe  Lichtlinie  erscheint  und  als  solche  vom  Spiegel  auf  die  etwas 
höher  stehende  Latte  mit  Skala  MM  geworfen  und  in  einem  dunkeln 
Räume  dem  Auge  sichtbar  wird**).     So  lange  kein  Strom   in   den  Win- 


*)  Dasselbe  war  schon  Ton  Poggendorff  zu  eiuem  hohen  Grade  der  Voll- 
kommenheit und  Genauigkeit  ausgebildet  und  von  Du  Bois-Reymond  in  Berlin 
in  der  Weise,  wie  es  jetzt  von  Thomson  geschieht,  bei  seinen  Vorlesungen  zum 
Sichtbarmachen  schwacher  Nerven-  und  Muskelströme  angewandt  worden;  auch 
Lamont  und  Wiedemann  haben  solche  Apparate  construirt,  letzterer  mit  mag- 
netisirtem  Spiegel  vor  etwa  16  Jahren. 

**)  Zum  Hervorrufen  der  überraschenden  Leistungen  dieses  Galvanometers 
reicht  ein  gewöhnlicher  Multiplicator ,  auf  dessen  Nadel  ein  etwa  einen  halben 
Quadratzoll  grpsscs  Glasspiegelchen  mit  Wachs  befestigt  ist,  völlig  aus,  wenn 
man  nur  eine  recht  intensive  Gas-,  Petroleum-  oder  Oellampe  und  eine  ziemlich 
grosse  Condensatorlinse  von  etwa  sechs  Zoll  Brennweite  anwendet,  dabei  aber 
durch  Einschliestien  der  Lampe  in  einen  mit  einer  Spalte  versehenen  Blechkasten 
alles  Seitenlicht  von  der  mit  weissem  Papier  überzogenen  Latte  abhält. 


Telegraphie.   Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  476 


diiDgen  von  G  die  Nadel  m  nmkreist,  steht  dieselbe  im  magnetischen  Meri- 
dian und  die  helle  Lichtlinie,  der  Lichtzeiger  (index  lighC)  steht  im 
Nnllpankte  der  Skala.  Geht  ein  Strom  durch  den  Multiplicator  G,  so 
wird  die  Nadel  mit  dem  Spiegel  abgelenkt  und  der  Lichtzeiger  schreitet 
dabei  auf  der  Skala  um  den  doppelten  Winkel  nach  rechts  oder 
links  fort. 

In  den  Fig.  55  und  56  ist  das  Instrument  in  der  Form  abgebildet, 
wie  es  praktisch  angewandt  wird.  (Ding  1er 's  Journal  181,  S.  429  aus 
Engineer^  Juni  1866,  S.  447).  Das  Magnetstäbchen,  wegen  seiner  Klein- 
heit in  der  Zeichnung  kaum  zu  erkennen,  ist  einen  halben  Zoll  lang, 
einen  Zehntel  Zoll  breit  und  einen  Zehntel  Zoll  dick;  das  damit  verbun- 
dene kreisrunde  Glassilberspicgelehen  ist  nur  einen  Zweihnndertstel  Zoll 
dick,  beide  zusammen  wiegen  nur  ein  Zweiundzwanzigstel  preussisches 
Lotb;  Spiegel  und  Magnet  können  übrigens  so  zart  gearbeitet  werden; 
dasB  ihr  Gesammtgewicht  nicht  mehr  als  l^^  Grains  (ein  Einhundertsech- 
zigstel  'preussisches  Loth)  beträgt  und  derartige  Apparate  sind  von 
Thomson  bereits  ausgeführt  worden.  Das  Magnetstäbchen  besteht  dann 
ans  einem  kleinen  Stück  einer  sehr  feinen  Uhrfeder  und  das  Spiegelchen 
ans  einem  der  dünnsten  Mikroskopdeckgläschen,  welches  auf  der  einen 
Seite  chemisch  versilbert  ist.  Die  Multiplicatordrähte  G  sind  in  mehrere 
Bollen  vertheilt  und  so  in  Gruppen  angeordnet,  dass  man  je  nach  Be 
dürfniss  das  Instrument  für  schwache  oder  starke  Ströme  anwenden  kann. 
Sie  sind  mittels  Platten  von  Hartkautschuk  an  dem  Gehäuse  D  befestigt. 
In  der  Mitte  derselben  ist  die  Magnetnadel  mit  ihrem  Spiegelchen  an 
einem  Coconfaden  aufgehängt,  und  dicht  davor  befindet  sich  die  kleine 
Sammellinse,  deren  Brennpunkt  beinahe  im  Spiegel  liegt.  Das  luftdicht 
schliessende  Gehäuse  D  hält  jede  störende  Einwirkung  von  Luftströmun- 
gen auf  die  Nadel  fem.  Ein  gekrümmter  Stahlmagnet  NS  ist  au  der 
Anfhängeröhre  p  mittels  eines  eigenen  Halters  so  befestigt,  dasf  er  mittels 
der  Mikrometerschraube  v  verrückt  und  eingestellt  werden  kann,  bis 
er  auf  die  Nadel  so  einwirkt,  dass  in  dessen  Ruhelage  das  von  der  Mitte 
des  Spiegels  reflectirte  und  ebenfalls  durch  die  Linse  zurückgehende  Licht 
auf  dem  Nullpunkt  der  Elfenbeinskala  MM  einspielt.  Der  Bahmen  R 
hält  jede  weitere  Verbreitung  des  Lampenlichtes  von  dem  Telegraphen- 
apparate ab,  so  dass  der  Lichtzeiger  E  scharf  auf  der  dunkeln  Skala  MM 
hervortritt.  Thomson  hat  übrigens  die  Absicht,  die  Skala  so  anzu- 
ordnen, dass  die  telegraphischen  Signale  auf  pliotographischem  Papiere 
gleich  fixirt  werden  (^Engineer,  Juli  1866,  S.  2).  Zur  Erzielung  der  er- 
forderlichen Empfindlichkeit  ist  das  ganze  Instrument  auf  einem  gegen 
alle  seitlichen  Erschütterungen  geschützten  und  gemauerten  Steinpfeiler 
in  einem  dunkeln  Zimmer  aufgestellt,  welches  nur  für  den  mit  dem 
Empfange  der  Depeschen  beauftragten  Beamten  zugänglich  ist.  Dieser 
Beobachter  sitzt  hinter  dem  Galvanometer,   den  Blick  u.iiv^\.^^\A\.  ^^^^S. 


476     Beiträge  zur  Goschiebte  der  Fortsehritte  in  der  elektrischen 

den  Uchtzeiger  gericlitet,  der  je  nach  der  Stromwirknng  auf  der  Elfen- 
beinskala  rechts  oder  links  ansschwingt. 

Soll  das  Insfmment  als  Marin egalvanometer  dienen  (Sehellen, 
das  atlant.  Kabel^  S.  144) ,  so  dnrfeu  die  Schwankungen  des  Sckiffi  die 
Stellung  des  Spiegelchens  gegen  die  Skala  nicht  andern.  Deshalb  wird 
das  Magnetstäbchen  vermittelst  eines  Coconfadens  sowohl  oben  als 
unten  an  das  die  Drabtwindungen  tragende  Holzräbmchen  .-# ^  befestigt 
und,  wie  Fig.  57  zeigt,  in  der  Mitte  der  Multiplicatorwindungen  einge* 
spannt.  Der  Coconfaden  muss  genau  durch  den  gemeinschaftlichen 
Schwerpunkt  des  Magnetstäbebens  und  des  Spiegelchens  gehen,  so  dass 
letzteres,  wenn  der  Multiplieatordraht  gedreht  oder  geneigt  wird,  seine 
Lage  zu  der  Skala  und  zu  dem  darauf  erscheinenden  Lichtzeiger  nnvei^ 
ändert  beibehält.  Der  Einfluss  der  Schwere  der  Erde  wird  hierdurch 
aufgehoben,  und  der  Magnet  behält  unter  allen  Stellungen  des  Instrumentes 
dieselbe  verhältnissmässige  Lage  zu  der  Skala,  welche  mit  ihm  auf  dem- 
selben Tischbrette  befestigt  ist.  Femer  muss  der  Einfluss  des  Erdmag- 
netismus auf  den  Magnet  aufgehoben  werden,  indem  man  den  Multipli- 
eatordraht nebst  Magnet  und  Spiegelchen  in  eine  Büchse  von  starkem, 
weichem  Eisen  einschliesst  und  zugleich  im  Innern  dieser  Büchse  einen 
massig  starken  Stahfmagnet  A'«S  in  llufeisenform  so  aufstellt,  dass  seine 
beiden  Pole  die  Drahtrollen  zwischen  sich  fassen.  Da  die  magnetiscke 
Wirkung  dieser  Pole  auf  die  Magnetnadel  stärker  ist,  als  die  Richtkraft 
der  Erde,  so  wird  letztere  dadurch  aufgehoben  und  diiß  Nadel  stellt  sich 
in  der  Ruhelage  bei  allen  Stellungen  des  Instrumentes  in  die  Linie  SU. 
welche  die  Pole  des  Hufeisenmagnets  verbindet. 

Mit  einem  so  eingerichteten  Marinegalvanometer  lassen  sich  selbst 
bei  sehr  stürmischem  Wetter  auf  der  See  alle  Arten  galvanometrischer 
Messungen  eben  so  leicht  und  sicher  ausführen,  wie  auf  dem  Lande;  weder 
der  stets  wechselnde  Cours  des  SebifiFs,  noch  die  hochgehenden  Wellen 
der  See  haben  auf  die  Ablenkungen  des  Licbtzeigers  irgend  einen  Einfluss. 
Der  seitliche  Hufeisenmagnet  beeinträchtigt  die  Empfindlichkeit  des  In- 
strumentes etwas;  bei  seiner  Anwendung  als  Scbiffsgalvanometer  pflegt 
man  daher  auch  etwas  stärkere  Ströme  anzuwenden ,  als  es  sonst  erforder- 
lich ist. 

Bezüglich  der  Erzielung  eines  möglichst  schnellen  Telegraphirenß 
einigten  sich  Thomson  und  Varley  dahin,  durch  einen  positiven  Strom 
den  Lichtzeiger  nach  rechts  abzulenken,  bei  Unterbrechung  desselben 
durch  einen  (etwas  stärkeren  oder  länger  andauernden)  negativen  den 
Lichtzeiger  nach  der  Ruhelage  zurückzuwerfen,  vor  Erreichung  der- 
selben aber  ihn  zur  Verhinderung  von  lebhafteren  »Schwingungen  durch 
einen  dritten  (kürzeren  oder  schwächeren)  positiven  Strom  aufzuhalten, 
darauf  die  vom  dritten  Strom  herrührende  Ladung  durch  einen  vierten 
noch   kürzeren   negativen  Strom   zu   beseitigen   und    endlich  durch  einen 


Telegraphie.   Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  477 

fttnften  gaDzknrzen  positiven  Strom  die  Nadel  in  derKahelage  zum  Stillstand 
m  bringen.  Nach  Versnchen  an  dem  im  Great  Eastem  liegenden  Kabel 
nussten  sich  die  Ströme  der  Dauer  nach  wie  +100:-— 156: +  80:  —  32,5: +  26 
verhalten.  Diese  fünf  Ströme  geben  ein  einfaches  Signal  oder  Urzeichen. 
Ans  den  positiven  und  negativen  Urzeichen  (Ablenkung  nach  rechts  und 
links)  kann  man  Gruppen  zur  Bezeichnung  der  Buchstaben  und  Ziffern  bilden. 
Bei  dem  atlantischen  Kabel  dagegen  verwandte  man  nicht  positive  und  ne* 
gative,  sondern  Urzeichen  mit  gleichsinnigen,  aber  verschieden  grossem 
Ansficblag  und  Hess  einen  Ausschlag  von  15°  einen  Morsestrich,  einen 
Aasschlag  von  20*^  einen  Morsepunkt  bezeichnen.  Ausserdem  kam  bei 
der  atlantischen  Telegraphie  der  Signal  codex  des  englischen  Capitains 
F.  J.  Bolton  (Dingler's  Journal  183,  S.  337  aus  Genie  indusiriel  Decbr. 
18M,  8.316)  zur  Anwendung,  welcher  Marryat's  Schiffscodex  in  einem 
gewissen  Grade  ähnlich  ist.  Von  seinen  5  l'heilen  enthält  der  erste  auf 
den  Seiten  0—9  mit  den  Zeilen  0—9  die  Buchstaben,  Ziffern,  Interpunc- 
tionszeichen  und  Dienstphrasen ,  der  zweite  enthält  auf  den  Seiten  00—09 
mit  den  Zeilen  0 — 9  die  Silben  der  englischen  Sprache,  der  dritte  auf  den 
Seiten  000 — 999  mit  den  Zeilen  0 — ^9  häufig  vorkommende  Ortsnamen,  die 
Menate,  Tage,  Stunden  und  Signale  für  commercielle ,  industrielle  und 
politische  Nachrichten,  der  vierte  auf  den  Seiten  0000—0999  mit  den  Zeilen 
0 — ^9  die  Worte  der  englischen  Sprache  und  einige  Sätze,  der  fünfte  endlich 
auf  den  Seiten  00000—99999  mit  den  Zeilen  0—9  alle  bekannten  Ortsnamen 
nnd  eine  Reihe  von  Sätzen.  Bei  Benutzung  des  ersten,  zweiten,  dritten, 
vierten  oder  fünften  Theils  werden  Gruppen  von  je  2,  3,  4,  5  oder  6  Ziffern 
tel^raphirt.  Die  Benutzung  dieser  5  Codices  soll  die  Geschwindigkeit 
des  Telegraphiren s  um  100%  erhöhen. 

Den  von  Thomson  und  Varley  angegebenen  Zeichengeber  zum 
Hervorbringen  positiver  und  negativer  Urzeichen  machen  die  Fig.  58—64* 
anschaulich  (vgl.  D  in  gier' s  Journal  181,  S.  423  aus  Engineer^  Juli  1806, 
8.  438).  Die  Hauptwelle  AA  wird  während  des  Telegraphirens  durch  ein 
Uhrwerk  in  dauernder  Umdrehung  erhalten;  auf  sie  ist  ein  hohler  Cylinder 
BB  lose  aufgesteckt,  welcher  in  einer  Reibungsscheibe  D  endet;  durch 
die  auf  B  liegende,  sich  einerseits  gegen  die  auf  A  sitzende  Scheibe  T, 
andererseits  gegen  eine  auf  B  sitzende  Scheibe  L  anstemmende,  kräftige 
Spiralfeder  F  wird  />  unter  Vermittelung  einer  geölten  Lederscheibe  an 
die  auf  A  befestigte  Scheibe  C  angepresst;  daher  wird  C  den  Cylinder 
B  mitnehmen,  so  lange  I)  sich  frei  bewegen  kann ;  d.  h.  so  lange  sich  nicht 
der  zweimal  rechtwinkelig  gebogene,  durch  eine  Feder  auf  D  aufgedrückte, 
um  die  Axe  cc  drehbare  Sperrarm  G  iii  die  Nuth  p  (Fig.  62)  am  Umfang 
von  D  einlegt.  Wird  eine  der  Tasten  P^  oder  P,  auf  den  darunter  befind- 
lichen Stempel  niedergedrückt  und  gleich  wieder  losgelassen,  so  hebt  sie 
zunächst  G  von  D  ab  und  geht  dann  durch  die  Wirkung  einer  Feder  gleich 
wieder  in  die  Ruhelage  zurück;  dadurch  ist  aber  B  ^t^\  ^<fc^r\x^^\i  -^x^^ 


478     Beitrage  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 


kann  A  während  einer  Umdrehnng  folgen,  bis  sich  &  wieder  in  die  Nuth 
p  einlegt.  Nun  sitzen  aber  auf  B  noch  2  unter  den  Federn  ^  und  U 
liegende,  sectorförmig  ausgeschnittene  parallele  Scheiben  L  und  M  (Fig.  50 
und  60);  L  mit  3  Ausschnitten  liegt  unter  /*,,  M  mit  2  Ausschnitten  unter /"i, 
und  zwar  sind  diese  beiden  Scheiben,  wie  Fig.  61  zeigt,  so  gestellt,  dass 
die  massiven  Sectoren  der  einen  den  leeren  der  andern  gegenüberstehen; 
nur  wenn  beide  Federn  fx  ^^^d  (^  in  dem  leeren  Ausschnitte  6  ruhen, 
stehen  demnach  beide  Federn  tief;  sonst  ist  die  eine  gehoben  und  die 
andere  gesenkt  und  dabei  tritt  die  gehobene  mit  einer  der  oberen  Gon- 
tactfedern  v^  oder  r,,  die  gesenkte  mit  einer  der  unteren  Contactfedem 
F,  oder  F,  in  Berührung;  diese  Contactfedem  haben  Platincontacte ;  die 
Feder  fx  steht  mit  der  Kabelklemme  AT,  die  Feder  f^  mit  der  Erdleitung  E 
in  Verbindung.  Die  Tasten  Px  und  Pt  sind  unabhängig  von  einander  in 
den  Lagern  m| ,  m^  und  m,  drehbar,  heben  mit  ihrem  hintern  Ende  den 
Sperrarm  G^  mit  dem  vordem  Ende  dagegen  wirken  sie  auf  die  beiden 
metallenen  Arme  z^und  z,  des  Hebels  des  Commutators  (Fig.  63);  diese 
Arme  sitzen  an  einer  um  die  Axe  kk  drehbaren  Scheibe,  sind  aber  gegen 
einander  isolirt  und  mit  je  einem  Pole  der  Telegraphirbatterie  b  leitend 
verbunden ;  die  Arme  :,  und  z%  schleifen  federnd  auf  den  ContactstÜcken 
0|  und  O2,  t^i  und  f't  des  Commutators,  von  denen  0|  und  o^  unter  sich 
verbunden,  aber  gegen  die  ebenfalls  unter  sich  verbundenen  t/i  und  t<t 
isolirt  sind;  letztere  beide  stehen  durch  den  Draht  r  mit  den  Contact- 
fedem ?',  und  t',,  erstere  durch  den  Draht  q  mit  den  Federn  Fj  und  T, 
in  Verbindung.  Wird  die  Taste  P,  niedergedrückt,  so  kommt  z,  mit  Oi 
und  Z2  iQit  t's,  wird  P^  niedergedrückt,  so  kjmmt  Z|  mit  t/j  und  z,  mit  0% 
in  Berührung;  im  ersteren  Falle  geht  der  positive,  im  anderen  der  negative 
Strom  von  b  über  v^  und  L  in  das  Kabel  K. 

Die  Vorgänge  beim  Telegraphiren  sind  nun  leicht  zu  übersehen. 
Stehen  beide  Tasten  in  der  Ruhelage,  so  liegt  G  in  der  Nuth  p  und 
verhindert  B^  die  Drehung  von  A  mitzumachen,  fx  ii^^d  (%  liegen  in  den 
Ausschnitten  6^  daher  ist  die  Batterie  h  nicht  geschlossen,  aber  das  Kabel  A' 
steht  durch  f^  und  /i,  F^  und  F,  mit  der  Erde  E  in  Verbindung  und 
ein  ankommender  Strom  kann  auf  dem  Galvanometer  ein  Zeichen  hervor- 
bringen. Wird  die  Taste  Px  niedergedrückt  und  so  G  gehoben,  z^  mit  u^ 
und  Zf  mit  o,  in  Berührung  gebracht,  so  macht  B  eine  Umdrehung  mit  A; 
dabei  schleift  erst  fx  auf  1  in  £  und  kommt  mit  r^,  f^  aber  gleichzeitig  mit 
Vx  in  Berührung  und  der  positive  Strom  geht  von  h  aus  über  ^ ,  z, ,  t/| ,  t/, 
und  /*,  r,  und /i  nach  K\  gleich  darauf  schleift  /*,  auf  2  in  M  auf,  tritt 
mit  Pj,  /,  aber  mit  F,  in  Berührung*,  so  dass  jetzt  ein  negativer  Strom  von 
6  über  ?, ,  0,,  <y,  F,  und  /i  nach  K  geht;  beim  weiteren  Drehen  des  Cylin- 
ders  B  kommen  dann  noch  die  Sectoren  3  in  Z,  4  in  A/  und  5  in  Z  der 
Reihe  nach  unter  die  Federn  ^  und  /*,,  wodurch  noch  ein  positiver, 
darauf  ein  negativer  und  endlich  noch  ein  positiver  Strom  in  das  Kabel 


Telegraphie.   Von  Dr.  Eduard  ZktzsCHK.  479 


gefendet  wird.  Endlich  fällt  G  wieder  in  die  Nuth  p  und  nnn  kann  ein 
neaes  Zeichen  abgesendet  werden,  was  dem  Telegraphisten  durch  den 
Ton  bemerklich  gemacht  wird,  den  eine  von  der  Nase  einer  auf  dem 
Cjrlinder  B  sitzenden  Scheibe  (Fig.  64)  abspringende  Stahlfeder  erzeugt. 
Beim  Niederdrücken  der  Taste  P,  ist  der  Vorgang  ganz  ähnlich,  nur  sind 
II  und  0  jetzt  mit  anderen  Polen  von  b  verbunden,  daher  haben  alle  Ströme 
jetzt  das  entgegengesetzte  Vorzeichen.  Dass  die  auf  einander  folgenden 
Ströme  die  neblige  Dauer  haben ,  bewirken  die  genau  abgemessenen 
Längen  der  Ausschnitte.  Nach  jedem  Urzeichen  tritt  das  Kabel  mit  der 
£rde  in  leitende  Verbindung.  Die  Hauptwelle  A  kann  100—200  Umdre- 
hungen in  1  Minute  machen;  bei  Zusammenstellung  der  Buchstaben  und 
Ziffern  aus  2  Urzeichen  sind  durchschnittlich  3,7  Urzeichen  zu  je  einem 
Buchstaben  erforderlich;  bei  100 Umdrehungen  kann  man  daher  in  1  Minute 
27  Buchstaben  (=  5,4  Worte)  telegraphiren ;  in  der  That  telegraphirt  man 
6—10  Worte  in  1  Minute  (vgl.  auch  Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  11,  S.  72  und  73). 

Der  vorstehend  beschriebene  Apparat  lässt  sich  auch  leicht  dahin 
abändern,  dass  beim  Niederdrücken  der  einen  oder  der  andern  Taste  ein 
Strom  von  demselben  Vorzeichen,  aber  von  verschiedener  Stärke  in  das 
Kabel  gegeben  wird.  Da  der  Strom  auch  auf  der  Abgangsstation  durch 
das  Galvanometer  geht,  so  bewegt  sich  hierbei  der  Lichtzeiger  beim  Geben 
vom  Nullpunkt  aus  auf  der  einen,  beim  Empfangen  von  Zeichen  aiif  der 
andern  Seite  der  Skala. 

Die  angewandte  Batterie  besteht  ans  20  DanielVschen  Elementen, 
deren  Zinkzellen  blos  mit  Wasser  gefüllt  sind,  indem  die  durch  Zersetzung 
des  Kupfervitriols  sich  bildende,  zur  Leitung  des  Stromes  erforderliche 
Schwefelsäure  von  selbst  zur  Zinkzelle  übergeht;  doch  gelang  es  sogar 
durch  die  zu  einem  Stromlauf  vereinigten  Taue  von  1865  und  1866  mittels 
eines  Stromes  zu  telegraphiren,  den  man  erhielt,  indem  man  in  einen 
silbernen  Fingerhut  verdünnte  Schwefelsäure  goss  und  2  Stückchen  Zink 
und  Kupfer  in  die  Flüssigkeit  tauchte  (^Les  Mondes  XII,  S.  270). 

IV.    Die  Legung  des  atlantischen  Tclegraphentaues 
zwischen  Irland  und  Neufundland. 

Eine  eingehende  Schilderung  der  Vorkommnisse  bei  den  3  ersten 
atlantischen  Kabellegungen  in  den  Jahren  1857  und  1858  kann  hier  um  so 
eher  unterlassen  werden ,  als  diese  3  Unternehmungen  in  der  seitdem 
verflossenen  Zeit  wiederholt  eine  ausführliche  Besprechung  gefunden  haben. 
Die  Vorgänge  bei  dem  nach  gründlichen  Vorarbeiten  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver. 
3,  S.  175)  begonnenen  Unternehmen  d.  J.  1857  beschreibt  u.  A.  Dela- 
marche  in  den  Elementen  der  unterseeischen  Telegraphie  (deutsch  von 
Vichelmann,  Berlin  1859,  S  68  —  92)  sehr  ausführlich;  desgleichen 
Shaffner  im  telegraph  manual  (S.  622 — 634),  auch  in  Diu  gl  er 's  Journal 
(146,  S.  104 — 114)  findet  sich   eine  längere  Mittheilung  darüber  aus  dem 


480     Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  In  der  elektrischen 

Cf&tV  Engineer  and  ArchilecCs  Journal  (Aagnst  1857,  S.  245),  dem  Co$mos, 
revue  encyclopedique  (August  1857)  und  dem  Mechanics'  Magazine  (20.  Augost 
1857);  ähnlich  in  der  Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  (4,  S.  233).  Das  Tau  rist 
jedenfalls  in  Folge  zu  starker  Bremsung  der  Auslegmaschine.  Nach  Ver- 
besserungen der  Auslegmascbine  durch  Wm.  E.  Everett,  Appold  und 
Charles  Bright,  nach  den  umfänglichen  Versuchen  des  Prof.  Thomson 
über  die  Leitung  des  Kupferdrahtes  und  nach  der  Erfindung  des  Spiegel- 
galvanometers und  des  Marinegalvanometers  im  März  und  April  1858, 
schritt  man  zu  den  beiden  Versuchen  des  Jahres  1858,  deren  erster  mit 
dem  Reissen  des  Taus  endete,  während  der  zweite  auf  kurze  Zeit  eine 
telegraphische  Verbindung  zwischen  Europa  und  Amerika  herstellte.  Die 
Ursachen  des  Misslingens  und  die  Wahrscheinlichkeit  des  endlichen  Gre- 
lingens  bespricht  Maury  im  Civil  Engineer  and  Arch,  Journal  (1859,  S.  221 
und  320);  Siemens  in  Dingler^s  Journal  (151;  S.  380;  gegen  Mohr,  Bd. 
150,  S.  285),  Varley  und  Henley  in  Shaffner's  ielegraph  manual  (S.  637 
bis  C47);  vgl.  auch  Schellen,  das  atlantische  Kabel  (S.  40 — 60).  Der 
1858  mit  verwendete  Rest  des  l'aus  von  1857  war  schlecht  isolirt,  während 
seiner  Verfertigung  nicht  gründlich  geprüft  worden  und  hatte  inzwischen 
mehrere  Monate  trocken  und  nicht  kühl  genug  gelegen;  trotzdem  ward 
er  ohne  durchgreifende  Ausbesserung  und  in  einer  nach  Maury  ^%  Erfahrun- 
gen günstig  gewählten  Zeit  versenkt;  die  Risse  in  der  Guttapercha  er- 
zeugten Stromverluste,  man  griff  daher  zu  immer  kräftigeren,  abwechselnd 
positiven  und  negativen  Strömen'*')  und  unter  dem  Einfluss  derselben 
ward  die  Oxydation  des  Kupferdrahtes  und  die  Zerstörung  des  Taus  bald 
eine  vollständige.  Alle  Versuche  der  Wiederherstellung  waren  vergeblich. 
Das  Unternehmen  hatte  der  Gesellschaft  37Ö029  Pfd.  St.  (nach  einer  an- 
deren Angabe  1350000  Pfd.;  D.  Ind.-Ztg.  1866,  S.  449)  gekostet,  obgleich 
die  englische  und  amerikanische  Regierung  die  2  Auslegschiffe  und  ihre 
3  Begleitdampfer  unentgeltlich  dazu  hergegeben  hatten. 

Die  zur  Verbindung  Europas  und  Amerikas  gewählte  Linie  hatten 
.  die  Sondirnngen  als  eine  sehr  günstige  erkennen  lassen.  Von  Irland 
bis  11°  15'  westlich  von  Greenwich  ist  der  Meeresboden  sandig  und  die 
Tiefe  nimmt  allmalig  bis  19  Faden  zu,  bei  Vl^  ist  felsiger  Boden  in  200 
Faden  Tiefe,  von  da  bis  13^  lo'  schlammiger  mit  durchschnittlich  400  Faden 
Tiefe;  die  sandige  Ebene  zwischen  13°  30'  und  14°  30'  liegt  im  Mittel 
200  Faden,  der  felsige  Boden  unter  14°  48'  550  Faden,  der  schlammige 
unter  15°  ö'  1750  Faden  tief  (irischer  Abhang,  mit  der  stärksten  Nei- 
gung).   Zwischen  dem  irischen  Abhang  und  dem  45°  wechseln  die  Tiefen 


*)  Die  telegraphische  Vetbinciung  zwischen  den  beiden  das  Tau  auslegenden 
Schiffen  ward  durch  *2  sogenannte  Sandbattcricn  unterhalten,  welche  aus  240  Paaren 
Zink-  und  Kupferplatten  von  14  QuadratzoH  Oberfläche  bestanden;  diese  Platten 
waren  in  verdünnte  nnd  zum  Schutz  gegen  das  Verschütten  mit  Sägemehl  ange- 
machte ScbwefeUäore  eingesetzt. 


Telegraphie.   Von  Dr.  Eduard  Zktzsche:.  48 1 

mit  sanften  UebergäDgen  zwischen  1450  und  2400  Faden  (Maury:  Tele- 
graphenplateau), sind  also  wesentlich  geringer,  als  anderwärts  im 
dtlantischen  Ocean.  Zwischen  45"  2a'  und  45^  45'  nimmt  die  Tiefe  von 
2225  aaf  1450  Faden  ab.  Fig.  67  zeigt  den  Verticalschnitt  des  Telegra- 
phenplateaos ;  die  Länge  und  Breite  der  Punkte,  deren  Tiefe  in  Faden  ein- 
geschrieben ist,  ergiebt  sich  leicht  aus  der  zugehörigen  Fig.  05.  Den 
Kwischen  A  und  B  gelegenen  irischen  Abhang  zeigt  Fig.  66  in  etwas  ge- 
ringerer Vergrösserung  der  Tiefen. 

Da  die  gerade  Entfernung  von  St.  Johns  auf  Neufundland  bis  zur  Insel 
Valentia  1640  englische  (=  356  deutsche)  Meilen  betragt,  so  hatte  mau 
2dOO  Meilen  Tau  zur  Hälfte  bei  Glass  und  Co.  in  Green  wich,  zur  Hälfte 
bei  New  all  &  Co.  in  Birkenhead  anfertigen  lassen  und  1858  lieferte  Glass 
noch 000 Meilen  nach.  Das  in  Fig.  21  (Taf.  I)  abgebildete  etwalOMillim.  dicke 
Tan  hatte  einen  2  Millim.  dicken  Strang  von  7  Kupferdrähten,  von  denen 
S  nm  den  7.  gewunden  waren,  darüber  3  Lagen  Guttapercha^  welche  zu« 
Bammen  2  Millim.  dick  waren,  dann  eine  Lage  aus  fünf  Fäden  Hanfgarn, 
|;etränkt  mit  einer  Mischung  von  %2  Stockholmer  Theer,  V12  Pech,  V12 
g^ochtem  Leinöl  und  V12  gewöhnlichem  Wachs;  die  18  Litzen  der  Schutz- 
bttlle  bestanden  aus  je  7  Holzkohlen  Eisendrähten  Nr.  22  (2  Millim.  Dicke). 
Das  von  der  letzten  Maschine  ablaufende  Tau  wurde  durch  eine  heisse 
liischung  aus  Theer,  Pech  und  Leinöl  gezogen.  Das  Gewicht  einer  Meile 
betrog  l  Tonne,  nämlich  das  Kupfer  93  Pfd.,  die  Guttapercha  237  Pfd.,  die 
ßamhülle  2  Centner,  die  Schutzhülle  15  Centner,  der  äussere  Ueberzug 
fon  Pech  16  Pfd.;  im  Wasser  wog  es  13,4  Centner;  seine  Festigkeit  be- 
trag 3,25  Tonnen,  d.  h.  nahe  70  Kilogramm  auf  1  Quadratcentimeter.  Die 
Bisendrähte  liefen  aus  Versehen  bei  der  einen  Hälfte  rechts,  bei  der 
inderen  links  herum.  Die  Kilstenenden  hatten  eine  doppelte  Hanflage 
und  12  Eisendrähte  von  7  Millim.  Dicke,  nach  dem  Tiefseetau  zu  aber 
verjüngte  es  sich  bis  zur  Stärke  des  letzteren. 

Im  Jahre  1865  wurde  das  zum  Tau  zu  verarbeitende  Material  von 
3er  dazu  niedergesetzten  wissenschaftlichen  Commission  (GaHon,  Fair- 
bairn,  Wheatstone,  Thomson,  Whitworth)  geprüft;  es  wurden  dem- 
nach über  120  verschiedene  Probetaue  angefertigt,  vorwiegend  Abände- 
rungen des  Constructionsprincips ,  welches  von  der  Commission  bereits 
unter  den  in  Folge  eines  öffentlichen  Ausschreibens  eingelieferten  Tau- 
proben  ausgewählt  worden  war.  Als  Preis  für  das  2300  Seemeilen  lange 
Kabel  waren  700000  Pfd.  Sterl.  festgesetzt  und  für  den  Fall  des  Gelingens 
noch  137170  Pfd.  in  alten  ungarantirten  Actien  der  JUantic  Telegraph 
Company:  jedoch  betheiligten  sich  Glass  und  Co.  selbst  mit  315000  Pfd  , 
ia  1864  erst  285000  Pfd.  gezeichnet  waren.  Fig.  22  zeigt  das  Tau;  der 
Cnpferstrang '  war  in  Chatterton's  Masse  gehüllt,  sonst  wie  1858,  nur  wog 
iie  Seemeile  nicht  107,  sondern  300  Pfd.;  Drahtdicke  Nr.  18;  Strangdicke 
fast  4  Millim.;  Gewicht  der  4  Lagen  Guttapercha,  welche  mltCbi«A.lfötV^\^'^ 


482     Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

% 

Mischung  abwechselten,  400  Pfd.  (1858  nur  261);  die  Schutzhülle  bildeten 
10  Eisendrähte  (homogenous  iron)  Nr.  13  aus  Webster  und  Horsfairt 
Werken  zu  Killmarsh  hei  Sheflßeld;  jeder  dieser  Drähte  war  mit  fiäDf 
Strängen  aus  Manilla-Gam,  welches  mit  einer  conservirenden  Masse  ge- 
tränkt (getheert)  war,  umgeben;  die  10  Drähte  wurden  spiralförmig  um 
den  mit  (nach  John  und  Edwin  Wright's  Patent)  Jute-Hanf,  der 
ebenfalls  .  mit  conservirender  Masse  (Catechulösung)  getränkt  war,  um- 
wickelten Kern  gelegt.  Gewicht  einer  Seemeile  in  der  Luft  35%  Centner, 
im  Wasser  14  Centner,  Zerreissungsfestigkeit  7  Tonnen  15  Centner,  d.  k 
das  11  fache  seines  Gewichts  im  Wasser  für  1  Meile  (gegen  das  nicht 
ganz  5  fache  von  1858),  so  dass  es  bis  zu  11  Meilen  Wassertiefe  sich  selbst 
tragen  konnte  (Zeitschr.  d.  Tel.-Ver.  11,  S.  74;  Mech.  Magaz.  XIII,  S.  41). 
Vor  Umlegung  der  Hanfhülle  prüfte  Willoughby  Smith  die  Leituog 
und  Isolation  im  Wasser  von  24^  C.  und  unter  sehr  hohem  Drucke;  als 
Minimum  des  Widerstands  der  Isolation  für  1  Seemeile  war  5700000  Ein- 
heiten von  Varley  (=  151,5  Millionen  Siemens'scher  Einheiten)  fest- 
gesetzt. Das  Küstenkabcl  hatte  als  Schutzhülle  12  Eisenlitzen  aus  je  3 
galvanisirten,  V^  Zoll  starken  Drähten  und  wog  bei  56  Millim.  Dicke 
20  Tonnen ;  für  die  irländische  Küste  waren  27,  für  die  neufundländische 
3  Meilen  davon  vorhanden ;  auf  den  letzten  1500  Fuss  geht  seine  Dicke 
allmälig  in  die  des  Tiefseetaus  über.  Verbraucht  wurden  im  Ganzen 
25000  Meilen  Kupferdraht,  35000  Meilen  Eisendraht  und  400000  Meilen 
Hanfstränge.  Nachdem  das  Tau  auf  dem  Great  Eastem  eingeschifft  war, 
stellten  Thomson  und  Varley  am  12.  Juli  noch  eine  Reihe  Versuche 
damit  an,  wobei  mit  den  neuen  Apparaten  von  Varley  eine  Geschwin- 
digkeit von  4,27  bis  5,7  Worten  in  1  Minute  erreicht  wurde.  Die  Legung 
leitete  Canning,  an  Bord  standen  die  Elektriker  der  Telegraph  Conslruc- 
tion  and  Mainlenance  Compamj  nnter  der  Oberleitung  von  de  Sauty,  wäh- 
rend Varley  und  Thomson  die  Oberleitung  über  die  Techniker  der 
Atlantic- Telegraph-Company  hatten.  Die  Batterie  bestand  aus  40  Daniell- 
schen  Elementen.  Die  Gesammtladung  des  Great  Eastem  schätzt  man 
auf  24000  Tonnen  (^Mech.  Magaz,  XIV,  S.  31).  Der  Lauf  des  Schiffs  ist 
aus  Fig.  65  ersichtlich,  von  /  bis  o,  doch  sollte  das  Tau  nicht  wie  1858 
am  fernsten  Ende  {ßuU  arm)  der  Trinity-Bay,  sondern  in  dem  der  Tri- 
nity-Bay  45  Meilen  näheren  Hafen  von  Heart's  Content  gelandet  werden, 
ebenso  sollte  es  an  der  irischen  Küste  nicht,  wie  1858,  um  die  Insel  Va- 
lentia  bei  Doulus  Head  herum  nach  Ballycarberry  Strand  geführt  werden, 
sondern  die  Landungsstelle  war  bei  Bray  Head  an  der  gegen  Wind  und 
Wellen  sehr  geschützten  Foilhommerumbay  der  Insel  Valentia  gewählt 
worden.  Eine  ausführliche  Beschreibung  des  Verlaufs  der  ebenfalls  miss- 
glückten Legung  enthält  The  Atlantic  Telegraph  (London  1806,  S.  41  ff.). 
Am  23.  Juli  Abends  loy^  ühr,  als  schon  78V2  Seemeilen  Tau  abgelaufen 
waren,  zeigte  das  Galvanometer  einen  Fehler  im  Tau ;  nachdem  10  Meilen 


Telegraphie.  Von  Dr.  Eduard  Zetzsche.  483 

wieder  mufgewonden  waren,  fand  man  einen  etwa  2  Zoll  langen  Eisen- 
draht im  Tan,  der  bis  anf  die  Enpferseele  reichte.  Beim  Pnnkt  g  (Fig.  65), 
886  Meilen  von  Valentia,  kam  der  Great  Eastem  am  29.  Juli  an ,  nnd  es 
waren  schon  Tiefen  von  2400  Faden  überschritten  und  707  Meilen  Tan 
ansgelegt;  da  zeigte  sich  Nachts  1  Uhr  ^^dead  earih^^  nnd  abermals  mneste 
das  Tan  aufgewunden  werden,  bis  Abends  IIV4  ^^^  ^^^  fehlerhafte  Stelle*) 
an  Bord  kam.  Am  30.  Jnli  mnsste  abermals  ein  Stück  herausgeschnitten 
werden,  da  das  Tan  stark  beschädigt  wurde,  als  man  es  vom  Vordertheil, 
wo  es  beim  Aufwinden  zusammengelegt  worden  war,  nach  dem  Hinter- 
tfaeil  anf  die  Anslegmaschine  brachte;  erst  um  10  Uhr  ging  die  Fahrt  vom 
Punkt  hy  660  Meilen  von  Valentia,  weiter.  Am  31.  Juli  Mittags,  bei  k, 
war  man  793  Meilen  von  Valentia  entfernt  und  hatte  903  Meilen  Tau  ver- 
senkt. Am  2.  August  Morgens  8  Uhr  war  ein  Stück  Draht  im  Kabel 
mit  über  Deck  gegangen ;  dasselbe  war  aber  sicher  nicht  absichtlich  in^s  Tau 
gesteckt,  sondern  aus  den  Hanfsträngen  hervorgesprungen,  rührte  also, 
wie  wahrscheinlich  auch  die  andern,  von  den  Schutzdrähten  her.  Beim 
Aufwinden  arbeitete  die  Aufwindemaschine  wegen  Wassermangel  in  den 
Kesseln  schlecht,  der  Great  Eastem  musste  daher  stillstehen,  um  das 
Tau  nicht  zu  überlaufen,  und  gerieth  dabei  in  eine  schiefe  Lage  gegen 
daa  Tau;  dieses  legte  sich  Über  den  vorstehenden  Rand  des  äussersten 
T-Rades  am  Bug  und  verwickelte  sich  an  dem  eisernen  Vorsprunge  einer 
der  Klüsen  am  Vordersteven.  Zum  Schutz  des  Taues,  welches  durch  die 
heftige  Reibung  an  2  Stellen  beschädigt  wurde,  Hess  man  eine  Kette  mit 
einem  Drahtseil  hinab,  um  es  zu  halten  und  wieder  in  die  Rinne  des 
Rades  zu  bringen;  die  Aufwindemaschine  kam  wieder  in  Gang,  Tau  und 
Kette  gelangten  auf  das  Rad,  allein  in  schräger  Richtung  gegen  dasselbe. 
Schon  war  die  erste  beschädigte  Stelle  an  Bord  gebracht;  da  sprang  das 
Dynamometer  plötzlich  noch  3V2  Zoll  über  60  Centner,  den  höchsten  Punkt, 
der  markirt  war.  Kette  und  Drahtseil  waren  aus  der  Rinne  des  F- Rades 
über  dessen  Rand  geschnappt  und  krachend  auf  ein  kleineres  Rad  herab- 
gefallen, wobei  das  Tau;  mit  dem  sie  noch  verbunden  waren,  einen  hef- 
tigen Ruck  erlitt.  Noch  war  die  Maschine  in  Gang,  Tau  und  Drahtseil 
wurden  noch  aufgewunden,  ersteres  auf  eine  Trommel,  letzteres  auf  die 
Gangspille,  da  riss  das  Tau  kurz  vor  dem  Dynamometer  ab  und  bald 
war  es  im  Meere  verschwunden.  1213  Meilen  Tau  waren  versenkt  und 
der  Great  Eastem  befand  sich  (bei  Punkt  /)  unter  51°  25'  Breite  und  39® 
6!^  Länge ,  über  einer  Tiefe  von  1950  Faden.  Der  bald  darauf  an  einem 
Drahtseile  von   10  Tonnen  Tragkraft  hinabgelassene  3  Centner  schwere 


*)  In  einem  Einschnitt  des  einen  Hanfstrangs  fand  man  ein  das  ganze  Tau 
durchdringendes  Stück  Eisendraht  von  der  Dicke  der  äusseren  Drähte,  an  dem 
einen  Ende  rauh,  am  anderen  wie  mit  der  Bcisszange  zngeschärft;  da  man  diese 
Beschädigung  für  eine  böswillige  und  absichtliche  hielt,  so  sprach  C annin g 
öffentlich  von  einem  erkauften  Kabelmörder. 

ZeiUchrifl  f.  Malhemätik  a.  Physik  XIU,  6.  •  ^*^ 


484    Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

Enterhaken  erreichte  den  Boden  erst  mit  2500  Faden ;  während  das  Schiff 
den  Anker ^  quer  über  die  Kabellinie  hin  nnd  her  schleppte,  stieg  die 
Spannung  des  Seils  bis  auf  80  Centner;  6  Uhr  40  Minuten  Morgens  begann 
man  das  Aufwinden  des  Hakens  mit  dem  Kabel  und  setzte  es  fort,  obgleich 
kurz  nach  0  Ühr  ein  Spurrad  der  Aufwindemaschine  brach,  allein  um 
3  Uhr  20  Minuten  riss  einer  der  Ringe,  mittels  deren  die  100  Faden  langen 
Drahtseilstücke  verbunden  waren,  und  der  Haken  mit  1600  Faden  Seil 
sank  ins  Meer  zurück.  Wegen  des  eintretenden  Nebels  musste  der  näcbste 
Versuch  bis  zum  7.  August  verschoben  werden;  2  Uhr  40  Minuten  ruhte 
der  Enterhaken  am  Boden  mit  2500  Faden  Seil;  am  nächsten  Morgen  l^h 
Uhr  waren  1500  Faden  (=  1  Meile)  Seil  aufgewunden ,  da  sprang  wieder 
ein  Ring  bei  seiner  dritten  Windung  auf  der  Gangspille*  Ein  am  10. 
hiu abgelassener  Enterhaken  fasste  das  Tau  nicht  und  ward  wieder  auf- 
gewunden. Am  11.  ward  ein  Haken  mit  kürzerem  Stock  an  einem  ans 
1600  Faden  Drahtseil,  220  Faden  Hanfseil  und  510  Faden  Manillaseil  be- 
stehenden und  sorgfaltig  geprüften  Seil  hinabgelassen,  fasste  das  Tan, 
beim  Aufwinden  stieg  der  Zug  einmal,  als  ein  Kettenglied  durch  die 
Maschine  ging,  bis  auf  106  Centner,  allein  0  Uhr  40  Minuten  Abends,  alfl 
765  Faden  aufgewunden  waren ,  riss  wieder  ein  Glied. 

Das  Tau  von  1866  (Fig.  23)  wurde  in  denselben  Fabriken  verfertigt, 
wie  das  von  1865,  von  dem  es  sich  auch  nur  wenig  unterscheidet;  unter 
den  mit  5  Litzen  aus  weissem  Manillahanf  umwickelten  Eisendrähten  lag 
eine  Schicht  (mit  präservirender  Mischung  getränkter)  gewöhnlicher  Hanf. 
Gewicht  einer  Seemeile  in  der  Luft  31  Centner,  im  Wasser  14^  Centner, 
Festigkeit  162  Centner.  Die  beiden  Küstenenden  erhielten  eine  Schutz- 
hülle aus  12  einzelnen  Eisendrähten,  die  noch  mit  einer  präparirten  Hanf- 
läge  überzogen  sind;  an  der  irischen  Küste  ist  das  stärkste  Ende  8  Mei- 
len lang,  die  folgenden  8  Meilen  sind  etwas  dünner  und  dann  14  Meilen 
noch  dünner;  das  neufundländische  Küstenende  ist  nur  5  Meilen  lang. 
Zu  dem  vom  vorigen  Jahre  verbliebenen  Reste  wurden  noch  1660  Meilen 
neu  gefertigt  und  im  Ganzen  2730  Seemeilen  verscliifft,  wovon  1960  auf 
die  neue  Linie  und  etwa  700  auf  die  Ergänzung  der  alten  gerechnet 
wurden.  Vor  der  Abfahrt  des  Great  Eastern  wurde  noch  ein  sehr  stren- 
ger Versuch  mit  dem  Tau  gemacht.  In  der  Mitte  einer  Strecke  von 
1700  Meilen  wurde  das  Kabel  von  der  Eisenhülle  befreit,  die  Guttapercha 
auf  eine  Länge  von  einem  Fuss  herausgeschält  und  so  die  Kupferader 
biosgelegt;  das  Seilstück  wurde  dann  ins  Meer  geworfen  und  so  tief 
hinabgelassen,  dass  der  blosliegende  Kupferdraht  auf  dem  Meeresboden 
auflag.  Als  man  nun  durch  den  Draht  telegraphirte,  wobei  der  Strom 
die  blosliegende  Drahtstello  passiren  musste,  um  zum  anderen  Drahtende 
hinzugelangen,  erhielt  man  an  dem  Reflexgalvanometer  noch  immer  voll- 
kommen deutliche  und  lesbare  Zeichen,  obgleich  der  grösste  Theil  des 
Stromes  sicher  an  der  nicht  isolirten  Kabelstelle  direct  ins  Meer  und  in 


Telegraphie.  Von  Dr.  Eduard  Zbtzsche.  485 


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die  Erde  ging  nnd  nur  ein  kleiner  Brucbtheil  desselben  das  Ende  der 
Leitang  und  das  Galvanometer  erreichte.  Vor  der  Auslegung  betriig  der 
bolationswiderstand  713,  nach  der  Auslegung  2300  Millionen  S lernen s- 
seher  Einheiten  für  1  Knoten ;  die  Zunahme  ist  theils  auf  Rechnung  der 
Temperatur,  theils  auf  Rechnung  des  Druckejs  zu  schreiben  (Dingler's 
Journal  182,  S.  71  aus  Mech.  Magaz.  XVI,  S.  81). 

Den  Oreat  Eastem  begleiteten  der  Dampfer  Medway,  der  Raddampfer 
Terrible  an4  die  Schraubendampfer  Albany  und  William  Cory.  Dem  Cap itain 
Anderson  des  Great  Eastem  war  Capitain  Moriarty  zur  Anstellung  der 
astronomischen  Beobachtungen  beigegeben;  Canning  und  Clifford 
leiteten  das  Auslegen,  W.  Smith  und  Professor  Thomson  überwachten 
das  elektrische  Verhalten,  während  Varley  dies  an  der  irischen  Küste 
tbat.  Am  30.  Juni  12  Uhr  ging  der  Great  Eastem  von  Sheemess  die 
Themse  hinab,  in  der  er  an  mehreren  Stellen  den  Schlamm  aufrührte,  da 
er  32  Foss  Tiefgang  hatte;  am  13.  Juli  traf  er  bei  Valentia  ein.  Während 
der  ganzen  Legung  (14. — 27.  Juli)  fand  nur  eine  einzige  Unterbrechung 
7on  3  Stunden  statt;  als  nämlich  das  Tau  in  der  Nacht  vom  17.  Juli  vom 
binteren  Tender  ausgelegt  wurde,  warf  es  vor  der  Auslegmaschine  zwei 
Schleifen,  die,  weil  die  Maschine  nicht  sofort  stillstand,  sich  zu  einem 
anentwirrbaren  Knoten  zusammenzogen;  in  weniger  als  1  Minute  wurde 
jedoch  das  Schiff  angehalten ,  ein  Schaufelrad  gelöst  und  so  geschickt  ge- 
iteuert,  dass  das  vom  Stern  herabhängende  Tau  nicht  eine  zu  starke 
Spannung  auszuhalten  hatte;  nach  etwa  2  Stunden  war  Alles  wieder 
in  Ordnung  und  die  Fahrt  ging  weiter.  Das  3  Meilen  lange  Küstenkabel 
irnrde  vom  Medway  aus  mit  Hilfe  der  Boote  des  Terrible  Freitag,  den 
17.  Juli  4  Uhr  Nachmittags  gelandet  und  nach  einer  vollkommen  befrie- 
ligenden  elektrischen  Untersuchung  des  Taues  gab  Daniel  Gooch,  der 
Director  der  Telegraph  Conslruclion  and  Mainlenance  Company  an  Richard 
Atwood  Glass  das  erste  Telegramm  nach  Valentia*).  Darauf  wurden 
Beglttckwünschungstelegramme  zwischen  der  englischen  Königin  und  dem 
Präsidenten  der  Vereinigten  Staaten  gewechselt.  Am  31.  Juli  und  1.  August 
imrde  die  telegraphische  Verbindung  zwischen  Neufundland  und  dem 
unerikanischen  Festlande  durch  den  Albany  hergestellt  und  am  4.  August 
murde  die  transatlantische  Linie  dem  Verkehr  übergeben, 

Behufs  Ergänzung  des  Taues  von  1865  musste  man  von  dem  Bruch- 
Bude  des  Taues  absehen,  weil  dieses  mit  den  Enterhaken  und  schweren 
Drahtseilen  vom  vorigen  Jahre  belastet  war.  Daher  wurden  zunächst 
in  der  Eichtung  der  Taulinie  mehrere  Bojen  ausgelegt  und  dann  sollten 
I  Schiffe  in  gewissen  Entfernungen  von  einander  zugleich  nach  dem  Tau 


*)  W.  Smith  hat  die  während  der  Legnng  zwischen  dem  Schiff  und  Valentia 
gtweehselten  Telegramme  gesammelt  und  unter  dem  Titel  Great  Eastem  Teiegraph 
1866  oHd  Test  roam  Ckronide  als  Manuscript  drucken  lassen. 


486    Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 

fischen.  Der  Alhany  fasste  am  12.  Aagnst  das  Tan  nnd  hing  es  an  ein 
Bojentan  auf,  doch  sank  es  wieder,  weil  ein  Glied  der  Kette  riss,  welche 
die  Boje  mit  dem  Enterhaken  tan  verband.  Vergeblich  fischte  der  Great 
Eastem  am  13.  fünfzehn  Meilen  vom  Bruchende;  der  14.  nnd  15.  war  trdb 
nnd  nebelig;  am  15.  Nachmittags  wurde  es  hell,  daher  liess  man  den 
Enterhaken  3  Meilen  südlich  von  der  Boje  Nr.  2,  wo  der  Albany  aufge- 
stellt blieb,  hinab,  während  der  Medway  2  Meilen  weiter  westlich  fischte. 
Gegen  7  Uhr  hatte  der  Haken  des  Great  Eastem  das  Tau  .erfasst;  al8 
man  aber  anfing,  das  Tau  aufzuwinden  und  die  grösste  Boje  (von  70  Cent- 
ner Gewicht)  vom  Schiff  hinabgelassen  werden  sollte,  stiess  dieses  mit 
der  Boje  Nr.  1  zusammen,  da  es  bei  dem  wieder  eingetretenen  Nebel 
unbemerkt  von  einer  starken  Strömung  von  Ost  nach  West  getrieben 
worden  war.  Als  man  sich  von  der  Boje  frei  gemacht  hatte  nnd  Nachts 
1  Uhr  begann,  die  Kette  der  auszulegenden  grossen  Boje  mit  dem  in- 
zwischen um  1300  Faden  aufgehobenen  Enterhakentau  zu  befestigen,  nm 
das  Kabel  schwebend  zu  erhalten,  verschwand  das  Kabel  wieder,  bevor 
die  Spleissung  des  Enterhaken-  und  Bojentaus  vollendet  war.  Am  16. 
4%  Uhr  Nachmittags  wurde  der  Enterhaken  6  Meilen  östlicher  2400  Faden 
tief  hinabgelassen,  fasste  um  7  das  Tau ;  am  17.  4%  Uhr  Morgens  begann 
man  das  Aufziehen  und  10%  Uhr  erschien  das  Tau  über  dem  Meeres- 
spiegel und  zeigte  in  seiner  oberen  Hälfte  die  schwarzen  getheerten  Ma- 
nillastränge,  unten  einen  Ueberzug  von  weisslichem  Schlamm.  Ans  dem 
vom  Dynamometer  angegebenen  Zuge  von  6*A  Tonnen  berechnete  Thom- 
son, dass  das  Tau  zu  jeder  Seite  des  Enterhakens  in  einer  Länge  von 
4%  Meilen  gehoben  sei,  dass  es  den  Meeresboden  in  2  um  8  Meilen  von 
einander  entfernten  Punkten  berühre,  dass  es  am  Fanghaken  einen  Winkel 
von  89°  bildete  und  auf  jeder  Seite  dieses  Hakens  4%  Tonnen  Spannung 
habe.  Als  man  aber  einen  Stopfer,  d.  h.  eine  an  einem  starken  Draht- 
seile befindliche  Klemmvorrichtung  an  das  Enterhakentau  befestigen  wollte, 
sprang  das  Kabel  bei  einer  seitlichen  Neigung  des  Hakens  von  dessen 
Flügeln  ab  und  versank  wieder,  5  Minuten  später,  als  es  erschienen  war. 
Am  19.  August  4%  Uhr  ward  das  Tau  wieder  gefasst,  1000  Faden  aufge- 
wunden und  unter  51°  31*^'  Breite  und  38°  39'  50"  Länge  an  eine  Boje  be- 
festigt. Die  folgende  Woche  bemühten  sich  die  3  Schiffe  vergeblich,  an 
verschiedenen  Stellen  das  Tau  zu  fischen ,  aber  bei  dem  ungünstigen 
Wetter  fuhr  man  einen  falschen  Cours  oder  das  (mehrmals)  gefasste  Tau 
entschlüpfte  wieder.  Die  Stimmung  an  Bord  wurde  dadurch  ungünstig« 
Am  26.  Abends  5  Uhr  fasste  der  Albany  ein  Tau,  brachte  es  um  ll*^  au 
Bord  und  hängte  es  12%  Uhr  an  eine  Boje,  allein  beim  Aufwinden  dessel- 
ben durch  den  Albany  erwies  es  sich  als  ein  2  Meilen  langes  Bruchstücke 
Auch  die  am  19.  gelegte  Boje  sah  man  flott  an  einer  anderen  Stelle,  si^ 
hatte  also  das  Kabel  verlassen.  Am  28.  machte  der  Great  Eastem  wieder' 
zwei  vergebliche  Versuche,   war  inzwischen    15  Meilen   östlich   von   ietr 


Telegraphie.  Von  Dr.  Edüabd  ZetzöCHE.  487 


Stelle,  wo  man  das  Fischen  begonnen  hatte,  in  immer  tieferes  Wasser 
gelangt  und  beim  letzten  Versuch  am  29.  erreichte  der  Enterhaken  bei 
2000  Faden  anscheinend  den  Boden  nicht.  Jetzt  beschloss  man,  80  Meilen 
östlicher  zu  gehen,  wo  die  Karten  nur  1900  Faden  Tiefe  angaben.  Am 
SO.  legte  man  hier  eine  Boje  aas,  da  der  heftige  Wind  nichts  Anderes 
▼OTznnehmen  gestattete.  Am  31.  hatte  sich  der  Wind  gelegt;  von  10 — 1  Uhr 
Hittags  Hess  der  Great  Eastern  einen  Enterhaken  mit  2150  Faden  Tau 
hinab,  um  2  Uhr  &0  Minuten  war  das  Kabel  gefasst  und  man  begann  so- 
fort mit  dem  Aufwinden;  am  1.  September  4  Uhr  50  Minuten  früh  wurde 
das  Tau  in  800  Faden  Tiefe  an  einer  Boje  befestigt,  95  Meilen  von  dem 
Bmchende  entfernt ;  um  8  Uhr  50  Minuten  Hessen  der  Great  Eastern  3  Mei- 
len nnd  der  Medway  5  Meilen  von  der  Boje  Enterhaken  hinab;  um 5  Uhr 
Nachmittags  fasste  der  Great  Eastern  das  Kabel  und  hob  es  bis  300  Faden 
unter  dem  Spiegel;  7%  Uhr  hatte  auch  der  Medway  das  Kabel  gefasst, 
erhielt  den  Befehl :  „schnell  aufziehen  und  das  Kabel  brechen*'  und  um 
10  Uhr  Abends  war  das  Kabel  300  Faden  unter  dem  Spiegel  am  Enter- 
haken gerissen.  Nun  begann  der  Great  Eastern  wieder  das  Aufwinden, 
woranf  das  Kabel  10  Minuten  vor  1  Uhr  über  dem  Spiegel  erschien  und 
8%  Uhr  Morgens  in  den  Untersuchungsraum  an  Bord  eingeführt  wurde. 
Das  dritte  nach  Valentia  gesandte  elektrische  Signal  wurde  von  dort 
beantwortet,  worauf  Canningund  Glass  unter  allgemeinem  Jubel  ihre 
Glückwünsche  austauschten.  Um  Q%  Uhr  war  das  Ergänzungsstück  an 
das  gehobene  Kabel  angeknüpft  und  7  Uhr  10  Minuten  brach  der  Great 
Eastern  nach  Heart's  Content  auf,  welches  er  am  8.  September  11  Uhr 
Vormittags  erreichte,  nachdem  an  diesem  Tage,  13  Meilen  von  Heart^s 
Content,  der  einzige  Unfall  auf  dieser  Fahrt  glücklich  überstanden;  näm- 
lich eine  entdeckte  Fehlerstelle  aus  dem  Kabel  herausgeschnitten  worden 
war,  noch  ehe  sie  das  Meer  erreicht  hatte.  Das  Kabelende  wurde  auf 
den  Medway  gebracht,  mit  dem  Küstentau  zusammengespleisst  und  dieses 
noch  an  demselben  Abende  gelandet.  Die  Isolation  zeigte  sich  bei  dem 
aufgehobenen  Tau  besser,  als  sie  1805  bei  seiner  Loguug  gewesen  war. 

Die  Lage  der  beiden  Taue,  von  denen  das  neue  am  20.  Juli  1867 
mm  zweiten  Male,  50  Seemeilen  von  Heart's  Content,  gerissen  ist,  ergiebt 
sich  aus  folgenden,  dem  NaxUical  Magazine  (October  1866)  entnommenen 
täglichen  Schiffspositionen : 


1865 

Nördl.  Br. 

W.  L.  V.  Or. 

EntfernuBgf 

Taulän^e 

in 

Seemeilen 

24.  Juli 

52°    2' 

12^  23' 

— 

— 

25. 

52     5 

14  22 

150 

175 

26. 

52   32 

18  30 

— 

300 

27. 

52   38 

19  38 

— 

— 

28. 

52   42 

22  20 

145 

500 

20. 

52   40 

26  12 

600 

650 

30. 

52   40 

27   30 

650 

750 

488     Beiträge  zur  Geschichte  der  Fortschritte  in  der  elektrischen 


^■■^'^'•f^ 

1865        Nördl.  Br. 

W.  L. 

V.  Gr. 

Entfemnng 

Tanlftnge 

in  Seemeilen 

31.  Juli      52^  20' 

30^  10' 

7Öb 

900 

1.  Aug.     51 

57 

34 

5 

900 

1050 

2.                51 

35 

• 

37 

52 

1050 

1200 

1866 

2.  Septbr.  52 

0 

36 

40 

▼on  diesem 

Punkt 

3.                51 

32 

39 

37 

157 

184 

4.                51 

0 

41 

55 

226 

254 

5.                50 

12 

45 

0 

353 

418 

6.                49 

44 

48 

2 

472 

555 

7.                49 

10 

51 

28 

606 

698 

8.               Landung  bei  Heart's  Content. 

1866        Nördl.  Br. 

W. 

L. 

Entfernung 

Kabellänge 

Tiefe 

in  Seemeilen 

in  engl.  Faden 

14. 

Juli      52«   0' 

14« 

1' 

135.75 

144,25 

120—216 

15. 

52     1 

17 

29 

263 

283 

216—1950 

16. 

52     6 

VO 

36 

378 

420 

1950-1575 

17. 

52   15 

23 

48 

495.5 

557,82 

1575—1950 

18. 

52     1 

26 

37 

600,9 

682.48 

1950  -  2400 

19. 

51    54 

29 

39 

712,9 

811,14 

2400—2176 

20. 

51    36 

32 

57 

830,4 

938,6 

2176—1550 

21. 

51    18 

36 

1 

952,3 

1074.33 

1600—1657 

22. 

50   48 

30 

14 

1075.7 

1207,47 

1657—1950 

23. 

50   16 

42 

16 

1196.9 

1345,24 

2424—2050 

24. 

49   30 

45 

21 

1319.67 

1480,06 

2050—2225 

25. 

49   30 

48 

11 

1430 

1610 

2225—1203 

26. 

48   45 

51 

16 

1558 

1744 

1203—130 

27. 

Ankunft  in  der  Trin 

itvbav. 

Die  Unternehmungen  in  den  Jahren  1865  und  1866  haben  je  600000 
Pfd.  Sterl.  gekostet.  Das  einfache  Telegramm  von  20  Worten  kostete  an- 
fänglich 20  Pfd.,  seit  dem  1.  Novbr.  1866  10  Pfd.;  die  für  den  1.  März  1867 
beabsichtigte  Herabsetzung  auf  5  Pfd.  trat  nicht  ein.  Die  Geschwindigkeit 
des  Telegraphirens  wird  verschieden  angegeben;  6 Worte  (Dingler's  Jour- 
nal 182,  S.  71),  12—14  Worte,  15—20  Worte  in  1  Minute;  in  der  81  Worte 
enthaltenden  Botschaft  des  amerikanischen  Präsidenten  an  die  englische 
Königin  betrug  sie  7  Worte  in  1  Minute  (D.  Ind.-Ztg.  1866,  S.  330  und  339; 
Les  Mondes  XII,  S.  270).  Bei  10  Worten  in  der  Minute  würde  die  Ein- 
nahme sich  täglich  auf  14400,  jährlich  auf  4320000  Pfd.  belaufen.  In  den 
ersten  8  Wochen  vom  28.  Juli  bis  21.  Sept.  betrug  sie  46084  Pfd.,  d.  h.  täglich 
837  Pfd.  Das  Tau  von  1865  beförderte  am  17.  Mai  71  Telegramme  für 
1008  Pfd.  19  Schillinge.  Nach  der  Herabsetzung  der  Beförderungsgebühr 
von  20  auf  10  Pfd.  stieg  die  tägliche  Einnahme  von  813  auf  874  Pfd. 
(D.  Ind.-Ztg.  1867,  S.  9).  Der  Beingewinn  stieg  bald  auf  25  Procent,  so 
dass  10  Procent  als  Abschlagsdividende  gegeben  werden  konnten  (D.  Ind.- 
Ztg.  1867,  S.  29). 


Telegraphie.  Von  Dr.  Eduard  Zetzschb.  489 

Es  möge  gestattet  sein,  einige 
^  Berichtigungen  und  Nachträge 

aninftigen ,  welche  erst  nach  Schluss  des  Manuscriptes  (im  Herhst  1867) 
Teröffentlicht,  beziehentlich  mir  bekannt  wurden : 

1.  Auf  Jahrgang  XIII,  Seite  27  ist 

(m  —  V  cos  a)  /  W D  :  {\fD -- T)  sin  a 
zu.  lesen,  und  S.  22  Z.  1  v.  o.  „Wird  dagegen^S 

2.  (Zu  Jahrg.  XII,  S.  424.)  Das  Tau  zwischen  Frankreich  und  Nord- 
amerika ist  1868  nicht  gelegt  worden,  muss  aber  von  der  durch  Erlauger 
und  Reut  er  vertretenen,  zu  seiner  Legung  concessionirtcn  Gesellschaft 
contractlich  bis  1.  September  1869  vollständig  versenkt  sein.  Es  bekommt 
zwischen  Brest  und  den  Inseln  St.  Pierre  und  Miquclon  2688  und  zwischen  St. 
Pierre-Miquelon  und  New -York  960  englische  Seemeilen  Länge.  Von  St. 
Pierre-Miquelon  läuft  es  nach  der  Küste  Neubraunschweigs  und  durch  die 
Dordamerikanischen  Staaten  Maine,  New -Hampshire,  Massachusets  nnd 
Connecticnt  nach  New-York  (Leipziger  Ztg.  1868,  S.  4703). 

8.  (Zu  Jahrg.  XIII,  S.  459.)  Am  Ende  der  oben  (S.  453)  erwähnten 
künstlichen  Leitung  von  13000  Meilen  Länge  erreichte  der  Strom  erst  nach 
17,  26  und  40  Secunden  nach  dem  Schliessen  der  Batterie  ein  Viertel,  die 
Hälfte  und  drei  Viertel  seiner  Maximalstärke. 

4.  Ueber  die  Versuche  von  Varley  mit  zwei  künstlichen  Kabeln  von 
gleicher  Länge,  von  denen  das  eine  (aus  Eöhren  mit  Zinkvitriol  gebildete) 
sechsmal  so  langsam  arbeitet,  als  das  andere  (aus  Neusilberdraht)  vgl. 
Les  Mondes  XV,  13.  und  14.  Lieferung  (vom  13.  Novbr.  und  5.  Decbr.  1867) 
S.  530  und  578  ff. 

5.  Auf  dem  Tau  von  1858  wurden  in  der  Zeit  vom  10.  August  bis 
1.  September  1858  (nach  Dingler's  Journal  153,  S.  236)  97  Telegramme 
von  Valentia  nach  New-York  und  269  von  New-York  nach  Valentia  be- 
fördert. (Nach  Westermann's  Monatsheften  Nr.  127,  S.  90  dagegen  129 
und  271  Telegramme.) 

6.  Dingler's  Journal  (187,  S.  24  aus  Mechatiics'  Magazine^  November 
1867,  Seite  330)  enthält  eine  Abhandlung  von  C.  W.  Siemens  über  die 
zum  Auslegen  des  Kabels  im  mittelländischen  Meere  angewandte  Ma- 
schinerie. —  Ueber  Bright's  Relais  (S.  473)  vgl.  auch* Jahrg.  VI,  S.  382. 

7.  In  Dingler's  Journal  (185,  S.  l)  bespricht  C.  F.  Varley  die 
Phänomene  des  atlantischen  und  anderer  langer  Unterseekabel  und  giebt 
auch  einen  Apparat  an  zur  Beseitigung  der  durch  fremdartige  (Erd-)  Ströme 
hervorgebrachten  Störungen  im  Signalisiren. 

8.  Die  Einschaltung  der  Unterseestation  Valentia  habe  ich  im  Poly- 
technischen Centralblatt  (Jahrg.  1867,  S.  1303  aus  Eludes  siir  Vexposüion  de 
1867),  die  Einschaltung  der  Untersee- Translationsstation  Emden  aber  eben- 
daselbst (Jahrg.  1868,  S.  285)  mitgetheilt. 


490     Beiträge  zur  Geschichte  etc.   Von  Dr.  Eduard  Zetzsche. 


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9.  Das  Tau  vom  Jahre  1866  ist  seitdem  (vgl.  Jahrg.  XII,  8.  421)  nocli 
zweimal  gerissen ;  das  erste  Mal  schon  am  20.  Juli  1867  in  einer  Entfernung 
von  50  Seemeilen  von  Hearts  Content  und  erst  am  20.  Septemher  konnte 
von  New- York  die  Wiederherstellung  gemeldet  werden.  Das  zweite  Mal 
am  3.  August  1868,  und  es  dauerte  diese  dritte  Unterbrechung  bis  zum 
2.  October  1868. 

10.  Vom  1.  December  1867  ab  sollte  ein  zwischen  London  und  New- 
York  gewechseltes  Telegramm  von  15  Worten  =  75  Buchstaben  (5  Worte 
für  die  Adresse)  35  Thaler  kosten.  Eine  weitere  Herabsetzung  ward  am 
30.  Juni  1868  beschlossen. 


XVI. 
Beitrag  zur  mechanischen  Theorie  der  Wärme. 

Von 

Professor  Julius  Eibel 

in  Stockerau  bei  Wien. 


I. 

Seitdem  die  Vibrationstheorie  in  der  Acustik  und  Optik  zu  so  über- 
raschenden Besultaten  gelangte,  war  man  bemüht,  auch  die  Erscheinun- 
gen  der  Wärme,  des  Magnetismus  und  der  Elektricität  durch  rein  me- 
chanische Frincipien  zu  erklären  und  die  Emanationstheorien  aus  der 
Physik  zu  verbannen.  Mellon  i  hatte  durch  seine  genialen  Versuche 
die  Identität  der  Wärmestrahlen  mit  den  Lichtstrahlen  dargethan.  Die 
Analogie  mit  dem  Schalle  führte  nun  zu  der  Hypothese,  dass  das  Bren- 
nen und  das  fühlbare  Warmsein  eines  Körpers  wahrscheinlich  nur  ein 
Schwingungszustand  sei,  der  sich  mit  der  Temperatur  ändere;  ein  leuch- 
tender oder  warmer  Körper  sei  analog  einer  tonerzeugenden  Platte  oder 
Glocke  in  sogenannter  stehender  Schwingung  und  theile  seine  Vibra- 
tionen dem  umgebenden  Aethcr  mit,  welcher  dieselben  fortpflanze,  bis 
sie  nnsere  Nerven  erreichen.  Mayer  sprach  im  Jahre  1842  zum  ersten 
Male  entschieden  aus,  dass  wir  jene  Arbeitsgrösse  finden  müssten,  welche 
äquivalent  sei  der  calorischen  Einheit;  auch  gab  er  eine  freilich  rohe 
Bestimmung  dieser  Grösse  (3C5  Meter -Kilogrammes  statt  424).  Es  war 
damit  gesagt,  dass  die  Wärme  überhaupt  nichts  Anderes,  als  eine  Molecu- 
larbewegnng  sei,  die  Art  und  Weise  dieser  Bewegung  war  damit  noch 
keineswegs  angegeben;  auch  ist  man  wegen  der  Schwierigkeit  des  Pro- 
blems noch  heute  zu  keiner  genauen  Angabe  gelangt,  obwohl  sich  viele 
Koriphäen  der  Wissenschaft  darnach  bestrebten.  Ich  erinnere  hier  an 
die  Arbeiten  Eedtenbacher^s,  Clausius*s,  Krönig's,  Jochmann^setc. 

Schon  ohne^  Kenntniss  der  Molecularschwingungen,  blos  durch  das 
Princip  der  Aequivalenz  von  Wärme  und  Arbeit,  ist  die  mechanische 
Theorie  der  Wärme  zu  überraschenden  Eesultaten  gelangt^  ja  sie  ifit  b^- 


492  Beitrag  zur  mechanischen  Theorie  der  Wärme« 

reitB  im  Stande,  technischen  Zwecken  mit  einer  hinreichenden  Vollkom- 
menheit zn  dienen,  wie  dies  Zenner  nnd  Clans  ins  wohl  dentlich  genug 
gezeigt  hahen;  aber  die  Forderung  nach  Anfstellnng  einer  speciellen 
Schwingnngshjrpothese  tritt  immer  gebieterischer  an  uns  heran,  insbeson- 
dere in  den  Wärmeproce^sen  der  Dämpfe.  Die  verbreitetste  Ansicht 
über  die  Molecularconstitntion  der  Körper  ist  wohl  die  von  Clansios 
und  Krönig;  es  sind  aber  gegen  dieselbe  mehrere  Bedenken  erhoben 
worden,  so  durch  Jochmann  (Schlömilch's  Journal  1860,  Y.  Jahrg. 
2.  Heft).  Es  soll  nun  der  Zweck  dieser  Zeilen  sein,  einiges  Streiflicht 
auf  diese  sehr  wichtige  Sache  zu  werfen. 

n. 

Nach  der  atomistisrhen  Anschauungsweise  ist  ein  jeder  Körper  ein 
System  materieller  Funkte  (Atome),  zwischen  denen  Verbindungen  exi- 
stiren,  die  erzeugt  werden  durch  Molecularkräfte,  welche  Functionen  der 
Entfernungen  sind.  Die  Atome  eines  jeden  (warmen)  Körpers  schwingen 
um  gewisse  Gleichgewichtslagen;  es  werden  daher  im  Allgemeinen  ihre 
Verbindungen  Functionen  der  Zeit  und  der  Coordinaten  der  einzelnen 
Molekel  sein.  Die  Verbindungen  zwischen  den  Atomen  können  geändert 
werden;  denn  sonst  könnte  nicht  ein  Körper  aus  einem  Aggregatszustande 
in  den  anderen  übergehen ;  ja  zwischen  den  schwingenden  Molekeln  eines 
(idealen)  Gases  hören  dieselben  ganz  auf,  wie  gewöhnlich  (nach  Clan- 
6  ins  und  Krönig)  angenommen  wird;  es  werden  diese  Molekel  also  in 
geradlinigen  Bahnen  fortschreiten,  so  lange  sich  ein  jedes  ausser  der 
Wirkungssphäre  des  benachbarten  befindet. 

Um  zu  einer  mathematischen  Anschauung  zu  gelangen,  denken  wir 
uns  vor  der  Hand  nur  ein  System,  welches  aus  einer  endlichen  Anzahl 
von  materiellen  Punkten  besteht;  die  Schlüsse,  welche  für  dasselbe  gel- 
ten, lassen  sich  dann  leicht  auf  ein  System  von  unendlich  vielen  Mo- 
lekeln ausdehnen. 

Die  genannten  Verbindungen  sollen  ausgedrückt  werden  durch  die 
Gleichungen 

Z  =  0,  M  =  0,  iV^=0,.... 
denen  die  Coordinaten  der  betreffenden  Molekel  und  die  Zeit  zu  genügen 
haben ;  diese  Gleichungen  sind  in  unserem  Falle  nichts  Anderes,  als  die 
algebraischen  Darstellungen  der  Bahnen  der  schwingenden  Molekel,  und 
von  ihnen  hängt  im  Grunde  der  Aggregatszustand  ab. 

Ausser  diesen  Beziehungen  zwischen  den  Molekeln  können  auf  das 
System  noch  Aussenwirkungen  stattfinden,  die  wir  uns  repräsentirt  denken 
durch  Kräfte,  welche  auf  die  einzelnen  Molekel  wirken.  Seien  JT, ,  J^, ,  Z^ 
die  rechtwinkeligen  Componenten  jener  Kraft,  die  auf  das  Molecul  m, 
(mit  den  Coordinaten  oc^^y^^  Z|)  wirkt;  X,,  r,,  Z,  die  Componenten  der  auf 
^t  (^s ;  t/t  9  ^t)  wirkenden  Kraft  etc.   Die  Kräfte  verleihen  den  materiellen 


Von  Professor  Julius  Eibbl.  493 

Punkten  nicht  jene  Geschwindigkeiten  oder  Bewegungen^  welche  diesel- 
ben erhielten,  wenn  sie  frei  wären;  auch  werden  die  yermöge  ihrer 
O^g^ogtkts-)  Verbindungen  bereits  schwingenden  Molekel  im  Allgemeinen 
ans  den  Bahnen  gelenkt  und  erhalten  neue  Geschwindigkeiten,  die  wir 
nüt  t^i^t^tf  •••  bezeichnen  wollen.  Dadurch,  dass  die  Molekel  aus  ihren 
ursprünglichen  Bahnen  (die  wohl  Curven  der  zweiten  oder  ersten  Ord- 
nung sind)  herausgebracht  werden,  entstehen  neue  Verbindungen  unter 
ihnen ;  es  ist  also  durch  äussere  Einwirkung  auf  ein  System  eine  Aende- 
mng  des  Aggregatszustandes  denkbar. 

III. 

Bevor  wir  das  Princip  des  D^Alembert  anwenden^  müssen  wir  noch 
einen  Blick  auf  die  (Aggregats^)  Verbindungen  werfen  und  eine  wichtige 
Unterscheidung  machen.  Ob  nun  äussere  Kräfte  auf  das  System  wirken 
oder  nicht,  so  können  die  Verbindungen  der  Art  sein,  dass  die  Molekel 
analog  den  Doppelsterneu  geschlossene  Bahnen  beschreiben ;  es  giebt  aber 
auch  Zustände,  wo  die  Molecularbewegungen  so  beschaffen  sind,  dass  durch 
sie  in  dem  Systeme  selbst  schon  eine  äussere  Bewegung  erzeugt  wird. 
Letzterer  Zustand  kann  auch  herbeigeführt  werden^  wenn  man,  falls  auf 
das  System  Veine  äusseren  Kräfte  wirken,  solche  anbringt,  oder  die  etwa 
schon  Torhau denen  ändert.  Ein  Beispiel  hierzu  wäre  folgendes:  Man 
denke  sich  einen  relativ  kleinen  Theil  einer  Gasmenge  comprimirt  und 
nun  das  System  sich  selbst  überlassen;  bekanntlich  schreitet  eine  Welle 
in  demselben  fort,  d.  h.  es  gelangen  die  verschiedenen  Theile  in  äussere 
Bewegung.     Auch  das  Ausströmungsproblem  gehört  hierher. 

Mathematisch  ist  der  Unterschied  der  genannten  Zustände  dadurch 
auszudrücken,  dass  im  ersten  Falle  die  Coordinaten  des  Molekels  wohl 
von  der  Zeit  abhängen 

aber  diese  letztere  eliminirt  werden  kann,  wodurch  man  dann  eben  auf 
die  Gleichungen  der  Bahnen 

Z  =  0,  M=0,  iV=0,  ... 

kommt,  dass  aber  im  zweiten  Falle  die  Parameter  er,  /3,  y  der  Bahncurven 
noch  Functionen  der  Zeit  sind,  diese  also  in  den  Functionen  L,  M,  N 
explicirt  erscheint.  Um  den  Unterschied  der  Moleculsrrbewegungen  durch 
ein  einfaches  Analogen  zu  veranschaulichen,  denke  man  sich  die  Bewegung 
eines  Punktes  im  Kreise  mit  der  in  einer  Epicycloide  verglichen. 

IV. 

Das  Princip  des  D^Alembert  giebt  nun  bekanntlich  für  den  ersten 
der  in  III  unterschiedenen  Fälle  die  Relation: 


494  Beitrag  zur  mechanischen  Theorie  der  Wärme. 


1)  ^d£{mv^)=^i:{Xdx+  Ydy  +  Zdz) 
oder 

1')  J  Z  (mv*)  —  zfiXdx  +  Ydy  +  Zdz)=  consL, 

welche  uns  aussagt,  dass  die  lehendige  Kraft  der  schwingenden  Molekel 
ungeändert  bleibt,  wenn  keine  Ausseukräfte  auf  das  System  wirken,  weil 
für  r=:0,   7=0,  Z  =  0 

2)  i  -S  (m !;«)  =  const. 

Die  Differenz  auf  der  linken  Seite  der  Gleichung  V)  wird  gewöhnlich  die 
Wirkungsfunction  des  Systems  genannt.  Die  Kräfte,  welche  die  Verbin- 
dungen ersetzen  köunten,  seien  A,fi,  v  ...;  sie  können  bestimmt  wer- 
den aus  den  Gleicbungen: 


=  0 


'  1  dt*  dz  dz  dz 

,aV         dL         dM        dN 


Wir  wollen  nun  die  Aenderungen  ins  Auge  fassen,  die  mit  dem 
Systeme  vorgenommen  werden  können,  und  sehen  dabei  zuerst;  dass 
dieselben  einen  Einfluss  auf  die  Wirkungsfunction  haben  dürften.  Solche 
Aenderungsprocesse  können  aber  zweifacher  Natur  sein :  entweder  bleibt 
während  der  Aenderung  das  System  stets  in  dem  Zustande  des  ersten 
Falles,  so  dass  sich  in  jedem  Augenblicke  eine  der  Gleichung  l')  analoge 
Beziehung  aufschreiben  lässt,  oder  es  wird  der  Zustand  des  zweiten  Falles 
herbefgeftibrt,  so  dass  plötzlich  in  den  nunmehr  entstehenden  Molecular- 
verbindungen 

Z'  =  0,  itf' =  0,  ^'  =  0,  ... 

die  Zeit  maassgebend  erscheint  und  für  die  Aenderung  nicht  mehr  eine 
mit  der  Relation  l')  analoge  giltig  bleibt.  Eine  Zustandsänderung  der 
ersten  Art  nennt  man  „einen  umkehrbaren  Process^%  weil  das  System 
auf  demselben  Wege  wieder  in  seinen  ursprünglichen  Zustand  gelangen 
kann,  im  Gegensatze  zu  dem  letzteren  Processe,  der  ein  „nicht  umkehr- 
barer" ist. 

Die  Gleichungen  l)  und  l')  gelten  für  diese  letzteren  Processe  nicht 
mehr;  ebenso  ändern  sich  die  Relationen  3)  mit  jedem  Augenblicke^  weil 
die  Verbindungsgleichungen  andere  werden. 


Von  Professor  Julius  Eibel.  495 

V. 

Die  Anwendung  der  in  den  ersten  Tier  Absclinitten  aufgestellten 
Sfitze  auf  die  Wärmebewegung  ist  nun  ohne  Schwierigkeit.  Die  Glei- 
chung 2) 

\  2J  (m  v^)  =  const. 

{X=0,   Y=0,  Z=0) 
interpretirt  Clausius  dadurch,  dass  er  annimmt,  „die  Temperatur  eines 
Körpers  sei  proportional   der  Summe   der  lebendigen  Kräfte  seiner  Mo- 
lekel'*;  es   bliebe  also   nach   dieser  Annahme   die  Temperatur  constant, 
80  lange  keine  äusseren  Kräfte  auf  die  Molekel  wirken. 

Jochmann  hat  nun  in  Schlömilch's  Journal  („Beiträge  zur 
Theorie  der  Gase"  1860  V,  2.  Heft)  die  Conscquenzen  aus  der  Clausius- 
schen  Annahme  gezogen  und  auf  Ergebnisse  gewiesen,  die  mit  den  Be- 
obachtungen im  Widerspruche  stehen.  Er  zählt  insbesondere  vier  Punkte 
auf,  die  ihm  auf  eine  Unhaltbarkeit  der  Clausius'  sehen  Hypothese  deuten  : 

„2.  Diese  Hypothese  ist  bis  jetzt  mindestens  noch  den  Nachweis 
schuldig,  warum  die  Bedingung  des  Wärmegleichgewichts  zwischen  zwei 
heterogenen  Körpern  darin  besteht,  dass  die  mittlere  lebendige  Kraft 
eines  (chemischen)  Atoms  in  beiden  Körpern  gleich  gross  ist. 

3.  Man  stösst  bei  dieser  Hypothese  auf  die  Schwierigkeit,  dass  die 
Wärmebewegung  von  der  fortschreitenden  Bewegung  einer  Gasmasse  über- 
haupt nicht  zu  unterscheiden  ist ;  dieselbe  führt  bei  der  Ausströmung  eines 
Gases  in  einen  luftleeren  oder  luftverdünnten  Raum  zu  Consequenzen, 
welche  mit  der  Erfahrung  im  Widerspruche  stehen. 

4.  Die  Argumente,  durch  welche  Herr  Clausius  gewisse  gegen  die 
Hypothese  gerichtete  Einwürfe  zu  widerlegen  gesucht  hat,  erreichen  diesen 
Zweck  nur  theilweise.  Insbesondere  treffen  sie  nicht  den  Einwand,  dass 
locale  Temperaturverschiedenheiten  in  einem  luftförmigen  Medium  sich  in 
aosserordentlich  kurzer  Zeit  ausgleichen  müssten. 

5.  Die  Hypothese  ist  ferner  nicht  im  Stande,  über  die  Gesetze  der 
Fortpflanzung  des  Schalls  in  luftförmigen  Medien  genügende  Rechenschaft 
SU  geben. 

6.  Aus  alledem  ergiebt  sich  die  Folgerung^  dass  es  wenigstens  vor 
der  Hand  noch  ungerechtfertigt  ist,  die  in  einem  Körper  enthaltene 
Wärmemenge  ohne  Weiteres,  wie  es  zn  geschehen  pflegt,  mit  der  leben- 
digen Kraft. der  Molecularbewegung  zu  identificiren  oder  die  Temperatur 
der  lebendigen  Kraft  eines  Atoms  proportional  zu  setzen." 

Ich  glaube  nun,  dass  die  letzten  vier  Punkte  als  widerlegt  und  die 
Ansichten  von  Clausius  als  gerechtfertigt  angesehen  werden  können, 
wenn  man  die  Wärmeprocesse  so  auffasst,  wie  es  in  den  Abschnitten 
I — IV  geschehen  ist.  Man  bemerkt  dann  sogleich  den  Irrthum  Herrn 
Jochmann's:    die  Probleme,  welche  er  betrachtet,   das  AuE6ttömxv\\^^-> 


496  Beitrag  zur  mechanischen  Theorie  etc.  VonProf.  JüliüsEibel. 

das  Wärme-*)  und  das  SchalUeitnngsproblem  sind  lauter  nicht  umkehr- 
bare Processe,    auf  die   er  aber  nichtsdestoweniger  die   Gleichung   l') 

^  S  (mv*)  '--Zj{Xdx+  Ydy  -f  Zdz)  =  consi. 

anwendet,  obwohl  dieselbe  für  seine  Fälle  keine  Geltung  mehr  hat,  wie 
wir  in  IV  gesehen.  In  der  That  schwingen  auch  die  Molekel  bei  den 
genannten  Problemen  in  ganz  anderen  Bahnen,  als  wenn  ein  Gas  sich 
selbst  überlassen  oder  einem  umkehrbaren  Processe  unterworfen  wird. 
Die  Hypothese  des  Gl  aus  ins  entgeht  durch  Adoption  dieser  hier  ent- 
wickelten Ansichten  zugleich  der  in  Jochmann^s  drittem  Punkte  ange- 
deuteten  Klippe  ^  „dass  die  Wärmebewegung  von  der  fortschreitenden 
Bewegung  einer  Gasmasse  Überhaupt  nicht  zu  unterscheiden  ist.*'  Denn 
es  ist  wohl  richtig,  dass  in  Folge  der  Ansicht  Claus  ins'  das  Potential 
einer  Gasmasse  auf  sich  selbst  einen  Constanten  Werth  haben  müsste, 
wenn  das  Gas  ohne  Aenderung  seiner  Wirkungsfunction  sich  ausdehnt, 
weil  nach  Thomson-Joule's  Versuchen  bei  einer  solchen  Dilatation 
die  lebendige  Kraft  constant  bleibt.  Es  ist  aber  nur  richtig,  sobald  die 
Gleichung  l')  fortwährend  besteht,  so  lange  also  die  Processe,  die  mit 
dem  Gase  Torgenommen  werden,  umkehrbare  sind.  Nun  ist  aber  nach 
dem  Gesagten  klar,  dass  das  Potential  einer  Gasmasse  auf  sich  selbst 
bei  einem  nicht  umkehrbaren  Processe  gar  nicht  mehr  constant,  sondern 
eine  Function  der  Zeit  sein  wird,  wodurch  es  eine  fortschreitende  Be- 
wegung involvirt,  die  sehr  gut  von  der  Wärmebewegung  zu  trennen  ist, 
wie  auch,  um  ein  bereits  gewähltes  Analogen  nochmals  in  Erinnemng  zu 
bringen,  die  fortschreitende  Bewegung  in  einer  Cycloide  sehr  deutlich 
von  der  wälzenden  unterschieden  werden  kann. 

Schliesslich  erwähne  ich  noch ,  was  auch  aus  dem  Gesagten  natur- 
gemäss  fliesst,  dass  der  Potential-Calcul  für  die  mechanische  Theorie  der 
Wärme  nicht  ausreicht,  weil  derselbe  nur  unter  der  beschränkenden  Be- 
dingung ausgebildet  ist,  dass  in  dem  Systeme  keine  Verbindungen  exi- 
stiren,  welche  die  Zeit  explicite  enthalten;  die  mathematischen  Physiker 
werden  genöthigt  sein,  einen  allgemeineren  „Vibrations  -  Calcul"  zu  ent- 
wickeln, um  auch  die  so  häufig  vorkommenden  nicht  umkehrbaren  Wärme- 
processe  in  den  Kreis  ihrer  Betrachtungen  ziehen  zu  können.  Dieser 
Vibrationscalcul  enthielte  dann  als  speciellen  (so  zu  sagen  „adiabatischen^^) 
Fall  sämmtliche  Probleme  der  Aerodynamik,  von  welchen  einige  schon 
durch  Zeuner  gelöst  worden  sind,  während  die  umkehrbaren  Wärme- 
processe  auch  calorisch-statische  genannt  werden  dürften  (z.B.  das  baro- 
metrische Höhenmessen,  die  Festigkeitsaufgaben  etc.).  Es  ist  aus  diesen 
wenigen  Andeutungen  schon,  glaube  ich,  die  grosse  Wichtigkeit  und  die 
ungeheure  Tragweite  der  Hypothese  des  Gl  aus  ins  genügend  abzusehen. 

*)  Beiläufig^  sei  gesagt,  dass  für  dieses  das  Experiment  mit  dem  sogonannten 
Wackler  wichtig  werden  kann. 


XVII. 

üeber  den  Temperaturzustand  eines  von  zwei  nicht 
eoncentrischen  Engelflächen  eingesclilossenen  Körpers. 

Von 

Dr.  Frosch, 

Gymnasiallehrer  zn  Schneidemühl. 


§.1. 

Darlegung  der  Methode,   durch  welche  die  Lösung  des 

allgemeinen  Problems  zurückgeführt  wird  auf  diejenige 

eines  speciellen  Falles. 

1.  Unter  Zugrundelegung  einer  festen  Ebene  kann  man  in  optischer 
Beziehung  jeden  yon  zwei  Pnnkten  das  Bild  des  anderen  nennen,  wenn  sie 
in  ein  und  derselben  auf  der  Ebene  errichteten  Senkrechten  liegen  und  ihre 
Entfernungen  von  der  ersteren  gleich  sind.  Von  dieser  Ausdrncksweise 
soll  im  Folgenden,  um  eine  kürzere  und  bequemere  Bezeichnung  za  er- 
möglichen, auch  in  dem  Falle  Gebrauch  gemacht  werden,  wenn  anstatt  der 
festen  Ebene  eine  feste  Kugelfläche  S  zu  Grunde  gelegt  wird,  und  zwar 
soll  unter  dem  Bilde  eines  beliebigen  Punktes  o  im  Räume  derjenige  o 
verstanden  werden,  welcher  mit  dem  gegebenen  auf  demselben  Radius  resp. 
dessen  Verlängerung  gelegen  ist,  dergestalt,  dass  ihre  Distanzen  vom  Mittel- 
punkt als  Product  das  Quadrat  des  Radius  der  Kugel  ergeben.  Man  sieht 
leicht  ein,  dass  diese  Bezeichnungsweise  in  die  ursprüngliche  übergeht,  so- 
bald man  den  Mittelpunkt  der  Kugel  in  unendliche  Ferne  fortrücken  lässt, 
wodurch  die  Kugelfläche  selbst  sich  in  eine  Ebene  verwandelt. 

Es  soll  nun  die  Abhängigkeit  des  Bildes  oo  eines  beliebigen  Punktes  o 
von  diesem  analytisch  ausgedrückt  werden.  Zu  dem  Ende  werde  der  Mittel- 
punkt der  Kugel  als  Anfangspunkt  eines  rechtwinkligen  Coordinatensystems 
angenommen,  x^y^z  seien  die  Coordinaten  des  Punktes  o,  5»^??  diejenigen 
des  Punktes  oo.  Alsdann  folgen  aus  der  Definition  der  Verwandtschaft  bei- 
der die  Gleichungen : 

wenn  c  den  Radius  der  Ku^el  und 


498   Ueber  den  Temperaturzustand  eines  von  zwei  nicht  coneentr. 

die  Entfernungen  der  Punkte  vom  Anfangspunkte  darstellen ;  oder  in  einer 
anderen  zur  Transformation  geeigneteren  Form 


x_c'.^,. 

y=^.f 

1J— c   .  ^,  , 

.-C.^t 

t=^-^. 

aus  deren  Symmetrie  erhellt,  dass  jeder  der  Punkte  o  und  a>  das  Bild  des 
anderen  ist. 

2.  Aus  einer  einfachen  geometrischen  Betrachtung  ergiebt  sich  weiter, 

_     ,  ,     ausserhalb  ,      „       ,  «    .    ^     ,     innerhalb      ,        ,, 
dass  ledem  Punkte  .         ,    ,,     der  Kugel  S  ein  Punkt  ,    ,,    derselben 

•^  mnorhalb  ausserhalb 

entspricht,  dass  dagegen  beide  zusammenfallen,  sobald  einer  Ton  ihnen  auf 
der  Kugelfläche  selbst  liegt.  Ferner:  dass,  wie  das  Bild  eines  Punktes 
wiederum  ein  Punkt  ist,  so  auch  dasjenige  einer  Linie,  einer  Fläche,  eines 
Körpers  wiederum  eine  Linie,  eine  Fläche,  ein  Körper  ist,  deren  Gleich- 
ungen aus  den  gegebenen  durch  die  obigen  Transformationsformeln  gefun- 
den werden. 

3.  Um  zunächst  zu  untersuchen,  welches  das  Bild  einer  Ebene  ist, 
seien  A^  B^  C  die  Cosinusse  der  Winkel,  welche  ihre  Normale  mit  den  Coor- 
dinatenaxen  bildet,  D  ihre  Entfernung  vom  Anfangspunkte.  Ihre  Gleich- 
ung ist  alsdann : 

Ax+  By  +  Cz  —  D=^0, 

Durch  Einsetzung  der  Werthe  für  .T,y,z  geht  dieselbe  über  in: 

Ac*^  +  B(^fl  +  Cc*S—Dq'^  =  0. 

Es  sind  jetzt  zwei  Fälle  zu  unterscheiden.  Wenn  nämlich  die  Ebene 
durch  den  Anfangspunkt  geht,  also  Z>  =  0  is-t,  so  erhält  man 

A^+Bri+Cj;  =  0, 

die  Gleichung  der  Ebene  selbst.  Ist  dies  jedoch  nicht  der  Fall,  so  lässt 
sich  die  obige  Gleichung  auf  die  Form  bringen : 

o-Ä^)'+('-Ä«y+o-Ä^)'-(ä)*=»- 

Dies  ist  aber  die  Gleichung  einer  Kugelfläche,  deren  Mittelpunkt  in  der 


c« 


Normalen  der  gegebenen  Ebene  in  einer  Entfernung  =—  vom  Anfangs- 


C» 


punkt  liegt,  und  welche,  weil  ihr  Radius  =—  ist,  durch  diesen  selbst  hin- 
durchgeht. 


Kogelfl&chen  eingeschlossenen  Körpers.  Von  Dr.  Frosch.     499 


-  .^N^  .^V*»*  •■  ^    *    ^     »>*  ^  > 


Es  folgt  daraus ,  dass  in  Bezug  auf  eine  gegebene  Kugelfläcbe  das 
Bild  einer  beliebigen,  durch  den  Mittelpunkt  hindurchgehenden  Ebene 
wiederum  eine  Ebene,  dasjenige  einer  beliebigen  anderen  Ebene  eine  Ku- 
gel ist. 

4.  Um  ferner  das  Bild  einer  beliebigen  Kugelfläche  zu  erhalten,  werde 
angenommen,  dass  ihr  Mittelpunkt  auf  der  X-Axe  in  einer  Entfernung  =a 
Tom  Anfangspunkt  liegt.  Ihre  Gleichung  ist  alsdann,  wenn  d  den  Radius 
dieser  Kngelfläcfae  bezeichnet: 

(x—ay  +  y«  +  2«  —  d«  =  0, 
oder 

r*  —  2ax  +  («*— «^3  =  0. 

Dieselbe  geht  durch  die  Transformation  über  in : 

c*  —  2ac*5  +  (a*— d*)  ^'  =  0. 

Aocb  hier  sind  zwei  Fälle  zu  unterscheiden.  Geht  die  Kugelfläche  durch 
den  Anfangspunkt,  ist  also  a=i/,  so  erhält  man: 

g =0, 

2a        ' 

die  Oleicbnng  einer  Ebene,  welche  der  JTZ- Ebene  parallel  ist  und  um  die 
Strecke  =s  —  von  ihr  absteht.  Ist  dies  jedoch  nicht  der  Fall ,  so  geht  sie 
über  in  die  folgende : 

oder  mnch 

(«-=Ö)"+v+^-(.Sp 

Sie  repräsentirt  also  ebenfalls  eine  Kugelflächo,  deren  Centrum  in  der 

JT- Axe  in  einer  Entfernung  =-^ — -t,  vom  Anfangspunkt  liegt  und  deren 

de* 
Badius  =  -z — ^  ist. 

Es  ist  also  in  Bezug  auf  eine  feste  Kugelfläche  das  Bild  einer  belie- 
bigen anderen  Kugelfläche,  wenn  sie  durch  den  Anfangspunkt  hindurch* 
geht,  eine  Ebene,  in  jedem  anderen  Falle  wiederum  eine  Kugelflächo. 

6.  Die  zuletzt  gefundene  Gleichung  des  Bildes  einer  Kugelfläche  soll 
nun  genauer  untersucht  und  zugleich  der  bisher  beliebig  angenommene  Ra- 
dius der  Kugelfläche  S  näher  bestimmt  werden.  Es  sei  in  Bezug  auf  die 
Kugelfläche  A^,  deren  Bild  bestimmt  werden  soll,  a  der  dem  Anfangspunkt 

—       (^ 
als  Pol  (im  gewöhnlichen  Sinne)  entsprechende  Punkt,  so  ist  aA'=  — ;  dcr- 

(P       a*  — d* 
selbe  ist   demnach  vom  Anfangspunkt  um  die  Strecke  =0 = 

ZelUckrin  f.  UMthfmalik  u.  Phy»ik,  Xltl,  G.  ^ 


500   Üeber  den  Temperaturzustand  eines  von  zwei  nicht  concentr. 

entfernt.     Nimmt  man  nun  an,  dass  die  Kugelfläcbe  S  durch  den  Punkt  a 

hindurchgeht,  so  hat  man  zu  setzen  c= .     Durch  diese  Substitution 

gebt  die  obige  Gleicbung  über  in  die  folgende : 


(|-c)»  +  i,*  +  J'-(^)=0. 


Mit  Rücksicht  darauf,  dass  während  der  Transformation  der  Punkt  a  als 
ein  Punkt  der  Oberfläche  unverändert  bleibt,  erbält  man  daraus  das  Re- 
sultat : 

Das  Bild  einer  beliebigen  Kugelfläcbe  in  Bezug  auf  eine  feste  Kugel- 
fläche ,  welche  durch  den  dem  Centrura  der  letzteren  als  Pol  hinsichtlich 
der  ersteren  entsprechenden  Punkt  geht,  ist  eine  Kugelfläche,  deren  Cen- 
trum mit  diesem  Pol  zusammenfällt. 

6.  Aus  der  Elementargeometrie  ist  ferner  bekannt,  dass  der  geome- 
trische Ort  aller  der  Punkte ,  deren  Abstände  von  zwei  festen  Punkten  p 
und  p,  ein  constantes  Verhältniss  haben,  ein  System  excentrischer  Kugel- 
flächen ist,  deren  Mittelpunkte  sämmtlich  auf  der  Linie  pp^  liegen,  sowie 
dass  für  jede  dieser  Kugeln  die  Punkte  p  und  p^  Pole  sind.     Wenn  man 

nun  um  den  einen  von  ihnen,  z.  B.p,  mit  einem  Radius  =ppi  eine  Kugel  con- 
struirt  und  in  Bezug  auf  dieselbe  das  obige  System  von  Kugelfiächen  ab 
bildet,  so  ist  aus  dem  Vorigen  ersichtlich,  dass  man  wiederum  ein  System 
von  Kugelflächen  erhält,  deren  Mittelpunkte  indess  sämmtlich  mit  dem  an- 
deren Pole  Pi  zusammenfallen. 

7.  Es  ist  nun  im  Folgenden  das  Bild  eines  Körpers  zu  untersnchen, 
welcher  von  zwei  beliebigen ,  im  Allgemeinen  nicht  concentrischen  Kugel- 
flächen begrenzt  wird.  Dieselben  können  offenbar  eine  doppelte  Lage 
gegen  einander  haben;  entweder  nämlich  liegt  die  eine  von  ihnen  ganz  inner- 
halb oder  ganz  ausserhalb  der  anderen.  Dementsprechend  wird  im  erste- 
ren Falle  der  Körper  von  schalenförmiger  Gestalt  sein ,  im  letzteren  dage- 
gen wird  er  sich  nach  allen  Richtungen  ins  Unendliche  erstrecken  und  im 
Innern  zwei  kugelförmige  Höhlungen  besitzen.  Welche  Lage  indess  auch 
die  beiden  Grenzflächen  gegen  einander  haben,  es  werden  sich  immer,  wie 
die  Geometrie  lehrt,  zwei  Punkte  p  und  p^  so  construiren  lassen,  dass  sie 
in  Bezug  auf  jede  der  begrenzenden  Kugclflächen  einander  als  Pole  ent- 
sprechen ,  auch  werden  beide  ganz  ausserhalb  des  Körpers  liegen.  Con- 
struirt  man  nun  um  irgend  einen  von  ihnen,  z.  B.  p,  eine  durch  den  anderen 
Pi  hindurchgehende  Kugelfläche  und  bildet  in  Bezug  auf  dieselbe  den  ge- 
gebenen Körper  ab,  so  leuchtet  ein,  dass  der  letztere  sich  in  einen  von 
zwei  concentrischen  Kugelflächen  eingeschlossenen  und  daher  allseitig  be- 
grenzten Körper  verwandeln  wird.  Es  wird  im  Folgenden  dargethan  wer- 
den ,  dass  auch  die  Aufgabe ,  die  Wärmevertheilung  in  einem  von  zwei  ex- 
centrischen  Kugelflächen  eingeschlossenen  Körper  zu  finden ,  auf  die  eiu- 


xku^eiuaciien  ciiigeHcujosBenen  ivurpcrs.    von  ur.  ruunvki,      oui 


faehere  und  bekanntere  zurückgeführt  werden  kann,  die  sich  auf  einen  von 
swei  concentrischen  Kugelflächen  eingeschlossenen  Körper  bezieht.  Zuvor 
sind  aber  noch  einige  zur  Uebertragung  nöthige  Formeln  zu  entwickeln. 

8.  Wenn  man  vom  Anfangspunkt  des  Coordinatensjstems,  als  Mittel- 
punkt der  Kugelfläche  5,  einen  sehr  schmalen  Kegel  construirt,  so  wird 
derselbe  aus  irgend  einer  der  gegebenen  Grenzflächen  ein  Element  ds,  aus 
deren  Bild  ein  Element  da  herausschneiden.  Da  man  jedes  derselben  als 
die  sphärische  Projection  des  anderen  ansehen  kann,  so  findet  die  Rela- 
tion statt: 


ds  •  cos 


(t) 


de .  cos 


(7) 


in  welcher  ( — j  und  ( — j  diejenigen  spitzen  Winkel  bezeichnen,  welche 

die  auf  den  Flächenelementen  ds  und  da  errichteten  Normalen  mit  dem  ge- 
meinsamen Radiusvector  r  oder  q  bilden.  Aus  einer  einfachen  geometri- 
schen Betrachtung  ergicbt  sich  indess ,  was  sich  auch  allgemein  von  je  zwei 
entsprechenden  Oberflächenelementen  beweisen  lässt,  dass  diese  Winkel 
unter  sich  gleich  sind.     Mit  Rücksicht  hierauf  erhält  man : 


ds 


da 


j  » 


oder  wenn  man,  um  späteren  Zweideutigkeiten  auszuweichen,  die  Entfer- 
nungen der  Elemente  ds  und  da  vom  Anfangspunkt  mit  e  und  1  bezeichnet 

d  s     da 

9.   Kehren  wir  noch  einmal  zu  den  Transformationsformeln  in  No.  1 
zurück.     Dieselben  lassen  sich  auch  auf  folgende  Weise  schreiben : 

Betrachtet  man  in  ihnen  die  Coordinaten  ^yti^t  als  constanto  Parameter,  so 
ersieht  man  sofort,  dass  dieselben  drei  Systeme  von  Kugelflächen  darstellen, 
welche  sich,  weil  jede  von  ihnen  durch  den  Anfangspunkt  geht,  gegensei- 
tig durchsetzen. 

Differentiirt  man  dieselben ,  so  erhält  man : 


^S        »  t« 

c» 

^v      0  1  y 

^f           0  *  -^ 

r-^  =  — 2c*— rX 

+ 

;r-'       —ic^  —  x 

--^ 2c*-i-a: 

dx                  r* 

r* 

dx                  r* 

dx                  r* 

»5              „    .Ä 

dn             .1/           c* 

3  t               •   2 

'.^— 2C% 

^^-   2c^yz 

i'-  "•"=+7 

a                r* 

dz                 r* 

dz                  r*       '    r^ 

^\'* 


502    Ueber  den  Teinpcraturzustand  eines  von  zwei  nicht  concentr. 


r^•.**«*^^v^w.^.*^^>*>^^^>v  . 


Maltiplicirt  man  diese  Gleichnngen  je  zwei  nnd  zwei  mit  einander  nnd  ad- 
dirt  die  senkrechten  Reihen ,  so  findet  sich : 

dxdx'^dy'dy'^dz'  dz         ' 

dj_  H,H  H,H  n_^ 

dx'  dx'^  dy'  dy^  dz   dz        ' 

dx'dx'^  dy'  dy'^  dz'  dz^  ' 

Diese  Gleichnngen  zeigen  an,  dass  die  drei  Systeme  von  Kugelfläcben 
einander  nnter  rechten  Winkeln  schneiden. 

10.    Es  soll  nnn  der  Ausdrnck  <J*»*  ^^=0  transformirt  werden ,  in  wel- 
chem, wie  es  gebränchlich  ist,  der  Kürze  wegen 

^*f  *= -t- + 

ax*^  ay'^  dz^ 

gesetzt  ist.  Mit  Rücksicht  darauf,  dass  die  neu  eingeführten  Coordinaten 
als  die  Parameter  dreier  orthogonalen  Flächensysteme  anfgefasst  werden 
können,  findet  die  Jacobi'sche  Formel: 

Anwendung,  in  welcher  der  Kürze  halber 


.,,....=iriL--)+;(- 


gesetzt  ist.     Um  die  ebengenannten  Grösßen  zu  erhalten ,  hat  man  nur  nö- 
tbig,  die  Transformationsformeln  in  No.  1  zu  differentiiren 


d^  Q*  Q^ 


'J.=-.^L 


V 


=  -2c'4j; 


e" 


OS  q" 

dt-  ^v^ 


drj  Q 

die  erhaltenen  Gleichungen  ins  Quadrat  zu  erheben  und  senkrecht  zu  ad- 
diren.     Man  erhHlt  schliesslich : 


oder 


Q  Q  Q 


Kugelflftchen  eingeschlossenen  Körpers.   Von  Dr.  Fkosch.     503 


Durch  Einsetaang  derselben  gebt  die  Jacob i*8che  Formel  über  in 

4  ^..  ;^. '  (4»D+  £(4«/)+ 1.(4^), 

oder 

—  zf'y»^=— (^— — j+— (^-^— j+  — (^— — ^^ 

Sie  ist  indess  noch  einer  weiteren  Yereinfachang  fähig.  Bezeichnet  man 
vämlich  mit  q>  and  ^  zwei  beliebige  Functionen  Ton  £,  17,  {;,  so  gelten  die 
Differentialgleichungen : 

c7ij       öiy       ^ly 
a- 
"^  at    '''af    "^di' 

oder  wenn  man  sie  zum  zweiten  Male  differentiirt: 


^  (    .^  ■*  I      ^V      3> 

Addirt  man  dieselben,  so  wird: 

Setzt  man  hierin  die  beliebigen  Functionen  g)= — IV  und   t/;  = — ,  so  er- 

9  9 

giebt  sich : 

oder,  da  bekanntlich  ^ — =0  ist, 

H  V  'n) "''  ^  V  "^A  r5\7  TO^  7  "*  \^  ^ » 


504    Uebcr  den  Temperaturzustand  eines  von  zwei  nicht  concentr. 


Es  geht  demnach  die  Transformationsformel  über  in : 

Für  den  Fall,  dass  /i'y*W=~0  ist,  erhält  man  mithin  die  entsprechende 
Gleichung  ^^^^ —  ^=0,  oder  wenn  man  die  Entfernung  des  Punktes  S,i;,  J 
Tom  Anfangspunkt  wie  vorhin  mit  c  bezeichnet: 

§.2. 

Lösung  der  Aufgabe  für  den  besonderen  Fall,  dass  die  den 

Körper  begrenzende  n  Kugel  flächen  concentr  isch  sind. 

11.  Die  Aufgabe,  um  deren  Lösung  es  sich  hier  handelt,  lässt  sich  in 
doppelter  Weise  aussprechen.     Physikalisch  aufgefasst  lautet  dieselbe: 

„Gegeben  ist  ein  von  zwei  concentriscben  Kugelflächi'U  eingeschlosse- 
ner Körper.  Es  soll  nach  Eintritt  des  stationären  Temperaturzustandes 
die  Vertheilung  der  Wärme  im  Innern  desselben  bestimmt  werden,  wenn 
die  Temperatur  eines  jeden  Punktes  der  Grenzflächen  eine  gegebene  und 
unveränderliche  ist." 

In  die  Sprache  der  Analysis  übertragen : 

„Es  ist  die  Function  V  so  zu  bestimmen,  dass 

I«)  z/§*?£  F,  in  jedem  Punkte  im  Innern  des  Körpers  =0, 

dV    dV    dV 
16)  daselbst  Tnebst  den  ersten  Di£Perentialquotienten  -r-r,  ^— ,  -^--ste- 

d%     öri     <7f 

tig  und  endlich  ist ; 

II.  dass  die  Function  V  in  jedem  Punkte  der  Grenzflächen  einen  ge- 
gebenen und  unveränderlichen  Werth  annimmt." 

Die  Gleichungen  unter  I),  zu  denen  im  Allgemeinen  noch  hinzutritt 
die  Bedingung 

Ic)  dass,  falls  der  Körper  sich  ins  Unendliche  erstreckt,  g  F,  wo  6  die 
Entfernung  des  Punktes  J,t?, t  vom  Anfangspunkt  darstellt,  überall  einen 
endlichen  Werth  behält,  beissen  (nach  Neumann*),  weil  sie  nur  von  der 
Gestalt  des  vorgelegten  Körpers  abhängen,  Ilauptbedingungen ,  diejenigen 
unter  II),  weil  sie  ausserdem  von  gewissen  Grenzwerthen  abhängig  sind, 
Nebenbedingungen.  Es  ist  somit  klar,  dass  für  einen  und  denselben  Kör- 
per unzählig  viele  Lösungen  existiren,  je  nach  der  Festsetzung  der  Werthe, 
welche  die  Function  V  in  den  Punkten  der  Grenzflächen  annehmen  soll. 
Dieselben  lassen  sich  jedoch  sämmtlich,  wie  die  Untersuchungen  von  Green 


*)    Neuiuaun,    Allgoraeine    Lösung    des    Problems    über     den    stationären 
Temperaturzustand  eines  homogenen  Körpers ,  welcher  von  irgend  zwei  nicht  con- 
ceotrischen  Kugelüächea  begrenzt  wird.    Pag.  VA. 


Kngclfl&chon  eingeschlossenen  Körpers.   Von  Dr.  Frosch.     505 

und  Neumann  gezeigt  haben,  auf  eine  einzige  zurückführen,  nämlich  auf 
Folgende  Aufgabe: 

Es  ist  die  Function  G  zu  bestimmen ,  welche 

I.  den  Hauptbedingungen  Genüge  leistet, 

II.  in  einem  beliebigen  Punkte  (o)  der  Oberfläche  den  Werth  Tjo  er- 
langt, wenn  man  unter  Jj^  den  reciproken  Werth  der  Entfernung  des  Punk- 
tes (o)  von  einem  beliebigen ,  aber  festen  Punkte  (1)  im  Innern  des  Körpers 
versteht,  so  dass  also  Gq=sT^q  ist. 

Ist  nämlich  die  Function  G  für  einen  Körper  ermittelt  und  yersteht 
man  unter  i;«'  die  Grösse 

/_  dG^      dTiQ 
"^'^  dn'^    dn  ' 

"WO  n  die  Richtung  der  im  Punkte  o  nach  Aussen  errichteten  Normale  dar- 
stellt, so  findet  man  die  gesuchte  Function  durch  die  Gleichung: 

in  welcher  dö  das  Flächenelement  im  Punkte  o  darstellt  und  die  Integration 
«zufalle  Elemente  der  Grenzflächen  auszudehnen  ist. 

12.    Diese  Beziehungen  sollen  angewendet  werden,  um  den  Werth  der 
Function  V  zunächst  für  einen  von  zwei  concentrischen  Kugelflächen  be- 
grenzten Körper   zu  ermitteln.     Bezeichnet  man   mit  o  einen  Punkt  der 
äusseren,  mit  t  einen  Punkt  der  inneren  Grenzfläche,  ferner  mit  de  und 
dt  die  Flächenelemente  in  den  Punkten  a  und  t,  so  ist  die  Gleichung,  durch 
i¥elcbe  die  Function  V  bestimmt  ist: 

^TtV.^fri^'y^da+fri^'V^dT, 

in  welchen  die  Grössen  tf  die  Werthe  haben : 


dn  dn 

dO;      dT,^ 

^        dn  dn  ' 


^r  = 


Berücksichtigt  man ,  dass  die  in  da  erricbtcte  Normale  dieselbe  Richtung 
bat,  wie  der  Radiusvector  r,  die  in  dz  errichtete  aber  eine  dem  letzteren 
entgegengesetzte ,  so  lassen  sich  die  obigen  Werthe  auch  folgendermaassen 
darstellen : 

''»"        Ar   ^~ä7' 

Da  hl  denselbon  T,^  uud^  J,,  bekannte  Functionon  sind ,  so  handelt  es  sich 
darum,  die  Green 'sehe  Function  G  zu  ermitteln. 


506   Ueber  den  Temperaturzustand  eines  von  zwei  nicht  concentr. 

13.  Es  sei,  wie  oben,  1  ein  im  Innern  des  Körpers  beliebig  angenom- 
mener, aber  fester  Punkt,  dagegen  o  ein  veränderlicher  Punkt,  ihre  Polar- 
coordinaten  r„  co^,  q)^  und  r,  o»,  9,  dann  ist 

T   -  * 


j/r'+r,'  —  2rr,  cos  ^ 


wo 


cos  ^= cos  00 .  cos  a)|  +  sin  m .  ^tn  Oi .  cos  (9  —  9>i) 
gesetzt  ist.     Dieser  Ausdruck  lässt  sich  auf  doppelte  Weise  nach  Kugel 
functionen  entwickeln 


n=:GC         y,f| 


11  =  0  '     ^ 

von  denen  die  erstere  Entwickelung  anzuwenden  ist,  so  lange  der  Punkt 
(0)  innerhalb  einer  mit  dem  Radius  r,  um  das  gemeinsame  Ceotrum  con- 
struirten  Kugel,  die  letztere  dagegen,  wenn  er  ausserhalb  derselben  liegt. 
Schreibt  man  der  Kürze  wegen  P,o"  für  P^{cos^),  da  diese  Function  nur 
von  der  Lage  der  Punkte  0  und  1  abhängt ,  so  ist  demnach 


=''^^  für 


r.,= }  üf"    '  -  fttr 


n=0  f 


Hinsichtlich  der  Function  P^{1)  hatLaplace  gezeigt,  dass  dieselbe 
der  Gleichung  genügt 

fi  (^  -*'^  ^-^ + "  ^" + ^^  ^"  ^^^ = "• 

vermittelst  welcher  sich  leicht  beweisen  lässt ,  dass  jedes  Glied  der  obigen 
Reihen 


'•"^.«'  ««"J  ;:ir+i  ^.." 


der  Gleichung  genügt 


z/r''/»,o"  =  0    und   ^-^^P,o»  =  0. 

Aus  einfacher  geometrischer  Anschauung  erhellt  ferner,  dass  jede 
von  diesen  Grössen  sammt  ihren  ersten  Differentialquoticnten,  so  lange  der 
Punkt  0  im  Innern  des  Körpers  bleibt,  stetig  und  endlich  ist.  Es  folgt 
daraus,  dass  jede  von  ihnen  den  obigen  Hauptbedingungen  Genüge  leistet. 
Dasselbe  gilt  auch  von  jedem  aus  ihnen  beliebig  zusammengesetzten 
Ausdrucke 

J  =  Ar»  /',„»  +  B  -^  P,  0»  =  [^r"  +  ß  -i^]  />,.». 

Da  diese  Function  ebenso,  wie  die  Function  G  den  Hauptbedingungen 
genügt,  so  wird   sie  mit  derselben  identisch  sein,  wenn  beide  auch  den> 


Kngelflächcn  eingeschlossenen  Körpers.    Von  Dr.  Fkosch.     507 

selben  NebenbediDgungen  gentigen ;  es  ist  denlnach  zu  untersuchen ,  ob  die 
l>isher  wiRkürlicben  Constanten  A  und  B  sich  so  bestimmen  lassen,  dass 
die  Functionen  /  und  G  oder,  was  dasselbe  ist,  die  Functionen  J  und  T  die- 
selben Grenzwerthe  besitzen ,  d.  h.  dass  die  Gleichungen  stattfinden 

Nach  der  obigen  Entwickelung  hat  man  aber 

n=ac     |.  n 

n  =0  '  fl 
fi=cD     ••  n 

»1  =  0  M    ^ 

sowie 

Daraus  geht  hervor,  dass,  wenn  die  Functionen  J  und  G  identisch  sein 
sollen ,  einerseits  die  für  J  entwickelten  Reihen  von  ft  =  0  bis  n  :=  oo  sum- 
mirt  werden  müssen ,  andererseits,  dass  die  willkürlichen  Constanten  A  und 
B  so  bestimmt  werden  müssen,  dass 

1  r " 

Ar^^  +  B  — ^j  =  —^-4:1  , 

Aus  diesen  Gleichungen  ergiebt  sich 

1  -.  2n4-l -  2n-f  1 

Versteht  man  nun  unter  A  und  ^  die  genannten  Grössen,  so  stellt  sich 
die  gesuchte  Function  dar 


^"' ="!!['"•" +^■Ä^] ''•»"• 


14.  Es  sind  gegenwärtig  die  Grössen  tj  seihst  zu  berechnen.  Da  die 
Function  T  bekannt,  die  Function  G  soeben  ermittelt  ist,  hat  man  beider 
Differentialquotienten  zu  bilden.  Berücksichtigt  man,  dass  die  Function 
P, 0"  von  der  Coordinate  r  unabhängig  ist,  so  ergiebt  sich 


dG,' 


"""«fl  [^'' ''"'"'"■  ^  ^'' "^^^^'y  ^'""' 


dr 
desgleichen  findet  man  die  Differentialquotienten  von  T^^ 


508    Ucbcr  den  Tcmperaturzustand  eines  von  zwei  nicht  eoncentr. 

Setzt  man  diese  Wertlie  der  Diflferentialqaotienten  in  die  GleichoDgen, 
durch  welche  die  Grössen  tj^'  nnd  ti^'  bestimmt  werden, 

''»  dr   "*"    dr 

ein ,  so  erhält  man 

n=Oi  L  ^C  'a^J 

Werden  jetzt  für  die  Grössen  A  nnd  B  ihre  Werthe  sabstituirt ,  so  er- 
giebt  sich  nach  einigen  Reductionen 

n=ao  -  n  — I     «.2ii4-l ..  2a  4-1 

Man  erhält  somit  das  Resultat: 

Bezeichnet  man  mit  tj^'  und  ri^'  die  oben  aufgestellten  Ausdrücke,  so 
ist  der  Werth  der  Function  V  im  Punkte  (1)  bestimmt  durch  die  Gleichung 

§.3. 

Zurückfübrung  der  Lösung  des  allgemeinen  Problems  auf 
den  im  §.  2  behandelten  speciellen  Fall. 

15.  Die  Aufgabe,   deren  Lösung  die  vorliegende  Untersuchung  zum 
Gegenstände  hat,  lautet,  wie  bekannt  ist,  folgendermaassen : 

Gegeben   ist  ein  von  zwei  nicht  concentrischen  Kugelflächen  einge- 
schlossener Körper.     Es  ist  die  Function  fV  zu  bestimmen ,  welche 

I.  im  Innern  des  Körpers  den  Hauptbedingungen  genügt, 

11.  in  Punkten  a  und  t  der  Grenzflächen  gegebene,  unveränderliche 
Werthe  annimmt. 

Es  war  früher  gezeigt,  dass  der  vorgelegte  Körper,  mag  er  endlich  be- 
grenzt sein  oder  sich  nach  allen  Richtungen  bis  ins  Unendliche  erstrecken, 
nach  der  in  §.1  auseinandergesetzten  Methode  sich  in  einen  Körper  verwan- 
dela  lässt,  welcher  von  zwei  concentrischen  Kugelflächen  eingeschlossen 


Engelflächen  eingeschlossenen  Körpers.    Von  Dr.  Frosch.    509 

ist.  Es  ist  daher  von  Wichtigkeit,  zu  untersuchen,  in  welcher  Art  sich  die 
Bedingnngsgleichungen  der  Function  W  für  den  erhaltenen  Körper  trans- 
formiren.  Es  mag  deshalb  daran  erinnert  sein,  dass  zunächst  nach 
No.  10  die  Bedingungsgleichung  la)  J'y*W=Q  übergeht  in  die  ähnliche 

'd^^t  l^W  J  =  0,  wo  «  die  Entfernung  des  Punktes  liyf  vom  Anfangspunkt 

darstellt.    Um  die  hier  auftretende  Function  --  W  zu  untersuchen,  sind  die 

leiden  Fälle,  von  denen  oben  die  Rede  war,  einzeln  zu  betrachten. 

Ist  der  zu  untersuchende  Körper  nach  allen  Richtungen  endlich  be- 
grenzt, so  liegt  der  Anfangspunkt  ausserhalb  des  durch  die  Transformation 

«Erhaltenen:  es  kann  daher  niemals  £  =  0,  also  —  =  oo  werden.   Da  auch  die 

Function  ^  im  Innern  des  Körpers  stetig  ist,  so  folgt,  dass  daholbst  die 

Function  —  fV  ebenfalls  stetig  und  endlich  ist.     Dasselbe  lässt  sich  auch 
i 

von  ihren  ersten  Dififerentialquotienten  darthun. 

Ist  dagegen  der  Körper  nach  allen  Richtungen  hin  unbegrenzt,  so 
liegt  der  Anfangspunkt  in  dem  durch  die  Transformation  erhaltenen  Kör- 
per selbst,  und  es  könnte  daher  fraglich  erscheinen ,  ob  die  Function  —  W 

im  Anfangspunkte  endlich  ist.    Indessen  tritt  für  diesen  Fall  noch  die  Be- 
dingung Ic)  hinzu,  welche  besagt,  dass  die  Function  e  W  auch  für  e=  oo 


c« 


endlich  bleibt.    Da  nun  e]^= —  W  ist,  so  ergiebt  sich,  dass  die  Function 

—  FF  anch  für  e  =  0,  d.  h.  im  Anfangspunkte  endlich  bleibt.    Dasselbe  gilt, 

wie  sich  leicht  zeigen  lässt,   auch   für  die   ersten   Differentialquotienten 
derselben. 

Aus  diesen  Erörterungen  geht  hervor,  dass,  wie  auch  der  ursprüng- 
liche Körper  beschaffen  sein  mag,  die  Function  —  W  \xa  Innern  des  trans- 

C 

formirten  Körpers 

la)  der  Gleichung  /ii—  w\^(i  genügt, 

16)  sammt  ihren  ersten  Differentialquotienten  stetig  und  endlich  ist. 

Dies  sind  nichts  anderes,  als  die  vier  Hauptbedingungen  für  den 
transformirten  Körper,  da  die  Bedingung  Ic)  hier,  weil  derselbe  jedenfalls 
endlich  begrenzt  ist,  ihre  Bedeutung  verliert.  Es  ist  demnach  noch  übrig, 
die  Nebenbedingungen  zu  transformircn.  Da  jedem  Punkte  s  und  i  dos 
ursprünglichen  Körpers   ein  Punkt  ö  und  t  des  ViÄiiÄtox\xv\t\.^Ti  ^\i\Ä^\\Oo^^ 


510    Ueber  den  Teniperaturzustand  eines  von  zwei  nicht  concentr. 

so  folgt   Ws^^fV^  und  }Ft=fF^.    Die  Function  i  W  nimmt  folglicb     ««* 

e 

Punkten  der  Grenzflächen  die  bestimmten  Werthe  — Wg  und  —  fFg  an. 

fa  fr 

Man  erhält  somit  schliesslich  das  Resultat: 

Die  Function  —^genügt 

I.  im  Innern  des  Körpers  den  Hauptbedingungen, 
II.  sie   nimmt  auf  den   Grenzflächen   die   unveränderlichen  Wertbe 

IfF,  und  —Wthu. 

Es  war  aber  im  §.  2  die  Aufgabe  gelöst  worden,  für  einen  Körper  der- 
selben Art  die  Function  V  zu  ermitteln,  weiche 
I.  im  Innern  den  Hauptbedingungen  genügt, 

II,  auf  den  Grenzflächen  gegebene  feste  Wertbe  V^  und  F,  annimmt. 

Da  nun  eine  jede  Function  durch  die  obigen  Bedingungen  unzweideu- 
tig bestimmt  ist,  so  müssen  die  Functionen  —  W  und  F,  weil  sie  beide  den 

Bedingungen  I  genügen,  identisch  sein,  wenn  dies  auch  hinsichtlich  der  Be- 
dingungen II  der  Fall  ist.     Setzt  man  demnach 

—  ^,=  F^  und  —W,=  V^, 

so  folgt 

-  jr=  V 

e 

oder 

fV=sV. 

Es  leucbtet  hieraus  ein,  dass  die  gestellte  allgemeine  Aufgabe,  weil 
zurückgeführt  auf  einen  besonderen  schon  behandelten  Fall ,  ebenfalls  als 
gelöst  anzusehen  ist.  Es  ist  jedoch  noch  uöthig,  zu  untersuchen,  welche 
Bedeutung  für  den  ursprünglichen  Körper  die  Grössen,  welche  in  der 
Function  F  enthalten  sind,  besitzen.  Vor  Allem  liegt  die  Frage  nahe,  in 
welcher  Weise  die  Coordinaten  r,  w,  9  in  die  gegebene  Figur  sich  über- 
tragen lassen. 

16.  Es  seien  in  der  letzteren,  wie  früher,  p  und  p,  die  beiden  Pole,  um 

den  Pol  p  sei  mit  der  Polardistanz  pp^  die  Kugelfläche  construirt,  in  Bezug 

auf  welche  ca  das  Bild  eines  beliebigen  Punktes  0  sei.    Aus  den  Principien 

der  Trauformation  ergiebt  sich  alsdann 

po  .pmz=zpp^ . 

folglich 

J popi  (%j  jd ppyto 
und  daraus 


Kngelflächen  eingeschlossenen  Körpers.    Von  Dr.  PROScn.     511 


^.•^w^  ^   ^    ^\ 


Setzt  man,  wie  früher,  pp^  =  c  und  erwägt,  dass  p,  co  nichts  anderes 
ist  y  aU  die  Polarcoordinate  r,  so  hat  man 

PtO 


r  =  f  . 


•  p  0 

Der  hier  auftretende  Quotient  der  Entfernungen  des  variaheln  Punktes 

o  von  deli  beiden  Polen  lässt  sich  als  neue  Coordinate  K  einfuhren ,  so  dass 

Aas  der  Aehnlichkeit  der  Dreiecke  pop^  und.pp,  o;  ist  ferner  ersicht- 
lich, dass  ^ 

LpPi(o  =  Lpopi, 

Wo  Lppi»  das  Supplement  des  Winkels  ist,  welcher  sonst  als  Polarcoordi- 
nate M  betrachtet  wurde,  an  deren  Stelle  L  pop^ ,  d.  h.  der  Winkel,  den  die 
Itadien  po  und  PiO  mit  einander  bilden,  als  neue  Coordinate  St  eingeführt 

Werden  soll ,  so  dass  man  hat 

cö  =  ;r  —  Ä. 

Was  die  dritte  Coordinate  q>  anbelangt,  welche  den  Winkel  darstellt, 
den  die  durch  den  variaheln  Punkt  (o  und  die  Al'-Axe  gelegte  Ebene  mit  der 
^TF-Ebene  bildet,  so  soll  dafür  der  Winkel,  welchen  die  durch  den  entspre- 
chenden Punkt  0  und  die  A'-Axo  hindurchgelegte  Ebene  mit  der  ZJT-Ebene 
bildet,  als  neue  Coordinate  <P  eingeführt  werden.  Da  die  genannten  Ebenen 
indessen  nach  No.  3  zusammenfallen ,  so  hat  man 

17.  Mit  Hilfe  der  soeben  aufgestellten  Transformationsformeln 

lässt  sich  zunächst  zeigen,  dass  der  Ausdruck 

cos  (0 .  cos  (Ol  -j-  sin  oo .  sin  o)| .  cos  (gj  —  9, ) 
in  den  folgenden  übergeht 

cos  Sl .  cos  Ä,  +  sin  Sl .  sin  Ä, .  co«  (<P  —  d», ) , 
d.  h.  dass  er  unverändert  bleibt,  abgesehen  davon,  dass  an  die  Stelle  der 
monopolaren  Coordinaten  die  dipolaren  getreten  sind ,  wenn  man  nämlich 
die  neu  eingeführten  Coordinaten  KSIO^  weil  sie  sich  auf  zwei  Pole  be- 
ziehen, dipolare  nennt  im  Gegensatz  zu  den  gewöhnlichen  Polar-  oder  mo- 
nopolaren Coordinaten.  Da  der  obige  Ausdruck  das  Argument  der  Func- 
tion P  bildet,  so  gilt  ein  Oleiches  offenbar  auch  von  dieser  und  man  hat 

^i<f"  =  ^i."   und   /'u"  =  At"- 
Durch  die  Substitution   derselben  verwandeln  sich  die  Grössen  1/  in 
die  folgenden 


512    Üeber  den  Temperatarzustand  eines  yon  zwei  nicht  concentr. 

« 
Die  Fanction  V  wird  aber  repräsentirt  durch  die  Gleichang 

Nach  Einsetzung  der  Werthe 

V^=.-W,  und  r^==-  W,, 
sowie 

ergiebt  sich  die  Gleichang 

=y  il  no   fVs  dö  +J-^  fix  Wt  dx, 

Zur  Transformation  der  Flächenelemente  de  und  dx  dienen  die  For 

mein  in  No.  8 

ds      dö     ■      dl     dx 
— 1  =  — 5  und  -i  =  — i 

oder 

da=-j'd8   und  dx  =  -^dl, 
c*  er 

Durch  Substitution  derselben  geht  die  Gleichung  über  in 

4 it  fr,  =  r^  VC  »'.  d«  + /^'  *»''  ^'  *"• 

Dieselbe  lässt  sich  wiederum  in  die  Normalform  bringen 

4;r  fV^  =  fff/  W.  ds  +  JhI  Wt  dt, 
wenn  man  unter  H^  und  H^  die  fojgenden  Ausdrücke  versteht 

oder  mit  Rücksicht  auf  die  Werthe  von  rj^  und  rjx' 

18.  Um  die  Grösse  e,  welche  den  Abstand  des  variabeln  Punktes  o 
vom  Anfangspunkt  darstellt,  ebenfalls  durch  die  dipolaren  Coordinaten 
auszudrücken,  hat  man  im  J pmp^ 

pw*  =  /?/?,* ^PPi'PifO  COSpp^  ö)  +/?i(ö* 

oder 


Kugelflächen  eingeschlossenen  Körpers.    Von  Dr.  FroSCh.    513 


Setzt  man  darin  r=zc,K  und  w  =  w  —  Ä ,  so  wird  f  =  — ,  und  man  erhält 

e 

e 
oder  wenn  man  die  stets  positive  Grösse 

l--2A'.co5Ä  +  Ä?  =  t/;' 
setzt, 

c 

e——. 

Durch  diese  Substitution  gehen  die  obigen  Gleichungen  über  in 
*'  -~?~  ,to^      '•'  ^  •  ^f;^»  '  ^.»»+'- Ä-r^'+i    "  ' 

Diese  Formeln  stimmen^  abgesehen  von  der  verschiedenen  Bezeich- 
nnngsweise,  vollständig  mit  denen  überein,  welche  Herr  Prof.  Neu  mann 
vermittelst  einer  anderen  Methode  aufgestellt  haf^). 

