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Zeitschrift
für
Mathematik und Physik
herausgegcbon
unter der vernntwortliclion Roilaction
voll
Dr. O. Schlömilch, Dr. E. Kahl
1111(1
Dr. M. Cantor.
Dreizehnter Jahrgang.
Mit 5 lithograpliirten Tafeln. ^
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LEIPZIG,
V«rlHg von B. G. Teubner.
1S68.
1929k?*^
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Inhalt.
Arithinetik und Analysis. Seiio
Znr Anwendung der Kettenbrüche. Von Prof. Jon. Lieblein Ö3
Bemerkungen über einige bestimmte Integrale. Von Dr. A. Enneprb • • . 250
Ableitung der PArtialbruoh- nnd Productentwickehingcn für ^ic trigonome-
trischen Functionen. Von Prof. Dr. Scbröter 254
Zwei Sätze aus der Theorie der binären quadratischen Formen. Von G, Cantor 259
Anflösnng einer Aufgabe von Boncompagni, die Snmme von Cnbikzahlcn be- \' • '.
treffend. Von Dr. L. Matthibssbn . . . ' 348
Note über die Integration der partiellen Differentialgleichung
Von Dr. Ttchben 441
Zur Theorie der Maximal- und Minimalwertbe. Von Prof. Klbibpblleb . . 515
Synthetische nnd analytisohe Geometrie.
Ueber eine das Hyperboloid betreffende Aufgabe. Von Prof Dr. Gordan • . 69
Lineare Construction eines Punktcpaares, welches zu zwei gegebenen Punkte-
paaren gleichzeitig harmonisch ist. Von Dr. Gbblle 148
Ueber das grösste einer Ellipse einbeschriebene n-Eck. Von Dr. Grelle . 153
Verallgemeinerung des Problems der kürzesten Linie. Von Dr. Lüroth . • 156
Ueber den Obelisken und das Prismatoid. Von Dr. Bauer 100
Ein geometrisches Paradoxon 162
Ueber die Bedingungen, dass vier Punkte auf einem Kreise und fünf Punkte
auf einer Kngelfläclie liegen. Von Dr. A. Ennbper 261
Ueber eine gewisse Ciasse von Curven dritten Grades. Von F. Eckabdt . ' . 263
Die pr ojectivisc he n Eigenschaften der gewöhnlichen nnd aus-
gezeichneten Elemente ebener Curven. Von P. Scholz . • 207
Fortsetzung und Schluas dieser Abhandlung 355
Ueber die developpabele Fläche, welche zwei gegebenen Flächen umschrieben
ist. Von Dr. Enneper 822
Ueber den Aufsatz von Grelle : „ Lineare Construction eines Punktepaares,
welches zu zwei gegebenen Punktepanren gleichzeitig harmonisch ist".
Von Dr. H. Hertzer 352
Erklärung in Betreff der Abhandlung des Herrn v. Drach, über die cubischen
Kegelschnitte. Von O. Hesse , A. Clebsch und C. Neumann .... 353
Ueber Polartetraeder und die Schnittcurve zweier Flächen
zweiterOrdnung. Von Dr. Lüroth 403
Ueber Cnrvenbündel dritter Ordnung. Von Prof. Dr. Reye 521
Einfache lineare Construction der Flächen zweiter Ordnung aus neun und
ihrer Durchdringungscurven aus acht Punkten. Von Prof. Dt, I^ü.^^ • VH
Gelegentliche Bemerkung über die Ellipse, Von 0. ScHLi»MiiXH • • . % • ^"^
IV Inhalt.
Deseriptive (Geometrie und Gedoäsie. seiie
Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der höhe-
ren Geodäsie. Von Dr. F. R. Helmert 73
Fortsetzung und Schhiss dieser Abhandlung 163
Ueber Isophoten (Linien gleicher Lichtintensität). Von Dr. L. Bürmestbr 227
•
Mechanik.
Ueber die Formveränderungen prismatischer Stäbe durch
Biegung. Von Prof. A. V. Pkschka 38
Mittheilung aus Thomson and Tait: ireaiise on natural phUotophy, Von Dr.
Krdmkb 347
Zweite Mittheilung aus Thomson and Tau: ireatise on natural phihsophy. Von
Dr. Kbummb 445
WämLelehre nnd Moleonlarphysik.
Mathematische Studien über die Materie. (Zur Lehre der Aqui-
valentvolumina.) Von L. Püdenz 187
Beiträge zur Molecularphysik. Von Prof. Wittwbr 2ii
Beit rag zur mechanischen Theorie der Wärme. Von Prof. Eibel . 491
Ueber den Temperatur zustand eines von zwei nicht concen-
trischen Kugelflächen eingeschlossenen Körpers. Von
Dr. FaoscH 497
Elektrioität nnd Magnetisnins.
Beiträge zur Geschichte der Fortschritte inder elektrischen
Telegraphie. Von Prof. Dr. Zetzsche 1
Fortsetzung und Schhiss dieser Abhandlung 451
Die mathematische Bestimmung derEIectricitätsvertheilung
auf Conductoren. Von Dr. Kottbbitzsch 121
Zur Geschichte der Erfindung- der elektrischen Telegraphie. Von Prof. Dr.
Zetzsche 350
Ueber die magnetische Fern Wirkung elektrischer Ströme und
Stromringe. Von E. Wetr 414
Vermiflohtes.
Neues Flintglas 72
Beiträge zur Kenntniss der Sternschnuppen 161
Das Carpi-Präminm 352
'• . (
I.
- « ^ ..
Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
Telegraphie.
Von
Professor Dr. Eduard Zetzsche.
V. Die imterseeisolie Telegraphie.
(Zweite Abtheilang.)
(Hierzu Tafel I, Fig. 1—37.)
Nachdem wir in dem vorhergehenden Aufsätze einen üeherhlick über
die Entstehung und Ausbreitung der unterseeischen Telegraphie zu geben
versucht haben, lenken wir nun unsere Aufmerksamkeit auf
II. Die unterseeische Leitung selbst.
In Betreff der Unterseekabel oder Telegraphentaue, welche die
Leitungen für die unterseeischen Telegraphen bilden, sind vorwiegend
folgende Punkte näher zu erörtern : die Einrichtung und Herstellung der
Unterseetaue , die Prüfung derselben , ihre Legung und nöthigenfalls ihre
Wiederaufholung und Ausbesserung.
1. Bie Sinriohtimg und HersttUnng der TTaterteetaue.
An jedem unterseeischen Telegraphenseile lassen sich drei ver-
schiedene Theile unterscheiden, nämlich der eigentliche Leiter, die
Isolationsmittel und die Schutzmittel.
Das Material, welches den eigentlichen Leiter der Elektricität bilden
soll, mnss namentlich bei langen Unterseeleitungen ein möglichst guter
Leiter sein und darf zugleich weder an sich selbst, noch durch das
Isolationsmittel und durch die elektrischen Wirkungen des Stroms Ver-
änderungen ausgesetzt sein, welche das Leitungsvermögen vermindern oder
gar den metallischen Zusammenhang des Leiters gefährdew*^ e^^^u^^ ^v^t^a^
darf der Leiter e'we Dacbtbeilige Wirkung auf das l8o\al\oiiÄm\\\.^\ %ää-
Zeiltehrift f. Mathematik a. Physik XIU, 1. Y
2 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
üben. Diesen Anfordernngen ejiWpjricdjC möglichst reines Kupfer ziem-
lich vollkommen, weshalb ^e^ ^st^Ugfemein für diesen Zweck Verwendung
gefunden hat. Das Kvpfee. nmbs natürlich «ehr sorgfältig ausgewählt und
vor seiner Verwi^MvAg' auf seine Leitungsfähigkeit untersucht werden.
Zu noch grölBser&r.lBicherheit jedoch schldg C. F. Varley vor, einen oder
mebrcT^/der'Drähte , aus denen die Leitung hergestellt wird, ganz oder
Ihefb^.elfie aus Platin zu machen, damit, falls ja das Kupfer weggefressen
• » • •
•*. ^*ül:de, das Platin den Strom noch leiten könne (Deutsche Industrie-Ztg.
1866, S. 338). Ausser dem Kupfer kam auch Eisen zur Anwendung; so
legte T. P. Shaffner Eisendrähte Nr.lO im Mississippi und S. C. Bishop
in New- York im Hudson {Shaffner^ ielegraph manual^ S. 600 und 603).
Baudouin endlich schlug vor, Aluminium zu verwenden. Anfänglich
benutzte man einen einfachen Kupferdraht von entsprechendem
Querschnitte. Bei dem im Sommer 18&6 im St. Lorenzbusen versenkten,
von Glass, Elliot&Co. verfertigten Tau war zum ersten Male der
Leiter aus mehreren Kupferdrähten (nach Shaffner^ teUman. S. 617 aus
vier, nach Zeitschr. d. Tel.-Ver. 3, S. 178 und Ztg. d. Vereins deutschen
Eisenbahnverw. 1861, S. 334 aus sieben Drähten Nr. 22) zusammen-
gedreht {Mechanics Magazine 64^ S. 513). Schon am 21. Juni 1854 hatte
Henry Vernon Physickin London ein Patent auf solche ans mehreren
Drähten zusammengedrehte oder geflochtene Leiter erhalten, während Pro-
fessor William Thompson und die Civilingenieure John Thompson
nnd William John Macquorn Rankine, sämmtlich in Glasgow, unterm
4. December ein ganz ähnliches Patentgesnch eingereicht hatten {Mech,
Mag. 62, S. 40 u. 620). Im September 1857 wurde ein Tau mit 4 aus je
4 Dräthen bestehenden Leitern zwischen Sardinien pnd Afrika gelegt, und
seitdem werden die Leiter vorwiegend aus mehreren zusammengedrehten
oder parallel neben einander liegenden Kupferdrähten hergestellt; sehr
häufig wendet man 7 Dräthe an, von denen 6 spiralförmig um den siebenten
herumgewunden werden. Dabei hat man, obwohl die Leitungsfähigkeit etwas
geringer wird (nach Whitehouse etwa 8%; Delamarche, Elemente
der unterseeischen Telegraphie S. 24), offenbar eine vermehrte Sicherheit
gogen eine Beschädigung des kupfernen Leiters (Ader). Besteht nämlich
die Ader aus blos 1 Drahte, so könnte sie bei einer etwa in diesem vor-
handenen fehlerhaften oder schadhaften Stelle leicht reissen und der ganze
Leiter wäre dann unbrauchbar. Bei einer aus mehreren Drähten oder Fäden
gebildeten Ader dagegen können die einzelnen Drähte solche ursprünglich
vorhandene oder später entstandene Fehlerstellen haben und sogar an
solchen Stellen reissen, ohne dass dadurch die ganze Ader den Dienst ver-
sagt, weil es ganz unwahrscheinlich ist, dass in allen Drähten fehlerhafte
Stellen neben einander zu liegen kommen. Ausserdem besitzt auch der zu
mehrfädigen Adern verwendete feinere Draht an sich schon eine grösser^
OJelchartlgkeit und solche aus mehreren Drähten zusammengedrehte
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche.
Adern vertragen eine grössere Dehnung. Freilich werden sich bei mehr-
'ftdigen Adern auch mehr Stellen finden, an denen die einzelnen Drähte
behnfs ihrer Verlängerang zusammengelöthet sind, und daher muss dieses
Zasammenlöthen der einzelnen zur Ader zu verseilenden Drähte mit
besonderer Sorgfalt ausgeführt werden , damit nicht durch unvollkommene
Löthungen der Widerstand des Taues ohne Noth vermehrt werde. Wenn
ferner ein Draht der Ader springt und zufällig die isolirende Hülle verletzt
oder durchbohrt, so kann das eindringende Wasser das ganze Tau durch-
dringen und einen grösseren Stromverlust veranlassen; dem könnte man
jedoch durch Zusammenlöthen der verschiedenen Drähte der Ader be-
genen {Du Moncel^ traite de telegraphie electrique, S. 253).
Mit der Dicke des Leiters wächst zwar dessen Leitungsfähigkeit,
allein auch die Schwierigkeiten bei der Herstellung, Verladung und Ver-
senkung, weshalb man die Dicke nicht zu gross wählt. Bei langen Tauen
hat der Leiter im Mittel etwa 2 Millimeter Durchmesser; bei kurzen Tauen
kann man bis auf 1 Millimeter herabgehen. (Delamarche, Elemente S. 43.)
Die Zahl- der Leiter in einem Taue wechselt zwischen 1 und 6.
Die ersten Taue hatten in der Regel eine grössere Anzahl Leiter, während
die in den letzten Jahren versenkten meist nur 1 Leiter enthalten. Mit der
Zahl der Leiter wächst natürlich der Durchmesser des Taues , daher auch
dessen Steifigkeit und Gewicht , sodass namentlich bei sehr grossen Tiefen
dadurch zugleich die Legung schwieriger wird. Zu erwähnen ist hier noch
ein am 15. September 1855 als Mittheilung patentirter Vorschlag von Gor-
don, unter Verzichtung der Benutzung der Erde als Rückleitung, zwei
Drähte nahe an einander in dasselbe Tau ztf legen und als einen Stromkreis
zn benutzen, damit beide stets gleich stark, aber entgegengesetzt geladen,
somit Rückströme und Inductionsströme in benachbarten Drahtpaaren un-
möglich würden {Mech, Mag. 64 S. 424; Delamarche, Elemente der un
terseeischen Telegraphie S. 19; vergl. auch Poggeudorff's Annalen
102 S. 66). Ein ähnlicher Vorschlag von J. N. Hearder findet sich im
Civil Engineer and Architects Journal 1859. S. 219.
Eine iiolirende Hülle muss der Leitungsdraht erhalten, weil das
Wasser die Eiektricität leitet. Diese Hülle soll ausserdem undurchdring-
lich und im Wasser unveränderlich sein. Das jetzt vorwiegend zur Isola-
tion verwendete Material ist Guttapercha. Getheertes Garn und Kautschuk
sind zwar früher, als Guttapercha, aber nur vorübergehend angewandt wor-
den. Die Guttaperchaallein ist indess noch nicht ein so vollkommener Isolator,
als man wünschen muss; daher benutzt man meist gleichzeitig noch irgend
eine aus verschiedenen Stoffen zusammengesetzte Mischung. Die von
L. Wraj vorgeschlagene Mischung besteht aus 2 oder 2^ Theilen Kaut-
schuk, ^k Theil Harz, 1 Theil gepulvertem Quarz oder Thonerde und
etwa Vg Theil Guttapercha; sie isolirt sehr gut, ist schwer &^Vim^\2X)^T \i\A
ihr Widerstand wächst mit der Temperatur , allein sie kaniv täqXiX. wi ^^^
4 Beiträge zur Gescliichte der Fortschritte in der elektrischen
»•S^S^r^^N-- .
Oberfläche der Taue angewendet werden, da sie leider vom Meerwasser
zerstört wird. Die noch geheim gehaltene Mischung von Hngbes ist eine
anscheinend der Steinkohle entstammende, klebrige Substanz, weiche
zwischen die verschiedenen Lagen von Guttapercha gebracht wird , um die
Poren nnd Risse derselben auszufüllen. R a d c 1 i f f e vermischt Guttapercha mit
Kohle, um ihre Daner zu erhöhen; dabei erhöht sich aber das Isolationsver-
mögen nicht wesentlich nnd es wird auch geringer, wenn die Temperatur
steigt. Ebenso ist es bei der Mischung von Godefroy, welche aus Gutta-
percha und gestossenenKokusnussschalen besteht. Die so häufig angewandte,
am 9. August 1858 patentirte Mischung von John Chatterton (und Wil-
loughby Smith) enthält 3 Theile Guttapercha ; 1 Theil Stockholmer oder
Holztheer und 1 Theil Harz, ein Verhältniss, bei dem das Ganze entspre-
chend flüssig ist; sie erhärtet in der Kälte, wird aber bei etwas höherer
Temperatur flüssig; sie wird warm zwischen die verschiedenen Lagen Gutta-
percha aufgetragen {Du Moncel^ iraite de teL eleclr, S. 254; Polytechnisches
Centralblatt 1860 S. 342; 1863 S. 899). Siemens und Halske geben dem
Leiter zunächst eine dünne Schicht Chatterton's Compound; hierauf wer-
den ohne Anwendung von Wärme schmale, lange Bänder von Kautschuk
aufgewalzt, dann wieder Chatterton's Compound und eine Lage Gutta-
percha; darüber kommen 2 Lagen von besonders vorbereiteten Hanfschnü-
ren in entgegengesetzten Windungen nnd zuletzt wird ein Band von (phos-
phorhaltigem) Kupferblech spiralförmig um das Tau gewunden, so dass
das Tau nicht dicker als V^ ^oi^ ^^^ nicht theurer wird, als ein mit
Eisendraht nmhülltes (Deutsche Industrie- Zeitung 1864 S. 100; Du Moncel^
iraite de tel. el. S. 262).
Das Kautschuk muss rein sein, wird in schmalen Streifen an-
gewendet, die mit ihren frischgeschnittenen Rändern an einander kleben,
und das Ganze wird durch heisses Wasser gezogen, mit vulkanisirtem
Kautschuk eingehüllt und einer höhern Temperatur ausgesetzt, damit sich
die Flächen gut vereinigen. Siemens und Halske wenden parallele Läng-
streifen an, Silver dagegen windet die Streifen spiralförmig um; Biloret
endlich wickelt Kautschukfäden um den Leitungsdraht (Du Moncely iraite
de ie'l. dt. S. 255 — 257).
Die Guttapercha muss ebenfalls möglichst rein sein und wird des-
halb auf besonderen Maschinen gereinigt; sie wird in mehreren dünnen,
von Blasen und Rissen freien, den Draht ringsum in gleicher Dicke umge-
benden Lagen aufgebracht und äusserlich mit Stockholmer Theer umgeben,
die umpressten Drähte dürfen der Luft und Wärme nicht ausgesetzt, son-
dern müssen an kühlen Orten in Rollen mit nur schwach gekrümmten
Windungen, womöglich unter Wasser aufbewahrt werden. Denn während
die Guttapercha im Süss- und im Meerwassersich viele Jahre hindurch ganz
unverändert erhält und erst bei 70° C. weich und knetbar wird, fängt sie
schon bei 30^ C. ah zu erweichen nnd dabei könnte der Draht die Lage
Telegraphie. Von Dr. EduAED Zetzsche.
genau in der Mitte seiner Hülle verlassen ; an der Luft und im Licht femer
wird die Guttapercha bröckelig und zerbrechlich, wechselnde Nässe und
Trockenheit aber zerstören sie sehr bald , besonders im Sonnenlichte. Vul-
kaoisirte d. h mit Schwefel versetzte Guttapercha bewährte sich nicht, da
sich zunächst Schwefelkupfer bildete und dieses mit der Guttapercha zu
einer dunkelbraunen, die Elektricität leitenden Masse verband. Bramley
schlug vor, die Dauer der Guttapercha durch einen Zusatz von Creosot
oder dgl. zu erhöhen (Polytechnisches Centralblatt 1860. S. 628).
Die Temperatur ist von Einfluss auf die isolirenden Sto£Pe, ebenso
der Druck, dem sie ausgesetzt werden; letzterer verdichtet dieselben und
vermehrt dadurch das Isolations vermögen. Diese Stoffe nehmen an ihrer
Oberfläche etwas Wasser auf, die Guttapercha jedoch vom Meerwasser
nur eine unbedeutende Menge und nur in der äussersten Schicht; mehr da-
gegen nimmt Kautschuk auf. Die Wasseraufnahme ist um so grösser, je
höber die Temperatur, je grösser die Dichte des Wassers und je kleiner
die Dicke der isolirenden Schicht ist.
In Frankreich nimmt man allgemein an, das Kupfer der Drähte wirke
reducirend auf das Kautschuk und bewirke dadurch dessen Zerfliessen , da
ja das Weich werden desselben von innen heraus beginne. Mit Gomme vierge
de Para (amerikanisches Kautschuk) versetztes Kautschuk dagegen zeige
dies nur an den der Luft ausgesetzten Drahtenden. Ausserdem könnte
man dem entgegen arbeiten, wenn man zwischen Kupfer und Kautschuk
eine Schicht von Guttapercha oder Chatterton's Mischung bringt.
Das Umpressen des Leitungsdrahtes mit Gu1|{apercha erfolgt in
einem grossen wagerecht liegenden Cylinder, welcher durch Dampf soweit
erhitzt ist, dass die eingebrachte, in besonderen Kesseln bereits vor-
gewärmte und erweichte Guttapercha in ihm halbflüssig wird, infolge
des mittelst eines in den Cylinder allmählich tiefer und tiefer eingeschraub-
ten Kolbens auf sie ausgeübten starken Drucks aus einer nach oben mün-
denden Oeffnung austritt und sich dabei an den genau in der Mitte des
Mundstücks durchgeführten Draht anlegt. Nach dem Austritt des Drahtes
erkaltet der Guttaperchaüberzug, erstarrt und der umpresste Draht kann
auf eine grosse Trommel aufgewunden werden. Ferr^re entwarf eine
ganz ähnlich eingerichtete Maschine , in der mehrere Drähte zugleich Über-
zogen werden können (Dingler's polytechnisches Journal 139 S. 11). Vor-
theilhafter ist es, den Kolben durch eine im Cylinder angebrachte, in ste-
tiger Umdrehung erhaltene Schraube ohne Ende (Schnecke) zu ersetzen
und durch diese die Guttapercha durch ein am Ende des Cylinders befind-
liches Mundstück J»indurchzupressen , so dass sie sich an den ebenfalls
stetig durch das Mundstück geführten Draht anlegt; so braucht nämlich
der Betrieb keine Unterbrechung zu erleiden. Damit zwischen dem Drahte
und der Guttapercha keine Zwischenräume oder Luftbläschen bleiben^ tt&\iWl
man den Draht meist erst mit Chatterton's MLiBcliung undi \^\^\. *^xd^
6 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
dann mehrere Lagen von Guttapercha, deren jede nicht unter 1 — 1,2 Milli-
meter dick sein darf, wenn für die Güte der Arbeit eingestanden werden
soll. Man beschränkt sich in der Regel auf 3 — 5 Lagen, obwohl bei Probe-
tauen bis 25 Lagen angewendet worden sind. Ueberzogen werden Kupfer-
drahtlängen von 3000 — 6000 Fuss ; die Vereinigung dieser Längen erfolgt
dann so, dass man die Drahtenden auf 5 — 6 Zoll blos legt, sorgfältigst
zusammenlöthet , mit mehreren Lagen Guttaperchastreifen umwickelt, den
Ueberzug mit der Spirituslampe erweicht und mit dem Finger an den
Draht andrückt.
Eine eigenthümliche Herstellungsw^se von Telegraphen tauen Hessen
sich Southworth, Lorillard & Ferris in Neu-York für England paten-
tiren : sie fertigen nämlich zunächst ans Guttapercha, Kautschuk oder einem
andern Isolator einen Strang mit fortlaufenden Längsrippen, also mit
kreuz- oder sternförmigen Querschnitten , legen darauf in einer besonderen
Maschine je 1 Draht zwischen je 2 Rippen dieses Strangs und nöthigen nun
den Strang durch eine sich umdrehende, trichterförmig ausgehöhlte Spindel
zu gehen , wobei sich die Rippen um die Drähte herumlegen ; der aus der
Spindel austretende Strang wird sofort mit Draht oder Garn , welches von
einer Spule kommt, umwickelt, um die Rippen in ihrer Lage fest zu halten ;
von 3 Spulen einer andern Spindel erhält dann das Ganze eine zweite Lage
von Garn oder Draht, läuft durch ein Gefäss mit kaltem Wasser und wird
endlich nochmals mit Garn oder Draht umwunden, welche von Spulen einer
sich mit umdrehenden Scheibe ablaufen (Ding 1er 's Journal 179 S. 52 aus
London Journal, Ogitober 1865).
P. A. Balestrini (Patentgesuch vom 8. Septbr. 1855; Mech. Mag, 64
S. 402) sucht die Guttapercha ganz zu umgehen; er lässt die Drähte mit
Hanf oder einem andern Faserstoff umspinnen, mit mehreren Schichten
Kautschuklösung und einer Schicht Marineleim tiberziehen, eine gleiche
Umspinnung in entgegengesetzter Richtung mit ebensolchem Ueberzug
darüberlegen und das Ganze mit einer Hülle von mit wasserdichten Stoffen
getränktem Hanf bedecken; sind mehrere so isolirte Drähte in ein Tau zu
vereinigen, so werden sie vorher mit Draht umwickelt.
Capitän R o w e 1 1 isolirt den kupfernen Leiter mit 7 Lagen Kautschuk,
schliesst ihn in ein zolldickes Hanfseil und schützt das Tan mit seiner sich
als wirksam erweisenden Schutzlösung, unter Ausschluss jeder Eisenhülle
{The Atlantic Telegraph, S. 106).
Zum Schutz gegen die Luft wird die Guttaperchahülle mit einer oder
2 getheerten Hanflagen umgeben. Dies g^chieht in einer einfachen
Maschine , die zwischen 2 hölzernen Scheiben eine Anaahl von Spulen ent-
hält, auf welche die Hanffäden oder Schnuren aufgewickelt sind und sich,
wenn die Scheiben in Umdrehung versetzt werden , auf das langsam und
gleichmässig durch die hohle Axe der beiden Scheiben laufende, zu um-
apinnende Tau aufwickeln, da jeder Faden durch ein Loch der hohlen Axe
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche.
nach dem Tau geführt ist. Werden mehrere Guttaperchadrähte in ein Tau
vereinigt, so werden bei der Ueberspinnung die Zwischenräume zwischen
ihnen durch parallel eingelegte Hanfschnüre (Trensen) ausgefüllt. —
Capitän Koux umwickelt das Kabel, um es leichter zu machen, mit einer
dicken Schicht von dem im südlichen Frankreich vielfach verwendeten
Hattengeflecht («/^aWerte) , welches auf dem Wasser schwimmt, nicht gc-
theert zu werden braucht und im Wasser nur langsam fault (Comptes ren-
dus 72, 8. 284).
Die grösste Mannigfaltigkeit herrscht in Bezug auf die eigentliche
Schutshtllle » welche das Tau bekommt. Zwar hat man, namentlich früher
z. B. 1850 bei dem Tau zwischen Dover und Calais, wiederholt versucht,
die Guttaperchadrähte ohne weitere Schutzhülle in das Wasser zu versen-
ken; dies erscheint indess nur dann zulässig, wenn die Wassertiefe nicht
so bedeutend ist, dass das Tau beim Versenken durch die Last des im
Wasser schwebenden Stücks und durch die etwa hinzukommenden Zer-
rungen oder Stösse einer nachhaltigen Dehnung oder gar dem Zerreissen
ausgesetzt ist, und wenn zugleich das gelegte Tau so ruhig und weich auf
dem Boden liegt, dass ein Abscheuern der Guttaperchahülle ebensowenig,
wie eine Beschädigung des Taues durch Schififsanker oder Bohrmuscheln
zu befürchten steht. Gewöhnlich ist eine besondere Schutzhülle ganz
unerlässlich ; durch dieselbe wird die absolute Festigkeit des Taues ver-
grössert und das versenkte Tau gegen äussere Beschädigungen geschützt,
allein die Schutzhülle vermehrt zugleich auch das Gewicht des Taues und
es ist natürlich wesentlich darauf zu achten, dass das Gewicht des Taues
nicht etwa ^in stärkerem Masse wachse , als die Festigkeit gegen den Zug.
Je schwächer man die Schutzhülle nehmen kann, desto billiger wird es und
desto mehr kann man allen das Tau gefährdenden Unfällen beim Einladen,
Verschififen und beim Legen entgehen zu können hoffen*). Man hat des-
halb in dieser Richtung sehr verschiedene Vorschläge gemacht; so schlug
Allan vor, einen 4 Millimeter dicken Kupferdraht mit 24 Stahldrähten von
der Dicke einer Nähnadel spiralförmig zu umwickeln und das Ganze mit
4 Lagen Guttapercha zu überziehen und mit einer doppelten Lage getheer-
ten Bandes zu. versehen (^JDu Moncel, traild detel.eL S. 262); ferner wollte
Bauduoinals Leiter einen Eisendraht von der 6^^fachen Dicke eines aus-
*) Vgl. auch Dingler 's Journal 184 S.278 aus Afech. Mag. März 1867, S. 1^9:
Proben des Kabels, welches nach dem Verfahren der British and Americain Telegraph
Company angefertigt und darch längere Zeit dem Versuche unterworfen waren, haben
bei ihrer neuerlichen Untersuchung gezeigt, dass mit der Zeit, innerhnlb welcher
solche Kabel in der tiefen See versenkt bleiben, ihre Festigkeit und Isolationsfähig-
keit zunimmt. Die Verringerung des Gewichts und des Volumens lässt erwarten, dass
die Anwendung solcher Kabel mit geringeren Kosten und weniger SchwierigkeUen
verbunden sein dürfte, als dies bei den schon ausgeführten 2 Unterseelinien der
Fall war, um so mehr, als das Auslegverfahren für ein neues Kabel^i^^^uVW^^^^x-
besserongen erfahren kann.
8 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
^^>^ ^^-^^■^■.•Wrf'Ni^.^N^rf
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reichendiBn kupfernen Leiters verwenden, etwa 6 Eisendrähte von 2 Milli-
meter Dicke zusammendrehen und hlos mit getheertem Hanf ohne Schutz-
dräbte bedecken, oder einen 2 Millimeter dicken Aluminiumdraht blos mit
Guttapercha bis zu mindestens 5 Millimeter Dicke überziehen , oder auch
den Leiter aus Kupfer, Alumiu und Eisen zugleich herstellten {Glösener^
iraile des applicaiions de Velectricite, Paris 1861, S. 275—282; Du Moncel,
reuue des applicaiions de Telectricite pour 1857 et 1858, Paris 1859, 8. 21, 88, 9J).
Das zwischen Varna und Balaclava gelegte Tau hatte blos an den Uferenden
eine Schutzhülle. Dass übrigens bei ruhigem Wasser auf dem Meeresboden
eine etwaige Beseitigung der Schutzhülle dem Tau selbst nicht gefährlich
ist, haben die wiederaufgenommenen Taue dargethan, z. B. das erste Do-
ver-Calais-Tau, das Tau zwischen Dover und Grisnez bei seiner Ausbesse-
rung im Jahre 1859 (Zeitschrift des deutsch-österreich. Telegraphen-Vereins,
8, S. 185), eines der Shoeburyness- Kabel {Mech, Mag, 13, S. 347) und das
atlantische Kabel vom Jahr 1865 (Schellen, das atlantische Kabel, Braun-
sehweig 1867, S. 117). Bei Tiefseetauen sind die Küstenenden weit mehr
Beschädigungen durch Schiffsanker und den Wellenschlag ausgesetzt, als
die Mittelstücke; daher pflegt man den Küstenenden eine weit stärkere
Schutzhülle zu geben, als den Mittelstücken und kann dies unbedenklich,
weil bei der an den Küsten vorhandenen geringeren Tiefe die Legung
dadurch nicht gar zu sehr erschwert wird. Die Schutzhülle darf femer
nicht so eingerichtet sein, dass sie eine Ausbesserung des Taues, falls sein
Leiter beschädigt werden sollte, unmöglich macht. In manchen Fällen ist
die Schutzhülle zugleich dazu bestimmt, dem Tau übei;haupt ein so grosses
specifisches Gewicht zu verschaffen, dass es von selbst untersinkt, man also
nicht nöthig hat, es, wie z. B. das von 1850 zwischen Dover und Calais ge-
legte Tau durch besondere Gewichte zu beschweren.
Eine in England zur Prüfung der Ursachen des Misslingens so vieler
Unterseetaue und zu Untersuchungen über die zweckmässigste Einrichtung
der Taue niedergesetzte Commission, welcher auch die Professoren Thom-
son und Wheatstone, Varley, Latimer Clark, Edwin Clark,
William Fairbairn und Joseph Whitworth angehörten, äussert
sich (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 8, S. 182 und 11,S.72; Du Moncel.iratte de iel. eU
S. 258) dahin, dass kein Tiefseetau leicht sein dürfe, weil es sonst nicht
wieder aufgenommen werden könne und weil sich beim Versenken das
grössere Gewicht durch ein grösseres Volumen ausgleichen lasse, so dass
die Spannung beim Legen trotzdem nicht grösser sei, als bei einem
leichten Tau; dass fast kein leichtes Tau sich bewährt habe, schwere da-
gegen um so besser, je schwerer sie waren; daher sei eine blose Hanf-
httUe nicht ausreichend, vielmehr eine Metallhülle nöthig, zwischen ihr
und dem Isolator aber müsse eine dicke Decke getheertes Garn oder Band
befindlich sein, um während der Erzeugung und Legung des Taues als
Polster zu dienen. Mit Rücksicht auf die Verhütung einer zu grossen
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 9
Dehnung des Taues, einer zu grossen Pressung der isolirenden Hülle und
Verhütung von Schlingen beim Legen empfiehlt die Commission die
Schatzdrfthte in möglichst steilen Windungen amzalegen, also möglichst
parallel zum Leiter*). Für Taue in seichtem Wasser sei das Gewicht
nicht maassgebend, sondern der Schntz gegen von Aussen kommende Be-
schädigung. Um ein Anhängen der Meeresthiere zu verhüten, könne man
dem Tau einen mit einem Gift versetzten Anstrich geben, wie es Jon v in
fKr eiserne Schiffe vorgeschlagen hat, nämlich ein Gemisch aus preuesischem
Blau und Turpethum minerale (basisch schwefekaures Quecksilberoxyd),
woraus sich unter Wasser Quecksilbercyanid-Chloruatrium, ein sehr hef-
tiges Gift, bildet
Auch zur Schutzhülle sind sehr verschiedene Stoffe vorgeschlagen und
verwendet worden : O^Shaughnessy benutzte 1839 gespaltenes indisches
Rohr für ein Flusstau. Duncan Hess sich in England das Eatan- oder
Botang-Rohr für diesen Zweck patentiren, welches im südlichen Ben-
galen und China in gleichmässig 60 Fnss langen Stücken massenhaft und
billig zu haben ist und dessen kieselige Rinde weder vom Wasser noch
von Insecten angegriffen wird ; die Seele des Taues soll mit den Rohrstä-
ben ähnlich wie mit Drähten umsponnen werden. (Deutsche Industrie-
Zeitung 1862 S. 131; Du Moncel^ traue S. 263). Auch spanisches Rohr
wurde versucht (Deutsche Industrie - Zeitung 18Ö3 8. 35). Ein B 1 e i ü b e r -
xug wurde wiederholt, u. A. von Samuel C. Bishop in Nenyork (ßhaff-
nerjteL man, S. 006) angewendet. Bishop baute besondere Maschinen
zum Ueberziehen der isolirten Drähte mit Blei; auch John Chatterton
in Birmingham Hess sich am 12. Juni 1851 eine verbesserte Maschine
zum Aufziehen von Bleiröhren auf die Drähte patentiren (Mech. Mag. 56
8. 132; Dingler^s Journal! 24 S. 265). Whishaw schlug vor, das Tau in
bewegliche Eisenröhren zu legen, welche aus Stücken von 1 — 3 Fuss
Länge und 1 — 2% Zoll Durchmesser hergestellt werden sollten, indem
diese mittelst Kngelzapfen verbunden würden, wobei die Verbindungsstellen
nicht wasserdicht zu sohliessen brauchten (Civil Engineer and Archilecls Jour-
nal 1840 S. 804). Zinnröhren über dem Kabel und der Eanfnm Wicke-
lung empfahl Lami de Nozan (Deutsche Industrie - Zeitung 1866 S. 208).
Shepfaerd und Button liessen sich am 23. November 1850 zugleich mit der
Umwiokelung des Outtaperchadrahtes mittelst mit isolirenden Stoffen ge-
tränkten Flannell und darüber mittelst Metall oder Metalldraht ein Verfah-
ren patentiren, nach welchem der Draht in den von den Gliedern einer
Kette gebildeten Winkelranm gelegt und an der Kette mittelst Klampen
*) Diese Ansicht thoilen auch Allan und Delamarche, während Feiten
and Quill eaume bei festem Anelnanderscbliessen der einseinen Drähte oder
Litsen eine sehftdiiche Ansrecknng des Seils nicht für möglich halten (Zeitschr. d.
TeL-Ver. 1, 8. 171; 3, 8. 101). — Bei Wheatstone's Tau von \ft^ *o\\Uiv ^\^
Bchntzdräbte senkrecht zurAxe gewickelt werden (DelamarcYie, YAeTO^nV^, ÄA^\
10 ßeirnge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
A^^^^^^^^v
befestigt werden sollte {Mech, Mag, 54 S. 438). Einen Panzer ans Blech-
streifen oder Stahldrabt in mehreren Lagen mit je einer Zwischen-
lage von Guttapercha unter Vermeid ang von Hanf Hess sich J. de
la Haie patentiren (Deutsche Industrie - Zeitung 1866 S. 308 und 478).
Knpferblechstreifen verwendeten Siemens und Halske 1865 beim
Bona - Biserte • Tau. Das gewöhnlichste Material sind aber Eisen- oder
Stahldrähte, welche theils in Litzen zusammengedreht (nach Feiten und
Guilleaume in Cöln; Zeitschrift des Telegraphen -Vereins 3 S. 178), theils
einzeln umgelegt werden und im letztem Falle wieder entweder und zwar
gewöhnlich in spiralen Windungen oder auch in parallelen Lagen und mit
besonderen Bindedrähten oder Kupferblech (Siemens und Halske; vergl.
Du Moncel^ iraite S. 262) umwickelt Einfache Drähte umschliessen die
Seele dichter und allseitiger; die Litzenumspinnung erhöht zwar die Kosten
des Taues um 257of hat aber den Vorzug, dass ein etwa spriugendei* Draht
durch die andern Drähte derselben Litze verhindert wird , sich vom Tau
loszutrennen. Feiten und Guilleaume in Cöln geben die Kosten eines
laufenden preussischen Fusses eines Seiles mit 4 Leitungsdrähten, mit
doppelter Hanfumwickelung und mit Litzen von verzinktem Eisendrahte
zu 22 Sgr. und bei unverzinktem Eisendrahte zu 18 Sgr. an , während ein
nur mit einfachen dicken verzinkten oder unverzinkten Eisendrähten um-
bponnenes Seil beziehungsweise 13 oder 11 Sgr. kostet (Zeitschrift des Tele-
graphen-Vereins 1 S. 173). Der Eisendraht wird aus dem besten Holzkoh-
leneisen hergestellt und soll eine Tragfähigkeit von 80000 Pfund auf 1 Qua-
dratzoll besitzen*). Die Eisendrähte wurden mehrfach verzinkt, oder ge-
theert oder noch mit einer verhältnissmässig dicken Lage getheerten Hanfs
Übersponnen, um dadurch das specifische Gewicht zu vermindern. Das
Besten und Zerfressen werden der Eisendrähte wird durch diese Hanf-
decke nicht aufgehalten, wohl aber die Festigkeit während des Legens ver-
grössert {Mech, Mag., neue Folge, 13 S. 347). Die Maschine zum Ueberspinnen
des Seils mit den Eisendrähten oder Litzen ist der schon erwähnten Ma-
schine, welche die Guttaperchahülle mit der Hanflage versieht, ähnlich,
nur in allen Theilen stärker und grösser; durch grosse Seilscheiben wird
das fertige Seil von der Maschine selbst herausgezogen; beide Maschinen
werden durch Dampf getrieben. Die Herstellung der Taue in der Fabrik
von Felten&Guilleaumein Cöln ist in der Zeitschrift des Telegraphen-
Vereins (l S. 160 — 178 und daraus in Dingler*s Journal 134 S. 117) ausführ-
lich beschrieben.
Wesentlich abweichende Einrichtungen der Telegraphentaue wnrden
*) Newa 11 verlangt eine Tragfähigkeit von 60 Kilogramm auf l Qoadrat-
millimeter; beim amerikanischen Tan riss das Eisen bei 70 Kilogramm, bei 4em
Tan zwischen Sardinien nnd Algier bei 41 -—42 Kilogramm (Pelamarche, Ele-
mente, S. 47.
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 11
▼on ThomasAllaB in London und von S. Statham vorgeschlagen. Nach
Allan (Patent vom 8. Februar 1853) soll das Tan einen gerade laufenden
starken Eisendraht als Kern erhalten und um denselben die mit Guttapercha
überzogenen Leiter abwechselnd mit starken Eisendrähten spiralförmig ge-
wunden und allenfalls noch durch eine Lage dünner Eisendrähte gegen
Beschädigung von aussen geschützt werden {Mech. Mag, 57 S. 366;
dO S. 137; 63 S. 414 und 613). Eine englisch • amerikanische Gesellschaft
beabsichtigte Falmouth und Halifax durch ein Allan^sches Kabel zu
verbinden (Deutsche Industrie- Zeitung 1867 S. 309). Statham dagegen Hess
sich am 15. August 1855 ein Verfahren patentiren , nach welchem um eine
isolirende Seele (mit oder ohne darin befindlichen Draht oder Schnur) einer
oder mehrere Leitungsdrähte gewickelt werden und nach Befinden Draht-
lagen mit isolirenden Lagen abwechseln sollten; nach einem Patent vom
26. Januar 1856 dagegen sollte als Leiter ein hohles Seil aus spiralförmig
gewundenen Metalldrähten dienen mit oder ohne Seele aus Guttapercha,
Kautschuk und dergl. (Mech. Mag. 64, S. 282 ; 65 S. 304 ; D i n g 1 e r ' s Journal
146 8. 115).
Wird ein ans so verschiedenartigen Stoffen hergestelltes Seil in seiner
Längsrichtung einem Zuge ausgesetzt, so dehnen sich alle Stoffe um gleich-
viel und es ist darauf zu achten, dass bei keinem die Elasticitätsgrenze
überschritten wird. Die Guttapercha, deren absolute Festigkeit etwa 3700
Pfund für 1 Quadratzoll beträgt und deren specifisches Gewicht 0,08 ist, er-
reicht die Elasticitätsgrenze erst, wenn sie um 0,04 ihrer Länge gedehnt
•
wird, das Kupfer dagegen schon bei einer Dehnung von 0,ooi3 (Schellen,
d. atl. Kabel 8. 14 und 22). Wird nun beim Kupfer die Elasticitätsgrenze
überschritten, ohne dass sie bei der Guttapercha erreicht wird, so wird
letztere sich nach dem Aufhören des Zugs wieder vollkommen auf ihre
frühere Länge zusammenziehen, das Kupfer dagegen hat «ine bleibende
Dehnung erlitten, muss sich durchbiegen und die Guttaperchahülle durch-
brechen. Die Hanfschnüre können sich um Vio ^^^ Ve ^^f^i' Länge aus-
dehnen und daher müssen hauptsächlich die Eisendrähte, deren Elaäticitäts-
grenze etwas unter der des Kupfers liegt, das Kupfer vor einer das Tau
gefährdenden Ausdehnung schützen. Es ist daher die Dicke der Eisen-
drfthte nach dem specifischen Gewichte des Taues und der Wassertiefe zu
bestimmen. Baudouin hat mehrfache Versuche mit Tauen angestellt
(Glösener^ traiiä des appL S. 277 flg. aus Du Moncelt Revue des appl.
de ViUctr. S. 88). Das 36 Millimeter dicke Tau von Spezzia mit 8 Milli-
meter dicken Schutzdrähten würde bei einer Belastung durch eine Länge
von 0000 Metern des ruhig im Meer hängenden Taues reissen ; das nur 15
Millimeter dicke atlantische Tau mit seiner 0,8 Millimeter dicken Eisenhülle
hat eine neunfach geringere Festigkeit, würde aber doch erst bei 0500 Meter
Länge reissen. Ein nach Band ouin^s Vorschlag hergestelltes Tau mit
eisernem Leiter, welcher allein 1140 Kilogramm trageu kbnuX.^^ h<*i^x^\A
12 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
der Kapferdraht des atlantischen Taues bei 37 Kilogramm Belastung
reissen würde, hätte bei der nämlichen Dicke, wie das atlantische Tau, im
Wasser nicht 462, sondern nur 147 Gramm Gewicht und könnte eine Länge
von 13945 Meter tragen, während das atlantische nur 9480 Meter ku tragen
vermochte. Ein Baudouin^sches Tau mit Alumininraleiter endlich
würde bei 270 Kilogramm reissen, in der Luft 20, im Wasser 7 Gramm
wiegen und könnte eine Länge von i^^^**= 38000 Meter tragen; 4000 Meter
desselben würden nur 78 Kubikmeter einnehmen und 106 Tonnen wiegen
gegen 696 Kubikmeter und 2548 Tonnen beim atlantischen Tau; im
Meer hängend würden 4400 Meter nicht 2032, sondern nur 31 Kilogramm
wiegen; allein sein Preis wäre doppelt so gross.
Die Firma Glass, Elliot & Co. hat in den 8 Jahren 1854 bis 1862
allein 6749 englische Meilen Leitungen ausgeführt (D. Ind.Ztg. 1863, S. 68).
Als Beleg für die grosse Mannigfaltigkeit in der Ausftihrung der
Unterseetaue geben wir auf Tafel I eine Zusammenstellung von Abbil-
dnngen verschiedener ausgeführter Taue, und zwar:
Fig. 1: ein amerikanisches Flusskabel nach Shaffner, Wade und
Sleetk, 1853; a ist ein Draht Nr. 10 aus schwedischem Eisen, dereinen
Zug von 1300 Pfund anshält, b sind 3 Lagen Guttapercha, c getheerte
Leinewand, d Längsdrähte Nr. 10, e Bindedrähte Nr. 12.
Fig. 2: im Hudson gelegtes Tau von Samuel C. Bishop in New-
Yotk ; a mit Guttapercha isolirte Kupferdrähte, h weite Guttaperchahülle,
c Schützhülle aus getheertem Hanfgarn.
Fig. 8: ebenfalls von Bishop; mit 3 Drähten Nr. 10 aus schwe-
dischem Eisen, getrennt durch einen Guttaperchastrang a und umschlossen
von einer Guttaperchahülle b und einer Hanfgarnhülle c.
Fig. 4: von Charles T. und J. N. Chester in New-York; 5Kapfer-
drahte in Guttapercha , in einer getheerten Hanfgamhülle und 12 Eisen-
drähten Nr. 6.
Fig. 5 : ebenfalls von Chester und mit 12 Eisendrähten Nr. 6. Gans
ähnlich war das Mittelmeer- Tau von 1856, nar batte es blos 10 ebenso
starke Schutzdrähte.
Fig. 6: auch von Chester, mit 12 Eisendrähten Nr. 16. Shaffner
(ielegr, man. S. 605) bildet noch 3 andere Taue mit 1 Leitungsdraht and
ähnlicher, aber stärkerer Umhüllung aus 12 Eisendrähten Nr. 10 und 12
oder 9 Drähten Nr. 12 ab; ebenso 2 Taue mit je 6 Litzen aus je 7 Eisen-
drähten für reissende Flüsse, von denen dass stärkste einen .Zug von
14 Tonnen aushalten kann,
Fig. 7: Dover- Calais-Tau vom Jahr 1851, von Newall; mit 4 Kupfer-
drähten Nr. 16, zwischen denen Hanflitzen liegen, mit einer Hülle aus
'Hanflitzen und 10 verzinkten Eisendrähten.
Fig. 8 : Holyhead - Howth - Tau von 1852, von Newall; a Mittelstück,
b Küstenende.
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 1 3
Fig. 0: Donaghadee-Port-Patrick-Taa, 1852, von Newall. Aehnlich
war das Dover- Ostende -Tau, nur dass es 12, aber etwas dünnere Schuts-
drähte hatte.
. Fig. 10: Donaghadee- Port -Patrick -Tau, 1853, von Newall; mit
6 Kupferdrähten Nr. 16 und 12 Eisendrähten Nr. 2. Ebenso war das Hit-
telmeertau von 1855.
Fig. 11: Küstenende des Taues zwischen Oxfordness und Haag, von
Newall.
Fig. 12: Tau von Prinz Eduards -Insel nach Neubraunschweig, 1852,
von Newall.
Fig. 13: Tau für den Balize-Telegraph bei New-Orleans, von NewalL
Ein ähnliches von Newall wurde im Hudson bei New- York versenkt«
Fig. 14: a Mittelstück , b Küstenende des Mittelmeertaues von 1857,
von Newall.
Fig. 15: a Mittelstück, b Küstenende des Taues zwischen Cagliari«
Malta, Corfu, 1857, von Newall. Ganz ähnlich war das indische Tau
(Suez-Aden-Karratschi), nur mit 2 Lagen Guttapercha.
Fig. 16: Tau im grossen Belt, 1853, von Newall.
Fig. 17: Tau zwischen Algier und Port- Vendres, 1860, mit einem 2 Milli-
meter dicken Strang von 7 Kupferdrähten, 4 Lagen von Guttapercha^ abwech-
selnd mit 4 Lagen von Chatte rton^s Mischung, 1 Lage von getheertem
Hanf und 10 Stahldrähten von 2 Millimeter Dicke in getheertem Hanf. Ge-
sammtdicke 22 Millimeter; Gewicht eines Meters in der Luft 620, im Wasser
308 Gramm.
Fig. 18 : Malta - Alezandria - Tau, 1861 ; si'ebendrähtiger Kupfetstrang
von 4 Millimeter Dicke, 3 Lagen Guttapercha, Hanf- und EisenhiQle.
Fig. 19: Bona -Biserte- Tau von Siemens in London, 1865; drei-
drähtiger Kupferstrang, mit einer dünnen Schicht von Chatterton^s
Mischung, darauf 2 Lagen Guttapercha und 2 Lagen getheerten ELanfs,
endlich Kupferstreifen.
Fig. 20: Flusstau mit 3 Leitungen in der Elbe bei Pillnitz.
Fig. 21 : a und b Mittelstück, c Küstenende des atlant. Taues von 1858.
Fig. 22: desgl. von 1865. Die Hanflitzen waren getheert, die Eisen-
drähte nicht galvanisirt.
Fig. 23: desgl. von 1866. Die 5 Manillahanflitzen um die galvanisirten
Eisendrähte sind nicht getheert.
Das Tau im Persischen Golfe (Karratschi-Buschier) hatte über dem
Kupferdrahte 4 Lagen Guttapercha, 1 Lage getheerten Hanf, 16 Eisendrähte
und darüber eine bandförmige Umwickelung mit Leinwand , welche in Pech
getränkt war (Schellen, d. elektro - magn. Telegr. 4. Aufl. S. 228). —
In der Elbe zwischen Hamburg und Harburg wurden 1855 und 1860 2 Kabel
gelegt; das letztere ist ähnlich, wie Fig. 14 construirt, nur mit stärkeren
Schutzdrähten (Zeitschr. d. Tel.- Ver. 8, 165—173),
14 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
Das für die Strasse yon Kertsch bestimmte, bei Felten&Guilleanme
in Cöln verfertigte Kabel von 12 Seemeilen Länge und 3000 Ctr. Gewicht
hatte einen Leiter von 1 Linie Dicke aus 7 Kupferdrähten, 3 Guttapercha-
htillen und ] Schutzhülle aus 10 % Zoll dicken verzinkten Eisendrähten ;
Tragfähigkeit 1500 Ctr. (Dingler 's Journal 181, S. 154).
2. Die FrüAing der Vnteneetaiio.
Von der grössten Wichtigkeit ftir das Gelingen ist die Prüfung der
Taue, und zwar darf dieselbe nicht blos in einer Prüfung des fertigen
Taues bestehen, sondern es müssen die zur Verfertigung des Taues zu
verwendenden Stoffe schon vorher sorgfältig geprüft werden und ganz be-
sonders muss bei der Versenkung des Taues dessen Zustand einer fort-
dauernden Untersuchung unterworfen werden, damit jede etwa eintretende
Mangelhaftigkeit sofort erkannt und Anlass zur Beseitigung des entstande-
nen Fehlers gegeben werde. Natürlich muss das Tau ausser den physika-
lischen Proben auch einer Prüfung auf seine Festigkeit unterzogen werden,
damit es nicht beim Versenken reisst. (Vergl. auch Delamarche, Ele-
mente S. 38).
Von den Eohstoffen sind vor deren Verarbeitung sorgfältig zu prüfen :
das Kupfer, die Guttapercha und das Eisen. Die im Handel vorkommen-
den Eupfersorten schwanken je nach ihrer Eeinheit in Bezug auf ihre
Leitungsfähigkeit in sehr weiten Grenzen (vergl. auch Du Moncelj traite
8. 254; femer Dingler's Journal 146, S. 113 aus Mech, Mag, 67, S. 30), bei
sorgfältig ausgewählten Telegraphendrähten bis zu 20%. In dem Malta-
Alexandria- Kabel z. B. kamen an verschiedenen Stellen Kupfersorten vor,
deren Leitungsfähigkeit zwischen 00 und 74 wechselte, wenn die des reinen
Kupfers = 100 gesetzt wurde. Daher muss zuerst jeder zu verwendende
Kupferdraht auf sein Leitungsvermögen geprüft werden. Bei
der Herstellung des atlantischen Kabels vom Jahr 1865 wurden alle Drähte
verworfen, deren Leitungsfähigkeit unter 85% von der des reinen Kupfer«
betrug. Ausführliche Versuche darüber und über die MetAlllegierungen
wurden von Dr. A. Matthiessen und M. Holzmann auf Veranlassung
der englischen Regierung ausgeführt (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 7, S. 261 — 269
und 8, S. 9—14 aus Poggendorff's Annalen HO, S. 222 und 190). Ebenso
muss ferner die Leitungsfähigkeit des isolirenden Materials
bestimmt werden ; dieselbe ist bei constanter Temperatur hinlänglich gleich-
massig; bei dem für die Strecke Eangoon-Singapore bestimmten Kabel
nahm die Leitungsfähigkeit zwischen den Temperaturgrenzen von 5 — 27^ C.
nahe im Verhältniss von 1:7 zu, jedoch nicht constant. Dr. Werner
Siemens und C. William Siemens führten daher ihre Prüfungen stets
bei 24® C. aus , weil dieser Temperaturgrad nach der Legung des Kabels
selten überschritten wird und dabei kleinere Fehler verhältnissmässig viel
}eichteT wahrnehmbar sind; nachdem die zu untersuchenden Drahtringe
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 15
24 Stunden in einem Behälter mit Wasser von 24^ gelegen hatten, wurden
sie in den mit Wasser von 24° gefüllten , hermetisch verschliessbaren Ver-
snchskasten gebracht nnd einem Drnck von 600 Pfund auf 1 Quadratzoll
ausgesetzt, damit das Wasser in die etwa vorhandenen Höhlungen oder
Risse eindringe*). Beobachtungen an Tauen während des Versenkens
derselben haben bestätigt, dass unter hydrostatischem Druck dieLeitungs-
Miigkeit der Guttapercha sich merklich vermindert, nach Aufhören des
Druckes jedoch wieder etwas über den ursprünglichen Werth steigt. Bei
Drabtringen mit geringen Fehlem dagegen erzeugt die Zunahme des
äusseren Druckes keine Zunahme oder selbst eine Abnahme des Isolations-
vermögens; dies bietet den Schlüssel zur Ermittelung von Mängeln, die
sonst nicht wahrnehmbar sein würden (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 7, S. 112).
W, und C, W. Siemens wählten für die Prüfungen des Leitungsver-
mögens des Kupfers und der G uttapercha als Widerstandseinheit **^
den Widerstand einer Quecksilbersäule von 1 Meter Länge und von
1 Quadratmillimeter Querschnitt bei der Temperatur 0^, da sie die Jaco bi-
sche Einheit nicht für zweckmässig erachteten (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 7,
8. 55— Ö8 und 8, S. 76—85, aus Poggendorfrs Annalen HO, S. 1 und
113, 8. 91; mit Tabelle der Widerstände der anderen Metalle). Dr. Mat-
thiessen schlägt eine Mischung von 2 Gewichtstheilen Gold und 1 Theil
Silber vor (PoggendorfTs Annalen 112, S. 353) und verth eidigt die von
der British Association aufgestellte Einheit (Poggendorff^s Annalen 129,
S. 161). lieber die veischiedenen Einheiten vergl. femer Zeitschr. d. Tel.-
Ver. 13, S. 1 und 12 aus Poggendorffs Annalen 126; S. 369 und 127,
S. 327. Zur Bestimmung der Widerstände der zu verwendenden Drähte
benutzten Gebrüder S i e m e n s die Wheatstone'sche Brücke [während Du
Moncel {iraite &, 282) ein Ditferentialgalvanometer vorzieht] und Wider-
standsrollen mit einem Widerstand von 1 — 10000 Einheiten. Zur Messung
von Widerständen jenseits dieser Grenzen änderten sie die Brücke d^hin ab,
dass sie auch die festen Zweige a und h (Fig. 24) nicht einander gleich,
sondern veränderlich machten , sodass jeder derselben die Werthe 10^ 100
oder 1000 erhalten konnte, wodurch sie mit 1 — 10000 in c eingeschalteten
Widerstandseinheiten einen Widerstand d zwischen 0,oi und 1000000 Ein-
^) Verg^l. auch die Versnebe von FleemingJenkin mit verschiedenen Tau.
stücken; Polytechnisches Centrulblatt 1860, S. 444 ans dv. Eng., October 1859.
**) Eine prenssische Meile Eisendrahtleitung von 2^^ Linien Durchmesser ent-
spricht 64000 solcher Einheiten. Den Widerstand von 1 alten Seemeile (r=:^ Aequa-
torgrad) bei 4» C. fand Dr. Esselbach (Zeitschr. d. Tel.-Ver. ö, 8. 109) beim
Rothen Meer-Kahel zn 22816, beim Bona- Cagliari -Kabel zu 116232, beim Syra-
Conatantinopel - Kabel zu 4)160, heim Hellas -Alexandria -Kabel zu 21816, beim
atlantischen Kabel zn 60516 solcher Einheiten. — Die Widerstünde YouOuWA.'^^tOcA.^
Kautochok etc. giebt Du Moncel, traiti^ S. 275.
16 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
heiten messen konnten. Zur Messung der isolirenden Schicht kürzerer
oder hesser isolirter Tauenden (von etwa 1 Knoten = |- geographisch«
Meile Länge) benutzten sie eine sehr empfindliche Sinusbussole*) oder
ein Weber'sches Spi^elgalvanometer mit 40000 Um Windungen und magne-
tischem Spiegel; mit Hilfe eines regulirenden Magnets kann die Empfind-
lichkeit dieses Instruments von 1 auf 100 verändert werden. Um das
Messinstrument auch für die mit der wachsenden Länge des Taues fort-
während abnehmenden Isolationswiderstände gleich empfindlich zu machen,
legten sie über die Drahtwindungen der Sinusbussole noch eine zweite
Lage von verhältnissmässig wenig Windungen (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 7,
S. 115), leiteten durch diese beständig den Strom einer kleinen constanten
Batterie und zwar in entgegengesetzter Richtung , als der zur Prüfung der
Isolation dienende Strom in den inneren ursprünglichen Windungen läuft,
und regulirten jenen Strom durch eingeschaltete Widerstände so , dass er
die Wirkung des anderen auf die Magnetnadel gerade aufhebt, diese also
in der BuhelagC bleibt. Wächst die Taulänge, so wird der Widerstand
im Kreis der äusseren Umwindungen so weit vermindert, bis das Gleich-
gewicht an der Nadel wieder hergestellt ist, und den bekannten Werth
dieser Widerstandsänderung braucht man nur mit dem festen Verhältniss
zwischen den Einwirkungen beider Umwindungen auf die Nadel zu mul-
tipliciren. Ist in Fig. 25 W der Widerstand der inneren Windungen der
Sinusbussole, ^i der ihnen hinzugefügte Widerstand, w der Widerstand
der äusseren Hilfs Windungen, Wi der in ihren Kreis eingeschaltete Wider-
stand, m und n endlich die Zahl der Batterieelemente in diesen beiden
Kreisen und k der constante Coefficient des Verhältnisses zwischen den
Einwirkungen beider Umwindungen auf die Nadel, so hat man
setzt man nun anstatt ^| den unbekannten Widerstand x des Taues und
muss man dabei w^ in w^ ändern, während die Zahlen der Elemente jetzt
M und N sein mögen, so wird
M n W+ W, ^
N m w-|-«',
Bei Messung des sehr grossen Isolations widerst an des kurzer Tauenden
♦) Nach der aus A sin a = S^=nE: IV flicsscnden Formel lV=zn sina^: sina,
worin ^'der zumessende Isolationswiderstand, er der abgelesene Nadelausschlag, n die
Zahl der Elemente, S die Stromstärke, E die elektro-motorische Kraft eines Elemen-
tes, A eine Constante und sin a^ die (bei länger dauernden Messungen öfters xu be-
stimmende) Constante des Instruments. Die W'iderstandseinheit g^ebt mit einem
Element den Ausschlag a,.
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 1 7
kann man fFund fv yernaclilässigen und ^=1^ •'jT setzen, wobei k von
der Empfindlichkeit des Instruments nicht abhängt. Ueber den Isolations-
widerstand kurzer Taue und Messungen des Widerstandes der Isolirschicht
bei verschiedenen Temperaturen vergl. Zeitschr. d. Tel.-Ver. 7, S. 201
und 206.
Der Isolationswiderstand Fisolirter Drähte findet sich (Zeitschr. d. Tel.-
V^er. 7, S. 202 n. Du Moncel, Iraiie, S. 267) aus dem specifischen Leitungsver-
mögen der verwendeten Materialien folgendermassen: sind r und R die Halb-
messer des Drahtes und der Guttapercha, / und l die Länge und das specifi-
sche Leitungsvermögen des Drahtes, so ist der Widerstand des isolirenden
Cylinderdifferentials von der Dicke dx^ im Abstände x von der Längsaxe
fj^
d F =2 — — — , folglich der ganze Widerstand
2nklJ X
lognal —
1
27tkl
Unerlässlich muss das Leitungvermögen für jede einzelne Meile
des isolirten Drahts gemessen werden, nicht nur, um mangelhaftes Ma-
terial ausschliessen zu können, namentlich an Stellen^ wo der metallische
Zusammenhang des Kupferdrahts beim Umpressen gelitten hat, sondern
auch um einen vollständigen Nachweis über die LeitungsfUhigkeit jedes
einzelnen Theiles des. fertigen Taues zu gewinnen, ohne welchen sich später
durch galvanische Versuche und Kechnung der Ort etwa vorgekommener
Beschädigungen nicht genau bestimmen lässt.
Erfahrungsgemäss treten an den Stellen des isolirten Drahtes, wo die
isoHrende Schicht von Haus aus dünner war, als durchschnittlich, sei es in-
folge einer Verletzung, sei es infolge einer vom Wasser eingedrückten
Blase oder einer excentrischen Lage des Drahtes elektrolytische Wirkungen
des Telegraphirstroms auf und veranlassen Störungen im Betrieb. Daher
muss der isolirte Draht auch sorgfältig auf derartige Fehler geprüft werden.
Dazu kommt er in ein mit schwach angesäuertem Wasser gefülltes, herme-
tisch geschlossenes, gusseisernes Gefäss, worin ein Druck von etwa 140 Ff.
auf 1 QZoll herrscht*); das eine Ende desselben wird mit einem empfind-
lichen Galvanometer und durch dieses mit dem einen Pol einer Batterie ver-
bunden ; wird nun der andere Batteriepol mit dem zweiten Drahtende ver-
einigt, so erkennt man am Galvanometer den Widerstand der Kupferader
und seine Leitungsfähigkeit; isolirt man dagegen 3as zweite Drahtende und
verbindet dafür den zweiten Pol mit dem gusseisernen Gefäss, so zeigt ein
*) Will man etwa in der Gnttaperchahülle eingeschlossene Luftbläschen zam
Platzen veranlassen, so macht man das Qefdss vor dem £\n{\i\\«ii dea\^«^f^%^T«m^V
liebst luftleer.
Ulluebrift r, Matbeautik m, Physik. XlU, |. ^
18 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
Ausschlag des Galvanometers das Vorhandensein von Fehlern, welche man
dorch langsames Herausziehen des Drahts his zur Fehlerstelle experimen-
tell finden kann. (Vergl. auch Zeitsehr. d. Tel.-Ver. 1, S. 126 ff.)
Eine weitere Prüfung hat sich auf das Vertheilungsvermögen xa
erstrecken. Die Versuche haben dargethan , dass das specifische Verthei-
lungsvermögen isolirendcr Körper weit beständiger ist, als ihr specifisches
Leitungsvermögon. Das Vertheilungsvermögen ist überdies unabhängig
von örtlichen Fehlern der Isolirschicht und hängt wesentlich von der Ge-
stalt des Isolators ab. Durch die 3Ics8ung des Vertheilungsvermogens
einer gegebenen Taulänge und die Vergleichung desselben mit ,dem mitt-
lem Vertheilungsvermögen des verwendeten Materials lässt sich daher
mit grosser Sicherheit entscheiden, ob die isolireude Schicht überall gleich
dick ist, oder ob der Draht theilweise excentrisch in ihr liegt. Das Ver-
theilungsvermögen muss man überdies wissen, wenn man die Lage eines
Bruches des Leitungsdrahtes, bei welchem das Bruchende isolirt bleibt, be-
stimmen will. Da das Tau eine Lejdener Flasche bildet, deren innere und
äussere Belegung der Draht und das Wasser sind, so ist das Vertheilungs-
vermögen K das Product ans dem Leitungsvermögen und einem constanten
2 RX 1
Factor C, al80Ä!'= -, C, worin x das specifische Vertheilungsvermögen
I R
lognai —
bedeutet (Zeitsehr. d. Tcl.-Ver. 7, S. 196 und Tabelle der K auf S. 203,
desgl. Du Moncel, iraile, S. 274); diese Formel nimmt aber beiKabeln oder
cylindrischen Flaschen die einfachere Gestalt A'= an. Ist die elek-
lognat —
trische Spannung E einer mit dem Kabel verbundenen Batterie in der Zeit
f auf y gesunken *) , so sinkt sie im folgenden di durch den nach dem
Ohm'schen Gesetze stattfindenden Entladuns'strom ~ um du und man hat,
wenn w der Widerstand der isolirenden Schicht, A' der Vertheilnngscoef-
ficient ist, zunächst — Kdu == — dt und daraus
" y Ktv 2ln% ^ , R x
C . lognai —
Beobachtet man nun mittelst eines Elektrometers in 2 verschiedenen
Fällen die Zeiten /, und /,, in denen die ursprüngliche Spannung einer
*) Ein bcfriedig^end isolirtes Tau r.^\^i nach seiner Ladung stets einen deutlicb
wabrncbmbarcn Rückschlag. — Ucber die Prüfung des Isolationssnstandes mit dem
Elektrometer von P e 1 1 i e r, vergl. auch 8 c h c II c n, d. clektromagn. Telcgrapli, 4. Aufl.
B, 239 ff.
Telegraphie. Von Dr. EütrAßD Zötzsciie. ^ 19
Batterie bis zu einer gegebenen Grösse herabsinkt, so erhfiltman für die spe-
eifiseben Leitungsvermögen das Verhältniss -^ =: -^ , mittelst dessen man '
leicht, wenn auch mit grösserem Zeitanfwande, den specifischen Widerstand
des isolirenden Materials bestimmen und die Isolation zweier ähnlicher Kabel
vergleichen kann , selbst wenn man kein Instrument zu einer genauen Mes-
sung zur Hand hat. Ueber das Verfahren dabei vergl. &nchtD u M 0 n c el, iraite
S. 283; Schellen, d. elektromagn. Telegraph, 4. Aufl. 8.230 S. Das Resul'
tat Mt daVoB hiebt «bhängig, ob'der Di'afai vollkommen cepjtrisch in/dem
Isolator lieget. Bei lasgien Kabeln könnten' indessen kleine Fehler leicht
der Beobachtung entgehen) da sie nur eitieaDki im Verhältniss znar ganzen La* /
düng kleinen Elektrioitätsverlust vera!nlaasen^ Daher ziehen as SiemoBS
vor, die Ladung a und nach VeVlanf einer MiniUe ;die; Entladung b mit dem .
Oalvanometer zu messen, den Verlust /> = l an Quantität oder Span-
DViDg in 1 Minute zu bestimmen und — anstatt -— in obige Formel einzu-
tsen. -*- Ueber die Kesultatc der Messungen des specifischcn Vertheir
limngscoefficienten verschiedener Isolatoren vergl. Zeitschr. d. TeL-Ver. 7,
S. 202—205.
Bei der Prüfung der Taue während des Legens wandten Sie-
eng auf der Landstation ein Uhrwerk an, welches das Ende des Kabels
l>wech8elnd kurze Zeit mit der Erde , dann mit dem Pole einer Batterie
rbaQi)« dann einige Zeit isolirt hielt. Auf dem Schiffe ist beständig ein
^^iderstandsmessapparat mit der Linie verbunden. Durch Herstellung des
Grleicbgewichts an der Wh eatstone'schen Brücke wird abwechselnd der Wi-
derstand der Isolationsschicht und des Leitungsdrahtes am Land und auf dem
^cbiffe bestimmt und erstere nach dem Schiffe telegraphirt; weichen diese
^ TTerthe erheblich von einander ab, so ist ein Fehler vorhanden und die
^«ge desselben kann aus den beobachteten Werthen berechnet werden. Die-
^^8 Verfahren ist zwar ermüdend, aber sehr zweckentsprechend.
Sind beide Tauenden zur Hand und ist der Fehler bei f in Fig. 26 um
* und y von ihnen entfernt, während die Länge des ganzen Taus = / ist
^öd werden die Widerstände w, und w^ so regulirt, dass die Nadel
des Galvanometers G in Buhe bleibt, so ist x = * — . Ist dagegen
w^ + w^
bei einer einfachen versenkten Leitung c der Widerstand dos ganzen Taues
* und y die Widerstände vom Fehler bis zu den beiden Enden hin, z der
»Widerstand des Fehlers selbst, a, und 6, die Widerstände, welche an beiden
*^uden gemessen werden, während jedesmal das andere Ende isolirt ist, und
^ Und ft die entsprechenden Widerstände, wenn das andere Ende mit d^t
E^de verbunden ist, so liefert das Ohm'sche Gesetz (Ze\tac\iT. öl.T^V-N^t.
^» 8. 190);
20 BeitrSge asar Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
fl=a? + — -^-, 5 = 5 +
and hieraas
War das Kabel schon>or Auftreten eines entstehenden Fehlers nicht
Yollkonunen gnt isolirt, so bestimmt man den Widerstand / der schon vorher
Torhandenen Isolationsfehler annähernd ans den gemessenen a, 6, a^ nnd
6| nnd entwickelt dann aus den nach Eintritt des neuen Fehlers an der am
andern Ende isolirten Leitung gemessenen Widerstilnden a^ und 6, f&r den
Ort des neuen Fehlers
a:==a,~y l/^i~^ oder s, = ^-yl/Ai:^
je nachdem der neue Fehler swischen dem alten und der Station Ä mit den
Aufzeichnungen a, a^ und a^ oder der Station B mit den Aufaeichnungen
hy 6| und h^ liegt*).
Bei allen diesen Versuchen soll die Polarisation an der Fehlerstelle
möglichst gleich sein; deshalb wird durch vorlftufige Messungen der Ort
des Fehlers erst angenfihert bestimmt und dann für die eigentliche Mes-
sung die Zahl der Elemente so regulirt, dass der von der einen oder andern
Seite her durch die Fehlerstelle gehende Strom stets nahe dieselbe Stärke
hat; bei der Beobachtung selbst aber wartet man, bis die Polarisation ihr
Maximum erreicht hat.
Beim Versenken des atlantischen Kabels im Jahre 1806 erfolgte die
Prüfung nach einem von Willougby Smith, dem ersten Elektriker der
Telegraph Construction and Maintenance Company, ausgearbeiteten Regle-
ment in folgender Weise (Schellen, d. atlant. Kabel S. 99--106; MecK
Mag.XV^ S. 211): Die 8 Kabeltheile waren auf dem Schiff hinter einander
au einem einzigen Stromkreise verbunden, dessen vorderes Ende a (Fig. 27)
durch das irische Küstenkabel mit einem Marinegalvanometer (r,, unter
Einschaltung eines Widerstandes w von derselben Grösse, wie 5 Meilen
Guttaperchahülle**) verbunden war, während der auf dem Lande be-
findliche Taster T, für gewöhnlich isolirt war, aber durch Niederdrücken
*) Im leUteren FaUe wäre ar = a, — 2r+r2/—
^^) 100 Millionen Einheiten, da man den Widerstand von 1 Meile Gnttapercha-
schicht for die Temperator des Meerwassers im Mittel = 500 Millionen Einheitea
j^tsaoJkann*
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 21
von 1 auf 2 mit dem yerSnderlichen kleineren Wid erstände w und der Erde
in Verbindnxig gesetzt werden konnte. Das hintere Ende h des Kabels K
war auf dem Schiffe durch das Beflezgalvanometer &| und den geschlossenen
Taster T^ mit der Batterie B ans 100 Elementen einer sogenannten Sand-
oder Sägemehl -Batterie verbunden. Letztere war also für gewöhnlich
geschlossen und sendete ihren Strom durch G^ und (r,. Ein zweiter, unter
Umständen stärkerer Strom geht blos durch Q^ > die Guttapercha und das
Wasser ; denn die Guttapercha isolirt nicht vollständig und ihr Widerstand
würde bei 2C00 Meilen Länge nur ^^nr ^ \ Million Einheiten betragen,
während n;=103 Millionen Meilen war. Vernachlässigt man den verhält-
nissmässig kleinen Widerstand der Batterie und der Galvanometer, so ver-
hält sich der erstere (Kupfer-) Strom zu dem zweiten (Guttaperchastrom),
wie \ : 100. So lange die Ablenkung beider Galvanometer sich nicht
änderte, war Alles in gutem Zustande. Mittelst des Tasters T^ konnte bei
Polwechsel oder Veränderung der Batteriestärke vom Schiff nach dem
Lande, mittelst T^ vom Lande nach dem Schiff telegraphirt werden« Wurde
nämlich T^ niedergedrückt , so ging der Haupttheil des Stromes durch T^
und w zur Erde, hatte also den Widerstand w nicht zu überwinden, und
deshalb musste der Ausschlag in G^ merklich grösser werden. Der Wider-
stand w sollte den Kupferslrom in 6, nicht zu stark auftreten lassen.
Die Zeitmomente, in denen von der Küste nach dem Schiffe gesprochen
werden sollte^ waren im Voraus genau festgestellt, damit keine Verwechse-
lnngen eintreten sollten; nämlich die ersten 30 Minuten jeder Stunde waren
zur Prüfung der Isolation bestimmt, die folgenden 10 Minuten zur Prüfung des
Widerstandes des Leiters und dann je 10 Min. zum Sprechen zwischen Schiff
und Küste und umgekehrt« Trat z.B. bei c ein Isolationsfehler ein und ging
hier ein Theil des Stromes ins Meer, so musste das Galvanometer auf dem
Schiff einen stärkeren, das am Lande einen schwächeren Ausschlag zeigen.
Eine geringere Aenderung im Ausschlag deutete auf einen kleinen Fehler,
eine sehr starke auf einen grossen Fehler, auf „tödtende Erde" {dead
eariK), Aber selbst dann konnte vom Schiff noch nach der Küste ge-
sprochen werden, wenn nur durch Niederdrücken von T^ der Gesammt-
widerstand der Leitung fast auf die Hälfte reducirt und G^ zwischen tv und
der Erde eingeschaltet wurde. Bei einem Beissen des Kupferdrahtes ohne
Verletzung der Guttapercha zeigt sich auf G^ noch ein schwacher Strom,
da die Guttapercha nicht ein absoluter Isolator ist, und aus dem noch vor-
handenen Widerstand der Guttaperchahülle lässt sich die Lage des Fehlers
ermitteln ; da derselbe der Länge dieser Hülle umgekehrt proportional ist.
Ist der Leiter und die Guttaperchahülle gerissen , so wird der Widerstand
plötzlich wesentlich kleiner und bleibt 'da||in unveränderlich. Liegen nun
einige Zoll des Knpferdrahtes im Wasser^ so geht der Strom ins Wasser,
dessen Widerstand man =0 setzen kann, so dass man aus dem iioC;\i^<y&^
handenen Widerstände dea Kupferdrahtes die EuttetUTUi^ di^t ^A»e»X^^
22 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
herechnen kann. Wird daher der Kupferdraht nur in einer kleinen
Fläche vom Wasser berührt, so zeigt sich ein sehr grosser, launenhaft ab-
und zunehmender Widerstand, und man kann nur die dem beobachteten
kleinsten Widerstände cntsprecheoide Entfernung ermitteln, über welche
hinaus der Fehler nicht liegen kann. Tritt der Kupferdraht mit der
Fisenhülle in Verbindung, so ist er noch inniger mit dem Meere verbunden,
als wenn der Draht auf einige Zoll Mos gelegt ist; der Widerstand ist dann
noch weniger yeränderlich und es fehlen die schwachen Ströme vollständig,
welche von dem durch das Salzwasser getrennten Kupfer und Eisen des
gerissenen Kabels herrühren ; in beiden Fällen treten Erdströme aus dem
Unterschiede der elektrischen Spannung zwischen der Küste und dem
Sieerwasser an der Fehlerstello auf. Hat endlich die Guttaperchahülle
eine Oeffnnng, so tritt der Leiter mit dem Wasser unter grösserem oder
kleinerem Widerstände in Verbindung, der gesammte Isolationswiderstand
vermindert sich bedeutend und ein Theil des Stroms geht ins Meer, doch
bleibt die Möglichkeit, dass die beiden Enden mit einander sprechen;
bleibt der Widerstand des Fehlers constant, so kann man den Ort des
Fehlers durch zwei Widerstaudsmessungen bestimmen, wobei die andere
Station das Ende des Taues einmal mit der Erde verbindet und einmal
isolirt.
Interessant sind die Versuchsreihen, welche Cha|rle8 Wheatstone
mit dem Spezzia-Corsica-Sardinieu-Kabel und E. 0. Wildman White-
house mit dem Mittclmeer- und dem Neufundland -Kabel anstellten.
Vergl. darüber Zeitschr- d. Tel.-Ver. 2, S. 152—157 und S. 274—278. Des-
gleichen die Versuche von Varley über die Induction der Kabel, vergl.
Civ. Eng, and Arch. /. 1859, S. 149—157.
3. Die Vertexücong dos Traos.
Während bei der Anfertigung und der Verschiffung des Taus jeder
einzelne Theil gehörig beaufsichtigt und mit der erforderlichen Vorsicht
und Muse behandelt werden kann, werden die ohnehin nicht geringen
Schwierigkeiten bei der Versenkung des Taus dadurch noch wesentlich
erhöht, dass man neben allen, die Schifffahrt erschwerenden Umständen
auch noch einer Anzahl von besonderen Zui^ligkeiten ausgesetzt ist und
alle auftretenden Störungen mit ziemlicher Schnelligkeit ermittelt und
beseitigt werden müssen, da ja das Tau mit nicht geringer Geschwindig-
keit abläuft. In vielen Fällen missglückte die Versenkung durch zu hef-
tigen oder überhaupt ungünstigen Wind. (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 3 , S. 18,
10 u. 272.) J^Ian muss daher die erfahrungsmässig günstigste Zeit zur
Versenkung auswählen.
Bevor zur Versenkung selbst geschritten werden kann, muss der mit
dem Kabel bei der Versenkung- einzuschlagende TV eg festgestellt werden
und hierzu wieder ist, abgeselieu von politischen, llandels- und Betriebs-
Telegi^aphie. Von Dr. Edüakd Zetzsche. j .23
Bficksichten , eine mögliclist genaue Kenntniss der Tiefen und der Be-
tfchaffenheit und Gestalt des Meeresbodens erforderlich. Ausserdem sind
die Tiefenverhältnisse schon für die Anfertigung des Taues mit mass-
gebend. Die zwischen den gegebenen Endpunkten vorhandenid kürzeste
Linie ist mit dem kürzesten, daher am leichtesten zu ladenden und zu
versenkenden Tau zu belegen, und doshalb weicht man von ihr nicht
ohne Noth ab. Doch dürfen sich die Sondirungen nicht bloss auf
diese Linie allein erstrecken, sondern sie müssen von ihr aus nach bei-
den Seiten bis zu einiger Entfernung ausgedehnt werden, damit man
nicht nur die günstigsten Verhältnisste für das zu legende Tau ermitteln,
sondern auch im Voraus feststellen kann, nach welcher Seite hin man
im Falle der Noth von jener kürzesten Linie abzugehen hat. Zu gros-
sen und besonders sehr unregelmässig und stark sich ändernden Tiefen
geht man nach Möglichkeit aus dem Wege, um das Tau nicht zu gros-
sen Spannungen auszusetzen und durch Störungen bei der Abwickelung
IQ gefährden. Die tiefen Meeresbecken zeigen meist eine auf grössere
Entfernungen sich nur wenig und allmälig ändernde Tiefe; deshalb
kann man in ihnen die Sondirungen in grösseren Abständen, etwa von d bis
12 Meilen , vornehmen , während man bei unregelmässigem Boden nur
etwa in je 2 bis 3 Meilen Entfernung sondiren muss. Die Sondirungen
werden um so schwieriger, je grösser die Tiefe ist. Delamarche,
Ploix und de Bastard benutzten bei den Tiefenmessungen von etwa
300O Metern, welche sie zwischen den Balearen und Algier anstellten^),
ein einfaches Senkblei von 15 Kilogramn^ Gewicht an einer aus 18 ge-
zwirnten Fäden bestehenden Seidenschnur Fon 5500 bis 6000 Meter Länge,
an der von 100 zu 100 Meter Marken angebracht waren ; die sich von einer
Rolle abwickelnde Schnur hielt von selbst an, wenn das Blei den
Grund erreicht hatte und wurde dann von zwei Mann mittelst einer
Kurbel wieder aufgewickelt. Zu einer Lotbung von 3000 Meter Tiefe
waren ftwa 1% Stunde erforderlich. Mit Hanf überzogene Messingseile
bewährten sich schlecht und rissen leicht durch Schleifenbildung. Die
ausgedehntesten und grossartigsten Tiefenmessungen wurden im Atlan-
tischen Ocean ausgeführt und nach ihnen erschien die Legung eines
Telegraphentaus quer durch diesen Ocean durchaus nicht unmöglich.
Der Hydrograph und Director der Sternwarte zu Washington, Lieute-
nant F. M. Maury, berichtete unterm 22. Februar 1854 ausführlich über
die im Sommer 1853 vom Lieutenant O. H. Berryman ausgeführten
Messungen an den Marincsccretär der Vereinigten Staaten (Dingler's
Journal 133, S. 74, aus Zeitschr. d. Tolegr.-Ver. 1, S. 142); nach diesen
Messungen war zwischen Neufundland und Irland ein regelmässiges
*) Mit Uhnlichon Senkbleien hatten Bdrard und de Tessan Hchon 1831
twischen Sardimeu und den Balearen Tiefen von etwa 1500 MeUT ^^m^tt^^ix»
M
f
24 Beiträge znr Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
Plateau von 1500 his 2000 Faden Tiefe. Die vom Meereshoden mit her-
aufgebrachten Bodenproben zeigten kalkige Schalen mikroskopischer Mu-
scheln, woraus man auf die Abwesenheit merkbarer Strömungen am Bo-
den dieser Meeresstellen schloss. {Shaffner^ teh m£r;i. S. 653.) Die bei
diesen Sondirungen benutzte Tiefseesonde des Lieutenant J. M. Brooks
zeigt Fig. 28. Eine in ihrer ^xe durchbohrte Kugel k ist mittels teiner
Schnur f und einer Schlinge ^ an 2 Haken zweier um die Axe s drehbarer
Hebel aufgehängt und mit dieser Axe ist der Schaft s der Sonde fest ver-
bunden. Während des Niedergehens hängen Schaft undKugelander straffen
Lothleine A wie Fig. 28a zeigt; sobald jedoch der Schaft auf den Boden auf-
stösst , wird die Leine h schlaff, die Hebel nehmen die in Fig. 286 gezeich-
lli nete Lage an, die Schnur f rutscht von den Haken ab und föUt sammt der
Kugel zu Boden , worauf der Schalt s allein wieder aufgezogen wird. Eine
etwas einfachere Einrichtung des obern Theils ist in Fig. 28 d abgebildet
Das untere Ende des Schaftes ist hohl und entweder blos mit Unschlitt be-
strichen, oder er enthält 3 Federkiele (Fig. 28 c), damit in dieselben etwas
von den Bestandtheilen des Bodens eindringen und mit emporgenommen
|. werden kann. Weitere Messungen folgten im Herbst 1856; bei diesen be-
obachtete Berryman die gleichmässige Abnahme der Geschwindigkeit der
niedergehenden Sonde, welche er auf die Reibung der Leine am Wasser
schiebt; bei den tieferen Sondirungen dauerte das Sinken etwa 3 Stunden,
\ das Aufheben besorgte eine kleine Dampfmaschine (Zcitschr. d. Tel.-Ver. 3,
]| S. 232, mit Profil des Meeresbodens zwischen Irland und Neufundland , aus
{. Petermann's geographischen Mittheilungen 1856, S. 175). Bei den 1857
von Capitän Dajman vorgenommenen Sondirungen zwischen Irland und
Neufundland befand sich am Ende des Schaftes eine federnde Klappe,
welche beim Sinken die Höhlung offen Hess, beim Aufstossen aber durch
die darüber weggleitende Kugel in xlas Innere des Stabes hineingeschoben
wurde und so die in diesen eingedrungenen Bodenbestandtheile absperrte,
worauf eine zweite, ursprünglich über der ersten sitzende Kugel mit en-
gerer Bohrung auf der Feder sitzen blieb und deren Bückgang beim Auf-
ziehen verhinderte. Das in Fig. 29 abgebildete Tiefenloth des Lieutenant
Fitzgerald hat ein auf 2 Häkchen & der Eisenstange e sitzendes, 80 bis
90 Pfund schweres Eisenstück a ; am Ende der Stange e befindet sich ein
Kästchen«/, welches durch die Klappe/" verschlossen werden kann ; dieLoth-
leine A ist an einem Hebel g befestigt, welcher mit dem einen Ende Ar in den
Eisenstab e eingesteckt ist, während das andere Endet mittelst einer Schnure
an die Klappe/* geknüpft ist, so dass diese beim Sinken das Kästchen </
nicht verschliessen kann; stösst jedoch die Sonde mit dem Kästchen auf
dem Boden auf, so hakt sich das EndeA: des Hebels(/ aus dem Stabe 6 aus,
dieser schlägt um, das Senkgewicht a hakt aus, das Kästchen d schaufelt et-
was vom Meeresboden auf und wird vorangehend beim Aufziehen desLothes
von der Klappe/ verschlossen. — Eingehendere Mittheilungen über die
Telegraphie. Von Dr, Eduard Zetzsche. 25
*y^^^--^^^ ^-■*'-
Sondirangen des Meeresbodens nnd die Tiefenmessungen gab Schellen in
Westermann's Monatsheften 1860, Bd. 8, S. 91.
Von grosser Wichtigkeit ist ferner die Wahl derLandnngspunkte,
welche wo möglich frei von Klippen sein sollen ; heftige Bewegungen des
Meeres an den Landungspnnkten erschweren die Landung des Taus und
setzen dasselbe einer Beschädigung durch Abscheuern aus. In der Nähe
der Landungspunkte soll sich ferner den Schiffen kein passender Anker-
gnmd bieten , damit das Tau beim Aufwinden der Anker nicht gefährdet
iflt Endlich sollen die Landungspunkte nicht zu weit von den Uferstatio-
nen entfernt sein.
Die Schwierigkeiten bei der Niederlegung des Taus auf dem Meeres-
boden hat man auf verschiedene Weise zu umgehen versucht. J. J. Lak e
•ehlng vor, das Tau an Korkstücken aufzuhängen und später am Grunde
durch Anker oder Gewichte festzuhalten (Mech. Mag, 53, S. 274). H. B.
Wright Hess sich am 21. August 1866 die Benutzung von Bojen beim Le-
gen und zum Schwebenderhalten des Taus patentiren. {Mech, Mag, 15. März
1887, S. 100). Armand in Bordeaux fertigte 1865 ein neues Tau, angeblich
eine Erfindung des Kaisers Napoleon , welches in einer Tiefe von 30 bis 40
Meter, wo das Meer selbst bei heftigen Stürmen ruhig bleibt, schwim-
mend erhalten werden sollte (D. Ind.-Ztg. 1865, S. 269). W.Bauer
sprach einen ähnlichen Gedanken aus : An den im Atlantischen Meere zwi-
icben Europa und Amerika aufgefundenen Höhenzügen betiägt die Tiefe
nicht viel über 500 Fuss; an diesen Punkten, in Entfernungen von je etwa
^ geogr. Meilen, sollten auf versenkbaren , mit Leuchtthürmen versehenen
SchüTen Hauptstationen errichtet werden, zwischen denen das an regel-
inässig vertheilten Schwimmern hängende Tau in 200 Fuss Tiefe unter dem
Spiegel hinziehen sollte ; muss ein Stationsschiff wegen Sturm in die Tiefe
gehen, so lässt es an der Oberfläche einen durch elektrisches Licht erleuch-
teten Schwimmer zur Bezeichnung seiner Stelle zurück; so wäre zugleich
die Hauptschifffahrtsstrasse über den Ocean bleibend markirt und die Schiffe
hätten die Möglichkeit eines fast ununterbrochenen telegraphischen Ver-
kehrs mit dem Festland (D. Ind.-Ztg. 1864, S. 368.) Das grosse Gewicht des
vom Schiff herabhängenden Taustücks wollte Patrick M'Grade dadurch
Termindem, dass er das Tau durch Röhren gehen Hess, welche an Hilfs-
tauen so aufgehängt werden sollten, dass sie bremsend auf das Telegraphen-
tau wirken könnten {Cio. Eng, 1859, S. 324). Die Geschwindigkeit des Ab-
laufens durch am Tau angebrachte Fallschirme zu massigen, war nach
einem Vorschlag von Balestrini schon bei der Legung des Bona-Kabels
versucht worden, jedoch ohne Erfolg. (Delamarcho, Elemente S. 67).
Aehnlich beabsichtigte Pierre Dronier in Entfernungen von je 200
Metern einen'Fallschirm (Preis 4 Ngr.) von 0,6 Metern Durchmesser anzu-
bringen , damit das Tau höchstens mit 1 Metor Geschwindigkeit «lVA^xl^^ \
diese Schirme sollten aus Segeltuch passend zugeschmUen^ 4\xiAi Ä.m'Vim-
26 Beiträge znr Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
fange befestigte Stricke so an's Tau gebunden werden , dass sie sich b^m
Eintritt in's Wasser schirmartig aufblähten (D. Ind.-Ztg. 1866, S. 138). In
England wurde vorgeschlagen , das Tau nach seinem Ablaufen vom Schiff
anfangs durch Bojen aus Kautschuk oder einem andern wasserdichten Stoffe
schwebend su erhalten ; die Bojen sollten 2 Oeffnungen bekommen, von de-
nen die eine luftdicht verschliessbar sein und zum Einfällen der Luft die-
nen sollte, während die andere mit einem Drahtnetze verschlossen wird,
welches mit einer sich im Wasser allmälig Jösenden Substanz , z. B. Gummi
überzogen ist, so dass sich das Tau senkt, so wie sich diese Substanz löst
und Luft entweicht (D. Ind.-Ztg. 1864, S. 59).
Die ersten Unterseetaue wurden von Segelschiffen versenkt, welche
von einem oder mehreren Dampfern geschleppt wurden. Bald jedoch er-
kannte man, dass sich ein Dampfschiff besser eignen müsse, weil man
dessen Bewegung besser überwachen und regeln kann ; das Schiff muss aber
ausreichende Stabilität, Grösse und Tragfähigkeit besitzen , seine kräftige
Maschine muss einen leichten und sichern Gang haben und das Deck eine
freie Bewegung gestatten. Wegen der am Tau befindlichen beträchtlichen,
aber veränderlichen Eisenmasse kann das Kabelschiff den Compass nicht
brauchen und deshalb ist bei grösseren Entfernungen ein besonderer Dam-
pfer als Wegweiser erforderlich. Früher Hess man das Tau vom Vordertheil,
jetzt vom Hintertheil ablaufen. Im Schiff wird das Tau gewöhnlich in
Rollen von möglichst grossem Durchmesser gelegt , obgleich hierbei das ab-
laufende Kabel eine die Festigkeit beeinträchtigende Drehung erHihrt und
leicht durch Schleifenbildung gefährdet wird. Um die Drehung zu um-
geben , könnte man das Tau in Form einer 8 legen , allein man würde dann
wesentlich mehr Raum für dasselbe Tau brauchen ; oder man könnte das
Tau , falls es nicht zu gross ist , auf Haspel wickeln. So schlug Capitän
Labrousse vor, auf 5 Haspeln von 13 Meter Länge und 2 Meter Trommel-
Durchmesser mit Endscheiben von 4 Meter Durchmesser je 160000 Meter
(ll4 Tonnen) eines zwischen Frankreich uud Algier zu legenden Taus auf-
zuwickeln (Delamarche, Elemente d. unters. TeL, S. 62). Auch hat man
beim Legen des Vama-Baladava-Kabels versucht, durch eine besondere
Maschine jene Drehung wieder zu beseitigen. Der Raum, in welchen das
Tau geladen wird , muss ganz frei zugänglich sein und beim Ablaufen dür-
fen sich dem Tau keine unbeabsichtigten Hindernisse in den Weg stellen.
Die Ladung muss natürlich gleichmäasig über das Schiff vertheüt sein und
dieses Gleichgewicht darf beim Ablaufen des Taus nicht gestört wer-
den, was sich am leichtesten erreichen lässt, wenn als Ballast fUr das Schiff
Wasser benutzt wird. Das geladene Tau muss sorgf^tig vor zu grosser
Erwärmung geschützt werden, um so mehr, als die gotheertc Hanfhüllc sich
selbst zu erhitzen pflegU C. William Siemens wies diese Selbsterhitzung
mittelst eines Widcrstandsthermomoters nach , welches aus mehreren , auf
einen 18 Zoll langen Metallstab aufgewickelten Lagen mit Seide besponne«
Telegraphier Von Dr. Eduard Zetzsche. 27
r^^^W^^N^M
nen Kupferdrabtes bestand ; wurde mittelst eines Differentialgalvanometers
(oder einer Wbeatstone'schen Brücke J der Widerstand dieser DrabtroUe ge-
messen, Bo konnte man ans der innerhalb der gewöhnlichen Temperattir-
grenzen der temperatur proportionalen Widerstandsänderung die Tempera-
tur bestimmen. Siemens wies mit solchen Instrumenten bei demKangoon-
Singapore-Kabel nach dessen Verladung eine stetige tägliche Temperatur-
jmnabme von 3® F. nach und zeigte damit zugleich, wie wichtig, ja
nothwendig eine öftere Abküh^iing der Taue sei (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 7,
8.853).
Welche Linie das vom Schiff ins Meer herabhängende Tau bildet,
hängt von der Geschwindigkeit des Schifib , der Geschwindigkeit des Ab-
lanfens und des Niedersinkens des Taus im Wasser ab , also auch von der
liefe des Wassers und dem specifischen Gewicht des Taus. Im Zustande
der- Buhe würde das Tau eine gemeine Kettenlinie bilden; da es aber
im Wasser niedersinkt und sich auf den Boden legt, so kann es dabei auch
eine andere Linie bilden. Abgesehen von den in der Nähe des Schiffs
stattfindenden, bei Bestimmung der Festigkeit des Taus nicht ausser Acht
in lassenden Schwankungen und dem Wellenschläge, nimmt Siemens an,
das Tan falle senkrecht zu seiner Richtung mit constanter Geschwindigkeit
mnd bilde daher bei constanter Geschwindigkeit des Schiffs eine Gerade^),
bei 8U- oder abnehmender Schiffsgeschwindigkeit eine nach oben oder
unten gekrümmte krumme Linie (Delamarche, Elemente S. 31 , 34 u. 55).