19.  Es  war  oben  mehrmals  die  Behauptung  ausgesprochen,  dass  die 
Untersuchung  eines  von  zwei  concentrischen  Kugelflächen  eingeschlossenen 
Körpers  hinsichtlich  seiner  Temperatur  nur  ein  specieller  Fall  derjenigen 
ist ,  welche  sich  auf  einen  von  zwei  excentrischen  Kugelflächen  umschlos- 
senen Körper  bezieht.  Inwiefern  dies  richtig  ist,  soll  zum  Schluss  noch 
dargethan  werden,  indem  gezeigt  wird,  dass  durch  gewisse  Einschrän- 
kungen die  im  §.  3  gefundenen  Formeln  in  die  des  §.  2  übergehen. 

Es  seien  wiederum  p  und  p^  die  beiden  Pole ,  o  ein  variabcler  Punkt, 
so  stellt  die  Gleichung 

4^L  =  Consl. 
op 

ein  System  von  nicht  concentrischen  Kugelflächen  dar  mit  der  gemein- 

schaftlicben  Centrale  ppi.    Lässt  man  den  Punkt  p  in  die  unendliche  Ferne 

fortrücken,    so  wächst  der  Radiusvector  op  bis  ins  Unendliche  und    die 
Gleichung  scheint  ihre  Bedeutung  zu  verlieren.     Multiplicirt  man  jedoch 

vorher  mit  der  Polardistanz  pp^  =  c,  so  wird 

c 

op  .  -=-  =  ConsL 

*    op 

Lässt  man  jetzt  den  Paukt  p  bis  nis  Unendliche  fortrücken,  so  convergirt 

c 
der  Qnoticnt -=r    gegen  den  Werth  =1,   und  die  Gleichung   verwandelt 

op 

sich  in 

op^:s=:  ConsL 

m 

*)  NoumaDn,  Lösang  des  allgemeinen  Problems  u.  s.  w.,  pag.  109. 


514        üebcr  den  Temperaturzustand  etc.    Von  Dr.  Fr08CH. 

Dieselbe  stellt  jetzt  ein  System  von  concontrisclien  Kugelfläclien  dar,  deren 
Mittelpunkte  sämmtlich  mit  p^  zusammenfallen.  Hieraus  zeigt  sich  zugleich, 
inwiefern  die  monopolaren  Coordinaten   in  den  dipolaren  enthalten  sind. 

Da  nämlich  -=^  =  K  oder  op, .   -  =zc  .  K^  so   folgt  op^  oder  r=:c  .  K, 

op  op 

oder  endlich 

ir=-  füre  =  00. 
c 

Während  sich  der  Pol  p  bis  ins  Unendliche  entfernt,  nähert  sich  zu- 
gleich der  Radius vector  op  mehr  und  mehr  der  durch  o  parallel  zur  Cen- 
tralen gezogenen  Geraden,  und  es  geht  demnach  der  Winkel  A,  welchen 

er  mit  dem  andern  Kadiusvector  op^  bildet,  allmählich  in  denjenigen  Win- 
kel w  über,  welchen  der  letztere  mit  der  Centralen  bildet,  so  dass  man  erhält 

A  =  o>. 
Was  endlich  den  Winkel  O  betrifft,  so  bleibt  derselbe  unverändert  und 
ist  ein  und  dasselbe  mit  der  Polarcoordinate  <p,  so  dass 

<^  =  9 
zu  setzen  ist«  Vermittelst  dieser  Substitution  ergiebt  sich,  dass  der  Ausdruck 

cos  Sl  cos  Äj  +  sin  Ä  sin  Ä,  cos  (<2>  —  (P,) 
und   daher  auch  die  Function  Pjo*,  deren  Argument  er  ist,   unverändert 
bleibt,  sofern  an  Stelle  der  dipolaren  Coordinaten  Sl  und  (P  die  monopo- 
laren (0  und  (p  eingesetzt  werden. 

Hinsichtlich   der  Grösse  e  ist ,   da  ^  =3  c .  ^^    gesetzt  werden   kann, 

c 

leicht  einzusehen ,  dass  sie  gegen  den  Werth  =  c  convergirt. 

r 
Setzt  man  zugleich  üf=— ,  so  erhält  man  schliedslich 

c 


n— OD  ^  n— 1      ..  2n+l r.^n+1 


n 

\s    I 


h;  =  2  (2«  + 1)  ;:^  •  ;r2,+i _/»„+!  •  -P- 

11=0  M     "^        's     ^  't 

b;  =  ^£^ (2«  +  1)  -fr,  •  ,)„.K_,;.H..  •  ''.'• . 

mit  Rücksicht  auf  welche  Gleichungen  die  Function  W  gefunden  wird  ans 
der  Relation 

471  Jf ,  =fH;  W,ds  +fHt  Wt  dt. 

Es  ist  augenscheinlich,  dass  diese  Gleichungen  vollständig  mit  denen 
übereinstimmen,  welche  in  No.  14  entwickelt  worden  sind  und  damit  ist  die 
obige  Behauptung  gerechtfertigt. 


Kleinere  Mittheilungen. 


XXm  Zar  Theorie  der  Maximal-  nnd  Minimalwerthe.  Von  Prof. 
Klbinfeller  in  Manchen. 

Eine  Fanction  F(x)^  deren  n  erste  Difierentialqnotienten  für  x-^a 
sHmmtlich  Null  werden,  während  F<"+'>(a)  eine  von  Null  verschiedene 
Grösse  ist,  soll  bekanntlich  für  obengenannten  Werth  der  Variabelen  nur 
dann  ein  Grösstes  oder  Kleinstes  werden  können,  wenn  n  eine  ungerade 
Zahl  ist  Dass  aber  diese  Eigenschaft  keine  vollkommen  allgemeine  ist, 
sondern  nnr  unter  gewissen  weiteren  Bedingungen  stattfinden  kann,  mag 
sunächst  nachfolgendes  Beispiel  darthun. 

Die  zwei  ersten  Differentialquotienten  der  Function  (x  —  a)t,  nämlich 
^(x  —  a)^  und  y  (ar — a)i  werden  offenbar  für  a?  =  a  Null,  während  der 
dritte  Differentialquotient  derselben  für  den  nämlichen  Werth  der  Variabelen 
nicht  Null ,  sondern  unendlich  gross  wird.     Der  bisher  für  allgemein  giltig 

angenommenen  Regel  zufolge  könnte  also  {x  —  a)i  für  x^=a  weder  ein 
Maximum  noch  ein  Minimum  werden ;  und  doch  wird  diese  Function  für 
x^=n  ein  Kleinstes,  da  sie  für  jeden. reellen  Werth  der  Variabelen  positiv 
bleibt  und  für  x  =  a  Null  wird,  also,  während  x  durch  a  hindurchgeht, 
zuerst  abnehmen  und  sodann  wieder  zunehmen  muss.  Vorstehendes  Bei- 
spiel zeigt  wohl  zur  Genüge^  dass  die  im  Eingange  dieses  Artikels  ange- 
führte Regel  nur  unter  gewissen  weiteren  Bedingungen  Giltigkcit  haben 
kann  nnd  werden  die  letzteren  sogleich  klar  werden,  wenn  man  die  BegrÜn- 
dungsweiso  des  fraglichen  Gesetzes  näher  ins  Auge  fasst.  Letzteres  wird 
nämlich  gewöhnlich  mit  Hilfe  der  Gleichung 

bewiesen,  welche  Gleichung  nicht  nur  erfordert,  dass  die  n ersten  Differen- 
tialquotienten von  F{x)  für  ar=a  Null  werden,  sondern  auch  noch  voraus- 
setzt, dass  F(a:)  sammt  seinen  w  +  l  ersten  Differentialquotienten  für  x=n 
keine  Unterbrechung  der  Stetigkeit  erleidet*),  welche  letztere  Bedingung 


*)  Da»8  eine  Function  auch  dann  eine  Untcrbrcchnng  der  Stetigkeit  erleidet, 
wenn  sie  nnendlick  wird,  ist  liier  immer  btillsckweigeud  vorausgesetzt. 

Zciiüolirin  r.  iMalhcmaiik  u.  Physik  XIII,  G.  "^ 


516  Kleinere  Mlttheilangen. 


^^  ^  ^o'^.'^u^*>^x^• 


•  ^^  .^-^   ^.^  - 


in  dieser  Form  genügt,  weil  hier  nur  anendlich  kleine  Werthe  von  h  in  Be- 
tracht kommen.  Ist  also  n  eine  gerade  Zahl  nnd  -F<"+*^(a)  von  Null  ver- 
schieden, so  lehrt  obige  Gleichung  in  der  That,  dass  F  (ö+ä)  —  F  {p)  das 
Vorzeichen  wechseln  muss,  während  h  von  einem  unendlich  kleinen  nega* 
tiven  Werth  zu  einem  unendlich  kleinen  positiven  stetig  übergeht^  und  dass 
mithin  in  diesem  Falle  F{a)  weder  ein  Maximal-  noch  ein  Minimalwerth 
von  F{x)  sein  kann.  Allein  diese  Eigenschaft  gilt  offenbar  nur  dann,  wenn 
/''(n+i)(a;)  für  «  =  a  nicht  unstetig  wird.  Was  im  letzteren  Falle  ge- 
schieht, lehrt  obige  Gleichung  nicht  un^  kann  es  auch  nicht  lehren,  weil  sie 
dann  keine  Giltigkeit  mehr  besitzt. 

Es  ist  nun  der  Hauptzweck  der  nachfolgenden  Untersuchungen ,  dar- 
Buthun,  dass  F{x)  auch  dann  noch  einen  Maximal-  oder  Minimalwerth  für 
x=^a  haben  kann,  wenn  die  2m  ersten  Differentialquotienten  dieser  Func- 
tion für  d:=a  Null  werden,  während  der  (2m-f  1)^«  nicht  Null  ist  für  diesen 
Werth  der  Variabelen;  allein  es  wird  dann  noch  die  weitere  Bedingung 
hinzugefügt  werden  müssen,  dass  ir*<2>"+t>(a;)  für  ;r:=a  unstetig  werden  und, 
während  x  durch  a  hindurchgeht,  das  Vorzeichen  wechseln  muss.  Es  soll 
bei  dieser  Gelegenheit  auch  zugleich  gezeigt  werden,  dass  die  Theorie  vom 
'  Grössten  und  Kleinsten  auch  ohne  Zuziehung  des  Taylor 'sehen  Satzes 
durchgeführt  werden  kann  und  werden  wir  uns  zu  dem  Ende  im  Foigendeo 
lediglich  nur  auf  den  auch  bisher  schon  bei  Begründung  der  ersten  Fnnda- 
mentalsätze  über  Grösstes  und  Kleinstes  gewöhnlich  in  Anwendung  ge- 
brachten bekannten  Satz  stützen,  demzufolge  eine  Function  F{pc)^  so 
lange  sie  stetig  bleibt,  bei  wachsenden  Werthen  der  Variabelen  zu- 
oder  abnehmen  muss,  je  nachdem  F\x)  beziehungsweise  positiv  oder  ne- 
gativ ist. 

Aus  diesem  Satze  ergiebt  sich  bekanntlich  sogleich,  dass,  während  .r 
wachsend  durch  a  hindurchgeht,  F' (x)  vom  Positiven  zum  Negativen  oder 
vom  Negativen  zum  Positiven  übergehen  muss,  je  nachdem  F (x)  für  a:=fl 
beziehungsweise  ein  Maximum  oder  Minimum  wird.  Bleibt  nun  F' {x) 
während  dieses  Zeichenwechsels  fortwährend  stetig,  so  muss  F\a)  Null 
sein  und  F' {x)  nimmt,  während  x  wachsend  durch  a  hindurchgeht,  im 
Falle  eines  Maximums,  stetig  vom  Positiven  zum  Negativen  übergehend, 
fortwährend  ab,  so  dass  F" (x)  als  erster  Differentialquotient  einer  im  Ab- 
nehmen begriffenen  Function  für  ic=a_+ 6  negativ  sein  muss,  wobei  nicht 
nur  hier,  sondern  auch  im  Folgenden  unter  d  stets  eine  gegen  Null  conver- 
girende  Grösse  zu  verstehen  ist.  Wäre  dagegen,  während  immer  noch 
F'(a)=0,  F{a)  ein  Minimalwerth  von  F(x)^  so  würde  /"(o:),  stetig  vom 
Negativen  zum  Positiven  übergehend,  zunehmen,  während  x  durch  a  hin- 
durchgeht und  /"'(ic)  müsste  daher  für  a;=«  positiv  sein. 

Nehmen  wir  nun  an,  F' (^ci)  sei  nicht  Null,  so  müsste  F\x)^  um  — 
während  x  durch  a  hindurchgeht  —  das  Vorzeichen  wechseln  zu  können 
für  x=a  unstetig  werden.     Fassen  wir  dabei  speciell  den  Fall  ins  Auge, 


Kleinere  Mittheilungen.  517 

wenn  F'(a)  =  +  oo,  so  wird  sich  in  BezieliaDg  auf  das  Vorzeicben  von  ^"(a) 
gerade  das  entgegengesetzte  Gesetz  ergeben,  als  dort,  wo  F'(a)  ==  0. 

I.  F'' {a)  wird  nämlich  positiv  oder  negativ,  je  nachdem 
F  (a)  ein  grösster  oder  kleinster  Werth  von  F  {x)  ist, 
wenn  zugleich  F'  (a)  =  -{•  oo  .  ' 

Dieses  meines  Wissens  bis  jetzt  unbekannt  gebliebene  Gesetz  wird 
ganz  in  derselben  Weise  bewiesen,  wie  das  vorhergehende.  Erlangt  näm- 
lich F(x)  ftlr  ar  =  a  einen  Maximalwerth  und  ist  zugleich  F'  (a)  =  +  oo  , 
so  muBß  F\x)y  um  vom  Positiven  zum  Negativen  übergehen  zu  können, 
während  x  durch  a  hindurchgeht,  zuerst  bis  +  oo  zugenommen  haben ,  so- 
dann bei  x  =  a  auf —  00  Überspringen  und  hierauf  einem  endlichen  ne- 
gativen Werth  sich  nähern,  also  wieder  zunehmen.  Da  nun  F' (x)  zu- 
nimmt, wenn  x  wachsend  der  Grösse  a  sich  nähert,  und  abnimmt, 
wenn  x  abnehmend  sich  r«  nähert,  so  muss  offenbar  ^"(^ih')  positiv 
sein.  F"(a)  selbst  wird  also  +  c^  i  ^cil  F' (ja)  unepdlich  gross  ist  und 
F'(x^  der  Voraussetzung  zufolge  in  unmittelbarer  Nähe  von  x  =  a  keine 
weitere  Unterbrechung  der  Stetigkeit  erleiden  soll. 

Eine  ähnliche  Betrachtung  zeigt,  dass,  falls  F(a)  ein  Minimalwerth 
von  F(x)  ist  und  -^'(a)  =  +  oo  ?  F\x^  zuerst  bis  —  oo  abnehmen, 
hierauf  zu  +  oo  Überspringen  und  alsdann  wieder  abnehmen  muss,  wäh- 
rend X  durch  a  hindurchgeht.  Da  hier  F'  {x)  stets  abnimmt,  so  ist  F"  (a  +  6) 
negativ  und  F"(a)  =  —  oo  . 

Nachdem  wir  erk&nnt,*  wie  aus  dem  Vorzeichen  von  F''  (a)  nicht  nur 
wenn  F'(ö)  =  0,  sondern  auch  wenn  -^' («)  =  +.  oo  auf  die  Existenz  eines 
Maximal-  oder  Minimalwerthes  von  F  {x)  geschlossen  werden  kann,  wenden 
wir  uns  wieder  dem  Falle  zu,  wenn  i^'(a)=0,  und  nehmen  an,  es  sei 
auch  A'"  (a)  =  0,  während  noch  immer  F(x)  durch  .r  =  «  zu  einem  Grössten 
oder  Kleinsten  wird.  Nehmen  wir  zunächst  an,  F(a)  sei  ein  Maximalwerth 
von  F(^x),  so  ist  F''  {a+_6)  negativ,  und  da  F''  (a)  =  0,  so  muss  F''(a  +  3), 
als  Function  von  ö  betrachtet,  zuerst  zunehmen,  während  6  von  einem 
unendlich  kleinen  negativen  Werth  an  bis  Null  geht  und  sodann,  während 
6  von  Null  an  bis  zu  einem  unendlich  kleinen  positiven  Werth  hin  zunimmt, 
wieder  abnehmen.  F"{x)  besitzt  also  für  xz=za  ebenfalls  einen  Maximal- 
werth. Aehnlich  erkennt  man ,  dass,  F'(a)  =  0,  ^"(<i)=Ound  F{a)  als 
Minimalwerth  vorausgesetzt,  F*'  {x)  für  ar  =  a  ebenfalls  ein  Minimum  wer- 
den musS|  da  in  diesem  Falle  F(a  ^6)  positiv  ist,  F"  {x)  also,  während  x 
durch  a  hindurchgeht,  von  einem  positiven  Werth  an  bis  zu  Null  herab- 
sinken und  sodann  wieder  zu  einem  positiven  Werth  heranwachsen  muss. 

II.  Wird  also  F{x)  für.'r  =  a  ein  Maximum  oder  Minimum, 
ist  /"(rt)  =0  =  /"' (^),  unterbrechen  forner  /^(a:)  ,  /*' (or), 
F"{x)  für  «  =  a  ihre  Stetigkeit  nicht,  so  wird  zugleich 


518  Kleinere  Mittheilangen. 


-^^j^--^  ^^ ^  *> ^  /■  Ä.^-^-»' / 


mit  F(x)  ftucb  /*  {x)  beziehungsweise  ein  Maximnm  oder 
Minimum  für  a:  =  a. 

Hieraus  crgiebt  sich  sogleich,  dass  unter  den  sub  11  gemachten  Vor- 
aussetzungen der  erste  Difierentialqnotient  von  F"  {x)^  nftmlich  F"'  (x)^ 
während  x  durch  a  hindurchgeht,  vom  Positiven  zum  Negativen  oder  vom 
Negativen  zum  Positiven  übergehen  muss,  je  nachdem  F"  (x)  oder,  was 
das8eil>e  ist,  F{x)  färx^^a  ein  Orösstes  oder  Kleinstes  wird.  Findet 
dieser  Uebergang  in  unstetiger  Weise  statt  und  wird  dabei  speciell  F"'  (a) 
=  +  00  ,  so  wird  F^{a)  ebenfalls  unendlich,  und  zwar  entschieden  +  oo  , 
wenn  F(a)  ein  Maximalwerth  und  —  oo  ,  wenn  F(a)  ein  Minimalwerth  ist, 
wie  unmittelbar  ans  I  zu  erkennen  ist.  Bleibt  dagegen  F"'  (x)  stetig, 
während  x  durch  a  hindurchgeht,  so  ist  F"'(a)  =  0  und  das  Vorzeichen 
von  F'^  (a)  zeigt,  je  nachdem  es  +  oder  —  ist,  an,  ob  F(^a)  beziehungsweise 
ein  Minimal-  oder  Maximalwerth  ist.  Sollte  jedoch  F^  (x)  fuxx==a  Null 
sein  und  stetig  bleiben,  so  ergiebt  sich  unmittelbar  ans  IT,  dass  F*^(^),  als 
zweiter  Differentialquotieut  von  F"  (x)^  mit  dieser  letztgenannten  Function 
und  also  auch  mit  F(x)  zugleich  für  x  =  a  beziehungsweise  einen  Maximal- 
oder  Minimalwerth  besitzen  muss.  F^(^a)  und  F^(<i)  würden  sodann  denr 
selben  Gesetzen  genügen  müssen ,  welche  vorher  in  Beziehung  auf  F'^'  (a) 
und  F^^  (a)  ausgesprochen  wurden;  wäre  also  F^(a)=0=/'^(a),  so  würde 
auch  F^  (x)  durch  x  =  a  zugleich  mit  F(x)^  F"  {^)  und  F^^  (pc)  zu  einem 
Maximum,  beziehungsweise  Minimum  gemacht  werden. 

Die  vorstehenden  Betrachtungen  verallgemeinert,  ergeben  zunächst 
folgende  Eigenschaft  der  Functionen :  ^ 

m.  Bleibt  die  Function  F(.v)  sammt  ihren  w  ersten  Diffe  reu - 
tialquotienten  für  x^=a  stetig,  werden  dicseDifferon- 
tialquotientenfürdengenanntenWerth  dcrVariabelcu 
sämmtlich  gleich  Null,  ist  endlich  2r  eine  ganze  Zahl 
und  nicht  grösser  als  n,  so  erlangt  F<2''>(.r)  für  x^=ia 
einen  grössten  oder  kleinsten  Worth,  wenn  F(rt)  be- 
ziehungsweise ein  Maximal-  oder  Minimalwerth  von 
F{x)  ist. 

Da  vorstehender  Ratz  den  eigentlichen  Kern  gegenwärtiger  Unter- 
suchung bildet;  so  dürfte  es  nicht  ungeeignet  erscheinen,  denselben  vor 
Uebergang  zum  8chlussresultat  unabhängig  von  den  obigen  Betrachtungen 
mit  einem  Schlage  ganz  allgemein  zu  beweisen.  Wir  stützen  uns  dabei  auf 
die  bekannte  Gleichung 

f(«  +  A)  =  F(ö>+*F'(a)  +  j^F"  («)  +  ... 

•••  +  r^r^~r- ^  f<"-"(n)H — F(»»(«+  0Ä), 

^  1.2.3... (w—l)  ^''^1.2.3...»         *    ^       " 

wfilclic  unter  Voraussetzung  eines  unendlich  kleinen  Wcrthes  von  h  immer 


Kleinere  Mittheilungen.  519 


giltig  bleibt,  wenn  die  Function  F{x)  sammt  ihren  n  ersten  Differential- 
qnotienteh  für  x=^a  nicht  unstetig  wird.  Angenouimen,  diese  Bedingung 
sei  erfüllt,  es  seien  ferner  F'  («),  F''  («)...  /'<"*  ('/)  säramtlich  gleich  Null, 
80  kann  man  offenbar  in  obiger  Gleichung  statt  n  auch  irgend  eine  der 
ganzen  Zahlen  von  1  bis  n  setzen.  Wählen  wir  nun  die  gerade  Zahl 
2r<  II,  so  reducirt  sich  obige  Gleichung  auf 

Lässt  man  in  dieser  Gleichung  h  von  einem  unendlich  kleinen  negativen 
zu  einem  unendlich  kleinen  positiven  Werth  übergehen,  so  bleibt  dabei 
F(a  +  h)  —  F (a)  im  Falle  eines  Maximums  der  Function  F{x)  für  x=a 
immer  negativ,  im  Falle  eines  Minimums  dagegen  stets  positiv,  und  da  A^** 
\|nmer  positiv  ist,  F^''  («  +  ö/r)  daher  fortwährend  dasselbe  Vorzeichen  wie 
F(a  +  2)  — F(a)  besitzt,  so  bleibt  F^^''^  {a  +  0 h) ,  während  h  durch  Null 
hindurchgeht,  stets  negativ,  wenn  F(a)  ein  Maximalwerth  von  F{x)  ist, 
stets  positiv  dagegen,  wenn  F(a)  mn  Minimalwerth  ist.  Da  nun  F^^'^^  (a) 
=0,  80  muss  F^^''^(a'\-dh)j  als  Function  von  h  betrachte^  während  h  durch 
Null  hindurchgeht,  zuerst  von  einem  negativen  Werth  an  bis  zu  Null  zu- 
und  sodann  wieder  bis  zu  einem  negativen  Werth  hin  abnehmen^  für  x  =  a 
also  einen  Maximalwerth  erreichen,  wenn  F(a)  ein  solcher  in  Beziehung 
auf  F(x)  ist.  Wird  F{x)  dagegen  durch  a?=a  zu  einem  Minimum,  so  nimmt 
F<^'')(rj  +  ÖÄ),  während  A  wachsend  durch  Null  hindurchgeht,  von  einem 
positiven  Werth  bis  zu  Null  hin  ab,  von  da  an  sodann  wieder  bis  zu  einem 
positiven  Werth  hin  zu,  erreicht  demnach  für  /t  =  0  einen  Minimalwerth. 
Man  erkennt  also,  dass  unter  gegenwärtigen  Voraussetzungen  F^^^^a  -f-  dh) 
für  A  =  0  oder,  was  dasselbe  ist,  F<*'''(a:)  für  a:  =  a  mit  F(ii')  zugleich  be- 
ziehungsweise einen  Maximal-  oder  Minimalwerth  annimmt. 

Durch  geeignete  Verbindung  der  im  Vorigen  gewonnenen  Resultate 
ergiebt  sich  nun  nachstehendes  Schlussresultat,  in  welchem  jedoch  die 
schon  früher  bekannten  Eigenschaften  der  Maximal-  und  Minimalwerthe 
nicht  mehr  näher  berührt  werden  sollen. 

IV.  Wird  für  x  =  a  eine  Function  F(x)  sammt  ihren  2m 
ersten  Differentialquotienten  nicht  unstetig,  werden 
genannte  Differentialquotienten  für  diesen  Werth 
der  Variabelen  sämmtlich  gleich  Null  und  erlangt  F{x) 
für  eben  denselben  Werth  von  x  einen  grössten  oder 
kleinsten  Werth,  so  wird  auch  F^^''^(x)  für  x=za  bezie- 
hungsweise ein  Grösstes  oder  Kleinstes  und  es  muss 
daher,  während  x  durch  a  hindurchgeht^  fi^^'h^)  (x) 
vom  Positiven  zum  Negativen  oder  vom  Negativen 
zum  Positiven  übergehen,  je  nachdem  F(a)  bezieh ungs* 
weise   ein   Maximal-   oder   Minimalwerth  von  F(.r)  ist. 


520  Kleinere  Mittheilangen. 


Wird  daher/^^^  +  ^^a)  nicht  gleich  Null,  rfomii88/<*-+*>(«) 
für  a:  =  a  eine  Unterbrechung  der  Stetigkeit  erleiden, 
um,  während  die  Variabele  durch  diesen  Werth  hin- 
durchgeht, sein  Vorzeichen  wechseln  zu  können. 
Sollte  dabei  Ft2'»  +  *>(a)=+ oo  werden,  so  wird  F<2»+2)(«) 
gleich +  <30  oder  —  00  ,  je  nachdem  beziehungsweise  F(ay 
ein  Maximal-  oder  Minimalwerth  ist. 

Es  bedarf  wohl  schliesslich  kaum  noch  der  Erwähnung,  dass  durch  die 
umgekehrte  Reibe  von  Schlüssen  leicht  dargethan  werden  kann,  wie  eine 
auf  obige  Eigenschaften  der  Function  basirte  Regel  zur  Aufsuchung  von 
Maximal-  und  Minimai werthen  in  der  That  auch  immer  ihren  Zweck 
erreichen  muss. 

Die  betreffende  Regel  Hesse  sich  übrigens  in  Verbindung  mit  dem  bis 
zu  I  Mitgetheilten  kurz  folgetidermassen  in  Worte  kleiden : 

V.  Um  die  Werthe  der  Variabelen  zu  finden,  welche 
eine  gegebene  Function /(ar),  deren  n  erste  Differen- 
tialquotienten für  a:=  a  Null  sind  undzugleich  stetig 
bleiben,  zu  einem  Maximum  oder  Minimum  machen, 
braucht  man  nurdieWerthe  zu  bestimmen,  für  welche, 
wenn*  n  gerade  ist,  F<")(a:)  und,  wenn  n  ungerade  ist, 
f(n— i)(a:)  beziehungsweise  ein  Grösstes  oder  Klein- 
stes wird. 

Aus  den  vorangegangenen  Entwickelungen  ergiebt  sich  auch  offenbar 
nachstehende  Wahrheit : 

VI.  Sind  die  /t  ersten  Differentialquotienten  einerFunc- 
tion  F(x)  für  a:  =  a  sämmtlich  Null  und  zugleich  ste- 
tig, ist  jedoch  F^''  +  *^(a)  von  Null  verschieden,  so  be- 
sitzt F(x)  für  x=a  weder  einen  Maximal-  noch  einen 
Minimalwerth;  wenn  bei  einem  ungeraden  n  die  Func- 
tion Z'^^+^^Ca:),  während  a:  durch  a  hindurchgeht,  unter 
Aenderung  des  Vorzeichens  unstetig  wird,  bei  einem 
geraden  n  dagegen  F^'*'^^^{a)  entschieden  positiv  oder 
negativ  ist,  einerlei,  ob  dabei  F^'"^^^(x)  für  x  =  a  ste- 
tig bleibt,    oder  unstetig,  z.  B.  unendlich  gross  wird. 

Für  ein  ungerades  n  würde  sich  das  soeben  erwähnte  Gesetz  auch 
aus  nachstehendem  Satze  ergeben,  dessen  Beweis  entweder  analog  der 
im  Obigen  mitgetheilten  Begründung  der  Lehre  vom  Grössten  und  Kleinsten 
oder  auch  unmittelbar  mit  Hilfe  der  Gleichung 

^(.  +  ,)  _  roo  =  1X3-9^)  ^"""'"  ^^  +  ^'^ 

geführt  werden  kann. 


Kleinere  Mittheilungen.  521 


r^^w^^^\iA/v«y,/'^  ^^w'  ^^^.l<<•^^^ly^^v^^/s^<|^^|^v.^^^^^^A«^^^M/v>y\^^^i/>.^^^v^^4 


VH.  Sind  die  n. ersten  Differentialquotienten  von  F(^x)  fUr 
xs=ia  sämmtlich  Null  und  zugleich  stetig,  ist  ferner 
F(a)  weder  ein  Maximal-  noch  ein  Minimalwcrth  von 
F(x)^  so  ist,  wenn  2m-|-l  eine  ganze  Zahl  <ft  bedeutet, 
F<2«+i)(a)einMinimal- oder  Max  imalwerth  von  A^t^^+^^Co;), 
je  nachdem,  während  0?  durch  a  hindurchgeht,  ^(o:)  be- 
ziehungsweise zu-  oder  abnimmt. 


XnV.  ITeber  Curvenbttndel  dritter  Ordnung.  Von  Prof.  Tn.  Rete  in 
Zürich. 

Die  Eigenschaften  der  Raumcurven  TU.  Ordnung  sind  bekanntlich 
denjenigen  der  Kegelschnitte  in  mancher  Hinsicht  analog.  So  z.  B.  wird 
ein  Kegelschnitt  aus  je  zwei  seiner  Punkte  durch  projectiviscbe  Strahlen- 
1)ti8chel  projicirt;  eine  Raumcurve  III.  Ordnung  dagegen  ans  je  zwei  ihrer 
Secanten  durch  projectiviscbe  Ebenenbtischel ,  und  zugleich  wird  ihr  Se- 
cantensystem  aus  je  zwei  ihrer  Punkte  durch  collineare  Ebenenbündel 
projicirt.  Die  Tangenten  eines  Kegelschnittes  können  durch  zwei  projecti- 
viscbe gerade  Gebilde  erzeugt  werden;  ebenso  die  Schmiägungsebenen 
einer  Raumcurve  III.  Ordnung  durch  drei  projectiviscbe  Gerade  oder  auch 
durch  zwei  collineare  Ebenen,  welche  letzteren  zugleich  alle  Tangenten 
und  Axen  der  Raumcurve  (d.  h.  die  Schnittlinien  ihrer  Schmiegungsebenen) 
erseugen.  Durch  einen  Kegelschnitt  ist  ein  ebenes  Polarsystem  bestimmt, 
In  welchem  jeder  Tangente  ihr  Berührungspunkt  und  überhaupt  jeder 
Geraden  ein  Punkt  zugeordnet  ist;  andererseits  ist  durch  eine  Raumcurve 
III.  Ordnung  ein  Nullsystem  bestimmt,  in  welchem  jede  Scbmiegungsebene 
Ihrem  Berührungspunkte,  jede  Tangente  sich  selbst,  und  überhaupt  jede 
£bene  einem  in  ihr  liegenden  Punkte^  sowie  jede  Gerade  einer  Geraden 
zugeordnet  ist*). 

Für  einen  wichtigen  Abschnitt  der  Kegelschnittslehre  ist  jedoch  ein 
Analogen  bei  den  Raumcurven  III.  Ordnung  bisher  nicht  gefunden  worden, 
nämlich  für  die  Lehre  von  den  Kegelschnittsbüscheln.  Alle  Kegelschnitte, 
die  durch  vier  reelle  oder  imaginäre  Punkte  einer  Ebene  gelegt  werden 
können,  bilden  einen  solchen  Büschel,  dessen  Haupteigenschaften  folgende 
sind.  Von  einer  beliebigen  Geraden  werden  die  Kegelschnitte  in  den 
Punktenpaaren  eines  involutorischen  geraden  Gebildes  geschnitten ;  dagegen 
werden  zwei  Gerade,  welche  durch  je  einen  gemeinschaftlichen  Punkt  der 
Kegelschnitte  gehen,  durch  den  Büschel  in  projecti vischen  Punktreihen 
geschnitten.     Die  Polaren  eines  beliebigen  Punktes  der  Ebene  in  Bezug 


*)  Bezüglich  der  hier  angeführten  and  weiterhin  hcnntzten  Satte  Tcrwcisc  ich 
auf  meine  „Qeometrie  der  Lag^e*',  II.  Abth.  p.  68 — 88. 


522  Kleinere  Mittheihingen. 

auf  die  Kegelschnitte  gehen  sümmtlich  durch  einen. Punkt,  und  die- Pole 
einer  Gei-aden  der  Ebene  liegen  anf  einem  Kegelschnitt.  Zn  einigen  dieser 
Sätze  die  analogen  für  die  Raumcurven  IIL  Ordnung  aufzustellen  und  zu 
beweisen,  ist  die  Aufgabe  der  vorliegenden  Arbeit. 

1.  Die  Gesammtheit  aller  Kaumcunren  in.  Ordnung,  welche  durch 
fünf  gegebene  Punkte  5,  T,  ü,  V,  W  hindurchgehen,  nenne  ich  einen 
Curvenbttndel  III.  Ordnung;  man  kann  denselben  als  das  Analogon 
des  Kegelschnittsbüscbels  ansehen.  Die  fünf  gemeinschaftlichen  Punkte  der 
Raumcurven  sollen  die  Knotenpunkte  des  Curvenbündels  genannt  wer- 
den; zwei  oder  vier  derselben  können  imaginär  sein;  auch  können  sie  paar- 
weise zusammenfallen,  wobei  die  Verbindungslinie  eines  solchen  Paares  zu 
einer  gemeinschaftlichen  l'angente  der  Kaumcurven  wird.  Ich  mache  Über 
die  Knotenpunkte  nur  die  Annahme,  dass  keine  vier  derselben  in  einer 
Ebene  liegen.  Mit  Ar^,  Ar^',  k^  werde  ich  einzelne  Curven  des  Bündels,  mit 
/r*,  Ati'  aber  Kegelschuitte  und  mit  F\  F^  Flächen  II.  Ordnung  bezeichnen. 

2.  Durch  einen  beliebigen  Punkt  P  des  Raumes  geht  im 
Allgemeinen  eine  einzige  Curve  A^  des  Bündels.  Dieselbe  wird 
aus  jedem  ihrer  Punkte  durch  eine  Kegelfläche  II.  Ordnung  projicirt  und 
iät  als  Schnittlinie  von  zwei  solchen  Kegclflächen  leicht  zu  construiren. 
Liegt  insbesondere  P  mit  drei  Knotenpunkten  in  einer  Ebene,  so  zerfUlt 
k^  in  die  Verbindungslinie  u  der  letzten  beiden  Knotenpunkte  und  den- 
jenigen Kegelschnitt  f^^  welcher  P  mit  den  drei  ersten  Knotenpunkten  und 
einem  Punkte  von  n  verbindet.  Nur  durch  diejenigen  Punkte,  welche  mit 
zwei  Knotenpunkten  in  einer  Geraden  u  liegen,  können  mehr  als  eine, 
nämlich  unendlich  viele  1^  gelegt  werden;  jede  derselben  zerfälljt  in  die 
Gerade  u  und  einen  Ar',  welche  durch  die  übrigen  drei  Knotenpunkt«  geht 
und  die  //  schneidet. 

3.  Zwei  Curven  l^  und  k^  des  Bündels  können  allemal 
durch  eine  geradlinige  F*  verbunden  werden-  Ziehen  wir  nämlich 
von  irgend  zwei  Punkten  der  Ar*  Secanten  an  k^  und  verbinden  wir  die- 
selben mit  k^  durch  eine  /"',  so  geht  diese  auch  durch  1^'^  denn  sie  hat 
mit  1^  mehr  als  sechs  Punkte  gemein.  Diese  F^  ist  entweder  eine 
Kegelfläche  mit  einem  der  fünf  Knotenpunkte  als  Mittel- 
punkt, oder  eine  Regel  fläche,  und  im  letzteren  Falle  bestehen 
ihre  beiden  Regeischaaren  aus  Secanten  von  je  einer  der  Cur- 
ven l^  und  k^.  Dass  nämlich  nicht  eine  dieser  Regeischaaren  aus  gemein- 
schaftlichen Secanten  von  Ifi  und  k^  bestehen  kann,  folgt  aus  dem  Satze: 
Jede  Gerade  5,  welche  mit  keinen  zwei  Knotenpunkten  in 
einer  Ebene  liegt,  ist  Secante  von  einer  einzigen  CurveAc^  des 
Bündels.  Diese  1^  wird  aus  s  und  beliebigen  zwei  von  den  zehn  Verbin- 
dungslinien der  Knotenpunkte  durch  drei  projectivische  Ebenenbüschel 
projicirt,  und  ist  völlig  bestimmt,  weil  die  projectivische  Verwandtschaft 
dieser  Büschel  schon  durch  die  fünf  Knotenpunkte  festgestellt  wird. 


Kleinere  Mittheilungen.  523 


4.  Von  einer  beliebigen  Ebene  9,  die  durch  keinen  der 
fünf  Knotenpunkte  hindurchgeht,  werden  die  Curven  des 
Bttndels  III.  Ordnung  in  Polardreiecken  eines  ebenen  Polar- 
system es  geschnitten.  Jede  Gerade  a  von  9  ist  Secante  von  einer 
einzigen  /fi  und  kann  dem  Punkte  A  zugeordnet  werden,  in  welchem  Ifl  von 
q>  ausserhalb  a  geschnitten  wird.  Umgekehrt  finden  wir  zu  A  die  zugeord- 
nete Gerade  a,  indem  wir  durch  A  eine  k^  legen  und  in  g>  deren  nicht  durch 
A  gehende  Secante  aufsuchen.  Um  den  obigen  Satz  zu  beweisen,  haben 
wir  nur  noch  zu  zeigen,  dass  a  sich  um  einen  Punkt  ß  dreht,  wenn  A  die 
zu  B  zugeordnete  Gerade  b  beschreibt.  Dieses  folgt  aber  aus  3.  Denn  die 
beiden  durch  A  und  B  gehenden  Curven  A:«^  und  Ar»^  des  Bündels  können 
durch  eine  F*  verbunden  werden ,  welche  alle  von  den  Punkten  der  einen 
Curve  an  die  andere  gezogenen  Secanten  enthält.  Liegt  nun  A  auf  6,  so 
geht  F*  durch  6  und  durch  diejenige  in  q>  liegende  Secante  a  von  k^\ 
welche  von  b  ausserhalb  A  geschnitten  wird;  und  da  F*  auch  durch  B  geht, 
so  muss  B  auf  a  liegen,  und  der  Satz  ist  bewiesen. 


ö.   Wenn  der  Punkt  A  auf  S  T  liegt ,  so  zerfällt  A:^  in  5  J*  und  einen 

durch  üj  r,  YK  gehenden  und  die  5 T schneidenden  Ar*.  Daraus  folgt:  Die 
zehn  Seitenflächen  des  aus  den  Knotenpunkten  gebildeten 
räumlichen 'Fünfecks  STÜVW  schneiden  das  ebene  Polar- 
system q>  in  Geraden,  deren  Pole  auf  den  gegenüberliegenden 
Kanten  des  Fünfecks  enthalten  sind  Das  Polarsystem  (p  kann 
also  äusserst  leicht  coustruirt  werden.  Dasselbe  ist  auch  in  demjenigen 
räumlichen  Polarsystem  enthalten,  in  welchem  die  Ebene  q>  einem  der  fünf 
Knotenpunkte  zugeordnet  ist  und  die  übrigen  vier  Knotenpunkte  ein 
Poltetraßder  bilden.  —  Diejenigen  Geraden  von  g>,  we^che  durch  ihre  Pole 
hindurchgehen,  umhüllen  bekanntlich  einen  Kegelschnitt,  die  sogenannte 
Ordnungscurve  des  Polarsystemes.  Daraus  folgt:  Die  Ebene  (p  wird 
von  unendlich  vielen  Curven  des  Bündels  berührt,  und  zwar 
in  den  Punkten  eines  Kegelschnittes,  der  aber  auch  imaginär  sein 
kann. 

6.  Jeder  Strahl  /  des  Knotenpunktes  S  wird  von  einer  einzigen  Ifi  des 
Bündels  berührt,  weil  eine  Kaumcurve  III.  Ordnung  bestimmt  ist  durch 
fünf  Punkte  und  die  Tangente  von  einem  derselben.  Andererseits  ist 
jeder  Strahl  b  des  Raumes  Secante  einer  einzigen  A^,  wenn  8  mit  keinen 
zwei  Knotenpunkten  in  einer  Ebene  liegt.  Ich  behaupte  nun:  Ist  i?  eine 
durch  den  Knotenpunkt  S  gehende  Ebene,  und  wird  jedem 
Strahle  s  von  i^ein  Strahl  /  von  S  zugewiesen,  so  dass /die- 
jenige A^  berührt,  von  welcher  5  eine  Secante  ist,  so  ist  dadurch 
die  Ebeue  ^reciprok  auf  den  Strahlenbündel  6' bezogen.  Oder 
mit  anderen  Worten:  wenn  s  sich  in  £  um  einen  Punkt  P  dreht,  so  be- 
schreibt zugleich  der  entsprechende   Strahl  (  von  ^S'  eine  Ebeue.  —  Zum 


524  Kleinere  Mittheilangen« 

Beweise  legen  wir  durch  P  eine  Curve  kp^  des  Bündels  nnd  bezeichnen  mit 
Q  deren  dritten,  von  P  und  S  verschiedenen  Schnittpunkt  mit  2?,  sowie  mit 
n  diejenige  durch  Q  gelegte  Ebene,  welche  in  ^S^  die  kp^  berührt.  Jede 
andere  /r^,  welche  von  n  in  S  berührt  wird  und  deren  Tangente  i  also  in 
9s  liegt ,  kann  mit  kp^  durch  eine  F*  verbunden  werden.  Und  weil  n  die 
Curven  k^  und  kp^  in  S  berührt  und  zugleich  die  k^^  in  Q  schneidet«  so  wird 

auch  F^  von  n  im  Punkte  ^S^  berührt  und  in  der  Geraden  SQ  geschnitten. 
Folglich  wird  F*  auch  von  £  in  zwei  Geraden  geschnitten ,  von  denen  die 

eine  SQ  Secante  von  kp^  ist,  und  die  andere  s  durch  den  gemeinschaftlichen 
Punkt  P  von  kp^  und  £  gehen  und  eine  Secante  von  Ifi  sein  muss  (8). 
Jeder  in  n  liegenden  Geraden  /  von  S  entspricht  also  wirklich  eine*  durch 
P  gehende  Gerade  s  von  üy  und  unser  Satz  ist  bewiesen. 

7.  Die  reciproke  Verwandtschaft,  welche  so  durch  den  Curvenbündel 
zwischen  dem  Strahlenbündel  S  und  der  Ebene  £  hergestellt  wird,  ist  durch 
das  Tetrafeder  TU  VW  der  übrigen  vier  Knotenpunkte  völlig  bestimmt 
Denn  jedem  Punkte,  in  welchem^ von  einer  Kante  des  Tetraeders  ge- 
schnitten wird,  entspricht  die  Ebene,  durch  welche  aus  5  die  gegenüber- 
liegende Kante  projicirt  wird.  Auch  sind  der  Strahlenbündel  5  und  die  ihm 
reciproke  Ebene  £  zugeordnete  Gebilde  eines  Polarsystemes ,  von  welchem 
TU  VW  ein  Poltetracder  ist«  Die  Ordnnngsfläche  dieses  PolaSnsystemes  wird 
von  £m  S  berührt  und  kann  mit  £  zwei  Gerade  gemein  haben.  Dieselben 
fallen  zusammen  mit  den  entsprechenden  Strahlen  des  Bündels  ^S^  und  sind 
wie  man  leicht  erkennt,  Tangenten  von  zwei  Curven  A:^,  welchen  die  Ebene 
£  im  Punkte  S  sich  anschmiegt. 

8.  Werden  durch  einen  Knotenpunkt  S  zwei  Ebenen  £ 
und  £i  gelegt,  und  je  zwei  nicht  durch  S  gehende  Gerade  s 
und  s,  derselben  einander  zugewiesen,  welche  von  einer  und 
derselben  k^  des  Bündels  Secanten  sind,  so  werden  dadurch 
die  Ebenen  £  und  £i  collinear  auf  einander  bezogen;  denn 
sie  sind  beide  reciprok  zu  dem  Tangentenbündel  S. 

9.  Wenn  eine  Gerade  tv  durch  einen  Knotenpunkt  IVgeht, 
so  ist  sie  Secante  von  unendlich  vielen  A^  Dieselben  lie- 
gen auf  der  Kegelfläche  IL  Ordnung,  welche  durch  die  fünf 

Strahlen  w,  WS,  WT,  wJj,  »VT  gelegt  werden  kann,  und  wer- 
den von  den  Strahlen  dieser  Kegelfläche  in  projectivischen 
geraden  Gebilden  geschnitten.  Denn  sie  werden  aus  jedem  anderen 
Knotenpunkte  S  durch  einen  Büschel  von  Kegelflächen  II.  Ordnung  pro- 
jicirt, von  welchem  die  genannten  geraden  Gebilde  Schnitte  sind.    Die  von 

S  W  verschiedenen  Strahlen  dieser  Kegelflächen,  welche  die  Kegelfläche  W 
(wSTUV)  berühren ;  sind  bekanntlich  die  Tangenten  der  Curven  Ar*  im 
Punkte  5;  also:  *Die  Tangenten  aller  dieser  A:*  in  einem  ande- 
ren  Knotenpunkte  S  bilden   einen    Strahlenbüschel,    dessen 


Kleinere  Mittheilungeo.  525 

BbenedieKegelfUche  W  (wSTUV)  IL  Ordnung  im  StrahleS^ 
nerfihrt  und  welcher  zu  den  vorhin  erwähnten  geraden  Gebil- 
len  projectiviBcb  ist. 

10.  Wenn  man  je  zwei  solche  Strahlen  der  Knotenpunkte  S  und  T 
einander  zuweist,  welche  eine  und  dieselbe  k^  berühren,  so  entspricht  also 
jedem  Strahlenbüsehel  von  5,  dessen  Ebene  durch  einen  dritten  Knoten- 
punkt l^j  V  oder  l]  hindurchgeht,  ein  projectivischer  Strahlenbüschel  in  J, 
deasen  Ebene  gleichfalls  durch  resp.  W^  V  oder  ü  geht.     Aber  auch  die 

Bbenenbttschel  5^  und  T£^  (oder  ^T und  TV)  sind  dadurch  projectivisch 
ittf  einander  bezogen;  denn  sie  schneiden  zwei  homologe  Ebenen   der 

Büschel  5  rr  und  7"^  in  projectivischen  Strahlenbüscheln.  Daraus  folgt 
aber*):  Werden  je  zwei  solche  Strahlen  derKnotenpunkteS»und 
T  einander  zugewiesen,  welche  eine  und  dieselbe  Curve  des 
Bündels  berühren,  so  wird  dadurch  zwischen  den  Strahlen- 
bündeln S  und  T  eine  geometrische  Verwandtschaft  zweiten 
Grades  hergestellt;  d.  h.  jedem  Strahlenbüschel  von  S  (oder  T)  ent- 
spricht im  Allgemeinen  in  T  (resp.  5)  eine  zu  ihm  projectivische  Kegelfläche 
II.  Ordnung,  welche  durch  die  übrigen  drei  Knotenpunkte  hindurchgeht. 

11.  Werden  durch  die  Knotenpunkte  S  und  T  die  resp. 
Ebenen  Z  und  Zx  gelegt  und  je  zwei  nicht  durch  S  oder  T 
gehende  Strahlen  derselben  einander  zugewiesen,  welche 
von  einer  und  derselben  k^  des  Bündels  Secanten  sind^  so  ist 
dadurch  zwischen  Zund^i  eine  geometrische  Verwandtschaft 
zweiten  Orades  hergestellt;  d.  h.  jedem  Strahlenbüschel  der  einen 
Ebene  entsprechen  im  Allgemeinen  die  Tangenten  eines  Kegelschnittes 
in  der  anderen  Ebene,  und  alle  solche  Kegelschnitte  sind  einem  bestimmten 
Hauptdreiecke  eingeschrieben.  Der  Beweis  folgt  daraus,  dass  die  Strahlen- 
bündel Sund  r  einander  geometrisch  verwandt  und  den  resp.  Ebenen  Zund 
Zx  reciprok  sind.  Das  Hauptdreieck  von  Z  (oder  Zi)  ist  eine  Projection 
des  Dreieckes  ÜVW  aus  dem  Punkte  T  (resp.  S). 

12.  Die  sämmtlichen  Curven  des  Bündels,  welche  eine  beliebig  ge- 
g^ebene  Gerade  g  schneiden,  liegen  in  einer  Fläche,  welche  ausser  der 
Geraden  g  noch  die  zehn  Verbindungslinien  der  Knotenpunkte  enthält  und 
zweimal  durch  diejenige  k^  geht,  von  welcher  g  eine  Secante  ist.  Mit  jeder 
Verbindungsebene  von  drei  Knotenpunkten  hat  die  Fläche  drei  Gerade  und 
einen  Kegelschnitt  gemein  (2);  sie  ist  deshalb  von  der  fünften  Ordnung, 
Liegt  g  mit  zwei  Knoteppunkten  iS,  T  in  einer  Ebene,  so  zerfällt  die  Fläche 

in  die  Eben©  ÜVW  und  eine  Fläche  vierter  Ordnung.    Letztere  geht  zwei- 


*)  Vgl.  ScydcwitB  in  Qrunert'«  Archiv  für  Mathem.  Bd.  7  p.  il3-  148,  sowie 
meinen  Aufsatz  über  die  geometr.  Verwandtschaften  zweiton  Orades  in  der  Zeit- 
schrift f.  Mathem.  Bd.  XI,  p.  207. 


526  Kleinere  Mittheihmgen« 

mal  durch  die  Gerade  S  T  und  wird  von  jeder  durch  S  T  gelegten  Ebene 
ausserdem  in  einem  die  Punkte  S  und  T  enthaltenden  Kegebcbnitt  ge- 
troffen. Nämlich  zwischen  zwei  beliebigen  durch  ST  gehenden 
Ebenen  besteht  eine  geometrische  Verwandtschaft  zw^ten 
Grades,  wenn  je  zwei  von  iSund  T  verschiedene  Punkte  der- 
selben einander  zugewiesen  werden,  die  auf  einer  und  der- 
selben Curve  des  Bündels  liegen;  zwei  Hauptpunkte  der 
Ebenen  fallen  mit  5  und  T  zusammen.  Dieser  Satz  ist  ähnlich  wie 
derjenige  von  Nr.  10  zu  beweisen  mit  Hilfe  von  9;  aus  ihm  folgt,  dass  jeder 
Geraden  g  der  einen  Ebene  ein  durch  S  und  T  gehender  Kegelschnitt  der 
anderen  entspricht. 

13.  Hinsichtlich  einer  k^  ist  bekanntlich  jedem  Punkte  P  des  Raumes  ein 
Punkt  Pi  conjugirt,  d.  h.  P  und  Pf  sind  einander  conjngirt  hinsichtlich  jeder 

durch  k^  gelegten  jP*,  und  die  Gerade  PP^  ist  eine  Secante  der  k\  Die 
sämmtlichen  Punkte  P^,  welche  einem  gegebenen  Punkte  P 
conjugirtsind  hinsichtlich  der  Curven  k^  des  Bündels,  liegen 
in  einer  Fläche  F^  dritter  Ordnung.  Projicirt  man  nämlich  eine  Ir' 
aus  den  Knotenpunkten  durch  Kegelflächen  II.  Ordnung  und  sucht  in 
Bezug  auf  diese  die  Polarebenen  von  P,  so  schneiden  sich  dieselben  in 
einem  Punkte  /^,.  Die  sämmtlichen  k^  werden  aber  aus  jedem  Knoten* 
punkte  (5)  durch  einen  Büschel  von   Kegelflächen  U.  Ordnung  projieirt, 

indem  letztere  sich  in  vier  Strahlen  (ST,  SU,  SV,  S  W)  schneiden  mfls- 
sen ;  die  Polarebenen  von  P  in  Bezug  auf  alle  solche  Kegelflächen  bilden 
also  fänf  Ebenenbüschel,  deren  Axen  5,  /,  u,  v,  w  durch  die  resp.  fänf 
Knotenpunkte  gehen.  Bewegt  sich  nun  k^  auf  einer  Kegelfläche  iC*  zweiter 
Ordnung  mit  dem  Mittelpunkte  S,  so  liegt  Pi  mit  s  in  der  Polarebene  von  P 
in  Bezug  auf  A'*  und  beschreibt  einen  die  Geraden  t,  u,  v,  w  schneidenden 
Kegelschnitt.  Daraus  erkennen  wir,  dass  die  Ebenenbüschel  s,  i,  u,  v,  w  in 
der  von  Herrn  F.  August*)  untersuchten  Weise  doppelt  projectivisch  auf 
einander  bezogen  sind,  also  eine  Fläche  F^  III.  Ordnung  erzeugen.  Auf 
F^  liegen  die  Geraden  s,  t,  u,  v,  w  und  die  zehn  Geraden,  welche  vom  Punkte 
P  durch  je  eine  Kante  und  die  gegenüberliegende  Fläche  des  Fünfecks 
STÜV  W  harmonisch  getrennt  sind,  sowie  die  Tangente  der  durch  P 
gehenden  A:'  im  Punkte  P,  Diese  letztere  k^  wird  aus  P  durch  eine  Kegel- 
fläche II.  Ordnung  projieirt,  deren  sämmtliche  Strahlen  die  F^  in  P  oscu- 
liren  und  welche  sechs  Strahlen  mit  F^  gemein  hat. 

Zürich,  im  Mai  1868. 


*)  F.  August,  Oisquisitiones  de  supttficiebus  tertii  ordinis  (dtss,  inauy, ,   Btro* 
Uni  1862). 


Kleinere  Mittheilnngen.  527 

XX7.  Ein&ohe  lineare  Conttmetion  der  Flächen  zweiter  Ordnnng 
ans  nenn  nnd  ihrer  Dnrchdrin§mng8cnryen  ans  acht  Punkten.  Von  Prof. 
Tu.  Rbyb  in  Zürich. 

Eine  Kaumcnrve  k^  vierter  Ordnung,  in  welcher  zwei  FlSchen  F*  zwei- 
ter Ordnung  sich  schneiden,  ist  bekanntlich  durch  acht  ihrer  Pnnkte  völlig 
bestimmt.  Nur  müssen  diese  Punkte  von  einander  unabhängig  sein,  d.  h. 
es  dürfen  von  ihnen  keine  vier  in  einer  Geraden,  keine  sechs  in  einer 
Ebene  nnd  nicht  alle  acht  in  einer  Haumcurve  k^  dritter  Ordnung  liegen, 
auch  dürfen  sie  nicht  die  einzigen  gemeinschaftlichen  Punkte  von  drei 
Flächen  zweiter  Ordnung  sein.  In  besonderen  Fällen  kann  die  k^  aus 
einer  Ar*  nnd  einer  Secante  derselben  bestehen,  oder  auch  aus  zwei  Kegel- 
schnitten, die  zwei  reelle  oder  imaginäre  Punkte  gemein  haben  und  welche 
auch  in  je  zwei  sich  schneidende  Gerade  zerfallen  oder  sich  auf  je  eine 
Gerade  reduciren  können.  • 

Sind  von  einer  k^  acht  von  einander  unabhängige  oder  mehr  als  acht 
Punkte  bekannt;  so  kann  in  jeder  Verbin dungsebene  von  drei  dieser 
Punkte  der  vierte  Schnittpunkt  mit  k^  linear  (d.  h.  mit  ausschliesslicher 
Hilfe  von  Geraden  und  Ebenen)  constmirt  werden,  und  man  gelangt  so  zu 
unendlich  vielen  Punkten  der  Raumcurve.  Legt  man  dagegen  durch 
zwei  jener  Punkte  eine  Ebene  und  verlangt  deren  anderen  beiden  Schnitt- 
punkte mit  Ar^,  so  bedarf  man  zur  Construction  derselben  der  Hilfe  eines 
Kegelschnittes,  weil  diese  Aufgabe  vom  zweiten  Grade  ist.  Wir  wollen 
sowohl  jene  lineare  als  auch  diese  Construction  zweiten  Grades  ausführen; 
die  erstere  wird  alsdann  genügen,  um  von  einer  durch  neun  Punkte 
gegebenen  Fläche  zweiter  Ordnung  alle  Kegelschnitte  linear  zu  constmi- 
reu,  welche  durch  je  drei  dieser  Punkte  hindurchgehen.  Ausser  einigen 
bekannten  Sätzen  über  die  Kaumcurven  vierter  Ordnung  werden  wir  nur 
die  Sätze  4  und  5  des  vorhergehenden  Aufsatzes  über  Curvenbttndel  dritter 
Ordnung  benutzen. 

1.  Die  Schnittcurve  k^  von  zwei  Flächen  zweiter  Ordnung  kann  mit 
jedem  Punkte  P  des  Kaumes  durch  eine  einzige  F^  verbunden  werden. 
Liegt  P  auf  einer  Secante  von  k\  so  ist  die  Fläche,/"'  geradlinig  und  jede 
Gerade  derselben  ist  eine  Secante  von  k^.  Alle  durch  k^  gehenden  F*  bil- 
den einen  Flächenbüschel  zweiter  Ordnung,  der  von  einer  beliebigen  Ebene 
in  einem  Kegelschnittsbüschel  und  folglich  von  einer  Geraden  g  im  Allge- 
meinen in  einem  involutorischen  Gebilde  geschnitten  wird.  Aus  diesen 
bekannten  Sätzen  folgt:  Werden  durch  eine  beliebige  Gerade 
g  zwei  Ebenen  gelegt,  welche  die  k^  in  zwei  Vierecken 
schneiden,  so  treffen  die  sechs  Paar  Gegenseiten  der  letz- 
teren die  Gerade  g  in  sechs  Punkten  paaren  eines  involuto- 
rischen Gebildes.  Je  zwei  solche  Gegenseiten  liegen  nämlich  auf 
einer  durch  k^  gehenden  F*, 


528  Kleinere  Mittheilnngen« 

2.  Sind  also  von  einer  k^  vier  in  einer  Ebene  liegende  Punkte  u^,  B^C^D 
bekannt,  so  construirt  man  in  jeder  Verbin dungsebene  von  drei  anderen 
schon  bekannten  Punkten  P,  Q,  R  folgendermaassen  ihren  vierten  Schnitt* 
pnnkt  'S  mit  Ar^.     Man  bringt  die  drei  Paar  Gegenseiten  des  Viereckes 

AB  CD  zum  Durchschnitt  mit  der  Ebene  FQR  und  erhält  so  drei  Paar 

zugeordnete  Punkte  eines  involutorischen  geraden  Gebildes  g.  In  diesem 
sucht  man  zu  den  drei  Punkten,  welche  g  mit  den  Seiten  des  Dreiecks  PQR 
gemein  hat,  die  zugeordneten  Punkte,  und  verbindet  dieselben  mit  den 
resp.  gegenüber  liegenden  Eckpunkten  des  Dreiecks.  Dann  schneiden  sich 
(zufolge  1)  die  drei  Verbindungslinien  in  dem  gesuchten  Punkte  S.  Soll- 
ten in  besonderen  Fällen  zwei  von  den  Verbindungslinien  mit  zwei  Seiten 
des  Dreiecks  zusammenfallen,  so  wird  k^  von  der  dritten  im  Schnittpunkte 
dieser  Seiten  berührt,  wie  sich  ebenfalls  aus  l)  leicht  ergiebt. 

3.  Von  einer*  A:^  seien  bekannt  zwei  ebene  Vierecke  AB  CD  and 
PQRS^  ausserdem  aber  zwei  Punkte  27,  F.  Es  seien  zu  construiren  die 
übrigen  zwei  Punkte  X,  F,  welche  eine  beliebige ,  durch  U  und  V  gelegte 
Ebene  a  mit  k^  gemein  hat.  —  Wir  nehmen  an,  dass  s  durch  keinen  Eck- 
punkt der  beiden  Vierecke  hindurchgeht,  weil  dieser  Fall  schon  in  2)  er- 
ledigt wurde.  Die  Gegenseiten  des  Vierecks  ABCD  (oder  PQRS)  schnei- 
den die  Eb^ne  €  in  drei  Paar  zugeordneten  Punkten  eines  involutorischen 
geraden  Gebildes  g  (resp.  ^i).  Verbinden  wir  nun  ü  und  V  mit  dem  Schnitt- 
punkte G  von  g  und  g^  und  mit  den  beiden  Punkten,  welche  dem  G  in  g 
und  gx  zugeordnet  sind,  durch  einen  Kegelschnitt  A:',  so  liegt  dieser  auf 
einer  durch  k  ^  gehenden  F^  (l)  und  geht  folglich  auch  durch  die  gesuchten 

Punkte  X  und  F.     Andererseits  ist  die  Gerade  X¥  leicht  zu  construiren; 

denn  sie  und  ü  V  schneiden  g  und  ebenso  gx  in  einem  Paare  zugeordneter 

Punkte.  Man  braucht  also  nur  noch  Ar*  mit  X  Y  zum  Durchschnitt  zu  brin- 
gen, was  auf  bekannte  Art  geschieht,  und  die  Punkte  X^  7  sind  ge- 
funden. 

4.  Die  Construction  einer  k^  aus  acht  gegebenen  Punkten  ist  nach  2) 
und  3)  leicht  ausführbar,  sobald  zunächst  ein  der  k^  eingeschriebenes 
ebenes  Viereck  gefunden  ist.  Die  Lösung  dieser  Hauptaufgabe  aber  stützt 
sich  auf  den  Satz :  Eine/r^  und  eineA:^  welche  fünf  Punkte  und 
eine  durch  keinen  derselben  gehende  Secante^  gemein  haben, 
liegen  auf  einer  durch  s  gehenden  Fläche  zweiter  Ordnung. 
Die  Af*  kann  mit  $  durch  eine  F^  verbunden  werden,  und  auf  F^  giebt  es 
eine  A^^^  welche  durch  die  fünf  Punkte  geht  und  die  Gerade  s  zur  Secante 
hat.  Weil  aber  nur  eine  einzige,  den  letzten  beiden  Bedingungen  ge- 
nügende Kaumcurve  dritter  Ordnung  existirt,  so  muss  A:,'  mit  Ar'  identisch 
sein. 

5.  Von  einer  k^  sind  acht  unabhängige  Punkte  gegeben, 
von  denen  keine  vier  in  einer  Ebene  liegen;  es  ist  derjenige 


Kleinere  Mitthcilnngen.  529 

neunte  Punkt'/)  von  /r*  zu  constrairen,  welcher  mit  drei  A^ 
B^  C  der  gegebenen  in  einer  Ebene  liegt.  —  Die  letzten  fünf  ge- 
gebenen Punkte  bilden  ein  räumlicheH  Fünfeck,  dessen  zehn  Seiten  wir 

mit  der  Ebene  ABC  zum  Durchschnitt  bringen.     Ordnen  wir  den   zehn 

Schnittlinien  die  resp.  Punkte  zu,  welche  die  gegenüberliegenden  Kanten 

des  Fünfecks  mit  der  Ebene  ABC  gemein  haben ,  so  erhalten  wir  zehn 

Paar  zugeordnete  Elemente  eines  'ebenen  Polarsystemes.  In  diesem  be* 
stimmen  wir  zu  den  Seiten  des  Dreiecks  AB  C  die  Pole  und  verbinden  die- 
selben mit  den  gegenüberliegenden  Eckpunkten  von  ABC]  die  drei  Ver- 
bindungsgeraden schneiden  sich  dann  in  dem  gesuchten  Punkte  I>.  -^ 
Legen  wir  nämlich   durch  das  Fünfeck  einen  Curvenbündel  dritter  Ord- 

nung,  so  wird  derselbe  von  ABC  in  dem  genannten  Polarsystem  geschnitten. 
Eine  k^  des  Bündels  hat  die  Gerade  AB  zur  Secante  und  schneidet  die 


Ebene  ABC  noch  in  dem  Pole  C^  von  AB.   Zugleich  liegt  diese  k^  mit  k^ 

und  A B  auf  einer  /**,  welche  von  ABC  noch  in  einer  zweiten ,  durch  C,  D 

und  6\  gehenden  Geraden  geschnitten  wird,  und  somit  liegt  der  gesuchte 

Punkt  D  auf  6'6', ,  wie  zu  beweisen  war. 

0.  Wenn  in  speciellen  Fällen  zwei  Seiten  des  Dreiecks  ABC  einander 
conjugirt  sind  in  dem  soeben  benutzten  Polarsystem,  so  liegt  der  Pol  der 
dritten  Seite  auf  der  Tangente  von  k^  im  gegenüberliegenden  Eckpunkte 
und  man  gewinnt  diese  Tangente  durch  unsere  Constructioi}.     Fällt  aber 

der  Pol  einer  Seite  A  B  zusammen  mit  dem  gegenüberliegenden  Eckpunkte 
6\  so  besteht  die  k^  aus  der  durch  C  gehenden  k^  des  Curvenbündels  und 

ihrer  Secante  A  JJ.  Ich  unterlasse  es,  diese  besonderen  Fälle,  in  denen  die 
Aufgabe  ebenfalls  als  gelöst  zu  betrachten  ist,  weiter  zu  erörtern.  Dagegen 
fasse  ich  das  Ergebniss  von  5)  in  folgendem  Satze  zusammen:  Liegen 
von  neun  beliebigen  Punkten  einer  Ar*  irgend  vier  A,  B,  C,  D 
in  einer  Ebene,  so  sind  in  dem  Polarsystem,  in  welchem  vier 
von  den  übrigen  fünf  Punkten  ein  Poltetraeder  bilden  und 

dem  fünften  die  Ebene  ^ /yC/)  zugeordnet  ist,  je  zwei  Gegen- 
seiten des  \iQx^ü\is  ABCD  einander  conjugirt. 

7.  Von  einer  Fläche  zweiter  Ordnung  sind  neun  von 
einander  unabhängige  Punkte  gegeben,  die  nicht  alle  auf 
einer  A:*liegen.  Die  Schnittlinie  der  Fläche  mit  der  Verbin- 
dungsebene von  irgend  drei  ^,  ^,  C  dieser  Punkte  ist  zu  con- 
struiren. .   Mau  bestimmt  nach  5)  die  vierten  Schnittpunkte  der  Ebene 

ABC  mit  irgend  welchen  k^^  welche  A,  ^  und  C  mit  je  fünf  von  den  übrigen 

sechs  gegebenen  Punkten  verbinden.  Sobald  zwei  solche  vierte  Schnitt- 
punkte gefunden  sind,  kann  der,  auch  durch  sie  hindurchgehende^  gesuchte 
Kegelschnitt  auf  bekannte  Art  gezeichnet  werden. 


530  Kleinere  Mittheilungen. 

Schliesslich  bemerke  ich  noch,  dass  die  in  5)  und  7)  auszuführenden 
Constructionen  zuerst  von  v.  St  au  dt  (in  seinen  Beiträgen  zur  Geometrie 
der  Lage  Nr.  M)l  und  592)  angegeben  worden  sindy  jedoch  mit  ganz  anderer 
Begründung. 

Zürich,  im  Mai  1866. 


XXVI.  Oelegentliche  Bemerkung  über  die  Ellipse.  Bezeichnet 
E  (l ,  .r)  die  Dinge  des  Quadranten  einer  aus  den  Halbachsen  1  nnd 
a:  <  1  construirtcn  Ellipse,  so  giebt  der  Ausdruck 

M=f  ^E{\^x)dx^Aj  dxj   ycos*q>  +  a^  sin\ .  dtp 

das  arithmetische  Mittel  der  Umfönge  aller  Ellipsen,  deren  gemeinschaft- 
liche grosse  Halbachse  =1  ist,  und  deren  kleine  Halbachsen  die  von 
0  bis  1  stetig  auf  einander  folgenden  echten  Brüche  sind  Das  obige 
Doppelintegral  würde  nach  Ausführung  der  auf  x  bezüglichen  Integra- 
tion eine  logarithmische  Form  erhalten  ;  man  vermeidet  dieselbe  durch 
Anwendung  der  identischen  Gleichung 


/V^---'^'h^7^| 


welche  giebt 


t 


n 

=  7t  +  2   I       I    -:L.^fiud(p, 

J     J   l  —  n^stn*(p 


0  0 

Nach  Ausführung  der  angedeuteten  Integrationen  findet  man  sehr  leicht 

3/  =  1 71*  =  4,9348022, 
also  ist  das  goHuchto  Mittel  gleich  der  Peripherie  cino^  mit  dem  Radius 

\'1C^  bpschriebenen  Kreises. 

'..  SCIILÖMILCII. 


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Literaturzeitung 


der 


Zeitschrift  für  Matliematik  und  Pliysik 


herausgegobcu 


uuter  der  verantwortlichen  Kcdaction 

von 


Dr.  O.  Schlömilch,  Dr.  E.  Kahl 

und 

Dr.  M.  Cantor. 


Dreiiehnter  Jahrgang. 


.  vyv^%*''  ^  .^\^    •  ,    • 


LEIPZIG, 

Verlag  von  B.  G.  Teubner. 

1868. 


I« 


Literaturzeitung. 


Recensionen. 

Aufgaben  ans  der  analytischen  Mechanik,  von  Dr.  A.  Fuhrmann ,  Assi- 
stent für  Mathematik  und  Vermessungslehre  an  der  königl.  polytech- 
nischen Schule  zu  Dresden.  Mit  einem  Vorworte  von  Dr.  0.  Schlö- 
MiLCH,  königl.  Sachs.  Uofrath,  Professor  etc.  etc.     In  zwei  Thei- 
len.    Erster  Theil:  Aufgaben  aus  der  analytischen  Geostatik.    Mit 
in  den  Text  eingedruckten  Holzschnitten.     Leipzig,  Verlag  von 
B.  G.  Teubner.   1867. 
Da  eine  Besprechung  des  vorliegenden  Werkes  hier  unpassend  sein 
würde,  so  möge  das  Vorwort  des  Unterzeichneten  Platz  finden.    Es  lautet: 
„Wenn  es  schon  zur  tieferen  Kenntniss  einer  fremden  Sprache  uner- 
lässlich  ist,  nicht  nur  das  Geschriebene  oder  Gesprochene  zu  verstehen,  son- 
dern auch  selbst  die  Sprache  reden  zu  können,  so  darf  man  von  der  Sprache 
der  exacten  Wissenschaften  um  so  mehr  behaupten,  dass  sie  nicht  blos  ge- 
lernt, sondern  auch  geübt  sein  will.     Findet  man  doch  häufig  genug  unter 
seinen  Zuhörern  solche,  keineswegs  unbegabte  Studirende,  welche  zwar 
alles  Vorgetragene  bestens  verstanden  haben,    die  sich  aber  äusserst  un- 
geschickt anstellen,  sobald  ihnen  die  selbständige  Lösung  einer  Aufgabe  zu- 
gemuthet  wird,  die  etwas  mehr  verlangt,   als  die  Substitution  specieller 
Werthe  in  allgemeine  Formeln.     Dieser  Erfahrung  dankt  das  hiesige  Poly- 
technikum schon  seit  lauger  Zeit  die  bewährte  Einrichtung,  den  Vorträgen 
über  reine  und  angewandte  Mathematik  besondere  Repetitionen  beizugeben. 
Letztere  beschränken  sich  nicht  auf  eine  blosse  Wiederholung  des  Vor- 
getragenen, vielmehr  suchen  sie  durch  zahlreiche  Beispiele,  welche  von  den 
Studirenden  theils  coram  omnibus  weiss  auf  schwarz  gerechnet,  theils  zu 
Hause  bearbeitet  werden ,  dem  Jünger  der  Wissenschaft  die  erforderliche 
Gewandtheit  in  der  Lösung  von  Aufgaben  zu  verschaffen.     Die  nämliche 
Einrichtung  empfiehlt  auch  der  deutsche  Ingenieurverein  in  seinem  Orga- 
nisationsplane der  polytechnischen  Institute,  jedoch  mit  dem  ausdrücklichen 
Wunsche,  dass  die  Repetitionen  womöglich  von  dem  vortragenden  Professor 
selbst  abgehalten  werden  möchten.    Gegen  die  Zweckmässigkeit  dieses  Vor- 
schlags lässt  sich  aber  ein  Bedenken  erheben.     Da  NvQ«v«L\i^  ^wi^  \\!w^>n\- 

Lilcraturzlf .  J.  Zt-ititchr.  f.  Malh.  u.  Phyt.  XUl.  1.  \ 


Literaturzeitang. 

dualität  verleugnen  kann,  ro  wird  der  repetirende  Professor  seiner  An- 
schauungs-  und  Ausdrucksweise  treu  bleiben,  also  nur  noch  einmal  sagen, 
was  er  scbon  im  Vortrage  gesagt  bat;  der  Assistent  dagegen  bringt  die  Sacbe 
unter  einem  anderen  Gesicbtspunkte  und  in  anderer  Redeform  wieder  und 
bietet  damit  dem  Zuhörer  eine  neue  Seite  des  Gegenstandes  dar.  Wir 
macben  ja  nicbt  selten  die  Erfahrung,  dass  von  zwei  Rednern,  die  ihr 
Thema  mit  gleicher  Klarheit  behandeln ,  der  eine  sympathischer  für  uns  ist, 
als  der  andere  und  dass  wir  eben  deshalb  den  ersten  leichter  verstehen, 
während  Andere  den  zweiten  vorziehen ;  giebt  mau  dies  zu,  so  muss  man  es 
gerade  bei  abstracten  Wissenschaften  für  einen  Vortheil  halten ,  wenn  dem 
Studirenden  die  Gelegenheit  geboten  wird,  über  denselben  Gegenstand  zwei 
verschiedene  Docenten  zu  hören.  Eine  praktische  Schwierigkeit  dürfte  hier- 
aus nicht  entspringen ,  sobald  sich  der  Assistent  im  Allgemeinen  dem  Ge- 
dankengange des  Professors  anzuschmiegen  weiss ,  und  der  Professor  kein 
Pedant  ist,  der  da  meint,  dass  es  ohne  seine  sacramentaleu  Formeln  gar 
nicht  gehen  könne. 

Das  hiesige  Polytechnikum  besitzt  glücklicher  Weise  in  Herrn  Dr.  Fuhr- 
mann einen  Assistenten,  der  meine  Vorträge  über  höhere  Analysis  und 
analytische  Mechanik  wirksam  zu  unterstützen  versteht,  und  ich  habe  es 
daher  gern  übernommen,  dem  Erstlingswerke  desselben  einige  empfehlende 
Worte  auf  den  Weg  zu  geben.  Sowohl  für  Repetitionen  als  für  das  Selbst- 
studium ist  eine  Aufgabensammlung  ohne  Zweifel  ein  willkommenes  Hülfs- 
mittel,  und  da  in  der  That  keine  Sammlung  von  Aufgaben  aus  der  analyti- 
schen Mechanik  existirt,  welche  den  Bedürfnissen  der  Studirenden  an  Uni- 
versitäten und  polytechnischen  Instituten  entspricht,  so  dürfte  das  vorlie- 
gende Buch  wohl  als  eine  zeitgemässe  Erscheinung  gelten.  Der  erste  Theil 
desselben,  welchem  ein  zweiter  unverzüglich  folgen  wird,  enthält  nur  Auf- 
gaben aus  der  Statik  fester  Körper,  wobei  Probleme  über  die  Elasticität 
und  Festigkeit  ausgeschlossen  wurden,  weil  diese  an  polytechnischen  Schu- 
len in  besonderen  Vorlesungen  ausführlich  behandelt  zu  werden  pflegen. 
Die  meisten  der  mitgetheilten ,  für  das  erste  Stadium  der  analytischen  Me- 
chanik berechneten  Aufgaben  sind  neu;  Bekanntes  ist  selten  und  nur  dann 
aufgenommen  worden,  wenn  sich  später  eine  Verweisung  darauf  nöthig 
machte.  Bei  schweren  Aufgaben  findet  man  eine  Andeutung  über  den 
Gang  der  Auflösung,  bei  leichteren  ist  nur  das  Resultat  angegeben.  Und 
damit  sei  diese  anspruchslose,  jedenfalls  aber  brauchbare  Schrift  den  Leh- 
rern und  Jüngern  der  Wissenschaft  bestens  empfohlen. 

Dresden,  im  August  1807. 

.SCHLÖMILCH. 


Literaturzeitung.  3 

Bammlaiig  von  Aufgaben  ans  der  algebraisohen  Analysii.  Bearbeitet  yon 
Job.  Lieblein,  Professor  am  Polytecbnikum  zu  Prag.  Prag,  Ver- 
lag von  J.  Satow.     1867. 

An  dem  Prager  Polytecbnikum  ist  die  algebraiscbe  Analjsis  als  selb- 
ständige Disciplin  in  den  Lebrplan  aufgenommen  und  findet  ibre  Vertretung 
in  den  Vorträgen  des  Verfassers.  Dem  letzteren  maebte  sieb  bierbei  der 
Mangel  einer  Aufgabensammlung  fUblbar  und  dieser  bewog  ibn ;  „  die  eben 
so  mübsame  als  wenig  dankbare  Bearbeitung*^  eines  solcben  Hülfsbucbes  zu 
untemebmen.  Dabei  bat  sieb  der  Verfasser  ziemlicb  genau  dem  Handbncb 
der  algebraiscben  Analysis  des  Referenten  angescblossen,  und  dem  entspre- 
chend giebt  die  Sammlung  zu  jedem  Capitel  des  genannten  Bucbes  (mit 
alleiniger  Ausnabme  des  Capitels  über  die  Mittelwerthe  der  Functionen)  eine 
Beihe  von  Beispielen  und  Aufgaben  mit  nur  kurzen  Andeutungen  zur  Lö- 
sung der  schwierigeren  Aufgaben,  nebst  einigen ,  die  bebandelten  Theorien 
ergänzenden  Zusätzen.  Hiermit  dürfte  der  allgemeine  Charakter  des  vor- 
liegenden Werkchens  bezeichnet  sein ;  in  Beziehung  auf  das  Detail  mögen 
noch  einige  Bemerkungen  folgen. 

Vor  Allem  ist  rühmend  anzuerkennen,  dass  die  Sammlung,  trotz  ihres 
geringen  Umfanges  von  12  Bogen,  einen  grossen  Reichthum  an  Beispielen 
und  Aufgaben  enthält,  und  dass  die  letzteren  methodisch  gut  geordnet  sind, 
d.  b.  eine  Stufenfolge  vom  Leichten  zum  Schweren  darbieten.  Weniger 
einverstanden  ist  Referent  mit  der  Trennung  der  Aufgaben  von  ibren  Lö- 
sungen; werden  nämlich  die  letzteren  überhaupt  mitgetheilt,  so  ist  es  für 
den  Gebrauch  des  Buches  ohne  Zweifel  bequemer,  die  Lösung  unmittelbar 
nach  der  Aufgabe  zu  finden,  statt  sie  in  einem  Anbange  suchen  zu  müssen. 
Der  letztere  enthält  übrigens  eine  Fülle  werthvoller  Bemerkungen,  nament- 
lich über  unendlicbe  Reihen;  unendliche  Producte  und  Kettenbrüche. 
Beispielweis  seien  erwähnt  1)  der  Satz,  dass  die  unendlichen,  nur  positive 
Glieder  enthaltenden  Reihen 

und  Ui+kuk  +  k^Ukt  +  k^Uk9  +  *,., 
gleichzeitig  convergiren  und  divergiren,  woraus  für  A:=2  ein  specieller  Satz 
Cauchy*  s  folgt ;  2)  die  Transformationen  verscbiedcner  unendlicberProducte 
und  Reihen;  welche  theils  in  der  Theorie  der  elliptischen  Functionen,  tbeils 
bei  dei  Untersuchung  über  die  hypergeometrische  Reihe  eine  Rolle  spielen; 
3)  die  Betrachtungen  über  die  Convergenz  und  die  geometrische  Deutung 
der  Kettenbrücbe.  Diese  Proben  werden  hinreichend  documentiren ,  dass 
der  Verfasser  weit  mehr  giebt,  als  man  nach  dem  Titel  seines  Werkchens 
erwarten  sollte,  und  dass  derselbe  überhaupt  die  Wissenschaft  mit  Freiheit 
und  Geschick  zu  behandeln  versteht.  Und  so  fürchtet  Referent  keineswegs, 
dass  der  Verfasser  eine  ;, wenig  dankbare**  Arbeit  unternommen  habe. 

SCHLÖMILCH. 
TL* 


Literatarzeitung. 

Anleitung  zum  Linearzeiohnen,  von  Prof.  Delabar.  3  Hefte.  Freibnrg  im 
Breisgau,  Herder'sche  Verlagshandlung. 

Der  Verfasser  geht  von  der  wohl  unzweifelhaft  richtigen  Idee  aus, 
dass  der  Unterricht  im  Linearzeichnen  drei  Stufen  haben  müsse.  Auf  der 
ersten  Stufe  stejit  das  „geometrische  Linearzeichnen '^,  wobei  es  zunächst 
nur  darauf  ankommt,  den  Schülern  Fertigkeit  im  Gebrauche  der  Zeichnen- 
instrumente  beizubringen,  sie  an  genaue  und  reinliche  Ausführung  ihrer 
graphischen  Arbeiten  zu  gewöhnen  und  bei  dieser  Gelegenheit  eine  Reihe 
oft  vorkommender  geometrischer  Constructionen  einzuüben.  Die  nächste 
Stufe  enthält  die  „Elemente  der  darstellenden  Geometrie*'  oder,  wie  Refe- 
rent kürzer  sagen  würde,  die  Projectionslehre,  deren  Aufgabe  ist,  jeden 
begrenzten  Körper  in  jeder  beliebigen  Lage  darzustellen.  Der  letzten 
Stufe  endlich  gehört  „die  weitere  Ausführung  der  rechtwinkligen  Projec^ 
tionsart**  d.  h.  die  eigentliche  descriptive  Geometrie,  welche  auch  un- 
begrenzte Gebildein  Untersuchung  nimmt  und  an  diesen  ganz  dieselben  Auf- 
gaben durch  Construetion  löst,  welche  in  der  analytischen  Geometrie  cal- 
culatorisch  behandelt  werden.  Für  diese  drei  Unterrichtsstufen  sind  nun 
die  drei  Hefte  des  obigen  Werkes  bestimmt;  über  deren  Inhalt  mögen  einige 
Bemerkungen  folgen. 

Im  ersten  Hefte  giebt  der  Verfasser  zunächst  einige  praktische  Winke 
über  die  Behandlung  und  Handhabung  der  Instrumente  und  sonstigen  Ma- 
terialien; die  folgenden  Abschnitte  enthalten  die  gewöhnlichen  Construc- 
tionen von  Parallelen  und  Senkrechten,  die  Theilung  von  Geraden  und 
Winkeln,  die  Anfertigung  von  Maassstäben  etc.  Bei  den  Kreistheilungen 
dürfte  zweierlei  zu  erinnern  sein.     Erstens  ist  die  Anwendung  des  Trans- 

360^    360® 
porteurs  zur  Construetion  von  ,  etc.  weder  sonderlich  bequem,  noch 

hinreichend  genau;  man  erhält  viel  bessere  Resultate ,  wenn  man  die  ge- 
suchten Centriwinkel  mittelst  ihrer  trigonometrischen  Tangenten  construirt, 
z.  B. 

(an =  -- ,     Fehler  0  , 6 

7         63'  ' 

360<>       73 
tan  -—  =  — ,  „      2,3 

9         87'  '  ' 

360°       232 

'"''77  =  361'  "."'' 

u.  s.  w. 

Zweitens  muss  bei  der  Construetion  regelmässiger  Vielecke  davor  gewarnt 
werden,  dass  der  Zeichner  die  eine  gefundene  Seite  im  Kreise  herumträgt,  um 
die  übrigen  Seiten  zu  finden;  denn  hierbei  wird  der  unvermeidliche  Feh- 
ler, womit  jene  erste  Seite  behaftet  ist,  multiplicirt  und  der  Schluss  des 
Polygons  selten  erreicht.  Vielmehr  ist  (wie  schon  Hofrath  Iv  u  n  z  e  bemerkt 
hat)  auf  eine  andere  Weise  zu  verfahren,  die  hier  in  Erinnerung  gebracht 


Literaturzeitung. 


*  -^  -.^.^^  .^^^  ^  ^^-  ^  ^w^^  ^,^^^ 


und  am  Elfeck  erläutert  werden   möge.     Nachdem   man  die  Seite  A^A^ 

10 
gefanden  hat^  balbire  man  den  übrigen  Kreisbogen ,  welcher  —  der  Peri- 
pherie umfasst;  der  Halbirnngspankt  ist  die  Ecke  A^.  Von  dieser  schneide 
man  rechts  und  links  zwei  Bögen  =arcAiAf  ab,  man  hat  dann  die  Ecken 
Jf^  nnd  A^]  hierauf  balbire  man  die  Bögen  A^  A^  und  A^Ai,  wodurch  A^  und 
A^Q  entstehen  u.  s.  w.  —  Bei  den  folgenden  Constructionen  von  Kegel- 
schnitten und  anderen  Curven  wäre  es  zweckmässig  gewesen,  die  sehr  ein- 
fachen Constructionen  der  Normalen  anzugeben  und  dabei  zu  bemerken> 
dass  die  Durchschnitte  der  Normalen  nahezu  die  Krümmungsmittelpunkte 
sind  und  dass  t^ich  mit  deren  Hülfe  jede  Curve  aus  kleinen  Kreisbögen  zu- 
sammensetzen lässt.  Dieses  Verfahren  giebt  weit  genauere  und  zugleich 
weit  elegantere  Zeichnungen,  als  wenn  die  gefundenen  Curvenpunkte  aus 
freier  Hand  verbunden  werden. 

Im  zweiten  und  dritten  Hefte  hat  der  Referent  nichts  Wesentliches  zu 
erinnern  gefunden,  was  bei  der  schon  ziemlich  festen  Gestaltung  der  eigent- 
lichen descriptiven  Geometrie  Niemanden  Überraschen  wird. 

Die  Darstellung  des  Verfassers  ist  klar  und  durchaus  leicht  verständ- 
lich; die  Figuren  sind  zwar  dem  kleinen  Formate  des  Baches  (Queroctav) 
angepasst,  aber  hinreichend  deutlich. 

SCHLÖMILCH. 


Bibliographie 

vom  15,  October  bis  15,  December  1867. 


Periodisohe  Sohriften. 

Mathematische  Abh an dlungen  der  Kön ig  1.  Pre assischen  Aka- 
demie der  Wissenschaften.  Aus  dem  Jahre  1866.  Berlin,  Dummler. 

1  Thlr.  16  Ngr. 
Physikalische  Abhandlungen  der  Königl.  Preussischen  Aka- 
demie  der    Wissenschaften.     Aas  dem  Jahre  1866.     Ebendas. 

4  Thlr.  18  Ngr. 
Sitzungsberichte  der  Königl.  Bayer.  Akademie  der  Wissen- 
schaften.   1867.   II.  Bd.   2.  Heft.    München,  Franz.  16  Ngr. 
Mdmoires  de  Vacademie  imper.  des  sciences  de  St.  Petersbourg, 
VIP  S^rie.   Tome  XI,  No.  9.   Leipzig,  Voss.  8  Ngr. 
Metnorie  delV  Accadetnia  delle  scienze  delV  Instituto  de  Bologna, 
Serie  IL   Tomo  VI.   Torino  et  Firenze,  Loescher.  15  /. 

Indice  delle  materie  contenute: 
Chelini,  sugii  assi  centrali  delle  force  e  delle  roiaiioni    nelV    equVihrio  e 

fiel  mnto  dei  corpi, 
Pianif  del  metodo  newtoniano  per  la  ritoluiione  opprossimata  delle  equazione 

numeriche, 
Cremona^    Preliminari  di    una  teoria  geometrica  delle  superficies   memoria 

prima, 
Delle  Gata,    Esame  di  ateune  ertliche  osservationi  sulV  elettridtä  statica. 

Beine  Mathematik. 

Cantor,  M. ,  Euklid  and  sein  Jahrhundert.  Mathematisch -histori- 
sche Skizze.    Leipzig,  Teubner.  18  Ngr. 

Ofterdinger,  C,  Beiträge  zur  Geschichte  der  Mathematik  in 
Ulm  bis  zur  Mitte  des  17.  Jahrhunderts.  Tübingen, Fues.  VgThlr. 

Natani,  C,  die  Variationsrechnung.  Anhang  zur  höheren  Analysis. 
Berlin,  Wiegandt  &  Hempel.  %  Thlr. 

WoRPiTZKY,  J.,  Ueber  die  Endlichkeit  von  bestimmten  Integra- 
len und  Reihensammen.    Berlin,  0.  Müller.  %  Thlr. 


Literaturzeitung. 


Heime, F.,  Untersuchungen  über  relative  Primzahlen,  primitive 
und  secundäre  Wurzeln,  quadratische  Reste  und  Nicht- 
reste.    Berlin,  Uthemann  &  Müller.  %  Thlr. 

KiBMANN,  B.,  Grundlagen  für  eine  allgemeine  Theorie  der 
Functionen  einer  complexenveränderlichenGrösse.  2.  Ab- 
druck.   Göttingen,  Rente.  1^^  Thlr. 

Gjbrlach,  H.,  Lehrbuch  der  Mathematik.  4  Theile  in  1  Bd.  2.  Aufl. 
Dessau ,  Aue.  1  Thlr.  26  Ngr. 

Reidt,  f.,  Die  Elemente  der  Mathematik  für  höhere  Lehr- 
anstalten.  l.Theil:  Arithmetik;  2.Theil:  Planimetrie.  Berlin,  Grote  . 

26  Ngr. 

Drach,  A.  V.,  Einleitung  in  die  Theorie  der  cubischen  Kegel- 
schnitte (Raumcurven  3.  Ordnung).    Leipzig,  Teubner.  28  Ngr. 

KouTNY,  E.;  Construction  des  Durchschnitts  einer  Geraden  mit 
den  Kegelschnit^slinien  (Akad.).    Wien,  Gerold.  ^s  Thlr. 

DiLLiRO,  A.,  Sammlung  von  Aufgaben  und  Beispielen  aus  der 
algebraischen  Geometrie.   Halle,  Schmidt.  2  Thlr. 

Salomon,  J.,  Lehrbuch  der  Elementarmathematik.  2.  Bd.  Geome- 
trie.  3.  Aufl.    Wien ,  Gerold.  1%  Thlr. 

De  NiEM,  Beweise  und  Auflösungen  sämmtlicherLehrsätze  und 
Aufgaben  der  Jacobi*schen  Anhänge  zu  van  Swinden*s 
Geometrie.    2  Theile.   Halle,  Schmidt.  3%  Thlr. 

Van  Swinden*s  Geometrie  im  Auszuge  etc.  Aus  dem  Holländischen 
übersetzt  von  de  Niem.     Ebendas.  12%  Ngr. 

RoTTOK,  Lehrbuch  der  ebenen  und  sphärischen  Trigonometrie. 
Hamburg,  Jowien  %  Thlr. 

Sebrbt,  J.  A.,  Cours  de  calcul  differeniiel  ei  intigral.  Tome  L  Cal- 
cul  differeniieL   Paris,  Gauthiers  -  Villars.  pro  compl.  22  Frcs. 

Haan,  B.  de,  Nouvelles  iahles  d^ integrales  definies.    Leide,  Engels. 

14  Fl. 

Angewandte  Mathematik. 

Hansen,  P«  A.,  Die  Methode  der  kleinsten  Quadrate  im  Allge- 
meinen und  ihre  Anwendung  auf  die  Geodäsie.  Leipzig, 
Hirzel.  2  Thlr. 

Brettner,  H.,  Mathematische  Geographie.  5.  Aufl.  VonF.  Bredow. 
Leipzig,  G.  E.  Schulze.  12  Ngr. 

Förster,  W.,  Bericht  der  Berliner  Sternwarte  für  das  Jahr  1866. 
Berlin,  Dümmler.  %  Thlr. 

Heis,  E.,  Sammlung  von  5  Sternkarten  für  die  vierHimmels- 
gegendenund  für  den  Zenith  zum  Einzeichnen  der  Stern- 
schnuppen der  Novemberperiode.    Köln,  Du  Mont- Schauberg. 


8  Literatunseitung. 

AuwERS,  B.,  Bestimmung  der  Parallaxe  des  Sterns  34  Oroom- 
bridge  durch  chronograp hischeBeobacbtangenamAeqna- 
toreal  der  Gotbaer  Sternwarte.   Berlin,  Dümmler.  %  Thlr. 

Oebl,  E.y  Versocb  einer  Tbeorie  über  Kometen.    Wien,  Pichler. 

%  Thlr. 

Fuhrmann,  A.,  Aufgaben  aus  der  analytischen  Mechanik.  1.  Tbeil: 
Aufgaben  aus  der  analytischen  Oeostatik.   Leipzig,  Teubner.    %  Thlr. 

Zech,  lieber  die  Schwingungsbewegungen  der  Locomotiven. 
Tübingen ,  Fues,  %  Thlr. 

Brassbur,  J. ,  Programme  du  cours  de  geomStrie  descripiive  fait 
ä  runiversiie  de  Lüge.   4«  Edit.    Lüttich,  Sazonoff.  2%  Thlr. 

Physik. 

KüLP,  £.,  Lehrbuch  der  Experimentalphysik.  4.  Bd.:  Wärmelehre 
von  R.  D  res  er.   Darmstadt,  Diehl.  2  Thlr. 

Lang,  V.  t.,  Einleitung  in  die  theoretische  Physik.  Braunschweig, 
Vieweg.  1%  Thlr. 

Pranghofer,  J.,  Sammlung  von  Aufgaben  und  Beispielen  aus 
derPhysik.    1.  Theil:  Mechanische  Naturlehre.   Wien,  Braumüller. 

1  Thlr. 

Briot,  Gh.,  Versuche  über  die  mathematische  Theorie  des 
Lichtes.  Uebersetzt  und  mit  einem  Zusätze  vermehrt  von  W.  Klin- 
ke r  fu  e  s.    Leipzig ,  Quandt  und  Händel.  1%  Thlr. 

Ttndall,  J.,  Die  Wärme  als  eine  Art  der  Bewegung.  Autorisirte 
deutsche  Ausgabe  von  Helmholtz  und  Wiedemann.  Braunschweig, 
Vieweg.  2%  Thlr. 

Gauss,  G.  F.,  Werke,  5.  Bd.  Mathematische  Physik,  herausgegeben 
von  der  Königl.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  zu  Göttlngen..  Göt- 
tingen ,  Vandenhoek  &  Ruprecht.  77^  Thlr. 


Literaturzeitung. 


Recensionen. 

üeber  die  geometrische  Hypothesis  in  Plato's  Menon  vou  Dr.  Adolph 
Benecke,    Direktor   des  Gymnasiums    zu  Elbing.     Elbiug  1807. 
In  Commission    bei   C.  Meissner.     34  Seiten   in  4^  nebst   einer 
Figuren  tafel. 
In  dem  platonischen  Dialoge,  welcher  den  Titel  „Meno"  führt,  be- 
findet  sich    eine   mathematische   Stelle,    welche,    man    darf  wohl  sagen 
Jahrhunderte  lang,    die  Verzweiflung   der  Philologen   verursachte,  ohne 
den  Mathematikern  verständlicher  zu  sein.    Referent  hat  deshalb  in  sei- 
ner  jüngst    in    einem   Separathefte    dieser   Zeitschrift   erschienenen  Ab- 
handlung „  Euclid  und  sein  Jahrhundert**  jene  Stelle  nur  sehr  im  Vor- 
übergehen (8.  46—47)    berührt   und    darauf    verzichtet    ein   besonderes 
Gewicht  auf  sie   zu   legen,    weil,    was    hier    zugestanden  werden   mag, 
mehrwöchentliche  Beschäftigung  mit  jener  Stelle  ihm  die  Sache  nur  im- 
mer unklarer  machte. 

Fast  gleichzeitig  mit  der  genannten  Abhandlung  erschienen  zwei 
Untersuchungen,  die  speciell  auf  die  Meno- Stelle  sich  bezogen,  welche 
aber  vermöge  dieser  Gleichzeitigkeit  bei  unserer  Zusammenstellung  nicht 
mehr  berücksichtigt  werden  konnten.  Wir  meinen  die  nachgelassene 
Abhandlung  des  vor  einigen  Jahren  verstorbenen  Gymnasialdirektors 
Fr.  Carl  Wex  in  Schwerin  „Piatons  Geometrie  im  Menon  und  die  Pa- 
rabole  des  Pythagoras  bei  Plutarch"  (Grunert's  Archiv,  Bd.  XLVII, 
S.  131 — 163)  und  die  Monographie  des  Herrn  Benecke,  welche 
in  der  Ueberschrift  dieser  Besprechung  des  Näheren  genannt  ist. 
Die  erwähnte  posthume  Arbeit  enthält  manche  schätzenswerthe  Bemer- 
kung (einige  derselben  sollen  in  diesem  Kefcrate  noch  Platz  finden), 
ohne  jedoch  nach  unserem  Dafürhalten  die  eigentliche  Frage  zu  lösen. 
Herr  Benecke  dagegen  hat,  wie  wir  wenigstens  überzeugt  sind,  das  Ei 
des  Columbus  gefunden.  Er  hat  eine  Uebersetzung  und  Erklärung  vor- 
geschlagen, welche  durch  die  Vereinigung  folgender  Vorzüge  vor  allen 
bisherigen  Versuchen  sich  auszeichnet. 

LitcralurztfJT.  'l-  Zeilsclu.  f.  Malh.  u.  PhyMk  XIU,2.  ^ 


1 0  Literaturzeitimg. 

1.  Der  durch  die  Codices  überlieferte  Wortlaut  des  Textes  wird 
unverändert  erhalten ,  während  man  insgemein  mehr  oder  weniger  kühne 
Correkturen  und  Conjekturen  sich  erlaubte. 

2.  Der  mathematische  Sinn  ist  ein  so  elementarer  und  naheliegen- 
der, dass  er  jetzt  in  der  That  den  Dienst  leisten  kann,  den  er  leisten 
soll,  als  beleuchtendes  Beispiel  in  einer  durchaus  nichtmathematischen 
Discussion  gebraucht  zu  werden. 

3.  Die  Benecke'sche  Auffassung  behandelt  die  früher  schwierige 
Stelle  nicht  aus  dem  Znsammenhange  des  Dialoges  herausgerissen,  sie 
knüpft  vielmehr  unmittelbar  an  andere  mathematische*  Versinnlichungcn 
an,  welche  wenige  Minuten*  vorher  in  demselben  Gespräche  benutzt  wor- 
den waren  und  zur  Zeichnung  gewisser  Figuren  in  den  Sand  Anlass 
gegeben  hatten,  welche  man  desshalb  als  noch  vorhanden  und  weiter 
benutzbar  voraussetzen  muss. 

Diese  vereinigten  Momente  scheinen  uns  zwingend  für  die  Richtig- 
keit der  neuen  Auffassung,  und  nur  in  zwei  freilich  nebensächlichen 
Dingen  möchten  wir  von  Herrn  Benecke  abweichen.  Einmal  glauben 
wir,  dass  allerdings  der  Kreis  die  erste  Zeichnung  ist,  welche  Sokrates 
entwirft,  und  zwar  schon  73,  E  bei  Gelegenheit  des  Kunden,  welches 
eine  Figur,  nicht  aber  die  Figur  überhaupt  sei  (axQoyyvXoTrjvog  nigi 
einoifi  av  iyayye  ozi  (fxijfia  xl  iöviv^  ovx  ovvcog  aitXcSg  oxi  öxW^)»  Zweitens 
glauben  wir,  dass  wo  zuerst  das  4füssige  Quadrat  gezeichnet  wird  82,  C 
und  Sokrates  die  Frage  stellt:  Sind  nicht  auch  diese  durch  die  Mitte 
gehenden  Linien  eben  dieselben?  {ov  xai  xavxaal  xag  ötce  fiiaov  iaxiv 
laag  ix^v])  keineswegs  die  Diagonalen  gemeint  sind,  sondern  die  Linien, 
welche  die  Mitten  von  je  zwei  gegenüberliegenden  Seiten  des  Quadrates 
verbinden. 

Für  unsere  erste  Abweichung  steht  uns  nur  der  Grund  zur  Vor- 
fügung, dass  es  immerhin  möglich  ist.  dass  Sokrates  schon  bei  jener 
frühem  Veranlassung  eine  Zeichnung  entwirft,  wenn  auch  an  sich  keine 
Nothwendigkeit  dazu  vorliegt;  dass  dagegen  unter  der  Voraussetzung 
einer  schon  vorhandenen  Kreisfigur  neben  dem  Quadrate  es  später  an 
der  Hauptstello  86,  E  viel  natürlicher  wird,  dass  Sokrates  bei  dem  als 
Versin nlichung  zu  wählenden  Beispiele  die  beiden  vorhandenen  Figuren 
benutzt,  auf  die  zufallig  sein  Auge  wieder  fallt,  als  dass  er  jetzt  erst 
dem  Beispiele  zu  Liebe  einen  Kreis  zeichnet. 

Für  die  zweite  Aenderung  besitzen  wir  so  viele  Gründe,  dass  wir 
in  Verlegenheit  sind  alle  mitzutheilen ,  während  für  die  Beneckc'sclie 
Auffassung,  wie  uns  scheinen  will,  auch  nicht  ein  stützendes  Moment 
aufzufinden  ist,  es  müsste  denn  sein,  dass  man  sich  auf  die  ihr  ent- 
sprechende Uebersetzung  bei  Hieronymus  Müller,  Platon's  sämmtliche 
Werke,  Bd.  II,  S.  142  (Leipzig  1851),  beriefe,  wogegen  uns  die  Auto- 
rität Stallbaums  (Piatonis  Meno,  prolegomenis  et  commcntariis  illustravit 


Literaturzeitnng.  1 1 

Godofr.   Stallbaumius ,    pag.  66  et   69.     Lipsiae   1827)   zur   Seite   steht. 
Blosse  Namen  gelten  aber  mit  Kecbt  Herrn  Benecke  so  wenig,  wie  uns 
als  Gründe,  und  so  mögen  einige  von  den  Erwägungen  genannt  werden, 
durcb    welcbe   wir  uns   bestimmen  Hessen.      Die    keinen  Augenblick  zu 
vernachlässigende  Situation    ist   die,    dass  Sokrates    einen    ungebildeten 
Sklaven  vor  sich  hat,  dem  er  durch  seine  Fragen  Aussprüche  geometri- 
scher Wahrheiten  entlockt,   von   deren  Kenntniss  Jener   sich   nicht  bc- 
wusst  ist.      Die   Fragen    des   Sokrates    allein   würden    dazu   nicht    aus- 
reichen ;  mit  Hülfe  von  in  den  Sand  gezeichneten  Figuren  genügen  sie. 
Alle  herausgefragten  Wahrheiten  müssen  daher  solche  sein,  welche  durch 
blosse  Anschauung  einleuchten,  ohne  dass  ein  eigentlicher  geometrischer 
Beweis  zu  führen  versucht  würde.     Während  Herr  Benecke   diesen  Ge- 
sichtspunkt im  Uebrigen  festhält,  lässt  er  ihn  hier  aus  den  Augen.     Die 
Identität  der  beiden  Diagonalen  scheint  sich   uns  nicht  ohne  Weiteres 
der  blossen  Anschauung  darzubieten,  wie  überhaupt  zwei  in  ihrem  Ver- 
laufe  sich  schneidende   Linien   erfahrungsmässig   weniger   gut  bezüglich 
ihrer  Länge  abgeschätzt  werden  können,   als   wenn   die  Linien  nur  in 
einem   Endpunkte    zusammenstossen ,    und    diese    wieder    weniger    gut 
als  Parallellinien.     Unsere  Deutung  giebt  aber  den  ursprünglichen  Vier- 
ecksseiten  parallele   und   diesen   ebenso   wie   unter  sich  gleiche  Linien, 
was  ebenfalls  in   dem  oben   citirten  Wortlaute  von   des  Sokrates  Frage 
gelegen  zu  haben  scheint.     Feiner  ist  bei  unserer  Auffassung,    welche 
die  Seiten  halbirt,  das  Quadrat  viertheilt,  einleuchtend,  wesshalb  Sokrates 
bei  dieser  ersten  Figur,   welche   er  dem  Sklaven  vorzeichnet,   die  Seite 
als  2  Fu88  lang  annimmt  und  nicht  als    1  Fuss  lang,   was    doch  eigent- 
lich näher  liegt.     Ferner  ist  auch  Herr  Benecke  genöthigt  nachfier  bei 
den  Quadraten  der  4  Fuss   und   3  Fuss  langen   Seiten   eine   Zeichnung 
anzunehmen,  welche  der  unsrigen  analog  ist,  während  in  dem  Texte  des 
Dialogs  bis   dahin  nicht   die  leiseste  Andeutung  sich  findet,   dass   eine 
von  neuen  Grundgedanken  ausgehende  Construktion  vorgenommen  würde. 
Endlich  halten  wir  es  geradezu  für  entscheidend,  dass  85,^  die  Diago- 
nale  gezogen  und  definirt   {avzti  ri  ygafiiifi  i}  in  ycDpUng  slg  ytoviav  rslvsi) 
und  85,^  auch  benannt  wird  {iwXovCt  di  ye  zavxtiv  diafiergov  ot  aotpiaxal). 
Das  wäre  der  angewandten  heuristischen  Methode   nach   zu  spät,   wenn 
diese  Linien  schon  in  einem  früheren  Augenblicke   der  Besprechung  ge- 
zogen worden  wären. 

Wir  wiederholen  es,  dass  wir  selbst  diese  Bemerkungen  nur  für 
nebensächliche  halten,  keineswegs  geeignet,  das  unstreitige  Verdienst 
des  Verfassers  der  uns  vorliegenden  Abhandlung  irgendwie  zu  schmä- 
lern. Wir  beabsichtigen  durch  deren  Darlegung  nur  unser  Interesse 
an  dem  Gegenstande  zn  erweisen  und  zu  ergänzen,  was  uns  übersehen 
scheint. 

Zu  demselben  Zwecke   führen   wir   aus   der  Wex'schen  Abhandltiu^ 


1 2  Literaturzeitung. 


zwei  Stellen  an,  welche  sxtt  das  missliche  Wort  nagarslveiv  sich  beziehen 
und  für  den  philologischen  Theil  der  Untersuchung  nicht  ohne  Wich- 
tigkeit sind.  Herr  Wex  schreibt  1.  c,  S.  137:  „Wir  befinden  uns  also 
hier  auf  dem  Gebiete  geometrischer  Techniker  und  ihier  Elementar- 
Geometrie.  Diese  haben  aber  für  ihre  praktischen  Operationen  und  zum 
Theil  mechanischen  Kunstgriffe  auch  besondere  Kunstausdrücke.  Man 
trete  bei  uns  in  eine  Elementarklasse;  da  hören  wir  manche  termini, 
wie  eins  borgen,  eins  im  Sinne  behalten,  einen  Bruch  heben,  eine  Zahl 
zerfallen  und  Anderes.  Hofft  man  diese  mathematischen  Kunstausdrücke 
auch  in  Schriften  von  Leibnitz,  Euler,  Gauss  zu  finden?  Nun,  ebenso- 
wenig suche  man  naqaxüvnv  bei  den  griechischen  Mathematikern."  Die 
zweite  Stelle  findet  sich  1.  c.  S.  161,  Anmerkung  **  und  lautet:  „Noch 
will  ich  denen,  die  Tta^atsiva  für  gleichbedeutend  mit  Ttagaßakka)  halten 
möchten,  eine  Combination  an  die  Hand  geben,  durch  die  sie  ihre  Mei- 
nung unterstützen  können.  In  dem  Euclid  des  Boethius  bei  Lachmann 
grammatici  Script,  p.  385  finden  sich  folgende  zwei  Aufgaben  neben  ein- 
ander gestellt:  Dato  triangido  aequale  parallel ogrammum  in  dato  recti- 
lineo  angtdo  constituere,  —  luxta  reciam  lineam  dato  triangtdo  dato  rccti- 
lineo  angtdo  parallelogrammum  aequale  praetendere.  In  der  ersteren  Auf- 
gabe ist  constituere  offenbar  das  Euclidische  avarriaaa&ai  (Elem.  I,  42) 
und  in  der  zweiten  wird  man  in  dem  praetendere  das  Euclidische  naQa- 
ßalBiv  (Elem.  I,  44)  zu  suchen  haben.  Man  könnte  also  vermuthen,  in 
dem  griechischen  Originale,  welches  Boethius  vorgelegen,  habe  naga- 
TftVcö  als  Synonymen  die  Stelle  von  icagaßdlXa  vertreten.  Wenigstens 
wird  das  geographische  nccqaxdvu)  (tj  di  y  Bjvßoia  r^öe  nagavirarai  Arist. 
Nub.  212.  TiJ  (ihv  yaQ  Trjg  ^AQaßltjg  ovQOg  TraQüciitatai  Uerodot.  II,  I)  im 
Lateinischen  durch  praetendere  ausgedrückt.  Baeticac  Intere  scptcntrio- 
nah  praetenditur  Lusitania.  Plin.  N.  H.  III,  1,  2.  Die  übliche  Ucber- 
setzung  des  mathematischen  Ttagaßakksiv  durch  applicare  scheint  modernen 
Ursprungs  zu  sein/* 

Im  Uebrigen  vorweisen  wir  Jeden,  dem  es  um  Uebersetzung  der 
platonischen  Worte  und  um  deren  Verständniss  zu  thun  ist,  auf  die 
Benecke'sche  Abhandlung,  welcher  wir  recht  viele  Loser  wünschen ,  und 
desshalb  den  Kern  der  Untersuchung  hier  nicht  weiter  enthüllen  wollten, 
als  nöthig  schien  um  zu  dessen  Genüsse  einzuladen.  Cantor. 


Der  Magnet  im  Alterthnm  von  Prof.  Gust.  Albeut  J*alm.  Programm  des 
königlich  württembergischon  evangelisch -thoologischon  Soniinars 
Maulbronn  zum  Schluss  des  vierjährigen  Curses  von  18G3— 1H(>7. 
Stuttgart  1867.. 


Literaturzeitung.  13 

Dio  an  und  für  sich  Ücissig  gearbeitete  Abhandlung  besteht  ans 
7  Kapiteln  mit  folgenden  Ueberschriften :  1.  Was  wussten  die  Alten 
vom  Magnet?  2.  Wie  erklärten  die  Alten  das,  was  sie  vom  Magnet 
wnssten?  3.  Die  Benennungen  des  Magnets.  4.  Woher  bezogen  die 
Alten  den  Magnet?  5.  Der  medicinische  und  magische  Gebrauch  des 
Magnets.  6.  Die  bildliche  Verwendung  des  Magnets  bei  den  verschie- 
denen Schriftstellern.  7.  Das  frei  schwebende  Bild.  Daran  knüpfen 
sich  52  Belegstellen  aus  den  lateinischen  und  griechischen  Schriftstellern, 
der  verschiedensten  Zeitalter  welche  im  Originaltexte  mitgetheilt  werden. 

Diese  letztere  Beilage  macht  das  Programm  des  Herrn  Palm  zu  einer 
immerhin  schätzbaren  Sammlung,  während  die  Mühe,  welche  der  Ver- 
fasser auf  die  eigentliche  Abhandlung  verwandte,  als  eine  leider  müssige 
bezeichnet  werden  muss.  Derselbe  kannte  offenbar  nicht  die  Observa- 
iions  ei  iheories  des  Anciens  sur  les  aliraciions  et  les  repulsiims  magne- 
iiques  et  sur  les  aitraciions  eleciriques  von  Th.  Henri  Martin,  welche 
bereits  in  den  Atti  delV  Academia  Pontificia  de*  nuovi  Lincei  für  die 
Sitzungen  vom  3.  December  1864  und  8.  Januar  1805  abgedruckt  sind. 
Diese  Untersuchungen  des  gelehrten  Decan  der  philosophischen  Facultät 
von  Rennes  enthalten  aber  absolut  Alles,  was  auch  Herr  Palm  jetzt  auf- 
fand, und  noch  Einiges  mehr. 

Cantor. 


Theorie  der  Besserschen  Fanotionen.  Ein  Analogen  zur  Theorie  der 
Kugelfunctionen.  Von  Carl  Neumann.  Leipzig  1867. 
Es  wird  wohl  kaum  nöthig  sein  an  die  Wichtigkeit  und  an  die  viel- 
fachen Anwendungen  der  Functionen  zu  erinnern,  welchen  die  vorlie- 
gende Schrift  gewidmet  ist.  Jeder,  der  sich  eingehender  mit  dem  Pro- 
bleme der  mathematischen  Physik ,  z.  B.  mit  der  Theorie  der  Bewegung 
der  Wärme  beschäftigt,  kennt  dieselben,  und  wird  daher  das  schöne 
Werkchen  von  Neumann  mit  Freuden  begrüssen.  Wiewohl  der  Herr 
Verfasser  in  der  Vorrede  die  Absicht  einer  umfassenden  Darsteliung  der 
ganzen  Theorie  dieser  merkwürdigen  Functionen  bescheiden  ablehnt,  so 
glauben  wir  doch,  dass  Demjenigen,  welcher  sich  behufs  der  Anwendung 
mit  den  wichtigsten  Eigenschaften  der  BesseFschen  Functionen  vertraut 
machen  will,  durch  das  vorliegende  Werk  nützliche  Dienste  geleistet 
werden ,  da  durch  die  äusserst  klare  und  elegante,  und  wie  uns  bedünkt, 
für  die  meisten  Zwecke  auch  hinlänglich  ausführliche  Darstellung  der 
wichtigsten  Sätze  und  Formeln  ihm  manches  mühsame  Nachschlagen  und 
Suchen  erspart  wird.  Es  soll  damit  natürlich  nicht  gesagt  sein,  dass 
dadurch  nun  dio  Acten  über  die  Theorie  der  Besserschen  Functionen 
als  geschlossen  zu  betrachten    seien.      Im  Gegen theil  Riwd  ^vt  ^^x  ^^^x- 


14  Literaturzeitung. 


■    — *^    .^-^S^    .^^    *-     ^-Tv-i'   *»•-<'>»  y-«l^  -."'**%•■  ^ 


nung,  dass  diese  Functionen  späteren  Forschungen  noch  ein  ergiebiges 
Feld  bieten,  welche,  in  gehöriger  Weise  verallgemeinert,  zu  wichtigen 
Aufschlüssen  über  allgemeine  Eigenschaften  gewisser  partieller  Differen- 
tialgleichungen führen  können.  Ein  solcher  Zusammenhang  mit  einer 
partiellen  Differentialgleichung,  die  für  die  Physik  von  grossem  Interesse 
ist,  findet  sich,  wiewohl  nur  als  nebensächlicher  Zweck  des  Herrn  Ver- 
fassers, in  dem  letzten  Abschnitt  des  in  Hede  stehenden  Werkes  ange- 
deutet, und  dieser  Zusammenhang  führt  zu  der  merkwürdigen  Entwicke- 
lung  der  Function  F<*^  für  ein  Argument,  das  die  Entfernung  zweier 
Punkte  ausdrückt,  nach  den  Bessel'schen  Functionen.  Die  Ilauptauf- 
gäbe  des  Verfassers,  deren  Lösung  ihm  in  völlig  befriedigender  Weise 
gelingt,  ist  der  allgemeine  Nachweis  der  Entwickelbarkeit  einer  Function 
eines  complexen  Arguments  nach  den  BesseFschen  Functionen,  und  die 
Feststellung  der  Grenzen  der  Gültigkeit  dieser  Entwickelung.  Das  Hülfs- 
mittel,  welches  zu  diesem  Ziele  führt,  ist  dasselbe,  welches  schon  von 
Cauchy  zur  Begründung  der  Taylorschen  Reihe  für  complexe  Argumente 
angewandt  wurde,  und  dessen  sich  der  Herr  Verfasser  schon  früher  zur 
Begründung  der  Entwickelung  nach  den  Kugelfunctionen  bedient  hat. 
Es  ist  die  von  Cauchy  aufgestellte  Formel: 


indem  die  Integration  sich  über  eine  beliebige  geschlossene  Curve  in 
der  2-Ebene  erstreckt,  in  deren  Innerem  die  Function  f  (z)  einwerthig 
und  stetig  ist.  Aus  dieser  Formel  lässt  sich  nun  immer  eine  Entwicke- 
lung der  Function  f  (c)  ableiten,  wenn  man  eine  entsprechende  Ent- 
wickelung von   -^ finden    kann.      Eine    solche   Entwickelung    liefert, 

wenn  es  sich  um  das  Taylor'sche  Theorem  handelt,  der  binomische 
Satz,  bei  der  Entwickelung  nach  Kugelfunctionen  das  Theorem  von 
Heine.     Es   ergibt   sich   dabei,    dass   die   Coefficienten   der  Entwicklung 

von  nach  steigenden  Potenzen  von  c   die   fallenden  Potenzen   von 

z — c 

2,  nach  Kugelfunctionen  der  ersten  Art  für  das  Argument  c  die  Kugel- 
functionen der  zweiten  Art  für  das  Argument  z  werden,  und  daraus 
entspringen  Entwickelungen  für  solche  Functionen,  die  iu  einem  zwie- 
fach zusammenhängenden  Gebiet  eindeutig  und  stetig  sind,  welche  im 
ersten  Fall  nach  steigenden  und  fallenden,  im  zweiten  nach  Kugelfunc- 
tionen der  ersten  und  zweiten  Art  fortschreiten.  Um  dem  entsprechend 
die  Entwickelung   nach  Besser  sehen  Functionen  zu  finden,  kam  es  also 

vor  Allem  darauf  an,  die  Function   nach    diesen    Functionen    zu 

z  — c 

entwickeln.   Die  Coefficienten  dieser  Entwickelung  sind  Functionen  von  r, 


Literaturzeifung.  15 

welche  Herr  Neumann  BesseVsche  Functionen  der  zweiten  Art  nennt,  und 
die  er  in  mannigfacher  Weise  ausdrücken  lehrt. 

Es  würde  zu  weit  führen ,  wollten  wir  hier  des  Weiteren  auf  die  Mittel 
eingehen,  durch  welche  der  Verfasser  diese  Kesultate  gewinnt,  nur  müssen 
wir  anerkennend  hervorheben,  dass  er  uns  den  Weg  zeigt,  der  mit  Sicher- 
heit, wenn  auch  nicht  mit  voller  Strenge  zu  dem  gewünschten  Ziele  ftlhrtf 
und  sich  nicht  damit  begnügt,  mit  dem  fertigen  Resultat  und  dem  zugehö- 
ligen  strengen  Beweis ,  der  übrigens  in  vollständig  befriedigender  Weise 
erbracht  wird,  uns  vor  Augen  zu  treten.  Der  erwähnte  strenge  Beweis 
beruht  auf  der  wirklichen  Summation  der  gefundenen  Reihe  und  ist  durch 
das  dabei  zur  Anwendung  gekommene  Prinzip  der  Aufstellung  einer  par- 
tiellen Differentialgleichung  erster  Ordnung  für  die  gesuchte  Summe  be- 
merkenswerth. 

Ein  anderer  Theil  der  Untersuchung  ist  derjenigen  Differentialgleichung 
zweiter  Ordnung  gewidmet,  von  welcher  ein  partikuläres  Integral  durch 
die  BesseVsche  Function  der  ersten  Art  gegeben  ist.  Hier  ist  nicht  etwa, 
wie  bei  den  Kugelfunctionen ,  die  BesseVsche  Function  zweiter  Art  das 
andere  partikuläre  Integral,  sondern  dieses  zweite  partikuläre  Integral 
wird  durch  eine  dritte  Function  ausgedrückt,  welche  gleichfalls  interes- 
sante Eigenschaften  besitzt,  die  zum  Theil  denen  der  BesseFschen  Function 
erster  Art  analog  sind.  Die  hierauf  bezüglichen  Untersuchungen  sind 
etwas  weitläufig  und  dürften  vielleicht  in  Zukunft  einer  einfacheren 
Darstelhing  fähig  sein,  was  auch  der  Verfasser  am  Schluss  des  dritten  Ab- 
schnittes anerkennt. 

Hoffen  wir,  dass  das  verdienstvolle  Werkchen,  dessen  Lektüre  bei  der 
bekannten  klaren  Darstellungsweise  des  Verfassers  eher  einer  Unterhaltung, 
als  einer  Anstrengung  gleicht ,  zur  Weiterverbreitung  der  Kenntniss  dieser 
so  interessanten  und  merkwürdigen  Functionen  beitragen  und  zu  weiteren 
Forschungen  über  dieselben  führen  möge. 

Heidelberg,  im  Januar  18G8.  Heinkich  Weber. 


Zeitschrift  für  Bibliographie  und  Geschichte  der  Hathematik  herausgegeben 
von  B.  BoNCOMPAGNi  in  Rom. 
Vor  wenigen  Wochen  erhielten  wir  die  nachfolgend  abgedruckte  An- 
kündigung einer  neuen  Monatsschrift: 

Lo  recueil  intitulö  ^yBullcUino  di  Bibliografia  c  di  Slon'a  delle  Scienze 
matemalichc  e  fisiche^'^  est  un  ouvrage  pcriodique  dont  on  public  chaque 
mois  un  cabier  de  trois  feuilles  au  moins,  et  de  cinq  au  plus.  Ces  cahiers 
se  vendent  n  Rome  dans  l'imprimeric  des  sciences  mathc^.matiques  et  phy- 
siques  (Via  Lata,  n**.  21.1  A)  au  prix  de  35  Centimes  la  feuillc.  Les  ^et- 
sonnes  qui  voudront  bicn  envoyer  des  t'crits  do«\l\T\6H  \v  ^Vt^  y^^\^.^  ^^kw?. 


16  Literattarzeitang. 

ce  tecaeil,  sont  priees  de  les  remetlre  an  buremn  de  U  poste  dans  des 
plis  adrefts^  ä  D.  B.  Boneompagni  a  Rome.  Cenx  de  ces  ecrits  qni  seront 
redig^  en  italien^  en  fran^aiB  on  en  latm,  seront  pnblies  textuellement 
dans  ce  Bnlletin. 

Wir  sind  äberans  begierig  auf  das  Erscheinen  dieser  Zeitschrift  selbst, 
f&r  deren  ansgezeichnete  Leistungen  der  Name  des  Heraosgebers  schon  im 
Voraus  bürgt.  Wir  treten  sicherlich  keinem  Gelehrten  irgend  eines  Landes 
zn  nahe ,  wenn  wir  die  Behauptung  aussprechen ,  dass  Prinz  Boncompagni 
dermalen  an  der  Spitze  derer  steht  ^  die  sich  gleichzeitig  mit  Greschichte 
und  Bilbliographie  der  Mathematik  beschäftigen.  Sein  Fleiss^  seine  sorg- 
same Mtihe,  sein  kein  Opfer  an  Geld  und  Zeit  scheuender  Eifer  haben  ihm 
diese  Stellung  angewiesen  und  befähigen  ihn  wie  keinen  Anderen  zur 
Mittelperson  europäischer'  Gelehrsamkeit.  Wir  wünschen  daher  dem  neuen 
Unternehmen  den  ergiebigsten  Erfolg  und  möchten  unsere  eigenen  wissen- 
schaftlichen Freunde  hiermit  öffentlich  zur  Unterstützung  desselben  auf- 
fordern.  Wir  furchten  dabei  nicht  mit  unseren  eigenen  redaction eilen  In- 
teressen in  Widerstreit  zu  gerathen,  da  es  selbstverständlich  ist,  dass  ein 
und  derselbe  Beitrag  sehr  wohl  gleichzeitig  in  deutscher  Sprache  in  unserer 
Zeitschrift  und  in  fremder  Sprache  im  Bulletino  Boncompagni  erscheinen 
kann. 

Oantor. 


Bibliographie 

vom  15.  December  1867   bis  1.  März  1868. 


Periodische  Schriften. 

Sitzungsberichte  der  Königl.  Sachs.  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften zu  Leipzig.  Mathem.-phys.  Ciasso.  1867.  1.  u.  2.  Heft. 
Leipzig,  Hirzel.  %  Thlr. 

Sitzungsberichte  der  Königl.  Bayer.  Akademie  der  Wissen- 
schaften.   1867.  Band  II,  Heft  3.  München,  Franz.  16  Ngr. 

Abhandlungen  der  Königl.  Gesellschaft  der  Wissenschaften 
zu  Göttingen.  13. Band  aus  den  Jahren  1866  und  1867.  Göttingen, 
Dieterich.  7  Thlr. 

Denkschriften  der  Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  zu 
Wien.     Mathem.-phys.  Classe.     27.  Band.     1867.    Wien,    Gerold. 

12%  Thlr. 

Journal  für  reine  und  angewandte  Mathematik  (begründet  von 
Grelle)  herausgegeben  von  C.  W.  Borchardt.  68.  Band.  1.  Heft. 
Berlin,  G.  Keimer.  pro  compl.  4  Thlr. 

Vierteljahresschrift  der  astronomischen  Gesellschaft,  heraus- 
gegeben von  C.  Bruhns.  2.  Jahrg.,  Heft  3  u. 4.  Leipzig,  Engelmann. 

k  %  Thlr. 

Annalen  der  Königl.  Sternwarte  bei  München,  herausgegeben 
von  J.  V.  Lamont.    15.  Band.    1867.    München,  Franz.         1%  Thlr. 

Astronomisches  Jahrbuch  für  das  Jahr  1870,  mit  Ephemeriden 
der  Planeten  (1)  — (93)  für  1868.  Herausgegeben  von  W.  Foerster. 
Berlin,  Dümmler.  3  Thlr. 

Wochenschrift  für  Astronomie,  Meteorologie  und  Geogra- 
phie, redigirt  von  E.  Heis.  Neue  Folge.  11.  Jahrg.  1868.  No.  1. 
Halle,  Schmidt.  pro  compl.  3  Thlr. 

Memorie  della  B.  Accccdemia  delle  scicnzc  dt   Torino.    Seriell, 

Tome  XXIII.  Torino,  Loescher. 

Indice  delle  maierie  contenute  nella  parte  J: 
Plana,  J.,  Memoire  sur  la  loi  du  refroidUsement  des  corps  sphöriques  etc. 
Genocchi,    A.,    Intorno  alla  formazione  ed  integrazione  d'alcune  equazioni 

differenziali  nella  teorica  delle  funzioni  ellitiche, 
Oovi,  G.,  Sulla  mitura  della  ampliflcazione  degK  strumeiUi  otlici  e  sul  uso  di 
un  megametro  etc. 


18  Literaturzeitung. 


Reine  Mathematik. 

Pfeiffer,  J.,  DieElemente  der  algebraischenAnalysis  zunächst 

für  seine  Schüler  zusammengestellt.  Leipzig,  Voss.  18  Ngr. 
Kiemann,  B.,   Ueber  die  Darstellbarkeit  einer  Function  durch 

eine  trigonometrische  Reihe.  Göttingen,  Dieterich.  24  Ngr. 
Reye,    Th. ,    Die    Geometrie    der   Lage.     2.  Abtheilung.    Hannover, 

Rümpler.  2  Thlr. 

Peterson,  K.,  Ueber  Curven  und  Flächen.    I.Lieferung.    Leipzig, 

Wagner.  %  Thlr. 

RiEMANN,  B. ,  Ueber  die  Hypothesen,  welche  der  Geometrie  zu 

Grunde  liegen.    Göttingen,  Dieterich.  12  Ngr. 

WiTTSTEiN,   Th.,  Lehrbuch  der  Elementarmathematik.    2.  Band, 

1.  Abtheilung.    Ebene  Trigonometrie.     2.  Aufl.     Hannover,    Hahn. 

%  Thlr. 

Angewandte  Mathematik. 

Schell,  0.,  Ueber  die  Bestimmung  der  Constanten  des  Polar- 

planimeters.  (Akad.)  Wien,  Gerold.  4  Ngr. 

FiLS,  A.,  Barometer-Höhenmessungen  im  Herzogthum  S.  Gotha. 

2.  Aufl.  Weissensee,  Grossmann.  %  Thlr. 
AsTRAND,  J.,  Neue  einfache  Methode  für  Zeit-  und  Längenbe- 
stimmung. (Akad.)  Wien,  Gerold.  8  Ngr. 

Oppolzer,  Th.,  Die  Constanten  der  Präcession  nach  Leverrier. 
(Akad.)  Ebend.  3  Ngr. 

AuwERS,  A.,  Bestimmung  der  Bahn  des  Cometen  III,  1860.  (Akad.) 
Berlin,  Dümmler.  %  Thlr. 

AuwERS,  C.  F.,  Untersuchungen  über  veränderliche  Eigenbe- 
wegungen. 2.  Theil.  Bestimmung  der  Elemente  der  Siriusbahn. 
Leipzig,  Engelmann.  2%  Thlr. 

Clausius,  R.,  Ueber  den  zweiten  Hauptsatz  der  mechanischen 
Wärmetheorie.    Ein  Vortrag.    Braunschweig,  Vieweg.  1  Ngr. 

BoLTZMANN,  L.,  Ucber  die  Anzahl  der  Atome  in  den  Gasmoleku- 
len  und  die  innere  Arbeit  in  Gasen.    (Akad.)   Wien,  Gerold. 

2  Ngr. 

Handl,  A.,   Beiträge    zur    Molekulartheorie.    I.    (Akad.)    Ebend. 

2  Ngr. 

Mohr,  F.,  Die  mechanische  Theorie  der  cbemischeu  Affinität 
und  die  neuere  Chemie.    Braunschweig,  Vieweg.  2  Thlr. 

MoiGNO,  A.,  Le^ons  de  mecaniquc  analytique^  redifjees  principalement 
dCapres  les  methodes  de  A.  Cauchy,  Vol.  I.  Statique,  Leipzig,  Alphons 
Dürr.  3%  Thlr. 


Literaturzeitung.  19 


Fhyuk. 

Mach,  E.,  Zwei  populäre  Vorträge  über  Optik.  Graz,  Leuschner  & 
Lubensky.  8  Ngr. 

Fkiesach,  K.,  üeber  den  Einfluss  des  den  Schall  fortpflanzen- 
den Mittels  auf  die  Schwingungen  eines  tönenden  Kör- 
pers.   (Akad.)    Wien,  Gerold.  2  Ngr. 

Stefan,  J.,  lieber  einen  akustischen  Interferenzapparat.  (Akad.) 
Ebend.  1%  Ngr. 

Weyr,  E. ,  Ein  Beitrag  zur  Theorie  transversal  -  magnetischer 
Flächen.   (Akad.)   Ebend.  3  Ngr. 

Jelinek,  C,  Ueber  die  Keduction  der  Barometerstände  bei  Ge- 
fässbarometern  mit  veränderlichem  Niveau.  (Akad.)  Ebend. 

2  Ngr. 

Hann,  "J.,  Ueber  den  Einfluss'  der  Winde  auf  die  mittleren 
Werthe  der  wichtigeren  meteorologischen  Elemente  zu 
Wien.  (Akad.)  Ebend.  4  Ngr. 

Meibauer,  0.,  Der  Novemberschwarm  der  Sternschnuppen.  Ber- 
lin, Lüderitz.  %  Thlr. 

Schneider,  J.,  Fernere  Nachrichten  über  die  Fortschritte  der 
Astrometeorologie.    3.  Fortsetzung.     Leipzig,    List  &  Francke. 

m  Thlr. 

GvihhEMiHy  A.y  Les  phenomenes  de  la  physique.  Ouvrage  illustre,  Pa- 
ris, Hachette  &  Co.  5V6  Thlr. 

Kadau,  K.,  Vacouslique  ou  Ics  phenomenes  du  son.   Ebend.  2  Frcs. 


Mittheilungen 

der  Verlagsbuchhandlung 


B.G.Teubner  ffi  in  Leipzig. 


Auszug  aus  No.  1.    1868. 
Notizen  über  künftig  erscheinende  Bücher. 


Mathematik,  Physik  und  technische  Literatur. 

Neue  Qeometrie  des  Baumes  gegründet  auf  die  Betrachtung 
der  geraden  Linien  als  Raumelement.  Von  C.  Pluecker, 
Prof.  an  der  Universität  zu  Bonn.     4. 

Die  analytische  Geometrie  der  Ebiene  gründet  sich  auf  die  Be- 
trachtung zweier  veränderlichen  Grössen,  die,  in  der  Ebene,  zur  Be- 
stimmung eines  Punktes  oder  einer  geraden  Linie  nothwendig  sind. 
Wenn  wir  uns  zu  den  Betrachtungen  im  Räume  erheben,  erweitert  sich 
der  Gesichtspunkt  dadurch,  dass  an  die  Stelle  von  zwei  Veränderlichen 
drei  treten,  von  denen  die  Bestimmung  der  Lage  eines  Punktes  oder 
einer  Ebene  im  Raum  abhängig  ist.  Indem  der  Verfa^er  die  gerade 
Linie  als  Raumelement  einfüfit,  treten  vier  Veränderliche  auf,  deren 
wir  bedürfen,  um  eine  gerade  Linie  im  Räume,  sei  es,  dass  wir  uns 
dieselbe  als  von  einem  Punkte  beschrieben  oder  als  von  einer  Ebene 
umhüllt  denken  zu  bestimmen.  Um  diese  neue  Anschauungsweise  frucht- 
bar zu  machen,  war  es  nothwendig,  eine  fünfte  Veränderliche  zur  Be- 
stimmung der  geraden  Linie  einzutuhren.  Dadurch  wird  die  analytische 
Darstellung  einfach  und  symmetrisch  und  es  eröffnet  sich  ein  unermess- 
liches  Feld  neuer  Untersuchungen ,  die  sich  nicht  auf  Geometrie  be- 
schränken, sondeni  auch  die  Mechanik  auf  neue  Principien  zurückführen. 

Uebungsbuch  zum  Studium  der  höheren  Analysis;  von  Dr. 

0.  ScHLOEMiLCH,  K.  S.  Hofrath  und  Prof.     gr.  8. 

Während  einer  zwanzigjährigen  Lehrerthätigkeit  hat  der  Verf. 
eine  reiche  Sammlung  von  neuen  Aufgaben  und  Beispielen  aus  der 
höheren  Analysis  und  deren  Anwendungen  auf  die  Geometrie  zusammen- 
gebracht, deren  Veröffentlichung  er  aus  zwei  Gründen  unteroimmt,  einer- 
seits weil  eine  möglichst  grosse  Auswahl  von  derartigen  Uebungen  immer 
wunschenswerth  ist,  hauptsächlich  aber  weil  selbst  die  wenigen  guten 
Bücher  dieser  Richtung  sehr  empfindliche  Lücken  zeigen.  Das  bekannte 
Werk  von  Sohncke  z.  B.  enthält  über  unendliche  Reihen  weniger,  als 
in  jedem  Lehrbuche  zu  finden  ist,  über  Doppelintegrale  ein  einzijzes 
Beispiel,  über  dreifache  Integrale  sowie  über  die  Integration  der  Dif- 
ferentialgleichungen gar  nichts  —  d.  h.  es  fehlen  gerade  ai^enigen  über- 
aus wichtigen  Partien,  ohne  welche  man  in  der  Mechanik,  mathema- 
tischen Physik,  physischen  Astronomie  ete.  auch  nicht  einen  Schritt  thun 
kann.  Ohne  die  elementaren  Theile  der  höheren  Analysis  irgendwie  zu 
vernachlässigen,  wird  das  angekündigte  Werk  den  genannten  schwie- 
rigeren Partien  besondere  Ammerksamkeit  widmen  und  durch  zahl- 
reiche mit  den  nöthigen  Erläuterungen  versehene  Beispiele  das  Studium 
dorRolben  zu  erleichtern  versuchen. 


Theorie  der  Bewegung  und  der  Kräfte.    Ein  Lehrbuch  der 

theoretischen  Mechanik,  mit  besonderer  Rücksicht  auf  die  Be- 

dürftiisse  technischer  Hochschulen  bearbeitet  von  Dr.  Wilh. 

Schell,  Prof.  am  Poljrtechnicum  zu  Carlsruhe.     Mit  vielen  in 

den  Text  gedruckten  Holzschnitten,     gr.  8. 

Das  unter  der  Fresse  befindliche  Buch  -wird  diejenigen  Partien 
der  Mechanik  im  Zusammenhange  systematisch  darstellen,  welche  eine 
rein  theoretische  Behandlung  gestatten  und  welche  die  Basis  für  die 
physikahschen  und  technischen  Wissenschafben  bilden.  Es  soll  die 
Grundlage  für  Vorträge  über  theoretische  Mechanik  an  technischen 
Hochschulen  bilden  und  insbesondere  den  Lehrgang  im  Grossen  und 
Ganzen  wiedergeben,  den  der  Verfasser  bei  seinen  eigenen  Vorträgen 
am  Polytechni^un  zu  Carlsruhe  einzuhalten  pflegt.  Das  Lehrziel  des- 
selben ist,  nicht  bloss  eine  Summe  von  Kenntmssen  zu  ^eben,  deren  der 
Techniker  in  seinem  Berufe  bedarf,  sondern  ihn  auf  eme  gewisse  Stufe 
mathematischer  Bildung  zu  erheben,  auf  welcher  er  mit  Leichtigkeit 
ein  mechanisches  Problem  seines  Faches  in  das  Gewand  der  mathema- 
tischen Untersuchung  einkleiden  kann  und  die  Mittel  und  Wege  kenne, 
welche  ihn  zur  Lösung  desselben  hinführen.  Daneben  soll  das  Buch 
allerdings  auch  ein  Werk  zum  Nachschlagen  sein  und  wird  ein  sorg- 
faltiges itegister  den  Handgebrauch  desselben  erleichtem. 

Methode  des  Buches.  Dasselbe  benutzt  durchweg  die  höhere 
Analysis  und  macht  insbesondere  einen  ausgedehnten  Gebrauch  von  der 
Methode  des  UnendHchkleinen,  im  strengen  Sinne  der  heutigen  Wissen- 
schaft. Indessen  ist  dies  nicht  so  zu  nenmen,  als  ob  dasselbe  fortwäh- 
rend an  der  Hand  der  Rechnung  entwickele;  vielmehr  wird  iu  vielen 
Partien  desselben  ein  synthetischer  Lehrgang  gewählt  und;  werden 
dessen  Resultate  rascher  durch  die  Rechnung  begründet.  Der  Zusam- 
menhang der  Mechanik  mit  den  neuereu  Forschungen  auf  dem  Gebiete 
der  syntnetischen  und  analytischen  Geometrie  wird  vollständiger  dar- 
gelegt werden,  als  es  bisher  in  den  Lehrbüchern  der  Mechanik  ge- 
schehen ist.  und  wird  der  Verfasser  nicht  ermangeln,  auch  auf  die  alier- 
neuesten  Theorien  des  Imaginären  und  seiner  Aiiwendung  auf  Mechanik 
die  gebührende  Rücksicht  zu  nehmen. 

Systematischer  Gang  des  Buches.  Der  erste  Theil,  die 
Geometrie  der  Bewegung,  behandelt  die  Aequivalenz  der  Bewe- 
gungsart eines  unveränderlichen  Systems  (Zusammensetzung  und  Zer- 
legung der  Translationen  und  Rotationen  um  parallele  Axen,  um  con- 
vergierende  und  gekreuzte  Axen,  die  Schrankenbewegung  etc.,  sowohl 
für  endliche  als  unendlichkleine  Amplituden;  Auwendungen  hiervon 
auf  besondere  Arten  der  Bewegimg  der  Systeme;  die  relative  Bewegung 
eines  Punktes  und  des  Systems,  und  entwickelt  einige  Gesichtspunkte 
für  die  Bewegung  bestimmter  Gattungen  veränderlicher  Systeme. 

Der  zweite  Theil  ist  der  Lehre  von  der  Geschwindigkeit  ge- 
widmet; der  dritte  behandelt  die  Lehre  von  der  Beschleunigung 
(in  demselben  werden  die  neueren  Theorien  über  das  Beschleunigunga- 
centrum,  Beschleunigungsaxen  etc.  Aufnahme  finden);  darin  wird  auch 
das  Wesentliche  über  die  Beschleunigungen  höherer  Ordnung  entwickelt 
werden.  Der  vierte  Theil  behandelt  die  Ursachen  der  Beschleunigung 
oder  die  Kräfte.  Die  Theorie  des  Gleichgewichtes  der  Kräft<j  macht 
einen  speziellen  Abschnitt  dieses  Theiles  aus. 

Das  Werk  erscheint  in  Lieferungen  zu  10  Bogen  und  wird  im 
Laufe  von  V/^  Jahr  vollendet  sein. 

Vorlesungen  über  analytische  Greometrie  des  Raumes,  ins- 
besondere über  Oberflächen  zweiter  Ordnung.  Von  Otto 
Hesse,  Prof.  an  der  Univ.  zu  Heidelberg.    Zweite  Aufl.  ;jrr.  8. 

Nachdem  das  Buch  schon  seit  einiger  Zeit  vollständig  vergriffen 
ist,  hat  der  hochverehrte  Verfasser  sich  entschlossen,  eine  zweite  Auf- 
lage zu  bearbeiten.  Dieselbe  wird  wesentlich  vermehi-t  im  Laufe  des 
BommvTH  18C8  erscheinen. 


Literaturzeitung. 


Recensionen. 

Nouvellet  tables  dlntigrales  dMniet,  par  D.  Bibrens  de  Haan.  Leide^ 
P.  Engels.  1867. 
Das  vorliegende  Werk  bildet  eintf  neue  Auflage  der  im  J.  1858  er- 
schienenen Tables  d*iniegrales  definies  desselben  Verfassers,  die  bereits  seit 
einiger  Zeit  vergriffen  waren.  Wie  sich  erwarten  Hess,  ist  diese  zweite 
Auflage  eine  vermehrte  und  verbesserte,  vermehrt  nämlich  durch  die  wäh- 
rend der  Zwischenzeit  bekannt  gewordenen  neuen  Kesultate,  verbessert  in 
so  fern,  als  es  dem  Verf.  durch  Kürzung  der  früheren  literarischen  An- 
gaben und  durch  Weglassung  allzu  bekannter  Formeln  gelungen  ist,  seinem 
Werke  eine  compendiösere  Gestalt  zu  verleihen.  Indem  Kef.  dem  Fleisse 
und  der  Gelehrsamkeit  des  Verfassers  von  Neuem  seine  höchste  Anerken- 
nung zollt,  wiederholt  er  gleichzeitig  den  schon  früher  ausgesprochenen 
Wunsch,  dass  es  dem  Verf.  gefallen  möge,  eine  ähnliche  Sammlung  dop- 
pelter und  mehrfacher  Integrale  herauszugeben. 

SCHLÜ  MILCH.  • 

Theorie  der  elliptischen  Functionen;  Versuch  einer  elementaren 
Darstellung  von  Dr.  H.  Dur^qb,  ordentl.  Prof.  am  Polytech- 
nikum zu  Prag.  Zweite  Auflage.  Leipzig,  B.  G.  Teubner.  1868. 
Da  es  dem  Verf.  hauptsächlich  um  eine  erste  Einführung  in  die 
Theorie  der  elliptischen  Functionen  zu  thun  ist,  so  hat  derselbe  in  der 
zweiten  Auflage  die  früher  benutzten  Methoden  beibehalten ,  welche  sich 
zwar  nicht  durch  Strenge,  wohl  aber  durch  eine  gewisse  Leichtigkeit  und 
Eiiifacliheit  empfehlen.  Gegen  diese  didaktische  Rücksicht  lässt  sich  im. 
vorliegenden  Falle  nichts  einwenden ,  weil  der  Verf.  seine  Leser  keines- 
wegs mit  der  Miene  verabschiedet,  als  ob  nun  die  ganze  Theorie  vollständig 
und  zweifellos  begründet  sei,  sondern  vielmehr  den  eigentlich  dunkelen 
Punkt  (die  unendliche  Vieldeutigkeit  der  Integrale  zwischen  complexen 
Grenzen)  ausdrücklich  hervorhebt  und  die  Mittel  zu  dessen  Aufklärung 
angiebt.  Bei  dem  Additionstheoreme  ist  zweckmässigerweise  die  Stürmische 
Methode  in  den  Vordergrund  gestellt  worden;  neu  luiizv\^^.V.<yKCKv^x\  v^Jv. ^v«w 

hil<  ralurzif^.  d.  ZoiUrhr.  f.  Malli.  ti.  IMiys.  XUl ,  3.  Nl 


S2  Literaturzeitung. 


lehrreicher  Abschnitt  über  das  Abel'sche  Theorem.  Und  hiermit  sei  das 
sorgföltig  gearbeitete  and  seinem  Zwecke  vollkommen  entsprechende  Werk 
von  Neuem  bestens  empfohlen. 

SCHLÖMILCH. 


In  den  Berichten  der  mathem.- physischen  Classe  der  königl.  Säch- 
sischen Gesellschaft  der  Wissenschaften,  1865,  findet  sich  eine  historische 
Bemerkung  des  Herrn  Baltzer,  in  welcher  ich  lese: 

„Was  nun  das  Wort  Million  anlangt,  so  war  ich  verwundert,  das- 
selbe beim  Numeriren  bis  zum  18.  Jahrh.  hartnäckig  vermieden  zu 
sehen." 
und  femer: 

„Die Million  gehdrt  also  gewiss  nicht  Girard,  vermuthlich  auch  nicht 
einem  altern  Arithmetiker;  erst  im  18.  Jahrh.  hat  Million  als  ab- 
stractes  Zahlwort  allgemein'em  Eingang  gefunden." 
und  endlich: 

„Man  wird  also  Girard  für  den  Autor  dieser  Bildungen*)  halten 
dürfen,  bis  Citate  aus  früherer  Zeit  aufgefunden  werden." 
Zu  diesen  drei  Aeusserungen  habeich  Folgendes  zu  bemerken:  Ob  ich 
nun  gleich  mit  Herrn  Baltzer  glaube,  il  milione  sei  eine  italienische  Bildung, 
meine  ich  doch,  dass  die  Franzosen  sie  zuerst  als  reines  Zahlwort  gebraucht 
haben.  In  der  Arithmeiique  de  Jean  Trenchani^  departie  en  irois  liures.  En* 
setnhle  un  petit  discours  des  changes^  avec  Vart  de  calculer  aux  Gelons^  wovon 
der  erste  Druck  im  J.  1557,  eine  neue  Auflage  1610  erschienen  ist,  findet 
sich  Seite  1 1 :  puis  iusques  ä  dix  cens  mile , .  qui  sont  un  milion :  put/s  iusques  ä 
dix  cens  millions,  qui  sont  un  miliaris  und  Seite  13:  ainsi  procedant  de  Heu  en 
lieuy  le  precedeni  vers  main  gauche  est  tousiours  decuple  de  son  sequet:  comme 
enseigne  Vechelle  de  numeration^  scavoir  est,  Nöbre^  dizeine^  centeine^  miiiers^ 
dizeine  de  miliers  ^  centeine  de  miliers  y  milions^  dizeine  de  milionSy  centeine  de 
milionSy  miliars^  dizeine  de  miliars^  centeine  de  miliar s^  miliers  de  miliars:  und 
Seite  15:  Soit  pour  exemple^  579,  S37.  420,  qui  s'exprime  579  milions,  S37 
millCy  420,  Parlant  qui  s^ait  nombrer  trois  figures,  c'est  depuis  les  cens,  il 
nombrera  facilement  tous  nombres. 

In  r Arithmetique  de  Jaques  Peletier  du  AJans,  Departie  en  quatre  liures, 
Troisieme  edition  reuend  et  augmentee.  Par  Jean  de  Tournes  M.  DC,  VII  finde 
ich  Seite  16:  La  forme  est  teile,  123  451  234  078  507  Le  premier  poinct  est 
sous  7,  qui  se  prend  en  sa  simple  et  naturelle  valeur :  le  second  est  saus  S  et  est 
le  siege  demil:  le  tiers  est  soits  4,  et  est  le' siege  de  Millions:  le  quart  est  sous  1  qui 
est  le  siege  de  Mille  Millions :  et  le  demier  sous  3 ,  qui  est  le  siege  de  MilUars : 

c'est  a  dire  millions  de  millions Et  partant,  la  figure  prochaine  vers  la 

senestre  (qui  est  au  second  Heu  apres  le  poincl  des  MiUiars)  signiße  dixaines 

V  BiUon,  Trilion,  Qaadrilion. 


Literaturzeitnng.  23 

de  Militärs  et  Vauire  figure  signifie  ceniaineSy  aussi  de  Milliars.  Hierdurch 
wird  es  deutlich,  dass  am  Ende  des  16.  Jahrh.  das  Wort  Million  in 
Frankreich  schon  allgemein  üblich  gewesen ;  und  dieser  Gebrauch  leuchtet 
noch  heller  hervor  ans  dem  Satze  des  Pelletier,  womit  er  die  Anwendung 
des  Wortes  Milliart  vertheidigt,  Seite  19:  Je  n*eusse  poinl  usurpe  ce  mot  de 
MiUiariy  rCeusl  ele  faulorile  de  Bude  au  Traicte  de  la  Liure  et  de  ses  parties: 
et  me  fusse  contente  de  demeurer  aux  Millions;  wodurch  er  also  aussagt,  dass 
dies  Wort  schon  allgemein  bekannt  war  und  also  keiner  Vertheidigung 
mehr  bedurfte. 

Im  Jahre   1607   schlug  Kobbert  Robbertz,   ein  Niederländischer 
Kechenmeister,  öffentlich  an,  die  Zahl 

1  357  328  400  000  76 1 010  843  278  140  030  045  728  345  730  285  927  003  2 10 
Uolländisch  auszusprechen.  Er  erhielt  darüber  folgenden  Brief  von  Jacob 
van  derSchuere,  Rechenmeister  zu  Haarlem: 

„Guter  Freund  Robbert  Robbertz.  Ihnen  sei  Seligkeit.  Gestern 
am  Mittage  ist  mir  einer  Ihrer  gedruckten  Zettel  zugekommen  mit  der  oben 
angegebenen  Aufgabe,  um  diese  Niederdeutsch  auszusprechen,  und  wie- 
wohl man  solches  früher  niemals  von  mir  verlangt  hat,  und  ich  auch, 
niemals  darüber  gedacht  habe  [ob  ich  gleich  ein  echter  Liebhaber  der 
echten  Niederdeutschen  *)  Sprache  sei] ,  so  sah  ich  mich  doch  genöthigt, 
sie  gut  Niederdeutsch  wiederzugeben ,  wie^s  hierunten  folget.  Ich  hätte 
sie  zwar  mit  tausendmal,  tausendmal,  tausendmal  u.  s.  f.  aussprechen 
können,  aber  das  würde  allen  Niederdeutschen  eine  ganz  zu  finstre  und 
schwindliche  Sache  gewesen  sein ....  Zu  Haarlem  in  meiner  Studirstube, 
als  Phöbus  fünfmal  hinter  Thetjs  mit  ihrem  Hunde  versteckt  gewesen, 
wieder  der  frohen  Aurora  folgend ,  uns  das  hellste  Weltlicht  angeboten 
hat  mit  einem  hell  leuchtenden  Antlitze  im  Jahre  1607. 

Ew.  dienstfertiger  Diener 

J.  van  der  Schuere."**) 
Die  Namen,   welche  er  zum  Benennen   dieser  Zahl   einführt,  sind: 


*)  Niederdeutsch  sagte  man  damals  für  Niederländisch. 

**)  In  der  Originalsprache  ist  der  Brief  folgender: 

Ooeden  Vriendt  Robbert  Robbertsz^  uUeden  ly  saligheydt,  Gesteren  middagh  is  my 
behandight  een  uwer  ghedruckie  Brief kenSf  met  de  bovengcstelde  opgave^  om  in  Neder- 
duyts  uyt  gesproken  te  hebben;  Ende  haewel  my  't  sehe  noyt  te  voren  af-geeysefU  is 
gcweest:  Ick  oock  noyt  sulex  overdacht  hebbe  (niet  legenstaende  ick  een  recht  bemmder 
der  rechte  Neder  -  Duylsche  sprake  ben),  too  beh  ick  noch  tansghedrongen  geweest, 
U  sclve  in  goed  Neder- Duyts  te  beantwoorden,  ah  hier  vofghet.  Ick  sonde  det  wel  met 
duysenlmael  duysentmael  duysent,  etc,  uylghesproken  hebben,  maer  dal  sonde  voor  al 
lemoel  de  Nederduytschen,  een  alle  malle  duysier  duyselinghe  gheweest  zyp ....  V  Haer- 
lern  in  myn  overdenckplaets ,  als  Phoebus  vyfmael  achter  Thetis  met  synen  hond  ge- 
scholen  hebbende^  wederomme  de  blyde  Aurora  volgende,  ons  is  gekomen  't  lichtste 
IVerrldlichl  voor dra gen  met  een  kJaerlachende  oenschyn,  in  't  jaer  1607, 

U,  licdcn  dicn8l-wUl\Q«u  Avenaer. 


24 


Literaturzeitung. 


0 

a 


erstes 

Glied  tausend 

zweites 

»> 

drittes 

»? 

viertes 

>? 

fünftes 

11 

sechstes 

)  4 

siebentes 

iy 

achtes 

ii 

neuntes 

«1 

erstes  Glied  tausend,  zweites  Glied  tausend,  drittes  Glied 
tausend*)  u.  s.  f.,  wo  wir  Million,  Billion,  Trillion  u.  s.  w.  aus- 
sprechen. Die  aufgegebene  Zahl  lautet  dann:  Ein  neuntes  Glied  tausend, 
drei  hundert  sieben  und  fünfzig  tausend  drei  hundert  acht  und  zwanzig 
achtes  Glied  tausend,  vier  hundert  tausend  siebentes  Glied  tausend  u.  s.  f. 
In  einem  zweiten  Briefe,  welchen  er  den  21.  December  1608  an  den- 
selbigen  Kobbert  Kobbertsz  richtete,  sagt  er  u.  m.:  ,tlch  meine  nicht,  dass 
Gott  mir  eine  neue  Zahlenbenennung  offenbart  hat,  sondern  dass  Er  mir^s 
im  Sinn  hat  kommen  lassen,  die  Fremdwörter  zu  verdeutschen  wie  folgt: 

million 

bimillion  oder  billion 

trimillion  oder  irillion 

quadrimillion  oder  quadrülion 

quintimillion  oder  quillion 

seximiUion  oder  sexillion 

septimillion  oder  sepiillion 

octomillion  oder  octillion 

nonemilliön  oder  nonillion 

und  so  weiter,  wie  gross  eine  Zahl  auch  sein  möge/' 

In  diesem  Briefe  spricht  v.  d.  Schuere  noch  von  den  französischen 
Schriftstellern  Jean  Gentils,  der  1554  in  Paris,  und  Estienne  de  la  Roche, 
der  1538  in  Lyons  Bücher  herausgegeben  hat,  worin  die  Benennung  der 
Zahlen  ganz  klar  und  deutlich  wird  angezeigt.  —  Diese  Bücher  sind  mir 
weiter  unbekannt;  ich  kann  also  keine  Nachrichten  geben,  welcher  Methode 
beim  Aussprechen  sie  folgten. 

Alle  diese  Schriftsteller  sind  älter  als  Girard,  der  seine  Prolation  erst 
im  Jahre  1629  veröffentlichte.  Wenn  ich  nun  in  Betrachtung  nehme : 

(i)    dass  Girard  seine  erste  Schrift  im  Jahre  1626  herausgab; 

h)    dass  er  immer  französisch  schrieb,  oder  in's  Französische  übersetzte; 

c)  dass  er  anfängt  in  den  Niederlanden  bekannt  zu  werden  um  die  Zeit, 
als  die  Hugenotten  in  Frankreich  durch  Richelieu  um  alle  ihre  Vor- 
rechte gebracht  wurden ; 

d)  dass  er  in  seinen  Schriften  dann  und  wann  seinen  Hass  wider  einen 
gewissen  Kardinal  nicht  verschweigen  kann**); 

dann  schliesse  ich  daraus,  dass  Girard  ein  geborener  Franzose  ist,  der 
wegen  der  Verfolgung  in  Frankreich  nach  den  Niederlanden  ausgewiesen 
ist  und  sich  in  Leyden  hat  niedergelassen.  Aus  seinem  Vaterlande  brachte 
er  die  Benennung  grosser  Zahlen  mit  nach  Holland,  wo  sie  jedoch  aus 
französischen  Büchern  schon  früher  bekannt  geworden  und  von  eini^-en 
schon  in  Gebrauch  gekommen  waren.    Wahrscheinlich  hat  er  im  Anfange 


*)  Eerste  lit  duysent^  tweedc  Hl  dni/sent^  der  de  lU  din/sctii  ^  c?n. 
**)  S.  n.  m,  anch:  Oruvirs  mnlh,  par  S,  Mnrolais.    Heueiie  pav  Alhcvt  Ghnrd,    1628. 


Li  toraturzeitung .  25 


die  holländische  Sprache  nicht  verstanden,  und  ist  also  fremd  gehlieheu 
van  der  Schuere's  Arbeit;  er  giebt  in  seiner  Prolation  die  Methode,  wie  sie 
schon  lange  in  Frankreich  üblich  war  und  sagt  auch  nirgendwo,  dass  es 
seine  Methode  sei;  doch  weil  seine  Werke,  hauptsächlich  seine  lieber- 
Setzung  von  Stevin,  mehr  verbreitet  worden  ist,  als  die  Bücher  anderer 
holländischer  und  französischer  Kechenmeister,  hat  man  ihm  eine  Ehre  zu- 
erkannt, die  er,  welch  ein  grosser  Mathematiker  er  auch  gewesen,  sich  .doch 
hiermit  nicht  verdient  hat. 

Aardenburg,  10.  Febr.  1868.         G.  A.  Vorsterman  van  Oven, 

Leh'cr  der  Math,  und  Phys. 


Bibliographie 

vom   1.  März   bis   15.  Juni    1868. 


Periodiflche  Schriften. 

Monatsbericht  der  Königl.  Preuss.  Akademie  der  Wissen- 
schaften. 1868.  No.  1.  Berlin,  Dümmler.  pro  compl.  2  Thlr.. 

Sitzungsberichte  der  Königl.  Bayer.  Akademie  der  Wissen. 
Schäften.  1867,  Band  II,  Heft  4  und  1868,  Band  I,  Heft  1.  Mün, 
eben.  Franz.  ä  16  Ngr 

Mittheilungen  der  naturforschenden  Gesellschaft  in  Bern' 
aus  d.  J.  1867.  Bern,  Huber  &  Comp.  1V4  Thlr. 

Archiv  der  Mathematik  und  Physik,  herausgeg.  von  J.  A.  Grunert. 
48.  Theil.  1.  Heft.  Greifswald,  Koch.  pro  compl.  3  Thlr. 

Reine  Mathematik. 

Dur^.ge,  H.,  Theorie  der  elliptischen  Functionen.  2.  Aufl.  Leip- 
zig, Teubner.  3  Thlr. 

ScHLÖMiLCH,  0. ,  Handbuch  der  algebraischen  Analysis.  4.  Aufl. 
Jena,  Frommann.  2%  Thlr. 

SoHNCKE,  L.,  Ueber  den  Zusammenhang  hypergeometrischer 
Keihen  mit  höheren  Differentialquotienten  und  viel- 
fachen Integralen.    Berlin,  Calvary.  12  Ngr. 

PRANGHorER,  J. ,  Beiträge  zu  einer  Abel'schen  Gleichung  und  zu 
einem  Satze  von  Parseval.  (Akad.)  Wien,  Gerold.  3  Ngr. 

Glasen,  B.,  Lehrbuch  der  ei  emen  taren  Algebra.  Luxemburg,  Bück. 

12  Ngr. 

Bkemiker,  C,  Logarithmisch-trigonometrische  Tafeln  mit  6  De- 
cimalstellen.     Neue  Stereotypausgabe.     1.  Lief.     Berlin,  Nicolai. 

12%  Ngr. 

Vega  ,  G.  V.,  Logarithmisch'trigonometrisches  Handbuch.  51. 
Aufl.   Berlin,  Weidmann.  154  Thlr. 

Burbach,  O.,  Grundriss  der  Planimetrie.  Weimar,  Böhlau.    %  Thlr. 

Feld,  A.,  und  ly.  Serf,  Leitfaden  für  den  geometrischen  Unter- 
r  i  c  h  t.  Cöln ,  Schmitz.  12  N^r. 


26  Litermtnrz/dtnDg. 

HmZf  C,  Lehrbuch  der  Stereometrie.    3.  Aufl.    Leipzig,  Winter. 

24  Ngr. 

UeiDT,  F.,  Die  Elemente  der  Mathematik.  3.  Theil:  Stereometrie. 
4.  Theil:  Trigonometrie.  Berlin,  6rote*sche  Verlagsh.  k  %  Thlr. 

Schell,  A.,  Geometrischer  Beweis  des  Lehmann^schen  Satzes 
dber  die  Lage  des  Standortes  in  Bezug  anf  das  Fehler- 
dreieck. (Akad.)  Wien,  Gerold.  5  Ngr. 

ExHEB,  K.,  Ueber  die  Maxima  und  Minima  der  Winkel,  unter 
welchen  Curven  von  Radien  durchschnitten  werden. 
(Akad.)  Wien,  Gerold.  3  Ngr. 

KiE88Li)fG,  H.,  Huyghens  de  circuli  magnitudine  incenia;  ein  Bei- 
trag zur  Lehre  vom  Kreise.   Flensburg,  Herzbruch.  16  Ngr. 

Angewandte  Katfaematik. 

MÜHLL,  K.  ▼.,  Ueber  ein  Problem  der  Kartenprojection.  Leipzig, 
Ilinrich«.  %  llilr. 

Peschka,  G.,  und  E.  Koutny,  Freie  Perspektive  in  ihrer  Begrün- 
dung und  Anwendung.   Hannover,  Kämpler.  3^  Tbir. 

KciTZ,  F.  H,,  Theorie  des  Amsler'schen  Planimeters.  Hamburg, 
Grüning.  6  Ngr. 

HöLTSCHL,  J.,  Das  Pothenot'sche  Problem  in  theoretischer  und 
praktischer  Beziehung;  nebst  einem  kurzen  Anhang  über 
das  Hansen'sche  Problem.  Weimar,  B.  Fr.  Voigt.  %  Thlr. 

Frischauf,  J.,  Theorie  der  Bewegung  der  Himmelskörper  um 
die  Sonne  nehst  deren  Bahnbestimmung  in  elementarer 
Darstellung.    Graz,  Leusebner  &  Lubensky.  16  Ngr. 

Spoerer,  Beobachtungen  von  Sonnenflecken.  No.  III.  Anclam, 
Dietze.  %  Thlr. 

Kepleri,  J.,  Opera  omnia,  ed,  Ch.  Frisch.  Vol.  VII.  Frankfurt  a.  M., 
Heyder  &  Zimmer.  5  Thlr. 

Physik  und  Meteorologie. 

Emsmann,  A.  II.,  Physikalisches  Handwörterbuch  für  Jeder- 
mann. 2  Bde.  2.  Aufl.  Leipzig,  O.  Wigand.  5%  Thlr. 

Frick,  J.,  Anfangsgründe  der  Naturlehre.  6.  Aufl.  Freiburg  i.  Br., 
Wagner.  27  Ngr. 

Greiss,  C.  B.,  Lehrbuch  der  Physik  für  Realschulen  und  Gym- 
nasien. 2.  Aufl.  Wiesbaden,  Kreide].  1V4  Thlr. 

Fortschritte  der  Physik  im  J.  1865.  Dargestellt  von  der  physikali- 
schen Gesellschaft  zu  Berlin.  Berlin,  G.  Reimer.  2}^  Thlr. 

Wachsmutii,  A.,  Ueber  die  Ströme  in  Nebenschliessungen  zu- 
sammengesetzter Ketten.  (Akad.)  Wien,  Gerold.  2  Ngr. 

Maoener,  A.,  Das  Klima  von  Posen.  Resultate  der  meteorologischen 
Beobachtungen  zu  Posen  von  1848  bis  1865.  Posen,  Lissner.   1%  Thlr. 

Bruiins,  C,  Resultate  aus  den  meteorologischen  Beobachtungen 
im  Königr.  Sachsen.    1866.   Leipzig,  Günther.  21/^  Thlr. 

Dove,  H.  W.,  Der  Schweizer  Föhn.  Nachtrag  zu  „Eiszeit,  Föhn  und 
Scirocco".  Berlin,  D.  Reimer.  6  Ngr. 

Wild,  H.,  Ueber  Föhn  und  Eiszeit.  Rectoratsrede.  Bern,  Jent  & 
Reinert.  8  Ngr. 


Mathematisches  Abhandhmgsregister. 


Erste  Hälfte:  1.  Januar  bis  30.  Juni. 


A. 

Analytische  Geometrie  der  Ebene. 

1.  Note  8ur  une  irans/ormntion  giomitriqüe,     Cayley.     CreUe  LXVII ^  95.     [Vergl. 

Bd.  XII,  Nro.  186  ] 

2.  On  tanfffntitU  coordinales,     Routh,     Quart,  Joum,  math,  Vlll ^  111. 

3.  Some  formulat  in  triiinear  coordinaies.    Walker.    Quart,  Joum.  math,   F///,  164. 

4.  Die  Gleichungen  der  regulären  Vielecke  und  Zerlegung  derselben  in  Gleichungen 

niederer  Grade.     Schoeuborn.     Grün.  Archiv  XLVI,  425. 

5.  On  the  geomeiry  of  Ihe  trianyfe.     Griffiths,     Quart.  Journ.  math,  VI  11^  50. 

6.  Ueber  das  aus    den  Medianen    eines   gegebenen  Dreiecks    gebildete  Dreieck. 

Grunert.     Grün.  Archiv  XLVI,  340. 

7.  Invcstiqation  of  the  enveiope  of  the  straight  line  joining  the  feet  of  the   perpendi- 

cularH  let  fall  on  the  side»  of  a  triangle  from  any  position  in  the  circumference 
of  the  vircuniscrihed  circle.     Frerrers,    Quart,  Joum.  math.   VIII ^  209. 
Vorgl.  Bipolarcoordinatcn.     Brennpunkte.    Ellipse.    Hyperbel.    Kegelschnitte. 
Kreis.    Kreisiinicncoordinaten.    Lemniscaten.    Normalen.    Parabel. 

Analytische  Geometrie  des  Saumes. 

8.  Analytisch -geometrische    Entwicklungen.     Enneper.      Zeitschr.    Math.    Phys. 

XII,  123.     [Vergl.  Bd    X,  Nro.  269.J 

9.  Ueber  Strahlensysteme  der  ersten  Ordnung  und   der  ersten  Klasse.     O.  Her* 

mes.     Grelle  LXVII,  153. 

10.  Untersuchungen  über  Strahlen  quadrupel.    Hermes.    Grelle  LXVII,  279. 

1 1 .  Sur  certains  paradoxes  giomitriques ,  qui  s'expfiquent  par  le  didoublement  des  iqua- 

tions  donnies.    Mathieu,    N.  ann,  math.  XXVI,  Vll, 

12.  On  an  integral  expressinq  the  ränge    of  conditiuned  variables,     Mo  nro,     Quart, 

Joum.  math.  VIII,  278. 

13.  Ueber  die  Curvo,   welche  aus  einem  Ringe    mit   kreisförmigem  Querschnitte 

durch  eine  Doppeltangentialebene  ausgeschnitten  wird.    Eckardt.  Zeitschr. 
Math.  Phys.- XII,  183. 

14.  Sections  planes  de   la  sur  face  de  rivolution  engendrie  par  une  ellipse  de  Cassini 

tournant  autour  de  son  axe  non-focal.     Arm.  Levy,     N.  ann,  math,  XXVI,  73. 
Vergl.   Determinanten  in  geometrischer  Anwendung.     Ellipsoid.     Geodätische 
Linien.    Normalen  134.     Oberflachen.     Oberflächen  zweiter  Ordnung. 

Approximation. 

15.  Calcul  approxtmatlf  de  la  racine  carrie  et  de  la  racine  cubique  d'un  nombre  anec 

m  chiffrts  exacis.     Ruchonnet,     N.  ann    math,  XXVI ,  84. 
Vergl.  Kettenbräche  109. 

Astronomie. 

16.  On  the  lunar  theory,     Walton,    Quart.  Joum,  math,  VIII,  297. 


28  Liiteraturzeitiing. 


17.  On  an  etemetUary  proposition  in  aiiractions.     Honth,     Quart.  Joum.  Vllt,  320. 
Vergl.  Potential. 


BenePsehe 

18.  lieber  die  Entwicklung  beliebig'  gegebener  Funktionen  nach  Besserschen  Funk- 

tionen.   Nenmann.    Grelle  LXVII,  310. 

Beitimmte  Litagnde. 

19.  A  demonsiration  of  Fourier's  theorem,     Walton,     Quart.  Joia'n.  math.  Vlll^  136. 

20.  Ueber  einige  Sätze  ans  der  Theorie   der  6 -Funktionen.     Knneper.     Zeitschr. 

Math.  Phys.  XII,  79. 

21.  Ueber    die    Entwickelbarkeit    des    Quotienten    zweier    bestimmten    Integrale. 

Schlaefli.     Grelle  LXVII,  183. 

22.  On  tke  expannbiHty  of  a  muttiple  integral.  Seklaefd.  Quttrt.  Joum.  math.  rill,  370. 
Vergl.  Analytische  Geometrie  des  Baumes  12.    BessePsche  Funktionen.    Gamma- 

funktionen.    Kettenbriiche  110.    Ultraelliptische  Transcendenten. 

Bipolarcoordinaten  ■ 

23.  Gleichung  der  magnetischen  Curven.    Zech.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  277. 

Biquadratiiehe  PomieB. 

24.  Zur  Theorie  der  binären  Formen  vierten  Grades.   G  leb  seh.   Grelle  LXVII,  371. 

Brennpunkte. 

25.  On  the  formulae  wkick  connect   the  foci  of  a    conic  subject   io    three    condäions, 

Burnside.     Quart.  Joitrn,  math.  Flli ^  31. 

c. 

Combinatorik. 

26.  On  pttrtition  and  tunu  of  powert  of  numhert,     Scott.     Quart.  Journ.  math.   Fl II, 

21.     [Vergl.  Bd.  XI,  Nro.  243.] 

27.  On  the  problem  of  the  fifteen  schoolgirfs.   Power.    Quart.  Journ.  math.   VIII,  263. 

28.  Du  chemin  minimum  d'un  sommet  d'un  carre   au  sommet  oppose  par  Uynes  örisees, 

Gayon.     N.  ann.  math,  XXVI,  182. 

29.  On  nasik  cuhes.     Frost.     Quart.  Journ.  math.   Vlll,  74. 
Vergl.  Wahrscheinlichkeitsrechnung. 

Cnbator. 

30.  Sur  les  secteurs  termines  tVune  part  par  une  nurface  conique  et  de  l'autre  par  une 

surface  quelconque.     Kretkowski.     N,  ann.  math.   XXVJy  227. 

Cabisohe  Formen. 

31.  Ueber  simultane  binäre  cubische  Formen.     Glebsch.     Grelle  LXVII,  360. 


Determinanten. 

32.  Darstellung  symmetrischer  Funktionen  durch  die  Potenzsummen.   H.  Hankel. 

Grelle  LXVII,  90. 

33.  SidC  usa  dei  detemdnanti  per  rappresentare  la  somma  delle  potenze  intere  dei  nu- 

meri  natureUi.     Siacci.     Annali  mat.  VII,  19. 

34.  Notes  on  determinants.     Homer,     Quart,  Journ,   VIII,  157. 
Vergl.  Elimination.    Invarianten. 

Determinanten  in  geometrischer  Anwendung. 

35.  Analytical  metrics.   Clifford.   Quart.  Journ.  math.  VIII,  16,  119.    [Vergl.  Bd.  XI, 

Nro.  250.] 

36.  A  consequence  of  Abr,  Coyley's  theory  of  skew  determinaftts  conccrning   the   dis' 

placement  of  a  rigid  System  of  an  eoen  number  of  dimensions  ahout  a  fixed  ori- 
gin.     Schlaefli.     Quart,  Joum,  math,  VIII,  167. 

37.  Ueber  die  Steiner'sche  Fläche.     Glebsch.     Grelle  LXVII,  1. 


Literaturzeitung.  29 


:{8.  Zar  Theorie  der  windschiefen  Flächen.    Lüroth.     Crelle  LXVII,  130. 

39.  Ueber  einige  Identitäten.     Hunyady.     Zeitsehr.  Math.  Phys.  XII,  89. 
Vergl.  Sphärik  173. 

Differentudgleiohongen. 

40.  Ueber    die    Bedinji^ungen    der    Integrabiiität    einiger    Differentialgleichungen. 

Letnikow.     Zeitsehr.  Math.  Phys.  XII,  223. 

41.  Zur  Theorie   der   linearen  Diiferentiulgleichangen.     Dienger.     Grün.  Archiv 

XLVI,  34. 

42.  On  tinear  differential  equations  with  particular  integrais  all  of  (he  same  form,  Steen, 

Quart.  Joum.  math.   Vlll^  228. 

43.  On  tinear  differential  equations  of  the  third  order,     Cookie,     Quart.  Joum,  math, 

VlJi,  373.     Lyergl.  Bd.  XI.  Nr.  268. J 

44.  Zur  Integration  einer  Differentialgleichung  erster  Ordnung  mittelst  Aufsteigen 

zu  höherer  (zweiter)  Ordnung.     Dienger.     Grün.  Archiv  XLVI,  317. 

45.  Integration  der  Differentialgleichung  x  — -  +  ^  ~i  ^^  '^  ( ^  ^^     "H  ^'V/y  '^^ 

hm7  a*jc 

welcher  A,  x   und  ii  constante  Zahlen   bezeichnen.     S.   Spitzer.     Grün. 
Archiv  XLVI,  25. 

46.  Sur  les  equations  simultanies  homogenes,    Catalan,   Annali  mat.  f^II y  6^.  -^  Tor- 

tolini  ihid,  70. 

47.  Solution  ofa  partial  differential  equation.  Schlaefli.   Quart,  Joum,  math.  VUl,  262. 

Vcrgl.  Funktionen  57. 

Differentialqnotieiit  , 

48.  On  Interpolation  with  reference  to  developmeni  and  di/ferentiation,     S.  Roberts. 

Quart.  Joum,  math,  VIII,  62,  139.     [Vergl.  Bd.  XI,  Nro.  259.] 

Drehongfmittelpimkt. 

49.  Siäle  proprietd  geometriche  e  dinamiche  de*  centri  di  percossa  ne  moti  di  rotazione, 

Chelini.     Annali  mat.   VII,  217. 


Elixnination. 

50.  Solution  of  a  problem  of  elimination.     Cagley,     Quart.  Joum.  math,   yjll ,  183. 

Ellipse. 

51.  Construction  des  axes  d'une  ellipse  donnee  par  deux  diametres  conjugu^s,    Trouillet, 

N.  ann.  math.  XX VI,  181. 
Vergl.  Quadratur  163.  , 

Ellipsoid. 

5'i.  Construction  der  Intensitätslinien    eines  dreiaxigen   Ellipsoids  mit  Benutzung 
einer  Kugelscala.     Koutny.     Grün.  Archiv  XLVI.  49. 

53.  Eine  stereometrische  Schulaufgabe,  welche  zu  einer  leichten  Inhaltsbestimmung 

eines  Ellipsoides  führt.    Martus.    Grün.  Archiv  XLVI,  419. 

F. 

Faktorenfolge. 

n 

54.  Ueber  die  Entwicklung  des  Produktes  71  (j?)  =  1  (1  +  j:)  ( l+2a;) . . .  (1  +(n  —  1)  x). 

Schlaefli.     Crelle  LXVII,  179. 

Funktionen. 

55.  Tronver    la    forme    giner ale  d'une   fonction    teile    que    <p  (x  +  y)  .  qp  (x  —  y)  = 

[qp(x)  +  qp(y)]  .  [qp(x)  —  qp(y)].     lioux.     N.  ann.  math,  XXVI,  74. 

56.  Sur  les  fonctions  pModiques,     Laurent.     N,  ann,  math,  XXVI,  267. 

57.  Beweis  der  Formel   c"^*  =  co«  j;  +  i  .  sin  x.     K.  L.  B  a  u  e  r.      Grün.    Archiv 

XLVI,  366. 

58.  Zerlegung  des  Productos  von  4  Monomen  ersten  Grades  in  die   algebraische 

Summe  von  8  vierten  Potenzen  von  Quatrinomen  ersten  Grades.    Tardy. 
Grün.  Archiv  XLVI,  324. 


30  Liieraiarzcitung. 

Vergl.  Bessersche  Fonktiooeii.  Determinanten.  Faktorenfolge.  GaraauifuilL- 
tiouen.  Homogene  Funktionen.  Inrarianten.  Kettenbruche.  Kagelfonk- 
tionen.    Ultmelllptbche  Transcendenten. 


59.  Ueber  die   Gammafnnktionen    fl—j»   ^\zj  •  •  •»   ^\~~I — )nud  einen    die- 

selben betreffenden  Satz  von  Legendre.     Stern.     Grelle  LXVII,  114. 

OMditiielie  Liaien. 

60.  HUoUtzione  del  problema:  riportare  i  punti  di  una  superficie  sopra  un  piano  im  modo 

che  le  Kmee  geodetieke  vengano  rapprtscniate  da  Hnee  reUe.     DeliramL     An- 
wdi  maL  VlI,  185. 

Geometrie  (deeeriptiTe). 

61.  Perspectiviscbe   Darstellung    der   ebenen  Schnitte    von    Kegel-  und   Gylinder- 

flächen.     Koutny.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  195. 
Vergl.  Ellipsoid  52. 

Oeometrie  (höhere). 

62.  Demonstration  des  relations  plückeriennes.     Zeuthen.     N.  ann.  math.  XX y/,  200. 

63.  Sulf  innersione  quadiica  delie  curve  piane.     Ilirsl.     Annati  mal.   1^1 1,  49. 

64.  Sur  tu  diminuiion  de  la  clasxe  d^une  courbe,    Painvin.    S.  ann.  miilh.  XXf^J,  113. 

65.  Mouvement  tfune  ßgure  qui  reste  t->ujours  sembUthte  ä  une  fiyure  donnee.    Durand. 

N.  ann,  mat/u  XXFI,  80. 

66.  Sur  /es  rourhes  du  troisieute  ordre.     Sartiaux.     iV.  ann.  math,  XXyi,  68. 

67.  Ueber  die   9   Sclmittpuuktc  zweier   Curven    dritten   Grades.     Geiser.      Grelle 

LXVn,  78. 

68.  Sur  (es  dependances  mutuelles  des  tamgenles  douhtes  des  coitrbes  du  qualrieme  detjre. 

Steiner.     //.  ann.  math.  XXFll  241. 
Vergl.  Kettenbrüche  107.     Kreis  115. 


Geschichte  der 

69.  Le  Messähat  de  Mohammed  ben  Moussa  ai  hharrzmi.     Aristide  Marre.      Annali 

mat.   VlI,  269. 

70.  Abraham    JudUus    Savasorda    und    Ibn    Esra.       Steinschneider.       Zeitäclir. 

Math.  Phys.  XII,   1. 

71.  Sur  Petrus  Adsiqerius  et  !e.s  plus  anciennes  ohxervalinns   de   la  declinaison   de  Vai- 

guille  aimantve.      H'enckehach.     Annali  mat.   l^II,  159. 

72.  Sotice  bio(praphique  sur  Edmond  Bour  f  $  Mars  IS66.    M.  ann.  math.  XX^l,    145. 

73.  Nekrolog    von    G.   K.   G.    von   Staudt    f    l.   Jnni    1867.      Borchardt.      Grelle 

LXVII,  217. 

Gleichungen. 

74.  Demonstration  d'un  theoreme  de  M.  Sylvester  compvenant   ta  riqle  de  Sewton  sur  le 

nombre  des  racines  imaginaires.     Genocchi.     S.  ann.  mat  lt.   A'.VF/,  5. 

75.  Theorcmex  qeneraux  sur  les  eqnations  algebriqucs.  Poulain.  S.  ann.  math.  XXyi,  21. 

—  Maffiotli  Und,  76,  78.    [Vergl.  M.  XII,  Nro.  283.] 

76.  Ueber  die  Zerlegung  einer  ganzen   rationalen   Funktion   in   Faktoren.     Bret- 

schncidcr.     Gruu.  Archiv  XLVI,  422. 

77.  Etant   donni'c   une  cqualion  reciproque  f  (x)  =  0    quelles  sunt   les   cunditions   nccts- 

saires  et  süffisantes  pour  que  Cequalion   en  y  obtinuc  en   posant  x  -| ==  y  soit 

elle-meme  reciproque*^     Giard.     N,  ann.  math.  A'A'AV,   120. 

78.  Kennzeichen  ob  eine  Gleichung  dem   numerischen  Wertlie   nach    gleiche,   dem 

Vorzeichen  nach  entgegengesetzte  Wurzelu  besitze.    Franz  Müller.    Grün. 
Archiv  XLVI,  32. 

79.  Limites  des  racines  d'une  equation  de  degri  pair,   dont  les  tcrmes  sont  altemative- 

ment  positifs  et  negatifs.     Laisant,     A'.  ann.  math,  XXP'l,  31. 

80.  Limites  des  racines  (Tune  equation  de  degre  impair  ^   dont   les  termes  sont  aiterna- 

tivement  positifs  et  nt^gatifs.     Laisant,     y,  ann,  math.  A'AF/,  35. 

81.  Risoinzione  di   un  problema    relativo   ail*   equazioni   di    terzo  yrado.      Tortolini, 

Aa/iaU  mat.  VH,  297. 


Liieraturzeitung.  3 1 

^       .   ■ 

82.  Sur  le  catt  irreductihle  de  Viquation  du  iroUieme  degre,     ff  ermann,     N.  ann, 

math,  XXri,  270. 

83.  RechervIu'K  sur  les  iquations    du   cinquietne   degre,  •  M.   Roberts.     Annali  mat, 

FII,  257. 
81.  Valeur  de  coefficieni  de  la  premiere  puissance  de  l'inconnue  dans  une  iquation  du 

cinquieme  def/re  expriinee   par  les  racines  de  V iquation,     Gayou,     N.   ann, 

math.  XXFIy  37. 
85.  Sur  Vordre  des  conditions  de  la  coexistenee  des  Squations  algebriques  ä  plusieurs 

variables,     S,  Roberts.     Grelle  LX^II,  266.     [Vergl.  Bd.  XII,  Nro.  242.] 


Homogene  Punktionen. 

86.  Ueber  einen  besonderen  Fall  der  orthogonalen  Substitutionen.   Stern.  Grelle 

LXVII,  293. 
Vergl.  Biquadratische  Formen.      Cubische  Formen.      Determinanten.     Inva- 
rianten. 

Homographie. 

87.  Nouvelle  theorie  du  deplacement  continu    d'un  corps   soKde.     Picart,     N,  ann, 

math.  XXFi,  158. 

Hydrodynamik. 

88.  Sur  Vequilibre  des  fluides.     Moi^tier,     N.  ann.  math.  XXVI,  216. 

89.  0«  metacenlre  in  a  liquid  of  variable    density.     Besant,     Quart,   Journ,  math, 

rili,  75. 

Hyperbel. 

90.  Ueber  eine  Eigenschaft  der  Hyperbel.     Thiel.     Grün.  Archiv  XLVI.  45. 

91.  Ueber  einen  Satz  von  der  Hyperbel.     Gruuert,     Grün.  Archiv  XLVI,  337. 

92.  Enveloppe  des  polaires  de  tous  les  points  d'une  parabole  par  rapport  ä  un  verde 

ai/ant  pour  centre  le  sommet  de  la  parabole.   Nouaux,   N,  ann,  math,  XXVI, 
38.  —  De  Grossouvre  ibid,  40. 
Vergl.  Normalen  133. 

Hypergeometrische  Reihe. 

Vergl.  Kettenbrüchc  108. 

I. 

Imaginäre!. 
Vergl.  Funktionen  57.     Gleichungen  74,  75. 

Invarianten. 

93.  Degli  itwarianti  e  covariante  delle  forme  hinarie  ed  in  particolaie  di  quelle  di  3^ 

e  4^  grado.     Siacci.     Annali  mat.   VI/,  70. 

Kegelaehnitte. 

94.  On  the  foci,  axes  and  asymptotes  of  couics  refcrred  to  trilinear  coordinates.   Jef- 

/Vry.     Quart,  Journ.  utnlh.   VII l^  348. 

95.  Demonstration   de  quelques    thcoremes  par  la  Iransformation    polaire,     Picquet, 

N.  ann.  math,  XXVI,  89. 

96.  Theorems  relating  to  the  group  of  conics  passin  ff  throuyh  four  given  points,    Fer- 

rers.     Quart.  Journ.  math.   VIII,  259. 

97.  On   the  conics  which  pass  throuqh  Iwo  given  points  and  touch   two   given    lines, 

Cayley.     Quart,  Journ,  math.   VIII,  211. 

98.  Theorem  relating  to  the  four  conics  which  touch  the  same  two  lines  and  pass  through 

the  same  four  points.     (layley.     Quart,  Journ.  math.   VI If,  162. 

99.  On  the  conics  which  touch  three  given  lines  and  pass  through  a  given  point.    Cayley, 

Quart.  Journ,  math,  VIII,  220. 

100.  On  some  special  forms  of  conics.     Taylor,     Quart.  Journ.  math.   VI/I,  126,  343. 

101.  On  some  special  forms  of  conics.     Salmon.     Quart.  Journ.  math,  VII I,  235. 

102.  Bemerkung    hinsichtlich    der  Priorität   einiger  Sätze    über   confocale  Kegel- 

schnitte.    LoÄimel.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  «il^. 


32  Literaturzeitung. 

103.  On  u  locus  in  relation  io  the  iriangfe.     Cayley,     Quart,  Journ.  math.  VUl,  264. 

104.  Lien  giomitrique  engendre  au  mögen  de  deux  coniques  homofocales.     Bertrand, 

y.  ann.  math,  XXri,  278. 

105.  On  a  locus  derived  from  two  conics.     Gay  leg.     Quart.  Journ,  math.   VIH,  77. 

106.  Elementar- geometrischer  Beweis   des   Satzes:   die   Kegelschnitte   werden   von 

den  in  den  Kegel  gelegten  Kugeln  in  ihren  Brcünpankten  berührt.     Fre- 
senius.    Grün.  Archiv  XLVI,  321. 
Vergl.  Brennpunkte.     Ellipse.     Hyperbel.     Kreis.     Normalen.     Parabel. 

Kettenbräche. 

107.  Geometrische  Deutung  der  Kettenbräche.    Lieblein.     Zeitschr.  Math.  Phys. 

XII,  185. 

108.  Ueber  die  Kettenbruchentwicklung  des  Gauss'schen  Quotienten 

^^"\v"^^^'^/''^^'     Thom^.    Grelle  LXVII,  299. 

n 

109.  Verwandlung    der    irrationalen  Grösse  Y   in    einen  Kctteubruch.      Seeling. 

Grün.  Archiv  XLVI,  80. 

/. 

110.  lieber   den    Kettenbruch,    in    welchen    sich     i  f(z)  .—-.    verwandeln     läset. 


Ich  Jnz).jz. 


^  z 

Heine.    Grelle  LXVII,  315. 

XreiB. 

111.  Theorem  concerning   six  points   on    a  circle,     Griffiths.      Quart.   Journ,   math, 

Vlll,  341. 

112.  On  the  nine-point  circle,     Oriffithft.     Quart,  Journ,  math.    yill,   15. 

113.  Geometrical  theorems  concerning  circies,    H^'aiker.    Quart.  Journ.  math.  yill^Al. 

114.  Theoreme  ayant  Heu  lors  de  la  tran/t/bi'mation  de  deux  cercles  en  deux  autres  p<rr 

rayons  vecteurs  reciproques,     Faison,     A.  ann.  math.  A'A'F/,  184. 

1 15.  Investigations  in  connexion  with  Casey*s  equation  of  a  paiv  of  circies  touching  each 

of  three  given  circies,     Cayley.     Quart,  Journ,  math,  VlJl,  334. 
Vergl.  Rectification  166. 

Kreislinien  -  Coordinaten. 

116.  Grundzüge  eines  Kreislinien -Coordinaten   Systems.     Gyurkovich.     Zeitschr. 

Math.  Phys.  XH,  265.     [Vergl.  Bd.  XII,  Nro.  302.) 

Kreistheilong. 
Vergl.  Zuhlentheorie  191. 

Krümmong. 

117.  On  formulae  of  curvature   in  terms    of  trilinear  coordinales.      H'alton.      Quart. 

Journ.  math.   VUl,  39. 

118.  Relation  entre  les  rayons  de  courbure  d'une  courbe  et  de   sa  polaire  reciproque. 

Chemin.     N,  ann.  math.  XXVl,  49.     [Vergl.  Bd.  XII,  Nro.  49.] 

119.  Sur  les  centres  de  courbure   de  deux  courhes  se  deduisanl  ijeometriquement   t'une 

de  Vautre.     Lemaitre.     N,  ann,  math,  XXVIy  283. 
Vergl.  Oberflächen  139,  140. 

Kngelftmktionen. 

120.  Kurzer  Abriss  einer  Theorie   der  Kugelfunktionen   und   Ultrakugelfunktionen. 

Neumann.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  97. 


Lemniscate. 

121.  Ueber  lemniscatische  Coordinaten.     Lommel      Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  45. 
Vergl  Mechanik  130. 


Literaturzeitung.  33 


-■^   -S    -N  -,-'>^- 


Ifftxima  und  Minima. 

122.  Elementarer  Beweis  des  Satzes,  dass  das  Minimum  der  Ablenkung  beim  Prisma 

eintritt,  wenn  Eintritts-  und  Austrittswinkel  des  Lichtstrahles  gleich  gross 
sind.    Kahl.    Zeitschr.  Math.  Phjs.  XII,  176. 
Vergl.  Combinatorik  28.     Oberfläche  136. 

Meehanik. 

123.  Neue  analytische  Entwicklung  der  allgemeinsten  Gesetze  der  Statik.     Grn- 

nert.    Grün.  Archiv  XLVI,  152. 

124.  Der  Mittelpunkt  oder  das  Centrum    beliebig  vieler    auf   beliebig^e  Weise  in 

einer  und  derselben  Ebene  wirkender  Kräfte.     Grün  er  t.     Grün.  Archiv 
XLVI.  276. 

125.  On    the   equilibrium   of  a   spherical   envelope.     Maxwell»     Quart,  Journ.  math, 

VUl,  326. 

126.  On  tension,     Besant,    Quart.  Journ,  math,  VII 1,  36. 

127.  On  the  composition  of  infinitesimal  rotations,   Cayley,   Quart,  Journ,  math.  Vill,  7. 

128.  Ueber  das  Problem  der  Rotation  eines  festen  Körpers.  Zajackowski.  Grün. 

Archiv  XLVI,  19. 

129.  Wnrfbewegung    im    widerstehenden    Mittel   und    Construction   der   Flugbahn. 

Neil.     Grün.  Archiv  XLVI,  361. 

130.  Moto  di  un  punto  materiale  lungö  unarco  'deVa  lemniscata  BemouHiana.     Azza- 

rein,     Annali  mat,  VlI,  284. 

13 L  Mouvements  relatifs  ä  la  surface  de  la  terre,  Page,     N.  ann.  math.  XXVI ^  97. 

Vergl.  Attraktion.    Drehungsmittelpunkt.  Hydrodynamik.    Optik.    Potential. 
Schwerpunkt.    Wärmelehre. 

Methode  der  kleinsten  Quadrate. 

132.  Ueber  den  mittleren  Fehler  der  Resultate   aus  trigonometrischen  Messungen. 

Boersch.    Grün.  Archiv  XLVI,  40. 

Normalen. 

133.  Normales  communes  ä  une  parahole  et  äune  hyperbole  iquilatkre  donnees,    Choron, 

N.  ann,  math,  XXFl,  252.  —  Gerono  ibid.  268. 

134.  On  normals  to  conics  and  quadrics,     Purser.     Quart,  Journ,  math,  VIII,  66. 

O. 

Oberfl&chen. 

135.  Ueber  einige  allgemeine  Eigenschaften  der  Minimumsflächen.     Christoffe). 

Grelle  LXVlf,  218. 

136.  Risotuzione  di  un  problema  relativo  alla  teoria  delle  superfifn'e  gobbe,     Beltrami, 

Annali  mat.  VII,  139. 

137.  Sopra  alcuni  punti  della  teoria  delle  superficie  applicabili,     Ulisse  Dini,    Annali 

mat.  VI/,  25.     [Vergl.  Bd.  XI,  Nro.  158.) 
1.38.  Sulla  flessione  delle  superficie  rigate,     Beltrami.     Annali  mat.  VII,  105. 

139.  Sülle  superficie  nelle  quali  la  somma  det  due  raggi  di  curvatura  principale  c  co- 

stante.     Ulise  Dini,     Annali  mat,   VII^  5. 

140.  SuÜe  superficie  gobbe  nelle  quali  uno  dei  due  raggi  di  curvatura  principale  e  una 

funzione  deW  ältro,     Ulisse  Dini,     Annali  mat.  VII,  206. 

141.  Ueber    die    geradlinigen   Flächen    fünften    Grades.     H.    Schwarz.     Grelle 

LXVII,  23. 
Vergl.   Cnbatur.     Determinanten  in   geometrischer  Anwendung  37 ,  .38.     Geo- 
metrie (descriptive).    Quadratur  164.     Variationsrechnung. 

•  Oberfl&ehen  2'"'  Ordnung. 

14*2.  Sur  les  surfacea  gauches  du   second  degri,     Durrande,    N,  ann,  math,  XXVI, 

168,  207. 
143.  On  a  theorem  in  quadrics.     Purser.     Quart.  Journ.  math.  Vlll  ^  VNä, 


34  Literaturzeitong. 


144.  On  the  number  of  surfaces  of  the  second  degree  which  ran  he  described  to  satisfy 

nine  conditions.     Salmon.     Quart,  Joiim.  mat/t.   AV//,  1. 

145.  Sur  les  (eiraedres  conjuffues  ä  une  surface  du  second  ordre.    Maffiotti.    A\  ann. 

math.  XX  FI,  219. 

146.  On  a  property  of  the  director  spheres  of  a  syntem  of  guadricst  touching  a  common 

System  of  planes.     Townsend.     Quart.  Joum.  math.  VII ly  10. 
Vergl.  Ellipsoid.     Nornmlen  134. 

OperatioimmleüL 

147.  On  certain  transformaiiona  in  the  calculus  of  Operations.     H'alton,     Quart.  Journ, 

math.  VIII,  222. 

148.  On  the  sums  of  the  reciprocals^    of  their  products  and  powers,      fi'orontzof. 

Quart.  Joum.  math.   VI  11^  185,  .310. 

149.  On  the  properties  of  the  d*^  o*  class  of  numbers  and  oihcrs  nnalogous  to  them  as 

inoestigated  by  means  of  representative  notation.     Blissard.     Quart,  Joum, 
math.  VIII,  86. 

Optik. 

150.  Theorie  des  Anorthoskops  und  der  anorthoskopisclicn  Figuren.    Fr.  Weber. 

Zeitschr.  Math.  Phjs.  XII,  133. 
Vergl.  Maxima  und  Minima. 

.      P. 

ParabeL 

161.  Inscrire  dans  une  parabole  un  triangle  dont  un  sommet  soit  dnnne^  et  qui  soit 
semblable  ä  un  triangle  donne,     Laisant.     N.  ann.  math.  XXVI,  124. 

152.  Sur  le  roulement    dUme   parabole    sur   une    autre,     Lemaitre,     N.   ann.   math. 

XXVI,  136. 
Vergl.  Hyperbel  92.    Normalen  133. 

Planimetrie. 

153.  Critical  examination  of  Euclid's  first  principled  compnred  to  those  of  modern  geo- 

metry,  ancient  and  modern  analysis,    Wolff.   Quart.  Joum.  math.  VIII,  301. 
[Vergl.  Bd.  XI,  Nro.  371.] 
164.  Zur  geometrischen  Construction  der  vierten  und   der  mittleren  Proportionale. 
Weihrauch.     Grün.  Archiv  XL  VI,  336. 

155.  Auf   das  Entfernnngsorts- Dreieck  Bezügliches.     Emsmann.     Grün.   Archiv 

XLVI,  121. 

156.  Zar  Construction  von  Dreiecken  mit  Benutzung  der  Eigenthümlichkcitcn  des 

Entfernungsortsdreiecks.     Emsmann.     Grün.  Archiv  XLVI,  147. 

157.  lieber  das  Verhiiltniss  in  welchem  sich  drei  durch  einen  Punkt  gehende  Trans- 

versalen  eines  Dreiecks   schneiden,     v.  Behr.     Grün.  Archiv  XLVI,  331. 

158.  Die  Höhendurchschnittspunkte  der  vier  Dreiecke,  die  ein  vollstiindiges  Viereck 

darbietet,  liegen  in  einer  geraden  Linie.     C.   Schmidt.     Grün.   Archiv 
XLVI,  328.  —  V.  Behr  ibid.  330.  —  Stamm  er  ibid.  331. 

159.  Tout  quadrilatere  dans  les  diagonales  sont  entre  ellcs  commc  les  sommes  des  pro- 

dwts  des  cötes,  qui  comprenncni  ces  diagonales,  est  inscriptihle.     D"* Amoux 
4-  Caffarelli.     N.  ann.  math.  XXVI,  186. 

160.  Ueber  das  vierte  Porisma  von  Fermat   Oftgrdinger.   Grün.  Archiv  XLVI,  1. 

—  Nagel  ibid.  11. 
Vergl.  Zahlentheorie  190. 

Potential 

161.  SfdV  attrazione  di  un  cilindro  omogeneo  rvtto  elissoidalc.    Hie  man  ?i.     Annali  mat 

VII,  281. 
Vergl.  Attraktion. 

Quadratur. 

162.  Ueber  die  Berechnung  des  Flächeninhaltes  geradliniger  Figuren   durch  Tra- 

peze.    Grunert.     Grün.  Archiv  XLVI,  335. 

16.3.  Lösung  zweier  Aufgaben  über  Berechnung  der  Flächeninhalte  verschiedent- 
lieh bestimmter  Ellipsen.    Matzka.     Grün.  Archiv  XLVI,  .300. 

164.  Sf///a  qftadi'alnra  di  alcune  superficie  risultanti  dalla  intcrsezione  di  cifindri.  Lan- 
via  tu,     Annali  mal    Vll,  109. 


Literaturzeitung.  35 


ReetiAoatioiL 

165.  Sugli  archi  di  dcloide,     Tortolini.     Annali  mat,  F/Iy  211. 

166.  Zur  elementaren  Berechnung   des  Kreisnmfangs.     Grunert.     Gnin.   Archiv 

XLVI,  345. 

Beulen. 

167.  Sur  une  regle  de  convergence  des  series,   Gcnocchi,   N,  ann.  malh,  XXyi^  261, 

168.  Snmmirung  einer  nach  Cosinussen  vom  Vielfachen   eines  Winkels   fortschrei- 

tenden Reihe.     Curtze.     Grün.  Archiv  XLVI,  357. 

169.  Sum  of  a  series  of  pariicular  form,     EUis.     Quart,  Jovm,  malh,   Vill,  266. 

170.  Snmmirung  der  Quadrate  von  aufeinanderfolgenden  Drcieckszahlen.  Grunert. 

Grnn.  Archiv  XL  VI,  327. 

171.  lieber  die   Summe  von  Kubikzahlen,  deren  Wurzeln   in   arithmetischer  Pro- 

gression stehen.     Grunert.     Grün.  Archiv  XLVI,  326. 
Vergl.  Kettenbrüche  108. 

S. 

Schwerpunkt 

172.  lieber  den  Krümmungsschwerpunkt  algebraischer  Curven.  Nenmann.  Zeitschr. 

Math.  Phys.  XII,  172. 

Sph&rik. 

173.  lieber  die  Auflösung  des  sphärischen  Dreiecks,  wenn  die  drei  Höhen   des- 

selben ge^*eben  sind.    Hunyady.    Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  91.    [Vergl. 
Bd.  XII,  Nro.  U6.] 

174.  On  ihe  spherical  ellipse  referred  to  irilinear  coordinales,   Jeffery,    Quart,  Joum, 

maih,  VlII,  283. 
Vergl.  Mechanik  125. 

Stereometrie. 

175.  lieber  die  regelm^lssigen  Sternvielflache.     Wiener.      Zeitschr.  Math.  Phys, 

XII,  174. 
Vergl.  Ellipsoid  53.     Kegelschnitte  106. 

T. 

TetMeder. 

176.  Die  Transversalen  des  Tetraeders  und  Sätze  über  die  Transversalen  im  Viereck. 

Stamm  er.     Grün.  Archiv  XLVI,  333. 
Vergl.  Oberflächen  zweiter  Ordnung  145. 

Trigonometrie. 

177.  Goniometrischer  Beweis  einiger  Gleichungen  zwischen  den  Sinussen  und  Co- 

sinussen gewisser  Winkel.    Thiel.     Grün.  Archiv  XLVI,  134. 
178.  Beweis    der  Gleichung    16  ^'n200  .  «{n40<' .  «tn60<^ .  «tn  80^  =»  3.      Lind  man. 
Grün.  Archiv  XLVI,  143.  —  Meyer  ibid.  359. 

179.  A  new  construction  for  the  difference  of  two  angles  of  a  plane  triangle,    Walker. 

Quart.  Journ  maih,  VIII,  323. 

180.  Propriete  du  quadrilatere  circonscriptVtk  a  deux  cercles,   Do  stör.   N,  ann,  math, 

XXFI,  57. 

181.  Bestimmung  des  kürzesten  Abstandcs  zweier  im  Räume  gelegener  nicht  paral- 

leler  Geraden.    Brotschneider.    Grün.  Archiv  XLVI,  501. 

ü. 

mtraelliptische  Transcendeiiteii. 

182.  lieber  die  Transformation  des  zweiten  Grades  für  die  Aberschen  Funktionen 

erster  Ordnung.     Königsberger.     Grelle.  LXVII,  58. 
183    Ifcbcr   die    Transformation    dritten    Grades    und    die    zugehörigen    Modular- 
gleichnngen  der  Aberschen  Funktionen  erster  Ordnung.  Kv>T!L\.\g,^\i^^^5»^'« 
Crclle  LXVII,  97. 


36  Literaturzettung. 


V. 


Varifttionareelmang. 

184.  lieber  ein  Princip   der  Abbildung  der  Theile  einer  krummen  Oberfläche   auf 

einer  Ebene.     H.  Weber.     Crelle  LXVU,  229. 

W&nnelehre. 

185.  lieber  das  Integral  1—^   gegen  Prof.   Clausius.     Bauschinger.     Zeitsclir. 

Math.  Phys.  XU,  180.     [Vergl.  Bd.  XII,  Nro.  388.] 

Wahrscheiiiliohkdittreohiiimg. 

186.  lieber  das  Rouge  et  noir  und  den  Vortheil  der  Bank  bei  diesem  Spiele.    Oet- 

tinger.     Crelle  LXVII,  327. 


Zahlentheorie. 

187.  Intorno  ad  alcune  somme  dt  cubi,     Genocchi.     Annali  viai,  VIJ^  151. 

188.  Summe    von    Knbikzahlen.     Catalan.      Zeitschr.  Math.   Phys.   XII,    170.    — 

N.  ann.  mnth.  XXri,  63,  276. 

189.  Zur  Theorie  der  complexen  Zahlen.     Bachmann.     Crelle  LXVII,  200. 

190.  Dreiecke,  in  welchen  /r,  6,  r,  r,  q  und /^rationale  Zahlen  sind.    Ligowski. 

Grün.  Archiv  XLVI,  503.     [Vergl.  Bd.  XII,  Nro.  398] 

191.  irej)er  die  Funktionen  J'und  Z,  welche  der  Gleichung —^      -- ==  J'^-j-pZ* 

Genüge  leisten,  wo  p  eine  Primzahl  der   Form  4A*  +  1    ist.     v.  Staadt. 
Crelle  LXVII,  205. 

ZinBiingrechnimg. 

192.  lieber  ein  Problem  der  Forstwissenschaft.     C  leb  seh.     Crelle  LXVII,  248. 


Zur  Abwehr. 


Herr  Prof.  Bettrami  hat  bei  Gelegenheit  einer  dem  Reale  Istituto  Lombardo 
am  7.  Mai  d.  J.  gemachten  Mittheilung  über  Raumcurven  3.  O.  an  meiner  im  ver- 
flossenen Jahre  in  dieser  Zeitschrift  und  zugleich  als  Separatabdruck  veröffent- 
lichten „Einleitung  in  die  Theorie  der  cubischen  Kegelschnitte *'  verschiedene 
Fehler  und  Ungenauigkeiten  gerügt  und  dieselbe  als  ein  Plagiat  aus  Cremona*s 
Arbeiten  hingestellt.  Um  diese  Beschuldigung  zurückzuweisen,  wird  es,  wie  ich 
glaube,  genügen,  folgende  im  Eingang  meiner  Arbeit,  worin  die  von  mir  benutzte» 
Quellen,  insbesondere  auch  die  Abhandlungen  Cremona^s  in  den  An- 
nali genau  angegeben  sind,  befindliche  Worte  anzuführen: 

„Mit  Rücksicht   darauf,    dass    einerseits   synthetische    Betrachtungen   nicht 
Jedermann  angenehm  sind  und  anderseits  die  analytische  Behandlung  Cr e- 
mona's  ausserhalb  seines  Vaterlandes   weniger   bekannt  sein   mag,   dürfte 
vielleicht  nachfolgende  Zusammenstellung  der  hauptsUchliclisten  Eigen- 
thümlichkeiten  der  Raumcurven  3.  O.  nicht  unerwünscht  sein", 
woraus  doch  deutlich  hervorgeht,  dass   ich  meine  Arbeit  nur  als   eine  zusammen- 
hängende Darstellung  von  schon  Bekanntem  in  zum  bequemen  Studium  geordneter 
Weise   angesehen   wissen    wollte.     Ob   ich   mich   durch   eine   derartige   Benutzung 
von  fremden  Arbeiten  eines  Plagiats  schuldig  gemacht   habe,   überlasse   ich   dem 
Urtheile  des  mathematischen  Publikums. 

Was  die  von  Herrn  Bettrami  bemerkten  Fehler  betrifl't,  so  bin  ich  Dem- 
selben für  ihren  Nachweis  sehr  zn  Dank  Verpflichtet  und  werde  die  Verbesserungen 
derselben  demnächst  zugleich  mit  einem  genauen  Quellen-  und  Literaturnachweis, 
um  allen  Missdeutungen  zu  entgehen,  veröffentlichen. 

Marburg  /im  9.  Juni  18C8.  C.  A.  von  Drach. 


Literaturzeitung. 


Recensionen. 

Die  Principien  der  Elektrodynamik.  Eine  mathematisclic  Untersnchung 
von  Dr.  Caul  Naumann.  Tubingae  mense  Julio  anni  1868,  formis 
Henrici  Laupp.  (39  S.) 
Prof.  Neu  mann  theilt  in  dieser  zur  fünfzigjährigen  Jubelfeier  der 
Bonner  Universität  verfassten  Gratulationsschrift  Näheres  über  seine  in 
den  Göttinger  Nachrichten  vom  16.  Juni  d.  J.  angekündigte  Entdeckung 
eines  Gesetzes  mit,  welches  für  die  Mechanik  und  Physik  yon  ausser- 
ordentlicher Wichtigkeit  zu  werden  verspricht.  Bei  dem  hohen  Interesse 
des  behandelten  Gegenstandes  möge  es  dem  Referenten  vergönnt  sein, 
in  den  nachstehenden  Zeilen  die  vollständige  Ableitung  des  Weber*schen 
Grundgesetzes  der  Elektrodynamik  aus  den  N  e  u  m  a  n  n'schen  Principien 
folgen  zu  lassen.  Zur  Vermeidung  von  Missverständnissen  sei  hier  aus- 
drücklich bemerkt,  dass  es  für  den  vorliegenden  Zweck  weniger  darauf 
ankam,  die  Darstellung  des  Verfassers  im  Einzelnen  zu  reproduciren,  als 
die  Anwendung  seiner  Methode  auf  den  einfachsten  Fall  zweier  materi- 
ellen Punkte  ausführlich  darzulegen. 

1. 

Vermöge  des  Newton'schen  Gravitationsgesetzes  entsteht  durch  die 
gegenseitige  Einwirkung  zweier  Punkte  mit  den  Massen  m  und  mj ,  deren 
Coordinaten  resp.  x  y  z  und  ^i  ^i  ^i  heissen  mögen,  eine  bewegende  Kraft 

mm^ 
r' 
welche  auf  beide  Massen  in  der  Richtung  der  Verbindungslinie  r  wirkt. 
Die   Componenten   der  nach   den   rechtwinkligen   Coordinaten    zerlegten 
Kraft  in  Bezug  auf  m  sind  hiemach 

Rcosuy  Rcosßy  Jicosy, 
während  für  mj  die  entgegengesetzt  gerichteten  Componenten 

—  Rcosa,  —  Rcosßy  — Rcosy 
gelten.     Bekanntlich  hat  man  für  Attractionskräfte 

ro«a=-= ,      cosß  =  ~ ^,      cosy  = , 

r  r  T 

T.iterataritp.  d.  Zeittchr.  f.  Math.  a.  Phyt.  XllI,  4.  \^ 

«I 


» 


veO  ^  ßr  7  ^^  Wi&kel  bedesteB ,  weicfc-?^   &t   Riekt«xL^  tq«  a  sack  ■, 
■ot  iUm   Co4vdiBJieBaxca   biUüt.     Di«*  secfe  DifmrmdalskickvB^iem   der 


**  r  äl»  r       '  dl*        "        r 

Ä= —,       -L— ^  =  Ä 


^-«^r         »'  — 'i        _^f:_«f— Ft  ^*-t         «   •  — -1 


Eft  ist  ene  alte  Bttikmg,    das»  <{ie  Assdräeke  der  s«clis  Compo- 


oettte«  »if  der  redtte«  Sehe   dicker  Gleiekmiigeii    dsrck   partielle    EKfe- 
mtntioB  der soj^enannteB  Kraftefmsction 


r 
Back  des  cifixelnen  Cor^rdinalen  erkalten  werden   können«   wie   ▼erMÖge 
der  Glekknn^ 

•ofoit  erkeDt.     Xitkin  nekmen  die  GleicknngeB  Ä)  die  Gestalt  aa 


^) 


(   "'    A»  ""ex/      "'    **  ~^/       "*    äi^  ~cz,' 


eine  Form,  weleke  sick  jederzeit  kerbeifnkren  llsst.  sobald  das  so^eamnnte 
Princip  ron  der  Erkaltung  der  lebendigen  Kraft  Geltung  kat. 
Sekreibt  man  zvr  Abknrxnng 

r  =  42:-irr, 
wo 


=/i'T,um+^-> 


Nz\^ 
Vi' 

die  Geschwindigkeit  des  Punktes  m  ausdrückt  und  die  Summation  auf  die 
Torhandenen  Massenpunkte  zu  erstrecken  ist,  so  ist  das  genannte  Princip 
in  der  Gleichung 

enthalten.  T  f&hrt  den  Namen  der  halben  lebendigen  Kraft  und  h  be- 
deutet eine  willkfirliche  Integrationsconstante. 

Multiplicirt  man  nämlich  die  obigen  Differentialgleichungen  der  Reihe 
nach  durch 

dx       dy       dz       djc^       dy^       dz^ 

di^    dl'    Ji'    ~di"     In'    ~d7 

und  addirt-  die  Producte,  so  ergibt  sich 

/dx  dy      dy  d*y      d^  ^\  _  ,,  (^J[  ^  i^J^  ^l  i^Ji.  i£\^^^ 

\dt  fir^  dt  dr^ dl  iir)~    \cx  dt^ dydl^ czTt)~"di 

und  durch  Integration 

£\mvv=  Ü+Consf. 


Literaturzeitung.  39 


2. 

Sir  W.  R.  Hamilton  hat  im  Jahre  1834  die  weitere  Bemerkung  hin- 
zugefügt, dass  die  Differentialgleichungen  B)  die  Bedingung  dafür  ent- 
halten, dass  die  Variation  des  Integrals 

u=f(T+  ü)dt 

verschwindet;  dass  man  also  umgekehrt  aus  der  Oleichung 

Sf{T+  U)dtz=0 

die  mechanischen  Differentialgleichungen  abzuleiten  im  Stande  ist.  Vor- 
ausgesetzt wird  dabei,  dass  man  nur  solche  Variationen  der  Coordinaten 
berücksichtigt ,  welche  nebst  ihren  verschiedenen  Differentialquotienten 
an  den  Integrationsgrenzen  verschwinden.  Auf  die  Bedeutung  dieser  Vor- 
aussetzung braucht  man  zunächst  nicht  weiter  einzugehen,  da  sie,  wie  aus 
dem  Folgenden  erhellt,  nur  einen  formalen  Sinn  hat.  Es  sollen  einfach  bei 
Bildung  der  Variation  des  Integrals  diejenigen  Glieder,  die  mit  den  an 
den  Grenzen  stattfindenden  Werthen  der  Variationen  und  ihrer  Differen- 
tialquotienten multiplicirt  sind,  ausser  Rechnung  bleiben.  Neil  mann  be- 
zeichnet desshalb  die  Grösse  Su  als  innere  Variation. 
Die  Variation  eines  Integrals  von  der  Form 

u^=F\xx  X  .,yyy   ,.zzz   ..)  a/, 

wo   zur  Abkürzung  o;'  =  — ,  o?"  =  — ^  etc.  geschrieben  ist ,    drückt   die 

Aenderung  aus,   welche   das  Integral   erfährt,  wenn  man  die  von  /  ab- 
hängigen   Variabein    x  um  6x^    y  um  dy,    z  um  dz,    folglich  o:' um  6x 

(d.  h.  -7-  um  — T"  )  u.  s.  w.  wachsen  lässt.     Hier  bedeuten  die  Incremente 
dt  dt  / 

6x^  dy,  dz  ganz  beliebige  Functionen  der  unabhängigen  IntegrationS'^ 
variabeln  t  and  führen  den  Namen  von  Variationen,  sofern  sie  als  be- 
liebig klein  betrachtet  werden,  damit  die  höheren  Potenzen  in  der  Taylor- 
scheu  Entwickelung  ohne  Einfluss  bleiben.  Man  pflegt  daher  eine  solche 
variirte  Function  §  =  ar  +  ^^  =  9'  eineNachbarfunction  der  Function  x=^ft 
zu  nennen,  und  kann  dieselben  unter  dem  Bilde  zweier  Nachbarcurven  sich 
voi^telleu,  bei  denen  den  Abcissen  /  die  resp.  Ordinateu  £  und  o:,  deren 
Differenz  öx  jeden  Grad  der  Kleinheit  erreichen  darf,  zugehören.  Das 
Verschwinden  der  Ordinatendifferenzen  öx  an  den  Integrationsgrenzen 
würde  alsdann  anzeigen,  dass  die  Nachbarcurven  sich  in  den  Punkten 
schneiden  (oder  berühren)  müssen,  welche  die  Grenzwerthe  von  t  zu  Ab- ' 
scisscn  haben« 

Nach  dem  Taylor'schen  Lehrsatze  folgt  mit  Weglassung  der  höheren 
Potenzen  der  Variationen 


40  Literatnrzeitiing. 


^■F*  '»•v>yV^*'V>b/'s-^^-,^.^,^,-»v 


wo  sich  das  Summationszcichcn   auf  die   vcrscUiedeDcn  Variationen  oder 
Coordinaten  bezieht.     Man  erhält  leicht  durch  partielle  Integration 

CdF  d8x  ^^       dF ^  (\      d   dF  ^ 

t/   dx     dt  ox  J  dl  öx 

Da  aber  in  Gemässheit   der   oben   gemachten   Voraussetzung   Öx  an  den 
Integrationsgreuzen  verschwindet,  so  wird 

I   ^-,dxdt  =  —   \  öx  -j  —f  dt. 
J    ox  J         dt  dx 

In  derselben  Weise  folgt  durch  wiederholte  partielle  Integration 

/dF  ^   ,r ,        dF  ^  ,        r,   .d   dF  ^ 

dF  ^   ,       d    dF  ^     ^     i\     /rfV  dF    ^ 
dx  dt  dx  J  \dt/    dx        ' 

wo  wiederum  die  vor  das  Integralzeichen  getretenen  in  dar  und  Öx'  mnl- 

tiplicirten  Glieder  verschwinden.     Folglich  ist 


und  weiter 


allgemein : 


r^^    X     "'A,  i'x       f'^Y    ^^     A, 


J  dx^"^  ^      ^    J  \dtj    dx^*'^ 

Hiemach  ergibt  sich 

r^{dF      d  dF    ^  fdV  dF       fdVdF^        j    ^ 

Wenn  der  gefundene  Integralausdruck  für  ganz  beliebige  Nachbar- 
curven  (beliebiger  Abhängigkeit  der  Variationen  d.r,  Öy,  öz  von  t  ent- 
sprechend) verschwinden  soll,  so  müssen  die  Coefficienten  der  einzelnen 
Variationen  unter  dem  Integralzeichen  Null  werden ;  mit  anderen  Worten, 
es  müssen  die  Differentialgleichungen 

dx     dt  dx  ^  \dtj  dx'     \dtj  dx''  —  •• 

1        r.__dF  __  d_dF    ,fdy  dF^_  /d\ 
^^       ]  "ay       dtdy'^\dtj   dy"       \dt)   dy 

dz       dt  dz   "^  \dt)   dz"        \dt)    dz"  —  ••• 
erfüllt  sein.     Denn  wären  ein  oder  einige  solche   Coefficienten  von  Null 
verschieden,   also   der   Coefficient  von   öx  etwa    gleich  1^/,    so     könnte 
man  z.  B.  öx^Btjft^  öy  =  öz  =  0  setzen  und  würde  damit 


8  aF 

fff    •    •  •  • 


Literaturzeitung.  .  41 

erhalten,  d.  i.  wegen  des  positiven  Quadrates  jedenfalls  gegen  die  Vor- 
aussetzung von  Null  verschieden.  Der  von  t  unabhängige  Factor  $  ist 
hinzugefügt  worden,  um  durch  beliebige  Kleinheit  desselben  die  hin- 
reichende Abnahme  der  Variation  dx  herbeizuführen. 

Die  Gleichungen  C)  führen  den  Namen  der  isoperimetrischen 
Dilfereutialgleichungen  und  besitzen  die  Eigenschaft,  ganz  abgesehen  von 
der  speciellen  Beschaffenheit  der  Function  F  eine  Integration  zuzulassen. 

Bildet  man  nämlich  die  Summe 

\dx      dtdx'^Kdl)    dx"'^ 
und  vergleicht  damit  den  Werth  des  vollständigen  Differentialquotienten 

dt  I       dx  dx  dx 

so  wird 

'^-S-£  \(x"  ^  +  *'  1  ^U  (a:'"  ^--x'  (iy  ^U 

<it     ^--^^V  dx'^''  didx-J+V   dx"    ^  W  ax"^  + 

^V  dx"^''  \dt)  dx'")-- 
~di^  r  d^''^v  dx"  ~^  dt  ä77  + 

^V  dx'"  '^  dtdx"^''\dl)  da!")---\ 
Da  aber  •5»  vermöge  der  isoperimetrischen  Diiferontialgleicliungeo  ver- 
schwindet, so  erhält  man  die  zngebSrige  Integralgleichung 

wenn 

/  ,„   dF        „d    dF         ,/dY   dF\       I  •      ^' 
^V    d^'~'^  didx"'^     yiij  W")"-\ 
gesetzt  wird. 

Es  ist  nunmehr  leicht,   die  Bedingung  8u  =  0  für  u=r{T+ü)  dt 

auf  das  Stattfinden  der  mechanischen  Differentialgleichungen  zu  redu- 
ciren.  Man  hat  dazu  in  C)  statt  F  nur  T+ü  zn  substituiren.  Da  aber 
T  nur  die  ersten  Differentialquotienten  der  Coordinaten,  die  Kräftefun- 
ction  U  dagegen  als  Function  von  r  nur  die  Coordinaten  selbst  (ohne 
deren  Differentialquotienten)  enthält,  so  folgt  ohne  Weiteres 


oder 


dx      dt  dx' 


du        d         ,  d^x 

=  —  mx  =  m 


dx       dt dt* 

und  analog  für  die  übrigen  Coordinaten. 


42    .  Literatarzeitnng. 

Da    in    nnserem    die   Anziehung   zweier  Punkte  betreffenden   Falle 

[/= ^,  80  erhält  man,  wie  bereits  bemerkt, 

dU       dU  dr  mm^  a:— a:, 


r 


dx        dr  dx  r*         r 

du du  dr fnm^  y — y, 

dy       dr    dy  r 


2 


r 


•=  R  cos  a , 


=  R  cos  ß , 


du       du  dr  mm»  z — z* 

dz        dr  dz  r^       r  ' 

mithin  die  dem  Newton'schen  Attractionsgesetze  entsprechende  Kraft 

r*  dr 

welche  auf  den  Punkt  m  =  (o:,  y,  z)  in  der  durch  die  Winkel  a ,  /S,  y  ge- 
gebenen Richtung  wirkt.     Aus  den  Gleichungen 

^1 — ^  rt      Vi — y  *i  —  2 

ro5tt=  ,  cosp:=' ,  co8y=' 

r  r  r 

folgt,  dass  diese  Richtung  in  der  Verbindungslinie  r  durch  die  Anziehung 

nach  m^  bestimmt  ist. 

Das  allgemeine  Integral  0  =  F'^'k  geht  jetzt  über  in 

dx 
oder 

und  liefert  demnach  den  Satz  von  der  lebendigen  Kraft. 

4. 
Prof.  Neu  mann  hat  sich  die  Frage  gestellt,  welche  Form  der  Kräfte- 
fuuction   U  gegeben  werden  müsse,    um   auf  dem   nämlichen    Wege, 
der  uns  jetzt  von  der  Kräftefunction  U  zu  der  Newton'scheu  Kraft  R  ge- 
führt hat;*  aus  dem  in  der  Gleichung  ö  T  (r+^)  <// =  0  enthalteneu  Ha- 

milton'schen   Principe    das   Weber'sche    Fundamentalgesetz    der 
Elektrodynamik,  mit  anderen  Worten,  den  Ausdruck 


für  die  in  der  Verbindungslinie  der  beiden  materiellen  Punkte  m  und  »i, 
wirkende  Kraft  abzuleiten. 

Das  von  ihm  entdeckte  Gesetz  ertheilt  folgende  Antwort  auf  die 
gestellte  Frage:  ,,Wenn  r^  den  Abstand  der  Punkte  zur  Zeit  t^^  bezeich- 
„net,  die  der  Zeit  /  jedesmal  um  dasjenige  Zeitiutcrvall  / — 1^^  vorhergeht, 
,, welches  erforderlich  ist,  um  die  Entfernung  r  =  ft  mit  einer  durch  die 
„Constante  c  gegebenen  Geschwindigkeit  zurückzulegen,  so  ist 


U^ 


;/ 


der  gesuchte  Werth  der  Kräftefunction." 


Literatarzeitung.  43 

Wir    werden     zunächst    wiederum    die    Variation    des    Integrals 

u  =  j{T-\'lJ)di  zu  bilden  haben.    Der  Ausdruck  der  halben  lebendigen  Kraft 

T  bleibt  derselbe  wie  früher,  nur  abhängig  von  den  ersten  Differential- 
quotienten der  Coordinaten;  dagegen  enthält  U^  wenigstens  implicite, 
jetzt  gleichzeitig  die  Coordinaten  und  ihre  verschiedenen  Differentialquo- 
tienten.    Um  diess  anschaulich  zu  machen,  bilden  wir  die  Gleichung 

r  =  /^/  =  cO-0,  ^) 

welche  der  Definition  gemäss  angiebt,  dass  die  Strecke  r  im  Zeitintervall 
/  — <Q  mit  der  Geschwindigkeit  c  durchlaufen  wird.  Durch  diese  Glei- 
chung ist 

r 

'«='-7 

als  Function  von  t  bestimmt,  und  da 

den  Abstand  zur  Zeit  i^  ausdrücken  soll,  so  erhält  man  nach  dem  Tay] er- 
sehen Lehrsatze 

wenn  die  Differential quotienten  von  r  =  ft  nach  dem  Argument  t  wie 
die  derivirten  Functionen  durch  Accente  bezeichnet  werden.  Man  kann 
also  U  als  Function  von  r  und  seinen  Differentialquotienten  betrachten, 
wor^u  implicite  wiederum  die  Coordinaten  und  ihre  Differentialquotienten 
enthalten  sind. 
Ebenso  wird 

^  *"  ~  "7  "'"23^"  d^  —  ■  ■  ■ 
bildet  man  jetzt 

und  reducirt  wie  früher  durch  partielle  Integration,  so  wird  bei  Bildung 
der  inneren  Variation,  da  die  Variation 

dx  cy  oz  dXi  oy^    ^        dzi 

so  wie  ihre  Differentialquotienten,  mit  den  Variationen  der  Coordinaten 
und  deren  Differentialquotienten  an  den  Integrationsgreuzen  verschwinden 
oder  Null  zu  setzen  sind: 

rL  rai/    ddü/dVdü     /dVdü     i    ^,    ddn^ 


44  Literatarzeitung. 

Substituirt  mau  hier  den  eben  angeführten  Wcrth  von  dr,  um  nach  den 
Variationen  der  Coordiuaten  ordnen  zu  können,  so  wird 

dxldr  "  dt  dr'^  \dl)   ar"+"   J        dt  dx 
der  Coef&cient  von  dx^   und   analog  für   die   übrigen    Coordinaten.     Da 
diese   Coefficientcu   verschwinden  sollen,   so  erhält  mau  die  Differential- 
gleichungen 

dldx'^dx  Idr^  dr        dt  \dr^  dr)  "^  \dt)\dr^d/')'^''y 

d.  i.  wegen 

dU  mm^ 

d^x  x-x^V\    dr^        d   (V    dr^\        /rfV/l    dr^\  _        l 

Durch   Substitution  der  aus  den   Gleichungen  //)  und  t)  zu  entneh- 
menden Werthe  von 


dr  c  ^    c«  2c^   ^  6c*   "^ c    dt^' 

dr^  __       r        dr^  __  r*  ^r^^  _       r* 

u.  8.  w.  ergibt  sich 

,„  d^x  x,-x  )  1     ,     l    rf    r     ,     1     /(/y  r2 

"^6c^  Vr///    r,2"^"-       ct;-^  c/zJ- 

5. 

Die  unendliche  Reihe  innerhalb  der  Parenthese  lasst  sich  summiren, 
wenn  mau  deu  Lagrauge'scheu  Satz  über  die  Eutwickelung  impliciter 
Functionen  anwendet. 

Um  diess  zu  zeigeu,  wollen  wir  der  Gleichung 

eine  analoge  Gleichuug 

6'*)  r,==ft,==c{t,-l) 

an  die  Seite  stellen  und  dadurch  die  Zeit  /,  defiuireu,  welcher  der  Ab- 
staud  r,  der  beiden  Massen  eutspricht.  Es  bedeutet  hier  ^  —  t  das  Zeit- 
intervall, welches  seit  der  Zeit  t  verfliessen  muss,  um  die  Strecke  r,  mit 
der  Geschwindigkeit  c  zu  durchlaufen.  Das  nämliche  Fuuctionsverhaltuiss, 
welches  früher  zwischen  i  und  /^  festgesetzt  worden  ist,  findet  jetzt  resp. 
zwischen  t^  und  t  statt. 

Der  Lagrauge'scheLehrsatzliefert  unmittelbar  die  Eutwickelung  einer 
Function 

9,  <,  =  9,  /  +  .r  /^/  ,p'  /  +  i  X«  ^^  (/•«  tq>'()  +  i-j  X'  (^ J  (r  lvt)  +  etc. 


Literaturzeitung. 


45 


-•■»r*,^^  fc/^^-s^  •■•••- 


r^^^  •--^^^v•^•^-'V^^ 


nach  deu  Poteuzeu  von  x^  wenn 

gegeben  ist.     Setzt  man  hier  a:  =  — ,  so  wird 

"'•  =  '■'+  7  '•''''+^«  7/  ('''^''^  +  ü-^  (^J  ('^9''0  +  etc.      L) 
Diflerentiiit  man  beide  Seiten  dieser  Gleicliung  nach  /,  so  ergibt  sich 


+ 


I 


«c= 


a)"<-^- 


')  +  ••• 


Die  rechte  Seite  dieser  Gleichung   stimmt   mit   der  zu  summirenden 
Reihe  überein^  wenn 

'o 

gesetzt  wird.     Da  gleichzeitig  i  in  /j  und  /q  in  /  übergehen,  so  folgt  ohne 
Weiteres 


9>  'i=;j' 


mithin 


r»  (//  ~"  r^»  "^  c-  (//  r«*  "''  2^-  \di)    r^  "*"  Cc»  \di)    r*  "*"  *    * 
Bevor  wir  diesen  Werth  in  K)  substituiren,  wollen  wir  den  Differen- 

tialquotieuten  -p  elimiuiren,  was  mittelst  der  durch  Differentiation  von  G*) 

zu  erhaltenden  Relation 


oder 


dt 


1-  ^  !^ 


geschieht.     Damit  erhält  man  endlich 


m 


d^X  Xy  — X 

— -  ZL^ mm» 

dl^  *      r 


1     dr. 


(-7^:) 


cTq«  dl^ 


Die  Ausdrücke  für  die  den  übrigen  Coordinaten  entsprechenden  Compo- 


nenten    werden  ganz  analog  gebildet,    und  führen  wegen 


Xt—X 


=  cos  a 


etc.  zu  dem  gesuchten  Ausdrucke  für  die  in  der  Richtung  der  Ver- 
l)induugslinie  r  zur  Zeit  /  zwischen  den  Massenpunkten  tn  und  mj  wir- 
kenden   bewegenden  Kraft 

l 


r* 


r'     d  r., 


j  _  J_  (^        cr^  dt^ 
c    dt^ 


m 


46  Literaturzeitung. 


■^  ^  *•  ^  *- 


Es  handelt  sich   uur  uocb,um   den   Nachweis,   das»  dieser   Werth,    • 
wenigstens    in   den   ersten  Gliedern   bei  der  Entwickelang  nach  den  ab- 
steigenden Potenzen  von  c*,  mit  der  Formel  des  Weber'schen  Grundge- 
setzes übereinstimmt.     Hi«rza  bat  mau  sich  der  bereits  früher  benutzten 
Gleichungen 


rr 


^0  =  /'^o=  ^  -T  —  +  etc. 


und 


rfr«        ^,  .       rr 


// 


0 


=  /^'/o  =  **' i  etc. , 


rf^o  ^ 


so  wie  des  aus  der  L agr an ge'schenEnt Wickelung  L)  für  g>t=f^i  her- 
vorgehenden Werthes  • 

zu   bedienen.     Man   erhält   ohne   Schwierigkeit,   wenn   man   die  durch  r* 

und  die  höheren  Potenzen  dividirten  Glieder  weglässt: 

ff 


r         rr  (  ^        \ 

1 r-'«       c(l •••) 

c         c^  \  c      / 

mnii  j         rr  — 2rr"  I 

übereinstimmend  mit  der  von  W.  Weber  entdeckten  Formel  F)  des  elek- 
trodynamischen Fundamentalgesetzcs. 

6. 

Um  endlich  die  Gestalt  zu  untersuchen,    in   welcher  der  Satz   von 
der  lebendigen  Kraft  nunmehr  erscheint,   Iiabeu  wir  die  Function 

dx  \     dx       \      dx  dicx  ) 


+ 


V'    dx!"     ""  didx"^"^  \di)  dx!")^    "\ 


zu  bildien.  Hier  ist  vor  Allem  zu  bemerken,  dass  die  beiden  Summen 
auf  der  rechten  Seite,  die  sich  auf  die  6  Coordinaten  der  beiden  Punkte 
erstrecken,  vereinfacht  werden  können  Die  auf  die  homogene  Function 
T  der  Differentialquotionten  der  Coordinaten  bezügliche  Summe  ist  ver- 
möge eines  bekannten  Satzes  gleich  2  7\  während  die  von  der  Kräfte- 
function   V  abhängige  Summe  sich  auf  die  Form 

"*'V     dr"'^''    dldr"^''\dÜ    d/y^" 
briügeu  läsBt, 


Literaturzeitung.  47 


*-"  'N'N.*  ^^M 


Uiormit  erhält   man 

(P  =  2T+  V=T+ü+h 
oder 

T=ü—V  +  h  0) 

für  das  an  Stelle  des  Satzes  von  der  lebendigen  Kraft  tretende  Integral. 
Differentiirt  man  diesen  Ausdruck,  so  wird 

dT  _dU  ^  dV 
dl  ~~  It        dt' 

» 

wo  zugleich 

-—z=  Emix  X   +y  y   +  z  z  ]  =  £x R 

dt  .  ^  */     .  /  ^ 

dr 

Diese  Gleichung  lehrt,  dass  die  in  der  Kichtung  der  Entfernung  wirkende 
bewegende  Kraft 

^      dW  dr      dW 

durch  vollständige  Differentiation  der  Function 

W=V—U 

nach  der  Entfernung  erhalten  werden  kann. 
Da  ferner 

rf^_  ,dV       „du       .„du 

dl  ~''  dr'^''  a/"*""  F?''^" 

dv    (..du,   ,ddu\/..,du     ./dydü\, 

,77  n''    ä?  +  '-rf^ä7J  +  ('-    rr"-''\dJd"rj  + 

so  folgt 

dl'^^'ldr      dld/'^\dl)   W       \dt)    dr"~"'\^^  dt' 

woraus  die  Richtigkeit  des  für  V  aufgestellten  Werthes  erhellt.  Uebrigens 
kann  man  der  Function   W  auch  die  Form  geben 

;/iw,  J  r  r        2/'      \%v^'\'2rr^r'  —  r'r"*+2r*/r'"      ) 

lt  = l\ .. .).      Q) 

r     \  cc         (^  6c^  I 

Leipzig,  11.  August  1808. 

W.    SCUEIBNER. 


48  Literaturzeitung. 


■".^^-/--•*  ^^^  —  /^.  ^  -^  -^  - 


Schnlarithmetik,  bearbeitet  von  A.  Trappe,  Professor  und  Prorector  der 
Bealschule  am  Zwinger  in  Breslau.    Verlag  der  Universitätsbucb- 
Handlung  von  F.  Hirt  in  Breslau. 
Referent  würde   das  vorliegende  Werkchen   einfach   ignorirt   haben, 
wenn    der  Verfasser   durch   sein   brauchbares,   boi'eits   in    dritter  Auflage 
erschienenes   Lehrbuch   der  Physik   nicht   so   bekannt  wäre,    dass    wohl 
Mancher  darauf  bin  auch  die  „Schularithmetik^^  unbesehen  kaufen  dürfte. 
Leider  stehen   aber  beide  Bücher  auf  sehr  verschiedenen  Standpunkten, 
und  während   „die  Physik"    des  Verfassers  den  Entdeckungen  der  Neu- 
zeit   Rechnung    trägt,    macht  die    ,, Schularithmetik"   den   Eindruck,    als 
wäre  sie  der  unveränderte  Abdruck  eines  Werkes  aus  dem  vorigen  Jahr> 
hundert.     Zum  Beweise  mögen  einige  Proben  folgen: 

Auf  Seite  79  behauptet  der  Verfasser,  die  Gleichung 

(i 

sei  für  j  e  d  e  s  e  richtig  —  er  wendet  sie  auf  die  Fälle  a  =  3,  c  =  ^  und 
a  =  3,  ß  =  2  an  und  sagt  bezüglich  des  ersten  Falles :  „Es  könnte  schei- 
nen, als  ob  durch  Addition  unendlich  vieler  Grössen  eine  unendlich 
grosse  Summe  entstehen  müsste;  da  aber  die  Glieder  immer  klei- 
ner werden,  so  werden  sie  auch  endlich  verschwindend  klein." 
Was  mit  diesem  unverständlichen  Gerede  erklärt  werden  soll,  ist  schwer 
abzusehen;  sollte  aber  der  Verfasser  meinen,  dass  man  gegen  das  Ende 
der  Reihe  hin  ein  paar  Millionen  Glieder  weglassen  dürfe,  weil  sie  ver- 
schwindend klein  sind^  so  müsste  er  die  Voraussetzung  machen,  dass 
verschwindend  kleine  Summanden  eine  verschwindend  kleine  Summe 
geben.    Wie  unrichtig  dieser  Satz  ist,  zeigt  schon  das  bekannte  Beispiel 

n^         n*        M*  «* 

wenn  m  =  od  genommen  wird.  —  Noch  wunderlicher  lautet  die  Erklärung 
des  für  ri  =  3,  c  =  2  zum  Vorschein  kommenden  absurden  Resultates 

3 

3  +  6  +  12  -f  24  +  . . .  m  inf.  =  -~-^  =  —  3; 

der  Verfasser  sagt  nämlich:  ,,Das  Resultat  sollte  =  x  sein,  da  die  Reihe 
aus  unendlich  vielen  immer  grösser  werdenden  positiven  Zahlen  be«teht. 
Der  Widerspruch  lässt  sich  dadurch  erklären,  dass  die  Aufgabe, 
•eine  unendliche  Menge  immer  grösser  werdender  Zahlen  zu  addiren, 
etwas   Unausführbares  fordert;    aber  dennoch  stellt   der  Ausdruck 

die  Rei^^e  d-ar,  denn  wenn  man  1  — 2  in  3  dividirt  und  wie  bei 

1  —  2 

Buchstaben   verfährt,   so   erhält   man    die   Reihe."     Nach    des   Verfassers 

eigener  Definition  von  positiven  und  negativen  Grössen   und   nach    dem 


Literaturzeitiing.  •  49 


•  V-.^^-^^^    j^^  .^ji^  <^-*-^  .^«    —    ^  <"    • 


»  ^^yvy^.^N.^ 


Obigen  kann  man  sich  also  dadurch  in  Schulden  stürzen,  dass  man  Jahr 

aus  Jahr  ein  Vermögen  aufhäuft.   —   Die  Sache  ist  aber  viel  einfacher: 

wer  ftir  e  >>  I 

a  +  ae  +  ae*  +  ae^+  ...  =  5 

setzt  und   mit   diesem  S  weiter  rechnet,   als  wenn   es  eine  endliche  be- 

g 
stimmte  Grösse  wäre  (z.  B.  S  — S  =  0,  ^=  l),   der  hat  schon  von  Hause 

aus  eine  falsche  Voraussetzung  gemacht  und  braucht  sich  dann  über 
seine  widersinnigen  Resultate  gar  nicht  zu  verwundem.  Diese  Bemer- 
kung gilt  übrigens  für  alle  Rechnungen  mit  unendlichen  Reihen,  Pro* 
ducten  und  Kettenbrüchen. 

Seite  80  heisst  es:  n^ine  unendliche  fallende  Reihe  nennt  man 
convergirend,  eine  unendliche  steigende  Reihe  divergirend." 
Hiernach  scheint  der  Verfasser  nicht  einmal  zu  wissen,  dass  die  bekannte 
harmonische  Reihe  -J-  +  5  +  j-  +  •  •  •  zwar  eine  fallende  ist  aber  divergirt. 
Weiter  sagt  der  Verfasser:  „eine  divergirende  Reihe  lässt  sich  nicht 
addiren**,  obschon  er  zwti  Zeilen  vorher  •=—  3  als  Summe  von  3  +  6 
+  12  +  etc.  angegeben  hat. 

Die  Gleichungen  ersten  Grades  werden  mit  zwei  Beispielen  abge- 
fertigt, von  denen  das  zweite  die  Form 

(a—ßx)  (y'^Sx)  =  0 
hat,  also  doch  wohl  nicht  hierher  gehörte. 

Auf  Seite  107  definirt  der  Verfasser  eine  Function  von  x  als  „eine 
Grösse,  in  welcher  x  vorkommt"  und  sucht  dann  den  Satz  zu  beweisen: 
„Jede  Function  von  x,  welche  dadurch  zu  Null  wird,  dass  man  x  =  m 
setzt,  hat  den  Factor  (a:  —  m)."  Hier  fehlt  die  Beschränkung  des  Satzes 
auf  algebraische  rationale  Functionen;  denn  schon  bei  irrationalen  Func- 
tionen (wie  z.  B.  yx  —  ym)  gilt  der  Satz  nicht  mehr. 

In  §110  heisst  es,  wenn  die  Gleichung 

rt  +  6a:  +  ca;*  +  ...  =  m  +  iia:  +  ra:*+... 
für  jeden  Wertli  von  x  gilt,  so  istö  =  m,  ft  =  w  etc.  Hier  kann  erstens 
die  Voraussetzung  dahin  beschränkt  werden,  dass  die  anfängliche  Glei- 
chung nur  innerhalb  eines  die  Null  umfassenden  Intervalles  zu  gelten 
braucht,  zweitens  ist  hinzuzufügen,  dass  bei  unendlichen  Reihen  die 
gleichzeitige  Convergenz  beider  Reihen  vorhanden  sein  muss«  Kann  man 
hierüber  nicht  entscheiden,  so  läuft  man  Gefahr,  die  abenteuerlichsten 
Resultate  zu  erhalten.     So  ist  z.  B. 

wenn  man  aber  beiderseits  nach  Potenzen  von  x  entwickelt,  so  liefert  die 
Vergleichung  der  Coefficienten  von  x,  x*  etc.  durchgängig  falsche  Glei- 
chungen. 


50  Literatursseitung. 

In  §  117  will  der  Verfafiscr  den  Saiz  beweisen:  ,Jede  Gleichung  vom 
«*•"  Grade  bat  n  Wurzeln*';  zu  diesem  Zwecke  erinnert  er  erst  daran» 
dass  eine  quadratische  Gleichung  zwei  Wurzeln  besitzt,  und  fahrt  dann 
fort:  „Hat  eine  cubische  Gleichung,  die  auf  Null  gebracht  ist,  eine 
Wurzel  x  =  mj  so  muss  sie  den  Factor  (x  —  m)  haben,  und  der  zweite 
Factor  muss  eine  Function  von  x*  sein.  Setzt  man  diesen  =:  0,  so  er- 
hält man  noch  zwei  Werthe  für  x,  welche  die  Gleichung  zu  Null  machen. 
Auf  dieselbe  Weise  ergiebt  sich,  dass  die  Gleichung  vom  vierten 
Grade  4,  die  vom  fünften  5  Wurzeln  haben  muss  u.  s.  w."  Der  Ver- 
fasser setzt  also  ohne  Weiteres  voraus,  dass  jede  Gleichung  mindestens 
eine  Wurzel  habe,  deren  Beschaffenheit  er  übrigens  ganz  dahin  gestellt 
sein  lässt. 

In  §  126  „soll  versucht  werden",  log  (1  +  a:)  in  eine  Reihe  von  der 
Form  A+Bx  +  Cx^+ etc.  zu  verwandeln.     Mit  Hülfe  der  Gleichung 

2  log  (1  +  x)  =  log  [l  +  :i:  (2  +  x)] 
findet  der  Verfasser 

2Bx  +  2Cx^  +  2Dx^  + ...  • 
=  2  5x  +  (5  +  4C)a:»  +  (4C+8/>)a:'+... 
.und  sagt  Weiter:  „Diese  Gleichung  gilt  für  jeden  Werth  von  x,  da  die 
beiden  Gleichungen,  aus  denen  sie  zusammengesetzt  ist,  für  jeden  Werth 
von  X  gelten."  Woher  weiss  denn  der  Verfasser,  dass  die  versuchs- 
weise aufgestellte  Gleichung  log  (l  +  ^)  =  -^H-  ^^  +  ^^*  +  etc.  für  jeden 
Werth  von  x  gilt?  —  Später  wird  B  mittelst  der  Formel 

B^ 1 

2  [t't  +  i  (t't)' +  i  (tV  +  . . .] 
bestimmt  und  hinzugefügt:  „Die  Reihe  des  Nenners  couvergirt   so,  dass 

man  nur  wenig  Glieder  zu  berechnen  braucht,  um  B  bis  auf  7  Stellen 
richtig  zu  erhalten."  In  der  That  sind  hierzu  30  Glieder  nöthig,  und 
das  dürfte  doch  nicht  gerade  wenig  sein. 

Diese  Blumenlese  (besser  Distelnlese)  mag  zu  dem  Beweise  hin- 
reichen, dass  der  Verfasser  von  einer  den  Ansprüchen  der  Neuzeit  ge- 
nügenden präcisen  Behandlung  der  Wissenschaft  gar  keine  Idee  hat  und 
daher  auch  zur  Abfassung  mathematischer  Lehrbücher  nicht  berufen  ist. 

ScHLÖMILCn. 


Bibliographie 

vom  15.  Juni  bis  1.  Septerabor  1868. 


Periodische  Schriften. 

Abhandlungen  der  math.-phys.  Claf3se  der  Königl.  Sachs.  6e- 
sellschaft  dpr  Wissenscli.   VIII.  Bd.  Leipzig,  Hirzel.       8  Thlr. 

Denkschriften  der  Kaiserl.  Akademie  der  Wi  ssensch|iften. 
Mathematisch -naturwissenschaftliche  Classe.  28.  Bd.  Wien,  Gerold's 
Sohn.  14%  Thlr. 

Journal  für  die  reine  und  angewandte  Mathematik.  Heraus^eg. 
von  C.  W.  Borchardt.    Berlin,  Reimer.  pro  compl.  4  Thlr. 

Reine  Mathematik. 

Bardev,  E.,  Algebraische  Gleichungen,  Leipzig,  Tenbner.  l%Thlr. 

GoüZY,  E.  A.,  Vereinfachtes  Verfahren  für  die  Ausziehung  der 
Cubikwurzel  aus  Zahlen.   Aarau,  Sauerländer.  l^/e  Ngr. 

Grrtscuel,  H.,  Lehrbuch  zur  Einführung  in  di  e  organische 
Geometrie.    Leipzig,  Quandt  &  Händel.  2%  Thlr. 

Hering,  R.  G.;  Sammlung  von  Aufgaben  aus  der  niederen  und 
höheren  Arithmetik.  Für  Bürger-,  Realschulen  und  Gymnasien. 
2.  Heft.    Leipzig,  Gräbner.  4%  Ngr. 

ScHLöMiLCHy  0.,  Compendium  der  höheren  Analysis.  3.  Aufl.  l.Bd. 
L  Hälfte.    Braunschweig,  Vieweg  und  Sohn.  1%  Thlr. 

Zehfuss,  G.,  Ueber  eine  Erweiterung  des  Begriffes  der  Deter- 
minanten.  Frankfurt  a.  M.,  Hermann^sche  Buchhandlung.    \^k  Ngr. 

Winkler,  A.,  Der  Rest  der  Taylor'schen  Reihe.  Wien,  Gerold's 
Sohn.  18  Ngr. 

Wittstein,  Th.,  Lehrbuch  der  Elementar-.Mathematik.  I.Band. 
1.  Abth.  Arithmetik.  3.  Aufl.    Hannover,  Hahn'sche  Hofbuchhandlung. 

%  Thlr. 

Mayr,  A«,  Der  integrirende  Factor  und  die  particulären  Inte- 
grale mit  besonderer  Anwendung  auf  die  linearen  Diffe- 
rentialgleichungen. Prolegomena  zur  Theorie  der  Integration« 
Würzburg,  Kellner's  Buchhandlung.  1  Thlr. 

Schwager,  H.,  Die  Elemente  der  Arithmetik  und  Algebra«  Ein 
Leitfaden  für  den  Unterricht.   Würzburg,  Kellners  Buchhdlg.    27  Ngr. 

Bremiker,  C,  Logarithmisch- trigonometrische  Tafeln  mit  sechs 
Decimalstellen.  Mit  besonderer  Rücksicht  flir  den  Schulgebrauch 
bearbeitet.   Berlin,  Nicolai^sche  Verlagsbuchhandlung.  12^A  N^c^r. 


52  Literatarzeitnng. 


Wittstein,  Th.,  Fünfstellige  logarithmisch-trigonometrische 
Tafeln.    Hannover,  Hahn'sche  Hofbuchhandlung.  %  Thlr. 

Schneidewind,  0.,  Ueber  die  Convergenz  unendlicher  Reihen. 
Inaugural  -  Dissertation.   Nordhausen,  Haacke.  %  Thlr. 

ScHLÖMiLCH,  0.,  Uebungsbuch  zum  Studium  der  höheren  Analy- 
sis.  1.  Thl.   Leipzig,  Teubner.  l  Thlr.  18  Ngr. 

Serret,  J.  A.,  Handbuch  der  höheren  Algebra.  Deutsch  bearbeitet 
von  6.  V.  Wertheim.   Leipzig,  Teubner.  2%  Thlr. 

Hechel,  C,  Compendium  der  Geometrie  nach  Legendre.  3  Thl. 
Sphärische  Trigonometrie.   Keval,  Kluge's  Verlag.  %  Thlr. 

Bahnson,  Leitfaden  ftlr  den  Unterricht  in  der  Geometrie.  1  Thl. 
Hamburg,  Rudolphi.  18  Ngr. 

ScHONDORFF,A., Ueber  dieMinimalfläche,  die  von  einem  doppclt- 

•  gleichschenkligen    räumlichen    Viereck    begrenzt    wird. 

(Göttingen)  Güstrow,  Opitz  &  Co.  %  Thlr. 

SoNN£NBURG,A., Lehrbuch  der  gesammten  Elementar-Georaetrie 
für  Gymnasien,  Kealsrhulen  etc.  1.  Thl.  Ebene  Geometrie. 
2.  Aufl.   Bremen,  Geisler.  1  Thlr.  12  Ngr. 

EouTNT,  E.,  Construction  der  Eegelschnittlinien  aus  Punkten 
undTangenten.   Wien ,  Gerold's  Sohn.  8  Ngr. 

Wbyr,  E.,  Studien  aus  der  höheren  Geometrie.  Wien,  Gerold*s 
Sohn.  6  Ngr. 

Kunze,  M.  F.,  Siebenstellige  Kreisflächen  für  alle  Durchmesser 
von  0,01  bis  99,99.  Dresden,  Schönfeld's  Buchhandlung.  1  Thlr. 

Matzka,  W.,  Beiträge  zur  Lehre  der  universellen  Sammlung 
von  Strecken,  d.  i.  ihrer  Aneinanderfügung  mittels  Parallelver- 
schiebung.   Prag,  Calve'sche  Universitätsbuchhandlung.  %  Thlr. 

ScuuMANN,  H.,  Lehrbuch  der  Elementar-Mäthematik  für  Gym- 
nasien und  Realschulen.  3.  Thl.  Ebene  Trigonometrie.  Berlin, 
Weidmännische  Buchhandlung.  9  Ngr. 

KoppE,K.,  Anfangsgründe  der  analytischen  Geometrie  und  der 
Lehre  von  den  Kegelschnitten  für  den  Schul-  und  Selbst- 
unterricht.   Essen,  Bödeken.  24  Ngr. 

Harms,  Chr.,  Die  erste  Stufe  des  mathematischen  Unterrichts. 
2.   Abth.     Geometrische   Aufgaben.     Oldenburg ,    Stalling's    Verlag. 

12^^  Ngr. 

Plücker,  J.,  Neue  Geometrie  des  Baumes,  gegründet  auf  die 
Betrachtung  der  geraden  Linie  als  Raumelement.  1.  Abth. 
Leipzig,  Teubner.  3  Thlr. 


Literaturzeitung. 


Kecensionen. 

Oalilöe ,  les  droits  de  la  science  et  la  melhode  des  scicnces  physiques  par  Th. 
Henki  Maktin.  Paris  18(^8  bei  Didier  et  C"^  librairie  ucademique. 
Wenige  Gegenstände  aus  der  Geschichte  der  Wissenschaften  haben  in 
den  letzten  5  Jahren  sich  so  eifriger  Bearbeitung  zu  erfreuen  gehabt, 
wie  das  Leben  und  die  Schicksale  des  Gründers  der  modernen  Mechanik. 
Herr  Martin,  der  letzte  Schriftsteller  über  Galilei,  hatte  in  einer  seinem 
Buche  angehängten  bibliographischen  Notiz  unseren  Aufsatz  im  9.  Bande 
dieser  Zeitschrift  mit  Nr.  LIII  zu  bezeichnen  und  gelangt  dann  noch  bis  zu 
Nr.  LXVII  unter  Aufzählung  nur  solcher  Abhandlungen,  wjelche  er  gelesen 
hat,  und  welche  leicht  noch  vermehrt  werden  könnte»,  z.  B.  durch  den  Auf- 
satz von  Job.  Streit:  „Galileo  Galilei,  ein  Vortrag,  gehalten  in  Greifswald 
zur  Erinnerung  an  seinen  300sten  Geburtstag"  (Grün.  Archiv  Bd.  42^ 
S.  241 — 255),  durch  die  Brochure  von  U.  Christian  llerrmann  Vosen:  „Ga- 
lileo Galilei  und  die  römische  Verurtheilung  des  Kopernikanischen  Systems** 
herausgegeben  von  dem  katholischen  Brochurenverein  in  Frankfurt  a.  M., 
durch  eine  Recension  des  letzterwähnten  Machwerkes,  welche  wir  ohne 
Namensunterschrift  in  den  Grenzboten  von  18Ö5S.422 — 136  veröffentlicht  haben. 
Wenn  nach  so  vielen  Vorgängern  aus  jüngster  Zeit  ein  Gelehrter,  wie  Herr 
Martin,  nochmals  zur  Feder  greift  und  eine  fast  28  Druckbogen  füllende 
Untersuchung  über  das  Leben  und  Wirken  des  Mannes  veröffentlicht, 
dem  schon  Dutzdhde  von  Geschichtsschreibern  ihre  Zeit  und  Mühe  widme- 
ten ,  so  ist  das  ein  sicherer  Beweis  für  die  hohe  Bedeutsamkeit  des  Stoffes, 
aber  auch  dafür,  dass  von  allen  Vorgängern  der  Stoff  nicht  in  seiner  ganzen 
Vollständigkeit  bewältigt  wurde.  Herr  Martin  mit  seiner  auf  allen  Gebie- 
ten der  Geschichte  der  Wissenschaft  gleich  unermesslichon  Belesenheit,  mit 
seiner  eleganten  Schreibweise,  mit  seinem  so  selten  fehlgehenden  kritischen 
Verstände  ist  ganz  der  Mann  dazu,  Untersuchungen  abzuschliessen  und  zu- 
sammenzufassen, und  so  ffeuten  wir  uns  im  Voraus  auf  die  Zusendung  des  in 
der  Ueberschrift  genannten  Werkes,  wenn  gleich  Herr  Martin  in  dem  sein 
freundliches  Geschenk  begleitenden  liebenswürdigen  Briefe  uns  ankündigte, 
dass  er  vielen  von  uns  ausgesprochenen  Meinungen  entgegengetreten  c^^\. 

I.iteralurzl($'.  «i.  ZeiUchr.  f.  Math.  u.  IMiy».  XUi,  o.  ^ 


54  LiteraturzeituDg. 

Wir  sind  weit  entfernt,  Widerspruch  übel  zu  nehmen,  hoffen  aber  mit  Zu- 
versicht auf  gleiche  Unbefangenheit  bei  unserem  hochverehrten  Herrn 
Gegner  rechnen  zu  dürfen,  wenn  wir  unter  achtungsvollster  Anerkennung 
seiner  Verdienste  seine*  Angriffe  zurückweisen  müssen. 

Wir  glauben  uns  dieses  um  so  mehr  schuldig  zu  sein ,  als  es  im  All- 
gemeinen zu  den  stylistischen  Eigen thümlichkeiten  von  Herrn  Martin 
gehört,  in  dem  kritischen  Theile  seiner  Werke  Ansichten,  die  er  anfeindet, 
mit  den  Persönlichkeiten,  von  welchen  dieselben  ausgehen,  scheinbar  zu 
verwechseln,  so  dass  zwischen  den  achtungsvollen  Briefen  und  dem  mit- 
unter weit  weniger  achtungsvollen  Tone  der  gedruckten  Aeusserungen  fast 
ein  Gegensatz  zu  bestehen  scheint. 

Wir  gestehen  es  zu,  wir  fühlen  uns  einigermassen  verletzt  durch  Be- 
zeichnungen, wie  ,Jes  plus  violents  deiracleurs  de  la  condtiite  de  Galilee^^ 
S.  402,  welche  auf  einen  Philarete  C  h  a  s  1  e  s ,  auf  einen  Vo  s  e  n  und  Consorten 
passen  mögen,  welche  wir  uns  aber  recht  sehr  verbitten.  Was  in  aller  Welt 
haben  wir  denn  in  unseren  Abhandlungen  gegen  Galilei  gesagt,  um  ein 
Herabwürdiger  des  grossen  Mannes  zu  heissen?  Wir  haben  behauptet 
(Zeitschr.  f.  Math.  u.  Phys.  IX.  S.  170),  Galilei  habe  gegen  Ende  1613  den 
Beweis  seiner  astronomischen  Ansichten  in  der  Bibel  gesucht.  Wir  haben 
eine  Erklärung  dafür  in  dem  autoritätsbedürftigen  Eigensinne  seiner  Geg- 
ner gefunden.  Wir  haben  hinzugefügt:  „Ich  wüsste  nicht,  wie  man  ihm 
dieses  übelnehmen  könnte,  und  wenn  es  ein  Fohlschritt  war,  den  er  that,  so 
liegt  die  Schuld  nicht  darin,  dass  er  auf  das  theologische  Gebiet  hinüber- 
trat ,  sondern  darin ,  dass  sein  Fuss  den  schlüpfrigen  Boden  nicht  gewohnt 
war,  dass  sein  Auge  die  Fussangeln  nicht  sah,  mit  welchen  der  neue  Kampf- 
platz rings  umgeben  war."  Nennt  man  das  Einen  herabwürdigen?  Dann 
müssen  wir  freilich  auch  heute  noch  dies  wenig  schmückende  Beiwort  uns 
gefallen  lassen;  denn  heute  wie  vor  4%  Jahren  halten  wir  dafür,  dass  Ga- 
lilei den  theologischen  Streit  thatsächlich  begonnen  hat.  Es  ist  wahr,  Herr 
Martin  hat  (S.  51)  Briefe  Galilei's  an  den  Cardinal  Dini  angeführt,  in 
welchen  er  das  Bedauern  ausspricht,  dass  er  auf  biblischem  Gebiete  käm- 
pfen müsse,  auf  welches  man  ihn  hingezwungen  habe;  aber  diese  Briefe 
sind  aus  dem  Jahre  1615,  und  der  Brief  an  Castelli,  welcher  den  theolo- 
gischen Anfeindungen  des  Dominicaners  Caccini,  den  Denunciationen 
des  Lorini,  kurz  dem  eigentlichen  Streite  voranging,  war  vom  21.December 
1613  (Martin  S.  42).  Ja,  noch  weit  früher  befragte  Galilei  den  Cardinal 
Conti  über  die  theologische  Seite  seiner  naturwissenschaftlichen  Ansich- 
ten, denn  dessen  Antwortsschreiben  datirt  sogar  vom  7.  Juli  1612  (Martin 
S.  40). 

Oder  haben  wir  Galilei  herabgewürdigt,  weil  wir  (S.  191)  über  die 
Ausreden,  welche  er  im  Verhöre  vom  12.  April  1033  gebrauchte,  die  Bemer- 
kung machten:  „Man  ärgert  sich  über  die  geistige  Schwäche  Galilei 's, 
welcher  hier  offenbar  gegen  seine  Ueberzeugung  aussagte.   Allein  man  Ihut 


Literaturzeitung.  55 


■'*^^^/^^  ^-^-^•••^  -  •••■> 


es  nur  deshalb,  weil  ein  gewisses,  ich  möchte  sagen,  dramatisches  Gefühl  im 
Menschen  uns  geneigter  macht ,  den  Sturz  eines  grossen  Mannes  zu  bewei- 
nen, als  von  einer  moralischen  Niederlage  desselben  Zeuge  zu  sein.**    Wir 
setzten  sogleich  die  Frage  hinzu:  „Wie  viele  Männer,  welche  über  Galilei 
den  Stab  brechen,  würden  wohl  anders  als  er  gehandelt  haben?  Wie  viele 
würden    den    70  jährigen    gebrechlichen   Körper    den   Qualen    dargeboten 
haben,  mit  welchen  die  damalige  Zeit  verschwenderisch  war?**   Wir  hoben 
ganz  ITesonders  den  Einfluss  Niccolini's  auf  das  Benehmen  des  Galilei 
hervor.    Möge  uns  Herr  Martin  die  Behauptung  nicht  übel  nehmen,  dass 
auch  er  in  diesem  Sinne  zu  den  delracleurs  Ics  plus  violents  de  la  conduite  de 
Galilee  gehört.     Er  nähert  sich  sogar  unserem  Wortlaute,   wenn  er  sagt: 
y^Cerlainement  Galilee  ne  joiia  pas  du  toul  dam  son  proces  Ic  röle  dun  heros  de 
tragedie^'  (S.  196),  wenn  er  weiter  hinzufügt:   „tV  esperail  quil  ny  aurail  pas 
de  peril  pour  sa  personne  ^  sHl  se  soumelUtil:  mais  sUl  resislail  obstinemenl,   H 
pouvaü   toul  craindre.    II  savail  commeni  deux  hereliques  avaienl  die  Iraites  ä 
Borne,  tun  Irenle-deux  ans^  faulre  huü  ans  seulemenl  avant  son  proces^^.    Und 
wenn  wir  von  Niccolini  sagten:    „er  rieth  ihm  zur  Besiegelung  seiner 
Schmach**,  so  gebraucht  Herr  Martin  die  Worte:    ,,Telle  elail  la  souplesse 
beiden  Aermes  caracleres  en   Italic  au  dix  -  seplieme  siecle^^.    Wir  können  in 
ies  plus  /ussprüchen  nur  Wahrheit  finden,  aber  sicherlich  keine  Herabwür- 
digung. 

Oder  endlich  ist  es  Herabwürdigung  des  Galilei,  wenn  wir  unsere 
Abhandlung  mit  den  Sätzen  schlössen:  „Die  wissenschaftliche  Forschung 
ist  frei  geworden  von  den  Fesseln  der  Kirche Dass  es  aber  so  gekom- 
men ist,  dass  der  Kampf,  man  kann  wohl  sagen,  jetzt  ausgekämpft  ist,  das 
mahnt  uns  um  so  mehr  zur  dankbaren  Erinnerung  an  die  ersten  Opfer  des 
Kampfes,  vor  Allem  an  Galileo  Galilei.**  Ein  anderweitiges  Urtheil  wird 
aber  Herr  Martin  uns  nirgends  nachweisen  können;  nur  an  den  drei  er- 
wähnten Stellen  haben  wir  uns  über  Galilei^s  Benehmen  ausgesprochen, 
und,  wie  wir  glauben,  in  völlig  gerechter  Weise,  in  einer  Weise,  welche 
mit  den  Ansichten  von  Herrn  Martin  selbst  geradezu  übereinstimmt. 

Eine  wesentliche  Verschiedenheit  zwischen  unseren  beiderseitigen 
hiftorischen  Auffassungen  findet  sich  dagegen  dem  Charakter  und  der 
Handlungsweise  Urban^s  VIII.  gegenüber.  Hier  haben  wir  uns  im  Decem- 
ber  18*^3  entschieden  getäuscht.  Die  päpstlichen  Verordnungen  vom  10.  Juni 
1033  (Martin  S.  123  —  124)  und  vom  23.  März  1634  (Martin  S.  215),  welche 
erst  im  letztverflossenen  Jahre  durch  Herrn  Henri  de  1  Epinois  yBevue 
des  Sciences  hislorifjucs y  1867)  bekannt  wurden,  lassen  unsere  Auffassung 
nicht  mehr  zu,  als  habe  Urban  VIII.  späterhin  Reue  darüber  empfunden, 
dass  er  in  die  Einleitung  des  Inquisitionsverfahrens  gegen  Galilei  seiner 
Zeit  willigte,  als  'habe  er  ihn  nach  Vermögen  geschützt,  und  als  habe  ins- 
besondere nur  seine  Weigerung  die  Anwendung  der  Folter  verhindert. 
Diese  Anschauung  ist  gegenwärtig  nicht  mehr  möglich  —  aber  wir  sind  noch 


56  Literaturzeitung. 


weiter  davon  entfernt,  die  Darstellung  von  Herrn  Martin  für  richtig  zu 
halten.  Wir  wollen  diese  mit  seinen  eigenen  Worten  (S.  210)  anführen: 
,^Sou8  Vinfluencc  des  hommes  aiixquels^  depuis  1632,  Urbain  VIII  avaii  laisse 
prendrc  Irop  (Vempirc  stir  son  esprit,  sa  conscicncc  trompee  lui  disail  qtCil  avaii 
eu  (ort  de  laisser  parat  Ire  en  ItaUe  un  licre  plein  d^une  doctrinc  coniraire  ä 
fEcriture  saiule,  et  que^  pour  re'parer  sa  faute,  il  devait  ctouffer  ^  au  moins  en 
Halte,  Celle  erreur,  quHl  voyail  se  propnger  maUjre  Ics  condamnations  eccle- 
siasliques,  II  ne  fallail  pas,  pensail  il,  avoir  fair  de  faiblir  ä  Vegard  de  Galilee, 
et  enhardir  ainsi  taut  dfaulres  catholiqaes ,  tont  preis  ä  mar  eher  sur  ses  iraces, 
Teile  est  la  pensee^  que  nons  truuvcrons  dans  loule  la  conduile  d"  Urbain  VIII 
envers  le  malheureux  condamne'/'' 

Herr  Martin  wird  uns  wohl  zugeben,  dass  positive  Beweise  für  seine 
Auffassung  nicht  vorhanden  sind;  wir  meinen,  dass  keinerlei  Documente, 
Briefe  oder  Verordnungen  uns  einen  ungetrübten  sicheren  Einblick  in  die 
Seele  des  Papstes  gestatten,  dass  wir  also,  so  zu  sagen,. nur  einen  Indicien- 
beweis  besitzen,  welches  auch  die  Folgerungen  sein  mögen,  die  wir  aus  den 
gegebenen  Thatsachen  ziehen.  Diese  Tlmtsachen  wollen  wir  deshalb  in  der 
Kürze,  welche  einer  kritischen  Besprechung  angemessen  erscheint,  hier 
wiederholen. 

Es  ist  Thatsachc,  dass  Maffeo  Barberino  der  Freund  Galilei's  war 
Hud  insbesondere  1(516  bei  dem  ersten  Processe  auf  dessen  Seite  stand.  Es 
ist  Thatsache,  dass  eine  Tradition  des  römischen  Clerus  bis  zum  Jahre  1825 
existirte  (Martin  S.  159),  wonach  Galilei  seinen  ehemaligen  Freund  per- 
sönlich beleidigte  und  dadurch  zum  Feinde  machte.  Es  ist  Thatsache 
(Martin  S.  159  und  162),  dass  schon  1632  diese  Tradition  vorhanden  war, 
,,el  ils  fireni  quelques  dupes,  parmi  lesquellrs  fut  pettl  rtre  d\tbord  Urbain  VIII 
lui-mime'^.  Es  ist  Thatsache,  dass  nicht  blos  ..peut-etre'*  der  Papst  selbst  den 
Process  nur  von  der  persönlichen  Seite  betrachtete,  denn  Niccolini  sagt 
(Martin  S.  121):  dans  Vexces  de  sa  passion  il  a  fail  de  cclle  persevution  son 
affaire  personnelle.''  Wie  kann  Herr  Martin  es  dann  rechtfertigen,  wenn 
er  S.  136  behaupten  will:  „7/  ne  cherchnit  poinl  une  vem/canrc  personelle  d^un 
outrage  imaginaire^''?  Freilich  war  die  Beleidigung  eine  imaginäre,  freilich 
war  S  im  pli  eins  nicht  dieKarrikatur  des  Paptes,  wie  wir  S.  186  unserer  Ab- 
handlung mit  denselben  Gründen  gezeigt  haben,  welche  auch  Herr  Martin 
(S.  164  flgg.)  benutzt;  freilich  hat  Herr  Martin  Recht,  wenn  er  gegen  uns 
beweist,  dass  Galilei  den  Einwurf  def  Allmacht  Gottes  in  sein  Werk  auf- 
nehmen musste,  wenn  er  Urban  Vlll.  nicht  wirklich  beleidigen  wollte; 
aber  darauf  kommt  es  keineswegs  an,  sondern  nur  darauf :  WarUrban  VIII. 
erzürnt  und  handelte  er  im  Zorne?  Und  diese  Frage  nuiss  die  Geschichts- 
forschung einfach  bejahen.  Wir  haben  demnach  von  unserer  Auffassung 
nur  das  zurückzunehmen,  was  allerdings  unser  persönliches  Eigenthum  da- 
ran war:  die  siiätere  Aenderung  in  der  Gemüthssiimmung  Urban 's.  Ur- 
ban besänftigte  sich  nicht.    Er  war  es,  der  am  16.  Juni  1633  den  Befehl 


Literatnrzeitung.  57 


der  Territion  erliess,  welcher  nach  unserer  früheren  Meinung  von  den 
Inquisitoren  ausging  und  in  der  Lücke  der  Processacten  enthalten  sein 
mnsste,  zu  deren  Annahme  uns  die  confuse,  wie  man  gegenwärtig  weiss, 
durchaus  unrichtige  Beschreibung  jener  Acten  durch  Marino  Marini  ver- 
leitet hatte.  Er  war  es,  der  am  23.  März  1Ö34  Galilei  verbot,  um  weitere 
Vergünstigungen  zu  bitten ,  wenn  er  nicht  in  die  wirklichen  Kerker  der  In- 
quisition verbracht  werden  wolle.  Er  war  es  aber  auch ,  der  beide  Verord-  , 
nungen  nur  insgeheim  erliess,  der  sich  beidemal  hinter  das  heilige  Gericht 
»teckte,  wahrlich  weit  eher  das  Kennzeichen  persönlichen  Rachegefühls,  als 
der  Befürchtung,  die  Religion  möge  durch  Galilei^s  wissenschaftliche 
Thätigkcit  Gefahr  laufen.  Hätte  Urban  in  diesem  Gefühle  gehandelt,  so 
war  es  viel  natürlicher  für  ihn,  jetzt  ecc  cathedra  die  Kopemikanische  Lehre 
ein-  für  allemal  zu  verdammen,  welche  bisher  nur  in  nichtofficieller  Weise 
vernrtheilt  war,  wie  Herr  Martin  mehrfach  hervorhebt,  welcher  gerade 
darauf  ein  vielleicht  übermässig  grosses  Gewicht  legt.  Wir  gestehen  frei- 
lich dabei  die  Unfähigkeit  zu,  uns  in  die  Seele  eines  frommen  Katholiken 
zu  versetzen ,  für  welchen  die  Unfehlbarkeit  des  Papstes  als  Papst  Glau- 
benssache ist. 