Natürlich ist die Spannung des Taus ausser der Tiefe und dem specifischen
'^) Nach W. Thomson ist beim Gewicht W der Längeneinhiait des Taues
im Wasser, beim Neigungswinkel a der Kabellinie gegen den Horizont, der Was-
sertiefe D und der Länge D : sin a des eingetauchten Stücks der Druck senkrecht
gegen die Richtung des letzteren WD cos aisin a und die in Richtung des Kabels
infolge der Schwere wirkende Seitenkraft WD (also unabhängig von a). Ist nun
P die transversale, Q die longitudinale Seitenkraft des (sogenannten) Reibungs-
Widerstandes, den das Tau längs der im Wasser zu durchlaufenden Strecke (für
jede Längeneinheit) erfährt, und T die Spannung des Taues, so ist
WD=:T+Q,D:sina und WcosazsP,
Entsprechen nun den Componenten P und Q die (hTpothetischen) Beschleunigungen
p vnd 7, so ist p^=zv sina und 9=11 — vcosa^ wenn 0 die Geschwindigkeit des
Schiffes, u die Geschwindigkeit (Beschleunigung) ist, mit welcher das Kabel vom
Schiff abläuft; der Widerstand, den das Kabel findet, ist eine Function der Ge-
schwindigkeit und diese wird sich daher während des Versenkens ändern; hätte
man nun in einem bestimmten Augenblicke P| und ^i, so könnte man Pz=:z Wp^ip^
und Q =: Wq* : q^* setzen und erhielte
p^c=v sina: Ycos a und q\ = (w — vcos a ytVD:(W D — t) «in a,
welche Ausdrücke anwendbar sind, wenn das Tau unter dem Wasser sich gleich-
förmig fortbewegt, vorausgesetzt, dass sein unteres Ende keine Spannung erleidet.
Eine Tabelle für »:p, findet sich in Ding 1er 's Journal 183, S. 493, — V<it^U
ausserdem Clv. Eng. 1859, S. 317 und 412, 8. 273 und S. 2So.
2S Beiträge zur Geschiebte der Fortschritte in der elektrischen
Grewichte, dem Widerstände des Wassers und der Stirke der Bremsung
von der Gestalt der Linie abhängig, die es im Wasser bildet. Auf alle
Fälle aber muss bei wechselnder Wassertiefe and bei nicht gans unTeränder-
licher Geschwindigkeit des Schiffs auch die Geschwindigkeit sich ändern,
mit welcher das Tau vom Schiff abläaft , wäre es auch nur , damit das Tan
auf dem Boden keine Schlingen bilde und keine unnöthige Spannung be-
halte *). Daher sind stets Vorrichtungen zum Reguliren und Messen die-
ser Geschwindigkeit des Ablaufens noth'vfendig. Diese und die Vorrich-
tungen zur Führung des Taus auf seinem Wege aus dem Schiffsräume in
das Meer mögen hier Erwähnung finden.
Bei der (missglfickten) von Canning geleiteten Legung eines Taus im
St. Lorenzbusen im August 1855 war das Tau auf dem Segelschiff Sarah L.
rjant verladen, welches vom Dampfschiff James Adger unter Capitän
Turner geschleppt wurde. Das Tau lag im Schiffsräume in 2 grossen Rin-
gen , wie die Taue in den Dockmagazinen. Durch eine kleine Oeffnung
im Deck lief das Tau über eine kleine Walze zu einer grossen eisernen
Trommel von 12 Fuss Durchmesser, um die es 3 Mal geschlungen war, dar*
auf ebenso viel Mal um eine zweite eben solche Trommel und dann über
eine dicke Eisenstange am Stern des Schiffes in die See ; die Trommeln wa-
ren mit mächtigen Bremsen versehen und ein Zählwerk an ihnen gab die
Zahl der Umdrehungen und die Länge des ausgeschossenen Taus an.
32 Mann regelten beständig im Schiffsraum die Abwickelung der Ringe, ver-
hüteten Schlafen und Kläuken und bedienten die Bremsen auf dem Deck
(Zeitschr. d. Tel.-Ver. 3 , S. 19). Im Juli 1H56 wurde im St. Lorenxbusen
ein anderes Tau von dem Dampfer Propontis, Capitän Goodwin, unter
Leitung von Samuel Canning ohne jeden Unfall gelegt. Das Tau war
im Schiffsraum mit grosser Sorgfalt so unteigebracht , dass jede Lage vom
Centrum aus gegen den Umfang sich abrollte. Von der Rolle ging das Tau
durch einen gusseisemen Trichter und über 2 gusseiseme Trommeln von
9 Fuss Durchmesser und je l*h Tonnen Gewicht, endlich über eine Rolle
am Stern des Schiffs. Ein Zähler an der Trommel gab die ausgelaufene
Länge an. Die Bremsen an den Trommeln regulirten das Ablaufen, so dass
sich das Tau sanft auf den Meeresboden lagerte. An den tiefsten Stellen
machte das Tau einen Winkel von 25 ® mit dem Wasserspiegel, sein Gewicht
war also gerade hinreichend, der fortschreitenden Bewegung des SchifEs das
Gleichgewicht zu halten (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 3, S. 175).
Die Ligenieure W. J. Macquorn Rankine und John Thomson
*) Lanfl das Tau mit einer der Schiffsgeschwindigkeit g^Ieichen Geschwindig-
keit ans, so legt es sich anf dem (ebenen 1 Meeresboden ohne Schleifen und ohne
Spannung nieder. Wächst die Tiefe , so mass die Bremse schärfer angelogen wer-
den, nm der Beschleunigung im Ablaufen entgegen lu wirken; bei abnehmender
Tiefe ist die Bremse lu lüften.
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 29
- ^ -^ -^*«' --»-,>• .^-1^ >- 4
sachten durch folgende am 2-^. Februar 1855 für England patentirte Anord-
nung die grosse Reibung, Erhitzung und Abnutzung des Taus, der Eisen-
ttang^ am Hackbord, der Bremsen und sonstigen Maschinerie zu vermin-
dern und Schleifenbildung auf den Tronmieln zu verhüten. Zunächst um-
gaben sie jede Trommel mit einem spiralförmig um die Trommel gelegten
Band ans Stahl, so dass für jeden Ring des Taus ein besonderer Raum zwi-
schen den Ringen des Bandes vorhanden war; das Band ist mit seinen En-
den und nach Bedarf auch an Zwischenpunkten am Gestell der Maschinerie
befestigt und bleibt feststehen , während sich die Trommel dreht. Femer
ersetzten sie eine oder mehrere Trommeln dnrch je ein paar grosse und
starke Rollen, welche am Umfange mit kreisförmigen, durch^ wischenwände
von einander getrennten , nach Erfordern mit Querriefen versehenen Ka-
nälen mit einer zur Taudicke passenden Tiefe und Weite versehen waren ;
je 2 Rollen waren in derselben Verticalebene aufgestellt, so dass das Tau
wechselsweise halb um die eine, halb um die andere geführt werden kann,
und zwar so viel Mal, als Kanäle im Umfange vorhanden sind ; dadurch war
ein Durchgleiten des Taus und ein Uebereinand erlegen seiner einzelnen
Ringe unmöglich gemacht; der Durchmesser der Rollen schwankt je nach
der Dicke des Taus meist zwischen 6 und 10 Fuss. Ebenso liessen sie an
Stelle der Eisenstange am Hackbord eine weit genug Über den Stern des
Schiffes hinausragende Trommel oder Rolle treten, von welcher das Tau
frei ins Meer herablief. Zur Regulirung der Geschwindigkeit brachten sie
mehrere doppeltwirkende Pumpen an , welche von den Rollen oder Trom-
meln aus in Bewegung gesetzt wurden und Wasser oder Luft durch eine
verstellbare Oeffnung drängten ; dabei wurde zugleich die Erhitzung in den
Maschinentheilen vermindert und ausserdem konnte das gepnmpte Wasser
anch zur Abkühlung des Taus und der betreffenden Maschinentheile be-
natzt werden (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 3, S. 12).
»
Robert Stirling Newall zu Gateshead Hess sich am 14. Mai 1855
einen Apparat zur Versenkung von Unterseetauen patentireu. Das Tau
wurde um einen aussen glatten , hölzernen oder eisernen , vom Boden bis
zur Höhe des aufgerollten Taus reichenden Kegel gelegt, während es durch
einen cjlindrischeu Mantel, welcher aus im Boden und Deck befestigten
und durch einen in der Mitte umgelegten Reifen zusammengehaltenen
Stangen gebildet war, unverrückbar in seiner Lage erhalten wurde; über
dem Kegel befand sich eine Rolle, deren eine Seite genau in der Achse des
Kegels lag und nach welcher das Tau gelangte, indem es durch eine Anzahl
eiserner Reifen hindurchging ; diese an der Decke und den Seitenwänden
aufgehängten Reifen umschlossen die Spitze des Kegels nach oben hin immer
engerund engerund sollten das Auseinanderiliegen der Tauwindungen infolge
der Centrifugalkraft und eine Verwickelung des Taus unmöglich machen.
Die Windungen des Taus wurden von ausseu nach dem Kegel zu gelegt^
mussten sich also beim Versenken von innen nach auBBen a\>V\c^V^\xk« IaVv
30 Beitrage znr Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
sehen dem Kegel und dem Stern des Schiffs waren ein oder zwei Brems-
rader von 8 bis 9 Fnss Durchmesser angebracht (Dingler^s Jonmal 140,
S. 114).
Aehnlich waren die Einrichtnngen anf der Elba, welche im Septemb^
1857 f^r Newall das Tan von Bona nach Cap Spartivento legte. Das durch
die Eisenringe ans dem Schiffsraum kommende Tau lief durch eine Ejiie-
rinne und dann in eisernen Rinnen nach dem Hjntertheil, wo eine eiserne
Trommel von 8 Fnss Durchmesser auf einem Balkengerüste ruhte ; in der
einen Abtheilung dieser Trommel lag ein Bremsband, welches durch einen
Hebel beliebig g^pannt werden konnte; in der andern Abtheilung der
Trommel war das Tau 4 bis 6 Mal herumgeschlungen und eine Vorrichtung
unten an der Trommel schob das Tau nach seinem ersten Umgänge zur
Seite, um die Stelle des Auflaufens stets frei zu halten und ein Ueberein-
anderlegen der Windungen zu verhfiten. Ans einem Kasten floss stets kal*
tes Wasser auf die Trommel herab. Nach Siemens* Vorschlag war sur
Messung der Tauspannung und zur Milderung des Einflusses der Schwan-
kungen des Schiffs noch ein langer, mit Gewichten beschwerter, einarmiger
Hebel angebracht , welcher das unter einer an seinem Ende befindlichen
Bolle weglaufende Tau durchbog; diese Bolle lag genau in der Mitte der
Entfernung f der Trommel von dem Gleitstück, durch welches das Tau ab-
lief; wurde bei der durchbiegenden Belastung Q das mit A' gespannte Tau
um den Winkel a gegen die Horizontale oder um die PfeilhShe h durchgebo-
gen, so war^: 7i^=sina=h:yo,2b^^/^ und hieraus: k = Qe:ty4 £«— pt^
mit Hilfe dieser Formel wurde eine Scala berechnet . so dass man mittelst
eines an der Bolle befestigten, auf der Scala spielenden Zeigers jederzeit die
Spannung iT sofort ablesen konnte, während ein ZShlwerk an der Trommel
die Ltnge des abgelaufenen Taus angab (Delamarche, Elemente, S. 05}.
Das atlantische Kabel vom Jahre 1S57 wurde zurBtllf^e auf dem eng-
lischen Dampfer Agamemnon von 92 Kanonen, zur Hälfte auf der amerika-
nischen Fregatte Niagara von 5200Tonnen eingeschifft; auf dem Agamemnon
bildete es einen einzigen Stapel ron etwa 15 Meter Durchmesser und 4,5 Me-
ter Hohe und die Einschiffung erfolgte in Greenwich, wobei in 24 Stunden
etwa 50 Meilen eingeschifft wurden und etwa 30 Mann die Aufwickelung hei
Gasbeleuchtung besorgten ; die andere Hälfte wurde zu Birkenhead erst in
grosse Barken geladen und bildete auf dem Niagara 5 Stapel von 13 Meter
Durchmesser, bei deren Anordnung man jedoch ziemlich sorglos verfahren
sein, namentlich f^ ausreichenden Schutz gegen die Schiffsmaschinenwärme
nicht gesorgt haben soll; die Einlegung des Taus begann stets vomRand des
Stapels ans nach dem in .der Mitte befindlichen Kegel von 3 Meter Durch-
messer hin. Die Maschinerie zum Legen nennt Delamarche (Elemente
S. 81) plump und complicirt; sie bestand hauptsächlich aus 4 Bollen /{
(Fig. 30) von 1,6 Meter Durclfmesser und 0,13 Meter Breite, auf welche sich
das Tau in Form einer doppelten 8 aufwickelte; jede Bolle war mit einem
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 31
>^^^^^X^X^^^^V^%^^^^^^i^^.X<j»^.^'.l>»^^^^rf'^<
Zabnrade von denselben Dimensionen und einer Bremsscbeibc verbunden ;
über eine am Hintertbeile befestigte fünfte Rolle fiel das Tan ins Wasser.
Ansaerdem waren nocb 2 grosse Rollen mit 5 Rinnen, von 2 Meter Durch-
messer nnd 0,3 Meter Breite, in Verbindung mit Zahnrädern und Brems-
leheiben vorhanden , zur etwa nöthigen Wiederaufnahme des Taus. Alles
lusammen wog 15 Tonnen nnd kostete 50000 Franken.
Der norwegische Telegraphen director C. Nielsen beschreibt das Ver-
fihren bei der Legung von 24 Kabeln an der norwegischen Küste in der
Zeitachrift d. Telegraphen*Vereins (0, S. 1) folgen dermassen: Das Tau lag
in eoncentrischen Ringen und jede Schicht war zur Verhütung von Verwir-
rungen beim Ablaufen an 8 bis 12 Stellen mit der darunter liegenden mittelst
Kabelgam verknüpft. Da der Kegel nicht in der Mitte der Ringe, sondern
gerade unter der Luke stand , so waren von den entfernteren Punkten des
freien kreisförmigen Raumes schräge Streben nach dem Kegel gelegt, um
das Tan zu fähren. Oberhalb des Decks lief das Tau zunächst über den
eisernen Kopf eines Bockes zum Auslegapparat und zwar zuerst unter einer
Waise weg, dann zwischen verticalen gusseisemen Ftihrungsplatten, darauf
zwischen den mit starken Eisenplatten belegten Backen einer Druckbremse
hindurch, einige Mal um die Haupttrommel, Über eine Walze und zwischen
verticalen Frictionswalzen hindurch nach dem Über dem Heck des Schiffes
befestigten Rade, von dem es ins Wasser hinabschiesst. Die Haupttrommel
hatte OFnss im Durchmesser; in ihrem Kranze befanden sich 2 vertiefte Rin-
nen, die eine für einen Bremsriemen, der durch einen mit Gewichten zu be-
lastenden Druckhebel gespannt wurde, die andere, ebenfalls einfache, aber
breitere für das Tau ; unter der Trommel lief das Tau über eine Rolle und
an einem seitlich beweglichen Abweiser vorbei, welcher verhütete, dass sich
seine Windungen auf der Trommel Über einander legten. Die verticalen
Frictionswalzen dienten zum Hemmen des Taus, falls es bei heftigen Seiten-
bewegnngen des Schiffs aus der Rinne des Rades am Heck geworfen wurde.
Die ganze Maschine mit Oestell, aber ohne Kegel, wog 12800 Pfund. Bei
Tiefen bis 600 Fnss ist es ausreichend , wenn die Spannung des Taus von
einem Manne mit dem Fusse geprüft wird. Bei schroffem Abhang des
Meeresbodens an der Küste wurde das Tau am Land sicher befestigt und
vom Befestigungspunkte bis zur Wasserlinie in hölzerne Rinnen gelegt;
zur Befestigung dienten Deckelbolzen von 2 bis 3 Zoll Länge und 1^^ bis
2 Zoll Dicke, welche mit einem Oemisch aus Schwefel und Sand in grossen
FelsblScken eingegossen wurden; das mit Blei umwickelte Tau wurde in
die Nuth dieser Bolzen eingelegt und dann der Deckel fest aufgeschraubt.
Wo das Tau heftigem Seegange ausgesetzt war, wurde es auf kleinen eiser-
nen Kreuzen befestigt und durch diese, so weit die Brandung reichte, ausser
Berührung mit dem Meeresbodeti erhalten.
Die Auslegmaschine für das atlantische Tau vom Jahre 1858 war von
Everett constmirt. Das aus dem Schiffsräume kommende Tau Y\^^ ^^t
32 BeitrÄire sor Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
^^^^^ ^ ^^ ^ ^^^^^^^^^>^^^^^^^^^^^^>^'i^^>^^^^ i^ ^ ^^^«r^^'i^^^w.y^^^^^wy^i^^^'rfVrf^^ ji ^<rfiw<»i^^^',#<^^^^»i^^^^^^^i^^>^^^^s^^W
Bcfarpie LettroüeB meist dnreh ein Fühmngsrohr iber eine Seheibe mit
tiefer Fnrehe oder BiDe im üsifange, dsnn snf 2 grosse Rider (r-Bider)
mit 4 tiefen BiDen und xwsr sbwechselnd ron dem einen Bsd snm nnden!«
indem es bei der ersten obem Bolle des ersten Bsdes eintrat, oben nseb
dem zweiten liL^ gii^t unten nsch dem ersten xnröck n. s. f., bis es bei der
Tierlen obem Büle des zweiten Bsdes sostnt; ron ds ging das Tan fiber
eine Leitrolle nach dem Dynamometer fiber eine zweite glmhe, in gleicher
Höhe nnd in gleicher Entfernung Tom Dynamometer befindliche Leitrolle
und über eine letzte Bolle ins Heer. Auf den reiiingeiten Axen der beiden
grossen T-Bader sassen je 2, mit ihrer untern Hilfte in Köhhrasser ein-
taachende Bremsscheiben, gegen welche man durch 4 Stangen die 4 Brems-
ringe anpressen konnte; diese 4 Stangen aber wurden mittelst Winkelhebcdn
Ton einem an einem Steuerrade 5 (Fig. %\s beim Dynamometer stehenden
Aibeiier bewe^, da sie mittelst einer über 2 Bollen P| u. P^g^^ßten Kette £*
mit dem Steuerrade rerbunden waren und so tou diesem ans in dem einen
Sinne, beim Nachlassen des Steuerrades aber durch an ihnen angebrschte
Gewichte im entgegengesetzten Sinne bewegt werden konnten. Jenseits
der Bremsscheiben sassen auf der Axe der beiden grossen F-BSder noch
Zahnrader, welche durch ein in sie eingreifendes, gemeinsames G triebe
Tcrbunden waren und Ton denen das eine durch eine für diesen Zweck Tor-
handene besondere Dampfmaschine in der Bichtuug in Umdrehung Tersetst
werden konnte, dass das berdts TersenkteTau wieder aufgenommen wurde,
die Auslc^maschine also als Aufwindemaschine diente. Das Dynamometer
zeigt Fig. 31; das Tau T liuft unter der Bolle <^ hinweg, deren Axe in dem
starken , metallenen , zwischen 2 gegenüberliegenden Stahlbacken (Coulis-
sen} auf und nieder steigenden , durch das angeh&ngte Gewicht W be-
schwerten Gleitstück O eingelagert ist. Je geringer nun die Spannung des
Taus T ist, desto tiefer muss die Bolle G sinken, und demnach kann man
aus dem Stande des an der Bolle G befindlichen ZeigeYs auf der an der Cou-
lisse aufgetragenen Scala (18a8 von 1200 bis 3000 Pfund) stets die Spannung
des Taus unmittelbar ablesen , wenn man nur durch Anhängung bekannter
Grewichte vorher die zu den verschiedenen Spannungen gehörigen Stand-
hohen der Bolle G ermittelt hat. Die Stange, woran das Gewicht W sitzt,
trägt unterhalb in einem mit Wasser gefüllten Cylinder T einen Kolben, da-
mit der Widerstand , den das Wasser der Bewegung des Kolbens entgegen-
setzt, etwaige Stösse des Taus bei plötzlichen Spannungsinderungen infolge
starker Schwankungen des Schifis u dgl. unschädlich mache. Eine ähnliche
Einrichtung verhütet zu grelle Bewegungen der Bremsen. — Das Tau lag
1858 auf dem Niagara in 6 Bingen; die Schiffsschranbe war mit einem star-
ken Eisengitter umgeben, damit sich das Tau nicht in sie verwickeln konnte;
das Vordertheil war auch mit einer Bolle versehen , um nöthigenfalls das
Tan am Vordertheil aufwinden zu können.
Im Jahre 1805 wurde das ganze Tau auf dem Great Eastem von Über
Von Dr. Eduard Zetzsche. 33
SOOOO Tonnen Gclialt) verEchifTt und kg in drei 30^ Fass tiefen cylindri-
driscben Bäumen (Tendern), von denen der vordere von 51^ Fuss Durch-
meascr «13, der mittlere von 58j Fuss Durclmiesser 809 und der liiotere Ton
bSFusa DurclimesserSÖöMeilen Tau atifnelimen konnte. Die Auslegmascliine
var von C&nning& Clifford mit besonderer Sorgfalt so gebaut, dsss
das Tun leicht festgehalten, seine Geschwindigkeit leieht regulirt werden
konnte und mögliebst wenig Toraion xa erleiden hatte. Dazy waren
6 r-EHder H (in Fig. 32) mit einer tiefen Kinne auf iiirera Umfange hinter
einander aufgestellt, und auf dem Umfange eines jeden lag eine Keitrolle r,
deren Aie durch Hebel und Gewichte niedergehalten wurde, so dass sich
die Holte auf den Umfang des F-Radcs auflegte. Auf den Äsen der
F-RSder Eassen Biemsscheifaen, deren Bremsringo nach Bedarf angezogen
wurden. Das Tau ging aus dem Schiffsräume erst über eine Leitrolle,
dann zwiachen denUmftlngen der 6 '''Rilder und der darüberliegendenKeit-
lolten in gerader Linie (also nicht in Form einer 8, wie früher) nach einer
kleinen Leitrolle, welche ihm die Richtung nach einer grossen Trommel
von 0 Fuss Durchmesser und I Fuss Breite gab, auf deren Ase 3 Appold-
^^^ÜK Bremsscheiben sasseu; nachdem es in 4 Windungen über den Umfang
^^Bkser Trommel gelaufen war, wurde ihm durch eine t'- Rolle die Rich-
^^^bg nach dem Dynamometer angewiesen, und es lief dann über eine in
^^^Uicber Entfernung stehende F-Rolle Über die letzte, starke und gegen
das Abgleiten gut verwahrte Rolle am Uintertheil dee Schiffes. Trommel
und Bremse waren doppelt vorbanden, und falls die eine den Dienst ver-
engte, konnte die andere durch eine einfache Hebel Vorrichtung nn ihre
Stelle gesetzt werden. Die Bremsscheiben standen mit ihren unteren
Theilen Im Wasser und die Roitrollen wurden durch beständigen Wasser-
■uSuas von oben abgekühlt. Die Bremsen wurden wieder durch ein beim
Dynamometer befindliches Steuerrad geöffnet und geschlossen; sank die
Rolle G des Dynamometers zu tief, so lief in der Regel das Tan zu schnell
^^^^ und die Bremsen mussten angezogen werden. Die Maschine arbeitete
^^^fersttglich und mit so wenig Reibung, dass bei offenen Bremsen das Tau
^^^Pbon darch 200 Pfund durch sie hindurchgezogen wurde. Falls das Tau
^^^nf dem Schiff reissen oder bei ungünstigem Wetter gekappt werden sollte,
hatte man ausser anderen Drahtseilen, Bojen, Enterhaken n. s. w. ein
5 Meilen langes, sehr starkes Drahtseil an Bord, mit Marken in je tOO Fadeu
Entfernung; das eine Endo dieses Seils konnte sofort am Tau befestigt
weiden, während das andere Endo an einer grossen und starken Boje hing;
bei einem eintretenden Unfall konnte man also mittelst der Boje den Ort,
and mittelst der Marken am Seil die Tiefe erkennen, in der das Tau am
Mecrcabuden lag. Die Aufwindemaschine war von der Auslegemaschine
^ax unabhängig und hatte ihre besondere Dampfmaschine (Schellen,
^ atlant. Kabel S. 71 ; Allaiilic Telegrap/i 8. 40).
Bei der Legung des atlantiseben Taues von X&iü wjLven ä\<^ k'o.^V^«-
r. /■hj.;*, XIII, I. 4
34 Beiträge zar Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
«nd Aufwindemaschioe mit 2 Dampfmaschinen Ton 70 Pferdekriften rer-
sehen « und entere Hess sich auch zum Aofwioden benntxen, so dass dieses
ebensowohl Tom Hintertbeilf als Tom Vordertheil bewirkt werden konnte.
Ein M) Centner schweres Eisengitter hielt das Tan Ton der Schiffitschranbe
fem. Der znm Anffischen des Tanes Ton 1865 bestimmte Apparat war Ton
Penn A Clifford nen constmirt. Das Enterhakentan Ton 1805 hatte
nnr 10, das von 1866 aber 20^ Tonnen Tragfähigkeit , nnd nicht allein der
Great Eastem, sondern anch seine Begleitschiffe Medwaj nnd Albanj
hatten ganz gleiche Ausrüstung znm Aufwinden. Das dasn in 20 Meüen
Länge (je 7^ ffir den Great Eastem nnd Medwaj, 5 f& den Albanj) an-
gefertigte Drahtseil (Fig. 33) hatte 6( Zoll Umfang nnd bestand ans den-
selben mit Manilahanf umsponnenen Eisendrähten Nr. 13 (O^ms englische
Zoll), wie die Umhüllung des Tiefseetaues; Ton seinen 7Litaen umgaben
6 die 7. spiralförmig; ebenso die 7 Drähte jeder Litze. Hierzu kamen
5 Meilen Drahtseil für die Bojen, deren grösste mit 200 Centner Zugkraft
nach oben an das bis auf eine gewisse Hohe gehobene Tan gelegt werden
sollte, während die mittleren zur Befestigung des Tauendes bei etwaigem
Reissen oder Kappen besümmt waren und die kleinsten als Markseichen
dienen sollten. Im Ganzen wurden 14 Bojen gelegt und 12 davon wieder
aufgenommen. Ausser den gewöhnlichen Enterhaken hatte man eine in
Fig. 34 abg^iidete Sorte, deren 10 — 12 Zoll hohe Klauen von je 10 Tonnen
Tragfähigkeit mit starken Sperrfedem Tersehen waren, damit sie das
einmal gefasste Tau beim Weiterschleifen auf dem Meeresboden zwischen
Feder und Klaue festhalten könnten, und eine andere Sorte, deren Klanen
auf der Innenseite mit stählernen Messern besetzt waren, an denen das
gefasste Tau beim in die Höhe ziehen durch sein eigenes Gewicht sich
durchschneiden sollte. Die Schaufelräder des Great Eastem wurden von
einander getrennt, damit sie nach Bedarf beide zugleich oder jedes einzeln
arbeiten könnten. Zwei Dampfkessel wurden ausser Dienst gestellt, weil
sie den vorderen Kabelt endem so nahe lagen, dass die Ton ihnen aus-
gestrahlte Wärme die Guttapercha hätte erweichen können. Im vorderen
Tender lagen G70 Meilen Tiefsee- und S Meilen Kfistentau, im mittleren
865 und im hinteren 830 Meilen Tiefseetau; der Dampfer Medwaj von 1000
Tonnen trug 400 Meilen Reservetau (Schellen, das atlant. Kabel, S. 95;
Ike AÜanlic Telegraph, S. 89).
Der Versenkung der Taue schenkt auch Crrt/ Engineer amd Jrchüects
Journal (z. B. 1850, S. 29, 273, 285) wiederholt eingehende Beachtung.
4. Dm WtoismftslUMa «ad dis WisdffksntdlaBf Mhadkaftsr nktstmtaas.
Ist eine ünterseeleitung beschädigt worden, so wird zuerst die Lsge
der schadhaften Stelle auf einer Seekarte, in welche die Lage des Taues
genau eingetragen ist, durch Widerstandsbestimmungen ermittelt*), darauf
*) Es geschieht dies ähnlich, wie hei unterirdischeu Linien; verigl. Dub, die
racbt min nn der betreffenden Stelle das Taa mit einein Anker zu faespn,
hebt es behuls^in, legt e» in die Hinne ein^r RfiUc au der Seite dos Suhiffs,
welches darauf dem Tau entlang der schadbat'tnn Stelle enlgegcn fäbrt.
Ist das Tau zerriseen, bo ecbieest es acbnell von der Rolle binab, wenn man
eich der Bmchstelle nähert; man zieht dann beide Endeu an Bord, prilft
•ie &uf ihre Isolation, setzt ein neues Stück Tau ein und läsat es behutBam
wiednr hinab, damit eich keine Schlingen oder Knoten bilden. Ist das Taa
Dicht Eerrisscu, sondern Mos beadiftdigt, so wird es je nach Erfordern blas
auBgebessert oder das schadhafte Stück durch ein neues ersetzt. — Bei der
genauen Bestimmung und endlichen Austrcnnung der Fehlerstelle sind
l'roben , bei welchen die LeitungsdrShte im Tau durchgeschnitten werden
inlUsen, niclit zn umgeben (rergLauch ZeitBchr. d.Tel.-Ver. «, S. 51). Der
d&niccbe Telegraphen -Inspector Lorenzen hat hierzu eine einfache Vor-
richtung construirt, welche gestattet, die Leitungen des Taues zu treu-
nen. ohne die SchutzdrShte zu durchBchneiden. Zu beiden Seiten der
Stelle, wo man die Leitungen trennen will, werden in etwa 2^ Fuss
Entfernung von einander 2 Klemmen (wie Fig. 35) auf das Tau
geschraubt, in entgegengesetzter Bicbtnng umgedreht, bis die sich in die
Kicfelung fest einlegenden Schnlzdrähte gerade gerichtet Bind; darauf wor-
den 2 Zagschrauben über die Handgriffe der Klammern gelegt und die
Schrauben angezogen, wodurch die Scbntzdrähte sich sn weit auseinander
^hen, dass man bequem zur Seele gelangen, die Hanfumwickelung lösen
s OuttapercbadrHhte durchschneiden kann. Nach beendeter Uuter-
ihuug entblösst man den Kupferdraht au beiden Enden etwa 1 Zoll lang,
Bst die Enden stumpf an einander, legt ein 1% bis 2 Zoll langes Stück
gnjiferdrabt seitwärts daneben, umwickelt mit feinemKupferdraht und ver-
thet gut, nmgieht den Draht mit Cbatterton's Compound und Guttapercha,
{ekelt den Hanf um, entfernt die Zngse.hriiuhen und dreht mittelst der
|«mmen die Schutzdrähte wieder iu ihre ursprüngliche Lage (Zeitschr. d.
iri.-Vev. 12, S. 72). — C Lair erleichtert die LJithung dadurch, dase er
niden Tauenden durch die Oeffnungen eines Rahmens einführt {Fig. 3«),
I Burtickgeschlageneu Eisendrühte um einen schwach conischen Ring
Upt und so einen die Enden festhaltenden Knopf bildet, worauf die blos
gelegten Kupferdrähte zusammengedreht, gelüthet und wieder mit Gutta
percha überzogen werden (I>h IHanccl, traite, S. aSO). — Fig. 37 ver-
•Bschaulicht dio von Latlmer Clark vorgeschlagene Art und Weise der
Verbindung zweier Kabelstücke (Uingler's Journal lö3, 8.454). In eigen-
thfimlicher Weise stellte der technische Inspector der Schweizer Telegra-
phen. M. Hipp, im Qecember 1^59 das einige Monate zuvor im Vierwald-
sUUlter See von Bauen nach Flüelea (l^"'*' Schweizer Fuss Entfernung,
BDiliing de» Elektro- Magnctismux, Bertiu 1803, S. 171; SchcUe
iMiscbe Telegraph, 4. Ana. S. :;73— 2SÜ.-
36 Beiträge zar GteRchichtc der Fortschritte in der elektrischen
grosste Tiefe 700 Fnss) gelegte Tau wieder her. Der Leitangsdraht dieses
Tans war mit Guttapercha isolirt, durch ein mit Theer getränktes Huifband
geschützt nnd mit 2 Eisenbändem der Art nmwnnden, dass das «weite die
Tom ersten gelassenen Lücken überdeckte. Grewicht 00 Centner, Werth
10000 Francs. Die Vomntersnchung deutete anf einen Fehler in 2000 Fnss
Entfernung vom Ufer bei Flüelen; das Tau, welches sich in den Schlamm
▼ersenkt hatte , wurde an dieser Stelle aus 900 Fnss Tiefe empor gehoben,
zeigte an der für verdächtig gehaltenen Verbindungsstelle keinen erheb-
lichen Fehler, vielmehr waren beide Theile, der aufgehobene kürzere nnd
der längere, fehlerhaft, weil, wie sich später ergab, die Guttapercha spröd
nnd rissig geworden war; das kürzere Stück wurde durch ein neues ersetzt,
das längere aufzuheben war misslich , weil die Eisenbänder den Draht zu
wenig vor dem Reissen schützten. Einen so starken Strom durch das Tau
zu senden, dass die Erwärmung des Drahts zumErweichen der Guttapercha
ausreichte, war kostspielig und konnte misslingen. Hipp ging daher dar-
auf aus , durch die Einwirkung einer starken Batterie , deren positiver Pol
mit der Leitung verbunden wurde , den Kupferdraht zu oxydiren und mit
seinem Oxyd die Bisse der Guttapercha auszufüllen. Er beauftragte dem-
gemäss das Telegraphenbureau Luzem, diese Operation mit einem constan-
ten Strom von 72 Elementen vorzunehmen und zwar im Bureau Luzem
selbst, welches 9 Stunden von der Stelle des Vierwaldstädter Sees entfernt
ist, wo das Tau eingesenkt ist; der Strom musste also durch diese Leitung
gehen. Der Stromverlust betrug, wenn die Leitung jenseits des Vierwald-
städter Sees unterbrochen wurde, 32 bis 36® eines Galvanometers mit 32 Um-
Windungen, an dem die Stärke des gewöhnlichen Telegraphirstroms 30®
betrug. Den 5. December Morgens begann die Operation und am 8. betrug
die Ableitung auf der unterseeischen Leitung von Luzem nach Altdorf nur
3 ® , von Altdorf nach Luzem nur 2 ^ ; am ersten Tage war die Ableitung
gleich stark geblieben, am zweiten Tage auf 20® und amdritten auf 8® herab-
ge^ngen; erst nach 3 Wochen, während welcher Zeit die Batterie immer in
gutem Stande erhalten wurde, war der Verlust nur noch 1®. Ein Ver-
such im Kleinen weist nach, dass nicht nur eine Spalte in der Guttapercha
unter Wasser mit Oxyd ansgefüllt werden kann, sondern dass sich auch
dieses Oxyd unter fortdauernder Einwirkung des Stroms auftrocknen lässt
(Zeitschr. d. Tel.-Ver. 4, S. 73).
Gestützt auf die im Jahre 1866 gemachten Erfahrungen ftihrte Lati*
mer Clark einen neuen pneumatischen Kegulator und einen ankerartigen
Enterhaken aus, welche beide bereits patentirt sind (Dingler's Journal 183,
S. 450, aus Mech. Mag. XVI, S. 40). Bei dem Regulator ist die Scheibe,
welche von dem über 2 entsprechende Führungsrollen zu- und abgeführten
Tau getragen wird, an einem Kolben in einem hohen, 5 bis 0 Fnss weiten
Cy linder befestigt; der Kaum unter dem Kolben steht aber durch ein mit
einer Klappe versehenes Rohr mit einem Behälter in Verbindung, in wel-
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzschb. 37
ehern die Luft durch Pampen entsprechend verdünnt wird ; bei sich ändern-
der Spannung in dem ablaufenden oder aufzuwindenden Tau steigt der
ELolben in seinem Cylinder auf oder nieder. Soll dieser pneumatische Re-
gulator beim Auslegen eines Taus benutzt werden, so muss die Bremsvor-
richtung mittelst eines ähnlichen Luftcylinders mit dem eben erwähnten so
Terhunden werden, dass bei jeder Zunahme der Spannung im ablaufenden
Tau daa Bremswerk so weit gelüftet wird , dass eine das Tau gefährdende
Spannung oder gar ein Reissen des Taus verhütet wird. — Den Enterhaken
hat Clark so eingerichtet, dass er beim Zusammentreffen mit dem Kabel an
feiner Vorder- oder Rückseite dasselbe zwischen 2 Platten einklemmt und
beim Aufwärtsziehen zerschneidet, den eingeklemmten Theil zu Tage bringt»
das abgeschnittene oder abgerissene Ende aber auf den Boden zurückfallen
läMt.
Tl.
Ueber die Formveränderungen prismatischer Stäbe durch
Biegung.
Von
Gustav Ad. V. Peschka,
Professor am k. k. technischen Institute in Brunn.
Die Formverändernngen , welche feste, elastische Körper unter dem
Einflüsse äusserer Kräfte erfahren, sind bereits vielfach Gegenstand ein-
gehender Stadien gewesen. Die wissenschaftlichen Untersuch nngen
stützten sich auf Grundgleichungen , die auf einer Hypothese beruhten,
welche aller Wahrscheinlichkeit nach als richtig angesehen werden muss.
Die Lösung obgenannter Gleichungen bestimmt die Raumveränderang
einzelner Moleküle, ausgedrückt durch die sie beeinflussenden Kräfte und
durch die Coordinaten ihrer Anfangslagen.
Da jedoch jene Gleichungen partielle Differentialgleichungen zweiter
Ordnung sind, so blieb man auch von der strengen Bestimmung dieser
Raumveränderungen weit entfernt. Nur einige wenige Gesetze, wie z. B.
jenes der Aenderung der Ausdehnung (Dilatation) nach verschiedenen
Richtungen von einem Punkte aus , gestatteten eine einfache und elegante
Ausdrucksform ; aber selbst hierfür gestalten sich die Näherungsformeln für
die inneren Spannungen so complicirt, dass sie eine praktische Anwendung
nicht wohl zulassen.
Man machte deshalb in speciellen Fällen specielle, auf Wahrschein-
lichkeit beruhende Annahmen, wodurch die Schwierigkeiten der Integration
grossentheils umgangen wurden. Eine der ältesten Voraussetzungen ist
die, „dass der Widerstand, den ein dünner prismatischer Stab dem Biegen
durch äussere Kräfte an irgend einer Stelle seiner Länge entgegensetzt,
dem Krümmungshalbmesser seiner Axe in eben demselben Punkte um-
gekehrt proportional sei**; eine Hypothese, von welcher schon BernouUi
unter Annahme einer elastischen Linie, d. i. eines Stabes von anendlich
kleinem Querschnitte, Gebrauch machte.
Ueber d. Form Veränderungen prismat. Stäbe etc. Von G-.Peschka. 39
In der That ist diese Annahme, wenn sie auf Stäbe, deren Quer-
schnitte nicht sehr klein sind, angewendet wird, diejenige , welche für die
Praxis äusserst nützliche Resultate liefert, und welche, wie bekannt,
die Grundlage einer Theorie wurde, die durch Navier, Poncelet,
Morin und Andere ausgebildet und durch Erfahrungen bereichert und
gefestigt, allgemeine Verbreitung fand.
In dem Folgenden wollen wir es versuchen, die Formveränderung
prismatischer Stäbe durch Biegung unter consequentem Festhalten an einer
gegenwärtig allgemein üblichen Hypothese durchzuführen. Die sich er-
gebenden Resultate sind der Hauptsache nach keineswegs neu; daher das
Vorliegende eigentlich als eine Studie anzusehen sein wird, bei welcher
vielleicht wenigstens die Darstellung einige Beachtung verdienen dürfte.
Yonuisatzangan. Zum Behufe einer befriedigenden Lösung der uns
gestellten Aufgabe werden sowohl bezüglich des Körpers während der Be-
einflussung durch äussere Kräfte, als auch betreffs der mit der Formver-
änderung desselben im Zusammenbange stehenden Vorgänge im Innern
des Stabes, gewisse Voraussetzungen gemacht werden müssen. Selbst-
verständlich müssen diese Annahmen von der Art sein, dass deren Zu-
lässigkeit entweder schon an und für sich in der Natur der Sache begründet
erscheint, oder doch wenigstens insofern als naturgemäss bezeichnet wer-
den können, als man unter Voraussetzung ihrer Richtigkeit, ohne auf
Widersprüche zu stossen, zu Resultaten gelangt, die sich erfahrungsgemäss
als richtig bewahrheiten.
a. Eine lineare Aufeinanderfolge der Moleküle eines Körpers wollen
wir eine Faser nennen und voraussetzen, dass die Richtung der Fasern
immer parallel sei mit der Richtung der Moleknlarkräfte. Letztere wider-
setzen sich der Formveränderung und leisten somit den äusseren, die
Festigkeit des Körpers beanspruchenden Kräften Widerstand.
Ein homogener stabförmiger Körper von congruentem Normalquer-
schnitt wird daher als ein Bündel ganz gleicher Fasern anzusehen sein, oder
der gerade Stab sowohl, als auch der gekrümmte besteht aus unendlich
f vielen unter einander parallel laufenden Fasern, die, als mathematische
Linien betrachtet, in parallelen Ebenen liegen.
b. Alle Atome, welche ursprünglich in einem ebenen Querschnitte
lagen , sollen auch im gebogenen Zustande in einer Ebene liegen , die an
den betreffenden Stellen der Faser auf dem Faserelemente senkrecht steht.
Unter Querschnitt des Stabes, welchen wir durchgehends, d. i. in der
ganzen Länge des Stabes als sich gleichbleibend annehmen wollen, ver-
stehen wir jene Figur, die erhalten wird , wenn sämmtliche Fasern durch
eine Ebene normal geschnitten werden.
Die Verbindungslinie der Schwerpunkte aller au(eVT\ai\viei^o\)|^^vi^^\i
40 Ueber die FomiTeränderangen prismatischer Stäbe durch Biegang.
y■^.^ti»^^,^V^^./^^i^^»^»^^>»^^s/^^^■^.^^^^^^»^^»*wi»<»<ww». ,^^^^^^>^^^^^^^f^^^>^^^^<^^'^^^^it
Querschnitte, welche wir uns als eine Cnrve denken, heisse die Axe oder
die Axenfaser des Stabes.
c. Durch die Axe und den Querschnitt des Stabes ist die Gestalt des-
selben vollkommen bestimmt.
Die Ebene der Axe des stabförmigen Körpers heisse dessen Biegunga-
oder auch Hanptbiegangsebene. In dieser Ebene denken wir uns alle den
Stab angreifenden Kräfte wirkend.
d. Die Atome eines und desselben Querschnittes behalten ihre relative
Gegeneinanderlagerung bei; es ändert sich also durch die Biegung weder
die Form, noch die Grösse des Querschnittes.
e. Nach der Biegung bleiben die Fasern, wie zuvor, unter einander
parallel , treten aus ihren Ebenen nicht heraus und bilden alle ursprünglich
geradlinigen Fasern im gebogenen Zustande des Stabes zur äussersten
Faser aquidistante Linien.
f. Die Biegung des Stabes sei von der Art, dass die für die Aus-
dehnung und Zusammendrtickung von Stäben innerhalb der Elasticitäts-
grenze geltenden Gesetze ihre volle Giltigkeit behalten.
Obwohl diesen Voraussetzungen ein eingespannter und belasteter
Stab niemals mathematisch genau entsprechen wird, so mussten denn doch
diese Annahmen vorausgeschickt werden, weil bei starken Belastungen
und bei einem leicht znsammendrückbareu Materiale so complicirte
Molekularverschiebungen und Formveränderungen eintreten, dass es ganz
unmöglich ist, diese durch Rechnung zu bestimmen. Die gemachten An-
nahmen haben aber zugleich eine wichtige praktische Bedeutung; denn
sie sprechen die Bedingungen aus , denen jeder auf Biegungsfestigkeit be-
anspruchte Bestandtheil genügen muss, um als solides Glied irgend einer
Construction betrachtet werden zu können.
Ä, Wir werden zuerst einen Stab betrachten, der an dem einen
Ende festgehalten und an dem anderen Ende belastet er-
scheint.
Obwohl dieser Fall in der Wirklichkeit verhältnissmässig selten vor-
kommt , so wollen wir denn doch von demselben ausgehen , weil sich auf
ihn alle anderweitigen Biegungsfälle zurückführen lassen.
Oleichgawichtsbedingungen. Soll in einem Stabstücke, das zwischen
einem beliebigen Querschnitte /*, und dem Stabende liegt, Gleichgewicht
stattfinden, so müssen selbstverständlich die in diesem Querschnitte durch
die Belastung und durch die hiermit im Zusammenhang^ stehende Form-
veränderung (Biegung) wachgerufenen Kräfte, welche theils in der Ebene
des Querschnittes, theils senkrecht auf dieselbe, jedoch parallel zur
Biegungsebene, wirken, mit den äusseren Kräften im Gleichgewichte sein.
Die Bedingungen, die zu erfüllen sein werden, damit der Gleich-
gewichtszustand eintrete, lassen sich kurz folgend zusammenfassen.
Von G. A. V. Peschka. 41
Denken wir nns nämlich jede einzelne Kraft in zwei beliebige Kräfte
zulegt, deren Ricbtnngon zweckmässigerweise so gewählt werden können,
das8 sie mit den Coordinatenaxen OX und OY (der Ursprung derselben
werde mit 0 bezeichnet) zusammenfallen oder zu denselben parallel sind
und in der Biegungsebene liegen, so muss :
a) die Summe der Componenten aller Kräfte geschätzt nach zwei
beliebigen Richtungen gleich Null sein, und
b) die algebraische Summe ihrer statischen Momente in Bezug auf
eine durch den betreffenden Punkt der Axenfaser gehende, auf der Ebene
der Figur senkrecht stehende Axe gleich Null sein.
Die Momente der Kräfte werden als positiv oder negativ betrachtet,
je nachdem die Drehung im Sinne von der positiven Abscissenaxe zur
positiven Ordinatenäxe, oder umgekehrt geschieht.
Um einen ersten Ausdruck für jene inneren Kräfte zu erhalten, wird
die Betrachtung eines zweiten, dem ersten unendlich nahen Querschnittes F^
und die der Aenderung ihrer gegenseitigen Lage nach der Biegung nöthig
sein«
Der ursprüngliche Zustand des Stabes heisse der erste, jener nach
der Biegung der neue oder zweite.
Im ersten Zustande .schneiden sich die Querschnitte F^ und F^ in einer
Geraden, welche auf der Hauptbiegungsebene senkrecht steht und letztere
im Punkte A^ trifft. Versteht man unter F^ und F^ zugleich die Schwer-
punkte der zwei vorerwähnten Querschnitte, so ist offenbar ^| der Krüm-
mnngsmittelpunkt der Axenfaser für das Intervall F^ F^ und A^ F^ und A^ F^
als die Durchschnittslinien der Querschnittsebenen mit der Biegungsebene,
deren Krümmungshalbmesser, welche den unendlich kleinen Winkel a^
einschliessen und die wir mit ^| bezeichnen werden.
Im zweiten Zustande wollen wir die correspondirenden Grössen mit
Si Sti -^1 ^ ^^^ Q benennen.
Was von der Schwerpunktsfaser gilt, hat selbstverständlich auch be-
zfiglich aller übrigen Fasern seine Richtigkeit. Die Krümmungsmittel-
punkte derselben werden sämmtlich auf der in A^ zur Hauptbiegungsebene
errichteten Normalen liegen und wieder als die Durchschnittspunkte jener
Geraden mit den respectiven Biegungsebenen erscheinen.
Denken wir uns durch F^ eine auf die Biegungsebene senkrechte Ge-
rade gezogen (in der Folge werden wir diese Gerade kurz mit F^ benennen)
und betrachten wir ein unendlich kleines Faserstück zwischen den beiden
vorgenannten Profilen von der Länge l^ und dem sehr kleinen Quer-
schnitte df^ so wird, wenn wir dessen Entfernung von der erwähnten Ge-
raden u heissen:
A| == (^i + m) «r "
Das negative oder positive Vorzeichen wird zu wählen sein^ je nachdem
die Faser auf derselben oder auf der entgegengeseizlen &^\1^ tsäX. ^^\si
42 Ueber die Fonnveränderangen prismatischer St&be durch Biegang.
^.^.^^^^^t^^^^^^^l^^^^VM»<^W^>^^^«^\^<^>^I^I^^^^H^<^^»^^>^i^^1^^^»^^rf^»V/WW^<^^WV
Krömmungsmittelpiiiikte liegt Da sich sufolge der getroffenen Annahme
das u nach der Biegang nicht ändert, wird auch
wobei l für den zweiten Zustand dieselbe Bedeutung , wie If für den
ersten hat. Die Faser hat also eine Längenänderung
erlitten. Hiemach wird die Kraft dp, mit welcher die Faser dieser Aende-
rung widersteht, durch den Ausdruck
dargestellt, wo u schon das Zeichen in sich schliesst und E den Elasticitäts-
modal für das Material des Stabes bezeichnet.
Dieser Aasdrack lässt sich unter der Voraussetzung, das« u gegen q
und ^1 sehr klein ist, in einen für die Folge bequemeren verwandeln; es
ist nämlich:
Vernachlässigt man die zweiten und höheren Potenzen von m, so erhält
man:
und daher
LaiPiV 9 9t J J
Nun sind aber or^ und a^Qi nichts Anderes, als die Längen ds und ds, des
betrachteten Elementes der Axe zwischen den Punkten F^ und F^ in beiden
Zuständen des Stabes, daher wird
welcher Ausdruck die in einem Flächenelemente des Qaerschnittes senk-
recht auf dessen Ebene wirkende Kraft repräsentirt.
Die zweite in der Ebene des Flächenelementes (gegen das Abscheren
oder Abschieben) wirkende Kraft, deren Zahlwerth wir einstweilen nicht
näher bestimmen, heisse dq.
Bezeichnet q> den Winkel, den die Richtung von dp mit der positiven
Abscissenaxe einschliesst , und ^ den Winkel mit dq^ und sind XF,
JTi F| etc. die Componenten der äusseren Kräfte, so hat man für das
Gleichgewicht die Bedingungsgleichungen :
2) 2dp.cosq>+£dg,cosil;+2Ä=0,
3) 2dp.sin(p+£dq.8inrlf+2Y=:0,
wo sich die Suminonzeicheu beiderseits auf alle Kräfte erstrecken.
Von G. A. V. Peschka. 43
*,^^^^ ^ ^^ '^'^^■^■^^■^ ^^ ^ ^^"^"^ •
Um dq an eliminiren, multiplicire man die Gleichnng 2) mit costp^ die
Gleichung d) mit ^n^nnd addire dieselben, so wird : ^
£ dp (co8^ (p + sin* <p) + £d q (cos 9 cos ^ + sin <p + sin ifi)
+cos(p2Ä+sinq)2Y=zO;
oder, da
cosg> cos^f'i'Sinfp sin^=sO
iMiy wird
4) 2dp + cos tp £X+ sin tp 2 7=0.
Obwohl, um die Gleichung für die statischen Momente der den Körper
beeinflussenden Krftfte aufzustellen, die Drehnngsaxe beliebig gewählt
werden könnte, so dürfte es denn doch zweckdienlich erscheinen, um die
bisher nicht ermittelten Abschiebungskräfte dq hierauf ausser Einfluss zu
bringen, die Drehnngsaxe als im Querschnitte %i liegend und senkrecht
auf die Biegungsebene anzunehmen. Es stellt sich diesfalls von selbst
als das Einfachste dar , sie durch den Schwerpunkt zu führen ,weil dann nur
die Coordinaten der Axe, deren Veränderungen wir eigentlich zu bestimmen
btben, in die Rechnung eintreten.
Diesem Umstände zufolge denken wir uns auch die AngrifiTspunkte
sammtlicher Kräfte in die Stabaxe verlegt.
Seien die Coordinaten der Letzteren allgemein $ und 17, die Coordina-
ten von fj[| X und y, so ist die Momentengleichung:
5) 2dp.u+2Y{^-^x)~£x{fi--y)=0,
wobei das Vorzeichen des ersten Gliedes noch zu bestimmen ist.
Setzt man in die Gleichungen 4) und &) für dp den gefundenen Werth,
ersetzt man femer die Summenzeichen durch Integrale und bedenkt man,
dass, wenn der Bogen der Axenfaser von dem betrachteten Querschnitte
an gegen das Ende zu wächst,
cos(p und sinq> beziehungsweise in — •^— und — ^—
ds o s
fibergeht, und dass endlich die Drehnngsaxe, auf welche sjch die Abstände
tf beziehen, eine Schweraxe des Querschnittes sei und folglich in Bezug
anf dieselbe das Integral
Judf=Q
ist, so ergiebt sich :
oder, da fdf die Fläche /"des Querschnittes, und J^^df das Trägheits-
moment % desselben in Bezug auf die Schweraxe bedeutet,
••) <-')-'^--^-f:-=«
44 Ueber die Formveränderungen prismatischer Stäbe durch Biegung.
Die Krümmungshalbmesser ^ und ^j sind hier absolut genommen; ersetzt
man dieselben durch
ds . ds.
5— und -—
oder auch, da o und a^ die Contingenzwinkel in beiden Zuständen sind,
durch
ds . dst
^- und ^— ,
so übergehen die Gleichungen in:
Weil die Drehungsrichtung der positiven Momente mit der positiven Zu-
nahme des Neigungswinkels (d. i. mit d<p — dq>i) übereinstimmt, so ergiebt
sich durch einfache Betrachtungen mit Leichtigkeit, dass in der Glei-
chung 9) das positive Vorzeichen beizubehalten sei.
Um zur endlichen Gleichung der Axenfaser zu gelangen, mfissten
zuerst, damit die vollständige Integration vorliegender Differentialgleichun-
gen nicht zu grosse Schwierigkeiten darbiete, die Coordinaten, welche sich
auf den ursprünglichen Zustand des stabförmigen Körpers beziehen, durch
Elimination entfernt werden. Begnügt man sich jedoch mit zulässigen
Annäherungen, so sind die darch die Biegung herbeigeführten Aenderungen
der Coordinaten mit Rücksicht darauf, dass die Formveränderung über-
haupt als sehr klein vorausgesetzt wird, leicht zu erhalten.
Die zweiten Glieder der Gleichungen sind sodann sehr geringfügige
Grössen derselben Ordnung als die Coordinatenänderungen.
Setzt man in obige Gleichungen statt der neuen Coordinaten die ur-
sprünglichen, welche sich von ersteren nur sehr wenig unterscheiden ^ so
begebt man allerdings einen Fehler, doch ist dieser Fehler, als durch Ver-
nachlässigung sehr kleiner Ausdrücke zweiter und höherer Ordnung ent-
standen, ein bei einer ersten Annäherung erlaubter, und man erreicht
dadurch den Vortheil, dass die rechtsstehenden Theiie obiger Gleichungen
8) und 9) durchgehend bekannte Grössen enthalten.
Setzt man also:
und
^[Zr(|-x)-i.V(,-y)]=6.
so übergehen die Gleichungen 8) und 9) in:
Von G. A. V. Peschka. 45
10) ds — dSi^=adSi^
11) d(p — dg>i^=adg>i+bds^.
Die einzelnen Bogenelemente der Axe und die zugehörigen Contin-
genswinkel erfahren also Aenderangen, welche durch die rechtsstehenden
Glieder der Gleichungen 10) und 11) ausgedrückt werden; es handelt sich
somit nur darum , aus diesen unendlich kleinen Aenderungen jene der ent-
sprechenden endlichen Grössen herzuleiten.
Die Gleichungen lO) und 11) lassen sich unmittelbar getrennt integri-
ren, wodurch man die endlichen Ausdrücke für s — Si und tp — ^i erhält.
Diese Grössen sind aber für die Anwendung nicht so bequem, wie x — rt|
und y — ^1 , wenn sich auch letztere auf verschiedene Weise aus ersteren
entwickeln lassen. Der in Folgendem eingeschlagene Weg scheint daher
den Vorzug auch schon deswegen zu verdienen, weil hier auch die Be-
deutung der in den Resultaten vorkommenden doppelten Integrale, sowie
die Grenzen , zwischen welchen sie zu nehmen sind , mit grösserer Klarheit
erkannt werden kann.
Die letztangeführten Gleichungen drücken aus, dass die Längen der
unendlich kleinen Bogen ^s^ und ds — dsi verändert, und die Winkel dq>if
welche zwei solche aufeinanderfolgende Elemente einschliessen , um
d<p — B(pi vergrössert oder vermindert werden.
Denkt man sich nun statt der continuirlich gekrümmten Axe des
Stabes zwischen n+l Punkten
0, 1, 2, 3....n — 1, n,
deren Coordinaten
sein mögen, ein Polygon von n endlichen Seiten
welche mit der Abscissenaxe die Winkel
und unter einander (jede vorhergehende mit der nachfolgenden) die Winkel
einschliessen (letztere so genommen, dass eine Seite um den ihr zugehörigen
<X ^ fpr im Sinne von der positiven 0 X zur positiven 0 Y gedreht werden
musSy um mit der Verlängerung der vorhergehenden zusammenzufallen),
und durch irgend eine Ursache die Gestalt des Polygons so verändert, dass
die bezeichneten Poljgonseiten in:
die Winkel in
und die Contingenzwinkel in
übergehen, so besteht die Aufgabe einfach darin, aus dei \>ek^%.iiTiV^Ti ü^xi^^
46 Ueber die Formyeränderangen prismatischer Stäbe durch Biegang.
Lage (^o'^'^O) ^o'^'^yo^ ^^^ Punktes 0 nnd der gegebenen Grössen die
Lage {30n + 8Xntyn + 8yn) des Endpunktes n za finden.
Man hat bekanntlich die Gleichung:
Xn — *o^^*i cosq>^'^SfCosq>2 + . . • . +*« costp^^^
und eine ähnliche Gleichung für den zweiten Zustand.
Werden diese beiden Gleichungen von einander abgesogen , so ist :
und analog
13) 6yn — iyQ=£i''liSr+8sr)sin((pr+d(pr) — SrSin fpr]
Ebenso wird
^=^<Pl + ^(pi + ^(Pt + + ^q>r'^2 + ^q>r^i
und die Differenzen genommen :
14) 8 (pr=8 g>t+8 J g>t + 8 J (p^ + .> • . + d J q>r-i=^d ipi + £1" "^ 8 J q>s
Werden 8q>r und 8sr als sehr kleine Grössen erster Ordnung an-
gesehen und ihre Potenzen sowie deren Producte vernachlässigt, so gestalten
sich die Ausdrücke wie folgt:
12 a) 8Xn=i8xQ + 2?,» {8 Sr cos q>r — Sr sin q>r . ö ^r) »
13 6) 8yn=8yQ + 1:," (8Sr sin tpr + Sr cos <pr 8 q>r).
Substituirt man statt 8 q>r aus 14) den Werth , so ist :
15) 8Xn=8xQ + 2i^{ — SrSin(pr8q>i + 8SrCOS(pr — SrSin(pr£t'''''^8 JfPs)^
16) 8yn = 8yQ + 2i^ (Sr cos tpr 8(pi + 8SrSin(pr + Sr COS (pr JS/—* 8Jq>g).
Wie ersichtlich, drücken in diesen beiden Gleichungen die ersten Glie-
der den Einfluss der Verrückung des ersten Punktes im Polygone, die
zweiten Glieder (innerhalb der Summen) hingegen jenen aus , welcher von
der Drehung des ganzen Polygons um den Winkel 8tpi herrührt; die dritten
Glieder bestimmen den Einfluss, der aus der Veränderung der einzelnen
Seitenlängen entspringt, und die letzten Glieder endlich bezeichnen die
Coordinatenveränderungen des Endpunktes, die aus den kleinen Drehungen
der einzelnen Seiten um die zugehörigen Poljgonecke entstehen.
Um auf unser Problem zurückzukommen , denke man sich innerhalb
des in Betrachtung stehenden Axenstückes einen Punkt (^, y), dessen
Coordinatenveränderung man erfahren will; {x^^y^ sei der Punkt, dessen
Lage bekannt ist.
Ersetzt man die Summe durch Integrale, und
^r n
ds^
COSfpr „
d s^
Sinffr n
dsi
8q>i n
8(po
8Sr „
ds — dSi
8^lq>9 „
d(p — d<pt,
Von Q. A. V. Peschka. 47
so ist
18) iy = iy^ + {x—x^ *g>o + /(« ^y + ^^ /[«»g? + Ä^*] ),
X
19) 8fp — 8q>Q+ f{ad(p + bds).
X
A
Die Grössen in den zweiten Theilen vorstehender Gleichungen beziehen
sieh auf den ursprünglichen Zustand.
War der Stab anfänglich gerade^ so ist dq>z=o^ daher unter dieser
Voraussetzung die Gleichungen übergehen in:
X X*
20) 6x= 8xQ—(y —yo)S(pQ+ f(a dx^dyfb ds),
*o 'o
X'
21) 8y = 8y^ + {X'^x^)$q>^+ J{ady + dxjbds\
0 0
X
22) 8q> = 6q>o+ fbds.
X
0
Diese Gleichungen sind dieselben, welche auch bereits, mit Ausnahme der
Glieder in a, anderwärts gefunden wurden. Letztere können übrigens im
Allgemeinen, da sie gegen die vorhergehenden sehr klein sind, oft ver-
nachlässigt werden.
Die auf diese Weise erhaltenen neuen Coordinaten der Axe könnten
in a und b substltuirt, diese Functionen sodann in die Integrale gesetzt
und dieses Verfahren öfters wiederholt werden , wodurch man immer mehr
and mehr genäherte Werthe von 8y und ix erhielte, die in Beziehung auf
den früher begangenen Fehler sich von den wahren Werthen stets weniger
nnd weniger unterscheiden würden. Letzteres ist jedoch nur bis zu einem
gewissen Grade erreichbar, indem in der Entwickelung die Cosinus kleiner
Winkel der Einheit, und die Sinus derselben den Winkeln selbst gleich-
gesetzt wurden , welcher Fehler durch jenes Näherungsverfahren nicht be-
hoben wird.
Was die Anwendung der gefundenen Formeln betrifft, sei noch be-
merkt, dass die Functionen a und b nicht immer continuirlich sind. Wir-
ken nämlich mehrere endliche Kräfte an verschiedenen Stellen auf den
stabförmigen Körper, so werden besagte Functionen für jedes Intervall
zwischen zwei aufeinander folgenden Angriffspunkten durch andere For-
meln ausgedrückt, und die Gestalt der Axenfaser wird an diesen Stellen
eine Unterbrechung der Continuität erleiden, weshalb man sich veranlasst
sehen wird, jedes von diesen Curvenintervallen für sich abgesondert zu be-
trachten.
4S lieber die Formverändef m^cn pfismaüsdicrStibe durch Biegung.
Werden diese Angriffspankte der Seilie naeb mit
and ibre respeetiTen Coordinaten mit
(*i.yi). (^•yt), (*i. fs) (•»•»»r) (*.. 9»)
beseicbnet, lo bestimme man naeb der Formel mit den bekannten Anfangs-
werthen ^^rlf^f^V^ zuerst dXiydyi, J91, betrachte sodann diese Grössen
als AnAiogswerthe für die Bestimmung Ton Sx^yölf^^ dtp^^ verfahre mit
letztsten aaf ähnliebe Weise und setze dieses Verfahren so lange fort , bis
man endlich die Ansdracke SXrj ifry^^r ^^ einen Angriffspunkt (r) ge-
fanden hat. Letztere Werthe werden sodann snr Berechnung der Lage
des erwählten Punktes , welcher hier in dem Interralle (r) und (r + 1) He-
gend gedacht wird, dienen.
Die Ausf&hrung des Gesagten wird unmitelbar das Gesuchte liefern,
wenn man die Kräfte in der Beibenfolge ihrer Angriffspunkte successive
wirken lässt, und wenn man die durch den Einfluss der Kräfte hervor-
gebraebten Coordinatenveränderungen des bezogenen Punktes einzeln, ohne
Bftcfcsicbt auf die Übrigen Kräfte, in Bechnung zieht, was wegen der linea-
ren Form der Besultate gestattet erscheint.
Beziehen sich also die Functionen
a^ und 6j nur auf die im Punkte (1) wirkenden Elräfte,
Of und 6, „ „ „ „ „ (2) ,. „
fl, und 6, „ „ „ „ „ (3) f, „
Qr und br nur auf die im Punkte (r) wirkenden Kräfte und
a und b auf alle vom Punkte (r+1) an wirkenden, sowie auf
alle jenen Kräfte, für welche diese Functionen nach der ganzen Stablänge
eontinuirlich sind , so erhält man :
^y=*yo+(j? — arj d9>o +
+/(«! ^!/+^xfla^^<p+b^^s)) + {x—x^)ßa^ d,p+b, dt) +
+f(a^dy+dx Jla^dq>+b^ds-\)+ (x^x;) fi^dip+h^ds^-k^
23)
'0 ' '•
r X* ' r
\+f{cr dy + dxf[ardq> + br d$]) + (x -^ Xr) /(or d q> + brds) +
X X'
+ f(ady'{-dxflad(p+b ds]\
Xq Xq
und ebenso für dx und dtp analoge Ausdrücke.
Von G. A. V. Peschka. 49
Mitunter enthalten a und b noch unbekannte Grössen , welche erst ge-
sucht werden müssen.
Wären z. B. die Formänderungen eines wie immer gestalteten ge-
schlossenen Ringes zu bestimmen, der an einer Stelle eingeklemmt ist, so
kann man die feste Stelle des Stabes als den Anfangspunkt, dessen Coor-
dinaten x^ und y^ sich nicht ändern, ansehen, die Integration über dessen
ganze Länge erstrecken und als Endpunkt wieder (^0,^0) wählen, auf
welchen noch die Kräfte £dp und £dq^ sowie das Drehungsmoment Zu dp
(einem Kräftepaare äquivalent) wirkend gedacht werden. Durch Voll-
ziehung der Integrationen erhält man Ausdrücke für dx^ Syy8q> des End-
punktes, die jenen für den Anfangspunkt gleich, also Null sind. Aus die*
sen so erhaltenen Gleichungen findet man die gesuchten Werthe für 2dp^
£dq und Zu dp, welche in die Integralformel von Neuem eingeführt die
Berechnung der Aenderungen für jeden beliebigen Punkt des Stabes mög-
lieh machen.
Durch ein ähnliches, jedoch entsprechend modificirtes Verfahren wer-
den sich alle Aufgaben dieser Art lösen lassen.
Einige Beispiele werden den Gebrauch der aufgestellten Gleichungen
und Formeln erleichtern helfen.
Beispiel 1. Es ist ein gerader Stab von der Länge / an einem Ende
festgeklemmt und am freien Ende dem Einflüsse einer Kraft, deren Com-
ponenten X und F sind , ausgesetzt.
Die positive Abscissenaxe falle mit dessen Axenfaser, der Ursprung
mit dem festen Punkte zusammen. Hiernach ist:
ay=o, ds=dx, 5x^=0, 01/^ = 0, 8(Pq^=0.
und
-=]p^' *=£!f''^'-*)'
0
X
'"^/'"/^ ^^'-^)^^=.-ÄC-f>
Die neuen Coordinaten sind somit:
und
(-- 0
2E.Z
Eliminirt man hieraus ar, so ergiebt sich die Gleichung der gegebenen
Axenfaser.
Zdlftchrtri r. Mathematik u. I'hytik XIII, 1. .
50 lieber die Formveränderangen prismatischer Stäbe durch Biegnng.
Die grösste Aasbiegung findet an der Einmanerungsstelle , d. i. für
x = l statt, und ist ihrem Zahlwerthe nach c= .
Beispiel 2. Unter Beibehaltung derselben Voraussetzungen, wie im
vorhergehenden Beispiele, sei noch die Annahme beigefügt, dass der vor-
gegebene stabförmige Körper noch an einer Stelle in der Entfernung e vom
Ursprung durch einen horizontalen Schraubenbolzen , welcher durch seine
Axe geht , befestigt sei.
An letztbezeicbneter Stelle können sich also nicht die Coordinaten,
wohl aber kann sich die Neigung der Stabaxe ändern.
Die Schraube wird gegen den Stab einen Druck äussern, dessen Grösse
und Richtung vorläufig unbekannt sind. Die Componenten des Letzteren
mögen durch Xi , Fj repräsentirt erscheinen.
Hiernach hat man für das Stabstück von 0 bis e :
'-Ä("-t)+Ä(-t>
Für die St*»lle x=e ist ^j:=0 und 6y=0, hiernach also:
und
Endlich ergiebt sich für das Stabstück ^ bis /:
1 y
ö = ^.^t nnd6 = ^-^(/— :r);
ferner
dy=(a:-e)^(/ - e) + f-^J'd.r J\l-x)dx
e •
und
Für a;r.= /i8t der Pfeil
^*~ä71\3 4 "*■ 2 12/
jund für <?= — ist:
2
Von ü. A. V. Pbschka. 61
^* ~ 96 ' E.Z'
d. i. im Vergleiche za dem im vorbergebenden Beispiele gefundenen Ke-
sultate der ,V»« Tlieil.
Der Pfeil für das Stabstück 0 bis e lässt sieb ebenso einfach finden.
Es ist nämlich :
^~E.Z\2 6/ 2e.E.% \2 6/
oder
daher wie bekannt
Ae.E.%
— -i.=0=2cj?-— 3a?*,
CS
woraus
Demzufolge ist:
c,=
— YQ^e)e*
21E.Z
Hieraus folgt für « = - oder a: = -
£ «5
c
• 216 is:.!'
Beispiel 3. £& ruhe ein Stab von der Länge / auf zwei Stützen
horizontal auf, über welchen eine Last als gleichförmig vertheilt voraus-
gesetzt wird, die per Längeneinheit mit Einscbluss des eigenen Gewichts g
sei. Den Ursprung des Coordinatensj^stems wollen wir mit dem einen
ünterstützungspunkte zusammenfallend, und die positive Ordinatenaxe mit
der Richtung der Schwere übereinstimmend annehmen.
Es wird diesfalls:
a=0. und b=~ ^ß 8 x' (x' - x) -^j (I -- x)].
X
Der Druck auf jeden der beiden Stützpunkte beträgt —.
Es wird also
h^z-l—ix'-lx),
2E.Z^ ^
Ferner ist:
dxz=0,
und
X X
52 Ueber die Formverändernngen prismatischer Stäbe durch Biegung.
Für a: = / ist Jy=0, daher auch
und
gl"
d<Po=^
Hiernach ist allgemein :
Die grösste Einbiegung lässt sich auf bekannte Weise leicht ermitteln.
Wir finden nämlich :
woraus folgt, dass :
/
2'
oder dass die grösste Senkung in der Mitte stattfinde.
Hiernach ergiebt sich der Pfeil
_ 5 gU^
^* 384 E.X'
Auch kann man sich sehr leicht die Ueberzeugung verschaffen , dass
hy für ar = a und a:=— +a dasselbe bleibt, und folglich die Gestalt
der Axe gegen eine durch die Mitte des Balkens gezogene Vertikale
symmetrisch ist, was übrigens unter den gemachten Voraussetzungen schon
an und für sich einleuchtend ist.
Beispiel 4. Ein geradliniger horizontaler Stab von der Länge / ist
an beiden Enden eingemauert und in einer Entfernung e vom linksseitigen
Ende mit einem Gewichte — P belastet. Der Ursprung des Coordinaten-
sjstems stimme mit jener Stelle überein , von welcher aus die Entfernung e
gemessen wird , die positive Abscissenaxe falle mit der Axenfaser des
Stabes zusammen und die positive Ordinatenaxe sei der Richtung der
Schwere direct entgegengesetzt.
Zum Behnfe der Lösung vorstehender Aufgabe denken wir uns am
rechtsseitigen Stabende eine Kraft, deren Componenten ^, und Yx sind,
und ein Kräftepaar, dessen Moment M heissen möge, wirkend.
Wir haben sonach für einen Punkt, dessen x^ e ist
u u
X X
+ A
I^JdjcJ)M+y,{i-x)\dx
Von G. A. V. Peschka. 53
^^^*b< W^'^«^V^ *#Nr%^^^^^%^\^rf'^^^
and
' 0 0
Für den Endpunkt ergiebt sich hiernach :
and
6y, =0=-— +4-+ P
woraus
und
Der Zahlwerth von Xf ist offenbar gleich Null.
Durch Substitution findet man:
P^ r—e^{Zl—2e)a:^ e^{2l-^e)x* ^x g*"!
Der Pfeil ist für
d6y (3/— 2g)a:» (2/ — g)a? 1
daher
_ (2/— g) + ]//«(2/— g)« — /'(3/ — 2g)
^~ (3/ — 2g)
und da das obere Zeichen zu wählen ist, wird :
X
Zl—2e
Für g = - wird o: = — und
2 2
— 1 P/»
* 192'^.!'
Beispiel 5. Ein kreisförmiger Ring vom Halbmesser r werde um
seinen vertikalen Durchmesser als Axe gedreht.
Die positive Ordinatenaxe gehe von dem Endpunkte der Dreliungs-
axe aus, stimme mit deren Richtung überein und die Abscissenaxe tangire
den Ring an eben dieser Stelle.
Durch die Einwirkung der Centrifugalkraft wird er abgeplattet
Offenbar wird der Ring gegen die Vertikale eine symmetrische Gestalt an-
nehmen, weshalb wir nur dessen eine Hälfte zu betracVileii \^x%xxc\i^ii.
54 lieber die Formverändeningeii prismatischer Stäbe durch Biegung.
Die in jedem Punkte thätige Fliehkraft wird dargestellt durch die
Gleichung ffi.ds.v^.x^ worin fi die Masse der Volumeinheit und v die
Rotationsgeschwindigkeit bedeutet. Im obersten Punkte desKinges werden
wir uns aus leicht begreiflichen Gründen eine horizontale Kraft JT, und ein
Moment M wirkend annehmen.
Nachdem den Hing keine vertikalen Kräfte beeinflussen, so erscheint
es überflüssig, sich im letztbezeichneten Punkte eine Kraft £d q angebracht
zu denken.
Um die Kechnung zu vereinfachen, nehmen wir die von a abhängigen
Glieder als so unbedeutend an, dass sie, als das Kesultat nicht beeinträch-
tigend, vernachlässigt werden können, wie es beispielsweise bei einem
Metallringe der Fall sein wird, und führen als unabhängige Variable den
Winkel ein, welchen der irgend einem Punkte entsprechende Radius im
Kreise mit jenem Radius bildet, der dem tiefsten Punkte entspricht.
Dieser Winkel heisse allgemein er.
Es wird hiernach :
x=rsina^ dx = r.cosa,dcc
y=r (1 — cosajy dy^=^r,sina,da
und
b = Y:^[-£^(y'-y)—^'i^'—y)]+^
9V
= -=r-^ [M — ^i (2r— y) — ^/'y'r'/ sina{r — r cosa — y)da]]
ferner
ö
E
^^=f^ds==Mrfda--r^X,J{\ + cosa)d
0 0 0
— lifv^r* I l\ +cosa )da
0
und
^-jkß' ö<,= -^y.m«.d<,.aa
= — ^/
2/ X ' \ i % V f ...<* sinacoS€i\
r\ — acosa+stna)+r^X^ ( — a cosci-\-stnci'\ ; j
I ct^( — ^ I 3' • I ^ sin a cosa . sm*a\
+ afv^r I a cos a + -. sin a + 1 I.
*^' \4 ^4 ^2 2 ^ 12 J
Für a=7c ist 8q>=0 und Jx=0; daher:
Von G. A. V. PE8CHKA. 55
und ebenso
Als die Centrifagalkraft eines Ringquadranten ergiebt sich :
und für M findet man
4
Substitoirt man die gefundenen Zahlwertbe, so ist:
ö(p = — ^^cj- •*«'»«• ^05«,
^a:=r I sina , 8 <p , o tt= —-=^-^ sin* a^
•/ 12 A . X
0
folglich die neuen Coordinaten:
x=:r sin a + „^ sin^a
y=r— r cosa+ J^-^ (co5«a — l).
Wie leicht ersichtlich, ist die Verkürzung der kleinen Axe gleich der
Verlängerung der grossen und zwar beträgt die Abplattung
6E.Z'
Beispiel 6. Ein gerader Stab, welcher auf n Stützen frei aufruht,
wird einer über seine Länge gleichförmig vertheilten Belastung ausgesetzt
und ausserdem dem Einflüsse von Kräften unterworfen, deren Angriffs-
punkte zwischen je zwei Stücken liegen.
Die Stabaxe im ungebogenen Zustande sei zugleich Abscissenaxe , und
■^11 ''t» °a • • • • "«— 2> «Ml- 1
die vertikal nach abwärts wirkenden Kräfte, während
die zugehörigen Abscissen ihrer Angriffspunkte, und
(?o, Qu (?.,....(?— 1
die nahezu vertikalen Drücke auf die Stützen, oder richtiger, die aus den
Pressungen gegen die Stützpunkte entspringenden vertikalen Componentou
sind; ferner seien
die Entfernungen der Stützen vom Ursprung, und g die veTäudet\\^\\^ ^^-
lastung pro hkngenewbeit*
56 üeber die Formveränderungen prismatischer Stäbe durch Biegung.
Mao hat sodann für den r'^° Stützpunkt:
0=JdxJdx [Pr^x (ar+\—s) + Pr+2 (ofr+2 — x) +.. . .
U 0
etr X ar
..,.+ Qn^i (/?«-! — X)+ Ja J?J/>,(a,-x) dx +{ßr-ar)fPrictr—x) dx
U 0 0
ßr SL ßr
+fdxfQr{ßr-x)dx + {ßr'-ßr)fQr{ßr-x)dx
0 U 0
flfr-l X ar-\
+fdxfPr^l{ar^l—x) dx + {ßr — ar-l)fPr-l{Or^\ — ^) dx
0 0 0
ßr^l « ßr^l
+P^f0r-l{ßr^i—x) dx + (ßr — ß -i)/Or-l(/?r-l-^) dx +
0 0 0
oder, wenn man die Integrationen theilweise ausführt , die Ausdrücke zu-
sammenzieht und vom Summenzeichen Gebrauch macht:
ßr X ßr~l
Substituirt man in diese Gleichung für r alle Werthe von i bis (n — 1), und
beachtet hierbei, dass nothwendigerweise
0
und
• ■ •
■ß
u
sein muss, so können durch Auflösung dieser m + 1 Gleichungen, welche in
Bezug auf die Unbekannten Qq bis Qn^i linear sind, letztere auf allgemeine
Art gefunden werden.
Ist jedoch
?, = />, = />,= .. ..P^.l=rO,
und
/?n-l — j3«-2 = /3|i— 2 — /?n-3 = .«../^l — 0 = ß
und g cönstant, so werden jene Gleichungen allgemein in folgende über-
gehen :
rß X (n— 1)1?
+ ßrd(po.E.Z = 0,
Von G. A. V. Peschka. 57
oder:
+ Ö. (r- I) 3»+ . . . . + ör (r -0 r'+ Ör+I (r + 1 - 5) r«
und
ferner ebenso:
Ruht beispielsweise der gleichförmig belastete Balken auf 3 Stützen
auf, 80 ergeben sich hierfür nachstehende Gleichungen :
l?i+2J?, + 2^ = 0,
Oo+Qi+Ot + ^9=0,
woraus folgt, dass
^ ^ 3 ^ 10
(?o = A=— gy; öi = — 8^-
Wäre hingegen
g=zO und i>,=A = .... = /'n^i = /^
ao erhält man :
-^.'K-5-i)+K-i)h^K'-5)'('-^)
oder:
+ ,,^(^j)j+?l£^=.,
'iövj)+(ij('-i)+--+(^)"e^)+-
+ö,+.r'(r + 2-:)+....+o„_.r.(«-i-:) + !^::i^=o.
Bemerkung. Die Spannungen in den einzelnen Punkten eines
Querschnittes sind selbstverständlich verschieden. Es wird jedoch im.
Allgemeinen auch solche Punkte geben, wo die Spanuuu^öu l^W\<iVi^>3^\
58 Ueber d. Formveränderungen prismat. Stäbe etc. Von G. Peschka.
werden. Diese ergeben sieb sebr einfacb; denn wir batten gefanden,
dass, wenn die Krümmungsradien absolut genommen werden
Es ist aber aucb
und
daber :
ds
37.-» = "'
||^=i-6.«+«.
Die besagten Funkte befinden sieb also in einer Entfernung von der
Axe, die ausgedrückt wird durcb
a
^ b
Hierbei ist das obere oder das untere Zeicben zu wäblen , je nachdem
der Neigungswinkel q> von dem betracbteten Querschnitte gegen das Ende
zu- oder abnimmt.
Für jeden Querschnitt wird es somit eine zu seiner Biegungsschweraxe
parallele Gerade geben, welcher besagte Eigenschaft zukömmt.
Alle derartigen Geraden im Stabe bilden eine Cjlinderfläcbe, welcher
man den Namen neutrale Schichte beilegt. Wie ersichtlich, wird diese
nur in einzelnen Fällen und zwar dort, wo a=Oist oder wo alle Kräfte
senkrecht auf die Richtung der Tangente in diesem Punkte wirken , durch
den Schwerpunkt des Querschnittes gehen.
Kleinere Mittheilungen.
I Veber eine das Hyperboloid betreffende Aufgabe. In seiner
Abhandlang „O/i a new geometry of space^^ {Transactions ^of the Royal
Society, 2 Febr. lQ6b) löst Herr Plücker die Aufgabe, aus den Gld-
ehoogen dieser Complexe die Gleichung des Hyperboloids zu finden,
welches aus den ihnen gemeinsamen Geraden gebildet wird. Ich gebe im
Folgenden eine Lösung dieser und der umgekehrten Aufgabe, welche in
ijmmetrischer Form erscheint, indem ich mich homogener (Tetraeder-)
Coordinaten bediene, wie solche schon Herr Lüroth (Crelle's Journal,
Bd. 67) in die Plücker*sche Theorie der Raumgeraden eingeführt hat.
Sind XfX^x^x^ und yty^y y^ die Coordinaten zweier Punkte im Kaume
(^ l) and setzt man
wktnn man die sechs Grössen pik als die homogenen Coordinaten der
Geraden Xy y bezeichnen. Zwischen denselben besteht die Gleichung:
0 ^ = Pi%Pu +Pi3 Pii +Pu Pn-
Man erhält aus dem ersten GHede dieser Gleichung die Übrigen, indem
n^An den ersten Index festhält und die Übrigen cyclisch permutirt (vergl.
Jtcobi, Crelle^s Journal Bd. 2, p. 355). Wegen der Gleichung l) re-
prisentiren die Verhältnisse der p nur vier von einander unabhängige
Grössen, die Bestimmungsstücke der Geraden.
Fasst man statt dieser die Gerade als Schnitt zweier Ebenen t/, v auf,
Qsren Coordinaten UiUfU^u^ und ViV^v^v^ sind, so [erhält man ebenso als
^ordinaten der Geraden u^ v die sechs Grössen :
qik = ^i^k — ViUic, {gik^= — gki)y
^^ischen denen die Relation besteht:
Und zwar sind diese sechs Coordinaten g den sechs Coordinaten p einzeln
proportional, in der Weise, dass:
•N dO dP
^^/i ^Pik
60 Kleinere Mittheilungen.
wobei fi, V unbestimmte Factoren bedeuten, und die Indices t" k' mit den In-
dices ik in der durcb die Formeln ausgedrückten Beziehung stehen.
Entsprechend den Definitionen des Herrn Plücker bilden nun alle
Geraden, zwischen deren Coordinaten p eine Gleichung n^^' Ordnung be-
steht :
9{p)=0
einen Comp lex n^^^ Ordnung; diejenigen, zwischen deren Coordinaten
zwei Gleichungen bestehen:
bilden eine Congruenz. Endlich bilden eine windschiefe Fläche alle
Geraden, zwischen deren Coordinaten drei Gleichungen
9(p)=0, t(;O) = 0, 2(P)='0
stattfinden. Man kann dies auch so ausdrücken , dass die zwei Complexen
gemeinschaftlicher Geraden eine Congruenz, die dreien gemeinschaftlichen
eine Fläche bilden.
Den linearen Complex
will ich einen speciellei^ nennen, wenn zwischen den a(aik= — Oki') die
Gleichung besteht:
i/j j «34 + «IS «4« + «14 «28 = ö-
Die a sind dann Coordinaten einer Geraden, und die Gleichung 3) um-
fasst die Gesammtheit aller Geraden, welche die Gerade a schneiden. Zwei
lineare Complexe kann man nach Plücker immer auf zwei Arten so combi-
niren , dass sie in specielle übergehen ; so dass also die durch zwei lineare
Complexe gegebene Congruenz aus allen Geraden besteht, die zwei gege-^
bene Gerade schneiden.
Endlich also müssen alle drei linearen Complexen gleichzeitig ange-
hörende Gerade drei feste Gerade schneiden, und also eine Schaar von Er-
zeugenden eines Hyperboloides sein.
Hieran anknüpfend will ich im Folgenden die beiden Aufgaben be-
handeln.
I. Wenn eine Fläche 2**° Ordnung f:=0 gegeben ist, Complexe zu fin-
den, auf denen die erste, und solche, auf denen die zweite Schaar ihrer Er-
zeugenden liegt.
IL Wenn drei lineare Complexe gegeben sind , die Gleichung des Hy-
perboloids zu finden, dessen eine Schaar von Erzeugenden diesen Com-
plexen gemeinsam ist.
I.
Die Gleichung /'=2?a,'iba:,-a:jfc=0 möge symbolisch geschrieben werden
wobei die Producte Oi a/c die Coefficienten a,> vertreten ; ebenso mögen die
Bochstaben b, Oy d etc. statt a gesetzt werden können. Sind dann x und y
Kleinere Mittheilungen.
61
£i-^ — ^i *= fltf fljr=o.
irgend zwei Punkte einer Erzeugenden L, deren Coordinaten durch pik he-
zeichnet werden mögen , so ist :
Sind X die laufenden Coordinaten, so hahen die Tangentenebenen der
Punkte xy die Gleichungen:
Nun kann man leicht einsehen, dass diese Tangentenebenen sich in
der Erzeugenden (xy') schneiden, mithin ist:
und man hat nach Gleichung 2)
4) üg by (fl,- bic — hi au) = f* (o?/- yi^ — yr ^k*)
als die Gleichungen von linearen Complexen, auf denen L liegt.
Der Proportionalitätsfactor fi ist hier nicht unbestimmt, maif kann ihn
auf folgende Weise finden.
Ist M irgend eine Erzeugende derselben Schaar, wie L, und sind zwei
ihrer Punkte |, 17, so liegt M auf den Complexen:
ö) fl| bri (oi bk — 6,- ak) = (iM (|, f}k — Vi |*).
Den Proportionalitätsfactor, durch den sich höchstens die Complexe,
denen die Geraden L und M angehören , unterscheiden können , habe ich in
der zweiten Relation fijif genannt und will ihn in der ersten mit (ii bezeichnen.
Um diese Grössen in Beziehung zu einander zu setzen, bilde ich die
Identität:
Hjrtfi
ff, ff,
Ox^i 0x^4
Oit «it 0,8 «14
Xi x^ x^ x^
byb^
byb^
6yÄj by b^
«21 «tt «tS «24
Vi y% yz va
c^Si
f^C,
qc, C^C^
«81 ^n fljs «84
bl §2 bS b|
dfldt
drjd.
df^d^ djjd^
^41 «42 «43 «44
^1 ^2 ^8 Vi
Die linke Seite dieser Gleichung geht aber, wenn man die Determi-
nante als Summe von Productcn von Unterdeterminanten darstellt, die aus
den ersten beiden und den letzten beiden Horizontalreihen gebildet wer-
den, und wenn man alsdann die Werthe der ersten aus 4, die der letzten
ana 5 entnimmt, in folgenden Ausdruck über:
Indem man also in der obigen Gleichung die Determinante der ^,^,1,17
forthebt, bleibt
6) I^Li^M^^
ikohei J die Determinante der Fläche ist und den Werth hat:
d=^
«11 «12 «13 «14
«ai «22 «28 «24
«31 «32 «83 «84
«41 «42 «48 «44
62 Kleinere MittfaeUangen.
Schreibt man die Gleichung 0) in der Form uif= — , so sieht man, dass
für jede Gerade derselben Schaar /üif denselben Werth hat und dass also
auch fi jt = ffijir sein muss , so dass
Die Erzeugenden des Hyperboloides /*= 0 liegen also auf den Com-
plexen :
7) a, b (oi bk—biak)^Vj (a?,' yk — y ,' Xk')
j \dnx
dfix) df(y) dfjx) dfjy)!
dyu dxk dyi (
und zwar entsprechen den Zeichen der Quadratwurzel die beiden Schaaren
der Erzeugenden. Je drei der sechs in dieser Formel enthaltenen Glei-
chungen l^ilden eine Lösung der gestellten Aufgabe.
An die Form der Gleichung 7) kann man folgende Bemerkung knüpfen.
Gehört die Gerade L ausser der Oberfläche /'=0 noch einer zweiten
Oberfläche ()o=0 an, so liegt sie auf allen Flächen der Schaar:
und für zwei Punkte x^ y derselben besteht nach 7) , und zwar unabhängig
von iL , die Gleichung :
* |ä^ f '^^^^ + i 9» W ] ~- [fiy) + A ?> (y)] -
Da hier die linke Seite für X rational ist, muss es auch die rechte sein.
In diesem Falle aber, wo f, q> eine Gerade gemein haben, zerfallt die Schnitt-
curve von f und (p in diese und in eine Raumcurve dritter Ordnung.
Man hat also den bekannten Satz vor sich, dass in diesem Falle die
Determinante ^ in das vollständige Quadrat eines .Ausdruckes zweiten Gra-
des in k übergehen muss , und zugleich giebt die obige Gleichung für die
Wurzel dieses Quadrats einen rationalen Ausdruck.
n.
Es seien nun die drei linearen Complexe
8) Ä=z2aikqik==0, B^Zbtkqik ==0, C^Zanquc^O
gegeben. Man sucht die Gleichung der Fläche zweiter Ordnung , welche
die ihnen gemeinschaftlichen Geraden enthält.
Sind nun x und y irgend zwei Punkte einer dieser Geraden Z, dann
wird nach 2) :
A = Züik {Xi'yk' — y.' ock') = 0, Ä = Zbik (Xi^yk- — yv Xk^ =» 0,
wo die Indices % k' die nämliche Bedeutung haben, wie in Formel 2).
Kleinere Mittheilongen. 63
Diese beiden Gleichungen gelten, wenn man den Punkt o: irgendwie
maf L fixirt hat, noch für jeden veränderlichen Punkt y der Geraden L ; sie
erscheinen, falls wir die y als laufende Coordinate ansehen, als die Glei-
chungen zweier Ebenen, die sich in L schneiden und die Coordinaten
haben :
dA^ dA^ dji_ dA
dy: dy; dy; dV:
d£ d^ dB dB^
^y\ ^y% ^y$ dy^
Hieraus folgt, dass :
_dA^ d_B_dJB dj4
dyi dyic dyt dyu
und wenn wir diese Werthe in die Gleichung C=0 eintragen:
idAdS dBdA]
Dies ist die Gleichung der gesuchten Fläche.
Die beiden Theile des auf der linken Seite dieser Gleichung stehenden
Ausdruckes, nämlich:
dAdB ^ ^ dAdB
oyi dyt oykdyt
stimmen mit einander überein , da sie durch Vertauschung der Indices in
einander übergehen , man kann also statt der Summe beider Glieder eines
derselben setzen, und daher der Gleichung die kürzere Form geben :
^ dAdB ^
oyi cyk
Diese Gleichung ist nur scheinbar unsymmetrisch; denn man kann leicht
nachweisen y dass sie durch andere Anordnung der Glieder auf der linken
Seite die Form annehmen kann:
^ dBdC ^ ^^ dCdA
oyi dyt cyi dyk
welche sich von der ersten Form nur durch Vertauschung der Buchstaben
a, 6, c unterscheiden.
Gl essen. Prof. Dr. Gordan.
n. Zar Anwendung der Eettenbrüche. Von Johann Lieblein,
a. 0. Professor am Polytechnikum zu Prag. In einem früheren Aufsatze
(„Geometrische Deutung der Kettenbrüche^S XII. Jahrg. 3. Heft dieser
Zeitschrift) habe ich den Kettenbruch
64 Kleinere Mittheilungen.
{Ph-i 92) ' (Pi ^t) _ {P29z) ' (Pi9i)
(p^ g„^i ) : {P2 Qi ) (Ps 9i ) '• {Pt 9i) + (Ps94) ' iPs9%)
(PA92)'iP99%)+""
9
+ (Pn-2 yn~i) : ( Pit-2 y«~3)
(P«-l ^11-3) - (Pii-29n-3)
aufgestellt und aus demselben eine Reihe geometrischer Sätze ahgeleitet.
Dieser Kettenhruch gestattet eine bemerkenswertbe Verallgemeinerang.
Wenn man nämlich statt der p und q neue Grössen x einführt durch die
Substitution
Pr 1 9r — 9
^r+l, 3 a^l, 3 ^r+1, 8 ^1, 3
und sodann successive
./
^r4.1, r — ' — Z ♦
X rH-«, 4 a? 1, 4
// f*
* r-f-2, ^ — -7/ ~77 I
^ rf3, 6 ir I, 5
(m-4) __ r^^-2, h ^l, h
r-Hii-.3, A ^(»i-f-3i ^(in-3)
r-Hw— 2, m 1, m
setzt, 80 findet man nach leichter Rechnung einen Kettenbruch, in welchem
sämmtlicbe Glieder Quotienten von Determinanten m*^° Grades sind.
Diese Determinanten sind in der Form
-^ X ^1, l ^2, 2 •••• ^«1-2. m-2 ^r. «.-1 %. m
enthalten, die ohne Abbruch der Deutlichkeit kurz durch (l 2 3. ...m— 2r^)
bezeichnet werden kann , da in der Folge die Reibe der zweiten Stellen-
zeiger ungestört bleibt. Wenn man überdies nur die ersten n — m Glieder
des Kettenbrnches beibehält, so lautet die neue Relation :
(l...m-2fim):(l...fii-2m-l f») (1 m-2tnm+l)
^ (l...m-2m-In):(l...m-2m-lm) (1... m-2mm-l)
(l . . .m-2m+l I7I-I) , (1 . . ,m-2m+\ m+2)
• (l....m-2 miw-1) (I.. .m-2m-|-li?i)
(J...fw-2m-t-2m)
+
(l...m-2 m-f-l m)
, (l...m-2 «-1 n)
(1.. m-2 «-1 «-2J
(I...WI-2 wn-2)
(l...iw-2«-l w-2)
Kleinere Mittheilangen. 65
in welcher die Stellenzeiger auf irgend eine Art unter einander vertauscbt
werden können.