Urban  VIII.  schob  das  Inquisitionsgericht  auch  deshalb  vor,  weil  er 
selbst  bei  der  Veröffentlichung  der  berühmten  Galilei' sehen  Dialoge  zu 
sehr  betheiligt  war.  Wir  haben  zuerst  (S.  184  unserer  Abhandlung)  darauf 
hingewiesen,  dass  die  Vorrede  vielleicht  auf  Urban  VIII.  zurückzuführen 
sei.  Herr  Martin  benutzt,  allerdings  ohne  uns  zu  citiren,  den  Theil  unse- 
rer Behauptung,  der  brieflich  erwiesen  ist,  dass  nämlich  Riccardi  die 
Vorrede  an  Galilei  schickte  (Martin  S.  105).  Dann  fügt  er  neu  die 
werthvolle  Bemerkung  hinzu  (8.  106) ,  dass  in  der  Vorrede  Anklänge  an 
einen  Brief  sich  fänden,  welchen  Galilei  1624  an  Ingoli  geschrieben 
hatte.  Aber  hat  denn  Herr  Martin  ganz  vergessen,  dass  er  selbst  (S*  94) 
gezeigt  hat,  dass  Urban  VIII.  von  jenem  Briefe  Kenntniss  nahm,  dass  also 
unsere  Hypothese  von  dem  Ursprünge  der  Vorrede,  von  der  Ursache  der 
nachfolgenden  Ungnade  sowohl  des  Riccardi,  als  des  Ciampoli  nur  noch 
mehr  Bestätigung  erhält?  Jedenfalls  schenken  wir  dieser  Auffassung  mehr 
Glauben,  als  dass  wir  Herrn  Martin  beipflichten  möchten,  wenn  er  auf 
Galilei  den  Vorwurf  ladet:  „au  Heu  de  rediger  lui-meme  cetle  preface  peu 
sincire ,  i7  eul  VhahUete  de  Vinspirer  d^abord  au  P,  Riccardi^  ei  de  sc  la  laisser 
imposer  ensuite,''^ 

Wir  könnten  noch  einige  andere  Angriffe  gegen  das  neuerschienene 
Buch  richten,  wenn  es  uns  darum  zu  thun  wäre,  ängstlich  jedes  Wort  auf- 
zusuchen, in  welchem  der  gelehrte  Verfasser  sich  geirrt  hat.  Wir  wollen  nur 
schliesslich  zwei  Unterlassungssünden  hervorheben.  Einmal  hätte  es  zur 
Vollständigkeit  des  Werkes 'entschieden  beigetragen,  wenn  Herr  Martin 
den  Beweis,  dass  das  ganze  Verfahren  von  1632 — 1633  in  der  Sitte  des 
üblichen  Processes  begründet  war,  aufgenommeu  \\\aA.V^<)  n^^Ocäv^.  ^t.\\sk^  ^a;^^^ 


58  Literaturzeitung. 

serer  Abhandlung  S.  187  — 189  hätte  finden  können,  während  kein  anderer 
Schriftsteller  diesen  Gesichtspunkt  bemerkt  hat.  Zweitens  durfte  Herr 
Martin  nicht  übersehen,  dass  allerdings  im  Saggiatore  Theologisches  vor- 
kommt, dass  nämlich  Galilei  im  50.  Capitel  dieser  Streitschrift  an  den 
Männern  im  Feuerofen  herumdeutelt  wegen  der  Frage,  ob  eine  Flamme 
durchsichtig  sein  könne  oder  nicht. 

Aber  hiermit  wollen  wir  dieses  unangenehme  Geschäft  beendigen.  Wir 
wollen  weit  lieber  noch  einige  Punkte  hervorheben ,  welche  uns  wenigstens 
neu  und  überraschend  waren,  auch  wohl  neu  sein  dürften,  da  Herr  Mar- 
tin keinen  Vorgänger  dafür  citirt,  was  er  sonst  nur  sehr  ausnahmsweise 
und  offenbar  absichtslos  unterlässt.  Wir  rechnen  zu  diesen  historisch  wich- 
tigen Thatsachen,  welche  wir  bei  Herrn  Martin  zum  ersten  Male  hervor- 
gehoben finden,  die  Hinterlist  des  Erzbischofs  von  Pisa,  Francesco  Bon- 
cinni  (S.  56  flgg.),  welcher  von  Castelli  den  Galilei^schen  Brief  unter 
dem  Scheine  der  Freundschaft  herauszulocken  sucht;  ferner  das  ganz  ähn- 
liche Benehmen  des  P.  Grass i  gegenüber  von  Mario  Guiducci  in  der- 
selben Zeit,  wo  er  die  giftigste  Antwort  auf  den  Saggiatore  vorbereitet 
(S.  96 — 97);  den  noch  ganz  unbekannten  Umstand,  dass  bereits  1616  Ga- 
lilei vor  das  Inquisitionsgericht  geladen  worden  war,  dass  also  seine  da- 
malige Beise  nacbBom  durchaus  nicht  als  eine  freiwillige  betrachtet  werden 
darf  (8.  69).  Bezüglich  des  Processes  von  1632  lernen  wir  durch  Herrn 
Martin  (S.  117),  dass  dem  Befehle,  in  Kom  zu  erscheinen,  welcher  am 
1.  October  1632  dem  Galilei  vorgelesen  wurde,  ein  Notar  und  zwei  Zeugen 
anwohnten,  aber  insgeheim,  ohne  dass  Galilei  selbst  ihre  Gegenwart 
ahnen  konnte.  Endlich  war  uns  persönlich  die  Beweisführung  interessant, 
durch  welche  Herr  Martin  aus  eiper  Veröffentlichung  des  Pater  Mer- 
s  e  n  n  e  aus  dem  Jahre  1634  den  Dissens  von  drei  Richtern  bei  dem  Urtheils- 
spruche  über  Galilei  bestätigt  (S.  134),  welchen  wir  zuerst  bemerkt  hatten. 

Wir  können  ferner  nur  mit  aufrichtigem  Danke  von  der  ganzen  zwei- 
ten Abtheilung  des  Martin' sehen  Buches  (S.  281  —  382)  reden,  in  welcher 
der  Verfasser  in  ganz  mustergiltiger  Weise  die  Methode  des  Galilei  schil- 
dert, ihn  als  den  wahren  Erfinder  der  Inductionswissenschaften  kennzeich- 
net, neben  welchem  die  Ansprüche  eines  Baco,  wie  eines  Cartesius 
verstummen  müssen. 

Unsere  Leser  erwarten  wohl  nach  diesen  manche  Einzelheit  berühren- 
den Erörterungen  ein  Gesammturtheil.  Wir  stehen  nicht  an,  es  dahin  ab- 
zugeben, dass  das  Buch  von  Martin  seines  Verfassers  würdig  ist.  Wenn 
wir  auf  Ausstellungen ,  welche  wir  zu  machen  hatten,  einen  verhaltuiss- 
mässig  grösseren  Baum,  als  auf  die  verdienten  Lobsprüclie  verwandt  haben, 
so  mag  man  uns  dieses  aus  unserem  persönlichen  Antheilc  an  den  For- 
schungen über  Galilei  zu  erklären,  vielleicht  zu  entschuldigen  erlauben; 
aber  keineswegs  wünschten  wir  in  unseren  Lesern  das  Gefühl  zu  hinter- 
lassen, als  ob  das  hier  besprochene  Werk  mehr  des  Tadelnswerthen,  als  des 


Literatorzeitung.  59 


Vortrefflichen  cntjialte.  Mängel  sind  vorhanden,  das  durften  und  konnten 
wir  weniger  als  irgend  ein  Anderer  verschweigen,  wenn  wir  uns  selbst  ge- 
recht sein  wollten,  aber  Mängel,  welche  den  Tugenden  gegenüber  an  Zahl, 
wie  an  Grösse  verschwinden.  C\ntor 


Bibliographie 

vom  1.  September  bis  15.  October  1868, 

Periodische  Schriften. 

Sitzungsberichte  der  Königl.  Sachs.  Gesellsch.  d.Wissensch. 

Mathem.'physikal.  Classc.  1^68  I u. II.  Leipzig,  Hirzel.  %  Thlr. 
Sitzungsberichte  der  Königl.  Bayer.  Akademie  d.  Wissensch. 

1868.  I.  3.  u.  4.  Heft.  München,  Franz.  k  Itt  Ngr. 

Verhandlungen  der  naturforschenden  Gesellschaft  in  Basel. 

4.  Bd.   Basel,  Schweighauser.  3  Thlr. 

Vierteljahrschrift   der   astronomischen  Gesellschaft,    Heraus- 

geg.  von  C.  Bruhns.  3.  Jahrg.  2.  lieft.  Leipzig,  Engelmann.  %  Thlr. 
Tageblatt  der  42.  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und 

Aerzte  in  Dresden,  vom  18.  —  24.  September  I8ö8.    Dresden, 

Schönfeld.  2  Thlr. 

Reine  Mathematik. 

Königsberger,  L.,  Die  Transformation,  die  Multiplication  und 
die  Modulargleichungen  der  elliptischen  Functionen. 
Leipzig,  Teubner.  1%  Thlr. 

BoLTZMANN,  L.,  Ueber  die  Integrale  linearer  Differentialglei- 
chungen mit  periodischen  Coefficienten.  (Akad.)  Wien, 
Gerold.  *  2  Ngr. 

LoMMEL,  £.,  Studien  über  die  BesseTschen  Functionen.  Leipzig, 
Teubner.  I  Thlr. 

Frischauf,  J.,  Lehrbuch  der  allgemeinen  Arithmetik  für  Mit- 
telschulen. Im  Anschluss  an  Heis's  Beispielsammlung  bearbeitet. 
Graz,  Leuschner  &  Lubensky.  16  Ngr. 

Spitz,  C,  Lehrbuch  der  allgemeinen  Arithmetik.  1.  Th.  2.  Aufl. 
Leipzig,  Winter.  2  Thlr. 

WiECKE,  P.,  Algebraisches  Uebungsbuch  für  mittlere  und 
obere  Classen  höherer  Unterrichtsanstalten.  1.  Beihe. 
BerKn,  G.  Reimer.  %  Thlr. 

Lehmann,  0.,  Fünfstellige  Logarithmentafeln.     Leipzig,  Hunger. 

%  Thlr. 

Fresenius,  P.  C,  Die  psychologischen  Grundlagen  der  Baum- 
wisseuschaft.    Wiesbaden,  Kreidel.  24* Ngr. 

ScfiLÖMiLCii,  0.,  Grundzüge  einer  wissenschaftl.  Darstellung 
der  Geometrie  des  Maasses.  .4.  Aufl.  Eisenach,  Bärecke.    1^4  Thlr. 

Krtcikr,  J.,  Grundzüge  der  Dreiecksrechnung  (Goniometrie  unc* 
Trigonometrie).  Leipzig,  Seemann.  12  N|i 

Unferdinger,  F.,  Ueber  einige  merkwürdige  Formeln  der  sph 
rischen  Trigonometrie.  (Akad.)  Wien,  Gerold.  6  Nj. 


60  Literaturzeitung. 


Angewandte  Mathematik. 

« 

Kebstein,  J.,  Lehrbuch  der  praktischen  Geometrie. '  Frauenfeld, 
Huber.  2%  Thlr. 

Defebt,  C.  f.,  Tafeln  zur  Berechnuug  rechtwinkliger  Coordi- 
naten.   Berlin,  Springer.  2*4  Thlr. 

Hansen,  P.A.,  Fortgesetzte  geodätische  Untersuchungen,  be- 
stehend in  10  Supplementen  zur  Abhandlung  über  die  Methode  der 
kleinsten  Quadrate.   Leipzig,  Hirzel.  iVs  Thlr. 

Hochstetter,  f.  V.,  und  A.  Bisching,  Leitfaden  zur  beschreiben- 
den Kristallographie.    Wien,  Braumtiller.  24  Ngr. 

Delaunay,  M.,  Lehrbuch  der  analytischen  Mechanik.  Nach  der 
4.  Aufl.  des  Originals  übers,  v.  G.Krebs.  Wiesbaden,  Kreidel.  2%  Thlr. 

Rheinaoer,  J.,  Grundriss  der  Mechanik  fester  Körper.  Für  die 
Schule  bearb.   Freiburg,  Schmidt.  %  Thlr. 

Winkler,  £•>  Die  Lehre  von  der  Elasticität  und  Festigkeit. 
l.Th.,  2.  Hälfte.   Prag,  Dominicus.  1  Thlr.  24  Ngr. 

WiEBE,  F.  H.  K.,  Allgemeine  Theorie  der  Turbinen.  Berlin,  Ernst 
&  Korn.  1%  Thlr. 

Melde,  F.,  Experimentaluntersuchungen  über  Blasenbildung 
in  kreisförmig  cylindrischen  Köhren.  l.Th.:  Die  Libellen- 
blasen.     Marburg,  El  wert.  %  Thlr. 

Keusch,   F.  E.,   Theorie    der  Cylinderlinsen.     Leipzig,    Teubner. 

16  Ngr. 

JßSSER,  M.,  Lehrbuch  der  mathematischen  Geographie  für  die 
k.  k.  Neustädter  Militärakademie.   Wien,  Seidel.         1%  Thlr. 

Argelander,  f.  W.  A.,  Astronomische  Beobachtungen  auf  der 
Sternwarte   zu  Bonn.     7.  Band,  1.  Abtheilung.     Bonn,   Marcus. 

pro  comp].  5  Thlr. 

Friesach,  C,  Der  Merkurdurchgang  am  5.  November  1868,  nach 
den  Angaben  des  Nautical  -  Almanac  ausführlich  berechnet.  Graz, 
Leusclmer  &  Lubensky.  12  Ngr. 

Physik. 

Heüssi,  J.,  Elementarer  Leitfaden  der  Physik.  9.  Aufl.  Leipzig, 
Duncker  &  Humbio t.  12  Ngr. 

Kambly,  L.,  Die  Physik  für  den  Schulunterricht  bearbeitet. 
Breslau,  Hirt.  %  Thlr. 

ScHULTZE,  Th.,  Betrachtungen  über  die  physikalischen  Lehren 
vom  farbigen  Lichte  und  dessen  wahrscheinlichen  Ur- 
sprung.   Kiel,  Schwers.  12  Ngr. 

DiTSCiiEiNER,  L.,  Ueber  die  Anwendung  des  Spectralapparates 
zur  optischen  Untersuchung  der  Krystalle.  (Akad.)  Wien, 
Gerold.  4  Ngr. 

HuGGfNS»  W.,  Ergebnisse  der  Spectralanalysc  in  Anwendung 
auf  die  Himmelskörper,  Deutsch ,  mit  Ansätzen  v.  W. Klinker- 
Fues.  Leipzig,  Quandt  &  Händel.  %  Thlr. 

Bruhns,  C,  Meteorologische  Beobachtungen,  angestellt  auf 
der  Leipziger  Universitäts- Sternwarte  in  den  Jahren 
18(56  und  1867.   Leipzig,  Hinrichs.  1  Thlr. 

Atlas  meleorologique  de  VObservaioire  imperial,  Annee  IHiM,  Paris, 
GntUhier  -  Villars,  15  frcs. 


Literaturzeitung. 


Recensionen. 

Die  Weltsohöpfang  vom  Standpunkte  der  neuen  Wissenschaft.  Von 
Spiller.  Berlin  bei  Carl  Duncker  1868.  gr.  8.  Preis  20  Ngr. 
Seit  Kant  in  seiner  „Allgemeinen  Naturgeschichte  und  Theorie  des 
Himmels^*  die  scharfsinnige  Idee  der  sogenannten  Nebel-  oder  Dunsttheorie 
nnd  einer  perpetuirlichen  Fortbildung  in  den  Himmelsräumen,  mit  an- 
deren Worten:  „der  Stern-  und  Planetenerzeugung  aus  kosmischem  Nebe?^ 
niedergelegt  hat  und  diese  nach  ihm  von  Laplace  in  der  Hypothese  von 
der  Entstehung  der  Planeten  aus  kreisenden  Bingen  dunstformiger  Stoffe 
specieller  ausgebildet  worden  ist,  ist  diese  Hypothese  bis  jetzt  immer 
noch  als  die  beste  von  den  Naturkundigen  anerkannt  geblieben.  Wes- 
halb es  derselben  immer  noch  an  einer  Basis  gefehlt  hat,  ist  der  Um- 
stand, dass  Keine,  weder  die  Begründer  der  Theorie  noch  Spätere  auch 
nur  irgend  eins  der  vielen  damit  zusammenhängenden  Probleme  dem 
Calcül  unterzogen  haben,  wenn  man  nicht  etwa  die  Untersuchungen  Über 
das  Gleichgewicht  freier  homogener  rotirender  Ellipsoide  von  Maclau- 
riny  Ivory,  Kamus  und  Jacobi,  über  die  Mondfiguren  von  Roche 
nnd  Vaughan,  die  analytischen  Untersuchungen  über  die  Stabilität  der 
Saturnringe  von  Laplace,  Bond  und  Peirce,  sowie  über  die  Gesetze 
des  Oleichgewichts  und  der  Bewegung  freier  kosmischer  Ringe  ohne 
Centralkörpcr  hierher  rechnen  will.  Ausser  der  Laplace'schen  ist  später 
eine  Reihe  anderer  zum  Theil  sehr  wunderlicher  Hypothesen  ans  Licht 
getreten  (wie  z.  B.  die  „Blasentheorie"  von  Gether),  wodurch  den  astro- 
nomischen Wissenschaften  wenig  oder  gar  nicht  gedient  worden  ist,  weil 
sie  sämmtlich  als  reine  Phantasiegebilde  jeder  Erfahrung  und  mathema- 
tischen Begründung  ermangelnd,  nur  auf  Principien  gestützt  sind,  aus 
denen  sich  (der  Schriftsteller  braucht  nur  etwas  geistreich  zu  sein)  alle 
möglichen  Phänomene  auf  eine  sehr  plausible  Art  erklären  lassen,  ohne 
dass  auch  nur  für  einen  specielleu  Fall  mathematisch  der  Beweis  geführt 
wird,  dass  man  für  denselben  auch  eine  physische  Möglichkeit  voraus- 
setzen dürfe. 

Literalurtt^.  d.  Zeitsehr.  f.  Math.  u.  Phys.  XUi,  6.  ^ 


62  Literaturzeitung. 

Zu  diesen  Theoriccn  der  Welt-  und  Planetenbildung  fügt  nun  Pro- 
fessor Spill  er  in  seiner  Schrift  eine  neue,  die  „Abschleuderungstheorie", 
welche  auch  an  dem  Gebrechen  leidet,  dass  ihr  Princip  mathematiBch- 
physikalischen  Gesetzen  widerstreitet,  weshalb  wir  uns  veranlasst  sehen, 
dieselbe  einmal  vom  mathematischen  Standpunkte  aus  zu  beleuchten, 
zumal  da  Spiller  in  seiner  Schrift  neben  dem  keck  gewählten  Titel: 
„vom  Standpunkte  der  neuen  Wissenschaft**  ein  altes  Dogma  angreift, 
an  welches  sich  der  Name  eines  Mannes  knüpft,  welcher  in  seiner  Me- 
canique  Celeste  und  seinem  Systeme  du  monde  zwei  auf  dem  Gebiete  der 
Astronomie  unsterbliche  Werke  hinterlassen  hat.  Nachdem  Spill  er  die 
Laplace^sche  Hypothese  widerlegt  zu  haben  meint,  fährt  er  fort, 
die  Weltbildungsprocesse  und  ihre  Resultate  zu  demonstriren ,  wie  man 
ein  anderes  physikalisches  oder  chemisches  Experiment  erklärt;  dabei 
werden  aber  die  wichtigeren  Thatsachen  übergangen,  wahrscheinlich  weil 
hier  das  Princip  seinen  Dienst  versagt.  Ich  führe  hier  nur  beispielsweise 
das  merkwürdige  Gesetz  an,  dass  die  Rotation  aller  Planeten  und  die 
Revolution  der  Monde  in  demselben  Sinne  erfolgt,  wie  die  Revolution 
der  Planeten  und  der  Sonne.  Dies  erklärt  Spill  er  nicht.  Nach  seiner 
Abschleuderungstheorie,  die  zur  Bildung  eines  jüngeren  Planeten  immer 
die  Annäherung  zweier  älterer  Himmelskörper  an  einander  erfordert, 
kann  ebenso  gut  die  Rotation  um  seine  Axe  eine  rückläufige  werden. 
Ein  auf  die  Laplac ersehe  Kinghypothese  gegründeter  Calcul  erklärt 
dies  Gesetz  sehr  einfach.  Die  Ringe  nämlich  haben  wegen  der  durch 
gegenseitige  Störung  und  Reibung  allmälig  eintretenden  gleichen  Winkel- 
geschwindigkeit aller  Massentheilchen  an  ihrer  äusseren  Peripherie  eine 
grössere  Geschwindigkeit  in  der  Bahn,  als  an  ihrem  inneren,  dem  Central- 
körper  zugewendeten  Rande.  Wenn  sich  nun  ein  Ring  durch  Theilung 
auflöste,  musste  sich  bei  einem  dichteren  und  weniger  ausgedehnten 
Ringe  eine,  bei  einem  lockeren  und  zugleich  weit  ausgedehnten  Ringe 
mehrere  ellipsoidische  Gleichgewichtsfiguren  bilden,  deren  innere,  dem 
Centralkörper  zugewendete  Seite  eine  in  Beziehung  auf  ihren  Massen- 
mittelpunkt rückläufige  Bewegung  erhielt.  Dasselbe  musste  bei  den  von 
der  Hauptmasse  abgelösten  oder  auch  bei  der  Zerstörung  des  Gleichge- 
wichts des  Ringes  abgerissenen  Satelliten  der  Fall  sein,  —  sie  mussten 
ihre  Revolution  und  Rotation  in  dem  Sinne  der  Revolution  und  Rota- 
tion der  Planeten  vollenden,  was  in  der  That  bei  allen  der  Fall  ist,  und 
zwar  mit  grösserer  oder  geringerer  Axenneigung  gegen  die  Ekliptik,  je 
nachdem  die  noch  theilweise  fortdauernde  Strömung  der  flüssigen  und 
luftförmigen  Massen  auf  der  Nord-  oder  Südseite  des  Ringes  durch  Tem- 
peratur- und  Attractions Verhältnisse  modificirt,  eine  mehr  oder  weniger 
gleich  starke  war.  Durch  analytischen  Calcul  sind  wir  im  Stande,  mit- 
telst des  Princips  von  der  Erhaltung  der  Summe  der  Winkelflächon  aus 
der  bekannten  Bewegung  des  zerstörten  Körpers,  Axenlage,  Abplattung 


Literaturzeitung.  63 

und  Umdrehungsgeschwindigkeit  der  neuen  Gieichgewichtsfigur  zu  be- 
rechnen, und  ebenso  umgekehrt  aus  der  neuen  Figur  die  alte.  Dies 
Eine  wenigstens  zur  Vertheidigung  der  Laplac ersehen  Hypothese.  Wir 
wollen  nun  aber  einige  Punkte  der  Spille  raschen  Theorie  selbst  be- 
leuchten. Das  Einzige,  worin  wir  mit  Professor  Spill  er  gewiss  schon 
längst  übereinstimmten,  ist  die  Thatsache,  dass  die  rotirehde  Bewegung 
der  chaotischen  Dunstkugel  nicht  durch  seitlichen  (excentrischen)  Stoss, 
sondern  durch  die  Verhältnisse  der  Gravitation,  Attraction  und  Abküh- 
lung oder  Erwärmung  hauptsächlich  veranlasst  worden  ist.  Ich  wage 
nicht  darüber  zu  entscheiden,  ob  Kant  an  einen  momentanen  und  lo- 
calen  primitiven  Stoss  oder  an  einen  VVillensact  des  Schöpfers  gedacht 
hat.  Nun  aber  stellt  Spill  er  unter  Anderem  folgende  Behauptungen  auff 
1.  „Eine  Folge  der  durch  Abkühlung  und  Gravitation  bewirktep 
Condensation  der  chaotischen  Dunstkugel  war  die  Vergrösserung  der 
Abplattung,  d.  h.  der  Durchmesser  des  Aequators  wuchs,  während  die 
Drehungsaxe  abnahm.^^  Wäre  dieser  Zusatz  vermieden  worden,  so  würde 
zu  dem  Hauptsatze  nichts  zu  bemerken  gewesen  sein.  Dieser  aber  ist 
ein  Resultat,  welches  nicht  von  Jedem  eingesehen,  sondern  nur  auf  ana- 
lytischem Wege  gewonnen  wird.  Wenn  Professor  Spill  er  dies  nicht 
hat,  sondern  es  blos  vermuthet,  so  wollen  wir  es  für  ihn  beweisen.  Für 
das  Botationsellipsoid  ist  die  Summe  dec  Momente  der  Bewegungsquan- 
tität (Energie)  gleich: 

worin  m  die  Winkelgeschwindigkeit,  M  die  Masse,  q  die  Dichtigkeit  und 

y  \  -{-X*  das  Axen verbal tniss  bezeichnen.  Für  eine  constante  Masse  und 
Energie  ist  also 

^!o+i')=7!(i+v) 

Q  Qi 

oder 

und  wenn  man  m*  ==27tfQv  setzt,  wo  /  die  Gravitationsconstante  bedeu- 
tet, V  das  Rotajtonsmoment, 

Da  die  Grenze  der  Expansion  durch  ^  =  0,  die  der  Condensation  durch 
p  =  OD  bestimmt  ist,  so  ist  für  den  ersten  Fall  die  Winkelgeschwindigkeit 
flu  des  Sphäroides  gleich  Null  und  wegen  der  Gleichgewichtsbedingung 


*)  Vgl.  Neue  Untersachnngen  über  frei  rotirende  Flüssigkeiten  im  Zustande 
des  Gleichgewichts.     Kieler  Universitätsschriften  von  IB^Q— ^  '^^.  ^'^. 


ß4  Literatarzeituilg. 

J — T arc/an  A  =  0*) 

auch  A  gleich  Null,  mithin  die  Kugel  die  Grenzfigur  der  Expansion.  Bei 
starker  Expansion  ist 

also 

für  den  zweiten  Fall  ist  v  nicht  oc  ,  da  v  nach  der  sehr  genauen  Be- 
rechnung von  Ramus**)  ein  Maximum  0,2246657  erreicht  und  dann  wie- 
der bis  Null  abnimmt,  sondern  es  wird  ^  1  +  A*  gleich  oo .  Die  Grenz- 
figur der  Condensation ,  wenn  diese  mit  dem  flüssigen  Aggregatzustande 
vereinbar  wäre,  ist  also  der  Discus,  eine  unendlich  dünne  Linse  und 
zwar  von  endlich  grossem  Aequatorialdurchmesser.  Es  wird  demgemäss 
bei  zunehmender  Dichtigkeit  die  Abplattung  in  der  That  wachsen.  Dabei 
verhalten  sich  bei  geringer  Dichtigkeit  die  Gliben  der  Winkelge- 
schwindigkeiten wie  die  Quadrate  der  Dichtigkeiten 

Ferner  folgt  aus  (ö'  =  27r/'^v,  dass  bei  gleichen  Rotationsmomenten  v  (es 
giebt  deren  immer  zwei)  die  Quadrate  der  Winkelgeschwindig- 
keiten  sich   direct  wie    die   Gondensationen   verhalten;    also 

Demgemäss  muss  also  bei  zunehmender  Dichtigkeit  der  Dunstkugel  sich 
die  Rotationsgeschwindigkeit  immer  mehr  vergrössern ;  indess  keineswegs 
bis  ins  Unendliche.     Es  ist  nämlich  an  der  Grenze  ^  =  oo  . 

d.  h.  die  Winkelgeschwindigkeit  wird  zuletzt  constant  und  erreicht  ein 
Maximum,  die  Umdrehungszeit  ein  Minimum,  welches  bei  dem  Erdball 
ungefähr  den  440000***"  Theil  seiner  Tageslänge  betragen  würde.  Da 
sich  ferner  aus  der  Theorie  der  GleichgewichtselHpsoide  die  Relation 

CD  !  CO]  =  hy  :  6* 
ergiebt,  so  würde  an  jener  Grenze  der  Condensation  der  Aequatorial- 
durchmesser noch  ungefähr  2,6  geogr.  Meilen  betragen ;  die  Polaraxe  aber 
gleich  Null  geworden  sein.  Wenn  nun  aber  trotzdem  von  Spiller,  der 
in  der  gedachten  Vergrösserung  der  Rotationsgeschwindigkeit  der  „Mutter- 
dunstkugel" die  Hauptursache  der  Bildung  junger  Planeten 'und  Trabanten 
suchen  zu  müssen  glaubt, 

2.    behauptet    wird ,    dass    „  bei    zunehmender    Rotationsgeschwin- 
digkeit   die  Aequatorialaxe  wuchs  und  endlich   die   Centrifugalkraft   die 


*)  Vgl.  Lehrbuch  der  analytischen  Mechanik  von  Duhamel.  Deutsch  yoa  Dr. 
O.  Schlömilcb.  Bd.  II,  p.  192. 

••)  Om  de  ellipsoidiske  Ligevaegts  fignrer  af  flydende  masser.  Kong.  Dansk. 
Videnskab.  Selskabs  Afbandl.  Kjöbenhavn  1846,  XI,  111—185. 


Literaturzeitung.  65 


f  ■"^•^•y  ■^-^^^  ^  ^-..^■^^  .^»s.m 


die  Centripetalkraft  überwog'S  so  ist  beides  total  falsch.  Spill  er  scheint 
überhaupt  der  Meinung  zu  sein,  dass  mit  einer  zunehmenden  Rotations- 
geschwindigkeit auch  stets  eine  Vergrösserung  der  Abplattung  verbunden 
sei.  Dies  ist  bei  den  Ellipsoiden,  deren  Axenverhältniss  den  Werth 
2,7198  übersteigt,  gerade  umgekehrt,  und  ferner:  beide  Azen  werden  kür- 
zer und  die  Fallgeschwindigkeit  am  Aequator  nimmt  rasch  zu  statt  ab- 
zunehmen, wie  wir  an  einem  einfachen  Zahlenbeispiele  beweisen  wollen. 
Für  das  Erdsphäroid  ist  bekanntlich  6  :  a  =  301  :  300 ;  für  ein  homogenes 
würde  6:0  =  231:230  sein.  Dasselbe  möge  sich  auf  das  8  fache  seiner 
Dichtigkeit  condensiren,  so  ist  die  constante  Masse 

und 

also 

V-x'  =  2© -1  =  1,0133, 

6*  ro'ss  1,0067. 
Femer 

6i«a»:&«öi*  =  1,0066:1, 

6,«a, :  6»  a  =  0,1250:  1, 

a»  :  flj«  =  8,0550 ;  a  :  a,  =  2,0046; 

6:6,  =  1,0989, 

6  :a  =  ^l  +  A«  =  1,0033;    6,  :  a,  =  /l  +  i,«  =  1,0067. 

Hieraus  folgt,  dass  sich  der  Polarhalbmesser  um  mehr,  der  Aequa- 
torialhalbmesser  um  etwas  weniger  als  die  Hälfte  verkürzt  hat.  Dies 
Resultat  ergiebt  sich  noch  einfacher  aus  der  Relation 

il' :  il|*  =  ^  :  (>,. 
Betrug  nun  weiter  vorher  die  Gravitation  am  Aequator  9"81 33,  die  Schwung- 
kraft daselbst  0^0339,   so   beträgt  jetzt   die  Gravitation   nahezu  39'",  die 
Schwungkraft  aber  nur  0^2712.     Wie  oben  gezeigt,  ist  nahezu 

(»• :  (»,» =  ^» :  ^,»  =  1  :  64, 
also 

a>i  CS  09  ^64  =  4  CO. 

Die  Winkelgeschwindigkeit  ist  also  nach  der  Condensation  die  vier- 
fache der  früheren  und  die  Erde  würde  sich  statt  in  24  Stunden  schon 
in  6  Stunden  einmal  um  ihre  Axe  drehen.  Bezeichnen  k  und  /r,  die 
Schwungkräfte  am  Aequator,  so  ist 

Ar :  Atj  =  oo'r  :  a),*r,  =  1:8. 

Hieraus  folgt  denn  nun  (wahrscheinlich  zum  grössten  Schrecken  des 
Herrn  Prof.  Spiller),  dass  die  Zunahme  der  Schwerkraft  (Fallgeschwin- 
digkeit) am  Aequator  sich  trotz  der  Zunahme  der  Schwungkraft  fast  auf 


66  LiteraturzeituDg. 

das  Vierfache  gesteigert  hat,  also  nun  an  seine  „Abschleuderung^^  erst 
recht  nicht  zu  denken  ist  Wir  bemerken  nur  beiläufig,  dass  aus  der 
Theorie  des  Gleichgewichts  der  Ellipsoide  überhaupt  folgt,  dass  die  Fall- 
geschwindigkeit am  Aequator  bei  zunehmender  Condensation  ein  Maxi- 
mum erreicht  bei  yl+  ^'  =  7,07 ,  dass  die  Schwungkraft  die  Gravitation 
niemals  überwinden  kann,  sondern  ihr  nur  an  den  beiden  Grenzen  der 
Dilatation  der  Stoffe  gleich  wird.  Der  Beweis  würde  hier  zu  weit  führen. 
Trotz  dieser  Thatsachcn  ist  nach  Spiller 

3.  der  Hauptgrund  für  die  Entstehung  und  Absonderung  der  Planeten  die 
Abplattung  der  Mutterdunstkugel  und  die  Vermehrung  ihrer  Drehungsge- 
schwindigkeit biszumUeberwiegen  (!)  der  Fliehkraft  über  die  Centralkraftam 
Aequator.  Da  Prof.  S p  i  1 1  er  aber  doch  selbst  einen  geringen  Zweifel  an  der 
glücklichen  Entbindung  der  Mutterkugel  hegt,  so  lässt  er  einen  anderen 
in  der  Nähe  (?)  befindlichen  Weltkörper  als  Hebamme  fungiren  und  die 
nähere  Veranlassung  zur  Abschleuderung  oder  Geburt  durch  Erregung 
einer  Fluthwelle  geben.  Ein  Berichterstatter  des  „Ausland^'  Nr.  24  nennt 
dies  „geniale''  Gedanken  und  Herrn  Prof.  Spiller  einen  „neuen  grossen 
Eroberer  im  Dienste  des  menschlichen  Geistes*'. 

In  gleich  unkritischer  Weise  verfährt  Spill  er  in  dem  übrigen  Theile 
seiner  Schrift.     Falsch  wie  die  vorigen  sind  folgende  Sätze: 

4.  Nach  jeder  Abschleuderung  musste  der  Centralkörper  sich  etwas 
langsamer  bewegen.  Dies  ist  doch  etwas  zu  menschlich  gedacht  und  tritt 
in  Widerspruch  mit  dem  Princip  von  der  Erhaltung  der  Summe  der  Be- 
wegungsquantitUt;  denn  es  kommt  vorzugsweise  darauf  an,  von  woher 
jdie  Fluthwelle  ihren  Ursprung  nimmt,  ob  sie  von  den  Polen  zuströmt, 
oder  ob  sie  mit  einer  compacteren  Masse  vom  Aequator  losgerissen  wird.  In 
letzterem  Falle  kann  die  Rotationsgeschwindigkeit  abnehmen,  im  änderen 
aber  auch  wachsen. 

5.  „Der  Schwerpunkt  des  Mondes  ist  weiter  von  der  Erde  entfernt, 
als  sein  geometrischer  Mittelpunkt*';  es  ist  gerade  umgekehrt  —  oder  will 
Prof.  Spiller  den  Cometen  eine  Gesetzwidrigkeit  zum  Vorwurf  machen? 
sonst  muss  er  uns  doch  erklären,  warum  ihr  Kopf  und  nicht  der  Schweif 
der  Sonne  zugewendet  ist.  Aus  der  Theorie  des  Gleichgewichts  der 
Flüssigkeiten  folgt  aber,  dass  der  Massenmittelpunkt  eines  frei  schweben- 
den Sphäroides  stets  der  Ort  des  grössten  hydrostatischen  Druckes  ist. 
Bekanntlich  ferner  ist  es  die  grosse  Nähe  der  Monde,  welche  nach  Roche 
die  verlängerten  Ellipsoide  erzeugt,  deren  grösste  Axe  gegen  den  Pla- 
neten gerichtet  ist.  Der  Theorie  der  Saturnringe  ist  Prof.  Spill  er 
ebenfalls  unkundig.  Es  liegen  die  Saturnringe  grösstentheils  ausserhalb 
der  Grenze  der  Stabilität  sphäroidischer  Gleichgewichtsfiguren  —  darum 
konnten  in  diesem  Abstände  vom  Saturn  keine  Monde  existiren,  d.  h. 
keine  Sphäroide  gebildet  werden,   wenn  auch  die  Masse   den  Kepler- 


Literaturzeitung.  67 

sehen  Gesetzen  folgte,  aber  ohne  statischen  Zusammenhang  —  ein  Me- 
teoritenschwarm  oder  eine  im  ewigen  Flusse  verharrende  flüssige  oder 
luftförmige  Masse.  Spiller  findet  aber  leicht  eine  Erklärung  ihrer  Ent- 
stehung: die  „Zähigkeit*^  der  Satummasse  ist  daran  schuld,  und  doch 
ist  der  Saturp  der  am  wenigsten  dichte  von  allen  Planeten;  seine  Dich- 
tigkeit ist  nur  V4  v(  n  der  des  Wassers.  Behauptet  Spill  er:  die  Sa- 
turnmasse ist  von  Pech,  also  zähe,  so  sagen  wir:  sie  ist  von  Petroleum, 
also  flüchtig. 

Und  nun  noch  Eins:   Prof.  Spill  er  führt 

6.  auch  das  bekannte  Beispiel  wieder  an,  dass  bei  unserer  Erde  am 
Aequator  die  Fliehkraft  der  Centripetalkraft  gleich  werde,  wenn  sie  17  Mal 
schneller  um  ihre  Axe  rotire,  ohne  aber  die  Ursache  der  Beschleunigung 
anzugeben.  Nun  kann  diese  Beschleunigung  nur  durch  zwei  Ursachen 
herbeigeführt  werden,  entweder  durch  einen  excentrischen  Impuls,  d.  i. 
durch  eine  Vermehrung  der  Energie,  oder  durch  Condensation  der  Masse. 
Es  folgt  nun  aber  aus  der  Theorie  der  Gleichgewichtsfiguren,  dass  bei 
der  Annahme  einer  constanten  Dichtigkeit  und  der  wachsenden  Energie 
einer  Flüssigkeitsmasse,  als  welches  wir  denn  doch  das  Erdsphäroid  im 
Grossen  und  Ganzen  anzusehen  haben,  das  gedachte  Phänomen  nie  ein- 
treten kann,  sondern  dass  das  Sphäroid  sich  immer  mehr  abplattet  und 
die  Rotation  bei  v  =  0,224CÖ57  ihr  Maximum  und  zwar  fast  genau  nur 
das  Zehnfache  der  wirklichen  erreichen  kann,  worauf  sie  wieder  trotz 
jedes  beliebigen  Impulses  mehr  und  mehr  abnehmen  würde.  Die  Centri- 
petalkraft bleibt  aber  so  lange  grösser,  als  die  Gen trifugal kraft,  als  X  nicht 
gleich  QO  ist.  Bei  der  Annahme  einer  constanten  Energie  und  einer  wach- 
senden Dichtigkeit  durch  Abkühlung  oder  Druck  kann  die  Botationsge- 
sch windigkeit  des  Erdsphäroids  auf  das  440000 fache  des  jetzigen  gebracht 
werden,  %hne  aber  dass  die  Fallgeschwindigkeit  gleich  Null  oder  gar 
negativ  werden  könnte. 

Endlich  widerspricht  die  wunderliche  Annahme,  die  ja  nicht  mehr 
neu  ist,  nämlich,  dass  die  Erde  „hohl"  sei,  allen  hydrostatischen  Gesetzen, 
und  erinnert  an  die  G etherische  Blasen theorie.  Die  Gesetze  des  hydro- 
statischen Gleichgewichts  hohler  Sphäroide  sind  bereits  von  mehreren 
Physikern  dem  Calcul  unterbreitet  worden,  um  hierüber  weiter  Worte  zu 
verlieren.  Wenn  eine  Theorie  wie  die  Spill er'sche  auf  so  unsicherer 
Basis  beruht  und  ganz  specifisch  ein  Product  der  Phantasie  ist,  entblösst 
von  Anschauung,  Erfahrung  und  analytischem  Calcul,  so  thun  wir  doch 
wohl  besser,  bei  der  alten  Hypothese  zu  bleiben,  bis  Jemand  eine  neue, 
aber  mathematisch  begründete  aufstellt. 

LuDwiö  MattuikSsen. 


Bibliographie 

vom  15.  October  bis  15.  November  1868. 


Periodische  Schriften. 

Sitzungsberichte  der  Köni  gl.  Bayer.  Akademie  der  Wissen  seh. 
1868.  II.  1.  n.  2.  Heft.    München,  Franz.  ^        i  16  Ngr. 

Viertcljahrsschrift  der  naturforschenden  Gesellschaft  in  Zü- 
rich; redig.  v.  R.  Wolf.    13.  Jahrg.    1.  Heft.    Zürich,  Höhr. 

pro  compl.  3  Thlr. 

Archiv  der  Mathematik  und  Physik,  heransgeg.  von  J.  A.  Grunert. 
49.  Tbl.   1.  Heft.    Greifswald,  Koch.  pro  compl.  3  Thlr. 

Bihliotheca  historico-naluraliSy  physico-chemica  et  mathemalica, 
Herausgeg.  von  H.  Gnthe.  18.  Jahrg.  1.  Heft,  Januar  bis  Juli  1868. 
Göttingen,  Vandenhoeck  &  Ruprecht.  7  Ngr. 

Reine  Mathematik. 

Serbet,  J.  A.;  Handbuch  der  höheren  Algebra«  Deutsch  bearb.  von 

G.  Wertheim.   2.  Bd.   Leipzig,  Teubner.  2%  Thlr. 

Baltzer,  R.,  Die  Elemente  der  Mathematik,    i.  ^d.  Arithmetik  und 

Algebra.   3.  Aufl.   Leipzig,  Hirzel.  1%  Thlr. 

SoLiN;  J.  M.,  Ueber  die  Normalen  fläche  zum  dreiachsigen  Ellip- 

soide  längs  einer  Ellipse  des  Hauptsystems.  Prag,  Calve. 

%Thlr. 
Binder,  Das  Malfatti*sche  Problem.   Tübingen,  Fues.  %  Thlr. 

Lange,  Aufgaben  aus  der  Elementargeometrie.   2.  Heft.    Berlin^ 

Stilke  &  van  Muyden.  %  Thlr. 

Spieker,  Th.,  Lehrbuch  der  ebenen  Geometrie.   8.  Aufl.   Potsdam, 

Riegel.  VöThlr. 

Nagel,  Ch.  H.,  Lehrbuch  der  ebenen  Geometrie.    12.  Aufl.   Ulm, 

Wohler.  %  Thlr- 

FocKE,  M.,  und  M.  Krass,  Lehrbuch   der  Geometrie  für  höhere 

Lehranstalten.  1.  Tbl.  Planimetrie.  Münster,  Coppenrath.  VijThlr. 
Kaublt,  L.,  Die  Elementarmathematik«    1 .  Tbl.  Arithmetik.   2.  Tbl. 

Planimetrie.    10.  u.  18.  Aufl.    Breslau,  Hirt.  il  12%  Ngr. 

Baumann,  J.,  Die  Lehren  von  Raum,  Zeit  und  Mathematik  in  der 

neueren  Philosophie.    1.  Bd.    Berlin,  G.  Reimer.  2%  Thlr. 

,       Angewandte  Mathematik. 

Breymann,  C,  Sammlung  geodätischer  Aufgaben.  Wien,  Brau- 
müller. 24  Ngr. 

Rohr,  R.,  Tafeln  zur  Berechnung  relativer  Höhen.  Bern,  Jent  & 
Reinert.  2  Thlr. 

Anleitung  zur  Einrichtung  und  zum  Gebrauche  des  Polarpia- 
nimeters,  insbesondere  bei  Anw en  düng  de sMetermaasses. 
Berlin,  Geh.  Oberhofbuchdruckerei.  2^k  Ngr. 

Hänel,  V.,  Zur  Theorie  der  Tonnengewölbe.  Tübingen, Fues.  9Ngr. 

LiGOwsKi,  W.,  Taschenbuch  der  Mechanik  (Phoronomie,  Statik,  Dy- 
namik).   Berlin,  Ernst  &  Korn.  %  Thlr. 

EvERS,  A.,  flfwcf  J,  Merripield  ,  Navigation  and  nauticat  astronomy, 
London,  Longmans.  14  sh. 

Physik. 

Dehms,  f.,  UebereineReproductionder  Siemens^ sehen  Wider- 
standseinheit.   Berlin,  Ernst  &  Korn.  %  Thlr. 


Mathematisches  Abhandlungsregister. 


186?. 

Zweite  Hälfte:  1.  Juli  bis  31.  December. 


Aknttik. 
Vergl.  Wärmelehre  417. 

Analytische  Geometrie  der  Ebene. 
193.  Ueber  einige  Curven  höheren  Grades.  Hoch  heim.   Grün.  Archiv  XL  VII,  121. 

191.  On  a  pt'Operii/  of  curves  nhick  fidfil  the  condition  — %  4.  — ?  =  0.   Rank  ine,    PhiU 

d  x*       d  y* 
Mag,  XXXIF,  65. 

195.  Die  vier  merkwürdigen  Punkte  des  Dreiecks  analytisch  behandelt.    Metzler. 

Grün.  Archiv  XLVII,  243. 

196.  Lieu   engendre   au  moyen  de  deux  drconfirencea,    Kaher  B ey»    N,  ann,  math. 

XXF/,  615. 

197.  Discwtsion  de ia  courbe  I3y=p  (25  x— I2x»).   H'etsch.  N,  ann.  math,  XXFI.Zll. 

Vergl.  Bipolarcoordinaten.  , Brennpunkte.    Ellipse.    Hyperbel.  Kegelschnitte. 
Parabel. 

Analytitohe  Geometrie  des  Baumes. 

198.  Grundzüge    von  Plücker*s    neuer  Baumgeometrie.  'Dronke.    Zeitscbr.  Math. 

Phys.  XII,  481. 
100.  Su/fe  ieoria  delle  coordinaie  curvilinee.   Brioschi,   Annali  mai,  Ser.  11, 1,  1. 
2<'0.  Sulla  coordinaie  curvilinee  d'^una  superficie  e  dello  spazio.    Codazzi,    Annali  mal, 

Ser.  //,  7,  293. 

201 .  De  la  courbure  inclin^e  d'un  Systeme  de  lignes  coordonn^es  et  du  röle  de  ceile  courbure 

dans    la     thioHe  des  lignes  traciea  sur  une  surface.      Aoust,     Compt.  rend, 
LXF,  814. 

202.  Bemerkungen  über  Raumcurven.     Enneper.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  510. 

203.  Die  Winkel  zweier  Ebenen  auszudrücken  durch  ihre  Parameter  auf  drei  schief- 

winkligen Axcn.    Junghann.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  350. 

204 .  On  donne  un  cylindre  droit ,   une  h^lice  trade  sur  ce  cylittdre  et  une  sphere  inscrite. 

Une  droite  horizontale  se  meut  en  s^appuyant  sur  Vhiiice  et  reste  tangente  ä  la 
sphh'e  inscrite  iludier  la  surface  engendröe  par  la  droite,     Lepage,    N,  ann, 
math.  XXVI,  504. 
Vergl.  Ellipso'id.     Oberflächen.     Oberflächen  zweiter  Ordnung. 

Astronomie. 

205.  Sur  les  orbites  des  comites,    Loewy,     Compt,  rend.  LXVyAh%, 

206.  On  the  chatige  that  would  be  superinduced  upon  an  Elliptic  Orbit  if  the  intensity  of  the 

force  of  gravily  wa'e  influenced  by  the  centripetal  velocity  of  the  Orbital  Body, 
H'fiterston.    Phil.  Mag.  XXXIF,  55. 

207.  Zur  Entwicklung  der  Störungsfunction.     Gylden.     Astr,  Nacht . IjXX..^ V^V» 


70  Literaturzeitung. 

208.  Sur  Vacciliration  seculaire  du  mouvemeni  de   la  Lime,    Puiseux.     Compt.  rend, 

LXJF,  118. 

209.  Lots  de  tinuoUUion,     Lambert,     Compt,  rend,  L XI 1^,  156. 

Vergl.  Optik. 

Attraotloii. 

210.  Geometrischer  Ort  aller  der  Punkte,  welche  von  einem  EUipsoide  gleich  stark 

angezogen  werden.     S.Spitzer.     Grün.  Archiv  XLVII,  82. 
Vergl.  Geodäsie  25ü.    Potential. 


Bemoolli'sehe  Zahlen. 

211.  Üiveloppement   des  seriex  ä  termes  altematwement  positifg  ei  nigatifs  ä  Vaide  des 

nombres  de  BernoullL    Thoman,  Compt.  rend.  LXiy^  055. 

Bestimmte  Integrale. 

212.  On  the  conversion of  Integrals.   Cockle,   Phil.  Mag.  XXXIII,  b^l;  XXX/K,  442. 

213.  Sülle  relazioni  tra  dietrsi  integrali  definiti  che  giovatio  ad  esprimere  la  soluzione  gene- 

rale della  equazione  di  RiccatL   Schlaefli.    Annali  mnt,  Ser,  H,  7,  232. 

214.  Zur  Theorie  der  be»timmien  Integrale  und  der  Gammafunctiouen.   Matthies- 

sen.    Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  302. 

/*  X«  d  X  , 

->  Her  mite.  Annali  mat,  Ser.  II,  I,  155. 

f^l-x« 

216.  Star  Vintigrale  double  ffiO  -  sin  8)  dx  dy.    Crofton.    Compt,  rend.  LXV,  994. 

Vergl.  Reihen  309. 

Bipolarcoordinaten. 

217.  Einfache  Construction  der  Berührungslinie  an  die  Lemniscatc.  Cantor.  Zeitschr. 

Math.  Phys.  XII.  428.     [Vergl.  No.  23.] 

218.  Ueber  orthogonale  Trajectorien  in  bipolaren  Coordinaten.  Baur.  Zeitschr.  Math. 

Phys.  XI  r,  430.    [Vergl.  No.  23.] 

Biqnadratische  Beste. 

219.  Memoire  sur  la  th^orie  des  rHidus  biquadraliques.    Emile  Malhieu,    Journ.  mathem. 

XXXII,  377.  —  Compt.  rend.  LX/r,  5Ö«. 

Brennpunkte. 

220.  Lieu  des  foyers  des  coniques  insa'ites  dans  im  Parallelogramme  donni.    Lippmann. 

N.  ann,  math.  XX^I,  450. 

221.  Lieu  des  foyers  des  coniques  tangentes  ä  quatre  droit  es  donnies.     Lippmann.     N. 

ann,  math.  XXf^I,  49Ö. 

c. 

CapUlarität. 

222.  Sur  l'icoidement  des  liquides  dans  les  tubes  capillaires.     Boussinesq.    Compt.  rend. 

LXf^,  40. 

Combinatorik. 

223 .  On  inverse  orthogonal  matrices .     Sylvester,     Phil,  Mag.  X X X ly,  461. 

Cnbator. 

224.  Sur  les  volwnes  trapizotdaux.     Giard.     N.  ann.  math.  XXf^I,  408. 

Vergl.  Nautik.     Tetraeder  412. 

Cyoloide. 

225.  L'enveloppe  des  droites  voupant  une  cycloide  sous  un  angle  vonslunt  est  une  cycloide 

igale.     Rouquet.     N,  ann.  math.  XXyij '6S0' 


Literaturzeitung.  71 


^•»•Y^X  .^.•'.wrs^%^-i.^.^--^jrw 


Determinanten. 
Vcrgl.  Gleichuugen  279.     Stürmische  Functionen. 

Determinanten  in  geometrischer  Anwendung. 

22Ö.  Coniques  circonscrites  d  itn  triojigle  de  moniere  d  ce  que  les  normales  aux  trois  som- 
mel8  pasaent  par  un  meme point,     Lefebure  &  Miniscloux,     N,  ann.  math, 

xxyi,  510. 

227.  Dimonstration  nouoelie  du  theorhne  de  Mr,  Casey  par  rapport  aux  cercles  qui  touchent 

d  trois  cercles  donn^s.     Cayley»     Annuli  mai.  Ser,  11^  7,  132. 

228.  Killleitung   in   die  Theorie    der  cubischen   Kegelschnitte.     CA.  v.   Drach. 

Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  Supplement  73. 

229.  lieber  die  4  -  und  5  punktige  Berührung  einer  Geraden  mit  einer  algebraischen 

Fläche.     G  o  r  d  an.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  495. 

Differentialgleiehnngen. 

230.  Beweis    eines     die   PfaiTsche    Integrationsmethode    betreffenden     Lehrsatzes. 

Z  a j  a  c  z  k  o  w  s  k  i.     Grün.  Archiv  XL VII,  106. 

231.  Integration  einer  Differentialgleichung,  welche  durch  sUmmtliche  Differential- 

quotienten der  abhängig  Veränderlichen  mit  constanten  Factoren  gleich 
dem  xfacheu  eines  Differentialquotienten  sich  bildet.  S.  Spitzer.  Grün. 
Archiv  XLVII,  110. 

232.  Ueber    die  Integration   der  linearen  Differentialgleichungen  nter  Ordnung  mit 

constanten  Coefticieuten.      Tychsen,     Zeitschr.  Math,  Phys.  XII,  507. 

d  2S  dz 

233.  Intigration  de  Viquation  (y+z)  -r — h  (z+x)  ,—  =  x  +  y.     Gigon,     N.  ann,  math. 

XXVI,  398.  *    '  ^ 

231.  Integration  des  iquaiions  simultanies  ^ -{-vl  y—Y  ^=0,  t- -^y'y^^' ^  =  0^  n  et  v 

itant  des  futictions  dunnies  de  a.  Gigon.  N,  ann.  math,  XXf^I,  551.  —  Pipin 
ibid,  553. 

235.  Intigration  d^un  Systeme  d'iq^ations  di/firentielles  sbmdtanies  en  nombre  quelconque 

de  Premier  ordre  liniaires  et  circulairement  symetriques  par  rapport  d  toutes  les 
variables  dipendantes,     Gigon.    N.  ann,  math.  XXVly  400. 
Vergl.  analytische  Geometrie  der  Ebene  194.    Bestimmte  Integrale  213. 

Dijfferentialqnotienten. 

236.  Ueber  „begrenzte**  Derivationen  und  deren  Anwendung.  Grünwald.  Zeitschr. 

Math.  Phys.  XU,  441. 


Eleotrodynamik. 

237.  A  cftntribution  to  electrodynamics.     Riemann.     Phil.  Mag,  XXXI F,  368. 

238.  On  ihe  mechanical  theory  of  ihe  electrical  current,     Ger  lach,    Phil,  Mag,  XXXI T, 

382. 

239.  Oft  the  identity  of  the  vibrations  of  light  with  electrical  currents,     Lorenz,     PML 

Mag,  XXXir,  287. 

240.  Ueber  die  Verwendung  einer  gemeinschaftlichen  Batterie  für  vielfache  Schlies- 

snngskreise.     M  i  1  i  t  z  e  r.     Wien.  Akad.-Ber.  LIV,  352. 

Ellipse. 

241.  Den  Durchschnittspunkt  zweier  Berührungslinien  der  Ellipse  zu  finden.    Gru- 

nort.     Grün.  Archiv  XLVII,  227. 

242.  Ueber  einen  Satz  von  dem  der  Ellipse  eingeschriebenen  Dreiecke.   Grunert. 

Grün.  Archiv  XLVU,  462. 

243.  Geometrischer  Ort  des  Punktes,  von  welchem  zwei  Berührungslinieu  mit  gleich 

grosser  Berührungssehne    an    die    Ellipse    gezogen    werden.      Grunert, 
Cirun.  Archiv  XLVU,  477. 


72  Litcraturzeitang. 


244.  lieber  einige  Sätze  von  der  Ellipse.     Grunert.     Grün.  Archiv  XL VII,  480, 

245.  Sur  des  parallelogrammes  inscrits  dmis  une  ellipse,     Annequin  St  Morel,     N.  am. 

math.  XXFI,  420. 

246.  Les  cercles  circonscriis  aux  differents  iriangles  sfym-riguUers  inscrits  dans  wu  el- 

.    lipse  ont  pour  cenire  radical  commun  ie  centre  de  cetie  eüipse.     Pellet     N,  amu 

math.  XXFI,  466. 
Vergl.  Rectification  392. 

Elliptoid. 

247.  Cones  de  rivolution  dont  le  sommet  est  un  poini  de  la  $vrface  eTun  ellipscide  et  les  du- 

rectrices  les  sections  du  meme  ellipso'tde  auec  des  plans  passant  par  une  drmte 
donnie.  Ellie,  N.  ann.  math,  XXFI,  457.  —  Welsch  ibid.  45^.  —  Du- 
vivier  ibid,  462. 

248.  Ueber    eine    das   Ellipsoid   betreffende    Aufgabe.     Grane  rt.     Grün.  Archiv 

XLVII,  204. 
Vergl.  Attraction.     Normalen.    Wärmelehre  420. 

Elliptische^TraxueendenteiL. 

249.  Sur   les  forrmdes  d*additioH  des  fonctions  eüiptiques.     BjÖrling,     Gran.  Archiv 

XLVII,  399. 

250.  Sur  la  transformation  cubique  d^une  fonction  elliptique.     Cayley.     Compt.  resi. 

LXIV,  560. 

F. 

Taetorenfolge. 

251.  Somme  des  n  premers  produits  de  p  nombres  entiers  consicutifs,    Laisant,   N,  am, 

math.  XXVI,  366. 

Fmietioiieii. 

252.  Bestimmung   der  symmetrischen  Function  {x^  +  J?|*  )  (a?o*  +  a?,»  )  (j?q»  +  x^*) 

..,.(«*_  H-j:*_j)  der  Wurzeln  einer  Gleichung  vom  w**»  Grade.  Mat- 
thiesTen.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  3^2. 

253.  Des  fonctions  y  (x)  =  2?^    .^  ^^^.^  ^^et  y,  (x)  =  Z^  ^      ^^"^  ^  _^  ^^.   Grossou.re. 

N.  ann.  math.  XA'F/,  374. 

254.  PropriHis  de  la  fonction  Xn  donnie  par  IVquaiion  Xn  =  (p+  Fl>*  +  qxn-i)*  ajouUmt 

que  p  e/   q  sont  positifs  e^x,  =^p.     Berquet  k  Jouffrey»     N.  ann.  math, 
XXVI,  323. 
Vergl.  Elliptische  Transcendenten.     Factorenfolge.     Gammafunctionen.    Ho- 
mogene Functionen.     Kugelfunctionen.     Laplace'sche  Functionen.    Lo* 
garithmen.     Stürmische  Functionen. 

Oammafunctionen. 
Vergl.  Bestimmte  Integrale  214. 

Geodäsie. 

255.  On  the  figure  of  the    earth  as  obtain^d  from  geodetic  data.     Pratt.     I'hil.  Mag. 

XXXIII,  10,  145,  261,  332,  445. 

256.  De   Veffet    des  attractions  locales  sur  les  longiiitdes  et  les  azituuis;  application  d^un 

nouveau  thioreme  ä  Vitude  de  la  fiyure  de  la  terre.  Yvon  Villarceau.  Jowm. 
Mathim.  XXXJI,  65. 

257.  Messung  auf  der  kurzen  Basis.     L.  v.  Pfeil.     Grün.  Archiv  XLVII,  49. 
259.  Ein  Punkt    auf  einer  gegebenen  Geraden   soll   aus  dem  daselbst  gemessenen 

Winkel  zwischen    2  ausserhalb    der  Geraden  liegenden  Punkten  bestimmt 
werden.     Baur.     Zeitschr.  Math.  Phvs.  XII,  505. 
Vergl.  Methode  der  kleinsten  Quadrate. 


Liferaturzeitung.  73 

Geometrie  (deseripÜTe). 

259.  Uebcr  die  räumliche  Projection  (Keliefperspectlve),  insbesondere  diejenige  der 

Kugel.     Morstadt.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  326. 
2(30.  Die  Grenzebene.     Anton.     Wien.  Akad.-Ber.  LIV,  230. 
201.  Beweis  von  Pohlke^s  Fundamentalsatz  der  Axonometrie.     Reye.   Zeitschr« 

Math.  Phys.  XII,  433. 

Geometrie  (höhere). 

262.  Einige    allgemeine    Sätze    über    algebraische    Curven.     Eckardt.     Zeitschr. 

Math.  Phys.  XII,  352.     [Vergl.  Bd.  XI,  No.  225.] 

263.  Sur  les  courbes  exceptioneiles.     Chasles.     Compi.  rend.  LXIF^  799.  —  Cayley, 

Creviontty  Hirstibid.  1079. 

264.  Sur  une  espkce  particuOere  de  surfaces  et  de  courbes  algibriques  et  sur  des  proprietes 

giniralex   des   courbes  du  quatrieme   ordre.      De   Hunyady,      Compt.  rend. 
LXlFy  218,  497. 
Vergl.  Krümmung.     Normalen. 

Geschichte  der  Kaihematik. 

265.  Sur  un  papyrtts  egyptien  contemporain  de  Salomon  conteuant  un  fragment  d''un  traiti 

de giomitrie  appliquie  ä  l'arpentage.     Lenormant,     Compt.  rend,  LXF,  903. 

266.  Ueber  die  na^aßolTJ  des  Pythagoras.     Wex.     Grün.  Archiv  XLVII,  146. 

267.  Platon's  Geometrie  im  Menon.     Wex.     Grün.  Archiv  XLVII,  131. 

268.  Euclid  und  sein  Jahrhundert.    C'antor.   Zeitschr. Math.  Phys. XII,  Supplem.  1. 

269.  Sur  le  Calcul  de  Fictorius  et  le  Coinmentaire  d^Abbon.     Chasles.     Compt»  rend. 

LXIV,  1059. 

270.  Siir  une  idition  de  Couvrage  Arabe  „ Introduction  au  calcul  Gobdri  et  /fawtti'*,  Ch  as'les. 

Compt.  rend.  LXIF,  82. 

271.  Dibats  entre  Mr.  Chasles  et  divers  autres  savants  sur  la  question  si  Pascal  a  pu  con- 

naitre  la  loi  d'altraclion.     Compt.  rend.  LXV,  89  —  1060. 

272.  Sur  Pitablissetnent  des  Academies.     Chasles.    Compt.  rend.  LXV^  49. 

273.  Huygens,    der  Ertinder    des   Reversionspendels.      Grunert.      Grün.    Archiv 

XLVII.  110. 

274.  Sur  Corigine  de  la  dicouverte  du  thiorkme  de  Sturm,     Duhamel.     N,  ann.  math. 

XXyi,  427. 

275.  Michael  Farady,  his  life  and  works.     De  la  Rive.     Phil.  Mag.  XXXI y,  409. 

276.  Nekrolog  von  Georg  Merz  f  12.  Januar  1867.     S.  Merz.     Astr.  Nachr.  LXX, 

361. 

277.  Nekrolog  von  Valz  f  22.  Februar  1867.    Tempel,    Astr.  Nachr.  LXIX,  13. 

278.  Nekrolog  von  Eugene  Proohet.     G^rono.     N.  ann,  math.  XXFl,  385. 

Gleidhnngen. 

279.  Memoire  sur  la  risolulion  algibiique  des  equations.     Camille  Jordan.     Journ, 

Mathim.  XXXIJ,  109.  —  Compt.  rend.  LXIF,  269,  586,  1179. 

280.  On  the  order  ofthe  conditions  tJuU  an  algebraical  equation  may  have  a  set  of  multiple 

roots.     S,  Roberts.     Phil.  Mag.  XXXllI,  530. 

281.  SurlesracinesdeViquationF(x.)={ietdel*6quatiofiY{j.)-lL.Y'{x)=0.   Realis. 

N.  ann.  math.  XX  FI,  415. 

282.  Resolution  graphique  des  iquations  numiriques  d^un  degri  quelconque  ä  une  inconnue. 

Lill.     Compt.  rend.  LXF,  854.  —  N.  ann.  math,  XXFI,  859. 

283.  Sttr  la  simplifieation  et  la  virification  des  calculs  relatifs  au  thiorkme  du  Sturm.    Ho  u  - 

sei.     N.  ann,  math.  XX FI,  351. 

284.  Ueber  ein  die  cubischen  Gleichungen  betreffendes  Problem.     Matthiesse n. 

Grün.  Archiv  XLVII,  460.     [Vergl.  No.  81 .] 

285.  Resolution  trigonomitrique  d^ une  Equation  du  troiaieme  degri.     De  Virieu.     N.  ann. 

math,  XXFI,  444. 

286.  Ueber  die  Bcurtheilung  der  Wurzeln  einer  biquadratischen  Gleichung.     Kerz. 

Gran.  Archiv  XLVII,  363.    [Vergl.  Bd.  XII  No.  276.] 
267.  La  soluzione  piii  generale  delle  equazioni  del  quinto  qrado.     Brioschi.     Annali  mat. 

Ser.  II,  I,  222. 
288.  Sur  les  iquations  du  chquikme  degri,     Michael  Roberts,    AnnaK  tnat.  Ser.  II,  I, 

135.     [Vergl.  No.  83.] 


74  Literatarzeitung. 


2h9    Umformung  von  2*-flz*+6s"  —  cz»-frfr  —  c  =  0  in  y*+y-f  X  =0  mittelst 

Tschirnhaasen^scher  Substitutionen.     Sieyers.     Astr.  Nachr.  LXX,  353. 
2^0.  SurCiquaiion  du  sixieme  degri.    Joubert.    Compi,  rend.  LXIF,  1025,  1081,  12.37. 

291.  Sur  un  th^oreme  de  M.  Hermite  relatif  ä  la  transformation  des  iqualians,     Combes- 

eure.     Compt.  rend.  LXIf^,  174. 

292.  Sur  deux  iqualionn  U=0  c/  V=:0  desquelles  on  tire  la  meme  eqitalion  comme  risuli 

tont  de  relimination  de  certaine*  variables  enire  les  iquations  donnies  et  leurt  di- 
rivies,     Laisant.     N.  ann.  math,  XXf^I,  473. 

293.  Auflösung  der  Gleichungen  a:*-fy*4-z'=-fl,  a?+y-fr  =  Ä,  y~2  =  c.     Grnnert. 

Grün.  Archiv  XL VII,  241. 

294.  EinfAchste  Auflösung  der  Gleichungen  ar'+y'rrsfl,  x*y  .|-a;y*  =  6.     Grnnert. 

Grün.  Archiv  XL  Vir,  118. 
Yergl.    Combinatorik.     Functionen  252.     Geschichte    der   Mathematik  274. 
Imaginäres  308. 


Homogene  Functionen. 

295.  Les  invariants  et  les  covariants  en  quaKti  de  critkres  poxar  les  raetnes  d*une  fquatkm. 

Schramm,     Annali mat.  Ser,  11^  /,  259. 

296.  Sulla  rappresentazione  tipica  detle  forme  binarie.     C  leb  seh  &  Gordan.     ArniaH 

mat.  Ser.  JI,  /,  23. 

297.  Sult  tquazione  modulare  della  trasformaziune  di  quirito  ordi7ie.     Gordan.     AnnaL 

mat.  Ser..  II,  7,  367. 

298.  Sur  les  formes  binaires  du  sixikme  degri,     Clebsch  &  Gordan,     Compl.  rend, 

LXIF,  582. 
290.  II  discriminante  deUe  forme  binarie  del  sesto  grad'j.    Urioschi.    Annali  mal.  Ser, IL 
7,  159.  " 
Vergl.  Quadratische  Formen. 

Hydrodynamik. 

300.  Sur  la  stabiliti  de  l'iquilibre  des  corps  ßotlants.     Jordan,     Annati  mal.  Ser,  II,  I, 

170. 

301.  Etudes   sur   V^coidement   et   le  mouvement   des   eaux.     G auch l er,     Compt,  rend, 

LXIV,  818. 

302.  On  the  dynamical  iheory  of  deep-sea-tides  and  the  e/fect  of  tidal  friction,     fleatk, 

Phil.  Mag.  XXXIII,  165,  400.  -^Stone  ibid.  318. 

Hyperbel. 

303.  Construction  de  Chyperbole,     Hab  ich,     N.  ann  math,  XXV I^  446. 

304.  Ueber  eine  Eigenschaft  der  Hyperbel.     Barsky.    Grün.  Archiv  XLVII,  235. 

[Vergl.  No.  90.] 

305.  Siir  les  hyperboles  ayant  pour  asymptote  ttne  droite  donnSe  et  tangentes  d  nne  seconde 

droite  a  un  point  fixe.     Cayla,     N.  {tnn.  math.  XX K7,  489. 

306.  Lieu  des  foyers  d'une  hyperbole  iquilntere  tangente  et  concenlrique  ä   une   ellipse 

donnöe.     Ravon,     N.  ann.  math,  XXf^I,  424. 


I. 

Imaginäres. 

307.  Delle  variabili  complesse  sopra  una  super firic  quahmque.     B eltrami.     Annali  mat. 

Ser,  II,  7,  329. 

308.  Criterium  pour  savoir  si  une  equation  U  =  0  a  des  racincs  imaglnaires.     Pellet. 

N,  ann.  math,  XXVI,  517. 

309.  Uftber    scheinbare   Unstetigkeit   geometrischer  Constructionen ,    welche    durch 

imaginäre  Elemente  derselben  verursacht  wird.    Wiener.    Zeitschr.  Math. 
Phys.  XU,  375. 


Literaturzekung.  75 

Ldtegratioxien. 

310.  Siir  Vmtegralinn  de  quelijyea  fonctions  contenunl  un  radiral  du  ^erond  degrS.     Koe/i- 

ier,     A:  itnn   math.  XAT/,  44S. 

K. 

Kegelschnitte. 

311.  Construction    der  Directrix   eines   Kegelschnittes.      Cartze.      Grnn..  Archiv 

XX.V1I,  .358. 

312.  PropriHi  d'une  conigue  circovscrite  ä  un  Iriangfe.     Driani,     N.  arm.  math,  XX Fl, 

327. 

313.  Thioreme  sur  im  triangle  inscrit  ä  une  conigue.    PVitlidre  de  Thuin,    N.  ann.  math, 

XXyi,  55Ö.  —  Koehler  ibid.  5 J7. 

314.  Ueber  das  einem  Kegelschnitte  eingeschriebene  Viereck.     Curtze.     Gran.  Ar- 

chiv XL VII.  35Ö. 

315.  Siir  ia  thiorie  des systemes  de  coniques,  Saivaiore  Dino.   Compi,  rend,  LXl^^  409. 
31(5.   ThSoremes  sur  les  conignes  homofocales.     Volpicehli,     Compi,  rend.  LXIf^,  224. 

317.  Sur  les  conig ues  conjiiyuies  par  ruppori  ä  un  tiiangle.     Painvin,     N,  ann.  math, 

XXyi,  433. 
Vergl.  Brennpunkte.     Kllipse.     Hyperbel.     Imaginäres  309.    Kreis.    Parabel. 

Kreis. 

318.  Sur  une  transformation  du  thioreme  de  Ptotimee  et  sur  une  relation  anaiogue  dans  la 

sphere.     Fouret.     y.  arm.  math.  XXFI,  491, 

319.  Gegeben     sind    3  Pnnktenpaare.     Man    soll   einen   solchen  Kreis  constmiren, 

dass  dieselben  in  Bezog  auf  ihn  conjugirtc  sind.     Fuhrmann.     Grün.  Ar- 
chiv XLVII,  47. 

320.  Ueber  einen  Satz  vom  Kreise.     Grnnert.     Grnn.  Archiv  XLVII,  468; 

321.  Dicrire  un  cercle  gut  rencontre  3  droit  es  ou  3  circonfirences  de  manikre  que  les  cor  des 

iniercepties  soient  Egales  ä  une  longueur  donuie.    De  Fillepin,    N,  ann,  math. 
XXyi,  370. 

322.  Ueber   die    ausgezeichneten  Kreise   des   Dreiecks.     Kücker.     Grnn.   Archiv 

XLVII,  1. 

323.  Plaeer  sur  trois  circonfirences  donn^es  les  sommets  d'un  triangle  dont  les  cdtis  soient 

paralleles  aux  dnntes  gm  unissent  drux  d  deux  les  centres  de  ces  circonfirences, 
Fornnsari,     If.  ann.  math.  XXFI^  476. 

324.  Th6oreme  sur  gualre  circonf^ences      Geoffroy,     N,  ann.  math,  XXVl,  559. — 

Maci  ibid.  561. 
Vergl.  Determinanten  in  geometrischer  Anwendung  227.    Ellipse  246.    Rec- 
tification  390,  391. 

Krftiniiiiiiig. 

325.  Ditermination  giomitrigue,  pour  un  point  de  la  surface  des  ondes,  de  la  normale,  des 

centres  de  cowbure  principaux  et  des  directions  des  lignes  de  courbure.   Mann- 
h  e  im,     Ompt,  rend.  L  XI F,  170,  2ö8. 
Vergl.  Schwerpunkt. 

Xrjttallographie. 

326.  Ueber   einen   besonderen  Fall  anomaler  Flächenneigung  beim  Apatit.     Pur- 

gold.    Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  340. 

KngelftinetioneiL. 

327.  Sopra  le  funüoni  sferiche.     Betti,     Annali  mat.  Ser,  II,  /,  81 . 

»  Laplaoa*sehe  TnnetioBen. 

328.  Alctaie  osservazioni  iniomo  alle  funzioni  di  Laplace,    Schlaefti.     Annali  mat,  Ser, 

II,  I,  243. 


76  Literatarzeitung. 

Lemnifcate. 
Vergl.  Bipolarcoordinaten  217. 

Logarithmen. 

329.  Sur  la  rechei'che  d*un  logarithme  isold  avec  im  grand  nombre  de  dicbnaleB.     Lefori, 
N.  arni,  maih,  KXFI,  308. 


Maxima  imd  Mixiinia. 

330.  lieber  das  Maximum   oder  Minimam  der  Sarame  der  positiven  und  negaÜTen 

Quadrate    der    Abstände    eines    Punktes    von    3    Geraden    einer    Ebene. 
Wetz  ig.     Zeitscbr.  Math.  Phys.  XII,  281.     [Vergl.  Bd.  IX,  No.  130.J 
Vergl.  Optik  363.     Variationsrechnung. 

Meehanik. 

331.  lieber  die  Bestimmung  eines  Punktes  in  der  Richtungslinie  der  Sesnltirenden 

eines  beliebigen  Systems  von  Kräften.     Grunert.     Grün.  Archiv  XLVII, 
164. 

332.  A  nem  atlempt  to  determine  the  resuUant  of  iwo  pressures  on  apxedpoint.     Keely. 

Phil.  Mag,  XXXir,  354. 

333.  Sur  la  thiorie  moUciUaire  des  corps.     Guldberg.     CompL  rend.  LXl^,  941. 

334.  Sur  Vaciion  riciprogue  de  deiix  moUctiies.     Boussinesq,     Compt,rend.LXy^\\, 

335.  Equations  des  pelits  mouoements  des  milieux  isotropes  comprimis,     Boussinesq, 

Compi.  rend,  XLV,  lÜ7. 

336.  Sur  les  fbrces  centnfugen  mises  en  usage  par  Poinsot  dans  sa  theorie  de  la  roiation  des 

corps,     Breton  (des  C/uimps).     N,ann,  math,  XXVI,  362. 

337.  Sur  un  theoreme  de  Jacobi,     Bresse,     Compt,  rend,  LXV,  1085. 

338.  Mouvements  relatifs  ä  la  sur  face  de  la  ierre,     Page,     N,  ann,  math,  XXVI,  3S7, 

48».     [Vergl.  No.  131.] 

339.  Mouvement  d^un  point  materiel  pesant  sur  une  parabole  tournante  autour  de  son  axe, 

Dieu,     N.  ann.  math.  XXVI,  302. 

340.  Mouvement  occasionni  par  le  changement  d*une  force  qui  d  Cextr^miti  Vune  corde 

tenait  equilibre  d  un  corps  pesant  attache  a  la  corde  au  mögen  d'une  poulie  mobile, 
Dieu.     N,  ann.  maih,  XXVI,  298. 

341.  Sul  moto  di  una  figura  piana  che,  mmitenendosi  simile  a  sc  stessa^  scorre  con  tre  delle 

sue  rette  sopra  tre  punti  fissi.     Wiener.     Annalimat.  Ser,  II,  I,  139. 

342.  Sid  moto  di  wi  pendolo,  quando  la  relta  pns^ante  pel  punio  di  sospensione  e  pel  centro 

di  gravitä  ^,  per  questo  punto  in  solo  asse  principale  dHnerzia  che  sia  determinato 
diposizione,     Schlaefli,     Annalimat.  Ser.  II,  /,  105. 

343.  Wurfbevvegung  im  widerstehenden  Mittel.     Neil.     Grün.  Archiv  XLVII,  338, 

44^).     [Vergl.  No.  12'.).] 
341.  Der  Centrifugalflügel.     Martin,     Wien.  Akad.-Ber.  LIV,  412. 

345.  Sur  le  mouvement  longitudinal  d'un  Systeme  de plusieurs  prismes.   De  Saint-  Venant. 

Journ.  Mathim.  XXX/Iy  237.     [Vorgl.  IUI.  XII,  No.  317.] 

346.  Sur  le  choc  longitudinal  des  bar  res  pnrfaitement  dlastiques .     D  e  Saint-  Fenant. 

Campt,  rend.  LXIV,  1009,  1192. 

347.  lieber  ein  neues  von  de  Saint-Venant  ausgesprochenes  Theorem  der  Mecha- 

nik.    L  i  p  p  i  c  h.     Wien.  Akad.-Ber.  LIV,  63. 
Vergl.    Astronomie.     Capillarität.     Electrodynamik.     Hydrodynamik.     Optik. 
Schwerpunkt.     Variationsrechnung  416.     Wärmelehre. 

Xethode  der  kleinsten  Quadrate. 

348.  Considirations  ä  tappui  de  la  dScouverte  de  Laplace  sur  la  loi  de  pty)babiliti  dans  la 

mithode  des  moindres  carres,     Bienaymi.     Journ.  Math^m.  XX XII ,  15S. 

349.  Der  mittlere  Fehler  und  die  königlich  preussische  Landestriangulation.     Witt- 

stein.     Astr.  Nachr.  LXIX,  289. 

350.  Die    Ausgleichung   beobachteter  Richtungen   und    die    königlich    preussische 

Landestriangulation.     Wittstein.     Astr.  Nachr.  LXIX,  321. 


Literaturzeitung.  77 


^^^*^^^^^^^  J*t^^»\^  A  m 


M.. 

Vantik. 

851.  lieber  einige  Formeln  zur  annähernden  Berechnung  der  körperlichen  ^ume 
mit  besonderer  Rücksicht  auf  die  Aichung  der  Schiffe.  Grunert.  Qrun. 
Archiv  XL VII,  17(5. 

VonAAle. 

352.  Suiie  normali  aW ellissoide.     0  eis  er,     Annali  mat.  Ser.  I/^  I,Zn. 

Vergl.  Determinanten  in  geometrischer  Anwendung  22Ö.     Krümmung. 


Obtrflächoii. 

353.  Einige   Sätze    aus    der    Analysis   Situs   Riemanu^scher  Flächen.      Thomae. 

Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  301. 

354.  Theorie  (,inirale  des  surfaces  riglees  leitr  Classification  et  leur  construdion.  Ptücker. 

Annali  mat.  Sei-,  II,  I,  1(5(1. 

355.  Siille superficie  che hanno  le linee  di cw^vatitra  plane.  Dini,  AnnaH  mat,  Ser.  /l,  /,  146. 
350.  Sitr  une  propriiti  de  Ciquation  diffirentieUe  des  lignes  de  plus  grande  pente.  Breton 

(de  Champ).     Campt,  rend.  LXIV,  407. 

357.  Hoppresentaiione  di  una  classe  di  superficie  gobbe  sopra  un  piano  e  determinazione 

delte  loio  curve  assintotiche,     Cremona,     Annali  mat,  Ser.  //,  /,  218. 
Vergl.  Determinanten  in  geometrischer  Anwendung  229.     Krümmung. 

Obtrilldien  iweiter  Ordniixig. 

358.  Discussion  de  Viquation  qid  donne  les  pians  principuux  d^une  sur/ace  du  second  degri, 

Fo restier.     N.  ann.  math,  XXVI ^  355. 

359.  Des  surfaees  du  second  degre  oyant  une  tueme  interseition,     Aoust.     Compt.rend, 

LX/r,  590,  746. 
860.  Strr  une  propriHe  des  surfaees  homofocales  du  second  ordre,   Gilbert.   N.  ann,  math. 
XXFf,  5V9. 
Vergl.  Ellipsoid. 

Operationioalcnl. 

361.  On  the  muHlpÜcutlon  of  partial  dtff'eretitial  Operators,     Sylvester.      Phil.   Mag, 

XXXI H,  48. 

Optik. 

362.  ThioiHe  nouvelfe  des  ondes  lumineuses,     Boussinesq.     Compt,  rend.  LXV,  2^)5. 
363.*Ueber    das    J3rechungsgesetz.     F.   Eise  nl ehr.      Zeitschr.  Math.   Phys.    XFI, 

438.     [Vergl.  No    122.] 
3(54.  Ueber    merkwürdige    Punkte    der    Spiegel-    und    Linsen.systome.      Grunert, 
Grün.  Archiv  XLVII,  84. 

365.  Eine  auffällige  Eigenheit  der  Richtungen  der  durch  ein  Prisran  oder  durch  meh- 

rere Prismen  mit  parallelen  Knuten  gebrochenen  Lichtstrahlen.    Mateka. 
Grün.  Archiv  XLVII,  74. 

366.  Ueber  den  Einfluss  der  Bewegung  der  Lichtquelle  auf  die  Brechung.    Sohnckc. 

Astr.  Nachr.  LXIX,  209. 

367.  Sur  la  r^fiexion  et  larifraction  cristnlHnes.     Briot.     Compt  *  rend.  LXIV,  95^.  — 

Jottm.  Mathtm,  XXX U,  185. 
868.  Sur  ta  propagution  et  la  polar isation  de  la  himikre  dans  les  cristaux.      Sarrau, 
Journ.  Mathtm.  XXXI l,  I. 

369.  Th^rkme  sur  la  relation  de  position  des  vibrations  inddende^  reßicMe  et  rifractee  dans 

les  milleux  isotropes,     Le  Roux,     Compt.  rend.  LXIV,  38. 

370.  Sur  Vemploi  de  la  diffraction  pour  determiner  la  direction  des  vibrations  dans  la  lu- 

mihre  polarisier     Gilbert.     Compt.  rend.  LXIV,  16L 

371.  Ueber   die  Lichtmenge,   welche  im  Polarisationsapparat  durch  eine  zur  opti- 

schen Axe  oder  zur  ersten  Mittellinie  senkrecht  geschnittene  Krystallplatte 
hindurchgeht     Lommel.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  514. 

372.  Becherches  sur  la  diffraction  de  la  lumikre  polarisie,    Po  Her.   Compt,  rend.  LX/V, 

960. 

Liter  Aturztg.  d.  Zeitschr.  f.  Math.  n.  Phys.  XUl,  0.  ^ 


78  Literaturzeitung. 


873.  Sur  Ui  thiiorie  de  ta  dispersion  de  la  himUre,     Henard,     Compt.  rend.  LKIV^  SÖ7. 
374.  Theorie    der    Beug^ngaerscheinungea    in    doppeltbrechenden    Medien.       Dil- 
scheiner.     Wien.  Akad.-Ber.  LIV,  52 <. 
Vcrgl.  Elektrodynamik  239. 


r. 

Pttjmbel. 

375.  lieber  das  von  drei  Berührenden  einer  Parabel  gebildete  Dreieck.    Grunert. 

Grün.  Archiv  XLVII,  403. 

376.  Construclion  de  la  d^tfelopp^e  de  Ja  parah'tte.     Hahich,     N,  nnn   math.  XXVI.  AM» 

Vergl.  Mechanik  339. 

Philosophie  der  Mathematik. 

377.  Sur  le  principe  et  la  rkgle  des  signes.    Abel   Tran»on,    JV.  ann.  malh,  XX FI,  280. 
878.  Sur  Vusnge  et  Cemploi  des  guantilit  nigatioen,    Prouhet.  N,  ann.  math.  XXVI,  337. 

Planimetrie. 

379.  Ueber  den  neuesten  Stand  der  Frage  von  der  Theorie  der  Parallelen     Gm- 

nert.     Grün.  Archiv  XLVII,  307. 

380.  On  the  twelfth  axiom  of  Euclid.     Murray.     Phil.  Mag.  XXXUI,  264. 
881.  Satz  vom  Dreieck.     Ciirtze.     Grün.  Archiv  XLVII,  357. 

382.  Eigenschaft  der  gemeinschaftlichen  Benihrnngslinie  an  den  Inkreis  und  Mit- 

tenkreis eines  Dreiecks.     Baur.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  351. 

383.  Delix  ftgures  polygonales  äquivalentes  itant  donnies  on  demnnde  si  Vnne  »e  peut  di- 

composer  en  parties  superposables  ä  Vautre,    Sinkne.    N,  ann,  math.  XX ri,  4M. 

384.  On  isoperimetric  regulär  po/ygonx.     Rank  ine,     Phil.  Mag.  XXXI V^  ZQ^. 

Vergl.  Zahlentheorie  427,  428. 

Potential. 

385.  On  Professor  Stükes's  proof  of  Clairaut'x  theor£m.    Pratt.    Phil.  Mag.  XXXI V^  25. 

386.  On  the  internal  dixtrihution  of  matter  nhich  shall  produce  a  ffiven  potentinl  at  the  sur^ 

faceofagraviiatingmass.'  Slokes.     Phil,  Mag,  XXXI V.  *i^^. 
Vergl.  Attraction. 

%. 

Quadratische  Formen. 

387.  Sur  la  fbrme  ä  cinq  indelerminöes  XjXj  +  XjXj-f  XgXj-f-Xj  X5.     Liouvil le,     Jmtrn 

Mathhn.  XXXII,  47. 

Quadratur. 

388.  Eine  angenäherte  Quadratur.     Baur.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  .35!>. 

389.  Betrachtung  des  Flächeninhaltes  derCnrvp,  deren  Gleichung  r= — ^ — .    Ben- 

der.    Grün.  Archiv  XLVII,  45. 


Bectification. 

890.  On  the  approximate  rectification  of  circular  ares.  Rank  ine.  Phil.  Mag.  XXXIV,  SH\. 
39 1>  On  the  approximate  drawing  of  circular  arcs  of  given  lengths.     Rank  ine.     Phil,  mag 

XXXIV,  284. 
892.  Construire  un  cercle  dont  la  circonfirence  igale  la  circonfirence  d'ime  ellipse  en  ncgli- 

geant  la  huitikme  puissance  de  Vexeentriciti.  M  uze  au.  N,  ann.  math.  XXVI,  33 1 . 

Beihen. 

393.  Sur  le  nomhre  e.     Realis.     N.  ann.  math,  XXVI,  54l. 

394.  Zar  Entwicklung   von   cosfiQ  und   sinfiQ  nach  den  ganzen  Vielfachen  von  6. 

Gjlddn.     Astr.  Nachr.  LXIX,  193. 


Literaturseitung.  79 


395.  Ueber  die  Dnistellung  des  Sinus  (Cosinus)  eines  Vielfachen  von  x  durch  eine 
Reihe,  welche  nach  den  Sinussen  (Cosinussen)  des  Vielfachen  von  y  fortgeht 
unter  der  Voraussetinng  tgx  =  m    Igy,    Wolfers.   Astr.  Nachr.  LXIX,  41. 

306.  Summirung  von  Sinus-  nnd  Cosiuusreihen.  Curtze.  Grün.  Archiv  XLVII, 
238.     [Vergl.  No.  I6S.] 

397.  Sur  la  rec/iTche  des  fmirtionft  twxitiniren  dann  VtippHcatinn  de  ia  methode  Kummer  a 

tft  aommation  des  ftMest,     Hrrsse,     Compt,  rend.  LXfV,  1023,  1138. 

398.  Summirung  einer  Reihe  von  Kreisbogen.     Roiti.     Grün.  Archiv  XL VII,  3()l. 

399.  Summirung  einer  Reihe  mit  Hilfe  des  Integrals    fx{\  —  x^dx.    Grunert, 

Grün.  Archiv  A'LVII,  359. 

400.  lieber /im I  ^--- H H +T"I  ^^i  fii  =  «.     Unf  erdinger.     Grün.  Ar- 

chiv  XLVII,  23  . 

401.  Limite  de  lasirie  2?(—  !)■ -^ tous  ies  p  et  q  itant  des  nombres  entiers, 

qo.q|.q,...q« 

Pellet.     N,ann  malh.XXyirArZ, 
Vcrgl.  Bernonlli*sche  Zahlen.     Znhlentheoric  429. 


Sohwerpunkt. 

402.  Ueber    den    Krümmnngsschwerpunkt   algebraischer    Curven.      C.  Neuro  an n. 

Zeitschr.  Math.  Ph,vs.  XII,  425.     [Vergl.  No.  172.] 

403.  Sul  haricentro  di  curoatura  delle  curve  atgehriche.     C.  Neumann,     Annali  mat.  Ser. 

404.  Sul  baricentro  di  curoattira  dtUe  superßcie  algehriche.     C,  Seumnnn.     Annali  mat. 

Ser,  II,  /,  283. 

Sphärik. 

405.  Die  Pothenot'sche  Aufgabe  auf  der  Kugel.  Grunert.   Grün.  Archiv  XLVII,  J94. 

406.  Sur  la  plus  courte  distance  de  deux  po'mts  sur  la  sphhre,    Delaunny»  N,  ann.  math, 

XXFI,  454. 
Vergl.  Geometrie  (descriptive)  259.     Kreis  31*. 

Stereometrie. 

407.  Elementarer  Beweis  des  Satze.«*  von    der    körperlichen  Gleichheit  dreiseitiger 

Pyramiden.     H  es  sei.     Grün.  Archiv  XLVII,  433. 

408.  On  the  partition  of  the  cube  and  some  of  the  combtnations  of  its  parts,     Will  ich, 

Phil.  Mag.  XXXIII,  27. 

409.  Die  Conslniction  der  fünf  regulären  Körper.  Sohncke.  Gnin.  Archiv  XLVII,  39. 

Stiurm^sohe  Fnnotioxien. 

410.  Sur  Ies  fonctions  de  Sturm.     Gilbert.     Joum.  Math^m,  XXXI ly  87. 

T. 

Tetraeder. 

411.  Indinaisons  mutuelles  des  aretes  opposies  du  titraidre.     Dostor,     JV.  ann,  math% 

XX  f/.  452. 

412.  Diverses  expressions  du  volume  du  titraedre.     Dostor.     N,  ann.  math.  XX^I,  410. 

Trigonometrie. 

413.  Produit  de  4  sinus  et  deAcosinus,  Driaut.    N.  ann.  math,  XXFI,  883.  —  Dupain 

ibid.  471. 

414.  Bestimmung  eines  Dreiecks  aus  einer  Seite,  dem  gegenüberliegenden  Winkel 

und  dem  Radius  des  eingeschriebenen  Kreises.     Grunert.     Gran.  Archiv 
XLVII,  229. 
Vergl.  Gleichungen  285. 


80  Literatarseitttng. 

V. 

▼ariattourddumiig. 

415.  On  Me  /i|^ttr«  o/Me  6ti//<f/  ivAi'rA  eaperietiees  the  ieusi  resislance  from  the  ahr,   Tarle^ 

ion.     Phil.  Mag.  XXXI f^,  377. 

416.  Ueber  die  Curve  des  kleinsten  Widerstandes.    Dienger.   Gron.  Archiv  XL VII» 

229.    [Vergl.  Bd.  Xll,  N0.8OS.] 


Winneltlir«. 

417.  AppUeathn  de  la  theurie  wicanique  de  la  chateur  a  i'^tudede  fa  iransmission  du  ewu 

Dupri,     Compt,  rend,  LXIF,  350. 

418.  Sul  pt^blema  deile  temperature  slazionarie  e  la  rappreseniaziune  di  una  data  superficies 

ChriiloffeU     Annidi  mai,  Ser,  //,  /,  8W. 

419.  Sopra  la  deierathtazione  delle  temperature  variabili  di  una  lastra  lerminaia,     B  eitu 

Annali  math.  Ser.  //,  7,  373. 

420.  Sur  un  nonvel  eltipscide^  quijoue  un  grand  7 die  dans  la  thiorie  de  la  rhaleur,     ßous- 

sineeq.     Compt,  rend.  LXf^,  101. 

Wahndhelnliohkeltorechnnng. 

421.  DeM  valeurs  moyennes.     De  Tchibychef.     Jown.  Mathim,  XXXII,  177. 

422.  Vermiscbtcs  aus  dem  Gebiete  der  Wahrscheinliclikeitsrechnung.     Matthies- 

se n*    Grün.  Archiv  XLVII,  457r 

423.  Sitr  quelques  forrniiles  de  probabiliti,     Jordan.     Cowpt,  r^nd.  /»XP^,  W3. 

424.  Paschwerfen  mit  0  Würfetn.     Baur.     Zeitschr.  Math.  Ph^s.  XII,  355. 


Zahlentheorie. 

425.  Sur  un  caractere  de  dittisibiliti,     Dupa  in,     N,  ann.  moth.  XXFI,  308.         * 
42(5.  Bemerkung     über    die    dekadischen    Werthe    der    Potenzen    ganzer   Zahlen. 
S  c  h  I  ö  m  i  1  c  h.     Zeitschr.  Math.  Phys.  XII,  350. 

427.  Ueber  Kreisvierecke,  in  welchen  die  Seilen,   die  Diagonalen,  der  I^adins  des 

Krei>*es  und  die  Fläche  rationale  Zahlenwerthi;  hnbcn.    Ligowski.  Grün, 
Arihiv  XLVII,   II 3. 

428.  Dreiecke  zu  bestimmen,    deren  Seiten  rational  sind  und  in  denen  die  Summe 

der  drei  Seiten  dreimal  ßo  gross  ist,  als  die  Höhe  in  Bezug  auf  eine  dieser 
Seiten.     Grunert.     (;rnn.  Archiv  XLVJI,  233. 

429.  Sur  la  xtrie  de  Lambert  et  la  toi  des  nombres  premiei^s,    Max  Curtze^    Annali  mat» 

Ser.  II,  /,  285 

430.  L'eber    einen    arithmetischen    Satz    von  Laj^range.     Gxunert.     Grün.   Archiv 

XLVII,  328. 

431.  Sur  la  fonction  numirique  qtd  exprime  pour  un  d^terminanl  negatif  donne  le  nombre  des 

classes  de  formes  quadratiques,  dont  un  an  moins  des  coefßcients  extremes  est  im- 
pair.     lAouville.     Joiam.   Matb^m.  XXXII,  98.     [Vergl.  Bd.  XIL  No.  170.] 

432.  Hiduction  au  second  degrä  d^une  ^quation  indetermin^e  en  x  et  y  du  troisidme  degri 

relativement  d  X  ou  y,     Le  ßesgue,     Compt,  rend.  LXiy,  1267. 
Vergl.  Biquadratisclie  Heste.     Combinatorik.     Quadratische  Formen. 


Zeitschrift 


für 


Mathematik  und  Physik 

herausgegeben 

unter  der  yerant wortlichen  Redaction 

von 

Dr.  O.  SoUömiloh,  Dr.  E.  Kahl 

» 

Dr.  M.  Cantor. 


Dreizehnter   Jahrgang. 

Supplement. 


■--  -'^  j-^  ^^  r^ 


LEIPZIG, 

Verlag  von   B.'G,  Teubner. 

186H. 


INHALT. 


Seite 
Erbard  Weigel.   Ein  Beitrag  zur  Greschichte  der  luathematischeu  Wissenschaften 

auf    den    deutschen    Universitäten     im     17.   Jahrhundert.      Von 

Dr.  Bartholom£i  in  Jena' 1 

lieber  die  Handschrift   R.  4".  2,    Problematnih  Euclidis  explicatio    der  Königl. 

Gymnasialbibliothek  zu  Thorn.     Von  Maximilian  Curtz    ....     45 

Die  Tonleiter  und  ihre  Jierechnung.   Von  Gustav  Scuubrinq,  in  Halle  a/S.     .     .  105 


Druck  von  B.  G.  Teiibnrr  in  Leipzig'. 


Erhard  Weigel. 

Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  mathematischen 

Schäften  auf  den  deutschen  Universitäten  im 

17.  Jahrhundert. 

Von 

Dr.  BARTHOLOM.EI  in  Jena. 


I.    Grundlagen. 

1.     Historische. 

Erhard  Weigel  wnrde  1625  zu  Weida  in  der  Pfalz  geboren,  siedelte 
aber  schon,  als  er  erst  zwei  Jahr  alt  war,  mit. seinen  Eltern,  welche  den 
Keligionsbedrückungen  zu  entgehen  suchten,  nach  dem  damals  brauden- 
bnrgischen  Wunjsiedel  über  ^).  Sein  Vater  lebte  zwar  in  beschränkten  Ver- 
hältnissen, sorgte  aber  nach  Kräften  für  die  Au'sbilduDg  seines  Sohnes,  Hess 
ihn  die  Stadtschule  und  später  das  Gymnasium  besuchen  und  privatim  im 
Rechnen  und  Schreiben  unterrichten.  Leider  starb  er  ohne  Vermögen  zu 
hinterlassen,  als  dieser  erst  11  Jahr  alt  war.  Doch  der  Knabe  schlug  sich 
tapfer  durch  das  Leben,  unterrichtete  die  Kinder  der  angesehenen  Familien 
im  Rechnen  und  Schreiben ,  mundirte  die  Predigten  des  ersten  Geistlichen 
„für  gute  Information"  und  schrieb  und  copirte  Briefe  für  Jeden,  der  be- 
zahlte. So  erwarb  er  sich  nicht  nur  die  nothwendigen  Sübsistenzmittel, 
sondern  ersparte  sich  auch  eine  Summe  Geldes,  „um  ein  fernes  Gymnasium 
zu  besuchen".  Seine  Wahl  fiel  auf  Halle.  Hier  wurde  er  in  seinen  Frei- 
stunden Schreiber  bei  dem  Professor  Schimpfer,  der  die  Astrologie  geschäfts- 
mässig  betrieb,  copirte  die  astrologischen  „Indicia"  und  setzte  zu  jedem  der 
zwölf  Capitel  nach  Ranzow^s  Regeln  Einiges  hinzu.     Im  nächsten  Jahre 


1)  Zenmeri  Vitae  Philosophorum  jeneDsinm.    Jenae  1711.   S.  106  ff.;    Gün- 
ther, Lebensskizzen  der  Professoren  der  Universität  Jena.   Jena  1858.    S.  181. 

ZeiAtchriil  f.  Mathematik  u.  Physik.    (Supplem.)  ^ 


2     Erh.  Weigel.    Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissennchnftcn 

1645  machte  er  eine  Ferienreise  nach  Wunsiedel  and  laaschte  hier  dem  als 
Kenner  der  Mathematik,  Astronomie  und  Astrologie  hekannten  Diaconiu 
Elrode  die  astrologische  Rechnung  ah.  Schimpfer  war  mit  dieser  Verwand- 
lang  seines  Schreihers  in  einen  Rechner  sehr  wohl  zafrieden  und  Übertrag 
ihm  das  ganze  astrologische  Geschäft  mit  sammt  dem  Kalendermachen. 
Während  des  Ferienaafenthaltes  im  folgenden  Jahre  1646  in  Wunsiedel 
Hess  sich  Weigel  von  Elrode  so  weit  in  die  Mathematik  einfuhren ,  dass  er 
sich  seihst  helfen  konnte.  In  Halle  setzte  er  seine  Beschäftigung  als  Gymna- 
siast, Astrolog  und  Kalendermacher  fort.  Unter  den  Studenten,  welche  von 
Leipzig  nach  Halle  kamen,  um  sich  die  Nativität  stellen  zu  lassen,  oder  die 
zu  hegleiten,  welche  ihre  Zukunft  aus  den  Sternen  erfahren  wollten,  fan- 
den sich  auch  Liebhaber  der  Mathematik  oder  wenigstens  der  astrologischen 
Rechnung.  Diesen  gab  Weigel,  der  ja  von  seinem  elften  Jahre  an  Lehrer 
gewesen  war,  Anweisung  und  Unterricht,  gewann  ihre  Freundschaft  und 
Unterstützung  und  liess  sich  von  ihnen  bestimmen ,  nach  Leipzig  zu  gehen, 
um  Mathematik  zu  studiren  ^). 

Die  damalige  deutsche  Mathematik,  wenn  man  überhaupt  von  einer 
solchen  reden  kann,  hatte  zwar  einen  grossen  Umfang,  aber  einen  winsigen 
Inhalt.  Weigel  selbst  rechnete  zu  ihr  Arithmetik,  Geometrie,  Phoronomie, 
Mechanik,  Statik.  Optik,  Musik,  Astronomie,  Chronologie,  Gnomonik,  Geo- 
graphie, Aerometrie,  Hydrometrie,  Pyrometrie  und  Architektonik'^).  An 
eine  tiefere  Auffassung,  an  einen  eigentlichen  Wissenschaftsbau  war  nicht 
zu  denken.  Die  Mathematik  stand  bei  den  Gelehrten  in  Misscredit  und  ihr 
Werth  wurde  lediglich  nach  dem  gemeinsten  Nützlichkeitsprincip  bemessen. 
Daher  hatte  Weigel  nicht  viel  zu  lernen.  Eigentliche  Mathematik  hörte  er 
wahrscheinlich  gar  nicht,  denn  als  Leibnitz  in  Leipzig  studirte,  wurde  nur 
Euklid  vorgetragen"*),  den  Weigel  bereits  verstand  und  sicher  ebenso  gut 
lehren  konnte,  als  einer  seiner  deutschen  Zeitgenossen. 

Die  „Prophezeihungen"  des  Kalenders  hatte  Weigel  alsbald  in  ihrer 
Nichtigkeit  begriffen  und  bekämpfte  sie,  so  gut  er  konnte;  aber  nicht  so 
schnell  vermochte  er  den  astrologischen  Kram  über  Bord  zu  werfen.  Er 
trieb  die  Astrologie  auch  in  Leipzig  fort  und  zwar  nicht  sowohl,  weil  er  von 
ihrer  Wahrheit  überzeugt  war,  als  vielmehr  „um  sich  bei  den  Pennalputzern 
einen  guten  Wind  zu  machen*^  Denn  schon  in  Halle  kam  sie  ihm  ver- 
dächtig vor,  aber  er  misstraute  sich  selbst  und  hoflfte,  durch  fortgesetztem« 
Nachdenken  hinter  die  Wahrheit  zu  kommen.  Doch  bald  ,, merkte  er  im 
Herzen,  dass  die  Astrologie  auf  schwachen  Beinen  stand  und  dass  man  der 


1)  Zcumeri   Vitae  etc.  a.  a.  O. ;    Fortsetzung  des  Himmelszeigfcrs.  Jena  1681. 
8.  51  ff. 

2)  Idea  matheseos  uuiversae  Jeiiac  1659. 

:i)  Ouhrauer,  Gottfried  Wilhelm  Leibnitz.    Breslau  1846.    I.    S,  26. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  Bartholom^i.     3 

Erhaltung  Gottes  zu  nahe  trat,  wenn  man  zwar  Gott  den  Schöpfer  und  Er- 
halter nannte,  aber  Alles,  was  geschah,  den  Sternen  zuschrieb**  ^). 

Nach  dieser  Vorbereitung  ist  nicht  zu  erwarten,  dass  Weigel  Erheb- 
liches in  der  Mathematik  und  den  verwandten  Wissenschaften  leistete  Und 
doch  wurde  er  einer  der  gefeiertsten  Lehrer.  Als  er  1654  die  Professur  der 
Mathematik  an  der  Universität  Jena  Übernommen  hatte,  lehrte  er  mit 
grossem  Beifall.  Von  allen  Seiten  kameii  junge  Männer  herbei,  um  bei  ihm 
zu  hören.  Unter  ihnen  die  beiden  nachmaligen  Bahnbrecher  der  Wissen- 
schaft, Pufendorf  und  Leibnitz,  welche  sich  zu  dem  „weltberühmten"  Weigel 
hingezogen  fühlten.  Als  er  das  erste  Mal  über  den  „Pennosmus"  las,  hatte 
er  mehr  als  400  Zuhörer,  so  dass  kein  Hörsaal  die  Menge  fasste  und  der 
Lehrstuhl  im  Freien  aufgeschlagen  werden  musste^). 

2.   Philosophische. 

Weigel  trat,  durch  seinen  Bildungsgang  zum  Healismus  hingedrängt, 
als  entschiedener  Gegner  der  Scholastik  und  des  Lateins  auf  und  forderte 
Vorlesungen  in  deutscher  Sprache  als  Thomasius  noch  auf  den  Schulbänken 
sass^).  Als  Muster  der  Philosophie  galt  ihm  die  Mathematik.  „Damit  das 
Denken,  Beschliessen  und  Erinnern  (cogitare,  decemere,  animadvertere) 
immer  vernünftig  ausgeführt  werde,  und  der  Geist  sich  beständig  freue  und 
das  höchste  Gut,  für  welches  er  bestimmt  ist,  geniesse,  ist  der  Geist  mit 
einem  Directorium  ausgerüstet,  dessen  Geschäft  gewisse  dem  Menschen  an- 
geborene Gedanken,  Axiome,  besorgen.  Die  Erweckungsmittel  der  Axiome 
sind  Erfahrungen.  Sie  sind  Principien,  Gründe  und  Ursachen  der  geistigen 
Thätigkeiten.  Auf  sie  gestützt,  leitet  der  Geist  ab,  was  von  den  Dingen 
wahr  und  von  den  Handlungen  gut  ist.  Die  Ableitung  ist  entweder  prädi- 
cirend,  sprechend,  oder  producirend,  rechnend."  Da  jene  nichts  Neues  her- 
vorbringt ,  so  gestattet  nur  diese  eine  fruchtbare  Anwendung.  Die  produ- 
cirende  Ableitung  hält  sich  an  die  Dinge,  welche  auch  ohne  Worte  voraus- 
gesetzt sind  und  erwägt  deren  wirkliche  und  wesentliche  Verhältnisse  und 
Umstände  und  bringt  durch  Vergleichung  des  Bekannten  unter  sich  ein  Un- 
bekanntes heraus  oder  hervor^). 

Mit  diesen  Worten  ist  die  „rechnende"  Ableitung  genügend  charakte- 
risirt;  aber  es  bleibt  dabei  der  sonderbare  Name  „rechnend"  unerklärt. 
Diese  kann  nur  durch  die  Auffassung  des  liechenbegriffs  gegeben  werden. 
Die  geistige  Thätigkeit  nun ,  welche  Weigel  durch  Rechnen  bezeichnet,  ist 
nun  zwar  von  dem,  was  man  sonst  Kechnen  nennt,  verschieden,  aber  es  ist 
von  Interesse,  von  wie  vielen  Seiten  er  den  Begriff  darstellt  und  dadurch 

1)  Fortaetzung^  des  Himmelszeigers  a.  h.  O.    Himmolszeiger.  Jena  1681.  8.  48. 

2)  Programma  de  possibili  grataque  pravitatis  inveteratae  emendatione.  Jenae 
1678.  A.  2. 

3)  Vorstellang  der  Kanst-  und  Handwerke.    Jena  1672.    8.  103. 

4)  De  supputatione  maltitndinis.    Jenae  1679.   A.  3.  A.  4. 

\* 


4     Erh.  Weigel.   Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissenschaften 

die  reebnende  Ableitung  näher  erläutert.  Es  scheint  daher  nicht  überflüssig, 
diese  verschiedenen  Auffassungen  zusammen  zu  stellen. 

„Bahnen  kommt  her  von  Recht,  heisst  daher  gleichsam  rechtnen,  d.  h. 
gleich  und  richtig  in  Acht  nehmen ,  nicht  zu  viel  und  nicht  zu  wenig  zu 
thun"  ^). 

„Die  Thätigkeit  des  Gemüths  ist  doppelter  Art.  Entweder  begründet 
oder  nicht  begründet.  Jenes  ist  dad  Meinen  und  das  blose  Wollen,  dieses 
Rechnen.  Meinen  heisst  ein  Ding  als  so  und  so  beschaffen  sich  einbilden 
und  dafür  halten,  das  blose  Wollen  heisst  etwas  als  Gutes  an  sich  ziehen, 
von  sich  als  etwas  nicht  Gutes  abziehen,  Rechnen  dagegen  mit  Ueberlegung 
vorhandener  Gründe  nach  Anweisung  dazu  geeigneter  Wahrheiten  einen 
verborgenen  Zusammenhang  aufsuchen  und  zwar  so,  dass  das  Resultat  einer 
Probe  unterworfen  wird,  welche  erst  Gewissheit  giebt^)." 

„Der  Verstand  geht  mit  dem  Object  um,  entweder  so,  dass  er  dasselbe 
nur  fasst,  empfängt,  wiederholt,  sagt  und  spricht  mit  eben  diesen  oder  an- 
deren Gedanken ,  welche  aber  unter  den  vorigen  sich  selbst  verstehen  und 
durch  anderweitige  Rechenschaften  nicht  daraus  erforscht  zu  werden  brau- 
chen, sondern  aus  der  Denkung  des  Objects  erhellen;  oder  so,  dass  er  aus 
gegebenen  Posten  durch  gewisse  Rechenschaften  weiter  etwas  forschet, 
welches  er  zuvor  noch  nicht  gewusst  hat,  oder  aus  den  angegebenen  Worten 
ohne  andere  Mittel  selbst  verstehen  können;  oder  so,  dass  er  aus  solchen 
Posten  nach  gewissen  Rechenschaften  Etwas  wirklich  vorgiebt,  schafft'und 
macht,  welches  vorher  nicht  gewest.  Die  letztere  Wirkung  des  Verstandes 
heisst  Rechnen :  rationes  reddere^  sübducere^ratiocinari^).^^ 

„Rechnen  heisst  nicht  nur  mit  Ziffern  spielen  oder  nur  mit  Symbolen 
grübeln,  sondern  Rechnen  heisst  aus  gewissen  Voraussetzungen  (Posten) 
und  Wahrheiten  ein  verlangtes  Resultat  (Facit)  mit  Nachdenken  erforschen 
und  entweder  ein  geschicktes  Werk  aus  angegebenen  Mitteln  als  Ursachen 
•hervorbringen,  oder  zu  einem  verlangten  Werke  als  dem  Zwecke  geschickte 
Mittel  suchen  und  ausdenken,  wie  dieselben  in  Anwendung  zu  bringen  sind. 
Rechnen  ist  also  nichts  Anderes  als  Consultiren,  d.  i.  Rathschlagen,  wie 
man  das,  worauf  man  consultirt,  als  Facit  oder  Product  herausbringt*)." 

,,Ja  das  Zifferrechnen  ist  das  wenigste  vom  rechten  Rechnen,  sogar, 
dass  Ziffern  an  und  für  sich  nichts  als  Stäblein  sind,  womit  ein  Blinder 
oder  Einer  mit  verbundenen  Augen  durch  einen  Irrgang  geleitet  wird  und 
endlich  ^swar  den  Ausgang  trifft,  aber  nicht  weiss,  wie  er  dazu  gekommen. 
Rechnen  heisst  im  höhern  Sinne,  Rechenschaft  geben ,  ein  Resultat  aus  ge- 


1)  Von  der  Wirkung  des  Gemüths,  so  man  das  Rechnen  heisst.  Jena  1684.  S.  9. 

2)  Ebendas.  S.  10.  11. 

3)  Aretologistica.    Nürnberg  1687.    S.  6i). 

4)  Kxtractio  radicis.    Jenae  1689.    Darin   „Rolle   der  Schullaster**  besonders 
pa^inirt.    8.  6. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.   Von  Dr.  Baktholom.«!.     5 

¥^i6sen  Grundwahrheiten  in  Zahlen  finden,  und  noch  weiter  gofasst:  etwas 
nicht  Gegehenes  herausbringen,  nicht  allein  in  Zahlen,  sondern  auch  in 
Ziclungen*)." 

„Alle  Kechensorge  beruht  auf  der  Erforschung  gewisser  Hauptwahr- 
heiten. Man  muss  also  1)  nach  solchen  Hauptwahrheiten  greifen  und 
2)  das  Ergriffene  schicklich  nehmen.  Was  das  Erstere  anlangt,  so  greift 
man  biindisch  ehe  man  geübt  ist,  und  ergreift,  was  einem  vor  die  Hand 
kommt,  was  einem  einfällt.  Was  das  Letztere  betrifft,  so  muss  man  wissen, 
ob  das,  was  man  sucht,  aus  dem  Gegebenen  folge  oder  nicht.  Trifft's  nun 
zn,  so  hat  man  was  man  sucht,  und  springt  vor  Freuden.  Trifft's  nicht,  so 
muss  man  anders  greifen,  bis  man  die  rechten  Hauptwahrheiten  findet,  die 
sich  dazu  schicken^)/* 

„Die  Form  des  Rechenprocesses  ist  1)  Ueberlegung,  was  aus  dem  Ge- 
gebenen folgen  könne,  2)  Annahme  des  wahrscheinlichen  Resultates,  3) 
Prüfung  desselben,  4)  neuer  Versuch,  wenn  das  Resultat  falsch  ist^).*^ 

„Wenn  man  die  Rechnung  vernachlässigt,  so  geschieht  Nichts,  wenn 
man  sich  auch  den  Sinn  eines  allgemeinen  Satzes  noch  so  tief  eingeprägt 
hat  und  noch  so  logisch  subsumirt,  denn  man  weiss  damit  nichts  Gründ- 
liches, und  wenn  man's  weiss,  so  denkt  man  nicht  daran,  was  weiter  zu  be- 
denken ist"*).** 

„Das  besinnliche  sorgsame  Rechnen  ist  ein  vorsichtiges  Hin-  und 
Wieder-,  Um-  und  Herzielen,  aus  gewissen  Gründen  etwas  Angenehmes 
auszuspüren  und  schicklich  anzubringen,  kurz  überhaupt:  die  Folge  auf- 
decken, welche  in  den  Gründen  liegt  und  den  Zusammenhang  zwischen 
beiden  nachweisen'*).** 

„Das  Rechnen  ist  der  Form  nach  ein  doppeltes.  Denn  da  man  den 
Zusammenhang  zwischen  Grund  und  Folge  nicht  unmittelbar  nach  blosem 
Wahn  oder  Dünkel,  wie  die  Quäker  ihre  Träume,  sondern  aus  Erkenntniss- 
gründen gewinnt,  so  geschieht's,  dass  die  Erkenntnissgründe  Realgründe 
des  Gefundenen  sind,  oder  dass  das  Gefundene  der  Realgrund  der  Gründe 
ist.   Jenes  ist  Synthesis,  dieses  Analjsis^).** 

„Dem  Object  nach  ist  das  Rechnen  Wörter-  oder  Sachen  rechnen.  Was 
das  Wörter-  und  Gedankenrechnen  anlangt,  so  ist  das  blose  Sprechen, 
wenn  es  nach  gewissen  Regeln  angewiesen  und  verübet  wird,  als  rein  nach 
der  Grammatik  oder  Prosodie,  zierlich  der  Rhetorik  nach,  vorsichtig  und 
anhebig  nach  der  Dialektik  ebenfalls  ein  Rechnen.    Denn  die  Regeln  sind 


1)  Aretolo^stica.    S.  1 — 4. 

2)  Ebendai.  8.  119—121. 

3)  Von  der  Wirkung  des  Gemüths,  so  raan  das  Rechnen  heisst.    S.  13—17. 

4)  De  sappatatione  multitudinis.   A.  4. 

5)  Von  der  WirkaQg  des  Gemüths,  so  man  das  Rechnen  heisst.   S.  6. 
6]  Ebendas.  S.  8. 


6     Erh.  Weigel.   Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissenschaften 


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Hauptrechenschaften ,  was  dazu  gegeben,  die  Materie,  giebt  die  Grund- 
rechenschafteu.  Daraus  denn  ein  Facit,  nämlich  ein  nach  der  Kunst  wohl- 
gesetztes Beden,  ein  wohl  declinirtes  und  conjugirtes,  wohlvordrehtes,  wohl- 
gesetztes Wort,  ein  rechter  Spruch,  ein  rechter  Schluss  herauskommt/^ 

Hau  sieht  aus  diesen  Variationen  des  Kechenbegriffs,  dass  Weigel  für 
das  philosophische  Denken  denselben  als  Folgern  fasste.  Anstatt  aber 
diesen  Begriff  festzuhalten,  nahm  er  „Rechnen^*  auch  in  dem  üblichen  Sinne. 
Da  er  den  Begriff  des  Folgems  sehr  genau  kannte  und  auch  den  Wider- 
spruch, mit  dem  der  Begriff  der  Folge  behaftet  ist,  entdeckte,  so  muss  man 
die  willkürliche  Veränderung  des  Kechenbegriffs  entweder  für  eine  Schrulle 
halten  oder  für  ein  Mittel,  sich  um  billigen  Preis  den  Schein  der  Originali- 
tät zu  geben.  Uebrigens  setzte  Weigel  voraus,  dass  der  Grund  nicht  ein- 
fach ist,  und  es  schwebte  ihm  etwas  von  dem  vor,  was  später  Herbart  Me- 
thode der  Beziehungen  nannte.  Dass  er  trotz  dieser  guten  Anfange  in  der 
Philosophie  nichts  leistete,  hat  seinen  Grund  darin,  dass  er  die  genetische 
Methode  nicht  kannte,  überhaupt  Ignorant  in  der  Mathematik  war  und 
durchaus  nicht  das  innere  Bedürfniss  hatte,  die  Probleme  der  Philosophie 
zu  lösen,  sondern  im  wüstesten  Empirismus  befangen  blieb. 

Die  Axiome,  welche  das  Amt  des  Directoriums  des  Geistes  verwalten, 
hielt  er  einfach  für  ein  Geschenk  Gottes.  „Darum  hat  Gott  selbst  den 
Menschen  befohlen,  die  Rechenweisheit  zu  üben,  und  die  Zahl-  und  Rechen- 
fertigkeit als  ein  natürliches  Pfund  gegeben,  die  Cassa  der  zeitlichen  Wohl- 
fahrt durch  sothanen  rechtmässigen  Wucher  damit  reich  zu  machen. ^^  — 
„Gott  hat  den  Menschen  seinem  Haupttheile*  nach  so  geschaffen,  dass  er 
immer  rechne. ^^  Daher  ist  die  Rechenfahigkeit  das  speciüsche  Merkmal  des 
Menschen  im  Gegensatz  zu  dem  Thiere,  welches  seinerseits  durch  Un- 
rcchenschaftlichkeit  charakterisirt  wird.  „Jeder  Mensch  ist  rechenschaft- 
lich. Ob  er  Mann  oder  Weib,  weiss  oder  schwarz,  macht  keinen  Unter- 
schied.*^ Die  Sprache  als  unterscheidendes  Merkmal  des  Menschen  vor  dem 
Thiere  anzunehmen,  ist  ein  Irrthum;  denn  die  Thiere  verständigen  sich 
durch  Laute,  und  die  Papageien  lernen  sogar  sprechen ;  aber  auf  die  Frage, 
wie  viel  2  mal  3  sei,  hat  noch  keiner  6  geantwortet.  Nur  der  Mensch  ver- 
mag in  dieser  sichtbaren  Welt  die  endlichen  Dinge  aufzufassen  und  zu 
schätzen^). 

Das  Zählen  entsteht  aus  der  Anschauung.  Wenn  das  Denken  absieht 
von  dem  Stoffe  und  den  Eigenschaften  der  Dinge ,  so  bleibt  für  das  Vor- 
stellen nur  die  Zahl,  das  Wieviel  übrig ^).    Die  Zahlen  sind  den  Dingen 


1)  De  supputatione  multitadinis.  A.  3;  Grundmässige  Auflösung  des  militar- 
Problematis ,  warum  doch  der  Türk  den  Christen  endlich  weichen  müssen.  Jena 
1689.  Obs.  I.;  Philosophia  mathematica  theologia  naturalis  solida.  Jenae  1693. 
8.  27—31. 

2)  Univerai  corporis  pansopUlci  prodromus.   Jenae  1672.    S.  52. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  Bartholom^i.      7 


ähnlich  und  werden  durch  Ziffern  bezeichnet*).  Die  Wesen  der  Dinge 
sind  Zahlen^).  Die  All  gern  ein  Schaft  derZahlen  verhält  sich  zu  den  Dingen, 
wie  ein  Begriff  zu  seinen  Arten ,  also  kommen  bei  denselben  beide  Denk- 
lichkeiten,  das  Allgemeine  und  das  Besondere,  zusammen '^). 

„Nichts  ist  das,  was  wir  denken,  wenn  wir  gar  nicht  denken.  Wenn 
wir  aber  nicht  denken,  so  denken  wir  auch  keine  Endschaft.  Daher  ist  das 
Nichts  unendlich.  Dieses  reine  Nichts  ist  der  Anfang  aller  Zahlen,  aber 
nicht  selbst  Zahl,  sondern  eine  Unzahl,  ein  bioser  terminus,  von  welchem 
aus  das  Zahlen  anhebt.  Null  verhält  sich  zu  den  Zahlen  1,  2,  3  u.  s.  f.  wie 
ein  Pnnct  gegen  die  Dimensionen.  Daher  ist  der  Punct  der  Anfang  der 
Extension.  Das  Nächste  nach  der  Null,  das  Eins,  ist  eine  Zahl,  sowie  das 
Nächste  nach  dem  Punct  das  erste  Stticklein'  einer  Linie  ist*)."  Diesem 
reinen  oder  abstracten  Nichts  stehen  concreto  Nichtse  gegenüber.  Während 
jenes  das  ist,  was  wir  concipiren ,  wenn  wir  gar  nicht  denken,  so  ist  ein 
concretes 'Nichts  ein  solches,  welches  wir  bestimmt  denken,  indem  wir  auf 
ein  Bestimmtes  reflectiren.  Solche  concrete  Nichtse  sind  z.  B.  der  Raum, 
die  Grenze,  der  Punct,  die  Linie,  Nullhundert  etc.  ^). 

„Das  Nichts  ist  gänzlich  unvermögend,  zu  hindern,  dass  ein  Geist  an 
seine  Stelle  Etwas  denkt  und  dort  vorstellt,  und  da  der  Geist  ausserordent- 
lich viel  denken  und  vorstellen  kann,  so  löst  sich  das  Nichts  auf  als  ein 
Schatten  der  beweglichen  Dinge,  als  die  Fassung  endschaftlicher  Dinge 
ausser  einander,  als  das  (reine)  Nichts  mit  der  Eigenschaft,  Dinge  in  sich 
haben  zu  können.  Das  ist  aber  der  Raum.  Dieser  ist  durch  und  durch  mit 
Endungsdenklichkeiten  behaftet  und  stellt  sich  somit  als  endlich  und  zwar 
unendlich  endlich  dar.  Wie  die  Unbestimmtheit  (Unendlichkeit?)  des 
reinen  Nichts  ein  anendliches  Unvermögen,  ein  äusserster  höchster  Mangel, 
die  höchste  Dürftigkeit  und  Schwachheit  ist,  so  ist  die  Unendlichkeit  des 
Raumes  nichts  Anderes,  als  eine  unendliche  Fähigkeit  der  Enden,  Endlich- 
keiten und  Endschaften  ausser  einander*^)." 

Wir  haben  in  der  Zahl  ein  bestimmt  Erkanntes,  weil  wir  in  ihr  ein  be- 
stimmtes uns  bekanntes  Minimum  antreffen.  Diesem  Minimum,  dem  Eins, 
steht  ein  uns  bekanntes  Maximum,  det  Winkel  von  360**,  gegenüber.  Zu 
beiden  kommen  noch  die  Töne,  in  welchen  wir  zwar  kein  Maximum  und* 
Minimum,  aber  doch  eine  stets  bestimmte  Quantität  erkennen.  Alle  be- 
stimmte Erkenntniss  der  Natur  stützt  sich  auf  die  Vierzahl,  so  dass  Gott 
entweder  die  Natur  nach  der  menschlichen  Anlage  oder  die  menschliche 
Anlage  nach  der  Natur  eingerichtet  haben  muss.    Die  Vierzahl  ist  mit  be- 


1)  Von  der  Wirkuug  des  Gcmüths,  so  man  das  Rocbnen  heisst.    B.  30.  32. 

2)  Tctractys.    Jcnao  1673.    8.  25. 

3)  Aretologistica.    S.  150—155. 

4)  Ehendas.  S.  16.     Philosopliia  mathematica  etc.  S.  9. 

5)  De  supputatione  multitudinis  C. 

6)  Aretologistica  8.  16.     Philosophia  math^maUetL  ^\ai.  ^.  ^. 


8      Erh.  Weigel.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissenschaften 

sonderen  Eigenthümlichkeiten  aasgestattet,  darch  welche  der  Verstand  sehr 
wirksam  (efßcacissime)  unterstützt  wird.  Denn  die  Natur  ist  in  höherem 
Grade  (potius)  nach  dem  Verhältniss  der  Vier  als  nach  einer  andern  dis- 
creten  Form  constituirt,  so  dass  wir,  wenn  wir  uns  mit  den  Arten  der 
Dinge  nach  der  Vierzahl  bekannt  gemacht  haben ,  auf  das  Natürlichste  und 
Leichteste  beliebige  Untersuchungen  anstellen,  Erkenntnisse  gewinnen, 
gelehrte  Auseinandersetzungen  fdiscursus  eruditos)  über  jeden  beliebigen 
Gegenstand  ex  tempore  vornehmen  können^).  Weigel  glaubte  also  die 
Lullische  ars  magna  auf  anderem  Wege  zu  erreichen. 

II.   Mathematik. 

1.     Allgemeines. 

Wie  schon  erzählt,  hatte  Weigel  während  seiner  Studienzeit  wenig 
Gelegenheit,  seine  mathematischen  Kenntnisse  zu  erweitern.  Auch  das  be- 
kannte „docendo  discimus''*^  sollte  er  nicht  an  sich  erfahren,  denn  die  meisten 
damaligen  Studenten  hatten  auf  den  Gymnasien  oft  nicht  Gelegenheit  ge- 
funden, das  Einmaleins  zu  lernen.  Daher  kam  es,  dass  er  sich  nicht  einmal 
die  Lehren  des  Cartesius  aneignete,  geschweige  die  seines  grossen  Schülers 
Leibnitz.   Der  Inhalt  seiner  Mathematik  ist  höchst  dürftig  und  armselig^). 

Die  Mathematik  hat  es  mit  der  Quantität  zu  thun  und  ist  die  Wissen- 
schaft von  der  Quantität  der  endlichen  Dinge  und  die  Kunst  sie  auszumes- 
son,  nachzuahmen  und  zu  verwandeln.  Die  Quantität  ist  gleichsam. eine 
anderweitige  Beschaffenheit  der  Dinge.  Quantum  ist  entstanden  aus  quam  — 
/«m,  worin  das  „^wam"  die  Frage  „Wie?"  und  „/«m"  die  Antwort  „So!** 
enthält,  abo  ist  Quantum  das  Wie-So,  die  Mathematik  die  Wie-So-Kunst, 
welches  wahrscheinlich  mit  „Wissen**  zusammenhängt,  wie  denn  auch  bei 
den  Niederländern  die  Mathematik  Wiss -Kunst  =  Wie-So-Kunst  genannt 
wird.  Die  Grenzen  sind  entweder  rein,  wie  in  der  Geometrie,  oder  haften 
an  den  Werken  Gottes,  woran  sie  auch  den  Sinnen  bemerklich  sind,  wie 
man,  wenn  man  mit  dem  Kopfe  anstösst  und  an  ein  hartes  Ende  anläuft, 
in  der  That  erfährt.  Doch  sind  die  Grenzen  der  Dinge  nicht  Theile  der- 
.  selben.    j^Finis  rei  nihil  rei  e«/^).** 

Die  Quantität  ist  entweder  discret  und  heisst  Zahl,  Menge,  Vielheit, 
oder  continuirlich  und  heisst  Ordnung  d.  h.  Anzeige  gewisser  Wirkung  der 
Mehrheit,  die,  in  oder  ausser  sich  wechselsweise  gesetzt,  verbunden  ist^). 

Das  Eechnen  ist  Inhalts-   oder   Zielungsrechnung.     Die  Inhaltsrech- 


1)  Tetractys  S.  25—30. 

2)  Fortsetzung  des  Himmelsspiegels.  Jena  1665.  Zuschr.  u.  S.  106;  Wienerischer 
Tugendspiegel.  Nürnberg  1687.   Zuschr. 

3)  Universi  corporis  pansophici    prodromus  S.   52;    Aretologistica  S.    19.  61; 
Philosophia  mathematica  etc.  S.  1.  12  ff. 

4)  De  sapputatione  maltitadiniB  S.  64. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  BARTHOLOMifil.      9 


•-»•■•-^••■-^v     y    y^.     „-,     .-.      --*-■-■•*•   -^-^-'-'   .-t'-'*^— '—    .     -     -     .     -     --■'■'-   .^.^.^  ^  ^'  ^  ..^•■.^•■.^-<^..*^  ,*-.••.•'  ^r^      '    ^    ^  ^  J 


nung  ist  die  Bestimmung,  wie  viel  Etwas  austrage.  Die  Vielheit  besteht  in 
einer  gewissen  Zahl  und  darum  heisst  die  InhaJtsrechnnng  auch  Zahlen- 
rechnung. Die  Zielungsrechnung  erforscht,  wohin  und  wo  dieses  oder  jenes 
ziele,  ob  Etwas,  das  so  und  so  gilt,  steht,  geht,  geordnet,  gestellet  ist,  sich 
schicket  zu  einem  Auderu ;  wie  Etwas  so  und  so  geordnet,  eingerichtet  und 
proportionirt  sein  muss,  wenn  es  zu  dem,  was  da  und  dort  so  und  so  geht 
und  steht,  geschickt  sein  soll.   Die  Proportion  ist  nicht  bioser  Inhalt '). 

2.    Arithmetik. 

,^  Jede  Zahl  muss  einen  Namen  haben ,  damit  nicht  quid  pro  quo  statt 
Pfeffer  Mäusekörner  genommen  werden.  Zählen  heisst  discrete  Einheiten 
eines  Namens  nach  einander  nehmen  und  bescheiden,  wie  viel  ihrer  seien.** 
Es  ist  pur  oder  modal.  Das  pure  Zählen  ist  das  Hinzufügen  der  Eins  und 
Bezeichnung  der  Zahl  durch  ein  Wort,  das  modale  geschieht  mit  „mal". 

„Wenn  die  Finger  alle  verwandt  waren,  nahm  man  vor  Alters,  ehe 
Schuhe  und  Strümpfe  erfunden  worden,  auch  die  Zehen,  wovon  das  Wort 
Zehn,  oder  was  sonst  für  sonderartige  Stücke  am  Leibe  sind,  zu  Hülfe. 
Man  schreibt  noch  heut  zu  Tage  in  den  Schänken  und  auf  Kornböden  so 

•  

viel  Strichlinien,  als  Einzelheiten  zusammen  zu  zählen  (sind).  Weil  man 
aber  diese  Strichlein  eben  so  mühsam  als  die  Einzelkeiten  selbst  alle  Zeit 
von  Neuem  zählen  muss,  wenn  man^von  ihnen  wissen  will,  wie  viel  die 
Summe  macht,  weil  auch  die  besonderen  Summen  Wörter  nicht  so  sehr  ver- 
mehrt  werden  können,  dass  eine  jede  andere  Summe  auch  ein  ganz  anderes 
Wort  bekäme,  denn  so  sehr  viel  Wörter  Niemand  merken  kann,  so  hat  man 
einen  andern  Vortheil  ausgedacht  und  angebracht,  womit,  wenn  alle  Finger 
angebracht  sind ,  es  heisst:  das  erste  Mal  zehn  und  weiter  Nichts, 
und  es  wird  jenes  mit  der  Eins  (1)  und  dieses  mit  der  Null  (0)  bedeutet. 
Daher  man  noch  einmal  die  Finger  wie  vorher  gebraucht,  sagt  oder  schreibt 
11,  12,  13,  14  etc." 

„Nach  der  Anzahl  der  Posten  ist  das  Rechnen  einfach  oder  mehrfach. 
Das  einfache  Kechnen  ist  Messen  und  Zählen.  Messen  heisst  nach  einem 
Instrument  die  Quantität  eines  besonderen  Dinges  nach  einer  besonderen 
Beschaffenheit  gedacht  erforschen.  Das  Mass  ist  1)  Mass  der  Extension, 
als  Längen  ,  Flächen-,  Tiefenmass,  als  Ellen,  Schuh,  Zoll,  Gran,  Scheffel, 
Eimer,  Kannen  und  dergleichen,  2)  Mass  der  Intension  als  der  Schwere 
oder  Kraft,  als  Centner,  Pfund,  Loth,  Quent,  womit  des  Schlags,  des 
Drucks,  der  Resistenz  und  anderer  dergleichen  Quantität  gemessen  wird, 
3)  Mass  der  Zielung.  Das  Zielungsmass  ist  entweder  innerlich  oder  äusser- 
lich.  Aeusserlich  ist  das  Lineal,  die  Norm,  das  Winkelmass,  das  Schräg- 
mass,  das  Perpendikel,  die  Setzwage,  der  Transporteur,  Sextant,  Octant, 


1)  Aretologistica  8.  73.  74. 


10   Erh.  Weigel.   Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissenschaften 

Kreis,  der  Magnetszug  und  dergleichen;  innerliche  Zieluugsmasse  sind  die 
Denkhilder,  Hauptwahrheiten  und  Instructionen*)." 

„Das  mehrfache  Rechnen  ist  entweder  Berechnen  oder  Ausrechnen. 
Das  Berechnen  unifasst  die  Species  in  ganzen  Zahlen ,  das  Ausrechnen  die 
ührigen  Rechnungsarten.  Die  fünf  Species  sind  Numeriren,  Addiren,  Sub- 
trahiren,  Multipliciren ,  Dividiren,  die  ftinf  Species  des  Ausrechnens  aurea 
delri^  societatis^  attigationis^  »cri  und  algchrae  regula^).^*^     , 

„Was  in  der  Rechnung  gesetzt  wird ,  ist  mehr  als  Nichts.  Ist  dieses 
nun  nicht  befohlen  oder  bedingt,  dass  es  da  sein  und  gesetzt  sein  soll,  so 
ist  in  diesem  Falle  der  Mangel  pur  Nichts  und  steht  in  contradictorischem 
Gegensatze  zu  dem  Gesetzten  und  wird  deshalb  nur  mit  Null  bezeichnet. 
Wenn  aber  das  Gesetzte  befohlen  und  bedingt  ist,  dass  es  da  sein  soll,  so 
ist  es  nicht  pure  Nichts,  sondern  weniger  als  Nichts,  so  viel  weniger  als 
Nichts,  wie  viel  es  austrüge,  wenn^s  vorhanden  wäre.  Es  wird  auch  mit 
derselben  Ziffer  angezeigt,  die  so  viel  heisst,  als  wenn*s  vorhanden  wäre, 
doch  mit  dem  Zeichen  Minus  ( — ),  dass  hier  so  viel  weniger  vorhanden 
sei.  Die  Gegenstände  geben  positive,  mithin  alle  Mängel  negative  (priva- 
tive) Zahlen.  Durch  die  Vermischung  beider  entsteht  die  algebraische  oder 
heimliche  Zahl,  womit  die  Algebra,  das  vornehmste  Stück  der  Rechenkunst, 
umgeht^)." 

„Analytisch  ist  die  Rechnung,  ]fenn  man  aus  vorgeschriebenem  Werk 
und  Effect  sammt  einigen  Beschaffenheiten  durch  gewisse  Rechenschaften 
einige  andere  Beschaffenheilen  aufsucht  und  sie  als  die  Wurzel  des  Effects 
erfindet,  die  Ursachen  aus  den  Sachen  forscht  und  findet,  woher  dieses  oder 
jenes  so  und  so  Beschaffenes  komme,  wie  doch  das  beschaffen  sei  und  sieb 
verhalte,  dass  dieses  Werk  als  sein  Effect  herauskomme,  wie  man  Mittel 
finden  möge,  dass  ein  solches  Werk,  ein  solcher  Zweck  dadurch  erhalten 
werde.  Will  man  eine  algebraische  Gleichung  lösen,  so  muss  man  1)  ein 
gewisses  Zeichen  setzen,  2)  sich  anstellen,  als  ob  das,  was  man  nur  in  Ge 
danken  setzt,  auch  in  der  That  vorhanden  wäre,  3)  das  Gesetzte  so  behau- 
dein,  wie  es  die  Umstände  fordern.  Damit  erhält  man  eine  doppelte  Be- 
stimmung des  Effects:  einmal,  wie  er  durch  die  Umstände  gegeben  ist,  und 
dann,  wie  er  aus  dem  Gesetzten  entspringt,  also  eine  Gleichung.  Der  Name 
Coss  für  die  Unbekannte  kommt  her  von  causa^).^^ 

Von  Einzelheiten  ist  etwa  noch  Folgendes  hervorzuheben : 

1.   Bei  der  Subtraction   wird,   falls   die   Stelle  des   Subtrahenden 


1)  Aretologistica  S.  36.  40.  74.  109.  150  ff. 

2)  Von  der  Wirkung  des  Gemüths,   so  man  das  Rechnen  heisst  S.  1;   Areto- 
logistica S.  78.  80.  81;  Philosophia  matliematica  etc.  S.  09. 

3)  Aretologistica  8.  29 — 31;   De   supputatione   multitudinis   S.  54;   Idea   ma- 
theseos  iiniversae  S.  32. 

4)  Aretologistica  S.  75.  130;   De  supputatione  multitudinis  B;   Von   der  Wir- 
Jcung  des  OemüthSj  so  man  das  Re<^huen  heisst  Ö.  52. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  BARTHOLOMiEl.    11 


grösser  ist  als  die  des  Minuenden,  die  nächste  Stelle  des  Subtrahenden  um 
1  erhöbt.   Dass  das  wichtig  ist,  leuchtet  ohne  Weiteres  ein,  denn  es  ist 

(fla:''+  baf-^  +  •  .)  -  («'^  +  b'x''-^+  . .) 
=  ((ö  —  1)  or"  +  a:"  +  bx"-^  +  •  •)  —  ("'^"  +  ^'^"■"*) 
=     ax"  —  («'  -f-  1)  o:*  -j-  a:"  +  bx'*-^  —  b' x**-^  + 

=    [«-  («' +1)]^  +[(^+^)~^']^-^  +  .. 
Dieser  Mechanismus  sollte  das  Borgen  über  Null  verleiten.    Die  Umfor- 
mung dachte  sich  jedoch  Weigel  in  folgender  Art: 

(aar"  -f  bx^'^  t|-  .  .  .)  —  {ax^  +  b'x"-'  +  .  .  .) 
=  lax"  -f  bx"-^-}-  .  .  .)  —  [(«'  +  1)  a:"  —  o;"  +  b'x'*-^-^  .  .] 
=  [ajL»  _  (a'  -(-  1 )  ii:«]  -j-  [(a;  +  b)  a:""^  —  //.r^-^J  +  .  .  . 
Denn  er  sagt:  „Dieser  Nacl^bar  unten,  weil  er  über  seine  eigne  Forderung 
von  seinem  oberen  auch  noch  eins  zur  Hülfe  hergegeben  hat,  so  muss  er 
billig  um  Eins  mehr  als  sonst  abziehen,  dass  es  gleich  und  recht  zugehe. 
Daher  gilt  er  um  Eins  mehr,  als  wenn  ef  seinem  Nachbar  nichts  geliehen 
hätte.** 

II.  Den  Multiplicator  fasst  er  ganz  richtig  als  Zahl ,  dem  Multi- 
plicanden  hingegen  gab  er  den  nichtssagenden  Namen  ,,die  Mahl**.  Die 
erste  Auflösung  der  Multiplication  behandelte  er  in  folgender  Form: 

468 
32 


116 

. 

82 

124 

1*28 

14976 

^ 

Den 

Satz  («  +  6  +  c  + 

...) 

n  —  an  -\- 

bn 

-)-  CTi 

'  +  • 

. .  nannte  er 

nach 

dem 

Vorgange  Anderer  re 

igula 

pigrorum. 

• 

III.  Den  Satz  -^ 

b  —  c 

"~  b 

a 

{b- 
—  c 

-c) 

• 

hielt 

Weigel 

für 

eine 

eigne  Entdeckung,  unterliess  es  aber,  ihn  zu  begründen  und  allgemein  aus- 
zudrücken, sondern  benutzte  ihn  für  die  Anwendung  als  ^^divisor  vicinus^* 
für  die  Division  mit  99  =  100  -  1,  98  =  100  —  2,  999  =  1000  —  1, 
998  =  1000  —  2  ... 

IV.  Die  Ausziehung  der  Quadrat-  und  Cubikwurzel  basirte  er  zwar 

auf  die  Sätze 

(^a  +  b)^^a'^  +  2ab-^b\ 

(a  +  b)'^  =  «•»  +  Sa^b  +  Sab^  +  b'\ 
aber  weder  stellte  er  diese  in  Gleichungsform  dar,  noch  wandte  er  sie  auf 
decadische,  geschweige  denn  auf  allgemeine  systematische  Zahlen  an. 

V.  Die  arithmetische  und  geometrische  Proportion 

a  —  a  ^BB  b  —  b\  a  :  a'  =  b  \  b' 


12    Erb.  Woigel.   Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissenscbaften 

bezeichnete  Weigel  durch 

a  ,  a  '.'  a  ,  b'        ^  a  ,  a    :  :  b  ,  b\ 
die  FundamoDtalsätze 

a  -\-  b'  =  a'  -\-  b,  a  ,  b'  =  a   ,  b 
leitete  er  aber  nach  verschiedenen  Principien  ab.    Denn  indem  er  ftir  die 
arithmetische  Proportion 

a  —  ö'  =  o;,  b  —  b'  =  Xj 
also  auch 

a  =  a  -\-  X,  b'  =  b  —  a:, 
mithin 

a  -\-  b'  =  a  -^  X  -\-  b  —  x  =  a  -{-  b 

setzte,  hätte  er  consequenter  Weise  für  die  geometrische  Proportion 

a  :  «'  =  z,  b  :  b'  =  Zy 
also 


mithin 


a  =  a  Zy  b  =     , 


ab  =  a  z  .      =  n  b 


setzen  müssen.    Dagegen  beliebt  ihm  folgende  Ableitung: 

a  :  a  =  z,    b  :  b'  =  z , 

a  =  a  z  ,      b  =^  b'  z, 

ab'  =  a  z  b\  a' b  =  a  b' z^ 
folglich 

ab'  =  ab 

VI.  Die  Addi.tion  der  algebraischen  Zahlen  wird   durch   fol- 
gende Darstellung  abgefertigt 

+  3       +3       +3       +«  +  n  —  a 

—  3       —  5       —  2       —a  —  b  +  /> 

0  —  2       +1  0         +  {a  —  b)      —  {a  —  b) 

Die  Begründung  des  Satzes  a  —  ( —  6)  =  a  -f-  />  lautet:  ,,Von  wem  der 
Mangel  einer  so  grossen  Habe  abgenommen  wird,  dem  wird  so  viel  Hab 
gegeben". 

VII.  Ueber  die  arithmetische  Keihe  stellte  Woigel  folgende  Satze  auf 

1)    d+2d+3d+  ,,.-\-  nd  =  ^''  \  ^^-  d. 


2) 

Oh  «1    +  («  1)  rf, 

3) 

«1  —  a„         (»          1)  tl. 

4) 

n  —  1 

X^\ 

n  77=- -4-    1 

'  d  ' 

bewies  aber  nur  den  ersten  durch  das  Schema 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  BARTHOLOHiEl.    13 


*    -%   ■*     ^  -^     s.^ 


•       •       •       • 


•       •      •       • 


0 
00 

00 
0 

und  vermochte  sich  nicht  zu  allgemeinen  Formeln  zu  erheben. 

VIII.  Für  die  geometrische  Heihe  wusste  er  nur  den  Satz 

e"  —  1  • 
a  -\-  ae  -^  ae^  -^  ae^  -^  ....  +  ae"""^  ==  a  . 

ohne  eine  genügende  Ableitung  desselben  beibringen  zu  können. 

IX.  Den  Begriff  der  Logarithmen  knüpfte  Weigel  an  die  Reihen 

1,  3,  9,  27,  81,  243,  729,  ... 
0,  1,  2,    3  ,    4  ,     5   ,     6  ,  ... 
« brachte  es  aber  weder  zu  einer  allgemeinen  Theorie  noch  zur  Benutzung 
des  Potenzbegriffs; 

X.  Die  Art,  wie  er  algebraische  Gleichungen,  und  zwar  nur 
einfache,  auflöste,  mag  folgendes  „Exempel"  veranschaulichen:  „Wird 
einer  Zahl  11  addirt  und  7  von  ihr  subtrahirt,  so  ist  die  Differenz  halb  so  gross 
als  jene  Summe. 

Durch  Addition  der   11  kommt  die  Summe     o?  -{~  H) 

Durch  Subtraction  der  7  kommt  die  Differenz  x  —  7, 

wenn  dieses  als  die  Hälfte  jenes  ihm  noch  einmal  angesetzt  wird,  kommen 

2x —  14,   welcbes  jenem  a: -f-  11  gleich  sein  soll.     Ist  also  dieses  die 

Aequation 

2x  —  U  =  x+  11. 

Zur  Reduction  lasst  uns  was  fehlt  bei  jeder  Part  (14)  einer  wie  der  andern 

addiren,  dann  bekommen  gleiche  Brüder  gleiche  Kappen,  bleiben  also  auch 

nach  der  Vermehrung  gleich 

2ar— 14  =  a:  +  ll 

add. 14  =  14 

summa  2x         0  =  a:  +  25 

Nun  sind  2 or  einer  einzelnen  mit  dem  Zusatz  25  gleich.   Also  lasst  uns  von 
beiden  gleichen  Parten  x  subtrahiren  also 

2ar  =  ar  +  25 
subtr.     o;  =  a: 

resid.     x  =  25." 
Im  Allgemeinen  tritt  der  Beweis  in  den  Hintergrund ,  wird  oft  wegge- 
lassen und  erscheint  als  Nebensache.    Hierin  liegt  wohl  auch  der  Orund, 
weshalb  Weigel  die  Bedeutung  der  allgemeinen  Arithmetik  nicht  begriff. 

2.   Geometrie. 

Die  Oeometrie  bietet  nichts  Bemerkens werthes.  Mit  Ausnahme  von 
ein  Paar  Definitionen,  wie  z.  B.  Aehnlichkeit  ist  Identität  ohne  Rücksicht 


14   Erh/Weigel.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissenschafteii 


'  .■  -* -^---»-.rf*.^^^*^ ^. ^^•-i^^' ^--.^-^^^•'^.■•■» ^^^^•^'^^ 


auf  Quantität,  brachte  er  nichts  Eigenthümliches  zu  Stande.  In  der  Trigo- 
nometrie ist  etwa  nur  der  Satz 

a  +  b  ^tg  i_M_+  B) 

n  —  h        lg\  {A  —  B) 
zu  erwähnen. 

^  4.   Tetractys. 

Da  Weigel  die  Rechenfähigkeit  als  specifisches  Merkmal  des  Menschen 
ansah,  so  forderte  er  consequenter  Weise,  dass  jeder  Mensch,  auch  abge- 
sehen von  dem  practischen  Nutzen,  rechnen  lernte.  Aber  er  mnsste  wahr- 
nehmen ,  dass  unter  hundert  Gelehrten  kaum  Einer  hatte  künstlich  rechnen 
lernen  können,  und  forderte  daher,  dass  die  übrigen  das  Versäumte  nach- 
holten, allein  „das Zehner- Eiumaleins  schien  ihm,  wenn  man's  nicht  in  der 
Jugend  wie  ein  Vogel  im  Nachsingen  lernte,  gar  schwerlich  in  einen  alten 
Kopf  zu  bringen,  zumal  wenn  man  nicht  immer  darüber  liegen  könnte,  son- 
dern andere  Dinge  mehr  dabei  zu  verrichten  hätte'^  Er  sann  daher  darüber 
nach,  wie  auch  noch  alten  Leuten  zur  Fertigkeit  des  Rechnens  verhelfen 
werden  könnte.  Da  er  die  Hauptschwierigkeit  in  dem  Zehner-Einmaleins 
fand,  „durch  dessen  Weitläufigkeit  und  Schwierigkeit  so  viel  Tausend  Leute 
vornehmlich  abgeschreckt  und  zurückgehalten  würden ",  so  musste  er  eine 
kleinere  Grundzahl  als  Zehn  wählen.  Durch  seine  pythagoreischen  An- 
sichten von  der  Bedeutung  der  Zahlen,  die  er  noch  durch  allerhand  Zu- 
sätze ausschmückte,  ^urde  er  bestimmt,  sich  für  die  Vier  zu  entscheiden. 
„Wie  das  schlechte  Eins  nur  ein  Element  der  Anzahl  ist,  also  ist  das  Zwei 
die  Wurzel,  und  das  Vier  ist  die  Zwifel  und  der  Samen  der  geraden  Zah- 
len; Drei  hingegen  ist  die  Wurzel  ungerader  Zahlen  und  Sieben  sind  ihre 
Phasen,  Neun  ist  aber  die  Zwifel  und  der  Samen  derselben.  Zwischen 
welchen  allen  Sechs  das  Gerade  und  Ungerade  vermählt,  weshalb  ihrer 
Theiler  Summe  dem  Ganzen  gleich  ist 

1.2.3=1  +  2  +  3  =  0 
und  sie  die  erste  Gleichzahl  ist.*'   Ausserdem  ist 

1  +  2  +  3  +  4  =  10, 
und  ist  4  nicht  nur  das  erste  Product  derselben  bei  den  'gleichen  Zahlen, 
sondern  auch  die  erste  Zahl,  welche  aus  Gerade  und  Ungerade  zusammen- 
gesetzt ist 

4  =  2  +  2  =  2.2=1+3  =  3+  1. 

Ausserdem  glaubte  Weigel  die  Vierzahl  nicht  nur  in  der  Natur,  sondern 
auch  im  Menschenleben  überall  anzutreffen.  „Wir  sind  ohne  absonder- 
liches Bedenken  durch  Anleitung  unserer  Finger  oder  Zehen  als  durch  an- 
geborene ßechenstäblein ,  keineswegs  aber  durch  die  Vortrefflichkeit  der 
Zahlen  selbst  dahin  verführet  worden,  dass  wir  Alles  an  den  Fingern  ab- 
zählen.^ Aber  selbst  bei  den  Zehnerzahlen  kann  man  die  vier  „Ecknamen 
Eins,  Zehn,  Hundert;  Tausend*'  nicht  entbehren.    Das  Volk  hat  das  Beste 


aui  uen  ueuiscnen  universu.  im  1 1 .  jaorn.    v  on  ur.  oautuujlium^i.     i«^ 

bereits  vorweg  genommen.  Es  setzt  aus  4  Korn  1  Zoll,  aus 4  Zoll  1  Handbreite 
(palma),  aus  4  Handbreiten  1  Fuss,  aus  4  Fuss  1  Scbritt,  aus  4  Schritten 
1  Ruthe  zusammen,  tlieilt  die  Elle  in  4  Viertel  oder  16  Sechzehhtel  und 
misst  damit  jegliche  Grösse;  Tag  und  Nacht  wird  in  4Theile,  die  Stunde 
in  4  Viertelstunden  zerlegt;  die  intensiven  Grössen,  namentlich  die  Ge- 
wichte, werden  nach  der  Vierzahl  gezählt,  Birnen,  Aepfel,  Nüsse  etc.  nach 
Mandeln  (:=  4  .  4)  und  Schocken  (=  4  .  4  .  4).  Das  Volk,  welches  in 
schwierigen  Rechnungen  nicht  geübt  ist,  würde  die  Tetractys  gern  anneh- 
men, wie  Dalecarlier,  die  ihr  Kupfer  zu  je  4  und  je  4  Haufen  zählen,  und 
unsere  Bauern  beweisen,  die  nach  Anleitung  der  Natur  mit  4  als  4  Strichen 
in  einer  Fahnen  die  verkauften  Scheffel,  Kannen  etc.  abzählen/*  So- 
mit war  die  Wahl  der  Vier,  „deren  Einmaleins  nur  4  Zeilen  lang  ist,  sobald 
man'd  nur  das  erste  Mal  hört  oder  lieset,  auch  von  einem  alten  Manne  voll- 
kömmlich  begriffen  und  nach  demselben  gerechnet  werden  kann**,  voll- 
ständig motivirt^). 

I.  Was  das  Numeriren  anlangt,  so  zählte  Weigel  anfangs 

1  Eins       11  Ein  und  vier      21  Ein  und  zwei  vier      31  Ein  und  drei  vier 

2  Zwei       12  Zwei  „      „         22  Zwei  „       „       „        32  Zwei  „      „     „ 

3  Drei       13  Drei  „      „         23  Drei    „       „       „        33.Drei    „      „     „ 
10  Vier       20  Zwei  vier  30  Drei  vier  100  Secht, 

später  aber  und  zwar  ganz  rationell  in  folgender  Weise 

1  Eins       11  Ein  und  erff       21  Ein  und  zwerff  31  Ein  und  dreff 

2  Zwei      12  Zwei  „      „         22  Zwei  „        „  32  Zwei  „      „ 

3  Drei       13  Drei  „      „         23  Drei    „        „  33  Drei    „      „ 
10  Erff        20  Zwerff                 30  Dreff                           100  Secht. 

Für  die  Potenzen  von  4  wählte  er  die  Nameu 

1  Eins, 
4  Erff, 
16  Secht, 
64  Schock, 
256  Erffschock, 
1024  Sechtschock, 
4096  Schockmalschock,  u.  s.  w. 
Die  Addition   geschieht  nach  folgenden  Regeln:    1)  man  zählt  in 
jeder  Verticalreihe  bis  4,  macht,  sobald  man  4  erreicht  liat,  einen  Punct 
zur  Seite  und  setzt  den  letzten  Ueberschuss  über  4  ins  „Facit**;  2)  man 
zählt  die  zur  Seite  gemachten  Puncto  jeder  Verticalreihe,  setzt  statt  je  4 
derselben  einen  Punct  in  die  dritte  Reibe  nach  links  und  den  Ueberschuss 
in  die  zweite;    3)  man  zählt  die  Puncto  zu  den  bereits  gefundenen  Re- 
Hultaten. 

_- .  _  ^ 

1)  Die  Tdtractys  wurde  von  Weigel  behandelt  in  Universi  corporis  pansophici 
prodromus;  Tetractys;  Aretologistica. 


16    Erb.  Weigel.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissenschaften 


2 

3. 

0 

2 

2 

.3 

.2 

1  . 

1 

2 

3, 

.3 

2 

1 

3 

.2. 

2 

.0 

3 

3. 

1 

2. 

.1. 

.1 

3 

.2 

1 

1 

3 

.3 

.2 

2. 

3 

1 

0 

3 

2    3    13    2 


•         • 


3    0    0    1    3    2 

Die  Subtraction  bietet  nichts  Eigen thümliches  dar.    Die  Multipli- 
cation  setzt  das  Einmaleins 

12       3 

2  10     12 

3  12     21 

voraus  und  wird  wie  in  folgendem  Schema   ohne  Weiteres  ersichtlich  ist 
ausgeführt: 

3     2     10     3     2 

1     2     3 

•     .-.    0     •••.-.     0 

•  •  •       •  •  •  \J       •  •  •       •  • 

12  ~0     0  ~2'    0     3     2     2 

^      ,      ^        .  120020322        D        ^      . 

Ist  der  Ouotient  -  ...^V/Töt^  =  J  ^u  bestimmen,  so  bildet  man  die 

Multipla 

1  rf  =  1 .  321032  =    321032 

26/  =  2  .  321032  =  1302130 

3f/  =  3  .  321032  =  2223222 

und  hat  dann  ohne  Weiteres 

321032)  120020322  =  123 

321032 


2131112 
1302130 
2223222 
2223222 


0 
Dazu  dachte  Weigel  einen  Mechanismus  aus,  welchen  er  folgendermassen 
beschreibt:  „Den  Divisor  schreibe  stracks  auf  ein  klein  Brief  lein,  neben 
ihn  zur  Rechten  setze  sein  Gedoppeltes   und  nächst  sein  Dreifaches,    so 
hast  du  das  Divisionsinstrumeut  fertig.    Hierauf  lege  das  Brieflein  unter 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrb.  Von  Dr.  BAHTHOLOHfil.     17 

den  Dividenden  und  siehe  zu,  ob  dessen  erste  Zahlen  von  der  Linken  zur 
Rechten  dem  einfachen  Divisor  oder  dem  zweifachen  oder  dem  dreifachen 
gleich  ist,  so  dass  nichts  fehle,  wenn  auch  nichts  oder  etwas  übrig  bleibt, 
so  hast  du  stracks  den  Quotienten  1 ,  2  oder  3 ,  den  schreibe  dorthin ,  den 
einfachen  oder  mehrfachen  Divisor,  welcher  also  nächstes  da  begriffen, 
ziehe  ab  von  den  über  ihm  stehenden  Zahlen  des  Dividenden :  so  ist  die 
erste  Operation  richtig.  Rücke  den  Divisor  oder  dessen  Doppel-  und 
TrippelquantitÄt  um  eine  Stelle  fort  gegen  der  Rechten  und  verfahre  wie 
vorhin." 

Die  Reduction  der  decadischen  Zahlen  auf  tetradische  geschieht 
durch  fortgesetzte  Division  mit  64.  Ist  z.  B.  die  Zehnerzahl  6576819  in 
eine  Vicrerzahl  zu  verwandeln ,  so  hat  man 

G4  64  64      64 

6576829^102762^1605^2511) 
64  64  128      00 

176  387  325     25 

128  38^         320 

488  ^2  5 

448  320 

402  42 

384 
189 
128 
61 

verwandelt  die  Reste  25,  5,  42,  61  in  dreizifferige  tetradische  Zahlen 

25  =  1  .  16  -f  2  .  4  -f  1  =  121 , 

5  =  0.16-fl.4-i-l  =011, 
42  =  2  .  16  +  2  .  4  4-  2  =  222, 
61  =  3  .  16  4-  3  .  4  +  1  =  331 , 

und  erhält  darnach  die  Reihe  der  Ziffern  der  verlangten  Zahl.  Doch  legte 
Weigel  auf  diese  Reduction  wenig  Gewicht,  denn  sie  setzte  ja  das  Zebner- 
einmaleins  voraus,  sondern  entwarf  Tafeln  der  decadischen  und  tetradi- 
schen  Zahlen,  so  dass  der  Rechner  in  derThat  nur  bis  4  zu  zählen  brauchte. 

Nicht  nur  die  „Tetractys*^  sondern  auch  den  schon  erwähnten  divisor 
vicinuSf  sowie  die  Begriffe  der  negativen  Zahl,  des  Raums,  der  Grenze  und 
der  Zeit  hielt  er  für  so  wichtige  Entdeckungen,  dass  er  noch  im  Jahre  1690 
mit  dem  Plane  umging,  sie  der  königlichen  Societät  in  London  vorzulegen. 
Gewiss  ein  Beweis,  wie  wenig  er  sich  um  das,  was  bereits  geleistet  worden 
war,  bekümmert  hatte ^). 


1)  Acta  des  Mathematici  Weigels  in  dem  S.  K.  Archiv. 

ZeiUrhrifl  f.  Matlirmatik  u.  Phyuik.    (Supplem.) 


I  ^     Erik.  Wieür*^  Elit  Beitrag  rar  ^'i'iichiAzK  der  mfttk. 


5.   laitrsm-^üte. 

^tht^,  ffhjiikaliieh^n  ani  tecLaücheii  ItutruBento-B  bei .  veicke  er  «in- 
den.  and  xähh#^  sir  br>i  j«4er  paM^raden  and  jmpjuwmdiea  Geiegeakcil 
aaf  ^;.   L^e  math^msuaeben  InitruB*^ate  »nd  nan  folgernde: 

1;  ^JthfrfM>/''ßmfMr&p(nm.  Mmuzenmfi'is^T.  Ist  eineRegvI  aaf  dcB  Winkel 
messenden  InisiTxmeaten  &b  &zif  </aadranien.  Sextanten  nad  dciglekken 
angebnckt.  also  dasa  man  mit  einem  mäwgen  i^aadnnten ,  der  tob  einer 
«inzi^^n  Perioa  zn  handhaben  bt.  so  Tlfrl,  wo  nicht  mebr  Terricbten  kann, 
ab  mit  dem  grossen  Tyeh'^nii^en.  welcher  dnrch  Hälfe  Tieler  Handlang 
bat  m6«en  aufgerichtet  werden.  Zum  grossen  Vortheil  nnd  Eispaivng  res 
Unkosten."' 

2;  „Ein  schlechter  Vuirstab/* 

Z  „A^ßacu*  ariiAm^fU^rm*.  I3t  ein  VortheiL  di^  Forti6cation<tabeDen  oluie 
K^rchnen  anf  allerlei  Längen  za  redociren.  nnd  i^t  eine  jedwede  Linge 
dadurch  «renaa  zu  fortificiren." 

0.   Nutzen  der  Mathematik. 

Die  Mathematik  enthalt  nach  Weigf'l  die  vier  Hanptstellnngen,  worauf 
das  ganze  menschliche  Leben  bemhet:  die  Xahning  and  Oekonomie,  die 
Knn.st-  nnd  Handwerke,  die  llandebgeschäfte.  die  Kriegfahrnng. 

„Der  bürgerlichen  Xahmng  und  Of  konomie  giebt  die  Mathematik  An- 
leitnng  zn  vortheilhafter  Disposition  des  Haas-  and  Stadtwesens ,  an  ge- 
naa^'r  Ermessnng  und  Eintheilang  an  Hab  and  Gut,  des  Jahres  and  Tages« 
znr  Anstalt  v^r  Fenersgefahr,  vor  Wasser-  nnd  Wetterschaden,  za  nutz- 
lieben  Wasserleitnngen  znr  Reinlichkeit  and  Zierde  in  Städten  und  Hansem, 
nifr  aach  zu  ehrbaren  nnd  gemeinnützigen  Belästigungen  zumal  der  Jagend, 
vornehmlich  aber  zur  Angewöhnung  aller  häuslichen  und  bürgerlichen  Tu- 
;renden  vf'rmitteUt  arithmetischer  und  geometrischer  Lehrübungen,  dadurch 
eine  klage  und  dabei  fromme  Welt  erzogen  wird/' 

„Dem  Handel  hilft  die  Mathematik  nicht  allein  mit  der  Bechenkunst 
und  Buchhalterf'i,  in  der  gleichsam  die  Form  des  Handels  besteht,  sondern 
auch  mit  der  Wissenschaft  von  allerhand  Manufacturen,  womit  die  meisten 
Geschäfte  zu  thnn  haben,  und  bekommen  also  die  so  nützlichen  Com- 
mercien  im  gemeinen  Wesen  sowohl  die  Form  als  die  Materie,  gleichsam 
Hf'f\f»  nnd  Leib  von  der  Mathematik/' 

„Was  sie  den  Kriegsfuhrungen  für  Anweisung  nnd  Vortheil  gebe, 
bezeuget  die  Fortification  und  die  dazu  gehörigen  Exercitien  mit  mehrereu/' 

„Wie  sehr  ein  Volk,  das  keine  Mathematik  treibt,  im  Nachtheil  gegen 


1)  Wir  folgen  Torzugsweise  einem  besonderen  Anhange  der  Philosophia  ma- 
thematir-a  theologia  natnralis  solida,  welcher  deutsch  geschrieben  ist. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.   Von  Dr.  BABTHOLOMiBi.     19 

ein  solches  ist,  welches  sich  mit  ihr  beschäftigt,  beweisen  die  Mexicaner 
und  Peruaner,  welche  den  Europäern  unterliegen  mussten  ^)." 

Vor  Allem  hob  Weigel  das  Kechnen  hervor.  „Die  Kechnungsarten 
finden  sich  bei  der  Wirkung  und  im  Leben  von  selbst,  ohne  sorgsames  Be- 
sinnen. Denn  alle  Werke  Gottes  sind  nach  Mass,  Zahl  und  Gewicht  in 
schöner  Harmonie  geschaffen  und  ist  kein  Thun  ohne  Rechnen.  Wo  Eins 
zum  Andern  sich  gesellt,  da  wird  addirt;  wo  Eins  von  der  Gesellschaft  ab- 
kommt, da  wird  subtrahirt.  Wenn  Einerlei  zu  gleichen  Vielheiten  fort- 
wächst, da  wird  multiplicirt ;  wenn  solcher  Haufen  in  seine  Thcile  zer- 
schlagen wird,  da  wird  dividirt.  Wenn  Eins  zum  Andern  sich  so  anschicket, 
als  es  der  Zweck  erfordert  oder  die  Regel,  das  Muster,  das  Mass,  so  wird 
proportionirt."  Anwendung  des  Rechnens  findet  sogar  statt,  wo  man  sich 
nicht  ausdrücklich  darauf  besinnt.  „Wenn  Speise  zu  Speise  in  den  Magen 
eingeschlnckt,  und  ein  Stück  nach  dem  andern  aus  der  Schüssel  vom  An- 
gerichteten abgezogen  wird,  so  ist  dort  addirt,  hier  subtrahirt.  Wenn  Einer 
Schritt  für  Schritt  fortgehen  muss ,  um  zu  sehen ,  wie  lang  der  Weg  sei ,  so 
multiplicirt  und  dividirt  man.  Wenn  sich  Etwas  wendet,  so  wird  ein  Kreis- 
bogen addirt  und  subtrahirt.  Gott  wirkt  Alles,  was  er  in  der  Zeit  wirkt, 
nach  den  Rechnungsarten,  z.  B.  wenn  er  die  Zeit  giebt,  wobei  alle  Rech- 
nungsarten sind^).** 

Dies  Alles  lässt  sich  noch  hören,  aber  geradezu  in's  Abenteuerliche 
verfiel  Weigel,  indem  er  dem  Rechnen  einen  beinahe  allmächtigen,  sitt- 
lichen Einfluss  zuschrieb.  „Die  Rechnungsarten  führen  an  sich  die  Tugen- 
den gewissermassen  in  verjüngtem  Massstabe  bei  sich,  denn  es  giebt  kein 
Rechnen,  welches  nicht  tugendhaft  geübt  werden  müsstc;  die  Kunst- 
rechnung ist  lauter  Tugendübung.  Wer  z.  B.  dividirt,  ist  andächtig, 
und  da  er  den  Quotienten  selbst  nicht  weiss,  so  hebt  er  gleichsam  seine 
Augen  auf  und  bittet  damit,  dass  der  Herr  der  Wahrheit  ihn  zu  der  ge- 
suchten, aber  annoch  verborgenen  Wahrheit  leiten  wolle.  Er  erkennt  dabei 
die  Schwachheit  des  Gemüths  und  traut  dem  Scheine  nicht,  sondern  trägt 
ihn  obgedachtem  Herrn  der  Wahrheit  vor  und  bittet  damit  zu  entscheiden, 
ob  er  recht  gerathen,  denn  ihm  habe  der  Herr  der  Wahrheit  durch  gewisse 
von  ihm  aufzusuchende  Vorwahrheiten,  nämlich  durch  die  Jedermann  in's 
Herz  gedrückten  Primwahrheiten  oder  schon  vorher  berechneten  Grund- 
wahrheiten Bescheid  gegeben.  Stimmt  der  Schein  mit  den  Vorwahrheiten 
überein,  so  ist*s  getroffen,  und  vor  Freude  zum  Zeugniss  der  erlangten 
Weisheit  springt  das  Herz;  wo  nicht,  so  lässt  sich*s  der  Rechner  gar  nicht 
verdriessen,  sich  von  ganzem  Herzen  zu  bekehren,  anderweit  etwas  Näheres 


1)  Dio  Fried  und  Nutz  bringende  Kunstweisheit.   Jena  1773.  B.  3.  B.  4;  Ein 
Wasserschatz.   Jena  1671.    A.  2;    Vorstellung  der  Kunst-  und  Hand- Werke.    Jena 

1672.    S.  91. 

2)  Von  der  Wirkung  des  Gemüths,  so  man  das  Rechnen  hcisst.  8.  2—6. 

2* 


2f)    Erh.  WrigeL  Ein  Beitiag  zur  Geschichte  der  math.  Vi 


zu  erwählen  und  also  zu  probiren ,  bis  es  trifft.  Wir  lernen  beim  Bedinen 
mit  Wissen  and  Willen  keinen  Pmct.  gesehwage  denn  mehr,  Tergebens, 
Criel;  weniger  zam  Betmg  in  nnserem  Thnn  mit  einzoschieben ,  sondern 
gleich  nnd  recht,  nnd  nicht  za  viel  nnd  nicht  zn  wenig  zn  thnn,  genan  doch 
anch  recht  zn  handeln,  arbeitsam,  geduldig,  s|Musam  nnd  hanthahig  an  ver- 
fahren nnd  mit  nnserem  Xachbar  friedsam  und  verträglich,  anch  behfilffidi 
umzugehen,  welches  Alles  bei  Gel^enheit  des  Rechnens  nnd  Messens 
durch  aomuthige  Erinnerung  als  lebhaft  vorgestellt  nnd  den  Kindern  ange- 
wöhnet werden  kann.  —  Wenn  man  die  Tugend  üben  nnd  kein  I^aster  be- 
gehen will,  so  muss  man  rechnen  und  zwar  scharf  rechnen,  kurz  nicht  allttn 
die  Einnahme  und  Ausgabe,  nicht  allein  den  Inhalt,  sondern  anch  die 
Zielung,  Kehrung,  Wendung  bei  dem  Thun  und  Lassen,  man  mnss  nicht 
allein  die  Inbaltsrechnnng,  sondern  auch  die  Zielungsrechnnng  können; 
ja  man  muss  diese  Rechnung  nicht  nur  können,  sondern  man  mnss  sie  anch 
anwenden  und  zwar  gern  anwenden  und  darnach  thun.  Durch  das  Rech- 
nen lernen  die  Kinder  Mass  und  Weise  in  allem  Thun  und  also  anch  im 
Sittentbun  bescheiden  und  die  Tugend  üben." 

„Das  Rechnen  wird  nicht  vom  Gemüth  passiv  goübt ,  d.  h.  nicht  vom 
leidenden  Verstände,  sondern  als  freithätig  und  zwar  bezogen  auf  die 
Bilder  des  thätigen  Verstandes  oder  auf  die  Dinge. '^ 

„Durch  das  Rechnen  lernt  man  nicht  allein  erkennen,  dass  die  Gebote 
Gottes  ohne  Ausnahme  gelten ,  sondern  man  lernt  sich  auch  hüten ,  etwas 
Grosses  zu  begehen,  sehr  zu  sündigen.  Und  wenn  man  Etwas  begangen 
hat,  so  lernt  man  es  beim  Reebnen  bekennen  und  den  Vorsatz  der  Besse- 
rung fassen  ^)." 

„Durch  die  Species  werden  ausgeübt  und  angewöhnt 

1)  die  Liebe  zur  Weisheit,  phüomathia^  eine  Faser  von  der  Wurzel 
aller  gemeinen  Tugenden,  daraus  die  andern  alle  unausbleiblich  als  Zweige 
erwachsen.  Denn  man  entschliesst  sich  zum  scharfen  Rechnen  nicht  aus 
Muthwillen  ,  es  wird  auch  Niemand  eine  falsche  Zifier  in  die  Zifferzeil  mit 
Fleiss  verfügen  und  hincinpartiren,  da  sonst  Mancher  öfters  ein  zweideutig 
Wort  zum  Mittel  einer  Schlunsrcde  einschiebt,  seinen  Gegenpart  dadurch 
zu  fangen,  zu  betrügen,  sondern  er  entscbliesst  sich  za  dem  Zifferiechnen 
aus  lauter  Liebe  zur  Weisheit ,  man  will  gern  wissen  oder  sich  weisen  las- 
sen, was  für  ein  Facit  aus  gegebenen  Posten  komme,  zunächst  nur,  dass 
man  es  kenne,  den  Verstand  damit  erbaue,  dass  man  die  Gewissheit  einer 
sonst  verborgenen  Wahrheit  sehe  und  mit  rechter  Rechenschaft  ein  Stück 
der  Weisheit  gleichsam  bei   sich  selber  zeugen   und   Erkenntniss   dessen 


1)  Von  (lor  Wirkung  des  Gcmüths,  so  man  das  Rechnen  heisst  §  15;  Un- 
muHHgoblh  he  mathematische  Vorschläge,  betreffend  einige  Grundstücke  des  ge- 
meinen Wesens.  Jena  1682.  II.  §  C;  Extractio  rndicis  S.  3.  5.  11;  Kolle  der  Schul- 
laster 8.  15.  16. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  Bartholom^i.    21 


haben  möge,  es  mag  solche  Erkenntniss  angewendet  werden,  wo  man  sie 
will.  Da  denn  nie  erhöret  worden,  dass  ein  Zifferrechn er  jemals  einige  Be- 
rechnung angestellt  und  sich  vorgenommen,  einen  Andern  mit  dem  Facit 
zu  betrügen,  d.  h.  ein  falsches  Facit  zu  erfinden  und  herauszubringen.  Ja 
es  kann  nicht  sein,  denn  sonst  würde  sich  ein  Rechner  selbst  betrügen,  weil 
das  Facit  zunächst  auf  den  Rechner  geht,  dass  dieser  ohne  Falsch,  gewiss 
und  richtig  messe,  was  die  Posten  geben ,  da  sonsten  in  dem  Wörterrech- 
nen in  den  Schulen  ordentlicher  Weise  die  Declamanten  einer  dieses 
Thema  und  der  andere  sein  Gegentheil  aufs  Scheinbarste  zu  defendiren 
und  zu  behandeln  angewiesen  werden,  unter  welchen  doch  eins  falsch  sein 
muss,  dadurch  man  keineswegs  den  Willen  zu  dem  Guten  wie  bei  dem 
Zifferrechnen  präpariret. 

2)  Bedachtsamkeit,  considerantia.  Denn  wie  bedenkt  man  sich  beim 
Addiren,  Subtrahiren,  Mnltipliciren  und  besonders  beim  Dividiren,  dass 
man  auch  auf  das  erste  Mal  nicht  weit  abschreiten,  sondern,  wo  nicht  gänz- 
lich, so  doch  beinahe  treffen  möge.  Und  wenn  man  gleich  die  Kunst  des 
Dividirens  avoIiI  inno  hat,  und  den  Verstand  darin  schon  recht  erbaut,  so 
übereilt  man  sich  doch  nicht,  die  schon  erlangte  Weisheit  anzubringen, 
sondern  man  verfährt  bedachtsam,  sieht  sich  um  und  lernt  damit  auch  überall 
vorsichtig  handeln,  practicirt's  in  der  geringen  Gattung  des  Objects,  in 
Ziffern :  warum  sollte  man  dadurch  sich  nicht  gewöhnen ,  auch  in  wichtige- 
ren Sachen  die  Bedachtsamkeit  auszuüben,  wenn  man  nur  liebreich  und  in 
treuen  Worten  des  Oeftem  erinnert  wird. 

3)  Sittsamkeit,  modesiia,  indem  nur  gegen  das  Thier,  das  nicht 
lechnenkann,  eine  gewisd^  Ueberhebung  entsteht,  aber  nicht  gegen  die 
Mitschüler,  welche  ebenfalls  rechnen  können.  Zwar  rechnen  nicht  alle 
gleich  fertig,  aber  wenn  auch  der  Eine  etwas  besser  rechnet,  so  hält  doch 
Jeder  jeden  Andern  auch  für  einen  Rechner,  so  dass  also  durch  das  Rech- 
nen die  Gemüther  zu  rechtschaffener  Liebe  des  Nächsten  verbunden  und 
aus  Feinden  leichtlich  Freunde  werden.  Das  Rechnen  hält  den  Dünkel, 
dass  man  Viel  wisse,  fern,  denn  es  zeigt,  wie  viel  Realien  gelernt  werden 
müssen  und  wenige  davon  begriffen  werden  können. 

4)  Gleichmüthigkeit ,  aequanimilas.  Denn  obgleich  das  Addiren,  Sub- 
trahiren, Mnltipliciren  gleich  ein  geringes  Werk  ist,  dass  man  sich  schämen 
sollte  da  zu  fehlen  und  den  Fehler  zu  bekennen,  so  erkennt  man  doch  die 
menschliche  Schwachheit  auch  bei  dem  geringsten  Thun  und  schämt  sich 
nicht  zu  bekennen,  denn  man  fehlt  nicht  gern  und  geschieht  der  Fehler 
nicht  aus  Vorsatz*). 


1)  Die  vollständige  Darstellung  der  einzelnen  Tugenden,  mit  welchen  das 
Rechnen  „verübet"  wird,  findet  sich  in  Aristologistica  8.  185  ff.  Wir  citiren  da- 
her nur  die  Stellen,  in  welchen  Weigel  dasselbe  oder  Aehnliches  vorbringt;  Rolle 
der  ßchullaster  S.  11.  18.  35. 


22    Erb.  Welgel.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissenscbaften 

5)  Sanftmath,  mansuetudo^  Vergnügung,  autarkia^  Geduld»  paHenÜa^ 
Herzhaftigkeit ,  forliiudo.  Die  beiden  ersten  haben  schon  Grund  in  gewis- 
sen Kechnungsarten,  z.  B.  bei  der  Bruchrechnung  undAlgebra,  womit  auch 
die  Tapferkeit  herrlich  abgebildet  wird ,  wenn  die  Gleichungen  endlich  bis 
auf  Null  getrieben,  ihre  beste  Lösung  daselbst  haben  ^).  Besonders  aber 
die  Geduld.  Denn  bei  den  Ziffern  Jernt  man  sitzen ,  wenn  es  auch  ein 
müssiger  Vagant  sonst  wäre.  Wie  nun  langes  Sitzen  frischen  Leuten,  zu- 
malen  Kindern  eine  Qual,  ein  Schmerz  ist,  das  Zifferrechnen  diesen  aber 
eine  sonderliche  Lust  und  Freude  macht,  wenn  sie  ein  Facit  treffen  und 
errathen  lernen,  da  sie  so  gern  Rathens  spielen  (z.  B.  Spitzlein  oder  Knöpf- 
lein, Gerade  und  Ungerade) ,  so  sind  sie  denn  zufrieden ,  ob  sie  gleich  be- 
schwerlich sitzen,  sie  gewöhnen  sich ,  ein  leiblich  Uebel  dem  Gemüthe  zum 
Besten  auszustehen  und  lernen  eine  Unannehmlichkeit  nicht  wie  die 
Uebrigen  als  ein  Unglück  zu  nehmen,  sondern  als  ein  freudiges  Thnn,  als 
eine  Lust  und  als  ein  Spiel.  Die  Lust  beim  Rechnen ,  Zeichnen  und  Aus- 
messen  bringt  sie  zur  Geduld  mit  Freuden,  so  dass  sie  viele  Stunden  nach 
einander  arbeiten. 

Die  Tapferkeit  wird  angeeignet  durch  die  Wurzelausziehung.  Denn 
hier  soll  man  dividiren  und  hat  doch  keinen  Divisor,  man  muss  sich  also 
in  das  Nichts  hinein  wagen,  um  einen  Divisor  zu  ünden,  der  die  Wurzel 
ist,  daraus  der  Leib  als  das  Product  entstanden.  Nämlich  du  bist  Erde  und 
von  der  Erde  und  also  musst  du  wieder  zur  Erde  werden.  Wenn  es  nun 
sein  muss ,  so  wag  man's  frisch ,  dass  man  das  Product  aus  solcher  Wurzel 
wieder  erbaue  und  zur  Freud  einführen  lassen  könne,  da  das  Product  viel 
klärer  aus  der  Wurzel  producirt  wird,  als  es  vor  der  Extraction  gegeben 
worden.  Man  bedenke  nur,  woher  der  Leib  entstanden  sei,  so  wird  man 
dessen  l^od  sich  nicht  befremden  lassen.  Lobt  doch  unsere  Seele  allezeit 
und  wird  nicht  mit  dem  Leibe  zerstört,  sondern  sie  steigt  nur  vom  Pferde, 
das  unter  ihr  erschossen  oder  umgefallen  ist,  und  dient  dem  grossen  Herrn 
der  Heerschaaren  nunmehr  als  Engel  ohne  Leiblichkeit  gleichsam  zu 
Fuss  etc. 

6)  Die  Sprechtugenden:  Gesprächigkeit,  affabililas^  Scherzhöflichkeit, 
urbanitaSy  Verschwiegenheit,  tacilurnilaSy  Wahrhaftigkeit,  veracitas.  Wie 
man  durch  die  Sprechkunst  lieblich  reden,  durch  das  liebliche  Heden  (weil 
maii  sich  sodann  selbst  gern  hört)  schwatzen,  durch  das  Schwatzen  plau- 
dern, plappern,  tröschen,  Schnappern,  natteru,  keifen,  beissen  lernt,  und 
sich^s  leicht  angewöhnt,  so  lernt  mau  durch  das  Kechnen  schweigen, 
denn  man  ist  gern  stille,  wenn  man  rechnet,  sonst  verdirbt  man^s,  wie  man 
denn  auch  einem  Stummen  alle  Zifferrechnung  lehren  kann. 

Besonders  ist  die  Wahrheit  dem  Zifferrechnen  eigen,  denn  da  muss 
Alles  wahr  sein,  was  man  über  vorgegebene  Posten  spricht.    Man  gewöhnt 


1)  Von  dar  Wirkung  de»  Gemüths,  go  man  das  Rechnen  heisst  §  19.  8.  22. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.   Von  Dr.  Babtholomjsi.     23 

sich  za  der  Wahrheit  durch  die  Zifferrechnung  so  sehr,  dass  man  auch  her- 
nach nicht  leichtlich  lügen  kann.  Ein  Kechner  als  solcher  kann  mit  Willen 
auf  kein  falsches  Resultat  hinarbeiten,  selbst  wenn  es  auf  das  Böse  gerichtet 
wäre.  Das  Kechnen  geht  eben  auf  den  Rechner,  das  Sprechen  aber  auf 
den  Hörer,  daher  kann  es  leicht  geschehen,  dass  mit  Fleiss  unwahr  gespro- 
chen wird.  Der  Sprecher  spricht  nur,  was  er  zuvor  gedacht,  spricht  also 
nichts,  als  was  er  will,  ein  Rechner  aber  findet,  was  er  vorher  noch  nicht 
gewusst  und  ist  streng  an  das  Resultat  gebunden'). 

7)  Sparsamkeit,  parsimonia.  Sparsam  ist  der,  welcher  das  Seine  zu 
Rathe  hält.  Nun  hat  aber  ein  Zifferrechner  zunächst  nichts  als  Ziffern. 
Diese  hält  man  beim  Zifferrechnen  so  zu  Rathe,  dass  man  vergebens  keine 
in  die  Zeile  zu  schreibcD,  keine  auszugeben  oder  auszulassen  sich  gewöhnt. 
Und  weil  die  Sparsamkeit  durch  gute  Ordnung  dessen,  was  man  hat,  be- 
fördert wird,  dergleichen  bei  dem  Zifferrechnen  ist,  womit  verursacht  wird, 
dass  mit  gar  wenig  Ziffern  eine  grosse  Vielheit  hergestellt  werden  kann. 

8)  Emsigkeit,  sedulitas.  Der  Fleiss  ergiebt  sich  von  selbst  bei  dem 
Zifferrechnen.  Denn  da  sitzt  man  oft  viel  Stunden  nach  einander,  etwas 
auszurechnen* und  lässt  nicht  nach  bis  man^s  gefunden.  Und  dabei  gewöhnt 
man  sich  zum  Fleiss  auch  anderweit. 

9)  Massigkeit  und  Nüchternheit,  frugalitas  und  sobrielas.  Denn  wenn 
man  beim  Addiren  nicht  mehr  darf  in  die  Summe  bringen,  als  man  durch 
Subtraction  der  Posten  von  der  Summe,  dass  nichts  übrigbleibt,  wieder 
nehmen  kann,  so  soll  man  nicht  mehr  in  den  Magen  füllen  oder  zu  sich 
nehmen,  als  die  Zehrkraft  cousumiren  kann,  wenn  sie  von  einem  Mal  zum 
andern  subtrahirt  oder  abzieht. 

10)  Keuschheit,  caslitas.  Wenn  den  Kindern  das  Fressen,  Saufen, 
Naschen,  Schlucken  verleidet,  und  sie  von  der  Leibeslust  ab  und  zur  See- 
lenfreude angewöhnt  worden  bis  die  Jahre  der  Geilheit  ihres  angeborenen 
Thieres  kommen,  ist*s  nur  halbe  MühC;  dieselben  auch  in  diesem  Stücke 
zur  Tugend  durch  die  Rechnung  zu  gewöhnen.  Denn  sie  wissen,  dass  man 
nicht  eher  darf  multipliciren,  bis  man  das  Addiren  und  Subtrahiren  gelernt 
hat,  d.  h.  dass  man  in  seinem  Stande  so  viel  addirt  (erworben)  hat,  als 
beim  Haushalten  täglich  muss  subtrahirt  werden,  so  dass  auch  nach  unserem 
Tode  zum  Dividiren  für  unsere  Erben  noch  etwas  übrig  bleibe. 

•  11)  Die  Geberdentugenden:  Stellhöflichkeit,  civHitas^  Gleichberdig- 
keit,  c<mitas%  Anständigkeit (/ßce/t^ta^,  Schamhaftigkeit,  verecundia.  Denn 
wie  die  Ziffern  alle  nett,  gleichsam  geputzt  geschrieben  als  in  schöner  Ord- 
nung, als  in  Gliedern  und  Reihen  neben  und  hinter  einander  vorgestellt 


1)  Von  der  Wirkung  des  Gemüths,  so  man  das  Rechnen  heisst  S.  13. 

2)  „Dass  man  sich  eines  Hauses  oder  Landes  oder  freundes  sonst  unschul- 
diger Weise  gefallen  lässt,  so  lange  man  da  ist,  dass  man  ihm  zu  Ehren  auf 
solclie  Weise  mitmacht.*' 

3)  „Bei  Grossen  heisst  die  Tugend  Ernsthaftigkeit,  gravitas,^^ 


24     Erh.  Weigel.   Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissenschaften 

werden  müssen,  so  kann  man  die  Kinder  leichtlich  damit  hedeoten,  daas 
sich  auch  die  Menschen  gegen  einander  so  bezeigen  müssen,  dass  sie  nicht 
wie  Hände  nnd  Katzen,  Schweine  und  dergleichen  durch  einander  unge- 
herdig  laufen,  sondern  rittermässig,  wie  die  Kitter  und  Soldaten,  Ordnung 
halten  müssen. 

12)  Die  Affectentugenden.  Denn  Jeder,  der  mit  rechnet,  muss  Jeden 
für  einen  Menschen  halten  und  die  Leutselighcit  htimanitas  ühen,  weil  ein 
Mensch  ist  animatum  rationale ,  ein  mit  Rechenschaft  begabter  Lebling. 
Dazu  kommt  benevolentia,  die  Wohlwolügkeit.  Denn  man  sieht  es  trefflich 
gern,  wenn  mehr  als  einer  rechnet,  weil  man  keiner  andern  Probe  bedarf, 
als  die  sich  bei  so  Vielen  selber  giebt.  Denn  wenn  Viele  mit  einander  rech- 
nen, jeder  heimlich,  jeder  für  sich,  bringen  aber  Alle  oder  doch  die  Mei- 
sten nnd  Besten  eben  ein  Product,  so  ist's  nahe  bei  der  Wahrheit  und  Ge- 
wissheit. Wer  nun  einem  einen  Vortheil  thut,  den  hat  man  lieb  und  will 
ibm  wohl,  also  muss  die  Benevolenz  durch  das  Rechnen  angewöhnt  werden. 
Welches  aber  auch  von  der  Eintracht  zu  gedenken ,  dass  oft  sonst  wider- 
wärtige Köpfe,  die  einander  Feind  gewesen,  wenn  sie  in  Collegiis  die 
Zifferrechnung  mit  einander  ausgcübet,  daher  Gelegenheit  bekommen,  von 
freien  Stücken  wieder  Freund  zu  werden.  Denn  man  kann's  nicht  lassen 
bei  dem  Zifferrechnen,  der  Eine  muss  den  Andern  an-  und  nachfragen,  ob 
er  einerlei  Product  mit  ihm.  Da  zieht  denn  bald  die  Einigkeit  der  Rech- 
nung die  Gemütbseinigkeit  nach  sich.  Die  Rathgebigkeit  und  Folgeleistung, 
obsequentia^  kann  nicht  besser  als  durchs  Rechnen  angewöhnt  werden. 
Denn  wie  alle  Rathserfindung  ohnedies  nichts  ist,  als  eine  Rechnung,  so 
lässt  sich  Einer  bei  der  Zifferrechnung  von  dem  Andern  gern  rathen, 
schämt  sich  nicht  zu  folgen.  Denn  die  Probe  gicbt's,  dass  der  Rath  gut 
und  die  Folge  richtig  sei. 

13)  Die  Werktugendeu  bekommen  ihr  Mass  und  ihre  Weisung  durch 
das  Rechnen  *).  Die  Gerechtigkeit  hat  ihren  Sitz  in  der  Rechenkunst.  Die 
Gutthätigkoit,  beneftciettiia,  wird  beim  Subtrahircn  klar  gemacht,  da  man  oft 
borgen  muss,  und  ist  der  Nachbar,  ob  er  gleich  viel  höher  ist,  dennoch  alle- 
zeit parat,  auch  ohne  Zins  etwas  herzuleihen.  Durch  das  Proportiouiren 
wird  eingeflösst  und  angewöhnt  die  Liebe  zum  gemeinen  Wesen  und  der 
gerechte  Wandel  in  demselben,  denn  beide  beruhen  auf  Harmonie  und 
Proportion." 

„Daher  muss  ein  Rechenkind  ganz  unvermerkt  und  lieblich,  gleichsam 
im  Schlafe  zur  Fertigkeit  der  Tugend  in  kleinem  Massstabe  gelangen. 
Dieser  kleine  Massstab  wird  bei  zunehmendem  Alter  von  selbst  immer 
grösser  und  zuletzt  vollkommen,  wenn  nur  der  Rechenlehrer  nicht  vergisst, 
den  Kindern  die  Tugendübung,  welche  unvermerkt  im  Rechnen  liegt,  zu 
entdecken  und  dieselbe  auch  sonst  auf  die  in  der  Schule  vorfallenden  Thä- 


l)  Von  der  Wirkung  des  Geraüths,  so  man  das  Rechnen  heisst  S.  23.  24. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.   Von  Dr.  BARTHOLOMiEi.     25 

tigkeiten  und  Verrichtungen,  auf  das  Lehen  der  Schule  wie  in  einem  Staate 
anzuwenden.  Denn  wenn  man  diesen  Nutzen  des  Rechnens  verschweigt, 
und  das,  was  dem  kleinen  Massstabe  nach  bekannt  ist,  nicht  immer  auf 
Grösseres  anwendet,  so  kommt^s,  dass  ein  erwachsener  Rechenknabe,  ja 
mancher  Rechenmeister  ausser  seinem  Rechnen  sich  ganz  unrechenmässig 
und  untugendhaft  bezeigt/' 

Nimmt  man  zu  diesem  practischen  und  pädagogischen  Nutzen  der 
Mathematik  noch  hinzu,  dass  Weigel  in  ihr  die  deutlichsten  und  richtigsten 
Principien  und  in  ihrer  Vernachlässigung  eine  „Schwächung  wo  nicht  gar 
Zerreissung  des  gesammten  Wissenschaftsbaues''  erblickte,  so  ist  es  erklär- 
lich, dass  er  fort  und  fort  für  die  Verbreitung  mathematischer  Kenntnisse 
thätig  war.  Erforderte,  dass  Mathematik  in  allen  Schulen,  auch  in  den 
niedrigsten,  getrieben  würde  und  zwar  nicht  jejune^  sondern  usualiter  zum 
Nutzen  des  gemeinen  Wesens,  dass  das  alte  ^^urfiBig  ayiafAbQriiog  eiaixol^' 
beachtet  und  dass  „nicht  leichtlich  ein  Universitätsprofessor  angestellt 
würde,  der  nicht  die  so  friedsame  mathesin  Euclideam  gutes  Thcils  begriffen 
habe" ').  Die  Vernachlässigung  der  vier  freien  Künste  und  besonders  die 
der  Arithmetik  und  Geometrie  hielt  er  für  eine  Hauptursache  des  Verfalls 
der  deutschen  Schulen  und  der  deutschen  Wissenschaft.  Die  Schulen  ver- 
fielen, „als  die  vier  freien  Künste,  die  Arithmetik  oder  Rechenkunst,  die 
Geometrie  oder  Ziel-  und  Wendekunst,  die  Astronomie  oder  Weltkunst, 
die  Musik  oder  Haimoniekunst  aus  den  Kinder-  und  Knabenschulen  ver- 
trieben wurden,  bis  auf  die  Vocalmusik  und  bis  hie  und  da  aufs  Rechnen, 
welches  auf  einer  sonderlichen  und  verächtlichen  Bank  noch  für  die  ge- 
duldet wurde ,  welche  nicht  studiren  sollten ,  und  nicht  einmal  die  rechte 
Rechenkunst  und  Weisheit  war."  Er  hielt  es  ftir  die  Pflicht  seiner  Profes- 
sion, fUr  die  Einführung  der  Mathematik  in  die  Schulen  und  für  ihre  För- 
derung zu  wirken,  und  errichtete  seine  Jugend-  und  Tugendschule,  um  in 
ihr  den  grossen  pädagogischen  Nutzen  der  Mathematik  zur  Anschauung  zu 
bringen^).  Der  Widerstand,  welchen  er  bei  seinen  CoUegen  und  den  Re- 
gierungen  fand,  war  wohl  die  Hauptursache,  weshalb  seine  Bemühungen  im 
Ganzen  ohne  erheblichen  Erfolg  blieben. 

III.    Astronomie. 

Wenn  man  von  der  Geoscopia  Scleniturum  absieht,  so  begann  Weigel 
seine  schriftstellerische  Thätigkeit  in  der  Astronomie  im  Jahre  1G61  mit 

1)  Acta  des  Matbematici  Weigels  etc.;  Vorstellung  der  Knnst-  und  Uand- 
Werke  S.  110. 

2)  Idea  totius  encyclopaodiuc  math.  phil.  Jenne  1671.  S.  288;  Fortsetzung 
des  Ilimmolszeigers  S.  40.  41;  Unmassgebliche  matliematischo  Vorschläge,  betref- 
fend einige  Grundstücke  des  gemeinen  Wesens.  Jena  1682.  II,  §  3  —  §  5.  Zugabe; 
Von  der  Wirkung  des  Gemüths,  so  man  das  Kechneu  hcisst;  Acta  des  Matbema- 
tici Weigels  etc. 


2^)     Erb.  Wei^rei.   Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wis«ens^aftai 


dem  liiiomeUftpiegeL    Die  Armseligkeit  seiner  Mathematik  gcstmttcle  ihm 

nickt,  bieh  zu  den  h#/heren  Problemen  der  Wbsencchaft  n  erlieben,  nnd 

wo  Mitne  Mathematik  aosreichte,  versperrte  er  sich  den  Weg  aur  richtigen 

ErkenDtniss  dnrch  seine  Theologie.    Die  Welt  war  ihm  Tonngsweiae  „ön 

^k;haop]atz  der  Werke  Gottes  and  ein  herrlicher  Palast»  in  desaen  Mittel- 

pancte  Gott  der  Allinächtige   dem  Menschen  eine  Stelle  eingerSmnt  hat, 

von  der  ans  er  dieses  ans  Nichts  erschaffene  künstliche  Werk  rings  nmher 

beschauen  und  seinen  Schöpfer  dadurch  erkennen,   furchten   and   lieben 

lernen  möge.    Der  Himmel  ist  des  Geistes  wegen  da  und  steht  um  die  Erde 

als  ein  fest  geschlossenes  Gewölbe  mit  unzählig  vielen  Sternen  nnd  güldenen 

Buckeln  gezfert').    Der  Himmel  giebt's  augenscheinlich  nnd  sonnenklar  zn 

verstehen ,  was  wir  auf  deutsch  gereimt  zu  sagen  pflegen 

Alles,  was  wir  haben. 
Das  siofl  Gottes  Gaben. 

Zwar  nicht  mit  Worten  giebt*8  der  Himmel  zu  verstehen ,  er  lässt  uns  auch 
selten  seine  Donner  in  die  Ohren  gellen,  aber  er  macht  Mienen,  als  wollte 
er  mit  uns  reden,  als  ob  die  Stemlicbter  eitel  feurige  Zungen  wXren.  Denn 
die  Sterne  ziehen  schön  geputzt  in  ihrer  Ordnung  auf  und  winken  alle  mit 
subtilem  Blinkem.  Die  Sonne  scheint  so  helle  nnd  sticht  uns  so  heiss  auf 
die  Haut,  dass  auch  die  Blinden  aufmerken  müssen.  Der  Mond  verstellet 
gar  oratorisch  sein  Gesicht  und  wendet  es  bald  da  bald  dorthin ,  dass  ein 
Jeder  wohl  daran  vermerken,  sehen,  fühlen  und  empfinden  mag,  er  habe 
uns  etwas  Wunderbares  und  höchst  Wichtiges  mitzutheilen  und  vertraulich 
zuzubringen.  Der  Himmel  macht  ein  Uecrgescbrei  und  mft  mit  vollem 
Halse  so  vieler  Tausend  Gottes-Söldner,  grosser  und  kleiner  Sterne ,  nicht 
allein  die  AtlK^isten  zu  gewinnen,  sondern  auch  die  Träumenden  nnd  Un- 
achlHamen  zur  Heissigcn  Besinnung  aufzumuntern.  Mich  däacht,  ich  höre, 
was  der  Himmel  ruft,  indem  er  oft  concertenweis,  oft  im  gesammten  Chor, 
oft  auch  einstimmig,  wie  jetzt  durch  des  ungemeinen  Sterns,  des  Kometen 
grausame Ba8ti8timme  intonirt  und  spricht:  Bedenke  doch,  oMenscfa^  dass  da 
das  morgende  Lesben  noch  nicht  habest**^).  Dieser  theologische  Anstrich 
paHHto  vielleicht  auf  die  Kanzel,  aber  nicht  in  ein  Lehrbuch  der  Astrono- 
mie, öondeni  musste  hier  alle  höhere  Auffassung  im  Werden  ersticken. 
Schon  die  allgemeine  Welt  auf fassung  war  mindestens  eine  leichtsinnige, 
denn  er  hielt  das  Universum  für  eine  Kugel,  weil  es  von  Innen  als  solche 
erscheine,  wenigstens  erblickte  er  hierin  einen  Wahrscheinlichkeitsbeweis. 
Eben  ho  sonderbar,  um  nicht  zu  sagen  leichtsinnig,  beantwortete  er  die 
Krage  von  der  Bewohnbarkeit  der  Sterne  in  Bezug  auf  den  Mond  dahin, 
es  Widersprüche  zwar  nicht  der  göttlichen  Allmacht  und  der  Vernunft,  dass 


1)  Fortsutzuii^  des  Ilimmelsspicpels.  Jena  1665.  S.  1.2;  Himmelszeiger.  Jena 
KWl.  S.  ;J. 

*J)  Furtflotzuiig  des  llimmelszei^crs  S.  21). 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  Bartholom^i.     27 

der  Mond,  wenn  auch  nicht  Menschen,  so  doch  Bewohner  hätte,  welche  die 
Werke  Gottes  betrachteten  und  bewunderten ,  aber  es  wäre  der  heiligen 
Schrift  zuwider,  nach  welcher  das  Menschengeschlecht  von  Adam  ab- 
stammte, die  Erde  und  nicht  den  Mond  bewohnte,  und  die  Sterne  zum 
Dienste  des  Menschen  bestimmt. wären.  Sein  Schluss  war  daher,  ea  sei 
überflüssig,  mit  der  Laterne  des  Diogenes  Menschen  anderwärts  als  auf  der 
Erde  zu  suchen^).  Noch  mehr  werden  wir  den  verderblichen  Einfluss  der 
Theologie  im  Einzelnen  wiederfinden. 

1.    Sternbilder  und  Namen. 

Die  Namen  der  Sternbilder  waren  Weigel  wegen  ihres  heidnischen 
Ursprungs  ein  Greuel.  Für  die  aus  der  heiligen  Geschichte  von  Schiller^) 
vorgeschlagenen  Namen  konnte  er  sich  jedoch  nicht  entscheiden.  Dagegen 
stimmte  er  Schickard ^)  bei,  welcher  die  alten  Sternbilder  mit  biblischen 
Personen,  Gegenständen  und  Verhältnissen  in  Beziehung  brachte  (Him- 
melsspiegel). 

„Statt  der  alten  mehrentheils  abscheulichen  undiabulosen  Bilder,  womit 
die  Poeten  den  sonst  reinen  Himmel  beschmitzt,  und  der  abgeschmackten,  so 
gar  garstigen  Possen,  wollte  Weigel,  dass  Gottes  und  der  klugen  Menschen 
Werke ,  Ordnungen  und  Thaten  am  Himmel  betrachtet  würden.*'  Da  nun 
der  Himmel  zu  dem  Erstem  ohne  unser  Zuthun  anreizt,  so  blieb  ihm  nur 
übrig,  die  menschlichen  Angelegenheiten  an  den  Himmel  zu  bringen.  Er 
wählte  die  Wappen  der  Potentaten.  Diese  jeder  höheren  Idee  bare  Wahl 
lässt  sich  nur  daraus  erklären,  dass  er  eben  so  wie  seine  Zeitgenossen  in 
dem  von  Luther  erfundenen  oder  wenigstens  auf  die  Spitze  getriebeneü 
Dogma  vom  Unterthanenverstande  befangen  war.  Denn  er  besass  eine 
ziemliche  Portion  Devotion  gegen  die  Grossen  dieser  Welt,  und  nahm  so- 
gar an  den  Planeten  „ein  Exempel,  wie  die  Unterthanen  und  Diener  ihre 
Oberherren  respectiren  und  ehren  sollten"*). 

Aehnlich  wie  die  Sternbilder  ihn  nach  Schickard^s  Anleitung  an  die 
heilige  Geschichte  erinnerten,  so  nach  Riccioli  die  Planeten  an  die  7  Engel 
der  Ofifenbarung. 

2.    Das  Sonnensystem. 

Weigel  erkannte  ganz  wohl,  dass  die  grossen  Geschwindigkeiten  der 
Himmelskörper  bei  ihrer  täglichen  Bewegung  höchst  auffällig  wären ,  sah 
ein,  dass  die  etwaigen  Mondbewohner  nichts  von  der  Axendrehung  ihres 
Wohnplataes  spüren ,  sondern  die  Bewegung  der  Sonne  zuschreiben  wür- 


1)  Geoscopia  Selenitarum. 

t>)  Coelum  stellatum  Christianum  Aug.  Vind.  1627. 

3)  Astroscopium  Ulm.  1659. 

4)  Speculum  nranicum;  Der  europäische  WappeQUinime\, 


28     Erh.  Wcigel.   Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissenschaflteii 

den,  ja  er  suchte  sogar  a  priori  zu  beweisen ,  dass  sich  die  Erde  bewegte 
und  machte  auf  das  keplerscho  System  als  das  aufmerksam,  durch  welches 
die  Schwierigkeiten  des  ptolemäischen  beseitigt  würden,  aber  dennoch  hielt 
er  in  Anbetracht  der  Bibellehre  dafür,  „dass  man  hierin  als  in  natürlichen 
und  für  die  Seligkeit  gleichgültigen  Dingen  keinen  gewissen  Schluss 
machte*',  verwies  auf  das  eigne  Nachdenken ')  und  folgte  seinerseits  dem 
Ptolemäus. 

Diese  Widersprüche,  welche  Weigels  Astronomie  drückten,  scheinen 
ihm  selber  nicht  den  mindesten  Kummer  verursacht  zu  haben.  Dass  er 
sich  nicht  zu  Kepler  erheben  konnte,  mochte  zum  Thcil  in  der  Ortho- 
doxie Jena's  begründet  sein;  aber  sicher  nur  zum  kleinsten  Theil,  denn  er 
scheute  in  andern  Dingen  den  Widerspruch  seiner  orthodoxen  Collegen 
durchaus  nicht  und  musste  sogar  erleben,  dass  ihn  die  Philosophen  nicht 
in  ihrem  ^^collcgio  dulden*'  wollten.  Wahrscheinlich  blieb  er  an  Ptolemaos 
kleben,  weil  er  eine  der  Bibellehre  zuwiderlaufende  Lehre  selbst  fiir  schäd- 
lich oder  gar  fUr  falsch  hielt,  denn  er  war  sowohl  bibelfest  als  hibelglänbig. 

Die  Sonne  hielt  Weigel  für  eine  glühende  und  geschmolzene  Masse. 
Er  schloss  dies  aus  ihrem  Glänze  und  ihrer  Ilitze  und  aus  den  Verän- 
derungen ihrer  Oberfläche,  welche  nichts  Anderes  als  Aufwallungen  sein 
könnten*). 

Die  Erde  hat  die  Gestalt  einer  Kugel.  Den  Beweis  dieses  Satzes  fand 
Weigel  in  dem  allmäligen  Sichtbarwerden  oder  Verschwinden  der  Gegen- 
stände, wenn  man  sich  ihnen  nähert  oder  von  ihnen  entfernt,  und  in  der 
Form  des  Erdschattens  bei  den  Mondfinsternissen.  Doch  machte  er  sich 
augenscheinlich  von  dieser  Kugelgestalt  eine  falsche  Vorstellung,  denn 
nicht  nur  sprach  er  von  einem  declivischcn  und  einem  acclivischen  Hori- 
zonte, sondern  bewies  auch  alles  Ernstes,  dass  das  Wasser  Berge,  aber 
keine  Tiefen  bilde  ^). 

Zu  Keplers  Ansicht,  dass  Ebbe  und  Fluth  durch  den  Mond  bewirkt 
würde,  bemerkte  er:  „Man  muss  sehr  krumm  herumdenken,  wenn  man 
innerhalb  24  Stunden,  während  welcher  Zeit  sich  der  Mond  nur  ein  Mal 
um  die  Erde  bewegt,  zwei  Mal  Ebbe  und  Fluth  bekommen  soll**  und  stellte 
dagegen  die  folgende  Theorie  auf:  1)  Die  Sonne  kommt  in  24  Stunden 
ein  Mal  um  die  Erde  herum  und  erwärmt  in  den  Tropengegenden  die  Luft 
und  das  Wasser.  2)  Durch  die  Wärme  steigt  das  getroffene  Stück  der  Luft 
viel  höher  als  die  ringsherum  liegende  Luftmasse,  in  geringerem  Grade 
auch  das  Wasser.  3)  Die  nach  und  nach  so  aufgerührte  Luft  giebt  einen 
beständigeif  Ostwind.   4)  Der  Gang  der  fortrollenden  Luft  treibt  das  Was- 


1)  Spcculuin   urauicum;   Geoscopia   Sclenitaruni;    Pendulum   ex   Tetracty   de- 
(luctuin.  Jcnae  1674;   Cosmolojria.   Jenac  U58o.    D.  4. 

2)  Fortsetzung:  de»  llimmelsspicjrüls  Ö.  10- 

3)  Cosmologia  A;  Fortsetzung  dvis  Uimmelhsvieirels  S.  87.  Ül.  92.  96. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  BABTHOLOMiEi.    29 


ser  unter  ihr  aus  der  Stelle.  Dieses  kehrt,  wenn  der  Druck  aufhört,  wieder 
zurück,  das  Meer  schwingt  also  6  Stunden  hin  und  6  Stunden  zurück ,  wo- 
bei sich  bei  der  Wendung  etwa  eine  Viertelstunde  einschleicht.  5)  Das 
einmal  in  Schwingung  gerathene  Wasser  setzt  nun  die  Schwingungen  von 
selber  fort,  ebenfalls  6  Stunden  hin  und  6  Stunden  zurück  und  mit  einer 
Viertelstunde  Wendung.  Die  vier  Schwingungen  machen  also  mit  der  dop- 
pelten Wendung  25  Stunden.  6)  „Ehe  der  letzte  Schwank  aus  und  absol- 
virt  ist,  da  kommt  ihm  nach  24  Stunden  die  Sonne  entgegen  und  drückt 
noch  einmal  westwärts,  der  letzte  Schwank  aber  widerstehet  etwas,  hemmt 
des  Monats  Unterscheids  8.  Theil  und  geht  die  Fluth  nach  25  Stunden 
so  viel  schwächer  wieder  westwärts  ein".  7)  „Des  monatlichen  Unter- 
scheids 8  Achtel  werden  in  8  Tagen  aufgehoben  und  so  lange  bringt  auch 
der  Mond  von  einem  Schein  zum  andern  zu,  da  zeigt  der  Schein  des  Mondes 
die  schwächste  Ebbe  und  Fluth."  8)  „Die  westwärts  drückende  Sonne 
trifft  hierauf  bei  ihrer  Wiederkunft  den  Schwank  des  Meeres  auch  gegen 
Westen  aber  immer  schon  geneigter  und  geneigter  an ,  dass  in  8  Tagen 
8  Achtel  des  Unterscheids  im  Schwange  wieder  wachsen.  Da  zeigt  der 
Gegenschein  des  Mondes  die  stärkste  Ebbe  und  Fluth  etc.",  womit  die  mo- 
natliche Periode  erklärt  sein  soll.  9)  „Dazu  kommt  der  jährliche  Unter- 
scheid zu  Hülfe,  indem  die  Sonne  in  der  Zona  iorrida  stärker  als  daneben 
drückt,  dass  im  Frübling  und  Uerbst  grösserer  Unterschied  zu  spüren  ist, 
als  im  Sommer  und  Winter."  10)  „Wie  sich  nun  der  Schwank  zu  dem 
Ufer  wohl  oder  übel  schicket ,  so  spürt  man  daselbst  unterschiedene  Ebbe 
und  Fluth  0." 

3.    Der  Kalender. 

Am  Eingehendsten  beschäftigte  sich  Weigel  mit  der  Zeit  und  dem  Ka- 
lender und  erwarb  sich  durch  seine  auf  die  Verbesserang  des  letzteren  ge- 
richteten Bestrebungen  nicht  geringes  Verdienst.  Am  12,  Nov.  1663  gab 
ibm  die  Regierung  den  Auftrag,  die  „Conformationis-  oder  Mittel-Calender 
Jacobi  Elrodii"  zu  begutachten.  Nachdem  er  „denselben  mit  allem  Fleisse 
durchgelesen  und  nach  den  chronologischen  principns  überleget,  befand  er: 
1)  das  Werk  ist  „der  Form  nach  ziemlich  obscur  und  das  Fundament  mei- 
stens versteckt",  2)  es  steht  dem  gregorianischen  Kalender  nach.  Um 
seine  Ansicht  zu  begründen ,  arbeitete  er  den  Zeitspiogel  aus  und  schickte 
am  9.  März  1664  einen  Auszug  aus  demselben  an  den  Herzog,  „bis  der 
vollständigef  Tractat  auf  E.  fürstl.  Durchlaucht  gnädigsten  Consens  vermit- 
telst eines  Verlegers  zum  Druck  befördert  werden  möchte"^).  Er  selbst 
entschied  sich  für  den  gregorianischen  Kalender  mit  der  Modification ,  dass 


1)  Ilimmolszcigcr  8.  30  ff. 

2)  Actn  des  MaUicmatici  Wcigels  etc. 


30    £rh.  Weigel.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  WiABenscluiftcm 


f  ^  ^  *•  ^  »■ 


der  Vollmond  nach  dem  Frtihlingsäquinoctinm  und  dieses  selbst  astxono- 
misch  festgestellt  würden  ^). 

Der  Himmel  ist  ein  Richtnngs-  nud  Zeitinstroment.  In  beiderlei  Hin 
sieht  sehr  nützlich  und  notbwendig  ^) ;  besonders  aber  als  Zeitinstmment. 
„Denn  Zeit  wird  nicht  mit  der  Einheit  der  Maligkeit  gemessen ,  denn  dei 
Wechsel  wird  sogar  geschwind  verübt,  dass  man  die  kürzeste  Wähmng 
eines  Males  als  das  Mass  der  Zeit  nicht  haben  kann.  Dieses  giebt  der  Him. 
mel,  die  grosse  selbstumgehende,  selbstzählende  und  selbstschnappeDde 
Lebenshaspel.  Der  wickelt  selber  auf  und  zählt  die  Wickel,  ja  die  klein- 
sten Währungen  davon;  die  zählt  er  mit  Verrückung  seiner  Sterne,  sonder- 
lich der  Sonne  und  des  Mondes,  zeiget  jede  ganze  Wickelung  mit  sicht- 
barer Abwechselung  des  Lichtes  und  der  Finsterniss,  wir  heissen's  Tag 
und  Nacht.  Er  fährt  im  Aufwickeln  hin  und  her  und  macht  Gebinde,  Stah- 
len, Strähnen,  licissen  Wochen,  Monate,  Jahre.  Ja  der  Himmel  meldet 
auch  die  Zahl  der  Jahre,  zeichnet  sie  mit  Finsternissen,  Adspecten  und 
Planeten,  rechnet  selbst  und  setzt  das  Facit  allemal  zur  Schau  vor  Augen. 
Und  Gott  muss  die  Umdrehung  des  Himmels  selber  ausführen ,  der  unbe- 
schreiblich grosse  Herr,  bei  dem  selbst  kein  Unterschied  der  Zeit  sein  kann, 
der  alle  Augenblicke  zugleich  und  auf  einmal  allen  Völkern ,  diesen  hier 
ihr  Morgenbrod  und  Frühstück,  andern  dort  eben  dazumal  das  Mittags- 
essen, weiter  andern  eben  damals  das  Vesperbrod  und  aber  andern  eben 
dazumal  die  Abendkost  darreicht  und  giebt :  die  übrigen  lässt  er  schlafen 
und  bereitet  ihnen  unterdessen  Speise"^). 

Damit  haben  wir  in  Gedanken  die  Heise  um  die  Erde  in  Aequator- 
richtung  gemacht  und  werden  an  den  Tag  Gewinn  oder  Verlust  erinnert, 
den  eine  solche  mit  sich  bringt.  Weigel  machte  dieses  Verhältniss  in  fol- 
gender Weise  anschaulich :  ,,Wenn  zwei  Schifife  von  demselben  Orte,  das 
eine  gegen  Abend,  das  andere  gegen  Morgen  reisen,  so  müssen  sie  auf 
halbem  Wege  einander  begegnen  und  daselbst  jedes  schon  die  Hälfte  eines 
Tages  zur  Differenz  am  ersten  Orte  bei  sich  führen,  das  eine  Schiff  einen 
halben  Tag  zu  wenig,  das  andere  zu  viel.  So  gtüsset  nun  ein  Schiff  am 
Sonntag  mit  geputzten  Passagieren,  das  audere  dankt  mit  ungeputzten 
Passagieren  in  schwarzen  Krausen  am  Samstag**^). 

In  Bezug  auf  die  Zeitrechnung  und  den  Kalender  herrschte  bei  den 
Zeitgenossen  Weigels  grosse  Unwissenheit.  „Wie  der  gemeine  Mann  — 
klagte  er  —  der  von  der  Rechnung  nichts  weiss,  so  ist  wer  unter  den  Prie- 
stern, der  die  Ostern  nach  dem  Cyclus  abzählet  und  nicht  in  dem  Kalender 
suchet?  Wie  viel  sind  aber  unter  den  Kalendcrschreibern,  welche  die 
Ostern  nach  der  Rechnung  und  nicht  nach  den  Ephemcriden  in  den  Kaien- 


1)  Zcitspicgel  S.  96  ff.;  Ilimmclszeipor  S.  17. 

2)  Iliramelszcigcr  S.  9.  10. 

3)  Fortsetzung-  des  ITimmelszeii^ers  S.  17 — 10,  20  —  25. 

4)  Zeitspiefrcl  S.  76. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  BartholoM/EI.     31 

der  setzen?  Es  trauen  die  Kaleudermacher  dem  Astronomen,  der  die 
Ephemeriden  gemacht,  die  Priester  verlassen  sich  auf  die  Kalender,  der 
gemeine  Mann  fastet  und  feiert,  wie  es  ihm  der  Priester  von  der  Kanzel 
verkündigt.  Das  ganze  wichtige  Werk  der  christlichen  Fest-  und  Feier- 
tage beruht  also  auf  einem  einzigen  gelehrten  Manne,  der  die  Ephemeriden 
ausarbeitet  und  nach  den  Cyclen  die  Festtage  mit  angiebt.  Hat^s  dieser 
wohl  getrofifen,  so  trcffens  die  Kalenderschreiber  auch;  hat  er  irgend  ge- 
fehlt, so  fehlen  alle  haufenweise. ''  Nicht  mit  Unrecht  hielt  er  dafür,  dass 
solche  Unwissenheit  dem  deutschen  Volke  zur  Schande  gereichte.  „Die 
Türken  lernen  ihre  stets  veränderliche  und  wunderbarliche  Mondjahre 
nicht  nur  nach  Tagen,  sondern  auch  nach  Stunden  und  Minuten  ausrech- 
nen.'* Eben  so  die  Perser,  j,  Die  in  Kunstsachen  sonst  so  dumme  Juden 
begreifen  und  berechnen  ihren  Festkalender  gar  wohl.  Diese  ungeschick- 
ten Völker,  die  nicht  Latein  gelernt,  können  in  ihren  Schulen  die  astrono- 
mische Rechnung  begreifen  und  wir  Gelehrte,  die  wir  die  lateinische 
Sprache  bis  in*s  zwanzigste  Jahr,  die  Logik  aber  bis  in^s  dreissigste  studi- 
ren,  sollten  ihnen  hierin  nicht  gleichkommen?  Möchten  wir  doch  lieber 
Grammatik  und  Syntax,  Terenz  und  Plautus  daran  geben  und  uns  unter- 
dessen mit  der  Muttersprache  nächst  der  Tugendlehre  den  rechten  Grund 
zur  Wissenschaft  und  zu  den  Kunsterfindungen  in  fähigen  Jahren  aneig- 
nen, damit  unsere  stndirten  Leute  bis  ins  hohe  Alter  nicht  unwissender 
bleiben  als  jene  Völker,  welche  kein  Latein  gelernt  haben  ^).** 

Ganz  besonders  war  Weigel  über  die  beim  „PöbeP*  —  und  was  war 
damals  nicht  „Pöbel"?  —  so  leicht  verfangende  „Wahrsagerei"  der  Kalen- 
der erbittert.  „Die  ganze  Arbeit  der  Kalendermacher  besteht  in  dem  Pro- 
gnosticiren  oder  auf  deutsch  Wahrsagen  oder  noch  besser  deutsch  Lügen. 
Und  dabei  ist  der  Betrug  ganz  offenkundig.  In  dem  Capitel  vom  Kriege 
richten  sie  sich  nach  den  Avisen,  in  dem  Capitel  von  den  Krankheiten  er- 
zählen sie  bisweilen  alle  Beschwernisse  vom  Kopf  bis  auf  die  Füsse,  darun- 
ter zum  Wenigsten  allemal  eins  treffen  muss.  Im  Capitel  von  allgemeinen 
Zufällen  stellen  sie  Alles  auf  Schrauben  und  helfen  sich  damit,  dass  wenn 
Etwas  an  einem  Orte  nicht  eintreffe,  es  für  den  andern  gelte  etc.  Zuerst 
fing  man  mit  dem  Wetter  an,  als  dies  aber  toleriret  wurde,  ging  man  weiter, 
und  sie  haben  von  Krieg  und  Frieden ,  von  allerlei  Bündnissen ,  von  Ver- 
änderungen der  Länder  und  Königreiche,  vom  Fall  und  Wachsthum  hoher 
fürstlicher  Häuser,  von  Tugend  und  Laster  der  Potentaten,  von  hunderter- 
lei dergleichen  Glücks-  oder  Unglücksfällen  und  höchst  nachdenklichen 
leider  willkürlichen,  mehr  ihre  nur  aus  bioser  Muthmassung  mit  Vorwand 
dieses  oder  jenes  unschuldigen  Adspects  also  ungescheut  herausgeflossenen 
Wahrsagungen  dem  ausgeschriebenen  Jahrbuche  angeschmitzet.  Sie 
streuen  wider  hohe  Potentaten,  Staaten,  Länder,  Städte,  Nationen  und  Ge- 


1)  Zeitspicgel  S.  80. 


32    £rh.  Weigel.   Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  WisseiiBcliaften 

scblecbter  schimpfliche  Pasquille  aus  und  bemänteln  sie  mit  dem  Deckel 
des  unschuldigen  Himmels**  und  bringen  die  Mathematik  in  Misscredit '). 

Ebenso  eiferte  Weigel  dagegen ,  dass  neben  den  Namen  der  Heiligen 
so  viel  „Kinderludeln,  Drudenfüsse,  Bartscherlein,  Lassköpflein,  PiUen- 
pünctlein  und  dergleichen,  wie  auch  viele  Sybillensprüche  im  sogenannten 
Ltigenfelde  angesetzt"  wurden. 

Er  verurtheilte  die  Wahrsagereien  schon  aus  dem  Gmnde,  weil  die 
Klalender  „allgemeine  ehrbare  bürgerliche,  ja  geistliche  Kirchenbücher'* 
waren,  noch  mehr  aber  wegen  ihres  äusseren  und  inneren  Sckadens.  Jenen 
machte  er  durch  folgendes  Beispiel  anschaulich:  „Einer,  der  im  Kalender 
las,  die  Schafe  würden  gut  stehen  und  tragen,  kaufte  zu  seinen  wenigen 
Schafen  noch  viele  hinzu**,  musste  aber  erleben,  dass  eine  bedeutende  Zahl 
derselben  hin  wegstarb.  „Auf  sein  Befragen  erhielt  er  die  Antwort,  der- 
selbige  Kalender  wäre  auf  Nürnberg  und  nicht  auf  Leipzig  eingerichtet,  da 
hätte  er  seine  Schafe  hintreiben  sollen.**  Der  innere  Schaden  war  ihm 
ganz  handgreiflich.  „Denn  ist  der  Kalender  mit  dergleichen  gar  albernen, 
bisweilen  sehr  erschrecklichen  Betrügereien  bis  oben  angefüllt  nnd  ausge- 
stopft, hin  und  wieder  mit  nachdrücklichen  Sprüchen  aus  Gottes  Wort,  wie 
bei  den  Zaubereien  zu  geschehen  pflegt,  dadurch  die  Einfältigen  desto  eher 
versichert  werden  können,  so  ist  es  kein  Wunder,  wenn  die  einf3&ltigen 
Leute,  welche  solches  Buch  täglich  in  Händen  haben  und  darin  zn  lesen 
pflegen ,  ganz  und  gar  abergläubig  und  abgöttisch  werden ,  und  daher  bei 
liebkosenden  Adspecten  als  sicher  und  stolz  zu  Ueppigkeit  und  unbändigen 
Tumultuiren  sich  neigen,  bei  geffihrlichen  aber  als  furchtsam  und  schüch- 
tern die  Hände  sinken  lassen^).** 

Zwar  war  die  Kedensart  gäng  und  gebe:  „Du  lügst  wie  ein  Kalender- 
macher**, während  man  diesem  die  Antwort  in  den  Mund  legte :  „Ich  mache 
den  Kalender,  aber  Gott  das  Wetter**,  aber  die  Verrohung  des  dreissig- 
jährigen  Kriegs  hatte  den  Aberglauben  eher  befestigt  als  geschwächt,  und 
ganz  richtig  bemerkte  Weigel:  „Von  den  Wahrsagungen  trifft  erst  eine 
von  tausend  plumpsweise  ein*',  aber  gerade  über  diese  ist  die  Verwunde- 
rung so  gross,  dass  die  übrigen  ncunhundertneunundneunzig  gar  nicht  in 
Betracht  kommen;  die  Leute  sehen  doch  im  Kalender  nach,  „ob  Krieg 
oder  Friede  sein  würde,  wenn  man  auf  die  Freite  gehen  sollte,  welche  Po- 
tentaten in  Correspondenz  treten  würden,  wie's  den  Weibern  oder  den 
Männern,  den  Geistlichen  oder  den  Martialisten ,  den  Kaufleuten  oder 
Künstlern,  den  Alten  oder  Jungen  der  Zeit  ergehen  würde,  ob  die  Kheleute 
würden  Friede  oder  Zank  haben,  und  was  der  Teufel  hin  und  her  thun 


1)  Zeitspiotjel  S.  77.  84.  89.  90;  Fortsetzung  des  Ilimmelsspicgels.  Jena  1665. 
8.  111;  Kurzer  Entwurf  cles  Mittels  zur  erspriossliehen  Aufnahme  aller  Kunst*  und 
ITan<l- Werke.    Jena  1081.    I. 

•2)  Zeifspio^el  S.  87.  88.  89.  91 ;  Fortsctzun«^  des  Ilimmelszcigcrs  S.  45, 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  Bartholom^i.     33 


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würde";  war  doch  nach  Weigels  Berichte  noch  1654  Folgendes  möglich: 
Für  dieses  Jahr  war  eine  „gi^^ig^  Sonnenfinsterniss  prognosticiret"  wor- 
den. Die  Leute  drängten  sich  in  ihrer  Angst  haufcnweis  zu  den  Predigten 
und  Betstunden,  genossen  Sonntags  vorher  das  heilige  Abendmahl  und 
suchten  sich  durch  mancherlei  Mittel  „vor  dem  Gifte  der  zukünftigen 
Schwärze  solcher  Finsterniss"  zu  schützen,  so  dass  „fast  kein  Theriak  mehr 
zu  bekommen  war".  Mit  Zittern  und  Zagen  wartete  man  der  Dinge,  die  da 
kommen  sollten,  aber  es  geschah  nichts ,  als  dass  die  Finsterniss  ihren  üb- 
lichen Verlauf  nahm  und  den  Leuten  nichts  übrig  blieb,  als  sich  zu  ärgern 
und  sich  gegenseitig  auszulachen.  Die  Leipziger  Studenten  beschlossen  in 
ihrer  Erbitterung,  einen  gerade  anwesenden  Kalendermachcr  am  hellen 
Mittage  mit  Fackeln  oder  Laternen  heimzuleuchten  und  „anstatt  der  aus 
der  dicken  Luft  herabgefallenen  Vögel  mit  etwas  Anderem  zu  tractiren, 
wie  die  Charteke  meldete".  Daher  ist  Weigels  Polemik,  sowie  seine  popu- 
läre Behandlang  der  astronomischen  Chronologie  und  der  Astronomie  über- 
haupt nicht  gering  anzuschlagen. 

Als  seine  belehrenden  und  strafenden  Worte  nichts  fruchteten,  wandte 
er  sich  1G82  an  den  Reichstag,  dem  er  die  Verbesserung  des  Kalenders 
dringend  ans  Herz  legte  und  zur  Besorgung  der  astronomischen  Rechnung 
und  des  Kalenders  überhaupt  ein  ^^Collegium  Ärlis  Consullorum*^  vorschlug. 
Dieses  CoUeginm  sollte  nach  späteren  Vorschlägen  aus  20  Mann  bestehen 
und,  ausser  für  Astronomie,  für  die  Hebung  der  Künste  und  Handwerke 
thätig  sein  ^).  Er  erlebte  aber  weder  die  Einführung  des  verbesserten  und 
„von  Wahrsagerei  gesäuberten"  Kalenders,  noch  die  Errichtung  eines  Col- 
leyii  Ärtis  Cunstdtorum  y  denn  or  starb  ^)  am  21.  März  169D,  während  der  Be- 
schluss  zur  Einführung  des  verbesserten  Kalenders  erst  am  2.*).  September 
desselben  Jahres  gefasst  wurde,  die  Kalender -Wahrsagerei  noch  heute 
nicht  ganz  verschwunden  ist,  und  das  genannte  Collegium  in  Weigels  Sinne 
nie  zu  Stande  kam. 

Bemerkenswerth  ist  seine  nationale  und  pädagogische  Auffassung  der 
Sache.  Wenn  man  seine  Vorschläge  annähme,  so  würde  —  wie  er  meinte 
—  ,,der  Ehrenglanz  des  Landes  von  Beschmitzung  gesäubert,  die  chaldäi- 
schen  Baalshöhen  abgethan,  der  Rauchaltar  Melechet  abgebrochen,  Gottes 
Zorn,  der  wider  allgemeinen  Aberglauben  heftig  ist,  verhütet  und  das  Mittel 
zum  Gedeihen  der  Kunst-  und  Handwerke,  worauf  eines  guten  Theils  die 
Wohlfahrt  eines  Volkes  beruht,  gefunden  sein".  Wenn  aber  „der  Kalender 
nicht  von  Abgötterei  und  Aberglauben  gesäubert"  würde  und  das  „über- 
mässige Sprechen  in  den  Schulen"  fort  bestände,  so  wäre  jede  SchulVer- 


1)  Karzer  Entwarf  etc.  I.  H.;  Acta  des  Mathematici  Weigels  etc. 

2)  Günther  Lebonsskizzcn  etc.  S.  181. 

Zeitschrift   1.  IMathemalik  u.  Physik.    (SuppItMii.)  o 


34     Erh.  Weigcl.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissenschaften 


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besseruDg  unnütz;  denn  „Gott  will  haben,  dass  die  Menschen  keine  Aber- 
glauber,  sondern  Rechner  seien  und  rechenschaftlich  Alles  thnn,  auch  end- 
lich Rechenschaft  von  Allem  geben  sollen'^  ^). 

4.   Die  Kometen. 

Vor  Weigol  bestand  die  Meinung,  dass  die  Kometen  wie  überhaupt 
neue  Sterne  nur  nach  Zusammenkünften  und  Gegenscheinen  entständen. 
Obgleich  er  nun  wusste,  dass  diese  Regel  nicht  mit  der  Erfahrung  tiberein- 
stimmte ,  sp  gab  er  sie  doch  nicht  ohne  Weiteres  auf,  sondern  suchte  die 
Ausnahme  dadurch  zu  motiviren,  dass  der  Himmel  die  Materie  aufsparte. 

Nach  Weigels  Lehre  entstehen  die  Kometen  aus  Dunstmassen,  welche 
von  den  Weltkörpern  ausströmen.  „Die  Zusammenfahrung  geschieht  etwa 
aus  Antrieb  der  vorangegangenen  Adspecten  oder  sonst.  Kommen  die 
Theile  näher  zusammen,  so  fangen  sie  die  Sonnenstrahlen  auf  und  reflecti- 
ren  dieselben;  die  meisten  jedoch  gehen  hindurch:  die  feineren  Theil- 
chen  folgen  ihnen,  wie  man  in  den  dunkeln  Kammern  sehen  kann,  und 
bilden  den  Schweif/^  Daher  scheint  der  Komet  durch  steten  Ausflnss  ver- 
zehrt zu  werden^). 

Die  Materie  wird  von  der  Erde  und  dem  Himmel  geliefert.  Von  jener 
„gehen  schwefelige  und  salpeterige  Dunsttheile  aus,  weil  sie  ihrer  Beschaf- 
fenheit nach  mehr  als  die  andern  angetrieben  und  gleichsam  von  deo 
Sonnenstrahlen  gelocket  werden.  In  ihrem  Eifer  fahren  sie  über  die 
nicht  4  Meilen  hohe  Luftschale  hinaus  in  den  weiten  Himmelsraum  und 
bleiben  dort  bis  sie  mit  andern  Theilen  zusammengcrathen  und  einen  Ko- 
meten bilden".  Der  Komet  vom  Februar  IGGl  hatte,  wie  Weigel  mit 
grosser  Dreistigkeit  behauptete,  wenn  auch  nicht  seine  ganze  Substanz,  so 
doch  den  grössten  Theil  derselben  von  der  Erde  entlehnt,  da  die  grosse 
Bewegung  der  Luft  16G0  und  besonders  der  ,, grausame  Wind  am  9.Decem- 
bcr  unfehlbar  Dunststäublein  in  den  Himmelsraum  entführen  musste**.  Der 
Komet  von  1665  dagegen  stammte  aus  der  Sonne,  denn  da  es  in  diesem 
Jahre  keine  Sonnentlecken  gab ,  so  mussten  die  Dünste  in  den  Weltraum 
hinausgetrieben  worden  sein.  Diese  beiden  Kometen  „verriethen  auch  sonst 
ihren  Ursprung.  Jener  war  von  schwachem  Lichte  und  nur  4  Tage  sicht- 
bar, gleichsam  als  ob  er  von  der  Erdkugel  allein  nicht  genug  Materie,  lange 
zustehen  und  sich  prächtig  sehen  zu  lassen,  hätte  bekommen  können'*; 
der  letztere  dagegen  „war  grösser,  heller  und  stand  länger  am  Himmel". 


1)  Kurzer  Entwurf  etc.  II.;   Grundmässige  Auflösung  des  militar-Problematis, 
warum  doch  der  Türk  den  Christen  nunmehr  weichen  müsse.   Jena  1689. 

2)  Fortsetzung  des  Himmelsspiegels  S.  93. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  Bartholomjei.    35 


Demnach  besteht  der  Komet  aus  „Himmelsdunst  und  Gewölkniss*^ 
Er  ist  eine  „Hii^oaelswolke  und  besteht  aus  sehr  kleinen  Körperchen  oder 
Stäubchen".  Der  Dichtigkeit  nach  verhält  er  sich  zum  Aether,  wie  die 
irdische  Wolke  zur  atmosphärischen  Luft.  Daher  ist  es  sehr  wahrschein- 
lich, dass  die  Kometensubstanz  nicht  einmal  so  dicht  ist,  wie  atmosphäri- 
sche Luft.  Die  Mitte  des  Kopfes  ist  eigentlich  nicht  heller  als  der  übrige 
Theil,  sondern  erscheint  nur  heller,  weil  ,;man  in  der  Mitte  mehr  Stäublein 
hinter  einander  sieht^'^). 

Der  Komet  ist  jenseits  der  Atmosphäre,  denn  wäre  er  in  der  Luft,  so 
müsste  die  ihn  umgebende  Luft  ebenfalls  Sonnenstrahlen  empfangen ;  wenn 
aber  die  Luft  Sonnenstrahlen  empfangt,  so  haben  wir  Tag  etc. 

Die  Bahn  des  Kometen  ist  eine  gerade  Linie,  auf  der  er  mit  unver- 
änderter Oeschwindigkcit  fortrückt.  Daher  kehrt  er  niemals  wieder,  und 
daher  wächst  seine  scheinbare  Geschwindigkeit,  wenn  er  sich  der  Erde 
nähert  und  nimmt  ab,  wenn  er  sich  von  derselben  entfernt.  Die  geradlinige 
Bewegung  ist  sehr  leicht  zu  erklären.  Die  Bewegung  eines  irdischen  Kör- 
pers hört  nämlich  auf  durch  den  Widerstand  der  Luft  und  durch  den  Erd- 
magneten; diese  beiden  Ursachen  fallen  aber  im  Himmelsraume  weg,  also 
„kann  eine  Himmelswolke  ganz  gut  ihren  Strich  halten",  und  man  braucht 
zur  Erklärung  keiner  „aristotelischen  Intelligenz  oder  eines  andern  Gei- 
stes, der  ihr  den  Weg  weist'^  Bedenklicher  ist  ihm  die  grosse  Geschwin- 
digkeit, bei  der  „es  schier  zu  verwundern  ist,  dass  der  lockere  Komet  nicht 
zerreisst"^). 

Die  angegebene  Theorie  Über  die  Entstehung  des  Schweifes  fand 
Weigel  später  ungenügend.  Er  fragte,  ob  der  Schweif  aus  derselben  Masse 
wie  der  Kopf  bestände  oder  ein  bioser  Schein,  ein  bioser  Reflex  wäre. 
Das  Natürlichste  ist  —  meinte  er  —  Gleichheit  der  Materie  des  Kopfes 
und  Schweifes.  Dem  aber  widerspricht  1)  die  „unmenschliche  Grösse"  und 
2)  die  grosse  Veränderlichkeit,  „da  er  bald  kurz  bald  laug,  bald  schmal 
bald  breit,  bald  gerad  bald  krumm  erscheint".  Und  wenn  die  Sonnenstrah- 
len „den  so  grossen  Wust  der  Dunststäublein  so  leicht  lenken  könnten ,  so 
müssten  sie  den  ganzen  Kometen  von  sich  abstossen ,  es  müsste  denn  sein, 
dass  sie  (die  Theilchen  des  Schweifes)  mit  langsamerer  Bewegung  in  den 
Kometen  eingetreten  wären  und  den  Sonnenstrahlen  keinen  oder  nur  ge- 
ringen Widerstand  entgegensetzen  könnten". 

Daher  ist  der  Schweif  ein  bioser  Schein.  Aber  hier  entsteht  die 
Frage,  was  die  zurückwerfende  Materie  sei.    'Diese  hängt  entweder  mit 


1)  De  cometa  novo.   Cap.  XXI.;   Fortsetzang  des  Ilimmelsspiegols  S.  70.  71. 
90.  91;  Kirch*8  Himmelsseitung  1C81  S.  7. 

2)  Fortsetzung  des  Himnielsspiegcls  S.  87;  Himmelszeiger  S.  53. 


36    Erh.  Weigel.   Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  raath.  Wissenscbaften 


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dem  Kometen  znsammen  oder  nicht.  Wenn  sie  aber  mit  dem  Kometen  zu- 
sammenhängt, so  gehört  sie  zu  ihm,  was  ja  eben  zweifelhaft  ist.  Man  könnte 
allerdings  sagen ,  die  Sonnenstrahlen  gingen  durch  die  rings  am  den  Ko- 
meten gelagerte  Masse  bis  zum  Kopfe  desselben  und  würden  hier  wie  in 
einem  runden  Wasserglase  zusammengebrochen,  so  dass  sie  die  von  der 
Sonne  abwärts  befindliche  Materie  zu  erleuchten  vermöchten;  allein  dann 
müsste  der  Schweif  nur  ein  schmaler  spindelförmiger  Lichtstreifen  sein; 
auch  widerspricht  es  der  Natur,  welche  den  kürzesten  Weg  zu  wählen 
pÜegt,  „dass  ein  so  grausam  grosser  Ilimmelsplatz,  welcher  zwei  Mal  so 
breit  als  der  Schwanz  lang  erscheint,  von  solcher  Materie  rings  nm  den 
Kometen  alle  Zelt  angefüllt  sein  und  mit  demselben  fortbeweget  werden 
müsste". 

Die  „spiegelnde"  Substanz  muss  also  ausserhalb  des  Kometen,  also 
entweder  die  Substanz  des  Himmels  oder  die  Luft  sein.  Der  ersteren  An- 
nahme widerspricht  aber  der  Umstand,  dass  weder  das  Sonnen-  noch  das 
Sternenlicht  von  der  Materie  des  Himmels  reflectirt  wird,  also  kann  nur 
die  „atmosphärische  Luft  der  Spiegel  sein",  und  der  Schweif  entsteht 
„wie  ein  Licht  über  einem  Üiessenden  Wasser  einen  langen  Strahl  vor 
Augen  stellt".  Dass  nur  die  Hälfte  sichtbar  wird,  erkläre  sich  durch  die 
Annahme,  dass  diese  sichtbare  Hälfte  viel  heller  sei;  denn  diese  Helligkeit 
müsse  bewirken,  dass  die  andere  leuchtende  Hälfte  nicht  bemerkt  wird,  wie 
wir  etwa  am  Tage  vom  Mondschein  nichts  wahrnehmen,  weil  das  Sonnen- 
licht zu  stark  ist^). 

Es  ist  bereits  erzählt  worden,  wie  sich  Weigel  von  der  Astrologie, 
diesem,  wie  er  sagte,  „der  Astronomie  in  das  Haus  geworfenen  Wechsel- 
balge" omancipirte.  Ursprünglich  wurde  or  nur  durch  theologische  Gründe 
zum  Abfall  bestimmt,  später  verwarf  er  sie  auch  aus  l(>gischen  und  ethischen. 
Erstens  sind  Direction  und  Procession  widersinnig,  sie  sind  Fictionen, 
Dichtungen,  Einbildungen.  „Ist  so  viel,  als  wenn  ein  Herold  alle  Tage 
nur  eine  Meile  reisen  und  in  eben  dieser  Zeit  täglich  30  Meilen  zurück- 
legen sollte."  Zweitens  ist  die  Vertheilung  unter  die  zwölf  himmlischen 
Zeichen  principlos.  Drittens  widerspricht  die  Astrologie  der  menschlichen 
Freiheit.  „Die  verständige  Seele  ist  ein  Ritter,  welcher  seines  Thieres 
(des  Leibes)  Begierden,  wenn  es  aus  dem  Wege  zu  treten  sucht,  leiehtlich 
merket,  wie  denn  auch  das  Thier  ihm  gern  folget,  wenn  nur  er,  der  Ritter, 
selbst  geübt,  und  das  Thier  von  Jugend  auf  wohl  angewöhnt  ist.  Kehrt 
sich's  aber  um  und  lässt  der  Geist  dem  Thiere  den  Zügel,  dass  es  geht, 
wohin  es  will,  und  thut  nun  was  es  will,  ja  ist  der  Geist  so  lässig,  dass  das 


1)  Fortsctznnj^  des  Ilimmelsspicgels  S.  97—100;   Hiromclszeiger  S.  82;    Fort- 
setzung des  nimmelszcigers  S.  74, 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  Bartiiolom^ei.    37 

Thier  ihn  aus  dem  Sattel  hebt  and  schleppt  ihn  blind  herum,  bald  in  die 
Schänke,  bald  in's  Hurcnhaus,  zum  Krakehl,  durch  Dick  und  Dünn,  so 
kann  der  Mensch  keinem  Sterne,  geschweige  Gott  die  Schuld  beimessen. 
Mit  der  Astrologie  gäbe  es  kein  freiwilliges  Thun,  sondern  es  wären  lauter 
unumgängliche  Begebenheiten  in  der  Welt.  Es  würde  keine  freie  Creatur 
existiren,  der  Mensch  nicht  Mensch,  sondern  der  vornehmste  Unmensch 
sein.  Wo  bliebe  die  Rechnung,  die  Freiwilligkeit?  Wozu  wäre  die  Rech- 
nung nütze?  Man  dürfte  ja  nur  lesen  lernen,  das  zu  lesen,  was  die  Stern- 
deuter aufs  Papier  gebracht,  ja  man  braucht  nur  zu  hören,  ja  gar  nichts  zu 
lernen,  sondern  nur  die  Influenz  erwarten  wie  die  Krebse,  welche  ohne 
Rechnung  mit  dem  Monde  fett  und  mager  werden.'^ 

In  einigen  Widerspruch  mit  diesen  Lehren  gerieth  Weigel  durch  seine 
Ansicht  von  der  Bedeutung  der  Kometen.  Schon  1653  sprach  er  'sich 
hierüber  folgendermassen  aus :  1)  Wenn  der  Komet  ein  Unglück  bedeutet, 
so  bringt  er  es  doch  nicht,  sondern  mahnt  uns  nur,  dasselbe  durch  Beteu; 
Bitten  und  BesseVung  zu  vermeiden,  ja  er  kann,  wie  schon  öfters  geschehen, 
auch  Glück  verkündigen.  2)  Der  Komet  ist  eine  allgemeine  Erscheinung, 
das  Unglück  betrifft  aber  nur  einzelne  Gegenden.  Daher  ist  es  höchst  un- 
wahrscheinlich, dass  der  Komet  überhaupt  ein  Unglück  anzeigt,  wenigstens 
bleibt  es  ganz  unbestimmt,  welche  Gegend  von  demselben  heimgesucht 
werden  soll.  Diese  Unbestimmtheit  bleibt  auch  dann  noch,  wenn  man  die 
Länder  in  Betracht  zieht,  über  welche  der  Komet  seinen  Lauf  nimmt.  Es 
ist  also  klar,  dass  man  über  die  Bedeutung  der  Kometen  nichts 
wissen  kann^).  Diese  Auffassung  konnte  man  sich  recht  wohl  von 
Einem  gefallen  lassen,  der  eben  mit  der  Astrologie  gebrochen  hatte  und 
durfte  erwarten,  dass  er  sie  zum  vollsten  Naturalismus  entwickeln  würde, 
aber  die  Theologie  Hess  Weigel  nicht  nur  nicht  weiter  schreiten,  sondern 
warf  ihn  zum  Theil  wieder  auf  den  astrologischen  Standpunct  zurück. 
„Gott  der  Allmächtige  —  sagte  er  1665  —  pflegt  nicht  sowohl  durch  die 
Kräfte  der  von  ihm  erschaffenen  Natur  als  vielmehr  übernatürlicher  Weise 
ein  und  das  andere  Wunderzeichen,  also  auch  einen  Kometen  zu  schaffen. 
Erkennen  dabei  unsere  Blödigkeit  und  Gottes  überschwängliches  Vermö- 
gen, welcher,  wenn  er  seine  Kinder  auf  dem  Platz  der  Erden  ihres  viel- 
fältigen Muthwillens  wegen  schrecken  oder  zum  Wenigsten  zur  Verwunde- 
rung über  seine  Kunstwerke  anreizen  will,  keiner  grossen  Mühe,  also  zu 
reden,  von  nöthen  hat,  sondern  nur  mit  hin-  und  herfahrenden  Dunst- 
stäublein gleichsam  einen  Ball  machen  und  bei  seiner  bösen  und  frommen, 
mehrentheils  aber  böscu  Kinder  ihrem  Spielplatz,  der  Erdkugel,  hinweg 
und  vorbei  werfen  darf,  so  stehet  sobald  die  Welt  mit  dem  Haupt  empor 


1)  De  cometa  novo.  Jenae  1653.  Cap.  XIX. 


38    Erh.  Wcigel.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  WisseiiBchsften 

und  ist  so  bekümmert,  was  doch  das  Wunderwerk  für  Gutes  oder  Böses 
nach  sich  ziehen  und  ihnen  bringen  werde  ^)/* 

Noch  mehr  wusete  Weigel  1681,  wo  er  entschieden  aussprach:  Der 
Komet  ist  ein  ausserordentlicher  Stern,  also  muss  er  auch 
ausserordentliche  Bedeutung  haben.  „Wer  sich  durch  denselben 
bessern  lässt,  dem  bedeutet  er  nichts  Böses,  sondern  etwas  Gutes.  Denn 
Gott  will  die  Menschen  nicht  wie  Ross  und  Mäuler  unterweisen,  denen  die 
Peitsche  immer  vor  Augen  sein,  und  wenn  sie  straucheln,  stets  ein  Schmitz 
damit  gegeben  werden  muss ,  sondern  Gott  will  die  Menschen  frei  behan- 
deln, denn  sonst  würden  sie  keine  Menschen  bleiben.  Daher  sind  die  Ko- 
meten ursprünglich  Liebes-  und  Erbarmungszeichcn ,  denn  sonst  würde  sie 
Gott  nicht  erscheinen  lassen,  sondern  lieber  gleich  dreinschmeissen.  Sie 
sind  Lock-  und  Drohmiltel  und  nur  dann  Zomzeichen,  wenn  sich  die  Men- 
schen nicht  bekehren^)." 

Und  diese  Incousequenz  war  nicht  das  Schlimmste.  Praktisch  vertrat 
Weigel  die  Ansicht,  dass  die  Kometen  nicht  nur  etwas  Bestimmtes  anzei- 
gen, sondern  er  unterfing  sich  sogar,  die  Deutung  selbst  zu  versuchen  und 
war  nicht  wenig  stolz,  wenn  sie  ihm  gelangen  war.  So  deutete  er  die  Ko- 
meten von  1(552,  1661,  1664,  1680,  1681.  Ueber  den  von  1680  meinte  er: 
„Wenn  ich  nun  die  Bilder,  unter  welchen  unser  jetziger  Komet  erschienen 
und  fortgewandert,  ansehe,  so  scheint  mir  gar  muthmasslich  zu  sein,  weil 
Gott  denselben  mitten  in  dem  Löwenbild  beim  Mars,  der  sonst  insgemein 
der  Kriegsplanet  genennet  wird,  entstehen  und  zur  Jungfrau,  welche  sonst 
die  Kirche  Christi  vorzubilden  pflegt,  nächstes  und  gerades  Wegs  hat  hin- 
hiufen  lassen,  so  drohe  er  die  Christenheit  mit  Krieg  heimzusuchen.  Wel- 
cher, wenn  er  seinen  Fortgang  haben  sollte,  möchte  er  dem  Brodkorbc  hin 
und  her  so  nahe  kommen ,  als  nahe  der  Komet  bei  der  Jungfer  Kornähre 
weggestrichen.  Da  sich  der  Komet  in  die  Wage  begab,  so  ist  Hoffnung  da, 
es  werden  gleichmässige  Liebhaber  der  gemeinen  Wohlfahrt  sich  finden 
die  das  ungeschickte  Wesen  der  Streithaftigkeit  und  Kriegführung  eines 
Christenvolks  wider  das  andere  wobl  erwägen  etc.  Der  Scorpion,  welcher 
seinen  eigenen  Biss  heilet,  mag  bedeuten .  dass  der  Krieg  mit  dem  ihm  fol- 
genden Elende  den  Betheiligten  zu  Gute  komme  etc.  ^)."  Die  Vorfrage,  ob 
es  nicht  ungereimt  sei,  dass  sich  Gott  nach  unseren  Zeichen  richte  die 
doch  „meistens  von  Ueiden  herrühren,  die  von  Gott  gar  wenig  wussten  und 


S.  1.  2. 


1)  Fortsotzunp:  des  Himmelsspiepels  S.  70.  94.  100 — 102. 

2)  FortsctzuniJ:  des  Ilimmelszeigcrs  S.  39.  41;   Kirchs  Plimmelszeitanc'.   1681 


3)  llimmelsspiegel.   Jena   16C1;     Himmelszeiger  S.   34.   43;     Fortsetzung   de« 
IlimmelszcigcrB  S.  11;  Kirchs  llimmelszeituug.   1381.   S.  4.  11. 


auf  den  deutschen  üniversit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  Bautiiolom/EI.    39 


•  ^  **  -  ^V^   ..  *.^    ^         ^-w-.^-r,*-,rf^  .•  .     ,    ^     .     .      ^  ^f     -  .  -s^.^^  -I' -*  *- .^* -^•.-   ^-^  ^    .'•■   ^    *    ^-^     *-^    , 


Sonne  und  Mond  für  Götter  hielten*^,  beantwortete  er  dahin,  „dass  Gott  es 
gegen  Christen  thäte,  nicht  den  Heiden  zu  Gefallen,  sondern  denen,  welche 
diese  Zeichen  angenommen  haben.  Er  hätte  ja  auch  griechisch  geredet,  das 
doch  von  lauter  Heiden  aasgesonnen  wäre'^  ^). 

5.   Apparate  und  Instrumente. 

Wenn  hiernach  Weigels  Astronomie  im  Ganzen  ein  trauriges  Bild  von 
dem  Zustande  dieser  Wissenschaft  auf  den  deutscheu  Universitäten  darbot, 
so  zeigte  sie  doch  auch  einzelne  Lichtpuncte:  die  national- pädagogische 
Kichtung,  die  Bestrebungen  für  die  Einführung  des  verbesserten  Kalenders 
und  den  Kampf  gegen  den  Aberglauben,  welcher  in  den  Kalendern  grassirte. 
Dazu  gehören  endlich  noch  die  Apparate,  welche  er  construirte.  Zwar  arbeitete 
er  zumeist  nur  im  Dienste  des  Unterrichts  und  seine  Instrumente  sind  ver- 
gessen worden;  aber  seine  Bemühungen  wurden  nach  ihm  fortgesetzt  und 
Gehler*)  erkannte  bereitwilligst  an,  dass  sich  „Weigel  um  die  Verfertigung 
der  Globen  sehr  verdient  gemacht*'  hätte.  Das  Verzeichniss  dieser  luven- 
tionen  findet  sich  in  vielen  Schriften^)  angegeben.    Sie  waren  folgende: 

1)  yy  Astrodictium  Simplex.  Ein  Sternweiser.  Qbne  Vorzeigung  alle 
Sterne  vor  sich  zu  kennen.  Ist  eine  Kegul  auf  die  gestellte  Himmelskugel 
zu  appliciren,  dass  wenn  die  Kegul  auf  den  begehrten  Stern  gerichtet  wird, 
so  weiset  ein  Zirkelbogen  am  Instrument  auf  der  Himmelskugel,  was  es  für 
ein  Stern  sei." 

2)  „Aslrodictium  compositum.  Ein  Sternschranken,  dadurch  über  hun- 
dertPersonen  ihr  Absehn  auf  jeden  begehrten  Stern  zugleich  und  geschwind 
zu  richten.  Ist  ein  gross  Instrument,  welches  über  100  Observatores  auf 
einmal  fasset.  Es  hat  statt  der  Absehen  so  viel  lange  Kimmen ,  welche  von 
demjenigen,  so  das  Werk  regieret,  auf  einen  jedweden  nach  Belieben  be- 
gehrten Stern  gerichtet  werden,  dadurch  man  also  allen  Observaioribus 
einen  jeden  Stern  zugleich  vorstellet.  Es  ist  zu  verwundern,  wie  leicht 
man  mit  dergleichen  Instrument  einem  begierigen  Himmelsliebhaber  die 
Sterne  bekannt  machen  kann." 

3)  yfilobus  mundanus.  Ein  Weltgloben.  Welcher  äusserlich  die  Land- 
schaften der  Erden ,  innerlich  die  Sterne  in  ihrem  Stande  und  Bewegung 
und  zum  Schein  Donner,  Blitz,  Regen,  Wind  sammt  der  Gestalt  der  Anti- 
poden weiset."  Man  konnte  in  demselben  hin-  und  hergehen,  denn  er  hatte 
33  Fuss  im  Umfang.     Er  bestand  aus  Kupfer,  war  aus  „zemehmlichen" 


1)  FortsetzoQg  des  Ilimmelszeigers  S.  37. 

2)  Phys.  Wörterbuch  IV.    S.  197. 

3)  Ausser  in  den  bereits  bezeichneten  noch  in  Extractus  der  Himmelskunst; 
Pancosmus;  Kurze  Beschreibung  der  Erd-  und  Himmelsgloben. 


40    Erb.  Wcigcl.   Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  Wissenachaften 


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Stücken  zusammeDgesctzt ,  so  dass  er  durch  jede  gewöhnliche  Thür  ge- 
schafft  werden  konnte,  und  ruhte  für  den  Gebrauch  auf  eiDem  Gestelle 
von  Holz. 

4)  Ficeglobus.  Ein  Mass,  „die  Weitschaften  der  Orte"  aus  Länge  und 
Breite  zu  finden. 

5)  y,Horographium,  Ein  Schattenmass ,  allerhand  Sonnenuhren  auf 
allerlei  Flächen  leichtlich  und  doch  genau  zu  beschreiben  etc." 

6)  Apparat  zur  Keduction  des  alten  und  neuen  Kaien derstyls. 

7)  Globus  coelesiis  perpetuus. 

8)  „Theoriae  mobiles.  Der  Planetenlauf.  Ist  ein  plattes  Instrument, 
welches,  an  der  Wand  hangend,  den  Lauf  der  Planeten  und  wo  sie  täglich 
am  Himmel  stehen  mit  einem  leichten  Vortheil  weiset." 

9)  ^yGeocosmus,     Die  wirkende  Erdkugel.     Welche  nicht  allein  die 
Landschaften,  sondern  auch  die  Jahres-  und  Tageszeiten  an  allen  Orten 
weiset;  ferner  Wind  und  Regen  wie  auch  die  Feuerspeiung  der  Berge  gar* 
anmuthig  nachahmet  und  vorstellet." 


lY.    Physik  9  Mechanik  und  Technologie. 

Durch  die  Armseligkeit  seiner  Mathematik  wurde  Weigel  auch  endlich 
in  der  mechanischen  Physik  auf  höchst  niedriger  Stufe  festgehalten.  Be- 
merkenswerth  ist  hingegen  seine  Vorsicht  hinsichtlich  der  Beobachtung. 
Ob  das  —  sagt  er  —  was  dem  einzelnen  Menschen  wirklich  zu  sein  scheint, 
auch  ausserhalb  seines  Denkens  wirklich  ist,  kann  er  nicht  wissen,  selbst 
dann  nicht,  wenn  er  ganz  genau  wahrnimmt  und  ihm  die  Erscheinung  so- 
gar Schmerz  verursacht.  Denn  die  Gesichtscmpiindung  bleibt,  nachdem 
die  Lichtquelle  bereits  entfernt  ist,  wir  können  auch  mit  Absicht  Denk- 
bilder erzeugen  und  im  Traume  nehmen  wir  die  Denkbilder  als  wirklich, 
obgleich  sie  entschieden  nur  Denkbilder  sind.  Wenn  daher  solche  Bilder 
ohne  Vorwissen  des  Geistes  entstehen,  ohne  ausserhalb  desselben  zu  existi- 
ren,  so  scheinen  sie  doch  dem  Geiste  wirklich  zu  sein,  folglich  kann  der 
Einzelne  nicht  wissen,  ob  das,  was  er  ausser  sich  wahrnimmt,  auch  von 
Andern  wahrgenommen  werde,  geschweige  denn  ausser  seinem  Denken 
existire.  —  Wenn  dieselbe  Erscheinung  au  einem  und  demselben  Orte  von 
Mehreren  wahrgenommen  und  von  diesen  in  unzweideutiger  Weise  ange- 
zeigt wird,  so  sind  wir  sicher,  dass  die  Erscheinung  für  beide  vorhanden 
ist,  während  jeder  einzelne  Beobachter  glaubt,  dass  sie  auch  ausser  ihm 
stattfinde.  Obgleich  sich  nun  diese  täuschen  können,  wenn  sie  die  Realität 
des  Erschieneneu  annehmen,  so  täuschen  sie  sich  doch  nicht,  wenn  sie  die 
Erscheinung  für  wirklich  und  nicht  für  eine  Fiction  halten.    Das  offenbare 


auf  den  deutschen  Universit.  ira  17.  Jahrh.  Von  Dr.  Bartholomäi.    41 

Zeichen  der  RealitAt  des  Phänomens  ist  die  gleichzeitige  Wahrnehmung 
Mehrer  und  zwar  die  wirkliche  Wahrnehmung,  die  man  eher  aus  ihrem 
Thun  als  aus  ihren  Worten  erkennt.  Zeichen  der  Bealität  ist. auch  die 
Beistimmung  des  Leibes;  deshalb  kann  auch  der  Einzelne  das,  was  er 
öfters  wahrnimmt,  als  wirklich  setzen  ^). 

In  der  mechanischen  Physik  behandelte  Weigel  nur  Hebel,  Winde, 

Rolle,  schiefe  Ebene,  Keil  und  Schraube^  und  die  Fallgesetze'),  wobei  er 

den  Leser  für  den  Beweis  des  Satzes 

-  2  .  -  2  __  /    .  / 
«1    •  *2  X —  'i  •  *2 

auf  andere  Schriftsteller  verweist.  Um  so  mehr  muss  man  seinem  tech- 
nischcu  Geschicke  Gerechtigkeit  widerfahren  lassen.  Seine  inventio- 
nes*)  sind 

1)  Pincerna  staihmicus,  ein  Zugheber. 

2)  Lustis  opticus^  ein  Malerspiel,  alles  Sichtbare  durch  ein  Bretspiel 
abzunehmen. 

3)  Nuntius  acusiicus,  ein  Sprachrohr. 

4)  Pons  hetcroclitus,  „Eine  Verkohrbrticke,  darauf  im  Heruntergehen 
in  die  Höhe  zu  kommen.*^ 

5)  Lanx  reciproga,  „Eine  Fahrwage.  Verborgen  in  alle  Stockwerke 
des  Hauses  ohne  Steigen  bequemlich  zukommen,  dergleichen  im  Wohn- 
haus des  Collegii  allhier  (in  Jena)  von  der  Studirstuben  durch  den  Ge- 
schoss  auf  das  Observatorium  in  einem  nur  drei  Schuh  breiten  Canal  ange- 
ordnet, welche  vermittelst  einer  Gegenlast  einen  Menschen ,  so  sich  an  den 
dazu  geordneten  Handhaben  anhält,  in  die  Höhe  und  wieder  herunter 
lässt,  da  er  doch,  wenn  er  will,  auch  stille  stehen  kann.^^ 

6)  Scala  vectoria,  „Eine  Zugtreppe.  Einem  Hausvater  höchst  nütz- 
lich und  bequem.  Auf  welcher  nicht  allein  sehr  gemächlich  zu  gehen,  und 
nicht  leicht,  ja  über  fünf  Stufen  überhaupt  nicht  zu  fallen  ist,  sondern  auch 
die  grossesten  Lasten  ohne  Anrtihrung  der  Stufen  in  die  Höhe  und  wieder 
herunter  durch  alle  Geschoss  ohne  Mühe  zu  bringen  sind.  Unten  im  Keller 
kann  man  durch  die  öffne  und  aus  blosemKaume  bestehende  Spindel  durch 
alle  Yorgemächer  jedes  Geschosses  bis  zu  dem  Giebel,  ja  gar,  wenn  die 
Haube  abgenommen,  selbsten  in  den  Himmel  sehen. '*    Diese  Treppe  ist 


1)  De  supputatione  mnltitudinis  F.  2.    S.  46.  47. 

2)  Vorstellung  der  Kunst-  und  Handwerke.  Jena  1672.   S.  65  ff.;   De  suppu- 
tatione multitudinis  E  ff. 

3)  Pendulum  ex  Tetracty  deductum.   Jenae  1674. 

4)  S.  Anmerkung  8  auf  S.  39. 


42    Erh.  Weigcl.   Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  math.  WissenBchaften 

noch  im  Weigelschen  Hanse  vorhanden,  aber  schon  wegen  der  anf  ihr 
herrschenden  Dunkelheit  keineswegs  ,;gemächlich*'  zu  steigen. 

7)  Vema  mechanicuSy  ein  Hauszeug. 

8)  Hcliotropium  rorans,  eine  springende  Sonnenblume. 

9)  Uydropota^  ein  Wasserspeier. 

10)  Ein  Springbrunnen. 

11)  Tncliniumy  eine  Speisetafel  mit  springenden  Schalen.  ' 

12)  Globus  hydrostaticus,  eine  Nectarschale  oder  Himmelskugel. 

13)  Clepsydra  tonans,  eine  schicssende  Springuhr.  „Ein  sonderlich 
Werk  in  ein  Lusthaus.^' 

14)  Patina  saliens,  eine  springende  Speiseschüsscl. 

15)  Jeolus  domcsticus^  ein  Luftschöpfer. 

16)  Caminofomax^  ein  Kaminofen. 

17)  Fomax  pracgnans ,  ein  gemeiner  Ofen  mit  einem  verjüngten. 

18)  Tectum  decussatum,  ein  Erkerdach  mit  Altanen  ohne  Kehlen  und 
Rinnen. 

19)  Ein  Ambos,  bei  dessen  Gebrauch  die  Gebäude  keine  Erschütte- 
rung erleiden: 

20)  Ein  Wagen  ohne  Stange,  welche  die  Deichsel  mit  der  Hinteraxe 
verbindet. 

21)  Das  mechanische  Amphibium,  ein  Wagen  für  vier  Personen,  der 
auch  als  Kahn  benutzt  werden  kann. 

22)  Die  Feldkutsche.  Diese  war  nach  Weigels  Ansicht  ein  Ausbund 
aller  Fahrzeuge  zu  Lande,  denn  sie  bot  nicht  weniger  denn  18  Vortheile 
vor  den  bekannten  dar*). 

23)  Reiscrath.  Diente  als  Koffer,  Sitz,  Nachtlager  u.  s.  w.  und  wurde 
von  Weigel  so  wichtig  gehalten,  dass  er  ihn  patcutiron  liess;  doch  findet 
sich  keinerlei  Andeutung,  welche  Geschäfte  er  damit  gemacht  hat'). 

24)  Elastische  Kissen,  welche  die  Wirkungen  des  Stosses  beim  Reiten 
und  Fahren  aufheben. 

25)  Ein  leichter  Panzer  oder  Kleid  aus  sehr  leichtem  Stoffe  für  Sol- 
daten gegen  Hieb  und  Stich  und  Kleingewehr  und  gegen  die  Witterung 
sehr  widerstandsföhig. 

26)  Eine  Schaukel,  die  immer  horizontal  bleibt. 

27)  Die  Schreib-  und  Recheurege'l'^). 

28)  Das  Schulpferdchen. 


1)  Die  Erdkutzsche.    Jena  1673. 

2)  Neuerfundencr  Reiscrath. 

3)  I^urze  Kelation   von    dem   nun  zur  Prob  ^ubraciiteu   mathematischen  Vor- 
schlaft,  betreffeud  die  Kunst-  und  Tugendiiiformation  etc.    Jena  1682.    A.  4. 


auf  den  deutschen  Universit.  im  17.  Jahrh.  Von  Dr.  BARTHOLOHiBT.  43 

« 

29)  Hydrosierium^  ein  Wasserschatz.  „Vor's  Haus  und  die  ganze 
Nachbarschaft  höchst  nützlich  zu  gebrauchen.  So  vermittelst  eines  Druck- 
werks das  im  untersten  Hause  empfangene  Wasser  in  die  Höhe  unter  den 
Giebel  treibet,  von  daunen  es  durch  alle  Gemächer  nach  Belieben  zu  ge- 
brauchen oder  sich  damit  als  mit  Springbrunnen  zu  belustigen  oder  (welches 
Gott  verhüte)  von  daraus  der  in  der  Nachbarschaft  entstandenen  Feuers- 
brunst zu  widerstehen,  fortgeschrützet  werden  kann."  Diese  Wasserkunst 
war  im  Weigelschen  Hause  eingerichtet  und  beruhte  auf  denselben  Prin- 
cipien,  nach  welchen  jetzt  die  grossen  Städte  mit  Wasser  versorgt 
werden  *). 

30)  Perpetuum  mobile,  „Ist  ein  Kunstwerk,  zum  Wasserheben  sehr 
bequem,  welches  in  seiner  Theorie  eine  immerwährende  Selbstbewegung 
allen  Umständen  nach  voUkömmlich  darstellet.  Ist  aber  wegen  seiner 
grossen  Kostbarkeit  noch  nicht  in's  Werk  gerichtet  oder  auf  die  Probe  ge- 
stcllet  worden."  Nichts  kann  wohl  die  mangelhaften  mechanisch-physika- 
lischen Kenntnisse  Weigels  beweisen,  als  dieses  angebliche  Perpetuum 
mobile^  und  er  hatte  von  Glück  zu  sagen,  dass  ihn  die  „Kostbarkeit"  von 
weiteren  Versuchen  abhielt. 