Die Elemente der Determinanten bilden ein System von n Heiben zu
jem Gliedern (n^m), aus welcbem sieb demnacb im Ganzen (n)^ von
einander verscbiedene Determinanten m*®'* Grades bilden lassen, wenn man
hierzn je m Keiben so oft als möglieb benutzt. Durcb die obige Relation
ist eine nicbt uninteressante Eigenschaft dieser Determinanten bewiesen ;
diese nämlicb, dass sieb aus je 2(n — m) + i von einander unabbttngigen
Determinanten, deren Elementensysteme in m — 2 Keiben tibereinstimmen,
ein Kettenbrucb bilden lasse, derart, dass seine Näberungsbrücbe Quotien-
ten von Determinanten derselben Art sind. Aucb ersiebt man, dass durch
2(n — m)-|-l von einander unabhängige Determinanten der eben an-
gegebenen Art alle übrigen bestimmt sind. Denn aus 1) erhält man,
wccessive n=m + 2, m-|-3....n setzend, zunächst 2(n — m) — 3 weitere,
nnd sodann die noch übrigen durcb eine zweckmässige Vertauscbung der
Stellenzeiger. Für die wirkliche Berechnung empfiehlt sich die indirecte
Bestimmung der Zähler und Nenner der Fartialbrüche. Schreibt man die
Gleichung ;
(l....m — 2m-|-rm) (l...m-2m-|-r m-|-r-2) . (I...m-1 w-f-r-1 m)
(1. ..w — 2m — Im) (l...m-2 OT-f r-1 in+r-2) * (l...m-2 wi-1 m)
, (1...IW-2 m-t-r-1 m-t-r) (1 ...m-2 m -|- r-2 m)
(l...f/i-2m-f r-1 w-|-r-2) ' (1 .,.m-2 m-lw) '
welche den Zusammenhang von drei aufeinanderfolgenden Zählern aus-
drückt, in der Form
(l....m — 2mm-t-r-— l)(l..,.m — 2m-fr — 2m-fr)
2) =(l....m — 2mm + r-^2) (1 OT — 2in-t-r— Im + r)
-f (l....m — 2m + r — 2 m -fr — 1) (l....m — 2min + r),
(0 erhält man eine Beziehung zwischen sechs Determinanten m^®" Grades,
welche aus m -f 2 Elementenreihen des obigen Systems gebildet werden
können, wenn m — 2 dieser Keiben allen Determinanten gemeinschaftlich
sein sollen, und die Gleichung 2) lehrt, aus fünf solchen Determinanten
die sechste zu finden. Dasselbe Ergebniss würde die Berechnung des Nenners
irgend eines Partialbruches liefern, und man ist daher berechtigt, folgen-
den Satz auszusprechen:
„Wenn man aus einem Systeme von n Elementenreiben mit je
m Gliedern («>m) alle möglichen Determinanten m**^" Grades
bildet, deren Systeme dieselben m — 2 Keiben gemeinschaftlich
haben, so lassen sich aus den Werthen von 2(« — m) + l von
einander unabhängigen Determinanten die Werthe aller übrigen
durch wiederholte Anwendung der Gleichung 2) finden/*
Dieser Satz lässt sich verallgemeinern. Man denke sich nämlich aus
den obigen Elementarreihen sämmtliche Determinanten ^^V^Wdi^V. xvcv^
ZeiUrhrin f. Mathematik o. I'hytik. Xi/i, |. ^
66 Kleinere Mittheilungen.
nehme von diesen vorläufig alle jene als bekannt an, deren Systeme
k+l bestimmte, übrigens willkürlich ausgewählte Reihen gemeinschaftlich
habeu.
Diese Determinanten sind demnach in der Form
(oi a, . • . . Ok^i xy.,.,uvw)
enthalten, und es giebt n — (m — 1) solche unter ihnen, in welchen xy ,,.,uv
bestimmte Werthe bc...,fg besitzen, die immer so gewählt werden können,
dass sämmtlicbe n — (m — 1) Determinanten von einander unabhängig sind.
Nimmt man also n — m von einander unabhängige Determinanten neu an,
deren Systeme die a^,ax"..ak'b,c,,,.g^^ Reihe enthalten, so hat man
2(n — '7>) + l Determinanten, welche in m — 2 Reihen übereinstimmen und
aus welchen alle in der Form
enthaltenen berechnet werden können. Nun sind aber auch alle Determi-
nanten von der allgemeinen Form
bestimmt; denn zu ihrer Kenntniss gelangt man durch wiederholte An-
wendung der Gleichung 2) auf bereits bekannte Determinanten. So z. B.
würde man aus
a,a,....ajt6c.,../'Maj^.iy), (a^a^,,,.aithc,.,,fua}c^\v)^
{a^a^,.,,akbcfuak^\w)^ {a^a^ , , . .aj^b c , . , .fu gv)
und
{a^a^..,.aifb€,,,.fugw)
zunächst
(fl,ö,....ajfc6c..../iif;w)
und aus
(fljfl,, .. .ajtfcc..,.e/wfljt^i/'), (a|/7,....0jt etuak^xv)^
{aia2.,..ajtbc,,,.€tu 0^4.1 w), (a, a, . . . . a j^ 6 c . . . . ^ < ufv)
und
{aia^.,..aketuftv)
ferner
(^1 A,....ajt bc,.,,e(uvw)f
d. h. eine beliebige von jenen Determinanten finden, in deren Systemen an
die Stelle zweier bestimmter zwei beliebige Reihen getreten sind u. s. f.
Also sind die Werthe aller in der Form
{aia^,,,.aifa:y,,,.vw)
enthaltenen Determinanten durch die Werthe von
{oia^.,..akaic^iy,,,,vrv) und n — m
schicklich gewählten neuen Determinanten und folglich auch durch die
Determinanten
(aiflf'«-<'«-2t'w) und (m — Ar — 2) (m — m)
zweckmässig gewählte andere vollständig bestimmt. Da nun zur Bestim-
mung der Determinanten
(<i,fl,....a,„4.2t;w).
Kleinere Mittheilungen. 67
wie oben gezeigt wurde, 2(n — m)r|-l von einander unabhängige hinreichen,
ao hat man den allgemeinen Satz:
„Wenn man aus einem Systeme von n Elementenreihen zu je
m Oliedern (n ^ m) alle Determinanten m^<*° Grades ableitet,
deren Systeme dieselben A: Reihen besitzen, so sind durch die
Werthe von {m — k) (n — fn)+ 1 von einander unabhängigen De-
terminanten die Werthe aller übrigen vollständig bestimmt/*
Ist Ar=0, d. h. hat man sämmtliche Determinanten ohne Einschrän-
kung gebildet, so sind demnach m{n — m)-|-l Determinanten zur Bestim-
mung der übrigen erforderlich.
Dieses letztere Resultat hat schon Stern gefunden und vor Kurzem
in der Abhandlung „lieber die Bestimmung der Constanten in der Va-
riationsrechnung*' bekannt gemacht.
Der vorstehende Satz ist nicht der leinzige, welchen die Relation 1)
liefert; man kann vielmehr noch mehrere geometrische Sätze aus derselben
ableiten, wenn man m den besonderen Werth 3 annehmen lässt. Für
diesen Werth nämlich und wenn man überdiess n — 1 an die Stelle von n
treten lässt, übergeht 1) in
(1 n — 1 3) ; (1 2 3) _ (l 3 4) : (1 8 2)
3)
(I2n — 1):(12 3) (1 4 2) ;(I 3 2J-t-(l 4 5):(i43)
(I5 3):(l48)-t-
(Ifi— 1/1 — l):(lw--2n— 3)
(In — In — 3): (In — 2 n— 3)
und die hier vorkommenden Determinanten bedeuten bekanntlich''doppelte
Raaminhalte von dreiseitigen Pyramiden, wenn man die Elemente recht-
winklige Coordinaten von Punkten des Raumes darstellen lässt. Ist also
0 der Anfangspunkt des Coordinatensystems und bezeichnet Mr den Punkt
((m— 3) (in-3) (m-3)\
80 lässt sich 3) auch schreiben :
Die der Relation 2) entsprechende Gleichung lautet jetzt:
und liefert einen bekannten geometrischen Satz, welcher betell^NOTL W<^V^\>x^
68 . Kleinere Mittheiliingen.
gefunden wurde (siehe dessen baryc. Caicul pag. 225). Der rechte Theil der
Gleichung 4) enthält 2n - 7 von einander unabhängige Rauminhalte von
jenen dreiseitigen Pyramiden, welche durch ein System von n Punkten des
Raumes bestimmt sind. Diese Volumina als gegeben angenommen findet
man, n nach und nach =6, 7.... — n setzend, zunächst 2'n — II weitere,
und sodann durch zweckmässige Vertanschung der Stellenzeiger 2,3...72— 1
die Inhalte aller noch übrigen Pyramiden, welche mit den bereits vor-
handenen die Kante OM^ gemeinschaftlich haben. Vertauscht man da-
gegen die Stellenzeiger 1 und 2 mit einander, so erhält man ans 4) eine
Relation zur Berechnung der Inhalte jener Pyramiden, welche die Kante
OMf gemeinschaftlich haben aus 2n — 7 gegebenen dieser Art. Man be-
merke nun, dass aus den bereits bekannten Werthen der Inhalt einer jeden
noch unbekannten, die Spitze 0 enthaltenden Pyramide mit Hilfe der
Gleichung 5) berechnet werden kann. So würde man z. B. OMrMgMt aus
OMrM.M^, OMrM^M^, OMrM.Mu OAfrJ^iM,nndOMrM^Mfünien,
Erwägt man ferner, dass unter den Pyramiden mit der Kante OMi sich
bereits n — 3 vorfinden, welche die Kante 0/lff gemeinschaftlich haben und
ihrem Inhalte nach von einander unabhängig sind , und dass das Volumen
einer jeden den Scheitel 0 nicht besitzenden Pyramide durch die Inhalte
von Pyramiden mit diesem Scheitel ausgedrückt werden kann , so hat man
den Satz:
„Wenn von den dreiseitigen Pyramiden, welche durch ein System
von n Punkten des Raumes bestimmt sind, irgend 3/i — 11
(^2n — 7 + M — 4) von einander unabhängige ihrem Inhalte
nach gegeben sind, so kann man daraus die Inhalte aller übrigen
berechnen."
Durch eine ebenso einfache Betrachtung könnte man sich überzeugen,
dass 3/1 — 12 von einander unabhängige Verhältnisse zwi-
schen den Inhalten dieser Pyramiden ausreichen zur Be-
rechnung aller übrigen Verhältnisse dieser Art.
. Je zwei der Pyramiden , deren Verhältnisse in der Gleichung 4) auf-
treten, besitzen eine gemeinschaftliche Basis; daher ist das Verhältniss
ihrer Inhalte jenem Verhältnisse gleich, nach welchem die gemeinschaft-
liche Basis die Gerade theilt, welche die Scheitel der beiden Pyramiden
verbindet.
Bezeichnet also D den Durchschnittspunkt der gemeinschaftlichen
Basis mit der Verbindungslinie der Schenkel, und ( 7.-^^ | das Verhält-
\DMtJ\r
1 ^ OMxMrMt
niss, welches den Quotienten r^J mm 1^ ersetzt, so nimmt die Gleichung 4)
folgende Gestalt an :
Kleinere Mittheilungen. 69
^•"'^ ^* ^^^^■^^^^^ ^^ ^ ^ ^-^■^^.^^ ^.^^■^*,-^^ ^-^-^^k^i^^
\/>i^,
%
\M.D)vr\DMj\K
Qod an die Stelle von 5) tritt
. /ÄHhS^\ _ /^r+3i?\ /^W2^\ /^r+3^\ /A^r+I^N
Man denke sich durch je drei Eckpunkte eines vollständigen n- Eckes
im Räume Ebenen gelegt. Von den Verhältnissen , in denen die Seiten
dnrcli diese Ebenen getheilt werden, kommen im rechten Theile der Glei-
ebong 6) 2n — 8 von einander unabhängige vor, für welche die getheilten
Seiten weder den Punkt 0, noch den Punkt if|, die theilenden Ebenen da-
gegen eben diese beiden Punkte enthalten, und man überzeugt sich leicht,
dass aus diesen 2n — 8 Verhältnissen alle übrigen derselben Art gefunden
werden können. Auf gleiche Weise sind also dnrch 2n — 8 von einander
unabhängige Verhältnisse , für welche die getheilten Seiten weder 0 noch
Mk^ dieTheilnngsebenen dagegen OMk enthalten, alle übrigen Verhältnisse
dieser Art bestimmt. Aber die in den Formen
\M, D)\ t \Ats Djk t
enthaltenen Verhältnisse sind ausreichend zur Berechnung der noch übrigen
onbekannten. So würde man aus
\MtD)t\' \MuD)tk' KMiDjn {MiDM
mit Hilfe der Gleichung 7) das Verhältniss ( ,/ ^ ) , und aus der Glei-
cbung
(MrD\ (MkD\ (M.D\ _
welche eine bekannte Eigenschaft des ebenen Dreiecks ausdrückt und aus
6) gefolgert werden kann, ferner (./-^j finden. Die Berechnung der
uochübrigen Verhältnisse geschieht nun auf die bekannte \4 e\«^ ^ xii^ ^^
70 Kleinere Mittheilangen.
mag deshalb nar bemerkt werden , dass man die betreffenden Gleichungen
aus der Relation
M^ Ms Mt Ma + Ms Mt MuO + Mt MuOMr+M^OMrMs +OMrMsMt=0
abzuleiten hat. Erwägt man nun, dass unter dem in der Form
(M^\
Vm.dJu
enthaltenen Verhältniss bereits n — 4 von einander unabhängige vorkom-
men, welche gleichzeitig der Form
(MrD\
angehören, so ist man berechtigt, folgenden Satz auszusprechen:
„Wenn bei einem Systeme von n Punkten im Räume je drei
Punkte durch Ebenen verbunden werden und es sind von den
Verhältnissen, in welchen die Durchschnittslinien je zweier Ebenen
von den jeweilig übrigen Ebenen geschnitten werden, irgend
37t — 12 (=2/1 — 8 + n — 4) von einander unabhängige gegeben,
so kann daraus jedes Verhältniss dieser Art gefunden werden/*
Die Gleichung 4) lässt sich noch auf eine andere Weise umgestalten,
die wieder zu einem Satze ftlhrt. Man bringe nämlich den Kettenbruch
auf die Form
«1
1 + ^.
l +a.
I +....
r\ TLf %M jtm
die Grössen a sind sodann, mit Ausnahme von a, = ^ ^ \ Doppelver-
hältnisse und durch die Gleichung
""' OM^Mr^Mr^l' OM.Mr+xMr \DMr^Jlr^' UiVr+lAr
bestimmt. Verbindet man nun a, mit dem linken Theile der Gleichung,
wodurch dieselbe in
(M,B\ . (M^\
\DMj\n^\ '\DMJm
übergeht, und bezeichnet man ein Doppelverhältniss, in welchem die Strecke
Mr Ms durch die Ebenen Mi Mk Mt und Mi Mk Mm getheilt wird, kurz durch
{rslm)ik\ so erhält man aus 4) die neue Relation
7) (23/1-1 4)o^ = l—(4352)ot
1 — (5 4 6 3)o,
1 — (6574)ot
1 — .
• •
1 — (n — 2n— 3n — in — 4%,
Kleinere Mittheilungen. 71
Durch dieselbe ist die Aufgabe gelöst, aas n — 5 von einander nnabbängigen
Doppelverbftltnissen alle übrigen zu finden , in welchen die durch irgend
eine Gerade (hier OM^) des Systems der n Punkte hindurchgehenden
Ebenen die nicht in ihnen liegenden Geraden theilen«
Man nehme nun 3n — 15 von einander unabhängige Doppelverhält-
nisae als gegeben an, von welchen in jeder der drei Formen {rtiu)^^^^
{rtiu)ml^ {r9tu)hm ^ — ^ enthalten sind; so sind hierdurch nicht nur,
alle ttbrigen Doppelverhältnisse dieser Art, sondern überhaupt alle Doppel-
▼erhftltnisse bestimmt, nach welchen irgend eine Gerade von irgend wel-
chen Ebenen des Systems geschnitten wird. Denn aus (rslw)t,k und
(rskw)^i findet man durch Elimination des dritten gemeinschaftlichen
Elementes (rsWtikf^ai^^=(rs^O*'^ °°^ leitet hieraus durch zweckmässig
gewählter und st n — 5 von einander unabhängige Doppelverhältnisse ab
aar Berechnung aller übrigen in der Form {rsiu)a„ enthaltenen. Auf
gleiche Weise gelangt man von den Formen (rsmu)ak nnd (rsa^tn^)bm zn
den Doppelverhältnissen (^rstv)^u^ nnd sodann von (rsav)^u und (rsbv^^^
in (rstw)mpi d. h. zu jedem Doppelverhältniss , für welches die schneiden-
den Ebenen durch eine beliebige Gerade (^Mu Mp) des 'Systems hindurch-
gehen. Da nun alle noch übrigen Doppelverhältnisse aus bereits vor
handenen durch Elimination gemeinschaftlicher Elemente abgeleitet werden
können, so ist die obige Behauptung gerechtfertigt, und hiermit der
folgende Satz bewiesen :
„Wenn bei einem Systeme von Ebenen, welches entsteht, indem
man je drei von n Punkten des Raumes durch Ebenen verbindet,
von den Doppelverhältnissen, welche in den Durchschnitten je
zweier Ebenen durch die Schnitie mit den jeweilig übrigen
Ebenen entstehen, irgend Zn — 15 von einander unabhängige ge-
geben sind, so lassen sich hieraus alle übrigen finden/*
Die vorstehenden geometrischen Sätze hat bereits Mob ins gefunden
(Der borycentrische Calcul pag. 211, 222 und 260).
Schliesslich erlaube ich mir noch, die beiden Identitäten
(l....m — 2;/i<4-l n)
0)
(I ....w — 2 III— lw)(l m — 2m— Iw+l)
(l — m — 2m4-l m + 2)
(l....m — 2m— lm+l)(l m — 2m — 1 m-f2)
, (l....m — 2m4-2m-f3)
(l m--2m — 1 m + 2)(l m — 2 m — 1 m + 3)
, (l....m — 2w — 1 «)
(l....m— 2 m— In — 1) (1 ....m — 2 m — In)
72 Kleinere Mittheilungen.
anzafübren, von welchen die erstere ein specieller Fall der letzteren ist.
Man erhält dieselben durch Verwandlung der Kettenbrüche 3) und 1) in
Reihen nach einfacher Reduction. Setzt man die Punkte ilf,, ifi..«.^».!
als in derselben Ebene liegend voraus, so erhalten sammtliche Glieder in
8) einen gemeinschaftlichen Factor — die Höhe der Pyramiden — , und
man gelangt durch dessen Entfernung zu der in meinem früheren Aufsatze
angeführten Flächenrelation von Oscar Werner.
m. Heuet Tlintglas. In der Sitzung vom 6. Juni d. J. legte
Prof. ScHRÖTTER der Wiener Akademie Proben eines neuen von Herrn
Prof. Lamj in Paris dargestellten Flintglases vor, das in vieler Hinsicht
die Aufmerksamkeit der Physiker und Chemiker verdient und die er der
Güte des Letzteren verdankt. Dieses neue Flintglas ist so zusammen-
gesetzt, wie das gewöhnliche, nur enthält es statt Kalium die äquivalente
Menge Thallium, und bildet so einen neuen Beleg für die Richtigkeit der
zuerst von Lamy ausgesprochenen Ansicht, dass das Thallium seinem
chemischen Charakter nach den Alkalimetallen an die Seite zu stellen ist.
Das Thalliumflintglas ist härter und schwerer, als das gewöhnliche.
Seine Dichte beträgt 4*18 und diese kann bis zu 5*6 steigen, wenn die
Menge des Thalliums vermehrt wird; in dem Maasse, als diese steigt,
nimmt das specifische Gewicht und das Brechungsvermügen zu, die Härte
hingegen, sowie auch die Unveränderlichkeit an der Luft ab.
Nach Lamy beträgt das Brechungsvermögen des Thalliumflintglases
von der Dichte 4*18
für die rothen Strahlen (B) 1*601,
„ „ gelben „ (D) r673,
„ „ violetten „ (H) 1*710.
Die Dispersion N^ — Ni, beträgt also 0*049, während diese bei einem
stark brechenden Flintglas von Fraunhofer nur = 0*037 ist. Dieses
bedeutende Farbenzerstreuungs vermögen Hess sich auch an dem von Lamy
in Paris ausgestellten Prisma und den nach Art der Sohmucksteine facet-
tirten Stücken durch das lebhafte Farbenspiel sogleich erkennen.
Die vorgelegten Proben zeigen eine schwach gelbe, etwas ins Grün-
liche spielende Farbe, welche La my dem Umstände zuschreibt, dass er
sich des kohlensauren Thalliumoxyds zur Bereitung bediente, bei dessen
Zerlegung sich etwas Peroxyd bildet, welches die schwache Färbung be-
dingt. In der That erhielt er bei Anwendung des schw^elsauren Salzes
statt des kohlensauren ein farbloses Glas.
Der Vortragende legt auch noch unter Wasser aufbewahrtes Thallium
von schönem Metallglanz und krystallinischer Textur, sowie ein etwa einen
Centimeter hohes vollkommen ausgebildetes Octaeder des von Lamy
zuerst dargestellten Thalliumalauns vor, in welchem ebenfalls das Kalium
durch Thallium vertreten ist. (Wiener Akad.)
Berichtigimg: S. 22 Z. 1 v. o. ist zu lesen: „dagegen** nnstatt „daher**.
m.
Stadien über rationelle Vermessungen im Gebiete der
hohem Geodäsie.
Von
Friedrich Robert Helmert,
Goodät zu Dresden.
Einleitung.
Gegenwärtig giebt es wohl kaum einen modernen Cultnrstaat, in
welchem nicht geodätische Triangulationen zum Zwecke einer genauen
Landesvermessung oder als Theil einer Gradmessung ausgeführt werden
oder schon beendet sind. Trotzdem ist, soviel ich weiss, nur Weniges
über solche Grundsätze bekannt worden, durch deren Befolgung man in
den Stand gesetzt ist, die Vermessung möglichst rationell auszuführen,
d. h. einen nothwendigeu Genauigkeitsgrad derselben init möglichst wenig
Zeit und Geld zu erreichen. Nun erheischt freilich das Terrain in jedem
einzelnen Falle besondere Maassregeln; doch lässt sich aber auch nicht
verkennen, dass stets eine gewisse Freiheit bei der Wahl derselben
stattfinden wird und es ist die Aufgabe des Geodäten, diese aufs vortheil-
theilhafteste auszunutzen. Abstrahirt man zunächst von den besondern
Terrainverhältnissen, bildet sich somit ein allen Anforderungen genügendes
ideales Terrain, so kann es nicht schwer fallen, zu einigen Sätzen zu ge-
langen , die gewiss auch in manchen praktisch vorkommenden Fällen An-
wendung finden können. Hieran wird sich eine Untersuchung über die
Abnahme des Genauigkeitsgrades schliessen müssen, welche die Triangu-
lation erleidet, wenn das Terrain Abweichungen von den Bedingungen der
günstigsten Triangulation fordert, und es wird sich weiterhin damit ein
IJrthcil darüber bilden , wieweit man erhöhten Zeit- und Geldaufwand an
einzelnen Stellen anzubringen habe, um sich jenen Bedingungen möglichst
zu nähern und doch im Ganzen zu gewinnen.
Verschiedene interessante Bemerkungen meines verehrten Lelirers,
dos Herrn Professor Nagel am hicssigen Polytechnicum, erregten in mir
den Vorsatz, dem eben entwickelten Gedanken gemäss, Studien über d\e^
Einschaltung der Punkto niederster Ordnung o.iner L?vt\Ao?.\.y\^w^v\^Nac\w
Zeit9rhrirt f. Mtiln'nmiik n. Physik Xlll, 2. ^
74 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
anzustellen, um zugleich zur Entscheidung der Frage, ob die allgemeinere
Anwendung der Pothenotschen Aufgabe hierbei wirklich so vortheilhaft sei,
wie es nach den Resultaten der von Herrn Prof. Nagel im erzgebirgschen
Kohlenbassin ausgeführten Arbeiten erschien, einen Beitrag zu liefern. Im
zweiten der folgenden Hauptabschnitte befindet sich das Endresultat dieser
Studien, während der erste mehr vorbereitende Bedeutung hat. Der dritte
Hauptabschnitt ist den Basisnetzen gewidmet und der vierte enthält ejnigc
Bemerkungen zu den günstigsten Formen grosser Dreiecksnetze.
I. Allgemeine Bemerkungen über die Genauigkeit eines Punktes.
1.
Die Lage eines Punktes wird bekannt, sobald zwei sich schneidende
geometrische Oerter desselben gefunden werden. Meistens begnügt man
sich nicht, nur zweien solchen die Bestimmung zu überlassen und ermittelt
daher noch mehrere. Insofern nun jeder derselben etwas fehlerhaft sein
wird, werden paarweise Combinationen verschiedener geometrischer Oerter
verschiedene Punktlagen ergeben , die sämmtlich von der wahren Lage ab-
weichen , sodass es einer Ausgleichungsrechnung überlassen bleiben muss,
aus der Vergleichung aller Bestimmungen wenigstens eine wahrscheinlichste
Lage zu ermitteln. Die Grösse der einzelnen Abweichungen giebt dabei
ein Mittel an die Hand, die Genauigkeit der wahrscheinlichsten Lage, ihre
Abweichung von der Wahrheit zu schätzen. Hat man nur zwei geome-
trische Oerter, so ist ihr Durchschnitt schon die wahrscheinlichste Lage
des Punktes und es kann von weiterer Ausgleichung nicht die Rede sein;
es wäre also auch ein Schluss auf die Genauigkeit dieser Bestimmung nicht
möglich, wenn nicht in den meisten Fällen die wahrscheinlichen Fehler der
geometrischen Oerter selbst durch die Art und Weise ihrer Auffindung be-
kannt würden. Aus diesen Angaben die Genauigkeit der Bestimmung zu
folgern, ist sonach eine erste Aufgabe, an welche als nächste sich diejenige
anschliesst: die Lösung für die Bestimmung aus mehreren geometrischen
Oertern zu verallgemeinern. Werden hierbei dieselben als unabhängig
von einander bestimmt angenommen, so ist es endlich noch nothwendig,
auch den allgemeinsten Fall gegenseitig bedingter geometrischer Oerter
in*s Auge zu fassen.
Man bezeichnet nun stets die Lage eines Punktes durch zwei Coordi-
naten und giebt die wahrscheinlichen Fehler derselben an, sodass sich die
gestellten Aufgaben zum Theil darauf reduciren, aus jenen auf die Ge-
nauigkeit der Bestimmung überhaupt zu schliessen.
Für die hier anzustellenden Untersuchungen wird es genügen, die
geometrischen Oerter als Gerade zu betrachten, die sich bei eintretenden
Geodäsie. Von Friedr. Rob. Helmert. 75
"^.r--^ -^-/--'
Fehlem parallel verschieben. Durch Einfühmng hinreichend scharfer
Näbemngswerthe für die Coordinaten redncirt sich nämlich die Gleichung
jedes beliebig gestalteten geometrischen Ortes in Bezug auf die kleinen
noch anzubringenden Verbesserungen der Coordinaten auf den
ersten Grad, da man deren höhere Potenzen vernachlässigen darf. Ebenso
ist es ferner auch zulässig, den wahrscheinlichen Fehler des geometrischen
Ortes an der Stelle der genähert richtigen Lage des Punktes für die ganze
unendliche Länge der substituirten Geraden beizubehalten, da wirklich
eintretende Fehler sehr* klein sind und für geringe Verschiebungen des
Punktes auf dem geometrischen Orte sich dessen wahrscheinlicher Fehler
nur wenig ändert. Die genauere Ausführung hiervon kann wohl unter-
bleiben und nur darauf sei noch hingewiesen, dass im Folgenden an den
Stellen, wo durch die soeben gemachten Voraussetzungen die allgemeine
Gültigkeit eines Resultats einer wesentlichen Beschränkung bedarf, dieses
auch besonders erwähnt worden ist.
Beftünmimg der Genauigkeit der Lage eines Punktes ans den von einander nnabhän-
gigen wahrscheinlichen Abweichungen zweier Geraden.
2.
Ist der Punkt durch die beiden Geraden AÄ und BS (Fig. 1) be-
stimmt, welche sich unter dem Winkel tpmO schneiden, so ist 0 seine
wahrscheinlichste Lage. Sind
die wahrscheinlichsten Abweichungen des Punktes von AA' und BB' zu-
nächst an der Stelle 0 selbst, so kann man nach dem Vorigen r^ und r^
auch die wahrscheinlichen parallelen Verschiebungen der Go-
raden nennen, und wären gerade diese Fehler begangen worden, so
würde der Punkt in eine der vier Ecken des aus den Parallelen paaren zu
Ajt und BB' durch M und M\ N und N' gebildeten Parallelogramms zu
liegen kommen*). Hingegen entsteht die beliebige Lage P in der Entfer-
nung ^ von 0 durch das gleichzeitige Eintreffen von Fehler PC = u senk-
recht zu Ay( und PD = v senkrecht zu BB'.
.
Sind Wj und w^ die Wahrscheinlichkeiten des Eintreffens von w = 0
resp. V = 0^ h und k beziehendlich die Maasse der Genauigkeit, so ist die
Wahrscheinlichkeit des Vorkommens von u resp. v
- ä2 «« — k^ M« **) ,
Wn = n)^ , e , w», = rv^ . e '
daher die Wahrscheinlichkeit der besonderen Lage P bei gleichzeitigem
Eintreffen von u und v
♦) Dies Parallelogramm ist in Flg. 1 mit angegeben.
**) Hierüber, sowie über die Formeln in Abschn. 11. vergleiche man: „Enckc,
Berliner astronomisches Jahrbuch 1834'* oder ,, Kavier, Diffcrentialrechnnng etc.
tibersetzt von Wiltstein," Anhang zum II. Bande von Wittstein.
7G Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
— (Ä«t/« + Ar«i;«)
wobei zwischen k und r^ , k und r^ die bekannte Relation stattfindet:
2) r, Ä = r2/f = (» = 0,47694 .
wj bleibt nach Gleichung 1) constant, so lange P sich auf dem Um-
fange einer Ellipse bewegt, ftlr welche y^i^ und BB' die Kichtungen
conjugirter Durchmesser sind, weil dabei ftlr u und v die Gleichung be-
steht: 3) äV -f- ArV = c^ , worin c eine. Constante bezeichnet.
Oder um auf übliche Coordinaten überzugehen, betrachte man AA' und BB'
als Achsen eines schiefwinkligen Systems der $ und tj (Fig.l) und hat alsdann
V = |5f/i q> u ^ ri sin q> ,
. . ^ {ksm(p)'^ 4" V^ {hsinfpY = c'^, oder
\a/ \h/ ksinq> hsinq)
worin a und b die halben Längen der conjugirten Durchmesser Aj^" und
BB" bedeuten. P fällt in die Endpunkte der letzteren, wenn rcsp.
iy = 0, S = Hh «I also M = 0, » = f;^ = -j- — , oder
n
^ = 0, 1? = + 6, also V = 0, u = Uo = -\- -r wird.
— n
Man sieht hieraus, dass ifumer
5) Uo . h = Vo ' k ^^ c y
und dass die zu verschiedenen wj gehörigen Ellipsen alle ähn-
lich sind und um ihren Mittelpunkt 0 herum auch ähnlich lie-
gen, wobei für die conjugirten Durchmesser in Richtung AA' und BB^ die
Proportion gilt :
2a : 2ä = a : 6 = Tj : Tj .
Den vier Punkten ^j, M^\ iV, , iVj' insbesondere, in welchen die
Parallelen zu den bestimmenden Geraden im Abstände + r^ resp. + ^2
dieselben schneiden, kommt die Wahrscheinlichkeit
-^«
tv = tv^. W2. e
zu und sie liegen daher auf dem Umfange Einer Ellipse, welche die Haupt-
ellipse genannt werden soll und in ihren Durchschnitten ^„ -flf',, i^,, iV'j
mit AA' und BB' von obigen 4 Parallelen tangirt wird.
3.
Denkt man sich die Wahrscheinlichkeit wj des Eintretens der Lage P
senkrecht zur Papierebene in P aufgetragen und bewegt sich P auf der etwa
horizontal liegenden Papierebene, so beschreibt gleichzeitig der Endpunkt
der Senkrechten eine Oberfläche mit der Gleichung ,
6) ;.^=„,.„,,..-(*"'* + **"\der,.^=?=.-«**'+'''^')*'''"^.
? ist in 0 ein Maximum und nimmt von hier aus nach allen Seiten'stetig ab bei
Geodäsie. Von Friedk. Rou. Helmekt. 77
^■^^.*>^*si— ■— ^^^^^.^Vj»^ ^y*.^^* 1
asjmptotisclier Annäherung der Oberfläche an die Papierebene. Alle ho-
rizontalen Qnerschnitte der Fläche sind Ellipsen, alle verticalen Quer-
schnitte durch 0 unter der Neigung v gegen ÄA' von der Form der be-
kannten Wahrscheinlichkeitscurve nach der Gleichung
f = Wj . n;^ . <? '^ • vr y >»
und da, wie bekannt, alle diese Querschnitte einen Wendepunkt haben, so
hat die Oberfläche eine Wendolinie mit den Gleichungen
7) 1 = 2 zT^ {h'^sin^ V + k'^siti^ (g)—iO ) , t = fv^,w^.c~^' .
Die Wendelinie ist hiernach eine ebene Curve und es liegt dieselbe
parallel der Papierebene. Die erste der Gleichungen 7), die Projektion
der Wendelinie auf die Papierebene bezeichnend, geht durch Transfor-
mation über in
^^ ^l = 2(/.V^ + .^0 oder 1 = (f ,)■ + ß,y,
fl' = 1 : {ksin g> V'^)] />'=!: (ä sin g) Yt ).
4.
Um nun die Wahrscheinlichkeit des Vorkommens von P auf
einer Ellipsenfläche um 0 überhaupt zu ermitteln, ist es nöthig,
zunächst eine endliche Anzahl Lagen von P zu betrachten , die in der Art
glcichmässig über die Papierebene vertheilt sind, dass sowohl der einer
Lflgc entsprechende Fehler OP als auch die Wahrscheinlichkeit seines Ein-
tretens innerhalb einer sehr kleinen, mit den andern gleichräumigen Fläche
als constant angesehen werden dürfen. Offenbar verhalten sich dann die
Wahrscheinlichkeiten des Vorkommens von P innerhalb zweier solcher
Flächen wie die betreffenden wj um so genauer, je kleiner die Räume der
Flächen genommen werden. Die Zerlegung der Papierebene geschehe
wie folgt:
Man theile MOM* und NON' in eine gloiche Anzahl sehr kleiner
Theile (Fig. 2) :
9) MOM' = 2ri = 2;«d; NON' = 2r^^ = 2u6\
trage diese Theile noch über die Punkte ;V, 3i\ N und iV' hinaus beliebig
oft auf und ziehe durch die Theilpunkte Parallelen zu AA' resp. BB", So
entstehen zwei Systeme von äquidistanten 1 Wallelen, deren sämmtliche
Durchschnitte das Vorkommen von Fehlern bezeichnen, für welches der
Abstand ^ die Wahrscheinlichkeit ist. Denkt man sich i körperlich etwa
/ . öd' \
vom Querschnitte eines Elementarparallelogrammes ( gleich : — | , so hat
man damit ein Bild der Häufigkeit des Vorkommens der Fehler, zwar nicht
von absolutem, aber doch relativem Werthe; denn es leuchtet ein, dass die
Wahrscheinlichkeiten für das Vorkommen innerhalb zweier beliebigen
Stücke der Papierebene sich wie die darüber betiudl\e\ic\\ e.uV\Ä^\\^w\?OCvv\\Ä^
78 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der höhern
^.^N-^s.*"-«.^--«.^^ ^wi~_/",y ,'-^'-
^._
verhalten, wenn man nur (Gleichung 9) n unendlich anwachsen lässt.
Sind W^ und W^ die Wahrscheinlichkeiten, dass P auf den Ellipsen-
flächen mit den Abschnitten a^ und b^ , «2 und h^ liegt, so ist also streng
^1*^2* / / ^ d^.drising)
worin für -^^ — noch di,dri.sinq> ficesetzt wurde. Die Grenzen beziehen
sich auf den Umfang von Ellipsen, deren Gleichungen aus Gleichuog 4)
durch Anbringen der Indices 1 resp. 2 an a und b hervorgehen.
Das Doppelintegral im Zähler und Nenner wird leicht durch Einfüh-
rung anderer Grenzen gefunden. Doch möge die Transformation des Zu-
sammenhanges wegen nicht nach dem üblichen Verfahren, sondern wie
folgt geschehen:
Man denke sich (wie in Fig. 3) durch entsprechende Theilpunkte von
AAl und Bff die ähnlichen Ellipsen gezogen und die Papierebene also in
schmale elliptische Hinge getheilt. Geht man von einer beliebigen Ellipse
zu einer benachbarten, so ändert sich c (Gl. 5) um gleichviel, welche der
Ellipsen man auch als Ausgang annimmt. Für jeden der Ringe kann man
die zu integrirende Function, ursprünglich ^, als constant ansehen und
zwar um so mehr, je dichter das System Ellipsen gezogen wird. Bedeutet
dB den Inhalt eines elementaren Ringes innerhalb des Winkelraumes AOB,
so ist nun jedes der Doppelintegrale auf die Form gebracht
c
./■
e ^ , de .
0
£, der elliptisch begrenzte Winkelraum AOB, beträgt
also ist
und sofern
auch
e = — . abstntp ^
de = -- {a.db -^ b, da) sifi g> ,
da = — — , db = — — , aö = bS" .
stn q> sm <p
7C ^ 7t . ^. n
de = — , ad = — . bd' = —- , b sin q> da ,
J* Ji »d
d. i. nach Gleichung 4)
di = - . -^"^-^
4 ' hk sin g> '
Geodäsie. Von Fkikdk. Koh. Helmert. 79
Damit wird das Integral gleich
hhFsin^'/' ^\<c^)=J.^-
— C'«
hk sin g>
und wenn man der Ellipse 2. unendliche Ausdehnung giebt, fV2 = l setzt,
wird
10) Wi= W^.fl — e" ^i')= 1— c - ^i*. ♦)
5.
W^ wird ^ für Cj = C = 0,83254, logC = 0,92040 — 1.
Die halben Längen der conjugirten Durchmesser der zugehörigen El-
Upse, welche die wahrscheinlichste heissen mag, sind
11)^=-:^-, j5=-t^, worin r=r2.-, i/ = r. .-,-= 1,7456
stng> svi q> Q Q 9
zu setzen sind.
6.
Die Wahrscheinlichkeit, dass P innerhalb eines Paral-
lelogrammes um 0, nämlich gleichzeitig zwischen zwei Parallelen-
paaren in den Entfernungen + u von AA'j + v von BB' liegt, ist gleich
wobei jeder Factor einzeln die Wahrscheinlichkeit der Lage von P inner-
halb eines der Parallelenpaaro bezeichnet.
Nimmt man u und v gleich r^ rosp. r.^, so wird die Wahrschein-
lichkeit fürPinnerhalb des dieHauptellipse in ihren Schnittpunkten
mit i^ und ß^' tangironden Parallelogramms (vergl. Abschnitt 2)
r r 111
^-r, ^-r, 2 2 4 '
nimmt man aber u und v nur proportional r^ und r^ und ausserdem so
gross, dass obiges Product gleich wird, so müssen folgende Be-
Ziehungen bestehen:
•) Unter Bezugnahme auf Absclinitt 1 sei hier bemerkt: Sind AA' und B/i'
nur substituirte Gerade, so ist Gleichunj^ 10) nicht streng, da zwar }i\= i wird»
aber nicht proportional dem Doppelintegrale im Nenner bleibt. Nimmt man je-
doch für die 2. Ellipse c, nicht unendlich, sondern nur ^ 8p, so Ut es auch
erlaubt W^ = W^ . y"*^^ ^t • ( ^""^ )» *^^'' Decimalon genau, zusetzen
1 — e ^ ^ ^
und mau folgert leicht weiter, dass H'2 selbst auf 7 Decimaleu ^v^ns^xx ^^\m\\V väX^
~v.. .-^t'
80 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
-fF-«= •'^_^= 1:^=0,707; —=-=-=-=1,560.*)
(j
Wie zu erwarten war, ist dieser Werth etwas kleiner, als — in Gleichung 11).
7.
Die Wahrscheinlichkeit, dass P zwischen zwei Ellipsen 1. uud 2.
liegt, ist
wenn die erste Ellipse die zweite umschliesst. Wählt man die zweite El-
lipse der ersten unendlich benachbart, so ist auch
W^ — JFj = 2e""''**. c, . de, = W{.
Für zwei andere benachbarte Ellipsen 3. und 4. ist in gleicher Weise
W.^-'W^ = 2e'~ '''*. C3 . dcj =^3'
uud da nach Gleichung 5) dc^ = dc^ ist, wenn man das Ellipsensystem
nur wie in Fig. 2 und 3 (Abschn. 4.) gezogen denkt, gilt die Proportion:
12) W^ : ^3' = ci . e ~ ""** ic^.e
und zwar um so genauer, je dichter das Ellipsen System angenommen wird.
Lässt man endlich n (Gleichung 9) unendlich anwachsen, so geht der Flä-
chenstreifen zwischen 2 benachbarten Ellipen in einen Contour von ver-
schwindender Dicke über, die jedoch an jeder Stelle eine andere und pro-
portional der Entfernung von 0 ist**). Die Gleichung 12) sagt daher auch
aus, wie sich die Wahrscheinlichkeiten des Vorkommens von P auf den
Peripherien der Ellipsen 1. und 3. verhalten, sobald man diese Peripherien
als Contourcn im obigen Sinne betrachtet.
Unter dieser Annahme mag auch die Wahrscheinlichkeit des Vor-
kommens von P auf einem Ellipsenbogen RS (Fig. 2) berechnet werden,
sodass derselbe als Theil eines derartigen Contours betrachtet wird.
8.
Das zwischen den Ordinaten von R und S befindliche Stück der El-
lipsenfläche ist, wenn Ä = (|, , 1/1), S = (Jj, '»^o)» bekanntlich
e' = 1 sin 9 II /^^-p — I Va'^V + J(«''^^''*^ - «'•^^'« ^ ) | •
*) Zujr Berechnnng dieses Wertlies diente eine der bekannten Tafeln für das
betreffende Integral.
**) Bedürfte man der Wahrscheinlichkeit in Bezug auf eine mathematische
Linie, so würde als Maass dafür der Flächenraum anzusehen sein, welchen £ be-
schreibt, wenn P sich auf jener Linie bewegt. Hier können derartige Betrach-
tungen ausgeschlossen werden, da sie das Vurständniss der Vertheilung der Fehler
nicht fordern.
Geodäsie. Von Friedr. ßoB. Helmert. 81
Durch DififereDtiation nach b und a, wobei aber — , || und I2 ^^^'
stant bleiben , erhält man den elementaren Fläch enB tr ei fen , welcher an RS
angrenzt (in Fig. 2 schraffirt) :
ds' == b sin q> ( arc sin - - — aresin — ) da .
\ a a )
Derselbe Werth von dz würde sich ergeben haben , wenn man anstatt
der \ die 17 oder auch die Richtung der Kadieu OR und OS als constant an-
gesehen hätte, denn es ist auch
dt ^ b sin q> f arc sin ■* — arc sin -- j rfa , sowie
^ ' I • • /Dreieck ROS\ ^
de=bsmg>, arcsm (ß^^j^-^öW • da, etc.
Uiermit ergiebt sich nun die Wahrscheinlichkeit, dass P auf dem an RS
angrenzenden FlachenstÜckchcu de liegt, im Vcrhältniss zu derjenigen,
dass P überhaupt auf dem schmalen elliptischen ßingo liegt, von dem de'
ein Theil ist,
13) -„,/—' = -r=— I arc sin - — arc stn - )
^ ff^{AB) ds n\ a a)
= —I arc stn -. - — arc stn -\- \
n\ b b J
2 . /Dreieck ÄO.Sf\
= ,r-"''^^'nDreieck^^^/-
Eierbei ist stillschweigend RS als Theil von dem innerhalb des Winkel-
raumes AOB gelegenen EUipsencontour betrachtet worden. Auch bedarf
es keiner weiteren Erörterung für andere Fälle.
Die Construction solcher Bögen RS derselben Ellipse, welche gleiche
Wahrscheinlichkeit ergeben , ist mit Hilfe von Kreisen um 0 mit den Ila-
dien a und b sehr leicht. Von derselben wird in Abschnitt 10. Gebrauch ge-
macht werden.
Nach dem letzten der Ausdrücke für das Wahrscheinlichkeitsverhält-
nis« in Gleichung 13 bleibt dieses auch constant für Bogen RS verschiedener
EHipsen, wenn sie zwischen denselben Radien von 0 aus liegen. Ver-
gleicht man daher zwei solche Bögen mit einander, so gilt für sie Gleichung
12) wie für die ganzen resp. Peripherien.
9.
Für kleine Bögen RS darf man Dreieck ROS mit dem Sector ROS ver-
tauschen. Construirt man nun wie in Fig. 3 zu der mehrfach erwähnten
Ellipsen schaar Radien derartig, dass je zwei benachbarte gleiche Sectoren-
flächen einschliessen , so erlangt man mit Hilfe der Figur einen Ueb er-
blick über die Vorthoilung der Fehler um 0. Denn die Wahr-
scheinlichkeit des Vorkommens von P ist dieselbe 1) tür aW^i tV^mistA^t^w
82 Studien über rationelle Vermeßsungen im Gebiete der höhern
Flächenstückchen zwischen denselben Ellipsen und beliebigen benach-
barten Radien (z. B. für 1, 2, 3... oder für 1', 2', 3'...) und 2) für alle
Sectoren zwischen benachbarten Radien und derselben Ellipse, woraus
man durch Combination noch verschiedene andere Sätze ableiten kann.
Zieht man überdiess die Peripherien von verschiedener Stärke an verschie-
denen Stellen, entsprechend dem Abstände von 0, so ist auch die Wahr-
scheinlichkeit dieselbe für alle Bogenstücke desselben Ellipsencontours.
Endlich besteht für die Wahrscheinlichkeiten des Vorkommens von P
auf zwei Bogenstücken verschiedener Contoure oder innerhalb der angren-
zenden Flächenstückchen die Gleichung 12). Z. B. in Bezug auf Theile
der Ellipsencontourc AB und A^ B^ in Fig. 3 oder in Bezug auf die an-
grenzenden Flächenstückchen ist das Verhältniss der Wahischeinlichkeiten
C , ß • Ca , C .
•
10.
Als wahrscheinlichen Fehler in der Bestimmung von 0 wird
man, ebenso wie bei Betrachtung der Fehler u und v allein, denjenigen
bezeichnen, welcher ebenso oft überschritten, als nicht erreicht wird, und
als mittlem Fehler denjenigen, dessen Quadrat das arithmetische
Mittel aller Fehl er quad rate ist. Es wird sich zeigen , dass zwischen beiden
Grössen eine constante Beziehung stattfindet.
Der wahrscheinliche Fehler ist nach verschiedenen Richtungen
von 0 aus verschieden , denn verschiedene Punkte der wahrscheinlichsten
Ellipse haben von 0 verschiedenen Abstand. Will man nun nicht diese
ElliptJC, nämlich ihre grosse und kleine Halbachse als grössten und klein-
sten Werth des wahrscheinlichen Fehlers, angeben, so muss ein mittlerer
Wcrth des letztern abgeleitet werden. Es findet sich dieser zu
wo Ay B, ü und V dieselben Werthe wie in Gleichung 11) haben.
Geht man nämlich wieder von einer grossen Zahl endlicher Fehler aus,
seist, wenn ^.9 in Fig. 3 die wahrscheinlichste Ellipse bedeutet, der cubische
Raum über dem an^^ angrenzenden elliptischen Ringe der Ausdruck für die
Wahrscheinlichkeit des Eintretens des wahrscheinlichen Fehlers überhaupt,
und es ist erlaubt, für jedes der Flächenstückchen 1, 2, 3, etc. den Fehler
von der Länge des Radius von 0 aus nach einem beliebigen Punkte der
Fläche, etwa dem rechten äussern Eckpunkte (von 0 aus gesehen) zu
nehmen. Für je drei benachbarte dieser Punkte ist nach Gleichung 13)
arcstn -f — arcstn -~ =arcstn -f — arcsin -- ,
Ä A A Ä
Bezeichnet man diese Differenzen mit d'^ und ist AB in n Theile zer-
)egi worden; so erkennt man leicht die Richtigkeit der Gleichungen:
Geodäsie. Von Fkiedr. Rob. Helmert. 83
.^ ^" y",y".v^ -^ .- *> rf .-" • '*-' -^ .'"-"
« . c?t/; = — , arc sin ^ == j? . rftf; == t/;,
wübei ^ von l.rftj; bis n.di|; oder von 0 bis -^ bei unendlich wachsendem
n geht.
Es wird ferner ^p = Asin'^^ rjp = B cos'^
/Pp = A'^sin'^tl^ + B^cos^^tp + 2 AB cos q> cos'i\>sinip
2h
und daher R^ = -^— ^^ , worin der Zähler die Summe der Fehler-
2«
^vadrate für die halbe Ellipse über AOA\ der Nenner die Anzahl dieser
Quadrate bezeichnet. Für unendlich wachsendes n und bei gleichzeitigem
Uebcrgange von dem elliptischen Streifen zum Ellipsencontour selbst wird
1 /* A'^ + B'^
B}= — 1 Af^p , d}\}= - — ^ , oder nach Gleichung 11) auch
5) ä2= ^^ . ^A^t-^ = 1,^«^^ '''' "•" '''^
2q^ sin '^q> sin ^g>
11.
Nimmt man u und v allein in Betracht, so bestimmt sich bekanntlich
das mittlere Fchlcrquadrat für u oder v nach den Formeln
CX).
''•./"'•
m
16) ^
2 = " - — - = L = 'J^
w,
Je du
0
Wi, = — .— und 4i = - -- sind dabei bekanntlich die Abscisson
'** stn fp *" sin (p
der Inflexionspunkte der Wahrscheinliclikeitscurven über BB' und AA'
(Abschn. 3.). Im Falle gleichzeitigen Vorkommens von u und v gestaltet
rieh die Rechnung sehr ähnlich, wenn man nur vorher die gleichwalir-
scheinlichen FeKlerquadrate je zweier Punkte mit den Coordinaten |, i]
und ( — ö , fi vereinigt zu
2 d'^ + n') ■
Dieser Summe entspricht die Wahrscheinlichkeit wj und es ist daher für
die halbe Papierebene über AA'
2 £ ifvj (^ -f" V^)\ <^iG Summe der Fehlerquadrate, wenn
2 Z wj als deren Anzahl angenommen wird.
Hiermit ist dus mittlere Fehlerquadrat
84 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
"-"V .•"s."- ^•..f- - .' «-"-^"-"«^^ - ^^^ .• • .-, , *■ • ^ f .^ ^-^^ --y ^ V ^ *■ _- -^.--^ ^ . ,- -rf--^- v.^i»--' .— .-,- ^ -^-- •--■ . .
CX> (X>
JJ «'^ (1^ + 1?^) e/l . (/.y
^ = « .«
^" oooo >
0 0
oder unter Benutzung der bekannten Formeln
cx> oo
iK „..1 l\2 .-'V^, _ 1 jAr
2ft
auch
Uksin*(p \2h^ ^ 2k^J ' Uksin''g> 2h^ ^ 2k'^ '
oder eudlich
Ay2 = Ä2.^>2. ä2 = 0,69312 ilf' ; Ä = (),83254i»/ . *) '
Dagegen ist bekanntlich allgemein
r = 0,67449 m.
12.
Gab die wahrscheinlichste Ellipse in Verbindung mit Fig. 3 über die
Vertheilung der Fehler Aufschluss, so ist jetzt in R oder M ein Maass
für die Genauigkeit der Bestimmung von 0 gefunden. Es fragt
sich nun aber noch, ob man durch die in der Praxis üblichen Genauigkeits-
angaben (den mittlem Fehlern der Coordinaten von 0) immer 3! ableiten
kann. Jedenfalls wäre dies möglich, wenn 0 auf ein den Geraden JA'
und BI/ paralleles Coordinatensystem bezogen würde. Es sei daher in
Fig. 4 310© ein solches System; die Coordinaten des Punktes 0, welcher
hier mit P bezeichnet ist, mögen abweichend vom gewöhnlichen Gebrauche
als »enkrechte Abstände von den Achsen angenommen werden, damit für
sie mj und mj die resp. mittleren Fehler sind. Für eine andere Achse 03l|
unter der Neigung ^ zu 031 wird
, X sin {g> — ip) — y sin tf;
stn g>
daher ist auch
1 «^ m 2 ^1^ *''*^ (9 — *) + W sin'^ -^
* stn^ g>
wenn nti den mittlem Fehler in x' bezeichnet. Für eine zweite zu 03li
senkrechte Achse 093, ist
*) In Bezug auf dio Berechnung von M Uisst sich eine ähnliche Bemerkung
macbeu, wie bei Abschnitt 4. geschehen ist.
Geodäsie. Von Friedr. Rob. Helmert. 85
daher
- m,^ cos '(g[)i — t/;) -\- mJ cos ^i/;
iHo = i-r.
* stn* q>
^ 2 _L t*, 2 ^1 V ^2 Äf2 .
d. h. „ein rechtwinkligem Coordiuatensystcm gestattet im-
mer die Berechnung des mittlem Fehlers M,^*
13.
Wühlt man O^i und 093i so, dass sie einem beliebigen Paare con-
jogirter Durchmesser der Ellipsen parallel werden, so kann M ebenfalls
wie oben aus den mittlem Fehlern der Coordinaten berechnet werden.
Dem Achsenpaare 0^]93t mögen in Fig. 5 die conjugirten Durchmesser
OA^ und OB^ entsprechen, die Ellipse daselbst aber die Hauptellipse vor-
itellen. Dann beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass P auf dem unendlich
langen Streifen zwischen den beiden zu OB^ parallelen Ellipsentangenten
durch A^ und A{ liegt
cx) n-t
worin 1?, und 1^2 die Ordinaten der demselben | entsprechenden beiden
Parallelen punkte sind. Betrachtet man A^ A( und B^ B{ als Achsen der
^ und r[^ so ergeben sich nach und nach folgende Formeln :
d^.dri. sin g> = d^\ dr{ sin g/ ,
4M sing) f C - (g'« A:'* + n^ K^) sin^ 9>' -v^ . . • -
If = 'II ^ dl dl] Sin cp
oder
Uierin bedeuten a und 6' die Abschnitte der conjugirten Durchmesser A^ A^
und ^, Z?j', g! den Conjugationswinkel dersolhon; ferner ist für // und k'
c . c
k stng> h sin g>
Man hat weiter
f» ^ (Iri = ^' - j wenn öä 5/w y == (> ,
J
4 h sin g>
— A
nnd zufolge der vorhergehenden .Gleichungen für a und b\ h' und k'
wird auch
86 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
I ^ ^ dri = —J—, — ; , da 6 Ä «w 9 = ^ .
Dies giebt zusammen
-I
Denselben Betrag wurde man erhalten haben, wenn ursprünglich als be-
stimmende Gerade die conjugirten Durchmesser A^^^ und B^B^' mit den
wahrscheinlichen Abweichungen ih ^i' ^^ it ^' ^^'^ 9>' und + rg' = + asin tp'
oder den Präcisionen /*' und k* gegeben gewesen wären. Ueberhaupt er-
hellt, dass sich die Geraden AA' und B B^ immer durch beliebige
Paare von Geraden ersetzen lassen, wenn dieselben und ihre
wahrscheinlichen Abweichungen so gewählt werden, wie AiAi und B^B^'
mit +rj' und +^2'. Denn zunächst geben dieselben auch dieselbe Haupt-
ellipse wie die ursprünglichen bestimmenden Geraden und daher geben sie
auch dieselbe Vertheilung der Fehler und dieselben Werthe M und Ä.
Zugleich ist soviel ersichtlich , dass zwei bestimmende Gerade sich
immer nur auf eine Weise durch zwei andere, senkrecht zu
einander befindliche Gerade ersetzen lassen. Um z. B. zu zei-
gen, dass man den Werth M auch durch Anwendung von A^A^ und B^B^
erhält, hat man folgende Rechnung.
Aus den Werthen der wahrscheinlichen Fehler senkrecht A^ A^ und
B* B/. nämlich
Tj = ft «n 9 , r2 = a sin g> ,
und dem entsprechenden mittlem Fehler
^1 ^ ' ^-2
mj = ~rr-_ , IWj
^/2 Q]/2
folgt mit Hilfe der bekannten Relation
«2 + 6^ = a'2 -f_ i/\
sm'<p stn^g> sm*(p sitrg)
m( und m^ genügen selbstverständlich auch der Gleichung 18), wenn man
die Achse der x resp. mit OA^ oder Oi?, parallel nimmt. Im erstem Falle
ergiebt sich z. B. succesive:
r '2
m,'^ = -^ ., ; t( = 1/ sin q> und da ab* sin q/ = ab sin g), auch
, ab sin g> ^^ (ab sin cpY 1
' a 2q^ a ^
Die Ellipsengleichnng liefert femer für den letzten Factor
a^ <r surcp b^stn^fp
,„ {lrsin'^[(p — 1/;) -f- a'^sin'^\p)sin^g)^n^^sin'^{g> — ij>) +''V*«w^^ 2
' 2i)^,sm^(p stn^tp
Geodäsie. Von Friedr. Rob. Helmert.
14.
Läflflt man den Endpunkt Q dos zu m^ gehörigen wahrscheinlichen
Fehlers OQ = rj', der allgemein mit r hezeichnet werden mag, alle Lagen
um 0 durchlaufen, so beschreibt er für die Hauptellipse die bekannte
Fusspunktcurve (Fig. 5) mit der Gleichung
2 r j ^ . 5f « ^ (gp -^ 1/;) -j- r^ sin^ i\>
worin r und tf; variabel sind und r die wahrscheinliche parallele Ver-
8ehiet)ung von A^A( unter der Neigung ip gegen AÄ bedeutet. An den
Endpunkten der Hauptachsen tangiren sich beide Curven, r wird dabei
ein Minimum resp. Maximum. Der spitze Winkel t/; aus der Gleichung
19) r^^. sin 2(g) — tf;) = r^^ sin 2^
entspricht der Lage der grossen Achse, falls q> «elbst spitz ist.
Im Allgemeinen lässt sich für Q noch die leicht beweisliche Proportion
angeben (Fig. 5):
OQ' '. 00: O'0==0x0x • OiO: 0{0,
wobei 00 senkrecht 00 \'
15.
Wie schon bemerkt, lässt sich die specielle Vertheilung der Fehler mit
Hilfe von Coordinatenachsen parallel irgend welchen conjugirtcn Ellipsen-
durchmessem stets angeben. In der Praxis ist man jedoch auf recht-
winklige Coordinatenachsen angewiesen und diese gestatten nur die Be-
rechnung von M ^ da man kein Mittel hat, die Ellipse aus zwei beliebigen
zu einander senkrechten Radien ihrer Fusspunktcurve zu finden. Wollte
man dennoch z. B. aus 00 und 00^ die Fehlorvertheilung ableiten, also
damit verfahren wie in Fig. 2 mit OM und ON^ so würde man um so grös-
sere Abweichungen von der Wirklichkeit erhalten, je weiter sich 000\ von
den Ellipsenachsen entfernt.
Liegt z. B. 000 \ in den Halbirungslinien der Winkel zwischen den
Hauptachsen, so werden 00 = OOx = r, 00' = 00 x ^
2 r j 2 sin^ q> {g> — i^) -)- Tj^ sin^ t^ r, ^ cos ^ {g> — i/;) -f- r.^'^ cos^ t/;
stn* <p sm^ (p
^ 2sin^tp ' "^ 2 ^ •
OQ und OOx^ in der angegebenen Weise benutzt, würden für gleichwahr-
schcinliche Lagen von P Kreise um 0 anstatt Ellipsen ergeben
Bedarf man daher oinor genauen Einsicht in dio, Gruppirung gleich-
wahrscheinlich or Lagen von P um 0, so muss auch für eine Coordinato
von P in Bozng auf eine dritte Achse dor mittlere oder wal\tÄ^\\^\w\\OcÄ
88 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
Fehler berechnet werden, was, wie sich später zeigen wird, nicht viel
Mühe macht. Ist die Neigung einer der drei Coordinatenachsen gegen die
Hauptachse der Ellipse gleich tf/, so ist für die betreifende Coordinate das
Quadrat des mittlem Fehlers
20) m' = m^ . cos^ tp' + ^2 • ^^^ ^\
wenn m^ und mj die den Hauptachsen entsprechenden mittlem Fehler
bedeuten.
Setzt man nun für drei Coordinatenachsen resp. i/;' = tj;, tf;' = i|; + 45P
und t(;' = ip -|- 90®, so hat man zur Besimmung von m^ m^ und i\>
2 12 2 2
m,^ = m^2 cos 2^ + m^ sm ^tj; = -J — ^ — ^- + -^ — - — ^~- , <^os 2tf; ,
2 I 2 2 2
ttl2 = T ^ ^ ^ sin 2t ,
{:
2
Führt man abkürzungsweise noch ttl4 für 1^' = tp -j" 136® ein, wo
«t 2 __ ^ 2 I „, 2 m 2 _ ^1^ + ^2^ I ^1^ — ^2^ -..„ 9,..
»I4 = '"i + W«3 — »"2 = 2 ' 2 ^ '
so wird
zur Berechnung von m^ und m.^. Damit besiramt sich auch t^ aus einer der
obigen Gleichungen. Die zu m^ und mj gehörigen r sind die Hauptacliseu
der Ellipse.
16.
Nur selten kommen in der Praxis schiefwinklige Coordinaten-
systeme vor. Die wahrscheinlichen Fehler der Coordinaten gestatteten
hier auch die Berechnung von M nicht und liefern nur zwei Paare
gegenüberliegender Punkte der Fusspunktcurve, wenn die Achsen nicht
zufällig parallel conjugirten Durchmessern liegen, was man indess nicht
wissen kann.
Polarcoordinaten, überhaupt alle solche Coordinatensysteme,
welche am Punkte zwei zu einander senkrechte Richtungen
markiren, ersetzen in jeder Beziehung rechtwinklige Coordinaten.
Bestiinmang der Genauigkeit eines Punktes aus der Angabe mehrerer von einander
unabhängiger Geraden.
17.
Benutzt man zunHchst ein schiefwinkliges Coordinatensystem mit dem
Neigungswinkel <p, so sind die Gleichungen der Geraden im Anschlnss an
Fig. G, wenn p und q die Abschnitte der Geraden auf den zu den x und y
senkrechten Achsen bezeichnen :
Geodäsie. Von Fkiedr. Rob. ÜELMERt. 89
^1) r^ + TT = ^''^ 9>» ' .T + ;r = ^'^ 9>.
Femer mögen e, ....€„ die n Abstände eines Punktes P mit den Coordi-
naten «, y von den Geraden sein, und m, .... mj, die mittlem Fehler,
A| — Am die Maasse der Genauigkeit — in Zukunft kurz Präcisionon ge-
nannt — der einzelnen Geraden bedeuten. Dann ist zunächst irgend ein
Abstand f (Fig. 6)
22)
oder auch
= l- p\ sin y + . sin (y — 9)
p ^ pq sin y
23) 6 = _A + a:.^ + y. ^,
worin der Abstand k der Geraden vom Coordinaten- An fange als Beobachtungs-
grösse, zu der tn als mittlerer Fehler gehört, erscheint, / aber die Länge der
Geraden zwischen den Achsen bezeichnet. Bekanntlich werden x und y
so bestimmt, dass die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens aller
Fehler, nämlich der Abstände €, ein Maximum wird; also, wenn w^.,, w^
die Wahrscheinlichkeiten der Fehler Null senkrecht zu den verschiedenen
Geraden bezeichnen, und e Basis der natürlichen Logarithmen ist,
(w, . n^2 • • • • ^n) = c = Max.
n
Dies ist gleichbedeutend mit Z {h^ b^) = Min.
1
Daraus finden sich für die wahrscheinlichsten Coordinaten x und y
die Gleichungen
r— == 0, _— = 0, oder ausgeführt
ox oy
Für andere Lagen des Punktes P, dessen Coordinaten mit x + m,
y -j- V bezeichnet werden mögen, ist die Wahrscheinlichkeit des Ein-
tretens ^
Wm^v = Max . e
wenn Max. den Werth der Wahrscheinlichkeit für die wahrscheinlichste
Lage (o:, y) des Punktes P bezeichnet und
ist, woraus mit Hilfe von 24) hervorgeht
SMlsehrift f. M»thfimalik ti. Physik Xlll, 2. 1
IK) Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
^ ^ ^ ^-••••^-^-■••••rf— >
25)
Wu, V = Max , e
- i (tt . -y + r . 7-)« A»
== Max . e 1
Die e sind hierbei die Abstände des Punktes (a: -f- m, y + v), oder
kurz (li, r), von Parallelen zu den bestimmenden Geraden, gezogen durch
die wahrscheinlichste Lage (x, y).
Für das Max. selbst ergiebt sich noch
2G) Max . = {fv^ . w^ . . . w„) . e
worin e die der wahrscheinlichsten Lage entsprechenden Abstände von den
Geraden bedeuten.
Man sieht leicht ein, dass diese Resultate unabhängig von der beson-
deren Lage der Coordinatenachsen sind und ist daher zu dem Satze
berechtigt :
Ist ein Punkt durch mehrere Gerade bestimmt, so
liegen (nach Gleichung 25) um den wahrscheinlich-
sten Ort desselben alle Lagen gleicher Wahrschein-
lichkeit auf concentrischen, ähnlichen und ähnlich
liegenden Ellipsen.
Damit ist in der Hauptsache der allgemeinere Fall auf den besonderen
zweier Geraden zurtickgeftihit.
18.
Für die weitere Ausführung möge zu rechtwinkligen Coordinaten-
achsen übergegangen werden, da schiefwinklige sich nach Abschnitt 16.
woniger empfehlen. Indem (p = 90'^ wird, gehen die Gleichungen 21), 23),
24), 25) über in
27) 0 = — k — X cos y -^ y sin y^ (allgemeine Form der Gleichung
einer Geraden),
28) s = — X — X cos y -\- y sin y^ (F'ehlergleichung), und
X . 2 {1i^ cos'^ y) — y . Z {hr cos y sin y) -{- Z (K^ X cos y) = 0,
2 (ä2 cos ysiny)+y.£ (Ä^ sin^ y) — -2* {h'^ X sin y) = 0,
worin y den Neigungswinkel der Geraden gegen die zu den Coordinaten .r
senkrechte o;- Achse bezeichnet.
Hieraus folgen
ix = N , S [fi^a h'^fli^a Sin y^ — X^ sin y«) sin{ya — y(i)'j ,
y = N . £ [h'^a h^fti^a cos yfi — X^ cos y«) sin (y„ — y^»)] ,
N = 1 i 2:[h'„ h'^ß sin\{ya — yfi)-\,
Z in Bezug auf alle paarweisen Combinationen der Zahlen 1 .... w (ohne
Wiederholung).
Ferner ist
31) w..- »«». , - -s [«*(-■ ™ r + . Ä !■)•] ^ „„j
«> { _: ;
Geodäsie. Von Friedb. Rob. HelmeRT. J)l
flir das Maximum von W oder für das Minimum der Fehlerquadrate nach
Gleichung 26)
wobei die Indices et ß y unter den. Zahlen 1 bis n alle Combinationen zu
drei mit Wiederholung bilden. (Index y und Winkel y können nicht wohl
verwechselt werden, sodass dieBezeiehnungsweise auch nicht zu Irrthümern
Veranlassung giebt.) Zieht man zusammen, so wird für Combinationen
ohne Wiederholung in der Summe rechts
L (— AfÄ^) = N e[ ^^"* ^^^ ^>''^ • ^^" ^^ ^^^ "" ^^^ ■'' ^^ ^" ^'^^ "" ^"^ l
1 +^y sin[ya — y(i)Y\'
Speciell für 3 Gerade sind die wahrscheinlichsten drei Abstände b
ii = N,h^^,h^'^sin (^3— y.^) . { Aj . sm(y^--y^) +^2^m{y.^-y{) +^^sw{y^'-y,;) },
h=^'^\^'^'S^'^n{Yi-y.s)'{ -^ -^ "^ }'
{^^N,h^^.h2^.sin{y2—y{).^ -r- -4- -r- |,
woraus die Proportion folgt, wenn man nur die absoluten Werthe der s
berücksichtigt ,
wo «I, 52, «3 die 3 Seiten des fehlerzeigenden Dreiecks gegenüber den
Winkeln y^ — ^2» /i — ^3 ^'^d /j — y\ (ohne Rücksicht auf den Quadranten)
bezeichnen. Die wahrscheinlichste Lage des Punktes iHsst sich hiernach
leicht construiren. *)
19.
Um die Lage der Ellipsenhauptachsen zu erhalten, werde das nach
der wahrscheinlichsten Punktlage verschobene Coordinatensystcm um den
Winkel ijf gedreht; es ist dann zu setzen für die ursprünglichen ti und v
ausgedrückt in den neuen Coordinaten u und v
u = u cos 'ijf -\- V sin tj; '^ v = — u sin tjf -{- v cos tf; .
Wählt man nun t(; so, dass der Exponent von J^'y,v rein quadratisch
wird, so bezeichnet das neue Coordinatensystcm auch die Lage der
Hauptachsen. Aus Gleichung 31) folgt
ttan 2t(; = Z {h^ sin 2y) : Z {h} cos 2y) und der Exponent wird gleich
^^^ |c2 = m'2 . 2: [ä2 cos^ (t(; - y)] + t;'^ Z \h^ sin^ (t(;- y)] .
Die Coefficienten von u^ und v^ sind die Pracisionen in der
Bestimmung der Lagen der Achsen der i/ und v\ oder der
*) Dasselbe ist bei nGernden immer dadurch zn ermöglichen, dass man mit
Ililfe der Hanptellipse für znnüclist zwei Gerade 1 und 2 zwei andere snbstitiiirt,
deren eine parallel einer dritten geht, mit der sie sodann za einer einzigen be-
stimmenden Geraden vercinifi^t wird. Man bemerkt leicht, wie dieses Vorfahren
zam gewünschten Ziele zu führen im Stande ist.
92 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der höhern
Hauptachsen selbst, und die diesen Präcisionen entsprechenden wahr-
scheinlichen Fehler gehören als Hauptachsen zu der Hauptellipse. Ftlhrt
man den Werth von if; ein, so ergiebt sich die Präcision für die
Achse der ti', d. i. auch die Präcision in der Bestimmung der Coordinate
u senkrecht zu dieser Achse , gleich
33)
-^1 2; ä2 + y\Z [K^ sin 2y)f + {£ (Ä« cos 2/)]^ } ;
für die Präcision in der Lage der Achse der v ist die Wurzel des letzten
Ausdrucks negativ zu nehmen.
Lage und Grösse der Ellipse sind unabhängig von der Wahl des Co-
ordinatensysteraes ; für die Grösse der Hauptachsen ist dies unmittelbar klar.
Die erste der Gleichungen 32) zeigt ferner, dass (tj; — y) für Drehungen
des rechtwinkligen Systemcs constant bleibt, daher gilt der Satz in der
That auch für die Lage der Ellipse.
20.
Zur Berechnung der Präcision in der Bestimmung einer der ursprüng-
lichen Coordinaten, etwa des o:, suche man zuerst die zur Richtung der
o;- Achse (oder Achse der u) conjugirte Richtung, indem man die y-Achse
(oder Achse der v) um t/;— 90^ dreht und tj; so wählt, dass c^, der Exponent
von c in dem mit Max, bezeichneten Ausdrucke rein quadratisch wird. Es
ergiebt sich nach und nach
M = m' , V = U cot t\j -\- V CSC Iff ,
lind für
34)
;2=2' 1 ä2 / — t/^ sin (ip-y) + V sin y VM
\ \ sin^ tp J ^ \ sin^ ip )
^ wird
lan if) = £ {h^ sin^ y) : Z (Ä^ cos y sin y) .
Der Factor von u^ ist das Quadrat der Präcision in der Bestimmung
von a; und werde mit Jy,^ bezeichnet. jBTj' sei die. Präcision in e;' und H.^
diejenige in der Bestimmung von y, welche Grösse /Tj aus ff^ durch Vcr-
tauschung von y mit 90® -f- y hervorgeht. Indem nun
Äm2 t/; = [^ (ä2 ^„2, y)]2 : ^ [2? (Ä^ sin^ Y)7 + [£ (Ä^ cos y sin y)^ j ,
giebt eine leichte Zwischenrechnung
3.x lffi^ = {£ (Ä^ cos^ y) . Z (Ä* sin'^ y) — ^ (ä'-^ cos ysiny)y.i: (Ä^ sin^ y)
^ \ oder ff^^^l: N ,2 {h'^ sin'^ y)
und damit ist
3G) Hj\= 1 : iV . r (/i' cos'^ y) , N wie in Gleichung 30).
Geodäsie. Von Friedk. Rou. Helmeut. 93
Femer findet man
^/^ = {[S (Ä^ sin'^ y) Y + [S (ä2 cos y sin y)Y} : £ (Ä^ sin'^ y) .
Nan ist
2i7,* ' 2ÄJ* ' 2 2- [*„•' V «•«» (y„ - y^)]
und somit auch M"^ = -. N . Zh-
) 37). *)
Dieser Werth muss sich auch aus den Präcisionen senkrecht zu den
Ellipsenhauptachsen ergeben (vergl. Gleichung 33) , und in der That ist
vobei
/^ = /iY(Ä^ «n 2y) 2] + [Z (Ä« C05 2y) ]2 .
Ueberdiess gentigen auch /T, und ^/ der Gleichung
^' "^ \9lv^ "^" 9 ji"i) ' *"*' ^ » ^^® leicht zu zeigen ist.
H^ und ^2 werden auf bekannte Weise auch aus Gleichung 29) gefun-
den. Setzt man erstens daselbst 2{h'^ A cosy) = (— 1) und — 2{h'^ k sin y) =0,
so geht o; in (1 : /T,^) Über; wird zweitens der erste dieser WertheNull, der
zweite gleich ( — 1) gesetzt, so geht y in (1 : T/^^) über. Bedarf man nun
B noch für eine andere Richtung (vorgl. Abschn. 15.), so nehme man diese
als Achse der x\ transformire die Gleichungen 28 und 29) und verfahre
nun wie oben bezüglich der Terrae der Gleichungen, welche x und y nicht
enthalten.
21.
Hiermit ist denn der allgemeinere Fall mehrerer Geraden auf den be-
sonderen nur zweier Geraden zurückgeführt und es bedarf nur noch der
Bemerkung, dass die neugewonnenen Formeln mit den entsprechenden
früheren identisch werden, sobald alle Gerade bis auf zwei in Wegfall
kommen. Aus Gleichung 37) ergiebt sich alsdann
^2
^/* = ol'l 7^2 ''^'1 = kS T '2 ^ > wie in Gleichung 17).
= . *L_±V_ = ü!±£i
Für die Lage der Hauptachsen geht Gleichung 32) über in
lan 2tf; = y-j- ^—,y — -^— ^ , wobei die o:- Achse in Richtung der ersten
//•» cos ^y«! I fit
Geraden angenommen wurde; dagegen giebt Gleichung 19)
*) /P und M^ üiithalton nur Quadrate dor Sinns, daher werden im Folffenden
die Winkel, soweit sie nur zur Beroehnung von //* und M^ dienen, ohne Rücksicht
auf den Quadranten bestimmt werden.
94 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
tan 2tJ; = ^ [^ ^^^ — , — --^ und weil <p = y^ ißt, geht dieser Werth in
r,^ sin 2g)
r,2 cos 2tf; + ^2
den vorigen über.
Für die Länge der Hauptachsen lässt sich durch ähnliche Rechnung
ein Oleiches nachweisen, was hier weiter nicht ausgeführt zu werden
braucht.
22.
Bei den vorigen Rechnungen wurden die Präcisioncn h als bekannt
vorausgesetzt. Sehr oft jedoch kennt man nur sogenannte Gewichte g^
die sich wie die A^ verhalten, und benutzt die AusgleichungsresuUate , die
wahrscheinlichsten Werthe der h kennen zu lernen. Die Theorie lehrt,
dass bei «Geraden der mittlere Fehler der Gewichtseinheit gleich ist
"-/!
^ («' g)
- 2 '
worin s wieder die wahrscheinlichsten Abstände bezeichnet. Die Prii-
cision der Gewichtseinheit wird daher gleich 1 : j/^^'^ , oder es ist für das
Gewicht g
Ist nun Ä' von vornherein genau bekannt und g = h^ .i gesetzt worden,
so muss sich jetzt i = 2(i^ ergeben.
Aus der Uebercinstimmuiig oder Nichtübereinstimmung beider Werthe
kann man einen Schluss auf die Zulässigkeit der bei Abschätzung der h
dienenden Principien machen. Jeder geometrische Ort stützt sich auf
Winkelmessungen und feste Punkte. Soweit h von ersteren abhängt, wird
man es ziemlich genau augeben können ; die festen Punkte betrachtet man
meist als fehlerfrei. Es muss daher im Allgemeinen der Ueberschuss voi\
2,a2 über i den mittleren Fehler der festen Punkte charakterisiren, oder zur
Entdeckung unberücksichtigter Fohlerquellen führen.
23.
Die Präcisionen h der Geraden, und wenn es möglich ist,
auch die Lage der Geraden wird man so wählen, dass M sich
möglichst klein ergiebt. Doch ist es auch sehr wünschenswerth , dass
JI für alle Richtungen durch die wahrscheinlichste Lage des
Punktes gleich werdfe, d. h. dass die Ellipsen gleichwahr-
scheinlicher Lagen in Kreise übergehen.
Nach Gleichung 33) tritt Letzteres ein für
0 = 2; (A^ cos 2y) = £ {h^ sin 2y)
Geodäsie. Von Fribdu. Roh. Helmert. 95
Diese Bedingung gilt, für jede Lage der x- Achse, auf welche sich die
X beliehen. Schreiht man daher die erste der vorigen Gleichungen noch
in der Form
39) Z (Ä^ cos'^ y) = ^ (Ä^ sin'^ y) ,
io hat man für Gleichheit der II die Bedingung*): Es müssen sich die
h^ unter den doppelten Neigungswinkeln ihrer zugehörigen Geraden zu
einem vollständigen Polygone zusammenstossen lassen (nach Gleichung 38),
oder es muss die Summe der Quadrate der Projectionen der h zu zwei zu
einander senkrechten Richtungen gleich sein. In der letztern Ausdrucks-
weise ist aber noch eine Ungenauigkeit, denn liegen die zwei Projections-
achsen gerade in den Ilalbirungslinien der Winkel zwischen den Haupt-
achsen, so ist Gleichung 39) erfüllt, auch wenn nicht alle II gleich sind.
Obgleich nun nicht zu vermuthen ist, dass dieser Ausnahmefall eintritt,
ist es doch nothwendig, die Summe der Quadrate der Projectionen noch
für eine dritte Achse zu bilden.
Sind Gleichung 38) und 39) erfüllt, so wird Jifi ein Minimum unter
der Bedingung von £ h- = Const. und bei unveränderlichen Neigungen
der Geraden zu einander. Man hat aus
ßp = Min. auch -— = Max. oder E {hc?hß^sin'^{ya—yß)) = Max,
Es muss daher für beliebige Systeme von dh die Gleichung bestehen :
^~.rfÄi + ^.(fÄ2 + -- + ^f </Ä« = A'(2A,</Ä, + 2Ä,rfÄ2 4-... + 2/i«fM,),
worin K eine noch zu bestimmende Grösse ist. Die Ausführung der Kech-
nang giebt zur Bestimmung der n -{- 1 Unbekannten A, .... /*„, K die
« -(- 1 Gleichungen
o=— AT . + V»'»*(yi— yt)+- . .+Ä/i-i*««Yy,— y«-i)+Ä««««Vyi— y«)
o=— Ä'+ v««'»*(y«-^i)+V*'«'(y«-yt)+- • •+>'''t-i'««*(y«— y''-i) •
Die zweite bis (/i-|-l)te Gleichung sagen ans, dass Äj, H,^^ ...Hny das
sind die Präcisioncn der Geraden nach der Ausgleichung, einander
gleich werden sollen, und da die Gleichheit dreier dieser // diejenige der
sämmtlichen iT nach sich zieht, so sind (/i — 3) der h für ein Miniumm von
M im obigen Sinne beliebig. Trotzdem kann der Fall eintreten , dass ein
Minimum nicht möglich ist, sobald sich nämlich einzelne /r negativ er-
geben **). Die Unmöglichkeit eines Min. tritt stets da ein.
W)
•) Man vergleiche hierüber, sowie über die im Gleichiiuj^ssystein 40) nach
Weglasüung der ersten Gloichunji: vorkommende Dotürmiuaute: Baltzer, Deter-
loinanteu 2. Aufl. § 17. (1. 2 etc.) und § 3 (16. 17).
**) Ein negatives fi^ bedeutet, man soll die Gerade um 90" drehen und ihr die
Präci&ion gleich dem absoluten Werthe des berechneten h \)c\\\^^v^\\.
96 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
wo sich die A^ zu keinem Polygone zusammenstossen lassen
(nach Gleichung 38), d. h. wenn sich alle Geraden in einem spitzen
Winkelraume schneiden. Im andern Falle lassen sich mit Hilfe
einer Figur nach Gleichung 39) die h leicht ausprobiren, indem es ja
auch meist auf strenge Gleichheit der h nicht ankommt. Doch sind stets
die K^ in Grenzen eingeschlossen , und man erhält diese , indem man zu-
nächst drei der h'^ durch C und die andern K^ ausdrückt und diese sodann
Q
variirt, u. s. w. Der Werth K findet sich nach Gleichung 38) zu — .
*i
Es mag noch erwähnt werden , dass die Unbestimmtheit des Maximal-
systems der h den Vortheil gewährt, gleichzeitig noch andere Bedingungen
erfüllen zu können, wozu namentlich diejenige als von Wichtigkeit zu
rechnen ist, bei constantem M"^ die aufgewandte Mühe möglichst klein zu
machen. Die weitere Ausfährung muss indoss besonderen Fällen vorbe-
halten bleiben (vergl. Abschnitt 34).
24.
•
Vorstehende Betrachtungen liefern ausser Erreichungen des Haupt-
zweckes noch nebenbei die geometrische Deutung der Ausglei-
chung der beobachteten Werthe einer Function zweier Ver-
änderlichen mit zwei zu bestimmenden Constanten, hier den
Coordinaten x und y. Zugleich sieht man deutlich, was es heisst: den
mittlem Fehler einer Function der Constanten x, y anzugeben.
Z. B. die Function nten Grades von x, y
z^=f(^a:,y)
wird man zunächst linear machen durch Einführung scharfer Näherungs-
werthe. Entspricht Zq den Näherungswerthen x^^ und y^, so ist für die Ver-
besserungen von Xf) und ^q , die ^x und Jy hcissen mögen,
1 n-i df . df
z Jz = — — . Jx -f- — — . Jy , oder
n 0 dx dy
und in dieser Form hat man die Gleichung einer substituirten Geraden,
nämlich einer Parallelen zu derjenigen Tangente der Curve, welcher (x^yy^)
am nächsten liegt, ^z bezeichnet den Abstand dieser Parallelen von {xQ^y^),
Derselben entspricht diejenige Präcision ff, welche zu einer Geraden unter
der Neigung y gegen die Achse der x gehört , wo
f ^C
lau y = — } — -^-
l
dx
Geodäsie. Von Fkiedr. Rob. Helmert. 97
Ist hierdurch die Prftcision fUr z/r, also auch für z gefunden, so ist es nicht
mehr schwierig, auch für /'(x, y) selbst sie anzugeben.
Beispiel. Der Abstand des Punktes (x, y) vom festen Paukte
(Jf 1 > yd '^
e^ = (x - x,f + (y - y,)\
Sind Xq und y^ Näheruugswerthe von s und entspricht ihnen ein e^,
80 wird
Hat man nun das H und damit den mittleren Fehler m für ^f ermittelt,
Bo wird + 2 f jj m der mittlere Fehler in t^ selbst sein , wenn hierin für
xnnd y die wahrscheinlichsten Coordinaten gesetzt wurden.
m selbst ist von der Entfernung beider Punkte unabhängig, und sucht
man einen mittlem Werth des mittlem Fehlers im Abstände von be-
liebigen andern Punkten {x^, ^j), so ist es nur nöthig, diese für
eine Kreisperipherie um {x, y) zu betrachten. Ohne weitere Bemerkung
leuchtet ein, dass das mittlere Quadrat aller m wird im Anschluss an
Gleichung 20):
41) ajl2 = 1 = L / (m 2^2^' + m 2 «,*2,^') di\f= M:!Ü2_ = ^^ y|f2.
it n i ^ ^ 2 2
25.
Bisher war angenommen worden, dass die bestimmenden Geraden
von einander unabhängig bestimmt seien; anhangsweise möge jetzt der
Fall erörtert werden, wo diess nicht mehr so ist. Einem Paare scharfer
Näherungswerthe der Coordinaten entspreche ein gewisses System von
Werthen der Beobachtungsgrössen ; a^, a^ ... a^ sollen nun die Ergän-
zungen dieser Werthe zu den wirklichen Beobachtungsgrössen, a/, a^ ...
ff/ aber die Ergänzungen zu den wahrscheinlichsten Werthen der Beob-
achtungsgrössen bezeichnen. Versteht man noch unter x und y die wahr-
scheinlichsten Ergänzungen der Nähemngswerthe der Coordinaten , so ist
^ :==^ ax '\- hy •\' cu( -f" ^"2' + •••• + ^^p
die Form der n Gleichungen zur Bestimmung von x und ^, worin die Coef-
ficienten. Functionen der Näheruugswerthe aller Grössen bedeuten. Da fer-
ner p ^_n ist, kann man n der «' durch a:, y und die (p — «) andern « aus-
drücken und letztere als zu bestimmende Constanten, wie x und y^ be-
trachten. Bezeichnet man sie daher noch mit Zj, Zj, etc., so nimmt das
GleichuDgssystem die Form au
98 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
I «2' = -^^
+ ^2^4-^2«! + + -^2^P-«
«/ = ^^ + i9^ + C^^^ + . . . . + i>„ ^p-i,
ff p — ... . ^~ 2p — n
Setzt man hierin links für ff'a-f- ^ff, so bestimmt man bekanntlich x, y, : etc.
derartig, dass üiji^. d'^a) ein Min. wird.
Der Ausdruck für die Wahrscheinlichkeit eines andern Constan-
teu Systems x -|- Jx, y -f- -^y» 2 + ^2 u. s. f. lässt sich immer auf die
Form bringen *) :
— Z (A./ix + B./iy -^ + /). dzp^nY . h} ,
FT, = K, . e ^
worin x, in Bezug auf die J constant, hi die Präcision in ff| ist. Bildet
man weiter die Summe aller W^ für alle möglichen z/zj, Jz^^ ... ^^p-rni
so erhält man einen Ausdruck von der Form
^_ -{P.d^x + Q.dx,dy, +^R . ^)
fr 2 ■ »»2 • ^ }
worin wieder X2, P, 0, /{ von Jx und ^^ unabhängig sind.
Dieser Ausdruck sagt aber aus, dass immer sich gleichwahr-
schcinlicho Lagen des zu bestimmenden Punktes um die
wahrscheiulichste Lage herum in Ellipsen gruppircn, womit
daher der allgemeinste Fall auf den einfachsten „zweier unabhängigen
Geraden" zurückgeführt worden ist. (Vergl, Abschnitt 39.).
II. Ueber das Einschalten von Netzpunkten in ein grösseres
,,belianntes<^ trigonometrisclies Netz.
26.
Ist eine Landestriangulation bis zu Dreiecken von 0,5 bis 2 Meilen
Seitenlänge herabgekommen, so wird es sich darum handeln, eine grosse
Anzahl weiterer Punkte nach den gegebenen behufs Detailaufnahme ein-
zumessen, sodass deriBu durchschnittliche Entfernung 0,1 bis 0,3 Meilen
beträgt. Der grösste Theil dieser neubestimmten Punkte muss zugänglich
sein, da sie zum Ausgange weiterer Messungen dienen sollen. Man wird
"*) Ein Beweis hierzu findet sich in den Seite 75 unter Anmerkung ^) citir-
teu Werken.
Geodäsie. Von Friedb. Rob. Helmert. 99
--^.-»-»•*. r- ^ ^'^^ ^-m '.
daher im Allgemeinen zu ihrer Bestimmung einen dreifachen Weg ein-
sehlagen können :
1) Man beobachtet von den Hauptpunkten die Bichtungen nach den
Nebenpunkten ;
2) man beobachtet umgekehrt auf dou Nebenpunkten die Bichtungen
nach den Hauptpunkten ;
3) man beobachtet Beides, combinirt also Methode 1) und 2).
Wegen der ungeheuren Complicirung des Rechnungswerkes sowohl,
als auch wegen des geringeren Genauigkeitsgrades bei gleicher Mühe der
Winkelmessungcn ist dasjenige Verfahren, zwischen den Nebenpunkten
lelbst ein Netz zu bilden und dieses in das Hauptnetz einzuhängen , nicht
ii Gebrauch. Nur für benachbarte Nebenpunkte erhält man zwar auf diese
Weise eine grössere Sicherheit in der Bestimmung der Verhältnisse ihrer
Entfernungen (also der Figur zwischen diesen Punkten) ; jedoch genügen
loeh hierzu die Angaben jener drei Methoden , welche jeden Nebenpunkt
direet auf die Hauptpunkte stutzen und so seine Lage gegen diese weit
schärfer zu berechnen gestatten.
Berücksichtigt man gleichviele Hauptpunkte , wie dies jedenfalls für
die beiden ersten Methoden geschehen muss, auch bei der dritten der-
selben, so kann von einem Vergleiche mit jenen beiden nicht die Rede
sein. Ein solcher hat erst dann Sinn, wenn im dritten Falle weniger
Hauptpunkte zur Bestimmung eines Nebenpunktes zugezogen werden, und
er soll hier überhaupt nur anhangsweise dem Vergleiche der 1. und 2.
Methode folgen, insofern dieses völlig genügen wird.
27.
„In theoretischer Beziehung ist nun im Allgemeinen die zweite Me-
thode, bei nur drei Hauptpunkten ^ Pothenot'sche Aufgabe ' genannt, die
▼orzüglichste ; aber auch in praktischer Hinsicht bietet sie manche Vor-
tlidle vor der ersten/*
Zur Begründung dieses Satzes möge vorerst der letztere Gesichts-
pQokt angenommen werden. Dabei sind zu berücksichtigen 1) die Situation
der Nebenpunkte und 2) die Menge der Arbeit mit dem Theodoliten und
die der Ausgleichungsrechnung.
Die Nebenpunkte liegen meistens tiefer als die Hauptpunkte, diese
lassen sich daher leicht und gut von jenen visiren , während umgekehrt die
Aufsuchung und das An visiren der schwachen Signalstangen, durch welche
man die Nebenpunkte sichtbar zu machen hätte, der grössern Entfernung
und des schlechten Hintergrundes wegen oft sehr misslich werden wird.
Es ist dieser Umstand der schnellen Ausführung der Arbeit nach der ersten
Methode entschieden bedeutend hinderlicher, als dei \)cv öi^x v«^\\.^u
100 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
Methode nöthige häafigo, doch leicht zu bewirkende Umzug nach nahen,
benachbarten Nebeupunkten. Die Situation der Neben punkte
spricht mithin zu Gunsten der zweiten Methode.
28.
Hinsichtlich der Menge der Arbeit mit dem Theodoliten und der-
jenigen der Ausgleichungsrechnung lässt sich Folgendes anführen :
1) Bei Winkelbeobachtungen entsprechen den ^ Richtungen von
den 9 Hauptpunkten nach einem Nebenpunkte ^ Winkelmessungen; eben-
soviele lassen sich auf dem Nebenpunkte zwischen den ^ Hauptpunkten
vornehmen und man hat hierbei noch den Vortheil der Auswahl unter den
— - — - möglichen Winkeln zu günstigst wirkenden Schnitten. Jeder
Winkel, hier wie dort, liefert eine Gleichung zur Bestimmung der Coordi-
naten des Nebenpunktes und wenn nur für letztere durch eine Uebersichts-
menselaufnahme der Nebenpunkte erst vorläufige, durch darauf sich stützende
Berechnung aus zwei guten Schnitten scharfe Näherungswerthe bekannt
worden sind, macht die Aufstellung und Auflösung der Gleichungen in bei-
den Fällen nahezu dieselbe Mühe. Ueber die wirklich erlangte Genauig-
keit wird die theoretische Vergleichung später das Nöthigste angeben.
2) a. Bei Kichtungsbeobachtungen von den Hauptpunkten
aus müssen die Nebenpunkte wegen ihrer grossen Anzahl gruppenweise
vereinigt werden, womöglich so, dass für verschiedene Hauptpunkte die-
selben Nebenpunkte zu einerlei Gruppe gehören.
Man bekommt dadurch in die Rechnung eine Beziehung benachbarter
Nebenpuukte, da eine Gruppe am besten auch nur solche enthalten wird,
und durch diese Beziehung bestimmt sich die gegenseitige Lage dieser Ne-
benpunkte etwas schärfer, als der mittlere Fehler 3f jedes einzelnen der-
selben erwarten lässt. Leider verwickelt sich aber die Rechnung durch
diese Beziehung ungemein, denn sie bringt sammtliche Bestimmungsglei-
chungen der Coordinaten aller Punkte einer Gruppe in Zusammenhang und
strenggenommen müssen alle diese Gleichungen zusammen ausgeglichen
werden :
Ist Q) der Beobachtungsfehler in dem Winkel a zwischen der Null-
richtnng — es sei diese die Richtung nach einem andern Hauptpunkte —
und der Richtung nach einem Nebenpunkte, so schreibt man bekanntlich
die Gleichung zwischen a, o und den Coordinaten x und y des Neben-
punktes als Fehlergleichung
— w . X = X . f(x, 9j) ,
wenn k'^ das Gewicht des Winkels a und f{xy y) eine lineare Function der
Verbesserungen der Näherungswerthe von x und y ist. (Die Coefficienten
derselben sind von a und den Coordinaten des Hauptpunktes abhängig;
vergL AbschDitt 30.).
Geodäsie. Von Friede. Rob. Helmert. 101
CO besteht ans zwei Theilen, Bäigrlich* den Beobachtungsfehlern der
beiden Richtungen ; bezeichnen 0^ und- p^ ijB^p. den Fehler der Null-
richtnng und den Fehler der Richtung nach *ieni /^ten Nebenpunkte auf
dem ^ten Hauptpunkte, so ist
— « = (Off — Pq) .
•> * .
Ist n Anzahl der Nebenpunkte der betr. Gruppe, g Anzahl ^der Bäupt-
punkte, von welchen dieselbe beobachtet wurde und berücksichtigt dian,.
diss X constant wird flir alle Winkel von einem Hauptpunkte aus, so
nimmt das System der zusammen zur Ausgleichung gelangenden Gleichun-
gen die folgende Gestalt an :
Iter Nebenpunkt, 2ter Nebenpünkt, nter Nebenpunkt.
*• Jnnkt^ »i(0,-l,)=A'(^i,yi); xi(0i-2,)=AV,.y,);... *,(Oi-«i)=/;'(x„,y»);
*' pÄ »t(0«-l2)=/'i>i»yi)j *«(0|-2,)=A>f»y«);... Xt(0,-H,)-/*n"(a:«,yn);
. • • • • .
^*°SSkt": *9(0q-tq)=fMx,,y,); iiq(0q^2q) =A(«)(x„y,);.. Kq(0q-nq)=fni9Kxn^n).
Die Anzahl aller Gleichungen hierin beträgt n,g. Die 2n Coordina-
ten bestimmt man so, dass Z l — .v^j = Min., wenn v den Beobachtungs-
fehler einer Richtung und — sein Gewicht bezeichnen. Man erhält damit
2n Gleichungen fär die Coordinaten* und macht schon die Entwickelung der
Coefficienten der Unbekannten für diese Gleichungen aus den obigen
N. 9 Gleichungen viele Mühe, so noch viel mehr die Auflösung nach den Un-
bekannten.
Noch schwieriger wird die Rechnung, wenn die Gruppeneintheilung
im obigen Sinne nicht hat innegehalten werden können. Man wird wohl
sehr häufig am besten thun , den Übrigens nicht wesentlichen Vortheil des
Zusammenhanges der Gleichungen für verschiedene Nebenpunkte fallen
in lassen und jeden derselben fUr sich zu berechnen.
Was die Grösse der Arbeit gegenüber Winkelbeobachtungen betrifft, so
«teilt sich diese jetzt etwa halb so gross als bei letzteren heraus; denn es
beträgt die Anzahl der Einstellungen des Instrumentes für die n Neben-
punkte und die Nullrichtung (w + 1), während bei Winkelbcobachtungcn
2it Einstellungen zur Ermittlung der n Richtuugsunterschiedc mit den
Nebenpunkten noth wendig werden.
2) b. Vereinigt man auf einem Nebonpunkte alle sichtbaren
Hauptpunkte in einen einzigen „Satz'* und bezeichnen (1), (2), ,,,{q)
die Beobachtungsfehler der Richtungen, so ergeben sich (9— 1) Gleichungen
fftr die Coordinaten des Nebenpunktes. Durch Einführung scharfer Nähe-
rungswerthe erhalten diese Gleichungen die Form
102 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
•' *• ^ ^-^«r--^.— ^^-^
42)
[(1) - (2) =p=;4+'£j.z -f Cj.y,
• . " •
.-. *4(I) — (s') == ^ + ^g . «a: + ^<?- y > wobei
^ "• •''{(!)' + (2)^ + .... + (aS^) = ^'>»- z« machen ist. Unter
^.Mil^V*.sü)3 hierbei die Verbesserungen der Coordinatennäherungswertbe,
:.,uftl;ftr' -4, ^, C gewisse Functionen der letzteren und der Coordinaten der
•.'Hauptpunkte zu verstehen. Durch Differentiation der Gleichungen 42)
und Multiplication derselben mit gewissen, noch unbekannten Grössen
^2 ' ^31 • ■ • ^9 ergiebt sich zunächst
Z^.diX) — Z2.d{2) — {B^.dx + C^^dy) Zj = 0
Z^.dil) - Z^.d{S) - {B,.dx + C,.dy) Z3 = 0
u. s. f.
Addirt man diese Gleichungen, so muss ihre Summe mit dem totalen
Differential des Min, identisch werden, also
HZ d{l) — Z2 . d{2) — ... — Z^.%) — £{BZ) . dx — £{CZ) . dy =
(l)rf(l) + (2)d(2) + ... + (^)%)
ftir beliebige Werthe der Differentiale. Dazu gehört, dass
^Z = (l)
2
- Z, = (2)
-Zg= {q) J
£ {BZ) = 0
2
1 (CZ) = 0
2
> »
also {(l) + (2) + .. + (?)}=0
Die weitere Rechnung giebt nach und nach:
iX) .q - {{X) + {'i)-\-...-\-{q)} = i A-\- £ B .x + £C .y ,
2
9
2
oder
£ A + £B.x+ £C.y y
q \i 2 2
Forner ist — (2) == Zj = — (1) + ^2 + ^2 • ^ + ^2 • ^
- (3) = Z3 = - (1) + ^3 + ^3 . o: + C3 .y
•J'
und
- (g) = Z,= - (1) + ^, + ^,. o: + C,
£B. { £Ä+£B. X +£C. y )
£{BZ)=0= [£{AB)'\-£{BB) . x+£{Bq.y'] -
43)<
^(CZ) =0= [£:(AC)+£{BC).x+ £{CC).y']
£C . { £A-{- £B,x+ ECy }
Diese Gleichungen haben die Form von Gleichung 29), wenn man
sich die Glieder mit x, sowie die mit y zusammengezogen denkt. Durch
Analogie erhält man daher die Quadrate der Präcisionen in der Bestim-
mung von X und y zu
44')
Geodäsie. Von Fbiedr. Hob. HELMERt. 103
B^, = 1 : N . {£{CC) - ^ (£Cy}
E^, = 1 : N . {üiBB}^ ^ i£By}
{l:N)=U£iBB) - ^-{£By)(£{CC) -i(^C)^)-(2-(ßC)-'?^7} '
if» = i .JV. {(£{BB) + IHCC) ) - ^^{2B)^ + (2:0^)} .
Die Präcision in der Beobachtung der Richtungen , für alle von glei-
cher Grösse , ist dabei zu 1 vorausgesetzt. Ist ihr Werth h , so hat man
J?,*, JSTy' mit h^ zu multipliciren , M^ mit Ä^ zu dividircn.
Wären die {q — 1) Winkel (1,2), (1,3), ... (1, q) einzeln gemessen
worden, jede Richtung mit der Präcision 1, also die Winkel mit der Prä-
cision y — ^ 80 würden H'^ und M^ Werthe annehmen, die aus den soeben
aofgestellten hervorgehen, wenn die B^ mit 2 dividirt, M^ mit 2 multipli-
cirt und £B = 0, sowie £C = 0 gesetzt werden. Man erhält dafür:
!HJ^ = 1 : 2iV . £{CC) ; ^/^ = i . 2A-. Z{BB)
(1 : iO = £(BB) . £{00) — {£BC)^
i»f2 = iV'. i£{BB) + £{Cq) .
In £B und £C kommen theils positive, tbeils negative Glieder vor,
am 80 mehr, je gleichmässiger die Hauptpunkte vertheilt sind. Indess
auch ohne diese Voraussetzung werden
{£By ^ {£C)^ ^^^^^ ^^^^^ ^^j ^^^^
immer klein sein und daher kann man ihre Quadrate näberungsweise ver-
nachlässigen. Geschieht diess, so wird mit Hilfe einer leichten Zwischen-
rechnnng :
ui^lj^2 L . M'^/i£B.£{Cq^£C.£{BC)^2 i£B.2:{BC)~-£C.£{BB))''\)
2 '^ ^ q V £{BB) + £{CC) > "*" 1 £{BB) + £{CC) » /'
d.h. es hat M^ einen nur wenig grösseren Werth als — M"^.
Dabei beträgt die Anzahl der Einstellungen für 3f 2(g— 1), für M
nur 9, woraus man erkennt, dass auch auf dem Nebenpunkte Richtungs-
beobacbtungen viel vortheilhafter sind, als Winkelbeobachtungen. Es wird
Hieb allerdings zeigen, dass es nicht rathsam ist, die Winkel alle von einem
Hauptpunkte aus zu nehmen, man verbindet besser diametral liegende
Hauptpunkte. Jedenfalls ändert im Allgemeinen dieser Umstand das Re-
sultat obiger Vorgleichung nicht dahin ab, dass Richtungsboobachtungen
flieh ungünstiger als Winkelbeobachtungen herausstellen würden — immer
unter der Voraussetzung, dass die Hauptpunkte im Umkreise um. dc^w'K^\^^\v-
104 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
pnnkt nicht sehr ungleich vertheilt sind. Der Beweis hierzu kann umsomehr
wegbleiben, weil sich andrerseits auch zeigen wird, dass „reine Kichtungs-
beobachtungen **, d.^h. solche, die alle sichtbaren Punkte in Einen Satz
vereinigen, nicht räthlich sind, sondern wenigstens mit Winkelbeobachtnn-
gen combinirt werden müssen, sollen die Nebenpunkte nach allen Rich-
tungen gleiche Präcision R erhalten. Es gilt Dieses ebenso für die Beob-
achtungen auf den Hauptpunkten, wie auf den Nebenpunkten.
Man kann daher sagen : „Werden gleichviele Einstellungen gemacht,
um Nebenpunkte nach der ersten oder zweiten Methode zu bestimmen , so
ist bei gleicher Beobachtungsweise die Ausgleichungsarbeit ftir beide die-
selbe. Für beide Methoden sind ferner Richtungsbeobachtungen etwa gleich-
viel günstiger, als Winkelbeobachtungen." (Vergleiche Abschnitt 39.).
29.
Die wirklich erreichte Genauigkeit kam bei diesen Untersuchungen
noch nicht in Frage. Die theoretische Vergleichung beider Methoden soll
nun zeigen, dass im Falle von Winkelbeobachtnngen bei gleicher Mühe die
zweite Methode in der Regel bessere Resultate als die erste Methode giebt,
und dass, wie schon erwähnt, reine Richtungsbeobachtungen im Allge-
meinen nicht vorkommen werden, da einzelne Richtungen ein grösseres
Gewicht als die andern erhalten müssen, soll die Triangulation ein gün-
stiges Resultat geben.
Es würde dann zu folgern sein, dass im Allgemeinen die zweite
Methode die günstigere ist.
30.
Im Anschluss an Fig. 7 seien A und B zwei Hauptpunkte, P ein Neben-
punkt und dabei -^^ = a, ^^==j3, -^P=g), AB=2c, JP==a,
BP = b. Die Visur von A nach P giebt dann für die rechtwinkligen Coor-
dinaten x und y von P die Gleichung
0 = — X . cos a + (c + y) sin a ,
wenn der Coordinatenanfang Q in die Mitte von AB gelegt wird und QB
die positive Achse der x wieder in dem Sinne ist, dass die Coordinate x
von P senkrecht zur x- Achse zu nehmen ist.
Sind (x) und (y) scharfe Näherun gswerthe, (a:) -j- ^a: = ar, {y) + Jy
= y, so wird für die Verbesserungen ^x und Jy der Näherungswerthe :
45) 0 = — X — jdx . cos et •\' Jy , sin a; A = (x) cos a — (^c -^ (y)) sin a.
Der absolute Werth k ist der Abstand des Punktes ((x), (y)) von der
Visur AP,
Die Gleichung 45) hat die Form der Gleichung 27) ; X erscheint daher
als Beobachtungsgrösse mit dem mittlem Fehler + ^ • ®9 wenn fo den
Geodäsie. Von Friedr. Rob. Helmert. 105
mittlem Fehler in a bezeichnet. Für die numerische Rechnung nimmt
(x)
man das zu {x) und (y) gehörige (a) aus der Gleichung tan (a) = \ / \ >
setzt den Beobachtungswerth a = (a) -|- z/a und erhält einfacher
4G) 0=Ja-Jx. ^ + Jy . ^ ; («) = {x) sin («) + (c + (y) ) co* (a).
Setzt man hierin links anstatt Null da als wahrscheinliohe Verbesserung
des Beobachtungswerthes, so ist es üblich, die entstehende Fehlergleichung
noch mit der Wurzel des Gewichtes (proportional — j zu multipliciren.
Geschieht ein Gleiches für die zu Gleichung 45) gehörige Fehlergleichung,
m nimmt diese selbstverständlich dieselbe Form an wie jene.
Wird P von B aus visirt, so erhält bei gleicher Anzahl Einstellungen
wie vorher das entsprechende l die mittlere Abweichung -h & . o.
31.
Die Winkelmessung in P, (p = ^ APB, giebt für diesen Punkt einen
kreisförmigen geometrischen Ort (Fig. 7.) mit dem Mittelpunkte M und der
Gldchung
y*+(a: — c,coiq>f — ( -: ) =0, oder : y^ -|- o;^ — 2cx.coiq> — r^=0.
\stn g>/
Zu den Nähcrungswerthen (a:), (y) gehört ein genäherter Werth (g>)
nach der Gleichung
(a:)2 + (y)2 _ ^2
cot M = ^-^^5
und man erbält damit analog den Gleichungen 45) und 46) fUr die Ver-
besterungen //y, Jx und J<p
*l)0=[{yy-\-{xy-2c.{x)cotq>-c^]-\-2{y).Jy-\-2[{x)-c.col{q>)].Jx,
c {x) * c {x)
Bedeutet (P) die genäherte Lago von P, so ist die erste Parenthese
c
in Gleichung 47) soviel wie (M {P))'^ — Rad,^ , Radius =
Ist nun X^ — M (P) + Rad.,
»l«o der Abstand des Punktes {P) von dem Kreise, der dem Winkel <p ent-
spricht, so geht Gleichung 47) über in
49) 0 = - A + z/a: . (^-tjLl'^^fi?) sin (,p) + Jy . ^^^ sin ig>) ,
f. O
wie immer unter Vernachlässigung der Glieder J\ Für diese Gleichung
kann man noch setzen
0 = — A — jdx . cos y -^ Jy . sin y ,
um anf die Form 27 zu kommen, y ist hierin der Neigungswinkel der-
Zeil«rhrifi f. Malhoniniik u. I'by«ik X/l/, 2, ^
106 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
jenigen Kreistangente TT gegen AB (Fig. 7.) , welcher der Punkt (P) am
nächsten liegt.
Zu der Beobachtungsgrösse \ gehört der mittlere Fehler
wie die Differentiation des ersten Klammerausdruckes in Gleichung 47) lehrt.
Die Gleichungen 45) bis 49) lassen sich leicht für jedes beliebige Coor-
dinatensystcm transformiren und ebenso die Formeln für (a), (go) u. s. f. za
leichter Berechnung der Coefficienten von Ax und Ay umändern. Dieses
bedarf hier keiner Ausführung weiter und es kann daher zur Vergleichung
der Methoden 1. und 2. zurückgekehrt werden.
32.
Die mittlem parallelen Verschiebungen der den Visu-
ren AV von A und B aus, sowie der Winkelmessung in P ent-
sprechenden substituirten Geraden haben sich ergeben zu
50) m, == + rtoo , iwj = + 6ß) , m^ = + — . oj .
Solange daher P innerhalb des von den Punkten A und
B aus als Mittelpunkten beschriebenen krummli nigen Rhom-
bus AC^C^B (Fig. 7.) liegt, ist m^ <^m^ und auch m3^<OT2^ Rückt
P der Seite AB näher, sodass AP, BP und TT ziemlich gleiche Richtung an-
nehmen, so wird für beide Visuren AP und BP zusammengenommen das
mittlere Fehlerquadrat
dagegen wird
Daher ist in diesem Falle sogar m^"^ immer grösser als m^^ und zwar ist
der Unterschied beider am grössten für a = b^ wo m,'* = 2m^'^ wird.
a = 1 , b = 3 giebt m.^^ = 1,6. tn^^ und a = 0 giebt m3'^ = m,^.
Bedenkt man noch, dass m^' aus 2 Winkelmessungen, m^ aus nur
einer solchen hervorgegangen ist , so kann man sagen :
„Weicht der Winkel q> mit dem Scheitel P nicht sehr
von zwei Rechten ab, so ist die Winkelmessung in P zwei-
bis viermal so günstig, als eine Winkelmessung in -i oder i?."
Und hieraus folgt weiter :
„Liegt ein Nebenpunkt in der Nähe des Diagonalen-
durchschnitts eines von Hauptpunkten A,B^ ... gebildeten
Vierecks, so bestimmt er sich 'bei gleicher Mühe' etwa drei-
bjs vjprmnl so gennn durch Winkclmessung in P als durch
Geodäsie. Von Fbiedr. Ron. IIelmert. 107
-•S.» «.^ wN/«
solche von den Uanptpnnkten {A,B,...) aus, wenn man nur
gegenüberliegende Hauptpunkte zusammen verbindet."
In den meisten praktisch vorkommenden Fällen ist es wohl möglich,
mehr als drei Hauptpunkte im Umkreise um P herum zu sehen ; liegt aber
P überhaupt im Innern eines Viereckes (Polygon es), so lassen sich
immer 4 (n Winkel) an P so auswählen und messen, dass ihre substituirten
Geraden TT den Punkt P ebenso gut bestimmen, als n Visuren von den Ecken
aus. Beobachtet man aber nur die vortheilhaftesten Winkel (also namentlich
solche zwischen gegenüberliegenden Hauptpunkten), so ist im Allgemeinen
— für gleiche Mühe — sogar die Genauigkeit eine zwei- bis vierfache von
derjenigen, welche durch Eckvisuren erreicht werden kann.
Bewegt sich P in eine Polygonseite, d. h. kommen die Haupt-
punkte scheinbar im Halbkreise um P herum zu liegen, so nimmt die Güte
der Bestimmung nach der zweiten Methode ab; doch erst, wenn Paus d cMn
Polygone heraustritt, kann sie unter diejenige der ersten Methode
herabsinken und. die Methode selbst unbrauchbar werden. Dieser Aus-
Dahmefall tritt gewiss nicht ein, wenn — wie in Fig. 8. — P von den Ecken
F, und ffni deren Distanz //", ff,, von P aus unter dem grössten Gesicltts-
winkel erscheint, mindestens ebenso weit entfernt ist, als von den andern
Ecken //j, . . //ir— i und gleichzeitig deren Abstände von P sehr ver-
schieden sind.
Befindet sich P in sehr grosser Entfernung vom Polygone,
so sind zwar alle Geraden TT, durch Winkclmessung in P bestimmt, viel
ungenauer, als die Anschnitte von den Ecken aus, aber während diese
nahezn dieselbe Richtung haben, schneiden sich die TT im AUgemeliien
unter günstigen Winkeln. Daher kommt hier die zweite Methode in
Vortbeil.
Vorstehende Sätze, nicht gut anders als durch Induction zu beweisen,
hier völlig zu begründen, kann nicht meine Aufgabe sein. Ich werde nur
einige Beispiele , wo drei Hauptpunkte disponibel sind, specieller diirch-
whmen. Es ist dieses gerade derjenige Fall, wo die zweite Methode am
'"zuverlässigsten wird; doch tritt er in der Praxis nur äusserst selten ein.
(So bat Herr Professor Nagel unter einem Complex von etwa 40 Ncben-
ponkten bei Zwickau — vergl. die Einleitung — nur einen einzigen der-
selben auf nur drei Hauptpunkte stützen können; sonst waren immer min-
destens vier Hauptpunkte zu sehen.)
33.
Da einer guten Triangulation der Nebenpunkte immer eine Aufnahme
derselben im Kleinen vorauszugehen hat, und man somit die Lage der
Nebenpunkte gegen die sichtbaren Hauptpunkte kennt, kann der Fall,
schliesslich für irgend einen der ersteren eine unge.nügeT\(V<> \SosV\\w\w\\w^
lT
108 Studien über rationelle VermesBungen im Gebiete der höhern
durchgeführt zu haben, nicht eintreten. Schon vor Beginn der Mes-
sungen wird man zu überlegen haben, welche Winkel für jeden
Nebenpunkt zu messen sind, damit nach der Ausgleichung die
Präcisionen H für alle beliebigen Kichtungen durch einen Punkt
möglichst gleich werden, damit aber auch der mittlere Fehler M,
welcher die gegen die Hauptpunkte relative Gesammtgenauigkeit be-
zeichnet, für alle Nebenpunkte die gleiche Grösse erhält.
Diese Ueberlegnng macht nicht sehr viele Mühe , da die strenge Er-
füllung der soeben gestellten Forderungen nicht nöthig ist. In Abschnitt 23.
ist auch gezeigt worden, welche Regeln man bei der Wahl der Schnitte
selbst, sowie ihrer Präcisionen h zu befolgen hat, um die Forderungen zu
erfüllen. Durch Uebung gelangt man bald dazu, in jedem Falle sofort aus
der Anschauung der Figur die besten Schnitte zu erkennen und alsdann
führt eine leichte Rechnung, unterstützt durch Constructionen , schnell zu
den günstigsten Präcisionen derselben.
Soll nun RP für alle Neben punkte einen constanten Werth {M^) er-
halten , und entspricht den so gefundenen Präcisionen h vorerst ein Werth •
M^, so hat man alsdann diese h noch im Verhältniss (M) : M zu verändern,
indem die Relation besteht
M-, {M) = (Ä):Ä.
Mittelst der (ä) berechnet sich die Anzahl der Winkelmessungen. Für
einen Schnitt von einem Hauptpunkte aus, z. B. für AP (Fig. 7.) fand sich
niy^ = a^ . (0*, wo (0 der mittlere Fehler der Winkelmessung — man nehme
jetzt an: Einer Winkelmessung — ist.
Durch /i, malige Messung geht iw,'^ über in
m^ = cP"
1
G)2
"l
und sofern (Ä|)^=;^ — s ist, wird
2m, "*
w, = 2(Ä,)^a2G)2.
In gleicher Weise ist für die Winkelmessung in P
9 /a&\'^ 9 1 • . T »c 1 A'^^ ®^ ^^1 w^maliger
^^^12^; • "" ^^' einmaliger Messung, m^^ = y-\ . ^ Messung?
daher
«3 = 2(A3)^ ö^y..»^-
Werden auch Richtungsbeobachtnngen gemacht, so complicirt
sich wenigstens für die zweite Methode die Schätzung der (Ä) etwas. Man
verfährt bei derselben etwa so: Mit Hilfe der Formeln in Abschnitt 28.2''*)
berechnet man zuerst // für drei verschiedene Richtungen unter Annahme
reiner Richtungsbeobachtungen. Hierzu nimmt man noch solche Winkel-
*) Mnn vcrgl. aiicli Abschn, ;i9. Anmerkung.
Geodäsie. Von Friedr. Ron. Helmert. 109
y ^ ^ r ■
beobachtnngen, dass dadurch alle ^ gleich werden, oder dieses doch möglichst
erreicht wird. Das Verfahren hierbei ist genau wie oben, wo nur Winkcl-
messungen vorausgesetzt wurden, wenn man nämlich mit Hilfe der drei
berechneten H die Lage der Ellipse um P, welche ihren wahrscheinlichen
Fehlem entspricht, ermittelt. Nach Abschnitt 13. ist es alsdann erlaubt,
för die Richtungsbeobachtungen zwei Gerade zu snbstitniren , die in die
Etlipsenachsen fallen und deren wahrscheinliche parallele Verschiebungen
der halben Länge dieser Achsen gleich sind.
34.
In Verfolgung der zu Ende von Abschnitt 23. gemachten Bemerkung
mögen nun noch die Bedingungen für M^ ^ Min. ,,bei gleicher Muhe der
Winkelmessung'' aufgesucht werden. Ist p ein von h und n unabhängiger
CoefHcient, so existirt zwischen h und /i, der Anzahl der Messungen, die
Beziehung ä„^ ^ ~y • ^®^ mittlere Fehler co der einzelnen Messung ist
Pa
(Ubei als constant angenommen. Hiermit reducirt sich die gestellte Auf-
gabe auf diejenige,
AP =^ —J-, Tn = ^'''- ZU machen, bei £ri = Zh^p'=Consl.
Eine ähnliche Rechnung wie in Abschnitt 23. giebt ^Bedingungen von
der Form
K.p?=^ SiK^hß-'sin^ {ya-7ß)'] - ^(A') • -^CA,.' siv? (y,-y„)],
wenn q die Anzahl der Geraden und K eine zu bestimmende Grösse ist.
Nennt man nun Hi die Präcision an der Stelle von A« nach der Aus-
gleichung und hat N die frühere Bedeutung, so lässt sich auch sagen: „Es
müssen für ein Min. im obigen Sinne die Werthe K . N ^ --AI— „., \
Pi^ l Bi* )
für alle f gleich werden." Da nun die pi im Allgemeinen nicht gleich
«nd, 80 werden es auch die /// nicht, und es ist dieses Grund genug, von
Jer Erreichung eines solchen MJn. abzusehen.
35.
Wird in einem Dreieck ABC, Fig. 0., der Punkt P nach der ersten
Methode bestimmt, so sind die Quadrate der Präcisionon bei P für die drei
Eckvisuren :
für^P.V = o ^f ,> für/?/>.Ä.,^= . "r .,, fürr:/>.V= -^-.^,
wenn w,, w.^, n^ die Anzahl der Messungen der Winkel in -P, a, n.y n.^ rcsp.
gleich AP, BP und CP sind, endlich « den mittlem Fehler einer einzigen
Winkelmessung darstellt.
110 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
Die Zwiscbenwinkel sind für
(1 . 2) = <P3 = ^ APB, (1 . 3) = 9)2 = ^ ^0\ (2 .3) = g>i = ^BPC.
Daher ist
Nach der Ausgleichung treten an die Stelle der Äj Äj h.^ die Wertho
Ä,-' = 2«» : iV, . (^ sin^ v, + % «»' 9, )
r-i)
52)
Beiläufig sei bemerkt: Die JI werden unter Annahme von «, = n.^
= W3 in demjenigen Punkte gleich, für welchen ist (Fig. 10.)
~"2 1 TT — ^ 2 ~r Tl~ — IT i I^ » d. n.
fi'2^ «3^ «i*'^ «3^ «1^ «2'^
(/>/?")-^ ^ (/YT)--' {PCy ' (P^')2 (/>^') 2 ^ (PiT)« '
wenn Ä Aä" parallel B^'PC und senkrecht .4P ist, ebenso B^BB" parallel
ÄPC und senkrecht BP^ sowie C CC parallel B' PÄ' und senkrecht
CP sind.
Die Messung der Winkel q> va P (2. Methode) giebt zur Bestimmung
von P., kreisförmige geometriscbe Oerter, für welcbe die Goraden I., IL,
III. (Fig. 9.) substituirt werden können. Die Pracisionen derselben
sind resp.
~~ «•>'«3' * «' ' "" «1' «3' ' «^ ' •* "" «r'«2' ' «^ '
ferner hat man für ihre Zwischenwinkel zu setzen (ohne Rücksicht auf den
Quadranten)
(I . II) = cf.^ +'j3i = <3P:j — C, I worin ^, ^, C die drei Dreieckswin-
(I . III) = «I + 1^3 = <P2 — ^ * \ ^^'^ bezeichnen und die a und /5 die-
(II. III) = «^3 + /32 = 9| — ^. J selbe Bedeutung wie in Fig. 9. haben.
Damit ergiebt sich weiter für die Prilcisionen H und den mittlem Feh-
ler M nach der Ausgleichung :
iV
^^^2^ = (.-—-nyi ' ("«^ ^1^ ''1' + ""2^ ^2^ < + «3- ^3^ ^»3')
\^ . «1 «2 ö.,;
2
+ '\, '■'. sin^ (<p, - Ä)) .
ijreoaasie. von j^riedr. hob. helmebt. Jii
Hp=l\ 2L2 . (öi^^i'«i' sin^{q)2 — B) + a^c.^n^sin^ (9), — -i)) , wobei
Z2 = iVj : (co . ttj «2^3)^ iöt*).
36.
Du gleiohfleitige Dreieck.
1) Im Mittelpunkt desselben ist
4
«1^ = «2^ = «^2 = _ C2 ; 9>3 = ^j = gP, = 120^
Indem man nun alle n einander gleich nimmt, werden
wobei -T« = 3w ist. Ferner werden für alle Riebtun gen die H gleich,
*) Diese Formeln gestHtten indess noch eine weitere Zusammenziehung. Mit
Hilfe der Figur sieht man nämlich ein, dass
im (ip, — f/) = -— — «n («2 -f- Pi) == — — —
= sin (pi («1 — ^3 CO* <jp2^ "f" *'*''' 92 (^t — ^3 ^f>^ 9i)
= ff| «>i ipi + flj sin q>2 + «3 «iw (p^ = 2 (a sin q>) ,
Daher ist
(0 «n* (<p, -C) = (^^y «n» (qp, - Ä) = f '^')' «V (<p, - ^) = A £'(«,<« 9)
nnd hiermit werden
53 J iVj = —^- gf^ X • (»1 "« + »1 "3 -+- Wj »3 ) ,
(a).W,ff2''3) "2 +«3
54t) } ff^'t = 8c,» : Z,, fl,» «3» . 2:« (fl «H <p) . («i'+ n/) = -- . -?'^ ,
//j'* = 8C3* : /»2 ^i*' ^2*- -^ (" *'« V)' ("1 + "2 .) = "^ • ~T-r ^ > •
Die // werden unter Annahme gleicher Beobachtuiigszahlen n in demjenigen
Punkte alle gleich, wo fl,c, = «z,^, = ^s^'s o^er «, : «^ : ^/g = - : — : — ,
^'1 ^t <*»
so dass sich nach den Proportionen
tf , : <7, = cj ; c, , flj : ^3 = ^3 : ^1 > ^i • ^'3 = '"3 ' 'i
die Lage des Punktes leicht ermitteln lUsst. Halbirt mau nämlich im Dreieck yl/tC
jeden der 3 Winkel, so theilon die Ilalbirungsliuicn derselben die Seiten in dem-
selben Verhältnisse, In welchem die Längen der resp. anliegenden Seiten stehen.
Durch je einen Theilpunkt und die der betreffenden Seite gegenüberliegende Eelte
bisst sich nun ein Kreis legen, dessen Mittelpunkt auf dieser Seite liegt. Der
gemeinschaftliche Durchschnitt der drei Kreise ist sodann der gesuchte Punkt (in
Fig. 14. 15. und 17. mit /^p bezeichnet).
112 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
Weiter hat man
Ebenso wie alle Ä werden auch sämmtliche ff gleich , H"^ = 1 : M^.
2) In der Mitte einer Seite, etwa BC^ ist
g>, =180«, gP2=(p3=90"
g), — C = 9>2 — P = 30^; g), — ^ = 120®.
Auch sieht man, dass n^ = /iß, 1X2 = n^ zu nehmen sind. Damit wird:
«i+K V. V _6«>'<^\ ^2 ^"1
n.
*' ~ 120)» c* •^" '~«i»j ' ' 61a» c»' * ' eo'c»
^* ~ 3««c-^ =>' ^ ~ (2< + «/) «2' ' ' ""«;-". iVj'
ff '2 ff '2 ^"^ ''^
^2 -'«» -(„,'+„;)AV
Nimmt man noch /i, = n^ = n.^ ; w,' = n.^' = ri/, ^w == £n\ so
wird abgekürzt
„ o - ^ K G)^ c^ ,^0 r ^ fi*^ <^^ die B sind dabei wie auch die ff
* 2rn ' ' ^w sehr ungleich.
Damit iKfj^ so kloin wie für den Mittelpunkt des Dreiecks werde, hat
man etwa doppelt soviel zu messen, wie dort; für ^fj^ würde man etwa
dreimal soviel Messungen zu machen haben.
Nimmt man n^ = Gwj = 6^3, so werden alle iST gleich, nämlich:
2 1 8c»*^ c^ also M^^ bei gleicher Mühe etwas klci-
"^ * ^- £n ner wie vorher.
Möglichste Gleichheit der ff erreicht man durch Annahme von W|' = 0 ;
nämlich :
^1 ^ = — r^ ; H2 = ^:\ = —r-^ » ^2 = -^^ — -i > temer wird
4c^ CO'
2^«' = 27i/: also M,.^ = — -r-r- d. i. nur halb so gross, wie ifcf,^.
„ Die zweite Methode ist also für Punkte in der Mitte der Seiten gün-
^2
stiger als die erste, M^^ = -^ . Macht man die ff resp. ff' möglichst
gleich, so erlangt man die gleiche Genauigkeit mit weniger Mühe, als wenn
ohne Rücksicht darauf alle n einfach gleich genommen werden/'
3) Rückt P einer Ecke, etwa A, in einer Seite, etwa AB^
immer näher, so ist es erlaubt, bei kleinen a^ näherungsweise zu
setzen : (Fig. 11.)
a2 = Ö3 = 2c; 9i = 60", (p2 = 120^, 9,3 = 130";
Q 2
9>3— C=120ö; 9)2—5 = 60«; (Pi — A wird sehr klein, sin^= ~^.%.
lo c
Geodäsie. Von Friedr. Rob. Helmert. 113
Die Werthe g7| , 9>2> V2 — ^ ^^^^ zwar wenig anders als hier angegeben,
»her da keiner der Sinns dieser Winkel der Nnll nahe ist, verschwindet
der Einfiuss der kleinen Aenderungen.
Es wird damit
_2 . ^2 ^<"' C' rr2 32o«C««,«
^1* oder iTj« = ^^ ^ ; iTg« = _-,--- '-
3n^N^ . . 3(4«! c« + n^a^^) Ni '
Gleichheit aller B ist nicht möglich, da alle drei Visnren in einem
spitzen Winkelranm -liegen ; sie wird möglichst erreicht mit Wj = 0 und
4c« '
«3 a= iii . — 2" 1 ^^ giebt
«I
32(0« c« .. 256(0^ c^ „ .. 32©« c«
V oder JI,^ = ^3« = -^~ ^ , iV^ = — --- ; 7»/^« == -— — oder, da
Sn^Ni ' ' 3«3W3 ' * 3^3
4c« , . , „ , .. o 32c»« c«
£n = Wj + Hj . — 5 d. i. nahezu £n = «3, auch Afi« =
«,* - S2n
Bei Gleichheit aller n nj = Wj = w^ ist dagegen Mi =
160)« c«
mit Vernachlässigung der kleinen Glieder.
Es ist sonach rftthlich, die n wie vorher zu nehmen; gegen die Lage
von P im Dreiecksmittelpunkt hat man sodann immer noch doppelte Arbeit,
um ein gleich grosses M zu 'erhalten.
Weiter findet sich (Fig. 11.)
4©« >
^2*=^2 («i^c««i'+ 4c^(«2' + ;j3')); X.^ = — ^: {ni'th+nin.^'+n^'n.{)
H{^ = 1 : 6X0 c* («/ + ;i;) ; ^2'« = 1 : A Z^ c« a,« (;i/ + <)
3
und ir3'«=l:y Z2C«al«(/ll' + «2')•
Gleichheit der Jt ist nicht erreichbar *) ; möglichst angestrebt wird sie
gß2 a 2
durch Annahme von «2' =^ ''s' ^^^ Wj' = W2' • j" "' » womit i& w
Dahezu =.n/ und
«1
Ä#2_± ©« «t^ _ 32©« c«
^« ~T * < "" 3ign •
32 ©« c«
Dagegen wird bei n/ = Wj' = '*/ ^2 ==" ~~~ot~ ^' ^' ^^ ^^^ ^^^'
her, nur sind die H' noch verschiedener als vorher, da nicht einmal ///
und H2 (oder H^') gleich werden.
Auch für die jetzt behandelte Lage vonP ist somit itf,« ^ i^fj'-
*) Da die Rechnung^ nnr nühorun^s weise richtig ist, kann es nicht befremden,
düffl trotz Gleichheit dreier H' doch nicht dieselbe aller beliebigen ^'stattfindet:
fff und ff^' sind Präcisionen für nahezu dieselbe Richtung.
114 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
4) Rückt P der Ecke Ä auf der Wiukelhalbirungsliiiie
näher, und wird daher a^ wieder sehr klein, so gilt folgende Näherungs-
rechnung: (Fig. 12.)
9>3 — C= 90^ =9^2 — ^5 9^1 — ^ ^^^^ kloin, sin^ = . -.y .
Für w^ == '^3 gehen über M^^ N^ u. s. w. in
4;, c2 + 2n-/i,2 ,^ „ 256 c»fi,2w2
H,^ =
lew^c
16co«rt,'^c2
2
-.•^,; J»^i =
«2 HWjC^-f-SWj«!"'
'»2^1
• 7/2 ^2
» -"2 "3
32a,2 c2 G,2
^ "^ (4c2wi + 3w2ä,2)ivr, *
Mögliclist gleiche H giebt «, = 0 und wird dabei, weil 2n = «2"f" ":<'
64cö2c2
1/2
^^» 32:n
Dagegen ist für «|
«2 = «3 Zn == 3/1
24a)' c^
und mit Vernachlässigung kleiner Glieder M^ = — ^- , also wenig anders.
Weiter findet sich bei n.^ = n^
M^ = Xj {a^c^n{ + 8c* Wj'); L^ = (o^ i c^ (2w/ + ^2)^2 ->
gß2 ^ 2
Gleichheit aller ^ verlangt Wj == «2'. 2"""" » womit nahei?n = w,
und üifo' =
Dagegen ist bei w, = n.^ = w.^ il/j' =
8ai' c^
2:n
~2n
, d. i. nicht ungün-
stiger als vorher; nur sind hier die H sehr ungleich.
Stellt man zusammen , was in 1) bis 4) gefunden wurde , so hat man :
w' c^
„Bei gleicher Mühe (£n= ConsL) werden die Coefficienten von — — ,
^^ fi
entsprechend den TV,' und M2^:
3/,«
w
^/,'
.V,«
bei G
lieit a
5,3
leich-
ller w
•
JAlle^gleich.
tAlle^gleich.
bei u
chei
nglei-
n n
1) Dreiecksmitte
1,8
5,3
1,8
JAlleÄ und alle//'
\ gleich.
2) Seitenmitte
10,5
5,0
8.
4.
J Gleiche //; mög-
\ liehst gleiche/^.
3) In der Seite nahe
der Ecke
4) Nahe der Ecke in
der Winkelhal-
16.
24.
10,7
1
8.
Ungleiche Z^;
>
Ungleiche//'.
10,7
21,3
10,7
8.
jMöglichst gleiche
\ H; ebenso B',
JMögl. gleiche ff;
\ gleiche ff*.
birungslinio.
1
Geodäsie. Von Fiuedr. Rob. Hklmkrt. 115
•~ • -v-.".^ --.^-^
Diese Tabelle zeigt 1) den besondem Vortheil, den die zweite Methode
innerhalb des Dreiecks gewährt, 2) wie ansserordentlich verschiedene M
man durch gleiche Mühe bei verschiedenen Punktlagen erhält.
5) Liegt P ausserhalb des Dreiecks im rückwärtsverlängerten Winkel-
raum (etwa ftir '^BAC)^ so gelten bei grösserer Nähe an A die Verhältnisse
wie unter 3) und 4).
Geht man in grössere Entfernung von Ay so werden M^ und M^
Dach und nach immer mehr einander gleich ; während sich nun bei An-
Wendung der zweitep Methode alle H* gleich machon lassen ^ ist dieses für
die H nach der ersten Methode ganz unmöglich.
Wird die Entfernung AP = e sehr gross, so entstehen Schnittfiguren,
wie für P^ in Fig. 11. und 12.
Eine leichte Rechnung giebt näherungsweise unter Annahme eines
sehr grossen e
4co . c
M^= ö~tr> » wenn i?w = /j| -j-w^ + Wa» «i==W2^^^''3 = 2''i»
zu Fig. 11.
M^ = - 2 * /, wenn^w=/i| -J-/I2 + W3, ni=fi2=n.^ auge-
c . ^n
nommen werden.
Ferner ist
zu Fig. 12.
«^ . e*
M^ = nr^" » -^'^ = '»i + ^»2 + «3> «i'= ^2 = H gesetzt.
Während die Gleichheit der'iüf für beide Methoden für grosse Entfer-
nungen des Punktes P vom Dreieck hiermit bewiesen ist, zeigt die Figur
anmittelbar, dass die erste Methode sehr ungleiche, die zweite Methode aber
gleiche H ergiebt.
6) Liegt P im offenen Winkelraum BAC^ Fig. 13., so ist die
zweite Methode unbrauchbar und nur bei grösserer Entfernung des Punktes
vom Dreiecke kann sie der ersten Methode gleichgestellt werden. Für
sehr grosse Entfernungen erhält man Resultate, wie soeben unter 5) ge-
funden wurden. Am ungünstigsten sind die Lagen P^ in der Winkelbal-
birungslinic. Je seitlicher bei gleichem Abstände von CB P, rückt, um
so besser bestimmt es sich nach der zweiten Methode.
Für 7^2» wo Dröieck ABC congruent Dreieck P^BC ist, hat man
flj2=fl32 = 4c^; «^2=l2c2,92 = 9':{ = •'^Ö^ 9^1 = 300"; (p.^—C=(p.^—B = 30''
9>i— ^=24o^
_ 16co^_f K +_63_) ^^^ _ ^^^ _
' 2;ii;i2 + 9«2W2 2 31 1 T 2»
.^ 16a)2c^(3M,' + 2w2') , , ' I o '
M./= rt ' ' I ' / bei«., ^«.5 ; 2;« = /i. + 2w., .
2/ii «2 + «2 ''2 . .^ ' II.
116 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der höhern
■••^».^s-^ ^w.j
Möglichste Gleichheit der Präcisionen H rcsp. H' vorlangt w, == (>,
n,'=0. In jedem Falle aber ist bei gleicher Mühe M^ etwa 3 . i>f,^.
Damit ist erwiesen, dass Lagen P ausserhalb des Dreiecks sich im
Allgemeinen nach der ersten Methode bssser als nach der zweiten Methode
bestimmen. In der Praxis kommen indess solche Lagen kaum vor, da von
einem Punkt ausserhalb des Dreiecks ABC and ere nahe Hauptpunkte i>, E^
F etc. sichtbar werden.
37.
•
Was im Vorhergehenden für das gleichseitige Dreieck gefunden wurde,
gilt auch für das ungleichseitige, so lange dieses nicht sehr spitze oder
stumpfe Winkel enthält. Der günstige Kaum für die zweite Methode ver-
schiebt sich dann, wie es die schfaffirteu Flächen in Fig. 14. und 15. un-
gefähr andeuten. Sehr stumpfe Dreiecke sind am ungünstigsten; daher
möge der Fall dreier Punkte in einer Geraden (Fig. 16. und 17.)
bei Gleichheit der Längen BA und AC = 2c besondere Beachtung finden.
Im Anscliluss an Fig. 16. hat man :
I.Lage von Pin />. «2^ = 0.^2^80^; aj2 = 4c2; nj = w^
Cj = 4c ; C2 = C3 == c ; «2 = W3
(P:^ = (P'i — C=q).y = (p2 — ^=45®; (Pi = g>\ — -^ = 00".
. « 2 _ Iß»' ''' («. + «2) „„,, „ 2 _ 16»V(«,:+ «,')
2;*, «2 + ''2 ^2 2Wj «2 +''2 ''2
Beide Werthe werden gleich für n, = w/, «2 = ^2* ^h ^"^ ".{'•
Gleichheit der H resp. H' verlangt n^ = 0 = w,', «o ^= '':» 5 "2' "^^ '':t' »
damit wird
11 00
M.^ = M^^ = TFi = T.h = 32 . "^ , 2n = 2;i = 2n\
Bei Gleicheit aller n = n ist der Betrag für M^' und ^^2^ derselbe.
2. Lage /* in i>, , wo />| sehr nahe an A in der Linie DA liegt. Man
erhält näherungsweise :
öj sehr klein, «2*^ = ^3^ = ^^^5 ^^2 ^^ '*3> ^h ^^ ''/
9^3 = 9^3 — ^ = 9^2 = ^^o — ^ = 90"; 5IW2 gpj = 51^2 (gp^ _ ^) = l
• * ■
w, = w^ = /I3; W|'= ^2== W3' geben (mit Vernachlässigung kleiner Glieder)
6g)2c2 , 20)2 c^
Die Präcisionen sind aber dabei sehr ungleich nach verschiedenen
Richtungen. Die // und resp. die H' werden gleich, wie auch der Anblick
der Figur lehrt, für
Geodäsie. Von FuiEDR. RoB. Helmert. 117
B^'^^.r" - r ^ - • ■'^ ^^•^f-'^.^.t^^.^.^-.^^-
also nabezn
Zn = 2w2 ^*i' = W|'» ^iid das giebt
3. Lage P in 2>2 «'^bc an B^ wobei jedoch />2^ senkrecht CB sein
mag. (Fig. 16.)
flj2 ___ 4^2^ ß,^2 _. 16c' j ß^ sehr klein
fl 2
fi = 9>^ — (^=9i = ^\ — ^ = '^0''; Äin^ 9,2 = sin^ {(p^ — ^) = jg^-j •
64ö)2c* . (16^2 «2+ W«i + «2^^j) '
J|f2-—
* 256n j «, c^ + n, /i.j «2* + ^^"2 ''3 ^^
2 _ o^c' . (Ific'^y?/ + g/ y»2' + Igg^O
«, «2 + Wi n.^ + «2 «3
48c()' c**^ 32ai' c'
Man erhält im letztern Falle J/j 2 =-p-^r—, i>f2^= —5^ ; 2n = Sn = 3n.
hierbei sind die B resp. H'
> ; ungleich , wenn man alle n
gleich gross nimml.
Oiebt man den Visnren.von A und C aus gleichen Einfluss, ^setzt
n, = 4«„ so wird M,^ = l2Sn n, c^ + n,'^ a/ '
Gleichheit der H verlangt 2c^W2 = Wj a^^ und damit geht M^*^ über in
20«^ c'
" y , wenn man setzt
i^n = w, -] ^-|- 4" 4n, = 5«, nahezu.
Daher ist es nicht rationell, den beiden erwähnten Visuren gleichen
Einfluss zu geben. Besser ist es, w^ = 0, sowie wegen Gleichheit der H
icj Hj = w, «2^ zu nehmen :
8c' 0)2 ^^2 0,2 ^2
^1' =^ = — =; — , da 2Jw = Hl + w, . . .? also nahezu gleich n< ist.
Nimmt man femer fi/ = fi./, wodurch I. und III. gleichen Einfluss
erlangen, so wird
M 2 = «^ c^ ■ (32c» n/ + g,' «/)
^ 2^2' n,' + w,' Wj'
Gleichheit der iT tritt ein bei 32c' n/ = <^2^2\ dafür geht i^w über
in nahezu «2', und also -^2^ in M^ = =— ; — .
Mit Hilfe der jetzt gewonnenen Formeln und der Figur 16. lässt sich
der Satz aussprechen: „Solange P innerhalb des schraffirtcn Raumes in
Figur 17. liegt, ist die zweite Methode ebenso gut und etwas besser als
die erste Methode ; in jedem andern Falle ist sie weniger genau als diese.*'
38.
Man wird schon im Vorhergehenden die Bemerkung gemacht haben,
(lass eine Combination beider Methoden, also die Anwenduiv^ &<>.\ ^tvVVäxl
118 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
Methode, zuweilen vortheilhaft sein muss. Es fragt sich nur, ob dieses
häufig vorkommen kann.
Hat man nur zwei Hauptpunkte A und B (Fig. 18.) , so ist die dritte
Methode so lange vorzüglich, als P ausserhalb des Halbkreises über AB
liegt und dabei wenigstens einer der Aussen winkel des Dreiecks ABP
bei A oder B nicht viel kleiner als 90" ist. Im gleichseitigen Dreieck
ABP werden alle Präcisionen E für P gleich, sobald man jeden Winkel
gleich oft beobachtet.
Die Winkelmessung bei P wird wegzulassen sein, wenn P innerhalb
des Halbkreises über AB zu. liegen kommt. Entfernt sich P vom Halb-
kreise und. rückt AB näher, so wird die Bestimmung unzureichend. (Vergl.
P, in Fig. 18.)
Man erkennt nun leicht, dass für eine Einschaltungstriangulirung
die dritte Methode, sofern sie nur zwei Hauptpunkte als Ausgang nimmt,
nicht so günstig ist wie die beiden ersten Methoden ; denn alle Lagen von
P, welche der dritten Methode günstig sind, werden die Benutzung noch
eines dritten Punktes, ja meistens noch mehrerer Punkte gestatten ; wo-
durch man bei gleicher Mühe der Winkelmessung, ohne die sämmtlichen in
Abschnitt 27. angegebenen Uebelstände überwinden ^ zu müssen — sowohl
die der ersten als die der zweiten Methode — mindestens dieselbe Ge-
nauigkeit erhalten kann.
Auch darf man nicht vergessen, dass die beiden ersten Methoden ein
von den zufalligen Fehlern der Hauptpunkte freieres Resultat geben , als
die dritte Methode , die offenbar den ganzen Fehler der zwei Hauptpunkte
in den Nebenpunkt Überträgt.
Denkt man sich die dritte Methode als reine Combination der beiden
m
andern und vergleicht die Resultate „ gleicher Mühe ", so ist wohl immer
die zweite Methode vorzuziehen, nicht nur in praktischer, sondern auch
in theoretischer Hinsicht; wie daraus hervorgeht, dass die erste Methode
in den praktisch vorkommenden Fällen von Einschaltungen ungünstiger als
die zweite ist. Diejenige Arbeit bei Anwendung der dritten Methode,
welche der ersten Methode entspriclit, drückt die Genauigkeit offenbar
herab gegenüber der zweiten Methode, welche die ganze Arbeit am
günstigsten verwendet.
39.
Die theoretische Vergleichung wurde unter der Annahme von Winkel-
beobachtungen geführt. Es ist nun schon früher gefunden worden , dass
die erste Methode ebenso wie die zweite sich etwas günstiger zeigt für
reine Richtungsbeobaclitungen, dass zu diesen aber, um eine gleichmä.ssige
Genauigkeit für jeden einzelneu Punkt P sowohl als auch vergleichsweise
für verschiedene Punkte P zu erhalten, immer Winkelboobachtungen zur Er-
^/inznng zugezogen werden müssen.
Geodäsie. Von Friedr. Rob. Helmert. 119
■
Es ist nun von Interesse zu sehen , wie bei 3 Hauptpunkten sich die
B unter Annahme reiner Kichtungsbeobachtung^n gestalten.
Die Formeln aus Abschnitt 28. 26 geben , sofern das System 42) sich
redndrt auf
(1) - (2) = ^2 + ^2 ^ + c^y
{1)-{3) = J, + B,x+C,y
ud man einen Hilfswerth (2) — (3) = {A^ — A^ + (^3 — ^2) ^ + (^3 — ^2) V
einnihrt:
n1 1 . V ^l_rhj?2 _+_^ . W 2 1 . Y ^t + ^2 + ^3^
(l:^)= Pi'+V+^3^ . ^i!±^2!+^3_' __ (B,c, + B^c^+B,c,y\
Ä'=y . N, I 1 ^ ^2 -T- 3 ^ t -r 2 -r 3_| . ^ _ 1 gesetzt.
2
Dieselben Werthe würde man erhalten durch — -maliere
3 ^
Messung jedes der drei Winkel an -P*), wenn einer Einstellung
die Präcision A = 1 ebenso wie oben zukommt. Die Fehlergleichungen
werden nämlich
(1 . 2) y^ = A^ . j/j + /?, . yf.x + c, . j/\.y
(1 . 3) y\- = A^ . y^ ^B,.y^.cc + c,.yl^.y
(2 . 3) j/j = A, . j/^ + 2?, . y {.'>=+ C, .j/l-y
und daraus folgt z. B.
V = 1 : -^ • yf (^^)' -^= {jj[2{BB).i:{CC)-{ZBC)} ;
d.i. wie oben.
2
Hiemach giebt die Anzahl von 6 . — - Einstellungen bei Winkel-
o
Beobachtungen genau so viel Genauigkeit als 3 Einstellungen bei Eich-
tnngsbeobachtungen. Dieses etwas befremdende Resultat kann etwas
strenger auch wie folgt abgeleitet werden im Anschluss an Abschnitt 2.5.
*) Ebenso leicht findet man, dass ein Satz reiner Richtungsbeobachtungen
2
xwischcn ^Hauptpunkten H nnd M ebenso crgiebt wie die — malige Messung
•Her der ---z möglichen Winkel zwischen diesen 9 Hauptpunkten, dass daher
bei dieser Art Winkelmessungen 2(7—!) Einstellungen Dasselbe leisten als q Ein-
stellungen bei Richtnngsbcobachtungcn. Dioso Beziehung gilt überdies ganz all-
gemein für Winkel- und Richtungsbeobachtungen von einem PunkVe «wä.
120 Studien über rationelle Vermessungen etc. von F.R. Helmert.
Aus den Gleichungen \[^} ~ £) ^ "!' t ^' "" t 5' ^ I erhält man
1(1) — (3) = ^3 + ^3 a; + Cay J
die wahrscheinlichsten Wcrthe x, y für (1) = (2) = (3) = 0 und es ist
überhaupt von einer Ausgleichung nicht die Hede (wesshalb die Ableitung
der H und 3/ aus den allgemeinen Formeln vorhin nicht streng richtig
war). Dem Fehlersystem m und v für x und y mögen Richtungsfchler (1),
(2) und (3) entsprechen, wo
(1) - (2) = 2?,« + C^p {l)-iZ) = B,u + C.,v.
Die Wahrscheinlichkeit ist dabei
-[(!)• + (2)» + (8)«]
= X, . e
Oder für (2) — (3) = 5, m + C, »
fr, = X, . e t •- 3
, (BiU+CiVy+(BtU+C,vy+{ß,ti + C,vy\.
+ 3 f
Lässt man nun (1) für ein constantes System u^v alle möglichen
Werthe durchlaufen, so wird
--^((B,u+C,vy+(B^u+C,vy+{ßz«+C,vy)
fr, = ff^M,t> = %2 ' ^ '
Construirt man hierzu die Ellipsen wie früher, so erhalten diese
gleiche Lage und Grösse mit den entsprechenden Ellipsen ^ welche sich
2
durch malige Messung der drei Winkel ergeben würden.
IV.
Die mathematische Bestimmung der Vertheilong der
Elektricität anf Conductoren im Allgemeinen und speciell
auf gewisse Systeme von Conductoren, die von Rotations-
flächen mit gemeinschaftlicher Botationsaxe
begrenzt sind,
von
Th. Kötteritzsch.
§ 1.
Bekannte Sätze der Potentialtheorie.
1) Ist eine gewisse Elektricitätsmenge*) über ein beliebiges System
von Condnctoren vertheilt, so nimmt dieselbe, für den Zustand des Gleich-
gewichtes, eine solche Anordnung an, dass ihr Potential für alle Punkte
im Innern und auf der Oberfläche eines und desselben Conductors einen
eonstanten Werth hat.
Die Dichtheit**) der Elektricität in Punkten, die zur Innern Masse
eines Conductors gehören , ist stets gleich Null ; oder die Elektricität ver-
breitet sich nur auf den Oberflächen der Conductoren.
2) Werden die einzelnen Conductoren eines in beliebiger, aber unver-
änderter, relativer Lage gegeneinander verharrenden Conductorensystems
mit beliebigen Elektricitätsmengen geladen, so giebt es nur eine, aber auch
stets eine Art, nach der die Anordnung der Elektricität stattflndet. Zu-
gleich befindet sich dann die Elektricität im Zustande des stabilen Gleich-
gewichtes.
*) Gemessen nach absointem Maasse.
♦♦) Der Ansdrnck „Dichtheit der Elektricität an einem Punkte»' definirt sich
am einfachsten durch den Specialfall, dasfl, wenn auf einer Kugel vom Radius
B> 1, die Elektricitiltsmcnge Q sich befindet, die Dichtheit der gleichförmig über
die Kugel verbreiteten Elektricität an jedem Punkte = - - ist,
ZeiUfhrifl f. Mtlhrinntik //. Phy'^ik Xlll. Ü. V^
122 Die matliematische Bestimmung der Vertheilung der Elektricität
*i) Die Diclitbeit der Elektricität an einer bestimmten Stelle der Ob ei
fiäcbc eines Conductors und das Potential der gesammten nach dem 6c
Hetze 1) vertbeilten Elektricität auf den Punct, um dessen elektriscbe Diel
tigkeit es sieb bandelt • bangen zusammen durcb die Relation :
Ä_ ^^
wobei '
r' V
das Aenderungsgcsetz von F, dem Potential der gesammten vorbai
denen Elektricität auf den genannten Punkt, bedeutet, wenn diese
Punkt um die unendlicb kleine Strecke dtv in der Ricbtung der Noi
male nacb aussen fortrückt;
Q ist die Dicbtbeit der Elektricität in unserem betreffenden Punkte ;
// bedeutet eine nur von den, den einzelnen Conductoren mitgetbeilte
Elektricitätsmcngen abhängige Constante und
;r d«is Verbältniss des Kreisumfanges zum zugehörigen Durchmesser.
4) V bat folgende Fnndamentaleigenschaften :
cjf, V ist für alle Punkte p ausserhalb der Conductoren endlich un
ändert sich stetig, wenn p seinen Ort stetig ändert.
fJ, Fgebt in Null über, wenn der Punkt p, auf den es sich bezieh
in unendliche Entfernung von den Conductoren rückt.
y, Für jeden Punkt p ausserhalb des von einem Conductor erftillte
Raumes genügt Fder Gleichung:
d'-v d-n- d'v
wenn a:, y, r die rechtwinkligen räumlichen Coordinaten des Punl
tes p sind, auf den sich V bezieht.
d, V ist constant für alle Punkte p, die auf der Oberfläche desselbe
Conductors liegen; oder diese Conductoroberfläche ist eineNiveai
fläche für V,
f. Kommt die Function V her von elektrischen Massen, die steti
über die Oberflächen eines Systems von Conductoren verbreite
sind, so hat Ffür alle Punkte des inneren Raumes eines und dei
selben Conductors denselben constanten Werth, den es fiir all
Punkte der Oberfläche desselben hat.
f. Kommt V nur her von elektrischen Massen, die stetig über di
Oberflächen eines Systems von Conductoren verbreitet sind, s
giebt es nur eine einzige Function F, die den von a bis b aufg(
zählten Eigenschaften genügt, es giebt aber auch stets eine solch
Function.
auf Conductoren u. s. w. von Th. Kötteritzsch. 123
5) Den Fundamentaleigenscliaften für V von a bis ö genügt das Poten-
tial zweckmässig gewählter elektrischer Massen im Innern eines jeden ein-
seinen Condnctors.
6) Diese elektrischen Massen im Innern eines jeden Conductors haben
hierzn nnr der Bedingung zu genügen , dass ihr Gcsammtpotential für alle
Punkte auf der Oberfläche eines und desselben Conductors einen constan-
ten Werth habe , der aber für die einzelnen Conductoren ein verschiedener
fein kann.
7) Genügt die im Innern eines einzelnen, von allem fremden elektri-
schen Einfluss befreiten, Conductors angenommene Vertheilnng elektri-
scher Massen den beiden Bedingungen : 1, dass ihr Potential für alle Punkte
der Conductoroberfläche constant ist, 2, dass die algebraische Summe der-
selben, addirt zur algebraischen Summe der wirklich auf der Oberfläche
des Conductors vorhandenen elektrischen Masse, Null ergiebt, so ist der
Werth des Gesammtpotentiales beider elektrischer Massensysteme für alle
Punkte ausserhalb und auf der Conductoroberfläche gleich Null.
8) Sind diese beiden Bedingungen für jeden einzelnen Conductor
eines ganzen Systemes von Conductoren erfüllt*), so muss auch nothwcn-
dig das Gcsammtpotential aller vorhandenen elektrischen Massen für alle
Punkte auf oder ausserhalb der Conductoren Null sein.
9) Ist V das Potential aller elektrischen Massen, die sich auf der Ober-
fläche der Conductoren eines ganzen Conductorensystems befinden, für
irgend einen Punkt einer Conductorfläche oder des von dem Conductoren-
systeme ausgeschlossenen Raumes, ist ferner ü das Potential der nach den
beiden unter &) genannten Bedingungen angenommenen elektrischen Mas-
sen vertheilnng für denselben Punkt, auf den sich V bezieht, so ist nach 8)
folglich, da nach 2) pag. 121 ^ == — — ^— auch
_ h du
4:7t dtv'
Literatur:
PoisRon: Mdm. 1 et 2 sur la distribution de relcctricitJ k la surfacc des corps
condnctenrs. M^m. de la classe des sc. matliem. et phjs. de Tinst. Ann^e 1811.
Green: An essay on the application of matliematical anaijsis to thc theorics of
electricity and magnctlsm. Crelle's Jonmal, Bd. 31). 44. n. 47.
Gauss: Untersuchungen über die im verkehrten Verbältnisse des Quadrates der
Entfemnnf^ wirkenden Anziehungs- und Abstossnngskräfte. 1840. Namcntlicb
§ 24, § 25, § 20, § 27, § 36 und § 37.
•) Nämlich so, wie es Nr. 6 und Nr. 1 dieses § verlangt.
124 Die mathematische Bestimmung der Vertheilung der Elektricität
§2.
Präcisirung der gestellten Aufgabe.
Ist die in 9, § 1 definirte Function U bekannt, so folgt nach dem an
derselben Stelle genannten Satze die gesuchte elektrische Dichtheit einfach
durch Differentiation, wenn man noch bemerkt, dass die Cohstante h sich
ergiebt aus der Relation
Um ß_^^jr ^jj
worin bedeutet
Q die algebraische Summe aller dem Conductorensysteme urspriinglich
mitgetheilten Elektricitätsmenge (nicht durch Vertheilungswirkung).
Fq^ = — 17 den Werth von Fresp. Uim Bezug auf einen Punkt p\
dessen Entfernung R von dem Conductorensysteme unendlich
gross ist.
Die zu lösende Aufgabe kommt daher darauf hinaus, die Function U
zu beschaffen.
Die Potentialfunction [7 im Bezug auf irgend einen Punkt/? kann aber
als bekannt angesehen werden, sobald die analytische Bestimmung der
Massen erfolgt ist , welche U bewirken.
Die zu bestimmende Massen vertheilung hat nun folgende Bedingungen
zu erfüllen:
1. Nach 5, § 1 müssen die geometrischen Oerter für die einzelnen an-
zunehmenden Massen innerhalb der gegebenen Conductoren liegen.
2. Nach 6, § 1 müssen die anzunehmenden Massen die einzelnen Con-
ductoroberflächen zu Niveauflächen ihres Potentiales haben und
da durch Vertheilung auf jedem einzelnen Conductor stets gleich grosse
Mengen entgegengesetzter Elektricitäten erregt werden, die algebraische
Summe der auf demselben wirklich vorhandenen Elektricitätsmengen also
dadurch nicht geändert wird, sondern immer der den Conductoren ur-
sprünglich mitgetheilten Elektricitätsmenge gleich bleibt und da die Wir-
kung der auf jedem einzelnen Conductor haftenden Elektricitätsmenge auf
jeden Punkt ausserhalb oder auf dem Conductor ersetzt werden soll durch
die hypothetischen elektrischen Massen im Innern des Conductors, so ist
nach 7 und 8, § 1 auch
3. die algebraische Summe der im Innern eines jeden einzelnen Con-
ductors anzunehmenden Elektricitätsmenge gegeben. Sie ist nämlich ent-
gegengesetzt gleich der dem betreffenden Conductor ursprünglich mitge-
theilten algebraisch addirten Elektricitätsmenge*).
*) IJei Abstraction von directcm Uebergang der Elektricität zwischen den
Couductorcn.
auf Conductoren u. s. w. Von Tn. Kötteuitzsch. 125
^ ."«iv^^-*'* - 1^^'-^
Uiemach lässt sich die im Allgemeinen zu lösende Aufgabe in folgende
Worte fassen: „Innerhalb gegebener geschlossener Flächen
sind elektrische Massen, deren algebraische Summe für jede
einzelne Fläche ebenfalls gegeben ist, so zu bestimmen, dass
ihr Gesammtpotential diese Flächen zu Niveauflächen hat/'
Diese Aufgabe ist bekanntlich unbestimmt.
Hai man elektrische Massen symmetrisch vertheilt zu einer Ebene, so
sind auch die Niveauflächen ihres Potentiales symmetrisch zu dieser Ebene
gelegen. Umgekehrt muss man daher auch, wenn die Conductoren selbst
sowohl, als auch die den einzelnen Conductoren ursprünglich mitgethcilton
algebraischen Summen von Elektricität symmetrisch zu einer Ebene geord-
net sind , der Aufgabe genügen können durch eine symmetrisch zu dieser
Ebene angeordnete Vertheilung der anzunehmenden elektrischen Massen.
Der vorige Satz gilt auch noch , wenn man statt Ebene Gerade setzt.
Sind endlich die Conductoren begrenzt von Rotationsflächen, die
sämmtlich ein und dieselbe Gerade zur Kotationsaxe besitzen , so wird man
der gestellten Aufgabe genügen können durch eine Vertheilung elektri-
scher Massen der Art , dass Dichtheit und Vorzeichen derselben für alle
Punkte, die auf der Peripherie eines Kreises liegen, der seinen Mittel-
punkt in der Kotationsaxe und seine Ebene senkrecht zu derselben hat,
constant ist.
Ist nun in diesem Falle keiner der einzelnen Conductoren von einem
anderen umschlossen, so kann man erwarten, dass man der Aufgabe auch
genügen könne allein durch eine angenommene Vertheilung elektrischer
Massen auf der Kotationsaxe selbst.
Dieser Fall ist es nun, den wir in der Folge specieller betrachten
werden in einer Weise, dass die Methode der Rechnung auch auf jedes
beliebige Conductorensystem , das ursprünglich mit beliebigen elektrischen
Massen beladen worden ist, ausgedehnt werden kann.
Wir stellen uns also dieAufgabe: „Wie sind elektrische Massen
auf der Axe eines Systems von, von Rotationsflächen mit ge-
meinschaftlicher Axe umschlossenen und einander nicht ein-
schliessenden, Conductoren anzuordnen, wenn dieselben zur
Ermittelung der elektrischen Dichtheit auf den Conductoren
benützt werden sollen?"
Nach 5, § 1 ist dazu erforderlich, dass ein endliches Stück der Rota-
tionsaxe von jedem einzelnen Conductor selbst umschlossen ist, derselbe
also keine ringförmige Gestalt hat; und es lässt sich erwarten, dass auch
die innerhalb der Conductoren liegenden Stücke der Rotationsaxe nicht zu
klein gegen die übrigen Dimensionen des Conductors sein dürfen.
126 Die mathematische Bestimmung der Vertheilung der Elektricität
§3.
Keduction gewisser specieller Fälle auf den allgemeinen Fall.
Wir sagten oben, dass die algebraische Summe der in Wirklichkeit
auf einem jeden Condiictor befindlichen Elcktricitätsmengen bekannt sei.
Dies scheint nicht der Fall zu sein, wenn einer oder mehrere Conductoren
zur Erde abgeleitet sind oder kurze Zeit abgeleitet gewesen sind.
Im erstem Falle muss man aber bei strenger Rechnung sowohl die Ab-
leitungsvorrichtung, als auch die ganze Erde mit als Conductor betrachten
und wird so auf den allgemeinen Fall pag. 125 zurückgeführt. Für nur an-
genäherte Rechnung unter Voraussetzung eines sehr dünnen Ableitungs-
drahtes kann man, nach Green's Vorgange, das Potential der auf den Con-
ductoren befindlichen elektrischen Massen , bezogen auf jeden Punkt der
abgeleiteten Conductoren, gleich Null setzen und erhält damit eine Be-
dingungsgleichung zur Berechnung der auf den abgeleiteten Conductoren
befindlichen Elektricitätsmengen.
Wenn im zweiten Falle, der wieder aufgehobenen Ableitung, die Be-
rechnung der elektrischen Dichtheit stattgefunden hat für noch bestehende
Ableitung, so kann durch Ermittelung des Integrales y^^d«, wo q die elek-
trische Dichtheit im Oberfiächenelemente ds des abgeleiteten Conductors
bedeutet, und wenn die Integration über die ganze Oberfläche des Conduc-
tors ausgedehnt wird, die algebraische Summ'e der auf dem abgeleiteten
Conductor befindlichen Elcktricitätsmengen gefunden werden. Ist aber
diese bekannt, so ist man dann auch nach wieder aufgehobener Ableitung
wieder auf die allgemeinen Fälle pag. 125 zurückgekommen.
Der Natur der Sache nach sind die Begrenzungsflächen der von uns
spccicllnach pag. 125 zu behandelnden Conductoren sämmtlich geschlossene
Flächen. Diese Flächen sind aber, namentlich in den praktisch wichtigen
Fällen, meist solche, dass sie nicht ohne weiteres durch eine einzige Glei-
chung analytisch festgelegt werden können, z. B. bei dem häufig vorkom-
menden Apparat, wo ein cylindrisches Drahtsttick centrisch an eine Kugel
angesetzt ist, u. s. w. Um auch die Meridiancurven solcher Flächen, wie
es uns erwünscht ist, durch eine einzige Gleichung von der Form y = f{x)
oder (p{x^y) = 0 für rechtwinklige Coordinaten [oder r = f^ (9) oder
9^1 (''»ö) =0 für Polarcoordinaten] andeuten zu können, erinnern wir an
die (Dirichlet'sche) Formel:
Genügt y innerhalb desintervalles für x von a bis a^ derFormy=/'j (a:),
innerhalb des Intervalles a^ bis a^ der Form y = f2{^^y innerhalb des In-
tervalles «j l^is «h ^^^ Form y = f-^ix)^ •, innerhalb des Intervalles
ün- 1 bij h der Form y = f„ (o:), so ist der Werth des y für ein a:, das der
Bedingung genügt, bP[ x^ a:
auf Condnctoren u. s. w. von Tn. Köttkkitzscii. 127
\^ 2n (x — a)
— oo
« e '" h-u
inil — a) .
A (')'•'" '"" 1.-« 'dt
//,
•2 JT (/ — «) . / 2 « (/ — a)
— /« - — . — — i ,, , M j> / ,\ . in
f., (/) e - '" -b-a~ dt-\- I f., (0 c •" Ä--«- ' dl
2 n [l — rt)
+ + I fn{t)e- "'- h-oT •' rf/
f
Ist diese Gleichnng die in ebenen rechtwinkligen Coordiuaten aus-
gedrückte Gleicliung des auf der einen Seite der liotationsaxe gelegenen
Stückes der Meridiancurvo eines der gegebenen Condnctoren, so ist ersiebt-
lieb, dass
keine der mit / bezeichneten Functionen innerhalb der zugebörigeu Inte-
grationsgrenzen unendlich wird,
dass y sich mit Ausnahme eines Falles mit x stetig ändert,
dass für x = a oder x =h y == 0
und dass, da wir eiuander umschliessende Condnctoren von unserer Be-
trachtung ausgeschaltet haben, ein hohler Conductor aber im Bezug
auf die Vertheilung von Elektricität ebenso wirkt, wie ein massiver,
die obige Gleichung nur einen zusammenhängenden Curvenzweig be-
deuten wird.
Der eben erwähnte Ausnahmefall ist der, wenn der Conductor ein
senkrecht auf der Eotationsaxe stehendes ebenes Begrenzungsstück enthält.
Umgeht man die Schwierigkeit dieses Falles durch zuGrunde-Legung eines
anderen Coordinatensystemes, so können wir sagen : Durch eine Gleichung
von der vorstehenden Form ist irgend ein Punkt des auf der einen Seite
der Rotationsaxe liegenden Stückes der Meridiancurve eindeutig bestimmt.
Sind weiter die Derivirten der mit f bezeichneten Functionen inner-
halb der entsprechenden Integrationsiutervalle stetig, so ist auch eine so-
fortige Differentiation der obigen Gleichung erlaubt, wobei freilich an den
Integrationsgrenzen ^/j, «j, (t-^n . . . <hi-\. statt der wirklichen zwei im Allge-
meinen verschiedenen Werthe von y das arithmetische Mittel dieser beiden
Wcrthe zum Vorschein kommt.
128 Die mathematische Bestimmung der Vertheilung der Elektricität
§4.
Analytische Fixirung der gestellten Aufgabe.
Seien eine Anzahl, etwa 7, Conductoren von der Art gegeben, wie sie
pag.125 vorschreibt. Die Gleichungen der Meridiancurven derselben seien,
bezogen auf ein ebenes rechtwinkliges Coordinatonsystem mit der Kota-
tionsaxe als Axe der x:
y = 9i(a:); y = 92(^)'- y = 9>A^)' y = 9>q{^)'
Die mit elektrischen Massen zu belegenden Stücke der'Rotationsaxe (voll-
ständig innerhalb der Conductoren gelegen) mögen reichen, resp.
von tti bis b^ ; von a.^ bis b.^] von a^ bis 63; von ag bis bq.
Der den Anforderungen pag. 124 genügende Modus der Vertheilung elektri-
scher Massen sei dargestellt durch resp.
A(?)' /*2(9)' A(?)> fAQl
Dann ist das Gosammtpotential aller angenommenen elektrischen Massen
bezqgen anf einen Punkt, dessen rechtwinklige räumliche Coordinatcn *)
sind X, 1/, t*
«i «a *t% tiq
h
1 *^
wenn r = j/ {x — q)'^ + »?'^ + J^
Ist nun der Punkt o; 1/ f irgend ein Punkt der Oberfläche des s'*"" Con-
ductors, also t}- -f- J* = y^ = \SPs (^)]^» so ist nach pag. 124, 2. :
welche Lage auch der Punkt a; ^ f auf der Oberfläche des 5^'''' Conductors
einnehmen mag.
Bedeutet also da ein auf der Oberfläche dieses Conductors gelegenes
Bogenelement, so ist
ox da ' dy da öx dy
eine identische Gleichung, sobald der Werth von y = (p^ (x) als Function
von X in dieselbe eingesetzt wird.
*) Uezogeu auf ein Coordiuateusystem, das möglichst mit dem obigeu ebeneu
zusammenfällt.
auf Conductoren u. s. w. von Th. Kötteritzsch. 129
Die Identität I repräsentirt q Identitäten , da in ihr s alle Werthe von
1 bis 9 annehmen kann.
Weiter ist nach 3. pag. 124
n. Jfs{Q)'i(f = ^,
wenn — Ag die algebraische Samme der dem 5^^" Conductor direct mitge-
theilten Elektricitätsmengen bedeutet.
Die Gleichung II repäsentirt, aus demselben Grunde wie die Gleichung
I, q Gleichungen.
Vermittelst der Gleichungensysteme I und II sollen nun die Functio-
nen f{g) und die Längen und Lagen der mit elektrischer Masse zu belegen-
den Axcnstücke, d. i. die Integrationsgrenzen a und b bestimmt werden.
Aasgeschlossen bleiben dabei im Allgemeinen Lösungen von der Form:
fg (e) :^ 0, und bs = (h.
Indem wir hier für die Bestimmung der a und b nur au das pag. 125
über Symmetrieverhäitnisse Gesagte erinnern, gehen wir namentlich
darauf aus, die Functionen f zw, berechnen.
Jedenfalls können wir über diese Functionen die Voraussetzung
machen, dass sie an den und innerhalb der Integrationsgronzen nirgends
unendlich werden, womit dann auch ihre Entwickelung innerhalb .dieser
Grenzen in Fouriersche Reihen gestattet ist.
Um diese Entwickelung in möglichst einfacher Form verwenden zu
können, denken wir uns den Coordinatenanfang bei der Berechnung des
Potentialwerthes der in einem bestimmten etwa dem jt/*" Conductor ange-
nommenen Elektricität immer in die Mitte der mit elektrischer Masse be-
legten Axenstrecke gelegt; eine Operation, die offenbar auf das Potential
jedes einzelnen Conductors sowohl, wie auf das Gcsammtpotential ohne
Einfluss ist. Setzen wir dem entsprechend weiter
-!^ jr_ .
K — "p = 2Ä/I ; fp {q) = V« «^ e " Äp ^ S
— oo
iK> erhalten wir statt der Gleichung 1, jetzt
1 ^^ JVi^-Qr + y'
»p
wobei jetzt, gemäss der angenommenen Beweglichkeit unseres Coordinaten-
systems, dem x für jeden einzelnen Conductor ein besonderer Werth bei-
gelegt werden muss.
Es ist nun unsere Aufgabe, der Gleichung 2, oder dem (/». ei\i^ Fqxxel
130 Die mathematische Bestimmung der Vertheilnng der Elektricität
•^^•^ f w .
zu geben, dass dessen Berechnung für jeden Werth, den x und y gemäss
der Bedingung, dass der Punkt xy auf der Meridiancurve des s^ Conduc-
tors liegt, erlangen kann, leicht ist, und namentlich auch die Art der Ab-
hängigkeit des Vs von x und y, wenn xy irgend einen Punkt der Meridian-
ebene bezeichnet, hervortritt. Hierauf hat dann, unter Anwendung der
Gleichungen I und 11 die Bestimmung der Coefficienten f/ und endlich die
der Functionen /j selbst zu erfolgen.
Hierbei bt noch besonders der Umstand hervorzuheben, dass, weil
eine Function sich nur in einer einzigen Weise in eine Fouriersche Reibe
entwickeln lässt, sich auch alle Unbestimmtheit der Aufgabe in der Art der
Bcdingungsgleichungen zeigen muss, von denen die Integrationsgrcuzcu
hp und die Coefficienten a^ abhängen.
§5.
Transformation von üs und - (/,.
d X
Seien die beiden Theile des Integrales
\h
In =
n -Qt
Vi^-QY + y'
dQ
r cos {n - q) r sin {n ^ q)
lc= 1 - - -do und /, = f / -
J Vi^-QY + y' J Vi^ - qY + r
- /i — Ä
tlQ.
Nun ist bekanntlich
y/, I COS n Q du I ros (w /) cos u t dl =
<> -A
oo
i
P, j sin u Q du I sin {n -- t) sin ul dl =
0
-A
0 für Q^ > /r
1 r ^ \ /... •» , »
- cos in , q) fuf'Q' = Ir
cos {n - q) für q- < /r
0 für q'^ > /r
- sin {n -- q) für q- = //'
sin (w — q) für qi^ < k'^
auf Conduetoren ii. s. w. von Tu. Köttkritzsch. 131
Mit Hülfe von A^ und By nehmen Ic und Is folgende Gestalten an :
+ CX> CO +A
— OO 0 — A
+ CX> CX) \h
= ^ f =
I, = — I ^ / s/« (mo) rf« / sm (n~j)sin(ul)dl.
- OO 0 - A
Aus der bekannten Formol
AT"
folgen weiter die für nn» wichtigen Formeln , wenn man setzt in derselben
CX)
und wenn man setzt x = — und für z z^ schreibt
2f e'^'-'^lz^ J'e '''■'' äz=j/^-eV
0 —00
oder, wenn man im letzten Integrale noch setzt
z = u -\- l.
+ 00
— CX)
Mit Hülfe der Formel C, nimmt nun Ig , wenn man noch setzt cos uq
= p,r. e ^ oder c'o5 w^ = ;>. r. — (^ ^ + <* "*') die Formen an:
IfZ=p.r. - -- I ... dip I du I cos {n — t) cos {ul) dt
jCX)
132 Die mathematische Bestimmuog der Vertheilung der Elektricität
-■ -* .'-^.^--^----'-'-^-^-v-^^ •■rf- •• ^^^^ ^ ••-^.^v^"^ -'.'*'-'-'^ «
Oder
Ic=p.r.
2nY%e~i
J
/t
dflf I du I cos {n — t) cos {u t)dl
0 — *
— cx>
(
wobei iu Hinsicht des auf q bezüglichen Integrales der letzten Darstellung
von Ic die Integration sowohl im Bezug auf die oberen, als auch auf die
unteren Vorzeichen auszufuhren ist.
Ganz entsprechende Form erhält auch /«, wenn man setzt, das eine
Mal sin UQ = p. i. e" y das andere Mal sin uq = p. i. -^ {e — f^ )»
nur müssen dann die beiden Integrationsergebnisso von einander abgezo-
gen werden, während sie im vorigen Fall zu addiren waren.
Führt man die auf q bezüglichen Integrationen aus nach Formel />,
pag. 131, so Erhält man
J^=p,r.~ 1^ --(/i^ / ^ 1"^^+"*^/ 'c/m I cos {n^t)ros {ut) dl.
Tt J "^ J J ^ h
Oder
^c^^pr. \ / — . di\t I e\~~4L^'^"'^f^dH 1 cos {n ^, l) cos (u t) dt
i^ )
^ du I cos (w - t)cos{ut)dlf.
OO
/, =
CX3
0 ^ 0
u
— [-ux
4^ '
Oder
0 ^ ü
u
— :; [-UX
-/
*
e/t(;
OO
M«
4^
MO?
A
i l ^
du I sin {n - l) sin {ut)dt
^ du I sin (n — t) sin {u t)dl
^ du I sin {n — l) sin {ut)dt
betzt man nun t/; = — also — = , so wird
t; ^ V
auf Condactoren u. s. w. von Tn. Kötteritzsch. 133
L r. — I rftf; I eir^^^^t^du 1 cos {n — i) cos (u i)
dt
0 0 — h
Nun ist aber nach Fonncl Aj pag. 130
0
^Jcos^u(^^ + x--^jyujcos{n^^^ I '''^^^lu+^"~ l)
Ö -A
/y2 P\2 >
je nachdem ( — + 3? — — j =ä^.
Der Ausdnick - — [- x — — nimmt bei wachsendem v stetig ab, nnd ist für
t; 4
r = 0, + OO, für t; = -|- OO, — oo; da nun nach den Integrationsgrenzen
der auf v bezüglichen Integration v nur positive Wertbe zu durchlaufen hat,
so haben nur diejenigen Elemente für die nach v auszuführende Integration
einen von 0 verschiedenen Werth, für welche v einen solchen positiven
Werth hat, däss
_ Ä < y! -I- a: - -^ < + A
V 4
d. h. wir haben als Grenzen der Integration im Bezug auf v zu nehmen die
positiven Wurzeln der beiden in v quadratischen Gleichungen:
2 2
^ + a;— r = + Ä und ^4-x— ^= — h.
V 4 V 4
Die Integrationsgrenzen sind demnach :
p, =2 [o: - k + ]/y^ + {x — h)^]; v^^2lx+ h + /yr+ {X + hyi
Mit Beachtung des auf der vorigen und auf dieser Seite Gefundenen erhal-
ten wir nun :
,/. = yco.[«|(^! + .-|)]^.
Verfährt man analog mit dem zweiten dreifachen Integrale der'zweiten
Darstellung von Te pag. 132, so erhält man
134 Die mathematische Bestimmung der Vertheilung der Elektrieität
<* ^ ^ 'v.-^-^ ..^•^-"
'>[a; + Ä+ Ky«+(x + Ä)«]
., /.= i/».[.H^ + '-T)]v
2U-A+ ^j;'+{x-/o»j
2 [- a: + A + Ktf'T (i - /')']
2 [- « - A + Jf'yMT'; +>0*]
Endlich erhält mAn noch auf analogem Wege und unter Benutzung der
Formel B, pag. 130, für l, die beiden Darstellungen:
2[« + A+^y«+^x + A)'J
•w.-.-/^[..f(^+»-i)r^
2 [.r - A + K«r»"+ (.t - A)»]
und
2[« + A+F'y»+(a; + Ä)«J
4, /,= 2
^/-["f(f+-i)]v
+iA["«(?-^-T)]v-
Setzen wir femer v = 2«^; /<. -j- ^« = ^n» so findet sich
<
Oder
TT
» . OCl
auf Conductoren u. s. w. von Th. Kötteritzsch. 135
Oder :
n . \ n y (u 1 \ .
2 I u
a? — Ä + Ky« + (a? — hf
y
— X + h+ ^« + (a? - Ä)«
/ * y
, 1 "7
n
n -r XI
" // Vi - „/ 2 ' r/M
- ar - Ä + Vif + (a;J- Ä)«
u
Durch Vergleichung der Relationen 5, und 6, erhält man noch die
Formel :
•^+1+/^* +j£+J)* -a: + y^+]^^«+(a:-/^)«
;/ r^ y
^n y (u 1 \ / \„'^y(^ ^\ ;
U J u
u —k + Vy* + (;^^^^ — a: — A + Ky*+ (a?+~A")*
Nach pag. 129, 2 und nach pag. 130 ist nun die gesuchte Transforma-
tion von üs, die wir auch in der Folge zu Grunde legen werden,
üs= ^ ^ «
P jP
n ^m •
CX)
WO /^ durch 5, oder 6, pag. 134 und 135 und 2, pag. 129 definirt ist.
Es könnte scheinen, als ob die Anwendung der bekannten Formel
F{x)=^Je «^*' du JF{t)e-''^^dt; —
h < X < + h
statt der Formel A^ und 5, pag. 130 auf kürzerem Wege zum Ziele führte,
allein die Bestimmung der Integrationsg|renzen für v bei der spätem Sub-
stitution tp = — (pag. 132) dürfte Schwierigkeiten verursachen ; zugleich
führte uns unser Weg auch auf die Formel 2, pag. 134, die dann wichtig
wird, wenn eine zur Rotationsaxe senkrechte Symmetrieebene vorhanden
i«t (vergl. pag. 125), indem dann für
136 Die mathematische Bestimmung der Vertheilung der Elektrieität
-^. ^N.' ».'-•.^^-/-.•.'-^-•'.^ -^ .
4-00 5p
gesetzt werden kann
— oo
0
Von den vielen Transformationen , die man noch aus 5, 6, und 7, für
/„ ableiten kann, erwähnen wir nur noch kurz ihrer leichten geometrischen
Interpretation wegen die folgende:
-, \ -{- sin a _ ,
Setzt man w = — , so erhält man :
cos Of
X A- h X — h
arc tna ■ — arc tnq
■» y ^ y
n
r
n^{x + ytnga)t ^^
rosa
cosa
'-^ ^ x — h . ^ ^ — Ä— .r
arc ing arc tng
;/ y
welche beiden Integrale auch aus dem ursprünglichen Integral
•l ^
direct abgeleitet werden können, indem man das eine Mal substitnirt
y tng a = X — g, das andere Mal y tng a = q — x.
Es dürfte aber auch hier umständlich sein, mit Strenge die Integrations-
grenzen zu bestimmen , wenn man von den obigen beiden Integralen die
Transformationen 5, und G, pag. 134 und 135 herleiten wollte.
Bezieht man nun Us auf ein und dasselbe rechtwinklige Coordinatcn-
System mit der Rotationsaxe als Axe der rc, im Bezug auf welches die Mittel-
punkte der mit elektrischer Masse belegten Axenstücke die Entfernung von
der Axe der y haben, resp.
Oj , ©2 » ^3 > • • • • ^q t
so kann sich an dem bereits gefundenen Ausdruck ftlr Us nichts weiter än-
dern, als dass an die Stelle von o; jetzt ar-j-^;) tritt, so dass wir erhalten:
X -\- hp '\' hp
arc tng
y
n -* (.r + hp — y tngcc) i ,
8. Us = J>/' ^" «" l e ^^ ---
" y
auf Conductoren o. s. w. von Th. Köttbsitzsch.
137
-i^\-» »^-'.^ ,*~,^W<" ^ W^i^^*«^ -
arc tng
»
Äp — X — bp
nj^{x + bp + ytnga)i ^^
cosa
arc tng
— hp — a? — 6|
7 + oo
= ^P ^a
P
n
1 -CX>
x+bp + hp+yy* + (x + bp+hp)^
(-+*-! [t-I])'.«
u
^^ + bp-'hp+yy»+{x + bp--hp)*
y
T* — <x> 2
%7H*'A(T-T)}'<f«
K
- .T - bp -hp+ yy^+ (x+ bp + h^*
y
Nach der dritten oder vierten dieser Transformationen von ü, ist nun
dessen Berechnung für jedes beliebige x und y leicht durch einfache Beihen-
eniwickelnng der Exponentialgrösse.
J O TT ^ TT
Analog wie üg lässt sich auch —11,= ^ -f" y ^ umgestalten.
Für unsern Zweck wird die folgende Transformation genügen.
Aus 1, pag. 128 folgt:
+ A,
d
-Ä.
X Q
Setzt man ^ =s tng a. so folgt
y
Zeittchrin f. Mathomafik u. Physik XIII, 2.
Vi
138 Die mathematische Bestimmung der Vertheilung der Elektrieität
d
arc tng ■ — —
-^ -\-y ^~=^ — I fp{^—y tng a) [Striae ycosa]da.
arc tng
• +00
Also auch , da fp (^) ==
n-r— pt
n
— 00
cerc tng
x + h,
dx "^^ dy
^« — I c ^ \sinu-\-y co8(ji\da.
arc tng
X — Ai
Endlich beim Uebergang auf das pag. 136 angenommene feste Coordi
natensystem :
x + bp + hp
arc tng
y
dx dy
^^— ^ \ e ^ [sina-^-y cosa]dct.
1 ^^ 2/
arctang
X-\' bp — Äp
Wir schreiben hierfür kurz :
indem
x + bp
arc tng — ■ — =-
r
n, z, =
e
n ^ (x + bp —y tng a) i
^ \sin a-\-y cosotlda
J
arc tng
x+b
P
arc tng
y
X + A;» + hp
y
10 7 —
n j—(x + bp—y tng a) i
^ [sin ff + y' COS tt\dct
I
arc tnq -
y
auf Conductoren u. s. w. von Th. Kötteritzsci!. 139
§6.
Bestimmung der Coefflclenten c^.
Bei der Bestimmung der Coefficienten a^ haben wir folgende Relatio-
nen zu erfiillen.
Nach Seite 129 und 128 IT, und I,
1, f f. {9) dQ = A,
q \ 00 p
eine identische Gleichung, sobald in ihr der Werth von y als Function von
X mittelst der Gleichung
3, y = 9t (pc)
sabstitnirt wird.
Femer nach pag. 129 :
endlich die Werthe von Z^ und Zj nach pag. 138.
Jede dieser 4 Gleichungen repräsentirt deren g , indem p oder $ alle
ganzzahligen Werthe von 1 bis q annehmen kann.
Nach der Gleichung 4 genügen die a^ bekanntlich auch folgenden Re-
lationen :
"p (0 ro« (n -^ 0 rf< ; ßl^~— If^ (0 sin {« ~ /) dt.
Seiner Bedeutung nach (pag. 128) kann aber fp (^) nur reell sein , da-
raus folgt weiter, dass der reelle Theil von a^eine gerade, der imaginäre
eine ungerade Function von n sei , oder dass
Mit Beachtung der Gleichungen 5, überzeugt man sich leicht, dass 11$ nach
8, pag. 136 nur reelle Werthe enthält.
Setzt man den Werth von /*, {q) nach Gleichung 4 , in die Gleichung
1, ein, 80 erhält man
140 Die mathematische Bestimmung der Vfertheilung der Elektricität
N.-^«^ •-»— ,^,-^,-1. ^^r-" -%^^ >^*N *\.-x'>--v v.^ >•-.*. v/% *" •Ny%y>-'N« * •^^*s^^ •".•
2 a^ A, == Ä,
oder
^' ''•=T AT'
eine Oleichung, die deren wiederum nach der Bedeutung von sq^ repräsen-
tiren kann.
Zur Bestimmung der übrigen CoefBcienten a^ bleibt nun allein nur
noch die Gleichung
übrig. Wir denken uns zunächst y mit Hülfe der Gleichung .3 , aus — und
Z ^
— eliminirt, wodurch die Gleichung 2, übergehen mag in die Identität:
+ O0
8, y? ^ < {*! (''i ^) + *2 («» ^)} - 0.
n
1 -OO
if/] (/}, o:) und t/Zj (/i, x) sind dann eindeutige und stetige Functionen von n
und x\ zugleich sind ihre reellen Theile gerade, ihre imaginären, ungerade
Functionen von n. Setzen wir nun n gleich einer beliebigen complexen
Zahl, etwa
« = fi + IV,
so ist ersichtlich , dass , weil der Factor von n in Z, , nämlich 7~ (^ -h ^/>
kp
— y ing a) i nur positive , dagegen in Zj nur negative Werthe annehmen
kann,
Z, , also auch if/j (/}, o;), endlich und stetig bleibt, wenn
{L den Weg von — cx> bis -f" o^ ^^^
V den Weg von 0 bis -|- oo durchläuft ;
Z./, also auch if/j {n^ x) endlich und stetig bleibt , wenn
{L den Weg von — oo bis + oo und
V den Weg von 0 bis — oo durchläuft.
Es ist also tf/j (n, x) eine synectische Function von n für alle Punkte
auf der positiven Seite derAxe der ^ und if/j ipyx) dasselbe fUr alle Punkte
auf der negativen Seite der Axe der fi.
Femer ist ersichtlich , dass , wenn n = Re^^
Ä = oo ** («1 a:) = 0,
wenn n = Äe~*®
Lim , . ^
Ä = oo ^-^ (w, x) = 0,
vorausgesetzt, dass
0 <(^ <7t.
»of Conductoren u. 8. w. von Th. Köttebitzsch.
141
^*^» •■^.^■^^^■^■^^w^m
Bilden wir nun
Fig. i.
dn^
toflgedehnt über einen Integrationsweg, wie
ihn Figur 1 darstellt, und
^ ß^^dn,
Fig. 2.
insgedehnt über einen Intogrationsweg nach
Flgar 2, so ist /, = /j = 0 und wir erhal-
ten die Relationen
c • u « + »-t
0
e 0 « + Ta
0
de.
Lassen wir nun r^ und r., unendlich ab-, dagegen /{ unendlich zuneh-
men, so verschwinden die letzten, /{enthaltenden, Integrale und wir erhalten
die beiden Gleichungen :
+ 00
— cx>
- oo
aas welchen folgt:
11
4- OO
I / ^\ 1 , / \ ^ 7^1 (f*7 ^) — '«^•2 (f*7 ^) .
-OO
142 Die mathematische Bestimmung der Vertheilung der Elektricität
Ist weiter zur Abkürzung
12, *, (ft, o:) — 1^2 (fi, a;) = X|, (^, o:) = X* ,
80 ist ersichtlich, dass X^ dieselben Eigenschaften besitzt, die wir pag. 140
als dem ilfi{n^x) und tf/jC^, o:) zukommend anführten.
Legen wir nun dem a der Gleichung 11, alle gauzzahligenWerthe von
— oo bis -|- oo bei , so ist
13, 2 < {ti («, x) + % ('»» ^)}
— cx>
P^^ ^ \ (i ' fi— 1 ' fi+l f*— 2 ' fi+2 I
- (X>
Setzt man weiter
so nimmt die Gleichimg 8, pag. 140 folgende Form an :
X,
i, f{X[Ä,
15, 1 {X[ X^ + X^ X,-\- X, X, + -\-X[X^}d^ = 0
— oo
eine Gleichung, die deren q repräscntirt, indem s alle ganzzahligcuWerthe
von 1 bis q zu durchlaufen hat.
Mit Beachtung von 5, pag. 139 ist ferner leicht ersichtlich, dass auch
in Xpdie reellen Theilo gerade, die imaginären ungerade Functionen von
fi sind.
Die sich aus 15, ergebenden q Gleichimgen sind nun auch die einzigen
weiteren Gleichungen, die sich zur Berechnung der «^ergeben.
Setzen wir die zu integrirende Function
16, x;z^+x;jr, + .... + x;^^ = c, »-,
WO Cs eine reelle Constante bedeuten möge, so hat JVs folgende wesentlicbc
Eigenschaften :
1, Ws ist eine Function von (i und x.
2, fV^ wird unendlich für jeden reellen ganzzahligen Werth von fi.
3, Ws wird Null für f* = + oo.
4, Jfs ist endlich und stetig für Werthe von [i die nicht unter den Fall
2, gehören, auch wenn (i eine endliche complexe Grösse ist.
5, Der reelle Theil von W, ist eine gerade , der imaginäre Theil eine
ungerade Function von fi,
6, Ws wird unendlich , sobald ft = + ' oo -f- / , wenn / eine reelle
Grösse bedeutet.
7, fV, verschwindet für or = + oo; |i* endlich.
auf Conductoren u. s. w. von Th. Köttekitzsch. 143
\, J Wsd(i = 0.
8.
— oo
Sind nun Wi^ W^^ f^3 .... Wq Functionen von ^i, und j;, denen die
eben genannten Eigenschaften zukommen, so folgt aus der Gleichung 16,
das für die Xp lineare System von Gleichungen :
Xj Xj + Xg -^2 + Xj ^3 + + Xj X^ = Cj W^
^1 ^1 "h ^ ^2 "f" ^» -^3 "f" • • • • "^^q^q^^ ^2 ^2
X^ A^j + X^ ^2 "H ^3 -^3 "1" • • • • "^ ^q^q"^^ ^^^i
Ist R die Determinante dieser Gleichungen, so ist:
17, RXp=Ct W', ---^+cj»',— 5- + c,fF,— 5 +....
8Xp ax^ ax^
^ ax* p
p
Nimmt man nun
-f-i
Xp dii= I -^ d(i
fi als complexe Variable gedacht und das Integral ausgedehnt Über einen
Kreis, dessen Radius kleiner als Eins ist und dessen Mittelpunkt der auf
der reellen Axe gelegene Punkt |x = n ist, so ist
J^^''^-'kj^n-'<-
Folglich ergeben sich bei zweckmässig gewähltem Integrationsweg alle
Coefficienten J* in der Form :
\ jx,dt. = \ J ^rf^
18. < = 2
Oder bei Ausführung der Integration :
Die Constanten c^, Cj, c.^ .... c^ können auf folgende Weise bestimmt
werden: Dividirt man die Gleichung 17, durch R und integrirt dann die
so entstandene und noch mit dfi multiplicirtc Gleichung, indem man als
Integrationsweg einen um den Nullpunkt mit einem Radius kleiner als Eins
beschriebenen Elreis wählt, so ist mit Rücksicht aufNo. 18 und 7, wenn
noch abkürzungsweise
144 Die mathematische Bestimmung der Vertheilnng der Elektricität
gesetzt wird , das System Gleichungen gültig :
c,N\ + c,Nl + c,Nl + + cX=«S=-^T*
1
c,K + '=2«l + '=,K-h + ',^»^<=Yf,
c,Nl-\-c,Nl + c,fil + + c,iVj=«« = |-^
Hiermit sind die Constanten Factoren Cp vollständig bestimmt.
Von der Gleichung pag. 129
20, fpiQ) = ^a^,e''hp^'
— oo
7t Jf TU
= Co + 6'j C05 — - 9 -f" ^2 ^^* 2 — Q-^C^cosS — Q -{-
hp Zip fip
Tfi 7t 7t
-j- J^i sin-— Q-{- 2>2 **'* 2 -— o + 2>., 5in 3 — ^ + —
hp hp hp
ist also nun die rechte Seite als in allen ihren Theilen bekannt anzusehen.