Weigel  hielt  es  für  Pflicht  seiner  Profession,  neue  Erfindungen  zu 
machen,  und  er  gab  sich,  wie  die  aufgezählten  ^^inventiones^^  beweisen, 
nicht  geringe  Mühe  damit,  musste  aber  zu  seinem  Leidwesen  wahrnehmen, 
dass  bei  der  Menge  der  bereits  gemachten  „so  vielen  herrlichen  Erfin- 
dungen" es  schwer  war,  etwas  Neues  auszudenken.  Dennoch  wurde  seine 
Brust  geschwellt  von  dem  Bewusstsein ,  ,,wie  viele  invenliones  Gott  sein^ 
Wenigkeit  beschert"  hatte  und  fühlte  sich  gekränkt,  dass  er  in  Jena  kein 
Glück  damit  und  vor  Allem  kein  Geld  daraus  machte.  Er  wandte  sich 
daher  1690  an  die  Erhalter  der  Universität  um  Urlaub,  um  nach  England 
zu  reisen  und  seine  sämmtlichen  philosophischen,  mathematischen,  astro- 
nomischen, physikalischen  Entdeckungen  der  königlichen  Societät  in 
London  vorzulegen.  Während  seiner  Abwesenheit  sollte  ihn  der  Privat- 
docent  Hamberger  vertreten.  Herzog  Johann  Georg  forderte  ein  Gut- 
achten von  der  Universität,  diese  aber  entschied,  dass  Weigel  die  Reise 
nach  London  vergeblich  machen  würde ^).  Es  war  vielleicht  gut  so,  denn 
diejenige  Erfindung,  welche  ihm  in  der  Culturgeschichte  einen  Ehrenplatz 
für  alle  Zeiten  gesichert  haben  würde  —  die  Schnellpresse  —  zog  er 
zurück,  um  die  Arbeiter  nicht  um  Arbeit  und  Brod  zu  bringen.  Die  Lei- 
stungsfähigkeit derselben  war  so  bedeutend,   dass  „ein  einziger  Arbeiter 


1)  Concentrirte  Wasserkunst.   Jena  1672. 

2)  Ein  Wasserschatz.   Jena  1671.   B.  3. 

3)  Acta  des  Mathematici  Weigels  etc. 


44    Erh.  Weigcl.   Ein  Beitrag  zur  Geschichte  clor  math.  Wissenschaften. 

mit  ihr  so  viel  prästiren  konnte ,  als  mit  der  Handpresse  kaum  zwei  der 
kräftigsten^^  Aber  gerade  diese  grandiose  Erfindung  giebt  der  Ver- 
muthung  Raum,  dass  möglicher  Weise  auch  unter  den  tibrigen  techno- 
logischen Erfindungen  Weigels  sich  die  eine  oder  die  andere  findet,  die 
ihrer  Zeit  unbeachtet  blieb  und  später  von  Neuem  gemacht  *  werden 
musste^). 


1)  Paul  Pater  Dissert.  de  miraculotypis  literarum  S.  106.  Paul  Peter,  ein 
Ungar,  kam  1705  als  Professor  nach  Danzig,  wo  er  im  „ Poppenpf uhr^  eine 
Druckerei  anlegte,  in  welcher  arme  Schüler  in  ihren  Freistunden  arbeiteten. 
Weigels  Presse  hatte  er  selbst  untersucht  und  daran  gearbeitet:  ^jEgo  tarnen  in 
aetUbus  ejus  admirando  operi  non  semel  manum  admoui.** 


üeber   die    Handschrift   R.  4?  2,    Froblematum   Euclidis 
explicatio  der  Eönigl.  Oymnasialbibliothek  zu  Thorn. 


Von 

Maximilian  Curtze, 

ürdentlicheni   Lehrer  an  dieser  Anstalt. 


Durch  einen  Zufall  wurde  ich  im  Winter  1864  —  G5  auf  eine  Hand- 
schrift der  hiesigen  Königl.  Gjmnasialhihliothek  aus  dem  XIV.  Jahrhun- 
dert aufmerksam,  die  im  Kataloge  der  Bihliothek  den  Titel  ^^Problemaium 
Euclidis  explicatio''^  führt.  Dieser  Titel  machte  meine  Neugier  rege,  und 
ein  eingehendes  Studium  derselben  Hess  mich  ihre  grosse  Wichtigkeit  für 
die  Geschichte  der  Mathematik  ahnen.  Da  mir  jedoch  damals  die  nöthige 
LiteratnrkenntnisR  nicht  nur,  sondern  auch  die  technische  Fertigkeit  im 
Entziffern  fast  völlig  abging,  so  war  es  mir  erst  im  Sommer  18G5  möglich, 
meine  Entdeckung  competenten  Richtern  mittheilen  zu  können  und  ihnen 
ein  nngeföhres  Bild  meines  Fundes  zu  machen.  Vor  Allem  war  es  der 
tiefste  Kenner  mittelalterlicher  mathematischer  Literatur,  der  Fürst  Don 
Baldassarre  Boncompagni  in  Rom,  der  mich  veranlasste,  eine  ge- 
naue Analyse  der  ganzen  Handschrift  auszuarbeiten.  Mancherlei  B^rufs- 
geschäfte  und  die  grosse  Schwierigkeit,  die  sich  mir  in  der  Beschaffung 
ausreichender  literarischer  Hilfsmittel  darbot,  —  so  war  es  mir  z.  B.  un- 
möglich, eine  Ausgabe  der  Geometria  speculativa  des  Bradwardinns  zu  er- 
halten ;  ja  selbst  die  Berliner  Bibliothek  besitzt  nur  die  theologische  Schrift 
desselben  „Z>^  caussa  Dei  contra  Pelagium  et  de  virtute  caussarum  libri  III^'' 
—  haben  die  Vollendung  dieser  Abhandlung  länger  verzögert ,  als  ich  es 
gewünscht.  Ich  hoffe  jedoch,  dass  auch  jetzt  noch,  nachdem  eine  kurze 
Notiz  über  die  Handschrift  gleich,  nachdem  ich  zu  dieser  Arbeit  angeregt 
wurde,  in  einem  Pro vinzialblatte*)  und  hieraus  abgedruckt  in  Grunerts 
Archiv**)  erschienen  ist,    eine    genaue  Analyse  nicht  überflüssig  sein 


*)  Altprenssische  Monatsschrift  beransg.  von  Reicke  nnd  Wiehert. 
Bd.  2.    S.  457  ff.  und  8.  651  ff. 

**)  Ornncrts  Archiv  Th.  44.    8.  371  and  501. 


46  Ueber  die  Handschrift  R.  4?  2,  Problematum  Euclidis  explicatio^  der 

dürfte.   Sie  wird  mir  Gelegenheit  geben,  manche  falsche  Conjeetar,  die  in 
dieser  Notiz  mit  untergelaufen,  nach  jetzt  besserem  Wissen  zu  berichtigen. 

§1. 

Aeussere  Beschreibung  der  Handschrift. 

Die  Handschrift,  um  die  es  sich  handelt,  hat  im  Kataloge  der  Biblio- 
thek die  Nummer  R,  49  2.  und  den  Titel  „Problematum  Euclidis  expiicatio*'. 
Sie  besteht  aus  222  Seiten  in  klein  Quart,  welche  mit  einer  Pergament- 
schale zusammengeheftet  sind.  Die  Seiten  1,  2,  207 — 222  sind  ohne  Pagi- 
nierung und  auch  mit  Ausnahme  von  Seite  1  nicht  beschrieben.  'Seite  3  — 
206  aber  sind  von  einer  ganz  modernen  Hand  mit  den  Zahlen  3  —  206  am 
äussern  obern  Rande  bezeichnet.  Der  Codex  enthält  im  Ganzen  13  ver- 
schiedene Stücke  von  grösserem  oder  geringerem  Umfange.  Der  oben  ge- 
nannte Titel  schien  mir  anfänglich  vollkommen  incorrect  —  er  befindet 
sich  auch  auf  der  Seite  1 ,  aber  von  sehr  moderner  Hand ,  vielleicht  durch 
den  ersten  Beschreiber  unserer  Bibliothek,  Petrus  Jaenichius  (Jae- 
nichen),  im  Jahre  1723  hinzugefugt  — ,  da  ich  einige  wirklich  Euklidi- 
sche Stücke  der  Handschrift  zuerst  verkannte;  jedenfalls  wäre  ein  anderer 
vorzuziehen.  Die  Schriftgattung  des  Manuscriptes  ist  die  gewöhnliche  des 
XIV.  Jahrhunderts,  zum  Theil  durch  die  Abbreviaturen  sehr  unleserlich, 
Vielfach  sind  auch  Randglossen  von  derselben  Hand  vorhanden,  überhaupt 
ist  das  Manuscript  von  einer  und  derselben  Hand  geschrieben. 

Auf  der  äussern  Seite  des  vordem  Umschlags  findet  sich  ein ,  wie  es 
scheint)  nur  um  ein  Geringes  jüngerer  Titel  in  gothischer  Schrift:  Perspectiua, 
item  Geomelria  Braswardini  (sie!)  j,  w.  p.  v.  a.  —  Ein  ähnlicher  Titel,  der 
dem  Ende  des  XV.  Jahrhunderts  anzugehören  scheint,  findet  sich  auch  auf 
der  Seite  1 .  Er  lautet :  hoc  liber  10'^  compleclitur  plures  traclalus  pcrspectiue 
et  geomclriam  \\  Bradwardini  etiam  de  latitudinc  formarum.  Die  Lehrsätze  und 
Aufgaben  sind  zum  grössten  Theile  bis  Seite  128  in  grösserer  Schrift  ge- 
geben und  nachher  mit  Roth  unterstrichen.  Auch  die  Initialen  sind  roth 
geschrieben  und  die  Anfangsbuchstaben  der  Zusätze  und  Absätze  roth 
durchstrichen.  Von  Seite  128  an  fehlen  die  Initialen  gänzlich,  und  zuletzt 
ist  auch  der  Unterschied  zwischen  den  Theoremen  und  dom  Texte  fallen 
gelassen.  Nur  das  zweite  Stück  und  der  Tractatus  de  contifiuo  Bradwardini 
sind  ohne  zugefügte  Figuren.  Sonst  besitzen  alle  übrigen  Stücke  des  Ma- 
nuscriptes dergleichen  in  mehr  oder  weniger  guter  Ausführung.  Am  iunern 
Rande  werden  die  einzelnen  Theoreme  mit  arabischen  Ziffern  numeriert  in 
der  um  jene  Zeit  üblichen  Form.  Ein  paar  deutsche  Sprüchwortc,  die  sich 
auf  der  Innern  Seite  des  vordem  Umschlags  und  auf  Seite  1  finden,  über- 
gehe ich  als  für  meinen  jetzigen  Zweck  unwesentlich.  Wen  dieselben  in- 
teressieren sollten,  findet  sie  an  den  beiden  oben  citierten  Orten. 


Königl.  Gymnasialbibliothek  zu  Thorn.  Von  Maximilian  Curtze.    47 


'  ^  ^  ^  .^  ••  ■ 


§  2. 
Erstes  Stflek:  EHclldis  über  de  visu. 

Seite  3 — 30  nmfasst  zunächst  einen  der  auf  dem  Titel  erwähnten  Tra- 
ctatus  Perspectiue  j  dem  freilich  die  Einleitung  fehlt  und  ebenso  das  Ende. 
Dieser  Mangelder  Einleitung  in  Verbindung  mit  dem  Umschlagstitel  Per- 
specliua  item  geometria  Brasrvardini  Hessen  mich  lange  diese  Abhandlung  fiir 
eine  bis  jetzt  völlig  unbekannte  Perspective  dieses  berühmtesten  Mathema- 
tikers des  XrV.  Jahrhunderts  halten.  Bestärkt  wurde  ich  in  meiner  Mei- 
nung  noch  durch  zwei  Handschriften,  die  Montfaucon*)  als  im  Besitze 
der  Bibliothek  des  Vatican  befindlich  angibt,  so  dass  ich  sie  gewichtigen 
Autoritäten  gegenüber  in  der  oben  angezogenen  Notiz  für  bradwardinisch 
festzuhalten  mich  berechtigt  glaubte.  Um  mir  jedoch  Gewissheit  zu  ver- 
schaffen, wandte  ich  mich  an  Fürst  Boncompagni  mit  der  Bitte,  in  der 
Bibliothek  des  Vatican  nach  den  beiden  Handschriften  Montfaucons: 
Tractatus  de  Geometria  Perspectiua  autore  Guilielmo  Bruduardino  und  Guillemi 
Vradtvardin  Geometria  et  Perspectiua  nachsuchen  zu  lassen  und  mir  da3  Re- 
sultat mittheilen  zu  wollen.  Der  Fürst  mit  seiner  bekannten  Liberalität 
beauftragte  Herrn  Enrico  Narducci  mit  der  Untersuchung,  und  dieser 
£Ceschätzte  Gelehrte  übersandte  mir  die  nachfolgenden  Zeilen  in  Betreff 
dieser  Codices,  die  ich  auch  wegen  späteren  Gebrauchs  hier  abdrocken 
lasse: 

Rome,  29  novembre  1865. 
Monsieur, 

Ayant  re9U  de  M. le  prince  Boncompagni  la  commission  d^examiner 
quelques  manuscrits  de  la  Biblioth^que  du  Vatican,  k  l'aide  desquels 
pouvoir  repondre  aux  questious  qui  se  trouvent  dans  votre  lettre  du  15  no- 
vembre 1865,  c*est  avec  plaisir  qu^  je  m'acquitte  de  cette  commission  en 
vous  ^crivant  ci-apr^s  les  r^sultats  de  ccs  recherches. 

Les  deux  manuscrits  indiqu^s  par  Montfaucon  (Bibliotheca  Biblio- 
Ihccarum  Manuscriptorum  nova,  Paris,  1739,  T.  I.  p.  38  et  88)  existent 
encore  dans  la  Biblioth6que  du  Vatican ,  et  sont  actuollement  cot^s  Regina 
Suecorum  n21  1235  et  1253,  Seulement  il  y  a  confusion  dans  les  titres,  car 
aucun  de  ces  deux  manuscrits,  ni  aucun  autre  manuscrit  de  la  m^me  biblio- 
thöque  (ainsi  que  j^ai  pu  m*assurer  en  examinant  les  catalogues  manuscrits) 
ne  contient  aucun  exemplaire  d^une  Perspectiua^  portant  le  nom  de  Brauar- 
ditiy  Braduardin^  Bruduardin  ou  Vradtvardin  pour  auteur. 

Le  premier  des  deux  manuscrits  ci-dessus  mentionn^s,  c^est-ä-dire 
celui  cotö  Regina  Suecorum  n^.  1235  est  in  4?   p?  ,  de  67  feuillets  en  parche- 


*)  MontfaaeoB,  Bibliotheca  Bibliothecarum  Manuscriptorum  novo.  T.  1.  Paris,  1739. 
Fol.  p.  38  und  88.  Man  vergleiche:  HeUbnmner,  Ilistoria  Matheseos  Universae, 
Lipsiae,  1724.    4».    p.  543  and  644. 


48    Ueber  die  Handschrift  R.  4?  2,  Problematum  Euclidis  explioatio,  der 

min,  dont  les  1*! — 4®,  G7*  ne  sont  pas  nnmdrot^s  ni  Berits,  et  le^  5?  —  66f 
sont  nom^rot^s  dans  les  marges  sup^rieures  des  rectos  avec  les  chiffres 
1  —  G2.  Les  feuillets  nnm^rotes  1 — 31  de  ce  manttscrit  contieDoent  nn 
exemplaire  de  la  g^om^trie  de  Brauardin.  Cet  exemplaire  commence  (feoil- 
let  1  recto^  lig.  1 — 8):  ^fieometR'a  y^gp^Hva-  (sie!)  I]  guillemi  braduadmi^) 
^yGEomet'a  assecutiua  est  [  arismet'ce  ^admodü  rhelo^   ||  dyaletice.     nam  et 

,^posieri^ois  |j  Est  e^  nuoi  passiones  magtudinih"  '  deseruiüt  4^  qd  euclides  geo- 
„m^/e  !|  arismefcam  infposuit;^''  etfinit  (feaillet  31  verso^  lig*  17 — 19)  :  „äii/  rü 

mm 

^^eqli  arcu  de  zo^?  oVt*  qiiqiplus  qwfiplus  qüqi  ,  nii'  de  eqnocciali  cculo  $i  ^mcf 

^^phanc  9*^  11  euidenter  Tc  e  finis  nri  apis  t  ^."  Tout  cela  correspond  ex- 
actement,  k  quelques  variantes  pr^s,  k  P  Edition  ^fieometria   spcculaliua 

Thotne  brauardinij  etc.  impressa  pan'sP  etc.  Anno  dmi  1405.  die  20.  may", 
depnis  le  commencement  jusqu'^  la  ligne  9  du  verso  de  T  avant  -  demier 
feuillet.  S^ensuitent  dans  V^dition  et  inanqnent  dans  le  manuscrit  1?  ,,€  Re- 
collectio  mm  proportionum  numeralium^*^  2?  ^jTractaius  de  quadnUura  circvli 
editus  a  quodam  archiepiscopo  '  ordinis  frairum  minorumJ'''  La  note  suivante, 
ecrite  h  Vencre  rouge  dans  le  feuillet  31  verso^  lig.  20 — 22,  nousdonner^ge 
du  manuscrit:  ^^Explicit  geometa  venerabilis  doclois  ]  cjyri  gwii  bradwardin 

äno  xpi  Ojl  !  .ccc^.  LxxxvJ  In  vigilia  natitatis  xpi,^^    L'ecnt  anonyme  qui  suit 
dans  le  meme  manuscrit  (feuillets  32 — 62)  est  reellement  la  Perspective  de 
Jean  Peckkam^  arcliev^que  de  Cantorbery.     Cot  ocrit  commence    (feuillet 
32  recto^  ligne  1  —  3):  j,phisice  perspectiua  \^  iNler  ptiyce  ifsideracois  studia 
lux  jocüdius  afficil  medilantes^\  et  finit  (feuillet  62  versoy  lig.  44  et  dorniere): 

„e«(/e  rüe  i  pt  app_efe  explirt  GeometRa  psp^tiua^*^ :  ce  qui  correspond  h  tout 
ce  qu'on  lit  dans  ledition  intitulre :  ,,/o.  Archiepiscopi  Caniuariensis  Per- 
spectiua communis,  —  Impressum  hoc  opus  Venetiis  per  Jo,  Baptislam  Sessam. 
Cal,  Junij  ']  MCCCCIIII.  Diligentissimc  emendatü.  Per  L,  j  Gauricum  ^"eapoli- 
tanum"^  (feuillet  2  recto,  ligne  5  jusqu^au  feuillet  19  verso,  ligne  41)  c'est- 
ä-dire  le  traiti^  entier,  sauf  des  varietc^s  de  raots. 

„Le  manuscrit  cott^  Regina  Suecorum  1253,  qui  est  le  second  des  denx 
manuscrits  cites  ci-dessns,  est  aussi  cn  parchcmin,  in  4?  p*?  de  77  feuillets, 
dont  les  1*",  2^,  77*  ne  sont  pas  numerotos  ni  c^crits,  et  les  3« — 76*^  sont 
numorotos  dans  les  rectos  avec  les  nunu'ros  1  —74.  II  est  de  plusieurs  ecri- 
tures,  qui  paraissent  toutes  du  commencement  du  XIV*-*  siecle.  Les  feuillets 
34 — 61  contiennent  un  exemplaire  coraplet,  peut  s'enfaut,  dela  Perspective 
de  Peckkam.  Cette  exemplaire  commence  (feuillet  34  recto,  ligne  1  —  3): 
„7?  .  .  .  pacham,  alhumae  (sie!)  al^maco  (?)  psp"!'**)  ;  iNter  phice  ^sid^ationis 


*)  Les   mots   ,,guUlemi  braduadinV^    sont  d'unc   main  differcnte   et   beaucoap 
plus  moderne. 

**)  Ce  titre  21  t'te  Joint  postcricMircnicnt.     Malhcnrcuscnicnt  un   relicur  igno- 
rant  a  empörte'  la  partie  saperienre  des  mots  formant  ces  titrea ;  ainsi  que  d*aali« 


Königl.  Qymnasialbibliothck  zu  Tliorn.   Von  Maximilian  Cürtze.    49 

^^sludia  lux  iocüdi^  ^fßc^  mediiä!(\ies^^ ;  et  finit  (feuillet  Gl  versoy  lig.  28 — 29): 
„^  oti  fatso  dnr  de  yride  mVlü  p'*$i  [jj^ll^tht^  lapidibi  pteplam*^^  ce  qui  cor- 
respond  k  tout  co  qu'on  lit  dans  Ti^dition  indiquf^e  dans  1a  ligne  25  de 
la  page  48  (feuillet  2  recto,  ligue  5  jusqu'au  feuillet  19  verso,  lig.  21 
— 22).  Ce  qui  suit  dans  les  lignes  23  —  41  du  m6me  feuillet  19  verso  est 
ainsi  röcapitule  dans  le  manuscrit  (feuillet  61  versOy  lig.  29 — 32):  „C  Gnaio'm 
„yn'dis  cdthaclismü  exclude^  C  Luce  solare  f  sid^ale  t  pspicuo  ||  puro  effice 
,,gal(txiam  J  Quidam  iHpho  ^traßice^  non  uerentutC^.  —  Les  feuillets  70 — 74 
du  m^me  manuscrit  contiennent  un  exemplaire  du  Liber  Karaslonis,  Cet  ex- 
emplaire  commence  (feuillet  70 r^c/o,  lig.  1—4):  ,,cOnlmuel  deus  y^ualione  lud 
„'f  nth'plicet  ex  saluie portione  iuätnö  puerl  ego  germane qualis  tu  esquiabstegit 
y^me^tes  cum  inquisitione  sua  t  excitat  am  ad  speculand' ^^ ;  et  finit  (feuillet  74 
rectOy  lig.  30 — 31):  „T  facti  ie  vid^e  locü  resiiiulöis  t  facH  te  cognosce*  casü 
^yCrroris  li  Finitus  Est  liber  Karastonis.*'''  Cette  lection  est  conforme  k  celle 
donnee  par  M.  Steinschneider  (Intorno  al  liber  Karastonis,  Letiera  di  Mauri- 
zio  Steinschneider  a  D,  Baldassarre  Boncompagni,  Roma  IS 63;  page  8)  du 
commmencement  et  de  la  fin  du  Liber  Karastonis^  d*apr6s  un  manuscrit  con- 
servd  dans  la  Bibliotlieque  du  Couvent  de  8.  Marc  de  Florence  (feuillets 
112  verso  —  119  recto).  M.  Steinschneider  dans  son  opuscule  ci-dessns 
mentionniS  k  Tappui  de  documents,  croit,  que  ce  liber  Karastonis  soit  une  tra- 

duction  faiteparCerar^^^Crmoned'apresroriginalarabc  (c»^*^  j^'  V^^) 
de  Thabit  ben  Corra.'' 

Die  weiteren  Worte  sind  ohne  Interesse  für  das  Folgende,  weshalb 
ich  sie  hier  tibergehe.  Nach  dem  Mitgethcilten  ist  der  Irrthum  Montfau- 
cons  in  Betreff  des  ersten  Manuscriptes  Beginn  Suecorum  1235  leicht  zu 
entschuldigen,  da  Anfang  und  Ende  desselben  in  den  Worten  Geomelria 
Perspectiua  bestehen.  In  Betreff  des  zweiten  Manuscriptes  Regina  Sueco- 
rum 1253  ist  freilich  die  Möglichkeit  eines  Irrthums  beinahe  ausgeschlossen, 
obwohl  die  Blätter  1 — 33  desselben,  deren  Inhalt  oben  nicht  mit  angegeben 
ist,  denselben  vielleicht  noch  involvieren  können.  Jedenfalls  hoffe  ich 
Andere  durch  das  Ohige  vor  meinem  Irrthum  zu  bewahren. 

Während  des  Druckes  dieser  Abhandlung  erhielt  ich  durch  die  Güte 
des  Fürsten  Boncompagni  noch  Nachrichten  über  einige  Handschriften 
der  Vaticana,  aus  denen  erstens  hervorgeht,  dass  das  Manuscript  Regina 
Suecorum  1253  gar  nicht  das  Manuscript  ist,  welches  Montfaucon  a.  a.  O. 
p.  88  citieit,  sondern  ein  anderes,  das  auf  p.  25  desselben  Werkes  ange- 
führt wird.  Das  wahrscheinlich  mit  dem  auf  S.  88  aufgeführten  identische 
Manuscript  der  ra/ica72a,  dessen  Katalognummer  ist:  Codex  Vaticanus  3102, 


titres  trus-int^ressants,   cur  ils  faisaicnt  connaitre  les  ouvragcs  aiixquelles  ils  se 
rapportaient. 

Z«itschriri  f.  Mathematik  o.  Physik.    (Supplem.)  ^ 


5()    Ueber  die  Uand8chrift  K.  4v  2,  Probleiiiatuin  Euclidis  explicatio,  der 

enthält  nun  aber  wirklich  von  Blatt  110''  Zeile  2G  —  Blatt  111*'  Zeile  13 
eine  Perspective,  die  dort  dem  Bradtvardin  zugeschrieben  wird.  £&  heiflst 
nämlich  Blatt  HO''  Zeile  25-20:  ,,Explidt  Geomet'a  hrauardi  ^e  Quadrala 
circuli  l|  Incii/il  jtspetia  eiqdem,  Ueber  den  Inhalt  kann  ich  leider,  da  ich  die 
weitere  Auskunft  noch  nicht  erhalten  habe,  Näheres  nicht  angeben. 

Aus  der  Abhandlung  Steinschneiders  in  der  „Zeitschrift  für 
Mathematik  und  Physik'' X.  Jahrg.  S.  45G— 498:  „Die  mitOeni  Bü- 
cher der  Araber  und  ihre  Bearbeiter*^  fand  ich  jedoch  bald,  dass 
die  fragliche  Perspective  nichts  Anderes  sei,  als  die  Optik  des  Enkli- 
des,  die  unter  dem  Namen  Euclidis  Über  de  uisu  sich  in  lateinischer  Ueber- 
setzung  in  hunderten  von  Manuscripten  des  Mittebalters  findet.  Unter  die- 
sem Titel  \si  unser  Werk  auch  in  dem  zweiten  Stücke  der  Handschrift  wört- 
lich citiert.'  Zur  Vergleichuug  stand  mir  nur  die  Pariser  Ausgabe  von  1557  st 
Gebote :  Euclidis  |  Optica  cl  Catoptrica  i*  Greco  ,j  uersa  per  loanncm  \\  Penam 
Regium  \\  Mathematicum  ein.  |i  Parisiis  |:  Ex  Officina  Andreae  JVechelH,  2  BlI. 
und  G4  S.  4'?  Was  ich  Abweichendes  gefunden  habe,  werde  ich  nachher 
mittheilen.  Jetzt  zuuächst  die  Bemerkung,  dass  Steinschneider  im  Irr- 
thum  ist,  wenn  er  in  der  citierten  Abhandlung  S.  407  Zeile  19  von  oben  der 
Optica  und  Catoptrica  zusammen  G4  Figuren  gibt,  da  diese  Zahl  der  Optik 
allein  zugehört. 

Unser  Maniiscript  beginnt  Seite  3,  Zeile  1  — 2:  ^^SUpponatur  ab  oculo 
eductas  lineas  rcclas  ferri  spntiorum  inaynitudincm  et  mensttrarufn^*"^  das 
heisst,  OS  fehlt  die  ganze  Einleitung,  die  in  andern  Manuscripten  vorhan- 
den ist,  und  es  beginnt  also  bei  uns  das  liber  de  uisu  sogleich  mit  den  The- 
sen. Von  dicson  zähle  ich  13.  Die  erste  bis  achte  stimmen  mit  den  Thesen 
der  l*ariser  Ausgabe,  unsere  neunte  ist  dort  die  olfto,  unsere  zehnte  dort 
die  zwölfte.    Auf  sie  folgen  bei  uns  noch  folgende  drei  Thesen : 

11.  Omiirs  uisHS  equevrlnccs  esse,  qui  secumlum   equales  awjulos  defini- 

untur; 

12.  Nofi  aute.ni  sunt  equeveloces  qui  secundum  inequnles  lineas  drfinninlur: 
'     13.   Non  sub  quocuuque  angulo  rem  uidcri. 

Die  Tiieson  9  und   10  der  citierten  Aasgabe  von  1557  fohlen  bei  uns  voll- 
ständig.   Bei  den  nun  folgenden  Theoremen  ist  es  merkwürdig,  dass  die 
meisten  neben  dem  mehr  oder  weniger   zutreftenden  Wortlaut  genannter 
Edition  jedesmal  noch  einen  anders  gefassten  Anssi)rnch  desselben  Satzes 
in  sich  schliessen.    So  heisst  z.  B.  der  erste  Satz  bei  uns:  ,,Nullum  uisorum 
simul  lotum  uidctur.    In  eodcm  momcnto  non  uideri  plura^\  während  der  Pariser 
Druck  einfach  als  Thcorcnia  I  aufführt:  Nullum  aspeelabile  simul  lotum  cer- 
nitur.    Mit  dieser  Eigenthümlichkeit  hängt  es  wohl  auch  zusammen,  dass 
zum  grössten  Theile  bei  uns  die  Beweise  bei  weitem  ausgedehnter  sind,  als 
in  dem  gedruckten  Exemplare.    Die  Figuren  stimmen  fast  immer  mit  der 
Ausgabe,  nur  .«ind  an  Stelle  der  griecbiscbcn  Buchstabon   entsprechende 
lateinische  getreten.    Bis  Lehrsatz  G  stimmen  beide  Ausgaben;  Lehrsatz  7 


Königl.  Gymnasialbibliothek  zu  Tliorn.   Von  Maximilian  Curtze.    51 

der  Handschrift  findet  sich  nicht  im  Druck;  bis  Lehrsatz  16  bei  uns  stimmt 
dann  wieder  der  um  je  eins  niedrigere  Lehrsate  bei  Pcna;  Satz  17  ist  wie- 
der beiden  gemein;  18  fehlt  im  Druck;  19 — 25  entspricht  18 — 24  der  Aus- 
gabe; Satz  25  in  dieser  fehlt  bei  uns;  dann  ist  wieder  26—29  in  beiden 
Redactionen  gleichlautend.  Satz  30  im  Manuscript  fehlt  im  Druck;  31  — 
38  ist  gleich  30  —  37.  Satz  38  des  Druckes  fehlt  bei  uns;  Theorem  39 
stimmt  beiderseitig.  Der  Satz  40  ist  bei  uns  zweimal  gezählt;  40^  ist  gleich 
40  der  Ausgabe,  40^  41  respectivo  gleich  44,  45  der  Edition;  42  bei  uns 
fehlt  ganz  bei  Pen a;  43 — 45  ist  gleich  41  —  43  der  Ausgabe.  Der  Satz  46 
entspricht  sich  wieder  in  beiden  Exemplaren;  47  entspricht  dem  Satze  49. 
Die  Sätze  47  und  48  der  Edition  fehlen  uns  also  völlig,  dagegen  ist  unser 
Satz  48  bei  Pena  nicht  vorhanden.  Die  Sätze  49 — 59  endlich  entsprechen 
den  Sätzen  50 — 60  des  Pariser  Druckes.  Satz  61  der  Ausgabe  fehlt  uns 
völlig  und  auch  Satz  59  lautet  bei  uns  Seite  29  Zeile  39 — 41  bis  Seite  30 
Zeile  2:  „Si  tetragoni  contactis  dyametrornm  ad  rectos  trahatur  recta  in 
ipsa  nero  oculns  ponatnr  latent  tetragfoni  eqnalia  apparebunt  et  dyametri 
eqnales  apparebunt.  Esto  leiragonus  .a,  b.  g,  d.  et  protrahentur  in  eo  dyagoni 
,d.  b.  g.  a.  et  protrnhatur  perpendicularis  ab  x,  puncto  empipcdo  elcuata  recta 
.e.  in  qua  oculus  .m,  iaceat  et  accidant  radij  .m,  a.  m.  b.  m,  d.  m,  g^\  das  heisst, 
es  ist  mitten  im  Beweise  abgebrochen.  Auf  der  Seite  30  würde  aber  gerade 
Kaum  genug  sein,  dass  der  vollständige  Beweis  und  der  fehlende  letzte 
Lehrsatz  der  gedruckten  Ausgabe  noch  Platz  finden  würden. 

§3. 

Zweites  StAck:  UTrum  aisio  corporis  que  fit  per  radiorum  reflexionem  ei 
rerractioneiii  possii  esse  equalis  uisioni  que  fit  per  rectaiii  radiorum 

radiationein. 

(Seite  31  Zeile  1   -2.) 

Das  Stück  erstreckt  sich  von  Seite  31  Zeile  1  his  Seite  33  Zeile  31  und 
endigt  (Zeile  29  —  31):  Omnis  piramis  est  angulata  igitur  omnis  pyramis  est 
laterata  quia  anguii  non  sunt  sine  lateribus,  aus  palet  quia  omnis  pyramis  habet 
conum  et  basim.  Den  Verfasser  zu  ermitteln ,  ist  mir  nicht  gelungen ;  mit 
grösserer  Wahrscheinlichkeit  lässt  sich  die  Zeit  der  Abfassung  bestimmen. 
Auf  Seite  30  Zeile  32  —  37  werden  nämlich  als  Beweismittel  citiert:  1.  £u- 
clidis  liber  de  uisu^  wie  schon  oben  angegeben  wurde;  2.  Witilo,  Pcrspe- 
cliua  Hb.  3.  prop.  /V*);  3.  Bacon,  Cap.  2  distinct.  6.]  4.  VoÄ.  de  pysano  p.  L 


*)  Es  sei  mir  crlaabt,  über  diesen  berühmten  Optiker,  der  freilich  unter  dem 
Namen  Vitellio  bekannter  ist,  hier  in  lUngerer  Anmerkung  einige  Bemerkungen 
zu  machen.  Herr  Prof.  Cantor  in  Heidelberg,  an  den  ich  mich  ebenfalls 
wcfr^""  der  Handschrift  gewandt  und'  ein  in  derselben  abgezeichnetes  Ange  mit 
eingelegt  hatte,  sprach  in  einem  Briefe  vom  3,  August  1865  die  Vermuthung  ans, 
dass  etwa  dieser  Gelehrte  der  Verfasser  der  darin  enthaltenen  Perspective  sei.* 
Wenn  dies  sich  auch  nicht  bestätigte,  so  ergab  sich  doch  bei  den  NacM<^T%<:\\vc«vs5,^xv^ 


52    Ueber  die  Handschrift  R.  4v  2,  Problematum  Euclidis  explicatio,  der 


'  .  -.'->^.'    '  ^-  '  y  . 


---  y^  .  --».y  -» .- 


prp.  40,  über  welches  letztere  Werk  wir  gleich  nachher  zu  handeln  haben. 
Witelo  und  Joh.  Peckk&muB  werden  auch  auf  Seite  31  an  mehreren 


die  der  Custos  der  König!,  and  UnivcrsitUtsbibliotltek  zu  Königsbergs  Herr  Dr. 
R.  ReickOf  für  mich  anzustellen  die  Güte  hatte,  dass  es  vielleicht  möglich  sei, 
dieser  Optiker  Vit  eil  io  sei  ein  geborner  Thorner.  In  der  Widmung  seines 
Werkes  nämlich  sagt  er:  VeTitatis  amaiori  frairi  Guilehno  de  Morbeka  Ifiielo  filiks 
Thitringorum  ei  Polonorum  ceL  Nun  meint  ^ireytag,  Anafecta  lUteraria  de  Hbris  rario- 
ribus  Lipsiae  1750.  8<>  S.  978,  man  müsse  hier  für  2'huringo-Polonu»  lesen  Tkoringo- 
Polonus  und  dies  solle  heisscn  Thorunii  natus^  d.  h.  in  Thorn  geboren.  Dass  diese 
Ansicht  eine  blosse  Conjectur,  ist  wohl  schon  daraus  sicher,  dass  zu  Lebxeiten  des 
Witelo  (Mitte  bis  Ende  des  Saec.  XIII)  Thorn  als  Stadt  noch  gar  nicht  existiertf, 
ausserdcTm  würde  es  dann  auch  Thorunius  statt  Thoringus  heissen  müssen.  Die 
Widmung  aber  in  Verbindung  mit  einer  Stelle  im  X^*^  Buche,  nämlich  Tkeorema 
LXXIV:  Quoniam  enim  non  est  possibile  nolis  vel  lunae  (quorum  solum  modo  corpo- 
rum,  ut  70  th.  huius  diximus,  radij  iridem  fuciunl)  cenira  in  horizonte  existere^  nisi  in 
Oriente  uel  occidente,  in  nostra  terra,  scilicet  Polonine',  /tabilabili,  quae  eti  circa  fatitM 
dinem  50 gradaum  cei.f  hat  die  Polen  veranlasst,  den  Witelo  als  einen  der  Ihrigen 
KU  fedamieren.  Sie  haben  sogar  eine  vollständige  Geschichte  seines  Lebens  con 
struiert,  dass  er  bei  Krakau  ein  Observatorium  gehabt  u.  s.  w.,  obwohl  wir  Ober 
seine  Lebensumstände  nur  auf  einige  dürftige  Nachrichten  seines  Werkes  ange- 
wiesen sind.  Fast  alle  Schriftsteller,  die  über  Geschichte  der  Optik  geschrieben, 
haben  der  liistorya  lileralury  Polskiey  des  Felix  Bentkowski,  Warschau  und 
Wilna  1814.  8*^.  ä.  Band  S.  29G,  297,  einfach  nachgeschrieben,  ohne  sich  auf  eigne 
Untersuchungen  einzulassen.  Nach  Bentkowskj  ist  ^teUio  —  diese  Kamens- 
form  mussten  sie  nothwendig  beibehalten,  um  ihre  Sache  zu  stützen  —  eine  blosse 
Uebersetzung  des  polnischen  Wortes  Ciolek,  was  Kalb  bedeutet  und  gleichzeitig 
der  Name  einer  der  berühmtesten  polnischen  Adelsfamilien  ist.  Nun  haben  aber 
die  ältesten  Handschriften  niemals  diese  Form  Vitellio,  sondern  wie  schon  Poggen- 
dorff,  biogr.-litterar.  Handwörtcrbucli  zur  Gesch.  der  exacten  AVis- 
sensch.  Bd.  II.  Sp.  1212,  bemerkt  hat,  stets  entweder  die  Form  Witilo  oder 
Witelo.  Unsere  Handschrift  z.  B.,  die  von  1359  datiert  ist,  hat  viermal  die  Form 
Witilo  deutlich  ausgeschrieben.  Auch  Fürst  Boncompagni  besitzt  in  seiner 
reichen  Manuscriptsammlung  Nr.  358  einen  Pergamentcodex  dieser  Optik  aus  dem 
XIV.  Jahrhundert.  In  diesem  heisst  es  nach  der  Beschreibung  des  Herrn  Nar 
dncci  {Catatogo  di  manoscritti  cet.  p.  167  Zeile  16—18  und  Zeile  24—25):  „C  Inn'pit 
proiogiis  in  primum  Librum  perspectiue,  Eritaiis  amatori  fratri  Vilhelmo  de  morbeka 
Witelo  fdius  thitringorum  et  colonorum  cet.**  und  ,Jncipit  Über  X**/  Continus  (sie)  et  sine 
exceptionis  de  perspectiua  demonstrata.  Magistri  Ooittelonis^*.  Beidemal  also  haben 
wir  auch  hier  die  Form  Witelo,  denn  auch  das  zweite  Mal  steht,  wie  sonst 
immer  im  Lateinischen,  Gu  für  IV.  Auch  von  den  6  Handschriften,  die  II  eil - 
bronner  a.  a.  O.  aufführt,  haben  drei  die  Form  Witelo  oder  Wytelo  für  den  Na- 
men des  Verfassers,  die  deshalb  auch  von  ihm  nicht  dem  Vitellio  zugetheilt 
werden.  Von  den  drei  übrigen  ist  es  ebenso  ungewiss,  ob  der  Titel  der  Hand- 
schrift mit  der  Form  des  Namens  in  derselben  übereinstimmt,  da  z.  B.  auch  die 
Handschrift  des  Fürsten  Boncompagni  den  Katalogtitel  Vitellionis  Optica  führt 
obwohl  die  daselbst  angewendete  Namensform  Witelo  ist.  Von  den  beiden  Hand- 
schriften der  Vaticana:  Codex  Vatic,  Urbin.  265  und  Cod.  Vat.  Urbin.  296  hat  nach 
gütigen  Mittheilungen  des  Fürsten  Boncompagni  der  erstere  die  Namenaformen 

•Wytelo  und  Uitello;  im  zweiten  steht  einmal  Bitelo,  an  zweiter  Stelle  Witello,  doch 
macht  Herr  Narducci  dazu  die  Bemerkung;  //  est  a  observer  qu'on  Hsait  aupara- 


Königl.  Gymnnsialbibliotliek  zu  Thorn.   Von  Maximilian  Cürtze.    53 

Stellen  citiert.  Nun  lebten  Witelo,  Bacon  und  Peckkamus  ßämmtlich 
am  Ende  des  XIII.  Jahrhunderts,  so  dass  also  das  uns  vorliegende  Stück 
nicht  vor  Anfang  des  XIV,  Jahrhunderts  verfasst  sein  kann. 

Was  jetzt  den  Inhalt  anbetrifft,  so  wird  zuerst  behauptet,  gebrochne 
und  reflectierte  Strahlen  gäben  mehr  Licht  als  directe  Strahlen.  Der  Ver- 
fasser führt  als  Beweis  an,  1.  dass  viele  Menschen  durch  Gläser  läsen,  die 
bei  directem  Lichte  nicht  lesen  könnten;  2.  dass  die  Schreiber,  die  bei 
einer  Kerze  in  einem  leeren  Zimmer  schreiben  wollten,  die  Kerze  vor  einen 
Spiegel  stellen,  um  dadurch  das  Licht  zu  vnrKtärken.  Er  sagt  dann,  er 
wolle  in  der  Art  vorgehen,  dass  er  zunächst  Definiliones^  2.  aliquas  distmclio- 
tieSj  3.  aliquas  petitiones^  4.  conclusioncs  cum  suis  corrolariis  setzen  will,  und 
dann  5.  redirc  ad  raliones  proponenlis.    Seine  Definitionen  beziehen  sich  auf 


vant  „witelo"  el  qu'on  a  corrigc  beaucoup  plus  tard  „witeUo'^  Das  Maniiscript  265  ist 
aus  dem  XIV.,  das  Maniiscript  296  aus  dem  Anfange  des  XV.  Jahrhunderts.  Wir 
finden  also  hier  ebenfalls  nur  die  Form  Witelo.  Auch  F.  Riesner  verbessert  die 
von  den  ersten  Ausgaben  1533  und  155  L  gegebene  Namensform  l^iteUio  in  seiner 
Ausgabe  von  1572  in  Vitelloy  wahrscheinlich,  da  er  nach  seiner  Angabe  alle  Ma- 
nuscripte  benutzte,  weil  diese  die  Form  Wileh  oder  ähnliche  darboten,  obwohl 
er  den  Verfasser  selbst  als  Polen  betrachtet.  Dagegen  macht  die  Form  Witelo  es 
sehr  wahrscheinlich,  dass  unser  Optiker  ein  gcborner  Thüringer  war.  Dieser 
Name  ist  nämlich  im  XIII.  Jahrhundert  einer  der  verbreitetsten  in  Thüringen,  so 
dass  man  fast  keine  Urkundensammlung  aus  jener  Gegend  und  Zeit  aufschlagen 
kann,  ohne  auf  eine  der  Formen  WHüo,  H'ilulo,  H-'idilOj  WidelOy  IVidulo  (abge- 
leitet als  Diminutiv  von  VVido  oder  JJ'ilo)  zu  stossen,  und  dieser  Name  ist  also 
bestimmt  ein  deutscher.  Wäre  Witelo  ein  Pole,  so  würde  sicher  fllins  Polono- 
nun  et  Thuringorom  stehen  müssen.  In  diesem  Wahne  befindet  sich  z.  B.  Ber- 
nardino  Baldi  —  auch  Riesner  dreht  in  seiner  Vorrede  die  Reihenfolge  um, 
damit  er  um  so  eher  sich  für  seine  polnische  Abkunft  entscheiden  könne  —  in 
dem  bis  jetzt- noch  nicht  veröffentlichten  Werke  De  le  vile  </e'  Matematici,  von  wel- 
chem das  Original  im  Besitze  des  Fürsten  Boncompagni  sich  befindet,  und 
von  dessen  carlo  106  — 107  ich  eine  genaue  Abschrift  besitze,  die  gerade  die. Le- 
bensbeschreibung des  Witelo  enthalten.  Er  sagt  nämlich  gleich  zu  Anfang^ 
leggendovisi  con  modo  barbaro  figliuolo  de  Poloni  e  de  Turingii,  kehrt  also  das  wirk- 
lich Vorhandene  geradezu  um.  Nachdem  er  sich  aber  im  Allgemeinen  für  die 
polnische  Abkunft  ausgesprochen,  gibt  er  doch  zu:  Pud  essere  anco  che  non  egli 
rna  cht  fece  l'inscriUione  al  opera  lo  chianiasse  figliuolo  de  Poloni  e  de  Thuringi  per  crescer 
gloria  a  quelle  nationi;  ovvcro  que^  s'egli  fu  que  lo  fece,  s'inducesse  a  cid  per  acquistarsi 
In  gratia  d'ambedue  quci  popoli;  o  forse  perchc  egli  nascesse  in  Turingia  e  fosse  allevato 
in  Polonia,  overo  per  il  contrario  nascesse  in  Polonia  e  fosse  allevato  fra  i  Turingii, 
Schon  Regiomontan  und  dessen  Schüler  Walther  nennen  denselben  noster 
Vitellio  ThuringuSy  sind  also  bestimmt  der  Ansicht,  einen  Thüringer  vor  sich  zu 
haben.  Die  Stelle  im  10.  Buche,  die  ich  oben  habe  abdrucken^lassen,  würde  doch 
nur  so  viel  beweisen,  dass  er  bei  Abfassung  seines  Werkes  vielleicht  in  dieser 
Gegend  gewesen  sei,  und  dass  man,  um  in  Polen  zu  leben,  nicht  dort  geboren  zu 
sein  braucfit,  ist  wohl  selbstverständlich,  noch  dazu,  da  es  grosse  Wahrschein- 
lichkeit hat,  dass  W^itolo  ein  Geistlicher  geweseu,  der  also  dahin  gehen  musste, 
wohin  seine  Obern  ihn  schickten. 


54    Ueber  die  Handschrift  R.  4?  2,  Problematum  Euclidb  explicatio^  der 

Visio  recla,  die  nach  den  kürzesten  Linien  ins  Auge  gelangt,  Fisio  reflexa, 
hei  der  die  Perception  sowohl  durch  einfallende  als  reflectierte  Strahlen 
geschieht,  Visio  refrucla^  bei  der  ebenfalls  die  Wahrnehmung  durch  directe 
und  gebrochno  Strahlen  gleichzeitig  geschieht.  JHslincHoncs  sind  folgende: 
Visus  vera^  wenn  die  Sache  selbst  in  die  Augen  fallt;  Visus  ficia^  wenn  nur 
ein  Abbild  gesehen  wird. 

Peliliones  hat  er  drei.  1.  Per  foriiores  radios  certius  uideri,  2.  Radium 
oblique  incidentem  diuersarum  densitalum  medijs  ref ringt,  3.  Speciem  in  spe- 
culo  apparenlem  reflexe  uideri. 

Es  folgen  die  conclusiones,  1.  Omnis  uisio  fit  medianie  pyramide  cuius 
Conus  est  in  oculo  et  basis  in  re  nisa.  Dazu  das  Corrolar:  Duo  in  equalia  pos- 
sunt  apparere  equalia,  2.  In  uisione  que  fit  per  radiorum  refraclionem  uel  re- 
ßexionem  radiorum  fit  notabilis  deceplio  et  error ,  und  der  Zusatz  Visio  de 
rebus  per  radios  fractos  uisis  debüiter  fieri.  3.  Visionem  que  fit  per  radios 
rectos  uisioni  que  fit  per  radios  refractos  et  reflexos  esse  certiorem^  mit  dem 
Corrolar  Visio  que  fit  per  radium  rectum  non  est  equalis  uisioni  que  ßl  per  ra» 
dium  refractum  uel  reflexum;  d.  h.  die  aufgestellte  Frage  wird  verneint. 

Jetzt  beginnt  der  fünfte  Theil,  der  sich  nur  damit  beschäftigt,  Alle«, 
was  bis  dahin  bewiesen  zu  sein  schien ,  als  falsch  nachzuweisen.  Der  Ver- 
fasser geht  hier  den  umgekehrten  Gang  und  wendet  sich  zunächst  gegen 
die  3"  conclusio  und  so  rückwärts  weiter  bis  zu  den  Distinctionen.  Dieser 
fünfte  Theii  der  Abhandlung  ist  der  interessanteste,  und  es  scheint  dem 
Verfasser  gelungen  zu  sein ,  die  scheinbar  von  einem  Andern  aufgestellteu 
Sätze  zu  entkräften. 

Drittes  Sliick:  Joauuls  reckkami  Arehiepibcopi  Caiituurieusis  Ferspeetiue 

coiiiinuuis  libri  tres. 

Seite  34  ist  leer  geblieben.  Von  Seite  35  bis  68  Zeile  20  folgt  dann 
das  eben  genainite  Werk,  das  im  Mittelalter  für  classisch  galt,  und  das  auch 
in  einer  grossen  Anzahl  von  llantlsclirif'ten  und  Ausgaben  existiert.  Die 
älteste  mir  bekannte  ist  ohne  Ort  und  Jahr  circa  1490  erschienen  und  vor 
ungefähr  2  Jahren  von  der  Friedläuderschen  Buchhandlung  in  Berlin  auge- 
zeigt worden.  Ehe  ich  mir  dieselbe  aber  vcrschaireu  konnte,  war  sie  schon 
anderweitig  verkauft.  Dann  kommen  2  Ausgaben  im  Jahre  1504  zu  Leijf 
zig  imprcssa  iirlc  el  sullcrlia  Martini  Herbipolcnsis  und  Venedig  impressa  cum 
J.  B,  Sessa.  (Letztere  schou  oben  in  dem  Briefe  Narducci's  erwähnt.) 
Ich  selbst  habe  zur  Vergleichung  nur  eine  Ausgabe  Coloniac  Agrippinae 
MDLXXX  48  Blatt.  Ausserdem  kenne  ich  noch  zwei  Kölner  Ausgaben 
von  1592  (Narducci,  Calaiogu  di  Munoscrilli  ^,  112,  Zeile  7—10)  und  1627 
(Kästner,  Geschichte  der  Mathematik  Bd. 2, S.270).  Auch  inNürn- 
berg sollen  nach  Montucla  mehrfache  Ausgaben  erschienen  sein.  In 
allen  diesen  Editionen  und  den  besonders  häufigen  Uandschriften  ist  der 


Königl.  Gymnasialbibliothck  zu  Thorn.   Von  Maximilian  Cürtze.    55 

Name  des  Autors  und  der  des  Biscliofssitzes  vielfach  verdreht,  so  das» 
daraus  bei  den  Schriftstellern  über  Geschichte  der  Mathematik  grosse  Ver- 
wirrung entstanden  ist.  Ich  habe  mir  z.  B.  die  Formen  notiert:  Pecha- 
mus,  Pcchebam,  Pethanus,  Pisanus,  Pathhan,  Pichanus,  Pet- 
san*);  Cameracensis  für  Cantuariensis.  Durch  Vergleichung  der 
Ausgaben  kam  aber  schon  Montucla  zu  derUeberzeugung,  dassalle  diese 
verschiedenen  Formen  ein  und  denselben  Mann  bedeuten  sollten ,  nämlich 
den  Erzbischof  von  Canterbury,  Johannes  Pcckkamus.  Derselbe  ist 
nach  Cave**)  zu  Chichester  im  südlichen  England  geboren  von  niedri- 
gen Eltern.  Da  er  einsah,  dass  es  ihm  schwer  fallen  würde,  in  seinem  Va- 
terlande sich  hervorzuthun,  ging  er  nach  Paris,  beendigte  dort  seine  Stu- 
dien und  kehrte  dann  erst  nach  England  zurück.  Hier  hielt  er  in  Oxford 
mit  solchem  Beifall  Vorlesungen,  dass  er  von  seinen  Ordensbrüdern,  den 
Franciscanern,  zum  Provineial  für  England  gewählt  wurde.  Er  blieb  aber 
nicht  lauge  in  England,  sondern  wandte  sich  wieder  nach  Paris  und  von 
dort  nach  Leiden,  wo  er  sich  die  Canon  ikatswürde  erwarb.  Von  hier 
begab  er  sich  nach  Rom  und  wurde  dort  bald  als  Lector  Palatinus  an- 
gestellt. Als  bald  darauf  der  Erzbischof  von  Canterbury,  Robert  Kil- 
warby,  die  Cardinalswürde  ci-hielt,  wurde  P eckkam  gegen  den  Willen 
des  Capitels,  wie  es  scheint  durch  Simonie,  vom  Papste  zum  Erzbischof 
von  Canterbury  geweiht  am  6.  März  1279.  Gleich  ntwch  seiner  Inthroni- 
sation mussto  er  wenigstens  bei  Strafe  des  Bannes  4000  Mark  nach  Rom 
senden,  wie  Cave  a.  a.  0.  mitthcilt.  P  eck  kam  starb  am  8.  December 
1292.  Das  Datum  seiner  Weihe  und  seines  Todes  verdanke  ich  dem  Ober- 
bibliothekar Prof.  Dr.  C.  Hopf  in  Königsberg,  der  mir  überhaupt  bei 
meinen  Studien  sehr  förderlich  gewesen  ist. 

Unser  Manuscript  beginnt  (Seite  35  Zeile  1 — 3):  Assit  principio  sancta 
maria  mco  \\  iNler  phisice  consideratiotiis  studia  lux  iocundius  afßcit  Tncditan- 
tcs  II  inter  magnalia  mattiemalicorum  certüudo  demonstraiwnum  preclarius  ex- 
Udlit  investigantes ;  und  endigt  (Seite  68  Zeile  15 — 17):  Que  aulem  dicuntur  || 
false  de  yridc  miätwn  posswU  re feilt  per  hoc  quod  in  huius  lapidibus  ||  contem- 
plamus.  Das  in  alfeu  Ausgaben  und  den  meisten  Handschriften  dann  Fol- 
geudo ist  gerade  so  wie  in  der  oben  von  Herrn  Narducci  erwähnten 
Handschrift  des  Vatican,  Regina  Suecorum  1253^  in  folgender  Weise  zusam- 
mengefasst  (Seite  68  Zeile  17  —  20):  Generationem  yridis  cal^aclismum  ex- 
cludcre.  \\  Lucem  solarem  et  siderahilem  in  perspicuo  puro  efficere  ||  Galaxiam. 
fjuidam  in  hoc  paragrapho  conlradicerc  non  verentur.  ||  Explicit  <€  amen  deo  gra- 
das.    Soweit  ich  sonst  verglichen  habe ,  stimmen  sämmtliche  Proposiliones 


*)  Auch  den  Anfang  des  Manuscriptes  liegina  Suecorum  1235:  phiaice  perspecUua 
bin  ich  geneigt  so  zu  verstehen,  dass  phisice  eine  Verdrehung,  vielleicht  von  Pi- 
sanus  sein  soll. 

**)  Cave,  Scriptorum  Fcclesiaxtic.  Hisioiia  literaria,  Genevae  1706.  Fol.  p.  647 


56    Ueber  dio  Haudschrift  R.  4?  2,  Problomatum  EuclidU  explicatio^  der 


unserer  Ilandschrift  mit  der  oben  citiertcn  Ausgabe  überein.  Das  liber  I 
enthält  S-i  propositiones,  das  Über  II  56  propositiones^  endlich  liber  III 21  prop.^ 
weil  die  in  den  Ausgaben  getrennten  letzten  beiden  Lehrsätze  in  unserem 
Manuscript  als  Ein  Satz  gerechnet  werden  und  mit  21  numeriert  sind. 

§5- 

YiertcB  Stück:  Postrema  dno  Theoremata  llbrl  de  Speculls  Enclidis. 

Von  Zeile  21 — 42  derselben  Seite  G8  finden  sich  nun,  merkwürdig 
genug,  noch  die  beiden  letzten  Lehrsätze  der  Katoptrik  oder  des  lihcr  de 
specidis  des  Eticlfdes,  nämlich:  1.  Possibile  est  spcculum  construi  et  in  eodem 
apparere  plures  facies,  has  quidem  majores  illas  uero  minores^  has  quidcm  pro- 
pius  illas  iiero  longius  et  hie  quidem  dextras  illic  uero  sinistras.  2.  Eac  concatds 
speculis  ad  solcm  positis  igncm  accetidere,  Sie  weichen  ebenso,  wie  ich  dies 
oben  vom  liber  de  uisu  gesagt  habe,  ziemlich  bedeutend  von  der  Pariser 
Ausgabe  von  1557  ab. 

§6. 
Fünftes  Stück:  Carastonis  liber  editus  a  Thebith  fllio  Thore. 

Dieses  Werk,  über  welches  Steinschneider  in  den  Annali  di  Mate- 
malica  (T.  V.  No.  1.  Gennaio  1862)  ausführlich  gehandelt  hat,  erstreckt 
sich  in  unserem  Codex  von  Seite  69  Zeile  1  bis  Seite  73  Zeile  24.  In  Be- 
zug auf  das  von  Steinschneider  Mitgetheilte  kann  ich  mich  einfach  auf 
ihn  beziehen.  Ich  notiere  hier  zunächst  nochmals  seine  Ergebnisse,  wie  er 
sie  auf  Seite  6  und  7  des  durch  Boncompagni  besorgten  Separatdruckes 
genannter  Abhandlung  zusamineustellt: 

1.  el>"^^J^  ''"^^  '^"'^  bilancia,  la  voee  araba  e  d'origitie  greca,  ma  la  voce 
greca  e  ancora  da  trovarsi.  —  Senza  arrischiure  una  cnngettura  cerla,  lasciandv 
questo  ai  ftlologi  classici,  voglio  soltanto  accennare,  ehe  questa  voce  cra  forse 
primamente  usata  tiei  Siriaco,  e  que  la  voce  greca  e  forse  composta  di  2"? 
mano?  —  E  vero  che  il  traduttore  lalino  scrivcva  caraston  con  dtte  a,  lengcva 

dunque  \:)y^^j^ ;  w«  gli  nrahi  amano  la  vocalc  a,  e  non  di  rudo  hanno  pronun- 
dato  le  consonanli  duna  voce  csotica  con  qualche  vocale,  che  i  tradutiori  latini 
hantio  poi  espresso  colla  vocalc  a,  quando  non  irovavano  la  vocalc  iudicata  ncl 
loro  leslo.    Ccrcando  dunque  il  suono  grcco,  c  da  tcnersi  alle  consonunii*). 

2.  Giä  esislevano  almeno  4  operc  trallanti  della  hilancia^  vale  a  dirc: 

a)  d'uno  dei  figli  di  Musa  ben  Sciachir, 

b)  di  Thabit  ben  Corra  (mori  ncll'  anno  ifOIJ, 


*)  Nach  ßchriflliclier  M i Uli ci hing  des  Herrn  Stcinsckueidur  an  mich  hat 
Herr  Staatsrath  Dorn  in  Petersburg  die  llerleitiing  des  Wortes  Karaston  von 
X€ip  vollständig  durcligefiihrt. 


Königl.  Gymnaßialbibliothek  zu  Thorn.  Von  Maximili/n  CüRTZF.    57 

c)  (ii  Costa  ben  Luca  r^ec.  /X,  5e  ;ton  ^j, 

d)  (i'Ibn  Heithem  ("c/^e  e  i7  celcbne  „Alhazen^^  (?  mori  nelVanno  103S), 
Non  si  sa  ceriamente  quäle  di  questi  autori  abhia  impiegato  la  voce  caraston, 
quc  poi  cra  commune  fra  i  doiii, 

3.  11  liber  oarastoniB,  esisietUe  almeno  in  4  manoscritti^  e  di  Thabit,  ma 
non  si  irova  nei  cataloghi  delle  sue  opere,  conosciuli  finora, 

4.  Oherardo  di  Cremona  iradusse  un  liber  carastoniB  dalfarabo,  cd  e  da 
presumere  que  sia  Vopera  di  Thabit  ancora  esistcnte,  ch*egli  abbia  tradottOy 
finche  non  si  troui  allro  nomc  di  iraduilore  nominato  in  uno  dei  manoscritli 
delfopera  di  Thabit 

Den  unter  3.  erwähnten  Manuscripten :  No.  184  der  Bibliothek  des 
Klosters  San  Marco  in  Florenz,  und  No.  7377B^  7434«,  8680A  der 
Kaiserlichen  Bibliothek  zu  Paris,  reihen  sich  noch  einige  Handschriften 
an,  auf  die  ich  zuerst  aufmerksam  gemacht  habe,  nämlich:  1.  Unsere  Hand- 
schrift R.  4<?  2\  das  Manuscfipt  Regina  Suecorum  1235  und  ein  Manuscript, 
das  ich  nur  aus  dem  Yerzcichniss  kenne,  was  Heilbronner  in  seiner 
Hisloria  Malheseos  aus- der  Bibliolheca  Bibliothecarum  von  Montfaucon 
ausgezogen  hat.  Auf  Seite  540  §  8  No.  5  nennt  er  darin  als  in  der  Biblio- 
thek des  Vatican  vorhanden  ein  Liber  Carastonis  de  ponderibos,  letzterer 
Zusatz  ein  Gegenstück  zu  dem  Titel  Liber  Carastonis  sive  de  Statera  der 
einen  Pariser  Handschrift.  Dieses  Manuscript  ist,  wie  ich  später  gemerkt 
habe,  eben  das  Manuscript  Regina  Suecorum  1235,  Die  Bemerkung  sive  de 
ponderibus  findet  sich  in  demselben  von  einer  Hand  des  XV.  Jahrhunderts 
anf  dem  untern  Rande  des  Blattes  70*  mit  Bleistift  geschrieben  und  fast  un- 
leserlich, nämlich:  j-'liiß  Karastonis edU^ a  thebit  benchorao  dciis  ttpunderibh 
Der  Codex  Vaticanus  2075  aus  dem  XVI.  Jahrhundert  enthält  ebenfalls 
(Blatt  176 — 183)  ein  Exemplar  dieses  Werkes.  Dasselbe  beginnt  in  gleicher 
Weise  mit  den  Worten:  Incipil  liber  Karasionis  de  ponderibuB.  Dabei  ist  es 
noch  interessant,  dass  Heilbronner,  wie  sich  aus  dem  Index  III  sub 
verbo  Carasio  ergibt,  den  Titel  so  auffasst,  als  habe  ein  gewisser  Ca- 
rasto  ein  Buch  über  Gewichte  geschrieben. 

Liber  Carastonis  heisst  also  Buch  über  die  Handwage,  und  der 
Inhalt  des  Schriftchens  lässt  diesen  Titel  als  völlig  gerechtfertigt  erschei- 
nen. Nach  den  Worten  eines  Briefes  des  Fürsten  Boncompagni  vom 
5.  Aug.  1865:  ,,6V  manuscrit  doil  etre  trcs-prccieux.  Les  ouvrages  intitules 
,,Verba  filionim  Moysi  filii  Schaker,  Mahnmeti,  Hameti,  Hasan '^  et  „Liber 
Carastonis*^  n^ont  ele,  que  je  sacke,  jamais  publies  entieremenl  et  on  en  connail 
trt's  peul  dexemplaires*  Les  auteurs  de  ces  traitds  sont  des  gcometres  tres  ce- 
lebres,  Vous  feriez,  je  crois,  une  chose  tres-utile  et  tres-agreable  aux  savants 
en  redigeant  une  description  tres-detuillee  de  ce  manuscrit,  et  en  la  faisant 
ensuite  imprimer^\  glaube  ich  annehmen  zu  dürfen,  dass  der  volbtändige  In- 
halt des  Werkchens  noch  niemals  veröffentlicht  ist,  und  dass  daher  eine 
genaue  Angabe  dcsselbeu  vielleicht  mit  Dauk  aufgenommen  wird. 


C}>^    lieber  die  Handschrift  R.  4?  2,  Probleraatum  Euclidis  cxpKcatio,  der 


—  „H^     ••     ^  .^  ^».^  „^      '-k^^^^^^Htf-^,^^-      ^  .^-    •'     ^     ^       **•       ^.^^**^».-     ^*  .^^.^V  ^>.^  «^     ^     ^\.^\^^^^     ^    wi^  ^  .^  ^    .'        -J 


Auf  Seite  8  der  oben  citierten  Schrift  Steinschneiders  über  das 
Über  Karaslonis  gibt  derselbe  den-  Anfang  und  den  Schluss  des  fraglichen 
Welkes  nach  der  Lesart  der  Handschrift  No.  184  der  Bibliothek  des  Klo- 
sters San  Marco  in  Florenz.  Aus  diesem  Bruchstück  entnehme  ich  su- 
nächst  die  Eigenthümlichkeit,  der  wir  in  unserem  Codex  noch  öfter  begeg- 
nen werden  und  einmal  schon  begegnet  sind,  dass  nämlich  die  Einleitung 
sowohl  als  der  Epilog  bei  den  meisten  Stücken  derselben  als  unwesentlich 
weggelassen  ist  und  nur  die  wichtigen  Theile,  Erklärungen  und  Theoreme, 
der  Mittheilung  fUr  werth  geachtet  sind. 

Unser  Manuscript  beginnt  (Seite  69  Zeile  1  —  2)  mit  den  Worten: 
Omnium  duorum  spatiorum  qiie  duo  moia  secanl  in  tempore  vno  l{  proportio  est 
sicud  proporlio  uirtulum  mouentium  huius  et  sputia  secaniiumy  d.  h.  es  beginnt 
erst  mit  dem  dritten  Worte  der  27.  Zeile  auf  Seite  8  des  genannten  Wer- 
kes. Auch  stimmt  der  Wortlaut  in  beiden  Exemplaren  nicht  vollständig 
iiberein,  und  die  beweisenden  Zeilen  stimmen  erst  recht  nicht ,  wenn  auch 
der  Sinn  derselbe  ist.  Der  zweite  Satz,  den  Steinschneider  auch  noch 
mittheilt,  und  der  mit  dem  14.  Worte  der  33.  Zeile  "beginnt,  lautet  bei  uns 
(Seite  09  Zeile  6  — 13):  Omnis  linea  que  diuiditur  in  duas  sectiones  et  figitur 
punctus  (sie!)  eins  secans  et  mouetur  linea  tota  penitus  mota  quo  non  recedit 
ad  locum  suum  tunc  ipsa  facit  acadere  duas  sectores  similes  duorum  circulorum 
quorum  medietas  dyamelri  vnius  est  linea  longior^  medietas  dyameiri  sccundi  est 
linea  breuior  ita  quod  proportio  arcus  que  signat  punctum  exlremitalis  vnius 
duarum  hariim  ad  arcum  quem  signat  punctum  extremitatis  linee  secunde  sicud 
proportio  linee  reuoluentis  illum  arcum  ad  lineam  secundam.  Er  lautet  also 
mit  wenigen  Aenderungeu  genau  so  wie  a.  a.  0.  Der  Sinn  ist,  wie  man 
leicht  übersieht:  Die  Bogen  gleicher  Centriwiukcl  verhalten 
sich  wie  die  zugehörigen  Radien.  Dieser  Ausspruch  des  Satzes 
findet  sich  auch,  eingeleitet  durch  die  Worte:  Sensus  stat  in  hoc^  als  Margi- 
nalbemerkung  neben  dem  zugefügten  Beweise. 

Von  hier  an  verlässt  uns  der  Steiuschneiderscho  Text.  Wir  fahren 
in  der  Art  fort,  da.ss  wir  den  Wortlaut  der  8  Lehrsätze,  aus  denen  in  un- 
serer Handschrift  das  Über  Carustonis  besteht,  angeben  und  an  jeden  eine 
kurze  Erklärung  anschliessen,  was  mit  dem  betreffenden  Satze  gemeint  sei. 

3.  Satz.  Omnis  linea  que  diuiditur  in  duas  sectiones  et  ymaginabimus  quod 
linea  suspendatur  per  punctum  diuidens  ipsam  quod  duorum  pondcrum  propmr- 
tionalium  sicud  proportionalilas  duarum  partium  linee  vnius  ad  conparcm  suam 
secundum  tdtcrnationem  suspendatur  vnum  in  extremitatc  vnius  duarum  Sectio- 
num  et  secundum  in  extremitatc  altera  tunc  linea  equatur  secundum  equidistan- 
liam  orizontis.  Es  ist  dies  offenbar  der  Ausspruch  des  Satzes  von  der  Gleich- 
heit der  statischen  Momente,  dass  sich  also  die  Gewichte  umgekehrt 
verhalten  müssen  wie  die  Hebelarme,  an  denen  sie  wirken, 
damit  Gleichgewicht  hergestellt  wird.  Auch  hier  gibt  eine  Rand- 
glosse dieselbe  Bemerkung. 


Königl.  Qymnasialbiblioihck  zu  Thorn.  Von  Maximilian  Cühtze.    59 


4.  Satz.  Omnis  linea  qiic  diuidUur  in  duas  sectiones  diuersas  suspenso  ex 
puncto  secanle  posito  quoque  ponderc  in  exiremitaie  alierius  lateris  eins  et 
allcro  pondere  posito  in  puncto  alio  inter  hanc  extremitatem  et  punctum  diui- 
dens  ex  loco  suspensionis  et  pondus  tertium  in  extremitate  altera  et  equatur 
linea  super  equidistantiam  orizontis  tunc  quum  aggregantur  duo  pondera  que 
suspenduntur  in  uno  duorum  laterum  et  permutantur  de  loco  suo  et  suspendan- 
tur  in  puncto  medio  ex  eo  qwßd  est  inter  ea  equatur  illa  linea  super  equidistan- 
tiam orizontis.  Aus  den  Erläuterungen ,  die  Thabit  hierzu  gibt,  folgt  so- 
gleich ,  dass  die  beiden  auf  einem  Arme  angebrachten  Gewichte  als  gleich 
anzunehmen  sind,  »unter  dieser  Voraussetzung  lässt  sich  der  Satz  aber 
etwa  so  aussprechen:  „Befindet  sich  ein  Hebel  durch  drei  Ge- 
wichte im  Gleichgewicht,  von  denen  zwei,  die  einander  gleich 
sind,  an  dem  einen  Arme  wirken,  so  kann  man  statt  dieser 
beiden  auch  im  Halbierungspuncte  der  Verbindungslinie 
ihrer  Angriffspuncte  das  doppelt  so  grosse  Gewicht  wirken 
lassen,  ohne  dass  das  Gleichgewicht  gestört  wird/'  Auch  ein 
specieller  Satz  von  der  llesultante  paralleler  Kräfte  liegt  in  dem  Theoreme. 

ö.  Satz.  Omnis  linea  que  diuiditur  in  duas  sectores  diuersas  suspensa 
linea  a  puncto  diuidente  ipsam  posito  in  uno  latere  pondere  aliquo  et  in  alio 
pondera  ponuntur  equalia  et  conparites  linearum  que  sunt  inter  pondera  sunt 
equales  ut  postrema  prime  et  sequens  postrema  equalis  sequenti  primam  sie  que- 
libel  sue  conpari  et  equidistat  linea  orizonti  tunc  isla  pondera  aggregata 
suspensa  in  puncto  medio  uel  ex  eo  que  est  inter  pondus  primum  et  postremum 
equidistahit  linea  orizonti.  Erweiterung  des  vorigen  Satzes  dahin ,  dass  statt 
zweier  gleicher  Gewichte  mehrere  aufgehängt  werden,  die  paarweise  von 
den  Enden  gleich  sind  und  auch  von  den  Enden  gleich  weit  abstehen. 
Auch  in  diesem  Falle  bleibt  das  Gleichgewicht  ungestört,  wenn  man  im 
Halbierungspuncte  der  Verbindungslinie  der  beiden  äussersten  Angriffs- 
puncte die  Summe  bämmtlicher  Gewichte  augreifen  läest. 

6.  Satz.    Recta  linea  in  duas   sectiones   diuersas  [diuisaj  suspensa  ex 

o  e 

puncto  diuidente  ipsam  suspensa  quoque  pondera  aliquo  in  vno  extremitate  et  in 
allero  eius  latere  sit  pondus  expansum  equalis  crassitudinis  continuum  tum 
punctum  huius  lateris  secundum  illud  semper  quod  inuenitur  crassitudo  in  per- 
pcndiculari  trutine  et  quod  illam  crassitudo  rectificat  pondus  quod  est  in  extre- 
mitate linec  donec  sit  equalis  super  equidistantiam  orizontis.  Quid  si  opprime- 
retur  in  lineam  portionis  habentis  crassitudincm  diuidi  ex  isto  pondere  continuo 
equalis  expansionis  et  suspendetur  in  puncto  medio  linee  portionis  tunc  linea 
remanet  super  illud  super  quod  fuerit  equalis  super  equidistantiam  orizon- 
tis. Der  Satz  ist  dahin  zu  verstehen:  Es  sei  ab  die  gegebene  Linie, 
</  der  Theilpunct.  Im  Puncto  a  sei  ein  Gewicht  r  angehängt 
und  auf  ^6  sei  ein  StUck  db  abgeschnitten  und  dieses  Stück  sei 
HO   völlig  gleichmässig  mit  Gewicht   belastet,   dass  in  ^ed^m. 


60    Ueber  die  Handschrift  R.  4?  2,  Problcmatiiin  Euclidis  explicatio,  der 


*■>,-  w-/-    -*  ^^./■^^•-/■j'-'.'.'.-^     *  •X' .  ^l. '^-'»^  *  ,  ■• 


Pancte  das  Gewicht  dieses  Pun-ctes  und  das  des  Wagebalkcns 
(Irutina)  in  demjselben  Puncto  zusammen  gleich  der  entspre- 
chenden Summe  in  irgend  einem  andern  Puncte  sei,  dann  ist 
es  erlaubt,  das  ganze  Gewicht  des  Stückes  db  im  Halbierungs- 
puucte  h  dieser  Strecke  angreifen  zu  lassen,  ohne  dass  das 
Gleichgewicht  aufgehoben  wird.  Er  ist  also  die  Ausdehnang  der 
früheren  Sätze  auf  eine  continuierliche  Vertheilung  der  Gewichte. 

7.  Satz.  Omnis  linea  gue  diuidilur  in  duas  scctores  diuersas  in  cuius  ex- 
Ircmitale  pondere  suspenso  et  in  latere  eins  secunde  partem  perpendicularis 
plana  continua  secundam  equalitaiem  demonstratam  sr^.  qua  perpendicularis 
Irulinarum  in  parle  vna  illius  laleris  fixa  in  ea  et  equidistal  linea  orizonli  quod 
proporlio  ponderis  suspensi  ex  puncto  extremitatis  linee  ad  pondus  porlionis 
perpendicularis  fixe  in  quadam  parte  linee  est  sicud  proporlio  linee  que  est  intcr 
Suspensorium  et  inter  punctum  medium  porlionis  hahentis  crassitudinem  ad 
lincam  secundam.  Erweiterung  des  Satzes  3.  von  den  statischen  Momenten 
dahin,  dass  bei  der  im  voiigen  Satze  angenommenen  Vertheilung  des  Ge- 
wichtes, der  Ualbierungspunct  des  mit  Masse  belegten  Theiles  des  Wage- 
balkcns als  Angrifispunct  dos  einen  Gewichtes  angesehen  wird. 

8.  Satz.  Quando  est  perpendicularis  recla  equalis  crassitudinis  et  substantie 
et  suspenditur  perpendicularis  tum  punctum  ipsius  non  super  medium  en't,  Dielir- 
klärung  dieses  Salzes  ist  mir  nicht  gelungen.  Damit  dies  Andern  möglich  ist, 
setze  ich  den  Beweis  unseres  Manuscriptes  noch  hierher.  Derselbe  lautet 
(Seite  73  Zeile  1 1  — 23) :  Assumpta  conclusione  precedcnte  illud  quod  hoc  dicitur 
non  fit  nisi  si  esset  linea  ,a,b,  sicud  .10.  et  .a.g,  duo  et  g.d.  duo  et  .d.b. 
residua  perpendicularis  .d.b.  .12.  et  .a  .d.  linea  cui  non  est  pondus  et  perpendi- 
cularis .d.b.  est  cum  pondere  continuo  cum  porlionc  linee  .a.b.  Palet  igitur 
quod  proporlio  ponderis  ,  quod  suspenditur  cum  puncto  .a.  ul  sit  rectificans 
pondus  porlionis  et  pondus  porlionis  .d.b.  est  equalis  .f/.v.  ad  .(j.a  quia  .v. 
est  medium  .d.b .  et  .(j .v .  est  medictas  ,  .a.b.  quia  .d.b .  est  superfluitas  eius 
quod  est  inter  duas  scctores  Ha  diuisimus  eam  in  duc  mcdietales  et  addidimus 
medictates  eius  secundum  lincam  breuiorem  ergo  .g.v.  est  medictas  tolius 
linee  et  proporlio  eius  ad  .g.a.  est  sicud  proporlio  totius  linee  ad  duplum  linee 
.a.g.  ergo  cum  multiplicamus  pondus  .d.b.  in  longiorem  .a.b.  et  ,  diuisimus 
quod proueniel  secundum  subduplum  *a.g .  est  illud  quod  egreditur  ex  diuisione 
ipsum  pondus  quod  reclificat  pondus  super flucns  perpendicularis  doncc  remanet 
equalis  secundum  cquidistantiam    urizontis. 

Im  Codex  Regina  Succorum  1263  lieisst  dieser  Satz:  Dico  ergo  quod  quo- 
niam  est  perpendicularis  rccla  equalis  grossiludinis  ei  substantie  et  suspenditur 
perpendicularis  in  puncto  ipsius  non  sujtcr  medium  et  uolumus  scire  quamlibet 
accipiamus  quantitatcm  ponderis  quod  mm  suspenditur  in  extremitate  scctoris 
breuioris  ex  duabus  secloribus  perpendicularis  cquatur  super  cquidistantiam 
orizontis/  sie  nos  scimus  pondus  alius  perpendicularis  et  seimus  longitudinem 
eius  et  longitudinem  cuiusque  duarum  seetionum  eius.    Et  accipiemus  supcrfluum 


König!.  Gyninasialbibliothek  zu  Thorn.  Von  Maximilian  Cürtze.    61 


fjfiiod  est  inier  duas  seclores  et  multipUcabimus  ipsum  in  pottdus  perpendicularis  et 
diuidimus  quod  aggregatur  super  longiiudinem  perpendicularis  quod  ergo  egre- 
ditur  ex  diuisione  est  illud  pondtis  superfluclatis  que  est  inter  duas  secliones  et 
est  proportio  perpendicularis  superfluens  super  equalitatem  deinde  accipiamus 
pondus  huius  portionis  et  multipUcabimus  in  longiiudinem  perpendictdaris  et 
quod  aggregatur  diuidimus  ipsum  super  duplum  sectoris  breuioris  duarum  Sectio- 
num  perpendicularis  quod  ergo  aggregatur  ex  diuisione  eril  quantitas  que  cum 
suspenditur  cum  extremitale  sectoris  breuioris  duarum  sectionum  perpendicula- 
ris equatur  pondus  eius  super  equalitatem  orizontis. 

Hier  ist  nattirlich  der  Sinn  nnmittelbar  gegeben. 

Das  Ende  des  Ganzen,  wie  es  Steinschneider  a.  a.  O.  mittheilt, 
stimmt  wieder  gar  nicht  mit  dem,  was  bei  uns  das  Ende  bildet.  Denn  nach 
den  eben  angeführten  Worten  des  Beweises  von  Satz  8.  folgt  bei  uns  ein- 
fach (Seite  73,  Zeile  23  und  21):  Et  sie  discerne  mirificum  C  Explieit  cara- 
stonifl  liber  !|  editus  a  thebith  filio  thore.  Betrachten  wir  die  oben  mitge- 
theilten  Sätze  in  der  Hinsicht  genauer,  als  darin  eine  Theorie  der  Hand- 
wage  liegen  soll,  so  sieht  man  sogleich,  dass  dies  nicht  die  sogenannte  rö- 
mische Schnellwage  sein  kann,  bei  der  der  Aufhängepunct  fest  ist;  und 
das  Gewicht  verschoben  werden  kann,  sondern  dass  das  liber  caraslonis 
sich  mit  der  schwedischen  Schnellwage  beschäftigt,  bei  welcher  das 
Gewicht  einen  Theil  des  Wagebalkens  bildet,  und  der  Aufhängepunct  ver- 
schoben wird. 

§7. 

Sechstes  Stflck:  Yerba  flliornm  MoysI  fliii  Schyr  •  i  •  Marmeti  (8ic!).Hameti. 

Hasen. 

Von  Seite  73  Zeile  25  bis  Seite  79  Zeile  35  befindet  sich  in  unserer 
Handschrift  weiter  ein  Stück,  neben  welchem  auf  dem  rechten  Handc  die 
oben  als  Inhaltsangabe  gesetzten  Worte  sich  beßnden,  während  auf  dem 
linken  innern  Rande  zwei  andere  Worte  stehen :  .?".*"  /rar*f"*  Es  ist  also 
wohl  keinem  Zweifel  unterworfen ,  dass  dieses  Stück  ein  Exemplar  dos  fllr 
die  Geschichte  der  Geometrie  so  wichtigen  Werkes  sein  soll,  das  von 
Chasles  in  seinem  Apercu  historique  an  vielen  Stellen  hervorgehoben 
wird.  Um  so  wunderbarer  für  mich  war  die  Bemerkung,  dass  alle  bis  jetzt 
von  diesem  Werke  veröffentlichten  Bruchstücke  sich  absolut  in  unsrer 
Handschrift  nicht  nachweisen  lassen.  So  fehlt  z.  B.  der  Lehrsatz,  den 
Chasles  besonders  hervorhebt,  und  dessen  Uebersetzung  nach  dem  Basler 
Codex  Kinkelin  in  Grunerts  Archiv  Th.  XXXIX,  18G  gibt,  voll- 
ständig, obwohl  er  nach  Chasles  der  einzige  den  Brüdern  eigenthümliche 
Satz  ist. 

Nach  Steinschneider  (diese  Zeitschrift  X.  Jahrg.  S.  488)  ist  nun 
nur  derjenige  Theil  der  Handschriften  als  Verba  filiorum  etc,  zu  bezeichnen, 
dessen  Ueberschrift  ist:  Tractatus  de  mensuratione  superficierum  et  solid(iru.vx 


62    Uebcr  die  Handschrift  U.  4v  2,  Problematutn  Euclidis  explicatio,  der 


inprimis  autem  drctdi^et  sphaerae.  Aber  auch  die  Worte,  mit  denen  dieser 
Theil  beginnt:  Proplerea  quod  uidimus  quod  conucniens  est  necestiias 
scientiae  mensurae  figurarum  lassen  sich  bei  uns  nicht  nachweisen,  wohl  aber 
beschäftigt  sich  die  Abhandlung  mit  der  Ausmessung  der  Flächen,  insbe- 
sondere des  Kreises,  und  der  Körper.  Da  ich  weitere  Vergleichnngsmittcl 
nicht  besitze,  so  muss  ich  mich  begnügen,  hier  diejenigen  Bemerkungen 
folgen  zu  lassen,  die  unsere  Handschrift  nötliig  zu  machen  scheint. 

Leider  ist  meine  Bitte  an  Herrn  Professor  KinkeHn  in  Basel  um 
einige  Auskunft  über  die  Baseler  Handschrift  der  Verba  filiorum^  die  vor 
länger  als  einem  Jahre  gemacht  ist,  vollständig  unbeachtet  geblieben. 
Vielleicht  war  sie  etwas  zu  kühn,  da  aber  die  hervorragendsten  Personen 
mir  gern  und  bereitwillig  Auskunft  gegeben  hatten ,  so  hoffte  ich  auch  hier 
keine  abschlägige  Antwort  zu  erhalten.  Wie  schon  gesagt  blieb  ich  ganz 
ohne  Erwiederung. 

Die  Verba  filiorum  Moysi  cet,  beginnen  in  unserem  Codex  (S^ile  73 
Zeile 25 — 26) :  LongUudo  est  Ulud  quod  cxtenditur  secundum  rectiludinem  intluat 
partes  jj  simul  lerminum.  Darauf  folgen  die  Erklärungen  von  latitudo  und  alti- 
tudo  sowie  der  Flächen-  und  Körpereinheit  frMtt/5  longitudo  est  vna  et  latHudo  est 
vna  cuius  anguli  sunt  recti;  cuius  longitudo  est  vna,  latitudo  est  vna  et  cuius 
altitudo  est  vna  et  eleuatio  super ficierum  cius  quar andern  super  alias  est  secun- 
dum angtdos  reclos).  Darauf  folgen  Lehrsätze  und  Aufgaben  am  innem 
Rande  von  1 — G  und  dann  nochmals  von  1 — 5  numeriert.  Diese  Sätze  und 
Aufgaben  lauten: 

1 .  Omnis  figure  laterale  contingentis  circtdum  multiplicatio  medieialfs  dya- 
mctri  circuli  in  medietatrm  omnium  laterum  figure  contingentis  circtdum  est 
embadum  figure  laterale. 

2.  Medietatis  dyametri  circuli  inuitiplicalio  in  mediclatem  omnium  laterum 
omnis  figure  in  circulo  contente  est  minor  embado  superficiei  circidi, 

3.  Si  fuerit  omnis  linea  terminata  et  circulus  tunc  si  fuerit  linea  Icrminatn 
breuior  linea  continente  circulum  tunc  possibilc  est  quod  fiat  in  circulo  altera 
laterata  quam  coniingat  circulus  et  sunt  latera  eius  coniuncti  longius  linea  ter- 
mifiata  et  si  fuerit  linea  terminata  longior  linea  continente  circulum  tunc  possi- 
tiile  est  ul  fiat  supra  circulum  figura  laterata  coutingens  cum  et  erunt  latera  eius 
aggregala  breuius  linea  terminata. 

4.  Medietatis  dyametri  cuiuslibct  circidi  multiplicatio  in  medietalem  linee 
contine?itis  ipsum  est  embadum  superficiei  ipsius. 

b.  Proportio  dyametri  omnis  circuli  ad  lineam  continentem  ipsum  est  vna, 
i).  Que  igilur  sit  proportio  dyametri  ad  lineam  continentem  ipsum  operabi- 
mus  sicud  Arehimenides  solus  ita  quod  non  fallatur  inquisitor  in  propinouitate 
uvrilatis  proponens  vnius  ad  alterum  nifii  minus  minuto  quod  est  pars  6(/*,  dya- 
metri. Et  si  uoluerit  quod  tum  medium  nisi  minus  secundo  quod  est  pars  00" 
dyametri  minuti  et  plus  illa  ut  jtcrurniat  ad  quamcumquc  limen  uoluerit  compu- 
tator  terminare.    Hierzu  erlaube  ich  mir  die  Berechnung  des  Mannscriptes 


Königl.  Oymnasialbibliothek  zu  Thorn,  Von  Maximilian  Cübtze.    63 


im  Wortlaut  folgen  zu  lassen:  SÜ  circulus  .a.c.b,  cuius.dyameier  ,a,h.  cen- 
trum  .(j,  et  prolraham  ex  cetUro  lineam  .g.z.  conlinenlenis  cum  linea  .g.b, 
tcrtiam  anguli  recti  ei  erigam  super  punctum  .b.  linee  .g.b,  lineam  .b.z, 
ortogomtliter  manifestum  est  quod  arcus  qui  subtenditur  angulo  ,b.g.z,  est  medic- 
tas  sexte  circuli  .a.c.b.  et  quod  linea  .b.z.  est  medietas  lateris  exagoni  con- 
tingentis  circulum  .a.c.b.  et  diuidam  angulum  .g.b,z.  (mnss  heissen  .b.g.z.) 
in  dno  media  cum  linea  .g.n.  et  diuidam  angulum  .g.b.n.  in  duo  media  per 
lineam  .g.d.  et  diuidam  angulum  .b.g.d.  in  duo  media  per  lineam  .g.h.  Mani- 
festum est  quod  arcus  qui  subtenditur  angulo  .b.g.h.  est  pars  centesima  et 
92"*  circuli  .a.c.b.  et  quod  linea  .b.h.  est  medietas  lateris  figure  habentis  96 
latera  contingentis  circulum  .a.c.b.  Tunc  prefacicntes  vsus  numeri  in  eo  quod 
compulatur  ponamus  lineam  .g.z.  3  centum  et  .6 .  cuius  linee  quadratum  nu- 
mero  erit  nonaginta  tria  millia  et  sex  centum  et  triginta  sex  et  crit  linea  .b.z. 
centum  et  quinquaginta  tres  quia  angulus  .b.g.z.  tertia  anguli  recti  et  angulus 
.g.b.z .  est  angulus  reclus  et  erit  quadratum  linee  .g.z.  viginli  tria  milia  et 
quadringenta  et  nouem  et  quadratum  litiee  .g»b.  septuaginta  milia  et  ducenta 
et  uiginti  Septem  igitur  linea  .g.b.  est  plus  ducenlis.  Obwohl  liier  die  Rech- 
nung offenbar  noch  nicht  zum  Ende  gelangt  ist,  so'schliesst  sich  doch  an 
die  hier  mitgetheilten  Worte  unmittelbar  ohne  jeden  Zwischenraum  die 
zweite  mit  1  —  5  bezeichnete  Reihe  von  Sätzen  an,  und  zwar  beginnt  die- 
selbe mit  der  letzten  Zeile  der  Seite  76.  Diese  zweite  Reihe  von  Sätzen 
behandelt  den  Körperinhalt.    Ihr  Wortlaut  ist  der  Folgende: 

1.  Si  fuerint  quelibet  quanlitates  quarum  numeratio  sit  par  et  fuerit 
augmentum  super  alias  equales  fueritquc  prima  earum  maior  composito  prime 
medictatis  earum  adderit  super  composilionem  secunde  medielatis  cor  um  secun- 
dum  equalitatem  multiplicationis  medielatis  summe  nufnerationis  earum  in  se  et 
par  ea  in  vnam  additionem.  Arithmetischer  Lehnsatz.  Er  gibt  die  Regel  für 
die  Summe  einer  arithmetischen  Reihe. 

2.  Quando  a  centro  circuli  super  dyametrum  medietas  dyametri  perpendi- 
culariter  educetur  a  cuius  termino  superiore  vna  equalium  cordarum  totam  cir- 
culi quartam  per  equälia  diuisam  cordarum  donec  extra  circulum  cum  dyametro 
roncurrat  protrahetur  longitudo  que  inier  cßnlrum  comprehenditur  et  concur- 
sum  lineis  omnibus  que  a  sectionibus  quadrante  equedistantis  protrahuntur  intra 
circxdum  dyametro  medio  que  dyametris  penitus  adequatur. 

3.  Si  fuerit  intra  circiäum  poligona  superficies  quod  ex  medietate  latemm 
cius  'in  vnam  lineam  coniunctorum  medio  circtäi  dyametro  producilur  circulo 
minus  esse  si  uero  fuerit  extra  maius. 

4.  Cum  rotunde  pyramidis  axis  centro  basis  orthogonaliter  obstiterit  linea 
que  ad  circulum  dyametris  basis  a  uertice  eadem  in  medietate  circumferentie 
ducta  Pyramide  exteriori  reddit  superficiem  quia  nee  in  maiorem  nee  in  mino- 
rem. Quid  per  poligona  declaratur  ut  supra  vnam  manifestum  est  quod  si  resecta 
fuerit  pyramidis  a  pyramide.  erit  residui  superficies  ex  ductu  linee  duas  duorum 
circulorum  dyamelros  continuatis  ex  altera  parle  in  medielales  duarum  circum- 


G4    Ueber  die  Handschrift  R.  4?  2,  Problematnm  Enclidis  cxplieatio^  der 

% 

ferentiarum.    Die  hierin  definierte  abgekürzte  Pyramide  benennt  der  Ver- 
fasser frufelluTHy  und  %ibt  nun  endlich  hierüber  noch  folgenden  Satz. 

5.  Cum  fnUeÜis  et  pyramide  super posila  compositum  corpus  in  emisperio 
(d.  h.  hemisphaerio)  concludetur  aliudque  concludens  emisperia  fueritque  pyra- 
midis  et  fruteUorum  reudutiones  eiusdem  longitudinis  erit  eius  exterior  super- 
ficies minor  duplo  circuli  qui  basis  est  eiusdem  corporis  emispeni  maioris  auiem 
duplo  basis  emisperii  minor.  Mit  dem  Beweise  dieses  Satzes  schliesst  nnsere. 
Abhandlung.  Die  letzten  Worte  lauten  (S.  79  Zeile  35):  Ex  hijs  mani- 
festum est  superficiem  circuli  maiorem  quam  plani  reperiri.  Die  einzige  Stelle, 
die  eine  entfernte  Achnlichkeit  mit  dem  bekannten  Werke  Verba  fiHo- 
rum  cet,  hat,  ist  der  Satz  2.  der  zweiten  Reihe.  Derselbe  stimmt  nämlich 
im  Anfange  des  Beweises  und  im  Ende  desselben  mit  dem  von  Stein- 
schneider a.  a.  O.  S.  489  mitgetheiltcn  Anhange,  dessen  XJcberschrift 
ist:  Iste  modus  est  sufficiens  in  arte  hepfagoni  cadenlis  in  circulOj  doch  ist 
dieser  Satz  mit  seinem  Beweise  allein  sicherlich  nicht  diesem  Anhange 
adäquat. 

§8. 

Siebentes  Stück:  Demonstratio  magistri  Campani  de  flgnra  sectore. 

In  Bezug  auf  diesen  Gegenstand  kann  ich  mich  kurz  fassen.  Was  ins 
Besondere  die  Geschichte  der  Figura  seclor  betrifft,  so  sehe  man  den  drit- 
ten Brief  Steinschneiders  an  den  Fürsten  Boncompagni*)  und  die 
schon  genannte  Abhandlung  „lieber  die  mittlem  Bücher  der  Ara- 
ber" in  dieser  Zeitschrift  Jahrg.  X.  Der  in  dem  eben  genannten  Briefe 
als  Anhang  abgedruckte  Tratatello  De  Figura  Sectore y  dort  für  das  AVerk 
des  Thabit  bcn  Corra  gehalten,  obgleich  in  der  Abhandlung  in  dieser 
Zeitschrift  S.  40G  diese  Ansicht  fallen  gelassen  ist  mit  Hinblick  auf  das 
uns  vorliegende  Manuscript,  ist  nun  mit  wenigen  Varianten  wörtlich  mit 
dem  in  der  Ueberschrift  dieses  l^aragraphen  genannten  Stücke  unserer 
Handschrift  identisch.  Im  Folgenden  beziehe  ich  mich  deshalb  einfach  auf 
di4»sen  Abdruck  und  gebe  nur  die  hauptsächlichsten  Varianten  an.  Zu- 
nächst mache  ich  auf  die  verschiedene  Zahl  der  Figuren  aufmerksam.  Die 
erste  Figur  des  Abdrucks,  ein  Halbkreis  mit  einer  auf  dem  Durchmesser 
stehenden  Senkrechten,  fehlt  bei  uns  gänzlich,  ebenso  der  durch  zwei  senk- 
rechte Durchmesser  getheilto  kleine  Kreis.  Die  Figur  auf  Seite  37  des 
obigen  Abdruckes  ist  bei  uns  die  erste,  die  auf  Seite  3G  gegebene  bei  uns 
die  dritte,  aber  gerade  umgekehrt;  ausserdem  sind  aber  hei  uns  noch  drei 
Figuren  vorhanden,  die  in  dem  Abdrucke  sich  nicht  linden. 

Unser  Manuscript  beginnt  Seite  79  Zeile  3G  — 39  in  Uebereinstimmang 
mit  dem  Abdrucke  „Cum  aliquis  semicirculus  diiiidilur  in  duos  arcus  quolibct 


*)  Intorno  a  Nasawi  ed  Abu  So/il  Et-Kuhi  etc.  Roma  1864. 


Königl.  Gymnasialbiblioihek  zu  Thom.  Von  Maximilian  Curtze.    65 

modo  continlgat  el  (verschrieben  für  erit)  corda  dupli  vnius  equalis  corde  dupli 
ullerius.  hoc  enim  ||  palet  si  perficias  toium  circulum  et  perpendicularem  pro- 
trahas  ad  perficiendum  cordam  \\  nam  erit  corda  dupli  ulriusque  arcu§,  —  Nur 
(las  grösser  Gedruckte  ist  bei  uns  durch  grössere  Schrift  ausgezeichnet. 
Auch  die  Zeilen  1*^ — 21  von  Seite  36  des  Abdrucks  und  der  Beweis  bis 
Seite  37,  Col.  1,  Zeile  1 :  chorde  dupli .  ce,  stimmen  bis  auf  ein  paar  Wortver- 
schiedenheiten vollständig  überein.  Die  dann  folgenden  Zeilen  bis  zum 
Zeichen  €  sind  bei  uns  ein  besonderer  Absatz,  und  dann  bilden  die  Zeilen 
12 — 21  bis  zu  den  Worten  dupli  arcus.cb,  einen  neuen  Lehrsatz,  der  grösser 
geschrieben  und  mit  Koth  unterstrichen  ist.  Bis  Zeile  33  intendimus  ist  dann 
Gleichheit  vorhanden,  dann  aber  bei  uns  der  Beweis  in  drei  Theile  getheilt, 
die  am  Hände  mit  1,  2,  3  gezählt  sind.  Der  erste  beginnt  mit  den  Worten: 
Sit  igitur  residuum  semicirculi  und  endigt  mit  den  Worten  des  Abdrucks  (S. 
37,  Col.  1,  Zeile  67) :  arcus.cb.  Der  zweite  Theil  beginnt  dann  wieder  mit: 
Sit  ut  residuum  semicirculi  und  reicht  bis  zum  Zeichen  C  Col.  2,  Zeile  34. 
Der  dritte  Theil  endlich  stimmt  mit  dem  Schlüsse  des  Tratatello  vollständig 
überein.  Zuletzt  steht  bei  uns  noch  die  Bemerkung  (Seite  82,  Zeile  4): 
Explicit  demonstratio  magistri  campani  de  figura  seclore.  Dass  unser  Manuscript 
recht  hat,  wenn  es  so  eintheilt,  wie  ich  angegeben  habe,  sieht  man  leicht, 
da  der  Satz,  um  deswillen  der  ganze  tractatus  geschrieben  ist,  eben  der  bei 
uns  hervorgehobene  Satz  3.  ist,  was  man  aus  dem  Abdrucke  bei  Stein- 
schneider ohne  Weiteres  wenigstens  nicht  erkennen  kann*). 

§  9- 
Achtes  Stück:  Algorismas  proportlonum  magistri  Nlcolay  Orem. 

Wir  sind  jetzt  zu  einem  der  wichtigsten  Theile  unsrer  Handschrift  ge- 
langt, über  den  ich  mir  sehr  ausführlich  zu  berichten  erlauben  werde.  Die 
fragliche  Abhandlung  erstreckt  sich  von  Zeile  5,  äeite  82  bis  zum  Ende  der 
Seite  93.  Den  Verfasser  finde  ich  in  den  Werken  über  Geschichte  der  Ma- 
thematik nur  erwähnt  bei  Montnola,  Histoire  des  Mathematiques.  2®  cdition 
T,  L  p,  530,  Hier  sagt  er  unter  Anderm :  Nicolas  Oresme  fit  une  traduclion 
ou  traite  original  de  la  sphere^  et  traduisit  le  livre  ^,de  Mundo*"^  d'Aristote,  II 
fut  aussi  auteur  d'un  traite  „de  Proportionibos  proportionnm"  ou  „de  Pro- 
portionibns ",  rcste  manuscn't.  Selbst  in  Händen  gehabt  zu  haben  scheint 
Montucla  dieses  Werk  nicht,  da  er  sonst  wohl  etwas  mehr  darüber  gesagt 
haben  würde.  In  den  mir  zugänglichen  Handschriftenkatalogen  habe  ich 
nur  zwei  andere  Manuscripte  entdecken  können ,  eins  in  der  Bibliothek  des 
Sam.  Pepys**)  nämlich  ^^Tractatus  de  proportionibus  proportionum  magistri 

*)  In  der  BihHotheca  Mediceo  -  Laurenziana  befindet  sich  ebenfalls  ein  Manu- 
Script  nnter  dem  Titel:  Tractatus  Campani  de  proportione  et  proportion  atitate  et  de 
figxura,  das  offenbar  auch  mit  unserm  Tractate  identisch  sein  dürfte.  (M.  s.  Heilbronner, 
Historia  matheseos  uniuersae  p.  663,  §  44,  N.  16.) 

**)  M  8.  Catalogus  librorum  manuscriptorwn  Angliae  cet,  Oxoniae  1697  Fol.  T.  II 
part.  1.    Cat.  MS.  D,  Sam.  Pepysii  pag.  209  N*i  6780«*. 

Zeittchrifl  f.  Mathematik  u.  Physik.    (Supplem.)  \> 


06    Ueber  die  Handschrift  R.  4«  2,  Problematum  Euclidis  explicatio,  der 

Tiicolai  Orem^^^  das  andere  in  der  Biblhteca  Magliabechiaiia  \n  Floren**). 
Aus  dem  Werke  des  Francis  Meunier,  Essai  sur  la  vie  et  les  ouvrages 
de  JStcole  Oresme^  Paris  JS/*7  entnehme  ich  noch,  dass  die  Kaiserliche  Biblio- 
thek in  Paris  ebenfalls  eine  Handschrift  besitzt,  die  möglicherweise  die 
Originalhandschrift  sein  dürfte.  Die  Katalogsnummer, derselben  ist  Ancien 
fond  laiin  737/.  Wenn  aber  Herr  Me unier  hinzufügt:  iraile  contre  raslro- 
logie^  so  kann  das  nur  daher  rühren,  dass  er  als  Nichtmathematiker  von 
dem  Inhalte  gar  nichts  verstanden  hat.  Auch  Ohasles  muss  diese  Hand- 
schrift nicht  gekannt  haben,  da  er  sonst  sicherlich  in  seinem  Apercu 
hisiorique  dieses  für  das  XIV.  Jahrhundert  ausgezeichneten  Mannes,  der 
auch  in  die  politische  Geschichte  thatkräftig  eingegriffen  hat,  Erwähnung 
gethan  hätte.  Das  Werk  speciell,  was  wir  vor  uns  haben,  enthält, 
wie  ich  nachher  nachzuweisen  hoffe,  die  ganze  Rechnungmit  Po- 
tenzen für  ganze  und  gebrochne  Exponenten  in  einer  Bezeich- 
nungsweise, die  mit  der  unsrigen  die  grösste  Aehnliehkeit 
hat.  Ehe  ich  jedoch  zu  dem  Manuscripte  selbst  übergehe,  von  dem  ich, 
während  diese  Abhandlung  in  den  Händen  der  Kedaction  war,  zur  Jubel- 
feier des  300jährigen  Bestehens  des  hiesigen  Gymnasiums  im  Auftrage  des 
hiesigen  Copernicus-Vereins  für  Wissenschaft  und  Kunst  einen 
Abdruck  besorgt  habe,  der  nachher  im  Verlage  von  S.  Calvary  &  Cmp. 
in  Berlin  im  Buchhandel  erschienen  ist,  will  ich  Einiges  über  den  Ver- 
fasser hier  beibringen  und  darin  nach  der  in  diesem  Puncte  sehr  gründ- 
lichen Arbeit  Meuniers  das  berichtigen,  was  in  obiger  Ausgabe  zum  Theil 
Unrichtiges  mitgetheilt  ist**). 

Nicolaus  Orosmius  (Synonyma  finden  sich:  Orom,  Oresmus, 
OresImuSjOremi  HS,  Uranus,  Hören),  auf  französisch  Nicole  Oresme 
genannt,  ist  um  das  zweite  Jahrzehnt  des  XIV.  Jahrhunderts  geboren;  ob 
das  Dorf  Allemagne  bei  Caen  in  der  Normandie  sein  Gebnrtsort  ist, 
bleibt  völlig  ungewiss  und  l)orulit  lediglich  «auf  einer  Localtradition.  Wir 
wissen  von  ihm  nur,  dass  er  im  Jahre  1348  in  das  College  de  Navarre  in 
Paris  eintrat,  um  Theologio.  zu  studieren  und  dass  er  allgemein  für  einen 
Normannen  galt,  Tn  Paris  erwarb  er  sich  auch  die  Doctorwürde  und  wird  daher 
auch  wohl  docteur  de  Paris  oder  —  wie  in  unsrcm  Manusciipte  —  Parisius 
genannt.  Tn  dem  College  de  f^avarrc  blieb  er  als  Schüler  und  später  als 
Lehrer  bis  zum    1.  Oct.   i:55G.    Von    dieser  Zeit  an  bis  zum  4.  Dec.  1361 

*)  Die  Katalogsnnmmer  ist  Cojivenli  Sopressi  I.  IX.  26  früher  N'?  123  der  Bi- 
bliothek des  Klosters  San  Mrirco  in  Florenz, 

**)  Quellen  waren  ausser  dem  citierten  Werke  Menniers:  Gallia  chriMtiana 
T.  XI,  Paris  1759  p.  788-89;  Bio/p apldtj  universelle  T.  32  \^.  G2— C4  Paris  1822  8*?. 
/listoire  tillerairc  de  la  France  T.  XXIV  Qnulorzümc  sircle.  Paris  1802.  4'/  an  ver- 
schiedenen Stellen,  wieder  abgedruckt  in  Victor  le  Clerc  et  Emest  Benan,  //i^toirt 
lillcraire  de  la  France  au  XIV  siede  T.  edit.  T.  1,  II,  Pari«  I8r,5  8?,  Da  Pim,  Bi- 
hliothrque  des  auteurs  ecciesiasliqucs  du  S.  X/T.    Utrecht  1731.    T.  XI.   S.   82. 


Königl.  Qymnasialbibliothek  zu  Thorn.   Von  Maximilian  Curtze.    67 

erhielt  er  das  Amt  als  Grand  maltre  dieses  College,  13G1  zum  Dekan  der 
Kirche  zu  Ronen  gewählt,  rousste  er,  wenn  auch  nach  langem  Streuben, 
jenes  Amt  niederlegen.  Sechzehn  Jahre  verwaltete  er  das  Dekanat  zu 
Ronen  bis  zum  IC.  Nov.  1377.  Während  dieser  Zeit  hielt  er  dem  Papste 
und  den  Kardinälen  in  Avignon  die  berühmte  Predigt  über  den  Text: 
y^Juxta  est  Salus  mea  ut  veniat^  ei  justiiia  mea  ut  reveletur^^  und  zwar  am 
24.  Dec.  1363.  Seine  Sendung  durch  Charle  V  le  Sage  im  Jahre  13CG, 
um  den  Papst  von  seiner  beabsichtigten  Flucht  zurückzuhalten,  ist  apokryph, 
ebenso  wie  die  Behauptungen,  dass  er  Lehrer  Carl  V.  gewesen  sei  oder 
Archidiakonus  von  Bayeux  oder  Schatzmeister  der  St.-Chapelle  zu 
Paris.  Meunier  zeigt  die  Unhaltbarkeit  dieser  Angaben  aufschlagende 
Weise.  Während  seines  Aufenthaltes  in  Paris  verfasste  er  seine  lateini- 
schen Schriften,  als  Dekan  von  Ronen  auf  Veranlassung  des  Königs 
Charle  le  Sage  die  französich  geschriebenen.  Nachdem  er  durch  die  Für- 
sprache seines  königlichen  Gönners  am  16.  Nov.  1377  zum  Bischof  von 
Lisieux  geweiht  war,  fehlte  ihm  ferner  die  Müsse  zu  solchen  Arbeiten  und 
es  sind  auch  dergleichen  aus  seinem  spätem  Leben  nicht  bekannt. 

Oresme  starb  am  11.  Juli  1382.  Du  Pin  lässt  ihn  im  Jahre  1384 
sterben  und  fügt  noch  hinzu  7  Jahre  nach  seiner  Investitur,  aber  mit  Un- 
recht. Folgende  Stelle  der  Gallia  christiana  (S.  788):  Defunctus  die  11,  Julii 
13S2,  sepuUuram  accepit  in  cathedrali  juxta  sinistram  chori  portam  et  die  se- 
quenti  fit  eins  obiius  in  ecclesia  Lexoviensi.  Et  certe  vacabat  sedes  an.  13S2 
die  5.  Augusti  ex  reg.  123  Caroli  VI  in  quo  Nicolai  Le.roriensis  honae  memoriae 
episcopi  fit  meniioy  lässt  über  den  11.  Juli  1382  als  Todestag  des  Ores- 
mius  keinem  Zweifel  Raum. 

Von  seinen  Werken  führe  ich  die  mathematisch-physikalischen  an: 

1)  Traite  de  la  sphet^  gedruckt  Paris  s.  ä.,  löQ8,  1546  in  60  Capiteln, 
in  den  Handschriften  meistens  lateinisch  übersetzt. 

2)  Tractatus  de  lalitudinibus  fonnarum  oder  de  uniformilale  et  difformi- 
late  intentionum  gedruckt  in  dem  Werke  Questio  de  modulibus  Bassani  Politi 
etc.  Venetiis  sumptibus  heredum  etc.  D.  Oclaviani  Scoli  etc.  1505  unter  dem 
Titel :  lucipit  pcrutilis  tractatus  de  lalitudinibus  formarum  secundum  Reveren- 
dum  magistrum  Nicholaum  Hören'*).  Auch  dieser  Tractat  befindet  sich  in 
unserer  Handschrift  und  wird  von  Meunier  fälschlich  als  traite  conlre 
Vastrologie  bezeichnet. 

3)  Algorismus  proportionum,  das  Werk,  mit  dem  wir  uns  zu  beschäftigen 

*)  Wie  ich  soeben  aus  Fabricius,  IHhliotheva  mediae  et  infiinae  latinitatis  ersehe, 
ist  diese  Ausgabe  bis  jetzt  unbekannt  geblieben.  Aus  derselben  Quelle  tlieile  ich 
noch  mit,  dass  die  Bibliothek  des  College  de  Navarre  zu  Paris  von  diesem  Werke, 
das  dort  aber  gerade  wie  bei  uns  de  laiitudine  formarum  beisst,  ein  Manuscript, 
wahrscheinlich  das  Original,  besitzt.  Von  dem  Algorismtis  proporiionum  hat  er 
nur  Kunde  durch  Johannes  Picus,  Mirandulanus,  aus  dem  wahrscheinlich 
auch  Montncla  seine  Notiz  geschöpft  hat.  Auch  Meunier  kennt  obige  Ausgabe 
nicht. 


6>J    Uelif^r  die  Hancbchrift  R.  4?  2,  Problematum  Eaclidis  explicfttki,  der 

haben.  Dips  ist  der  Titel,  den  O res m ins  selbst  zweimal  citiert.  {Trad.  des 
PUiiif{ue%  (TAriMtote,  VIII,  7.  —  Trad,  du  tr.  du  Ciel  ei  du  Jiomde,  TT,  IS). 
Augenblicklich  gedrockt.    Berlin  18»>8. 

4)  Tractnlus  de  proporlionaiitate  moluum  eoelestium,  Pariser  Hand- 
schrift Jneien  fond  lat.  7:ilS  A.  —  Codex  Vaticanus  -/OS  2. 

5  —  7)  Rationes  et  causne  mirabilium  in  natura.  —  IHura  guotBiöefa  et 
diversae  f/uaestiones,  —  Soiuiiones  praedictorum  problematum.  Alle  drei  ent- 
halten in  dem  Pariser  Mannscript  Fond  St.  Victor  439. 

8)  Uebersetznng  des  Baches  de  coelo  et  mundo  des  Aristoteles. 
Pariser  Manscrpt.    Anc.  fond.  franrais  7065*). 

Ich  gehe  über  zu  der  Betrachtung  des  Inhalts  des  Algorismus  proportio- 
num^  dessen  ansführiiche  Darlegung  ich  auch  nach  der  Herausgabe  des 
ganzen  Werkchens  nicht  för  überflüssig  halten  kann. 

a)  Der  Algorismus  proportionum  ist  in  drei  Tractate  getheilt.  Hiervon 
beschäftigt  sich  jedoch  nur  der  erste  mit  dem  wirklichen  Algorismus, 
eine  Kegel,  die  sich  im  zweiten  Tractat  findet,  ausgenommen.  Die  beiden 
letzten  Tractate  behandeln  nur  Anwendungen  der  gegebenen  Regeln  auf 
die  verschiedenen  Zweige  der  Mathematik. 

Der  erste  Tractat  beginnt  (S.  82,  Zeile  1  —  2):    VNa  media  dehet  sie 

scribi  vna  tcrtia  sie  \  »  \  ^^  ^ue  terlie  sie  \\-^\  et  sie  de  alijs.   Der  Be- 

griff proportio  ist  nicht  definiert,  doch  ist  er  in  dem  im  Alterthum  und  Mit- 
telalter bekannten  Sinne  von  geometrischem  Verhältniss  verstanden. 
Es  hat  diesen  Namen  bei  Oresme  aber  nur  dann,  wenn  es  ein  fallendes 
ist,  d.  li.  wenn  der  A nteccden t  grösser  ist  als  der  Consequent.  Ist 
da«  VorhältnisH  ein  steigendes,  so  heisst  es  stets  fraciio.  Die  Namen  der 
verscliiedonen  Verhältnisse  sind  die  des  Bocthius,  wenn  auch  nicht  voll- 
Htändig;  er  führt  dabei  aber  neue  Begrifte  und  neue  Bezeichnungsweisen 

ein.  Die  proportio  dupla^  tripla  elc.  bezeichnet  er  durch  2^,  3^  oder  2  •*,  3* 
n.  8.  w. ,  die  proportio  scsquialtera ,   sesquiterlia  cel,  dagegen  durch     j-t^     , 

r**..    ,  cel.  oder  auch  durch     1^  ^     M  ^^'  s 


cct.   also  gerade  noch  wie 


wir  auch  bezeichnen.    Die  Verhältnisse  5  :  3,  8  : 3  d.  h.  proportio  superpar- 
ticns  duas  Icrlius^.  proportio  dupla  super partiens  duas  tertias  etc.  bezeichnet 


er 


entsprechend  durch    ]  .3  h     \\  \    cct.  oder  auch  durch     1^  «   L     2^  -" 


•)  J>a88  (lio  Franzosen  von  diesen  Ucbersetzungen  selbst  nichts  mehr  wissen, 
kann  man  ans  dem  im  Jahre  18C3  bei  Ladrangc  in  Paris  erschienen  Bache 
„  Tratte  du  Ciel  d"*  Aristo Ic  traduil  en  fran^aitt  pour  la  premiire  foU  cel.  par  J.  Bar- 
tMlemy  St,  J/ilaire  ersehen,  während  gerade  das  Französichc  des  Oresmius  in 
diesen  Uebersetznngen  sehr  gerühmt  wird  (Histoire  litt,  de  la  France  T.  XXIV 
p.  JS2).  Auch  loordain,  Sur  les  traductions  tatines  iVAristote  hat  nicht  einmal  den 
Namen  einer  Erwähnung  werth  gehalten. 


Königl.  Gyranasialbibliothek  zu  Thorn.   Von  Maximilian  Cürtze.    69 


"-^  -    -<■  v^v-  t. 


W 


ce/.,  also  ebenfalls  wie  wir  noch  heute  thun.    Leonardo  Pisano  hat  für 

12        2 
diese  Grössen  die  Zeichen  _  1,    -1,  -2  d.  h.  gerade  die  umgekehrten  des 

^         o         ö 

Oresme.  wenigstens  ist  so  in  Libri's,  Histoirc  des  Mathemaliques  en  Italic 

gedruckt.     Diese  Zeichen   des  Leonardo  Pisano   benutzt   Oresme   in 

2 
einem  ganz  andern  Sinne.    Das  Zeichen  -2,  oder  wie  Oresme  schreiben 

«5 

ürde      ..  2^  L  heisst  nichts  weiter  als  2lr,  um  unsre  Zeichen  zu  gebrauchen. 

Mit  Worten  ausgedrückt  heisst  das  bei  Oresme:  due  terlie  proportionis 
duplc  oder  auch  kurz  duo  terlie  duple.  Wir  werden  später  sehen,  auf  wel- 
chem Grundgedanken  diese  Bezeichnung  beruht.  Die  Potenzen  mit  ge- 
brochenen Exponenten,  von  deren  Gebrauch  man  bis  jetzt  annahm,  dass. 
derselbe  durch  Vieta  zuerst  in  Anwendung  gekommen  sei*),  treten  aber 
wohl  an  dieser  Stelle  zuerst  auf.  Dergleichen  Verhältnisse  heissen  bei  un- 
serm  Schriftsteller  proportiones  irrationales ^  die  gewöhnlichen  dagegen /?ro- 
portiones  rationales,  Bezeichnungen,  die  noch  gäng  und  gebe  sind. 

Die  Kechnung  mit  solchen  Verhältnissen  gibt  Oresme  nun  in  9 
Regeln,  zu  denen  dann  die  im  zweiten  Tractat  als  zehnte  tritt.  Der  Algo- 
rismus  ist  aber  nicht  etwa  die  Rechnung  mit  Brüchen,  sondern  die  Auf- 
suchung der  zusammengesetzten  Verhältnisse,  wenn  die  einfachen  oder 
zusammensetzenden  Verhältnisse  gegeben  sind.  Die  Zusammensetzung 
directer  Verhältnisse  heisst  Addition  derselben,  die  Zusammensetzung 
eines  directen  und  eines  indirecten  dagegen  Subtraction  der  Verhält- 
nisse. Diese  Bezeichnung  findet  sich  schon  bei  Jordan us  Nemorarius 
und  zieht  sich  bis  in  Card  ans  Werk  über  Proportionen  hinein.  Die 
Regeln  des  Oresme  für  diese  Rechnungen  sind  nun  folgende: 

1.  Begel.  Proportionem  rationalem  proportioni  rationali  addere,  d.  h. 
also,  das  zusammengesetzte  Verhältniss  zweier  gleichartiger  Verhältnisse 
bestimmen.  Vorausgesetzt  wird,  dass  die  Verhältnisse  in  den  kleinsten 
Zahlen  gegeben  sind.  Dann  lässt  sich  die  Regel  des  Oresme  in  unsrer 
Art  zu  sprechen  so  ausdrücken:  Man  multipliciere  die  beiden 
grössten  Zahlen,  d.  h.  die  Zähler,  und  ebenso  die  beiden  klei- 
nem Zahlen,  d.  h.  die  Nenner,  die  gefundnen  Zahlen  bilden 
die  Glieder  des  gesuchten  Verhältnisses.  Auf  diese  Weise, 
fährt  er  fort,  kann  man  auch  zwei,  drei,  vier  und  überhaupt  eine 
beliebige  Anzahl  von  Verhältnissen  addieren,  d.  h.  zu  einem 
einzigen  Verhältniss  zusammensetzen.  Sind  die  Verhältnisse,  die  man  zu- 
sammensetzen soll,  einander  gleich,  so  heisst  die  Operation  nach  Oresme 


•)  Klügeis  Wörterbuch  sub  verbo  Potenz.  Nach  Pronhet ,  Sur  Vinvention 
des  exposantn  fractionnaires  oh  incommensurables  (Nouv.  Ann.  de  Math.  T.  18.  Bull, 
de  IVibl.  p.  42)  war  Simon  Stevin  von  Brügge  der  Erfinder.  (Briefliche  Mitthei- 
lang  des  Herrn  Prof.  Cantor  in  Heidelberg). 


70    lieber  die  Handschrift  R.  4'!  2,  Problematum  Eiiclidis  expiicatio^  der 

proportionem  duplari,  Iriplari  cot.  Die  proportio  duplata^  triplata^  u.  8.  w.  ist 
nun  aber  offenbar  nach  dem  Obigen  das,  was  wir  als  quadratisches, 
cu  bisch  es  u.  s.'  w.  Verhältniss  bezeichnen.  Der  technische  Ausdruck  fiir 
das  quadratische ,  cubischo  Verhältniss  von  2  :  3  oder  proportio  sesquialtcra 
ist  nun  aber  bei  Oresme  folgendes:  due  scsquialtere ^  tres  sesquialtere^ 
u.  s.  w.,  wo  überall  proportiones  zu  ergänzen  ist.  Nun  ist  es  auch  klar,  wie 
Oresme  auf  die  irrationalen  Verhältnisse,  mcdietas  sesquialtere ,  tcriia  pars 
sesquiallere  u.  dgl.  gekommen,  und  dass  diese  Begriffe  wirklich  das  bedeu- 
ten ,  was  ich  ihnen  oben  als  Sinn  unterlegte. 

Für  den  Beweis  bezieht  der  Verfasser  sich  auf  die  Arithmetik  des 
JordanusNemorarius*).  In  dieser  belinden  sich  die  hierher  gehörigen 
Sätze  im  5.  Buche.  Darin  ist  jedoch,  wie  in  dem  ganzen  Werke  des  Jor- 
danus  nur  gesagt,  wie  man  zwei  Verhältnisse  addieren  und  wie  subtrahie- 
ren muss,  irrationale  Verhältnisse  und  alle  übrigen  Sätze  des  Oresmius 
sind  ihm  aber  eigenthtimlich ,  und  finden  sich  nicht  in  jenem  Werke.  Auch 
bei  Card  an  US**)  habe  ich  sie  vergeblich  gesucht,  sowie  in  andern  mir  zu 
Gebote  stehenden  Werken  aus  den  Zeiten  der  Erfindung  der  Buchdrucker- 
knnst.  Als  selbstverständlich  nimmt  Oresme  an,  dass  z.  B.  due  duple  und 
tres  duple  zur  Summe  quinqttc  duple  haben;  darin  liegt  aber  offenbar  der 
Satz  der  neuern  Arithmetik: 

\^l)      .     .      .     a     '  a    =  a 

2.  RegeL  Proportionem  ratiomdem  a  proportiortc  rationali  subtrahere, 
d.  h.  das  zusammengesetzte  Verhältniss  zweier  anderer  Verhältnisse  be- 
stimmen, wenn  das  eine  direct,  das  andere  indirect  ist.  Die  obige  Voraus- 
setzung ist  natürlich  hier  ebenfalls  massgebend.  Die  vom  Verfasser  ge- 
gebne Lösung  lässt  sich  folgendermassen  aussprechen:  Mau  stelle  die 
Verhältnisse  alsBrüche  geschrieben  neben  einander  und  mul- 
tipliciere  übers  Kreuz,  die  so  bestimmten  Zahlen  sind  die 
Glieder  des  gesuchten  Verhältnisses.  Von  den  beiden  ge- 
gebenen Verhältnissen  ist  dasjenige  das  grössere,  dessen 
Zähler  mit  dem  Nenner  des  andern  multipliciert  das  grössere 
Pro  du  et  gibt.  Von  diesem  ist  dann  natürlich  das  andere  zu  subtrahieren. 
Z.  B.  subtrahiert  er  die  proportio  sesquiallera  von  der  proportio  sesquitertia 
d.  h.  er  dividiert  ^  durch  ^,  Er  findet  3-3  =  0,  2-4  =  8  und  das  zu- 
sammengesetzte Verhältniss,  hier  natürlich  cxccssus  genannt,  ist  9  :  8  d.  h. 
proportio  sesquioclavn.    Nach  seiner  Erklärung  ist  i^  >  ^-,  wie  es  sein  muss. 

Aehnlich   wie  oben   schliesst  aber  Oresme,    dass  z.  B.  quinquc  duple 

*)  Jordani  Ncmorarii  C/missimi  viri  Klementa  Aritkmetica :  cft  demonstraliomhus 
JacQÖi  Fahrt  Stapulensis.  Pinisiis  1496,  Klatt  13»»  — 15^  (NB!  die  Blätter  sind  nicht 
numeriert.)     Jordanus  Nemorarius  lebte  um  1235. 

**)  Hicronijmi  Cardani  Mediolanensis  etc.  Opus  novnm  de  proportionibus  rmmerorum 
cet.  praetcrea  Arlis  maynac  sive  de  regidis  aff/ebraicis  liber  vnus  cet.  item  De  AHza 
rcgida  Über  cel.    IJasileae  1570. 


Königl.  Gymnasialbibliothek  zu  Thorn.  Von  Maximilian  Curtze.    71 

weniger  due  duplc  gleich  tres  duple  sind ,  damit  bringt  er  aber  die  Formel 
unsrcr  Arithmetik  in  Anwendung: 


m — M 


(2)     .     .     .     —  =  « 

Hier  muss  natürlich  m  ^  n  sein,  da  negative  Zahlen  für  ihn  nicht 
existieren. 

3.  Regel.    Si  proportio  irraiionalis  fucrit  partes  alicuius  rationalis^  ipsam 

possibüe  est  parlem  notare.    El  hoc  alterius  rationalis  licet  non  eiusdem,    vnum 

compeientius  nominatur*)  pars  quam  partes.     Der  Sinn  dieser  Worte  lässt 

sich   am  leichtesten   durch   eine   Formel   veranschaulichen.    Sie   bedeuten 

nämlich  nichts  anderes  als: 

i 
(3)     ...««=    K).. 

Er  hat  z.  B.  das  Exempel:  due  terlie  quadruple  sind  gleich  una  tertia  qua- 
druple duplicate  vel  una  tertia  sedecuple,  d.  h.  4^  =  (4^)i  =  16^. 

Aber  Oresme  geht  noch  weiter.  Er  fügt  nämlich  hinzu:  Vniversale 
vna  tertia  totius  est  due  tertie  medietatis  vel  subduple  und  umgekehrt:  due  ter- 
tie  subduple  sunt  vna  tertia  duple  et  sie  de  quibuslibet  partibus.  Darin  liegen 
die  beiden  Formeln : 

I  P  ± 

(4)  .      .      .      «w<  =  («w )  p  , 

(5)  .     .     .     {ap)m  =  am, 

4.  Regel.  Denominatorem  proportionis  irraiionalis  propn'ssime  assignare. 
Der  Nenner  eines  irrationalen  Verhältnisses  ist  dabei  als  der  Nenner  des 
Bmchexponenten  aufgefasst.  Die  Aufgabe,  deren  Lösung  hier  Oresme  gibt, 
ist  in  der  Formel  ausgedrückt: 

P  fMp         1 

(6)  (««•)V  =  {n-^)^n 

dabei  ist  aber  vorausgesetzt,  dass  m  und  q  beide  durch  n  ohne  Kest  auf- 
gehen, n  ist  dabei  das  grösste  gemeinschaftliche  Vielfache.  Oresme  unter- 
scheidet hier  zwei  Arten  rationaler  Verhältnisse:  1)  Proportio  rationalis  pri- 
maria^ 2)  Proportio  rationalis  secundaria^  d.  h. Verhältnisse,  deren  Glieder  sich 
nicht  als  dieselben  Potenzen  zweier  Zahlen  darstellen  lassen,  und  solche,  bei 
denen  dies  möglich  ist.  Zur  ersten  Art  gehören  proportio  tripla  und  proportio 
sesquialtera  y  zur  zweiten  Art  proportio  quadrupla  gleich  due  duple  oder /)ro- 
portio  octupla  gleich  tres  duple  oder  proportio  16  ad  9  gleich  due  sesquitertie 
u.  s.  w.    In  unsern  Zeichen  sind  seine  Regeln  folgende:  Ist  zu  transfor- 

*)  So  hat  die  Handschrift.  Es  ist  nur  der  grossen  Eile  des  Druckes,  der 
des  oben  angegebnen  Zweckes  halber  in  8  Tagen  vollendet  sein  musste,  zuzu- 
schreiben, dass  notalur  stehen  geblieben.  Ich  benutze  die  Gelegenheit  noch  um 
zwei  unangenehm  auffallende  Druckfehler  zu  notieren.  Anf  8.  A  Zeile  6  v.  o. 
muss  es  heissen:  Seite  82  statt  Seite  32  nnd  in  der  Unterschrift  auf  der  beige- 
gebenen photographischen  Tafel:  Seite  82  statt  Seite  22. 


72    Ueber  die  Handschrift  R.  4*?  2,  Problematum  Euclidis  explicatio,  der 


'^ .- .'-,-".-_» 


v_ 
inieren  («'")*  und  sind  m  und  q  relative  PrimzaldeTi,  so  ist  nach  der  letzten 

Regel 

(7)        ((r)i  =  («'»'')«. 

Sind  aber  m  und  q  nicht  relative  Primzahlen,  sondern  ist  m==r.nj  q=s,n^ 

l  1 

so  erhält  man  die  Formel  (6)  in  der  Form  («"*)^  ==  («'*'')*.     Als    Beispiele 

findet  man : 

[Ü] = ßä«  (=»')^'  =  GS  =  ^''  (^")' = '''  =  ßj]- 

5.  Regel.  Proportionem  irrationalem  proportioni  rationali  addere.  Diese 
Regel  enthält  das,  was  man  bei  der  Wurzelrechnung  das  Bringen  einer 
Zahl  unter  das  Wurzelzeichen  nennt.  Das  irrationale  Verhältniss  wird  da- 
bei nach  Regel  4.  als  proprissime  assignata  angenommen.  Die  algebraische 
Formel,  die  unsrc  Regel  ausdrückt,  lässt  sich  folgend ermassen  schreiben 

(8)  .     .     .     a  '  b"  ={a''.b)\ 

Darin  liegt  natürlich  auch  die  andere  Formel 

1 

(9)  .     .     .     (f/'')«=rt. 

Als  Beispiele  findet  man : 

6.  Regel.  Proportionem  irrationalem  a  proportioni  rationali  subtrahere. 
In  dieser  Regel  ist  auch  die  Lösung  des  umgekehrten  Problems  enthalten, 
je  nachdem  nämlich  das  rationale  oder  das  irrationale  Verhältniss  das 
grössere  ist.  Dieselbe  gibt  die  Anweisung  zu  folgenden  beiden  allgemeinen 
Formeln : 


,     ,  b"         f  b  \" 


(11)  .  .  .  -^-  = 

Daraus  zieht  Orosme  aber  auch  noch  die  allgemeinere  Formel: 

j. 

(12)  wenn    ,  =  c  ist,  so  ist  auch   —r  =  c*. 
b  L 

7.  und  8.  Regel.     In  additionc  irraiionalis  ad  irrationalem  et  siibtraxionc 
irrationalis  ab  irrationali  sunt  regule  gencrales  pro    qtiibuslibet  quantitatibus. 

Man  findet  2  Fälle  erledigt,  nämlich  1.  addcndo  (Regel  7.);  2.  subirahcndo 

j^  1 

(Regel  8.).   Es  sei  c  =  « *^ ,  d  =  6^ ,  dann  hat  man  zunächst  nach  Oresme 
c  =  a*"^ und  d  =  />^^,  d.  h.  die  allgemeine  Formel: 


Königl.  Qyinnasialbibliothek  zu  Thorn.   Von  Maximilian  CüRTZE.    73 

1  f" 

(13)     .     .     .     «"•  =  «K 

Aus  (lieser  Formel  folgt  nun  zunächst  addcfido: 

1       '  1 

(14)     .     .     c  .d  =  a''  .br  =  {ar  ,  i^ey/ 

und  zweitens  subtrahendo: 

<-)  ■  • ;  -  "i  -  &■ 

br 

9.  Regel.     Si  aiUem  partes  habent  eandem  dcnominntorem.    Dies  ist  ein 

specicller  Fall  der  beiden  letzten  Regeln.    Die  gegebne  Auflösung  liefert 

unsere  Formeln : 

1        ^  j_ 

(16)     .     .     .     ««  .  6"  =  {aby  \ 

(1^) i  =  ü  • 

b" 
Letztere  Formel  identisch  mit  Formel  (12). 

Es  folgt  die  allgemeine  Bemerkung:  Proporlio  duplatur^  triplatur  et 
quomodolibet  mtdtiplicelur  et  scsqiiiallerattir  aut  quomodolibet  aliter  proportiona- 
litcr  augetur  per  additionem  proporlionis  ad  proportionem.  Eodem  modo  per 
subtraxionem  subduptatur ,  sublriplatur ,  subsesqiiialteratur  etc.   Darin  liegen 

offenbar  die  Formeln 

1  .11        i  1.1  »"+« 

—  »t-\ —      —       —  — I —  ..'_         , 

(18)  ...«"•.  a"  =  a      ";  «"*  .  a"  =  a"*    "  =  «'"•«  ; 

1  1_        _1.  }  1 *  n-  M 

(19)  .     .     .     «'"  :  fl«  =  a"    ";  a'"  :  a"  =  «"*     "  =  r/^^", 

speciclle  Fälle  der  Formeln  (1)  und  (2),  oder  Ausdehnung  derselben  auf 
gebrochnc  Exponenten. 

Wir  haben  endlich  die  Schlussworte  des  ersten  Tractats  (Seite  85, 
Zeile  32 — 38) :  Vna  vero  proportio  per  alter  am  non  multiplicatur  \\  nee  diuiditur 
nisi  inproprie  sicud  multipUcare  duas  duplas  per  dtias  dtiplas  sunt  quatuor  duple  \\ 
sed  hoc  non  est  nisi  mxdtiplicatio  numerorum  quoniam  multipUcare  duas  duplas 
per  duas  triplas  \\  nichil  est  sicud  nee  multipUcare  homines  per  asinum  et  eodem 
modo  de  diuisione,  \\  ergo  nülla  species  algorismi  habet  locum  in  proportione  ad- 
ditio  et  subtraxio  ut  \\  delerminattm  est  sufßcient.  Ezplioit  algorismus  propor- 
tionum  magistri  |  Nioolay  orem.  parisius.  Inoipit  seonndas  traotatus. 

Betrachten  wir  jetzt  von  unserm  Gesichtspuncte  aus  den  Hauptinhalt 
dieses  ersten  Tractates,  so  sehen  wir  augenblicklich,  dass  derselbe  die  voll- 
ständige Theorie  der  Potenzen  mit  positiven  ganzen  und  gebrochnen  Expo- 
nenten enthält,  und  zwar  in  einer  Bezeichnung,  die  wie  die  unsrige  auf 
einer  Interpolation  der  ganzen  Potenzen  beruht,  überhaupt  mit  der  unsri- 
gen  eine  nicht  zu  verkennende  Aehnlichkeit  besitzt.  Die  Formeln  (1) — (19), 
die  sich  augenblicklich  ergeben ,  sobald  man  die  vorgeschriebeivft^N.  0^^^^'^.- 


74     lieber  die  Handschrift  R.  4?  2,  Problcmatuni  Euclidis  explieatio,  der 

tionen  mit  allgemeinen  Symbolen  vornimmt,  enthalten  alle  Gesetze  der 
Potenzrechnung,  und,  wenn  wir  die  Wurzelbezeichnung  in  Anwendung 
bringen,  auch  die  der  Wurzelrechnung.  Oresme  führt  ausserdem  seine 
Rechnung  an  vielen  Stellen  ganz  allgemein  mit  Buchstaben  aus,  z.  B.  die 
Rechnungen  der  Regel  7.  und  8.  gerade  so,  wie  wir  dieselbe  dargestellt 
haben.  In  einem  Anhange  erlaube  ich  mir,  einige  charakteristische  Stücke 
dieses  ersten  Tractates  in  diplomatisch  genauem  Abdrucke  mitzutheilen*). 

b)  Der  secundus  iraciatus  enthält  ausser  noch  einer  weitem  Regel  nur 
Anwendungen  auf  die  verschiednen  Zweige  der  Mathematik.  Cr  be^nnt 
(Seite  86,  Zeile  1 — 3) :  Est  autem  istarum  reg^lanun  de  algorismo  proportio- 
num  uUlitas  \  ualde  magna  quin  possunl  ad  inumerahilia  proposita  appiicari 
quorum  ||  aliqua  nunc  occurrunt  que  ponuntur  pro  exempUs.  Ehe  ich  jedoch 
zu  diesen  Anwendungen  übergehe,  werde  ich  vorher  noch  die  Regel,  welche 
sich,  wie  schon  gesagt,  in  diesem  Tractate  findet,  als  Supplement  des 
ersten  Tractats  hier  hinzufügen.  Dieselbe  steht  Seite  87,  Zeile  29  bis"  Seite 
88,  Zeile  19,  und  lautet,  wie  folgt: 

Si  duarum  rerutn  fuerit  proportio  data  proportionem  quamlibct  sibi  mulli 

piicem  assignare.    Das  Verhältniss  zwischen  a  und  6,  also  —  sei  c,  es  seien 

0 

ferner  die  Grössen  d  =  a  .  Cy  f  =  b  ,  g  gegeben,  und  es  sei  auch  das  Ver- 
hältniss von  g  zu  e  bekannt,  etwa  —  =  h.  Dann  verlangt  man  das  Ver- 
hältniss d  :  f.    Es  werden  drei  Fälle  unterschieden. 