Soll die Gleichung 20, aber für uns branchbare Resultate enthalten, so
muss sie noch die beiden Bedingungen erfüllen :
1, ihre rechte Seite muss convergent sein,
2, die Constanten C und D müssen von x unabhängig sein.
Die erstere Bedingung verlangt, dass die Beihen der absoluten Werthe
der C und der 2> abnehmen.
Die zweite Bedingung verlangt, dass der aus 17, folgende Werth von
^pvon X unabhängig sei, d. h. dass man die hp und bp so wähle, dass sie
neben der Bedingung, dass die angenommenen elektrischen Massen voll-
ständig innerhalb der gegebenen Conductoren liegen, auch noch die Diffe-
rentialgleichung
dx ^ dx
21, Ä i^ = F^
erfüllen.
Die Realisirbarkeit der letzten beiden Bedingungen ist zugleich das
Kriterium dafür, ob überhaupt die gestellte Aufgabe lösbar sei oder nicht.
auf Conductoren u. s. w. von Th. Kötteritzsch. 145
§7.
Bestimmung der Function fpio) selbst.
Nachdem wir durch die Gleichung 20, pag. 144 die Entwickelung von
fp (q) in eine Fouriersche Reihe kennen gelernt hahen, handelt es sich noch
darum, diese Function fp (q) selbst zu bestimmen.
Ich erinnere hier an eine Abhandlung*) meines hochverehrten Leh-
rers, des H. Hofrath Schlömilch, in welcher folgende Theoreme bewiesen
werden :
Ist f' {z) = —f(^z) = f* {u -^ it) zwischen den Grenzen für u, 0 und
cx>, für /, — c» und -|- oo, nirgends unendlich, so ist
1. l f(0) -i- f{l) cos X + f{2) cos2 X + f{3) cos3 X + ....
e («- a:) < ^ e - («-^) < n-it) -/-(+ .0. ^,
^nl g — «' 2 t
0
7t ^X ^0.
2, f{\) sin X + /•(2) sin 2x + f(3) «« 3 a: + . . ..
<x>
7t> X > 0.
7t
Schreibt man in diesen beiden Formeln für x -r- Q und addirt dann
hp
beide , so erhält man unter der Bedingung
Ä^> ^>0,
wenn man noch die /* durch angehängte Indices sondert, die Gleichung:
2 /■. (0) +/•, (1) CO« -^ * + /•, (2) co»2 -^ 9 + /i (3) cos 3 -^ 9 + . . .
+/i(l)«.« •^? + A(2)««2 ^^ + /i(3) ««3 ^ Q + ...
e"' — e
0
-'^(A,-P)^<^,-CA;,-P)^t ^ /•,(-,<)-/-,(-f ,7)
0
dt
0
•) Ddveloppement de deux formules suinmatoiroB. Journal von Grelle Bd, 4^,
pag.* 125.
146 Die mathematische Bestimmung der Vertheilung der Elektricität
--^-^.X'.-- ^ ^ y-i^-^r-^».^^ ^:^.^^^- ^^^^.^'.^-,^.^^'S^S.f ^ -^^m' .' •• J^ ^ ^- ^-t ^-w- ^~ «
Setzen wir in der Gleichung 20, pag. 144
^0 = y <Pi (0); On = 9>i ('») ; J>n = 9>2 W
und zur Abkürzung wenn A^* > ^ > 0
0
/
e. (*''-«')^'^e -(*'-•) Ä7' y,(-.0+y.(+'0 ^, _ p
^«^ ^ — jr/
0
so können wir, so lange
A;, > ^ > 0
die Gleichung 20, pag. 144 auch schreiben:
Ist dagegen
— Ä,, < 9 < 0
so ist, wie leicht ersichtlich
fr (?) = ^1 - ^'j-
Deuten wir den Werth von f^ (^) fär ein positives p durch /"^ (+ ^),
für ein negatives 9 durch fp ( — ^) an, so ist auch der Werth von fp (9), so-
weit er uns überhaupt interessiren kann, bestimmt durch die Gleichungen:
4. /■,.(+?)+/■;< (-e) = 2 F,.
5. /■,<(+ P) -/;-(-?) = 2 F,.
0
dt.
0
Hiermit ist /*^ (p) bestimmt, so lange gpj' (z) = 9/ (m -|- i7) und fp^ (*)
= gpj' C*^ "f" «0 iiicht unendlich werden für einen Werth von u zwischen
0 und + 00 > von /, zwischen — 00 und + 00.
Die speciellen Fälle, wo diese Bedingungen nicht stattfinden, können
hier bei unserer allgemeinen Betrachtung nicht weiter discutirt werden,
sie werden sich aber im Allgemeinen durch eine der pag. 141 angewandten
ähnliche Methode lösen lassen.
auf Conductoren u. s. w. von Tli. Kötteritzsch. 147
■ y~w-rf . - •»•-•v'-w^
§ 8.
Schlussbemerkungen.
Sollte die Aufgabe in der Fassung der pag. 125 unlösbar sein , so
wird sie docb nach dem, was über Symraetrieverhältnisse gesagt wurde,
immer lösbar sein, wenn die anzunehmenden elektrischen Massen als
irgend wie symmetrisch zur Rotationsaxe angeordnet im Innern der ein-
zelnen Conductoren angenommen werden. Es ist dann statt der pag. 128
eingeführten Function fy {q) eine Function fp (p, c) zu bestimmen, wenn q
und a die Coordinaten eines Punktes im Innern der Meridiancurven des
/>'*•" Conductors sind. Denkt man sich fp (q^c) ebenfalls in eineFourier'sche
Reihe entwickelt, so ist dann auch die Bestimmung von fp (^, a) ganz ana-
log der Bestimmung von fp {q) ausführbar.
Diese Methode ist immer anzuwenden , wenn die von Rotationsflächen
mit gemeinschaftlicher. Rotationsaxe umschlossenen Conductoren einander
einschliessen.
Es ist dann auf diesem Wege weitergehend nicht besonders schwie-
rig, die elektrische Vertheilung auf einem beliebigen Conductorensystem
zu bestimmen.
Das Schwierigste bei der Lösung des vorgelegten Problems ist immer
die Beschaffung der pag. 142 eingeführten Function W, Die genauere Be-
stimmung dieser Functionen muss einer besonderen Arbeit vorbehalten
bleiben.
Die Wichtigkeit der Lösung des vorgelegten Problems sowohl fUr
strömende, als auch für statische Elektricität, bedarf für den Physiker zu
ihrer Begründung keiner Worte.
Endlich bemerke ich noch, dass für mich bei Abfassung dieser Arbeit
namentlich der Gesichtspunkt massgebend war, für das Experiment eine
solche theoretische Grundlage zu erlangen, dass die Ergebnisse des Experi-
mentes mit beliebiger Genauigkeit vorher bestimmt werden können. Es
galt daher auch für mich nicht z. B. bestimmte Integrale zu entwickeln, son-
dern nur anzugeben, indem dann jeder auf höchst einfachem Wege, z. B.
mit Hülfe eines Planimeters, den Werth des bestimmten Integrales beliebig
genau sich verschaffen kann.
IQeinere Mittheilungen.
17. Lineare Constraction dei PnnktepaareB, welches n.Ewei gegebenen
Pnnktepaaren gleichzeitig harmonisch ist Von Dr. Grelle. Angesichts
des bekannteix Satzes über die Eigenschaften der Durchschnitte der
Diagonalen eines vollständigen Vierecks liegt der Gedanke nahe, das
Punktepaar, welches zu zwei gegebenen Punktepaaren gleichzeitig har-
monisch ist, im Fünfeck zu suchen. Und in der That, zerlegt man ein
Fünfeck auf zweierlei Art durch eine Diagonale so je in ein Dreieck
und ein Viereck , dass die beiden Vierecke eine Diagonale gemeinschaft-
lich haben, vervollständigt die Vierecke , so wird man auf dieser gemein-
samen Diagonale zwei Punktepaare erhalten, welche zu dem Paare, das
die durch jene Diagonale verbundenen Ecken des Fünfecks bilden,
gleichzeitig harmonisch sind. Um demnach aus jenen beiden ersten
Paaren das dritte construiren zu können, muss man versuchen, aus den
gegebenen vier Punkten das Fünfeck herzustellen. Untersucht man zu
diesem Zwecke die Lage verschiedener Linien und Punkte im Fünfeck,
so gelangt man zu den gewissen Gesetzen , die in der That die gestellte
Aufgabe lösen. Diese Gesetze sollen in dem Folgenden mitgetheilt wer-
den, ohne jedoch dabei das Fünfeck als Ausgangspunkt zu nehmen; es
würde nämlich sonst eine so grosse Fülle von Linien und Punkten in
Betracht zu ziehen sein, dass ich ftlrchten müsste , die Geduld des Lesers
zu sehr in Anspruch zu nehmen.
Die Gleichungen der Punkte des gesuchten Paares seien <i = 0,
6 = 0, und die der Punkte der gegebenen Paare :
. p^a — Xb = 0 ri^ a — x6 = 0
^^ ^ = a-fA6 = 0, * = a-fx6==0;
ausserdem seien die Gleichungen irgend zweier Punkte ausserhalb der
Geraden, auf welcher jene sechs Punkte liegen:
(2) ' = ^
^ ^ m^Aa-^-Bh + Cc^O. (Siehe die Figur.)
Wh ziehen von C aus je eine Gerade durch p und q^ von m aus je
Kleinere Mittheilungen.
149
eine Gerade durch r and s. Die cq und ms schneiden sich in einem
Punkte dy als dessen Gleichung man leicht findet:
(3)
Ax — B
X — X
(a+A6)4-Cc
AX — B
% — X
(a +x6)+^a+5ft+Cc=0.
Durch Vertauschung des + x mit — x, des -|- X mit — X geht hieraus
sofort die Gleichung des Durchschnitts g der pc und tnr hervor mit:
(4)
g - ^^^^ (a - Ib) + Cc == 0,
während man die Gleichung des Durchschnitts f der es und mq dadurch
erhält, dass man in (3) x mit X und umgekehrt vertauscht. Man be-
kommt :
AX—ß
(5)
f^-
K—X
{a + x6) + Cc = 0.
Und endlich folgt noch aus (3), dass die Gleichung des Punktes e, der
mit d ein zu c und q harmonisches Paar bildet:
(6)
e - ^— ^ {a -f Xh) ~Cc=^0,
X A
15() Kleinere Mittheilungen.
und die des Panktea /t, der mit d ein zu $ und m harmonisches Paar
bildet :
(7) h- — "ihnl (rt + K^) + ^a -f- ^ft 4- Cc = 0
sein muss.
Es wird behauptet^ dass die Geraden, welche bez. a mit e^ und b
mit h verbinden, sich in einem Punkte der fg schneiden müssen.
Um dieses zu zeigen, stellen wir die Gleichung des Durchschnitts i
der ae und fg her. Zu diesem Zwecke sind drei Constanten Qy o^ t so
zu bestimmen, dass:
pö + <y e — t g+ f
stattfindet. Man wird finden:
x-j-A x-j-il X — X ^
9 = A-j-, a. ^-^, t = ^^,
woraus sich als die gesuchte Gleichung des Punktes i ergiebt:
(8) I = Y (a + x6) + ^fl — ^6 + Cc = 0.
Aus (7) und (8) folgt aber:
h — i=2Bb,
womit obige Behauptung erwiesen ist Wenn sich demnach eine zweite
Gerade finden lässt, die ebenso wie die fg den Punkt t enthält, so ist
damit die gestellte Aufgabe gelöst.
Zur Bestimmung dieser zweiten Geraden bedarf es zunächst noch
eines dritttcn Punktpaares, ebenfalls zum Paare a, b harmonisch. Dieses
ist in der bis jetzt gezeichneten Figur bereits vorhanden; denn da aus
(4) und (5) folgt:
f--g = ^±^^iAa-Bb),
und ausserdem:
m -- Cc^= Aa -{- Bb
ist, so schneiden die fg und cm die Gerade der gegebenen vier Punkte
in den beiden Punkten u und v der Gleichungen :
u = Aa — Bb = 0
V EEi Aa '{' Bb = 0,
d. i. in zwei Punkten, die ein zu a, b harmonisches Paar bilden.
Verfährt man demnach mit den Paaren u, v und />, q ebenso, wie
vorhin mit r, s und ;>, y, wobei nur darauf Acht zu geben ist, dass der
Punt e bei der letzten Construction dieselbe Rolle spielt wie bei der
vorherigen, so ist t und damit auch das Paar a, b auf lineare Weise
festgelegt.
Mit dem geringsten Aufwand von Geraden wird wohl die Sache
Kleinere Mittheilungen. 151
-• >*>- . -'■ .
erledigt, wenn man das durch u und v zu legende Linienpaar von m^
(siehe die Figur) zieht. Die mju schneidet die cd in d^, und ist jetzt
der Punkt c^, von welchem aus das zweite Linienpaar durch p und g
zu legen ist, auf der d^ c so zu bestimmen, dass efj, e zu q^ e^ harmo-
nisch wird. Alsdann findet man leicht die Punkte g^ und/\, damit die
9i f\ ) doQ Punkt I und schliesslich die Punkte a und h.
Auf die Bestimmung zweier Punkte der letzten Art läuft die Lösung
verschiedener, die Kegelschnitte betreffender Probleme hinaus und
zwar namentlich die Construction eines Kegelschnitts ans 4 Punkten
und 1 Tangente, 4 Tangenten und 1 Punkte, 3 Punkten und 2 Tan-
genten, 3 Tangenten und 2 Punkten, welche, falls die gegebenen
Punkte nicht in den gegebenen Tangenten liegen, bekanntlich bislang
nur mit Hülfe eines Kreises ausführbar war, nunmehr aber in linearer
Weise geschehen kann. Es soll dieses hier an den beiden ersten jener
vier Aufgaben gezeigt werden.
I. Gegeben 1 Tangente und 4 Punkte, von denen keiner der Berüh-
rungspunkt der gegebenen Tangente ist.
Verbindet man je zwei und zwei der gegebenen Punkte in der
Weise, dass ein dem Kegelschnitte eingeschriebenes Viereck entsteht, be-
zeichnet die Gleichungen der Seiten dieser Figur der Reihe nach mit:
« = 0
^ ^ c = 0
rf EH ^fl + Pft + Cc = 0,
80 ist bekanntlich die Gleichung des zu suchenden Kegelschnittes:
(10) Kac-^hd^Oy
wo K eine Constante bedeutet, die in Bücksicht auf die Bedingung, dass
die gegebene Gerade, etwa der Gleichung:
(11) t = A^a-\'B^h'\'C^c = 0
die Curve berühren soll, zu bestimmen ist. Setzt man zu dem Zweck
den Werth von d in (10) ein:
(12) Kab-\' Aah + Bb^ + C6c = 0
und eliminirt darauf aus der Kegelschnittsgleichung in dieser Form
und aus (11) eine der Variabein, z. B. 6, so entsteht unter Benutzung
der Bezeichnungen:
BC^— B^C = q
die nach a und c quadratische Gleichung:
(13) A^pa^ + ac (^ÄT + C,/> + ^, y) + C^qc^ = 0,
aas der man durch Auflösung nach a zwei Gleichungen von det ¥^'t\si\
152 Kleinere Mittheilungen.
■•^ •^ *"•■ — ^*i*" i^'w >
a — Ac = 0, a — |äc = 0
erhält. Da diese, ihrer Entstehung zufolge, den Geraden angehören,
welche die beiden Punkte, die der Kegelschnitt und die gegebene Ge-
rade / = 0 gemeinsam haben j je mit dem Durchschnitte der a = 0 und
c = 0 verbinden, diese beiden Punkte aber zusammenfallen, indem
f = 0 eine Tangente sein soll, so muss A a= |ii sein, d. h. muss (13)
gleiche Wurzeln haben. Hierfür ist die Bedingung:
(14) (^i^ K+C,p + A,qy^4.A, C, pq,
welche E bestimmt. Durch Auflösung nach K erhält man dafür aber
zwei verschiedene Werthe, woraus zu schliessen ist, dass es zwei Kegel-
schnitte der verlangten Art giebt. Die Lage der Punkte, worin diese
beiden Curven die i = 0 berühren , ist leicht zu erkennen , wenn die
beiden aus (14) für K folgenden Werthe in (13) eingeführt werden.
Man erhält alsdann als Gleichungen der Geraden, welche die Berüh-
rungspunkte je mit dem Durchschnitt der a = 0, c = 0 verbinden :
(15)
a + c l/Ai=0, a — cl/SAÄ = 0,
r A^p r A^p
d. i. ein zu a = 0, c »= 0 harmonisches Linienpaar. Was für irgend
ein Paar gegenüberliegender Seiten des eingeschriebenen Vierecks be-
wiesen ist, gilt für jedes. Es ist demnach gezeigt, dass die beiden
Berührungspunkte ein Paar bilden, gleichzeitig harmo-
nisch zu den beiden Punktepaaren, worin je zwei gegen-
überliegende Seiten des eingeschriebenen Vierecks die ge-
gebene Tangente schneiden.
Hiermit ist die gestellte Aufgabe als gelöst zu betrachten, da nach
dem Satz vom PascaPschen Sechseck jetzt jede beliebige Anzahl von
Punkten, die den gesuchten Kegelschnitten angehören, construirt wer-
den kann.
n. Gegeben 4 Tangenten und 1 Punkt, der in keiner der Tangenten
Uegt.
Die Formeln der letzten Betrachtung beziehen sich ohne Weiteres
auf diesen Fall, wenn man sich unter a=sO, 6 = 0, c = 0 jetzt die
Gleichungen irgend dreier aufeinander folgender Eckpunkte des aus den
gegebenen Tangenten gebildeten umschriebenen Vierecks denkt. Als-
dann ist cf BS 0 die Gleichung der vierten Ecke dieser Figur, t = 0 die
des gegebenen Punktes, und ist (12) die Gleichung zwischen den Drei-
eckcoordinaten der Tangenten des dem Viereck eingeschriebenen Kegel-
schnitts. Folglich sind a — Ac = 0 und a — fi c = 0 die Gleichungen
zweier Punkte auf der Diagonalen ac so gelegen, dass ihre gerad-
linigen Verbindungen mit A Tangenten sind, sodass, weil f ein Kegel-
schnittspunkt ist, wieder wie vorhin fA = A sein mass. Man hat also
Kleinere Mittheilungen. 15ä
nk'ieder die für if quadratische Bestimmangsgleichong (14), woraus, ebensowie
▼orbin , auf die Existenz zweier Curven der verlangten Art zu scbliessen
ist. Und zwar haben diese wegen (15) solche Lage, dass ihre
Tangenten in dem gegebenen Punkte / ein Linienpaar bil-
den, gleichzeitig harmonisch zu den beiden Linienpaaren,
die man durch Verbindung des Punktes /je mit zwei gegen-
überliegenden Ecken des umschriebenen Vierecks erhält.
Hannover, im Januar 18G8.
V. üeber das grösite tintv Ellipse einbeschriebjBiie it-Eck. Von Dr.
Grelle. Die Ellipse ^ -\- 72= 1 kann man als rechtwinklige Pro-
jektion des Kreises x^ -\- y^ = a^ ansehn, dessen Ebene die der Ellipse
in ihrer grossen Achse unter dem Winkel arc cos ( — j schneidet. Folg-
lich ist das grösste der Ellipse eingeschriebene n-Eck die Projektion
eines grössten dem Kreis eingeschriebenen n - Ecks. Dieses Iftsst sich
folgendermassen bestimmen.
Sind die Coordinaten der n Eckpunkte Pj, Pj» ^3> • • • ^« ^^^ der
positiven or- Achse nach links herumgerechnet o?], ^i; ^2) ^21 ^3) ^31 * * - •
^mj ynj dann yist der Inhalt des eingeschriebenen Polygons :
W « = i [y\ 3:2 — ^2^1+^2^3 — ^3 ^2 + ^3 ^4 — ^4 ^3 +
-f y„_i x„ — y« ar„_i + y« a:, — y, arj,
wenn die Bedingungen erfüllt werden:
x^^'\-y,^^ = a^
(2)
^n^ + yn^ = «'
Um das Maximum von t zu erhalten, sind demnach die partiellen
ersten Abgeleiteten nach x^^ oTj, ... x„^ y^, y.^, . , . y» von
(3) " = i [y\ ^2 — ^2 a^i + ^2 •'^3 — ^3 ^2 — + yn ^^i — Vi a:«]
+ ^, [--^i^ + yi' - «'] + ^2 [^2' + ^2^ - «'] +
+ ^H [a:«^ + yn^ — «^],
wo X,, x.^, . . . . x„ vor der Uand beliebige Constante bedeuten, einzeln
gleich Null zu setzen. Dies giebt:
'Ipittrhri/t /. Maiht'iiialik u. Phymk XIII, 2. W
154
Kleinere Mittheilungen.
()U
du
du
—yQ+yn
y^ir^^+2K,x,=o
{i){da
3
(du_
du
^y^
du
mTa *"^~ HC f
+ 2x,.v,=0
^ys
^x,, 2
du
dyn-\
■a:„__2+^i
+2jc„_ii^«_i=()
^«==^-rl+^. + 2x,y.=0.
l»y
Durch Elimination von x, ans den beiden ersten, von x.^ aus den
beiden zweiten u. s. w. Gleichungen der Systeme (4) und (5) er-
hält man:
(— y^ + y») y\ = (^2 — ^») ^1
(6; (^2 — ^4) y^ = (— ^2 + ^4) ^3
(y»-2 — yn) ym-i = {— Xn^% + ar^) ir,^i
(y„_i — 2/1) y« = (— a:»-i + ^i) ^«
Die Summe von irgend (w — 1) dieser Gleichungen (G) ist immer
die n^^; zur Bestimmung der 2n Unbekannten x^ . . . x^^ y^ * . . yn h»t
man also nur 2w — 1 Gleichungen [(2) und (6)], woraus hervorgeht, dass
es unendlich viele einem Kreis eingeschriebene grösste n^Ecke giebt.
Ihre Beschaffenheit ist leicht zu erkennen, wenn man aus (G) durch
Auflösung der Klammern und nachherige Division mit a^ zunächst zieht:
(7)
y 1 .Vi I ^ ^2 ^2 ^3 j^ *^2 ^3
a a a a
an a a
x^ x^
^3^4 1
a a a a
y„-i yn , .-^-1 Xn^ ^^
a a n a
yn yx
a a
+
a a
und darauf in diese Bedingungsgleichung für die Coordinatcn der Eck-
punkte eines grössten Kreis -n -Ecks die Winkel einführt, welche die
Halbmesser jener Eckpunkte mit der positiven ar-Achse bilden. Werden
diese nämlich der Keihe nach mit cT], a.^^ ... a„ bezeichnet, so lässt
sich (7) in der Form geben:
(8) cos («2 — cfj) = cos {a^ — '^2) ^^^ ^^* (''4 — ^'a) = . • . = cos {a„ — cr»_i)
= cos {2n — a„ -\- or,),
woraus
flfj «1 = «3 «2 = «^4 «3 = . • = 0^» -^ ««-1 = 2 7t — «„ -f O,,
und in weiterer Folge zu schliesscn ist, dass von allen einem Kreis
e/ngeschrieheDon w- Ecken das regelmässige das grösste sein mnss.
Kleinere Mittheilungen. 155
x^ = a cos 9, a cos
Um die Lage der Projektionen der Eckpunkte eines solchen regel-
mässigen Polygons auf die Ellipsenebene kennen zu lernen, nehmen wir
an, dass von irgend einem Kreispnnkte der Abscisse x^ aus in dem
Kreise ein regelmässiges n-Eck constrnirt wäre. Wird der Winkel des
Halbmessers dieses Punktes mit der positiven o:- Achse g) genannt, dann
sind die Coordinaten der Eckpunkte dieses Kreispolygons der Reihe nach:
y^ = a sm (p^ a sm {q> -\- — I, n sm I gp + 2 — j, . . •
demnach die der Eckpunkte eines grössten einer Ellipse ein-
geschriebenen n-Ecks:
x^ = a cos 9>, a cos {(f-f- I, a cos I g) -j- " " I»
/ 2^\ / 2:e\
y^z=b ^in 9>, b sin {<p -^ - j^ h sin iq> -■{' 2 — I . . . .,
' woraus sich ohne Mühe die folgende Construktion eine^ grössten Ellipsen-
x^ y^
n-Ecks ableitet: Man beschreibe um die Ellipse — -4- -,-, = 1
den Kreis x'^ -\- y'^ = a'^ und construire in letztem irgend ein
regelmässiges n-Eck; die Ordinaten der Eckpunkte dieser
Figur schneiden alsdann die Ellipse in den Eckpunkten
des gesuchten Vielecks. In einigen speziellen Fällen z. B. dcfnon
des Dreiecks und Vierecks kann man den Kreis vermeiden.
Nach Vorigem sind nämlich die Coordinaten der Eckpunkte /^^ (>,,
/^j eines grössten Ellipsendreiecks:
ix^ = acos(p J — a cos (60^ — q>) « . J — a cos (60" + (f)
^^''^y^=b sinq>, ^ ' • j -f ft sin (60« — (p\ ^''\—b sin (60«+^).
Hieraus erhält man als Gleichung einer durch P^ und den Coordi-
naten-Anfang A gelegten Geraden, wenn noch die Projektion des Win-
kels (p auf die Ellipsen-Ebene mit er bezeichnet wird, sodass tgq> = -tga
sein mnss: y .^^ fg^j^ . ^
und als Gleichung der durch Q^ und R^ gelegten Geraden:
a^ tga' 2 sin (p'
Diese beiden Geraden schliessen demnach den Winkel irgend
eines Paares conjugirter Durchmesser ein; und da sie sich
ausserdem, wovon man sich durch eine einfache Rechnung leicht über-
zeugt, im Punkte der Abscisse — - * schneiden, so gelangt man in fol-
gender Weiso zu einem grössten Ellipsendvoieck:
156 Kleinere Mittheilungen.
-^ ^-^-r- •■ ^^^ ^ ^ ^ .
Man ziehe irgend ein Paar conjugirter Durchmesser:
P^ AS^ nnd Q.^AR^^ und durch den Halbirungspunkt M der
AS^ eine Sehne Q^MR^ parallel der iß2'^^2i dann sind P^y jß,
und R^ die Ecken der verlangten Figur. (Die siogulären Fälle,
in denen die grosse und kleine Achse der Ellipse als die betreffenden
conjugirten Durchmesser genommen werden, hat Sohncke in seiner
Sammlung von Aufgaben aus der Differentialrechnung als Lösungen des
gestellten Problems (s. II. Aufl. pag. 112) angegeben.)
Die Coordinaten der Eckpunkte eines grössten Ellipsen-Vier-
ecks sind:
jjj = a cos 9> , — a sin g), — a cos q), -|- a äiw gp,
y^=bsing>j -\- b costp^ — b sin 9», — b cosg)^
woraus sich als Gleichungen der Geraden , die je zwei gegenüberliegende
Punkte verbinden , ergeben : *
y = igu ' X
Dies beweiset, dass die vier Eckpunkte eines grössten einer
Ellipse eingeschriebenen Vierecks die Punkte sind, in
denen irgend ein Paar conj ugirter Durchmesser dieEUipse
schneidet.
Hannover, im Januar 1868.
VI. Verallgemeinerung des Problems der kürzesten Linie. Es ist be-
kannt, dass die kürzeste Linie, welche man auf einer Oberfläche zwischen
zwei Punkten ziehen kann, die characteristische Eigenschaft besitzt, dass
'ihre Schmiegungsebene in jedem Punkte durch die Normale der Ober-
fläche geht.
Wenn man diese Eigenschaft auf bekannte Weise projectivisch ver-
allgemeinert (cf. Salmon, Kegelschnitte Art. 478 ff.), so gelangt man zu
einem Problem, welches die Behandlung in homogenen Coordinaten zu-
lässt und also lautet:
Auf einer Fache n^*^*" Ordnung, deren Gleichung sei u = 0, soll
eine Curve so gezogen werden, dass für jeden ihrer Punkte der
Pol der Tangentenebene von « == 0 in Bezug auf eine gegebene
Fläche zweiter Ordnung v = 0 auf der Schmiegungsebene liege.
Wenn wir die Gleichung der Fläche zweiter Ordnung v = 0
schreiben in der Form
?' "^ x^'^ "h ^2^ "h ^3^^ "h ^4"* *= ^
indem wir der Kürze wegen als Coordinatentetraeder ein Polartetraeder
Kleinere Mittheilangen.
157
von «> = 0 wählen, so sind die Coordinaten des Pols der Tangenten-
ebene von M, wenn wir
1 du
u
n dxi
setzen, wie bekannt u^^ u^^ t/3, u .^'^ nnd es wird also die Differential-
gleichung der gesuchten Curve:
(1)
"1
"2
tl3 U^
^1
x^
X^ x^
dx^
dx2
dx.^ dx ^
(fix^
ifix^
iPx^ d^x^
= 0.
Diese Gleichung ist mit Hülfe der Gleichung ei = 0 zweimal zu inte-
giren. Um zu einem ersten Integral zu gelangen, multiplicireu wir die
obige Gleichung mit der Determinante
(-0
R =
u
I
u,
u
u
du^ du^ du^ du^
X I X 9 X <) X A
dx^ dx^ dX'n dx^
welche gleich Null gesetzt die Differentialgleichung der projectivibch ver-
allgemeinerten Krümmungslinien ist. Führt man die Multiplication aus,
beachtet man die Gleichungen
Zui Xi = 0<i £ui dXi =0
sowie die aus ihnen durch Differentiation folgenden
£duiXi = 0^ £uid^Xi= — Zduidxiy
und entwickelt die Determinante, so erhält man die folgende Gleichung :
Zxi d'^Xi • Zxi dxi — £ X? ' Zdxi d'^xi ^^Zdui d^Xi Zm, du,
Zx{^ Zdxf—{Zxi'^dXif l" ZuidXi "•" "ii/r* ^ ^'
Das erste Glied der linken Seite ist ein vollständiges Differential, ebenso
das dritte, das mittlere wird es auch, wenn die Gleichung besteht
Z dui d^Xi = Z d^Ui dXi,
Unter dieser Voraussetzung liefert also die Integration der vorigen
Gleichung ein erstes Integral in der Form
Z dui dxi • Zui"^
Zxi^Zdxi^ — iZxidXiY ^ '^'
Jene Voraussetzung ist erfüllt, wenn u = 0 die Gleichung einer
Fläche zweiter Ordnung ist und in diesem Falle können wir auch die
zweite Integration ausführen und zwar indem man die elliptischen Coor-
dinaten, welche bei der kürzesten Linie die Lösung liefern, in ent-
sprechender Weise verallgemeinern, wie dies mit dem Probleme selbst
geschehen ist.
(3)
158 Kleinere Mittheilungen.
Wir denken uns die abwickelbare Fläche der den beiden Flächeu
u = 0 und v = 0 gemeinsamen Tangentenebenen construirt und schreiben
nun in Ebenencoordinaten die Gleichung irgend einer Fläche zweiter
Ordnung, welche jener abwickelbaren Fläche eingeschrieben ist,
indem wir zum Coordinatentetraeder ein gemeinsames Polartetraeder der
Flächen m = 0 und t; = 0 wählen. Die Gleichung der Fläche m = 0
hat dann in Ebenencoordinaten die Form w -}- X v = 0 und lautet in
Punktcoordinaten
(A) -ZI I 52 I ±3 1 ?4 = 0
Durch jeden Punkt des Raumes gehen, wie diese Gleichung zeigt,
drei Flächen der Schaar, deren Parameter wir Xj, Aj, L^ nennen wollen.
Es ist klar, dass, wenn für einen Punkt diese Bezeichnung festgestellt
ist, es nicht zweifelhaft sein wird, wie man in einem andern Punkt die
Wurzeln zu bezeichnen hat, wenn man nur von dem einen Punkt zum
andern gelangen kann, ohne die abwickelbare Fläche zu durchschneiden.
Sind die reellen Grössen a so bezeichnet, dass
«1 < «2 < «a < «4»
so erkennt man leicht, dass die Wurzeln liegen zwischen den Grenzen
die grösste — a j und — a .>
die mittlere — «2 ^^^ — ^^-6
die kleinste — a,^ und — a^
Diese drei Parameter X führen wir nun als neue Coordinaten ein. Der
Ausdruck der Coordinaten x durch diese neuen findet sich leicht.
Denn aus den Gleichungen
^ n-l-T- = 0' ('' = 1' '•^' 3)
'*! "t" ^h
ersieht man^ dass die oTj proportional sind den Determinanten, welche
man aus dem System der Coefficienten dieser Gleichungen bilden kann.
Hechnet man diese Determinanten aus und zieht die allen x"^ gemein-
samen Factoren in den Multiplicator ^, so findet sich
9 V = («2 — «3) («2 — «4) («3 — a^) («i + ^i) («1+ ^2) («i + y
(5) /^ ^^^ = — («3 — «4) («:j — «1) («4 — «1) («2 + ^1) («2+ ^2) («2 + y
9 ^3^ = («4 — «1) («4 — ''2) («1 — «2) («3 + ^1) (^'3+^2) iH + h)
a x^ = — (flj — «2) («, —03) («2 — «3) K + A,) (04 + ^2) («4 + A3)
Aus diesen Gleichungen folgt zunächst
9 {'^i^+^z+^z' + ^x) = («1— Ö2) K— «3) («1— «4) = ^ («1 «2 ^'3 «4)
(«2— «3) («2— ^»4)
(«3— «4)
Kleinere Mittheilungen. 159
und also durch Differentation
dQ£x? + 2^ £xidxi=^0.
Aus den Gleichungen (4) ergibt sich ferner durch logarithmische
Differentiation, Quadrirung und Addition
dXk
\ ^ / q (iii + kk) {fii
+ h)
dg
Setzt man hier für — ^ seinea obigen Werth, so findet man das
Vierfache des Nenners von (3)
Xi dX/t dlfe
4 [Z Xi^ S dXi^ — (r Xi dXiY] = £^i' ^i^A -5t
Bezeichnen wir jetzt den constanten Parameter der Fläche u = 0
mit Aj, so ist
altio
Z dui dXi = £
und man findet, da
ähnlich wie oben
dxi^
4 Z
Xi^
ü ^*
«l+.^l
(li + A,
. dxi'^
^ Xi dXi
- 0,
^ T. y. y. —
Xi^ dkft dkfi
WO ^A) = 0 ZU setzen ist.
Ordnen wir die hier vorkommenden dreifachen Summen nach h und
ky 80 haben wir also die folgenden einfachen Summen auszuwerthen :
M>1 •• _ M/ I
^i ^ -T-r x-/- -. ,— cundJT.
(^^- +^k) («. + ^ a) ' («, + Aj) («, + A,) («,• + AaO •
Man sieht sofort, dass die erste Null ist, wenn h und k verschie-
den sind, und die zweite, wenn h und k untereinander und von 1 ver-
schieden sind. Ferner findet sich, wenn wir
(« 1 + h) («2 + ^h) (ö:j + Aa) (ri , -{- A^) = Ah
setzen ,
„ y ar,' (l/i - A*) (A, - A.)
' ^ («■• + M K + M^ = '^^"' "'"^ "'^ ■ -^^-
Da nun dk^ = 0 zu setzen ist, so findet sich mit Hülfe dieser Formeln
unsere Differentialgleichung
160
Kleinere Mittheilungen.
^ 3 2 ^ ^1 >f I 2
'''' (CA, + A, - l,) A, "*=»
ij — *i
= 0,
WO C die Con»tante der ersten Integration bezeichnet. Setzen wir
CA^ 4~ ^1 = ^> ^^ ^'^^ ^^^^ ^ ^^^^ Constante und unsere Differential-
gleichung kann dann in zwei zerlegt werden, deren Integrale wir in
zusammenfassen können. Die hier vorkommenden Integrale sind hyper-
elliptische erster Gattung, wie es bei der gewöhnlichen kürzesten Linie
der Fall ist.
Wenn man in der Gleichung der verallgemeinerten Krümmungs-
linien R = 0 (wo iß in (2) definirt ist) für die u und x ihre eben ge-
brauchten Ausdrücke substituirt, so geht sie nach Fortlassung eines nicht
verschwindenden Factors über in
Daher der Satz:
Durch jeden Punkt einer Fläche zweiter Ordnung A gehen zwei
Flächen, welche die der Fläche A und einer andern zweiter
Ordnung B gemeinsame Tangentenebene berühren. Jede Fläche
dieser beiden Schaaren trifft A in einer Curve, welche die Eigen-
schaft haben, dass die Linien sich schneiden, die zwei benach-
barte Punkte verbinden mit den Polen ihrer Tangentenebenen
in Bezug auf die Fläche B,
VII. Ueber den Obelisken und das Prismatoid. Von den beiden in
der Ueberschrift genannten Körpern hält man gewöhnlich das Prisma-
toid für allgemeiner, weil aus diesem der Obelisk entsteht, wenn man
den beiden Parallelflächen des Prismatoides gleichviel Seiten giobt und
Kleinere Mittheilungen. 161
die entsprechenden Seiten parallel legt. Nach einer brieflichen Bemer-
kung des Herrn Dr. A. Bauer, k. k. Gymnasiallehrer zu Pisek i. B., ist
es aber ebenso richtig, das Prismatoid als einen speciellen Fall des
Obelisken anzusehen. Wenn nämlich jede der Parallelflächen des Obe-
lisken m -\- n Seiten zählt und in der Grundfläche n Seiten, in der
hierzu parallelen Fläche m Seiten auf blosse Punkte reducirt werden, so
geht der Obelisk in ein Prismatoid überj dessen Grundfläche m und
dessen obere Fläche n Seiten besitzt. Für den Fall m = 4, w = 3
mögen vorstehende Figuren zur Erläuterung dienen, welche die Grund-
risse der betreflfenden Körper darstellen. Schi.
VIII. Beiträge zur Kenntniis der Sternicbnuppen. In einer unter dem
vorstehenden Titel der Wiener Akademie eingereichten Abhandlung
sucht Dr. £dm. Weiss zuerst die Ansicht zu begründen, dass wir in
den Sternschnuppenringen nichts anderes als Auflösungsprodukte perio-
discher Kometen vor uns haben. Er wurde zu derselben durch die
epochemachende Entdeckung Schiaparelli's geleitet, dass die Bahnen
der periodischen Kometen 1862 III und 1866 I mit den Bahnen der be-
kannten periodischen Sternschnuppen in den Nächten vom 10. — 12. Au-
gust und 13. — 14. November zusammenfallen. Davon ausgehend, ist es
dem Verfasser gelungen, noch zwei andere Kometen aufzufinden, welche
zwei andere periodische Sternschnuppenfälle veranlassen: es sind dies
der eine Komet des Jahres 1861 (I) und der unter dem Namen Biela'-
scher bekannte ; der erstere veranlasst die periodischen Sternschnuppen-
fälle um den 20. April, der letztere die um den 28. November.
Hierauf wird die Wirkung des Durchganges der Erde durch einen
Meteorstrom an den Meteoren des Biela'schen Kometen specieller unter-
sucht, weil diese Meteere unter allen bekannten weitaus die grössten
Störungen durch die Erde erfahren. Es wird gezeigt, dass die An-
ziehung der Erde den Radiation spunkt zu einer ganzen Radiationsgegend
von beträchtlichem Umfange ausdehnt, und dass ausserdem noch zahl-
reiche Meteore des Stromes, die noch in die Attractionssphäre der Erde
gelangen, ohne jedoch auf sie herabzustürzC^n, in den Weltraum zerstreut
werden, indem sie wieder in den Anziehungsbereich der Sonne gelangt,
Bahnen um dieselbe beschreiben, deren Umlaufszeit zwischen Ö'V^ und
390 Jahren schwankt, während sie vor der Störung durch die Erde
6*/^ Jahre betrug.
Endlich wird noch die mehrfach beobachtete Thatsache besprochen,
dass die helleren Meteore in der Regel die entfernteren sind, eine That-
sache , die besonders bei den bekannten August- und Novembermeteoreu
bemerkt wurde, von denen die letzteren im AWgem^mQW n\^\ vQ\Ä.\!kÄ\N^'^
Kleinere Mitthoilungen.
leuchten und in bedeutendercu Höhen erscliciucu uud wieder verlöHcliea
als die ereteren. Der Hauptgrund davon liegt nun darin, dsss die Ge-
Bcbwiudigkeit, mit der die Novembetmetoore in die ErdatmoephKre cin-
Iroten, weit belräubtiicber ist, als dio der Angntitmetcorc. Die ersteren
bringen daher auch ein weit grÖBseres Quantum lebendiger Kraft mit,
welches in Liebt und Wärme umgesetzt wird, als die Ueteore dei>
Laur cntiusstrumes.
IX- Ein geometrisches ParadoxotL Um ad oculos zu dcmonstriren,
dasH das Scbacbbret nicht nur 64, sondern auch €5 Felder bi'sitKt,
Bchtieido mnn dniiselbc aus starkem Papier, zerlege es auf die in Fig. 1
angegebene Weis« in vier, zu je zweien congiuentc Stücke A, B, C, II
und BCtKo diese zu einem Rechtecke zusammen, welches, wie Fig. 2
zeigt, diu Grundlinie 5 uud die Uiihe 13 besitzt also 6ö Folder ent-
hält. — Wir thcilen diese kleine Neckeiei mit, weil die Aufsuchung
des begangenen Fehlers eine hübsche SdiUlernufgabe bildet und weil
sich an die Vermeidung des Fehlers die Lösung und Conijtraction einer
quadratischen Gleichung knüpfen läset. Schh
V.
Stadien über rationelle Vermessungen im Gebiete der
hohem Geodäsie.
(Fortsetzung.)
Von
Friedrich Robert Helmert,
Geodät zu Dresden.
111. Zur Theorie der Basisnetze.
40.
Eine Basis, AB^ eines Dreiecksnetzes ist immer beträchtlicli kleiner,
als die grossen Dreiecksseiten und es entsteht also die Aufgabe, eine der
letzteren möglichst scharf durch Triangulationen ans der Grundlinie AB
abzuleiten. Man ist gewöhnt, als zweckmässigstes MultipUcationsnetz ein
solches von der Form 19) zu betrachten, welches aus der Basis AB eine
erste Vierecksdiagonale ^iCj, aus dieser eine zweite D^D^^ etc. ableitet.
Die letzte dieser Diagonalen ist die grosse, abzuleitende Dreiecksseite.
£s wird in der That auch verhältnissmässig leicht sein, ein zur Basis-
messung passendes Terrain so auszusuchen, dass zunächst zu beiden Seiten
der Basis zwei Punkte C liegen, welche weit bessere Femsicht als die End-
punkte der Basis selbst gewähren. Doch kann auch der Fall eintreten, wo
wenigstens einer der Endpunkte A oder B eine gute Fernsicht bietet und
hier ist es fraglich, ob nicht ein Basisnetz von der Form 20), welches snc-
cessive die Längen AC^ CDy etc. bestimmt, bessere Dienste leisten würde,
als das schon erwähnte MultipUcationsnetz.
41.
Aus der Basis AB = 2c in Fig. 21. 22. 23. soll die gleiche Länge
AC'= C^C2 = ^s^==a^ wobei AC immer grösser als AB genommen werden
wird, mit Hilfe eines oder zweier, der Basis anliegenden Dreiecke gefunden
werden.
In dem Dreiecke ABPy wo P in Fi^. 21. irgend welche Lage auf der
Peripherie eines mit dem Radius A C um A beschriebenen Kreises erhalteix
kann, wird auf die Bestimmung der Länge AP =^ a ^^w. ^töä^V.cxv^vcäxsä'^
ZfUnchriFl I. Malhomaiik u. Vh^atk \\U, 3. \*1
164 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hölicrn
nächst der Winkel messung iu B diejenige des Winkels P haben, welche
den Schnitt III. in der Figur*) giebt.
Die Visur von B aus schneidet AP am günstigsten, wenn der Winkel
P ein Maximum erreicht, d. h. in dem in B rechtwinkligen Dreiecke äCB,
wie sich leicht beweisen lässt. Gleichzeitig bekommt der Schnitt III. zu
A (f die günstigste Neigung, nämlich die senkrechte. Jedoch ist hierbei die
Genauigkeit der Visur von B aus an der Stelle P^ sowie diejenige dos
Schnittes III. noch nicht die grösstmögliche ; sie nimmt zu, je kleiner der
Winkel bei A wird, je mehr die Seite BP = b abnimmt. Daher ist zu ver-
mnthen, dass die günstigste Dreiecksform nicht AB C\ sondern ^ie eines
Dreieckes ist, dessen Spitze P zwischen C und C" li^gt> wenn C" den
zweiten Durchschnitt des Kreises um A mit dem Kreise, welcher dem
gleichschenkligen Dreiecke ^ i5 17 umschrieben ist, bezeichnet. Für letztern
Punkt (Fig. 20.) ist die Neigung der Visur von B aus, sowie auch die des
Schnittes III. gegen die Linie AC" dieselbe (ohne Rücksicht auf den Qua-
dranten) wie im Dreiecke A CB,
Allgemein ist fiir eine beliebige Lage von AP die Präcision in der Be-
stimmung dieser Länge dieselbe, welche sich für eine bestimmende Gerade
senkrecht zu -4 Paus den Formeln des Abschnittes 20. ergiebt. Man hat da-
selbst zu substituiren, indem man jene bestimmende Gerade als Achse der
X betrachtet und wenn w, , w.^, n.^ die Beobachtungszahlen für die Winkel
A, B, P bedeuten.
"i
2a«(a''
"2
26-0.2
2«3C*
wegen Visur AP yj = 90® ^i^ =
wegen Visur BP y.^ = 90<* — P h^ =
wegen Schnitt III. y.. = 90« — 7? h^^ = -^—^ ,
° ' * * a^ b^ ©2
ferner die Zwischenwinkel (1.2) = />; (1.3) = 7?; (2.3) = ^.
Damit wird das Quadrat der Präcision in der Bestimmung von A P
-ik^b ^'"'^+ -1-7^4 *'"' f^ + -^»--4 ^"'' A
I
^a^b'^m^ • a^.b'^to^ ' a^b^ .m^
fP =
oder auch
55)
m =
^^ =
(w, w,, -f" "i ":\ H" ''2'^ sin^P
2©'^ (wi^'^ + ^2 • f^'cos^P -f- ^n^c^ . cns'^B)
(w, «2 + W^ W3 + ^2^'a) ' s^^^^
Hto'^C' (y/, sm^A -{- ti.stn^ Bcos^P-j- fi.^sin^P,cos^ B)
*) Der Deutlichkeit wegen in «lerselhen nnr bei den besonderen Lagen C
and C' von P angegeben.
Geodäsie. Von Friede. Rob. Helmert. 165
. %.^ -«...'S -V, . -V /N ^S .^ -*V. V." * **■ /" *-^ .^ f'^*-
Um die günstigsten Beobachtungszahlen fi bei nnveränderter Dreiecks-
form zu finden, suche man das Maximum von B} für (w, + W2 + «:j) = Clonst.
Die Beziehungen der n unter einander werden dabei
= (w, + «3) . (w, sin^A + Wj sir?Bcos'^P+ n^ sin^Pcos^B) — 5i>i^^ cos'^P (« j «2 + ^ 1 ^3 + '•i ^:
^(iij+Mj). (w,Äi>i^-/i+n2*"'^^^^**^+''3 sin?Pcos'^B)—sin'^P cos^B (wj «2+"! ^'3 + ^*2 '^i
Daraus folgt
Wj — Wj : Hj — itj : «2 — «3 : («1 W2H"''i''3"f'^2^3) =
= (0n^B cos^P — Wn^^) : [sin^P cos^B — Jw^i) : {sin^Pcos^B — ^Vi^ ^ cos^ P)
: (n, Äiw*^ + «2 stn^ B cos^P + Wg «Vi* i> co*' B).
Setzt man für den Augenblick zur Abkürzung
sin^ A = a^] sin^ B cos^P== ß'^ ; sin^ P . cos^ B = y^^ £{n) = ;i j -f- "2 + "w > '^o
findet sich
_ n,(y^-2^' + «^)H-2:(,0.(^^-«^)
«3
«j — »3 : («,«j + «2«3 + »i,«3)==y' — /J^: («la' + nj/J^ + Wjy*),
..J-..J-«« (-3n,«+2»,..SW)(«<+p' + y'-a'y-a»y'-yy«) + Z'(«).(P»-««)(y'-i
.,<.'+...(P+»,y (-yi-ä^^ipt, •
Führt man A = 180— (B+C), o*=/32 + y« + 2|Sy ein, so gebt die Pro-
portion über in
(3«,-2'n):[(-3«,*+2«,2(«)) (^ + y2 + /Jy)» + Z^C«) . {ß' + 2ßy){f-{-2ßY)] =
= 1: [-2«,.(/J^ + y*+|Sy) »-22'(«). ((/S* + y') |Sy + /SV':
Daraus folgt
„7_Uo„ 2'(«).^y_ ^(«J^^y^ _- ,^_
«1 -h ^«1 • ^i^ yi + (3y + Ißt -j-y» +^yy' "" "• """
Damit hat man weiter
W2 — ^ W . ^2 -{- y2 J|_ y |3 » ^3 — ^W ' ßi _|_ y^ _j_ ^^ ,
y2|32
2 /?2
Wi «^ + w,, /5« + W3 y' = 2:(«) . ^ß2^yZ_^^ß^ ^^^ endlich
VI
%
166 Stadien über rationelle Vermessungen im Gebiete der höhern
' ^ ^ ^ ^ -^^.•■.- ><'^,-*''*-.^>'^^^'^--
--»■-^>'-*' -.^'-^ v-'w^.^^ '•-^•*»--^ •■-•'-^•.^•■^^rf
^^^^.^^.^^^.m'^^m-,^^.*'^' .-
£(n)
nK^Beo^P+9U^Peo^B+ simßtimPcosßcosP
66)^
Geht man auf die ursprüngliche Beseichnaog zurück, so sind die
günstigsten Beobachtungszahlen n und der ihnen entsprechende
Werth von IP
w, = — 0 . smBcosB, $inPcosP\
n^=Q,sinA.co$B, sin P \ , 0=
n^ = Q.sinA.sinB.cosP )
^ ^ Sn nn^P
8a^.c^ * sin^B .co8^P-\- sm^Pcos^B-^ 9inB sinPcosBcosP'
Diese Formeln sind praktisch nicht streng zu gebrauchen, 4cnn für
Dreiecke, in welchen Winkel B > 90** ist, wird Wj negativ; dagegen ist
für Dreiecke, wo jP < 90", wieder Hj negativ. Nimmt man daher bei allen
Dreiecksformen (Fig. 20.) zwischen ABC und ABC, wo B < 90",
n, sehr klein an, so geht H^ über in
8 ö' c^ I 113
cos^P sin^P cos^B
n.
}
Unter Voraussetzung von Wj -f- n^ = Z{n) = Const. wird dieses //'
am grössten fUr
ifj : nj : £n = sinP cosB : sinB cosP : sinA
nämlich gleich \ r \
3_ Z{n) 8m*_P > ^^)-
8«2c^ • «>|2^
JP nimmt beständig zn, wenn die Dreiecksspitze P sich von C nach C'
bewegt und man hat insbesondere
für das gleichschenklige Dreieck ABC
2c2
59)
«1=0, «2 = 2 £{n) . cos^A = -« . 2:(fi); «3 = E{u) — n
a*
^_2£(n),c^.{a^^c^
to^ . a*
dagegen
für das rechtwinklige Dreieck ABC
!n, = 0 = «2 ; Zin) = «3
Setzt man weiter für Dreiecke, wo B> 90" ist, w, = 0, so wird
8»^^' \ W3 ' w, /
Ein Maximum hiervon tritt ein für
nj : W3 : £(n) = — «wP . cosB : 5in-4 : sin B cos P-^ '
es betrügt dann
£n sin^P ^ . ^;j „
8 0)-^^' stn^ B Sta^ s^
in =
Gl).
Geodäsie. Von Friedr. Rob. Helmert. 167
Da Winkel P in C einen grössten Werth erlangt, so ist das recht-
winklige Dreieck überhaupt bei Annahme der günstigsten Beobach-
tungszablen n von der günstigsten Form zur Mnltiplication der
Basis AB.
Obgleich negative Beobacbtungszahleu nicht möglich sind, so kann
man doch nach der Lage von P fragen, für welche H^ aus Glei-
chung 56) ein Maximum wird. Man erkennt dann einestheils, wie viel
Verlust an Genauigkeit eintritt, indem man eben die negativen /i-Werthe
mit Null vertauscht, anderntheils aber hat die Untersuchung noch die
praktische Bedeutung, zu der günstigsten Dreiecks form unter
Annahme gleicher w, n| = «2 = W3, zuführen, wie Gleichung 62)
später zeigen wird. Um also das Maximum von H"^ für veränderliche
Lagen P (immer unter Voraussetzung von ^P = a = 25= Const.) zu
Buchen , bringe man H^ zunächst auf die Form
//2 = ^^ : {a^cofp 4- 4c2 . csc^-, P—a^ + 2ac cos fi cos P . csc^P).
Durch Differentiation nach P und B, wobei zu bedenken ist, dass
sin B : sinP =: a : 2c j
findet man die Bedingungsgleichung für das Max. von B'^
0 = _ , — -—:r 4- 4 c . COS B COS P — a sin^ P.
a^ -\- 4:C*
Werden mit x, y^ z und k folgende constructiv leicht darstellbare
Grössen bezeichnet, nämlich
x = — 2c cosB = BM^ y z= acosP = MPj z = asinP=AM
2 ac
—-— ^z: = AF^ wenn AF senkrecht zur Hypotenuse iV^^ des in
A rechtwinkligen Dreiecks AB ff genommen wird , so geht obige Gleichung
über in ' 2
und da b = y — .r, sowie z^ -\- x^ = A-c*^ ist, so wird daraus
^2_2c2 2c2 «'— 4c2
k =
X
ix^ . . ^ ' a^ 4" ^ ^'^ '
woraus x sich rasclrausprobircn lässt.
X
Betrfichtet man arund b -\- -— als Veränderliche, so erhellt, dass x
rasch zunimmt, wenn P von C nach C geht, dagegen ändert sich h -\- -
fast gar nicht:
Für C hat man a: = 0, ^ + ^ =h = /ä^ — 4 ^ = \) = BC;^,
168 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der böhern
^_-- ^ -'■w^-
• ^«^^_-S*-M^' ^^' ^•w' V '*.' -'^-1* ■'* ^ \,» .^ -^ ^. f ^ ■ ,
f ü r C" wird sin P= ^ ya^ — c^ , cos P = -
(ebenso gross wie für P, wenn es die Lage C hat),
Während nun der Werth x yh -\- \^ \ ^ux C Null ist , erreicht er für
C" einen Betrag, grösser als (Jc^ — 2^^); es wird nämlich für if'
was in praktischen Fällen stets positiv ist.
Zwischen C und C muss daher dasjenige P liegen , dessen entspre-
chendes X obige Gleichung erfüllt. Der Werth dieses x kann näherungs-
weise dadurch angegeben werden, dass man oben für b -\- -— diejenige
X
Grösse substitujrt, welche b -\- -- für C oder C" annimmt. Die erstereSub-
stitution giebt x zu klein , die letztere zu gross :
a^ + 4 c"^ (a2 + 4 c^) {t? - 3 c'^) ' ^
Der Unterschied dieser Grenzen ist nicht von Belang, man erhält
z. B. bei a^ = As'^ = 12 c^
0,35 c <x < 0,38 r ;
bei «2 __ 4^2 _. 46^2 j^^j^»,, ^ __ q^28 c aus beiden Grenzen.
In Fig. 21. ist P so gelegt, dass für Dreieck ABP H'^ ein Maximum
wird und dazu gesetzt worden
< _ '^jf . (g^ — 4c^)a _ a^ / 2c: 6' V
^ - («^ + 4cO (a^ — 3cÖ "" T • UiVr . (;6r; '
welcher Werth sich ohne Mühe construiren lässt.
Berechnet man endlich H'^ für das gleichschenklige, das rechtwinklige
und das günstigste Dreieck, so ergiebt sich
bei d^ == 12c^ resp.
^ = «T^ °^*^ 78 ' "^^^ "48 ' """^40 '
*) Es i»t also (BC) . (BC*) = (/?C)«, BC' von //r^und //C" das ffeümetrisclie
Miitül.
**) X ist hioruAch immer kleiner, als die Projectiuii J^' vuii ./(? = c auf
^6'; x<CAG\
Gcodäsiü. Von FuiEDU. Kob. IIelmkut. 1G9
bei a- = 46 c- resp.
Diese Zusammenstellung zeigt, wie gering der Verlust ist, welchen
man erleidet, indem das rechtwinklige Dreieck für dasjenige der
günstigsten Form — aber wegen z. Th/ negativer n unmögliche — substituirt
wird, denn CS bietet mit dem Dreiecke der günstigsten Form fast
gleiche Genauigkeit.
Bisher war immer vorausgesetzt worden, dass die Winkel des Dreiecks
auf die rationellste Weise nach den günstigsten Beobachtungszahlen beob-
achtet werden. Nimmt man indess jeden Winkel gleich oft,
so geht H^ über in
c->)//^= -^^"l . - -. .--^"U^ .
1 G w- c^ sin ' Ü cos^ P + sin^ P cos* B -\- sin B cos B sin P cos P '
also von dem Werthe bei günstigsten w ungefähr die Hälfte
nur. Da das veränderliche Glied in IP völlig übereinstimmt mit dem-
jenigen von //^ aus Gleichung 56), so ist — wie schon früher angedeutet —
die Rechnung auf Seite 1G7 — ICD zur Bestimmung der günstigsten Form
des Dreiecks auch für den Ausdruck der Gleichung G2) gültig, nur ist das
Dreieck der günstigsten Form {ABP Fig. 21.) im jetzigen Falle nicht
me)ir praktisch unbrauchbar, wie sich zufolge der Werthe der n von
selbst versteht. Das rechtwinklige Dreieck giebt H"^ genau halb
80 gross wie in Gleichung 60); dagegen giebt das gleichschenklige
Dreieck die Formel
Z{n) 6'2(^^-c2)
IP =
to'i • a'i (a^-2a^c^'}-Ac')
Dieser Werth ist für a- = 126-2 jjz = _?^ ^^
w c^ 135
für„^ = 46c^ /y^^l^.^
d. i. ebenfalls naiiezu nur die Hälfte des früheren Werthes.
Nach diesen Erörterungen möge nun zu derjenigen Form des Multi-
idicationsnetzos übergegangen werden, welche zunächst aus AB eine erste
Diagonale Cj C\ (Fig. 21. 22. 23.) ableitet.
42.
Die günstigste Form der Dreiecke eines derartigen Netzes ist offenbar
die gleichschenklige; ihr entspricht (Fig. 21.) der Rhombus AB C^C.^,
Jedoch werden sehr häufig auch andere Foiuieii notWo\»\ä^\i >x\i^ ^*
170 Studien über rationelle Vennessungen im Gebiete der hohem
können Fig. 22. und 23. als Grcnzformen angesehen worden, zwischen
denen sich jene bewegen.
Im Anschluss an Fig. 21. hat man in dem allgemeinen Ausdrucke
für H^ aus Abschnitt 20. zu setzen, um das Quadrat der Präcision in der
Bestimmung der Längen C^ G und C2 G zu erhalten,
wegen Visur A C, A,* = - . - . n, y, =90» — q>
2*»*' {i.2) = 2<p = ^AC,B
wogen Viflur B C, Aj* = *,' yj^OO» — g»
wegen Winkel- j ^.^^jj^ 0 (1.3) = (2.3) = 90»-y,
messung m C^ ) -^ (o^ c^ 6 fs \ j \ j y»
wobei Wj = «2 als selbstverständlich eingeführt wurde.
Mit diesen Werthen gehen über 2!{h^sm^y) und (1:^) in
und es wird für Cj G , ebenso für C.^ G
_ (n^ + 2yi3) 5iVy
daraus folgt das Quadrat der Präcision in C^C^^ der abgeleiteten Diagonale
fiox ^7-2 _ (W| + 2/t3) jfm<y _ (^1 + 2^3) c-
Erscheint die Basis um die Mitte G gedreht und zwar soweit,
dass je ein Winkel an der Basis in jedem Dreiecke 90® wird, wie in Fig. 22.,
so sind zu substituiren
wegen ^C, A,» = — ^ y, = 90«— v»
^"i " (1.2) = 90"— /5,
wogen ßC, A^'-^^, y.,= ^, + ^ (1.3) = ^,
wegen Schnitt III. V = 72^2 Yz = 90» — t/; - ß^ (2.3) = 90*».
Damit hat mün
T(h'i c.•«V.^ — '^Lf ^i! t a. ^*2 ^^'"^ iß\ +^) , 2W3 jc^ ro5'-' (/3^ + t/^)
^* ^m >; — 2^^, ^, -^- 2öj2 ^2 -r ,,^2 /, V-/ - »
(l:iV) =?^,^-^^+ ^^'^ff'/-^ + 4Ä^> also
das Quadrat der Präcision für CjC (und ^2^)
jjQ ^ 2c2 M|W2 + ^'1^3 +^2^<3
ö)'^ . a/^ ' w, a,2 cos^ip -f- njö/-^ 5f>i"^ 0^1 + '^) + ^''3^^ ^os'^ (t/; -j- /5|)
Da hierin der besondere Werth von tf; noch nicht eingeführt ist, kann
diese Formel auch auf Fig. 23. für ^C^, resp. AC.^ Anwendung finden, in-
dem man tf; = 0 nimmt.
Geodäsie. Von FuiEOU. RoB. Hklmkut. 171
Zunächst ist für Fig. 22:
d,^ = s^ — c^] flj^ = ^2 ^ 3^2. cos tf; = *-^ ; sin {ß^ + t/;) = ^ "^ ^
«1 s
jin ß, = — ; cos 84 = — : cos (p, + tf;) == ^'—
somit
_ 2 c^ .s^ ^^iL'J-i Jl_^L^_+^'2j»3
^ — 0,2 (j2_c2) • „^ (^2 _|. 3^.2)2 _|_ ,,^ (^2 _|_ ^2)2 _|. 4^^ ^l '
Das Quadrat der Präcision für C^C2 ist wieder nur die Hälfte
hiervon , JT^ = —^ ,
ß4N 17'2 ^£l _ _ W| yi2 + ^| ^3 +3 ^
"**^ " ,V2 /'o2 y.2\ • •, ■/o2 _L Q^2\2 r ^ ^02 _L VÄ 2
Bezüglich der Fig. 23. hat man in der Formel für IP auf voriger
Seite zunächst die Indices 1 au a und b mit 2 zu vertauschen , sodann aher
zu suhstituiren
s 2c
62 = *; «2 =^ *^ "f" ^^^1 tf; = 0; sin §2=^ ~ \ c^^ ß2 "^^ — »
• (in C*2
CS wird hiermit , ähnlich wie ohen , für C^ C^
prN tri ^^ ^i ^2 + ^1 ^3 + ^2 ^'3
^ ^ 0)2 • m («2 4- 4c2)2 + „2*. 54 + 16/«3 c* •
Werden in jedem Dreiecke die drei Winkel gleich oft
beohachtet, und setzt man
2 (wj + «2 "f" ''3) = 6« = ^w, so werden
2*« c^
für Fig. 21. jy'2== ^''-^
66)
4 0)2 (c2 + 5-') 2 '
2;^ c2 «2
mr Fig. 22. //'2 = -^ . j.-^— -2^-^ + 4-c2^2"+-7^.ij 5
Zn c-
für Fig. 23. //'2 =
4 0)2 • j4^ icc^ + 4c2 52 '
d. h. es ist Fig. 21. günstiger wie Fig. 22. und diese günstiger als Fig. 23.
43.
Die Werthe von If^ können bedeutend vergrössert werden — unter
Voraussetzung gleicher Mühe, En = Const. — wenn die Beobachtungs-
zahlen so verschieden genommen werden, dass H'^ einen Maximalwerth
erreicht.
1) Für //'2 aus Gleichung 63), zu Fig. 21. gehörig, nehme man
;i, = n.^ sehr klein, also Zn == 2n^ nahezu,
und hat damit
Zn . c
2
67) ir^ — ~^, ^^2 _|_ ^,^2 ,
d. i. gegen den Werth aus Gleichung (j&) das DoppeVtö,
172 Stutlien über rationelle Veriiiessungcn im Gebiete der böhern
2) Für iT^ aus Glcicbung 64), zu Fig. 22. gebörend, ist die
Rechnung schwieriger. HinsicbtUch der n gleicht nun Ausdruck 64) völlig
dem zweiten der Ausdrücke 55), es lassen sich daher die daselbst gewon-
nenen Resultate übertragen, wenn man setzt für iiii^ A, dort a^ genannt im
weiteren Laufe der Rechnung,
sin^ A = a^ = {s^ + S c^ ^ ferner
sin^B cos^P =ß^ = (.^^ + O^; sin^P . cos"' B = y^ = 4c^
Die daselbst angegebene Relation ä^ = ß^ + y^"f" 2|5y bleibt auch hier giltig.
Man bemerkt nun sofort, dass für das Maximum /i| sich negativ er-
geben wird. Nimmt man daher /i, = 0 (oder sehr kleiu), so giebt Glei-
chung 64) :
Sucht man jetzt das Maximum für Et'^ bei 2 (/i.^ -f- W3) = ^n = Const.,
so erhält man die Relation zwischen n^ uud n^
(j?^4- c^) : 2c^^yi3 : yi^ ; Sn = —-^^ . /*.
und es wird
^H^ tri _ -^^L _, ^^ t
^ :2a>-^ • (5^— c'O (5'^ + 3Ö^ *
3) Verfälirt man mit //"^ aus Gleichung 65) so , wie mit 11"^ aus Glei-
chung 64), dann findet man ebenfalls einen negativen Werth von Wj für
ein Maximum von /T^. Man wirf dem entsprechend n^ sehr klein nehmen.
Für ;i, = 0 giebt Gleichung 65)
Dieses wird ein Grösstes, wenn zwischen n.^ und ft^ die Relation statt-
findet
s^ : 4 c'*^ = «3 : n.2 ;
52 I 4^2
also 2^n == 2(/i2 -f~ ''3) = — ir"2 — • "2» ^"^^
69\ J7"2= --^^ ^' --
Die Werlhe von Ä'^ der letzten beiden Gleichungen sind ungefähr
doppelt so gross, als diejenigen für dieselben Figuren aus Gleichung 66).
Uebrigens sieht man, dass den wesentlichsten Einfluss auf die Bestimmung
der Länge Cj C^ = AC, wie bei nur einem Dreiecke an der Basis, die
Winkel bei C^ und Cj .haben.
Geodäsie. Von P^kikdk. Rob. Helmkut.
173
44.
Um einen Ueberblick über die Resultate zu erbalten, möge eine Zu-
sammenstellung der H und H' folgen und zwar für zwei veracbiedeue
Längen von Cj C^ = AC = 2^ = a :
1) s^ = 3c^
wird einer kleinsten Multiplication der Basis 2c cntsprecben und man bat dafür
Sn ,^. V • * 'L Verhältnisse
-r - .- multiplicirt mit , .. x- ^
flj* c' <ier günstigsten n.
«« = 3e«
fP
n.
/l3ä
m
'A3
•A..
'A.
I /
/IIH
günstigHte w
'A,
'Ah
n.
Wi
0 : 17 : 83
2;«
100
0 : 0 : 100 : 100
'A,
0 : 0 : 60 : 100
'Ah
0 : 17 : 33 : 100
/ü8
0 : 29 : 21 : 100
1) Ein Dreieck. 7/,
Gleichschenkliges Dreieck AffC
Kcchtwinkliges Dreieck ABC
Günstigstes Dreieck ABP
2) Zwei Dreiecke.
Khombische Form (Fig. 21.)
Form von Fig. 22.
Form von Fig. 23.
Hierin ißt Z{n) = 100 gesetzt und bedeutet bei einem Dreiecke
(w, -f- n.^ -f- W3), bei zwei Dreiecken, da sie doch jenem entsprechen,
2(„j + „^-f- „3).
Es sei weiter 2) s^ == 11,5 c^ einer grössten Multiplication der Basis
entsprechend : ■
«« =• ll,5r«.
1) Ein Dreieck.
Das gleichschenklige Dreieck
Das rechtwinklige Dreieck
Günstigste Form ABP
2) Zwei Dreiecke.
Rhombische Form (Fig. 21.)
Form von Fig. 22.
Desgl. für Fig. 23.
Die Tabelle lehrt:
„Man bestimmt 1) die gleiche Länge AC = ^\^'i immer günstiger aus
zwei Dreiecken als aus nur einem Dreiecke. 2) Dabei sind im erstem
Falle Formen, wo die Basis gegen ihre Lage im Falle der rein rhombischen
Form nur gedroht crsciieint, wesentlich günstiger, als solche, bei welchen
die Basis in ihrer Richtung verschoben erscheint. 3) Die Winkel,
welche der Basis gegenüberliegen, sind die eigentlich maassgobonden
der Bestimmung. **
45.
Es inögo nun noch die Frage erörtert werden, wieviel mau (yc.v^^\.
Fig. l'J. und 20) einzelne Dreiecke oder lllioiuWu awiAXVJ^XL^^xi \\^^.^ ^'«v
Coefficientcn von -■- -
Günstigste n:
Wj — n% — W3.
n ungleich.
W| : "2 : »3 • ^W
'/«.7,
'/»«.
0 : 5 : 95 : 100
/luai
/vftß
0 : 0 : 100 : 100
VllMW
~
'A,5
'Alt
0 ; 0 : 50 : 100
'/«TT
'A.3
0 : 7 : 43 : 100
y-m
'A«.
0 : 13 : 37 : 100
174 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
• W- ^*X*^N*'WN--V -^-
eine grössere Länge aus der Basis AB bei gleicher Mühe am genauesten
abzuleiten.
Ist m^ das Quadrat des mittleren Fehlers der ersten abgeleiteten
Seite, so wird für die nächste abgeleitete Seite
s^ , . s^
tHp^
wo der erste Summand wegen der fehlerhaften Winkelmessung bei Ab-
leitung der zweiten Seite aus der ersten und der zweite Summand wegen
des Fehlers m^ in der letztern angesetzt worden sind. Selbstverständlich
ist dabei Voraussetzung, dass die zur Verbindung der ersten und zweiten
Abgeleiteten dienende Figur derjenigen ähnlich sei, welche zur Her-
leitung der ersten Abgeleiteten aus der Basis diente.
Allgemein ist für eine j9te Abgeleitete das Quadrat des mittlem Fehlers
70) nfp' = nii^ . p . (^- j ,
und nennt man S die Länge der pten Abgeleiteten, so ist dabei
1) Für das rechtwinklige Dreieck folgt aus Gleichung Gl) u. 62)
^_ 1 € 5^
wo 6 = 4 0)^ oder 8 aP- ist, je nachdem man die günstigsten n oder
gleiche n annimmt.
Damit wird
?2 /s'^\
'^ Zu tan
Bezeichnet man nun mit N = p . 2n die Summe aller Wiukelmes-
suDgen, welche constant zu bleiben hat für dieselben c und S^ und führt
man in m^^ hiernach ein
-L/i = - ,
P
ferner ^ Q
WO / den log. nat. bedeutet, so geht m^,* über in
2 __
nip
'i^H'^} ^ ('»»'• 'i^J-
o 2
//i/ wird ein Minimum für "~ä"p~ "^ ^' ^* ** ^^^
cos^ p = / -J— .
9in P
Geodäsie. Von Friedr. Rob. Helmert. 175
•"-/-.^ ^•-^•••-^-«*--^-'
Diesem entspricht -P = 27" , ä== 2,20c d. b. das rechtwinklige
Dreieck ist am günstigsten, wenn die Hypotenuse ACf von
der bekanntenKathete(Basi8) das 2,20fache beträgt. Esist dabei
Für P = 22» wird m^^ = ' ^ \l —j , also wenig grösser,
fUr 7> = 32« tritt an Stelle der Zahl (0,80)^ im Nenner von m^^ (0,79)^
für i> = 450 und P = 130 aber (0,69)^
Man erkennt daraus, dass alle Dreiecke, deren Winkel P
(d. i. Winkel (f) zwischen 45^* und 13" liegt, nahezu die gleiche,
nämlich die Maximalsicherheii bieten.
2) Für die rhombische Form des Netzes ist nach 66) und 67)
wo i = 2(0^ oder (o^ ist, je nachdem die n gleichwerthig oder die gün-
stigsten sind. Aus Gleichung 70) folgt hiermit
~ Zn ' sin* 9 * ^ • \ c V '
m^
oder auch
= {-/" 0 Sl '' ^"■'' 2?^ • ^ <^<" 9')\
und bezüglich 9) wird dieses ein Minimum, wenn
1 = cos 2q> . l cotan q> ,
d.i. 2y = 33Q.
Das rhombische Multiplicationsnetz ist daher am gün-
stigsten, wenn die Winkel, welche der bekannten Diagonale
(Basis) gegenüber liegen, 33« betragen. Die Multiplication be-
trägt dabei in jedem Rhombus etwa das —fache.
Der entsprechende kleinste Werth von nip^ beträgt
oder
m
= g'- ^ (i ^v
lan'^2q>. N\ 2c/ '
^ (0,65)^ ,N \ 2 c)'
Da nun f = 4 /, so ist zwischen den kleinsten Werthen von m^
für die Netze aus rechtwinkligen Dreiecken und Rhomben die Relation
vorhanden :
/o,8oy 1^
V0,6Ö/ • 4 •
^V= \K-n?J ' T-'^P^^
oder / » 4 ^
17ß Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
wo m^ sich auf das Kbombcnnetz bezieht. Man sieht daraus, dass
es sehr un vorthcilhaft ist, „Dreiecke*' und nicht Rhomben
zu nehmen.
Für 29 = 60** wird in m^ aus dem Divisor (0,65)^
(0,48)^
für 2^ = 50^ ebenso (0,59)^.
Interessant ist för letztere Grösse von 2qp, dass sie derjenigen Rhomben-
form entspricht, für welche m^^ ein Min. ist, ohne Rücksicht auf die Mühe.
Schreibt mau nämlich m^ in der Form
ntp^
Ro wird dieses m^^ bei constantem Sn und veränderlichem q> ein Min. für
2 9) = 50", doch ist dabei die Mühe, entsprechend der Gesammtzahl
N = p . Zu aller Winkelmessungen, veränderlich mit der Zahl der
Dreiecke.
46.
Man könnte noch manche ähnliche Betrachtung über die Basisnetze
anstellen. Hier sei nur noch ein wichtiger Punkt erwähnt. Die vorher-
gehenden Berechnungen zeigen nämlich, dass in jedem Basisnetze ge-
wisse, als „maassgebende Winkel" bezeichnete Winkel hervorragenden
Einfluss haben, auch dann, wenn alle Beobachtungszahlen gleich ge-
nommen werden. Es kann daher auch nicht davon die Rede sein, dass
das Resultat ein wirklich ausgeglichenes ist, denn die maasgebenden
Winkel unterdrücken sozusagen den Einfluss der anderen. Dem lässt sich
allerdings abhelfen, wenn man die maassgebenden Winkel wenig, die an-
dern oft beobachtet, also gerade nicht so verfährt, wie es bisher als
rationell bezeichnet worden ist. Abgesehen von der Ungereimtheit, die
darin liegt, erzielt man dadurch doch nur soviel, dass das Endresultat aus
etwa zwei Einzelresultaten sich bestimmt. Daher ist es jedenfalls zweck-
mässiger, die maassgebenden Winkel auf die feinste Art zu ermitteln, sie
vielleicht mit mehreren guten Theodoliten zu beobachten , kurzum dafür zu
sorgen, dass in ihnen selbst schon ein sicheres, weiterer Ausgleichung
nicht bedürftiges Resultat vorliegt.
Anhangsweise sei ferner bemerkt, dass Richtungsbeobachtungen
(insbesondere bei dem Rhombusnetze) Anwendung finden könnten. Be-
sonderer Untersuchung bedarf dieser Fall nicht, eben darum, weil die
maassgebenden Winkel den grössten Einfluss behaupten, sodass in das
Resultat der Character der Richtungsbeobachtungen wenig eingeht*).
*) Einige Bemerkungon über günstigste Basisnotze finden sich auch in dem Vor-
wort von St ru VC zu der Ermittelung des Höhenunterschieds zwischen dem Schwarzen
u.Kaspischen Meere etc. von Fuss, Sabler u.Sawitsch. Petersburg 1849." Seite IX. u. f.
Besonders umfassend sind aber die Untersuchungen hierüber indem Werke : „die kleine
Speyerer Basis" von F. M. Schwerd 1822.
Geodäsie. Von Friedr. Ron. Helmert. 177
*-' .i^-^-*- -*-^ »'^^^•-^^■-^"•^'••■,-_->..'N,-^^^^,-*-_ .• ^— *- r - ■ •.- _*^_C /— >- •' ^ .-.'••.- 1^ .---^■'-*' ^- .H^.1^-^-/- rf- ^ >• . • --
IV. lieber die günstigste Yertheilung der Hauptpunkte eines
groasen Vreiecksnetzes.
47.
Es kann nicht die Aufgabe dieser Arbeit sein, über die Grösse der
Entfernungen benachbarter Hauptpunkte etwas Maassgebendes anzuführen,
ebenso wenig wie im vorhergehenden Hauptabschnitte die wirkliche Länge
der Basis in den Kreis der Betrachtungen gezogen wurde. Bessel empfahl
möglichst grosso Distanzen, Struve fand Distanzen von 3 bis 4 geogra-
phischen Meilen als die praktisch zweckmässigsten, niimentlich hinsichtlich
der Schnelligkeit der Messungsarbeit und der Elimination der Lateral-
refraction.
Man scheint indess im Allgemeinen der Ansicht zu sein, die grössto
Genauigkeit durch Verbindung möglichst weit entfernter Nachbarpunkte
erreichen zu können, und lässt das Terrain in gewissen Richtungen La-
toralrefraction vermuthen, so sucht man ihren Einfluss durch Control-
vcrbindungen zu mindern. Ist die Messung Theil einer Gradmessung, so
ist sicher dabei auch der Zweck „geringsten Kostenaufwandes'* erreicht;
triangulirt man aber nur, um die Grundlage einer Landesvermessung zu
erhalten, so geben Punkte in kurzen Distanzen meist ausreichende Ge-
nauigkeit bei weniger Gesammtkosten.
Im Folgenden möge der in neuerer Zeit häufigste Fall der Com-
hiuation beider Endzwecke durch eine einzige Triangulation festgehalten
werden. Diese muss, soll sie möglichst vortheilhaft sein, die Lage einer
grossem Anzahl gleichmässig vertbeilter Punkte zu ermitteln suchen. Es
hätte einestheils keinen Sinn, im Allgemeinen eine andere Yertheilung
anzunehmen, anderntheils erleichtert aber die gleichmässige Yertheilung
der Punkte ihre gleichmässige Bestimmung , sowie auch diejenige der
Punkte zweiter Classe. Unter „gleichmässiger Bestimmung*' ist dabei eine
solche zu verstehen , welche nicht nur Punkte in gleicher Entfernung von
der Basis gleichgenau angiebt (also mit gleichem M ermittelt), sondern
auch jeden einzelnen Punkt gleichmässig nach allen Richtungen bestimmt
(B constant). Wenn sich überhaupt eine Triangulation dem entsprechend
vornehmen lässt, so ist es gewiss diejenige, deren Nachbarpunkte zu regel-
mässigen Figuren verbunden werden können.
48.
Kann man alle Nachbarpunkte in gleiche Entfernung legen, so erhält
man als Grundfigur des Netzes das gleichseitige Dreieck. Dieser
Grundfigur steht am nächsten das Quadrat mvl zvj <i\ \>\^^^wvw\^\i.
178 Studieu über rationelle Vermessimgen im Gebiete der Luhem
Weitere Grundformen giebt.es nicLt. Denn ist AB CD . . . (Fig. 24.) eine
fi<r>lehe Grandform, also ein reguläres »-Eck, innerhalb dessen keine Netz-
punkte liegen, »o muss der Winkel de« n-Eickes äcb im Umkreise jeder
Eeke {Bz. B.) eine ganze Anzahl Male auftragen lassen^ weil jeder Punkt
llieil ist von mehreren Vielecken gleicher Form. Das giebt
4 : = einer ganzen Zahl ,
4
oder ^ = einer ganzen Zahl , was nur möglich ist
für II = 3, 4 und 6.
Das reguläre Sechseck giebt durch die zu seiner Construction nöthigen
Diagonalen ein dem Netze aus gleichseitigen Dr^ecken verwandtes Netz.
Es bleiben hiemach nur die erwähnten zwei Grundfiguren übrig.
Bei gleicher Punktzahl auf gleicher Fläche sind die Distanzen be-
nachbarter Punkte für beide Grundfiguren ziemlich gleich; denn indem
einem (Quadrate immer etwa zwei Dreiecke entsprechen werden, muss
n
sein, wo Sg die Quadratseite, Sj die Dreiecksseite bedeuten.
Die in der Praxis vorkonunenden Netzformen werden aber, falls nicht
besondere örtliche Verhältnisse es hindern, zwischen dem Quadratnetze
und regulären Dreiccknetz'e schwanken. Es ist daher im Folgenden ein
Vergleich beider Grenzf^lle dahin ausgeführt worden, welcher von beiden
das Verhältniss entsprechender Seiten der Grundfiguren am genauesten
„bei gleicher Mtthe" angiebt.
s^'i = 2 */ . "— ; Sg = 0,93 s^
49.
Im AnschluBB an Fig. 25. sei ABC ein im Innern des Netzes gelegenes,
gleichseitiges Dreieck. Die Messung von <^ BAC = a und ^ ABC
s= ß giebt für die Gegenseiten BC = a und AC = b
^ ^'^^^ u'^f^\ » A sPAP da — dß
- = -- - wobei ö l r ) = cot ada — cot ßdß = -=^ --
b sin ß \b / '^ * y^
die Grösse des Fehlers in — bezeichnet, welcher den Winkelfehlern da
0
und dß entspricht.
Diese Formel gilt fUr jedes andere Seiten verbältniss im Dreiecke,
und es hat daher das gloicliseitigo Dreieck die Eigenschaft, sich von
jeder Seite aus gleich gut construiren zu lassen. (Vergl. Abschnitt 38).
Die Beobachtung des dritten Winkels <^ ACB = y bat auf rff^j im Mittel
keinen Einfluss, denn y controlirt nur die Summe von a und ß^ indem
Geodäsie. Von Fuiedr. Rob. Helmekt. 171)
^ + ß + y — 180^ = 0
sein soll. Findet man nnn rechts anstatt Null einen Wertli v, so sind aus
da -]- dß -]- dy = V
die waLrscheinlicben Aenderuugen da = dß = dy = — , daher da — dß,
3
wie es in rf ( — j nur vorkommt, gleich Null. Bezeichnet nun + w den mitt-
leren Fehler in der Messung der Winkel «, |3, y . . . (in Bogen) und +5 den
mittleren Fehler in — , so ist also bei Messung von a und ß oder
a, ß und y
71a) d2==%2.
Da nun das Dreieck ABC von andern Dreiecken umschlossen wird,
muss man — noch aus der Dreieckskette (1. 2. 3. 4. 5), sowie aus der Kette
(1.12. 11. 10. 9. 8. 7. 6. 5), (Fig.25.), welche als unabhängig von einander
angesehen werden können, berechnen. Die erste Kette giebt - durch Ö
Seitenverhältnisse, die zweite durch 9 solche. Obgleich sich nun jedes
dieser Verhältnisse schliesslich für sich betrachtet ebenso genau bestimmt,
wie — für ^sich betrachtet, so darf man doch hier, wo benachbarte Dreiecke
in Frage kommen, den Seitenverhältnissen diese Genauigkeit nicht bei-
legen , wie sofort klar ist. Nennt man + ^j ^''^^ it ^3 ^^® mittleren Fehler
in — aus beiden Ketten, + m, den noch unbekannten, aus allen Einzel-
0
be.stimmungen sich ergebenden mittlem Fehler in — , so wird
5 m^^ < ^2^ < 5 ^2; 9 ^^2 <; ß^2 ^ 9 ^2^
Betrachtet man weiter die Winkel um A und B, so zeigt sich, dass diese
bei den Bestimmungen von ^2 ^^d d^ bisher nur zum kleinen Thoil in Anwen-
dung gekommen sind. Man wird daher der Wahrheit näher kommen, wenn
man sich a und ß noch aus den Summengleichungen der Winkel um A und B
bestimmt denkt und zwar mit dem mittlem Fehler H — 77=, wie leicht ein-
zusehen. Das Quadrat des mittlem Fehlers der Bestimmung von - mit
Hilfe von a und ß geht damit über in
In die obern Grenzen von dj^ und dg^ darf dieser Werth für d^ nicht
eingerührt werden. Es kommt z. B. in der Kette (\, 1. W. \,^^>i ^^^ ^>v^-
ZrilNihrifi f. Mnihrmniik u. Physik XIII, 3. V^
180 Studien üLer rationelle Vermessungen im Gebiete der liöhern
stn a^
tient ^ vor, und da« 2 '^'^d ß^ gleich sind, sowie derselben Summen-
sin P3
gleichung angehören , gilt für den Quotienten eine ähnliche Bemerkung,
wie sie früher für -: — 5 {gemacht wurde: Der Einfluss der Snmmenglci-
sm ß
chungen fällt bei den Dreiecksketten beinahe gänzlich weg.
Vernachlässigt man nun noch den geringen Einfluss verschiedener
Polygonzusammenschlüsse, so bekommt man zur Bestimmung "von +'"p
dem schlicsslichen mittlem Fehler in ( j-jj die Ungleichung
< ««I <
ö
9 9
Die obere Grenze giebt m^ < 0,44 w^ und hiermit giebt die unloro
Grenze 0,40 ©^ < m 2. Der Gesammtbestimmung des Verhält-
nisses zweier Nachbarseiten im Netze (zweier Seiten desselben
Dreieckes) entspricht sonach das mittlere Fehlerquadrat
71b) m^^ = 0,42 co^.
Ilat man Richtungen beobachtet, so ändert sich d^ in 71a) gar
5
nicht, dagegen muss für w,^ der Factor — in d,^ weggelassen werden, wie
sich von selbst versteht, dj^ und ^3' bleiben in den früheren Grenzen ein-
fi^eschlossen ; denn betrachtet man z. B. wieder . . . -7— ;i- ... in der Kette
sm ß^
(1. 2.3.4.5.), so könnte man zunächst erwarten, dass der mittlere Fehler die-
(2d''\
— ) ergeben würde, da a^ und ß.^ eine
Visur gemeinsam haben. Man überzeugt sich indess leicht, dass dieses
keinen Einfluss hat, indem man -r-:^^ diiferenzirtund dieRichtunffsfehler
stnß^ .
einführt. (Vergleiche später eine ähnliche Rechnung bei Untersuchung des
Quadrates.) Aus der Ungleichung
1 ^ .2/ 1
r . 1 <"^ < 1 . 1
+ 6mV "^ y^V' 'i_ ,,% "*" "5d'^ "*"
3 3
folgt wie vorher 0,51 «' > m',^ > 0,4G w^
71c) >yiV^ = 0,48 (0^.
m\^ ist somit nicht viel grösser als iw,^.
Das Verhältniss AB : CD im Rhombus ABCD bestimmt sich aus
Geodäsie. Von Fkiedk. Kob. Helmekt. 181
{ABC und CDB), aas {ABC, 1, 2, 3, 4) und aus (9, 8, 7, G, CDB),
also auf drei verschiedenen , ziemlich unabhängig von einander bestehen-
I w tinn 1 nnj,\ u ^^ sinACBsinCDB . ,
den Wegen. {ABC und CDB) geben — = ^-^^^-^ ^-^-^^ , und da
diese Winkel in verschiedenen Summengleichungen vorkommen, ist das
Quadrat des mittlem Fehlers
— • (4 0)') = ö^.
6 3 '^ ^ 9
Berücksichtigt man nun die beiden Ketten aus je 5 Dreiecken und
nennt m^ das Quadrat des mittlem Fehlers der schliess-
lichen Bestimmung von —-, so ist
C/ u
1 . . 1
< V<
1.1«" "^ 1.1.'
=- • 2 . 2
i?^«,2 ^ öm^^ 10 o ^ 5(52
9 9
72a) 0,55 ar < m^^ < 0,67 «^ ; m^^ = 0,61 o^
Für Rieht u'ngsbcobachtungen hat man unter Weglassung des
Kactors —
u
1 ,« . 1
1 1 <'^"< 1 1
3 3
72 b) 0,63 cö' < mV < 0,74 w^; m\^ = 0,68 o)^.
Das Verhältniss der Seiten AB:BD im Rhombus bestimmt
ttich aus
{ABCmuCl CDB)', {ABC, 1, 2, 3, 4, CDB), (9, 8, 7, 6)
und zwar wieder ziemlich unabhängig. Ersterc 2 Dreiecke geben
AB_sinACB sin CDB
b1) ~ sin BCD ' ^'nCÄB'
die Winkel des erstem Verhältnisses gehören hierbei zu derselben Sum-
5
mengleichung, der Factor ~ darf daher auf sie nicht angewendet werden.
Man erhält das Quadrat des mittlem Fehlers dieser Bestimmung zu
3 \ ü ^ / y
»''
m*3 , das mittlere Fehlerqaadrat ans allen Bestimmungen, wird mitbin
<<<
1 1 1 ^ ""^ 1 1 1 '
117,0 + 6V "^ W 11^ + "6d^ + 4d^
9 9
73 a) 0,56 «2 < m^^ < 0,69 ©2; m^^ = 0,62 o}\
Vi*
182 Studien über rationello Vermessungen im Gebiete der höhern
' ,^ ^^ •••* ^ .-*'-' .
5
Für Ricbtungsbeobachtungen kommt wieder der Factor
in Wegfall und man findet, ähnlich wie frilher:
73h) 0,62 »2 < mV < 0,72 w^; m'.,^=^0,r>7jo^
Man erkennt hieraus, dass eich die Verhältnisse zweier Rhonibusseiten,
die zu verschiedenen Dreiecken gehören , ziemlich gleich genau bestim-
men. Es mögen daher im Folgenden solche Seiten (also AB und BB^
AB und CZ>etc.) kurz „Gegenseiten" heissen. Liegt der Rhombus nicht
im Netze, sondern isolirt, so ist das mittlere Fehlerquadrat des Ver-
hältnisses solclTer Gegenseiten
74) '^';* =^.j5-.
50.
Für ein im Innern des Netzes gelegenes Quadrat ^5CZ> (Fig. 2ö.)
hat man zunächst die directen Bestimmungen
AB sin AGB ,(AB\ . , .^^. i(4j>r\ i
AB sinACB sinBDC /AB\ ^ (ri,n\
Werden also nur die nöthigsten Winkel gemessen, so bestimmen sich
beide Verhältnisse gleich genau. Das mittlere Fehlerquadrat beträgt 2«'-.
Beobachtet man alle Winkel, so hat man noch
AB sin ABB sin A CD
' '^ (^1) = ^ ^"^^^^ *" "^ ^^^^'^^
AC sin ABB sin CDA
AB sin ABB sin ACD , (AB\ , , , ^ ^, , /^ . , n
Die sämmtlicheu Bestimmungen aus den Winkelmessungen im Qua-
drate hängen daher von den 45^-Winkeln ab. Ein Einfluss der rechten
Winkel kommt erst herein, wenn man die Gleichung zwischen den 3
Winkeln jedes Dreieckes berücksichtigt. Die erste Bestimmung von
AB
—- ändert sich jedoch auch dann nicht, weil die betreffenden Winkel
derselben Sunimengleichung angehören; in den andern Verhältnissen je-
doch ist es erlaubt, überall das mittlere Fehlerquadrat eines Winkels
2
gleich - w^ anzunehmen, da die Summengleichungen die einzelnen Winkel
noch mit dem Gewicht — bestimmen. Man hat daher für das erste und
zweite Verhältniss die Bestimmungen mit den Fehlerquadraten:
4 4 4
w^ - wS resp. -w^ -o)-.
]\[an überzeugt sich leicht, dass diese Bestimmungen jedes Verhältnisses
Geodäsie. Von Friedr. Rob. Helmert. 183
völlig unabhängig von einander sind, nicht etwa irgend ein Winkel
oder eine Summengleichnng mehrfach Anwendung fanden. Es sind sogar
AB
für .^ noch die Winkel CDBy CAB, BCD und CBD unberücksichtigt, doch
geben sie nur Summengleichungen von ACB und ABC, ABB und CBAy
ihr Einfluss ist mithin Null.
Vereinigt man die Resultate, so int das Quadrat des m. F.
mr^^ 0^= -"- =ia>^
^ AC ^ -4-5^ ö
75 a) ( 2 ' 4 . *\
Diese Rechnung gilt in gleicher Weise für Winkel- und Richtungs-
beobachtungen.
Im letztern Falle könnte man vermuthen, dass z. B. die zweite
AB
Bestimmung von -—- einen andern mittlem Fehler erhielte. Nun ist
BC
d \^^A = d{ABB) — d{ABC) = 2d (A) — d{B)-d (C), wo d {A) etc. die Rich-
tungsfehler sind. Im Mittel ist ein Richtungsfehler -__, also bleibt der mitt-
AB
lere Fehler von — — hier genau so gross, als wenn die Winkel unab-
BC
liängig von einander gemessen worden wären.
AR
- - bestimmt sich weiter durch die Ketten (1. 2. 3.) und (9. 8.
7. 16. 15. 14. 13. 12. 11), erstere drei Nachbarseitenverhältnisse, letztere
4 solche und 2 Gegenseitenverhältnisse enthaltend. Für die mittlem
Fehler dieser Verhältnisse hat man Werthe einzuführen, die zwischen O,
icsp. &' und denjenigen mittlem Fehlern liegen, welche sich schliesslich
für — -^, resp. _ aus allen Bestimmungen ergeben. Letztere Grössen
mögen mit m und m, bezeichnet worden. Berücksichtigt man nun noch
die Summengleichungen der Winkel um A, Bj C, i>, welche für die erste
AB 7
der directen Bestimmungen von - - den Factor — erheischen und nennt
AC o
man das m. Fehlerquadrat für das Mittel der beiden directen Bestim-
mungen
^' = -r—T = 4" '
—7- + -4-
2 - -
8 3
*) Eine btreuj^o Ausgleichung gab genau gleich^i \lcB\i\la\Aä.
184 Studien über rationelle Vermessungen im Gebiete der hohem
80 ist
-^ .-^ . <m^<-. .-^
die obere Grenze giebt m*'^ < 0,51 w^.
AB
Für -^ bat man 2 ganz gleiche indirecte Bestimmungen aus (3. 2.
10. 9. 8. 7.) und (11. 12. 13. 14. 15. 16) mit je 4 Nachbarseiten- und
einem Gegenseitenverhältnisse. Wegen der Summengleichungen um A, B^
7.
Cy D ist der Factor - bei beiden directen Bestimmungen, also bei ^"^
ö
selbst in Anwendung zu bringen. Nennt man daher
7 7
* 8 12 '
so wird
1
< xa,' <
J_ . 2 — -A_ JL4.9 L_
Die obere Grenze giebt mj^ < 0.45 w^.
Führt man jetzt die Näherungswerthe in die untern Grenzen ein,
so ergibt sich
m^ > 0,43 w^ 1 nii^ > 0,40 »2
m^ < 0,51 «2 I ' m/^ < 0,45 ««
75b) m^^0^4W, m,2^=^0,42 w^.
AB AB
Man kann hiernach für — ^ ^^^777; ^^s mittlere Fehlcr-
^C 6 B
qua d rat zu 0,45(0* annehmen.
Sind Kichtungsbeobachtungen gemacht , so ist nur der
7
Factor — wegzulassen, sonst ändert sich au der Kechuung weiter nichts,
o
Die Ungleichungen gehen übi*r in
1
< m"^ <
i. , JL4.__i__ i . L . L_
für —— , sodass also
AC
und für — - in
L/ JJ
m 2 < 0,53 ö^
1 . . ' 1 — ^'^^^ r-.":"" 1
^'"2 + ^ • 4.ni'2_|_,„'r {^'2+2-4 ^-2 _[_ ^'2
woraus m'^'^ < 0,50 «^ folgt.
Geodäsie. Von Friede. Rob. Helmert.
185
AB AB
ÄC' CD
zu
Hiermit geben die untern Grenzen resp.
m'^ > 0,45 ar^ \n\^ > 0,44 ©^
und da
ni'2 < 0,53 fi)2 mV < 0,50©^
war, so kann man setzen
75 c) m^^ = 0,49fi)^. jn', 2^= 0,47^^.
Hiemach kann das mittlere Fehlerqnadrat für
0,48 Q}^ bei Richtungsbeobaclitungen gesetzt werden.
61.
Die gewonnenen Formeln stellen sich am übersichtlichsten dar,
wenn man noch alle Fehlerqnadrate auf gleiche Mühe, etwa diejenige
fQr Winkelbeobachtungen in einem Quadratnetze, reducirt. Man hat
hier in einem Quadrate 12 Winkel zu messen, d. i. soviel wie 24 Ein-
stollangen; dieses gilt für ein Quadrat im Netze ebenso, wie für ein
isolirtes Quadrat. Dagegen hat man im Rhombus nur 6 Winkelmes-
sungen gleich 12 Einstellungen zu machen. Für Richtungsbeobachtungen
im isolirten Quadrate, resp. Rhombus beträgt die Anzahl der Einstellungen
12, resp. 10, dagegen hat man für dieselben Figuren im Netze nur 8,
resp. G Einstellungen zu rechnen, da die begrenzenden Visuren (z. B.
AB^ AC . . .) auch für die Nachbarfiguren gelten, also nur zur Hälfte in
Anschlag zu bringen sind. Reducirt man nun alle mittleren Fehlerqua-
dratc auf 24 Einstellungen , so ergiebt sich , wenn + oo der mittlere
Fehler einer Winkclmessung f H~ tt— der einen Richtung] ist:
Mittleres Fehlerquadrat des
Verhältn.
2r Nachbar -
und 2r Gegenseiten
Winkel
Richtungen
Winkel
Richtungen
Rhombus isolirt,
,, im Netz,
Quadrat isolirt,
,, im Netze
0,33 CO«
0,21
0,80
0,47
0,28 a»«
0,12
0,40
0,16
0,67 CO*
0,31
0,67
0,42
0,66 CO«
0,17
0,33
0,16
Wenn nun auch die Zahlen dieser Tabelle, soweit sie sich auf
Figuren im Netze beziehen, der Vernachlässigungen wegen nur rela-
tiven Werth für die Vergleichung des Rhombus und Quadrates im Netze
besitzen, so erhellt doch daraus mit Gewissheit, dass insbesondere bei
Richtungsbeobachtungen das Quadratnetz recht günstige Bestimmungen
liefert und dem Dreiecksnetz gleichgestellt zu werden verdient.
52. Schluss.
Um die Arbeit nicht zu sehr auszudehnen, sind weitere Betrach-
tungen über Netzformen im Allgemeinen, über Kiax^zs^^l^TSi^ V^^&'l-^V.
186 Studien über rationelle Vermessungen etc. v. F. R. IIelmekt.
eine Keclinung wie in Abscbn. 45. geben würde) und Anderes mebr
nicbt angestellt worden. Freilieb ist nicbt zu verkennen, dass das liier
Gegebene nur den leicbtesten Theil der Discussion der Landestriangu-
lirung vollständiger abhandelt, nämlicb die Einschaltung der Punkte nie-
derster Ordnung, und dass der vierte Hauptabschnitt sehr dürftig aus-
gefallen ist. Wer jedoch weiss, welche Anhäufung von Fragen bei der
Untersuchung eines Hauptnetzes entsteht und wie gerade hier die spe-
ciellon Terrain Verhältnisse zu berücksichtigen sind, wird es nicht son-
derbar finden, dass zunächst das Einfachere eingehender untersucht wurde,
um so mehr, als in demselben das Allgemeinere, in allen Fällen Gil-
tige zur Darstellung gelangte.
Anmerkang zu Abschn. II. 32. Da unter gleichen Umständen die aufge-
wandte Mühe umgekehrt proportional A/* ist , in diesem Abschnitte es aber daranf
ankam, die Resultate gleicher Mühe zn vergleichen, so hat sich der Verf. erlaubt,
hier — abweichend vom gewöhnlichen Gebrauche — die Genauigkeit in der Be-
stimmung des Fnnktes ebenfalls umgekehrt proportional dem Quadrate des mitt-
lem Gesammtfehlers M zu setzen, sodass sie dircct proportional der aufgewandten
Mühe wird.
VI.
Mathematische Studien über die Materie.
Zur Lehre der Aequivalentvolumina.
Von
L. PUDENZ,
Candidat des höheren Schalamts ku Enhausen auf dem Eichsfelde.
Aus dem Dalton^sclien Gesetze für cliemiscbe Verbindungen ergibt
sich für den Verstand der nothwendige Schluss,' dass eine bestimmte
Masse eines elementaren Stoffes eine bestimmte Anzahl von Individuen
enthält; die ganze Eigenthümlichkeit dieser Individuen zu verstehen,
reicht es aber nicht ans. Der Verstand fasst diese Individuen, diese
die Materie räumlich constituirenden Momente, je als ein für sich da-
stehendes Ganze auf, gerade wie er die Zellen eines organischen Kör-
pers ihrem constituirenden Charakter nach als Einheiten nimmt. Es
folgt aus diesem Dalton*schen Gesetze durchaus nicht die Nothwendigkeit,
dass diese Individuen überhaupt untheilbare seien; die Annahme der
Untheilbarkeit ist nur eine wahrscheinliche Hypothese. So klein auch
diese Individuen immer sein mögen , wir können sie wohl in Theile zer-
legt denken, aber ob sie in Wahrheit theilbar sind, wissen wir nicht.
Eine Theilbarkeit auf mechanischem Wege lässt sich nicht gut verstehen,
denn dann müsste ein Individuum das andere durchschneiden und gäbe
also letzteres Individuum eher seine Einheit auf , als seine Verknüpfung
mit benachbarten anderen. Ebenso wenig, wie der Verstand die Theil-
barkeit auf mechanischem Wege nothwendig findet, muss er das Indi-
viduum für sich als aus Theilen constituirt auffassen. Denn der Umstand,
dass wir wohl eine Vorstellung von Raumform, aber kein Verständniss
dos Raumes, resp. der ihn anfüllenden Masse, gewinnen, führt uns
weder zum Individuum als Atom, noch zum Individuum als aus Atomen
constituirt, analog der Pflanzenzelle.
Wir können also diese Individuen eben nur als Individuen fassen
und ihrer Constitution nach weiter nicht verstehen.
Wenn wir die Individuen aber auch nur a\R Aw^VXvViVwe.Tv KwÄ\^^w^ v^^
'InlHcliriH f. MaiheniAlik u. Physik Xlll , 'J. \^
188 Mathematische Studien über die Materie.
wird dadurch die Unveranderlichkeit der Raumgrenzen dieser Individuen
nicht ausgeschlossen. Es folgt aus dem Begriffe des Individuums und
aus dem Unverständniss seiner Raumconstitution nicht die Unmöglichkeit
seiner Formänderung. Es wäre möglich ,' dass es sein Volumen ver-
grössere oder verringere; dass es seine Form ändere, etwa aus der
Form des Würfels in die des Oktaeders übergehe. Diese Möglichkeit
wird heute allgemein nicht angenommen — man nennt das Individuum
starr. Die Veränderlichkeit der Individuen anzunehmen, wird man
gezwungen, wenn man den Raum des durch sie constituirten Körpers
nur durch sie erfüllt denkt, in welchen Temperaturzuständen der Körper
sich auch befinde. Die Individuen als starre zu nehmen bedingt in der
allgemein gewordenen Hypothese des Aethers; man denkt sich das Indi-
viduum starr, dagegen die es umgebende Aethersphäre elastisch.
Suchen wir diese Elastizität des Aethers zn verstehen, so kommen
wir zu dem Resultate, dass man die Individuen der Körper als starre
nimmt, dagegen die Individuen des Aethers als veränderliche. Denn
da nach unserer Aetherlehre kein leerer Raum existirt, so heisst Con-
densation des Aethers Condensation des Aether - Individuums. Es ist
daher ein durchaus falscher Vergleich, wenn die Freunde des Aethers
lehren, die Condensation des Aethers sei analog der Condensation eines
Gases. Denn letztere wird als Annäherung der Gas -Moleküle erklärt,
während die nächsten Aethertheilchen als sich berührende gedacht
werden. — Dies denjenigen Denkern, welche die Veränderlichkeit eines
Körper -Individuums ungereimt finden!
Der Aether ist ein Phantasiegeschöpf, geschaffen, die Schwierig-
keiten der Erklärung des Leuchtprozesses in sich aufzunehmen. Seine
Existenz ist wegen der, durch die bis unendlichfache Condensibilität
erhaltenen, Eigenthümlichkeit, dass ein phantasievoller Physiker von
einigem mathematischen Takte durch ihn alle physikalischen Erschei-
nungen sinnlich vorstellen kann, noch keineswegs erwiesen. Ja wegen
dieser seiner Eigenthümlichkeit führt er zu vielen Spielereien der Phan-
tasie; ich erinnere nur an die hübschen Zeichnungen der Aether-Ellipsoiden
in der jüngst erschienenen Molekularphysik des Hrn. Cornelius. — So
geistreich auch durch den Aether manche Vorstellungen entstanden sind,
als z. B. die Vergleichung der Körperconstitution mit dem Makrokosmos
— diese Vorstellungen werden dadurch nicht wahr, sie sind eben nur
Zeugniss einer guten Phantasie.
Abgesehen davon, dass durch den Aether der BegrifP des Atoms
ein zweifacher (Körper -Atom = starr, Aether -Atom = veränderlich)
geworden ist, und dass wegen der durch ihn hervorgerufenen schwindel-
haften Gedankenbahn mehr und minder die Naturforscher ihn fallen
lassen, wie z. H. Schrauf in seinen physikalischen Studien; so viel ist
gewiss, dass durch soine Annahme jedes tiefere Eindringen in die
Von L. PüDENZ. 189
Körperconstitution abgeschnitten ist und dass er gerade hierbei nicht zu
Grunde gelegt werden darf, da ja die Annahme seiner Existenz höchstens
Frucht dieses Studiums sein könnte, wenn er wirklich existirte. Wie
man aber hierbei den Aether bei Seite setzen muss, ebenso auch den
leeren Raum — eine Meinung, welche der Hr. Rath Karsten in seinen
hierher gehörigen Aufsätzen schon ausgesprochen hat. Man stellt sich
dadurch freilich auf den simplen Standpunkt eines gewöhnlichen Men-
schen und sieht einen Berg voll Schwierigkeiten, aber so nur findet man
des Pudels Kern.
Auf diesen Standpunkt stelle ich mich. Alsdann muss ich annehmen,
dass die kleinsten Individuen der Elemente ihr Volumen ändern. Hierzu
nehme ich noch die Hypothese, begründet durch die Polymorphie der
Körper, dass das Individuum auch seine Form ändern könne. Der
üebergang von einer Form zur anderen geschieht durch einen Wärme-
prozess (vergl. Rose über TiOj, äOj, TöOg, NbO^ etc., ferner die Modi-
fikationen des P, S etc.).
Ob diese Hypothese ihre Wahrheit hat, wird die Untersuchung Über
die Form und Anordnung der Individuen in den Krystalleu ergeben;
welche Untersuchung freilich erst dann geschehen kann, wenn durch
das Studium der Aequivalentvolumina genug Boden zur Abstraktion ge-
wonnen ist. Ein wesentliches Mittel für diese Untersuchungen sind die
sogenannten Vikariationen. Wird z. B. in einem Krystalle FeO durch
MnO vertreten, ohne dass Form- und Volumen - Aenderung eintritt, so
folgt sofort, dass MnO und FeO an Form und Anzahl gleiche Individuen
besitzen. Auch sehr lehrreich sind in dieser Beziehung gewisse Ab-
änderungen, z. B. die des Kieselzinkerzes von Nertschink (nach Her-
mann) :
I. 210 SiO^ = 26,08 (gefunden 25,96
390 ZnO = 65,54 65,66
225 HO = 8,38 8,38)
IL 210 SfOj = 25,39 (gefunden 25,38
I 384 ZnO = 62,84 62,85
\ 6PbO = 2,70 2,70
250 HO = 9,07 9,07)
In II. ist nicht, wie Hr. Rammeisberg meint , Pb.O'^ SiO^ -\- HO mit
I. vermengt, sondern bei gleichem Verhältniss der Kieselerde zu den
basischen Oxyden (= 7 : 13) eine grössere Anzahl von Wasseratomen
vorhanden. Worin hat das seinen Grund? Etwa nur darin, dass die
PftO- Individuen grösser sind als die ZnO -Individuen? Mussten, um die
räumliche Ungleichheit aufzuheben, gerade ^ der Wasseratome von I. in
IL mehr sein? Um diese Fragen zu lösen, muss erst diese beantwortet
sein: Sind die Aequivalentvolumina, oder die Individuen, der SiO.2, ZnO^
HO in I. und II. dieselben? — Scd haec l\actci\wa\
190 Mathematische Studien über die Materie.
Aus der Annahme der möglichen Polymorphie der Individuen folgt
die Möglichkeit der verschiedenen Aequivalentvolumina desselben Ele-
mentes, derselben Verbindung, oder was dasselbe ist: die Möglichkeit,
dass dasselbe Element, dieselbe Verbindung verschiedene spezifische
Gewichte haben kann, und dass, wenn dies ist, wir in Wahrheit ver-
schiedene Körper vor uns haben, ebenso verschieden, wie es die iso-
meren Verbindungen der organischen Chemie sind. Man hatte früher
die Meinung, dass das verschiedene spezifische Gewicht desselben Kör-
pers nur Folge schlechter Beobachtung sei — eine Meinung, welche
dem intelligenten Herapath seine Ehre kostete bei den Deutschen Buff,
Kopp und Anderen — bis man durch die Polymorphie der Krystalle
derselben Verbindung anders denken lernte. Man fand jedoch nicht
gleich das Rechte. Denn man nahm die Verschiedenheit der Moleküle
nur da an, wo eine augenföUige Formänderung dazu zwang, und be-
dachte nicht, dass wir neben dem Gesichtssinne noch andere Sinne
haben, welche auch ihre Berechtigung bei Beurtheilung der Körper haben.
Denn warum sollen die Körper, welche dem Gesichte verschieden er-
scheinen, ihrem spezifischen Gewicht nach verschieden angenommen
werden, und nicht auch die Körper, welche nach Geschmack, nach Ge-
fühl verschieden sind? Oder aber: wenn die Krystalle des Anatas,
Rutils, Brookits uns nicht bekannt wären und die Individuen dieser
Mineralien nur in scheinbar amorphen Pulvern entgegenträten, würden
dann diese verschiedenen Individuen und ihre verschiedenen spezifischen
Gewichte nicht existiren sollen?
Hr. Kopp schreibt im Graham- Otto, dass die Studien der Aequi-
valentvolumina fester Verbindungen darum von so weniger Frucht gefolgt
seien, weil man nicht die Temperaturen kenne, bei welchen die Volu-
mina zu vergleichen , seien. Dies ist durchaus nicht Schuld, denn die
Ausdehnungen der festen Körper sind viel zu gering, als dass durch sie
die Fehlergrenze bei der Angabe der spezifischen Gewichte merklich
verändert würde. Die Schuld lag darin , dass man auf die mögliche
Polymorphie eines jeden Elementes, einer jeden Verbindung, nicht
kam; und man kam nicht darauf, weil man nicht vorsichtig genug zu
Werke ging. Wie man aber zu Werke ging, ergibt sich daraus, dass
man aus verschiedenen Angaben des spezifischen Gewichts einer Verbin-
dung das arithmetische Mittel als das wahrscheinlichste spezifische Ge-
wicht annahm, ohne zu bedenken, dass die verschiedenen spezifischen
Gewichte der Fingerzeig für verschiedene Modifikationen seien, oder
dass die eine Angabe die genaueste sei, dagegen die anderen weniger
genau. Hatte man, um ein handgreifliches Beispiel vorzuführen, etwa
für CaO die Angaben p = 2,95 (für Arragonit), p' = 2,72 (für Kalk-
spath), so nahm man das wahrscheinlichste spez. Gewicht für CaO =
^ (2,95 -f- 2,72) = 2,84, also ein spez. Gew., welches keine Modifikation
Von L. PüDENZ. 191
des CaO hat. Freilich kann man nicht jede Angabe des spezifischen
Gewichts eines Körpers als wahr annehmen, am wenigsten bei unkrystalli-
sirten Körpern, weil in einem solchen verschiedene Modifikationen der-
selben chemischen Verbindung vorhanden sein können. Dieses Zusammen-
sein hängt von der Präparation ab. Am einleuchtendsten ist dies beim
Schwefel. Hr. Eath Karsten machte auf die Präparation des S auf-
merksam, indem er sagt, dass von der Vorsicht beim Abkühlen abhinge,
ob die äusseren Schichten krystallisirten , d. h. anderer Modifikation seien,
als die inneren. Eine Norm für solche Präparate kann gelten ihre Lös-
lichkeit in den verschiedenen Lösungsmitteln. — Auch sehr lehrreich in
dieser Hinsicht sind die interessanten Versuche des Hm. Beudant*).
Sehr Recht hat dagegen Hr. Kopp, wenn er obige Bemerkung bei
flüssigen Verbindungen macht, welche mit wenigen Graden schon bedeu-
tende Aenderungen des Acquivalentvolumens haben. Hier wird die Frage:
bei welchen Temperaturen muss man ihre Aequivaleutvolumina verglei-
chen, um sofort einen Einblick in die räumliche Constitution zu haben?
sehr kritisch. Sie ist auch schon vielfach der Gegenstand der Diskussion
gewesen. Um aus dem Multa das einzig Brauchbare zu nennen, gedenke
ich der Untersuchungen des Hm. Kopp, welcher die Aequivalentvolu^
mina bei den Siedepunkten verglich. So lehrreich diese Untersuchungen
uns auch noch werden, so erkennt man doch sofort, dass durch sie zur
in Frage stehenden Aufklärung wenig geleistet ist; denn, wenn gewisse
isomere Verbindungen beim Siedepunkt dasselbe Volumen haben, so ist
für diese Verbindungen nur die Thatsache festgestellt, dass in ihnen
beim Uebergang in die Dampfform die constituirenden Elemente resp.
elementare Verbindungen gleiches Volumen haben, aber der Grund ihrer
Verschiedenheit ist um nichts mehr ergründet.
Da diese Frage so eng mit 3er Wärmelehre zusammenhängt, und
letztere durch die Beziehungen zwischen Eaum und Wärme in der orga-
nischen Chemie ausgezeichnete Nahrung erhält, falle ihre Diskussion hier
weg, wo ich vorläufig mich auf die Aequivalent Volumina der festen
Körper beschränke. Bei der späteren Behandlung dieser Frage werde
ich auch im Stande sein, den Beweis zu liefern, dass die Individuen
des Wassers bei 4*' Cels., wo es also am dichtesten ist, in festen
Hydraten wieder gefunden werden. Aus diesem Satze lernen
wir, dass nicht gerade nur feste Körper mit festen zu vergleichen sind,
um einfache Eelationen zu gewinnen; dass man nicht gerade das Eis
hierzu in Vergleichung bringen muss. — Die Thatsache, dass die Indi-
viduen des. Wassers bei 4^ C. in festen Körpern auftreten, neben dem
Umstände, dass die spezifischen Gewichte der festen Körper meist auf
♦) Ann. de chim. et de phys. XXXVIII , '.^98 und Pogg. svtviv. \.om.'!^\N ^^^. 'A^
192 Mathematische Studien über die Materie.
solches Wasser bezogen sind, ist von höchstem Interesse für das Be-
rechnen der Aequivalentvolundna , wie wir gleich sehen werden.
Beziehungen der Aec[nivalentvolnmina aufzufinden, haben bekannt-
lich schon Viele angestrebt (die Meisten in den Jahren 1842 — 1845),
aber noch Keiner hat es zu einem glaubwürdigen System gebracht. Ich
werde in Folgendem mein System der mathematischen Chemie für feste
Körper skizziren. Es hat Vieles in sich, was schon Hr. Schröder
gesagt; steht aber zu dessen Arbeiten in demselben Verhältniss, wie
dasjenige System, welches die Beziehungen der Aequivalentvolumina
durch Potenzverhältnisse erschlösse — wcinn's also möglich wäre — zu
den Priorität suchenden Anstrengungen des Engländers Play fair sieb
stellen würde, welcher Chemiker alle möglichen Wurzeln der Aequiva-
lentzahlen und ihrer Multipla mit den spezifischen Gewichten der Ele-
mente verglich.
Mein Hauptsatz für die Aequivalentvolumina fester Körper in allen
ihren Modifikationen ist der, dass sie in rationalem Verhältniss zu
einander stehen; und der durch Untersuchungen sich herausteilende
Untersatz ist, dass diese Verhältnisse einfacher Art sind.
Jetzt macht sich die Zahl 9 des Aequivalentvolumens von Wasser
bei 4® C. geltend. Es stellt sich heraus, dass die Aequivalentvolumina
durch 3 thcilbar sind. Hierin liegt die Norm für die Bestimmung der
Aequivalentvolumina. So finden wir in den Otyden , dass der Sauerstoff
die Aequivalentvolumina:
•...2,7; 3,9; 4,5; 4,8; 5,1; 5,4 .. . '
hat.
ManchW, welcher in dieser Sache noch keine Studien gemacht hat
und vor dem Prüfen zu verwerfen leicht geneigt ist, mag denken, ich
schaffe mir mit diesen vielen Zahlen eine Schablone der Willkühr. Ich
bitte ihn, diesmal erst nach sorgfältiger Prüfung sein Urtheil fällen zu
wollen; mag dann sein Urtheil mit meiner Ueberzeugung von meinem
System differiren, zu der Ueberzeugung glaube ich ihn dann doch ge-
führt zu haben, dass die Modifikationen der Elemente, resp. elementarer
Verbindungen, in ihren Verbindungen uns wieder entgegentreten.
Ehe ich jedoch zur wirklichen Rechnung übergehe, glaube ich noch
Etwas sagen zu müssen über die sogenannte Binar theorie. Durch
meine Untersuchungen stellt sich heraus, dass in einer höheren Verbin-
dung die Moleküle der elementaren Verbindungen ihren individuellen
Charakter behalten, sodass sie also Individuen sind, wie die kleinsten
Thcile der Elemente. Es wird sich z. B. herausstellen, dass die Indi-
viduen des Rubins, Sapphirs, Corunds in den Thonerdesalzen wieder
zum Vorschein kommen.
Ich schicke mich an, mein System und meine Ansichten durch
praktisch gewonnene Grössen zu vertheidigen. ich bin mir dabei recht
Von L. PüDENZ. 193
bewusst, dass Naturwissenschaft keine Wissenschaft ist, bei der man
a priori schliesst, und dass meine Angaben bei den Lesern am besten
dann ziehen würden, wenn diese schon die Mühe sich genommen hätten,
die sämmtlichen bekannten Mineralien nach ihrer räumlichen Constitution
verstehen zu wollen. — Zunächst will ich einige Hydrate anführen, in
denen das Aequivalcntvolumen des Wassers 9 ist.
Zur Abkürzung bezeichne ich die Aequivalentzahl, das Aequivalent-
Volumen, das spezifische Gewicht eines Körpers K mit
z. B. ae {Fe^ 0.,) = 80
v{Fe^O.^ =15,3
plFe.^0.^) = 5,225.
Um aber z. B. das Aequivalentvolumen von Fe in v{Fe2 0.^) = 15,3
anzugeben, schreibe ich 2 . Fe„ {Fe.^ 0^) oder kurz Fei, Die berechneten
p markire ich.
(I/O), =9.
1. r(y^) = 17,4; //= 1,781
p = 1,77 (Berzelius)
v{P,HO) = 17,4 + 9,0= 26,4; p= 1,515
p = 1,515 (Pelouze)
2. r(Z;iO) = 7,2; jt>' = 5,666
;, = 5,657 (Rose).
viZnO.HO) = 7,2 + 9,0 =16,2; p = 3,055
p = 3,053 (Filhol)
. r(Criö.) = «,85; /;' = 3,164
;,.= 3,161 (Karsten)
v(CaO,HÜ) = (8,H5 + 9,0) = 17,85; p = 2,073
p = 2,078 (Filhol)
4. t'(Ä'O) = 17,7; // = 2,666
p =z 2,656 (Karsten)
v{KO,Hi)) = 17,7 + 9,0 = 26,7; // = 2,105
p =2,10 (vulgo)
5. r(iVaÖ) = 11,1; /;' = 2,793
p = 2,805 (Kar8t(Mi)
v{!Sa(i.Hn) = 11,1 + 9,0 = 20,1 ; // = 1,94H
p = 2,0 (Dalton)
6. r(ff'.^ O-j) = 15,3; // = 5,224
p = 5,225 (Boullay)
V {Fe, ()., . Uff) = 15,3 + 9,0 = 24,3 ; // = 3,662
p = 3,65 (Betx.v?l\MW\.
194 Mathematische Studien über die Materie.
Diese Hydrate könnte ich noch vermehren, wenn nicht das v der
Metalloxyde in den gedachten Hydraten erst nach den später kommenden
Kegeln bestimmt werden müsste. An betreffender Stelle werde ich sie
erwähnen.
Die V der vorgeführten Metalloxyde lernen wir ihrer Constitution
nach später kennen , und zwar nach dem System als mathematisch genaue
Grössen, z. B.
'v{CaO) = 8,85 besteht aus Ca^ = 6,3
0, =2,55
wo 0„ die oft auftretende Hälfte von 5,1 ist und Ca„ die äälftc des
t;(Ca) = 12,6; p' = 1,587
p = 1,584 (Bunsen).
Es gehört nämlich Ca zu denjenigen Metallen, welche häufig Verbin-
dungen mit der Hälfte des v im freien Zustande eingehen.
Dass in obigen Hydraten das v(HO) = 9,0 auftritt, ist sicher; es
käme darauf an, die Constitution dieses Wassers kennen zu lernen. Die-
selbe lässt sich nur durch die Yolumenanderung des flüssigen Wassers
bei anderen Temperaturen als 4® C. angeben und ihre Erkennung würde
also die Frucht der Vergleichung mit den Flüssigkeiten der organischen
Chemie sein. Ich ponire in v{HO) = 9,0 das H„ = 3,6 und 0„ = 5,4.
Dies anzunehmen hindert nicht
v{HO^) = 11,7 = 9,0 + 2,7; p = 1,453
p = 1,452 (Tht^nard)
denn das zweite 0 ist eine vom ersten verschiedene Modifikation '•').
*) Darin jedoch, dass das zweite 0 bei geringer Erwärmung weggeht, liegt
nicht gerade der Grnnd seiner Verschiedenheit vom ersten. So geht z. B. auch
aus dem Polianit des Hrn. Plattner das 0 und HO fort, obgleich dies fortgehende
0 von derselben Modifikation mit dem im MnO zurückbleibenden zu sein scheint.
Dieser Polianit nämlich ist
U[MnO + 0) + [MnO + NO)
denn
65 MnO = «1,37 (gefunden 81,40
64 0 = 18,31 18,28
1 BO = 0,32 0,32).
Hierin scheint nämlich das Mn mit dem Fe des Hrn. Beaudrimout:
v(Fe) = 3,6; p = 7,778
p = 7,778 (Beaudrimont)
isoster zu sein; ebenso aber auch das Op des entweichenden Sauerstoffs gleich
dem Ov des aus HO^ entweichenden 0 und gleich dem Oo des 0 im zurückblei-
benden MnO. Denn v[U{MnO + 0) + MnO. HO] = 64. [(3,6 + 2,7) + 2,7] -f
[(3,6 + 2,7) + 9,0] = 573,3 liefert p =4,877, also gleich dem p = 4,88 des Hrn.
Plattner.
Das Studium des Entweichens ein und desselben Stoffes bei verschiedenen
Temperaturen aus ein und derselben Verbindung ist noch wenig in Angriff ge-
nommen worden, und desswcgen will ich an diesem Orte nichts unterlassen, die
chemische Constitution eines Pyrolusits vom p = 4,94 anzugeben:
Von L. PuDENZ. 195
{H0\ = 6,3.
Man bat oiueu gewissen Anhaltspunkt für eben angegebene Consti-
tution des {HO)v = ^fi in dem oft als Base sich geltend machenden
Wasser vom v = 6,3. Dieses Wasser hat die Constitution: H„ = 3,6
und 0„ = 2,7. Die Existenz dieses Wassers ergibt sich aus:
1. v{MG0) = e,3', / = 3,174
p = 3,20 (Karsten)
v{MG().IIO) = 6,3 + 6,3 = 12,6; p = 2,30
p = 2,30 (Kirvann)
2. V {SnO.^ = 10,8 ; p = 6,944
;, = 6,96 (Kopp)
v{SnO.,.nO) = 10,8 +• 6,3 = 17,1; // = 4,912
p =4,932 (Grh.-Otto).
(7/0), = 7,65.
Dass in diesem, sehr oft auftretenden Wasser vom v = 7,65 auch
Hp = 3,6 existirt, hat sehr viel Wahrscheinlichkeit. Denn dann müsste
Op = 4,05 = i[.2,7 yein, welches 0^ uns (i.f.a.35. in v {SO.^) = 20^25
auch entgegentritt:
t,(S) = 8,l; /;'= 1,975
p = 1,976
v{SO.;) = 8,1 + 3.4,05 = 20,25; p = 1,975
;, = 1,970 (Bussy).
Dass {IlO)t, = 7,65 existirt, ergibt sich aus
1. v{NaO) = 11,1 (siehe oben)
v{NaO.IW) = 11,1 + 7,65 = 18,75; // = 2,133
p = 2,130 (Filhol)
2. v{Fc, 0.^) = 15,3 (siehe oben)
v{Fe., 0,^ + HO) = 15,3 + 7,65 = 22,95; p = 3,878
p = 3,878 (Vohl).
Ich habe schon drei verschiedene Modifikationen des Wassers an-
geführt; es sei mir erlaubt, hier noch auf zwei Modifikationen aufmerksam
zu machen. Die eine ist die Modifikation von (//O),. = 8,1, welche da-
durch charaktcrisirt ist, dass sie gewöhnlich bri 100" C. entweicht und
die Verwitterung so leicht möglich macht. Die andere ist die durch ihr
grosses Aequivalcntvolumen merkwürdige Modifikation
PyroluHit = 1290 (MnO + 0) + 35 (MnO + •_> . //O) + 2 (2 . ßaO + NO) ;
gefunden: MnO 80,44; 17,90 0; l.l-'i //O; 0,5.5 BaO;
berechnet: „ 80,444; 17,001,, 1,124 „ 0,5^V „
196 Mathematische Studien über die Materie.
^Ö^ = 15,0.
1. v{NaO) = 11,1 (siehe oben)
v{NaO.HO) = 11,1 + 15,0 = 26,1; p = 1,533
p = 1,536 (Gehlers Lex.)
2. v{KO) = nj (siehe oben)
v{KO.Hü) = 17,7 + 15,0 = 32,7; p = 1,721
p = 1,708 (Gehl. Lex.)
Es wäre manchem Leser gewiss interessant gewesen, neben den
erwähnten Modifikationen des Wassers nicht die des Eises vermissen zu
müssen; es thut mir leid, darin nicht entsprechen zu können; auf dem
Dorfe, worin ich zur Zeit mich aufhalten muss, habe ich keine Gelegen-
heit, die mir verloren gegangenen Notizen über das Eis wieder ersetzen
zu können.
Ich will jetzt dazu übergehen, die einfachen Verhältnisse zwischen
den 0„ an verschiedenen Oxyden zu zeigen. Dazu ist noth wendig, über
die V der Metalle gewiss zu werden. Wie sollich es anfangen, hierüber
so überzeugend als möglich für die Leser mich auszudrücken? Es würde
mancher Leser vielleicht erwarten , dass ich erst die v aller Metalle
systematisph anführe und darauf die v ihrer Oxyde mit ihnen vergliche.
Dies zu thun finde ich fUr meinen Zweck nicht angemessen. Ich will
vielmehr also verfahren: ich will erst an mehreren Oxyden, in denen
solche Metall -Individuen, welche im freien Zustande bekannt sind, uns
entgegentreten , die Existenz verschiedener Modifikationen des Sauerstoffs
und die v derselben bis zur Gewissheit lehren ; dann nach Kenntni.ss
der Op auf die v solcher Metall -Individuen, welche als frei« nicht be-
kannt sind, zurückschliessen.
0„ = 1,35 = i.2,7
0,. = 2,7.
Die dichteste Modifikation des 0 finden wir als 0^ = ^.2,7 = 1,35
im Zinnstein und krystallisirten Kadmiumoxyd :
1. e;(5;0 = 8,l; ;/ = 7,284
p = 7,291 (Karsten)
v{SnO,,) = 8,1 + 2.1,35 = 10,8; p = 6,944
p = 6,96 (Kopp)
2. v{Cd) = 6,45; p = 8,682
p = 8,677 (Herapath)
v{CdO) = 6,45 -f 1,35 = 7,8; // = 8,205
p =8,183 (Herapath).
Die Modifikation des 0, deren v doppelt so gross ist, finden wir im CdO
des Hrn. Kopp :
Von L. PüDENZ. 197
3. V {CdO) = 6,45 + 2,7 = 9,15 ; / = 6,994
p=7,00 (Kopp);
ferner in {H0\ = 6,3 = 3,6 + 2,7 ; ferner in •
4. . v{Fe) = 3,6; p = 7,778
p = 7,778 (Beaudrimont)
V {Fe^ O3) = 2 . 3,6 + 3 . 2,7 = 15,3 ; p = 5,224
p = 5,225 (Boullay)
5. t;(Z;i) = 4,5; / = 7,24
p = 7,24 (Böckmann)
v{ZnO) = 4,5 + 2,7 = 7,2 ; p = 5,666
p == 6,657 (Rose).
Die eben erwähnte Modifikation ; 0„ = 2,7 tritt sehr oft auf, wie wir
später sehen werden. Eine fast nicht minder oft nns begegnende Modi-
fikation ist
0. =^.3,9=1,95
0^ = 3,9.
1. v{Ni) = 3,6; Ni isoster mit dem eben erwähnten Fe und dem
Cr, dessen p = 7,3 angegeben wird.
v{NiO) = 3,6 + 1,95 = 5,55; p = 6,666
p ==6,661 (Rammelsberg)
2. v{Sn) = 8,1 (siehe oben!)
v{SnO) = 8,1 + 1,95 = 10,05; p = 6,666
p = 6,666 (Herapath)
3. V {Ag) = 10,2 ; p = 10,587
p = ] 0,567 (G. Rose)
v{AGO) = 10,2 + 3,9 = 14,1 ; p = 8,227
p = 8,256 (Karsten)
4. t;(S0 = 5,7; /?' = 2,456
p = 2,490 (Wöhler)
v{SiO.^) = 5,7 + 2.3,9 = 13,5; p = 2,222
p = 2,222 (Schaffgotsch).
0, =^.5,1 = 2,55.
Die Modifikation ()„ = 2,55, welche auch oft auftritt, haben wir in
1. (CaO) = 6.3 + 2,55 = 8,85 (siehe oben!)
kennen gelernt. Als fernere Beispiele gelten:
2. r(Cw) = 3,6; Cu„ = Fe„ = Ni„ = ^fi-,
v{CiiO) = 3,6 + 2,55 = 6,15; p = 6,455
198 Mathematische Studien über die Materie.
■^>'>.rf%.^. - -^ *.- ^*..^v^
3. t;(P6) = 9,15; / = 11,312
V {Pb.^ O3) = 2 . 9,15 + 3 . 2,55 = 25,95 ; p = 8,902
* p = 8,902 (Herap.)
4. v{Pb^^Oi = Mennige) = 3.9,15 + 4.2,55 = 36,75;
p = 9,097
p = 9,096 (Herap.).
Hierhin wäre vielleicht etwa noch zu rechnen
5. t;(P60) = 9,15 + 2,55 = 11,75 p = 9,530
p =9,50 (Bonllay),
aber nicht mit Gewissheit. Denn es existirt auch die Modifikation {Pb)t,
= 9,0, und da könnte v{PbO) = 11,7 die Constitution Pb„ = 9,0 + 0^
= 2,7 haben. Sehr oft begegnen uns Verbindungen, deren v so be-
schaffen ist, dass verschidene Modifikationen der sie constituirenden Ele-
mente der Grösse des v Genüge leisten. So z. B. die andere, oktaed.
kryst., Modifikation von PbO:
v{PbO) = 13,95; p = 8,025
p = 8,02.
Hier kann nun sein v(PhO) = 9,15 -f" 4,8, aber auch = 9,0 -j- 4,95 (dies
wahrscheinlich!); denn dass O«, = 4,95 existirt, ergibt sich a. a. O.
auch aus
v{As)= 13,2; p' = 5,682
;, = 5,672 (Herap.)*)
v{AsO.;^ = regul. Octaed.) = 13,2 + 3.4,95 = 28,05;
;/ = 3,5294
p = 3,529 (Regn. Stre.).
Die dritte Modifikation
v{PbO) = 9,0 + 3,0 = 12,0; p = 9,277
p = 9,275 (Herap.)
lässt freilich keinen Zweifel über ihre Constitution übrig, weil 0„ = 3,0
wohl oft. auftritt, aber nie 0„ = 2,85.
Zu den Oxyden, in denen 0^, =^2,55 existirt, gehört auch noch
6. v{HGO) = 7,2 + 2,55 = 9,75; // = 11,077
p = 11,078 (Herapatli).
Man verzeihe mir, wenn ich hier von der Norm abweiche und das oft auf-
tretende HGp = 7,2 hierhersetze, ohne seine Existenz im isolirten Zu-
stande angeben zu können. Ich that es, weil ich nicht wusste, wie ich
diese Constitution später passend anbringen könne, und um gleich durch
folgendes
•) Dieses Aft ist iBo^ter und isomorph mit dem rothen krystallisirten Phosphor:
t;(/') = l3,2; /?' = 2,348; p = 2,34 (Hittorf).
Von L. PüDENZ. 199
-^- ^ , ■_/• .---
V {HG./)) = *J . 7,2 + 5, 1 = 1 9,5 ; p = 10,G7
p = 10,69 (Herapath)
den AmmermüUer'schen Satz*), dass im Oxydul das 0» doppelt so gross
auftreten kann als im Oxyd, in Erinnerung zu bringen.
Wir haben in den vorgeführten Oxyden nun schon verschiedene Mo-
difikationen des 0 kennen gelernt, als:
0„ = 1,35
= 1,95
==2,55
= 3,0
2,7
3,9
5,1
4,95
= 4,05 = 3.1,35 vergl. v(ßO.^ = 20,25.
Diese Anzahl von Modifikationen wird genügen, um die weiteren
Untersuchungen über Oxyde ohne Meinungsdifferenz mit mir durchzu-
gehen.
BO^.
Wir haben oben v(Sn) = 8,1 kennen gelernt. Mit diesem Sn ist iso-
morph das diamantenartige Bor (dimetrisch) vom p = 2,681. Dieser
Modifikation des Bor entspricht das v = 4,05 = ^.8,1 = \,v{Sti). Die v
würden für diese isomorphen Stoffe gleich sein, wenn man statt BO^^
schriebe B{0^)2'i und diese Schreibweise würde zweifelsohne zweckmässiger
sefin, als das dieser Isomorphie einst zur Liebe geschriebene SnO^ fürSnO,^.
Die Individuen dieses Bor finden wir mehrfach wieder:
1. Im Boracit = MGO^.BO.*, Es ist hierin
3 {MGO)„ = 3 . 6,3 = 18,9 (siehe oben !)
4(^03)^ = 4(4,05 + 3.2,7) = 4.12,15 = 48,6
v{MGO^ . BOr^^) = 67,5 ; p = 2,956
p = 2,955 (Rammeisberg).
2. Im oktaedrischen Borax = NaO.BO.^ + 5 HO.
NaO„ = 11,1 = 11,1
2(^03)^ =2.12,15 = 24,3
5(7/0), =5.9,0 =45,0
7=80,4; p' = 1,813
p = 1,815
3. In NaO.BO^^ + \{).H0.
NaO„ =11,1 = 11,1
2 {B0.^)„ = 2 . 12,15 = 24,3
10(//0)„ =10.7,65= 76,5
t;= 111,9; p'= 1,705
p = 1,692 (Filhol).
*) Vergl. Ammermüller's Dissertation in Poggend. ann. tom, 49 pag. 341;
1840, Nr. 2.
200 Mathematische Studien über die Materie.
In den drei erwähnten Verbindungen war^as {BO^^ dasselbe; in den
beiden letzten finden wir verschiedene, schon bekannte, Modifikationen
des Wassers. -
Jene Individuen des Bors finden wir wieder :
4. im Borax anhydre = NaO.BO^'.
{NaO\ =11,1 =11,1
2 . {B0^\ = 2 . 15,75 = 31,5
» = 42,6; p' = 2,366
p = 2,367 (Filhol).
Diese Borsäure enthält nicht die Modifikation 0^ = 2,7, sondern die
Op = 3,9 d. h. {B0^\ = 4,05 + 3 .3,9 = 15,75.
5. In der geschmolzenen BO^ des Hrn. Davy:
v{BO^) = 4,05 + 3.5,1 = 19,35; p = 1,804
p = 1,803 (Davy).
Hierin ist also 0» = 5,1, wie oben in {HG^O)^.
6. Die eben erwähnte BO^ des Hrn. Davy begegnet uns wieder in
BO^ + 3/rO oder BO^BO'-\- 2 HO. Es ist bekannt, dass 2 HO hieraus bei
Erhitzung weggehen. Dies hat hier seinen Grund darin, dass zwei ver-
schiedene Modifikationen von HO in der Verbindung existiren, nämlich die
abgehende ist vom HO,, = 8,1, die zurückbleibende dagegen die schon
kennen gelernte H0„ = 6,3. Demnach
v{B0^,H0 + 2jyO) = 19,35 + 6,3 + 2.8,1 = 41,55
p = 1,479
p = 1,480 (Berzel.)
p = 1,4797 (Böttger).
Würde man die 2 HO so entfernen, dass das Restirende BO^HO dabei
keine Aenderung erleidet, so würde man
'(«'>■'"'> - ?if^ «»^-
Eine dieser Constitution ganz ähnliche haben wir in C^O^.HO -j- 2 HO.
Es ist hierin (^2^:0«' = löjS, welche (CjOj)- Modifikation uns auch in
anderen Verbindungen wieder entgegentritt. Es ist alsdann
v(C^O^,HO-\- 2/]rO) = 16,2 +6,3 + 2.8,1 =38,7; p = 1,628
p = 1,629 (Buignet)
p = 1,G3 (Bödeck.)
und
t;(C2 03.^0) = 16,2 + 6,3 = 22,5; />'= 2,000
p = 2,00 (Bödecker).
Dnrch das Zusammenhalten solcher analoger Verbindungen wie
HO.BO.^ -\-2H0 und HO.C^O^ -j- 2H0 kann man viel lernen. Aus der
Difi*erenz :
v{HO,C^O^ + 2H0) — v{HO.C^O^) = 16,2
Von L. PuDENZ. 201
ergibt sich HOp =8,1. Denke ich mir dieses Wasser auch im HO.BO^
+ 2 HO, so ist v{HO.BO.i) = 25,66 d. h. gleich dem HO^ = 6,3 und
{BO^)- des Hrn. Davy. Setze ich nun wieder H0„ = 6,3 in HCC^O^, so
bleibt {C^O^^ = 16,2, was auch durch Oxalsäure Salze als recht erkannt
wird. Welche Constitution hat {C.^ O3),, = 16,2?
Es ist hierin C„ = 4,05 und 0„ = 2,7. Diese Kohle hat man freilich
im freien Zustande noch nicht wahrgenommen , obgleich sie oft auftritt, wie
auch in (COj)» = 10,05.. Von den als freien beobachteten C- Individuen ist
die Modifikation, welche am öfteren auftritt, diejenige des Hm. Renngott:
t;(C) = 2,7; p'= 2,222
p = 2,229 (Kenngott).
Diese existirt z. B. im Arragonit und im PbO , CO^ des Hrn. Beudant. Es
ist hierin
(C02). = 2,7 + 2.2,7 = 8,1,
daher
1. (CaO),. = 8,85 (siehe oben !)
v{CaO.CO^ = 8,85 + 8,1 = 16,95; p = 2,9498
p = 2,949 (H. Rose)
2. {PbO)„ = H, 7 (siehe oben!)
v{PbO.CO^) = 11,7 + 8,1 = 19,8; p = 6,742
p = 6,7293 (Beudant).
In der erwähnten Kohlensäure - Modifikation ist Cr = 0,,.
Einige Erdmetalle.
I. Ba, Sr, Th.
Zunächst will ich an einigen Erdmetallen eine noch nicht beachtete
Gleichheit des Aequivalentvolumens zeigen, nämlich an Barium, Strontium
und Thallium.
ae {Ba) = 68,5
ae{Sr) = 43,8
ae{Tl) =203,5
v=17,l; /= 4,006
p == 4,00 (Gehl. Lex.)
f)=17,l; p'= 2,561
p = 2,504 — 2,580 (Bunsen)
r=17,l; /= 11,901
/>=11,9 (Crookes).
Mit dem v = 17,1 aber treten diese Metalle in Verbindungen höchst selten
auf; ja {Ba)„ = 17,1 liegt gar nicht vor.
Wie wir später sehen werden , tritt in den salpetersauren Salzen sehr
oft (iVO,)^ = 26,1 auf; diese iVO,, - Modifikation existirt auch in den Salzen:
1. viSrO.Nfh) = (17,1 + 2,7) + 26,1 = 45,9; ;/= 2,305
p = 2,305 (Buign.)
2. r(r/0.m,) = (17,1 + 2,7) + 26,1 = 45,9; p = 5,80
p = 5,80
(Wiei\. A-c. Bei. ^ö\. \^ , ^^"^^/^■\^^ '«^^i
202 Mathematische Studien über die Materie.
Obgleich es keinem Zweifel unterliegt, dass in diesen zwei Verbin-
dungen das V des Metalls gleich 17,1 ist, so will ich doch noch eine analoge
Constitution zur weiteren Erhärtung hinzufügen:
3. v{AG) = 10,2 (siehe oben!)
v{ACrO.NO^) = (10,2 + 2,7) + 26,1 = 39,0; p = 4,3590
p = 4,3554 (Karst.)
In den meisten Verbindungen des Ba und Sr tritt uns das v der Metalle
bald als |^.17,1 d. i. als 11,4, bald als ^.17,1 7= 8,55 entgegen. Wir
haben also dann speziell hier eine Gesetzmässigkeit, welcbe Hr. Seh öder
(Pogg. ann. 1842) allgemein für die Aequivalentvolumina der Elemente
geltend gemacht hat.
So ist z. B.
v{BaO) = 11,4 + 2,7 = 14,1; p= 5,425
p = 5,456 (Filhol).
Diese ^aO- Modifikation begegnet uns wieder z. B. in
1. r{BaO + 9^0) = 14,1 + 9.9,0 = 95,1; p = 1,657
p = 1,656 (Filhol)
2. v{BaO.NOr) = 14,1 + 26,1 = 40,2; p= 3,246
p = 3,240—3,242 (Krem.)
Die Uebereinstimmung der p{BaO -\- 9 HO) und p{ßaO. NO^) mit ihren
p' lehrt, dass das p{BaO) des Hrn. Filhol nicht exact ausgefallen ist.
Sollte nicht auch v(SrO) = 14,1 existireu? Diese Modifikation des
SrO ist noch nicht beobachtet worden, aber, dass sie existirt, ergibt
sich aus
r(5r0 + 9 HO) = 14,1 + 9.9,0 = 95,1; ;/ = 1,396
;, = 1,396 (Filhol).
Es ist also dieses Strontianhydrat gleicher Constitution mit dem angeführten
Barytbydrat.
Dass auch {Ba),. und (5r),. in Oxyden mit der Hälfte von 17,1 auf-
treten, will ich nun zeigen. Ein solches BaO liegt mir zwar augenblick-
lich nicht vor, aber seine mögliche Existenz ergibt sich aus einem sol-
chen SrO.
1. v{SrO) = 8,55. + 2,7 = 11,25; />'= 4,605
;, = 4,611 (Filhol).
Wir haben hier, wie in der angeführten Modifikation von SrO, die Modi-
fikation Op = 2,7; es wird uns aber nicht wundern, wenn auch die Modi-
fikation Op = 1,95 in diesem Oxyde existirte. Und es exisirt in der That:
2. {SrO)„ = 8,55 -f 1,95 = 10,5.
Dies erhellt aus:
1. v{SrO, HO) = 10,5 + 6,3 = 16,8; p = 3,619
p = 3,625 (Filhol)
2. V {SrO . A7>.) = 10,5 + .26, 1 = .^6,6 ; ;/ = 2,8907
;; = 2,8901 (Karsten).
Von L. PüdeHä. Ö03
Wir haben demnach bis jetzt vier Modifikationen von SrO kennen gelernt:
1. r(5r0) = 17,1 + 2,7 =19,8
2. v{SrO) = 11,4 + 2,7 = 14,1
3. viSrO) = 8,65 + 2,7 = 11,25
4. vlsrO) = 8,65 + 1»95 = 10,6.
Und zwei Modifikationen von SrO . NO^ :
1. v{SrO.NOf;) = 19,8 + 26,1 = 46,9
2. v{SrO.NO^) = 10,5 + 26,1 = 36,6.
Sollten dies die einzigen Modifikationen von SrO nnd SrO.NO^ sein?
Ganz wahrscheinlich nicht!
II. lieber Ca nnd MG.
Die merkwürdige Eigenschaft der Volnmenändcmng des Ba nnd Sr
theilt im gleichen Maasse das Ca nnd das MG.
1. v{Ca) = 12,6 (siehe oben!)
v{CaO) = i- 12,6 + 2,55 = 8,85 (siehe oben !)
2. v(CaO) = \. 12,6 + 3,9 = 12,3; p = 2,277 .
p = 2,3 (Berzel.)
3. r(i«fC) = 7,2; p== 1,667
^ = 1,69 — 1,71 (Kopp)
V {MGO) = ^ . 7,2 + 2,7 = 6,3 (siehe oben !)
4. V \mGO) = 1 . 7,2 -f 3,9 = 8,7 ; p = 2,30
p = 2,3 (Berzel.).
Man findet hier v(CaO) = 12,3 nnd v{MGO) = 8,7 parallelster!
ni. Ueber Al^O^.
Wie nach ihrem zahlreichen Auftreten die Thonerde eine grosse Rolle
unter den elementaren Verbindungen spielt, so auch nicht minder durch
ihre zahlreichen Modifikationen. Ohne letztere wahrscheinlich nicht die
erstere! Die Verschiedenheit dieser Modifikationen lässt sich leicht klar dar-
thun, weniger jedoch die spezielle Constitution, denn die meisten Modi-
fikationen existiren für sich und lassen sich in Verbindungen meist leicht
wieder erkennen; dagegen ist das Aluminium -Metall, so wie es in den
verschiedenen Modifikationen der Thonerde auftritt, nicht in freiem Zn-
stande wahrgenommen : es ist selbst mehrerer Zustände fähig und in diesen
nur durch Schlussfolgerung per analogiam aus dem 17(^/2^3) zu bestimmen.
Für gewalztes Aluminium gibt Doville das/) = 2,67, wofür v = 5,1 und
p' aas 2,686 ist. Neben diesem p findet man noch für krystallis. Aluminium
p SS 2,56, wofür V == 5,4 ist. Ans den von mir bald vorgeführten
Thonerde • Modifikationen werden wir aber schliessen, dass {Al2)v weder
mit t; aa 2.5,1 noch mit v = 2.5,4, überhaupt mit einem v über 8 wohl
nicht auftritt, und dass das Aluminium* Metall nlclit zu d^xi^«ii\^^ti %^d!D&'iX%
ZeiUehri/i f. Mathematik u. Phyaik XIIl, 5, \^
204 Mathematische Studien über die Materie.
welche die Schröder' sehe -Regel befolgen. Nur bei einer einzigen
Modifikation scheint dies stattzufinden, nämlich bei (^2^3)^ = 13*2:
v{Al^O^) = 5,1 + 3.2,7 = 13,2.
Die Existenz dieser Modifikation ergibt sich ans
p[.^/2 0.^,SeO^^ + KaO SeO^ + 24 J^O] = 1,971 (R. Weber).
Hierin ist nämlich .ffO, = 8,1
KaO = 17,7 (siehe oben !)
SeO^ = 15,9.
Diese SeO^= 15,9 ergibt sich aus
1. v{BaO,SeO\) = 14,1 + 15,9 = 30,0; p'= 4,666
p = 4,67 (Schafarik)
2. v{PbO.SeO.^) = 11,7 + 15,9 = 27,6; p'= 6,341
p = 6,37 (Schafarik)
nnd ist also constitnirt:
{SeO^\ = 7,8 + 3.2,7 = 15,9, ,
worin das {Se)r = 7,8 entspricht dem
t,(S)=^7,8; /= 2,051
p = 2,050 (Karsten).
Demnach ist
v{Al^O.^.SeO^^ + KaO.SeO^ + 24^0) =
(13,2 + 3.15,9) + (17,7+1.15,9) + 24.8,1 = 288,9; p = p.
Diese ^/jOj- Modifikation begegnet uns noch im Wermiculith des Hrn.
Crossley.
In anderen Thonerde- Modifikationen ist man gezwungen das (^Z^)»
= 4,8 anzunehmen, als im
1. orientalischen Sapphir des Hrn. Scholz:
v{Al^O^) = 4,8 + 3.1,95 = 10,65; p = 4,836
p = 4,8.30 (Scholz).
Die Individuen dieses Sapphirs haben wir wieder in
a) reinem Diaspor = Al^O^.HO\ v= 10,65 + 7,65 = 18,3; p = 3,306
p = 3,303
6) Hydrargillit = ^/j O3 + 3 jfiTO; v= 10,65 + 3.7,65 = 33,6 ;
p'= 2,336; p = 2,34.
2. Orient. Sapphir des Hm. B rissen:
v{Al^O^) == 4,8 + 3.2,7 = 12,9; p = 3,997
p = 3,994 (Brisson).
Die Modifikationen dieses Sapphirs finden wir wieder im Spinell
Al^O^.ZnO. Denn
{ZnO\ = 7,2 (siehe obenl)
{Al,0,),= 12,9 .
t) = 20,l; /=4,58; p = 4,58 (Ebelmen). •
Von L. PüDENZ. 205
3. Orient. Sapphir des Hrn. Brisson:
t;(^/2 03) = 4,8 + 3.3,9.= 16,5; p'= 3,115
p =» 3,131 (Brisfion).
Ebendiefi {Al^^ = 4,8 scheint auch zu existiren in der nur ans Verbin-
dungen bekannten Modifikation :
4. {Al^ 0^), = 13,8 = 4,8 + 3 .3,0.
War man genöthigt, in den vier erwähnten Modifikationen des {Al^p
= 4,8 anzunehmen , so ist man in den beiden folgenden (Al^)» = 5,4 oder
= 4,5 anzunehmen genöthigt.
5. Orient. Sapphir des Hm. Muschenbroek:
V {Al^ O3) = 5,4 + 3 . 3,0 = 14,4 ; p = 3,569
p = 3,562 (Muschenbroek).
Man findet die Individuen dieses Sapphirs wieder im künstlichen Spinell'
des Hm. E b e l m e n :
V {Al^ O3 ,MGO) = 14,4 + 6,3 = 20,7 ; p = 3,450
p = 3,452 (Ebelmen)
und in der Gemme
v(MGO,Al^ 03^) = 6,3 + 2 . 14,4 = 35,1 ; p = 3,500
p = 3,523 (Mohs).
Die Differenz zwischen p und p findet ihre Erklärung darin , dass stets ein
FeO- Gehalt das p erhöht.
' 6. Korund:
v(Al^O^) = 4,5 + 3.2,7 = 12,6; p' = 4,079
/> = 4,0 — 4,07.
Dass diese Modifikation existirt, ergibt sich aus
v{Al^O^ + %nO) = 12,6 + 8.9,0 = 84,6; / = 1,459
p = 1,459 (Filhol).
7. Wie aber ist die Constitution des oft auftretenden Orient, purpur-
rothen Rubins zu fassen?
V (Rubin = Al^ O3) = 12,0 ; p= 4,2833
p = 4,2813 (Brisson).
Etwa t; = 6,15 + 3. 1,95 = 12,0?
Ueber die Alkalien ICaO, NaO, LiO.
Wir haben oben schon je eine Modifikation zweier Alkalien kennen
gelemt, nämlich {KaO)^ = 17,7 und {NaO)„ = 11,1. Diese alkalischen
Individuen sind die einzigen , welche allein für sich erkannt worden sind.
Von LiO liegt leider keine Bestimmung vor. Es ist
v{Ka) =45,0
ae {Ka) = 39,2
p(Na) = 23,4
p = 0,871
p = 0,865 (Gay-Lussac)
p' == 0,983
p = 0,988 (SchröiloY')
Vo
206 Mathematisclie Studien über die Materie.
' -^ »,-w-N -s.-
t;{Zt) = 11,7; p= 0,6983
p = 0,598 (Bunsen).
Zwischen v{Na) nnd v{Li) herrscht die merkwürdige Gesetzmässigkeit:
v{Na) = 2.v{Li).
In den bemerkten Oxyden existiren die ^ dieser v:
v{KaO) = i.45,0 + 2,7 = 15,0 + 2,7 = 17,7
v{NaO) = i.23,4 + 3,3 = 7,8 -f 3,3 = 11,1.
Aus v{NaO) = 11,1 ergibt sich also als wahrscheinlich 0^ = 3,3. Diese
0- Modifikation scheint auch im Lithion des folgenden Salpetersäuren
Lithion zu existiren :
v{LiO) = i.11,7 + 3,3 = 3,9 + 3,3 = 7,2
viuO.NO^^) = 7,2 + 21,0 = 28,2 ; / = 2,447
p = 2,442 (Troost).
Es cxistirt neben {NO^)p = 26,1, welches wir schon kennen gelernt
haben, nämlich auch die Modifikation (A'O^)«. = 21,0, wie sich aus fol-
genden Salzen ergibt:
1. v{NaO.NO^) = 11,1 -f 21,0 = 32,1; p= 2,649
p = 2,654 (Kremers)
2. V {SrO.NO^) = 14,1 + 21,0 = 35,1 ; p = 3,0050
p = 3,0061 (Hassenfratz).
Es wäre freilich auch möglich, dass
{LiO)„ = 7,2 = i. 11,7 + 1,35 = 5,85 + 1,35
wäre. Denn dass (Zf% = 5,85 existirt, ergibt sich aus dem Lithion der
andern LiO . NO^ - Modifikation :
v{LiO.NO^) = 8,55 + 21,0 = 29,55; /== 2,335
p = 2,334 (Kremers) ;
dieses {LiO)„ = 8,55 ist 5,85 + 2,7 !
In einer iVaO -Modifikation ist {Na)p = ^,v{Na) = 7,8 und Op = 4,95,
welche 0-Modifikation wir oben fanden im regul. octaed. As.O^ und im
octaed. PbO-^ demnach
{NaO\ = 7,8 + 4,95 = 12,75.
Die Existenz dieser Natron -Individuen ergibt sich aus
1. v{NaO.NOr;} = 12,75 -f 26,1 = 38,85; p= 2,1880
p = 2,1880 (Marx)
2. v{NaO,C^O^) = 12,75 + 16,2 = 28,95; p= 2,315
p = 2,315 (Bnignet).
Wenn so der Calcul mit der Erfahrung übereinstimmt, muss wohl jeder
Zweifel weichen !
In den bisher kennen gelernten alkal. Oxyden KaO und NaO und LiO,
•mit Ausnahme des (LiO)p = 8,55 , nehmen wir das v des verbundenen
Metalls als \ des freien Metalls. Ich werde nun zeigen an Oxyden, dass
wie in {LiO\ = 8,55 = ^.v{Lt) + 2,7 so auch in {]SaO\ und {KaO)^ das
iya)r und [Ka)„ gleich ^.v{Nd) und i^,v{Ka) gefunden wurden.
Von L. PuDENZ. 207
Entsprechend dem {^LiO\ = ^.11,7 + 2,7 finden wir (NaO\ =
\ . 23,4 + 2,7 = 14,4 in
v.{NaO.NO^) = 14,4 + 26,1 = 40,5; /= 2,099
p = 2,096 {Klapproth, Mohs).
Ich komme nun zu einem AaO, das durch ein besonderes Op aus-
gezeichnet ist, nämlich zu
{ICaO)„ = 28,5 = i.45,0 + 6,0 = 22,5 + 6,0.
Diese ifaO- Modifikation ergibt sich aus
1. v{EaO.BO/) = 28,5 + 2.19,35 = 67,2; p = 1,741
p = 1,740 (Buignet)
2. V {Kaa, H0 + 2,C.^ 0.^) = 28,5 -(- 9,0 + 2 . 16,2 = 69,9 ;
p'= 1,834; p = 1,836 (Buignet)
3. v{EnO.NIf^O.C^ff^ 0,o), dessen p = 1,700 (Schiff) ist.
Auch dass {Nä)p als ^ v{Na) auftritt, scheint gewiss zu sein; denn
(NaO)„ = f .23,4 + 3,9 = 15,6 + 3,9 = 19,5
scheint wirklich zu existiren in
v{NaO.NO^) = 19,5 + 26,1 = 45,6; p = 1,864
p = 1,8694 (Muschenbroek).
In Vorstehendem habe ich gezeigt, wie man sich aus den verschie-
dentlichsten Angaben des spezifischen Gewichtes für ein und dieselbe Ver-
bindung zurechtfinden kann. Die Verbindung NaO.NO^, deren /> folgende
sind:
p{NaO. NOr^) = 1,8694 (Muschenbroek)
= 2,096 (Klapproth)
= 2,188 (Marx)
= 2,654 (Kremers)
ist sehr lehrreich. Aus ihr kann man lernen den Glauben an die mehr-
fachen Modifikationen ein und derselben Verbindung und dass das wahre
spezifische Gewicht nicht das arithmetische aus seinen verschiedenen An-
gaben ist.
Ich habe nur vier verschiedene Modifikationen der NaO.NO^ angeführt,
ich will noch eine hinzufügen:
l;(iVa0.^05) = 37,5; p = 2,266 •
p = 2,265 (Buignet).
Ist hier v = 11,4 -f- 26,1? Diess stimmte mit
v{NaO,ClO^) = 11,4 + 35,1 = 46,5; p= 2,289;
denn dass {ClO^,, = 35,1 existirt, ergibt sich aus
1. v{KaO,ClO.^ = 17,7 + 35,1 = 52,8; p = 2,325 (Buignet)
2. v{ßaO. CiO^ . HO) = 10,5 + 35,1 + 8,1 = 53,7 ; p = 2,988 (Buign.)
und seine Constitution ist einfach diese
v{ClO^) = 21,6 + 5.2,7 = 35,1;
denn
1. v{MCl) = 3,6 + 21,6 = 25,2 ; p = 2,56 (Sc\i\«:^
208 Mathematische Studien über die Materie.
^■^^ -^-^ »-y
2. v(FeXt) = 3,6 + 21,6 = 25, 2 ; /> = 2,53
3. V \eG^ . C/) = 2 . 7,2 + 21,6 = 36,0; p = 6,56 (Schiff).
Nach dieser üebereinstimmang zwischen v{NaO.NO^) = 37,5 nnd
v{NaO.ClO^) = 46,5 scheint es gewiss zu sein, dass {NaO)„ = 11,4 = 7,8
4-3,6 existirt. Aber es scheint nur so! absolute Gewissheit ist es nicht,
wie man aus Folgendem erkennen kann.
Hr. Kremers (vergl. Liebig's und Kopp's Jahresbericht für 1852
pag. 15) fand
p, (BaO. NO^ , bei 14« krystallis.) = 3,240 — 3,242
p.XBaO,NO^, bei 100» krystellis.) = 3,222 — 3,228
Wir haben oben kennen gelernt v(^BaÖ) == 14,1. Dieses o{BaO) ist
in v{BaO.NOn^) vom p, ; denn
t;, {BaO.NO^) = 14,1 -f 26,1 = 40,2; p\ = 3,246
aber in
v^^BaO. NO^) = 40,5 {p\ = 3,222 = p.^)
kann BaO oder auch 1^0-^0^ modifizirt sein. Wäre hier {BaO)p = 14,4, so
wäre oben auch {NaO)p = 11,4; ist dagegen hier (iVOj)» = 26,4, so ist
oben auch {N0^)o = 26,4. Diese exakte Untersuchung des Hm. Krem er s
lässt also sehr wahrscheinlich erscheinen, dass obiges NaO.NOr^ des Hrn.
Bnignet nach nochmaliger Auflösung, bei niederer Temperatur mit einem
um 0,3 geringeren v krystallisiren würde.
üeher StOo.
Oben haben wir kennen gelernt
t;(5l) = 5,7
a. ü (S/Oj) = 5,7 + 2 . 3,9 = 13,5 ; p= 2,222
p = 2,222 (Schaffgotsch).
Diese SiOj- Modifikation finden wir wieder im
1 . Leucit = ^2 O3 . S/O./* + ir« 0 . SiO.,
t;= (16,5 + 3.13,5) + (17,7 + 13,5) = 88,2; p = 2,479
p = 2,480 (Rammelsb.).
In diesem JI2 O3 (siehe oben !) ist also dasselbe 0^ wie im S/Oj.
2. Eudnophit = Aljl^.SiO^^ + NaO.SiO^ + 2 HO.
V = (16,5 + 3.13,5) + (11,1 + 13,5) + 2.7,65 = 96,9;
p = 2,274; p = 2,27 (Berlin).
Man kann diesen Eudnophit als ein Natron -Leucit -Hydrat auffassen.
3. Natrolith = Al^O^.SiO^^ + NaO.SiO.^ + 2 HO-, er gibt leicht sein
Wasser ab {nO„ = 8,1).
v= (16,5 + 2.13,5) + (11,1 + 13,5) + 2.8,1 = 84,3;
p = 2,259; p = 2,254 - 2,258 (Keungott).
4. Apophyllit aus dem Badanthale am Harze = 'i.CaÜ^ .SiO^^ -{-
KaO.Si02^-\- 16, HO,
Von L. FüDKKz. "Md
v.'Xj^V.r ^^^ .•-vy-M' -.•- •-•■ ^- rf--<
r = 4(2.8,85 + 3.13,6) + (17,7 + 3.13,5) + 16.9,0 = 435,0
p'= 1,966; p = 1,96 (Rammelsberg).
Man übersehe nicht, dass hier 2(CaO)e, =: {KaO)p iat! Hat {KaO)p viel-
leicht noch einmal so viel Individuen als (CaO)„'i
5. Bronzit = MGO . SiO,^
17 = 8,7 + 13,5 = 22,2; / = /> = 2,252.
Hier haben wir also das oben discutirte v{MGO) =* 8,7, worin 0„ = 3,9
ist, wie in v{Si02) == 13,5.
6. Thomsonit von Dumbarton:
8 {M^O^ . SiO^) + 6{CaO. SiO^) + NaO^, SiO^^ + 20 BO.
r = 8 (12,6 + 13,5) + 6 (8,85 + 13,5) + (2 . 11,1+3 . 13,5)+20 . 7,65=558,6
p' s= p = 2,383 (Rammelsberg).
In diesem Thomsonit haben wir also die Individuen des Korunds.
7. Glas, vonPelouze kurz vor seinem Tode hergestellt (Oompt.
rend. 14 Janvier 1867) :
102 SiOj = 74,97 (75,00); i; = 102 . 13,5 = 1377,0
23 NaO =17,46(17,40) 23.11,1= 255,3
6^/303= 7,57 (7,60) 6.13,8= 82,8
v= 1715,1
p = 2,380 ; p = 2,380 (Pelouze).
8. Tayalit des Hrn. Gmelin: FcO^,SiO.:\
1;= 5.6,6 + 2.13,5 = 60,0; p'= 4,133
p = 4,138 (Gmelin).
Hier haben wir {FeO)„ = 6,6; wie z. B. auch in
V {FeO,SO.^) = 6,6 + 20,25 = 26,85 ; p = 2,840
p = 2,841 (Filhol).
In diesem schwefelsauren Eisenoxydul haben wir nämlich das v{SQ^)
= 20,25, was für p{SO.^) = 1,970 (Bussy) oben kennen gelernt wurde.
9. CuO.SiO.^ + ^^0-, schönste Varietät.
t; = 6,6 + 13,5 + 2 . 9,0 = 38,1 ; p = 2,302
;, = 2,304 (Breithaupt).
b. viSiO^) = 11,7 = 5,7 + 2.3,0; p'= 2,5641
p = 2,5648 (Brisson).
Diese Modifikation nennt Brisson ägyptischen Kiesel. Wir finden sie
wieder in
t;(^/203^SiU/) = 4. 12,0 + 3.11,7 = 83,1; p' = 3,559
p = 3,559 (Mohs),
worin wir die Individuen des purpurrothen Rubins haben.
c. v{SiO.^) = 11,25; p = 2,666
p = 2,664 (Brisson).
Auch diese Modifikation nennt Brisson ägyptischen Kles<^\. IViX^ Q>^\n.-
210 Mathematische Studien über die Materie. Von L. Pudenz.
stitntion lässt sich bis jetzt nicht feststellen. Die Individuen dieser
Modifikation finden wir wieder im
1. Wollastonit = CaO.SiO^, v = 8,86 + 11,25 = 20,1 ;
p'= 2,889; /! = 2,886 (Mohs)
2. V (FeO . SiO^) = 6,6 + 1 1,25 = 17,85 ; p = 1,709
p = 1,713 (Neamann).
Hier haben wir dieselbe FeOy wie in FeO.SO^l
3. Gymnit = MGO^ . SiO^^ + 6 J5rO;
t;=^ 4.6,3 + 3.11,25 + 6.7,65= 104,85; /= 2,136
p = 2,136.
d. v{SiO^ = Bergkrystall) = 5,7 + 2 . 2,7 = 1 1,1 ; p = 2,70
p = 2,70 (Gmel.)
Die Individuen dieses Bcrgkrjstalls finden wir neben den Individuen
des Sapphirs von Muschenbroek im
1 . Audalusit = Al^ 0^^ . SiO^^ ;
t; = 2.14,4 + 3.11,1 = 62,1; p=3,10ö
p = 3,104 (Mohs)
2. jil20^.SiO^^ + 2jffO',
1,= 14,4 + 2.11,1 + 2.7,65 = 51,9; p =2,686
p = 2,690 (Finkenscher).
Die Individuen des Bergkrystalls finden wir wieder im
3. Serpentin = MGO.HO^ + 2{MGO.SiO^)',
V = (6,3 + 2.6,3) + 2(6,3 + 11,1) = 53,7; ;/= 2,570
p = 2,57 (Hermann)
4. Sarkolith vom Vesuv =
52, Jl^O^.SiO^ + 13. NaO.Si0.i + SKaOSiO.^ + ^7 , CaCfi SiO.^^ ;
V = 52(16,5 + 11,1) + 13(11,1 + 11,1) + 3(17,7 + 11,1) +
+ 47(3.8,85 + 2.11,1) = » = 4101,45; p= 2,932; p = 2,932
(Rammeisberg).
Die übrigen Modifikationen der Kieselerde und ihr Auftreten in den
Silikaten in der Fortsetzung.
vn.
Beiträge zur Molecularphysik.
Von
Prof. Dr. WiTTWER
in Reg^ensburg:.
Bekanntlicb war es die Lehre vom Lichte, welche zuerst darauf
aufmerksam machte, dass es ausser den schweren Stoffen noch einen
anderen, den sogenannten Aether, gebe, der sich dadurch auszeichnet,
dass seine einzelnen kleinsten Theilchen sich nicht anziehen, wie das
Gravitationsgesetz von den Körpern erheischt, sondern sich abstossen;
denn wenn diese Bedingung nicht erfüllt wäre, so würde es unmöglich
sein, dass der Aether den ganzen Baum erfüllte und durch seine
Schwingungen das Licht veranlasste. Die Erfüllung des allgemeinen .
Baumes wäre allenfalls noch denkbar, wenn die Aethertheilchen auf ein*
ander weder eine anziehende noch eine abstossende Wirkung ausüben
würden, aber die Oscillationen , welche anzunehmen die Optik gezwungen
ist, weisen mit strenger Noth wendigkeit auf eine gegenseitige Abstossung
hin, welche einerseits das schwingende Aethertheilchen wieder in die
Buhelage zurückzuführen strebt, andererseits einem andern mit dem
ersten nicht in unmittelbarer Berührung stehenden Theilchen Bewegung
mittheilt. In unmittelbarer Berührung können aber die Aethertheilchen
nicht sein, und dabei doch den ganzen Baum erfüllen, denn sonst wäre
alle Bewegung unmöglich. Es bleibt also nur die Annahme übrig, dass
die Aethertheilchen sich abstossen , und dieser Annahme folgen auch die
sämmtlichen Physiker unserer Zeit.
Bezüglich der gegenseitigen Einwirkung der Aether- und der
schweren Theilchen gilt zumeist als Thatsache, dass dieselbe eine An-
ziehung sei, während einzelne Stimmen (z.B. Wiener, die Grundzüge
der Weltordnung) sich für eine Abstossung aussprechen.
Als Besultat des Zusammenwirkens von Aether- und schweren Theil-
chen findet man die Theorie als allgemein herrschend, dass um ein
schweres Atom herum eine Atmosphäre von Aethetlln^VVOEx^Ti vvOcl \^.^^'t^^
212 Beiträge zur Molecularpbysik.
ft^'\^ •"^'»»^.••^-^•»■N^^ ■^'■^^•■m
ia derea Schichten, wie bei der Atmosphäre unserer Erde, die Aether-
theÜQhen um so dichter bei einander sind, je näher erstere dem schweren
Kerne sind, während bei wachsender Entfernung von dem Kerne die
Dichtigkeit der Schichten immer geringer wird, bis endlich der Unter-
schied zwischen der Schichte und dem allgemeinen Räume verschwindet.
Am deutlichsten ausgesprochen findet sich dieser Satz in Redten-
bachers „Dynamidensystem".
Was die Bewegung der Lichtstrahlen anbelangt, so heisst es in
sämmtlichen mir bekannten Lehrbüchern der Physik, die darüber sprechen,
dass die Schwingungen sich in dem dichteren Aether weniger rasch fort-
pflanzen als in d^m dünneren, dass also das Licht im allgemeinen Räume
schneller gehe als in den durchsichtigen Körpern, weil in letzteren der
Wirkung der schweren Atome auf die Aethertheilchen wegen diese
Aethertheilchen dichter bei einander sind. Man denkt sich das Licht
etwa so durch das Medium gehend, wie eine Kugel durch die Luft oder
einen andern Körper wandert, wobei sie in dem dichteren Medium
des grösseren Widerstandes wegen nur langsamer vorwärts kommen kann.
Es lässt sich schwerlich behaupten, dass diese Vorstellung über jedes
Bedenken erhaben sei , denn der Aether ist nicht das die Bewegung des
Lichtes hemmende Medium, sondern er ist selbst der Träger derselben,
und die Bewegung muss sich im Allgemeinen um so rascher fortpflanzen,
je grösser die gegenseitige Einwirkung der Aethertheilchen ist, und dass
diese wächst, wenn die Distanzen der Aethertheilchen kleiner werden,
wenn also deren Dichtigkeit wächst, dürfte wohl als sicher angenommen
werden. Will man das Licht rücksichtlich seiner Fortpflanzung mit
einem andern Vorgänge vergleichen, so eignet sich weit besser als die
fliegende Kugel oder die bekannte Cavalerieabtheilung der Schall, und
von diesem weiss man, dass er in den festen Körpern und in den tropf-
baren Flüssigkeiten rascher geht als in den Gasen, und seine grössere
Geschwindigkeit fällt also auf die dichteren Medien. Es gibt nun sicher-
lich Umstände genug, welche veranlassen können, dass der Schall bei
nicht sehr bedeutender Dichtigkeitsverschiedenheit in dem dichteren
Medium langsamer geht; allein die Vergleichung des Verhaltens der die
grösste Verschiedenheit bietenden Stoffe, der festen und der tropfbar-
flüssigen Körper einerseits, der Gase andererseits, spricht offenbar dafür,
dass der Schall in dichteren Körpern schneller geht. Bei dem Lichte, das
mit dem Schalle so viel Analogie hat, kann man nun nicht wohl das
Entgegengesetzte annehmen.
Offenbar ist die Lehre vom Lichte unter den physikalischen Disci-
plinen diejenige, welche am ehesten geeigpiet ist, uns über die Verhält-
nisse des Aethers Aufschluss zu geben, und sie sagt uns, dass der
Aether in der Nähe der schweren Atome weniger dicht sei
^Is im allgemeinen Baume.
Yon Prof. l)v. WiTTWEtt. 213
Ausser diesen theoretischea Schlnssfolgernngen kann ich mich anch
anf .einen mathematischen Beweis stützen, nnd mein Gewährsmann ist
Cauchy, welcher in seinem Memoire sur la dispersion de la lumiere
§ 9 die Fortpflanzung des Lichtes untersucht, wie sie in denjenigen
Medien stattfindet, welche keine Farbenzerstreuung haben, und hierbei
gefanden hat (8. 193), dass in d^enselben die Lichtgeschwin-
digkeiten sich direct (also die Brechungsco^fficienten um-
gekehrt) verhalten, wie die Quadratwurzeln der Aetherdich-
tigkeit.
Ich muss gestehen, dass es mir höchst auffallend war, dass dieser
Satz, der sich in einem eben so berühmten als vielfach citirten Werke
findet, so ganz in Vergessenheit gerathen konnte, dass die ihm direct
widersprechende Annahme, die AetHerkugeln seien in der Nähe der
Körper näher bei einander als im allgemeinen Räume, so unbedingt
herrschend wurde. Allerdings bezieht sich der Cauchy* sehe Satz zu-
nächst nur auf das Verhältniss von allgemeinem Räume nnd Gasen,
unsem einzigen Medien, die keine Farbenzerstreuung haben; aber man
kann doch nicht annehmen, dass bei den farbenzerstreu^nden Medien
bezüglich der Aetherdichtigkeit gerade das Entgegengesetzte von dem
eintrete, was die Medien ohne Dispersion zeigen. Einen Rechnungs-
fehler, der dieses allgemeine Stillschweigen in den allgemein exen Werken
rechtfertigte, habe ich in der in Rede stehenden Abhandlung nicht finden
können, und Radike hat wohl dasselbe Schicksal gehabt, denn sonst
würde er diesen Satz nicht zweimal (Handbuch der Optik II 466 und
Abhandlung über die Optik in Doves Repertoriura der Physik) in ver-
schiedenen Bearbeitungen wiedergegeben haben.
Die Ursache der in der Nähe der schweren Atome vorkommenden
Verdünnung des Aethers sind diese Atome selbst, und da jede Ursache in
der Nähe ihrer Quelle stärker wirkt als in der Ferne, so müssen wir
annehmen, dass zunächst um die Atome herum diese Verdün-
nung des Aethers den höchsten Werth erreiche, so dass also
entgegengesetzt von der allgemein herrschenden Ansicht
die Dynamiden eine von innen nach aussen zunehmende,
nicht abnehmende Aetherdichtigkeit zeigen.
;|2 — 1
Bekanntlich gilt für die Gase die Gleichung = c, wenn n
den Brechungscoefficienten , d die Dichtigkeit des Gases, c eine Con-
stante bedeutet. Bezeichnet man mit q die Aetherdichtigkeit, so wird
«' = — , wenn a eine Constante ist, und 4urch Verbindung dieser
Gleichung mit der vorhergehenden erhält mau:
214 ^ Beiträge zur Molecularphysik.
^-1
= c, d. 1. ^ =
a -^ — V ca + i'
wenn also d (im allgemeinen Baume) «= 0 ¥drd , so wird q = a^ welch
letzteres mithin die Aetherdichtigkeit im freien Baume angibt, q ist die
mittlere Dichtigkeit des Aethers der Djnamide, und da dieselbe abnimmt,
wenn das Volumen sich vermindert^ d. i. die Dichtigkeit d des Gases
wächst, so ergibt sich, dass die einzelnen Aetherschiehten von aussen nach
innen immer weniger dicht sein müssen. Das Brechungsvermögen der
n^— 1
nichtluftförmigen Körper, also die Grösse — - — , scheint constant zu
bleiben, so lange der Körper nicht in den gasformigen Zustand über-
geht (Mülle r-Pouillets Lehrbuch der Physik und Meteorologie , 6. Aufl.
I 561) und soweit diese Beständigkeit anhält, muss auch för sie bezüg-
lich der Aetheratmosphäre die nämliche Norm gelten wie bei den Gasen.
Es möge mir gestattet sein, über die Annahme, dass bei sehr
kleinen Distanzen die kleinsten Theilchen der Körper nach einem andern
Gesetze als bei grossem wirken, wie z. B. nach der Formel a''^ in wel-
cher a eine Constante, r die Entfernung bedeutet, einige Bemerkungen
zu machen.
Auf solche Formeln musste man zu einer Zeit kommen, als die
Lehre vom Aether noch nicht anerkannt war, denn es ist klar, dass,
wenn man die Existenz des Aethers ignorirt, man durch die einfache
Beobachtung der Porosität der Körper darauf geflihrt werden muss,
dass die Newton' sehe Attraction nicht ausreicht, dieselbe zu erklären.
Nimmt man Dynamiden mit einem schweren von Aetherkugeln umgebenen
Kerne an, so kann man, wie ich in einer andern Abhandlung*) gezeigt
habe, die verschiedenen Erscheinungen der Cohäsion, als da sind Ab-
stossung bei sehr geringer Distanz, Indifferenzpunkt, dann Anziehung,
die bei wachsender Entfernung zweier Dynamiden zuerst grösser wird,
dann abnimmt, wie das Quadrat der Entfernung wächst u. s. w«, ganz
leicht aus den Differenzen der verschiedenen Wirkungen ableiten, ohne
dass man andere Gesetze zu Hülfe zu nehmen brauchte, als man jeden
Tag zu beobachten Gelegenheit hat.
Bekanntlich nimmt die gegenseitige Wirkung zweier Magnete ab,
wie die dritte Potenz der Entfernung wächst; sie thut dieses, solange
die Entfernung gegen die Dimensionen der Magnete gross ist, und bei
NichterfUllung dieser Bedingung kommt ein ganz anderes Resultat zum
Vorschein. Wollte man all den Wechsel, der hier stattfindet, der Wir-
kung einer einzigen Kraft zuschreiben, so müsste diese wohl nach einem
ganz sonderbaren Gesetze wirken; nimmt man aber Differenzen von
*J Entwarf einer Molecularphysik. Diese Zeitschr. XI 3.
Von Prof. Dr. Wittweb. 215
Kräften an, die stets abnehmen, wie das Quadrat der Entfernung
wächst, so erklären sich die beobachteten Erscheinungen auf die ein-
fachste Weise von der Welt. Ist es unmöglich, ist es nur unwahrschein-
lich , dass es bei den Molecularerscheinungen auch so sei ? Die Erfahrung
lehrt, dass diejenigen Naturgesetze, welche die einfachsten sind, sich
am besten bewähren, und hievon sollte man ohne die äusserste Noth
nicht abgehen. Dass eine einfache Kraft in geringer Entfernung nach
einem andern Gesetze wirke als in grösserer, ist meines Wissens in der
Natur ohne Beispiel, denn wo scheinbar eine solche auftritt, ergibt sich
bei näherer Betrachtung ein Zusammenwirken von mehreren. Ich werde
daher in dem Nachstehenden von dem Satze ausgehen, dass die gegen-
seitige Einwirkung zweier Elementarkörper in jeder Entfernung dem
nämlichen Gesetze gehorche.
Betrachten wir nun das Zusammenwirken von Aether und Massen-
theilchen in den Djuamiden etwas näher, und nehmen wir der all-
gemeinen Ansicht folgend an, jede Dynamide bestehe aus einem schweren
Kerne und einer ihn umgebenden Atmosphäre, die aus einer ungezählten
Menge von Aethertheilchen besteht!
■ Die Aethertheilchen stossen sich ab. Dieses ist notorisch. Der
schwere Kern kann auf die Aethertheilchen ,
I. anziehend,
II. gar nicht,
m. abstossend
wirken.
I. Ist die Wirkung eine anziehende, so haben wir folgende zwei
Möglichkeiten. Es kann
d) die Anziehung bezüglich der Entfernungen dem nämlichen Gesetze
gehorchen , welches die Abstossung der Aethertheilchen unter ein-
ander beobachtet;
fr) die Anziehung kann mit einer höheren Potenz also rascher, oder
sie kann mit einer niedrigeren Potenz also langsamer abnehmen
als die gegenseitige Abstossung der Aethertheilchen.
d) Wenn beide Wirkungen das nämliche Gesetz befolgen, so muss
sich um den Massenkem eine Anzahl von Aethertheilchen sammeln und
dieses wird solange fortdauern, bis die Anziehung, welche der Massen-
kem auf ein femstehendes Aetheratom ausübt, durch die Abstossung
der bereits angezogenen aufgehoben wird. Es tritt hier der Fall ein,
den ich in meinem Entwürfe einer Molecularphysik S. 179 Gleichung 1
und 2 abgeleitet habe. Die durch den Massenkern angesammelten
Aethorkugeln sind entweder sämmtlich mit dem Kerne in unmittelbarer
Berührung (oder bilden bei gehöriger Anzahl eine Art von Kinde um
ihn), oder sie thun dieses nur zum Theile. Im ersten Falle, welcher
eintritt, wenn die Kräfte abnehmen, wie das (^u&diat di^t '^xiVl^x'Six^^^^^
216 Beiträge zur Molecularphysik.
wäclitt, haben wir einen Massenkern nnd fest damit verbundene Aether-
kngeln, nnd die ganze Verbindung ist auf den äussern Aether ohne
Binfluss, da Anziehung der Massenkugel und Abstossung der Aether-
rinde sich aufheben, und wir haben daher den. oben unter II. vorgesehenen
Zustand. Befolgen die beiden Wirkungen ein anderes Qesetz, so ent-
steht im Allgemeinen um den Massenkem herum eine Aetheratmosphäre,
die durch die Anziehung des Kernes festgehalten wird und auch bleiben
würde, wenn der allgemeine Raum frei von allem Aether wäre. Kommt
der Aether des allgemeinen Baumes noch in's Spiel, so vermehrt sich
durch den Druck desselben die Dichtigkeit des von der um den Kern
stehenden Atmosphäre erfüllten Baumes noch um eine der Dichtigkeit,
welche der Aether des allgemeinen Baumes hat, entspre9chende OrOsse
und es ergibt sich also, dass der Aether, der den Massenkem umgibt,
jedenfalls dichter ist als der fem stehende.
b) Wenn die Anziehung zwischen Aether und Massenkem ein anderes
Gesetz befolgt, als die Aetherabstossung, so ist die eben angegebene
Sättigung des Kernes nicht möglich, oder, wenn man will, die Sättigung
für die eine Entfernung gilt nicht auch für die andere. Es wäre in
diesem Falle gar nicht denkbar, dass der in einiger Entfernung von
einem Weltkörper befindliche Aether die nämliche Dichtigkeit hätte, als
der Aether, welcher fem von allen Sternen sich befindet. In diesem
Falle wären die verschiedensten Brechungen des Lichtes im allgemeinen
Baume selbst die unausbleibliche Folge, von dem regelmässigen (schein-
baren) Laufe der Gestirne wäre keine Bede mehr. Man könnte allen-
falls, insoweit die Erde im Spiele ist, die eintretende Lichtbrechung als
in der Strahlenbrechung des Luftkreises einbegri£Pen betrachten ; aber bei
Stembedeckungen des Mondes müsste die Wirkung nothwendig eintreten.
Bekanntlich beruht auf der Erscheinung der Stembedeckungen der Be-
weis, dass der Mond keine Atmosphäre hat. Der Fall b) kommt also
in der Natur nicht vor, die Anziehung zwischen Massentheil und Aether
und die gegenseitige Abstossung der Aethertheilchen befolgen rücksicht-
lich der Entfernung das nämliche Gesetz, es möge dieses sein, welches
immer es wolle.
II. Wenn Aethertheilchen und Massentheilchen gar nicht auf ein-
ander wirken, so -ist auch kein Grund vorhanden, warum in der Nähe
der letzteren eine andere Verth eilung der ersteren eintreten sollte als
ferne davon.
III. Stossen Massenkem und Aether sich ab, es mag dieses nach
was immer für einem Gesetze geschehen, so sind die zwei Fälle möglich:
a) die Massenkerne ziehen sich an;
b) sie stossen sich ab.
a) Ziehen sich die Massentheilchen an , so werden unter vorstehender
Bedingung die porösen Körper umnöglicb, d. h. es kann nicht mehr
Von Prof. Dr. Wittwkr. 217
^ ^^ * y ^^-^•^^•^^^.^^.^^
vorkommen, dass awei Kerne in einiger Entfemnng stehen bleiben.
Befindet sich eine Aetherkngel zwischen zwei Massenkngeln , so wird
jede der letzteren absitossend anf sie wirken, nnd man kann diese Ab-
atossnng in zwei Kräfte zerlegen, von denen die eine in der Verbin-
dungslinie der beiden Massenkngeln liegt, während die andere senkrecht
daranf steht. Letztere drückt die Aetherkngel weg nnd die Massen-
kngeln nähern sich einander bis zur Berühmng. Es wäre denkbar, dass
die Aetherkngel genau in der Verbindungslinie der Massenkngeln liegt,
dass also die anf dieser senkrecht stehende Componirende der Abstossung
verschwindet; allein dieses wäre nur ein dem labilen Gleichgewichte
entsprechender Specialfall, der im nächsten Augenblicke bei der gering-
sten Bewegung (und Oscillationen hat man ja fortwährend) aufgehoben
würde.
6) Stossen sich auch die Massenkerne ab, so haben wir in der
ganzen Natur keine Anziehung, und das Vorkommen der Körper, die
aus mehreren Theilen bestehen und deren Theile zusammenhängen,
würde unmöglich.
Es bliebe nun noch übrig, die Möglichkeit zu besprechen, dass die
Massenkeme auf einander abstossend , auf den Aether anziehend wirken,
sowie der Fall, dass die Massenkerne keine Kugeln sind, sondern be-
liebige Gestalt haben.
Wenn Abstossung zwischen Massenkern und Massenkem, Anziehung
zwischen Kern und Aether stattfindet, so haben wir, insoweit es sich
wie hier nur um die Aetherhülle des Kernes handelt, den oben unter
I. besprochenen Fall.
Weicht die Gestalt der Massenkerne von der der Kugel ab, so wird
darum wohl die Gestalt der Dynamide geändert, auf die Frage aber,
ob die Aetherkugeln der Hülle in der Nähe des Kernes dichter seien
als ferne davon, ist dieser Umstand ohne Einfluss.
Aus den vorstehenden Betrachtungen ergibt sich, dass die Ent-
stehung von Aetherhüllen der schweren Körper unmöglich sei, wenn
man die Bedingungen stellt, dass diese Hüllen aus einer grossen Menge
von Aethertheilchen zusammengesetzt und dabei weniger dicht sein sollen
als der Aether im allgemeinen Baume. Wenn nun die Beobachtung
lehrt, dass in dem die schweren Atome rings umgebenden Baume Aether
von geringerer Dichtigkeit sich befindet, so muss die erste der obigen
Bedingungen nicht in der Natur begründet sein. Ich kann mir nun
keine andere Zusammensetzung der Dynamiden denken als die, welche
der von mir in meinem Entwürfe einer Molecularphysik (S. 189) an-
gegebenen analog ist, und die darauf beruht, dass die Zahl der sich
an einen Massenkern anlagernden Aethertheilchen kleiner
ist, alsdieZahl der einem Aethertheilchen des freien Baumes
zunächststehenden.
218 Beitrage zur Holecolarphjrsik.
Canehy hat in seinem Metmoire sur Im dispersion de la Iwmere (§ 9
p. 191) anch das Gkaetz ang^eben, nadi weldiein sidi die gegenseitige
Abstossnng der Aethertheilchen regelt, er liat nimlidi gefunden, dass
sie abnimmt wie die Tieite Potenz der Entfemvng wldist. Man bitte
demnach alles, was man xnr Ableitung der MolecnlarerBcbeinnngen
braucht, und es wire nnr noch die Constantenbestimmnng ftbrig. Denn
setxt man:
1) Massentheilchen and Massentheilchen xiehen sieh mit einer Kraft
an, welche dem Quadrate der Entfernung umgekehrt proportional
ist (Newton'sches Gesetx), und
2) die Aethertheilchen stossen sich .mit einer Kraft ab, die im um-
gekehrten Verhaltniss zum Biquadrate der Entfernung steht (Cau-
chj'scbes Gesetz),
so bleibt nur die Wirkung zwischen Aether und Massentheilchen zu
suchen übrig. Diese Wirkung muss eine Anziehung sein, denn sonst
gSbe es nach dem oben angefahrten Satze HI. keine porösen KSrper,
nur muss die Zahl der sich um ein schweres Atom gmppirenden Aether-
theilchen eine kleine sein, und ausserdem nimmt diese Beziehung ab,
wie das Biquadrat der Entfernung wScbst, weil nach I. b) die Dyna-
miden auf den ihnen . fem stehenden Aether des allgemeinen Raumes
ohne Einflnss sein müssen.
In meiner mehrerwähnten Abhandlung bin ich von dem Satze aus-
gegangen, dass alle einfachen Kräfte in der Katur abnehmen wie das
Quadrat der Entfernung wächst, und da hiebei auch die gegenseitige
Abstossnng der Aethertheilchen, für welche Cauchj das Biquadrat ge-
funden hat, eingeschlossen ist, so haben wir hier allerdings einen
Widerspruch, allein e-s gibt doch Verhältnisse, welche darauf hinzudeuten
scheinen, dass auch bei Zugrundelegung meiner Annahme den von
Cauchj aufgestellten Bedingungen Genüge geleistet werden kann.
Bezeichnet man die Menge materieller Substanz eines Theilchens
aus der Umgebung eines zunächst betrachteten mit m, sind a, ^, ^ die
Winkel, welche die Verbindungslinie beider Theilchen mit den Goordi-
natenaxen machen, ist femer f(r) die von der Entfernung r abhängige
Anziehung oder Abstossnng, so ist ftir den Ruhezustand:
S (m co$a f(r)) = 0
S (m cosß f{r)) = 0
S (m cosy f{r)) = 0
Nimmt man nun an, das eingeschlossene Theilchen werde aus der
Bnhelage entfernt und bedeuten ^|, ^17, ^t die Componirenden der
Verschiebung, r(l -f~ 0 ^'^ nunmehrige Entfernung zweier Theilchen,
so bekommt Cauchy (S. 4 Gleichung 16) als Werthe der das Theilchen
in die Gleichgewichtslage zurückführenden Klraft:
Von Prof. Dr. Wittwek. 219
d
wobei
i
DieRp! Gleichungen lassen sich als das Fundament betrachten, auf
denen das ganze Werk Cauchy's beruht.
Als Bedingung Hir das Ausbleiben der Farben diepersion im Aether
des allgemeinen Raumes findet nun Cauchy (S. 190 Gleichung 2G), dass
wenn H eine Constante bedeutet und das Zeichen — eine gegenseitige
Abstossung der Aethertheilchen angibt.