1.  Man  hat  e  =  g^  also  /<  =  1.  In  diesem  Falle  findet  man  unmittel- 
bar d  :  f  =  a  :  b. 

e 

2.  Es  ist  e  >  g  also  -  =  //,   weil  die  grössere  Zahl  stets  der  Zähler 

(l 

ist.    Nach  Voraussetzung  ist      =  ^,   und  wenn  man  also,   um  Orcsmes* 

Ausdrucksweise  zu  gebrauchen,  die  beiden  Verhältnisse  c  und  h   addiert, 

ac 
HO  entsteht  .     =  c.Ä  d.  h.  d:f=  c.h, 

3.  Es  ist  g  ^  c,  folglich  jetzt  aus  dem  angegebnen  Grunde    ^  =  h. 

c 

Man  unterscheidet  wieder  drei  Fälle,    (ä)  c  =  h  d.  li.  a  :  b  =  g  :  e  oder  als 

Product  geschrieben  ae  =  bg  oder  d  =  f.    —  (b)  c  >  ä  dann  ist    -  =  r, 

b 

-  =  hy  und  weil  c  ^  h^  das  zweite  Verhältniss  vom  ersten  zu  subtrahie- 

c 

<l€  C 

ren.    Man  erhält       =   -  oder  d:f=  r:h.  —  (c)  Endlich  kann  auch  Ä>f 

*)  Die  Eiuleitunpr  8.  82,  Zeile  5-21;  Ucpel  4.  S.  83,  Zeile  9-42;  Regel 
7  und  8.    Seite  84,  Zeile  29.  —  Seite  85,  Zeile  26. 


Kftnigl.  Gymnasialbibliothek  zu  Thorn.   Von  Maximilian  Curtze.    75 

sein ,  dann  ist  das  erste  Verhältniss  vom  zweiten  zu  subtrahieren  und  man 

findet  -^  =       oder  f :  d  =  h  \  c. 
ae         c 

Man  sieht  die  ganze  Procedur  stimmt  mit  der,  welche  wir  anwenden, 
vollständig  überein.  Bei  Cardanus,  a.  a.  O.  S.  2,  Z.  14 — 26  und  S.  6,  Zeile 
28  —  S.  7,  Z.  38  findet  sich  die  nämliche  Regel  unter  dem  Namen  Multi- 
plication  und  Division  zweier  Proportionen;  doch  ist  wohl  ein- 
leuchtend, dass  die  Multiplication  und  Division,  von  der  Oresme  behauptet, 
dass  sie  unmöglich  sei,  mit  dieser  Regel  nichts  zu  schaffen  haben. 

Die  Anwendungen,  die  Oresme  macht,  beziehen  sich  in  diesem  zwei- 
ton Tractate  auf  Geometrie,  Musik,  Würfelspiel,  Mechanik,  im 
dritten  auf  die  Theorie  der  regulären  ein-  und  umgeschricbnen 
Polygone  und  die  Astronomie. 

1.  Was  ist  das  Verhältniss  dreier  Würfel,  wenn  das  Ver- 
hältniss der  Grundflächen  gegeben  ist?  Gegeben  ist  Basis  a  :  Basis 

6  =  2:1,  Basis  a  :  Basis  c  =  3  : 1.    Man  findet  Cubus  n  :  Cubus  6  =  8», 

0 

cubus  b  :  cubus  c  =  (^)^,  Basis  b  :  Basis  c  =  (§)^;  Kante  a  :  Kante  6  =  22, 

Kante  a  :  Kante  <r  =  3^,  Kante  b  :  Kante  c  =  (f)«  Bemerkt  wird  noch, 
dass  sich  diese  Betrachtungen  direct  auf  die  Verhältnisse  von  mehreren 
Kugeln  ausdehnen  lassen,  bei  denen  man  das  Verhältniss  der  grössten 
Kreise  kennt.   Man  hat  deshalb  * 

2.  Es  ist  gegeben  Kugel  a:  Kugel  6  =  22,  Grösster  Kreis 
«:  Grösstem  Kreis  c  ==  32,  wie  heissen  die  Verhältnisse  der 
Kugeln,  der  grössten  Kreise  und   der  Durchmesser?   Oresme 

findet:  Kugel  a  :  Kugel  c  =  27^,  Kugel  b  :  Kugel  c  =  (V)^;  Kreis  a  : 
Kreis  6=2*,  Kreis  6  :  Kreis  c  =  (V)  5  Durchmesser  a  :  Durchmesser 
6  =  2i,  Durchmesser  a  :  Durchmesser  c  =  3*,  Durchmesser  6  :  Durch- 
messer c  =  (V)"- 

3.  Die  folgende  Anwendung  ist  zum  Thcil  der  J^usik  entnommen;  am 
Rande  steht :  de  quadratis  musicis.  Gegeben  sind  zwei  Quadrate  cd 
und  fg,  Ueber  dieselben  spannt  man  je  eine  Saite  und  zwar 
bei  dem  ersten  in  der  Diagonale,  bei  dem  zweiten  parallel 
einer  Seite.  Die  erste  Saite  gibt  den  Ton  mi,  die  zweite  den 
Ton  fa,  der  Unterschied  beider  Töne  ist  ein  halber  Ton  oder 
wie  Oresme  sagt  dyetis.  Verlangt  wird  das  Verhältniss  der  Qua- 
drate cd  und  fg.  Die  Diagonale  von  cd  heisst  0,  die  Seite  von  fg  ist  6 
genannt,  und  die  Seite  des  ersten  Quadrates  heisst  c.    Nach  Boethius*) 

liat  man  a  :  b  =  256  :  243  und  nach  der  Voraussetzung  0  :  c  =  2«  :  1. 

*;  lioethius,  De  Institulione  musira  libri  quinqueed.V riedlein.  Leipzig  1867. 
Liberi,  cap.  17,  8.  204,  ZcHc  8 — 9:  Estque  verum  semitonium  minus  ducentorum  qua- 
draginla  tr'mm  ad  .CCLVI,  eomparatio. 


76    Ueber  die  Handschrift  R.  4v  2,  Problcmatum  Euclidis  explicatio,  der 


•   .r-  ^  ^  ^  ^  ^         ."-•■-         *-rf^---jr-         •-• 


Also,  sagt  Orc8mc,i8t6:c  =  ^59049  :  ^^32768  also  das  Verhaltniss  der 

Quadrate  fg\cd  =  /348r)7844()i  :  /l07374"l824. 

4.  Es  folgen  jetzt  Anwendungen  der  Regel  dieses  zweiten  Tractates. 
Zunächst  eine  Aufgabe  aus  dem  "Würfelspiele  (de  ludo  taxilloritm).  Mau 
hat  zwei  Würfel  und  dTe  Grundfläche  des  ersten  ist  doppelt 
so  gross,  als  die  des  zweiten.  Man  macht  einen  Warf,  und  es 
ist  die  Frage,  wie  ist  das  Verhältniss  der  Anzahl  grosser  Wür- 
fel, die  auf  seiner  obern  Fläche  steht,  zu  der  Anzahl  kleiner 
Würfel,  die  auf  desselben  obern  Fläche  sich  findet?  Das  Ver 
hältniss  eines  grossen  Würfels  zu  einem  kleinen  ist,  wie  in  Questio  I  ge- 
funden, gleich  82  :  1.  Es  sei  nun  die  Zahl  auf  dem  grossen  Würfel  1,  auf 
dem  kleinen  3,  so  ist  das  Verhältniss  von  3  kleinen  Würfeln  zu  einem  sol- 
chen wie  3:1.  Da  letzteres  das  grössere  Verhältniss  ist,  so  findet  min 
sublrahendo  das  Verhältniss  von  3  kleinen  Würfeln  zu  einem  grossen  War 
fei  =  {^p.  Wäre  die  Zahl  auf  dem  grossen  Würfel  die  beträchtlichere 
gewesen,  so  hätte  mau  addcndo  onerieren  müssen.  Oresme  macht  am  Ende 
die  Bemerkung:  Si  quis  aulcm  est  bcne  promlus  in  hoc  ludo  bene  inUlUgertt 
in  proportionibus.  Dass  überhaupt  dergleichen  Spiele  zur  Zeit  des  Oresme 
sehr  im  Schwünge  waren ,  kann  man  aus  dem  damals  gerade  ebenfalls  viel 
getriebenen  Spiele  Rythmomachia  d.h.  Zahlenkam  pf  sehen,  wobei  es  auch 
der  Hauptsache  nach  auf  mittlere  Proportionalen  hinausläuft.  Eine  weit- 
läufige Auseinandersetzung  dieses  Spieles  findet  man  in  der  oben  citieitea 
Ausgabe  des  Jordanus  Nemorarius  auf  den  zwei  letzten  Blättern. 

5.  Wie  verhalten  sich  3  Diagonalen  eines  Quadrates  ml 
Seiten  desselben  Quadrates?   Man  findet:  3  Diagonalen  zu  4  Seiten 

6  und  7.  Das  Ende  des  zweiten  Tractates  besteht  endlich  in  zwei 
Aufgaben  aus  der  Mechanik,  die  im  Grunde  ein  und  dieselbe  Aufgabe  bil- 
den. Zwei  Kreise  a  und  6,  von  denen  der  eine  doppelt  so  gross 
ist  als  der  zweite,  drehen  sich  umihreMittelpuncte  und  zwar 
der  Kreis  a  um  se«n  Centrum  5 mal,  während  der  Kreis  fc  um 
sein  Centrum  in  derselben  Zeit  sich  7m  al  dreht;  was  ist  das  Ver- 
hältniss der  Geschwindigkeiten  beider  Kreise?  Oder  rweiteos: 
die  Seite  und  die  Diagonale  eines  Quadrates  werden  in  resp. 
Sund  7  Tagen  von  zwei  Piin  cten  «  und  ft  durchlaufen,  was  ist 
in  diesem  Falle  das  Verhä.ltniss  der  Geschwindigkeiten  von 
a  und  6?  Oresme  findet,  dass  der  Kreis  oder  Punet  a  sich  im  Vcrhältni» 
(iö)  schneller  bewegt  als  der  Punct  b.  Et  ita  diccndum  est  de  sirnüibus 
f/nestionibus\\.  Ezplicit  secundas  tractatns.  [Incipit  tertius].  So  endigt  der 
zweite  Tractat  (S.  81),  Zeile  12  —  13). 

c)  Es  folgt  der  dritte  Tractat.  Derselbe  beginnt  (Seite  89,  Zeile  13—14): 
Nunc  ergo  ludendo  in  alio  proposito  ponatur  ||  triangulus  cquilalcrus.  a  .  b  .c* 
inscriptus  circulo  cuius  dyamctcr  sit  .a.c.   Er  beschäftigt  sich  zunächst  mit  den 


Königl.  Gymnasialbibliothek  zu  Thom.  Von  Maximilian  Cürtze.    77 


Verhältnissen ,  die  zwischen  den  regulären  ein-  und  umgeschriebenen  Viel- 
ecken eines  und  desselben  Kreises  bestehen.  Zunächst  beweist  Oresme 
einige  Lehrsätze,  die  er  als  Voraussetzungen  für  das  Folgende  benutzt. 
Wir  finden  9  Theoreme  dieser  Art,  von  denen  ich  im  Folgenden  den 
Wortlaut  gebe. 

Satz  I.  Im  gleichseitigen  Drei- 
eck ist  das  Verhältniss  zwischen 
demQuadrate  des  Durchmessers  ae 
des  umgeschriebnen  Kreises  und 
dem  Quadrate  der  Seite  ac  des 
Dreiecks  wie  4:  3.  (M.  s.  die  Figur.) 

Satz  n.  Für  das  nämliche  Drei- 
eck ist  das  Verhältniss  zwischen 
dem  Quadrate  von  ac  zum  Quadrate  von  ad  gleich  4:3. 

Satz  in.  Es  ist  ferner  das  Quadrat  von  ad  gleich  dreimal 
dem  Quadrate  von  cd. 

Satz  IV.  In  derselben  Figur  ist  das  Verhältniss  des  Qua- 
drates von  ad  zum   eingeschrieben  Dreieck  abc  gleich  3^. 

Satz  V.  Das  umgeschriebne  Quadrat  ist  doppelt  so  gross 
als  das  demselben  Kreise  eingeschriebne  Quadrat. 

Satz  VI.  Das  umgeschriebene  reguläre  Dreieck  ist  das 
Vierfache  des  gleichseitigen  eingeschriebnen  Dreiecks. 

Satz  VJLl.  Das  eingeschriebne  reguläre  Sechseck  ist  dop- 
pelt so  gross  als  das  eingeschriebne  reguläre  Dreieck. 

Satz  Vm.  Das  umgeschriebne  reguläre  Sechseck  verhält 
sich  zum  eingeschriebnen  regulären  Sechseck  wie4:3. 

Satz  IZ.  Das  eingeschriebne  reguläre  Achteck  ist  die  mitt- 
lere geometrische  Proportion  ale  zwischen  dem  ein-  und  um- 
geschriebnen Quadrate. 

Aus  diesen  Sätzen  werden  nun  nach  den  im  ersten  und  zweiten  Tractat 
gegebenen  Regeln  die  Verhältnisse  zwischen  den  regulären  ein-  und  umge- 
schriebnen Polygonen  von  3,  4,  6  und  8  Seiten  entwickelt.  Oresme  stellt 
seine  Resultate  in  zwei  Figuren  zusammen ,  die  jedoch  von  zu  grosser  Aus- 
dehnung sind,  als  dass  ich  sie  hier  mittheilen  könnte.  Ich  gebe  deshalb  im 
Nachfolgenden  in  anderer  Art  eine  Uebersicht  derselben,  wobei  ich  der 
Kürze  wegen  überall  das  "Wort  regulär  weggelassen  habe. 

Umgeschriebnes  Drei  eck: 
Eingeschriebnen  Dreieck  =  proportio  quadrupla  =  4:1, 
Eingeschriebnen  Viereck  =  medietas  proportionis  27  :  4  =  3^3  :  2, 
Eingeschriebnen  Sechseck  =joropor/io  dupla  =  2:1, 
Eingeschriebnen  Achteck  =  medietas  proportionis  27  :  8  =  3^3  :  2^2, 
Umgeschriebnen  Viereck  =  medietas  proportionis  27  :  16  =  3^3  :  4 , 
Umgeschriebnen  Sechseck  =  proportio  sesquialiera  3:2^ 


78    lieber  die  Handschrift  K.  4v  2,  Problematnm  Enclidis  explicatio,  ia 

Uingescbricbneg  Viereck: 
Eingeschriebnen  Dreieck  =  medieias  projmrtioni9  25G  :  27  =  IC  :  3>  3, 
Eingeschriebnen  Viereck  =  proportio  dupia  =  2:1, 
Eingeschriebnen  Sechseck  =  medieias  proporiionis  64  :  27  =  8  :  3J'3, 
Eingeschriebnen  Achteck  =  medieias  proporiionis  duple  =  y2  :  1 , 
Umgeschriebnen  Sechseck  =  medieias  proporiionis  ses^uiieriie  =  2  :  f  3: 

Umgeschriebenes  Sechseck: 
Eingeschriebnen  Dreieck  =  proporlio  dupia  superpartiens  -J  =  8  :  p, 
Eingeschriebnen  Viereck  =  medieias  proporiionis  iriple  =  y^  :  1 , 
Eingeschriebnen  Sechseck  =  proftorlio  sesquileriia  ==4:3, 
Eingeschriebnen  Achteck  =^  medieias  proporiionis  sesquiiertie  =  2  :  J  3; 

Eingeschriebnes  Achteck: 
Eingeschriebnen  Dreieck  =  medieias  proporiionis  128  :  27  =  8/-'2  :  3J  3 
Eingeschriebnen  Viereck  .=  medieias  proporiionis  duple  =  J  2  :  1. 
Eingeschriebnen  Sechseck  ==  medieias  proporiionis  32  :  27  =  4^2  :  3J  3 

Eingeschriebnes  Sechseck: 
Eingeschriebnen  Dreieck  =  proporlio  dupla  =  2:1 
Eingeschriebnen  Viereck  =  medieias  proporiionis  27  :  16  =  3f' 3  :  4. 

Eingeschriebnes  Viereck: 
Eingeschriebnen  Dreieck  =  medieias  proporiionis  64  :  27  =  8  :  3jf''3. 
Oresme  macht  hierzu  noch  die  Bemerkung,  dass  in  6  von  diesen  Piopor 
tionen  J-  27  als  ein  Glied  vorkommt;  und  dass  stets  auf  der  Seite  des  Ytt- 
hältnisses  eine  Qnadratzahl  unter  dem  Wurzelzeichen  steht,  auf  welcher 
das  Quadrat  das  zu  Vergleichende  ist.  Das  andere  Glied  ist  dann  jedesmii 
ein<^  Cubikzahl.  Z.  B.  das  umgeschriebene  Dreieck  verhält  sich  zum  einge- 
schriebnen Quadrat  wie  J'  3'* :  ^  -'*;  ebenso  das  umgeschriebne  Quadrat  snni 
oingeschriebneu  Dreieck  wie  /-  IG^  :  f  3^  u.  s.  w.  Auch  den  Sata  bemerkt 
er,  dass  bei  den  umgeschriebnen  Figuren  diejenige  die  kleinere  ist,  welcli? 
die  grössere  Seitenzahl  hat,  und  dass  es  bei  den  eingeschriebnen  Figuren  um- 
gekehrt sich  verhält.  Die  beiden  folgenden  speciellen  Fälle  eines  allgemeinen 
Satzes  finden  sich  bei  ihm:  Das  eingeschriebne  reguläre  Sechseck 
ist  die  mittlere  Proportionale  zwischen  dem  ein-  und  umge- 
schriebnen regulären  Dreieck  und  der  analoge  Satz  vom  regulären 
eingeschriebenen  Achteck,  der  schon  oben  (Satz  IX.)  angemerkt  ist. 
Die  beiden  Reihen  von  Zahlen  in  stetiger  Proportion 

1>2,   1,     8, IG, 

1,  :j,  y,  27,  81,    .    .    . 

nennt  er  harmonische  Reihen,  und  jedes  Verhältniss  zwischen  zwei  Glie 
dorn  derselben  Reihe  oder  zwei  Gliedern  verschiedener  Reihen  beisst  ihm 
ein  harmonisches  Verhältniss.  Alle  jene  obigen  Verhältnisse  sind  also  ar- 
monice  oder  mcdielales  armonicarum. 

Den  Schluss  des  ganzen  Werkes   endlich  bildet  die  Aufsuchung  der 
Verhältnisse   der   vier  Aspecton :    De  pntporlionibus  aspectuum  coli.    Seine 


Königl.  Gymnasialbibliothek  zu  Thorn.  Von  Maximilian  Curtze.    79 

Kesnltate  stellt  er  wieder  in  einer  Figur  zusammen,  aus  der  ich  dieselben 
hier  wieder  in  anderer  Form  mittheile.    Er  findet: 

Aspec.tns  oppositus: 
AspeclHS  tertius  =  medietas  proporlionis  sesquiterlie  =  2  :  ^3 , 
AspecliiS  quarius  =  medietas  proporlionis  dtiple  =  y2  :  1 , 
Aspectus  sexiilis  =  proportio  dupla  =  2:1; 

AspeclHS  tertius: 
Aspectus  quartus  =  medietas  proporlionis  sesquiallere  =  J^3  :  y2 , 
Aspectus  sexiilis  =  medietas  proporlionis  triple  =.yZ  :  1 ; 

Aspectus  quarlus: 
Aspectus  sexiilis  =  medietas  proporlionis  duple  =  y2  :  1 . 

Die  Endworte  des  Ganzen  lauten  (Seite  93,  Zeile  17 — 18):  Sic  igitur 
se  habent  aspectus  signorum  celi  secundum  \  hanc  consideralionem  et  palet  in 
figura.   Darauf  kommt  noch  die  oben  erwähnte  Figur. 

Ich  will  hier  noch  darauf  hinweisen,  dass  in  den  Schlussworten  der 
Handschrift  der  Biblioteca  Magliabechiana  der  Satz  IX.  auf  alle  regulären 
;i-Ecke  erweitert  ist,  wie  ich  dies  schon  in  meiner  Ausgabe  des  Algorismus 
proportionum  ^  Berlin  1868  näher  angedeutet  habe. 

§10. 
Neuntes  Stüok:  Theorica  inoius  lougiiudhinm  Septem  planeturuin. 

Dieses  Stück  beginnt  (Seite  94,  Zeile  1  —  8)  mit  dea  Worten:  TSi  phi- 
sica  singulari  et  excellenlissimo  doclori  Magistro  Joanni  |  de  ganduno  Petrus  de 
guclina  mathematicorum  et  uariabus  disciplinis  {{  cum  studio  incendere  Quia  ea 
que  de  motibus  planetarum  et  in  Iheorica  narlratione.  quidem  habent  ex  geomelris 
demonstralionibus  idcirco  conclusiones  aliquas  quas  ||  girandus  in  sua  Iheorica 
nurrando  proponit  maxima  imbecillilale  mei\\ingenii  laboraui  premom  theorema- 
tum  demonstratione.  In  quibus  minus  \  bene  dicta  vnum  ingenij  clarilas  ac  ntcftc 
soUcrlia  corrigal  resecando  \  resecai  supplea  et  suppienda. 

Wer  die  beiden  zuerst  genannten  Männer  Joannes  de  Ganduno 
und  Petrus  de  Guclina  gewesen  sind,  habe  ich  nicht  ausfindig  machen 
können^).  Auch  Fürst  Boncompagni  hat  sich  vergebens  bemüht,  mir 
darüber  Auskunft  zu  verschafifen.  Der  weiter  unten  (Zeile  6)  genannte 
Girandus  ist  dagegen  ohne  Zweifel  Gcrardus  Cremonensis,  der  in 
eben  diesem  Fürsten  Boncompagni  einen  so  vortrefflichen  Biographen 
gefunden  hat.  Das  hier  vorliegende  Stück  unsrer  Handschrift  ist  nun  vor 
zugs weise  deshalb  interessant,  als  aus   dem   eben  Mitgetheilton   in  Ver- 


*)  Johannes  do  Ganduno  oder  de  Qandavo  lobte  um  1338.  Er  war  ein 
berühmter  Theolog  und  Philosoph  und  Verthcidiger  Ludwig  des  Baiern  gegen 
Johann  XXTI.  Er  schrieb  unter  Andern:  Commentarius  in  Aristotelis  de  anima  (Ve- 
netiis  I47.S,  1487,  1488  cet.);  Qnrtestiones  in  lihrum  physicorum  Aristotelis  (Venetiis 
1488,  1501,  1541);  und  Exposilin  super  tibro  de  substanlia  orbis  (Venetiis  1601). 


80    Ueber  die  Handschrift  R.  4':  2,  Problematam  Euclidis  explicado,  der 

gleichnng  mit  den  Schlnssworten  hervorzugehen  scheint,  dass  der  Verfasser 
desselben  gleichzeitig  derjenige  gewesen  ist,  der  Überhaapt  unsem  ganzen 
Codex  geschrieben  hat.  Die  Schlnssworte  setze  ich ,  nm  dies  augenschein- 
lich zu  machen,  gleich  vollständig  hierher.  Dieselben  laaten  (Seite  105,  Zeile 
15 — 20):  Hec  igitur  de  Iheonca  motus  longitudinum  .  7.  pianeiarvm  ad  prius 
proposiias  '  diuersas  et  inopinatas  agibilium  occupationes  demonsiraia  \  suffi- 
cianl.  Et  vos  amantissimi  magistri  qui  astrorum  et  omnis  physice  eoniempla- 
tione  uacar  proponitis  et  potestis  insufficientiam  superpat^eiis  quoUens  mde- 
ritis  hoc  opusculum  in  meam  commemorationem.  {;  ExpMcit  anno  domini  Wf 
CCC.  UX?  Amen  deo  graciai . 

Ich  füge  diesem  die  1 1  Lehrsätze  und  Aufgaben ,  aus  denen  nnser  Ma- 
nuscript  zusammengesetzt  ist,  im  Wortlaute  hinzu.  Vielleicht  lässt  sich  da- 
durch aus  andern  Manuscripten  Näheres  über  den  Verfasser  ermitteln. 

1.  Solem  in  suo  ecentrico  equaliter  motum  in  orbe  signorum  inequalia  ducL 

2.  Lineam  exeuntem  a  centro  orbis  signorum  ad  ipsius  periferiam  eguedis- 
tantem  lineam  exeuntem  a  centro  ecentrici  ud  ipsius  periferiam  medium  motum 
solis  demonslrare. 

3.  Medium  motum  solis  ab  oppusito  augis  ecentrici  eius  usque  ad  augem 
minorem  esse  motu  uero  ab  ipso  uero  äuge  usque  ad  augis  opp€fSitum  maiorem. 

4.  Lineam  ueri  motus  et  medij  in  äuge  et  augis  opposito  vnam  semper  esse 
est  necessarium. 

5.  Maximam  equationem  solis  aJibi  quam  in  medijs  longitudinibus  esse  est 
impossibile. 

6.  Arcum  equationis  solis  in  orbe  signorum  notum  faccre, 

7.  Centrum  epicicli  lune  super  centrum  deferentis  equales  angulos  in  tem- 
poribus  equalibus  describere  est  impossibile.  Super  uero  circuli  equalitatis  imi- 
formes  angidos  describere  est  necessarium, 

8.  Arcum  equationis  centri  in  epiciclo  lune  patefacere.  arcum  quoque 
equationis  argumenti  lune  manifestare. 

9.  Argumentum  equationis  centri  in  epiciclo  trium  superiorum  notificare. 
arcum  quoque  equationis  centri  eorundem  in  orbe  signorum  patefacere. 

10.  Centro  deferentis  mercurij  in  aliqua  linearum  a  centro  orbis  signorum 
exeuntium  que  paruum  circulum  quem  idem  centrum  deferentis  motu  descrihii 
contingunl  exeunte  centro  epicicli  mercurij  maxime  propinquum  fore  centro  or- 
bis signorum  est  necessarium. 

Zu  diesem  Satze  gehört  als  Lemma  in  den  Beweis  desselben  oingc 
schoben  der  letzte  Satz : 

11.  Si  a  puncto  extra  circulum  signato  qui  tarnen  distal  a  circumferen- 
tia  eius  quanta  est  semidyamcter  eiusdem  due  linee  ducantur  altera  circulum 
ipsum  conlingens  et  a  puncto  sectionis  ad  punctum  contactus  ducatur  corda 
ipsa  corda  est  latus  exagoni  circulo  inscripti  eidem. 

Hierin  ist  offenbar  vor  altero  circulum  contingens  ausgefallen  altera  per 
centrum  circuli^  wie  der  Sinn  augenblicklich  ergibt. 


Königl.  Oymnasialbibliothek  zu  Tliorn.  Von  Maximilian  Cubtze.    81 

§11. 
Zehntes  8tUek:  Oeometria  Bradwardini. 

Von  Seite  105,  Zeile  21  bis  Seite  110  findet  sich  nichts  Geschriebenes. 
Erst  auf  Seite  111  von  Zeile  1  an  beginnt  die  Geometria  Bradtvardini.  Der 
Anfang  derselben  lautet  Zeile  1 — 10:  Geometria  hractardini  \  Gebmetria  as- 
secutioa  est  arismetice.  quodammodo  nam  '|  et  posterioris  ordinis  est  et  numero- 
rum  passiones  deseruiunt  in  ma^nitudinibus  propier  quod  euclides  geometrie 
arismeticam  interposuit,  und  der  Schluss  (Seite  153,  Zeile  9  —  11):  Nunc  au- 
tem  cum  eguali  arcu  de  zodiaco  oritur  quamque  plus  quamque  minus  |  equino- 
ciali  circulo  sicud  conuincitur  per  hanc  conclusionem  euidenier.  Et  in  hoc  com- 
pleta  II  est  quarta  et  ultima  pars  thome  Bradwardini. 

Chasles  in  seinem  Apercu  historique  S.  614  der  deutschen  Ausgabe 
würdigt  den  Werth  dieses  Mannes  nach  Gebühr.  Was  er  aber  von  seinen 
Lebensumständen  anführt,  ist  ziemlich  dürftig,  selbst  in  Hinsicht  auf  die 
Dürftigkeit  der  Thatsachen ,  die  wir  überhaupt  von  seinem  Leben  kennen, 
und  die  man  am  besten  zusammengestellt  findet  in  dem  Vorworte  H.  Sa- 
vile's  in  der  von  ihm  veranstalten  Ausgabe  der  theologischen  Schrift 
Bradwardins:  De  causa  Dei  contra  Pelagium  et  de  uirtute  causarum  libri  111, 
Londini  1618  in  fol.  Aus  dieser  Vorrede  und  einigen  andern  Quellen  will 
ich  hier  zunächst  die  Hauptsachen  kurz  zusammenstellen. 

Thomas  deBrad  wardina,  eigentlichBredwardin,  aber  gewöhnlich 
Bradwardinus  genannt,  ist  geboren  zu  Hartfield  bei  Chichester  in 
England,  also  mit  seinem  berühmten  Vorgänger  auf  dem  erzbischöflichen 
Stuhle  zu  Canterbury,  Johannes  Peckkam,  fast  an  demselben  Orte. 
Sein  Geburtsjahr  ist  nicht  nachweisbar,  doch  dürfte  dasselbe  wohl  noch  im 
XIIL  Jahrhundert  zu  suchen  sein.  Ebenso  zweifelhaft  ist  es,  ob  er  Franeis- 
caner  oder  Dominikaner  gewesen,  doch  scheint  die  erstere  Annahme  die 
wahrscheinlichere.  Im  Jahre  1325  wurde  er  Proctor  oder  Procurator  der 
Universität  Oxford  und  las  über  Theologie,  Philosophie  und  Mathematik 
mit  solchem  Erfolge,  dass  man  ihm  den  Beinamen  Doclor  profundus  bei- 
legte. Nach  andern  Nachrichten,  die  aber  wohl  ziemlich  unwahrscheinlich 
klingen,  sei  ihm  dieser  Beiname  vom  Papste  gegeben.  Später  wurde  er 
Kanzler  der  St.  Paulskirche  in  London  und  auf  Anrathen  des  derzei- 
tigen Erzbischofs  von  Canterbury,  Johann  Stratford,  von  König 
Edward  IIL  zu  seinem  Beichtvater  erwählt.  Als  solcher  begleitete  er  die- 
sen in  allen  Kriegen,  und  soll  durch  seine,  die  Soldaten  begeisternden 
Reden  viel  zu  den  Erfolgen  desselben  beigetragen  haben.  1348  wurde  er 
nach  dem  Tode  seines  Gönners  Stratford  zweimal  zum  Erzbischof  von 
Canterbury  gewählt,  weil  sein  königl.  Gönner  ihn  zuerst  nicht  von  sich 
lassen  wollte.  Als  aber  der  an  seiner  Statt  Gewählte  noch  vor  der  Weihe 
starb,  und  er  durch  das  Capitel  zum  zweiten  Male  gewählt  war,  gab  der 
König  ihn  frei,  und  am  19.  Juli  1349  wurde  seine  Weihe  in  Avignon 

Ztfitüchrirk    C.  Malhomalik  u.  PhyKik.    (Supploiu.)  0 


82    Ueber  die  Handschrift  K.  4*^  2,  Probleniatani  Eociidis  explieatio,  der 

vollzogen.  Aber  schon  am  20.  Augnst  desselben  Jahres  1349  stafb  er. 
Seinen  Werth  als  Mathematikpr  wfirdigf,  wie  schon  gesagt,  Cfaasles. 
Feinen  Werth  als  Theologe  findet  man  gebfihrend  gewürdigt  in  G.  V. 
Lech  1  er s  Abhandlung  De  Thomn  Pradirardino,  die  in  Leipzig  1862  als 
Universitätsprogramm  zum  Rectoratswechsel  ausgegeben  ist.  Ausser  der 
oben  erwiOintPn  theologischen  Schrift  De  causa  Dei  cel.  sind  von  ihni  ge- 
druckt, soweit  ich  darüber  Nachricht  habe:  Geometria  spectdaiima  Parisiis 
1495,  1496,  1504,  1511,  1520  fol.;  Arithmetica  specylaliua  Pansns  IA^6, 
1505,  1512  fol.;  De  proporiionibus  reloeiiafum  Venetiis  1505  fol.  Der  als  An- 
hang zu  seiner  Geometria  Sfteculalira  gedruckte,  auch  besonders  heransge- 
gebne  Traciaius  de  quadratura  eirculi  ediius  a  guodam  archiepi$C9po  ordimis 
fratrum  minorum  ist  schon  von  Chasles  a.  a.  O.  S.  614  als  unecht  nachge- 
wiesen. Derselbe  geht  auch  unter  dem  Namen  des  Campanas,  dessen 
Ehrenrettung  in  Bezug  auf  [dieses  Machwerk  Chasles  ebenfalls  a.a.O. 
Seite  611  geführt  hat. 

Ich  kehre  zu  unserm  Manuscripte  zurück.  Dasselbe  weicht  von  dem 
gedruckten  Exemplare,  soweit  ich  durch  die  Güte  des  Fürsten  Boncom- 
pagni  davon  Nachricht  habe,  nur  unwesentlich  ab.  Jedoch  gibt  es  die 
Eintheilung  der  vier  traciaius  oder,  wie  dieselben  bei  uns  heissen,  partes 
in  Capitula  jedenfalls  richtiger  als  die  gedruckte  Ausgabe. 

Die  drei  ersten  Capitel  der  Ausgabe  müssen  aufhören ,  als  solche  ge- 
zählt zu  werden.  Sie  enthalten  die  Suppositiones,  Diffinitiones  und  Pelitiones, 
Das  im  gedruckten  Exemplare  mit  capiltdum  quartum  bezeichnete  hat  bei 
uns  richtig  die  Bezeichnung  Capitulum  primum  de  tineis  mit  7  conclusiones. 
Dann  folgt  bei  uns  ebenso  wie  in  der  Ausgabe  bezeichnet  Capitulum  secun- 
dum  de  figuris  atujulorum  eyredientibus  mit  5  conclusiones :  hierin  sind  die  von 
Chasles  hervorgehobenen  Salze  über  die  Sternpolygone  enthalten.  D^s 
ißt  der  tractalus  oder  pars  /. 

In  der  pars  secunda  muss  das  erste  Capitel  wieder  nicht  gezählt  wer- 
den, es  enthält  nur  Definitionen.  Dann  folgt  übereinstimmend  in  der  Aus- 
gabe und  dem  Manuscripte  Capitulum  tcrtium  de  Iriangulis  mit  9  conclusiones: 
capitidum  quartum  de  quadranguJis  mit  .0  Conclusiones;  capiltdum  quintum  de 
circulis  mit  L"i  conclusiones;  capitulum  sextum  de  figuris  ysoperimetriciSy  5  con- 
clusiones. Chasles  gibt  davon  nur  vier,  indem  die  erste  nur  eine  vorbe- 
reitende ist.    Damit  endet  der  traciaius  oder  pars  2. 

Bei  der  pars  lerlia  müssen  die  beiden  ersten  Capitel  wieder  nicht  mit- 
gezählt werden.  Sie  enthalten  nur  Definitionen.  Capitulum  primum=  capi- 
tulum .7  der  Ausgabe  de  proportionibus  ralionalibus  enthält  G  regulas:  Jas  ca- 
pitulum secundum  =  capitulum  quartum  der  Ausgabe  de  proportionibus  ir ralio- 
nalibus umfasst  7  conclusiones:  capiltdum  terlium  =  capitulum  quintum  der 
Ausgabe  de  proportionibus  linearum  hat  5  conclusiones :  endlich  besitzt  das 
capitulum  quartiitn  =  capitidum  sextum  der  Ausgabe  de  areis  quadranguHs 
5  conclusiones.    Hierbei  ist  die  Frage  gerechtfertigt,   ob  die  beiden  Capitel 


Königl.  Gymnasialbibliothek  zu  Thorn.   Von  Maximilian  Cübtze.    83 

de  proportionibus  ralionalibus  et  irralionalibus  nicht  etwa  die  Kesultate  des 
Algorismus  proportionum  enthalten,  so  dass  also  die  beiden  Zeitgenossen 
beide  selbständig  auf  dieselbe  Idee  gekommen  wären.  Dass  dies  nicht  der 
Fall  ist,  kann  am  einfachsten  durch  ein  kurzes  Resnme  dieser  Regeln  und 
Lehrsätze  gegeben  werden ,  das  ich  deshalb  hier  folgen  lasse. 

L  Reg^a.  Quania  est  aliqua  quanlUas  ad  aliam  tanta  denominaiur  pro- 
portio  eins  ad  ipsam. 

2.  Regula.  Proporiio  extremorum  ex  mediurum  eins  est  proportionibus 
composita.  Bezieht  sich  anf  mehrere  mittlere  Proportionalen  zwischen  zwei 
Zahlen. 

3.  Regula.    Proportiones  sunt  equales  quarum  denominaliones  equales. 

4.  Regula.  Proportiones  sunt  inequales  quarum  denominaliones  inequahes 
et  in  multiplicibus  quidem  secundum  eundem  ordinem  se  habet  denominatio  et 
proportio  in  superparticularibus  uero  ordine  converso. 

5.  Regula.  Quantitates  sunt  equales  que  ad  vnam  quantitatem  conparate 
proportionem  haben t  equalem, 

6.  Regula.  Quantitates  quarum  equimultiplices  sunt  equales  ipse  inter  se 
sunt  equales. 

Aus  der  5.  Kegel,  sagt  Bradwardin  noch,  lässt  sich  schliessen,  dass 
alle  unendlichen  Grössen  einander  gleich  sind,  aus  der  G.  dagegen,  dass 
dies  unmöglich  ist.  In  dem  folgenden  Stücke  unseres  Codex,  dem  Trac- 
tatus  de  conlinuo  desselben  Verfassers,  ist  über  das  Unendliche  umständlich 
gehandelt.   Ich  werde  daher  an  der  geeigneten  Stelle  darauf  zurückkommen. 

jDas  folgende  Capitel  de  proportionibus  irrationialibus  enthält  Lehrsätze 
wie  folgende: 

1.  Omnis  quantitas  omni  quanlitate  est  proportionalis  sed  non  omnis  omni 
commensuarabilis. 

2.  Omnium  duarum  quantitatum  communicantium  est  proportio  alterius  ad 
alteram  tanquam  numeri  ad  numerum.  Si  autem  earum  non  fuerit  proportio 
sicud  numeri  ad  numerum  incommunicantes  erunt.  Dabei  ist  communicans  = 
commensurabilis. 

3.  Dyametri  quadrati  ad  latus  eiusdem  est  proportio  irrationalis  quia  om- 
nis dyameter  coste  sui  quadrati  assimetrus. 

Diese  Sätze  sind  hinreichend,  da  die  folgenden  noch  weiter  von  den 
Untersuchungen  abweichen,  die  Oresme  im  Algorismus  proportionum  an- 
gestellt hat. 

Die  particula  quarta  enthält  zunächst  wieder  Definitionen  für  den 
Raum.  Diese  bilden  den  Inhalt  des  Capitulum  primum  des  Druckexemplars. 
In  unserm  Manuscript  hat  erst  das  Capitulum  secundum  der  Ausgabe  die 
Bezeichnung  capitulum  primum  de  lineis.  Es  enthält  5  conclusiones.  Darauf 
folgt  capitultipi  secundum  principia  solidorum  =  capitulum  tertinm  et  quarlum 
der  Ausgabe  mit  7  conclusiones;  das  capitulum  tertium  de  repietione  loci  = 
capitulum  quarlum  et  quintum  der  Ausgabe  (capitidum  quarlum  ist  im  Drucke 


84    Ueber  die  Handschrift  R.  4?  2,  Problematum  Euclidis  explicatio,  der 

doppelt  gezählt)  enthält  keine  Conclusiones.  Endlich  unifasst  das  Schluss- 
capitel  des  ganzen  Werkes  capilulum  (/uartitm  de  spera  =  capiluium  sexium 
der  Ausgabe  9  conclusiones. 

Aus  dem  Mitgetheilten  geht  hervor,  dass  unser  Manuscript  dieses  Werk 
genau  in  demselben  Umfange  enthält,  als  die  Handschrift  Regina  Suecontm 
N^.  12S5  der  Bibliothek  des  Vatican.  Wie  diesem  fehlen  ihm  der  schon 
oben  erwähnte  Traclalus  de  quadratura  circuli  cet.,  der  bestimmt  nnächt 
ist,  und  zweitens  die  Recollectio  omnium  proportionum  numeratium^  von  der 
ich  deshalb  ebenfalls  glauben  möchte,  dass  sie  erst  durch  den  Herausgeber 
des  Druckexemplars  zugesetzt  ist.  In  der  Ausgabe  von  1496,  die  Chas- 
les  benutzte,  scheint  dieses  Stück  sich  gar  nicht  zu  befinden,  da  in  der 
ziemlich  genauen  Analyse  der  Geometria  speculaiiua^  die  derselbe  gibt,  des- 
selben gar  nicht  Erwähnung  geschieht,  wohl  aber  des  Tracfafus  de  quadra- 
tura circuli» 

Ehe  ich  zu  dem  nächsten  Stücke  unsrer  Handschrift  tibergehe,  bemerke 
ich  noch,  dass  der  Codex  N?  15  der  Handschriftsammlnng  des  Fürsten  Bon- 
compagni  aus  dem  XV.  Jahrhundert  auch  ein  Fragment  einer  Geometrie 
enthält  {carto  162 — 169),  das  allein  aus  dem  XIV.  Jahrhundert  stammt, 
und  von  dem  ich  zuerst  behauptet  habe,  es  sei  ein  Fragment  der  Geometria 
Speculatiua  des  Bradwardin.  Diese  meine  Vermuthung  fand  nach  ge- 
nauer Untersuchung  ihre  Bestätigung,  und  zwar  umfasst  dasselbe  den  An- 
fang derselben  bis  Carto  7  numerata  Bj  verso  Zeile  14,  der  Ausgabe  von 
1495.  In  unserm  Manuscripte  erstreckt  sich  dasselbe  bis  Seite  123,  Zeile  28. 
Ganz  vor  kurzer  Zeit  bin  ich  durch  Fürst  Boncompngni  mit  der  Bitte  um 
Veröffentlichung  auf  eine  ziemlich  aufällige  Thatsachc  in  Bezug  auf  die 
Geometrie  desBrad  wardi  n  hingewiesen  worden.  Sie  ist  kurz  die  folgende: 

Das  Manuscript  der  Vatican a  Codex  Ottohonianus  t.lSO,  Papierhand- 
schrift aus  dem  XV.  Jahrhundert,  in  klein  4?  von  92  Seiten,  die  auf  den 
Vorderseiten  mit  I— VIII,  1 — 84  bezeichnet  sind,  enthält  von  Blatt  4*  bis 
Blatt  51*  eine  Geometrie,  die  dort  dem  Petrus  de  Dacia  zugeschriel)en 
wird,  der  «am  Ende  des  XIII.  und  Anfang  des  XIV.  Jahrhunderts  lebte. 
Es  heisst  nämlich  Blatt  4*,  Zeile  8 — 10:  ^^Incipit  summa  arlis  Geometrie  ual- 
de  bona,  edita  a  magislro  petro  de  dacia jque  r/uidem  fuit  abstracla  a  Geometria 
Euclidis  pro  maiori  parte.^' 

Diese  Worte  sind  roth  geschrieben.  Dann  heisst  es  weiter  (Zeile 
11  — 13):  gEometria  assecuiiva  est  arismeiice  ,;  quodammodo  nam  et  posterioris 
or\dinis  est  ,  .  .  völlig  tibereinstimmend  mit  der  Geometrie  des  Bradwar- 
din. Ehenso  lautet  derSchluss,  Blatt51%  Zeile 3 — 4  wie  bei  Bradwardin: 
El  in  hoc  est  completa  .  •/.  et  ||  vllima  pars  Jniius  tractatus  J  I)eo  gracias  amen. 

Von  der  Hand  des  Abschreibers  hinzugefügt  folgt  nun  Blatt  51*,  Z.  5 — 10 
nochmals  dieselbe  Behauptung:  €  Explicit  hcc  bj-euis  Theon'a  C^ometrie  valde 
bona  edita  a  magislro  petro  de  dacia/que  est  multum  vtilis  vd^enti  Intelligere 
quod  promittitur  in  opere  sequenti  (fuit  j  scripta  per  me  Bert/iolomeum  JuHani 


Königl.  Gymnasialbibliothek  zu  Thorn.  Von  Maximilian  Curtze.  85 
prcshiterum  magislrwn  |  in  arlibus  in  va4nct,    xx  die  Junij  \  Ano  domini  mille- 

o         o        o 

simo  II  cccc,  X  iiij  (Laudctur  dcus  semper.amen,  und  dann  findet  sich,  ge- 
nau wie  in  der  Handschrift  Regina  Suecorum  1235^  die  Perspectiua  Communis 
des  Johann  Peckkam  angehängt. 

Nach  der  Versicherung  des  Fürsten  Boncompagni  und  des  Herrn 
Narducci  ist  die  Uebcreiustimmung  des  Manusciiptes  mit  der  Ausgabe  der 
Geometria  speculativa  Brauardini,  wie  sie  1495  erschienen  ist,  mit  Ausnahme 
einiger  Wortveränderuugen ,  eine  vollständige.  Ich  muss  mich  umsomehr 
jedes  weitern  Urtheils  enthalten,  als  das  Manuscript,  welches  die  Geome- 
trie dem  Petrus  de  Dacia  zuschreibt,  jungem  Datums  ist,  als  sämmtliche 
Handschriften,  die  mir  von  der  Geometria  speculativa  des  Bradwardin  be- 
kannt sind.  Ich  möchte  aber  die  Vorstände  der  öfifentlichen  Bibliotheken 
bitten  darauf  Acht  zu  haben ,  ob  etwa  eine  solche  Behauptung  sich  auch 
noch  in  andern  und  vielleicht  auch  in  früher  datierten  Manuscripten  findet. 
Jede  Mittheilung  dieser  Art  würde  ich  mit  dem  aufrichtigsten  Danke  an- 
nehmen. 

§12. 
£lfies  Stück:  Tractatus  de  continno  Bratwardini. 

Von  Seite  153,  Zeile  12  bis  Seite  192,  Zeile  15  folgt  nun  ein,  wie  es 
scheint,  bis  jetzt  völlig  unbekannt  gebliebenes  Werk  desselben  Verfassers: 
Tractaius  de  coniinuo  Bratwardini,  Wenigstens  ist  er  in  der  mehrerwähnten 
Vorrede  Savile's  zu  der  Ausgabe  der  Schrift  de  causa  Bei  contra  Pelagium 
et  de  uirtute  causarum,  in  der  die  übrigen  Werke  Bradwardins  aufgeführt 
werden,  nicht  erwähnt.  Derselbe  dürfte,  wenn  er  sich  auch  ziemlich  nega- 
tiv verhält,  doch  nicht  ohne  Interesse  sein«  Sein  Anfang  lautet  (Seite  153, 
Zeile  12 — 14):  Continiun  (sie!)  ett  quantnm  cujus  partes  ad  inuiccm  capulan- 
tur.  Continuum  |!  permanens  est  continuum  cuius  partes  singule  manent  simul. 
coniinuum  ||  successiuum  est  continuum  cuius  partes  succedunt  secundum  prius 
ei  posterius.  Diese  Worte  bilden  zugleich  die  drei  ersten  Definitionen.  Von 
diesen  zähle  ich  24.  Zunächst  kommen  die  Erklärungen'derjenigen  Formen, 
die  zu  dem  Begriff  Continuum  permanens  gehören.  Es  sind  dies  Körper, 
Flächen,  Linien.  Daran  schliesst  sich  die  Definition :  Indiuisibile  est  quod 
nunquam  diuidi potesi,  und  dann  die  Erklärung  vonPunct:  Punctus  (sie!)  est 
indiuisibile  situatum.  Es  folgen  die  Erklärungen  für  die  Continua  successiua: 
1.  Tempus  est  continuum  successiuum  successionem  mensurans,  2.  Instans  est 
certus  athomus  temporis.  3.  Motus  est  continuum  successiuum  tempore  mensu- 
ratum.  4.  Motum  esse  est  indiuisibilis  series  motus.  5.  Materia  motus  est  quod 
per  motum  acquiritur,  6.  Gradus  motus  est  itlud  materie  motus  suscitatis  magis 
et  minus  quod  acquiritur  per  aliquod  motum  esse.  Die  folgenden  Definitionen 
geben  an,  was  es  heisst,  eine  Linie  auf  einer  andern  auftragen; 
früher  gewesen  sein  als  etwas  Anderes;  was  ferner  die  Begriffe 


86   Ueber  die  Haiulsclirift  K.  4?  2,  Problematiim  Eiiclidis  explicatio,  der 

All  fangen  und  Aufhören  {Incipere  und  desinerc)  bedeuten.  Die  beiden 
letzten  Definitionen  endlich  betreffen  das  Unendliche  und  es  folgt  dano 
ein  langer,  fast  drei  Seiten  füllender  Excurs  über  die  uneudliclieu  Grössen. 
Diese  Definitionen  sind:  1.  Infinitum  cathelice  et  simplicUer  est  Quantum  sine 
finc.  2.  Infinitum  sinkathcticc  est  secundum  quid  est  quantum  finitum  ei  finitum 
maius  isto  et  finitum  maius  isto  maiori  et  sie  sine  finc  ultimo  ierminante  et  hoc  est 
quantum  et  non  tarnen  contra  maius.  Man  sieht  also ,  dass  das  infinitum  ca- 
ihetiee  unendlich  ist,  ohne  dass  man  weiss,  wie  dasselbe  entstanden  ist, 
während  das  infinitum  syncathetice  als  wachsende  Grenze  des  Zunehmenden 
aufgefnsst  wird.  In  dem  längern  Excnrse  weist  er  vorzugsweise  manche 
Einwürfe  zurück,  die  dahin  gemacht  werden  könnten,  dass  es  überhaupt 
nur  Unendliches  nach  der  ersten  Art  gäbe  und  nicht  nach  der  zweiten. 
Wenn  dem  so  wäre,  sagt  er,  so  könnte  man  viele  Probleme  der  Phjsik 
nicht  lösen,  wie  z.  B.  das  über  Geschwindigkeit  der  Bewegung  u.  dergl. 
Ausserdem  sucht  er  durch  andere  Aussprüche  der  beiden  obigen  Erklärungen 
den  Begriff  des  Unendlichen  so  deutlich  als  möglich  zu  machen. 

Seine  suppositiones  sind  folgende:  \.  Omnc  maius  posse  diuidi  in  equale  et 
in  differentiam  qua  cxcedit,  —  2.  Si  finitum  addatur  finito  totum  erit  finitum.  — 
3.  vhi  diuersitatis  ucl  dissimilitudinis  nulla  est  tum  simile  indicatur,  —  4.  Om- 
nes  scientias  neras  esse,  ubi  non  snpponitur  continmun  ex  indinisibilibos 
ComponL  —  5.  Omnia  media  distarc  omnia  diuisa  median,  —  6.  Omne  corpus 
superficies  atque  punctum  uniformiter  posse  moueri,  —  7.  Omnium  duorum  mo- 
tuum  localium  eodem  tempore  uel  equalibus  temporibus  continuatomm  ueloet' 
tates  et  spacia  Ulis  pertransita  proportionales  existere,  —  8.  Omnium  duorum 
moluum  localium  super  idem  spacium  simul  equalia  deditorum  proportionales  e 
contrario  semper  esse.  —  9.  Quacunque  uelocitatc  uel  tarditate  potest  vnum 
mobile  moueri  uel  vnum  spacium  quodcunque.  —  10.  Esse  uel  non  esse  finitum 
certo  tempore  mensuratur. 

In  der  Thesis  Nr.  4  ist  eigentlich  der  ganze  Inhalt  des  Werkes  im 
Voraus  gekennzeichnet.  Derselbe  besteht  aus  einer  Durchnahme  der  Mei- 
nungen über  die  Zusammen^tzung  des  Stetigen.  Vorangehen  eine  Anzahl 
Sätze,  die  Brad  war  din  zur  Bekämpfung  dieser  Ansichten  benutzt.  leb 
führe  davon  die  wichtigsten  an:  1.  Nullum  indiuisibile  maius  alio  esse.  — 
3.  Nullius  continui  multa  indiuisibilia  in  eodem  situ  indiuisibili  situari.  Darin 
liegt  offenbar  der  Begriff  der  Uudurchdringlichkeit.  —  8.  Inter  nidlas  rcctas 
sibi  supcrpositas  puncla  mediare.  —  0.  Lineam  reclam  secundum  totum  uel  par- 
tem  magnam  rccte  allen  superponi  et  habere  aliquod  punctum  intra  secum  com- 
munem  cum  isla  non  confingit.  —  10.  Lincr  rede  vnum  par  tem  magnam  alie 
rede  imponi  et  aliam  partem  magnam  superponi  eidem  uel  aliud  ad  latus  distarc 
ab  Uta  impossibiie  comprobatur.  Hier  tritt  zuerst  eine  Eigenthümlichkeit  auf, 
dass  nämlich  die  Hichtigkeit  des  Satzes  dadurch  nachgewiesen  wird,  dass 
eine  grosso  Zahl  von  Sätzen  angeführt  werden,  die  stattfinden  müssteo, 
wenn  derselbe  nicht  richtig  wäre.    Diese  Sätze  sind  später  als  selbständige 


Königl.  Gyinnasialbibliothck  zu  Tborn.   Von  Maximilian  Cürtze.    87 

Theoreme  aufgeführt,  hier  aber  nur  als  Theile  des  Beweises  am  Rande  mit 
1 — 5  bezeichnet.    Man  findet  darunter:  Wenn  dem  nicht  so  wäre,  so 
wäre  ein  Rechter  grösser  als  der  andere,  der  T heil  wäre  gleich 
dem  Ganzen,   Scheitelwinkel  waren  nicht  gleich,  Parallelen 
schnitten  sich  u.  s.  w.    Es  folgen  dann  eine  ganze  Reihe  von  Conclusio- 
nes^  die  mit  den  letzten  beiden  nur  in  geringfügigen  Umständen  unter- 
schieden sind.   —  14.  Quelibei  rccta  secans  rectam  secat  eam  in  aliquo  suo 
puncto  et  non  in  pluribus  quam  in  vno,  —  15.  Nulle  rede  in  aliquo  puncto  con- 
curentes  ad  punctum  internum  Ulis  habent  optatum.   —  Dazu  das   Corollar: 
Nulle  rede  dude  a  basi  trianguli  ad  unguium  Uli  oppositum  se  längere  citra  il- 
lum.  —  Für  angulus  steht  dabei  fälschlich  latus.  —  16.  Aufgabe:  Angülum 
rectilineum  assignatum  in  duos  angulos  redilineos  et  datum  latus  trianguli  rec- 
tilinei  in  duas  redas^  triangulum  rectilineum  totum  datum  inter  angulos  redili- 
neos per  rectam  partiri.  —  17.  Aufgabe:   Angulum  contingentie  quamlibet  in 
unguium  contingentie  et  angulum  periferie  super  rectam  basim  trianguli  contin- 
gentie oppositam  angulo  contingentie  in  duas  redas  et  totum  triangtdum  contin- 
tingentie  in  triangulum  contingentie  minorem  et  triangulum  a  portionibus  circum- 
ferentie  et  rectam  contentum  per  circulum  maiorem  secare.   In  der  Auflösung 
wird  erwähnt  Themistij  de  speris  (d.  h.  sphaeris) pr.  3,  primi  libri^  ein,  soviel 
ich  weiss,  unbekanntes  Werk.    Den  Namen  finde  ich  nur  in  Heilbron- 
ner:  Historia  math,  univ,  S.  572.   Themist   Alex,  in  Canones  Ptolemaei,   wo 
nach  dem  Index  Heilbronner  das  Wort  Themist.  als  Themistodes  liest. 
Es  könnte  die  hier  erwähnte  Handschrift  wohl  das  Werk  de  sphaeris  sein, 
sie  befindet  sich  nach  Heilbronner  in   der  Kaiserlichen  Bibliothek  zu 
Paris.  —  Die  folgende  Aufgabe  lehrt  über  einer  bestimmten  Geraden  einen 
Kreisabschnitt  kleiner  als  der  Halbkreis  zu  construieren ,   dann  folgt  der 
Satz:    19.  Si  super  eandum  cordam  uel  cordas  cquales  portiones  incquales  cir- 
cumferentiarum  medietate  minoris  consistant  minorem  portionem  maioris  circuli 
circumferentieque  maioris.  maior  uero  minoris,    Si  vero  circulorum  uel  circum- 
ferentiarum  inequalium  et  super  candem  cordam  constitit  portiones  medietate 
minores  ille  erunt  necessario  inequales  et  maior  ciVctäus  et  circumferentia  mino- 
rem portionem  habebit,  minor  uero  maiorem.    In  dem  Beweise  nimmt  Brad- 
ward  in  auf  eine  Erscheinung  Rücksicht,  aus  der  er  zu  erklären  versucht, 
weshalb  das  Wasser  auf  der  Erde  trotz  der  Kugelgestalt  nicht  herunter- 
läuft, nämlich  auf  das,  was  wir  Capillarität  nennen.    Ich  kann  wenigstens 
die  folgenden  Worte  auf  andere  Weise  nicht  erklären:  Continuum  fluidum 
congregari  et  maxima  uasis  latera  uacua  derclinqui  atquc  liquidi  semiplene  ultra 
uasis  dyametrum  continue  eleuari.    Eursum  tale  uas  semiplenum  ascendens  fieri 
aiiquotiens  magis  plcnum  aliquotiens  uero  plenum  et  superius  cumulatum  et  ali- 
quum  internum  quod  affluent  quedam  partes  descendens  effici  minus  plenum.    Si 
uero  tale  uas  ponatur  maxima  lo"'  huius  per  totum  contraria  prioribui'  euenire, 
—  20.  Rectam  perpendiculariler  exeuntem  a  puncto  medio  corde  ad  punctum 
medium  archus  portionis  circuli  medietate  minoris  circulum  in  duas  medietates 


88   Ucbcr  die  Handschrift  11. 4v  2,  Problematum  Euclidis  explicatio,  der 

diuidere  et  uirumque  angiäum  portionis  minori  el  angulum  circumfereniie  par- 
(tri  ipsam  insuper  portionem  minoris  linealcmque  sccarc.  —  21.  Si  linee  punctum 
(diquod  uel  pars  aliqua  moucatur  localUer  quamlibet  partem  magnam  ci  quodiiket 
medium  punctum  quod  est  cum  eins  uno  extremo  necessario  commoueri,  — 
24.  Quocumquc  motu  locali  signato  potcst  motus  localis  uniformis  et  continuus 
in  omni  proportione  rede  finitc  ad  rectam  finitam  uelocior  et  tardior  inveniri. 
Dazu  das  Corrollar:  Quodcumque  spacium  finitum  quocunque  tempore  finüo 
posse  vniformiter  et  continuc  pertransiri.  —  Lcbr^atz  25  ist  derselbe  Aussprach 
für  motus  succcssiuus.  Der  26.  spricht  aus,  dass  bei  einer  Ortsbewegting  eio 
Continuum  nicht  gleiclizeitig  mehrere  Lagen  einnehmen  könne.  —  27.  Omnis 
inccptio  uel  desinenlio  non  mensuraiur  tempore,  —  24.  Omne  quod  non  est  ult- 
quäle  et  erit  tcde  nunc  incipit  uel  aliquando  incipiet  esse  tale.  —  29.  Omrte  quod 
est  aliquale  et  non  semper  tale  nunc  desinit  uel  aliquando  desinet  esse  tale. 

Jetzt  beginnen  die  Sätze,  welche  die  Ansichten  über  die  Zusammen- 
setzung der  Continua  enthalten.  Am  Kandc  steht  als  Glosse  Nota  quinque 
opiniones  de  compositione  Continui.  Die  verschiedenen  Meinungeii  Aber 
diese  Zusammensetzung  sind  zusammengestellt  vor  dem  Beweise  des  SatMS 
31.  Da  diese  Uebersicht  von  Wichtigkeit  ist,  so  erlaube  ich  mir  dieselbe 
mit  den  eigenen  Worten  des  Verfassers  hier  zu  reproducieren.  Dieselbe 
lautet  (Seite  165,  Zeile  29 — 39):  Pro  intellectu  huius  \  conclusionis  est  seien- 
dum  quod  circa  compositionem  continui  sunt  5  opiniones  famose  inter  ueteres 
philosophos  et  modemos .  ponunt  cnim  quidam  ut  «41  awreys(OV  et  plurimi  • 
modernorum  continuum  non  componi  ex  athomis  sed  ex  partibus  diuisibiNbus  sine ;' 
fine  C  Alij  autem  dicunt  ipsum  componi  ex  indiuisibilibus  dupliciter  uariantes 
quum  democritus  ponit  continuum  componi  ex  corporibus  indiuisibilibus.  alij 
autem  ex  punctis  et  hij  dupliciter  quia  pythagoras  primus  huius  secte  et  plato 
ac  walt  herus*^')  modernus  ponunt  ipsum  componi  ex  finitis  indiuisibilibus,  alij 
autem  ||  ex  infinilis  et  sitnl  hiparliti  quia  quidam  forum  ut  henricus  modernus 
dicil  I  ipswn  componi  ex  itißnitis  indiuisibilibus  in  medielate  coniunctis  alij  autem 

c 

ut  lycuf*^'*)  (?)  I  ex  in  finitis  ad  inuicem  mediatis. 

Die  Refutation  aller  dieser  Ansichten  unternimmt  nun  Bradwardin, 
indem  er  sich  aus  allen  Wissenschaften  seine  Gründe  holt.  Zunächst  be- 
weist er,  dass  wenn  irgend  ein  Continuum  auf  eine  bestimmte  Weise  zusammen- 
gesetzt, dass  dann  jedes  andere  Continuum  in  ähnlicher  Weise  zusammenge- 
setzt sein  muss,  und  wendet  sich  dann  zuerst  gegen  die  Ansicht  des  Py- 
thagoras und  Henricus.  Von  diesen  Sätzen,  durch  die  er  diese  zurück- 
weist, fängt  jeder  mit  Si  sie  an  und  zeigt,  dass  daraus  völlig  absurde  Be- 
hauptungen gefolgert  werden  könnten.    Z.  B.  40.  Sisic  angulum  rectum  esse 


*)  Vielleicht  Averroes?  oder  Aristoteles? 
*")  Nicht  Joannes  Walterus,  der  1412  starh,  sondern  wahrscheinlich  Wal- 
te rus  Evcsham,  der  1316  astronomische  Beobachtungen  machte. 
***)  Später  ist  dieser  Name  linco^  geschrieben. 


Köiiigl.  Gymnasialbibliotbek  zu  Thorn.   Von  Maximilian  Curtze.    89 

minimum  angulorum  nee  unguium  esse  acutum  ei  omnes  obiusos  äquales  esse  ad 
inuicem  ncc  aliquum  afigulum  obtusum  penilus  reperiri.  —  42.  Si  sie  linee  eque- 
disiantes  concurrunL  —  49.  St  sie  indiuisibile  diuidetur,  —  52.  Si  sie  aliquum 
lardissimum  motum  esse,  —  53.  Si  sie  continuum  ex  athomis  integrari,  —  55.  Si 
sie  omne  continuum  componiiur  ex  indiuisibilibus  infinitis  et  tamen  ex  fini- 
lis  et  nee  ex  finitis  nee  infinitis  et  componitur  ex  athomis  et  non  componitur  ex 
Ulis. 

Ehe  zur  Widerlegung  der  zweiten  Ansicht  fortgeschritten  wird,  be- 
weiHt  unser  Verfasser  zunKchst  den  Satz  46.  In  nnllo  continno  athoma  in 
medietate  coninngi.  Dann  wendet  er  sich  gegen  die  Ansicht,  dass  das  Con- 
tinuum aus  einer  endlichen  Zahl  von  indiuisibilia  zusammengesetzt  sei,  d.  h. 
gegen  die  des  Waltherus.  Seine  Ilauptbeweismittel  sind  folgende:  57. 
Si  continuum  ex  finitis  athomis  componitur  sieud  numerus  athomorum  vnius  con* 
tinui  ad  numerum  athomorum  alterius  ita  continuum  ad  alium  se  habere,  —  58. 
Si  sie  athoma  in  contiuno  in  medietate  coniunguntur.  In  dem  Beweise  bedient 
er  sich  eines  Satzes,  der  seiue  eigne  Ansicht  weiter  ins  Klare  setzt,  nämlich : 
Omnia  oontinna  habere  athoma  infinita  sed  ex  athomis  non  compom.  —  59. 
Si  sie  debilissimus  gradus  soni  se  habet  sieud  vnitas  et  ceteri  se  sine  medio  con- 
iungentes  ut  sequens  series  numerorum,  — •  65.  Si  sie  tonus  partiri  non  polest, 
—  Dann  folgen  zunächst  wieder  einige  Sätze,  die  die  Meinung  des  Brad- 
w  a  r  d  i  n  aussprechen :  66.  Onmis  recta  Unea  habet  partionlares  lineas  infini- 
tas.  —  67.  Omnem  angnlum  rectüineum  uel  contingentie  in  tales  angulot  dioi- 
dere  infinitot.  —  68.  Omnem  triangulum  reotilineum  sine  contingentie  in  in- 
finitas  tales  angnlos  poste  diuidi  uel  partiri.  —  69.  Omnis  superficies  habet 
superficies  et  Uneas  infinitas  et  pnncta  similiter  infinita.  —  70.  Omne  conti- 
nnnm  componitur  ex  infinitis  continuis  eidem  speoiei  et  habet  athoma  propria 
infinita.  Nachdem  dies  nachgewiesen,  wendet  er  sich  wieder  gegen  die 
oben  aufgestellte  Ansicht.  72.  Si  sie  certum  circulum  assig/iare  quo  maior 
esse  non,  —  73.  ^SV  sie  periferiam  circuli  esse  duplam  dyametris,  —  75.  Si  sie 
alique  partes  circumfercntie  circularis  sunt  rede  et  angulum  rectilineum  conti- 
nentes,  —  81.  Si  sie  aliquis  triangulus  tres  angulos  rectos  habet  et  linee  equc' 
disiantes  concurrunt,  —  82.  Si  sie  aliquis  triangulus  est  subsesquitcrtius  ad 
quadratum  qui  subduplus  est  ad  idem,  —  86.  Si  sie  omnis  quadrati  dyameter 
SHi  lateri  est  cqualis,  —  87.  Si  sie  aliquod  quadratum  est  circulus,  —  92.  Si 
sie  nullam  esse  uisioncm  reetam  fraetam  siue  reflexam  lucis  uel  coloris,  —  93. 
Si  sie  omnes  spvras  Celestes  et  elementares  earum  a  terra  esse  quantitatis  cqua- 
lis et  equeuclociter  circumferrij>  —  95.  Si  substantia  composita  ex  finitis  sub- 
stantüs  athomis  componitur  condcnsationem  materie  prirne  non  fieri  per  athoma 
prioribus  pauciora,  —  96.  Si  sie  de  substantia  rarcfactionem  materie  prime  non 
fieri  per  athoma  materie  plura  primis,  —  98.  Si  sie  de  substantia  condcnsatio- 
nem et  rarefactionem  non  esse  possibilem,  —  99.  Coroll,  Substantiam  natura- 
lem ex  finitis  athomis  non  componi.  —  101.  SV  sie  inpartibile  in  media  par- 
tietur.  —  105.  Si  sie  motum  non  esse  omnino,  —  106.  Si  sie  sanitatem  habitam 


90   Ueber  die  Handschrift  K.  4*1  2,  Problematum  Euclidis  explicaiio^  der 


non  seruare  nee  perdiiam  restaurare,  —  109.  Si  sie  non  contingit  rede  scribere 
Tiee  rede  loqui.  —  111.  Si  sie  idem  est  iustum  ei  iniuslum. 

Mit  Satz  114  füngt  er  ein  anderes  Princip  an  zu  bekämpfen,  dass  näm- 
lich das  Continüum  aus  unendlich  vielen  indiw'sibilibus  zusammengesetzt  sei. 
Von  den  oben  aufgestellten  ist  dies  der  letzte  in  Verbindung  mit  dem  des 
Henricus.  Die  Hauptsätze  lauten:  114.  Si  omne  continüum  ex  indtuisibiU- 
bus  infinitis  compunitur,  esse  continüum  ciusdem  generis  et  athoma  propria  eodem 
gener e  proportionalia  reperiri.  —  118.  Si  sie  condensationem  et  rarefadianem 
omnino  noti  esse.  —  121.  Si  sie  aliqua  superficies  erit  summe  alba  et  similiter 
summe  nigra.  —  124.  Si  sie  agens  naturale  corporeum  est  equalis  actiuitatis  cum 
athomo  naiurali  et  aliquod  maioris  et  quodlibet  infinite.  —  126.  Si  sie  de  con- 
iinuo  substantiam  et  qualitatem  ex  substantiis  infinitis  et  qualitatibus  integrari. 
—  127.  Si  sie  athoma  in  finita  in  omni  proportione  finita  et  in  finita' ad  alia  in- 
finita  procul  dubio  se  habere.  —  128.  Si  sie  omnia  athoma  infiniia  quibuscun- 
que  infinitis  athomis  adcquari  excedere  et  excedi  omnia  continua  consimüiter 
eontinuis  equalia  esse  eccedeniia  et  excessa.  —  131.  Si  sie  aliquod  continüum 
in  eodem  situ  indiuisibili  situari.  —  133.  Si  sie  omnis  quadrati  medietas  est 
maior  toto  quadraio.  —  136.  Si  sie  omnis  linea  circularis  est  equalis  cuüibet 
linee  circulari  et  costa  quadraio  dyumeiris  ei  omnis  reeia  neeessario  omni  rede 
eril  equalis.  Jetzt  folgen  einige  Sätze,  die  wieder  die  Meinung  des  Brad- 
w ardin  aussprechen  sollen.  137.  Nnllum  continüum  ex  indiuisibilibns  in- 
finitis  integrari  nel  componi  —  138.  Nollum  continnnm  ex  infinit«  indiuiii- 
bilibos  inmediatis  componi.  —  139.  Nullum  oontinaum  ex  indioitibilibiii 
mediatis  componitur.  —  140.  Nullum  continüum  ex  athomis  integrari.  Dann 
heisst  es,  und  dies  ist  schon  oben  einmal  als  Meinung  des  Bradwardin 
ausgesprochen :  vnum  scquilur  ei  elicilur.  Omne  continüum  ex  inflnitit  eon- 
tinuis similis  speciei  cum  illo  componi.  Am  Ende  des  Beweises  folgt  dann 
die  Bemerkung:  Hiis  iandem  perscruiaiis  nunc  adiundo  consilio  est  inue- 
sligandum  an  indiuisibilia  continuorum  sini  realiter  dislinda  ul  ponitur.  Dann 
kommt  der  Satz  141,  der  aber  eigentlich  aus  einem  längern  Excurse  be- 
steht. Derselbe  beginnt:  Est  igilur  premiiiendum  quod  in  conlinuatione  siue 
disconiinuaiione  corporum  liquidorum  nullam  maleriam  primam  nee  aliquam 
substantiam  primam  nee  qualitatem  primam  ucl  secundam  corumpi  ei  de  quanii- 
täte  et  indiw'sibilibus  quaniitaiis  similiter  esse  consiat.  Dann  folgen  die  Sätze: 

142.  Omnem  substantiam  esse  per  se  impossibile  carere  omni  accidente.  — 

143.  Omne  quod  non  est  pars  nee  causa  alterius  potest  corrumpi  altero  toto 
saluo,  z.  B.  vnus  homo  moritur  altero  uiuente.  —  144.  Quare  potett  esse 
continüum  et  finitum  sine  aliquo  indiuisibili  continuante  et  finitante.  — 
145.  Si  indiuisibilia  continuorum  sini  realiter  ut  ponuntur  subsiantia  naturalis 
indiuisibiles  substanlias  habet.  —  146.  Si  sie  indiuisibilia  omnis  continui  in 
medietaie  coniungi.  —  147.  Si  sie  continüum  ex  athomis  integrari.  —  148.  Si 
sie  aliquod  accidens  substantiam  primam  non  habere.  —  149.  Si  sie  potest  non 
improbabiliter  apparere  omne  corpus  esse  tcnaciiatis  et  resistentie  infinite.  — 


König].  Gymnasialbibliothek  zu  Thorn.  Von  Maximilian  Cüutze.    91 

150.  Saperficiem  lineam  sine  punotnin  omnino  non  esse  und  hieraus  endlich 
der  Schluss  des  Ganzen:  Continnom  non  continnari  nee  finitari  per  talia  sed 
se  ipso.  Die  letzten  Worte  des  Tractates  enthalten  davon  den  Beweis  und 
und  lauten  (Seite  192,  Zeile  10 — 15):  Prima  autem  illius  corrollarii  sequitur 
ex  !|  illa  conclusione  plane,  sccunda  nero  pars  eins  sie  paiet.  Si  continuum  non 
conlinuaiur  ||  nee  finitelur  per  indiuisibilia  talia  et  non  eonlingil  assignare  aliquod 
aliud  per  quod  ||  coMinuum  terminetur  uel  finiatur  ei  continuum  terminatur  et 
continuatur  igitur  continuatur  et  finitur  se  ipso  [  Sic  igitur  primus  liber  qui  est 
de  compositione  continuj  quantum  ad  sua  essentialia  finem  ||  capit.  amen,  C  Ex- 
plicit  traotatas  bratwardini  (sie!)  de  continno. 

Hieraus  dürfte  zu  schliessen  sein ,  dass  das  uns  hier  vorliegende  Stück 
nicht  das  ganze  Werk  des  Bradwardin  umfasst,  sondern  nur  den  ersten 
Theil  desselben,  wenn  auch  die  letzten  Worte  wieder  das  Gegentheil  be- 
haupten. 

§13. 
Zwölftes  Stück:  Liber  de  ponderibns  Jordani  Nemorarii. 

Bei  diesem  Stücke  können  wir  uns  wieder  kurz  fassen,  da  dasselbe  in 
dem  Drucke :  Liber  Jordani  \\  Nemorarii  viri  Clarissimi  ||  De  Ponderibus  Proposi- 
tiones  XIII.  II  etc.  Am  Ende  Excussum  Norimbergae  per  Jo.  Petreium^  \\  Anno 
domini  M,  D.  XXXIII.  16  Blatt  in  4?,  leicht  zu  erlangen  ist.  Unser  Exem- 
plar unterscheidet  sich  aber  wesentlich  von  diesem  Abdrucke,  besonders 
dadurch,  dass  es  eine  bei  weitem  gedräugtere  Recension  darstellt,  so  dass 
man  fast  annehmen  möchte,  dass  der  Druck  durch  Petrus  Apianus,  den 
Herausgeber  dieses  Werkes,  interpoliert  sei.  Unser  Manuscript  beginnt 
(Seite  192,  Zeile  16— >20):  Omnis  ponderosi  motum  ad  medium  esse.  Quanlo 
gravius  est  uelocius  descendere,  \\  Grauius  esse  in  descendendo  quanto  motus  eius 
ad  medium  est  rectior.  \\  Secundum  situm  grauius  esse  quanto  in  eodem  situ  mi- 
nus oblique  est  descensus.  |f  Obliquiorem  autem  descensum  in  eadem  quantitate 
minus  capere  de  directo.  Minus  graue  alio  ||  secundum  situm  quod  descensu  cd- 
ierius  sequitur  contrario  motu.  Situm  autem  equalitatis  esse  equedistantiam  || 
superficiei  orizontis.  Im  Drucke  beginnt  das  liber  de  ponderibus  auf  Blatt  3** 
und  der  Anfang  unsres  Manuscriptes  umfasst  die  Zeilen  26 — 33  von  Blatt 
4^  Es  fehlt  also  wieder  die  ganze  Einleitung  des  Werkes.  Von  den  12 
Sätzen  die  unser  Manuscript  im  Gegensatz  zu  dem  Drucke  nur  enthält, 
sind  nur  11  hervorgehoben,  während  der  12.  eigentlich  nur  ein  Corollar 
des  vorhergehenden  ist.  Der  Satz  13  fehlt  bei  uns  völlig,  doch  ist  auf  Seite 
197  noch  so  viel  Platz,  dass  in  der  kurzen  Fassung,  die  bei  uns  die  Be- 
weise haben,  dieser  Satz  noch  Kaum  haben  würde. 

Der  Beweis  der  Propositio  prima  umfasst  im  Drucke  Blatt  4*'  bis  Blatt 
6*,  Zeile  14,  während  bei  uns  derselbe  nur  9  Zeilen  lang  ist.  Er  enthält 
im  Wesentlichen  das,  was  im  Drucke  in  dem  zweiten  Absätze  von  Blatt  4^, 
der  mit  Sequitur  aliud  commentum  beginnt,   enthalten  ist.    Jedoch  nur  bis 


92  Ueber  die  Handschrift  R.  4*J  2,  Problematum  Euclidis  explicatio,  der 


^ ." ,' .-^.x  -     .'       -" .  -*.'•.'■-•_  . •  -*•_»--/  -^  - ■ . '  ^•-'  .^.^ ^^  ^  ^  ^  ^' ^  ^  •"^  -^ ~  t  ^  t 


zum  Endo  des  Blattes.  Aehnlich  verhält  es  sich  mit  den  Übrigen  Beweisen 
und  zwar  sind  unsre  Bewebe  immer  die  Theilo,  welche  mit  Aliud  commen- 
tum  sequitur  oder  ähnlichen  Phrasen  eingeleitet  werden,  jedoch  auch  von 
diesen  immer  nur  eine  Anzahl  von  Zeilen.  Da  aber  unsere  Beweise  stets 
vollständig  das  liefern,  was  sie  nachweisen  sollen,  so  ist  wohl  der  Schluss 
gerechtfertigt,  dass  entweder,  wie  schon  gesagt,  der  Herausgeber  selbstän- 
dig zugesetzt  hat ,  oder  dass  er  aus  vcrschiednen  Handschriften,  die  ver- 
schiedne  Beweise  gaben,  diese  nebeneinander  gestellt  hat  und  durch  die 
obige  Einleitung  zu  den  Beweisen  einei  andern  Handschrift  als  der  zuerbt 
benutzten,  dies  hat  anzeigen  wollen.  Da  es  gerade  von  diesem  Stücke  eine 
ganze  Reihe  von  Manuscripten  gibt,  Hesse  sich  vielleicht  entscheiden, 
welche  von  diesen  Annahmen  die  richtige  ist. 

Unser  Manuscript  schliesst  (Seite  197,  Zeile  11 — 12) :  Dico  I  ergo  quoniam 
pondus  canonij  ,  b  .  z  .  cum  sit  secundum  .  b  .  z  .  subsiantie  .  a  .  b.  €,  und 
zeigt  schon  durch  das  Strophenzeichen,  dass  es  unvollendet  abgebrochen 
ist.  Der  Beweis  des  12.  Satzes  stimmt  im  Allgemeinen  mit  dem  in  der  Aus- 
gabe des  Apianus,  doch  ist  keine  wörtliche  Uebereinstimmung  und  es  ist 
deshalb  auch  unmöglich  zu  bezeichnen,  bis  zu  welchem  Puncto  dieses 
Druckes  unser  Manuscript  sich  erstreckt. 

§  14. 
Dreizehntes  Stück:  De  latitndiue  formarum  magistri  Kieholai  Hören. 

Wir  kommen  jetzt  zu  dem  letzten  Stücke  unsrer  Handschrift  Seite 
198  —  206.  Es  ist  das  Stück,  welches  auf  der  Seite  1  bezeichnet  ist  durch 
item  de  latitudine  formarum.  Nach  einer  Mittheilung  des  Fürsten  Boncom- 
pagni  stimmt  unser  Manuscript  mit  der  Ausgabe  überein,  die  von  ihm  in 
dem  äusserst  seltnen  Buche  ^^Questio  de  Modalibus  Bassani  Politi  etc.  Venetiis 
mandato  cv)  sumptibus  heredum  quondä  Nobilis  uiri  D.  Octauiani  Scoti  ctc,  JöOö 
unter  dem  Titel  ^^Incipit  perutilis  tractatus  de  latitudinibus  formarum  /um 
Reuercftdü  magrm  Nicholaü  Hören*'''  gemacht  ist.  Ich  glaube  der  Seltenheit 
dieses  Werkes  wegen  nichts  Unnützes  zu  thun,  wenn  ich  eine  Uebersicht 
des  Hauptinhaltes  desselben  hier  folgen  lasse. 

Dieser  Tractat  beginnt  (Seite  198,  Zeile  1 — 5):  Qoia  formarum  latitu- 
dines  multiplicitcr  uarianlur  et  multiplicitas  I  difficillime  discernitur  nisi  ad  figu- 
ras  geometricas  consideratio  referatur,  Ideo  premissis  quibusdam  latitudinum 
diuisionibus  '  cum  suis  diffinitionibus  infinitas  species  earundem  demum  ad  in 
finitas  species  figurarum  applicatio  ex  quibus  clarius  apparebit.  Was  hier 
forma  bedeutet,  ergibt  sich  aus  einigen  Sätzen  und  Beweben  des  tractatus 
de  continuo  Bradwardini  sowie  aus  den  Bemerkungen  zu  dep  letzten  Lehr- 
satze dieses  Tractates.  Danach  ist  forma  jede  Erscheinung  in  der  Natur, 
z.  B.  unter  andern  jede  Beweguug,  jede  Veränderung  in  der  Wärme  u.  dgl. 
mehr.    Diese  formae  werden  nun  in  der  Art  durch  geometrische  Figuren 


Königl.  Gymnasialbibliothek  zu  Thorn.    Von  Maximilian  Cürtze.    93 


dargestellt,  dass,  wie  noch  jetzt,  die  eine  Grösse,  von  der  die  Form  ab- 
hängig gedacht  wird,  als  longiludo  aufgetragen  wird,  während  die  laiitudo 
in  äquidistanten  Pnncten  der  hngiiudo  senkrecht  auf  dieser,  in  dem  näm- 
lichen Masse  gemessen ,  errichtet  wird.  Longiludo  nnd  Laiitudo  ist  also  genau 
das  was  wir  Abscissen  und  Ordinaten  nennen,  auf  physikalische  Vor- 
gänge angewendet.  Die  Endpuncte  der  Ordinaten  werden,  wie  noch  jetzt, 
durch  einen  zusammenhängenden  Zug  verbunden.  Gradus  latitudinis  ist  der 
Unterschied  zweier  aufeinanderfolgender  Ordinaten.  Beginnen  die  Ordi- 
naten mit  dem  Werthe  Null,  so  heisst  das  non  gradus^  fangen  sie  dagegen 
mit  einer  bestimmten  Länge  an»  so  wird  das  cerius  gradus  genannt. 

Die  ganze  Schrift  ist,  wie  in  den  mitgetheilten  Anfangsworten  schon 
angedeutet  ist,  in  zwei  Theile  getheilt.  Der  erste  enthält  Erklärungen  der 
verschiednen  Arten  der  Laiitudo.  Von  der  Longitudo  natürlich  kann  es  nur 
eine  Art  geben ,  da  diese  stets  in  gleiche  Theile  getheilt  angesehen  wird. 
Die  Laiitudo  zerfällt  zunächst  in  Laiitudo  tmiformis  und  laiitudo  difformis. 
Erstere  ist  eiusdem  gradus  per  totum  die  laiitudo  difformis  auiem  est  per  oppo- 
situm.  Die  erstere  wird  also  durch  eine  zu  der  Abscissenlinie  parallele 
Gerade  vorgestellt,  d.  h.  durch  ein  Rechteck.  Die  zweite  aber  durch  irgend 
eine  andere  Figur. 

'  Die  Laiitudo  difformis  zerfällt  wieder  in  secundum  se  iotam  difformis  und 
in  secundam  pariem  difformis.  Das  Erstere  braucht  hier  keine  weitere  Er- 
klärung, das  Letztere  aber  ist,  wenn  ein  Theil  der  betreffenden  Curve 
eine  zur  Abscissenaxe  parallele  Gerade  vorstellt,  der  Übrige  Theil  aber 
eine  zur  Abscissenaxe  geneigte  Gerade  oder  eine  krumme  Linie.  Die  Laii- 
tudo secundum  se  iotam  difformis  wird  wieder  eingetheilt  in :  laiitudo  vnifor- 
miier  difformis ^  d.  h.  solche,  bei  welcher  der  excessus  graduum  immer  der 
nämliche  ist,  und  difformiter  difformis  d.  h.  solche,  bei  welcher  diese  Gleich- 
heit nicht  stattfindet.  Die  erste  Art  hat  als  entsprechende  Curve  noth wen- 
dig eine  unter  einem  beliebigen  spitzen  Winkel  gegen  die  Abscissenaxe 
geneigte  Gerade,  die  letzte  Art  irgend  eine  andere  krumme  Linie.  Die 
erste  Art  kann  anfangen  a  non  gradu,  muss  dann  aber  aufhören  ad  certum 
gradum^  oder  sie  kann  beginnen  a  cerio  gradu  und  dann  entweder  ad  non 
gradum  oder  ad  certum  gradum  endigen.  Ein  viertes  ist  offenbar  nicht 
möglich/ 

Die  laiitudo  difformiter  difformis  wird  in  ähnlicher  Weise  wieder  einge- 
theilt in  laiitudo  secundum  se  iotam  difformiter  difformis  und  in  laiitudo  non 
secundum  se  iotam  difformiter  difformis.  Ich  glaube  kaum,  dass  ich  diesen 
beiden  unterschiednen  Arten  noch  weitere  Erklärung  hinzuzusetzen  brauche. 
Bei  der  ersten  dieser  beiden  Arten  unterscheidet  er  nun  wieder  latitudo 
vniformiier  difformiter  difformis  d.  h.  solche  Veränderung,  dass  die  excessus 
graduum  immer  dieselbe  Proportion,  dass  also  die  laiitudines  selbst  eine 
arithmetische  Reihe  zweiter  Ordnung  bilden.  Als  Beispiel  ist  auf 
dem  Rande  angegeben  eine  Figur,  an  deren  Ordinaten  die  Werthe  stehen-. 


94  Ueber  die  Handschrift  K.  4?  2,  Problematum  Euclidis  explicatio,  der 


-    .—  ••rfH"       *    ^  V 


0,  1,  2,  4,  7,  11,  16,  22,  29,  37,  46,  56,  67,  79.  Alle  .übrige  Arten  der 
laU'iudo  bezeichnet  er  durch  lalittido  di/formiler  difformiter  difformit.  Der 
erste  Theil  schliesst  dann  (S.  199,  Zeile  3 — 6):  Noiandum  {|  quod  in  supra- 
dictis  diffinitionibus  utcunque  declaratur  excessus  graduum  interne  equedistan- 
tium  dehet  accipi  distaniia  secundum  partes  latiludinis  exclusiue  el  inclusiue  [;  ul 
loquilur  de  distaniia  graduum  siluali  et  non  graduali. 

Der  zweite  Thoil  bringt  nnn  Beispiele  zu  den  im  ersten  Theile  aufge- 
stellten Arten  der  Latitudo  per  figuras  geomeiricas.  Er  ist  in  drei  Capitel  gc- 
theilt.  Das  erste  enthält  diuisioneSy  das  zweite  snpposita,  das  dritte  endlicb 
propositiones  et  diffinitiones.  Die  Begriffe  von  Linea  ^  figura^  augulus^  linea 
recta,  linea  curua^  figura  plana,  figura  curua,  angtdus  rectüineus,  angulus 
curuuSy  figura  angularis,  figura  non.  angularis  setzt  er  zunäclist  aus  dem 
ersten  und  zweiten  Buche  des  Euclid  als  bekannt  voraus,  und  gibt  dann 
die  Eintheilung  der  geometrischen  Figuren.  Er  unterscheidet  figura  monan- 
gula,  figura  duplangula,  triangula,  ...,  multiangula,  er  sagt  dabei  noch,  es 
gäbe  solcher  verschiedener  Arten  ebensoviele  als  es  verschiedne  Zahlen 
gäbe.  Eine  zweite  Eintheilung  ist  die  in  solche  Figuren ,  die  nur  durch 
krumme  Linien  begrenzt  werden,  wie  die  Figur,  die  von  zwei  Ejreisbogen 
eingeschlossen  wird ,  und  in  gemischtlinige  Figuren ,  die  durch  eine  gerade 
und  eine  krumme  Linie  umschlossfin  sind.  Dabei  sind  noch  die  Erklärungen 
von  portio  circuli  =  Kreiabschnitt  und  zwar  portio  maior  und  portio  mi- 
nor ,  jenachdem  der  Abschnitt  grösser  oder  kleiner  als  der  Halbkreis  ist, 
von  arcus  und  corda.  Weiter  theilt  er  ein  in  figure  rectilinee,  und  figure 
curuilinee.  Die  letzte  Eintheilung  endlich  ist  in  figure  plane  und  figure 
curue  und  Oresme  macht  dabei  darauf  aufmerksam ,  dass  figura  euruilinta 
und  figura  curua  wohl  zu  unterscheiden  seien ,  da  eine  figura  curuiiinea  sehr 
wohl  eine  figura  plana  sein  könne.    Das  ist  das  erste  Capitel. 

Das  zweite  Capitel  enthält  die  Voraussetzungen.  Diese  sind :  1.  Que secun- 
dum aliquam  proportionem  sie  sc  habent  adinuicem  rationem  participant  quantitatis. 
—  2.  Omne  quodexcessu  graduali  excedit  aliud  uel  exceditur  per  medium  quanti- 
tatis ab  aliquo  ymaginandum  est.  —  3.  Excessus  gradualis,  Latitudo  gradus  et 
intentio  forme  idem  sunt,  ex  comuni  vsu  loquentium  in  tali  materia.  —  4.  Omne 
quod  excessu  graduali  excedit  aliud  uel  exceditur  ab  alio  habet  latitudinem  gra- 
dualem.  —  5.  Omne  quod  secundum  aliquam  pcrfcctam  dimensionem  quantwn 
est  secundum  illam  dimensionem  exccdere  polest  uel  excedi,  —  6.  Omne  quod 
secundum  dimensiones  plures  quantum  est  secundum  plures  dimensiones  excedere 
polest  uel  excedi.  —  7.  Omne  quod  excedit  uel  exceditur  ab  aliquo  secundum 
aliquam  dimensionem  ymaginandum  est  et  est  quantum.  —  8.  Quod  solum  secun- 
dum extensionem  suarum  partium  excedit  aliud  uel  exceditur  est  ymaginandum 
in  proposito  vnam  solam  habere  dimensionem.  —  9.  Quod  secundum  intentionem 
suarum  partium  ymaginabilium  excedit  aliud  uel  exceditur  ab  alio  ymaginan- 
dum est  in  proposito  duas  habere  dimensiones  ideo  ymaginandum  est  ianquam 
latitudo  et  longitudo  siue  superficies.  —  10.  Extensio  forme  ymaginanda  est 


Königl.  Oymnasialbibliothek  zu  Thoi-n.    Von  Maximilian  Curtze.    95 

per  lineam  rectdin.  IntenUo  uero  per  figuram^  plflnam  supra  datam  lineam  reciam 
consurgentem.  —  11.  CuHibei  puncto  in  linea  rccia  supra  quam  figura  plana 
coUocalur  oportet  (?)  propria  latitudo  in  dicta  figura.  —  12.  Quodlibet  punctum 
in  extensione  propriam  habet  intensionem.  —  13.  Forme  permanentes  uel  yma- 
ginate  tanquam  permanentes  habent  exlensionem  secundum  extensionem  sui  sub- 
jecti.  forme  uero  successiue  uel  ymaginate  tamquam  successiue  secundum  ex- 
tensionem sue  durationis. 

Im  dritten  Capitel  endlich  werden  die  propositiones  und  diffinitiones  der 
verschiedenen  Arten  der  Figuren  gegeben  als  Erlänteinng  zu  dem  ersten 
Theile.  Dieser  Lehrsätze  zähle  ich  29.  Der  erste  spricht  aus,  dass  jede 
Latitudo  irgend  einer  Form  als  eine  ebene  Figur  dargestellt  werden  könne. 
Durch  die  folgende  wird  eine  nur  krummlinige  Figur  ausgeschlossen,  denn 
die  Abscissenlinie  mnss  eine  Gerade  sein,  daher  kann  3.  keine  F'orm  durch 
einen  ganzen  Kreis  dargestellt  werden,  noch  4.  überhaupt  durch  eine  Figur 
ohne  Winkel  oder  5.  durch  eine  figura  monangula,  sondern  sie  ist  G.  stets 
durch  eine  mehrwinklige  Figur  darzustellen.  Es  kann  7.  keine  Form  durch 
eine  Figur  dargestellt  werden,  die  mit  der  Abscissenlinie  einen  Winkel 
grösser  als  ein  Kechter  macht.  Dies  ist  sogleich  klar,  sobald  man  beachtet, 
dass  zu  damaliger  Zeit  negative  Abscissen  noch  nicht  bekannt  waren,  und 
nur  unter  dieser  Bedingung  der  erwähnte  Fall  eintreten  kann.  Dieser 
Eigenschaft  wegen  kann  8.  keine  Form  durch  eine  portio  maior  dargestellt 
werden,  weil  der  Winkel,  mit  dem  diese  auf  der  Sehne  aufsteht,  ein  stum- 
pfer ist.  9.  Jede  latitudo  vniformis  hat  denselben  certus  gradus  von  Anfang 
bis  zu  Ende.  Also  ist  10.  diejenige  Form  di/formis,  die  vom  non  gradus  be- 
ginnt. 1 1.  Es  ist  jede  Form,  die  a  certo  gradu  anfangt  und  ad  certum  gradum 
endigt,  durch  eine  am  Anfange  spitzwinklige  Figur  zu  verzeichnen.  Spe- 
ciell  ist  13.  eine  latitudo  vniformiter  di/formis^  die  a  non  gradu  anfängt,  durch 
eine  Figur  mit  geradlinig  spitzem  Winkel  darzustellen.  Jede  latitudo  diffor- 
miter  difformis  aber  muss,  wenn  sie  a  non  gradu  beginnt,  durch  eine  krumme 
Linie  mit  anfangendem  krummlinigen  spitzen  Winkel  ansteigen,  und  jede  la- 
titudo difformis^  die  mit  dem  non  gradus  aufhört,  wird  li).iftngekehrt  durch  eine 
absteigende  krumme  Linie  mit  schliessendem  spitzen  Winkel  dargestellt.  IG. 
Jedelatitudo  vniformiter  di/formis  pertotum  kann  durch  ein  geradliniges  Dreieck 
dargestellt  werd>en,  jede  latitudo  uniformis  terminata  ad  certum  gradum  aber  17. 
durch  ein  Parallelogramm,  oder  eigentlich  durch  ein  Rechteck.  Dagegen  ist  18. 
keine  Form,  die  irgendwo  difformis  ist,  aber  Anfangs  und  zu  Ende  unifor- 
mf>,  durch  ein  geradliniges  Dreieck  darstellbar.  Oresme  führt  eine  ganze 
Reihe  verschiedner  Formen  auf,  die  die  betreifende  Figur  annehmen  kann, 
sagt  aber  zuletzt  poteris  in  infinitum  uariare.  Fängt  eine  latitudo  vniformiter 
difformis  a  non  gradu  an,  so  ist  19.  das  geradlinige  Dreieck,  was  sie  dar- 
stellt, am  Anfange  spitzwinklig  und  am  Ende  rechtwinklig,  umgekehrt, 
wenn  sie  20.  d  certo  gradu  anfängt  und  ad  non  gradum  endigt,  durch  ein 
entgegengesetzt  liegendes  Dreieck;  fängt  sie  endlich  a  certo  gradu  an  und 


96   Ueber  die  Handschrift  R.  4^  2,  Problcmatum  EuelidiB  explicatio,  der 


-  J»-    f   ^  .-r  » 


endigt  auch  ad  certum  gradum^  so  ist  21.  die  entsprechend^  Figor  ein  Tra- 
pez (  dessen  beide  parallele  Beiten  anf  der  Abscissenlinie  senkrecht  stehen, 
der  eine  der  beiden  obern  Winkel  ist  ein  spitzer,  der  andere  ein  stumpfer. 
22.  Keine  Latiiudo,  die  von  non  gradus  beginnt  und  auch  mit  dem  non  gra- 
dus  endigt,  ist  uniformis  oder  vniformiter  difformis^  sie  kann  aber  theilweise 
vniformis  oder  tmiformiler  difformis  sein.   23.  Jede  ialiludo,  die  vnifarmiier  dif' 
formis  vom  non  gradus  beginnt  und  ebenso  vniformiter  difformis  mit  dem  non 
gradus  schliesst,  ist  durch  eine  Figur  vorzustellen,  die  am  letzten  Ende 
der  Basis  einen  spitzen  Winkel  bildet.    Keine  latitudo  diff'ormiier  difformis 
kann  24.  durch  eine  geradlinige  Figur  dargestellt  werden,  es  ist  folglich  25. 
jede  latitudo  secundum  se  totam  diff^ormiter  diff'ormis  noch    oben  durch    eine 
krumme  Linie  begrenzt,  ebenso  muss  26.  eine  latitudo^  die  nur  zum  Thei! 
difformiter  diffvrmis  ist,  zum  Theil  durch  eine  krumme  Linie  begrenzt  wer- 
den. Die  latitudo  vniformiter  diff'ormiter  diff'ormis  beginnt  27.  a  non  gradu^  endet 
aber  immer  ad  certum  gradum;  sie  ist  daher  28.  darzustellen  durch  ein  Drei- 
eck, das  einen  rechten  geradlinigen  Basiswinkel  hat,   die  beiden  andern 
Winkel  sind  aber  krummlinige  spitze  Winkel.    Endlich  sagt  der  letzte  Satz 
29.  aus,   dass  wenn  die  Latitudo  einer  bestimmten  Form  in  irgend  einer 
Weise  variiert,  die  entsprechende  Figur  in  ähnlicher  Weise  sich  verändert. 
An  diese  Sätze  schliessen  sich  eine  Reihe  von  Bemerkungen,  die  nicht 
ohne  Interesse  sind.    1.  Jeder  Kreisabschnitt  ist  diff'ormiter  difformiter  diffor- 
mis.   Doch  muss  derselbe  kleiner  als  der  Halbkreis  sein ,  wie  oben  schon 
bemerkt  ist.  —  2.  Bei  einer  solchen  Figur  wächst  die  latitudo  von  Anfang 
bis  znr  Mitte  und  nimmt  dann  wieder  bis  zum  Ende  ab.  —  3.  Bei  einer  sol- 
chen Figur  ist  die  Aenderung  der  Geschwindigkeit  des  Wachsens  und  Fal- 
lens  am  obersten  Pnncte  am  langsamsten.  —  4.  ist  dagegen  zu  beachten, 
dass  die  grösste  Geschwindigkeit  der  Zunahme  des  Wachthnms  am  Anfange 
der  Figur  und  die  grösste  Schnelligkeit  der  Abnahme  des  Wachthnms  am 
Ende  der  Figur  sich  findet.  —  5.  Die  Geschwindigkeit  der  Zunahme  des 
Wachsthums   nimmt  stetig  ab  bis  zum  höchsten  Puncte  des  Bogens,  und 
dann  nimmt  umgekehrt  die  Schnelligkeit  der  Abnahme   dos  Wachsthums 
von  diesem  Puncte  bis  zum  Endpuncte  des  Bogens  stetig  zu.    Im  Anfangs- 
und  Endpuncte    ist    die  grösste  Zu-  und  Abnahme-Geschwindigkeit.   — 
6.  Wenn  die  latitudo  vniformiter  difformiter  difformis  zwischen  den  gradus 
excessium  equedislantium  immer  dieselbe  Proportion  bewahrt,  so  ist  dabei 
der  Anfangs-  und  Endpunet  derselben  ausgeschlossen.  —  7.  Das  Verhält- 
niss  zwischen  Form  und  Form  ist  dasselbe,  wie  zwischen  den  entsprechen- 
den Figuren.    Dabei  ist  das  Verhältniss  irrational,  sobald  eine  der  Figuren 
oder  beide  krummlinig  sind.   Aus  diesem  letzten  Satze  folgert  er  noch  einige 
Zusätze:  1.  Zwei  gleichförmige  Bewegungen  haben  ein  rationales  Verhält- 
niss,  ebenso  2.  eine  gleichförmige  und  eine  gleichförmig  ungleichförmige 
Bewegung.    Dagegen  ist  3.  das  Verhältniss  zwischen  einer  gleichförmigen 
oder  gleichförmig  ungleichförmigen  und  einer  ungleichförmig  ungleichför- 


KOnigl.  Gymnasialbibliothek  zu  Thorn.    Von  Maximilian  Cürtze.    97 

migen  Bewegung  irrational.  Dann  folgen  endlich  die  Schlussworto  (Seite 
206,  Zeile  37 — 39):  Pinra  igilur  alia  corroUan'a  equdlia  '  per  talem  materiam 
euerti  possunt  ex  precedeniis  que  considerantihus  facUiter  ||  patent,  ideo  transeo. 
C  deo  gracias  virginique  gloriose. 

Dass  das  Werk,  mit  dem  wir  uns  soeben  beschäftigten,  von  dem  gröss- 
ten  Werthe  für  die  Geschichte  der  Mathematik  ist,  sieht  man  auf  den  ersten 
Blick.  Der  Begriff  latiludo  formarum  ist  offenbar  ein  sehr  wesentlicher  Vor- 
läufer der  Geometrie  des  Descartes.  Dieser  Begriff,  dessen  Dasein  allen 
Geschichtsschreibern  der  Mathematik  entgangen  zu  sein  scheint,  obwohl  er 
ganz  allgemein  in  Anwendung  gewesen  sein  muss ,  erstreckt  sich  nachweis- 
bar bis  in  den  Anfang  des  XVI.  Jahrhunderts  und  wahrscheinlich  noch 
weiter,  so  dass  er  geradezu  unmittelbar  an  Descartes  und  seinen  Vor- 
gänger heranreicht.  Auch  die  Bemerkung  Keplers,  dass  der  Zuwachs 
einer  Variablen  z.  B.  der  Ordinate  einer  Curve  in  der  unmittelbaren  Nähe 
eines  Maximums  oder  Minimums  gleich  Null  ist*),  finden  wir  in  den  Bemer- 
kungen zu  dem  letzten  Lehrsatz  29.  des  Oresme  ausgesprochen,  hier  so- 
gar in  ganz  allgemeiner  Form,  da  der  Begriff  von  Forma  jede  Art  verän- 
derlicher Grösse  bedeuten  kann.  Auch  die  Bemerkung  dürfte  noch  hervor- 
zuheben sein,  dass,  wenn  man  für  zwei  beliebige  Formen  derselben  Art 
die  entsprechenden  Figuren  gefunden  hat,  man  für  die  Formen,  sobald  es 
.  nur  auf  das  Verhältniss  ankommt,  diese  Figuren  substituieren  kann  (7.  Be- 
merkung zu  Satz  29.),  sowie  die  Erklärung  dahin,  dass  obwohl  nur  eine 
bestimmte  Anzahl  von  Ordinaten  in  den  Figuren  gezeichnet  werden ,  doch 
jedem  Puncte  der  longitudo  eine  bestimmte  Ordinate  zukommt,  dass  also 
die  Veränderung  der  Latitudo  eine  stetige  ist,  eine  wesentliche  Eigenschaft 
der  Descartschen  Betrachtungen. 

Oresme  hat  es  also  verdient  in  der  Geschichte  der  Mathematik  mit 
grösserem  Nachdrucke  genannt  zu  werden ,  als  ihm  dies  bis  jetzt  zu  Theil 
geworden.  Jedenfalls  sind  die  beiden  Abhandlungen,  durch  deren  glück- 
liche Vereinigung  in'unsrem  Codex  es  mir  möglich  geworden,  den  obigen 
Nachweis  zu  führen,  von  gleichem  wenn  nicht  grösserem  wissenschaftlichen 
Werthe  als  die  beiden  dem  Bradwardin  eigenthümlichen  Theile  seiner 
Geometna  speculatiua. 

§  15. 

lieber  die  Handschrift  R.  Fol.  28  derselben  Bibliothek  nud  Schlnss- 

bemerkungen. 

Ausser  der  im  Vorhergehenden  genau  analysierten  Handschrift  besitzt 
unsre  Bibliothek  augenblicklich  noch  ein  Manuscript  wenigstens  zum  Theil 

*)  Chailei,  Apercu.     S.  53  der  dentsclien  I^ebersetzun)^. 
/.«•iltchrifl  r.  MathemAlik  ii.  Phyuik.    (Su|i|)Wmii.)  7 


98  Ueber  die  Handschrift  ß.  4^"  2,  Problematum  Euclidis  explicatio,  der 

mathematischen  Inhalts ,  dasselbe  ist  in  klein  Folio  auf  Pergament  nnd  niii- 
fasst  22  Blatt  ohne  jede  Bezeichnung.  Es  stammt  ans  dem  zweiten  Jahr- 
zehnt des  14.  Jahrhnnderts. 

Blatt  1^  enthält  eine  Darstellung  des  decadischen  Zahlensystems  anf 
dem  Abacus  ohne  Anwendung  der  Null.  Ich  lasse  dasselbe  in  verkleiner- 
tem Maflssstab  nebenbei  abdrucken. 


Ceties 

Decies 

Mille 

Centü 

Decem 

Mil 

Centü 

Dece   Per  se 

mille 
milia 

mille 
millia 

Milia 

milia 

milia 

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vnu 

1 

1 

1 

1 

1 

1 

Viginti 

1 

1 

*      1      ^ 

Daceties 

Vigesies 

ßis 

Dnccta 

Duo 

Dnce 

Vi 

mille 
milia 

mille 
milia 

mille 
milia 

milia 

milia 

milia 

ta 

gin 
ti 

Per  se 

2 

2 

2 

2 

2 

2 

2 

2 

2 

Tricetie» 

Tredecies 

Ter 

Tricr-ta 

Trigita 

Tria 

Trioe 

Tri 

mille 
milia 

mille 
milia 

mille 
milia 

milia 

milia 

milia 

ta 

gin 
ta 

Per  se 

3 

0 

3 

3 

3 

3 

3 

3 

3 

3 

QndrTgt« 

a 

Qdmges';'« 

Quater 

QnadrT 

Qaadra 

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Qua 

mille 

mille 

>     mille 

genta 

ginta 

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milia 

milia 

milia 

milia 

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4 

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Qulqna 

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4 

4 

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Qulgesie« 

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Quiqges«;« 

QuTquies 

QuTg." 

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Quin 

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mille 

mille 

mille 

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milia 

milia 

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mille 

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milia 

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SeptTgöt 

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Septngesef 

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Septua 

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mille 

mille 

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genta 

ginta 

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milia 

milia 

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Octuges^* 

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Octin 

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Octin 

7 

Octo 

7 

Octlgeta 

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milia 

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milia 

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milia 

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milia 

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NonT^rf.t 

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Königl.  Gymnasialbibliothck  zu  Thorn.   Von  Maximilian  Curtzk.    99 

Blatt  1^  Pnmosiicaciones  super .  xjj .  Signa  cell  in  corpore  humano  für  jedes 
Zeichen  drei  Pronosticationen.  Auf  ihm  findet  man  auch  die  Bemerkung 
.  1364  ,epacte,26.  Die  folgenden  Blätter  2* — 7^  umfassen  dann  ein  Caienda- 
rium  für  das  Jahr  1328.  Dasselbe  enthält:  1.  die  Tage  des  Monats; 
2.  Quaiuor  cicli  premacionis  lune;  3.  diegoldneZahl;  4.  dioWochen- 
bnchstaben;  5.  die  Tageslänge;  6.  die  Sonnenhöhe.  Ausserdem 
ist  eine  Rubrik  für  den  lateinischen  Kalender  vorhanden  und  eine 
für  die  Feste.  Am  Fnsse  jeder  Seite,  mit  Ausnahme  der  ersten,  findet 
sich  noch  eine  Pronostication  für  den  Monat.  Auf  einem  eingelegten  Blatt 
Papier  liest  man  die  Bemerkung:  Deesi  in  hoc  martyrologio.  s.  Calendario 
festum  Visitationis  Mariae  d.  2.  Jul.  quod  insiituium  est  a.  13S0.  ab  Vrbano  F/, 
confirmaium  postea  a  Bonifacio  IX  Vrbani  successore  ei  in  concilio  Basil . ,  von 
moderner  Hand,  wahrscheinlich  dem  letzten  Jahrhundert  angehörig. 

Der  Rest  der  Handschrift  endlich  enthält  eine  thcologia  dogmalica  in 
80  Capiteln  von  der  nämlichen  Hand  geschrieben,  als  der  erste  Theil  des 
Codex. 

In  frühem  Zeiten  bis  1724  war  unsre  Bibliothek,  die  1594  gegründet 
ist,  sehr  reich  an  mathematischen  Manuscripten.  Nach  dem  grossen  Blut- 
bade in  Thorn  im  Jahre  1724,  bei  welchem  auch  das  Gymnasium  aus 
seiner  Localität  vertrieben  wurde,  sind  die  meisten  dieser  Manuscripte,  wie 
lässt  sich  nicht  nachweisen,  abhanden  gekommen,  und  nur  die  beiden  oben 
beschriebenen  sind  gerettet  worden.  Da  es  jedoch  für  literarische  Zwecke 
vielleicht  von  Werth  ist,  so  gebe  ich  hier  ein  Verzeichniss  der  mathemati- 
schen Manuscripte ,  die  1 724  noch  vorhanden  waren ,  aus  der  Notitia  Biblio- 
ihecae  Gymnasii  Thorunensis  von  Petrus  Jaenichius,  die  1724  in  Jena 
erschienen  ist. 

Diese  sind*):  IL  Liber  Physicus-,  III.  Dialectica  et  physica:  VrGlossa 
5tip^r  Aristotelit  librum  physicum  de  anima  et  coelo  scripta  a  Tilcmanno;  XIX. 
Elementa  Euclidis  cum  commeniar.  Campani,  continens  796  Conclusiones  fini- 
las  an,  1354  in  17  fer.  natitiuit.;  adiungiiur  Arsaniches**)  de  mensura  Circu- 
/i;  XXI.  Be  concordia  Astronomiae  et  Theologiae  Fr.  Petri  AUiaoo  Cardinal. 
scr,  1414,  Einsdem  calculatio  de  aeiatibus  mundi  ante  Christum  etc. ,  Einsdem 
declaratio  figurarum  coeli  seu  facierum  dierum  revolut.  Calculatio  X  figurarum 
et  significatio,  Elucidarius  Astronomiae  de  Natiuitate  JEsu  Christi.  Tractatus 
de  Concordia  discordantium  Astronomorum  super  significationibus  triplicitatum 
signorum  Zodiaci;  XXII.  Liber  mathematicus ;  XXIII.  Euclidis />ro6/e»ia/a  cum 
explicatione  (Jetzt  R.  4^  2) ;  XXIV.  Arithmetica ;  XXV.  Jo.  Aegidii  Historia 
Naturalis;  XXVIII.  In  Hb,  Aristotelis  Phys.  de  Coelo  et  mundo;  XXIX.  Liber 
de  metalliset  lapidibus;  XXX.  Liber  physicus ;  XXXI.  Liber  physicus;  XXXV. 


*)  Die  Nununern  sind  die  des  Jänichenschen  Katalogs. 
*♦)  D.  i.  Arcbimedes. 


100    lieber  die  Handschrift  R.  4?  2,  Probleinatiiin  fiuclidis  explicaiio,  der 

Quaesliones  physicae:  XXXVI.  Liber  physicus:  CV.  Canones  iabularum  apo- 
Ihecariiy  mathematici  et  asirologici  Hist.  de  S.  Jodaco.  —  Zu  bedauern  ist  es 
jedenfalls,  dass  von  diesen  16  Manuscripten  nur  ein  einziges  erhalten  ist. 
Nach  den  Bemerkungen  des  Jaenichen  zu  dem  Manuscpript  XXI.  von 
Petrus  de  Alliaco,  scheint  dasselbe  die  Originalhandschrift  die- 
ses berühmten  Mannes,  nachmaligen  Cardinais  und  'Erzbischofs  von 
Ü  a  m  b  r  a  i  enthalten  zu  haben . 


Nachschrift. 

Bei  der  Besprechung  des  liber  trium  frairum  habe  ich  oben  gesagt,  dass 
ich  auf  eine  Anfrage  an  Herrn  Prof.  Kinkelin  in  Basel  wegen  der  dort 
befindlichen  Handschrift  dieses  Werkes  keine  Antwort  erhalten  h&tte.  Ich 
wandte  mich  seitdem  auf  andern  Wege  an  die  öfifentliche  Bibliothek  in  Basel 
und  erhielt  am  19.  Juli  d.  J.  durch  Herrn  Prof.  Vischer,  Bibliothekar  ge- 
nannter Bibliothek,  vorläufig  mit  einem  freundlichen  Briefe  des  Herrn  Prof. 
Kinkelin,  d.  d.  17.  Januar  1868,  der  eine  Beschreibung  der  Handschrift 
enthält,  eine  Abschrift  des  liber  trium  frairum^  die  ebenderselbe  sich  zu  sei- 
nem Privatgebrauch  angefertigt  hat.  Indem  ich  für  diese  Zusendungen  hier- 
mit öffentlich  meinen  Dank  abstatte ,  bedauere  ich ,  dass  ich  durch  dt^  un- 
angenehme Zusammentreffen  von  Umständen  zu  der  oben  erwähnten  Be- 
merkung gekommen  bin. 

Ich  entnehme  dem  besagten  Mauuscripte  noch,  dass  unser  liber  trium 
frairum  nur  die  sechs  ersten  Satze  des  im  Ganzen  19  Sätze  umfassenden 
Werkes  enthält  und  bis  auf  die  Einleitung  fast  wörtlich  gleichlautend  mit 
der  Basler  Handschrift.  Auch  möchte  ich  noch  bemerken,  dass  in  dem  Co- 
dex, der  das  liber  trium  frairum  enthält,  das  liber  carasionis  und  wahrschein- 
lich auch  der  Algorismus  proportionum  sich  vorfinden.  Auch  die  Abhandlung 
Thabii  ben  Corra's,  de  figura  sectore,  die  von  Steinschneider  falschlich 
mit  der  gleichnamigen  Abhandlung  des  Campanus  identificiert  wird,  findet 
sich  in  dem  Basler  Codex.  (F.  II,  33.) 

Weitere  Mittheilungen  über  dieses  Manuscript,  das  mir  auf  einige  Mo- 
nate zur  Disposition  stehen  wird ,  behalte  ich  mir  vor. 

Thorn,  d.  25.  Juli  1868.  Curtze. 


Königl.  Gymnasial bibliothek  zu  Thorn.  Von  Maximilian  Curtze.    101 


Anhang. 

Einige  Stellen  aus  dem  Algorismus  Broportionum  Magistri 

Nicolay  Orem  nach  der  Lesart  der  Handschrift  B«  4"?  2 

der  Königlichen  Oymnasialbibliothek  zu  Thorn. 


I.    Die  Einleitung:  Seite  82,  Zeile  5-21. 

VMa  media  debet  sie  scribi    —    vna  tertia  sie    -  I  et  due  tertie  sie 

et  sie  de  alijs  .  et  numenis  qui  sapra  nirgulam  dicitur  nnmerator  iste 

ucrn  qui  est  sub  nirgula  dicitur  denominator  €  Propurtio  dupla  scribitur  |  isto 
modo  2^f  et  tripla  isto  modo  3^f  et  sie  de  alijs.    Proportio  sesquialtera  sie 

Y^  .    Proportio  superpartiens  duas 


2 
3 


p.l 


1  .  2 


scribitur 

tertias  scribitur  sie 

bitur  sie 


et  sesquitertia  sie 


p  .  2 


1  •  3 


'»^  [oJ  «t « 


pars  duple  sesquialtere  scribitur  sie 


Proportio  dupla  superpartiens  duas  quartas  scri- 
sie  de  alijs.  |  Medietas  duple  scribitur  sie    ^-^  .    quarta 

et  sie  de  alijs.    Et  quecun- 


1  .p  .  1 


4.2-2 


que  proportio  rationalis  scribitur  per  suos  terminos  sev  j  numeros  minimos 

sicud  dicetnr  proportio .  13  .ad . 9 .  que uocatur  superpartiens  quatnor  nonas.  | 

2  .   . 

Similiter  proportio  irrationalis  sicud  medietas  superpartiens  .  3  .   scribitur 

sie.  Medietas  proportionis  |  .  5  .  ad  .  3*^  .  et  ita  de  alijs.  €  Omnis  proportio 
irrationalis  de  qua  nunc  est  mentio  (?)  |  denominatur  a  proportione  rationali 
taliter  quod  dicitur  pars  eins  aut  partes  sicud  dicendo  medietas  duple  {  aut 
tertia  pars  triple  uel  due  tertie  quadruple  vnum  patet  quod  in  denomina- 
tionis  flocoj  talis  proportionis  irrationalis  {  sunt  tria  scilicet  numerator  deno- 
minator et  proportio  rationalis  a  qua  denominatur  cuius  ista  |  irrationalis  dici- 
tur pars  aut  partes  sicud  cum  dicitur  una  medietas  duple  vnitas  est- numera- 
tor I  uel  loco  numeratoris  .  2  .  est  denominator  et  proportio  dupla  est  ista 
a  qua  ista  denominatur  et  |  ita  potest  patere  faciliter  de  alijs  €. 

U.    Regel  4:  Seite  88,  Zeile  9—42. 

€  Benominatorem  proportionis  irrationalis  propriflsime  assignare.  Pro 
isto  seien  dum  est  I  quod  proportio  rationalis  dicitur  primaria  que  non  potest 
diuidi  in  proportiones  rationales  equales  Et  est  ]  illa  inter  cuius  numeros 


102  Anhang. 

minimos  nuUus  est  numerus  medius  proportionalis  sev  numeri  {  medij  proportio- 
nales sicud  est  duplaauttriplaautsesqnialtera.  Sed  istauocatur  secundaria  que 
potest  I  sie  diuidi  et  inter  cuius  nnmeros  est  numerus  uel  numeri  medij  propor- 
tionales idestin  medio  loco  |  proportionales  sicud  sunt  quadrupla  que  diuiditur 
in  duas  duplas  et  octupla  in  tres  duplas.  Similiter  |  nonupla  in  duas  triplas 
et  sie  de  alijs  €.  Proposita  itaque  proportione  irrationali  qualibet.  Si  deno- 
minen^tur  |  partes  tunc  per  regulam  precedentem  fiat  quod  uocetur  pars  quo 
posito  uideatur  si  |  proportio  rationalis  a  qua  denominatur  sit  primaria.  Et 
si  sie  tunc  standum  est  quia  proportio  |  irrationalis  de  qua  est  sermo  est 
competentiBsitte  norainata  sicud  dioendo  vna  tertia  |  sextuple  uel  una  tertia 
duple  et  sie  de  alijs.  Si  uero  proportio  rationalis  a  qua  denominatur  sit 
secundaria  |  uideatur  quot  habet  proportiones  rationales  primarias  que  sunt 
eins  partes  equales.  Et  si  numerus  |  quotiens  istarum  partium  et  denomi- 
nator  proportionis  irrationalis  proposite  sunt  incommunicantes  standum  |  est 
in  tali  denominatione.  Sicud  si  dicatur  vna  medietas  octuple  talis  denomi- 
natio  estpropria.  |  quia  octupla  habet  tres  partes  equal es  rationales  scilicet  tres 
duplas  et  duo  est  denominator  |  proportionis  irrationalis  proposite  .  modo 
.  3 .  et .  2  .  sunt  numeri  incommunicantes  ideo  medietas  octuple  |  non  est  pars 
alterius  proportionis  rationalis  minoris  quam  octupla  quamuis  bene  partes 

sit  quia  medietas  |  octuple  est    r-^    sed  talis  denominatio  non  esset  pro- 

pria.  Si  autem  numerus  minor  |  primarum  partium  talis  proportionis  ratio- 
nalis sccuudarie  a  qua  denominatur  proportio  irrationalis  et  denominator  | 
ilHus  proportionis  irrationalis  que  est  pars  ipsius  sint  numeri  communican- 
tcs  tunc  accipitur  |  maximus  numerus  in  quo  communicant  et  per  ipsum  diui- 
dendus  est  vterque  illorum  et  diui|dendo  numeram  partium  proportionis 
secundarie  prouenit  numerus  proportionum  partialium  ex  quibus  |  componi- 
tur  proportio  rationalis  a  qua  denominatur  proportio  proprissime  proposita. 
Diuidendo  ucro  denominatorem  |  proportionis  per  eundem  maximum  nume- 
rum  prius  habitum  uenit  denominator  proportionis  irrationalis  |  proprissiinus 


3  .  p 


4  •  4 


tunc 


et  quesitus.    Verbi  gratia.    Proponatur  proportio  que  uocetur 

agendo  per  tertiam  regulam  patet  quod  ipsa  est  vna  quarta  proportionis. 
64^<*  Sed  quia  .  641*  |  componitur  ex  .  6  .  duplis  et .  6  .  qui  est  numerus  par- 
tium primariarum  istius  .  641®  et  |  .  4  .  qui  est  denominator  proportionis  pro- 
posite sunt  communicantes  in  .  2 .  ergo  diuidendo  |  .  6  .  per  .  2  .  exiet .  3  . 
igitur  proportio  proposita  est  pars  trium  duplarum  sev  pars  octuple.  Simi- 
liter di|uidendo  .  4  .  per  .  2  .  venit  .  2  .  igitur  proportio  proposita  est  vna 
medietas  .  patet  ergo  |  ex  hac  regula  quod  proportio  proposita  est  vna  me- 
dietas octuple  et  scribitur  sie    ^ 


P 

8 


Et  I  ista  est  eins  denominatio  com- 


petentior.  Eodem  modo  vna  duodecima  quatuor  triplarum  |  sev  81l^  est 
vna  tertia  triple  et  similiter  vna  quarta  sex  triplarum  est .  ^  .  trium  triplarum 
sev  27\*  etc. 


Anhang.  103 


III.    Regel  7-9:  Seite  84,  Zeile  29  -  Seite  85,  Zeile  26. 

€  In  additione  irrationalii  ad  irrationalem  et  subtraxione  irrationalia 
ab  irrationali  |  tont  renale  g^nerales  pro  quiboslibet  qoantitatibns. :  —  Sit 
itaqae  pars  nota  |  rei  notc  addcnda  parti  note  rei  note  nel  deoienda.  Verbi 
gratia.  Sit  |  .  c  .  pars  rei  .  a  .  et  .  d  .  sit  pars  rei  .  b  .  et  quod  .  c  .  denomi- 
netnr  nnmero  .  e  .  et  .  d  .  numero  .  f  •  |  Ducam  igitur  .  a  .  in  .  f .  idem  con- 
tinnabo  totidem  .  a  .  qnotns  est  |  numerus  .  f.  et  exibit  .  g  .  Similiter  ducam 
.  b  .  in  .  e  .  et  uenit  .  h  .  erit  ergo  .  c  .  pars  ipsius  |  .  g  .  secundum  nume- 
mm  qui  fit  ex  ductu  •  e  .  in  .  f .  et  secundum  eundum  nnmerum  erit .  d  .  pars 
ipsius  I  .']i  .  igitur  sicud  .  c  .  ad  <  g  .  ita  d  .  ad  .  h.  C  Addendo  igitur  sequi- 
tur  quod  sicud  .  c  .  ad  .  g  .  |  et  etiam  .  d  .  ad  .  h  .  ita  aggregatum  ex  .  e  .  et 
.  d  .  ad  aggregatum  ex  .  g  .  et .  b  .  ergo  additum  |  uel  aggregatum  .  c  .  d  .  est 
pars  aggregati  .  g  .  b  .  secundum  numerum  qui  fit  ex  ductu  |  .  e  .  in  .  f  . 
€  Sabtrahendo  uero  sequitur  Quod  si .  g  .  exlrabatur  ex  .  b  .  ant  e  contrario  ||| 
et  .  c  .  ex .  d  .  aut  e  contrario  residuum  erit  residui  tota  pars  quota  pars  .  c  . 
erat  |  ipsius  .  g  .  [aut  quota  pars  .  c  .  erat  ipsius  .  g  .]  aut  quota  pars  erat  . 
d .  ipsius  I  .  b .  et  hoc  est  secundum  numerum  qui  fit  ox .  e .  in  .  f.  [Exemplum 
in  additione],  Verbi  gratia  in  additione  proportionum  |  irrationalium.  Et  sit 
medietas  duple  addenda  cum  tertia  parte  triple  proportionis  .  continuabo  | 
ex  vna  parte  tres  duplas  ut  docet  prima  regula  et  hoc  facio  quia  alia  pro- 
poTtio  d^nominatur  |  a  ternario  et  dicitur  tertia  pars  et  ex  altera  parte 
ibidem  et  per  idem  continuabo  dnas  |  triplas  et  multiplicabo  denominationes 
partium  ynum  per  alterum  sev  .  2  .  per  .  3  .  et  uenit .  6  .  |  igitur  medietas 
duple  est  sexta  pars  trium  duplarum.  Et  similiter  tertia  pars  triple  est  sexta 
pars  I  duarnm  trip1ai*um  ergo  aggregatum  ex  medietate  duple  et  tertia  parte 
triple  estsextapars  { aggregati  ex  tribusdupHs  et  dnobus  triplis.  Etperprimam 
r^slam  patet  quod  tale  aggregatum  |  est  proportio  .  721*  scilicet.72  .ad.l « 
igitur  addendo  medietatem  duplß  proportionis  et  tertiam  partem  |  triple 
wnit  sexta  pars  proportionis.  721*  C  [Exemplum  in  subtraxione J.  Verbi  gra- 
tia in  subtraxione  proportionum  irrationalium.  |  Subtrabatur  medietas  duple 
proportionis  a  tertia  parte  triple.  Primo  igitur  subtrabatur  agjgregatum  ex 
tribus  duplis  ab  aggregato  ex  duobus  triplis  per  secundam  regulam  et  re- 
manet  |  sesquioctaua  igitur  subtrabendo  sextam  partem  a  sexta  parte  scilicet 
medietatem  duple  a  tertia  parte  |  triple  remanet  sexta  pars  sesquioctave.  Nam 
medietas  duple  est  sexta  pars  trium  |  duplarum  et  tertia  pars  triple  est  sexta 
pars  duarum  triplarum  igitur  subtrabendo  sextam  a  sexta  |  residui  quod  re- 
manet subtrabendo  totam  a  toto.  Et  hoc  est  facile  demonstrare  |  €  Si  antem 
partes  habenteandemdenoBiinationem.  Tuncproter  |  regulam  generalem  propo- 
sitam  potest  dari  facilior  regula  specialis  inta.  Quid  si  tertia  pars  .a.  |  addatur 
tertia  parti  .  b  .  exibit  tertia  pars  illius  quod  fieret  ex  additione  .  a .  ad  .  b  . 
Similiter  si  tertia  pars  .  a  .  subtrabatur  a  tertia  parte  .  b  .  remanebit  tertia 
pars  residui  |  quod  restat  per  subtraxionom  .  a  .  de  .  b.    Vt  si  dupla  addatur 


104  Anhang. 

triple  yenit  sextnpla  |  ergo  si  medietas  daple  addatnr  medietate  triple  venit 
medietas  sextuple.  Similiter  {  si  dupla  subtrahatur  a  tripla  remanet  sesqui 
altera  ergo  Si  tertia  duple  sabirahatnr  |  a  tertia  triple  remanet  tertia  pars 
sesquialtere  et  ita  de  alijs.  Additio  antem  |  probat  sabtraxionem  et  e  con- 
trario sicnd  in  alijs.  €. 

lY.  Die  Regel  des  zweiten  Tractates:  Seite  87,  Zeile  28  —  Seite  88,  Zeile  12. 

€  Adhuc  occurrit  alia  diffienltas  uel  utilitas  et  alias  modus  operanjdi 
sed  vna  regala  primiius  est  ponenda  et  est  ista.  Si  dnanun  remm  faerit  pro- 
portio  dajta  proportionem  qnamlibet  sibi  mnltiplicem  assignare«*  Sit .  a . 
malus  et  .  b  .  I  minus  et  eorum  proportio  data  sit  .  c  .  sitque  .  d  .  multiplex 
ad  .  a  .  secundum  numerum  .  e  .  |  sit  etiam  .  f .  multiplex  ad  .  b  .  secundam 
numemm  .  g  .  et  proportio  inter  .  g  .  et  .  e  .  sit  .  h  .  Si  igitur  |  nnmeri  .  e . 
et  .  g  .  sunt  eqnales  manifestum  est  quod  proportio  .  d  .  ad  .  f .  est  sicud 
proportio  .  a  .  |  ad  .  b  .  que  est  data.  Si  autem  .  e  .  est  maior  quam  .  g  . 
tunc  simul  addende  |  sunt  due  proportiones  .  c  .  et  .  h  .  et  proportio  ex  eis 
confecta  est  proportio  .  d  .  ad  .  f  .  quesita.  Verbi  gratia  |  Sit  .  c  .  sesqoial- 
tera  et  .  h  .  sesquitertia  et  quod  .  e  .  sit  .  4  .  et  .  g  .  3.  tunc  patet  quod  .  4 .  | 
a  .  excedunt  .  3  •  a  .  in  sesquitertia.  Et .  3  .  a  .  excedunt .  3  .  b  .  in  sesqui- 
altera  |  igitur  .  4  .  a  .  excedunt  .  3  .  b  .  in  proportione  composita  ex  sesqni- 
altera  et  sesquitertia  sev  in  |  dupla  igitur  .  d  .  excedit  .  f .  in  ista  propor- 
tione. Si  uero  e  contrario  .  g  .  fuerit  maior  quam  .  e  .  |  tunc  igitur  uel .  h  . 
e t  .  c  .  proportiones  sunt  equales  et  ergo  .  d  .  et  .  f  .  sunt  equalia  quoniam  | 
si  .  a  .  est  sesquialterum  ad  .  b  .  tunc  tria  .  c  .  sunt  equalia  duobus .  a.  Sed 
si  III  proportiones  .  c  .  et  .  h  .  sunt  inequales  et  sicud  prius  .  g  .  sit  maior 
numerus  quam  .  e  .  tunc  de  |  istis  proportionibus  subtrahenda  est  minor  n 
maiore  secundum  regulas  superius  positas  j  Et  proportio  residua  est  propor- 
tio .  d  .  ad  .  f.  Et  si  .  e  .  est  maior  quam  .  g  .  tunc  .  d  .  est  maios  |  quam 
.  f  .  Et  si  e  contrario  tunc  e  contrario.  Verbi  gratia.  Si,  c  .  est  proportio  ses- 
quialtera  et .  b  .  sesquitertia  |  tunc  tria  .  a  .  faciunt  magis  quam  .  4  .  b  .  quod 
patet  quia  .  3  .  a  .  ad  .  3  .  b  .  sunt  in  |  proportione  sesquialtera  Sed  .  4  .  b . 
ad  .  3  .  b  .  est  proportio  sesquitertia  ergo  tria  .  a  .  sunt  magis  j  quam  .  4  .  b  . 
per  proportionem  in  qua  sesquialtera  excedit  sesquitertiam  scilicet  per  ses- 
quioctavam  |  ergo  proportio  .  d .  ad .  f  .  est  sesquioctaua.  Eodem  modo  agen* 
dum  est  si  fuerit  e  contrario  |  scilicet  si  .  b .  sit  maior  quam  .  c  .  ut  si  .  h  .  sit 
sesquialtera  et .  c  .  sesquitertia  sed  tunc  j  euenit  e  contrario  scilicet  quod. f. 
erit  malus  quam  .  d  .  in  proportione  sesquioctaua  autem  prius  .  d  .  erat 
sicud  I  .  9  ,  et  .  f  .  8  .  nunc  autem  .  f .  est  nouem  et  .  d  .  8  .  et  similiter 
agendum  ejst  de  proportionibus  j  irrationalibus. 


vin. 

Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 

Von 

Gustav  Schubring, 

in  Hallü  a/S. 

Theilweise  schon  veröffentlicht  in  der  Zeitschrift  für  die  gesammten 
Naturwissenschaften  Bd.  XXVII.   S.  485—503. 


Hierzu  eine  Tafel  mit  8  Figuren. 