Demzufolge wird
Nimmt man an, es sei
M - - "
r
wenn n eine beliebige ganze positive Zahl bedeutet, und berücksichtigt
man, abweichend von Cauchy, der bei den ersten J^otenzen von -^J,
Ar\^ Ai stehen bleibt, auch die höheren Potenzen dieser Grössen, so
erhält man nachstehende Ilauptgleichung:
\=^ — HSm \ - ^ — ^. , (w+ 1 ) ( CAt$ ti^ A\-\-c(iS « ras ß J7j-{-cos a cos y z/f )
.J . 1 r * (« + ^)i A^'i X A '1 y A^^^ I (" + 1) (w + 3)
(ro««'* A^ -|- CAtSit Cüsß^ Ari^ -\- cnsa casy"^ A^'^ -\- 2cosa'^ cos ß z/| Ay
-|- 2ro«Cf' rosy A^A^ -|- 2 rosa cosß cosy AriA^) — (w + 1) {rosa A^'^
. + rosß JiJr, + rosy ^|^f)] + ^^[^" "^ ~2^" "*" '^^ ('"'**"' ''^-
-f- cosa'^ AlE,Ar^ -(- rosor'^ A'^A^'^ -)- cos er co.9jS A^'^ Atj -\- rosa cosß Auf
-f- ro5Cf cosß Ari A^'-\-cos a cos y A%^ Ai-\-cos a cosy AtfA^-\-cos a cos y A^'^)
(fi+l) (?j + 3) (w + r>) . , ..„ , Ol * 1 I 1 ^"»
--^'--^ ' /^ ■ i^cosa^ A^'^-j-costt cosß'^ Atf-\-cosa cosy^ Aq'^
1. ^. •)
-j- 3ro.va^ co5j!^ z/|'''^t/-|-.3ro.vft^ rosy A^'^ A^-\- Dcosa cos ß'^ cosy Atf At;
-\- licosa'^ cosß'^ A^ Aif-{-l) cnsn'^ rosy* A'^ z/f* -(- 3rosa cosß cosy-Atf A^'*)
- ^"--t ' ^ (^s" + ^« ^»<' + ^« ^f') + ^" "^ ?. ^" "^ '^ c-*«' '^^' ^
ZriMrhr/// /: Maihpninlik u. I'hynik \Ul, X \Ky
80 erhält man die Werthe von -^ , ^ , deren Gleichungen ich im
220 Beiträge zur Molecularphysik.
-f- cosß^ J^ /Irf + cos y^ Äi, A^ -|- 2 C05 a cos ß A^ Ai] -\- 2 cos a cos y A^ A^
+ 2cosß cosy A^ Ari A^) -j ?
Wechselt man die Ausdrücke cosa, cosß^ cosy^ A^^ Arj, A^mit einander aus,
Interesse des Raumersparnisses weglasse.
Die Vertheilung des Aethers im allgemeinen Räume, die zu wissen
d^ d^ri d'^S
zur genauen Berechnung der Werthe von ^ , ^.^ , - .^ nothwendig ist,
kennen wir allerdings nicht, es hleibt aber kaum eine andere Annahme
übrig, als die, dass diese Vertheilung eine regelmässige sei. Sind
ausserdem . die Aethertheilchen kleine ^ugeln , die nach allen Richtungen
in gleicher Weise thätig sind, so muss es möglich sein, durch ein solches
Aethertheijchen ein rechtwinkliges Axensystem so zu legen , dass die um
die eine Axe stattfindende Gruppirung des Aethers sich bei den andern
wiederholt, dass die Aethertheilchen sich etwa so um das den Anfangs-
punkt der Coordinaten bildende hemm lagern, wie die Ecke eines
tesseralen Krystalles um dessen Mittelpunkt. Ist dieses richtig, und
befindet sich ein Aethertheilchen auf der einen Seite einer Axe, so muss
auf der entgegengesetzten Seite in der gleichen Entfernung von dem
Ursprünge wieder ein Theilchen sein, und die Gruppirung um die eine
Axe, sie möge sein, welche immer sie wolle, wiederholt sich bei den
beiden andern. Bezeichnet man die Winkel, welche die Verbindungs-
linie eines Aethertheilchens und des Coordinatenanfangspunktes mit den
drei Axen machen, mit a, 6, c, geben also cosa^ cosb^ cos c die Lage
dieses Thcilchens, so muss sich auch ein Theilchen vorfinden, das auf
der andern Seite der Z-Axe gelegen durch cosa^ cosb, — cos c bestimmt
wird. Weitere zwei Theilchen werden bestimmt durch cosa^ — cos b,
cos c und cosa^ — cosb^ — cos c und jenseits des 'Anfangspunktes sind
wieder vier Theilchen, deren Lage bestimmt wird durch
— cos a, cos b^ cos c
— cos ö, cos by — cos c
— cos a , — cos b , cos c
— cos «, — cos by — cos c.
Bilden diese acht Theilchen je eine Gruppe auf der positiven und
auf der negativen Seite der A'-Axe, so müssen auch solche Gruppen
um die beiden andern Axen vorhanden sein. Tauscht man daher a, b
und c ordnungsgemäss aus, so erhält man:
A, für die um die Y-Ahq stehenden Gruppen
cos c, cos rt, cos b
cos Cy cos tty — cos b
cos Cy — cos (ty cos b
Von Prof. Dr. Wittwer. 221
cos c,
— cos a y
— cos b
cos Cy
cos «,
cos b
cos Cy
cos (ty
— cos b
COS c, -
cos (ly
cos b
— cos Cy ■
— cos a y
— cos b.
die Z-Axe
stehende
Gruppen
cos 6,
cos Cy
cos a
COS hy
cos Cy
— cos a
cos by -
cos Cy
cos a
cos by
— cos Cy
— cos a
— cos by
cos Cy
cos a
— cos by
cos Cy
— co's a
cos by '
cos Cy
cos a
cos by '
— cos Cy
— cos a.
Die Glieder der ersten Verticalreihe beziehen sich insofern auf die
Axe der Xy als sie die Cosinusse der Winkel angeben , welche die ver-
schiedenen Verbindungslinien der zum ganzen Systeme gehörigen Theil-
eben und des Anfangspunktes der Coordinaten mit der X-Axe machen.
Man hat also diese verschiedenen Cosinusse in der obigen Formel an
die Stelle von cosa zu setzen. Ebenso repräsentiren die Glieder der
zweiten und dritten Verticalreihe den cos ß und cos y der Formel. Mit
dem Worte System bezeichne ich die Gesammtheit der zusammengehörigen
Aethertheile, etwa analog der Bezeichnung, die man bei den Linsen
der Mikroskope benutzt.
Im Allgemeinen machen 24 Aethertheilchen ein System aus, doch
24 24 24
sind auch Specialfälle vorhanden, in denen nur -^> "^i -r Theilchcn
vorkommen. Ist z. B. eine der vorstehenden Grössen , etwa cos c = 0,
so deutet der Rest auf 12 Theilchen hin , die sich in den Ebenen der XY^
XZ und YZ selbst befinden, wie dieses bei den Ecken der Fall ist, welche
die charakteristischen Kanten des Pentagondodecaeders abschliessen.
Wird auch cosb = Oy so werden noch 6 Theilchen angegeben, die in
den Axen selbst liegen (Octaederecke). Ist cos a ^= cos b = cos c , so
erhält man 8 Theilchen, deren Gruppirung die der Würfelecke ist. Ist
cosc = 0 und cosa = cosby so erhält man die 12 Ecke der Combi-
nation von Würfel und Octa^'der. Das Khombendodecaeder besteht ans
zwei Systemen , die auch schon die verschiedene Entfernung der Ecke
von dem Mittelpunkte nothwendig macht. Das eine System umfasst die
8 Würfelecke, das andere die 6 Octaederecke.
Nimmt man die vorstehende Anordnung als Grundlage, so erhält
man aus der Hauptgleichnng für je ein System, wenn man nach Cauchy
fi = 4: setzt, und mit p die Zahl der Glieder dos Systems bezeich-
net, da
222 Beiträge zur Molecularphysik.
S cos (t = 0
-^-^ = ^r7 - (~3~~ (,cosa^ + cos b' + cos c^) J^ — pJ^j
= 7^(3— V^'^^-
Wir haben also eine Kraft, deren Werth positiv ist, und die abnimmt,
wie die fünfte Potenz der Entfernung wachst.
Nimmt man nach meiner Voraussetzung n = 2y so wird
S cos a = 0
S [{n -f- 1) (^os «^ J^ -|- cos a cos ß ^ri -^ cos a cos y z/f) — A^
= — - (cos c? ■\- cos Ip^ -f- cos c^) — ;> z/| = 0.
Dieses Glied fallt also aus. Ebenso ist es mit dem nächstfolgenden
Gliede , weil seine sämmtlichen Theile ungerade Potenzen von Cosinussen
enthalten. Das zweitnftchste Glied (das mit ,^ multiplicirt ist) ver-
schwindet nicht, weil in ihm die Prodncte
^ cost? AI (z/§2 + Ari^ -f z/f2^ — ^ cos «^ dl^ — . 3 AI {cosu^ cosß'^ Ari^
+ rosaVosy2^n— |^U^5^+^'?*^+^0 + ^'"^^ {cos a^ Al'^ + cos ß'*' Aiy
-|- cosy^ A^^)
vorkommen, und es wird, wenn wieder p die Zahl der zum System ge-
hörenden Aetherth eilchen bedeutet, die Wirkung des Systemes
35
— ^^ 'P A^ {cos (i^ cos 1)^ -\- cos fr cos c^ -\- cos IP^ cos r') {Aif -|- z^f *)
-^^pdi{A^^+yi,f+A^^) + ^'^-l^-^
= "^^5 -^ (~ \ {Al^' + Ari'+At'^) + '^^^ {cosa' + cosb' + cosc') ^^'
35 ., . . . . \
-j- ' ^ {cffS (r cifS b* -|- r(ts (i^ cos c* -\- cos b'^ cos c^) {Arj^ -\- z/f '^) j -|- . . .
Um das Aethertheilchen , das oben als Anfang der Coordinaten ge-
nommen wurde, uild das sich irgendwo im allgemeinen Räume befinden
mag, lagert nun eine unendliche Anzahl anderer, die sich alle zu
Systemen von 6, 8, 12 oder 24 Gliedern vereinigen lassen. Bei jedem
einzelnen dieser Systeme heben sich die ersten Glieder der Ilaupt-
gleichung auf, also auch für alle zusammen. Das mit r^ versehene Glied
verschwindet im Allgemeinen für jedes System nicht und wenn mehrere
derselben zusammenwirken, so wird das Verschwinden immer unwahr-
scheinlicher. Bezüglich der Frage, ob dieses Glied einen positiven, ob
Von Prof. Dr. Wittwer. 223
einen negativen Werth habe, ist darauf aufmerksam zu machen, dass
die Vertheiluug des Aethers jedenfalls eine Gleichgewichtslage desselben
darstellen muss, und dass bei der geringsten Verschiebung eines Theil-
chens nothwendig eine Thätigkeit auftritt, welche die Gleichgewichtslage
wieder herzustellen sucht.
Es hat also ^-^ einen positiven Werth wie bei Cauchy, und die
von ihm repräsentirte Kraft nimmt für jedes System ebenfalls ab wie
die fünfte Potenz der Entfernung wachst. Diese Abnahme ist eiue sehr
rasche , und es werden daher nicht allzuvlele Systeme in der Natur in^s
Spiel kommen, denn für die ferneren wird die Wirkung bald ver-
schwinden.
Was für ;r-7 gilt, findet selbstverständlich mutalis mutandis auch auf
Ol"
und ^-y seine Anwendung.
Geht die Verschiebung in der Richtung einer Axe vor sich, so
kann nicht wohl etwas anderes eintreten als das, was man Polarisation
des Lichtstrahles nennt, und es- ergibt sich
dl' r- '
wenn A eine Constante bedeutet.
Diesfr'Gleichung unterscheidet sich von der Cauchy 'sehen dadurch,
dass die beschleunigende Kraft nicht der ersten, sondern der dritten
Potenz der Verschiebung proportional ist. Dass auch im letzteren Falle
Schwingungen um die Gleichgewichtslage stattfinden müssen, ist offenbar
und ebenso haben wir auch Interferenzen und Beugungen des Lichtes,
es könnte aber schon sein, dass es die eine oder andere Lichterschei-
nung gibt, die mir bis jetzt entgangen ist, und die sich mit der vor-
stehenden Annahme nicht verträgt.
Nach dem, was ich in meinem Entwürfe einer Molecularphysik
(S. 196) über die Construction der Gase gesagt habe, ist es leicht, sich
die Erscheinung zu erklären , warum die Gase die Eigenschaft des freien
Aethers, die Farben nicht zu zerstreuen, theilen, denn die Vertheiluug
der einzelnen Aetherkugeln in den Gasen kann sich von der des Aethers
im allgemeinen Räume nicht wesentlich unterscheiden, solange jedes
Massenatom eine grosse Aetherhülle besitzt, solange die Dichtigkeit
der Luft nicht bedeutend ist. Es hat dieses jedoch seine Gränzen,
und bei dichten Gasarten wird auch eine Farben dispersion eintreten
müssen. Bei den tropfbar- flüssigen und den festen Körpern ist die
Vertheiluug der Aetherkugeln um den Massenkern eine andere, es ver-
schwinden die ersten Glieder der Hauptgleichung nicht mehr, und die
Farbenzerstreuung tritt ein. Bei den farbenzeTBlxQUQüäQXi ^jät'^^wi >««ä>b&\.
226 Beiträge zur Molecularphysik. Von Prof. Dr. WiTTWEe.
als -r. Bei der relativen Grösse der Molecularanziehungen nnd Ab-
b
stossungen ist es sehr leicht denkbar, dass bei durch die Zusammen-
setzung bedingten Differenzen in den Wirkungen bald (für uns) bedeu-
tende Härtegrade u. dgl. der Körper eintreten können. Eine andere
Frage ist die, ob unter meinen Voraussetzungen die Weltkörpcr auf
ihrem Wege nicht allzusehr gehemmt werden. In dieser Beziehung ver-
lasse ich mich darauf, dass man sich schon seit langer Zeit mit dem
Gedanken befreundet hat, dass die Weltkörper ihren Weg machen
können, ohne sonderlich gehemmt zu werden, obwohl sie durch einen
Raum müssen, von dem nach Cauchy jedes Kubikmillimeter von Millionen
von Aethertheilchen besetzt ist. Ein Vorzug meiner Theorie dürfte wohl
darin zu suchen sein, dass sie, ohne mit dem Schweregesetze in die
mindeste Collision zu kommen, keine anderen Wirkungen voraussetzt,
als man jeden Tag allenthalben zu beobachten Gelegenheit hat. Dass
auch in der Sternenwelt polare Wirkungen auftreten, ist nicht neu;
schon B es sei hat bei der Beschreibung des Halley 'sehen Kometen von
1836 darauf aufmerksam gemacht.
Es bleibt noch die Frage zu beantworten übrig, ob es nicht mög-
lich wäre, dass ein System von Aethertheilchen ein von diesen ein-
geschlossenes ebenfalls mit einer Kraft in die Gleichgewichtslage zurück-
zuführen strebe, welche abnimmt wie die fünfte Potenz der Entfernung
wächst, wenn die ursprüngliche Abstossung zweier Theilchen der ersten
oder dritten Potenz umgekehrt proportional ist.
Im ersten dieser beiden Falle müsstcn sich die ersten vier Glieder
der llauptgleichung auf Null reduciren, das fünfte dagegen bleiben; im
zweiten Falle müssten die ersten zwei Glieder verschwinden, das dritte
dagegen nicht. Man sieht sehr leicht, dass beides nicht geschieht, denn
wenn mau n = 1 beziehungsweise n = 3 setzt, so verschwindet das
zweite Glied nicht, wohl aber in beiden Fällen das mit -^ multiplicirte,
weil seine sämmtlichen Theile ungerade Potenzen von Cosinussen als
Factoren haben.
Nimmt man an, dass die Aetherabstossung einer höheren Potenz der
Entfernung umgekehrt proportional sei als der vierten, so kann augen-
scheinlich die das Aethertheilchen in die Gleichgewichtslage zurück-
führende Kraft nicht der fünften Potenz umgekehrt proportional sein,
wie es die Cauchy'sche Gleichung verlangt, und ebenso ist es bei der
Annahme irgend eines andern Gesetzes. Wir haben daher nur die Wahl
zwischen der zweiten und der vierten Potenz. Welche von den beiden
Annahmen die richtige sei, wird die Zukunft lehren.
vm.
Ueber Isophoten
(Linien gleicher Lichtintensität).
Von
Dr. L. BURMESTER,
Lehrer der l'hysik und der darsloUenden Goomotric aiii deutschen Realgymnasium
zu Lodz in Russisch - Polrn.
Erster Thell.
§ 1-
Die Linien gleicher Lichtintensität, welche ich der Kürze wegen mit
dem Namen Isophoten'*') ^bezeichne, sind his jetzt noch sehr wenig
analytisch untersucht worden. Ich habe daher diese Linien zum Gegen-
stande meiner gegenwärtigen Untersuchung gemacht. Hierbei habe ich
viele interessante Resultate erhalten, welche ich in einem besonderen
Werke zu veröffentlichen gedenke. Da aber das Zeichnen vieler Tafeln
viel Zeit und Müsse erfordert, so werde ich hier vorläufig einige Resultate
meiner Studien mittheilen.
Nehmen wir an, eine Fläche sei von parallelen Lichtstrahlen be-
leuchtet, deren Intensität i constant, also unabhängig von der Länge
der Lichtstrahlen ist, und bezeichnen wir mit L die Beleuchtung oder
Lichtstärke eines Flächenelementes, mit X den Winkel, welchen die
Normale dieses Elementes mit den parallelen Lichtstrahlen bildet , so ist
bekanntlich
X = I coz A.
Die Gesammtheit aller parallelen Lichtstrahlen, welche eine Fläche
beleuchten, nennen wir ein StrahlenbUndel; und als Richtung
desselben nehmen wir die Gerade, welche den Lichtstrahlen parallel
durch den Coordinatenanfang der beleuchteten Fläche geht.
Sind Vjc, Vy, Vz die Winkel, welche die Strahlenrichtung mit
den rechtwinkeligen Coordinatenaxen der ^y tjy z bildet, sind analog
♦) L. Burmester, Elemente einer Theorie der Iso^iVioien. ^\>\w>^ C^q\X.. V^^'^i.
228 Ueber Isophoten.
^xt (fyy <fz die Winkel, welche die Normale eiues Flächenelementes mit
diesen Axen einschliesst , so ist nach einem Satze der analytischen
Geometrie
cos k =^ cos Vx cos öjc + cos Vy cos öy -[- cos Vz cos <y. .
Ist die beleuchtete Fläche durch die Gleichung
^(^, y,0 = 0
gegeben, dann haben wir
dF
dx
dF
cos Gy =
/(iT+(gr+(D'
dF
'dz
cos O _ _ - . : . , •
Hiernach ist die Lichtstärke irgend eines Flächenelementes dieser Fläche
durch die Gleichung
dF , dF , dF
cos Vx ^ f- cos Vy A - + cos V. '
. dx ' ^ dy ' dz
bestimmt. Diese Gleichung, welche eine Fläche reprUsentirt , ist die
Grundformel der Isophoten, die durch ein Bündel paralleler Lichtstrahlen
erzeugt werden. Geben wir dem L successive verschiedene Werthe,
welche die Grenzen -f- f und — t nicht ühorschreiten dürfen ; dann sind
die Durchschnitte der beiden Flächen
dF , dF , dF
cos Vx ^ + cos Vy r. -j- cos V. -
dx dy dz
F{x,y, z) = 0
die Isophoten der letzteren Fläche. — Je nachdem wir aus diesen beiden
Gleichungen or, y oder z eliminiren, erhalten wir die Gleichungen für
die Projectionen der Isophoten in den Coordinatenebcn yz^ xz oder xy.
Da es für unseren Zweck nur erforderlich ist, die Lichtstärke relativ zu
bestimmen, so nehmen wir die Intensität i des Strahlenbündels gleich
der Einbeit an; dann ist
Von Dr. L. Bürmester. 229
. dF , dF , dF
cos Va: ^ COS Vy ^ \- COS V. —
j ^x ' ^ dy ' dz
Jj —— -j -^ — : • • • • ix.
/©+©'+(0'
Um nun ein vollständiges regelmässiges Isophotensystem einer Fläche
zu erhalten, mittelst dessen die Auftragung der Farbentöne leicht aus-
geführt werden kann, bestimmen wir eine beliebige, aber ausreichende
Anzahl Isophoten, so dass der Lichtstärkenunterschied je zwei auf ein-
ander folgender Isophoten gleich ist.
Wir geben daher dem X der Reihe nach die Werthe
-"-',-1*).
n
Diese Werthenreihe , in welcher n eine ganze positive Zahl bezeichnet,
liefert uns ein regelmässiges, aus 2/1 -|- 1 Isophoten bestehendes Iso-
photensystem.
Bezeichnen wir mit et und ß beziehungsweise die Tangenten der
Winkel, welche die Projection der Strahlenrichtung in der zx- und xy-
Ebene mit der 2-Axe bildet, ist ferner die Gleichung der beleuchteten
Fläche in der Form
2 = f{x*y)
gegeben, so ergiebt sich aus der Gleichung II.
1 — CC - P 7—
"ir^+^Z- + (t)"+ (I)" ■ ■ ■ ■
Diese Gleichung, die nur noch die Coordinaten x, y in sich trägt,
liefert uns die Projectionen der Isophoten in der o:^- Ebene, d. h. im
Grundriss. — Können wir die Projectionen der Isophoten im Grundriss
ermitteln, und ist die beleuchtete Fläche construirbar, so können wir
mittelst der darstellenden Geometrie die Isophotenprojectionen im Auf-
riss und Seitenriss stets construiren.
Die Gleichung IIL können wir noch vereinfachen, wenn wir das
Coordinatensystem um die z-Axe drehen, so dass die positive a;-Axe
mit der Grundrissprojection der positiven Strahlenrichtung zusammen-
fällt. Hierdurch wird die Allgemeinheit nicht beschränkt. Bezeichnen
wir mit v den Winkel, welchen die positive Strahlenrichtung mit der
positiven z-Axe bildet, so wird
*) In der Praxis genügt im Allgemeinen n = 10 für die Auftca^xxw^ d&\ >S«iX-
bentöne.
230 Ueber Lsophoten.
und folglich
(:
a = — ian v
dz
cos V A- sin V ' :r^
vX
j ._ iv
Von allen lsophoten des ganzen Systems zeichnen sich die, welche
der Lichtstärke
Z = 0, cos V, + 1
entsprechen, besonders aus.
Für Z = 0 erhalten wir aus IV.
dz .
1 -[" ^ÖW V • r— = 0.
OX
Diese Gleichung giebt uns die Grundrissprojection der lsophoten, welche
die Grenze zwischen Licht und Schatten bildet. Wir wollen sie deshalb
mit dem Namen Grenzisophoten bezeichnen.
Setzen wir L =■ cosv^ so ergiebt sich ans der genannten Gleichung
Diese Gleichung liefert die Grundrissprojection der Isophote der Licht-
stärke, welche auf der o:^- Ebene auftritt.
Specielle Betrachtungen zeigen, dass wir im Allgemeinen nach der
Gestalt dieser Isophote oft die Form des ganzen Isophotensystems be-
urtheilen können. — Wir wollen diese Isophote desswegen die Typ us-
isophote nennen.
Die Lichtstärke Z = + 1 kann nach der Gleichung IV. wie man
leicht erkennt nur eintreten, wenn
dz
-- = tan V
OX
ist. — Die Isophote, welche durch diese Doppelgleichung bestimmt ist,
wird im Allgemeinen durch einen oder mehrere isolirte Punkte reprä-
sentirt, in denen die grösste positive oder negative Lichtstärke auftritt.
— Wir wollen dieselbe daher mit dem Namen Maximalisophote be-
zeichnen.
Es wird fUr die Folge von Nutzen sein, wenn wir in die Gleichung IV.
statt der rechtwinkeligen Coordinaten die sogenannten cylindrischen
Coordinaten einführen, welche durch die Gleichungen
X = r cos 0
1/ == r sin 0
deßnirt sind, — Dann ist
Von Dr. L. Burmester. 231
$ = arctan ( — ) ;
dz dz dr dz d9 dz ^ dz sin $ ,
di~dr dx "^ dÖ dx ~dr ^''^ "" a« T~ '
dz dz dr , dz d9 dz , , , dz cosO
= - H — = stn 0 -4—
dy dr dy ^ ?Ö dy dr ^ d9 r
Snbstitniren wir diese Wertbo in die Oleicbnng IV., 8o erhalten wir
, . rdz . dz sin öl
COS
Ld = '. ' ' —~-'z:r- - - --. — --z:: — - • • . . . Y«
/•+B:r+[;ä'
Diese Gleichnng liefert die Gmndrissprojectionen der Isopboten einer
Flftcbe, deren Gleichnng in cylindrischen Coordinaten nnd in der Form
z = /-(r, 6)
gegeben ist.
Obgleich die Formel V. weniger einfach ist als die Formel IV., so
wird sie nns doch in der Folge wichtige Vortheile bieten. Wir können
der Formel V. noch eine andere Gestalt geben, wenn wir
dz
;r^ =» COS a>
or
1 dz
= p stn (o
r d$
setzen, worin
dz
d$ 1 dr
tan (0= - =
dz r (iQ
'fr
ist. Wir erhalten dann
cos V -[- sin V . }} , cos (ö -[" w) xn
La =^ • • • . VI»
Geometrisch bedentet p die Tangente des Winkels, welchen die
Flüchen normah» des Punktes r, r, ö mit der c-Axe einschliesst, w den
Winkel, welchen der Radinsvector r mit der Normale der Dnrchschnitts-
curve
z = f{r, 0) \
z = const. 1
bildet.
232 lieber Isophoten.
Die Isophoten der Botationsfläohen.
§2.
Die allgemeine Gleichung der Rotationsflächen, welche darch Um-^
drehnng einer einfach- oder doppelt gekrümmten Cnrve am die s-Axe
erzeugt werden, ist in cylindrischen Coordinaten
* = fir).*)
Betrachten wir z als Ordinate nnd r als willkürliche Abscisse, so
giebt diese Gleichung die Meridiancurve der Rotationsflächen.
Es ist
dz / . .
Diese Wertke, in die Gleichung V. gesetzt, liefern
cos V -\- sin V . f' (r) , cos $ .
Vi + (/' i.r)y
Dies ist die allgemeine Gleichung der Isophoten**) der Rotations-
flächen. Hierin ist r der Radius vector, d die Anomalie, welche von
der positiven Strahlen rieh tun g aus gezählt wird. Die Gleichung 1) giebt
fiir gleiche entgegengesetzte Werthe von 0 gleiche Werthe für r, das
ganze Isophotensystem wird daher durch die Strahlenrich-
tnng symmetrisch gctheilt.
Wenn wir die Gleichung 1) auf cos 0 reduciren, so wird
coso = CSC V ^ — -^rx ' ^ — 7n-\ 2)
Hieraus folgt der Satz:
Auf den Parallelkreisen der Rotationsflächen ist die
Grösse cos 0 eine lineare Function der Lichtstärke L.
Bezeichnen wir mit x den Winkel, welchen die Tangente der Meri-
diancurve {z = f{r)) mit der Axe der r bildet, so ist
f(r) = (an r,
nnd
cos $ = CSC V . CSC X . L — coiv . cot t 3)
Betrachten wir die Grössen cos $ und L als rechtwinkelige Coordi-
naten, so repräsentirt diese Gleichung eine Gerade, deren Abschnitte
von den entsprechenden Axen durch die Grössen — cotv . cot x und
*) Hierbei ist vorausgesetzt, dass die Gleichung auf : reducirt werden kann.
**) Wir wollen ) wenn nichts besonders bemerkt wird, unter Isophoten der
Kürze wegen die Projcctioncn derselben im Grundriss verstehen, ebenso nnter
Strahlenrichtung die Projection derselben im Grundriss.
Von Dr. L. Burmester. 233
cos V €08 T gegeben sind. Beide Abschnitte lassen sich leicht constrniren.
Wenn wir nun dem L die Lichtstärken der Werthenreihe Seite 231
geben, so erhalten wir entsprechende Werthe ftir cos d, welche diejenigen
Punkte auf einem beliebig angenommenen Parallelkreis vom Radius r
bestimmen, in denen jene dem L beigelegte Lichtstärken auftreten.
Bestimmen wir nach dieser Angabe auf mehreren beliebig, aber zweck-
mässig angenommenen Parallelkreisen die Lichtstärken der erwähnten
Werthenreihe, dann liefern * uns die so erhaltenen Punkte die Isophoten
der Fläche.
Zu jedem Parallelkreis gehört ein bestimmter Werth von x und
daher entspricht jedem Parallelkreis eine Gerade, mit deren Hülfe wir
die Orte gegebener Lichtintensitäten bestimmen können. Wir wollen
diese Geraden, deren Lage durch die leicht zu construirenden Werthe
cot V cot t und cos V cos x bestimmt ist, die Hülfs geraden nennen.
Die Construction der Isophoten der Rotationsflächen ist hiernach
auf das Problem des Tangentenziehens an die Meridiancurve {z != f(r))
zmückgefUhrt.
Obgleich die Hülfsgeraden durch die Werthe — cot v cot r und
cos V cos r, welche die Abschnitte auf den Axen des cos 9 und der L
darstellen y gegeben sind , so wollen wir noch eine andere Methode an-
geben, die ^en Vortheil bietet, dass wir nicht mit Bestimmungswerthen,
wie cot V cot z^ zu thun haben, die sehr gross werden und die Dar-
stellung auf der begrenzten Zeichnenfläche nicht gestatten. Zu diesem
Zweck suchen wir die einhüllende Curve der Hülfsgeraden.
Wir setzen
cos ^ ^= ri^ L = g,
so ist nach Gleichung 3)
ri = CSC V esc r . I — cot v cot t.
Differenziren wir diese Gleichung nach t, dann erhalten wir
0 = — CSC V . cos T .^ -^^ cotv.
Durch Elimination der Grösse t ergiebt sich ans diesen beiden Glei-
chungen die Gleichung der einhüllenden Curve der Hülfsgeraden
_^ J?!_=i.
COS^ V COt^ V
Dies ist die Mittelpunktsgleichung einer Hyperbel, deren halbe Hauptaxe
cos V und deren halbe Nebenaxe cot v ist. Diese Hyperbel, an der
die Hülfsgeraden Tangenten sind, wollen wir, da sie indirect ein Hülfs-
mittel bei der Bestimmung dieser Geraden ist, die Hülfs hyperbel
nennen.
Bekanntlich liegen die Fusspunkte der vom Brennpunkt auf die
Hyperbeltangenten gefällten Senkrechten auf der Peripherie des Hanpt-
kreises. Wir können hiernach die Hyperbeltangenteu , 4, \i. ^\^ "^^^Kv
Ueber Isoplioteti.
geraden, leicht zielien, ohne die Hyperbel selbst zn constrairan; denn
da die Richtnngsconstante der Hdlfsgeraden nach Gleicfanng 3) esc v . c$c r
ist, so ist die Ricbtangsconetante der dsranf Tom Brennpunkte gefKIIten
Senkrechten durch lin v sin x gegeben.
Wenn wir die Constmction der Isophoten der Rotationsflächen Mu<
führen wollen, bd liaben wir zwei einfache HHlfxfignren Fig. 1' und
Fig. 1^ nöthig, die Rlr alle Rotations flScben gelten, wenn die Strahlen-
richtnng nnTeränderlich genommen wird.
Es seien (Fig. 1") LyA nnd L^A die Projoction^'n der Strahlen-
richtnng im GrnndrisB nnd im Anfriss, AD gleich der Einheit, und AZ
flcnkrecht anf der Projectionsaxn AC\ dann ist, wie man leicht ans der
Fignr ersieht,
^DAZ = v, BD = smv
AP = rosv, CE = cfilv.
In Fig. l** seien oL nnd ocosS die Coordinatenaxen , auf welche
die Constmctionsgeraden bezogen sind. Die Strecken o(+i)=o(— i) = l
sind in n = lÜ gleiche Theilo getheilt, und durch diese Tbeilpnnkte,
welche in nnserem speciellen Falle den Lichtstärken: -|-1, -)-0,9 . . .
0... — 0,9, — J entsprechen, sind Ordinalen gezogen. Anf den Axea
sei Ort = AB = cos p, ob ^ CE ^ rat v gemacht; a nnd b sind dann
die Endpnnkte der Hyperhelaxen, und der mit oa beschriebene Kreix
ist der Hanplkreis. Femer sei ab — «F, f rf =^ 1 , so ist F der eine
Von Dr. L. Burmester.
235
Brennpunkt der Hülfsliyperbel und dh die Gerade , auf welche die Werthe
sin V sin x abgetragen werden. Hiermit ist Alles, was wir zur Construction
der Isophoten der Rotationsflächen nöthig haben, vorbereitet.
Wenn wir die Strahlenrichtung so wählen, wie sie gewöhnlich bei
technischen Zeichnungen angenommen wird, dann wird die Hülfsfigur 1^
da Z, cos ^ und sin v, sin x nie grösser als 1 werden, nur die Grösse
eines Quadrats haben, dessen Seite gleich 2 ist, und die Hülfsfigur 1*
einen noch kleineren Flächenraum einnehmen. Es werden daher alle
Grössen, die wir zur Construction gebrauchen, nie die Grenzen der
Zeichnenfiäche überschreiten.
Nach dieser Vorbereitung sind die Isophoten der Rotationsflächen
sehr leicht zu construiren. Wir wollen dies an einem Beispiel zeigen.
Es sei in Fig. 1 durch Grund- und Aufriss eine Rotationsfläche
dargestellt, welche durch Umdrehung einer ebenen Curve MN erzeugt
^'■
l
V
^v
1
1
y
^-^..
\ 1
wird. Diese Curve ist zugleich die Meridiancurve. Es sei TM eine
Tangente im Punkte M an derselben, T der DuTch8cV\w\U. \ä\\. ^^.x ^x^-
Zeilschrilt /. Malhmtatik u. Phyük Xlll, 3. V\
230 • lieber Isophoten.
jectionsaxe und TU = sin v = BD (Fig. 1*); dann Ut UV =^ sin v sinx.
Diesen Werth tragen wir auf cfÄ, (Fig. 1*") ab, so dass cfAr, = 17F=*
sin V sin T ist. Hierauf ziehen wir h^F und durch den Schnittpunkt p
mit dem Hauptkreis die Hülfsgerade GG senkrecht auf kF, Die Ab-
schnitte, welche durch diese Gerade auf den Ordinaten ( — 1, — 0,9,
— 0,8, . . . 0 . . . +0,8, +0,9., +1) entstehen, geben uns die Werthe
der cos 0, Wir beschreiben (Fig. 1) um Q einen Kreis S mit dem Radius 1;
tragen auf die Projection Z,ß der Strahlenrichtung die Werthe der cos$,
welche wir aus der Fig. 1** entnehmen, ab. So erhalten wir die WinkeH,
die auf dem Parallelkreis M„ die Punkte bestimmen, in denen die an-
genommenen Lichtstärken auftreten. In der Fig. 1 ist £)P = +0,7c
(Fig. !•*), PR senkrecht auf Zj£), dann giebt der Durchschnitt der Ge-
raden QR mit dem Parallelkreis M„ den Punkt, in welchem auf diesem
Kreis die Lichtstärke +0,7 auftritt. Ebenso findet man die Punkte für
die anderen Lichtintensitäten. In gleicher Weise kann man die Orte
der gegebenen Lichtstärken auf einem anderen Parallelkreis N„ finden.
Diesem entspricht in Fig. 1^ die Hülfsgerade G,G,, Wenn wir so auf
mehreren Parallelkreisen diese Orte bestimmen, dann erhalten wir die
Projectionen der Isophoten im Grundriss. Um die Projectionen im Auf-
riss zu erhalten, brauchen wir die gefundenen Punkte nur hinauf zu
projiciren. Eine Controle für die richtige Lage der Hülfsgeraden liefern
uns die Abschnitte derselben auf den Axen; denn es muss (Fig. 1*')
ai = cot V cot T und ol = cos v cos z sein, und diese Werthe lassen sich
auch leicht construiren.
Die Maximalisophote (^ = + 1) wird im Allgemeinen durch einen
oder mehrere isolirte Punkte repräsentirt; diese kann unsere bisherige
Constructionsweise nur dann liefern, wenn zufällig diese Punkte auf
einigen von den beliebig angenommenen Parallelkreisen liegen. Wir
müssen daher diese isolirten Punkte noch besonders zu bestimmen suchen.
Aus der Gleichung 1) folgt für ^ = + 1
cos $ = 1 , tan X = tan v.
Die erste Gleichung zeigt, dass die Projectionen dieser Punkte auf
der Projection der Strahlenrichtung liegen, und aus der zweiten ergeben
sich die Abstände dieser Punkte vom Pol. Um diese constructiv zu
bestimmen , müssen wir an die Meridiancnrve Tangenten ziehen , welche
mit der Axe der r den Winkel v bilden. — Die Abstände der so erhal-
tenen Berührungspunkte von der Axe der z sind dann die Abstände der
Grundrissprojectionen der isolirten Punkte von dem Pol.
In besonderen Fällen können wir die Hülfsgeraden noch auf einem
anderen als auf dem oben angegebenen Wege bestimmen. Nehmen wir
an, es sei die Grundrissprojection einer Isophote gegeben, deren Licht-
stärke ;/* ist; dann können wir umgekehrt durch die Punkte, wo diese
Cnrve die beliebig zweckmässig angenommeneu Parallelkreise schneidet,
Von Dr. L. Burmester. 237
die entsprechenden Werthe von cos $ ermitteln. Diese Werthe tragen
wir auf die den Theilpnnkt m gebende Ordinate ab, nnd durch die
erhaltenen Punkte legen wir Tangenten an die Hülfshyperbel^) (Fig. 1^),
welche dann die Htilfsgeraden sind. Hierauf verfahren wir wieder wie
oben gezeigt worden ist und bestimmen die Übrigen Isophoten. Damit
wir auf diese Weise unseren Zweck vollständig erreichen, wird erfordert,
dass die Projection der gegebenen Isophote die Projection aller nöthigen
Parallelkreise schneide. Ist dies nicht der Fall, so muss noch die Pro-
jection einer zweiten Isophote gegeben sein, die wenigstens durch die-
jenigen Kreise geht, welche von der erstgegebenen nicht getro£Pen
werden. Zwei solche Isophoten, die diese Forderung in manchen Fällen
erfüllen und sich oft durch die Eigenschaften ihrer Gleichungen direct
construiren lassen, sind die Grenzisophote und Typusisophote. Aus- der
Gleichung 1) folgt für Z = 0 die Gleichung der Grenzisophote
1 4- /öw V . /" (r) . ro* ö = 0 3)
nnd für L = cos v die Gleichung der Typusisophote
r (r) [f (0(1 — '«^^ ^ • ^os^ e) — 2 tan V C05 ö] = 0 . . 4)
Mit Hülfe dieser Isophoten kann man oft, selbst bei complicirten
Flächen, die Construction des ganzen Isophotensystems in einfachster
Weise ausführen.
Ist z = f (r) die Gleichung der Meridiancurve der durch irgend
eine Curve erzeugten Rotationsfläche, so ist z = f'{r — d) die Gleichung
der Meridiancurve der Kotationsfläche , welche durch Umdrehung der-
selben Curve im Abstände d von der Axe erzeugt wird.
Die Gleichung der Isophoten dieser letzteren Fläche ist dann nach
Gleichung 1)
cos V -f- sin V , f {r — d) . cos $
^i + crcr-rf)?
Denken wir uns diese Gleichung auf r — d reducirt, so gilt der
Satz:
Bei den Grundrissprojectionen der Isophotensysteroe
zweier Rotationsflächen, die durch dieselbe Curve in
ungleichen Abständen von der Drehungsaxe erzeugt
worden sind, ist die Differenz der gleichgerichteten
Leitstrahlen gleich der Differenz der beiden Ab-
stände von der Drehungsaxe.
Haben wir nun die Grundrissprojectionen von dem Isophotensystem
einer Rotationsfläche fertig vor uns, dann erhalten wir das System der
*) Dies kann leicht mit Hülfe des Haiiptkrciscs und des Brennpunktes Aus-
geführt worden, ohne die Tlülfshyperbel selbst zu consirmTen. Atv V\^. \^ \^V äa^^«.
Hyperbel nur der VollatHndigkeit wegen construirt.
238 Ueber Isophoten.
*' .^ ^ ^ ^ ■--,'.* - --^-^^ - ^ ^ r' •- *^^ **^-,^-^ ^ .^ ^. 0^ i
um d erweiterten oder verengerten Rotationsfläche, wenn wir BÜmintlicbe
Lichtfltrablen jenes fertigen Systems um d verlängern oder verkürsen.
In speciellen Fällen können wir die Isopboten der Rotationsflächen
oft noch in einfacherer Weise constrniren , als dies nach der allgemeinen
Methode ausgeführt werden kann. Wir wollen dies an den Isophoten
der Kugelfläche zeigen.
Die Gleichung der Kugelfläche in cylindrischen Coordinaten ist
wenn q den Radius der Kugel bezeichnet.
Es ist dann
Setzen wir diesen Werth in Gleichung 1), so wird
cus V , j/(i^ — r^ — sm v , r , cos $
1/ = u)
Q
Führen wir in diese Gleichung rechtwinkelige Coordinaten ein, so ist
r^ = a:^ + i/,
r cos $ = X
und dann ergiebt sich
(»•^[1 — L'\ ' q'II-^L^^cos'v
Aus dieser Gleichung ersieht man, dass die Projectionen der Isophoten
der Kugetflächc Ellipsen sind, deren Mittelpunkte auf der Projection
der Strahlenrichtung liegen.
Hieraus lassen sich leicht einige Eigenschaften ableiten, die für die
Construction dieser Ellipsen von besonderem Nutzen sind. Bezeichnen
wir mit b die grosse Halbaxe dieser Ellipsen, mit c ihre Excentricität,
und mit m den Abstand der Ellipsenmittelpunkte vom Coordiuatenanfang,
so ist
b = ^j/i _rs
c = qJ/X — L^ sin V ,
m = Lq sin v.
Hiernach ist
Q^ {q sin vY
Die Endpunkte der grossen Axen der Ellipsen liegen
auf einer Ellipse, deren Halbaxen q und q sin v sind.
Ferner ist
e"^ -\- m^ = (q sin vY
Die Brennpunkte der Ellipsen liegen auf einen Kreise
vom Radius ^ sin v.
Von Dr. L. Bürmester
2311
Auf diese Eigenscliafteii gründet sich eine sehr einfache Conetmction
der Isapboten der KngelflMche.
Es sei Fig. 2 die Qnindriss- nnd Anfrissprojection einer KugelflHcho
vom BAdins p, welche von einem Strahlen biiudcl beleuchtet whd, dessen
Richtung in Fig. 1" gegeben iat, also niit der :-Axe den Winkel v ein-
Bchliesst.
Fiff. 2.
V.
K
\ ^,«-
\i^
^ X
Wir machen in Fig. 1' Äff = p und bencbreiben nil Ffff, als Radius
in Fig. 2 um (t den KreiB k'. Auf dieeeoi Kreis liegen die Brennpunkte
der Ellipsen. Die Punkte +1 und —1 sind die isolirtcn runkte_der
MazimnlienphoLe. Wir thcilcn jede der beiden gleichen Strecken 0,-^1
und Ö, — i in b ^ 10 gleiche Tbcile. Die erhaltenen Tlieilpunkte sind
die Mittelpunkte der elliplischi^n Isophoten, welche den Lichtstärken -|-0,f),
+ 0,8 . . . , 0 . . . —0,8, —0,9 entsprechen. Wollen wir nnn eine Iso-
phote, z. B, die der Lichtstärke +0,8, cnnetruireo, so ziehen wir durch
+0,8 eine Gcmde auf oL scnkreclil. 1>i«Hc ist dann die Axe der
lüUipsfl; wo sie den Kreis K schneidet, liegen Kai Vax 4ve fttftWB'^M.'^iJÄ
240 lieber Isophoten.
b and ^,. Uieranf ziehen wir durch b den Radios oc und cd parallel
der Axe oL^ , so ist d der eine Endpunkt der grossen Axe. Wir haben
hiernach den Mittelpunkt, die Brennpunkte und die grosse Axe der
Ellipse und somit Alles, was zur einfachsten Construction der Ellipse,
resp. der Isophoten der Kugelfläche, nöthig ist.
Ganz so wie im Grundriss, können wir bei der Kugelfläche auch im
Aufriss ^die Construction ausführen, wenn wir von dem Hinaufprojiciren
keinen Gebrauch machen wollen. In der Fig. 2 sind die Projectionen
der Isophoten der Lichtstärken -(-!» 4"ö»^i +0,5 und —0,5, —0,8, — 1,
im Grundriss und Aufriss dargestellt.
Die Isophoten der Kugelfläche können auch als Fundament einer
zweiten Isophotenconstrnction der Rotationsflächen dienen.
Für die Kugel ist
-2 '
wenn q den Kugelradius, Tj^ den Radiusvector bezeichnet.
Diesen Werth in die Glcicliung 2) gesetzt giebt
g cscv cotv, j/g^ — rn' „.
cos 9 = '^H .... 7)
Dies ist die Gleichung für die Isophoten der Kngelfläche.
Aus der Gleichung
folgt, wenn wir
f (r) = tan x
setzen,
r^ = Q sin T.
Haben wir an die Meridiancurvc einer Rotationsfläche Fig. 1 in Af
eine Tangente MT gezogen, welche mit der Axe des r den Winkel t
bildet, so erhalten wir aus 7) die Werthe der Winkel ö, welche auf den
Parallclkreis MM^ die Punkte gegebener Lichtstärken bestimmen.
Um die Werthe der ö zu erhalten, construiren wir den Werth
Tjf = ^ sin T. Es sei in Fig. 2 der Radius der dargestellten Kugel p,
MT eine zu MT parallele Tangente; so ist, wenn wir Mq parallel der
Projectionsaxe ziehen,
M'q = r^ = Q sin r.
Mit M'q beschreiben wir um o im Grundriss den Kreis JK', Die
Durchschnitte a, ß.,.. dieses Kreises mit den Isophoten der Licht-
stärken 0,8, 0,5 .... verbinden wir mit dem Mittelpunkt o. Diese Ver-
bindungslinien schliessen dann mit oL die Winkel 0 ein, welche den
genannten Lichtstärken entsprechen. Ziehen wir (Fig. 1) Ö0,8 parallel
oa (Fig. 2), 80 ist der Schnittpunkt 0,8 dieser Geraden mit dem Parallel-
kreis der Rotationsfläche der Ort der Lichtstärke 0,8. In gleicher
Von Dr. L. Burmkster; 241
Weise kann man dte Punkte der anderen gegebenen Lichtstärken be-
stimmen.
Diese zweite Construction , mit Benutzung der sogenannten Kugel-
skala, ist schon von einigen Autoren ausgeführt worden. Wir haben
dieselbe nur der hier angegebenen leichten Ableitung wegen mit an-
geführt. Diese Construction wird ungenau, wenn der Radius des Parallel-
kreises (Ä^ Fig. 2) sich dem Radius der Kugel nähert, und ohne Aufriss-
projection ganz unbrauchbar, wenn er gleich demselben wird. In diesem
Falle liefert aber die erste Construction mit Benutzung der Linieuskala
die schärfsten Schnitte; denn im Grenzfallo werden dort die Hülfs-
geraden gg Asymptoten der Ilülfshyperbel. Ein anderer Vorthcil besteht
darin, dass wir bei der Linienskala durch gerade Linien unseren Zweck
erreichen, während wir bei der Kugelskala viele Ellipsen gebrauchen.
Die Isophoten der Schraubenflächen.
§ 3.
Die Schnittcurve , welche eine durch die Drehungsaxc golcgte Ebene
mit einer Seh rauben fläche bildet, wollen wir, wie bei den Rotations-
flächen, auch hier Meridian curve nennen.
Ist nun
. = f{r)
die Gleichung dieser Meridiancurve, so ist die allgemeine Gleichung der
Schraubenfläche, welche durch eine einfach- oder doppeltgckrtimmte
Curve erzeugt wird, deren Drehungsaxe in der z-Axe liegt, in cylin-
drischen Coordinatcn
^ == y . ö + f(f).
Die constante Grösse y wollen wir den Ilauptparametcr der
Schraubenflächen nennen. Für y gleich Null gehen die Schraubenflächen
in Rotationsflächen über.
Aus dieser Gleichung folgt
dz _
do ~ ^'
Setzen wir diese Wcrthc in die allgemeine Gleichung VI., so wird zu-
nächst
Y
lau (0 = -
und
242 Ueber Isophoten.
:i
cos V -^ sinv.J/ [/*' (r)]* + ^ • cos (0 -f" ^)
L = _'__,_.,._.__,^^^ . . 1)
/
i + [rwp + ^
Diese allgemeine Gleichung der Isophoten der Schraubenflächen
hat ganz die Form der Gleichung 1) (§ 2). Die Construction der Iso-
photen der Schrauben flächen kann demnach ganz in derselben Weise
wie bei den Rotationsflächen ausgeführt werden. Dieselbe Uülfsfigur (1^)
kann in unveränderter Gestalt auch bei den Schraubenflächen Anwen-
dung finden; ebenso auch die Kugelskala (Fig. 2). Wir brauchen nur
die Werthe 1/ [/' (r)]' -}" i "'^^ In' \ 2" construiren , was mit Leich-
tigkeit geschehen kann, wenn der Werth f'{r) zu ermitteln ist. Die
Construction der Isophoten der Schrauben flächen ist hiernach auf das
Problem der Tangontenziehung an die Meridiancurve der Schrauben-
flache zurückgeführt.
Eleganter gestaltet sich noch die Gleichung 1) , wenn wir den Werth
7
tan w = ,
substituiren , dann ist
/
f
rrw]' + 2 =- T -
folglich
Y
cos V + 5m V • • cos (ö + «)
L- , /-""" . .... 2)
r ' \r sm tat
Auch nach dieser Gleichung kann die Construction der Isophoten
der Schrauben flächen mit Benutzung der Figur 1*» in derselben Weise,
wie bei den Rotationsflächen ausgeführt werden. Wir haben statt f (r) hier
y
- . — und statt cos 0 hier cos (0 4- to),
r sin (o \ I /
Geometrisch bedeutet w den Winkel zwischen Radiusvector und
Normale der Schnittcurve
2 = 0
und r sin a den Abstand dieser Normale vom Pol.
Hiernach ist die Construction der Isophoten der Schraubeufläche auf
das Problem des Tangentenziehens an die Schnittcurve zurückgeführt,
welche die Grundriss- Ebene mit der Schrauben fläche bildet. Um die
Construction der Isophoten der Schraubenflächen im Grundriss auszuführen,
constrüirt man die Schnittcurve des Grundrisses — die überhaupt bei
}
Von Dr. L. BiiRMESTER. 243
einer Darstellung einer Schraubenfläche nicht fehlen darf — und beschreibt
einen Kreis vom Radius r um den Pol. Im Punkte, wo dieser Kreis
die Schnittcurve tri£Pt, ziehen wir die Tangente resp. Normale derselben.
Dann haben wir den Winkel w. Diesen legen wir mit einem Schenkel
an die Axe der Polarcoordinaten , so bildet der andere Schenkel den
Anfang für die Zählung des Winkels ö. Um nun cos (ö -f- w) zu be-
stimmen , verfahren wir ganz wie bei den Rotationsflächen , indem wir
analog
y
r 5fw9
setzen.
Die Construction der Isophoten der Schrauben flächen unterscheidet
sich von der Construction der Isophoten der Rotationsflächen nur dadurch,
dass bei diesen der Winkel 9 beständig von der Projection der Strahlen-
richtung, bei jenen aber von einer mit r veränderlichen Anfangsrichtung
ausgezählt wird , welche mit der Projection der Strahlenrichtung den
durch r bestimmten Winkel ca einschliesst. Haben wir so auf beliebig
vielen um den Pol concentrisch beschriebenen Kreisen die Punkte
gegebener Lichtstärken bestimmt, so geben diese die Projectionen der
Isophoten im Grundriss. Da diese concentrischen Kreise die Grundrlss-
projectionen von Schraubenlinien sind, welche auf der Schranbenfläche
Hegen, so erhalten wir durch Hinaufprojiciren die Projectionen der Iso-
photen im Aufriss.
Um das Isophotensystem der Schraubenfläche vollständig zu erhalten,
müssen wir noch der isolirten Punkte der Maximalisophote gedenken,
welche unsere Construction, wie schon bei den Rotationsflächen gesagt,
nur zufällig liefern kann.
Es wird Z^ = + 1 , wenn in Gleichung 2)
= tan V
r sin 00 \ a)
cos (ö -f- w) = 1
ist. Aus der ersten Gleichung folgt
y
/* sm 0} = — •
fan V
Um nun die Orte der Lichtstärke Z = + 1 zu bestimmen, müssen wir
hiernach die Normale der genannten Schnittcurve zu construiren suchen,
y
deren Abstand vom Pol ist; dann ist o) bekannt und hierdurch sind
tan V
es auch r, ö, die Coordinaten der isolirten Punkte. Die Bestimmung
dieser Normale ist aber im Allgemeinen nicht leicht. Wir müssen daher
diene Punkte theils durch Rechnung, theils durch Constructioti vi ^x\sä\.\.^tw
suchen. *
244 Ueber Isophoten.
Aus den beiden Gleichungen a) folgt auch , wenn wir für ian o» den
Werth — :^/ r setzen
y
r sin 0 = —
tanv
b)
Aus der ersten dieser beiden Gleichungen folgt der Satz:
Die isolirten Punkte der Maximalisophote liegen bei
allen Schraubenflächen auf einer .Geraden, welche im
Abstände der Grund rissprojection der Strah-
tan V IT .r
lenrichtung parallel ist.
Aus der zweiten Gleichung ergiebt sich der Abstand dieser Punkte
vom Coordinatenanfang, wenn wir dieselbe auf r reduciren.*)
Wir wollen hier beispielsweise einige specielle Fälle betrachten :
1) Die Isophoten der schiefen Schraubenfläche (Schraube
mit scharfem Gewinde)
2 = y ö -[- ar.
Diese Gleichung, in der a die Cotangente des Winkels bedeutet,
welchen die erzeugende Gerade mit der Drehungsaxe eiuschliesst , geht
in die Gleichung der geraden Schraubenfläche (Schraube mit flachem
Gewinde) über, wenn « = 0 ist.
Es ist hier
r(r) = «
7
tan CO =
r ,a
Die Gleichung der Isophoten dieser Fläche ist dann nach Gleichung 1) d. §
7/ P
cos V -f- *"' ^ 1/ ^'^ ~|" ~ 2 ^^^ (^ "}" ^
L = z— - , — . . . . of)
•//l + «'+^
Da nun die Werthe
^ und
mit Leichtigkeit construirt werden können, so ist auch die Construction
dieser Isophoten einfach.
Setzen wir in die Gleichung et) für © seinen Wcrth, so wird
*) Giebt diese Gleichung, auf r reducirt, nur einen Werth für r, so hesteht
selbe tvcrstäüdlicb die Afaximalisophote nur aus einem lüoUrteu Punkt.
Von Dr. L. Bürmester. 245
V -\- sin V la cos ö ^- — • sin 0 )
cos
2/= _ ^z^_^^^=r^ ß)
/ . . . . y^
\2
^ 1 + «' +
r'
Denken wir uns diese Gleichung auf reducirt, so gilt der Satz:
Die Leitstrahlen der Grundrissprojeetionen von den
Isophoten der Schraubenfläche
z = y$ "^ av
sind dem Hauptparameter y proportional.
Wenn wir also das Grundrissisophotensystem einer dieser Schrauben-
flächen vom Hauptparameter y^ fertig vor uns haben, so können wir
das System einer anderen, deren Hauptparameter ^j ist, leicht mit Hülfe
dieser Proportionalität construiren.
Für L = 0 erhalten* wir die Gleichung der Grenzisophote
ysinv, sin $
cos V 4" (isinv. cos 0
Die Grenzisophote geht hiernach stets durch den Pol und erstreckt sich
in die Unendlichkeit, wenn asinv^ cos v ist. Für den besonderen Fall
a sin V = cos v wird
r = y tan v . lan ^$,
Aus der zweiten der beiden Gleichungen b) folgt
yian^ V — a^
wodurch auch die Maximalisophote mit Berücksichtigung der ersten der
Gleichungen b) bestimmt ist.
Die Lichtintensität Z = 4: 1 kann also nur auf dieser Schrauben-
fläche auftreten, wenn tanv'^a ist.
2) Die Isophoten der logarithmischen Schraubenfläche
2 = yö -j- ^^(r)'
Diese Gleichung, in welcher a eine Constante bedeutet, geht für a = 0
auch in die Gleichung der geraden Schraubenfläche über.
Es ist dann
• y
tan M, = — •
a
Aus der Gleichung 1) d.%§ folgt hier die Gleichung der Isophoten
dieser Fläche
r y* "l~ ^^ •
cos V -f- sin V . —^ — cos (0 -f- w,)
l =
/i + ö:z
246 lieber Isophotcn.
Da der Winkel cd constant ist und die Werthe
— und -^
a r
sehr leicht construirt werden können, 80 ist auch die Construction der
Isophoten dieser Fläche einfach.
Aus der Gleichung dieser Isophoten folgt der Satz:
Die Grundrissprojectionen der Isophoten der logaritb-
mischen Schraubenfläche
2 == yö -f- ol{r)
und des Rotationslogarithmoids ''^)
z = yy^ + a^.l{r)
sind congruent, und unter dem Winkel <o^ gegen ein-
ander gedreht, wenn diese beiden Flächen von gleich-
gerichteten Strahlenbündeln beleuchtet werden.
r
Denken wir uns die Gleichung dieser Isophoten auf / ^ , ^ redu-
cirt, so ergiebt sich der Satz:
Die Leitstrahlen der Grundrissprojectionen von den
Isophoten der Schraubenflächen
z = y$ -\- al{r)
sind der Grösse j/y'^ -j- «^ proportional.
Selbstverständlich gilt dies auch von der Rotationsfläche
Mit Hülfe dieser Proportionalität können wir sehr leicht die Isophoten-
systeme aller Flächen dieser Gattung construiren, wenn wir das Iso-
photensystem einer dieser Flächen fertig vor uns haben, und uns nar
den Parameter y veränderlich denken.
Die Gleichung der Grenzisophote dieser Flächen ist
r = tan v . ^/y^+ «^ . cos (ö -\- €0^),
Dies ist die Gleichung eines Kreises, der durch den Pol geht
und dessen Durchmesser gleich fa« v j/y^ -f" a^ ist.
Die Gleichung der Typusisophote ist
/f+:^ = 0. I
r • j
Die Curve der ersten Gleichung lässt sich leicht direct construiren. Sie
geht, wenn tan v ^ 1, durch den Pol und erstreckt sich mit zwei sym-
*) Wir bezeichnen die Rotationsfläche, welche durch ITradrehung der logarith-
miscben Linie (z = ai(r) -f- ^) entsteht, mit dem Namen Rotationslogarithmoicl«
Von Dr. L. BüRMESTER. 247
metrischen Zweigen in den unendlich grossen Kreis, welchen die zweite
Gleichung repräsentirt.
Für den besonderen Fall tan v = 1 wird
Dies ist die Cissoide des Diokles.
Aus der zweiten der beiden Gleichungen b) d. § ergiebt sich
tanv
Hierdurch ist die Maximalisophote mit Beachtung der ersten der Glei-
chungen b) bestimmt.
3) Die Isophoten der geraden Schranbenfläche
z = yö.
Di^se Fläche ist, wie schon gesagt, der specielle Fall a = 0 von
der eben betrachteten Fläche. Es wird aber für die Folge von beson-
derem Nutzen sein, wenn wir auf die Isophoten dieser Schrauben fläche
specieller eingehen. Je nachdem y negativ oder positiv ist, erhalten
wir die rechts - oder linksgängige Schraubenfläche. Wir wollen der Be-
stimmtheit wegen y negativ nehmen.- Dann ist die Gleichung der rechts-
gängigen Schraubenfläche
2 = — yö.
In diesem Falle ist
ö, = _ ^0»;
folglich die Gleichung der Isophoten dieser Fläche
y
COS V -f- 51 w V • — • sin $
r
L= —
y-+%
Diese Isophoten lassen sich wegen des einfachen Werthes — mit
grösster Leichtigkeit nach der für Rotationsflächen angegebenen Methode
construiren. Da die Lichtstrahlen r dem Parameter y proportional sind,
so kann man nach einem fertigen Isophotensystem einer dieser Schrauben-
fläche die Isophotensysteme aller Flächen dieser Gattung sehr leicht
mit Benutzung dieser Proportionalität construiren.
Aus der Gleichung dieser Isophoten folgt, da
sin 0 = cos (90® — 0)
ist, dass das ganze Isophotensystem im Grundriss von der
durch den Pol gehenden auf der Projection der Strahlen-
richtung senkrecht stehenden Geraden symmetrisch getheilt
wird.
Die Gleichung der Grenzisophote ist
/,
248 Ueber Isophoten.
r = — y tan v . sin 9.
Die Grnndrissprojection der Grensisophote ist ein durch
den Pol gehender Kreis, dessen Radins gleich y tan v ist.
Die Gleichung der Typusisophote ist
y , y tanv , .
r = -— ^ — csc^ — - ^ — sm 9
2tanv 2
r
Diese Curve, welche aus zwei Theilen besteht, ist schon S. 247 be-
sprochen. Die Maximalisophote wird durch einen isolirten Punkt reprä-
sentirt, dessen Coordinaten
r = — ^—
tan V
sind.
Die Isophoten der Conoidflächen.
§4-
Die allgemeine Gleichung der Conoidflächen, welche durch eine
Gerade erzeugt werden, die senkrecht au einer festen Geraden und
zugleich an einer Curve hingleitet, ist in cylindrischen Coordinaten, wenn
wir die feste Gerade zur t-Axe nehmen
Hiernach ist
dz ^ dz ^ ,^.
und diese Werthe in die Gleichung V. gesetzt, wird
cos V — sinv ' — ^-^ • sin 9
/. + [«]■
Dies ist die allgemeine Gleichung der Isophoten der Conoidflächen.
Denken wir uns diese Gleichung auf — - reducirt, so ergieht sich der
Satz :
Die Leitstrahlen der Grundrissprojectionen von den
Isophoten der Conoidflächen sind der Grösse /*'(ö) pro-
portional.
Wir können daher nach dem fertigen Isophotensystem der einfachsten
Conoidfläche, der geraden Schraubenfläche, die Construction der Iso-
photen aller construirbaren Conoidflächen ausführen , wenn der Werth
/'{(i) ermittelt werden kann.
Von Dr. L. Bürmester. 249
Setzen wir
80 ist
/•'(«) ^
cos V + siti V ' ~ ' sinO
Dies ist die Gleichung des Isophotensystems der geraden Schranben-
fläche oder des um 90^ gedrehten Isophotensystems des Rotation sloga-
rithmoids. Um nun die Isophoten der Conoidflächen zu construiren,
ziehen wir im Grundriss des Isophotensystems der geraden Schranben-
fläche einen Leitstrahl unter einem Winkel 0 durch alle Isophoten. Die
Dnrchschnittspunkte geben uns die Werthe der Qi, welche den Licht-
stärken der durchschnittenen Isophoten entsprechen; dann ist
und somit haben wir auf diesem Leitstrahl die Punkte jener Lichtstärken
auf der Conoidfläche bestimmt. Wiederholen wir dieses auf mehreren
Leitstvahlen , so erhalten wir alle Punkte, welche verbunden das Ißo-
photensystem der Conoidflächen liefern.
Da fllr den Leitstrahl des hellsten Punktes der geraden Schrauben-
flächo 0 = 90^^ ist, so liegen auch die Punkte der Maximaliso phote aller
Conoidflächen auf einer senkrecht zur Grundrissprojection der Strahlen-
richtnng durch den Pol gehenden Geraden.
Denken wir uns den Durchschnitt der Conoidfläche z= f{$) mit der
Fläche des Kreiscylinders , dessen Radius 1 ist und dessen Axe in der
r-Axe liegt, von dem Oylinder abgewickelt und in einer Ebene aus-
gebreitet, so ist z = f($) die Gleichung dieses Schnittes in rechtwin-
keligen Coordinaten.
Kleinere Mittheilungeii.
X. Bemerkungen über einige bestimmte Integrale. Setzt man zur
Abkürzung:
. / cos (z^ u^) Csin {z^ u') _
0 0
80 findet man leicht:
op qp
"" Yi &z "^ ^ =Jsi'ri(z^ 11^) du, 27 äf" ^ '^ =J^os (z^ ti«) du,
oder:
Multiplicirt man die zweite der vorstehenden Gleichungen mit i = y — h
addirt das Product zur ersten, so folgt:
Die vorstehende Gleichung mit tr ' multiplicirt, giebt:
HP ± ?»;) '^1 = _ (1 _ ,) ^ « ,='/.
n
I)a nun nach 1) (p)z=o = ^ , {q)zz=zQ = 0, so folgt durch Integration
nach z\
P + V = J "- "•■ - (1 - O/Ife- (=' - "') '• du.
ü
Aus dieser Gleichung leitet man unmittelbar die beiden folgenden ab:
j 2
p = - COS (t^) + jK 2 / ^'' ^^^ ~ "^^ ^^" ~r 2 f ^^^ ^^^ "" "'^ ^" '
3) "
u u
Kleinere Mittheilungen. 251
^^•^-^ ^ -• - -►^.r'^.^. '_-•_» ^.^^ ^ ^ ^ -
Setzt man in den Integralen rechts zu statt u, so folgt:
1
2(p — ^) = TT {coä(z^) + ÄiVi {f)) — 2zj/27t jcos z^ (1 — u^) du,
ü
nnd hieraus:
X
du.
4) 2J (,p—q)du=nj cos{u^)du + n j sin{u'^du—}/2^J^^
0 0 ü 0
Die Gleichungen 2) respective 2/7, 2q multiplicirt und addirt geben:
Diese Gleichung nach z integrirt giebt:
y «
p^ + y' = (f )' + 2 /f /(p -• y) ^«-
u
Setzt man links Air p und 9 ihre Werthe aus 3) und ftir das Integral
rechts den in 4) aufgestellten Ausdruck, so erhält man nach einigen
sehr einfachen Reductionen:
I jcos (z2 — w^) ^M [ + { fsin {z' - u^) du \ = f-"^~^^^ ^w,
oder auch j/2 statt z gesetzt:
I _/L , (, _ ..) .. \'+ [jl = (. _ . V. f+jH^L^^
Durch Entwicklung der Integrale folgt für 2z'=^x:
^, 2n — r 1. 3. 5 . .7(4 w — 3) *
Die durch p und q bezeichneten Integrale stehen mit den beiden Inte-
gralen :
op 00
jcosiu^ «--221/ 2iu, jsin(y) e~2^" du
S 5
in nahem Zusammenhang, was sich leicht direct auf folgende Art dar-
thun lässt. Setzt man in den beiden Integralen:
j/^ =fcos{fv'^) drv, j/ J = JsinW) dw
IT = M + ^» so folgt:
Zeitiehri/i f, Maihemätik u. Phyiik XIH, 8, \^
252 Kleinere Miitheilnngeti.
1/ - = I cos (u^ '\- v"^ -{- 2uv) dv = 2 I cos (m' -f- t;^) cos2uv dv^
l/-|^ = /äiw (w^ + t;'^ + 2uv) dv = 2 1 sin (ti^ + v^) cos 2up dv,
—ho 0
Die erste der vorstehenden Gleichungen multiplicire man mit cos (ti^),
die zweite mit sin{u^) und bilde die Summe der Prodncte; ferner mnl-
tiplicire man die erste Gleichung mit sin{u^)y die zweite mit cosiw^) und
bilde die Differenz der Prodncte, hierdurch ergeben sich die Gleichungen:
/— 9P
{cos (u^) + sin {u^)}y^ = 2 jcos (v^) cos 2uv dv,
0
{fo*(ti^) — sin {u^)}J/ ^ = 2 I sin {v^) cos2uv dv.
Diese Gleichungen geben:
2 / lcos(v^)cos2uve''^^''dudv=j/^ j\cos{u^) + sin{u^)) e-^" du,
0 Ö 0
OOOO .-_ cx>
2 I lsin{v^)cos2uve-'^^''dudv=j/'^ j {cos(u^) — sin{u^)} e-^-"" du.
0 0 u
Integrirt man in den Doppelintegralen links zuerst nach t/, so folgt:
Ü 0 0
ü U Ü
Setzt mau hierin hz statt z, so ergeben sich die Gleichungen:
.2>
<» OO
f)
L ai, = z j/^ ({cos (k*) + sin («")} e- 26 z« ^„^
/6 cos («'
0
rUÜL^) ai. = z j/| /"{eo. (i.^) - sin (O} ^-2* ^" du.
0
Aus diesen Gleichungen lassen sich andere ableiten, in welchen cos{u^)
und sin (w^) unter dem Integralzeichen mit ähnlichen Functionen von u
multiplicirt erschoinen.
Kleinere Mittheilnngen. ^53
Nimmt man in den Gleichungen 5) 6 = — n , mnltiplicirt mit
( — 1)"""^» legt n alle ganzzahligen Werthe von 1 bis oc bei, so giebt
die Sammation der Integrale, mit Rücksicht auf:
2w — 1
y. (- ir-
die beiden Relationen:
0
0
1
Für « = ~.= geben die vorstehenden Gleichungen :
yn
(6
00 00
{1/2-1) -- -V-^ a„= /_ ^. ^ an.
0 ' 0 '
Setzt man:
J e'u^g-xu ^ "- > J gtU ^ g-lU
0 u
so geben die Gleicbnngen 6) durch Division die Fnnctionalgleichung :
Schliesslich sei noch bemerkt, dass die Gleichungen 6) sich auch direct
herleiten lassen, wenn man die bekannte Gleichung:
cos — <^
^^- -.- dv = 2z I —
1 / 2 « ^ / COS 2 UV
e"- + e~ ^ "* «
mit cof (ti^ ^M, wVi (m^) du mnltiplicirt und nach u zwischen den Grenzen
— oo und +00 integrirt.
Oöttingen. Dr. Ennepek.
\^^
254
Kleinere Mittheilang6A.
XL Ableitung der Partialbraeh- nnd Produkt -Entwickelnngen far die
trigonometrischen Funktionen. Von Prof. Dr. Schröter zu Breslau.
Die Partialbruch-Entwickelnngen der trigonometrischen Funktionen
coig X nnd cosec x werden gewöhnlich aus den Produktentwickelungen
und diese aus dem allgemeinen Multiplikationstheorem der Trigono-
metrie, d. h. aus dem algebraischen Ausdruck von sin nx durch sin x
hergeleitet; dabei bedarf man des Fundamentalsatzes der Algebra, der
eigentlich mit der Trigonometrie weiter nichts zu thnn hat, nämlich des
Nachweises, dass jede rationale ganze Funktion sich in lineare Faktoren
zerlegen lasse u. s. w. Dieser beträchtliche Apparat von Formeln und
Hülfsbetrachtungen kann ersetzt werden durch die einzige trigono-
metrische Formel fiir die Verdoppelung des Winkels, aus. welcher, wie
es scheint, in der elementarsten Weise, sowohl die Entwickelnngen der
trigonometrischen Funktionen in Partialbrüche, als auch in Faktoren-
folgen hervorgehen ; ein schliesslicher üebergang zur Grenze ist natürlich
hier wie dort unentbehrlich, aber bei beiden Arten der Herleitung
durch ganz dieselben Betrachtungen ausführbar. Da sich der ange-
deutete elementarere Weg für Zwecke des Unterrichts besonders em-
pfiehlt, so sei es gestattet, ihn hier mitzutheilen.
Wir gehen von der bekannten trigonometrischen Formel aus:
(10 cigx = — Utg 2 + ctg — ^ — \
und zerlegen jede der beiden dg auf der rechten Seite mit Hülfe der-
selben Funktionalgieichung (I.) in die Summe zweier neuen, also:
1 [ X
o: = - }^cig -
clg X = —r-
+ ctg
X -\- n
+ cig
X -f- 2n
4- cfg
a: + 3
1
Wegen der Eigenschaft der Periodicität:
ctg (x — tt) = ctg x
lässt sich die letzte Gleichung auch so schreiben:
ctg X =
\ ^ X 4- n
1
^ .
Clg 7
4
cl9^+ i
X TT
ctg ^
+ ctg
(f + 1)
Die in gleicher Weise weiter ausgeführte Zerlegung jedes ctg in die
Summe zweier neuen giebt:
Kleinere Mittheilungen.
255
ctgx =
"8
^^ ^ ctg — 8— + ^'? — 8— + c/j; — r_
8 1 , j? — 7t , o; — 2« , X — Zn
+ ^'^ — 3 h c'ö^ ^— g h c^ö^ Q
+ ctg (I + J)
Setzt man dieselbe Operation nMal fort, so ergiebt sieb, wie leicht
zu übersehen ist, die allgemeine Formel:
(\i:)ctgx=^^
aus welcher, wenn wir n bis in 's Unendliche wachsen lassen, die Par-
tialbmch-Entwickelung für ctg x hervorgeht. Das letzte Glied der auf
der rechten Seite von (II.) stehenden Reihe nähert sich nämlich für
it = oo dem Grenzwerthe 0 und dasselbe gilt auch für die letzten
Glieder in den beiden Summen
n— I
2 1
} '" HA")
1
2«
während mit wachsendem n zugleich die Anzahl der Glieder dieser
Reihen foit und fort wächst; für jeden endlichen Zahlenwerth k wird aber
und
i fx ± kit\ 1
w = CX)
JZo ^ '"i^) ^ i •
Denken wir uns nun eine vorerst endliche Zahl k so gross, dass
2k '^ X ist, dann dürfen wir schreiben:
k
^^0 ^ = -;c^ +
\x + hit X — hnj
wo
2 1
R/i = lim
1 { {x + hn\ , (x — hn\\
bedeutet und es bleibt zu untersuchen, was aus Rk wird, wenn mit n
H-l
auch k in's Unendliche wächst, so aber, dass k nur bis 2 — 1 geht,
k
d. h. ^ j- immer noch unter 1 liegt.
2 — 1 •
256 Kleinere Hittheilungen.
Das allgemeine Glied der Summe für Ra lässt sich mit Hülfe der
trigonometriscben Formel :
/•.VI / IX ÄW 2 a
clg (a + 6). -f- dg (a — 6) = -^-^ :-»-
so umformen:
2 .T I • 51/1 ^^ , I
\.r 2*-V
\x 2V Väw 2" /
und hiernach wird:
•—1
2 - 1
— Rk= 2xlim Sl ^
\ÄÄ 2"/
2" (hn\
Hier hat der Faktor -- - • sin I - 1 einen Werth, der zwischen 1 und
hn xz" /
2 «—1
— liegt, da h nur Werthe bis 2—1 annehmen kann; ist daher k so
n
gross gewählt, dass 2A: >> o;, so werden alle Glieder der Summe
»-1
2 — 1
positiv sein und unter den entsprechenden Gliedern der Reihe
2-^111
V
j^ 4 Ä^ — a:^
A4-1
liegen; von dieser ist aber das Anfangsglied das grösste und die An-
ft-i
zahl = 2 — l—Ar, folglich liegt der Werth dieser Summe unter
>\.:.:A^i
2 1--k
' ' h (-.-7) -(.-'-. y
Lassen wir nun n und k gleichzeitig bis in's Unendliche wachsen,
k
so aber, dass - j— unter 1 liegt, dann wird der in Parenthese
2—1
stehende Faktor des letzten Ausdrucks endlich bleiben und der andere
Faktor , - bis zur 0 abnehmen; der Werth von Rfc wird also auch
2-1 •
mit wachsendem k sich der Null nähern und wir erhalten die Ent-
wickelung : •
Kleinere Mittheilungen. 257
• ^ -rf- ^ 4
cig ^ = i- + 2 C-Ta« + :^~1^) '^''
1
4-CX)
(irr.) ctg X = yi
h7c4-x '
- c» '
Ans dieser folgt nun vermittelst der bekannten trigonometrischen
Formel :
1 1 ( X X 4- n \
die Entwickelung für
(IV.) cosecx = y -'^ ,^
j^ hit-\-x
und endlich die Partialbruchentwickelungen für
4-00 2
+00 / IS*
(VI.) sec X = 'S]
(- 1)'
_<30 (A + i) « + .1: •
Um zu den Produkt -Entwickelungen für die trigonometrischen
Funktionen zu gelangen, kann man sich in ähnlicher Weise der be-
kannten Formel:
(Vir.) sm X = ^ , sin - , sin — ^ —
bedienen, indem man jeden der beiden Faktoren auf der rechten Seite
dieser Gleichung vermittelst derselben Relation in zwei neue Faktoren
auflöst und so beliebig weit fortfährt; um indessen den unbequemen
Faktor 2, welcher sich dabei wiederholt, zu uliminiren, fassen wir lieber
den Quotienten zweier 5f>< Funktionen auf:
, X . .T + TT
sin X 2 2
sin tj , y . y + n
s,n- sin——
und setzen diese Gleichung in der angegebenen Weise fort; dann ist
leicht zu übersehen, dass wir folgende allgemeine Formel erhalten:
sin X
X
n— 1
, xA-hn . X — hn
Sin — —
2 - 1
sm — i • sm —
2«
y
■l'll
1
2* 2"
. y + hn . y^hn
sin ^
sin- • sm -~-
2«
2'* 2"
(VIII.) i""-!^ =
sin y
wo das Produktzeichen 77 die bekannte Bedeutung bal.
sin I :^ + - )
\2« ' 2 /
2Ö8 Kleinere Mittheilungen.
Aus dieser Formel folgt, wenn wir n bis in^s Unendliche wachsen
siti cc
lassen, die Produkt-Entwickelung für — — ; der letzte Faktor nähert
' ^ sin y
sich nämlich für it = cx> dem Grenzwerthe 1 und dasselbe gilt für die
letzten Faktoren, welche unter dem Produktzeichen stehen, während
mit wachsendem n zugleich die Anzahl der Faktoren dieses Produktes
fort und fort wächst; der erste Faktor hat aber zum Grenzwerthe
sin —
lim 1*. = fL
"=00 . y y
und für jeden endlichen Zahlenwcrth k wird
-\-kn\
«=(» . (y + kn\ y -\- kn
in\
m \ - ■=' — 1
Nehmen wir daher vorerst eine endliche gehörig gross gewählte Zahl /r,
so zerfällt das obige Produkt in (VIII.) in zwei Theile, die wir so
scbreiben können:
. sin X X -j—f j^ -\- Äxc X — ÄTcl
«>' u ~^ \J- \y + f^^ ' y — Ä^J
X '\' hn . X — hn
„"-' I sin — i . sm — —
lim t-l ) Z
».=00 rl \ . y -\- hn , y — hn
*4.i \sin -gn-- •*'" — 2^ —
bedeutet, und es bleibt zu untersuchen, was aus Pk wird, wenn mit n
«—1
auch k bis in's Unendliche wachst, so jedoch, dass k immer unter 2 — 1
n-l
2 — 1
bleibt, also — ein ächter Bruch ist.
k
Das allgemeine Glied des Produktes Pk lasst folgende Umformung zu:
snr —-
' — 4"
sm" ■ —
2"
stn* —
2"
stn^ -j;—
2»
und dieselbe Betrachtungsweise, welche Schlömilch (Handbuch der
algebraischen Analjsis, 1862, Seite 196 ff.) über die einzelnen im Zähler
Kleinere Mittheilungen. 259
ond Nenner auftretenden Produkte angestellt hat und welche hier zu
wiederholen unnöthig erscheint, führt für ein gehörig gewähltes k zu
dem Werthe von
Pk =
1 _ ^^^
4^
wo f* lind V nicht näher hestimmte positive ächte Brüche bezeichnen;
gehen wir nun zur Grenze über, indem wir auch k bis in^s Unendliche
wachsen lassen, so nähert sich P^ dem Grenzwerth 1 und wir erhalten
die Produkt-Kntwickelung für:
,-v . sin X X -rnr x -\- hn x — hn
(IX.) ~ = i,,t _ i - . _
Sfn y y 1 1 y -{- hn y — hn
woraus denn für y = 0 folgt:
(X.) sin X = X' iq\^l — j^^J
1
n
und wenn wir in IX. y = 0 und statt x setzen x -\-
cosx= J5"(i - (2/illT)'«0-
Xn. Zwei Sätze aus der Theorie der binären quadratischen Formen.
In seiner Inauguraldissertation ,,de aequationibus secundi gradus in-
dcierminalis** leitet Göpel aus der Kettenbruch -Entwickelung der Qua-
dratwurzeln aus ganzen Zahlen interessante Sätze über gewisse Dar-
Ktellungen der Form x'^ — Dy^ ab, wenn D eine Primzahl von den Formen
8/1 -f- 3» 8/1 + 7 oder das Doppelte einer solchen ist.
Jacobi theilt den Inhalt dieser Arbeit im 35. Bande des Crelle*-
schen Journals in einer Notiz über Göpel mit, auf welche ich hier ver-
weisen muss, da das obengenannte Schriftchen schwerlich im Buch-
handel aufgefunden werden dürfte.
£s soll hier gezeigt werden, wie sich diese Sätze einfach und ohne
Hülfe der Kettenbrüche nachweisen lassen und dabei gewisse Beschrän-
kungen verlieren, welche ihnen bei jener Methode anhaften. Wir be-
weisen zu dem Ende die folgenden Sätze I. u. IL, in denen, wie sich
jeder überzeugen kann, die entsprechenden Sätze Göpels enthalten sind.
I. Ist D = p oder D = 2p und p eine Primzahl 8/i -f- 3 und be-
zeichnet man mit q>^ t|; eine von denjenigen Darstellungen der Zahl D
in der Form Z> = ^^ -j- 2t/;^, in welchen i/; ^ 1 mod, 4 wenn D = p,
und ^ ^ 1 oder _ 3 mod, 8 wenn D = 2/?, so ist die Form: (-^2t/;, «p, t(;)
äquivalent der Form (1, 0, — i>).
260 Kleinere Mittlieilungen.
Ist also
eine Substitution, durch welclie letztere Form in
Wir behaupten nun, dass die Substitution
welche aus
Beweis. Wir stützen uns auf einen Satz des Legen dre, welcher
unter anderm in seiner .^Theorie des nombres, tome 1 §. VII** gefunden
werden kann, nach welchem die Zahl — 2 stets darstellbar ist in
der Form: (1) — 2 = «' — i>/^, wenn D die in unserem Theorem
verlangten Bedeutungen hat.
Die Form (Z>/, 5, /), welche aus jenen Zahlen 5, / gewonnen wird,
hat nach (1) den Detenninantcn — 2 und ist daher, nach einem be-
kannten Satze der Theorie der quadratischen Formen, der Form (1,0, —2)
äquivalent.
a, y
die erst 15 übergeht, so hat man:
Dl = a'^ + 2ß\ s = ay-\-2ßd, l = y"- -\- 2d\ (2)
y, 6
jener durch Vertauschung der Stellen von ß und y entsteht, die Form
(1,0, — J)) in eine von den beiden Formen: (—2t/;, ^, t/;), ( — 2-^, — g), ^)
überführt.
Denn bezeichnet man die transformirte Form mit («, 6, c) so ist:
^/ = a^ — i>y^ h = €tß — Dyö, c = ß'^ — D6'^ (3)
und man findet, wegen (2), da«s:
a = — 2r; (4)
im Falle D = p ist b ungerade, c ungerade und:
c = jS2 _ 2>tf2 = ^2 ^ ^2 = 1 ^^^l 4
im Falle D=2p ist b gerade, c ungerade und:
c~ß'^ + 26'^ = 1 oder = 3 mod. 8.
Da nun D = b'^ — öc , so folgt aus (4) :
B = b'^ + 2c^.
Hieraus sieht man, dass 6, c eine von den im Theoreme gemeinten Dar-
stellungen 9, tf; ist, und dass, da ausser der Darstellung ^, tf; nur noch
die Darstellung — 9>» t/; existirt: 6 = + V» c = t/;.
Es ist also die Form (1, 0, — D) stets einer von den Formen:
(— 2i/;, 9?, t/;), ( — 2t/;, — ^, t/;) äquivalent,
woraus, wegen der Aequivalcnz beider, die Richtigkeit des Satzes folgt.
II. Ist D = p oder = 2p und p eine Primzahl 8w + 7, und be-
zeichnet man mit g), t(; irgend eine von den unendlich vielen Dar-
stellungen der Zahl D in der Form:
D = ip^ — 2i/;^, in welchen: t/; ^ 1 mod, 4 wenn B = pj
rp ^ 1 oder ^ 3 mod, 8 wenn Z> = 2/?, so ist die Form (2 t/;, <p, ^)
stets äquivalent der Form (1,0,— i>).
Beweis. Hier ist nach derselben Quelle, welche wir im Beweise
von I. angeführt, die Zahl -f- 2 stets darstellbar in der Form:
+ 2 = s^ — Li\
Kleinere Mittheilungen. 261
Die Form (i>/, s^ t) bat den Detorminanten 2 und ist, der Theorie
der quadratischen Formen gemäss, äquivalent der Form (1,0, — 2).
Bezeichnen wir nun eine Substitution, durch welche letztere Form
in erstere übergeht, mit
Beweise von I., dass die Form (1,0, — />) durch die Substitution
so findet man, ähnlich wie in dem
a ß
y d
in eine Form {a, 6, c) übergeht, in welcher: a = 2c, und wo ausserdem
c den Congruenzbedingungen von tf; genügt.
Da nun: D = hb — 2cc, so folgt hieraus zunächst, dass es eine
Darstellung 6 = g)^,, c = t/;,, der Zahl D in der Form: /> = qxp — 2t\j^
giebt, so dass die Formen (1,0, — D) und {2%^ g)o» '^^ äquivalent sind.
Die übrigen Darstellungen g?, t/; gehen aber, wie man aus der
Theorie der quadratischen Formen des Determinanten 2 sieht, aus einer
g>Q ^0 vermittelst der Fqrmeln : q> = ^ cp^u -{- 2v%^ '«f' = V'o'^ i ^o ''(^)
hervor, in welchen u, v eine Lösung der Gleichung:
m2 _ 2t;^ = 1
bedeutet, bei welcher u positiv ist.
Die Zahlen u, v sind ihrerseits in den Formen enthalten:
II = w^ -|- 2iy^, V = 2(afj,
wo unter o, i} eine Lösung einer der beiden Gleichungen:
ü« — 2ri^ =1, w^ — 2iy2 = — 1
zu denken ist.
Man überzeugt sich nun leicht, dass die Form (l, 0, — />) durch
die Substitution
in (2t/^, g), tf;) über-
-f- ato -j- 2ßfjy i **^ "f" ß^
+ yca -f- 2(^1/ , -4- yiy -f- dco
geht, wenn das Zeichen + in derselben mit dem Zeichen + in den
Formeln (1) übereinstimmend genommen wird.
Berlin, im April 1868. Georg Cantor.
Xm üeber die Bedingungen, dass vier Punkte auf einem Kreise und
fünf Pankte auf einer Kugelfläche liegen. Liegen die vier Punkte
(^» ^o)> (^''i* ^t)* (^2» ^-i)* (^3» ^:i) ^^^ ^^^ Umfang eines Kreises mit dem
Kadius r und dem Mittelpunkte (x» ^), so finden die Gleichungen statt:
{x - a^Y + (y - 6.,)^ = r\ {x - a,Y + (y - b,y = r\
(x - a,y + (y - b,y = rK (x - «3)* + (y - 6,)^ = r\
oder: «„' + K^ — 2a^^x — ^b^y -{- x'^ -\- y^ — r^ = 0,
«i^ + V — 2«,.r — 26iy + ^' + y^ — '•'^O,
V + ^2^ — 2^20: — 2b^ij 4- .r2 -f- y' — r^ == 0,
^,^ + V - 2«3.r - 2b,y + a:^ + y^ — r*^ = Q.
262
Kleinere Mittheilungcn.
' * ^ -■ ^ ^
Durch Elimination von — 2x, — 2y, a;' + y^ — r^ zwisclieii den
vorstehenden Gleichungen folgt:
= 0.
V + V.
«0 • *t» • 1
«,* + b,^
• Oj . 4, , 1
«j» + 4,^ .
«2, *j. 1
a.
+ ^
flo , b.
Vertauscht man in der Determinante die erste mit der vierten Ver-
ticalrcihe, multiplicirt die zweite und dritte Verticalreihe mit — 2, so-
ist auch:
i 1. -2ao, -2%, V+ V
;i.-2a,. -26,.«;-+ V
^)
1, 2«2. 262. V+ V
1. — 2«3. -263, V+ V
Setzt man: («r — ö*)^ + i^r — b,y — p\,i
das Produkt der Gleichungen 1) und 2) :
ö > /'O • l • Po * 2» Po > 7f
3)
Po * \> ^ » Pl » 2 » -Pl » 3
Po * 2* Pl » 2» ^* P2 » 3
Po » 3» Pl » 3» P2 ♦ 3» ^
= 0.
i • r t
80 ergieb'
= 0.
Diese Determinante entwickelt giebt:
• (Po» 1P2» 3)*+(Po»2 Pi»3)*+(Po:p P|.2)*-2(;>^., P2» :j)'^ (Po» 3P1 » 2)^
— 2(pj,, i P2» 3)*^ (Po» 2 Pi' 3)^ ^ 2(^,,. 3 P|. 2)^ (P(p 2 Pp 3)^ ==ö'
oder:
(Pü » ! P2' 3 ~r Po» 2 Pl» 3 "1 Po» 3 Pl» 2 ) ( Po» I P.»» 3 l" Po» 2 P|» 3 I Po» 3 Pp 2),
(Po* I P2* 3 Po» 2 Pl» 3 "1 Po» 3 Pl » 2) (Po* I P2* 3 ~r Po» 2 Pl » 3 P»* 3 Pl » 2/ ^=^'
' Diese Gleichung enthalt ein bekanntes geometrisches Resultat, da
Prt s die Länge der Verbindungslinie der Punkte («r, 6,) und («,, 6,) ist.
Sollen die fünf Punkte («„, 6„, c„) .... (w^, 64, Cj) auf einer Kugel-
fläclie liegen, setzt man: («r — »sY + (^r — ^1)^ + (^r — ^*)'^ = pV»*i
so erhält man auf ganz analoge Weise wie vorhin :
4)
0,
Po > 1»
Po > 2»
Po » 3>
Po^ 4
Po » n
0,
Pl » 2»
Pl » 3»
Pl'» 4
Po » 2»
Pl^ 21
0,
P»*» 3»
Pi''» 4
• Po » 3'
Pl » 3»
P2 ' 3»
0,
P3^ 4
Po » 1 J
Pl^4'
P2 > 4»
P3 1 4»
0
= 0.
Die Entwicklung dieser Determinante führt zu keinem einfachen
Kesultate. Man bemerkt leicht, dass die Gleichungen 1) und 2) Folge
der Gleichung 3) sind, so dass also die Gleichungen 3) und 4) Hir die
angenommenen Werthe von pr^ s eine einfache geometrische Deutung
zulassen. Das angewandte Verfahren lässt sich ohne Schwierigkeit
auf ein entsprechendes System von m -j- 1 Gleichungen mit n Unbe-
kannten ausdehnen.
Göttingen, Dr. Ennbper.
Kleinere Mittheilungen. 263
^ ■* '>.^^ -v^
. ZI7. üeber eine gewisse Classe von Cnrven dritten Qrades. 1. Es
seien A^ By C die Eckpunkte eines Dreiecks, /, m, n drei dnrch
dieselben gehende, sich in einem Pnnkte schneidende gerade Linien;
ferner seien Z, M, N diejenigen geraden Linien, welche mit den Linien
dy m^ n die Winkel des Dreiecks harmonisch theilen. Alsdann gehen
die sechs Linien Z, M^ iV, /, m, n viermal zn je dreien durch einen Punkt.
Diejenigen Curven dritten Grades nun, welche durch die vier so
erhaltenen Punkte P^ P, , P^-, P-^^ und dnrch die Eckpunkte des Dreiecks
gehen, besitzen eine Keihe merkwürdiger Eigenschaften, so dass eine
nähere Betrachtung derselben nicht ganz ohne Interesse sein dürfte.
Bei der Betrachtung der 'Curven wählen wir die drei Punkte J, B, C
zu Fundamentalpunkten eines Systems von Dreiliniencoordinaten, und
setzen voraus, dass die Coordinaten der vier Punkte P durch die
Gleichungen
« _ ^ _ y
a b c
- = ^- = — l
ab c
- = _ ^ = ?
a b c
a b c
gegeben seien. Alsdann ergiebt eine leichte Rechnung als die all-
gemeinste Gleichung einer Curve dritten Grades, welche
dnrch die Fnndamentalpunkte und durch die vier Punkte
r geht:
1) Aa (c2/32 — b'^f) + Bß (a'V^ — ^^a^) + Cy {b^a^ — a^ß^) = 0.
Die Gleichungen der drei Tangenten, welche an diese
Curve in den drei Fundamentalpunkten gelegt werden
können, sind sodann:
Bß _ Cy
2)
a^ b^
Diese drei Tangenten gehen durch einen und denselben
Punkt, dessen Coordinaten durch die Gleichung
^^ dl — ^^ — ^y
^ «2 b' ~ c^~
gegeben werden, und der ausserdem ein Punkt der Curve
ist, weil durch Erfüllung der Bedingungen in 3) auch der Gleichung 1)
genügt wird.
6»
c^'
Cy
Aa
Aa
Bß
264
Kleinere Mittbeilangen.
4)
Ferner ergeben sich als Gleichnngen der Tangenten, welche
man in den vier Pnnkten P an die Onrve legen kann:
I a{Cb — Bc) -}- ß(Ae — Ca) ^y{Ba^Jb) =0
j a{Cb+ Bc) — ß\Ac+Ca) + r\Ba — Ah) = 0
— aicb + Bc) + ß{Ac—Ca) + yiSa + Ab) = 0
a(Cb — Bc) + ßlAc+Ca) — y^Ba + Ab) ^0.
Auch diese vier Tangenten gehen durch einen und den-
selben Punkt, welcher überdiess in der Cnrve liegt, und
dessen Coordinaten bestimmt werden durch:
Die in diesem Punkte an die Carve gelegte Tangente hat die
Gleichung:
G) Aa((Pb'^—B'^c^ + Bß^J^c^'-C^a^ + Cy(^'ii«— ^*») = 0.
Dieser Gleichung wird aber durch die Coordinaten des Punktes 3)
Genüge geleistet. Daher schneiden sich im Punkte 3) die Tan-
genten, welche an die Curve in den drei Fundamental-
punkten und im Punkte 5) gelegt worden sind; im Punkt
5) dagegen treffen sich die vier in den Punkten P an di
Curve gelegten Tangenten.
Die drei Seiten des Fundamentaldreiecks treffen die Curve ausse
in den Ecken A^ B, C noch in drei Punkten /), E, F. Die Coordinate
derselben werden bestimmt durch je zwei der folgenden Gleichungen:
') i ^ - 0, ;■. -
B
C
y
c
n
A
et
A
ß
B
y =0, , =
Die Vergleichung von 7) mit 5) zeigt, dass der Punkt, in wel-
chem eine Seite des Fundamentaldreieckes der Curve fer-
nerhin begegnet, in gerader Linie liegt mit dem gegenüber-
liegenden Scheitel und dem Punkt 5).
Die Tangenten, die man in den drei eben erwähnten Punkten an
die Curve legen kann, haben die Gleichungen:
(Aa{B'^c''--C^b'^)-{- a'^BC{By — Cß) =0.
8) J Bß {C^ a^ — A'*' c^) 4- b'CA {Ca— Ay) = 0
[ Cy {AH^^ B'^J) '\-c''AB {Aß — Ba) = 0.
Eine einfache Rechnung ergiebt, dass auch diese Tangenten
sich in einem Punkte schneiden, dessen Coordinaten durch
die GJeichong bestimmt werden:
Kleinere Mitthcilnngen. 265
Aa Bß
_ Cy
Anch dieser Punkt liegt in der Curve and durch ihn
geht zugleich die im Punkte 3) an die Curve gelegte Tan-
gente, deren allgemeine Gleichung ist:
10) A^b'^c^{C!^--B^a + B^ c^ a'^ {A^ -- C^) ß + (^ a^ b'^ {B"^ -^ A'^) y = 0 ,
denn diese Gleichung wird zur Identität, sobald man setzt:
Aa = ka^ [^(^^c^ + C^ft«) _ B'^C^a^\ u, s. w.