Die  im  ersten  Theile  der  „Akustik**  von  Chladni  gegebene  Dar- 
stellung der  Lehre  von  den  musikalischen  Intervallen  und  der  Tonleiter 
wird  noch  heute  von  den  meisten  Physikern  als  mustergültig  betrachtet 
und  in  den  Lehrbüchern  der  Physik  ziemlich  unverändert  vorgetragen; 
man  schliesst  sich  also  auch  fast  überall  der  Behauptung  an,  dass 
die  musikalische  Temperatur  eine  absolute  Nothwendigkeit  sei. 
Chladni  sagt  nämlich  (Akustik  S.  38 — 40),  die  Abänderung  der 
arithmetischen  „Reinigkeit**  der  Intervalle  auf  den  Ciavieren  und  andern 
Instrumenten  mit  festen  Tönen  geschehe  nicht  diesen  Instrumenten  zu 
Gefallen,  sondern  es  könnten  die  reinen  Intervalle  in  der  Musik  Über- 
haupt gar  nicht  angewendet  werden,  selbst  wenn  man  auf  allen 
Instrumenten  die  Intervalle  ganz  rein  hervorbringen  könnte.  Wenn 
man  nämlich  eine  Tonfolge  (Melodie)  ausführen  will,  so  hat  man  die 
Wahl  zwischen  folgenden  zwei  Möglichkeiten:  Entweder  man  führt  die- 
selbe so  aus,  dass  jeder  Schritt  einem  der  bekannten  Intervalle  genau 
gleich  ist  —  und  dann  behalten  die  Töne  nicht  das  richtige  Verhältniss 
zum  Grundtone;  oder  man  bringt  alle  Töne  ins  richtige  Verhältniss  zum 
Grundtone  —  und  dann  stehen  sie  untereinander  nicht  im  richtigen 
Verhältnisse.     Will  man  z.  B.  die  Tonfolge: 

c        —        f        —        d        —        g        —        c 

ausführen,  so  kann  man  entweder  die  Intervalle  derselben,  nämlich: 

Quarte;         kl.  Terz  Quarte  Quinte 

(aufst.)  (abst.)  (aufst.)  (abst.) 

sämmtlich   richtig   machen,    oder   man   kann   die    einzelnen  Töne  so  be- 


106  Die  Tonleiter  und  ihre-  Berechnung. 

# 

stimmen,  dass  sie  alle  zam  Grundton  das  richtige  Verhältniss  haben. 
Im  ersten  Falle  erhält  man  folgende  Schwingungszahlen: 

der  Ton  c  hat  also  am  Schluss  der  Tonfolge  die  Schwingungszahl  f^, 
während  er  am  Anfange  die  Zahl  1  hatte,  mithin  ist 'er  um  ein  kleines 
Intervall,  das  sogenannte  syntonische  Komma,  tiefer  geworden. 

Giebt  man  aber  zweitens  allen  Tönen  das  richtige  Verhältniss  zum 
Grundtone,  so  kann  man  ihnen  entweder  folgende  Schwingungszahlen 
beilegen : 

1.1.10.1.1    « 

oder  auch: 

1  .        4 .  « .         'A  .        1 

Bei  der  ersten  Art  der  Ausführung  ist  das  d  etwas  tiefer   und   die 

Quart  d  —  g  hat  das  Intervall  f  :  V  =  ^  =  4  '  1^ »  ^^®  ^^^  ^^^  ^^ 
ein  „ syntonisches  Komma ^^  zu  gross;  —  bei  der  zweiten  Ausftihmngs- 
art  aber  ist  das  d  etwas  höher  und  die  kleine  Terz  d  —  f  hat  das  In- 
tervall ^  :  ^  =  ^  =  f  •  tr»  ^*®  ^^  *1^®  ^™  ^^^  syntonisches  Komma 
zu  klein. 

Chladni  ist  nun  der  Meinung,  dass  in  einer  Melodie  weder  Aen- 
derungen  der  Tonhöhe  des  Grundtones  noch  solche  falschen  Intervalle 
voikommen  dürften,  er  hält  es  daher  für  nothwendig,  dass  zur  Erhaltung 
eines  brauchbaren  Tonsystemes  jedes  Intervall  etwas  von  der  genauen 
Stimmung  abweichen  müsste,  und  zwar  empfiehlt  er  die  sogenannte 
128tufige  gleichschwebende  Temperatur  als  das  beste  Ton- 
system auch  für  die  Instrumente,  auf  denen,  wie  bei  den  Geigen,  die 
Tonhöhe  ganz  beliebig  bestimmt  werden  kann.  —  Dieser  Deduction 
haben  sich  bis  jetzt  die  meisten  Physiker  angeschlossen  und  sie  sind 
daher  mit  Chladni  der  Meinung,  dass  die  Temperatur  der  musikali- 
schen Intervalle  nicht  zu  vermeiden  sei. 

Durch  die  gleichschwebende  Temperatur  wird  nun  leider  nur  die 
Forderung  erfüllt,  dass  die  Tonhöhe  des  Grundtones  constant  bleibt, 
aber  die  einzelnen  Töne  haben  weder  mit  dem  Grundtone  noch  unter 
sich  richtige  Verhältnisse,  so  dass  die  Accorde  durch  die  gleichscliwe- 
bende  Temperatur  wesentlich  in  ihrem  Wolklange  beeinträchtigt  werden. 
Die  gleichschwebende  Temperatur  ist  also  ein  schlechter  Ausweg  aus 
dem  obigen  Dilemma  und  man  hat  sie  auch  nur  darum  eingeführt  und 
beibehalten,  weil  man  sie  für  ein  noth wendiges  Uebel  hielt.  Dass 
sie  diess  nun  in  der  That  nicht  ist,  hat  Helmholtz  in  seiner  „Lehre 
von  den  Tonempfindungen"  nachgewiesen.  Helmholtz  verlangt 
näralich  -im  Anschluss  an  die  Hauptmann'sche  „Theorie  der  lEIar- 
monik  und  ^letrik*',  dass  alle  Töne  einer  Tonleiter  zum  Grundtobe 
die  durch  die  bekannten  Schwingungsztahlen  festbestimmten  Verhältnisse 


Von  Gustav  Schubring.  107 


habeu;  dabei  werden  natürlich  einige  Intervalle  zwischen  Tönen  der 
Tonleiter  nicht  die  einfachen  Verhältnisse  erhalten,  aber  das  ist  auch 
nach  der  Hanptmann'schen  Theorie  gar  nicht  nöthig  —  es  müssen 
sogar  nach  dieser  Theorie  in  jeder  Tonleiter  einige  Terzen  and  Quin- 
ten u.  s.  w.  falsch,  also  dissonant  sein.  In  C-Dur  müssen  z.  B.  die 
Quinte  d — a  und  die  kl.  Terz  d — f  um  ein  Komma  kleiner  sein,  als 
die  consonanten  Intervalle*  c  —  g  und  6  —  g;  die  obige  Tonfolge,  die 
sich  offenbar  in  C-Dur  bewegt,  muss  also  nach  Hauptmann  und 
Helmholtz  in  der  zuletzt  angegebenen  Weise  ausgeführt  werden.  Da 
aber  in  andern  Tonarten,  z.  B.  in  d-MoU  die  kleine  Terz  d  —  f  con- 
sonant  sein  muss,  so  muss  Helmholtz  bei  der  praktischen  Ausführung 
der  Haupt  man  n'schen  Theorie  mehrere  Töne  mit  dem  Namen  f  unter- 
scheiden, nämlich  den  von  Hauptmann  als  f  bezeichneten  Ton  mit 
der  Schwingungszahl  ^-^ ,  und  die  als  F  bezeichnete  reine  Quarte  ^. 
In  gleicher  Weise  muss  man  auch  bei  den  andern  Stufen  der  Tonleiter 
zwei  und  mehr  Töne  gleiches  Namens  unterscheiden. 

Durch  consequente  Durchführung  des  Haupt  man  naschen  Principes 
gelangt  nun  Helmholtz  zu  einem  sehr  reichhaltigen  Tonsystem,  dessen 
Töne  er  zwar  genau  bestimmt,  deren  Schwingungszahlen  er  aber  nicht 
angegeben  hat.  Es  dürfte  daher  von  Interesse  sein,  diese  Zahlen 
kennen  zu  lernen  und  mit  den  Zahlen  der  von  Chladni  angegebenen 
Tonleiter  zu  vergleichen;  ich  habe  nun  dieselben  im  Folgenden  be- 
Tjechnet  und  zur  besseren  Uebersicht  die  Logarithmen  derselben  hinzu- 
gefügt. 

Soll  nämlich  ein  Intervall  gefunden  werden,  welches  so  gross  ist 
als  zwei  Intervalle  zusammengenommen,  so  hat  man  deren  Schwin- 
gungszahlen mit  einander  zu  multipliciren;  soll  aber  das  Intervall 
gefunden  werden,  um  welches  zwei  gegebene  Intervalle  verschieden 
sind,  so  hat  man  den  einen  Bruch  durch  den  andern  zu  dividiren; 
di^se  Mnltiplicationen  und  Divisionen,  die  mitunter  recht  un- 
bequem werden  können,  verwandeln  sich  bei  Anwendung  der  Loga- 
rithmen in  Additionen  und  Subtractionen.  Die  Logarithmen  er- 
leichtem also  die  Rechnung  und  die  Uebersicht  über  die  gefundenen 
Resultate,  zumal  wenn  man  die  von  Opelt  („allgemeine  Theorie 
derMusik^^)  vorgeschlagene  graphische  Darstellung  der  Tonleiter 
zu  Hülfe  nimmt;  dieselbe  besteht  darin,  dass  man  auf  einer  Linie,  von 
einem  ihrer  Endpunkte  aus,  welcher  den  Grundton  (Schwingungs- 
zahl ==  1,  Logarithmus  =  0)  darstellt,  Strecken  abträgt,  die  den  Loga- 
rithmen der  einzelnen  Töne  proportional  sind. 

Die  Logarithmen  sind ,  soviel  ich  weiss ,  bei  der  Tonleiter  zuerst 
augewandt  von  Marpurg  („historisch-kritische  Beiträge  zur  Musik" 
V,  6.),  später  hat  Opelt  zu  demselben  Zwecke  Logarithmen  mit  der 
Basis  2  (erhalten  durch  Division  der  gemeiucn  Logarithmen  mit  0,30103'! 


108  Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 


verwendet  und  endlich  hat  Mach  in  der  „mansch au  liehen  Dar- 
stellung einiger  Lehren  der  musikalischen  Akustik*'  (diese 
Zeitschrift  1865)  sich  desselben  Mittels  bedient  zur  Herstellung  eines 
Modells  für  die  Obertöne,  auf  welches  ich  später  noch  einmal  zurück- 
kommen werde. 

Ich  werde  nun  im  Folgenden  neben  den  Schwingungszahlen  der 
Töne  des  Helmholt  zischen  Tonsystemes  'die  Logarithmen  derselben 
für  die  Basis  2  angeben,  —  ich  will  aber  des  bessern  Verständnisses 
wegen  zunächst  die  Principien  dieses  Systemes  auseinandersetzen  und 
beginne  dabei  mit  der  Entwickelung  der  Dur-  und  Molltonleiter 
aus  dem  Dur-   und  Mollaccorde. 

Die  Schwingungszahlen  der  Töne  des  Duraccordes  und  die  Lo- 
garithmen derselben  im  Logarithmensystem  2  sind  folgende: 


Töne 

Schwingun^szahlen 

Lop^arithmen 

Grundton 

1   —  1,00 

0,00000 

gr.  Terz 

i  -  1,25 

0,32193 

Quinte 

5  —  1,50 

0,58496 

Octave 

2  —  2,00 

1,00000 

^r.  Decime 

i  —  2,50 

1,32193 

Duodecime 

3  —  3,00 

l,5849(i 

2t e  Octave 

4  —  4,()0 

2,00000 

u.  s.  w. 

Man  sieht,  dass  die  Logaritlunen  aller  Octaven  des  Grundtones 
ganze  Zahlen  sind,  und  dass  die  Logarithmen  zweier  Töne,  welche  um 
eine  Octave  auseinander  liegen,  wie  z.B.  Quinte  und  Duodecime,  sich 
gerade  um  eine  Einheit  unterscheiden.  Da  es  nun  bei  der  Betrachtung 
der  Verhältnisse  einer  Tonleiter  nur  auf  Töne  innerhalb  einer  Octave 
ankommt,  so  hat  Opelt  die  vor  dem  Komma  stehende  Charakteristik 
der  Logarithmen  ganz  weggelassen  und  die  Decimalbruchstellen  wie 
ganze  Zahlen  hingeschrieben;  bei  kleinern  Intervallen  hat  er  die  in  den 
ersten  Stellen  sich  ergebenden  Nullen  mit  verzeichnet.  Ich  werde  diess 
Verfahren  nachahmen,  werde  aber  nicht  wie  Opelt  nur  3  Decimalstellen 
anwenden,  sondern  5,  weil  sonst  gewisse  kleine  Unterschiede  nicht 
sichtbar  werden;  ich  multiplicire  also  alle  Logarithmen  mit  100000. 

Im  Moll  dreiklang  tritt  statt  der  grossen  Terz  die  kleine 
ein;  das  Intervall  der  letztern  ist  aber  schon  im  Duraccord  vorhanden, 
nämlich  als  Intervall  zwischen  der  grossen  Terz  und  der  Quinte;  es  ist 
also  der  Logarithmus  der  kleinen  Terz  =  58196  —  32193  =  26303. 
Demnach  ergiebt  sich  für  den  Mollaccord: 

Töne  SchwinpfungTSzahlen       Logarithmen 

Grundton  1  =  1,0  0000<J 

kl.  Terz  ?  =  1,2  26303 

Quinte     .  .  if  =  1,5  58496 


Von  Gustav  Schübrino.  100 


In  Fig.  1.  sind  beide  Accorde  graphisch  dargestellt;  von  der  einen 
Seite  zeigt  die  Figur  den  Duraccord,  von  der  andern  den  Moll accord; 
—  um  auch  die  zwei  ümlagerungen  jedes  der  beiden  Accorde  (die  so- 
genannten Sexten-  und  Quartsexten  -  Accorde)  zu  zeigen,  sind  beide 
Accorde  bis  zur  Duodecime  fortgeführt^  Schneidet  man  diesen  Streifen 
aus,  so  kann  man  damit  eine  nach  demselben  Massstabe  (Octave  ==  100 
Millimeter)  gezeichnete  Tonleiter  untersuchen,  ob  sie  die  zur  Bildung 
der  Accorde  nöthigen  Töne  enthält.  Man  sieht  auch  an  dieser  Zeichnung 
ohne  weiteres,  wie  sich  die  grosse  und  kleine  Terz  zur  Quinte  er- 
gänzen, ferner  wie  die  Quinte  und  die  Quarte,  die  grosse  Terz  und 
die  kleine  Sexte,  ebenso  auch  die  kleine  Terz  und  die  grosse  Sexte 
zusammen  eine  Octave  ausmachen.  Wenn  daher  in  einer  Tonleiter  die 
Octaven,  Quinten  und  Terzen  richtig  sind,  so  sind  auch  die  Quarten 
und  Sexten  richtig;  man  braucht  also  dann  die  letztem  Intervalle  nicht 
noch  besonders  zu  untersuchen. 

Die  Durtonleiter  wird  nun  bekanntlich  gebildet  aus  drei  Dur- 
accorden,  nämlich  den  Accorden  des  Grundtones,  der  Quinte  und  dor 
Unterquinte,  d.  h.  des  Tones  zu  dem  der  Grundton  die  Quinte  bildet. 
Der  erste  Accord  wird  gebildet  vom  Grundton,  der  grossen  Terz  und 
der  Quinte,  der  zweite  von  der  Quinte,  der  grossen  Septime  und  der 
None,  der  dritte  von  der  Quarte,  der  grossen  Sexte  und  der  Octave. 
Setzt  man  für  die  None  die  um  eine  Octave  tiefere  Secunde,  so  erhält 
man  für  die  Durtonleiter  folgende  Bestimmungen: 


Töne 

Schwingnngszahleti 

Lograrithmen 

Grundton 

1  —  1 

00000 

Secunde 

* 

.^.f-l- 1,125 

16993 

gr.  Terz 

i  -  1,26 

32193 

Quarte 

2  . 1       ^        1,333  . . 

.       41504 

Quinte 

*=1,5 

58496 

gr.  Sexte 

2 

'  4  •  i  —  1  —  1>666  . . 

•       73697 

gr.  Septime 

|.|_y>_  1^875 

90689 

Octave 

2  —  2 

100000. 

Die  graphische  Darstellung  dieser  Tonleiter  ist  in  Fig.  2»  gegeben 
und  zwar  mit  den  Noten  der  C-Durtonleiter;  die  drei  Töne  tf,  a,  Ä, 
welche  in  den  drei  erwähnten  Accorden  die  Terzen  sind,  sind  nach  der 
Hauptmann- Hei mholtz'schen  Bezeichnung  mit  kleinen  Buchstaben 
geschrieben,  während  die  im  Quintenverhältniss  zu  einander  stehenden 
Töne  F  —  C  —  G  —  D  mit  grossen  Buchstaben  geschrieben  sind.  Setzt 
man  diese  Quintenreihe  fort,  so  kommt  man  zu  Tönen  A,  E  und  H  mit 

folgenden  Bestimmungen : 

Töne 
falsche  grosse  Sexte:     A 

Terz :      E 

Septime:  H 


n  n 


Schwinprungszahlen 

Lo(2^arithmen 

1  •*-  ü  -  1  -H 

75489 

?*•*-  H  -i  --H 

33985 

M  •  i[  -  i«  -  4' •  U 

^^^ÄV 

110  Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 


-..yfc  ^^   m.  ,. 


Man  »iehtj  dass  die  durch  Quinten  erhaltenen  Töne  alle  um  |^ 
höher  sind,  als  die  durch  grosse  Terzen  erhaltenen.  In  Logarithmen 
beträgt  dieser  Unterschied  01792.  Später  wird  sich  zeigen,  dass  diess 
nicht  nur  für  die  Töne  a,  e,  h  und  A,  E,  ff  gilt,  sondern  auch  von 
allen  andern  Tönen.  In  Fig.  2^  ist  die  C-Dur-Tonleiter  mit  den  Tönen 
A,  E,  ff,  statt  a,  e,  h  dargestellt,  also  in  der  Form  wie  sie  von  Py- 
thagoras  angegeben  worden  ist.  Durch  Vergleichung  dieser  letztem 
Tonleiter  mit  Fig.  1.  erkennt  man,  dass  dieselbe  keinen  richtigen  Dur- 
accord  enthält. 

Da  im  Folgenden  die  grossen  und  kleinen  Buchstaben  zur  Unter- 
scheidung der  durch  Quinten  und  grosse  Terzen  gefundenen  Töne  be- 
nutzt werden,  so  gebraucht  man  zur  Unterscheidung  von  Tönen  ver- 
schiedener Octave  andere  Zeichen.  Wenn  eine  solche  Unterscheidung 
nöthig  werden  sollte,  so  wende  ich  obere  und  untere  Indices  an,  so 
dass  z.  B.  a  die  höhere  Octave  von  a  bedeutet,  E,  aber  die  tiefere , 
Octave  zu  E, 

Für  die  Molltonleiter  geben  Hauptmann  und  Heimholt« 
gleichmässig  die  Regel,  dass  sie  aus  den  Mollaccorden  des  Grundtones 
und  der  Unterquinte,  und  dem  Dur  accord  der  Quinte  zu  bilden  sei. 
Dass  die  beiden  Theoretiker  verschiedene  Gründe  dafür  haben,  dass 
nicht  auch  von  der  Quinte  der  Mo  11  accord  zu  nehmen  sei,  ist  bei  der 
Berechnung  der  Schwingungszahlen  gleichgültig. 

Wir  bezeichnen  nun  mit  Helmholtz  die  kleine  Terz  von  C  durch 
es»  die  von  F  durch  äs  u.  s.  w. ;  dass  diese  Töne  nicht  mit  es  und  as 
identisch  sind,  werden  wir  später  sehen.  —  Während  also  die  C-Dup- 
tonleiter  gebildet  wird  aus  den  Tönen  der  Accorde: 

F  —  a  —  C'i    C—e—G:    G  —  h  —  D'\ 

ergeben  sich  für  die  Bildung  der  C-Molltonleiter  die  Accorde : 

F—ä}  —  C;    C—7s—G;G  —  h—D\ 

Die  Molltonleiter  unterscheidet  sich  mithin  von  der  Durtonleiter  nur 
durch  die  kleine  Terz  und  kleine  Sexte  ;^  es  muss  aber  bemerkt  werden, 
daSs  häufig  (in  aufsteigender  Richtung)  auch  die  grosse  Sexte  (a)  statt 
der  kleinen  {as)  —  und  dass  ferner  (in  absteigender  Richtung)  statt  der 
grossen  Septime  (ä)  die  kleine  (6)  als  kleine  Terz  der  Quinte  eintritt. 
—  Die  bei  der  Durtonleiter  noch  nicht  angegebenen  Intervalle  der  MoU- 
tonleiter  sind  daher  folgende: 

Töne  Schwingirngszahlen    Logarithmen 

kleine  Terz  es  f  =  1.2       2630S 

kleine  Sexte  äs        i  *  |  =  ^  =  1»6       67807 
kleine  Septime  ft       ^  .  |  =  «  =  1,8       84800 

Fig.  3*  zeigt  die  Molltonleiter  nach  den  eben  angegebenen  Be- 
stimmungen,   die  kleine   Septime   und   grosse   Sexte   sind   als   Hülfstöne 


Von  Gustav  Schubbing.  111 


nur  pnnktirt.  Wollte  man  aber  die  kleinen  Terzen  der  drei  Accorde 
nach  Pjthagoras  durch  Quinten  bestimmen,  so  würde  man  die  in 
Fig.  3^  angegebeneil  Werthe  erhalten,  nämlich: 

Töne  SchwinguDgszahlen         Logarithmen 

falsche  kleine  Septime   B      :|.|=t^=^.f^-      83007 
„       Terz  Es  ^  .  |  ^  fjf  =  |  .  §^      24511 

„       Sexte  As        ^  .  :^  =  ^^h  =  |  .  ^j      66015 

Die  durch  kleine  Terzen  gefundenen  Töne  sind  also  um  das  In- 
tervall ^  höher  als  die  gleichnamigen  durch  Quintegi  gefundenen, 
während  die  durch  grosse  Terzen  um  dasselbe  Intervall  tiefer  waren, 
man  darf  dieselben  also  nicht  identificiren ,  wie  es  Hauptmann  thut. 

Nun  sind,  wie  man  leicht  übersieht,  nicht  nur  die  Töne: 

As  —  Es^B  —  F— C— G  —  D  —  Ä  —  E—  H .  .  .  . 

untereinander  richtige  Quinten,  sondern  es  bilden  auch  die  Töne: 

und- in  gleicher  Weise 

•  •  •  •  as  ^"^  6s  ~~^  0  *  *  •  * 
Reihen  von  richtigen  Quinten. 

Ferner  sind  nicht  nur  die  Intervalle : 

.  ,  ,  .  F  —  a;    C  —  e;    G  —  ä.... 

richtige  grosse  Terzen,  sondern  auch: 

»  -  -  '  as  —  ^'    CS  —  ^*     b  —  /)..,. 

Endlich  haben  wir  auch  zweierlei  kleine  Terzen,  nämlich  erstens: 

,  ,  ,  .  a  —  (/;    e  —  G;    h  —  J)  ,  ,  .  , 

und  zweitens: 

,  .  ,  .  F  —  as''     ^  —  es  i    ^  —  ^  .  .  .  . 

Wir  können  jetzt  von  den  Tönen,  die  mit  grossen  Buchstaben  ge- 
schrieben sind,  Dur-  und  Mollaccorde  construiren;  von  den  Tönen, 
die  mit  kleinen  Buchstaben  geschrieben  sind,  aber  nur  Mollaccorde; 
will  man  von  diesen  auch  Duraccorde  bilden,  so  braucht  man  dazu  nocli 
eine  vierte  Reihe  von  Tönen,  welche  untereinander  wieder  richtige 
Quinten  bilden  und  die  grossen  Terzen  zu  den  kleinen  Buchstaben 
sind.  Helmholtz  bezeichnet  diese  Töne  durch  unterstrichene  grosse 
Buchstaben : 

B—F—C—G—P^A—R 

Man  kann  sich  leicht  davon  überzeugen,  dass  diese  Töne  abermals 
um  das  Komma  ^\  tiefer  sind,  als  die  gleichnamigen  Töne  der  Reihe, 
die  mit  kleinen  Buchstaben  geschrieben  ist,  gerade  so,  wie  diese  Töne 
um    W    tiefer     sind     als    die     mit    grossen     Buchstaben    bezeichneten. 


112  Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 

Mit  Hülfe   der  Töne   dieser  Keihe  können    wir   nun    noch    die    grossen 

Terzen : 

.  .  ,  .  as  —  C';    es  —  G ;    b  —  ^  .  .  .  . 

und  die  kleinen  Terzen: 

.  .  .  ,  F  —  as:    ([  ^-  es:    G  —  b  .  .  .  , 
bilden. 

Wir  haben  also  jetzt  4  Quintenreihen,  von  denen  die  Töne  einer 
jeden  um  ein  Komma  tiefer  sind,  als  die  gleichnamigen  Töne  der  fol- 
genden.    Die  höchsten  Töne  sind  enthalten  in  der  Keihe : 

•  ...6  —  f  —  c  —  g  —  d  .... 

dann  kommen  die  gleichnamigen  Töne  der  Reihe: 

,  .  ,  ,  ß  —  F  —  C  • —  G  —  //.,,, 
darauf : 

....6  —  f  —  c  —  g  —  (/.... 

und  endlich  die  tiefsten: 

B—F-^C—G  —  D 

Man  sieht,  dass  der  Strich  über  einem  kleinen  Buchstaben  den  Ton 
um  2  Kommata,  d.  h.  um  (|-t)^  oder  in  Logarithmen  um  03588  erhöht; 
ein  Strich  unter  einem  grossen  Buchstaben  aber  bedeutet  eine  Er- 
niedrigung um  dasselbe  Intervall.  —  Zur  Bildung  von  grossen  und 
kleinen  Terzen  gehören  immer  Töne  aus  2  benachbarten  Reihen,  wie 
man  am  einfachsten  aus  der  folgenden  Zusammenstellung  der  möglichen 
Dur-  und  Mollaccorde  sieht.  Man  kann  nämlich  Durac  cor  de  von 
folgenden  Formen  bilden: 

1)  f —  A  —  c';    c  —  E  --  'ij'^    7  —  //  —  (/'  n.  s.  w. 

2)  F  —  a  —  C-,     C  —  r  —  6';     G  —  h  —  //     u.  s.  w. 

W)       f  — '  A  c    \      C  K g-^        (j  //—  (/'       U.S.   W. 

Die  Mollaccorde  aber  nehmen  folgende  Gestalten  an: 

1)  C^  —  es  —  G  \     A,  —  c  —  F    u.  s.  w. 

2)  c  —  Es  —  (/ ;     rt,  —  C  —  e     u.  s.  w. 

3)  ^'  —  es  —  ^  ;     A^  —  c  —  F     u.  s.  w. 

,      Unter  Beobachtung   der    oben    für   die  Bildung   der  Dur-   und  Moll 
tonieitern  angegebenen  Regeln  kann  man  aus  den  Tönen  jener  4  Reihen 
dreierlei  Dur-  und  zweierlei  Molltonleitern   bilden,  —   nämlich 

a)  Durtonleitern : 

1)  c^  dt  F^  /',  gy  A,  H,  c  • 
4)  6\  />,  e,  F,  G,  rt,  h,  C. 
3)    c,    d,  E^  f,  g,  A^  //,  c\ 

b)  Molltonleitern: 

1)  C,  />,  es  y  F,  (r,  asy  //,  C 

2)  c,    </,    Es,  f,  g,  As,   //,  c. 


Von  Gustav  Schubring.  113 

Da  man  nun  auf  Ciavieren  und  den  andern  Tastaturinstrumenten 
nicht  soviel  Töne  anbringen  wollte,  als  zum  absolut  reinen  Spiel  nöthig 
sind,  so  identificirte  man  nicht  nur  alle  Töne  gleiches  Namens,  sondern 
auch  noch  eis  mit  des  etc.,  so  dass  man  in  der  Octave  nur  die  be- 
kannten 12  Tasten  übrig  behielt.  Nach  mancherlei  vergeblichen  Ver- . 
suchen,  einige  Tonleitern  rein,  andere  falsch  zu  stimmen,  kam  man  zu 
der  Ueberzeugung ,  dass  für  ein  12stufiges  Tonsystem  die  sogenannte 
gleichschwebende  Temperatur  immer  noch  das  beste  Auskunfts- 
mittel ist.     Man   theilte  also  die  ganze  Octave  in  12  gleiche  Intervalle, 

von    denen  jedes   das    Schwingungsverhältniss    1:^2  =  1:1,05946 

hat,  der  Logarithmus  desselben  ist  08333,  oder  in  der  eigentlichen 
Form  (s.  S.  108)  als  Decimalbruch  mit  der  Charakteristik  geschrieben: 
0,08333  ....  =  -jly.  Die  Schwingungszahlen  der  einzelnen  Töne  der 
-gleichschwebenden  Temperatur  sind  die  Potenzen  von  y2  ,  dieselben 
können  bei  Chladni,  Wüllner,  Eisenlohr  u.  s.  w.  nachgesehen 
werden ;  die  Logarithmen  derselben  aber  sind  die  Vielfachen  von 
08333  . .  . ,  welche  anzugeben  wohl  nicht  nöthig  ist  Dagegen  gebe 
ich  in  Fig.  4.  die  graphische  Darstellung  der  gleichschwebenden  Tem- 
peratur; schneidet  man  diese  Figur  aus  und  vergleicht  sie  mit  Fig.  2. 
und  3.,  so  kann  man  die  Fehler  der  gleichschwebenden  Temperatur 
leicht  erkennen.  Ich  habe  alle  diese  Fehler  berechnet  und  in  der  fol- 
genden Tabelle  ipit  ihren  Logarithmen  zusammengestellt.  Die  Werthe 
der  Fehler  sind  durch  Kettenbrtiche  auf  möglichst  kleine  Verhältniss- 
Zahlen  reducirt ;  wenn  der  temperirtc  Ton  zu  hoch  ist,  steht  die  grössere 
Zahl  vorn,  und  vor  dem  Logarithmus  ein  Pluszeichen;  ist  der  temperirte 
Ton  zu  niedrig,  so  steht  die  kleinere  Zahl  vorn  und  vor  dem  Loga- 
rithmus ein  Minus.  —  Als  normale  Intervalle  betrachte  ich  die  oben 
bei  den  beiden  Tonleitern  angegebenen,  als  normalen  halben  Ton  aber 
das  Intervall   15  :  16,  wie  z.  B.  e  —  F. 


Intervnlle 

Vii 

'hier 

angeimiicrt 

in  Logurithnii'n 

Halber  Ton 

147  : 

148 

—  00978 

Secunde 

442  : 

443 

00326 

kl.  Terz 

121  : 

122 

01303 

gr.  Terz 

127  : 

126 

+  01140 

Quarte 

885  : 

886 

+  (J01(>3 

Quinte 

886  : 

885 

—  (K)163 

kl.  Sexte 

126  : 

127 

—  01140 

gr.  Sexte 

122  : 

121 

+  01303 

kl.  Septime 

98  : 

99 

-  01467 

gr.  Septime 

148  : 

117 

+  00978 

Zur  praktischen  Ausführung  der  gleichschwebend  -  temperirten  Stim- 
mung    benutzt    man    bekanntlich     den     sogenannten    „  Q"l"tencivk<^\'\ 

Zeilsiolirifl  I.  iMnthenialik  u.  Physik.    (Siipplciii.)  ^ 


114  Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 

d.  h.  man  stimmt  von  einem  Grundtone  ausgebend  12  Quinten  mit  dem 
eben  angegebenen  Felder  ab,  dadurch  gelangt  man  genau  zum  Grund- 
tone oder  eigentlich  zur  7.  Octave  desselben.  Man  kann  sich  davon 
am  leichtesten  auf .  folgende  Weise  tiberzeugen :  der  Logarithmus  der 
temperirten  Quinte  (in  der  unverkürzten  Form  geschrieben)  ist  gleich 
j3^  =  0,5833333  ... ,  den  Logarithmus  der  12.  Quinte  erhält  man  durch 
Multiplication  mit  12,  er  betragt  also  genau  7,  und  diess  ist  in  der 
That  der  Logarithmus  der  7.  Octave.  In  gleicher  Weise  erhält  man 
.durch  12  absteigende  Quinten  einen  um  7  Octaven  tiefer  liegenden 
Ton  —  ferner  durch  3  aufsteigende  grosse  Terzen  (Logarithmus  =  ^^  =  ^ 
oder  4  aufsteigende  kleine  Ter^^en  (Logarithmus  =  -^^  =  ^  die  höhere 
Octave  des  Grundtones. 

Da  die  halben  Tonstufen  der  gl eichsch webend  temperirten  Scala 
alle  einander  gleich  sind,  so  ist  dieselbe  für  alle  Tonarten  gleich  gut, 
oder  vielmehr  gleich  schlecht  —  denn  wenn  man  auch  von  dem  grossen 
.  Fehler  in  der  kleinen  Septime,  als  einer  fast  nur  in  dissonanten  Ac- 
corden  vorkommenden  Note,  absieht,  so  bleiben  doch  noch  die  nicht 
unbedeutenden  Fehler  in  den  temperirten  Terzen  und  Sexten,  welche 
(nach  den  Ilelmholtz'chen  Untersuchungen  über  den  Grad  des  Wol- 
klanges der  einzelnen  Accorde)  durch  ihre  Schwebungen  und  falschen 
OonibinationstÖne  ziemlich  störend  wirken,  zumal  bei  den  lang  ausge- 
haltenen Tönrn  der  Orgel  und  des  Xlarmoniums.  JTelmholtz  bat 
daher,  zunächst  für  seine  Untersuchungen,  auf  Grund  des  oben  be- 
schriebenen Tonsystems  ein  Harmonium  mit  mehreren  Manualen  nach 
reinen  (Quinten  und  Terzen  einstimmen  lassen,  und  die  Accorde  des- 
selbon  .so  viel  wolklingender  gefunden,  dass  z.  B.  die  Septimenaccorde 
nngefähr  den  Dnraccorden  der  temperirten  Scala  an  Wolklang  gleich- 
kommen. Er  empfiehlt  daher  den  Musikern  dergleichen  Instrumente 
sehr,  besonders  zum  Gebrauch  bei  der  Gesangbegleitung. 

Sämmtliclie  Töne  der  oben  angegebenen  4  Reihen  würden  sich 
nun  schwerlich  auf  einem  Instrumente  mit  festen  TJinen  anbringen 
lassen;  es  ist  aber  auch  gar  nicht  nöthig,  alle  jene  Töno  wirklich  ein 
zeln  herzustellen,  denn  bei  der  Berechnung  der  Schwingungszahlen  und 
Logarithmen  wird  sich  zeigen,  dass  eine  ganze  Anzahl  von  Tönen  je 
zweier  Reihen   fast  genau  übereinstimmen. 

Nach  diesen  Auseinandersetzungen  komme  ich  endlich  dazu,  dit^ 
oben  (S.  108)  versprochene  Berechnung  der  4  Quintenreihen  des  Ilehn- 
holtz'schen  Systems  durchzuführen.  Ich  gehe  aus  von  C=  1  und  be- 
rechne zunächst  von  diesem  Tone  12  aufsteigende  und  12  absteigende 
(Quinten ,  also  einen  sogenannten  auf-  und  absteigenden  „  Quinten- 
cirkel*',  wie  er  z.  B.  schon  von  Chladni  (Akustik  S.  42)  berechnet 
ist;  ich  ^\\^^.  aber  zur  bessern  Vergleichung  mit  den  Tönen  der  andern 
Quintenreihen  die  Werthe  der  von  Chladni  angegebenen  gewöhnlichen 


k 


Von  Gustav  Schubring. 


115 


BrücLe  in  Decimalbrüchen  und  ihre  Logarithmen  hinzu.  Die  .Decimal- 
brüche  sind  bei  dieser  und  den  übrigen  aufsteigenden  Quintenreihen 
a1]e  endliche,  aber  sie  sind  meistens  abgel^ürzt,  was  durch  einen  Punkt 
hinter  denselben  bezeichnet  ist;  in  den  absteigenden  Reihen  sind  die 
Decimalbrüche  unendliche  periodische,  aber  nur  bei  wenigen  konnte  die 
ganze  Periode  angegeben  werden  (durch  .  .  .  bezeichnet),  die  übrigen 
sind,  wie  auch  die  Logarithmen,  nach  den  gewöhnlichen  Regeln  abgekürzt. 


Reihe  I. 

a)    aufsteigend. 

Töne 

SchwingungHzahlen 

Logarithmen 

C 

1   —   1. 

00000 

G 

*  =  1,5 

58496 

D 

1  -  1,125 

16993 

A 

^  -  1,6875 

75489 

E 

il  —  1,265625 

33985 

H 

141  —  1,898438. 

92481 

Fis 

^^  —  1,423828. 

50978 

Cis 

i^  -  1,067871. 

09474 

Gis 

m\  -  1,601807. 

67970 

Bis 

11411  -  1,201355. 

26466 

Ais 

Iffll  -  1,802032. 

84963 

Eis 

HfHi         1,351524. 

43459 

Bis, 

Mi44i  -  1,013643. 
b)    absteigend. 

01955 

Töne 

Schwin^ungsziihlen 

Logaiithmen 

C 

1    —   1 

00000 

F 

1  —  1,333333  . 

. .      41504 

B 

^  —  1,111111  . 

.  .      83007 

Es 

^  —  1,185185  . 

.  .      24511 

As 

y^  —  1,580247.. 

66015 

Bes 

MI  —   1,053498. 

-      07519 

Ges 

i^^   —  1,404664. 

49022 

Ces 

illf  —  1,872885. 

90526 

Fes 

HH          1,248590. 

32030 

Bh 

?HI^  -  1,664787. 

73534 

Eses 

IMH  -  1,109858. 

15037 

Ases 

ffHH  -  1,479810. 

56541 

Beses 

VyiWl*^  -  1,973081. 

98045 

Man  sieht  leicht,  dass  die  Schwingungszahlen  der  auf-  und  abstei- 
genden Reihe  umgekehrte  Werthe  zu  einander  sind,  wenn  man  die 
Tune    der  aufsteigenden  Reihe  eine  Octave  tiefer,    oder  die  der  abstei- 

8* 


116 


Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 


genden  um  ©ine  Octave  höher  nimmt;  denn  es  ist  z.  B.  G  =  ^  :  F,  =  ^\ 
J)  ^==:  ^  :  B,  =  ^  u.  s.  w.;  die  Logarithmen  dieser  Töne  ergänzen  sich 
in  Folge  dessen  zu  100000. 

Graphisch  dargestellt  sind  beide  „Quintencirkel"  in  Fig.  5.;  der 
aufsteigende  in  5^  der  absteigende  in  ö^.  Durch  Vergleichung  mit  der 
ausgeschnittenen  Fig.  1.  überzeugt  man  sich  leicht,  dass  aus  diesen 
25  Tönen  kein  Duraccord  aufgebaut  werden  kann,  dazu  braucht  man 
eben  noch  die  Töne  der  Reihe  e — h — fis...y  welche  im  Folgenden  be- 
rechnet ist;  eine  besondere  vollständige  graphische  Darstellung  derselben 
scheint  mir  aber  nicht  nöthig  zu  sein,  da  iu  Fig.  6.  die  meisten  Töne 
aller  4  Reihen  dargestellt  sind. 

Reihe  11. 

a)   aufsteigend: 


Töne 

Schwin(i:angs£ahlen 

Logarithmen 

e 

1,25 

32193 

h 

V  - 

1,875 

90689 

fis 

a- 

1,40625 

49185 

eis 

m- 

1,054688. 

07682 

gis 

m- 

1,582031. 

66178 

dis 

{m  = 

1,186523. 

24674 

ais 

im- 

1,779785. 

83170 

eis 

wvw  - 

1,334839. 

41667 

his, 

um- 

1,001129. 

00163 

fisis 

nm  = 

1,501694. 

58659 

eisis 

mm  - 

1,126270. 

17155 

yisis 

^o''£Viis     -  ■ 

1, 689400. 

75652 

disis 

'mvm  - 

1,267054. 

34148 

b)    abs 

teigend : 

Töne 

Schwingiinjrszahlen 

Logarithmen 

e 

1,25 

32193 

a 

ir         ^ 

1,666666  .  . 

.      73697 

d 

1  0     -        1 

1,111111  .. 

15200 

y 

^_  1 

1,481481  . . 

56704 

c 

W  -  J 

1,975309. 

98208 

f 

m-  1 

1,316872. 

39712 

b 

'f^"  - 1 

1,755830. 

81215 

es 

tm  - 1 

1,170553. 

22719 

as 

mv  -  ■ 

1,560738. 

64223 

des 

IWN^                ^ 

1,040492. 

05726 

ges 

mn  -  3 

L,387322. 

47230 

ees' 

mm  -  ^ 

1,849763. 

88734 

fes 

mm  -  ^ 

[,233175. 

30238 

Von  Gustav  yciiiiHuiNO. 


117 


Die  Töne  der  Reihe  II.  bind  die  grossen  Terzen  der  ent- 
sprechenden Töne  der  Beihe  I.;  als  Reihe  III.  berechne  ich  die  Töne, 
welche  wieder  zu  denen  der  Reihe  II.  grosse  Terzen  sind;  dieselben 
sind  nach  dem  Obigen  zu  bezeichnen  durch  unterstrichene  grosse 
Buchstaben;  die  grosse  Terz  des  Tones  e  heisst  also  Gis  und  die  Schwin- 
gungszahl  dieses  Tones   ist   {^^  =  f|,   der  Logarithmus  aber 

2 . 32193  =  64386. 


Reihe  111. 

• 

a)   aufsteigend: 

Töne 

SchwingungBzahlen 

Logarithmen 

Gis 

^  —  1,5625 

64386 

ih's 

^  -  1,171875 

22882 

Ais 

IJI  —  1,757813. 

81378 

Eis 

^  —  1,318359. 

39874 

His 

m^  =  1,977539. 

98371 

Fisis 

JHrtI  =  1,483154. 

56867 

Cisis 

USM  =  1,112366. 

15363 

Gisis 

Wtii  =  1,668549. 

73859 

Disis 

Iff^  _  1,251412.- 
u.  s.  w. 

b)    absteigend: 

32356 

Töne 

Schwin^np^szahlen 

Logarithmen 

Gis 

f^  —  1,5625 

64386 

Cis 

^  —  1,041666  . . 

.  .       05889 

Fis 

^  —   1,388888  . 

47393 

H 

^  —   1,851851  . 

.  .       88897 

E 

yijD  —  1,234568. 

30401 

A 

^  -  1,646091. 

71904 

D 

4*  —  1,097394. 

13408 

G 

4J|^  —  1,463192. 

54912 

C 

^^^  -  1,950922. 

96415 

U.    8.    W. 

Der  Ton  ^  dieser  Reihe  hat  also  die  Schwingungszahl  ^^^y=  (|f)' 
folglich  ist  er  in  der  That  um  zwei  Komma  tiefer  als  der  Ton  C  in 
Reihe  I.,  und  ein  Komma  tiefer  als  der  Ton  c  in  Reihe  II.,  welcher 
die  Schwingungszahl  ^  hfit. 

Wir  kommen  jetzt  zur  Berechnung  der  letzten  Reihe,  welche  die 
durch  überstrichene  kleine  Buchstaben  bezeichneten  Töne  enthält;  die- 
selben sind  um  ein  Komma  höher  als  die  durch  grosse  Buchstaben  be- 
zeichneten Töne.  Sie  bestimmen  sich  nämlich  dadurch,  dass  die  Töne 
der  Reihe  I.  grosse  Terzen  der  entsprechenden  Töne  dieser  Reihe  sind, 


118 


Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 


es   muss   also   as,   die   SchwinguDgszahl   |    haben,    folglich    ergiebt   sich 
^  =  I  Ä=  1,6  und  der  dazu  gehörige  Logarithmus  ist: 

100000  —  32193  =  67807. 


Eelhe  lY. 

a)   aufsteigend: 

Töne 

Schwingangszahlen 

Logarithmen 

as 

i  -  1.6 

67807 

es 

l  -  1.2 

26303 

b 

\         1,8 

84800 

7 

H  -  1.35 

43296 

c 

U  -   1.0125 

01792 

y 

m  —  1,51875 

60289 

d 

^  —  1,139063. 

18785 

a 

HH  -  1,708594. 

77281 

e 

-^^e  -   1,281445. 

35777 

h 

\%^         1,922168. 

94274 

fis 

^H^  =  1,441626. 

52770 

eis 

Wmi  =  1.081220. 

11266      . 

gis 

|44ü^         1,621830. 
u.  s.  w. 

b)    absteigend: 

69762 

Töne 

Schwingangssahlen 

Logarithmen 

US 

f  -  1,6 

67807 

des 

If  —  1,0666666... 

09311 

f/es 

^{  —  1,4222222  ... 

50815 

ces 

IM  —  1,8962962... 

92318 

fes 

ni  —  1,2641976. 

33822 

U.    8.    W. 

Es  erscheint  mir  überflüssig,  diese  Keihe  noch  weiter  zu  berechnen. 
Man  sieht  übrigens,  dass  die  Zahlen  in  IV*  die  umgekehrten  Werthe 
sind  von  denen  in  TP,  und  die  in  IV**  die  umgekehrten  Werthe  von 
denen  in  II* ;  wenn  man  nämlich  die  Töne  in  die  entsprechenden 
Octaven  verlegt,  so  hat  man  c  =  ^  :  ^s,  =  i  ]  ^/  =  ii  '•  des  =  {f ; 
ö  =  1^  •  ^/  =  i  u.  8.  w.  Die  Logarithmen  dieser  Töne  ergänzen  sich 
natürlich  zu  100000.  Die  beiden  Reihen  IL  und  IV  verhalten  sich 
also  zu  einander  so,  wie  die  beiden  Hälften  der  Reihe  I.  Um  die  um- 
gekehrten Werthe  der  Zahlen  in  Reihe  III.  zu  erhalten,  würde  man  die 
Töne  berechnen  müssen,  welohe  abermals  um  ein  Komma  höher  sind, 
als  die  Töne  in  Reihe  IV.,  oder,  was  dasselbe  sagt,  welche  um  zwei 
Kommata  höher  sind  als  die  Töne  in  Reihe  I.,  sie  würden  also  unserer 
bisherigen  Bezeichnung  entsprechend  durch  grosse  Buchstaben  mit  einem 
Strich   darüber  zu  bezeichnen   sein.     Dem  Tone   Gis  =  f^,    weichet 


Von    0U8TAV    SCHUHkING.  .  110 

eine  grosse  Terz  höher  ist  als  e  und  den  Logarithmus  64;j86  hat,    ent- 
spricht  dann  als  umgekehrter  Werlh   ein  Fes ^  =  ^g,    oder  eine  Octave 

höher:  Fes  =  i\  =  Vhlj  '  (H)'  =  ^U  '  vi  >   welcher  Ton  eine   grosse 

Terz  tiefer  ist  als  as  =  ^  nnd  den  Logarithmus  35614  hat.  In  dieselbe 

(fünfte)   Quintenreihe   gehören   z.  B.   noch   folgende   Töne,  welche   alle 
innerhalb  der  Octave  C  =  1  bis  C  =  2  liegen : 

aufsteigend :    Cfs'  =  ^i  log  ==  94111 

Ge's  =  M  Ö2637 

Des  =  II  11102  u.  s.  w. 

absteigend:     Bb    =W  77118  u.  s.  w. 

Diese  Töne  würden  sich  mit  denen  der  Reihe  IV.  in  folgender 
Weise  zu  Accorden  verbinden  lassen: 

a)  Duraccorde:  Fes  —  as  —  Ces\  Ces — es  —  G^;    u.  s.  w. 

b)  Mollaccorde:  ^ — Bb  —  des'i    des  —  /W  —  ^is\   u.  s.  w. 

Wenn  man  aber  grosse  Buchstaben  mit  Strichen  darüber  zu  einer 
fünften  Quintenreihe  benutzt,  so  kann  man  auch  unterstrichene  kleine 
Buchstaben  anwenden,  zur  Bezeichnung  einer  sechsten  Keihe  von 
Quinten,  deren  Töne  jedesmal  um  zwei  Kommata  tiefer  sind,  als  die 
gleichnamigen  Töne  der  Keihe  IL  oder  um  ein  Komma  tiefer  als  die 
Töne  der  Reihe  III.  In  diese  Reihe  gehört  z.  B.  der  Ton  his^  welcher 
als  grosse  Terz  von  Gis  =  {^)^  die  Schwingungszahl  (-J^)^  =  y^*  ßr* 
hält,  von  diesem  Ton  aus  kommt  man  durch  absteigende  Quinten  zu 
den  Tönen:  his  =   i^i^^  log  =  96578 

ejs  =   y^  38082 

ms=   1^  79586 

dis  =  IJI  21090  u.  s.  w. 

Diese  Töne  geben  mit  denen  der  Reihe  III.: 

Duraccorde  von  der  Form  Gis— his — Dis'   u.  s.  w. 

und  Mollaccorde  von  der  Form  eis — Gis  —  his     u.  s.  w. 

Es  geht  hieraus  hervor,  dass  man  auf  diese  Weise  eine  unend- 
liche Anzahl  von  Tönen  bestimmen  kann,  weil  man  erstens  jede  Reihe 
beliebig  weit  fortsetzen  und  zweitens  beliebig  viele  Reihen  bilden  kann; 
man  hat  dann  nur  2  oder  mehr  Striche  über  oder  unter  die  Buchstaben 
zu  setzen.     Ich  komme  hierauf  weiter  unten  noch  einmal  zurück. 

Zur  Herstellung  eines  musikalischen  Instrumentes  mit  reiner  Stim- 
mung ist  es  nun  nothwcndig,  aus  der  grossen  Menge  der  oben  ange- 
gebenen Töne  eine  bestimmte  Anzahl  auszuwählen,  welche  möglichst 
viele  Tonarten  rein  zu  spielen  erlaubt.  Helmholtz  benutzt  bei  dieser 
Auswahl  einen  Kunstgriff,  den  er  im  arabisch -persischen  Tonsystem 
entdeckt  hat.  Es  ist  nämlich  der  Ton  his,  der  Reihe  IL  nur  um  das 
sehr  kleine  Intervall  ^^g^  =  1,001129150390625  höher  als  der  Ton  6' 


120  Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 

der  Reihe  I. ;  redncirt  man  diesen  Bruch  durch  Kettenhrüche,  so  findet 
mau  1^,  in  Logarithmen  aber  beträgt  die  Abweichung  00163.  Wenn 
man  ah>o  beide  Töne  mit  einander  identificirt,  so  begeht  man  einen 
Fehlei'  gleich  dem  der  Quinten  im  gleichschwebend  temperirten  System 
und  derselbe  liegt  nach  den  Helmholtz'schen  Untersuchungen  an  der 
Grenze  der  wahrnehmbaren  Unterschiede.  Derselbe  Unterschied  findet 
sich  —  wie  man  am  bequemsten  an  den  Logarithmen  tibersieht  —  über- 
haupt   zwischen    je    zwei    Töneu    zweier    benachbarten    Quintenreihen, 

nämlich  zwischen : 

C,       G,       2>,       A,       E,       H,      Fis,     Cts..., 

und  ÄI5, ,  ftsiSy  cisis^  gisis^  disiSy  aisis^  risiSy  hisis, 

und  auch  zwischen: 

F,     By     Es^  As^  Des^  GeSy  Ces\    Fes 

und  m,  ais^    dt's,  gis,  eis,     fis,       h,        e,... 

ferner  zwischen: 

c,         g,         d,         a  ,  . . , 

und  /^»**,,   Fisis^  Cisis^   Gisis 

und  auch  zwischen: 

/",        6,        rs,        as 

und  Eis^    Ais^    Dis^    Gis 

Sodann  findet  sich  derselbe  Unterschied  noch  zwischen  c  und  His,^ 
desgleichen  zwischen  C  und  hisn  endlich  auch  zwischen  C  und  his, 
und  den  entsprechenden  Tönen  dieser  Reihen. 

Der  Ton  his  wurde  nun  oben  (in  Reihe  IL)  bestimmt  durch  8 
Quintenschritto  von  e  aus  {e  —  fi — fis  —  eis — gis  —  dis  —  ais  —  eis  —  his)\ 
macht  man  nun  alle  diese  Quinten  um  den  achten  Theil  des  oben  ge- 
nannten kleinen  Intervalles  zu  klein,  so  wird  der  Ton  his^y  der 
eigentlich  etwas  höher  ist  als  der  Ton  C,  demselben  genau  gleich.  Der 
P^ehler,  den  man  hier  in  den  Quinten  begeht,  ist  also  8 mal  kleiner 
als    der   im   gleichschwebend -temperirten   System,    er   ist   nämlich    gleich 

f'i^U  =  1:1,000141,  das  ist  ungefähr  =  708 1 :  7085 ;  in  Logarithmen 
beträgt  der  Fehler  etwas  über  00020.  In  gleicher  Weise  gelangt  man 
vom  Tone  Gis^  welcher  annähernd  mit  as  übereinstimmt,  durch  8 
Quinten,  die  um  jenes  Intervall  zu  klein  sind,  zu  einem  dem  e  absolut 
gleichem,   etwas  zu  tiefem   ^isis. 

Unter  Beachtung  dieses  glücklichen  Umstandes  setzte  Hclmholtz 
ein  sehr  brauchbares  Tonsystem  zusammen,  welches  in  seiner  ein- 
fachsten Form  aus  24  Tönen  besteht.  Dieselben  ordnen  sich  in  fol- 
gende 3  Gruppen : 

1)  C,     a,     />,     A,       A',       y/,      Fis,     Cis-, 

c,     //,     ßs^     eis,     gis,     dis,     ais,     cis\^ 
Ces,  Ges,  Des,    As,      Es,     B,       Ff 
3)  as,  es,     h,       f,        c,       g,        d,        a. 


2)  (      ^' 


Von    OlTSTAV    SCHUBKINO.  VJl 

Die  Töne  der  zweiten  Gruppe  sind  grosse  Terzen  von  den  darüber 
stehenden  Tönen  der  ersten ,  und  die  Töne  der  dritten  Gruppe '  wie- 
derum die  von  den  darüberstehenden  Tönen  der  zweiten;  ferner  sind 
in  der  ersten  Gruppe  enthalten  die  kleinen  Terzen  von  Tönen  der 
zweiten  Gruppe  und  in  der  zweiten  Gruppe  die  kleinen  Terzen  von 
Tönen  der  dritten;  endlich  schliessen  sich  die  Töne  aller  3  Gruppen 
zu  einer  ununterbrochenen  Reihe  von  Quinten  zusammen,  welche  mit 
a$  beginnt  und  mit  Cis  schliesst. 

Die  Schwingungszahlen  und  Logarithmen  dieser  24  Töne,  die  ich 
unter  Berücksichtigung  des  eben  besprochenen  kleinen  Quintenfehlers 
berechnet  habe,  folgen  weiter  unten.    (S.  127.) 

Die  aus  diesen  Tönen  gebildeten  Dur-  und  Mo*llaccorde  haben  also 
ganz  reine  grosse  Terzen,  während  die  Quinten  und  die  kleinen  Terzen 
um  ein  verschwindend  kleines  Intervall  zu  klein  sind.  Man  findet  die 
sämmtlichen  möglichen  Dreiklänge,  wenn  man  aus  der  folgenden  Ueber- 
sicht,  in  der  diese  24  Töne  nach  abwechselnden  grossen  und'  kleinen 
Terzen  geordnet  sind,  je  3  neben  einander  stehende  Töne  herausgreift: 

Fes,    a$,    Ces,    es,    Ges,    b.    Des,     f,    As,    c,     Es,    g,    B,    d,     F,    a, 
C,       c^       (i,       h,     D,     fis,     A,     cis,     E,    gis,    ff,   dis,  Fts,  uiSy  Cis,  cis. 

Diese  scheinbar  aus  32,  in  Wirklichkeit  aber  nur  aus  24  Tönen 
bestehende  Reihe  enthält  also  15  Duraccorde  (nämlich  die  von  Fes^  Ces, 
—  B,  Fis)  und  ebensoviel  Mollaccordo  (von  as,  es, diSy  ais). 

Nach  der  oben  für  die  Bildung  der  Durtonleiter  gegebenen  Regel 
kann  man  also  aus  den  gegebenen  24  Tönen  folgende  13  Durtonlei- 
tem  bilden: 

Cesy  aes.  Des,  As,   Es,   />',  F,  C\  6',  D,  A,  E,  h. 

Da  nun  die  beiden  Töne  Ces'  =  h  und  ff  sich  nur  wenig  unter- 
scheiden, so  kann  man  mit  Hülfe  einer  enharmonischen  Yerwech- 
selung  zwischen  diesen  beiden  Tönen  durch  alle  Tonarten  im  Quin- 
tenkreise herum  moduliren.  Bei  dem  Uebergange  von  ff  nach  Ces  oder 
umgekehrt  ändert  sich  die  Tonhöhe  allerdings  merklich,  nämlich  um 
ein  Komma  ^^,  oder  vielmehr  ungefähr  um  diess  Intervall,  denn  wegen 
der  Abweichung  in  den  .Quinten  beträgt  der  Unterschied  zwischen  ff 
und  h  =  Ces'  jetzt  nicht  mehr  01792  (in  Logarithmen),  sondern  nur 
noch  01711;  vgl.  die  weiter  unten   (S.  127)  folgende  Tabelle. 

Für  die  Molltonarten  ist  das  System  in  der  jetzt  mitgetheilten 
Form  nicht  ganz  so  vollkommen,  wie  für  die  Durtonarten.  Nach  der 
oben  mitgetheilten  Regel  für  die  Bildung  der  Molltonarten  ergiebt  sich 
nämlich  z.  ß.  für  a-Moll: 

d-F—a;     a  —  C  —  c;     e—Gis^h. 


122  Die  Tooleiter  und  ihre  Berechnung. 

Nun  ist  a  =r  ßb,  e  =  Fes  u.  s.  w.,  abo  kann  man  diese  Accorde 
auch  schreiben: 

Eses  --  geses  —  Bb ;     Bb  —  desei  —  Fes ;     Fes  —  as  —  Ces. 

Weil   wir    aber   jetzt  keine   über-   und   unterstrichenen   Buchstaben 

anwenden,  so  werden  wir  die  Accorde  von  a-Moll  =  Bb-M.o)l  am  besten 

so  schreiben: 

d—F^a;     a  —  C—  je 

[  Fes  —  eis  —  Ces, 

Die  Quinte  der  Molltonleiter  mus:;  sich  also  in  unserm  System  mit 
einem  grossen  und  einem  kleinen  Buchstaben  bezeichnen  lassen,  oder, 
mit  andern  Worten,  sie  muss  einer  der  Töne  in  der  zweiten  Gruppe 
sein.  Man  sieht  also,  dass  unser  System  nur  die  folgenden  8  Moll- 
tonarten enthält: 

{a,       e,      h,      fts,       eis,      gis,      dis,      ais.\ 
=  Bb^  Fes,  Ces,  Ges,    Des,     As,      Es,       B.  / 

Man  kann  aber  noch  aus  folgenden  6  Molltonarten  spielen: 

rf,  g.  c,  f,  b,  CS, 
wenn  man  statt  der  richtigen  grossen  Septime  die  um  ein  Komma  zn 
hohe  pythagoreische  zulässt,  und  also  z.  B.  in  (/-Moll  statt  des  Tones 
des  =  C's  den  Ton  eis  anwendet.  Mit  Hülfe  dieser  6  Molltonleitern 
kann  man  also*  auch  bei  den  Molltonleitern  vollständig  im  Kreise  hemm 
moduliren,  indem  man  b  und  B  oder  es  und  Es  enharmonisch  mitein- 
ander verwechselt. 

Man  kann  ferner  aus  jeder  der  oben  genannten  Durtonarten  (mit 
Ausnahme  von  C'^^-Dur)  in  die  verwandte  Molltonart,  z.  B.  aus  C-Dur 
nach  ö-Moll,  aus  G-Dur  nach  <?-Moll  u.  s.  w.  moduliren;  in  die  gleich- 
namige Molltonart  kann  man  aber  nur  aus  Ccs-,  Ges-^  Des-,  As-,  Es-  und 
^-Dur  übergehen.  Will  man  aber  für  einen  ganzen  Quinten -Cirkel  von 
Grundtönen  gleichmässig  Dur-  und  Molltonarten  haben,  so  muss  man 
zu  den  vorhandenen  24  Tönen  noch  die   folgenden    6   hinzufügen: 

Gis,  Dis,  Ais,  Eis,  His,  Fisis*). 

Durch  Hinzunalime  dieser  6  Töne,  die  man  auch  asi  es^  bi  /">  c^  g 
nennen  könnte,  verlängert  sich  die  oben  zusammengestellte  Terzenfolge 
noch-  um  12  Schritte,  so  dass  dieselbe  vom  Tone  H  an  folgender- 
massen  lautet : 

H,    dis,    Fis,    ais,    Cis,    eis,    Gis,    his,    Dis,   fisis,    Ais,    eisis.    Eis,    gisis. 

Bis,    disis,    Fisis,    aisis. 

Man    erhält   also    ausser   den   obigen  Tonarten  noch  folgende  sechs 

Durtonarten : 

Fis,  Cis,  Gis,  Dis,  Ais,   Eis 

*j  Audi  die  Schwinjrungrszalileii  und  Logarithmen  dieser  Töne  folpen  weiter 
unten  (S.  127  und  120). 


Von  C^STAV  Schübring.  123 


und  aach  sechs  neue  Molltonarten,  nämlich: 

tis ,  his,   fisis ,  cisis,  gisis,  disis. 


{tts ,  ms,  fists ,  ctsts,  gtsis,  dists,\ 
=  F,    C,  .  G,       Z>,        A.        E.    ( 


Die  genannten  30  Töne  geben  nun  vollkommen  rein  19  Dur-  und 
14  Molltonarten,  von  denen  folgende  12  gemeinschaftliche  Grundtöne 
haben : 

Ces,  Ges,  Des,  As,  Es,   B,  F,  C,  G,  2>,  A,  E, 

Da  nun  Ces'  =  h  ist  und  die  Quinte  E — h  nur  um  ein  Komma  zu 
klein  ist,  so  wird  man  auih  innerhalb  dieser  12  Tonarten  vollständig 
im  Kreise  herum  moduliren  können,  wenn  man  beim  Uebergang  von  K 
nach  Ces  eine  wirkliche  enharmonische  Verwechselung  ausführt.  Zu  einer 
solchen  enharmonischeu  Verwechselung  geben  auch  noch  7  andere  Dur- 
tonarten Gelegenheit,  nämlich: 

H,       Fis,     Cis,      Gis,      Dis,       Ais,      Eis, 

deren  Grundtöne  sich  nur  um  ein  Komma  unterscheiden  von 

{h,       fi$,       eis,       gis,       dis ,  ^    ais,       eis  1 
=  Ces,  Ges,     Des,      ^5,       Es,        B,        F   /• 

Und  auch  bei  den  Molltonarten  kann  man   statt 

^-Moll  und  JF-Moll 

die  ihnen  sehr  nahe  gleichen 

a-  =  ^6-Moll  und  e-  =  FesMoM 
anwenden. 

Will  man  wegen  der  Existenz  dieser  beiden  letzten  Molltonarten 
auf  A-  und  E-'M.oW  verzichten,  so  kann  man  die  beiden  Töne  Bis  und 
Fisis  weglassen  und  mit  Hülfe  der  übrigbleibenden  28  Töne- 17  Durton- 
arten ,  nämlich : 

Ces,  Ges,  Des,  As Fis,  Cis,  Gis,  Dis 

und  12  Molltonarten: 

a  =  Bb;     e  =  Fes ;     h  ==  Ces ^-\  ^' ,   0 

rein  spielen. 

In  welcher  Weise  diese  24,  28  oder  30  Töne  auf  einem  Tasten- 
instrumente anzubringen  sind,  darüber  finden  sich  mehrere  Vorschläge 
von  Helmholtz  in  der  „Lehre  von  den  Tonempfindungen** 
S.  485  und  598 — 600,  auf  die  ich  hier  verweise. 

Beiläufig  erlaube  ich  mir  hier  auf  ein  paar  kleine  Versehen  auf- 
merksam zu  machen,  die  sich  in  der  Helmholt  zischen  Darstellung  des 
rein  gestimmten  Tonsystemes  finden.  In  der  „Lehre  von  den  Tonem- 
pfindungen **  wird  nämlich  (S.  484)  das  Intervall  C :  his^  oder  Ces  :  h^ 
unter  Zugrundelegung  des  angenähorten  Verhältnisses  74 :  73  für  das  In- 
tervall H/,Ces  berechnet  und  =  845:846  gefunden,  während  es  sich 
bei  genauerer  Berechnung  =  885 :  886,  also  noch  etwas  kleiner,  ergiebt. 


124  J3ie  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 

Ferner  sagt  Helmholtz  (S.  484  and  485),  die  Quinten  seines  Sy- 
Sternes  seien  alle  um  ein  sehr  kleines  Intervall  zu  gross,  während 
unsere  Rechnung  zeigt,  dass  sie  etwas  zu  klein  sind.  Diess  Versehen 
ist  entstanden  durch  Anwendung  absteigender  Quinten  C — F — B  — , 
welche  den  Quarten  gleich  zu  achten  sind,  und  diese  sind  als  Ergän- 
zung zur  Octave  in  der  That  um  dasselbe  kleine  Intervall  zu  gross. 

Endlich  sagt  Helmholtz  wiederholt  (Beilage  XIII.  S.  599  u.  600), 
dass  sein  vollständiges  Tonsystem  31  Töne  enthalte,  während  ich  nur 
30  darin  finde.  — 

Es  versteht  sich  nun  von  selbst,  dass  man  aus  der  grossen  Zahl 
der  oben  berechneten  Töne  noch  beliebig  viele  andere  zur  Construction 
eines  Instrumentes  in  reiner  Stimmung  auswählen  kann.  Unter  der 
Voraussetzung,  dass  man  die  oben  (S.  120)  angegebene  Beziehung  zwi- 
schen den  Tönen  der  verschiedenen  Reihen  :  C  =  his,  u.  s.  w.  benutzt, 
erhält  man  jedesmal  durch  Hinzuftigung  eines  neuen  Quintenschrittes 
eine  neue  Dur-  und  eine  neue  Molltonleiter. 

Im  Allgemeinen  sind  also  bei  einem  Tonsystem  von  n  Tönen 
(vorausgesetzt,  dass  n  gross  genug  ist  und  dass  die  Töne  alle  unter- 
einander Quinten  mit  dem  bekannten  kleinen  Fehler  sind)  stets  n — 11 
Durtonleitern  und  n — 16  Molltonleitem  möglich,  von  diesen  Dur-  und 
Molltonleitern  haben  n — 18  gemeinschaftliche  Grundtöne. 

Herr  Appunn,  Orgelbauer  und  Fabrikant  akustischer  Instrumente 
zu  Hanau*),  hat  sich  für  die  Herstellung  von  Instrumenten  in  reiner 
Stimmung  ein  grosses  Verdienst  erworben,  indem  er  ein  Harmonium 
mit  36  Tönen  in  der  Octave  cortstruirt  hat,  welches  in  seiner  äussern 
Einrichtung  ganz  und  gar  von  dem  von  Helmholtz  beschriebenen 
abweicht  und  sicli  vor  demselben  trotz  der  grössern  Anzahl  von  Tönen 
durch  bequemere  Spielart  vortheilhaft  auszeichnet,  so  dass  Herr  Pro- 
fessor Helmholtz  sein  Instrument  von  Herrn  Appunn  nach  dessen 
Prineipien  hat  umstimmen  lassen. 

Das  Harmonium  des  Herrn  Appunn  ist  bisher  noch  nicht  öffentlich 
beschrieben;  ich  bin  aber  durch  die  freundliche  Mittheilung  des  Ver- 
fertigers, für  die  ich  ihm  hiermit  öffentlich  meinen  Dank  ausspreche, 
in  den  Stand  gesetzt,  folgende  Angaben  darüber  macheu  zu  können: 
Das  Instrument  hat  zwei  Claviaturen,  die  wie  die  beiden  Manuale 
einer  Orgel  übereinander  liegen.  Jede  Taste  trägt  aber  ein  Knöpfchen, 
welches  für  sich  niedergedrückt  werden  kann;  der  Ton,  der  durch 
dieses  Knöpfchen  angegeben  wird,  ist  jedesmal  um  ein  Komma  tiefer 
als  der  Ton  der  zugehörigen  Taste;  die  Töne  der  untern  Claviatur 
sind  untereinander  reine  Quinten,  nämlich  die  Töne  der  Reihe  I.: 
F—  C—G  —  D'-A  —  K—  H  —  Fis  —  Cis  —  Gis  —  Dis  —  Ais :  die  Knöpfchen 

*)  Firma:  Georg  Appuuu  &  Söhne. 


Von  Gustav  Schubuing.  125 

auf  den  Tasten   geben  die  um  ein  Komma  tiefern  Töne  der  Reihe  II. 
f — c  —  fir....;    die  Tasten   der   obern  Claviatur  geben    dieselben  Töne 
wie   die  Knöpfchen    der   untern   und  die  Knöpfchen  der  obern  Tastatur 
endlich  geben  die  wiederum  um  ein  Komma  tiefern  Töne  der  Reihe  III. 

F — C — G Da   nun  F  =  eis  und  f  =  Fts   gemacht   werden   kann 

so  schliessen  sich  diese  36  Töne  zu  einer  langen  Quintenreihe  zu 
sammen,  welche  mit  F  anfangt  und  mit  Ais  schliesst.  Auf  S.  126  habe 
ich  diese  Quintenreihe  unter  Anwendung  aller  synonymen  Bezeichnungen 
möglichst  übersichtlich  angeordnet  und  daneben,  auf  S.  127  die  Scliwin- 
gungszahleu  und  Logarithmen  der  einzelnen  Töne  zusammengestellt, 
wie  sich  dieselben  bei  Berücksichtigung  des  bekannten  kleinen  Quinten- 
fehlers ergeben;  die  Zahlen  gelten  also  auch  zugleich  für  das  oben 
besprochene  Helmholtz'che  System.  Die  mit  einem  Sternchen  *  ver- 
sehenen Töne  sind  durch  jenen  Quintenfehler  nicht  beeinflusst. 

Ordnet  man  diese  36  Töne  in  einer  ununterbrochenen  Reihe  von 
abwechselnden  grossen  und  kleinen  Terzen,  wie  diess  S.  121  und  123  für 
das  Helmholt  zische  System  geschehen  ist,  so  sieht  man,  dass  man  auf 
dem  AppunnWhen  Instrumente  27  Duraccorde  und  27  Mollaccorde 
hat,  nämlich  die  Duraccorde: 

des — F — as:    as  —  C — es:    As  —  c  —  Es:   ,,,as  —  (^ — eS'   es  —  ^  —  6- 

und  die  Mollaccorde 

F — as — C;  C — es — G;  ...c  —  Es  —  g:  ...C — es  —  G^'  ^  —  b — -ö- 

Diese  Accorde  enthalten  nach  den  oben  (S.  109  flg.)  angegebenen  Re- 
geln für  die  Bildung  der  Tonleitern  das  Material  zu  folgenden  25  Dur- 
tonarten: 

Gis  =:  as  =  Bbb;    Dis  =  es  =  Feses ;    Ais==b  =  Ceses: . . . 

bis  zu 
. . .  Cis  =  des  '•     G^is  =  as» 

Molltonarten  aber  giebt  es  wie  bei  dem  ursprünglichen  Helm- 
holtz^schen  System  5  weniger,  also  nur  20,  nämlich 

Fis  =  ges  =  Aseses;   Cis  =  des  =  Eseses;    Gis  =  as  ^=  Bbb: . . . 

bis  zu 
. . .  his,  =  C  =  deses  •    fis  =  G  =  ases- 

Unter  diesen  26  Dur  und  20  Molltonarten  befinden  sich  je  18, 
welche  dieselben  Grundtöne  haben',  nämlich 

GJs  =  as;    Bis  =  es:    Ais  =  b:    Eis  =  f ..,. 

bis  zu    . 
. . .  ais  =  B;    eis  =  F:    his,  =  C:    fisis  =  G. 

Man  hat  also  sowohl  bei  den  Dur-,  als  auch  bei  den  Molltonarten 
die  Möglichkeit,    mit  Uülfe   einer   wirklich   ausgeführten  enharmonischen 

(Fortsetzung  auf  S.  128). 


12G 


Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 


Ueberslcbt  fiber  die  T5ne  des  Appann^schen  Harmoniums« 


Kcihe  m. 

Reihe  U.          Reihe  1.  ' 

Reihe  IV. 

•-3 
c: 

eis 

F 

geses 

3 

*his 

C 

deses 

fisis 

G 

ases 

W 

cisis 

D 

eses 

s 
o: 

•T3 

ffisis 

—  4 

— 

hb 

(0 

(lisis 

_   E 

fes 

-1 

H 

ce^    ==  Deseses 

■§• 

Fis 

gds   —  Aseses 

s 

Vis 

des   —  £seses 

g 

c 

*GJ8 

as     —  Bbb 

"*   •■•           • 

• 

< 

.      DJs  : 

— 

es  '  —  Feses  ■ 

• 
• 

S 

*< 

• 

Ais 

= 

b       —  Ceses 

3    c: 

Eis 

f       =  Geses 

His 

: 

r    .  —  Deses 

2  o- 

Fisis 

y       —  Ases 

3     H 

itsts 

frl5l5 



d       =  Eses 
u       —   Bb 

3 

Disis 

*e       —   Fes 

•1     <© 

e 

h      —  Ces       — 

deseses 

ST   ^ 

fis     —  Ges       — 

aseses 

3     B 

eis    —  Des        — 

esrses 

tjis    —  ^.v          — 

bbh 

II 

dts    —    A.v          — 

feses 

:r  3 

ais    —   B           — 

ceses 

C: 

• 

vis            F 

f/eses 

3 

his    —  *r           — 

deses 

jiSlS              (r 

ases 

• 

ciSiS         D           — 

eses 

CD 

gists  —  A           — 

bb 

dtsis        E 

fes 

•-f 

H           — 

ces          — 

Deseses 

Fis        — 

f/es 

Asescs 

-1 
3 

ris         — 

des 

Eseses 

o 

Gis        — 

as            — 

Bbb 

< 
p 

/)is        — 

CS               — 

Fcscs 

-1 

Ais         = 

h              — 

t  'cscs 

Von  Gustav  Schubuing. 


127 


Schwlngungszalilen  ii.  Logarithmen  der  Töne  des  Appnnn'schen  HalnnOTilams. 


Töne 

Scliwinj^ungTHzahlen 

Lugaritliiiioii 

H 
o: 

^ 

1,30227. 

38103 

CD 

C  (-.  *his) 

*  1,9531 25 

96578 

Ol 
n 

G 

1,46464. 

55054 

w 

I) 

1,09832. 

13530 

• 

c: 

A 

1,64725. 

72006 

E      ' 

1,23526. 

30482 

•1 

H 

1,85264. 

88958 

•  O 

c- 

Fis 

1,38928. 

47434 

•-1 

Cis 

1,04181. 

05910 

2 

*Gis 

*  1,5625 

64386 

•< 

Bis 

1,17171. 

22862 

93 

c 

Ais  —  b 

1,75732. 

81337 

g    H 

f 

1,31780. 

39813 

c 

1,97642. 

98289 

■  2   eu 

g 

1,48211. 

56765 

s   H 

d 

1,11142. 

15241 

TS      » 

u 

1,66690. 

73717 

P 

I»  p 

*1,25 

32193 

h 

1,87474. 

90669 

5.  <=> 

fis 

1,40585. 

49145 

==  3 

cis 

1,05424. 

07621 

9»    ST 

gis 

1,58114. 

66096 

<  5 

S3   r* 

dis 

1,18569. 

24572 

itnr 
tur 

ais  =  B 

1,77828. 

83048 

H 

C: 

F 

1,.33352. 

41524 

S 

*C 

*1 

00000 

G 

L49979. 

58476 

09 

D 

1^12468. 

16952 

tr*- 

A 

1,68679. 

75428 

9 

K 

1,26491. 

33904 

n 

1,89710. 

92380 

O 

Fis 

1,42262. 

50855 

3 

Cis 

1,06682. 

09331 

2 

Gis{—^as) 

*1,6 

67807 

8> 

< 

JHs 

1,19983. 

26283 

c 

Ais 

1,79949. 

84759 

128  Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 


Verwechöijung  zwischen  zwei  um  ein  Komma  verschiedenen  Tönen, 
also  z.  B.  zwischen  as  und  As^  b  und  B^  c  und  C  u.  s.  w.,  in  einem 
vollständigen  Quintenkreise  herumzugehen.  Man  kann  aher  auch  durch 
einfach  fortgesetzte  Modulationen  vom  Grundton  C  allmälich  nach  c 
(in  Dur-  und  Moll)  übergehen  u.  s.  w. 

Ueber  die  Handhabung  dieses  Instrumentes  ergeben  sich  aus  der 
auf  S.  126  befindlichen  Zusammenstellung  seiner  Töne  folgende  Regeln: 

Will  man  reine  Quinten  greifen,  so  braucht  man  dazu  zwei 
Tasten  oder  auch  zwei  Knöpfchen  einer  Tastatur;  nur  die  Quinten  der 
'J'öne  als  bilden  eine  Ausnahme:  Ais  (auf  der  untern  Claviatur)  bat 
nämlich  gar  keine  Quinte,  ais  =  B  (Knöpfchen  unten  und  Taste  oben) 
hat  als  Quinte  eis  =  F  (Taste  unten)  und  Ais  =  b  (Knöpfchen  oben) 
endlich  hat  als  Quinte  Eis  ==  f  (Taste  oben  und  Knöpfchen  unten). 

Will  man  richtige  grosse  Terzen  greifen,  so  hat  man  in  den 
meisten  Fällen  den  Grundton  auf  einer  Taste,  die  grosse  Terz  auf 
dem  Knöpfchen  der  entsprechenden  Taste:  z.  B.  C  auf  der  Taste  und 
e  auf  dem  Knöpfchen  der  Taste  E.  Diess  gilt  aber  nur  für  die  Unter- 
tasten und  die  Tasten  fis  beider  Claviaturen,  die  Obertasten  eis,  gis, 
dis,  ais  haben  —  oben  wie  unten  —  ihre  reinen  Terzen  auf  den  Tasten 
ff  c>  §»>  d  selbst.  Ebenso  haben  die  Knöpfchen  der  letztgenannten 
4  Obertasten  —  oben  wie  unten  —  ihre  grossen  Terzen  auf  Knöpfchen; 
die  andern  8  Knöpfchen  der  untern  Claviatur  haben  ihre  grossen 
Terzen  auf  Knüpfchen  der  obern,"  und  die  andern  8  Knöpfchen  der 
obern  Claviatur  mit  den  Tönen:  F —C  — G  ^  D  —  A  —  E  —  H— Fii 
haben  auf  dem  Instrumente  gar  keine  grossen  Terzen. 

Die  kleinen  Terzen  haben  meistens  den  Grundton  auf  einem 
Knöpfchen  und  die  zugehörige  kleine  Terz  auf  der  entsprechenden 
Taste  derselben  Claviatur;  Ausnahmen  bilden  die  Knöpfchen  auf  den 
Tasten  f,  c,  g,  welche  oben  und  unten  ihre  kleinen  Terzen  auf  den 
Knöpfchen  selbst  haben.  Da  nun  die  untern  Knöpfchen  gleich  sind 
den  obern  Tasten,  so  haben  auch  diese  Tasten  ihre  kleinen  Terzen  auf 
den  untern  Tasten,  mit  Ausnahme  der  obern  Tasten  f — c  —  y,  welche 
ihre  kleinen  Terzen  As  =  gis:  Es  =  dis;  B  =  ais  auf  den  Tasten  der 
obern  Claviatur  selbst  haben;  dasselbe  gilt  von  den  Tasten  F,  (',  Cw 
der  untern  Claviatur;  die  andern  Tasten  der  untern  Claviatur  />,  A^  E. 
//,  FiSy  Cis^  Gis,  Dis,  Ais  aber  haben  gar  keine  kleinen  Terzen  auf  dem 
Appunn'schen  Instrumente. 

Was  über  die  (Quarten  und  Sexten  zu  sagen  wäre,  folgt  ohne  wei- 
teres aus  dem  eben  über  Quinten  und  Terzen  Gesagten,  denn  diese  In- 
tervalle ergänzen  sich  ja  zu  Octaven. 

Will    man    nun    noch    die    kleinen    Terzen    der   Tasten    der    untern 

Claviatur  7),  Ay  E haben,  so  muss  man  noch  eine  Anzahl  von  Tönen 

oinführon,     nämlich    die    um    ein    Komma    höhern    Töne   /—    c  —  ^ 


Von  Gustav  Schubsinö. 


129 


■  ^  ^  y  ^  A^  ^  -•/-•- 


der  Reihe  IV.;  um  dieselben  in  passender  Weise  mit  dem  schon  vor- 
handenen Systeme  zu  verbinden ,  hat  man  J  =  Eis  zu  machen  und 
den  Quinten  den  ofterwähnten  kleinen  Fehler  zu  geben.  Dadurch  er- 
geben sich  als  Töne  einer  neuen  Claviatur  die  folgenden  zwölf: 

Schwingangszahlen   Logarithmen 


Tö 

—  7 

ne 

Eis 

—  Geses 

Eis 

—  c 

—  Beses 

Fisis 

—  ff 

=  Ases 

Cisis 

—  d 

—  Eses 

Gisis 

—  a 

—  B~b 

Bisis 

=  e 

=  *Fes 

h 

=  Ces 

fis 

—  Ges 

eis 

=  Bes 

gis 

—  As 

dis 

=  Es 

ais 

—   B 

1,34943. 

43235 

1,01193. 

01711 

1,51768. 

60187 

1,13820. 

18663 

1,70691. 

77138 

*1,28 

35614 

1,91973. 

94090 

1,43959. 

52566 

1,07954. 

11042 

1,61910. 

69518 

1,21694. 

27994 

1,82516. 

86470 

Diese  Töne  würden  consequenterweise  auf  den  Tasten  einer  neuen, 
unterhalb  der  ersten  Claviatur  anzubringenden,  Claviatur  anzugeben  sein; 
die  Knöpfchen  dieser  dritten  Claviatur  aber  müssten  dann  mit  den 
Tonen  F,  C,  ^....Übereinstimmen. 

Diess  jetzt   erhaltene   aus   48  Tönen    bestehende  Tonsystem    würde 
39  Dnraccorde  und  ebensoviel  Mollaccorde  enthalten  und  also 
37  Durtonleitern ,  von  Gis  =  as  bis  gis  =^  As 
und  32  Molltonleitern  von  Fis  =  ges  bis   Fisis  =  J 
zu  spielen  erlauben;   von  diesen  Tonleitern  haben  30  gemeinschaftliche 
Grundtöne,  nämlich  von 

Gis  =  as  an,    bis  Fisis  =  g. 

Ob  die  Einführung  dieser  letztgenannten  12  Töne  für  die  praktische 
Benutzung  des  Instrumentes  von  Vortheil  sein  würde,  ist  eine  Frage 
für  sich;  theoretisch  aber  wird  das  Instrument  durch  diese  Töne  ver- 
vollkommnet. Es  Hegt  in  dieser  Beziehung  auch  kein  Grund  vor, 
welcher  die  Einführung  einer  fünften  Reihe  von  Tönen  hindern  sollte; 
dieselbe  würde  unter  Berücksichtigung  des  kleinen  Quinten fehlers  fol- 
gende Logarithmen  haben: 


Töiif 

Logarithmen 

F 

44946 

C 

03422 

G 

61898 

B 

20373 

A 

78849 

K 

37325 

/oitschrilt  r.  iMaOieinalik  ii.  IMiysik.    (Siip|il<>ni.) 


Tone 

Logaritbmeh 

H 

95801 

Fis 

54277 

Vis  ' 

12753 

Gis 

71229 

Dis 

29705 

Ais 

88181 

9 

130  -      Die  Tox^leiter  und  ihre  Berechnung. 


,- ^,^.>->»,^  y>-,^'.^  ^>»^  y*    •-^■^^^-*- 


Die  letzten  sieben  Töne  dieser  Reihe: 


Et    Ht    FiSy    CiSi    Cisy    Disi    Ais 
nnterscbeidcn  sich  von  den  Tönen 

r.,  ?,  §,  r>_,  A,  E,  H, 

welche  auf  den  Knöpfchen  der  obersten  Claviatur  enthalten  sind,  nur 
um  ein  Intervall  dessen  Logarithmus  00777  beträgt,  das  ist  etwa  ein 
halbes  Komma;  man  kann  also  nrit  Hülfe  einer  enharmonischen  Ver- 
wechselung zwischen  zwei  von  den  genannten  sieben  Tönen  vollständig 
in  einem  aus  53  Schritten  bestehenden  Qaintenkreise  herumgehen. 

Hierbei  haben  wir  alle  Quinten  um  das  bekannte  kleine  Intervall 
7084:7085  (Log.  =  00020)  zu  klein  gemacht;  wendet  man  aber  reine 
Quinten  an,  so  gelangt  man  nach  53  Schritten  zu  einem  Tone,  der  dem 
ersten  noch  viel  näher  kommt.  Der  Logarithmus  der  richtigen  Quinte 
ist  nämlich  —  wenn  man  ihn  der  Genauigkeit  wegen  auf  7  Stellen  be- 
rechnet —  gleich  0,5849626;  durch  53  Quintenschritte  gelangt  man 
also  zu  einem  Tone,  dessen  Logarithmus  =  53-0,5849626  =  31,0030178 
ist;  dieser  Logarithmus  entspricht  ziemlich  genau  der  31.  Octave  des 
Grundtones,  dieselbe  ist  nämlich  nur  um  ein  sehr  kleines  Intervall, 
dessen  Logarithmus  nach  unserer  gewöhnlichen  Schreibart  =  00302  ist, 
zu  hoch.  Macht  man  nun  jede  der  53  Quinten  um  den  53.  Theil 
dieses  Intervalles  zu  klein,  so  gelangt  man  durch  diese  53  Quinten 
genau  zur  31.  Octave  des  Grundtones,  —  gerade  wie  man  durch  12 
Quinten  in  der  gewöhnlichen  gleichschwebend-temperirten  Scala  zur 
7.  Octave  gelangt.  Auf  diese  Weise  erhält  man  also  ein  System  von 
53  Tönen  in  der  Octave:    C  =  his/^    c  =  His/^    C  =  his/^    ^^^_  =  ^^<^^; 

cis  =  Des\  Cis  =  des\  eis  =  Des;  Cis  =  des  =  P  '^  d;  /);  f7;  F  ".  s.  w. 
Vom  tiefsten  Ton  in  der  Octave:  C  ==  1  ausgehend  gelangt  man  zum 
2.  Tone  c  =  His^  durch  12  Quinten  ;  da  nun  eine  jede  derselben  den 
Logarithmus  0,5849056  erhält,  so  ergiebt  sich  für  c^=  His^  der  Logarithmus: 
12.0,5849056  =  7,018867;  <las  Intervall  C:^  hat  also  den  Logarithmus 
01887,  —  ebenso  gross  ist  auch  das  Intervall  c^:Cn.  s.w.  Ueberhaupt 
sieht  man,  dass  alle  Stufen  dieser  Tonleiter  einander  gleich  sind,  'mit- 
hin erhält  man  auf  diese  Weise  die  53  Töne  einer  53stnfigen  gleich- 
schwebend-temperirten Scala,  gerade  wie  man  die  12  Töne  der  ge- 
wöhnlichen gleichschwebenden  Temperatur  bestimmt  durch  12  um  das 
Intervall  885:886  (Log.  =  00168)  zu  kleine  Quinten.     Die  Stufen  dieser 

neuen  Tonleiter  haben  alle  das  Schwingungsverhältniss  1  :'i/2"=  1 : 1,01316 
oder  angenähert  76:77  und  den  Logarithmus  ^  =  0,0188679  oder 
angenähert  01887,  sie  sind  also  nur  um  00095  grösser  als  das 
syntonischo  Komma  80:81  =  1:1,0125  mit  dem  Logarithmus  01792. 
Man  kann  daher  zu  jedem  Tone  dieser  Scala  alle  möglichen  Intervalle, 
die  „grossen"  und  die  „kleinen",    die  „verminderten"  und  die  „über- 


Von  Gustav  Schübrino. 


131 


-^  ^  -    '  ^ 


massigen",  fast  ganz  richtig  angeben  und  man  kann  daher  auch  auf  jedem 
der  53  Töne  eine  Dur-  und  eine  Molltonleiter  in  fast  reiner  Stimmung 
ausführen;  um  die  Fehler  derselben  auszurechnen,  habe  ich  vom  Grund- 
ton C  ausgehend  abgezählt,  mit  welchen  Stufen  die  einzelnen  Intervalle 
übereinstimmen,  und  habe  dann  die  Logarithmen  dieser  Stufen  und  die 
Abweichungen  derselben  von  den  reinen  Intervallen  genau  berechnet; 
da  die  Scala  eine  gleichschwebende  ist,  so  gelten  dieselben  Fehler  auch 
für  die  Intervalle  von  jedem  andern  Grundtone  aus. 


Töne 

Stufen 

Logarithmen         Fehler 

in  Logarithmen 

Grundton 

z.  B 

,  c 

0 

00000 

00000 

kl.  halber  Ton 

>» 

Cis 

3 

05660 

00229 

gr.  halber  Ton 

»» 

des 

5 

09434 

+  00123 

kl.  ganzer  Ton 

>» 

d 

8 

15094 

—  00106 

gr.  ganzer  Ton 

n   • 

D 

9 

16981 

00012 

kl.  Terz 

»» 

es 

14 

26415 

+  00112 

• 

gr.  Terz 

M 

e 

17 

32075 

—  00118 

Quarte 

»' 

F 

22 

41509 

+  00006 

Quinte 

»> 

G 

31 

58491 

—  00006 

kl.  Sexte 

>l 

as 

36 

67925 

+  00118 

gr.  Sexte 

n 

a 

39 

73585 

00112 

kl.  Septime 

t) 

b 

45 

84906 

+  00106 

gr.  Septime 

yy 

h 

48 

90566 

—  00123 

Octave 

^^ 

C 

53 

100000 

00000 

Für  die  Töne  der  beiden  Hauptdreiklänge  habe  ich  die  Fehler  der 
Schwingungsverhältnisse  selbst  berechnet;  es  beträgt  nämlich  der  Fehler 

bei  der         kleinen  Terz     annähernd  1324  :  1323  (zu  hoch) 
grossen  Terz  „  1196  :  1197  (zu  tief) 

Ouinte  „    .     12440  :  12441   (zu  tief). 

Fig.  6  stellt  fünf  Reihen  von  je  12  Quinten  mit  der  Helmholt  zi- 
schen Bezeichnung  dar  und  zwar  zunächst  nach  absolut  reinen  Quinten 
und  Terzen;  da  aber  bei  der  Kleinheit  des  Massstabes  die  kleinen 
Fehler  ziemlich  verschwinden,  so  kann  diese  Figur  auch  benutzt  werden 
als  graphische  Darstellung  der  Töne  des  Appunn'schen  und  des 
Helmholtz'schen  Harmoniums  und  zugleich  der  53stufigen  Scala.  In 
der  letztgenannten  Bedeutung  hat  man  Cis=^'j  Dis=^y  ~E='E.y  FTs'^^^y 
Ofg  t=m  A^  jii  =sz  H  und  Hfs  =  ^  zu  nehmen;  —  das  Helmholtz'sche 
Instrument  enthält  aus  Spalte  III.  die  drei  Töne  aSy  et,  6,  ferner 
sämmtlichc  12  Töne  der  Spalte  II.  und  aus  Spalte  I.  die  neun  Töne: 
Fy  C,  Gy  Dy  Ay  Ey  ffy  FtSy  Cts \  —  d as  A  p  p  u u  u'sche  Harmoulum  endlich 
onthält  die  36  Töne  der  drei  Spalten  I.,  II.,  III.;  man  könnte  dem- 
selben aber  auch  noch  die  12  Töne  der  Spalte  IV.,  eventuell  auch  noch 

9* 


132  Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 

die  der  Spalte  V  hinzufügen.  Die  Fig.  6  «enthält  überhaupt  die  Töne, 
aus  denen  man  bei  Herstellung  eines  Instrumentes  mit  reiner  Stimmung 
eine  grössere  oder  geringere  Anzahl  auswählen  muss,  je  nach  den  An- 
sprüchen, denen  das  Instrument  genügen  soll.  Man  könnte  z.  B.  ein  dem 
Appunn^schen  Instrumente  ähnliches  bauen,  welches  die  Töne  der  Reihen 
II,  I  und  IV  oder  I,  IV  und  V  enthält  —  doch  würde  sich  ein  solchem 
von  dem  Appunn^schen  nur  durch  eine  um  1  oder  2  Komma  höhere 
Stimmung  unterscheiden,  denn  es  existirt  bekanntlich  noch  keine  all- 
gemein angenommene  feste  Tonhöhe  für  die  Töne  C,  c,  ^,  c"  u.  s.  w. 
Ich  habe  daher  auch  für  die  sämmtlichen  Töne  des  vollständigen  Helm- 
holtz' sehen  Systemes  (siehe  S.  115 — 118)  nur  relative  Schwingungs- 
zahlen ,  bezogen  auf  6'  =  1 ,  angeführt ,  und  mich  dort  auf  die  a  b  s  o  t 
luten  gar  nicht  eingelassen. 

Nach  der  jetzt  in  Frankreich  gesetzlich  eingeführten  sogenannten 
„liefen  Stimmung*'  des  diapason  normal  macht  das  a  der  eingestnchenen 
Octave:  -4^ — imliz::" 


in  der  Secuude  870  halbe  (sogenannte  „einfache")  oder  435  ganze  (so- 
genannte „doppelte")  Schwingungen*).  Fasst  man  diesen  Ton  als  Sexte 
der  C-Durtonleiter,  also  als  a  (Reihe  II),  so  kommen  auf  das  C  (Reihe  I) 
der  eingestrichenen  Octave  261  Schwingungen;  fasst  man  es  aber  als 
Quinte  von  i>,  also  als  A  (Reihe  I),  so  kommen  auf  C  nur  257,777.... 
Schwingungen  in  der  Secunde;  fasst  man  es  endlich  als  das  A'  der 
gleichschwebeiid  tempcrirten  Scala,  so  erhält  man  ein  eingestrichenes  C 
mit  258,653  Schwingungen. 

Legt  man  d<'r  Berechnung  das  von  Scheibler  vorgeschlagene  a' 
mit  410  Schwingungen  zu  Grunde,  so  erhält  man,  wenn  man  dasselbe 
als  a  betraclitet,  ein  der  „ eingestrichenen'*  Octave  angehöriges  C  mit 
264  Schwingungen  in  der  Secuude;  diese  l\)nhöhe  ist  zui*  Berechnung 
der  Scliwingungszahlen  der  andern  Töne  sehr  bequem,  da  sie  für  die 
meisten  Töne  der  6'-Durtonleiter  innerhalb  der  in  der  Musik  gebrauchten 
Octaven  nur  ganze  Zahlen  ergiebt.     Würde  zweitens  der  Ton  der  Stimm 

gabel  als  A  betrachtet,  so  erhielte  C  die  Schwinguugszahl  260,470470 

Auf  unsern  gewöhnlichen,  nach  gleichschwebender  Temperatur  ge- 
stimmten Instrumenten  aber  hat  der  Ton  A'  in  Bezug  auf  C  =  1  weder 
die  Schwingungszahl  ^,  noch  fl^  sondern  1,68179...  und  daraus  er- 
giebt sich,  dass  das  C  unserer  Instrumente,  die  genau  im  „Kammerton** 
gestimmt  sind,  in  der  Secunde  261,627...  Schwingungen  macht. 

*)  Die  Angabe,  dass  das  a  des  diapason  normal  875  halbe  =  437,5  ganze 
Schwingungen  mache,  —  wie  au  verschiedenen  Orten  angegeben  wird  —  beruht 
wol  auf  einem  Irrthum;  vgl.  den  Katalog  akustischer  Apparate  von  König  in 
Paris  und  \Vülluer,  Physik  I,  516. 


Von  Gustav  Scüubking.  133 

Diese  Stimmung  wird  jetzt  vielfach  als  zu  hoch  angesehen  und 
mau  hat  daher  aruch  in  Deutschland  schon  an  manchen  Orten  die  oben 
erwähnte  „tiefe  Pariser  Stimmung*'  eingeführt;  aber  selbst  diese  Stimmung 
ist  in  Vergleich  zu  den  früher  gebräuchlichen  Stimmungen  immer  noch 
ziemlich  hoch;  Chladni  z.  B.  giebt  als  eine  mittlere  Tonhöhe  die- 
jenige an,  bei  der  die  Schwingnngszahlen  aller  C  Potenzen  von  2  sind. 
Hiernach  kommen  auf  das  Contra-C  32  Schwingungen,  auf  das  grosse 
C  64....  auf  das  der  eingestrichenen  Octave  266  Schwingungen.  Durch 
Multiplication  dieser  Zahlen  mit  den  für  die  einzelnen  Töne  angegebenen 
relativen  Schwingungszahlen  erhält  man  die  absoluten  Schwingungs- 
zahlen derselben;  für  die  verchiedenen  Töne  a  der  eingestrichenen 
Octave  ergeben  sich   z.  B.  folgende  Werthe: 

1)  ^  =  256  .    fj     =  432 

2)  rt  =  256  •     4      =  426^ 

'^)    A  =  256  •   fj^    =  421,300... 
4)    a   =  256  .  H*J  =  437^ 

Wollte   man    aber    auf   dem   genannten   Tone  C.   eine    gleichschweben d- 
temperirte  Tonleiter  aufbauen ,  so  würde  sich  ein 

A'  mit  256  •  1,68179  =  430,538 
Schwingungen    ergeben,   was   also  ziemlich  genau  der  Tonhöhe  des  Or- 
chesters in  der  grossen  Oper  zu  Paris  im  Jahre  1822  entspricht,  denn 
dasselbe  hatte  damals  eine  Stimmgabel  mit  431  Schwingungen. 

Man  sieht,  wie  noth wendig  die  Unterscheidung  der  verschiedenen 
gleichnamigen  Töne  bei  genauem  Untersuchungen  ist.  Die  in  den 
meisten  Lehrbüchern  aus  Chladni's  Akustik  fast  ungeändert  aufge- 
nommene Tabelle  über  die  relativen  Schwingungszahlen  aller  Töne  der 
Tonleiter  ist  also  in  dieser  Beziehung  ungenügend,  denn  in  derselben 
«>ind  die  Töne  der  einzelnen  Quintenreihen  durchaus  nicht  unterschieden, 
sondern  nur  aus  den  verschiedenen  Quintenreihen  diejenigen  Töne 
herausgenommen,  deren  Schwingungszahlen,  wenn  sie  als  gewöhnliche 
Brüche  geschrieben  werden,  einen  möglichst  einfachen  Werth  haben. 
Da  man  nun  kein  bestimmtes  Princip  darüber  aufstellen  konnte,  wieviel 
Töne  man  aus  jeder  Quintenreihe  herausnehmen  sollte,  so  finden  sich 
für  einzelne  Intervalle  in  verschiedenen  Büchern  verschiedene  Werthe: 
Chladni  giebt  z.  B.  für  des  die  Schwingungszahl  -}-|,  Wüllner  aber 
^^,  das  erstere  ist  nach  der  oben  von  uns  erweiterten  Uauptmann- 
Helmholtz'schen  Bezeichnung  desi  ^^s  andere  t)cs*  Jene  Tabellen 
enthalten  also  nicht  allein  Töne  aus  den  4  IIelmholtz*schen  Reihen, 
sondern  auch  aus  den  beiden  oben  (S.  119  u.  120)  noch  hinzugefügten 
Reihen,  welche  ich  durch  unterstrichene  kleine  und  überstrichene  grosse 
Buchstaben  bezeichnet  habe;  die  dort  beispielsweise  bezeichneten  Töne 
sind  alle  in  den  Tabellen  von  Chladni  und  Wüllner  euthallcu.     Mit 


134  Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 


Hülfe  der  oben  angegebenen  Zahlen  kann  man  nnn  jeden  Ton  dieser 
beiden  Tabellen  in  eine  der  6  Quintonreihen  einordnen,  nur  die  beiden 
von  Chladni  angegebenen  Töne: 

6868  ==  Hi  und  bb  =  Ifl 

passen  in  keine  derselben,  sie  gehören  vielmehr  in  eine  Reihe,  welche 
noch  um  ein  Komma  höher  ist  als  die  höchste  jener  6  Reihen,  sie  sind 
demnach  zu  bezeichnen  durch: 

escs  und  ^jj 
weil  sie  nämlich  um  4  Komma  höher  sind,   als  die  Töne    cses   und    66, 
also  um  6  Komma  höher  als  die  Töne  eses  und  66.    Diess  Intervall  betragt 
aber  in  Logarithmen  6  •  01792  =  10752,  ist  also  grösser  als  ein  halber  Ton. 

Durch  die  Unterscheidung  der  verschiedenen  Töne  gleiches  Namens 
erledigt  sich  zugleich  eine  Frage,  über  die  sich  Musiker  und  auch  Phy- 
siker zuweilen  untereinander  streiten,  die  Frage  nämlich,  ob  eis  oder 
des,  dis  oder  es  höher  sei;  man  sieht  nämlich  jetzt  ein,  dass  diese 
Frage  im  Allgemeinen  gar  nicht  beantwortet  werden  kann,  denn  es  ist 
z.  B.  Cis  höher  als  Des^  aber  tiefer  als  ])fs  w.  s.  w. 

Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich  noch  auf  einige  andere  ünge- 
nauigkeiten  aufmerksam  machen,  die  sich  bei  der  Lehre  von  den  mu- 
sikalischen Intervallen  auch  in  den  besten  Lehrbüchern  der  Physik  finden. 

In  sämmtlichen  mir  bekannten  Auflagen  des  grossen  Lehrbuchs 
und  auch  des  Grundrisses  der  Physik  von  Job.  Müller  ist  die  Note: 

/tt-         .  als  kleines  „c'*;    die  Note  9—  aber   als   einge- 

strichenes „c'"  bezeichnet,  während  bekanntlich  beide  Noten  gleich- 
massig  das  eingestrichene  „c'**  bezeichnen. 

Auch  in  dem  treflflichen  Buche  von  Wüllner,  in  dem  das  Capitel 
von  den  musikalischen  Intervallen  mit  ziemlicher  Ausführlichkeit  be- 
handelt ist,  finden  sich  einige  kleine  Ungenauigkeiten,  die  ich  mir  hier 
anzuführen   erlaube. 

Wüllner  sagt  nämlich  (1,  S.  506),  dass  der  Unterschied  von  einem 
Komma  (^)  vom  Ohre  nicht  mehr  wahrgenommen  werde,  während  doch 
schon  nach  den  Untersuchungen  von  Chladni  (dessen  Akustik  8.  55), 
„ein  um  f^  verstimmtes  Intervall  von  keinem  unverdorbenen  Ohre  ohne 
Widerwillen  angehört  werden  kann.** 

Auf  derselben  Seite  giebt  Wüllner  die  Abweichungen  in  den  In- 
tervallen an,  die  die  Töne  der  C-Durtonleiter  miteinander  bilden,  es 
fehlt  da  aber  nicht  nur  die  in  den  Berichtigungen  zur  zweiten  Ausgabe 
angemerkte  falsche  Quinte  h  —  f,  die  wir  nach  der  Ilaup tmann'schen 
Bezeichnung  h — F'  zu  schreiben  haben ,  sondern  auch  noch  die  falsche 
Quarte  a  —  D\    die   falsche  Sexte  F — D'  und  die  falschen  kleinen  Sep- 


Von  Gustav  Schubring.  135 

timen  D  —  C,   G—F,   H  —  Ä-,   der  Werth  der  kleinen  Sexte  F--D'  ist 
auch  in  der  Tabelle  auf  S.  505  falsch  angegeben. 

Endlich  fehlen  auf  S.  502  bei  der  Aufzählung  der  cunsonanten 
Accorde  zwei  Umlagerungen ;  Wüllner  giebt  nämlich  als  consonantc 
Accorde  mit  dem  tiefsten  Tone  C  nur  die  folgenden  4  an: 

1)  der  gewöhnliche  C-Duraccord  {C — c  —  G)^ 

2)  der  gewöhnliche  C-Mollaccord  {C  —  es — G)^ 

3)  der  (Terz-)Sextaccord  in  a-Moll  (C — e  —  o), 

4)  der  Quart-Sextaccord  in  -F-Dur  {C — F—a)\ 
CS  fehlen  also  noch 

5)  der  (Terz-)Sextaccord  in  Ji^-Dur  (C — ei  —  äs)^ 

6)  der  Quart- S^'xtaccord  in  F-Moll  (C  —  F  —  '^s)' 

Die  Accorde  3  —  6  sind  bekanntlich  nur  Umlagerungen  der  beiden 
ersten;  aus  dem  C-Duraccord  C — e  —  G  folgt  nämlich  als  erste  Um- 
lagerung  der  Sextaccord  e — G — C  (cfr.  Nr.  5)  und  als  zweite  Um- 
lagerung  der  Quart-Sextaccord  G. —  (f  —  e  (cfr.  Nr.  4),  ebenso  folgen 
au.s  dem  C-Mollaccord  C  —  es  —  ^  ^^r  Sextaccord  ^  —  G  —  C'  (Nr.  3) 
und  der  Quart-Sextaccord  G  —  (f  —  es  (Nr.  6).  Man  kann  diese  Um- 
lagerungen sehr  gut  demonstrircn  an  dem  Accordmesser  (Fig.  1);  —  auch 
die  eben  erwähnten  Abweichungen  der  einzelnen  Intervalle  der  C^-Dur- 
tonleiter  erkennt  man  mit  Hülfe  der  graphischen  Darstellung  (Fig.  2)  leicht. 

Man  sieht  hieraus,  wie  bequem  diese  graphische  Darstellung  zur 
Demonstration  aller  Gesetze  der  musikalischen  Akustik  ist;  auch  für  die 
zu  einem  Grundtone  gehörigen  harmonischen  Obertöne  kann  man  eine 
sehr  praktische  Darstellung  geben.  Zum  Grundtone  C  =  1  gehören 
bekanntlich  die  Ober-  oder  Theiltöne:  C  =  2,  C  =  3,  C"  =  4,  e'  =  5, 
G"  =  6  u.  8.  w.;  die  Logarithmen  dieser  Töne  sind  folgende: 

Theiltöne  Logarithmen 

1  .  2  .  4  .  8  .  =  C  00000 

9  .  =  i>   ^  16993 

5  .  10  .  =  <?  32193 

1 1  .  (=  Cc^  -f )  45943 

3  .  6  .  12  .   =  C  58494 

13  .  (=    a  — )  70044 

7  .  14  .  (=  //  — )  80736 

15  .  =  Ä  90689 

2  .  4  .  8  .  16  .  =  (f  100000 

Neben  den  Nummern  der  einzelnen  Theiltöne  sind  die  Noten  an- 
gegeben, die  denselben  entsprechen,  Ges^  ist  aber  etwas  zu  erhöhen, 
«  und  b  dagegen  etwas  zu  erniedrigen,  um  den  betreffenden  Theil- 
tönen  gleich  zu  werden.  —  Fig.  7  und  8  stellen  die  Obertöne  des 
Grundtones  C  graphisch  dar. 

Fig.    7    zeigt    eine    erweiterte   Form    des    oben    bereits    erwähnten, 


136  Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 


^■^•m'*,       ^   am    ^    ^^ 


von  Mach  construiiten  Modells  zur  Demonstration  der  Obertöne.  Zar  Er- 
läuterung bemerke  ich  Folgendes:  Zwischen  den  die  ganze  Figur  der 
Länge  nach  durchziehenden  Linien  /?  und  y  befinden  sich  kleine  Striche, 
welche  für  die  darunter  stehenden,  zwischen  a  und  ^  befindlichen 
Tasten  die  Tonhöhe  nach  gleichschwebender  Temperatur  angeben-,  die 
Striche  in  dem  Räume  zwischen  den  Linien  y  und  £. bedeuten  die  Ton- 
höhe der  Theiltöne  des  tiefsten  C  der  Claviatur,  bis  zum  20.  hinauf. 
Schneidet  man  nun  die  ganze  Figur  aus  und  trennt  sie  dann  längs  der 
Linie  ^,  so  kann  man  die  obere  Hälfte  beliebig  an  der  untern  ver- 
schieben und  dadurch  die  Obertöne  zu  jedem  beliebigen  Grundtone 
finden.  Wegen  des  kleinen  Massstabes'  —  die  Octave  ist  hier  nur 
50"'"'  lang  —  sind  die  Abweichungen  der  temperirten  Quinten  und 
Terzen  kaum  merklich,  wol  aber  die  der  natürlichen  Septime  (7.  Theil- 
ton  ;  f)  von  der  kleinen  Septime  B,  welche  bei  dem  Mach' sehen  Mo- 
delle zusammenfallen.  —  Theilt  man  nun  den  Streifen,  der  die  Marken 
für  die  Theiltöne  trägt,  noch  einmal,  längs  der  Linie  d,  so  kann  man 
die  Figur,  wie  das  Mac  hasche  Modell,  benutzen  zur  Demonstration  der 
Helmholtz'schen  Theorie  der  Consonanz  und  Dissonanz.  Es  empfiehlt 
sich,  dass  man  zu  diesem  Zwecke  die  ganze  Figur  auf  Pappe  kleben 
und  in  der  durch  Fig.  7^  im  Querschnitt  angedeuteten  Weise  einrichten 
lässt.  Man  kann  dann  die  beiden  Streifen,  die  die  Marken  für  die 
Theiltöne  tragen,  in  dem  Spalte  hinter  der  Tastatur  beliebig  hin  und 
her  schieben:  Man  stelle  zuerst  den  breitem  Streifen  (d — i)  mit  der 
Marke  Nr.  1  auf  den  tiefern  der  beiden  zu  vergleichenden  Töne,  den 
schmalem  (y--<))  aber  auf  den  höhern,  dann  kann  man  das  Verhältniss 
der  Obertöne  beider  Klänge  bequem  übersehen  und  die  von  Helmholtz 
angegebenen  Gesetze  leicht  anschaulich  nachweisen.  —  Will  man  statt 
der  temperirten  Intervalle  die  natürlichen  untersuchen,  so  kann  man 
die  Marken  für  dieselben  zwischen  /5  und  y  nach  den  oben  ange- 
gebenen Werthen  der  Logarithmen  leicht  einzeichnen,  man  muss  aber 
beachten,  dass  der  Massstab  dieser  Figur  nur  halb  so  gross  ist,  als  in 
den  Figuren  1 — 6;  die  Unterscliiede  zwischen  der  natürlichen  und  der 
reinen  Stimmung  sind  also  hier  nicht  so  auffallend. 

Im  Masi^tabe  der  andern  Figuren  (Octave  =  10(J  Millimeter) 
werden  die  Theiltöne  von  C  durch  Fig.  8  dargestellt;  hier  sind  zur 
Vergleichung  die  Töne  der  C-Durtonleitcr  in  reiner  Stimmung  beige- 
fügt. —  Die  Fi'gur  zeigt  nicht  nur,  dass  die  Theiltöne  um  so  näher  bei 
einander  liegen,  je  höher  sie  sind,  sondern  auch,  dass  in  jeder  höhern 
Octave  die  Töne  der  vorigen  sich  wiederholen,  dass  sich  aber  jedesmal 
ein  neuer  Theilton  —  mit  ungerader  Zahl  —  zwischen  dieselben  ein- 
schiebt, so  dass  in  jeder  folgenden  Octave  noch  einmal  so  viel  Theil- 
töne auftreten,  als  in  der  vorigen. 

Halle,   im  Januar  1868. 


Von  Gustav  Schuöking.  137 


Nachtrag. 


Vorstehender  Aufsatz  war  schon  im  Druck,  als  ich  erfuhr,  dass  die 
in  demselben  enthaltene  Anwendung  der  Logarithmen  nicht  —  wie 
8.  107  angegeben  ist  —  von  Marpurg,  sondern  von  Lconhard 
Eulcr  herrührt.  Derselbe  entwickelt  in  seinem  Werke:  y,Tenlamen 
novac  theoriae  musicae^*^  (<^P'  IV,  §.  35  u.  flg.),  dass  das  Mass  des  In- 
tervalles  zwischen-  zwei  Tönen  a  und  b  bestimmt  ist  durch  den  Lo- 
garithmus ihres  Quotienten:  /  —  =  Ib  —  la;  demnach  sei  das  Mass  für  das 

Octaven Intervall  (griechisch  dianccoiov)  gleich  log  2  und  das  Mass  für  die 
Quinte  {dianevxs)  gleich  log  ^  =  log  *3  —  log  2  ]  er  bemerkt  auch  gleich, 
dass  es  hiernach  kein  noch  so  kleines  Intervall  giebt,  welches  zugleich 
ein  aliquoter  Theil  der  Quinte  und  der  Octave  ist;  ähnlich  verhält  es 
sich  mit  der  Terz.  An  einer  andern  Stelle  (VII,  4)  sagt  er,  dass 
wegen  der  Wichtigkeit  und  der  häufigen  Anwendung  des  Octaven- 
intervalles  die  Rechnung  am  bequemsten  wird,  wenn  man  einen  ,,tfa;io«*' 
anwendet,  in  welchem  der  y^loganlhmus  binarii  collocatur  unUas*'^\  er 
wendet  in  Folge  dessen  ebenfalls  die  Logarithmen  mit  der  Basis  2  an.  — 
Ob  Marpurg  auch  diese  Logarithmen  benutzt,  weiss  ich  nicht,  da  ich 
dessen  Werk  nur  aus  einem  Citate  Chladni's  kenne.  —  Das  S.  107 
erwähnte  Opelt'sche  Buch  „Allgemeine  Theorie  der  Musik^^ 
enthält  im  Wesentlichen  nichts  anderes,  als  das  oben  citirte  Euler'sche. 
—  Dagegen  bringt  D robisch  in  3  Abhandlungen  über  die  Tonleiter 
mancherlei  Neues:  Die  älteste  „über  die  mathematische- Bestim- 
mung der  musikalischen  Intervalle"  (herausgeg.  von  der  Ja- 
blonowski'schen  Gesellschaft)  enthält  einen  Versuch,  mit  Hülfe  der 
Principien  der  II  er  bar  tischen  Philosophie  die  Erscheinungen  der  Con- 
sonanz  und  Dissonanz  zu  erklären  —  ein  Versuch,  der  durch  die 
Helmholtz'sche  Theorie  wol  als  erledigt  zu  betrachten  ist;  der  ma- 
thematische Theil  der  genannten  Abhandlung  wird  ausfuhrlicher  wieder- 
holt in  einer  späteren  Schrift  (herausgegeben  von  der  K.  Sachs.  Ge- 
sellschaft der  Wissenschaften)  „über  musikalische  Tonbestim- 
raung  und  Temperatur",  zu  der  dann  noch  ein  „Nachtrag"  er- 
schienen ist. 

Es  ist  zu  bedauern,  dass  D robisch  bei  Abfassung  dieser  Schriften 
die  Hclmhultz'sche  Unterscheidung  der  gleichnamigen  Töne  E  und 
e  u.  s.  w.  noch   nioht   kannte,    denn   hierdurch  würde  seine  Darstellung 


138  Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung. 

noch  viel  klarer  geworden  sein.  Er  beweist  zwar,  dass  die  erhöheten 
und  erniedrigten  Töne  eis;  des  u.  s.  w.  sich  gar  nicht  schlechthin, 
sondern  nur  beziehungsweise  bestimmen  lassen,  nämlich  unter 
Voraussetzung  einer  oder  der  andern  Tonart,  allein  er  unterscheidet 
die  verschiedenen  Töne  gleiches  Namens  nicht  durch  verschiedene  Be- 
zeichnung; auch  wagt  er  es  nicht,  den  Haupttönen  e,  d,  e  .  .  .,  je 
nach  den  Tonarten,  in  denen  sie  angewendet  werden  sollen,  verschie- 
dene Höhe  (C,  c  u.  s.  w.)  beizulegen.  Hätte  er  diese  Unterschiede  ge- 
macht, so  wäre  er  nothwendig  zu  dem  Hauptmann-Helmholtz^schen 
System  gelangt,  denn  seine  Classification  der  Töne  ist  diesem  System 
schon  sehr  ähnlich.  Er  bestimmt  nämlich,  wie  Hauptmann  und 
Uelmholtz,  die  Töne  nur  durch  Quinten  und  Terzen  und  setzt  zur 
Abkürzung  das  Intervall  der  Quinte:  J  =  ß,  das  der  Terz:  J  =  T, 
femer  log  Q  ^=^  q  und  log  T  =^  t^  den  Logarithmus  det  Octave:  lag  2  =  1 
und  bringt  alle  Töne  auf  die  Form  2*"  •  Q'*  •  T>*^  logarithmisch  i»  -f-  «p  -f-  pt. 
Nimmt  man  nun  auf  die  Verschiedenheit  der  Octaven  keine  Rücksicht, 
vernachlässigt  also  m,  so  kann  man  die  8  Classen  von  Drobisch  in 
folgende  allgemeine  Formen  bringen: 

Schwingungszahlen      Logarithmen  Schwingangszahlen        Logarithmen 

Classc   T.  0"  nq  Classe    11.  Q^"  — nq 

III.  TP  pt  „      IV.   T-P  —pt 

V.  ö"  TP      nq  -{-  pl  „      VI.  Ö~"  T-P    —nq—pt 

'„    VII.  ö'"  TP   —nq  +  pt  „  ym.  ö"  T-P      nq^pt. 

Diese  Classification  hat  2  Uebelstaude,  erstens  sind  die  Classen  I — IV 
nur  spcciello  Fälle  der  Classen  V — VIII,  und  dann  sind  in  diesen  letzteren 
jedesmal  2  Veränderliche  n  und  p,  so  dass  die  Zahl  der  Töne  in  jeder 
dieser  Classen  nach  2  Richtungen  unendlich  ist.  Bei  der  Helmholtz'- 
schen  Eintheilung  aber  giebt  es  nur  einfach -unendliche  Reihen;  dir 
allgemeinen  Formen  derselben  sind  unter  Benutzung  der  Zeichen  Q 
und  T  oder  q  und  t  folgende: 

Schwingungszahlen  Logarithmen 

allgemeinste  Form:  [}'*  •  T''  nq  -{-  pt 


1) 


Reihe  III  {Gis) 

Qn      7^2 

nq  +  2/ 

»        II  {c) 

Q»  r» 

nq  +  t 

I  {C) 

Q- 

nq 

n       IV  {as,) 

QnT-l 

nq-  -  t 

„        V  {Fes,) 

QnT-2 

nq  -  2t 

u.  s.  w. 

• 
• 

In  jeder  von  diesen  Reihen  kann  n  alle  möglichen  ganzen  Zahlen 
bedeuten;  die  positiven  n  geben  die  aufsteigenden  Reihen,  die  nega-' 
tiven   n    dagegen    die    absteigenden,    «  =  0    eiuUich    giebt    den    jedes- 


Von  Gustav  Schcbbino. 


139 


^  ^   ^  ^^^s.  ^ 


maligen  Grundton  der  Reibe.  Um  die  Töne  in  die  Octave  zwischen 
C  nnd  C  zu  verlegen,  wie  in  unsem  obigen  Tabellen,  hat  man  die 
Schwingnngszahlen  mit  einer  Potenz-  von  2  (2*")  zu  multipliciren  oder 
zu  dividiren,  so  dass  sie  zwischen  1  und  2  fallen,  und  die  Logarith- 
men um  soviel  (m)  Einheiten  zu  vergrössem  oder  zu  verkleinern,  dass 
sie  zwischen  0  und  1  fallen. 

Die  Bezeichnung  m  -{-  nq  -{-  pi  ist  sehr  geeignet,  um  die  Ent- 
stehung und  Bedeutung  gejyisser  kleiner  Intervalle  auf  einen  Blick  zu 
übersehen ;  diese  kleinen  Intervalle  kommen  besonders  in  altem  Werken 
z.  B.  bei  Euler  ziemlich  hHufig  vor;  ich  habe  in  der  folgenden  Ueber- 
sicht  stets  ein  Intervall  aus  den  Helmhol tz'schen  Quintenreihen  als 
Beispiel  zugefügt: 


Intervnllo 

Scliwingungs- 
verhältniHHe 

Lofifarlthmen 

1)  Schisma                   C:his, 

32768:32805 

00163  =  /  +  87  — 5 

2)  Diaschisma        ^%:C 

2025 : 2048 

01620  — 3—2/ +  4^  (—10 Schisma) 

3)  Synton. Komma     CiJT 

80:81 

01792  —  47—/            (—11  Seh.) 

4)  Pythag.  Komma     CiNis, 

524288:531441 

01955  =  12(7^7         (—12  Seh.) 

5)  Kleine  Diesis     /">, :  C 

125:128 

03421  —  1-3/            (— 21^Sch.) 

G)  Grosse  Diesis     ^fs.c 

625 : 648 

05214  — 4(r/-/)~l    (—.32  Seh.) 

7)  Kl.  halber  Ton       C:Ci> 

24:25 

05889  —  2/— 7            (--  36JI  Seh.) 

8)  Gr.halberTon      Cides 

15:16 

09311  — 1-/-7        (— 57|Sch.) 

9)  Pythag.  Limma     C:J)es 

243:256 

07519  — 3—5(7            (— 46J  Seh.) 

10)  Kleines  Limma     Cicis 

128:135 

07681  =  3(7  +  /      2    (=47^  Seh.) 

11)  Grossos  Limma     Cijjes 

25:27 

11103  — 3/7-2/ -1    (=68XSch.) 

D robisch  weicht  von  diesen  .aus  Euler  und  Chladni  entnom- 
menen Angaben  zum  Theil  ab,  er  nennt  nämlich  das'  pythagoreische 
Limma  den  „diatonischen  halben  Ton**  und  die  grosso  Diesis  den 
,,  Drittlirilston  **,  wHhrend  er  unter  dem  Namen  der  grossen  Diesis  das 
Intervall  ^s:£  =  243:250,  log  =  3/ -  5^  +  2  =  01097  versteht,  auch 
führt  er  noch  einen  „verminderten  kleinen  halben  Ton**  Desesicfs 
=  3072:3125,  /oöt  =  5/ —  (^  —  1  =  02468  und  ein  „Komma  der  Alten" 
=  J  des  grossen  ganzen  Tones,  log  =  J  (2^—1)  =  01888  an.  Die 
Ileiho  dieser  in  den  Lehrbüchern  meistens  nicht  angegebenen  Intervalle 
wird  vervollstKndigt  durch  den  der  pythagoreischen  Dnr-Tonleiter 
angehörigen  Ditonus  =  2  grossen  ganzen  Tönen  =  C:  E  =  64  :  81, 
dessen  log  =  4q  —  2  =  33985  ist  und  den  Triton us  für  den  Enler 
folgende  Werthe  angiebt: 

Jog^  1  -  2(^-/)  =  47.393 
/o^  =  /  +  2*7  —  1  =  49185 
log=l—i  —  2q  =  50815 
log  =  2(y-  /)  -  1=  52607 


1)  18:25  =  C:^»5; 

2)  32:45  =  Cifis-,  ^ 

3)  45:64  =  C:ges\ 

4)  25:36  =  C:6W; 


140    Die  Tonleiter  und  ihre  Berechnung.  Von  Gustav  Schubring. 


Nachdem  D robisch  die  Lehre  von  den  Intervalleu  beendigt  hat, 
kommt  er  zu  der  Temperatur  und  sucht  da  diejenigen  gleichsch we- 
benden Temperaturen  zu  bestimmen,  deren  Fehler  so  beschaffen  sind, 
dass  sie  eine  möglichst  kleine  Quadratsumme  geben.  Ausser  mehreren 
andern  entwickelt  er  auch  die  53stufige  Temperatur,  er  gelangt  aber 
zu  derselben  auf  einem  ganz  anderen  Wege  als  wir  oben  (S.  130).  Noch 
vollkommener  soll  eine  llSstufige  gleichschwebende  Temperatur  sein, 
die  Stufe  derselben  ist  ungefähr  ein  halbes  syntonisches  Komma,  näm- 
lich in  Logarithmen  =00847,  — -es  scheint  aber  hier  bei  Drobiscli 
ein  Rechenfehler  vorzuliegen.  Die  übrigen  Temperaturen  haben  vom 
Standpunkte  der  Helmholtz 'sehen  Theorie  aus  geringeres  Interesse. 

Zum  Schluss  noch  ein  Wort  über  die  Bedeutung  der  Loga- 
rithmen. Euler  hat  dieselben  einfach  als  Mass  für  die  Inter- 
valle eingeführt,  Drobisch  geht  einen  Schritt  weiter, ^ndem  er  die- 
selben betrachtet  als  Mass  für  die  Empfindung  d^r  Tonhöhe. 
Dioss  Gesetz  für  die  Abhängigkeit  der  Empfindung  von  dem  empfun- 
denen Keiz  hat  Fechner  in  seiner  Psychophysik  noch  mehr  er- 
weitert und  auf  die  Empfindungen  aller  Sinnesorgane  ausgedehnt.  Er 
weist  nach ,  dass  innerhalb  bestimmter  Grenzen  alle  Sinnesempfin- 
dungen proportional  mit  dem  Logarithmus  des  Reizes 
wachsen,  nicht  mit  dem  Reize  direct.  Das  Mach 'sehe  Modell*) 
(Fig.  7)   lässt   sich  nun  auch  als  eine  graphische  Darstellung  dieses  Ge- 

% 

setzes  (des  sog.  Web  er 'sehen  Gesetzes)  ansehen:  Die  Tasten,  resp. 
die  Striche  zwischen  den  Linien  j3  und  ^  bedeuten  gleiche  Zuwüchse 
der  Empfindung,  die  Zahlen  an  der  Linie  d  oder  e  aber  die  Grösse 
des  Reizes.  Der  Reiz  1  ist  der  „ Schwellenwerth  des  Reizes",  die 
zugehörige  Empfindung  ist  gleich  Null,  zum  Reiz  2  gehört  eine  Em- 
pfindung 1,  ein  weiterer  Zuwachs  des  Reizes  um  1  erhöht  aber  die 
Empfindung  nur  um  0,58496  (=  y)  und  erst  der  Reiz  4  giebt  die  Em- 
pfindung 2;  überhaupt  sieht  man  dass  die  Reizzuwücbsc  bei  wachsenden 
Reizen  immer  kleinere  Empfindungszuwüchse  bedingen  oder  „auslösen". 
—  Durch  diese  .Anwendung  des  Mach 'sehen  Modells  erhält  dasselbe 
also  noch  eine  allgemeinere  Bedeutung  für  die  Psychophysik. 

Halle,  im  Juli  1868.  G.  Seh. 

*)  Zum  Gebrancli  in  Vorlesimji^en  u.  s.  \v.  empficlilt  es  sich,  diese  Modell 
etwas  grösser  herzustellen.  Herr  Buchbindermeistcr  A.  Henning  hierselbst  liefert 
dasselbe  in  3mal  grösseren  Massstabe  (Octave  =  loO"*"",  das  ist  also  ungefähr  die 
natürliche  Grösse  der  Ciaviertastatur)  bei  einer  Länge  von  4  Octaven  (Theilton 
1-  16)  zu  d«m  billigen  Preise  von  l  Thlr.  Zu  bemerken  ist  noch,  dass  bei  Ura- 
kehrung  des  Streifens  y  —  9  die  Zahlen  an  <lcr  I^inie  y  angeben,  in  welchen 
Klängen  der  Ton  1    als  zweiter,  dritter Theilton  enthalten  ist. 


Verlag  von  B.  (j.  Teubner  in  Leipzig. 


>-w^-^_/-- 


Handbuch  der  höheren  Algebra.  Von  G.  Serret.  Nach  der  dritten 
Auflage  deutsch  bearbeitet  von  G.  Wertheim.  2  Bände,  gr.  8. 
geh.  2  Thlr.  20  Ngr. 

Es  giebt  kein  Werk,  welches  die  Theorie  der  Gleichungen  in  der  Voll- 
ständigkeit und  Klarheit,  wie  die  vor  einem  Jahre  erschienene  dritte  Auflage 
von  Serret,  couM^'algchre  mpirieure  behandelt,  und  welches  so  sehr  den  Ansprüchen 
genügt,  die  man  an  ein  Handbuch  zu  stellen  hat.  Die  Reichhaltigkeit  des 
Werkes  ist  am  besten  aus  dem  nachstehenden  Inhaltsverzeicbniss  su  ersehen: 

I.  Theil :  Allgemeine  Eigenschaften  und  numerische  Auflösungen  der  Gleichungen . 
1.  Cap.  Theorie  der  Kettenbrüche.  2.  Cap.  Periodische  Kettenbrüche.  3.  Cap. 
Allgemeine  Eigenschaften  der  algebraischen  Gleichungen.  4.  Cap.  Simultane  der 
Wurzeln  der  numerischen  Gleichungen.    II.  Theil:  Die  symmetrischen  Functionen. 

1.  Cap.  Theorie  der  symmetrischen  Functionen.  2.  Cap.  Allgemeine  Formeln  aus 
der  Theorie  der  symmetrischen  Functionen.  3.  Cap.  Excurs  über  die  Zerlegung  der 
rationalen  Brüche  und  über  die  recurrierendcn  Reihen.  4.  Cap.  Altemierende 
Functionen  und  Determinanten,  b.  Cap.  Entwicklungen  aus  der  Theorie  der 
Elimination.  Gleichungen  und  Elimination.  5.  Cap.  Eigenschaften  der  Wurzeln 
der  Einheit  6.  Cap.  Trennung  der  Wurzeln  der  numerischen  Gleichungen.  7.  Cap. 
Berechnung.    III.  Theil:    Eigenschaften  der  ganzen  Zahlen.    1.  Cap.  Congruenzen. 

2.  Cap.  Potenzreste  und  binomische  Congruenzen.  3.  Cap.  Eigenschaften  der  ganzen 
Functionen  einer  Veränderlichen  in  Beziehung  auf  einen  Primzahlmodus.  4.  Cap. 
Ueber  die  Anzahl  der  zwischen  gegebeneu  Ganzen  enthaltenen  Primzahlen. 
IV.  Theil:  Substitutionen.  1.  Cap.  Allgemeine  Eigenschaften  der  Substitutionen. 
2.  Cap.  Eigenschaften  der  Systeme  conjugierter  Substitutionen.  3.  Cap.  Iiidices  der 
conjugierten  Systeme.  4.  Cap.  Einige  besondere  Fälle  aus  der  Theorie  der  Sub- 
stitutionen. 5.  Cap.  Anwendungen  der  Theorie  der  Substitutionen.  V.  Theil : 
Algebraische  Auflösung  der  Gleichungen,  t.  Cap.  Gleichungen  3.  und  4.  Grades. 
Allgemeine  Betrachtungen  über  die  algebraische  Auflösung  der  Gleichungen.  2.  Cap. 
Ueber  die  Unmöglichkeit  der  algebraischen  Auflösung  der  allgemeinen  Gleichungen, 
deren  Grad  grösser  als  4  ist.  3.  Cap.  Abersche  Gleichungen.  4.  Cap.  Ueber 
eine  Klasse  von  Gleichungen  9.  Grades,  die  algebraisch  lösbar  sind.  0.  Cap.  Ueber 
die  Gleichungen,  die  algebraisch  gelöst  werden  können. 

Was  die  Uebersetzung  betrifl't,  so  war  es  das  Bestreben  des  Hei^usgebers, 
dieselbe  möglichst  correct  zu  liefern.  Bedeutende  Aenderuugen  sind  nirgend 
vorgenommen,  an  einzelnen  Stellen  nur  kleine  Zusätze  gemacht,  so  ist  z.  1^  die 
Tabelle  der  Nr.  316  nach  Jacobi  vervollständigt  worden  u.  s.  w. 


Theorie    der    elliptischen  Functionen.     Versuch  einer  elementaren 

Darstellung.  Von  Dr.  H.  DuRh^GE,  Prof.  am  K.  K.  Polytechnikum  zn 
Prag.  Zweite  verb.  Aufl.  Mit  in  den  Text  gedruckten  Holzschn.  gr,  8- 
geh.  3  Thlr. 

Plan  und  Anordnung  der  ersten  Auflage  sind  bei  der  zweiten  Auflage  bis  auf 
unbedeutende  Aenderungen  beibehalten  worden,  nur  die  Behandlung  des  Additions- 
theoremes  hat  durch  Voranschickung  der  Stürmischen  Integrationsmethode  eine 
etwas  andere  Oestult  erluilten.  Neu  hinzugekommen  ist  ein  Abschnitt  über  jdas 
AbeVsche  Theorem.  Die  Aufnahme  desselben  wurde  angeregt  durch  die  vortreffliche 
Schrift  von  Clebsch  und  Gordan  über  die  Aberschen  Functionen  (Verlag  von 
B.  G.  Teubner,  1800,  2  Tldr.  12  Ngr.),  in  welcher  ein  so  schöner  Beweis  dieses 
Theoremes  gegeben  ist,  und  worin  dasselbe  mit  seinen  Einzelheiten  eine  so  wichtige 
Rolle  spielt.  Obgleich  nämlich  streng  genommen  das  AbePschc  Theorem  nicht 
in  eine  Theorie  der  elliptischen  Functionen  hineingehört,  so  hoffte  der  Ver- 
fasser doch ,  durch  di.e  Darstellung  der  ersten  ins  Kinzelne  gehend^  Untersuchung 
Abels  dem  Einen  oder  Anderen  seiner  Leser  mit  Itücksicht  auf  das  erwähnte  Buch 
eine  willkommene  Zugiibe  zu  bieten,  zumal  die  kurz  vorher  behandelten  elliptischen 
Integrale  ein  passendes  Beispiel  zur  Illustration  des  AI  »ersehen  Theoremes  lieferten. 

Algebraische  Gleichungen  nebst  den  Resultaten  und  den  Methoden 

zu  ihrer  Auflösung.  Von  Dr.  Ernst  Bardey.  gr.  8.  geh.    1  Tlilr.  10  Ngr. 

Das  Buch  enthält  KM »o  Aufgaben»  welche  alle  bis  auf  sehr  wenige  Ausnahmen 
vom  Verfasser  selber  aufgestellt  sind.  Die  Resultate  sind  jeder  Aufgabe  beigefügt. 
Die  Method(^n  zur  Auflösung  sind  allgemein  gehalten  und  beziehen  sich  meistens 
auf  ganze  Klassen  von  Aufgaben,  sind  aber  an  einzelnen  Aufgaben  vollstiLndig 
durchgeführte  Für  viele  Aufgaben  sind,  falls  dies  zweckmilssig  schien,  noch 
besondere  Andeutungen  zur  Auflösung  gegel-en.  Oleiolnaigen  vom  ersten  Grade 
kommen  nur  der  Vergleichung  halber  ausnahmsweise  vor.  Das  Buch  beginnt  mit 
den  rein  quiulratischen  CUeichungen.  Ks  zei^filllt  in  drei  Tlieile.  Der  1.  Theil 
behandelt  die  Gleichunj»en  mit  einer  I'nhekaunteu,  der  2.  Theil  die  mit  zwei 
Unbekannten,  der  3.  die  mit  drei  und  vier  Unbekannten.  Die  Auflösung  aller 
(ileichung(?n,  wenn  auch  viele  derselben  scheinbar  von  einem  höheren  Grade  sind 
und  im  2.  Tlu'il  8elV»st  Auij^aben  vorkonnnen,  die  üb(?r  den  20.  und  30.  Grad  hinaus 
zuj^ehen  scheinen,  ln><st  sieh  bri  einrr  j^'ceij^ncteu  Uehjindluni^  mit  Hülfe  quadratificher 
Glciehuniren  bearhatfen. 


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