Auch die vier Kegelschnitte, welche man durch die Fun-
damentalpnnkte so legen kann, dass sie die Curve in einem
der Punkte P berühren, schneiden sich in einem Punkte
und zwar im Punkte «^); dagegen geht der Kegelschnitt,
welcher durch die Fundamentalpunkte geht und die Curve
im Punkte 3) berührt, durch de.n Punkt 5).
Ebenso treffen sich drei Kegelschnitte, welche durch
dio Fandamentalpunkte gehen and die Curvo in einem der-
selben oscnliren, in einem Punkt, dessen Coordinaten der
Gleichnng genttgen:
Durch eben denselben Punkt geht auch der Kegelschnitt,
welcher durch die drei Fundamentalpunkte geht und die
Curve im Punkte ö) tangirt.
2. Eine der wichtigsten Eigenschaften der betrachteten Curven ist
die, dass ihre Gleichung nicht nur auf eine Weise auf die Form 1) ge-
bracht werden kann. Bezieht man nämlich dio Gleichung auf ein Fun-
damentaldreieck, dessen Ecken in D, E^ F liegen, d. i. in den Punkten,
wo die Seiten des früheren Fundamentaldreiecks der Curve nochmals
begegnen, so bleibt die Form der Gleichung ganz dieselbe, wie vorher,
nur die Coefficienten ändern sich. Die früheren Punkte P werden hier
ersetzt durch die Punkte A, B^ C und durch den Punkt 6), denn dio
einfachste Betrachtung ergiebt, dass die sechs Linien, welche diese vier
Punkte unter einander verbinden, zu je zweien durch die Punkte 2), E, F
gehen und dass dio zwei durch eine und dieselbe Ecke gehenden Linien
den zugehörigen Winkel des Dreiecks 2>, E^ F harmonisch theilen. Bei
dieser Transformation geht der frühere Paukt 3) über in den Punkt 9),
der Punkt 5) dagegen in den Punkt 3).
Diese Transformation kann aber beliebig oft 'VX^AexV^W. ^^\^^^^^
266 Kleinere Mittheilungen.
indem man z. B. die Punkte, in welchen die Seiten des Dreiecks D, Ey F
der Curve fernerhin begegnen, als Eckpunkte eines neuen Fnndamenfal-
dreiecks wählet. Es folgt somit, dass, sobald die Gleichung
einer Curve dritten Grades einmal auf die Form 1) ge-
bracht werden kann, diess auf unzählig viele Weisen ge-
schehen kann.
3. Von den hier betrachteten Curven sind als specielle Fälle die-
jenigen Curven dritten Grades zu bemerken, welche durch die drei Eck-
punkte eines Dreiecks und durch die Mittelpunkte der vier die Seiten
dieses Dreiecks berührenden Kreise gehen. Die Gleichungen dieser
Curven sind einfacher:
Aa iP — Y^) + Bßiy^—a'^ + (7y(a^ — jS«) = 0.
Wenn in der Gleichung 1) einer der Coefficienten Aj B oder C ver-
schwindet, so berührt die Curve zwei Seiten des Fundamentaldreiecks.
Ist z.B. C=0, so berührt die Curve die Seite ^C im Punkte A und
BC im Punkte B,
Wenn dagegen der Quotient aus zwei der Coeflßcienten A^ B, C in
1) gleich ist dem positiven oder negativen Quotienten der entsprechen-
den Coefficienten a, 6, c, wenn also z. B.
A , a
B ^ ^'h'
so zerföllt die Curve in eine gerade Linie und einen Kegelschnitt.
Die gerade Linie ist dabei einer der beiden durch, den Punkt C ge-
henden, oben erwähnten harmonischen Strahlen.
Unter dieser Voraussetzung ergeben sich aus den oben aufgestellten
Sätzen sehr leicht als specielle Fälle die folgenden:
Es seien A und B zwei Punkte eines Kegelschnittes , C ein beliebiger
ausserhalb desselben gelegner Punkt. Die Verbindungslinie des Punktes
C mit dem Punkte, in welchem die Polare von C die Sehne AB schneidet,
begegne dem Kegelschnitt in P und P^. Alsdann schneiden sich
in einer Linie, welcher der vierte harmonische Strahl zn
AC^ PC und BC ist:
1) die in A und B an den Kegelschnitt gelegten Tan-
genten;
2) die Tangenten des Kegelschnittes in P und Py\
3) die Tangenten in den Punkten, in welchen die Seiten
AC und BC vom Kegelschnitt nochmals getroffen werden;
4) die Kegelschnitte, welche durch die drei Punkte A^
B^ C gehen und den gegebeneu Kegelschnitt in einem der
PunkteP, o der P, berühren;
5) die Kegelschnitte^ welche durch A^ B und C gehen und
den gegebenen Kegelschnitt in einem der Punkte A oder B
psculiren,
Jleichenbacb i/V. 'S , ^, ^^silkrdt^
IX.
Die projectiviflchen Eigenschaften der gewöhnlichen und
ausgezeichneten Elemente ebener Curven.
Von
Paul Scholz
aut Kroloschin in Poien.
Erster Abschnitt.
Gerade Punktreiheii nnd ebene Strahlbttschel in perspeotivisoher Lage.
§• 1. Yoraussetzungen.
\ a) Die Begriffe Puukt, gerade Linie, Ebene nehmen wir als
durch die Anschauung bekannt an; insbesondere setzen wir voraus, dass
wir uns jede Gerade als Träger einer stetigen Punktreihe nnd als Axe
eines Ebenenbüschels, jeden Punkt als Mittelpunkt eines ebenen
StrahlbÜscliels und jede Ebene als Trftger unendlich vieler Punktreihen
nnd ebener Strahlbüschel vorstellen können, dass diese Gebilde (Punkt-
reihe, ebener Strahlhüschel, Ebenenbüschel) derart eine stetige, in sich
zurückkehrende, d. i. sich schliessende*) Aufeinanderfolge ihrer Elemente
(Punkt, Gerade, Ebene) darstellen, dass jedes Element nur an zwei Nach-
barelemente grenzt, so dass, wenn wir eines derselben als das vorher-
gehende bezeichnen, nur eines das folgende sein kann, und nur zwei Mög-
lichkeiten gegeben sind, um von jedem Element zum darauf folgenden fort-
schreitend die ganze Aufeinanderfolge derselben zu durchlaufen; jede die-
ser Möglichkeiten stellt einen Beweguugssinn dar.
6) Ein diese Gebilde (Punktreihe, Strahlbüschel, Ebenenbüschel) in
einem bestimmten Bewegungssinne continuirlich durchlaufendes Element
derselben (resp. Punkt, Strahl, Ebene) gelangt daher nicht eher wieder in
die Anfangslage, von welcher es ausging, bis es die Lage aller anderen
Elemente seines Gebildes eingenommen; wir sagen dann: das Element hat
das Gebilde einmal durchlaufen, einen Umlauf gemacht.
*) V. Standt, Geometrie der Ln^e No. 55. 61.
ZciUchrifl f. Milhenialik u. P/iytik. Xlll, 4. ^^
268 Die projeotivischen Eigenschaften der gewöhnliehen und
2. Es gehört zur Natur dieser Grundgebildo, dass sie jedes durch
zwei seiner Elemente der Lage nach eindeutig bestimmt sind , so dass zwei
Gebilde derselben Art, welche zwei Elemente gemeinschaftlich haben) mit
allen ihren Elementen in eiuanderfallen und zwei verschiedene Gebilde
derselben Art höchstens ein Element gemeinschaftlich haben können, und
dass
eine Pnnktreihe, von welcher zwei Punkte in einer gewissen Ebene
liegen, mit allen ihren Punkten in dieselbe falle,
ein ebener Strahlbiischel^ von welchem zwei Strahlen in einer gege-
benen Ebene liegen , ganz mit allen seinen Strahlen in derselben liege, und
eine Punktreihe, welche in zwei verschiedenen Ebenen eines Ebenen-
biischels enthalten ist, in allen Ebenen desselben liegt, also mit seiner Axe zu-
sammenfallt.
3. Durch Einführung der Bezeichnungen ,, unendlich entfernter Punkt^\
„unendlich entfernte Gerade", „unendlich entfernte Ebene" sind wir in den
Stand gesetzt, den Satz auszusprechen:
d) dass zwei von einander verschiedene Punktreihen derselben Ebene
stets einen Punkt, zwei Strahlbüschel derselben Ebene stets einen Strahl,
zwei Ebenenbüschel, deren Axcn sich in einem Pnnkte schneiden, stets
eine Ebene gemeinschaftlich haben;
b) dass jede endliche Gerade einen und nur einen unendlich entfern-
ten Punkt, jede endliche Ebene eine und nur eine unendlich entfernte Ge-
rade enthält und alle unendlich entfernten Pnnkte und Geraden in einer
Ebene, der unendlich entfernten Ebene liegen.
4. Die in diesem Paragraphen angeführten Satze bilden wesentlich
die Grundlage jeder geometrischen Untersuchung, in etwas anderer Aus*
druckswoise auch der elementaren und analytischen Methoden und sind von
den namhaftesten Mathematikern entweder als aus der Anschauung ge-
schöpfte und nicht zu widerlegende Grundsätze erklärt, oder stillschwei-
gend durch Anwendung anerkannt, oder in ihrem Zusammenhange veran-
schaulicht worden*). Wir führen sie nur deshalb an, weil wir lediglich
durch Anwendung dieser wenigen Fundamentnlsätze die Resultate zu er-
schliessen gedenken, welche den Gegenstand dieser Abhandlung bis No. 43
incl. bilden; in No. 44 entnehmen wir der Anschauung eine neue Voians-
setzung, mit welcher im Verein sie die Grundlage auch für die folgenden
Untersuchungen sind. Denn wiewohl wir unsere Untersuchung so zu füh-
ren gedenken, dass die abzuleitenden Sätze sich rein aus der Anschauung
ergeben, so wollen wir doch jedesmal zeigen, dass dieselben eine noth-
*) Vcrgl Steiner, Entwickelung der Abhängigkeit geometrischer Gestalt^
No. 1. 2. V. Staiidt, Georoetiie der Lage §§ 1 bis 3, 5 und ö. 8chroeter, difl
Theorie der Kegelschnitte §§. 1 bis 4. Keye, Geometrie der Lage, Vortrag 1 u. 2 n, X.
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 269
wendige Folge der in diesem Paragraphen angegebenen und , wie sich aus
den Citaten ergiebt, allgemein anerkannten Voraussetzungen sind und da-
mit zugleich die Bedingungen und Grenzen der Giltigkeit der gefundenen
SXtze bestimmen*).
f. 2. Bezieliung der Gmndgebilde auf einander« Gebilde mit nnendlicli
entferntem Träger«
5 a) Den Sätzen in No. 2 und 3 zufolge kann jede Punktreihe einer
Ebene auch als der Inbegriff aller Strahlbüschel dieser Ebene aufgefasst
werden , welche einen und denselben Strahl, nftmlich den Träger der Punkt-
reihe, gemeinschaftlich haben; jeder ebene Strahlbtischel kann als der In-
begriffaller Punktreihen dieser Ebene aufgefasst werden, welche einen und
denselben Punkt, nämlich den Mittelpunkt des Strahlbüschels, gemeinschaft-
lich haben, und jeder Ebenenbüschel als der Inbegriff aller Strahlbüschel im
Räume, welche einen Strahl, die Axe des Ebenenbüschels, gemeinschaftlich
haben.
6) Liegt ein Punkt a in einer Geraden a, und diese Gerade a in einer
Ebene 9[, so sagen wir: der Punkt a liege perspectivisch mit der
Geraden a und mit der Ebene %, die Gerade a liege perspectivisch
mit dem Punkt a und mit der Ebene 91 , die Ebene %, liege perspectivisch
mit dem Punkt a und mit der Geradon a,
6a) Aus No. 3 und 5 folgt: In je zwei Gebilden (Punktreihe, Strahl-
bttschel, Ebenenbüschel) verschiedener Art, deren Träger nicht perspecti-
viBch mit einander liegen , liegt jedes Element des einen Gebildes perspec-
tivisch mit je einem Element des anderen Gebildes, welches sein entspre-
chendes heisse; je zwei aufeinanderfolgende Elemente des einen Gebil-
des können nur zwei aufeinanderfolgenden Elementen im anderen Gebilde
entsprechen. Die drei Grundgebilde sind also in Bezug auf ihre in No. I
bezeichneten Elemente von gleicher Mächtigkeit, sie enthalten jedes gleich
viel Elemente.
6) Wenn daher ein Element des einen Gebildes nach einnnder in einem
und demselben Bewegungssinue die Lage aller anderen Elemente seines
Gebildes einnimmt, so muss das in dem anderen Gebilde ihm entsprechende
Element ebenfalls die Lage aller anderen Elemente seines Gebildes einneh-
men und zwar in einem von dem Bewegungssinn des ersten abhängigen
BewegnngSMinne, so dass, wenn das eine don entgegengesetzten Bewegungs-
sinn einschlägt, auch das andere den seinigen ändern muss. Dem einen
*) Dies möge zugleich als Rechtfertigung dafür dienen, dass in der Fol^e auch
einige Sätze angeführt und bewiesen werden, welche schon von v.Staudt inscinerOeo-
Dietrie der Lxge und den BeitrHgen zu derselben angegeben, zumal Verfasser, treu die
von dem grossen Meister Steiner aufgestellte Regel befolgend, erat nachdem der
Inhalt dieses Aufsatzes durch eigene Untersnehnng gefunden und in seineu ^^%«tiV
liehen Theilen festgestellt war, sich das v. Standt^scVie BwcVi mw N^T%c\vtw^«Ti w(v<:^\.^.
270 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
' -^^ * -^ -^ ^-^ «
Bewegungssinn in irgend einem der Grundgebilde entspricht
demnach in allen auf die in a) angegebene Weise perspectiv
vi seh auf dasselbe bezogenen Grundgebilden ein bestimmter
Bewegungssinn, dem anderen der entgegengesetzte*).
r) Aus den Sätzen des §. 1 folgt hiernach ferner: Die sSmmtlichen
Strahlen eines ebenen Strahlbüschels müssen die Ebene desselben vollstän-
dig in allen ihren Punkten bedecken, so aber, dass jeder vom Mittelpuukt
des Büschels verschiedene Punkt derselben stets nur durch einen einzigen
Strahl und von diesem mit einem einzigen Punkte bedeckt wird ; die sümmt-
lichen Ebenen eines Ebenenbüschels müssen den Kaum vollständig in allen
seinen Punkten erfüllen , so dass durch jeden seiner von der Axe des Bü-
schels verschiedenen Punkt nur eine Ebene desselben geht.
7 a) Dass die in No. 1 ausgesprochenen Voraussetzungen auch für die
Punktreihe, deren Träger die unendlich entfernte Gerade g^ einer Ebene
ist, und für ebene Strahlbüschel, deren Mittelpunkt ein unendlich entfern-
ter l^unkt ist, gelten müssen, wenn sie für endliche Pnnktreihen und Strahl-
büschel mit endlichem Mittelpunkt gelten, lässt sich mit Hilfe der Grund-
sätze in No. 2 und 3 wie folgt beweisen:
Irgend eine endliche Gerade a kann von allen mit ihr in einer und der-
selben Ebene liegenden Geraden, von denen sie nicht in endlichen Punkten
geschnitten wird, nur in dem einen unendlich entfernten Punkt a* ge-
schnitten werden, den sie nach No. 36 enthält; und alle diese Geraden bil-
den einen ebenen Strahlbüschel mit unendlich entferntem Mittelpunkt (No.5),
welchem auch a angehört. Ist b irgend eine andere endliche Gerade der-
selben Ebene, welche a in einem endlichen Punkte schneidet, so geht nach
No. 2 und 3a durch jeden Punkt von b eine und nur eine Gerade, welche
zugltfich mit a den unendlich entfernten Punkt a* gemeinschaftlich hat,
also ein und nur ein Strahl des Büschels a*^ ; wegen No. 3a gie.bt es aber
keinen Strahl des Büschels a^ , welcher nicht einen Punkt mit b gemein-
schaftlich hHtte; andererseits können nach No. 2 zwei von einander ver-
schiedene Strahlen eines ebenen Strahlbüschels % mit endlichem Mittelpnnkt
nie denselben unendlich entfernten Punkt enthalten, und nach No. 36 giebt
es keine Gerade derselben Ebene, deren unendlich entfernter Punkt, also
überhaupt keinen unendlich entfernten Punkt in dieser Ebene, welcher nicht
mit h einen Strahl des Büschels bestimmen müsste.
b\. Die Strahlen eines ebenen Strahlbüschels mit unendlich entfern-
tem Mittelpnnkt (eines Parallelstrahlbüschels)**) folgen daher ebenso stetig
auf einander, wie die Punkte einer endlichen Punktreihe und sind ein Ge-
bilde von gleicher Mächtigkeit als diese.
*) V. St Audt, Beitrüj^c zur Geometrie der Lage, erstes lieft, No. 47. Schroe-
ter, Theorie der Kegelschnitte §. 4.
**) V. Staudt, Geometrie der Lnge, No. 41.
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paui. Scholz. 271
^^^^»%^»»^i^'^^>^i^>^^^^^
2. Die Punkte einer unendlich entfernten Goraden, das sind die
Bämmtlichen unendlich entfernten Punkte einer Ehene, folgen eben so
stetig auf einander, als die Strahlen eines Strahlbüschels mit endlichem
Mittelpunkt und sind ein Gebilde von gleicher M'^chtigkcit als diese*).
3. Die Elemente eines ebenen Parallelstrahlbiischels wie
die der unendlich entfernten Geraden einer Ebene bilden da-
her eine stetige, sich seil liessende Aufeinanderfolge von der
in No. 1 angegebenen Beschaffenheit, wie die Grundgebilde
mit endlichen Trägern **).
c) Der Bewegungssinn eines die unendlich entfernte Punktreilie g^
durchlaufenden Punktes wird daher in der Hinsicht, ob er an irgend einer
Stelle geändert wird oder nicht, da diese Gerade sich der Anschauung ent-
zieht, nach dem Drehsinn des mit ihm perspectivischen Straldes eines
Strahlbüschels mit endlichem Mittelpunkt, und der Bewegungssinn eines
einen Parallelstrahlbüschel durchlaufenden Strahles nach dem Richtungs-
sinn des mit ihm perspectivischen Punktes einer endlichen Punktreihe be-
nrtheilt. Vgl. No. 4lrtrf'. Die auf den Voraufisetzungen des §. 1 beruhen-
den Folgerungen gelten daher für die unendlich entfernte Pnnktreihe und
für Strahlbüschel mit unendlich entferntem Mittelpunkt in ganss gleicher
Weise, wie für Strahlbüschel mit endlichem Mittelpunkt und endliche Punkt-
reihen.
(T) Ebenso lässt sich zeigen, dass die Voraussetzungen in No 1 .auch
für jeden in der unendlich entfernten Ebene liegenden Strahlbüschel und
für jeden Ebenenbüschel, dessen Axe eine unendlich entfernte Gerade ist,
gelten, wenn sie für die entsprechenden Gebilde mit endlichen Trägern gel-
ten; doch bedürfen wir für unsern Zweck dessen nicht,, da wir uns in die-
ser Abhandlung überhaupt auf Gebilde beschränken, welche mit allen ihren
Elementen in einer endlichen Ebene liegen, und nur da darüber hinaus-
gehen , wo es uns darauf ankommt, zu zeigen, wie leicht diese Entwickelun-
gen auch auf räumliche Gebilde zu übertragen sind, dass ihr Charakter
also ein durchaus allgemeiner ist.
§•8. Streeke. Winkel. InterTall.
8ö) Die ganze Aufeinanderfolge der Punkte einer Geraden wird we-
gen No. 1 durch irgend zwei ihrer Punkte a , a^ in zwei Gruppen getheilt.
Den Inbegriff aller der Elemente der Geraden , deren Lage ein in einem
und demselben Bewegungsainne von a (oder von a^) aus auf der Geraden
♦) Schrooter, die Theorie der Kegelschnitte 1867. S. 80.
*♦) V. Staudt, Geometrie der Lage, §.5, insbesondere No, 56. Rö^^^<i^^-
metrie der Lage, Vortrag 2.
272 Die projectivischen Eigenschafton der gewöhnlichen und
• <^i^w^«^r^^/^^
tfich stetig bewegender Punkt einnimmt, bis er nach a* (a j gelangt, also
die sämmtliclien Punkte einer der beiden Gruppen in ihrer Aufeinander-
folge und Lage nennen wir eine durch a und a^begrenzte Strecke a^ ^';
jede ist die Ergänznngsstrecke der anderen*). Die Punkte a und
a^ nennen wir die Grenzpunkte derselben.
b\. Durch Angabe irgend eines dritten von den Grenzpunkten ver-
schiedenen Punktes a^ lassen sicli die beiden Strecken unterscheiden und
damit die beiden Bewegungssinne, in welcheu von einem der beiden Grensb-
punkte ausgehend die Punkte der beiden Strecken auf einander folgen. Wir
bezeichnen durch a^ ^^^ diejenige der durch a^ und a* begrenzten Strecken
der Geraden a, welche den Punkt a^ nicht enthält, mit a^**'*') diejenige,
welche ihn enthält.
2. Sind beide, wie diese Bezeichnung angiebt, von demselben Anfangs-
punkt aus beschrieben zu denken, so folgen die Punkte der beiden Strecken
nach No. I in entgegengesetztem Bewegungs- oder Bichtungssinne auf
einander, so dass durch die Aufeinanderfolge der Punkte a^ a* a*^oder kür-
zer der Indices Xx v der eine, durch die Aufeinanderfolge der Punkte a ^^
oder XvT der andere der beiden möglichen Bewegungssinue auf der Geraden
a fixirt ist. So werden durch a^^^^*' und a^**^*' die Punkte derselben Strecke,
aber in entgegengesetzter Aufeinanderfolge, durch a^**'^ und a^^*"^ die
Punkte der anderen Strecke in entgegengesetzter Aufeinanderfolge, durch
dV^*)*' und oS''^^) die Punkte beider Strecken in der durch denselben Bewe-
guugssinn bestimmten Aufeinanderfolge bezeichnet.
Demnach ist a^**) °^ die endliche der beiden Strecken a^**\ a^i*0
diejenige, welche den unendlich entfernten Punkt enthält
Auch durch die Bezeichnung a^^i'^^und a^ ^'^^ werden wir öfters
die beiden Strecken unterscheiden. Vergl. No. 15.
cl. Ist einer der beiden Grenzpunkte auf einer endlichen Geraden a,
etwa a^ identisch mit dem unendlich entfernten Punkte a^ , so nennen wir
^lie beiden Strecken die Halbstrahlen der Geraden a in Bezug auf den
Punkt a , die wir entweder durch einen dritten Punkt oder durch die Be-
zeichnung a^ 1*^ oS ^^^ unterscheiden.
2. Bewegt sich ein Punkt a^ auf einem der Halbstrahlen von a in Be-
zug auf a^ in dem Bewegungssinne a^^^ , so sagen wir: er entfernt sich
von dem Punkt a^; bewegt er sich in dem Sinne a* * =a*^*, so sagen wir:
er nähert sich dem Punkt a .
9 a) Ebenso werden die sämmtlichen Strahlen s eines ebenen Strahl-
bUchcls i durch zweidcrselben^^, ^^, die wir die Grenzstrahlen nennen.
*)y.jStaudt, Geometrie der Lage, No.öl. Keye^JQeoinetrie der Lage 1866. S.O.
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 273
in Ewei Gruppen geth^ilt; die sämmtlichen Strahlenjcder der beiden Grup-
pen in ihrer Lage und Aufeinanderfolge von dem einen der beiden Grenz-
strahlen aus nennen wir einen durch Si und s^ begrenzten Winkel, nach
v.Staudt's Bezeichnung einen vollkommenenWinkel 5nt)i ^®* *(^|»)
der eine derselben, so ist 5n _^) der andere, sein Ergänzungswinkel.
Ist $^ ein dritter Strahl des Büschels, so ist ^i^r)» ^®^ ®^°® ^^^ beiden Win-
kel ^(Xt)« clerjenige, Welcher den Strahl Sp nicht enthält, s iy^\ der andere^
welcher den Strahl s^ enthält.
b) Auch hier wird der Bewegungs- oder Drehsinn eines einen Winkel
von einem seiner Grenzstrahlen aus beschreibenden Strahles und damit
die Aufeinanderfolge der Strahlen des Winkels von einem seiner Grenz-
strahlen aus durch die Reihenfolge, in welcher drei Strahlen desselben oder
ihre Indices darin auftreten, fixirt, so dass z. B. die beiden durch si und s^
begrenzten Winkel, in demselben Drehsinn' beschrieben, durch ^Q^\,nnd
^(rvX) bezeichnet werden.
cl. Ist 0 der Mittelpunkt des Strahlbüschels ein unendlich entfernter
Punkt, so ist auch die unendlich entfernte Gerade g^ ein Strahl des Bü-
schels, also wenn s. und s^ endliche Strahlen desselben, ^nr)oo derjenige
Winkel (Parallelstreif-an), welcher die Gerade g^ nicht enthält, und ^Mqo»)
derjenige, welcher sie enthält.
2. Ist aber d ein unendlich entfernter Punkt, s^^ ein endlicher Strahl
des Büschels jg, aber 5^ =^gp, so nennen wir die entstehenden Winkel die bei-
den Halbebenen in Bezug auf die Gerade Sj^^ welche wieder durch An-
gabe eines dritten Strahles s^ oder eines endlichen Punktes a^ unterschieden
werden, so dass ^(Ix)» ^'® ®^*°® ^®^> welche den Strahl s^ oder den Punkt
a*' nicht enthält, und Snp(Xi)=^(x)vX) ^*6 andere, welche s^ oder a** enthält.
d) Der Inbegriff aller derjenigen Halbstrahlen der einen Winkel «(Xvr)
bildenden Strahlen , welche von demselben Halbstrahl eines den Winkel
von einem seiner Grenzstrahlen aus in einem und demselben Bewegungs-
sinne einmal durchlaufenden Strahles gedeckt werden, heisstnach v. Stau dt
ein einfacher Winkel; der Inbegriff der übrigen Strahlen bildet den
Scheitelwinkel. Von jedem Strahl eines vollkommenen Winkels liegt
daher ein Halbstrahl in dem einen, der andere in dem anderen der einfachen
Winkel, aus denen er besteht. Unter dem Ausdruck „Winkel^^ ohne das
Attribut „einfach^* verstehen wir immer einen vollkommenen Winkel , und
zwar einen , der nur einen Theil der Strahlen des Büschels enthält.
e) Analoges wie für den Strahlbüschel lässt sich auch für den Ebenen-
büschel festsetzen. Vergl. No. Id.
10. Unserer Definition gemäss (No. 9a) liegt jeder von den Grenz-
strahlen verschiedene Strahl eines StrahlbüscheU , da ev Ti«^<!\i^Q.'b %»Ov\<^w
274 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
den Mittelpunkt mit den Grenzstrahlen gemeinschaftlich hat, zufolge No.2
dieselben aber nicht noch einmal schneiden kann, in einem von denselben
begrenzten Winkel ganz mit allen seinen Punkten, wenn wir wissen, dass
einer seiner vom Mittelpunkt verschiedenen Punkte in diesem Winkel liegt,
d. i. in dem von seinen Grenzstrablen begrenzten und den Strahlen des
Winkels bedeckten Gebiet der Ebene sich befindet.
a) Die Strahlen eines Winkels müssen daher das durch die Grenz-
strahlen von der EbeiTe ausgeschnittene Gebiet, in welchem einer derselben
liegt , ganz mit allen Punkten erfüllen und bedecken , so dass jeder Punkt
desselben stets von einem und nur einem einzigen Strahl dieses Winkels und
von diesem nur mit einem einzigen Punkte bedeckt wird, von dem Ergän-
zungswinkel aber nicht ein einziger Strahl oder Punkt eines solchen in ihm
liegt.
b) Insbesondere liegt jeder Strahl eines Strahlbüschels mit unendlich
entferntem Mittelpunkt ganz in einem von zwei anderen Strahlen seines
Büschels gebildeten Parallelstreifen also wenn einer der beiden Grenz-
strahlen die unendlich entfernte Gerade ist, ganz in einer der beiden Halb-
ebenen in Bezng auf den anderen Grenzstrahl.
c) Ebenso rauss ein Halbstrahl eines Büschels in einem von zwei ande-
ren Halbstrahlen desselben Büschels begrenzten einfachen Winkel, in wel«
ehern einer seiner vom Mittelpunkt verschiedenen Punkte sich befindet,
ganz mit allen seinen Punkten liegen.
d) Zufolge No. 2, 3 und 10 können wir den Satz aussprechen: Jede
Kbene wird durch je zwei in ihr gelegener Geraden in zwei Winkel getheilt,
welche dem Strahlbüschel angehören, dessen Mittelpunkt der den beiden
Geraden gemeinschaftliche Punkt ist.
1 1 a) Wie bisher wollen wir auch im Folgenden irgend einen Strahl
eines Strahlbüschels jg^ durch das Zeichen s , irgend einen Punkt einer ge-
raden Punktreihe a^ durch das Zeichen a? markiren. Jeden Strahl eines
Büschels i^^, also auch den das Büschel durchlaufenden Strahl wollen wir
mit 6^, jeden Punkt einer Punktreihe a^^ also auch den dieselbe durchlau-
fenden Punkt wollen wir mit a;^ bezeichnen. Wir werden ferner den Schnitt-
punkt einer Geraden a mit einem Strahl s durch a , den einer Geraden
aj, mit einer Geraden s^ durch a. oder d bezeichnen, die Gerade, welche
fc
die beiden Punkte Ä und af enthalt und durch dieselben bestimmt ist, mit
if , die Gerade, welche mit den beiden Punkten a und h^ perspectivisch liegt,
mit n oder 5,.
h) Wenn wir von dem durch die Elemente k und r begrenzten und das
Element v ontbalteuden, durch das Symbol {kvx] bezeichneten Intervall
ansgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 275
•
eines der Grnndgebilde sprechen, so verstehen wir daranter sowohl die
durch die Pankte a^ und a* begrenzte, den Punkt a*' enthflltende Strecke
a^ ' einer Geraden a, als auch den durch die Strahlen s^ und s^ begrenz-
ten, den Strahl s^ enthaltenden Winkel s^vr) eines Strahlbüschels d, sowie
den dnrch die Ebenen ®^ und @^ begrenzten, die Ebene &' enthaltenden
Flftchenwinkel ©C^**^) eines Ebenenbüschels s,
12a) Wir können so den allgemeinen Satz aussprechen:
1. Die ganze Aufeinanderfolge der Elemente eines der bezeichneten
Grundgebilde wird durch irgend zwei derselben A,.t in zwei Gruppen ge-
theilt; den Inbegriff aller der Elemente des Gebildes, deren Lnge ein in
einem und demselben Bewegungssinne von A(t) aus stetig das Gebilde durch-
laufendes Element einnimmt, bis es nach t(A) gelangt, also die sämmtlichcn
Elemente einer der beiden erwähnten Gruppen nennen wir ein Intervall
(Ar) [(Ti)].
2. Von demselben Grenzelement aus kann von einem lau-
fenden Element in demselben Bewegungssinne (No. 1) immer
nur dasselbe Intervall und im entgegengesetzton Bewegungs-
sinneimmernurdasErgänzungsintervallbeschriebenwerden.
Hieraus und aus No. 1 folgt ferner:
3. Die beiden durch irgend zwei Elemente eines der Grund -
gebilde begrenzten Intervalle ergänzen sich zu dem ganzen
Gebilde und schliessen einander aus, so dass kein Element des
einen Intervalles zugleich dem anderen angehören kann.
b) Je ein Element des einen und ein Element des anderen der durch
zwei beliebige von einander verschiedene Elemente k und r in einem der
Grundgebilde bestimmten Intervalle sind einerseits durch das eine, folglich
andererseits durch das andere Grenzelement getrennt; wir nennen so gele-
gene Elemente ein Elementenpaar (Punkten-, Strahlen-, Ebenen-
paar) der ersten Art in Bezug auf die Grenzelemente i und r.
c) Je zwei Elemente eines und desselben Intervalles sind einerseits
durch keines, folglich andererseits durch beide Grenzelemente getrennt;
wir nennen so gelegene F^lcmente ein Elementenpaar(Punkten-, Strah-
len-, Ebenenpaar; der zweiten Art in Bezug auf die Grenzelemento
X und T.
d)\. Fallen das eine Element eines Elementenpaares in einem der
Grundgebilde mit einem der beiden Grenzelemente zusammen, oder
2. fallen beide mit beiden Grenzelementen oder in einem derselben
zusammen, oder
3. wird eines der Elemente des Elementenpaaros unbestimmt oder
4. wird eines der Gronzelomente unbestimmt)
276 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
8o können wir ein solches Elementenpaar sowohl denen der ersten Art, wie
denen der zweiten Art zuzählen, ausschliesslich aher weder den einen, noch
den andern; ein solches Elementenpaar nennen wir ein Elementen-
paar (Punkten-, Strahlen-, Ehenen-Paar) der drittenArt in
zug auf die Orenzelemente X und r.
13 a) Hiernach bilden zwei unendlich nahe oder zusammenfallende, von
den Grenzelementen verschiedene Elemente stets ein Elementenpaar der
zweiten Art.
b) Sind die Grenzelemente zwei unendlich nahe oder zusammenfallende
Elemente, so bilden je zwei von ihnen verschiedene Elemente ein Elemen-
tenpaar der zweiten Art.
c) n in einem und demselben oder ein- oder mehrmal ver-
änderten Bewegungssinne stetig auf einanderfolgende Ele-
mente eines der Grundgebiide, deren keines mit einem der
Grenzelemente zusammenfällt, müssen zufolge No. 1 und 12a'
sämmtlich in demselben Intervall liegen.
d) Bilden zwei Elemente a, x eines der Grundgebilde in
Bezug auf zwei andere Elemente X, r desselben als Grenxele-
mente ein Elementenpaar der ersten, zweiten oder dritten
Art, so bilden dieElementeA, rin Bezug au fdie Elemente a^n
als Grenzelemente ebenfalls resp. ein Elementenpaar der er-
sten, zweiten oder dritten Art.
§• 4. Bewegongssinn. Folgerungen«
1 4 a) Ein Bewegnngssinn in einem der Grundgebilde ist eindeutig be-
stimmt
1. durch Angabe der Aufeinanderfolge irgend zweier benachbarter
Elemente (No. 1);
2. durch Angabe eines Intervalles und desjenigen Grenzelementes,
von welchem ausgehend ein Element dasselbe durchlaufen soll
(No. 12a);
3. durch Angabe der lieihenfolge, in welcher beliebige drei Elemente
des Gebildes aufeinander folgen 8ollen"(No. 12a*).
6) Es wird derselbe Bewegungssinn bestimmt, wenn statt eines der
drei Elemente irgend ein anderes mit ihm in demselben der von den beiden
anderen Elementen bestimmten Intervalle befindliches Element gesetzt wird
(No. 12a*, 14 a«).
c) Verändern daher die drei Elemente ihre Lage, so dass
jedes stets in demselben der von den beiden an deren bestimm-
ten Intervalle bl eibt, so bezeichnen sie in jed er Lage densel-
ben Bewegungssinn; fallen zwei derselben zusammen, so wird die Be-
♦) Schroeier, die Theorie der Kegelschnitte, 1867, §.4. — v. Staudt, Bei-
/rä^'e zur Oeoweirie der Lage, erstes Heft, No. 47.
auagezeichneten Elemente ebener Ourven. Von Paul Scholz. 277
Stimmung des Bewe^ungssiunes illusorisch; so oft ein Element eiues
der beiden anderen ttbersclireitet, also in das andere der von
denselben bestimmten Interyalle übergeht, bezeichnet die-
selbe Aufeinanderfolge den dem früheren entgegengesetzten
Bewegungssinn.
15. Ein in einem der Orundgebilde von der Lage X aus in demselben
Sinne 27 sich bewegendes Element desselben muss von den durch A und
ein beliebiges anderes Element r begrenzten Intervallen zunächst das eine,
durch den Bewegungssinn und den Anfangspunkt bestimmte durchlaufen,
und kann nicht eher in das andere Intervall gelangen, bis es alle Elemente
des ersten einmal gedeckt hat (No. I, 12a^).
d) Durch jede Lage | des das Gebilde in einem und demselben Sinne
2? stetig durchlaufenden Elementes und ein beliebig gewähltes Element z
wird das Gebilde in zwei Intervalle getheilt, von denen das eine das im
Sinne L folgende und daher nach No. 1, 12a, 15 alle di^ Elemente enthält,
deren Lage das laufende Element einnehmen muss, bis es nach x gelangt,
während das andere das im Sinne 2? vorhergehende und alle die Elemente ent-
hält, deren Lage das laufende Element nicht einzunehmen braucht und nicht
einnehmen kann, bis es im Sinne 2? das erste Mal nach r gelangt ist; das
erstere bezeichnen wir mit (|| t), das zweite mit (§ — t)*).
6) Demnach bezeichnen wir mit Rücksicht auf No. 1, wenn A das An-
fangselement, mit (£ — A) dasjenige Intervall, welches das laufende Ele-
ment von der Lage X aus bereits beschrieben , und mit (| | A) dasjenige,
welches das laufende Element zu beschreiben hat, bis es wieder nach A
gelangt.
c) Dasjenige der beiden durch zwei Elemente A, r begrenzten Inter-
valle, welches das in einem gegebenen Sinne 27 auf das gewählte Anfangs-
element A folgende, also auch das in demselben Sinne 27 dem Endelement r
vorhergehende Element enthält, ist demzufolge mit (A |t) = (t — A) zu be-
zeichnen, das andere der Intervalle (At) aber, welches das in dem Sinne
2» dem Element A vorhergehende, also das im Sinne 27 auf das Anfangs-
element X folgende Element enthält, mit (t | A)=(A — r).
d) Während das laufende Element das Intervall (A| t) von der Anfangs-
lage A an stetig beschreibt, theilt es in jeder seiner Lagen dasselbe in zwei
Theile (A|)t und A(|r), welche wir demgemäss resp. mit (J — A) und
(| I t) zu bezeichnen haben; der letztere Theil (| | x) und das ganze Inter-
vall (t|A)=3(A — r) bilden das Intervall (§ | A) und gehören demselben mit
allen ihren Elementen an ; der erstere Theil (| — A) und das Intervall (A — x)
bilden d^ Intervall (g — r). Beschreibt das laufende Element, nachdem
*) Lesen köimen wir diese Symbole resp: f plus t und § minus r. Der vcrticale
8trich (j) ist der Einfachheit wegen statt des gewöhnlichen Pluszeichens ^e«Qti.t.
wurden.
278 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
, ^^- - ^ ^ ■irs^*^' .^^•«•-'. .-,--.•■'•'-•• ''■•-'■^*'*'' --^-f^-'*.*^-^
es in die Lage x gelangt, in gleichem Bewegnngssinn das Intervall (r | A),
so theilt es in jeder seiner Lagen dieses in zwei Theile (| — t)=(S | X); der
erstere Theil (J— t) und das ganze Intervall (A | T)=3(r — k) bilden mit
allen ihren Elementen das Intervall (| — A), der letztere Theil (|| k) und
das Intervall (A | t) bilden das Intervall (| | r).
Während daher das laufende Element das Intervall (A 1 1) beschreibt,
ist A ein Element des Intervalles (| — t); während es das Intervall (r | A)
= (A — t) beschreibt, gehört A dem Intervall (| 1 1) an.
e) Sind demnach ^, ij zwei beliebige Lagen des laufenden Elementes,
so ist stets eines der Intervalle (J — r), (i?~t) ein Theil des anderen und
eines der Intervalle (S | r), (i? | r) ein Theil des anderen; aber die Intervalle
(^ I r) und (fi — t), (| — r) und (vj\t) haben das eine Paar kein einziges Ele-
ment gemeinschaftlich, das andere nur das Intervall (£17) r.
Elemente des Intervalles (|r?/) können daher nur zwei Intervallen ge-
meinschaftlich sein^ welche in ihrem Zeichen entweder beide den verticalen
oder beide den horizontalen Strich enthalten, Elemente des Intervalles
({ij)r nur zwei Intervallen, von denen das eine den verticalen, das andere
den horizontalen Strich in seinem Zeichen enthält.
ß Ferner folgt aus Ibdi Ist v ein Element des Intervalles (A | t), so '
ist, während das laufende Element ^ das Intervall (Av)r beschreibt, allen
Intervallen (g — t) der Theil (tA)v, allen Intervallen (|| t) der Theil A(vt)
gemeinschaftlich; während | das Intervall A(vr) beschreibt, ist allen Inter-
vallen (I — t) der Theil (tAv) und während | das Intervall v(rA) beschreibt,
ist allen Intervallen ($| r) der Theil (Avr) gemeinschaftlich.
16.. Aus No. 1 und 12« geht hervor:
a) Hat ein Element eines der Orundgebilde in demselben in einem ge-
gebenen Bewegungssinne Avr ein Intervall (Avt) voi) der Lage A an durch-
laufen und bewogt es sich in demselben Sinne weiter, so beschreibt es das
zweite der durch A und r begrenzten Intervalle (tA) v; ändert es aber in der
Lage T den Bowegungssinn, so muHS es in das erste Intervall zurückkehren.
b) Sind demnach drei aufeinanderfolgende von einander verschiedene
Lagen a, ß^ y eines in einem der Giundgebilde sich bewegenden Elementes
so beschaffen, dass, wenn t^ irgend eines der übrigen von a, ß, y verschie-
denen Elemente ist, a und / nicht in demselben der durch t^ und ß begrenz-
ten Intervalle sich befinden, also / nicht in (j^ciß) liegt, so folgen die drei
Lagen aßy in demselben ßewegungssinne auf einander, und wir nennen ß
ein gewöhnliches Element; befinden sich aber y mit a in demselben
Intervall, so dass ['^oiß) = {}\fyß^, so hat das sich bewegende Element in
der Lage ß seinen Bewegungssinn geändert, in den entgegengesetzten ver-
wandelt; wir nennen dann j? ein Kückkehrelemen t. Hierbei ist nicht
ausgeschlossen, dass in dem Elemente ß mehrere in der Bewegung des lau-
fenden Elementes aufeinanderfolgende Lagen zusammenfallen (vereinigt
smi\)f y ist dann die erste von ß veri>chiedcne Lage desselben.
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 279
c) Aeudert das laufende Element^ naclidem es ein Intervall (jtp\ß) be-
schrieben, in der Lage ß den Bewegungssinn und beschreibt es in dem ent-
gegengesetzten Sinne das Intervall (/? — qp) = (g) | /?) , so ist daher entwe-
der (ß — g>) ein Theil von (t^|j3), oder (^ | j3) ein Tlieil von (ß — g)); in
dem beiden Intervallen gemeinschaftlichen Theile ist jedes Element dop-
pelt zu zählen als dem einen und dem anderen Intervall angohörig; die Ste-
tigkeit erfordert auch von dem Grenzelement, dem Hückkehrclement ß, an-
zunehmen, dass in ihm zwei, nämlich zwei aufeinanderfolgende Lagen des
laufenden Elementes vereinigt sind.
17. Bewegen sich daher zwei Elemente §,^ eines Grund-
gebildes in demselben, rcsp. von den LagenA undr aus in dem*-
selben Bewegungssinne, so beschreibt das eine Eleuient zu-
nächst das eine, das andere Element zunächst das andere der
durch k und t begrenzten Intervalle und umgekehrt; bewegen
sie sich aber in entgegengesetztem Bewegungssinn, so be-
schreiben beide dasselbe Intervall und umgekehrt. Im ersten
Falle ist es nicht nothwendig, dass die beiden Elemente sich begegnen, im
zweiten begegnen sie sich immer.
a) Ist die Bewegung der beiden Elemente ^, p nun eine solche, dass,
während das eine, g, von X aus das Intervall (A.|t), das andere, p, von r aus
das Intervall (t|A) = (A — i) durchläuft, so dass nie beide in demselben
Intervall sich befinden und sie gleichzeitig § in t, ^ in A anlangen, so thei-
len je zwei gleichzeitige Lagen von ^ und p das ganze Gebilde in zwei In-
tervalle, M-elche nach No. 15a mit (g|p)=(p — Q und (p||)=:(J — q) zu be-
zeichnen sind, und deren jedes nach No. VZb und 13«^ stets eines der Ele-
mente A, T enthält; und zwar enthält, so lange | in dem Intervall (A|t), also
^ in dem Intervall (tJA) sich befinden, das Intervall (S^C>) = (p — ^) stets
das Element t, das Intervall (p{|) = (^ — q) stets das Element A, so dass
(II r) stets ein Theil von (^\q) und (|- A) stets ein Theil von (| — p), (^|A)
stets ein Theil von (^||) = (g — g) und (q — i) stets ein Theil von (g — |)
= (§!(») ist. Ist danil v irgend ein Element des Intervalles (A|r)y und ist,
wenn | nach v, g nach v gelangt, welches ein Element des Intervalles
(A — t) ist, so folgt aus No. 15/:
Während I das Intervall (A|v) = (Av)t beschreibt, sind allen
Intervallen (||^) die sämmtlichen Elemente des Intervalles
(ii|t) = A(vt) gemeinschaftlich und nur diese, allen Intervallen
(p||) = (| — p) die sämmtlichen Elemente des Intervalles (v|A)
= t(i;A)=(A — v) und nur diese; während | den Theil (v|T)=tA(vT)
durchläuft, ist allen Intervallen (| — p) der Theil (v — A) = (A|v)
= (Av)t gemeinschaftlich und sonst kejn Element, allen Inter-
vallen (p — y=(4|()) der Theil (u -t) = (tIi;)=(ti;)A.
b) Durchläuft ein Element eines der Grundgebilde dasselbe zweimal
hintereinander in demselben Bewegungssinne von der Lage A an^ so livVi^-^
280 Die projectiviechen Eigenschaften der gewöhnlichen und
alle diese Lagen , wenn wir die des ersten nnd zweiten Umlanfes nnterschei-
den, ein Gebilde, von welchem der Satz in No. 1 ebenfalls gelten mnss mit
seinen sftramtlichen Polgerangen. Wir denken nns die Lagen des zweiten
Umlanfes auf denen des ersten liegend, dann haben wir, wenn das lanfendc
Element einen Umlauf vollendet, nach No. 15a den zweiten Umlanf mit
(A|il), den ersten mit (k — iL) zu bezeichnen. Lassen wir nun zwei auf-
einanderliegende Elemente |$ gleichzeitig sich in diesem Gebilde von einer
bestimmten Lage kl an in bestimmtem Bewegnngssinne bewegen, so genü-
gen dieselben den Hedingnngen für die Bewegnng der Elemente 5 ond q
in No. 17 <7; wenn das eine derselben einen Umlauf gemacht, hat auch das
andere einen vollendet; bei jeder Lage von ^| enthält jedes der beiden
Intervalle (||0» 0 — S) die sümmtlichen Elemente des einfachen Gebildes
einmal.
|. 5« PergpecÜTigehe Intervalle.
18. Lediglich als Folgcrnng ans den Voraussetzungen und Sätzen in
No. 1 , 6, 7, 8, 9, 10, 15 ergiebt sich:
Ist a eine beliebige Punktreihe in der Ebene eines beliebigen ebenen
Strahlbüschels ä^, welche nicht mit dem Mittelpunkte e^ perspectivisch liegt,
so entspricht jedem Punkt a^ derselben ein nnd nur ein Strahl «^ des Bü-
schels und umgekehrt. Wählen wir zwei beliebige Punkte von a
a und a^ zu Gronzpunkten und die mit diesen perspectivisch
liegenden Strahlen &^,.« zu Grenz strahlen des Büschels, so
entsprechen allen Punkten der einen Strecke a-^-^nur Strah-
len, und zwar die sämmtlichen Strahlen des einen Winkels
s,. . und umgekehrt, allen Punkten der anderen Strecke a^**'^^
nur Strahlen, und zwar die sämmtlichen des anderen Winkels
&^ . und umgekehrt. Dies gilt ganz allgemein (No. 3), mag a eine
endliche oder die unendlich entfernte Gerade, mag e^ ein endlicher oder
unendlich entfernter Punkt sein, bei ganz beliebiger Wahl der Grenzele-
mente.
a) Die einem Punktenpaar erster, zweiter, dritter Art entsprechenden
Strahlen bilden daher stets ein Strahlenpaar resp. erster, zweiter oder drit-
ter Art, und die einem Strahlenpaar erster, zweiter, dritter Art entspre-
chenden Punkte bilden stets ein Punkteprar rcsp. erster, zweiter, dritter
Art; vorausgesetzt ist dabei, dass die Grcnzelemente der Punktreihe nnd
des Strahlbüschels perspectivisch liegen.
ausgez^chneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 281
• --s. ^^^^^y ^J' ^^ ^ ^^
6) Die eino der durch a und a* begrenzten Strecken a^^'^*' liegt nach
No. 10 ganz mit allen ihren Punkten in dem von den Strahlen des einen
der von «^ und ^ begrenzten Winkels s , , des entsprechenden Winkels,
bedeckten Gebiet der Ebene, die andere Strecke a^**'^^ ganz mit allen ihren
Punkten in dem Gebiet des anderen, des ihr entsprechenden Winkels ^r^^^w
c) Nach No. 6 und 15a entspricht der Strecke a^f'^) (a^^'*)) der Win-
^^^ {^\ U 11 W ""^ umgekehrt; demnach liegt die Strecke a^^^'^ (a^^'*))
ganz in dem Winkel ^\\^\yi\^\\\ ^»^ Strecke a^^"*^ (a^^""'^) liegt ganz
mit allen ihren Punkten in dem ihr entsprechenden Winkel 5\, . (5^, . j.
Ueberhaupt liegt eine Strecke ganz mit allen ihrenPunkten
.in demjenigen von zwei mit ihren Grenzpunkten perspecti-
visch liegenden, sonst beliebigen Strahlen einer Ebene gebil-
deten Winkel, in welchem einer ihrer Punkte sich befindet
(No. 36, 10.)
ci) Die mit den Punkten einer Strecke, die nur einen Theil der Gera-
den a bildet, perspectivischen Strahlen eines Büschels, dessen Mittelpunkt
nicht in der Geraden a liegt, bilden daher einen Winkel, der stets nur einen
Theil des Büschels aufmacht und umgekehrt (No. 3).
e) Zwei Punkte der unendlich entfernten Geraden bilden daher in Be-
zug auf zwei beliebige Grenzpunkte derselben ein Punktepaar erster, zwei-
ter oder dritter Art, wenn in irgend einem Strahlbüschel mit endlichem
Mittelpunkt die mit diesen beiden Punkten perspectiviychen Strahlen in
Bezug auf die mit den Grenzpunkten perspectivischen Strahlen ein Strahlen-
paar resp. erster, zweiter oder dritter Art bilden; in allen übrigen Strahl-
biischeln mit endlichem Mittelpunkt bilden dann die entsprechenden Strah-
len ebenfalls ein Strahlenpaar resp. erster, zweiter oder dritter Art. (Vergl.
die Anroerk. zu No. 19.)
So beurtheilen wir das Verhalten der sich der Anschauung entziehen-
den unendlich fernen Elemente aus dem Verhalten der mit ihnen perspecti-
vischen endlichen Elemente.
19. Daraus geht hervor: Beziehen wir irgend eine Punktreihe ö, per-
spectivisch anfeinen Strahlbüschel iS^ dessen Mittelpunkt mit keinem der
Punkte von o, identisch ist, den Strahlbüschel %^ ferner perspectivisch auf
eine Punktreihe 0,, deren Trfiger nicht den Punkt i^ enthält, diese Punkt-
reihe wieder auf einen Strahlbüschel d% dessen Mittelpunkt nicht mit einem
ihrer Punkte zusammenfällt u. s. f., und sind in jedem der Gebilde o,, d',
/!,, ^^... zwei Elemente zu Grenzelementen so gewählt, dass sie mit den
Grenzelementen des jedesmal in der Reihe vorhergehenden, also auch des
folgenden Gebildes perspectivisch sind , so entsprechen jedem Elemetvl^w-
282 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
paar erster, zweiter oder dritter Art des einen Gebildes in jedem der ande-
ren Gebilde Elementenpaare resp. der ersten , zweiten oder dritten Art in
Bezug auf die erwählten Grenzelemente, so dass allen Elementen desselben
Intervalles eines Gebildes in jedem der anderen Gebilde nur Elemente des-
selben Intervalles und zwar die sämmtlichen entsprechen, welches wir das
dem ersteren entsprechende Intervall nennen*). Dem einen Bewegnngs-
sinn in einem dieser Gebilde entspricht in jedem der anderen Gebilde ein
ganz bestimmter, von diesem abhängiger Bewegungssinn. Vergl. No. 66, 12a.
Die Träger dieser Gebilde brauchen nicht sämmtlich in derselben Ebene
zu liegen; nothwendige und hinreichende Bedingung ist nur, dass jede
Punktreihe in der Ebene der beiden mit ihr perspectiviscben Strahlbüschel,
nämlich des in der Reihenfolge vorhergehenden und des folgenden, liegt,
also nacli No. 2 mit der Schnittlinie der beiden Ebenen zusammenfällt nnd
keinen der Mittelpunkte dieser beiden Büschel enthält.
20. Ist aber a eine Gerade in der Ebene eines ebenen Strahlbüschels'
iS^, welche mit dem Mittelpunkt ^^ perspectivisch liegt, so ist a ein Strahl
des Büschels i^ und 0^=a^ ein Punkt der Punktreibe a; die allen übrigen
Strahlen des Büschels auf der Geraden a entsprechenden Punkte fallen zu-
sammen (No. 2) in den Punkt a^ und die allen übrigen Punkten der Gera-
den a im Büschel entsprechenden Strahlen fallen zusammen in den Strahl
o, so dass dem Punkt a^ von a alle Strahlen des Büschels ausser a, dem
Strahl a des Büschels aber alle Punkte von a ausser a^ entsprechen *•).
a) Wählen wir nun
zwei beliebige von a^ verschie-
dene Punkte von a er und a^ zu
Grenzpunkten und die mit diesen
zwei beliebige von a verschiedene
Strahlen des Büschels d^ s^ und s^
A X
zu Grenzstrahlen und die mit diesen
*) Dass das Gesagte in der That auch für eine uneDdlich entfernte Pnnkt-
reihe g^ und mit ihr perspcctivische Strahlbüschel gilt, erhellt auch aus Fol-
gendem: Je zwei solcher Strahlbüschel, deren Mittelpunkte ausserhalb g^^ Hegen,
also endlichd Punkte bind (No. 36), müssen entweder in derselben Ebene, welche
auch die unendlich entfernte Gerade g^ enthält, oder in zwei verschiedenen
Ebenen liegen, die sich in dieser unendlich entfernten Geraden g^ schnei-
den. In jedem Falle lässt sich von irgend einem Punkte von g^^ in der Ebene
eines jeden dieser Strahlbüschel eiue Gerade ziehen, welche mit keinem der Hüschel-
strahlen zusammenfallt; diese beiden Geraden liegen in einer Ebene, werden jede
von einem der beiden Strahlbüschel in projectivischen Punktreihen geschnitten,
welche perspectivisch liefren, da in dem unendlich entfernten Punkt zwei entspre-
chende zusammenfallen, so dass für die projectivische Beziehung der beiden ge-
gebenen Strahlbüschcl die unendlich entfernte Gerade ersetzt werden kann durch
zwei endliche Punktreihen, welche mit einem Strahlbüschel perspectivisch liegen,
dessen Mittelpunkt ein endlicher Punkt ist.
♦*J Seh ro et er, die Theorie der Kegelschuitte. 1867, §. 19 a.
ausgezeichneten Elemente eirener Curven. Von t^AüL Scholz. 2di
perspecti viseben Strahlen zn Grenz-
strafalen des Büschels, so fallen letz-
tere zusammen io den Strahl a; je
zwei von a verschiedene Strahlen
bilden daher ein Strahlenpaar der
zweiten Art und die ihnen entspre-
chenden Punkte der Geraden a bil-
den ein Panktepaar der zweiten
Art; die einem Punktepaar erster,
zweiter oder dritter Art, von wel-
chen wenigstens einer nicht mit a
identisch ist, entsprechenden Strah-
len bilden ein Strahlenpaar dritter
Art.
b) Fällt aber d^ mit einem der
Grenzpunkte auf a, etwa mit a zu-
sammen, so ist a der eine Grenz-
strahl des Büschels, welcher dem
Punkt a entspricht, der andere
Grenzsträhl, welcher dem a ent-
sprechen sollte, aber wird unbe-
stimmt, so dass sich Strahlenpaare
erster und zweiter Art nicht unter-
scheiden lassen ; demnach entspricht
jedem Punktepaar der Geraden a
ein Strahlenpaar dritter Art des
Büschels S>^ und jedem Strahlenpaar
des Büschels ein Punktepaar drit-
ter Art auf der Geraden a.
perspectivischen Paukte zu Grenz-
pnnkten von a, so fallen letztere zu-
sammen in den Punkt Ä^ ; ^b zwei
von a verschiedene Punkte von a
bilden daher ein Punktepaar der
zweiten Art und die ihnen entspre-
chenden Strahlen des Büschels d^
ein Strahlenpaar der zweiten Art,
die einem Strahlenpaar erster, zwei-
ter oder dritter Art, von welchen
wenigstens der eine von a verschie-
den ist, entprechenden Paukte bil-
den ein Punktepaar dritter Art.
Fällt aber a mit einem der Grenz-
strahlen von 3^ , etwa mit s^ zusam-
men, so ist a der eine Grenzpunkt
auf a, welcher dem Strahl 5? ent-
X
spricht, der andere Grenzpunkt, wel-
cher dem s^ entsprechen sollte, aber
wird unbestimmt, so dass sich Punk-
tepaare erster und zweiter Art nicht
unterscheiden lassen; demnach ent-
spricht jedem Strahlenpaar des Bü-
schels d^ = a^ein Punktenpaar drit-
ter Art auf a und jedem Punkte-
paar auf a ein Strahlenpaar dritter
Art im Büschel d^
Ob iS^ein endlicher oder unendlich entfernter Punkt, a eine endliche
oder die unendlich entfernte Gerade ist, ist hierfür gleichgiltig (No.2,3,7,8a).
, §.6« Grenzgerade.
j4. Ein Strahlbüschel und eine Punktreihe. StreckenbüscheK
21. a) 1. Bezeichnen wir die Gerade sj. in No. 18 als Strahl des Bü-
schels a cemäss No. IIa mit a und die Gerade a mit a . so wird s^ in
jeder seiner Lagen durch die mit diesen Geraden perspectivischen Punkte
ir und Sr in zwei Strecken getheilt, von denen zufolge No. ISb die eine
Sr ^ die sämmtlichen Punkte enthält, welche m\l detv SVt«>p\^xi ^^^ ^vciva.
Zeiischiift f. MatheniBtik u. Vhynik. XIV. 4. 7J{^
Ä84 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen tmd
der durch a und a begrenzten Winkel, a. . , perspectiviscb liegen, und
nur di^e, während die andere Strecke g^^^^^ die sämmtlicben Punkte
enthält, welche mit den Strahlen des andern Winkels a perspectivisch
liegen, und nur diese; a ist aber ein ganz beliebiger von a und a ver-
schiedener Strahl des Busches a .
2. Zufolge No. 10 giebt es keinen Punkt in dem Winkel a, ., Welcher
nicht auf einem ganz mit allen seinen Elementen in denselben fallenden
Strahl des Büschels a läge und zugleich nach No. 2, 3a, 6c einem Strahl
des Büschels 0^ angehörte, und zwar derjenigen Strecke desselben, welche
nach No. 18c ganz mit allen ihren Punkten in diesem Winkel liegt, den
mit a gemeinschaftlichen Punkt enthält und daher mit ^^^^^' zu be-
zeichnen ist.
6) Ist g^ irgend eine andere Gerade derselben Ebene, welche weder
mit a noch mit g perspectivisch liegt und nach No. 3 mit a , a , a
X X X Y Z W
resp. die Punkte Ö> = ^^i 9*= ^ » öj^= ^-h gemeinschaftlich hat, von
denen nach No. 2 keine zwei zusammenfallen, so liegt jeder Punkt der
Strecke a, sowohl mit einem Strahl des Winkels a, ., als mit einem
Strahl des Winkels s, . ^ perspectivisch, wo 5% = 5; = rt , 5^>, s^^x
die resp. mit den Punkten 9^, cit, c\« perspectivischen Strahlen des
Büschels g sind; und jeder Punkt der Strecke g*. liegt sowohl mit
einem Strahl des Winkels a ,, ., als mit einem Strahl des Winkels 5 , ^ .x
perspectivisch. Auf jedem Strahl 5^ des Winkels s^. .^ enthält
daher die Strecke g^^^^^ den mit^^ perspectivischen Punkte
und sonst auf keinem andern Strahl; auf jedem Strahl des
Winkels 5^/^ .^enthält die Strecke g*^^^^ den mita perspecti-
vischen Punkt g , nie die Strecke S>^^'*^\
c^ Lassen wir daher einen Strahl 5* von der Lae^e 5? = a
aus den Strahlbüschel g in demselben Sinne continuirlich
durchlaufen, so muss die eine der beiden durchi^undden
mit fj perspectivischen Punkt ^ begrenzten Strecken i^^'^
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 285
stetig den Winkel a. ^. beschreiben, bis s einen Umlauf
vollendet nnd wieder nach s^ gelangt (No. 1), in allen ihren
Lagen während desselben und in allen ihren P.ankten in die-
sem Winkel liegen, nnd es kann keinen Punkt in diesem Win-
kel geben, welcher von dem Strahl s^ während eines Umlaufes
mehr als einmal oder keinmal (No. 6c) getroffen würde, und
keinen, welcher nicht in der mit ihm perspectivischen Lage
von s^ derStrecke q^^*^^ angehörte; die andere Strecke g'^^^^
aber muss in derselben Weise den andern Winkel a . . be-
schreiben.
22. d und jeder Punkt von a gehören , ihrer Natur als Grenzpunkte
gemäsSi beiden Strecken des perspectivischen Strahles an, jeder von diesen
verschiedene Punkt aber nur einer Strecke. Jede Gerade der Ebene wird
daher in dem mit a gemeinschaftlichen Punkt und, wenn sie den Punkt '^
enthält, auch in diesem gleichzeitig von beiden Strecken des Strahles s^
getroffen, in jedem der Übrigen Punkte aber nur von einer. Wir bezeichnen
die eine der beiden Strecken Si , welche im Drehsinne ^ von s den
Winkel a, ^^ beschreibt, mit ^^ , die andere mit g^^""^-' und in der
Anfangslage Sj = a beim Anfange der Bewegung resp. mit sf \ ^^ .
Während s im Sinne J einen Umlauf macht, werden von derselben
Strecke ^(»1*)= »(»Z*) (a(«-*)= 8»(»*)) getroffen:
a) jede von ö und a ^ verschiedene Gerade des Winkels a, .Ja ,. .|
in allen Punkten, a ausgenommen;
X
b) jede beliebige Gerade der Ebene g^, welche weder mit a noch
mit g perspectivisch liegt, in allen Punkten der Strecke gl^^ (öj ),
welche von den Greuzpunkten g^ und gj verschieden sind, und in dem
Punkte g?, wenn dieser derStrecke g^^ ' ^Vj3^^~~^^ j von s^ in der An-
fangslage a = 5* angehört;
c) jede Gerade der Ebene, welche mit g perspectivisch, also ein
Strahl 5^ des Büschels ist, in allen Punkten der Strecke g^^^Ji/^) /gZ(t^^)\
ausser den Grenzpunkten e> undg^, aber in det e\TV2.\^^Ti\k^'^^V^^.*3fc>^ ^^^
«iö
■%
286 Die projectivischen Eigenschaften der gewölmliehen and
laufenden Strahles s , in welcher er mit s^ zusammenfällt; in allen anderen
Lagen desselben wird s^ sowohl von der einen wie von der anderen Strecke
im Punkt Ä^ getroffen (No. 20).
23. Da, wenn a von a verschieden, jede der beiden Strecken
K9W) (No. 216) nur ein Theil der Geraden p^« also auch jeder der beiden
Winkel s^ .^ (No. 18) nur einen Theil des Büschels ir ausmachen kann,
aber jeder der Punkte von g^ während eines Umlaufes des Strahles s^
einmal mit ihm perspectivisch liegt (No. 3, 6, 21c3, so muss diejenige der
beiden Strecken Sf von **, welche in der Anfangslage s^ am Anfange
der Bewegung den mit g^ gemeinschaftlichen Punkt a = g^ nicht enthält,
denselben nach Beendigung des ersten Umlaufes von s^ enthalten, und die-
jenige Strecke d , welche den Punkt a in der Anfangslage am Anfange
der Bewegung enthält, kann denselben nicht nach Beendigung des ersten
Umlaufes enthalten.
a) Jede der' beiden Strecken g^^^^ bildet demgemäsS;
wenn s^ den Büschel d einmal durchlaufen, in der Anfangs-
lage jT^ die Ergänzung zu derjenigen Strecke, welche sie am
Anfange der Bewegung bedeckte, und muss beim zweiten Um-
laufe von 5 in demselben Drehsinne.^ den entgegengesetzten
des beim ersten Umlaufe beschriebenen Winkels beschreiben,
so dass sie nach Beendigung des zweiten Umlaufes dieselbe
Lage hat und dieselben Punkte enthält, als beim Anfange der
Bewegung.
b) Die säramtlichen Lagen einer der beiden Strecken g^^^^ während
zweier aufeinanderfolgender Umläufe von s in demselben Drehsinne sind
daher ein Gebilde, welches wir ein Streckenbüschel nennen wollen,
von welchem die Voraussetzungen in No. 1 und die daraus hervorgehenden
Folgerungen in ihrer ganzen Ausdehnung gelten, und welches die ganze
£bene des Büschels so erfüllt, dass jeder von jy verschiedene Punkt der-
1
selben, welcher nicht der Grenzgeraden a angehört, mit einer solchen
Strecke in einer und nur einer ihrer Lagen perspectivisch liegt; mit S^
aber liegt die laufende Strecke in allen ihren Lagen und mit jedem Punkt
von ö in zwei durch einen ganzen Umlauf von * getrennten Lagen per-
spect/r/scb.
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 287
c) Jeder der beiden Winkel a, . erscheint hiernach als
eines der Intervalle, in welche das Streckenhüschel d (^^))
sowie jedes andere g^ (^^) » dessen Mittelpunkt d irgend
einer der Punkte von $? ist und welches auf dieselbe Grenz-
gerade a bezogen wird, zerfällt durch die beiden von
den Punkten a =iSfundiS^ (resp. d ) begrenzten Strecken
l
d) Aus No. 12a' und 16 gebt ferner hervor: Dieselbe der durch a
unddauf^^ bestimmten Strecken, welche, während 5 sich im
Sinne d von s^ an beweetf den Winkel a, . beschreibt, be-
schreibt, wenn s^ sich im entgegengesetzten Sinne bewegt,
den £rgänzunfi:swiukel a, . : und derselbe der Winkel a. .,
welcher von der einen der in der Anfangslage durch a und d
bestimmten Strecken beschrieben wird, während «sich im
Sinne d bewegt, wird, wenn s sich im entgegengesetzten
Sinne bewegt, von der anderen dieser Strecken beschrieben.
24. Während s^ im Sinne J von 5^ aus den Büschel ^^ beschreibt,
durchläuft der auf einer Geraden g^^ welche weder mit a noch mit d
perspectivisch liegt, entsprechende Punkt gemäss No. 21, 22 zuerst die in
dem Winkel a. . befindliche Strecke gi^^ , wenn g^ die Gerade «J in
irgend einem Punkt der Strecke S,^ '^^ schneidet, und er durchläuft zuerst
die in dem Winkel a . befindliche Strecke 0^^ i wenn g^ die Gerade
tj in irgend einem Punkt der Strecke Ä]^"" schneidet.
Daher bewegt sich, während 5^ imSinne^fdenBüscbeljB^
beschreibt, der entsprechende Punkt auf allen Geraden g der
Ebene, welche mit^J einen Punkt der Strecke j8^^'^^ gemein-
schaftlich haben, im Sinne 9^' , auf all^n Geraden g der
Ebene, welche mit s^ einen Punkt der Strecke ir^~^^ gemein-
schaftlich haben, im Sinne 0^^', welchem im Büschel a nach
No. 1 der dem Sinne a enteresenseBelxl^ a ^\i\.^^x\Oö.\.%
288 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen and
Beschreibt aber s denBüscheld indem dem Sinne z/ entge-
gengesetzten Sinne z/, so bewegt sich zufolge No. 6 der ent-
sprechende Punkt auf allen Geraden der ersteren Art im
Sinne g^^i auf allen Geraden der letzteren Art im Sinne ß
25. Die ausnahmlose Allgemeinheit der Voraussetzungen des §. 1 und
der darauf sich gründenden Folgerungen und Definitionen gestattet uns,
unsere Untersuchungen ihrem Wesen nach ganz allgemein bei ganz belie-
biger Lage der in Betracht kommenden Gebilde und bei ganz beliebiger
Wahl der in denselben hervorzuhebenden Elemente anzuwenden. Beson-
derheiten in der Lage der Gebilde und der Wahl gewisser Elemente der-
selben werden nur gewisse Modificationen des Resultates veranlasnen,
welche aber ebenfalls in der allgemeinen Untersuchung als Specialitäten
enthalten sein müssen.
a) Jegliche zwei Elemente eines stetigen geschlossenen Gebildes von
der in No. 1 angegebenen Beschaffenheit Hheilen dasselbe in zwei Inter-
valle; auch von zwei aufeinanderfolgenden oder zusammenfallenden Ele-
menten können wir dies sagen , nur findet dann der besondere Fall statt,
dass das eine Intervall gleich Null, das andere gleich dem ganzen Gebilde
wird. Ist 3 ein Punkt von a . so wird die eine der Strecken g^*^^ in
jeder Lage von s , welche verschieden von a ist, gleich Null, die andere
gleich dem ganzen Strahl ; in der einzigen mit a zusammenfallenden Lage
aber wird die Begrenzung der beiden Strecken g^^^^ unbestimmt.
b) Daher folgern wir, damit dieser specielle Fall den allgemeinen Ge-
setzen dieses Paragraphen sich unterordne: Während s^ von dem be-
liebigen Anfangsstrahl s^ an den einen der Winkel a. . be-
schreibt, wird die eine der Strecken, während s den anderen
der Winkel a, . beschreibt, die andere der Strecken igw^)
gleich Null, und die Lagea von^^ bildet den Uebergang.
Also auch: Während s von dem beliebigen Strahl ^^ an den
einen Winkel a. . beschreibt, wird die eine der Strecken S>
gleich dem ganzen Strahl, während s den anderen Winkel
a, . beschreibt, die andere. Durch die Anschauung kann man sich
davon überzeugen, «wenn man sich zunächst die Grenzgerade a nicht
mit d^ perspectivisch denkt und nach und nach um den Schnittpunkt mit
irgend einem Strahl s^ des Büschels §, sich drehen lässt, bis sie mit s^
zusammenfällt, was nothwendig einmal stattfinden muss nach No. 2.
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 289
c) Dem Satz in No. 24 würde dann der schon aus No. 1 und 6 folgende
entsprechen , dass auf allen Geraden der Ebene , welche nicht mit d per-
spectivisch liegen, der entsprechende Punkt sich entweder im Sinne g
bewegen muss, wenn s^ den Sinn s^ = a ^ hat, oder im Sinne g^^*
wenn s^ den Sinn *-, == a hat. rn Bezug auf die mit JS uerspecti-
Xipx Q^x
vischen Geraden ist No. 20 und 22c zu vergleichen.
d) Lassen wir den Anfangsstrahl der Bewegung von s^ s^ mit a zu-
sammenfallen, so können wir den No. 216 und 226 entsprechenden Satz
folgend ermassen aussprechen: Alle nicht mit s> perspectivischen
Geraden der Ebene werden in allen ihren Punkten von s mit
derselben Strecke g^^^^ getroffen.
Wir heben nur diese Einzelheiten hervor; die den übrigen Sätzen
dieses Paragraphen für den Fall, dass §, ein Punkt der Grenzgeraden a
ist, entsprechenden Sätze ergeben sich hiernach von selbst.
B, Ein Strahlbüschel und zwei Puuktreihen.
2(). Nehmen wir nun zunächst wieder den Punkt je» ausserhalb der
Grenzgeraden a an , und sind g^ und g irgend zwei Gerade derselben
Ebene, welche mit a =5^ je einen Punkt resp. a :^gjuud a =9^
derselben Strecke d^ gemeinschaftlich hahen, so muss nach No. 216 und
24 von den beiden resp, mit den Strecken g*^' und g^^^^^ perspectivi-
schen Winkeln $^ .^ und s^ t des Büschels d^ der eine ein Theil des
andern sein. Die Indices d und ^ mögen so gewählt sein, dass der Winkel
*r ^b)^ ^^^ Theil von s^ j ist, so ist der dem Punkt g^ auf g entspre-
chende Punkt ein Punkt der Strecke g^^^^^ und der dem Punkt g? ent-
sprechende Punkt von g^ ein Punkt der Strecke gi^ . Den Winkeln
s^ . ^ und s. .| entsprechen demnach auf« resp. die Strecken a
und a , so dass sie resp. mit s^aa)^ ^nd ^-n^g) bezeichnet werden
können und ferner *J(^^)d= *5,(Ä|X) «nd /^^^^g = ^J,^«!) >s^- ^^''
nach ist der mit der Strecke a ^ perspectivische Winkel ^^^vvji^ ^^'^
290 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
Winkeln s^ .^nnd 8^. .^ gemeinschaftlich und in jedem seiner von
den Grenzstrablen s^ ^ und s^ t verschiedenen Strahlen liegen die mit g^
und g perspectivischen Punkt d und ^ je einer auf eioer der Strecken
sF j d , und bilden also .ein Punktepaar der ersten Art in Bezug
auf die Grenzpuokte d^ und g^ (No. 126).
Auf jedem Strahl des Winkels ^l(^id) ^her liegen die beiden Punkte
i^ und d in einer der beiden Strecken St y bilden also ein Punktepaar
zweiter Art in Bezug auf d und d ; und zwar liegen beide i^ und d in
der Strecke g(^l^) = g(^*^) auf jedem Strahl des Winkels s^^-;^ 3) g, in jedem
Strahl des Winkels 5^ j(g;i) aber auf der Strecke ä^^""^^=ä'^^^\ welche,
wenn s^ den ersten Umlauf beendet , auf dem Strahl s^ = a mit d i^ ' ^'
zusammenfällt (No. 23 a).
a) Haben die Geraden g^ und g mit a =5^ je einen Punkt der
Strecke ^^ ^' gemeinschaftlich, so gilt mit Vertauschung der Strecken
d * und s>^^^^ dasselbe. Das Resultat ist unabhängig von dem Dreh-
sinne ^ von s^. Derjenige Strahl des Büschels d , welcher mit dem
Schnittpunkt g| der Geraden g^ undp perspectivisch liegt, muss (No. 13 a)
ein Strahl des Winkels ^^(|Xd) ^^^^t u^<^ zwar ein Strahl des Theiles
s /fc n j oder des Theiles s^ ä(l9) > J® nachdem der Punkt g| in dem Win-
kel o / . X oder a , ^. liegt.
b. Der Anfangsstrahl sZ^ ist beliebig gewählt ; nehmen wir statt dessen
irgend einen anderen Strahl desselben Winkels S)^(Sä)f ^^ ^'^^^ ^^ ^^'
sultat, wie aus demselben von selbst hervorgebt, nicht geändert. Es lässt
sich jedoch auch schon erkennen, wie der Satz lauten muss, wenn statt j»*^ ein
Strahl s des anderen Winkels s . /^ t\ gewählt wird, oder was dasselbe ist,
wenn g^ und g den Anfangsstrahl die eine in einem Punkt der einen, die
andere in einem Punkt der anderen Strecke g^^^^ schneiden; es lässt sich
aber auch durch eine ähnliche Betrachtung ableiten.
Wir können demnach folgenden von der Wahl des Anfangsstrahles
ganz unabhängigen Satz aussprechen , wobei wir den Schnittpunkt der Ge-
raden g^ und g kürzer mit g , den mit demselben perspectivischen Strahl
auBgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul SchObz. 291
des Büschels g^ mit $ und den mit diesem perspectivischen Punkt der Ge-
raden a mit a bezeichnen, also: Zwei beliebige Geradestund g
derselben Ebene, welche nicht Strahlen des Büschels d sind,
schneiden die Grenzgerade in zwei Punkten 9*=^^^ ^^^
(rz=a , welche diese in zwei Strecken theilen. Auf allen
Strahlen s^ . welche mit den Punkten der Strecke aV por-
spectivisch sind , das ist auf allen Strahlen des Winkels
s^ (Soi)^ in dessen Gebiet der Punkt ^ sich befindet, bilden
die mit g^ und g gemeinschaftlichen Punkted und d ein
Punktepaar der zweiten Art in Bezug auf die Grenzpunkte
d^ undd; auf allen Strahlen des anderen Winkels 5^ o(äd) ^^^"
den s>e ein Punktepaar der ersten Art, und auf den mit a und
a perspectivischenStrahlen^^^^und^l^fc, den Grenzstrahlen,
ein Punktepaar der dritten Art (No. Tirf').
27. a) Ist der Mittelpunkt des Büschels sT bei ganz beliebiger Lage der
Geraden g^. und g mit einer derselben, etwa mit g^ perspectivisch, so ist i9
verschieden von g und es gilt von den den Strahlen des Büschels auf g^
entsprechenden Punkten das in No. 20, von den auf g^ entsprechenden
Punkten das in No. 18 Gesagte. Die den sfimmtlichen Punkten von g
ausser 9^ auf g^ entsprechenden Punkte fallen in den Grenzpunkt d zu-
sammen und die den übrigen Punkten von g^ auf g entsprechenden in
g^*). Auf allen von g^ verschiedenen Strahlen s bilden die
mit den Geraden ^^ und^ geui einschaftlichen Punkte Punk-
tepaare der dritten Art in Bezug auf die Grenzpunktedund
ie»^ nach No. 12£?^, auf dem mit 0^ zusammenfallenden Strahl s
o 0
ebenfalls ein Punktepaar dritter Art aber nach'No. \2d^,
b) Ist 9> mit beiden Geraden g perspectivisch, also nach No. 2 mit
dem Schnittpunkt g identisch, so sind die den sämmtlichen Punkten von g^
ausser g auf g und die den sämmtlichen von g ausser g auf g^ ent-
sprechenden Punkte in g vereinigt; auf allen von s» und ^verschie-
*) Schroeter, die Theorie der Kegelschnitte 1867, §. 19a.
denen Strahlen s bilden die mit p« und g gemeinschaftlichen
Punkte Punktepaare dritter Art in Bezug auf die Grenz*
punkte d ==ö und s nach No. 12rf', auf den mit g^ und g zu*
sammenfallenden Strahlen Punktepaare dritter Art nach
No. 12rf».
28 a) Ist ^' mit keiner der Geraden g ^j g perspectiviscb, so können
wir nach No. 25 den Satz in No. 26 auch in dem Falle auwenden, wenn die,
Punkte a. nml o^ auf a , zusammenfallen, was nach No. 2 nur möglich
'^f ip 'ip ' °
ist, wenn ^ ein Punkt der Grenzgeraden a^ ; der besonderen Lage von g
eutspricht das Nullwerden einer der beiden Strecken a im Resultat.
Sind also g^ und g irgend zwei Gerade in der Ebene des Büschels £y , welche
einen Punkt der Grenzgeraden a gemeinschaftlich haben , a , so bilden
1. wenn beide Gerade g von a ^ verschieden sind und den Punkt i^
nicht enthalten , die Punkte ^ und 3, entweder auf allen Strahlen s^ des
Büschels ^ , den mit a perspectivischen Strahl $ ausgenommen, ein
Punktepaar der zweiten Art oder auf allen Strahlen ein Punktepaar der
ersten Art in Bezug auf die Grenzpunkte j^ und d ) je nachdem das eine
oder das andere von einem der Strahlen gilt, je nachdem nämlich die
Strahlen s und a im Büschel a . ein Strahlenpaar zweiter oder erster
Art bilden in Bezug auf die Geraden ^^ und g als Grenzstrablen (dies folgt
auch aus No. 18), aber auf dem Strahl s stets ein Punktepaar dritter Art
(No. 12 d«);
2. wenn eine der Geraden g oder beide mit a zusammenfallen, die
mit g^. und g perspectivischen Punkte eines jeden Strahles a- ein Punkte-
paar dritter Art in Bezug auf die Grenzpunkte d^ und g^ (No. 19c*»*).
6) Ist «^ ein Punkt von a und
1. sind g^ und g zwei beliebige in der £bene des Büschels ä ge-
legene Gerade, welche von a verschieden sind und den Punkt g^ nicht
enthalten, so bilden nach No. 136 und 25 die Punkte ^ und ^ auf dem
Strahl s^ in allen seinen von a verschiedenen Lagen ein Punktepaar
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 293
zweiter Art, in der Lage a aber ein Panktepaar dritter Art in Bezug auf
die Grenzpunkte i^ und d^ (No. 12d*J;
2. fallen eine der Geraden ^«;^ oder beide mit a zusammen, so
bilden die Punkte d und d auf s^ in allen seinen Lagen Punktepaare
der dritten Art (No. I2d^ * * *).
29. Beachten wir, dass a ein beliebiger Punkt von a (No. 18), also
s^ ein beliebiger Strahl des Büschels ^ und wählen wir in No. 24 statt des
beliebigen Strahles a (No. 21a) des Büschels a den mit dem Punkt g
perspectivischen Strahl a desjenigen Strablbüschels a , dessen Mittelpunkt
der mit dem beweglichen Strahl s des Büschels d perspectivische Punkt
von a^ist| so folgt: Von je zwei entsprechenden Lagen ^ ^^9^
und d =8|» welche auf dem mitihnen perspectivischen Strahl
5^ von d ein Punktepaar erster Art in Bezug auf d und
ST =a als Grenzpunkte bilden, bewegen sieh die beiden dem
Strahl s^ , während er den Büschel sy^ beschreibt, auf g^ und g
entsprechenden Punkte g^ und g , der eine ira Sinne g auf
das Gebiet des einen der durch die Grenzgerade a, und die
perspectivische Lage von s^ a bestimmten Winkel, welches
den Punkt g enthält, a, .,, der andere im Sinne g^ auf das
Gebiet des andern Winkels a, . weiter; von je zwei ent-
sprechenden Lagen aber, welche auf dem mit ihnen perspec-
tivischen Strahl s^ ein Punktepaar zweiter Art bilden, be-
wegen sich die Punkte g^ und g entweder beide im Sinne g
aufdasGebietdesWinkelsa. . oderbeideimSinne g ^ auf
das Gebiet des Winkels a (vergl. 14c). g^ und g^ sind aber
die resp. mit a , a perspectivischen Punkte der Geraden g,
§• 7. Zwei Strahlbflschel und zwei Punktreihen« Folgerang.
30. Fassen wir jeden der Strahlen s^ von d^ als Ganzes auf, nicht als
bestehend aus zwei Strecken S,^^^ , so ist a em^ \i€\\^\A^^ ^^t«A^ ^^x
294 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
Ebene (No. 18, 21a) nnd a ein beliebiger Punkt derselben und die drei
l X X i ^
Strahlen des Büschels a ^|. > ^y ) ^^ bestimmen einen gewissen Be-
wegungssinn (No. Ha*); demnach erhalten wir aas No. 20, 24, 27:
9 ä
a) Bilden die Schnittpunkte a und a zweier Geraden g^.
und p in der Ebene zweier ebener Strahlbüschel a undd^mit
dömdiesen beiden Büscheln gemeinschaftlichen Strahl a =5:
ein Punktepaar der ersten Art in Bezug auf die Mittel-
punkte a und d^ und
durchlaufen ein Punkt g^ von
g^ und einer g von g jeder
inbeliebigemRichtungssinne
seinePunktreihe, sobewegen
sich die in den Büscheln a
nndg^ entsprechenden Strah-
len in dem einen Büschel in
demselben, in dem anderen
in entgegengesetztem Dreh-
sinne.
5)BildendiePunktea undaaufa aber ein Panktepaar
' 9 9 9 ^
beschreiben ein Strahl a von
a und einer s von ig jeder in
beliebigem Drehsinne sein
Büschel| so bewegen sich die
auf den Geraden g^ und g
entsprechenden Punkte auf
einer in demselben, auf der
anderen in entgegengesetz-
tem Kichtungssinne.
der zweiten Art in Bezug auf a und d^,
sobewegen sichdiedenStrah-
^ len a und 5^ entsprechenden
Punkte entweder auf beiden
Geraden ^indemselben oder
auf beiden in entgegenge-
setztem Richtungssinne.
so bewegen sich die den Punk-
ten g^ und g entsprechenden
Strahlen entweder in jedem
der bei den Büschel in demsel-
ben oder in jedem in entge-
gengesetztem Drehsinne.
£
> .9
c) Fällt einer der Punkte a , a mit einem der Punkte a , d
9 9 '
zusammen, etwa a mit g , so dass das eine Paar ein Punkte
paar dritter Art bildet in Bezug auf das andere als Grenz
punkte,
so verändert der dem Strahl
s auf^^ entsprechende Punkt
seine Lage nicht, bis s mit
der Geraden g^ zusammen-
soverändert der dem Punkt g.
im Büschel S> entsprechende
Strahl seine Lage nicht, bis
9«
mit j^^ zusammenfällt und
Ausgezeichneten Elemente ebenem Curven. Von Paul Scholz. 295
fAlltundi]imintnachher,wenn
idieBeweguDg fortsetzt, die-
selbe Lage wieder ein, näm-
lich die des Punktes ^^, Es
kann in diesem Falle von einem
eigentlichen Bewegungsstnn (No. l)
des dem Strahl s^ auf g^ entspre-
chenden Punktes nicht die Rede sein,
also auch nicht von einer Verglei-
chung mit dem Bewegungssinn des
l
dem Strahl a auf g^ entsprechen-
den Punktes.
Die den Strahlen s^ und a
auf der anderen Geraden g
entsprechenden Punkte kön-
nen dieselbe sowohl in glei-
chem, als in entgegengesetz-
tem Rieht nngssinne beschrei-
ben, was aach durch Hinzuziehung
einer dritten von g verschiedenen
weder mit a noch mit d perspec-
tivischen Geraden aus den Fällen
a) und b) erkannt wird.
kehrt nachher, wenng^diesen
verlässt, in dieselbe Lage zu-
rück, nämlich in die der Ge-
raden g^. Es kann in diesem Falle
daher von einem eigentlichen Be-
wegungssinne (No. l) des dem Punkt
g^ im Büschel i^ entsprechenden
Strahles nicht die Rede sein, also
auch nicht von einer Vergleichnng
mit dem Bewegungssinne des dem
Punkt 9 im Büschel d^entsprechen-
den Strahles.
Die den Punkten g^und g
in dem anderen Büschel a ent-
sprechenden Strahlen können
dasselbe sowohl in gleichem
als in entgegengesetztem
Drehsinne beschreiben^ was
auch durch Hinzuziehung eines an-
deren Strahl büschels, dessen Mittel-
punkt weder mit g^ noch mit g per-
spectivisch liegt, aus den Fällen a)
und b) erkannt wird.
31. a) Jedesmal wenn die Funkte a und a ein Punktepnar erster,
zweiter oder dritter Art in Bezug auf die Punkte a und i^ bilden, bilden
nach No. 13 und 18 die mit a und i^ perspectivischen Strahlen des Bü-
schels g ein Strahlenpaar resp. erster^ zweiter oder dritter Art in Bezug
auf die Geraden ^^ und g und umgekehrt. Die Punkte a und a bilden
daher stets ein Punktepaar erster Art in Bezug auf d und a , wenn sie
sich der eine in dem einen, der andere in dem anderen der Winkel 9f*t\
befinden, und stets ein Punktepaar zweiter Art in Bezug auf dieselben
Grenzpunkte, wenn sie sich in demselben Winkel ^.^^ befinden, und stets
ein Pnnktepaar dritter Art, wenn einer derselben oder beide auf einer der
Geraden ^«, g^ oder in beiden liegen, und umgekehrt.
298 Die projectiTischen Bgensebaften der gewolmGclien und
r^^^ ^^s^^'.^h^^^*^
Dies berfickAiehtigend folgern wir ans No. 24 mid 90 folgende Sitze :
«) Dnrehlänft ein Pnnkt g.
stetig in einem bestimmten
Sinne die Pnnktreihe g ^^ %o
wird dadurch den mit g per-
speetivischen Strahlena and
derBOsehela nndj^^jedem
ein bestimmter Drehsinn er-
t heilt (No. 1 und 6).
6) Die mit a and s' aaf </ per-
spectivischen Pankte g^ and
g^dnrchlaafendanndiePankt-
reibe(7 in entgegengesetztem
Bichtangssinne (No. 17), wenn
a nndd sich, der eineia dem
einen, der andere in dem an-
deren der darch g^ und g be-
stimmten Winkel befinden,
in gleichem Richtnngssinne,'
wenn a and iS sich in demsel-
ben Winkel g^^y^ befinden.
c) Oder:
DiePunkte g^ und g^ bewegen
sich in gleichem oder in ent-
gegengesetztem Riebtangs-
sinne, jenachdeni^^ und g die
Gerade a in Punkten dersel-
9
ben Strecke i$, oder ver-
schiedener Strecken d
seh neiden.*)
(^^)
Beschreibt ein Strahl t
stetig in einem bestimmten
Sinne den Bfischel d,so wird
dadarch den mit » perspectiv
▼ ischen Punkten g^ und g der
Geraden g^ nnd g jedem ein
I bestimmterRichtangssinn er-
theilt (No. I onde).
Die mit g. and g^ im Büschel
a perspectivischen Strahlen
a^ nnd a. durchlaufen dann
ihr BQschel in entgegen-
gesetztem Drehsinne (No. 17)|
wenn g^ nnd g den beiden
Büscheln d und a gemein-
schaftlichenStrahla ,dieeine
9
ineinemPunkt dereinen, die
andere in einem Punkt der
anderen der durch die Mittel-
punkte bestimmten Strecken
schneiden, in gleichem Dreh-
sinn, wenn ^^und g beide den
Strahl a in Punkten dersel-
9
ben Strecke ^^^^^
schneiden.
Die Strahlen a^nnd^^ be-
wegen sich in gleichem oder
in entgegengesetzt cm Dreh-
sinne,je nachdema iniddsich
in demselbenWinkel g^ ...oder
verschiedenen Winkeln
befinden.
in
9
(«D
^) Vgl, V, 8t Audi, Beiträge zur QeomeAne Aei Ln^e, erstes Heft, No. 50, 51
ftttftgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 297
d) Liegt der Mittelpunkt
eines der beiden Strahlbü-
scbel, etwad in einer decGe-
raden g, so verharrt der dem
Strahls^ ti^fg^ entsprechende
Punkt in seinerLage, nttmlich
wenn S^ in der Geraden g^
gelegen, im Schnittpunkt 9 ,
wenn S? in g^ gelegen, in j^^,
bis g^ resp. den Punkt d^ oder
g deckt, undnimmt, sobaldg^
diese verlassen, die alt eLage
wieder ein; der ausgezeichneten
Lage von ö* in resp. Ä oder 9
•
aber entsprechen im BüRchel d im
ersten Fall die sämmtlichen Strahlen
ausser 9^, im zweiten der einzige
Strahl g^ , in beiden Fällen auf der
Geraden g^ die sämmtlichen Punkte
ausser resp. g^ und j^^*). Fällt auch
2.
a in eine der Geraden g, so gilt von
dem dem Strahl a auf g ^ entspre
cbenden Punkt Analoges.
Geht eine der Geraden g,
etwa^^ durch den Mittelpunkt
eines der beiden Büschel, so
verharrt der dem Punkt 9^
im Büschel a entsprechende
Strahl in seiner Lage, näm-
lich wenn g^ durch Ä^ geht,
in dem gemeinschaftlichen
Strahl a , wenn g^ durch a
Strahl gr^ oder s^^=a deckt.
geht, in g^, bis s^ resp. den
l
und nimmt, sobalds^diesever-
lassen, die alte Lage wieder
ein; der ausgezeichneten Lage von
r in resp. g^ oder s^. aber entspre-
chen auf der Geraden g^ im ersten
Fall die sämmtlichen Punkte ausser
Ä , im zweiten der einzige Punkt a ,
in beiden Fällen im Büschel a die
sämmtlichen Strahlen ausser resp.
a und ^^•3. Geht auch cr^ durch
Q o ^ S
.9 ^
einen der Mittelpunkte jg , a , so gilt
von dem dem Punkt 9^ in a entspre-
chenden Strahl Analoges.
Hieraus und aus No. 27 ergiebt sich von selbst das Resultat für
den Fall
dass der Mittelpunkt eines der bei-
den Büschel mit 9 zusammenfallt.
dass eine der Geraden g mit a
zusammenfällt.
32. Wüssten wir eine Gerade g , welche die Eigenschaft hat, dass,
während sie von einem ihrer Punkte 9 in beliebigem aber ein und demsel-
ben Sinne stetig durchlaufen wird, alle Strahlbüschel der Ebene, deren
Mittelpunkte nicht in ihr liegen, von dem mit 9 perspectivischen Strahle in
gleichem Drehsinn beschrieben werden , welches auch die allgemeine De-
*) Schroeter, die Theorie der Kegelschnitte |. 10a,
298 IKe projectiTiBchen Eigenschüften der gewöhnlidieii und
.^^^i^^.<^y■^<^^'i<'<^^*^»*»^^<^^^^»l^^w^
finition für die Gleichheit des Drehsinnes in zwei nicht eoncentrischen
Strahlbäscheln sei, wofern sie nor in das in No. 17 angegebene Kriterinm
tibergeht, sobald die Mittelpankte der beiden Bnschel znsaramenfallen , so
wurden wir mit Räcksicht anf No. 17 folgendes specielle Kriterinm erhal-
ten : Je zwei nicht concentrische Strahl büschel der Ebene , deren Mittel-
punkte ausserhalb der Geraden g liegen , werden jeder von einem seiner
Strahlen in gleichem oder ungleichem Drehsinne beschrieben, je nachdem
die Spuren der laufenden Strahlen in der Geraden g sich in gleichem oder
ungleichem Richtungssinne bewegen.
Durch Anwendung des Satzes in No. 31 , wenn g eine der beliebig in
der Ebene g<*legenen Geraden g^^ g^ vertritt, folgt dann:
a) Wird eine beliebige von g verschiedene Gerade g^ der Ebene von
einem ihrer Punkte g^ in einem bestimmten Sinne durchlaufen, so beschreiben
die mit g^ perspectivischen Strahlen aller Strahlbüschel, deren Mittelpunkte
ausserhalb der Geraden g und g^ befindliche Punkte des einen der von g
und g^ begrenzten Winkel sind, ihre Büschel in gleichem Drehsinne, die
mit 9^ perspecti vischen Strahlen aller Strahlbüschel, deren Mittelpunkte
ausserhalb der Geraden g und g^ befindliche Punkte des anderen Winkel»
9 O
g. j. sind, ihre Büschel ebenfalls in unter sich gleichem, aber dem der
ersteren entgegengesetzten Drehsinne.
6) Die Grenze zwischen diesen beiden Gruppen von Büscheln , also
den Uebergang von den einen zu den anderen bilden die Strahlbüschel,
deren Mittelpunkte in den Geraden g^. und g liegen. Da sie gemäss ihrer
Lage als Grenzgebilde beiden der bezeichneten Gruppen angehören, so
müssen sie die Eigenschaften beider in sich vereinigen; der ihnen durch
die Bewegung von g^ ertheilte Bewegungssinn muss das Resnltat sein,
wenn wir uns den laufenden Strahl sowohl dem Bewegungssiun der einen
wie dem der anderen Gruppe (dem entgegengesetzten) folgend den-
ken, kann also mit keinem derselben verglichen werden. In den Strahl-
büscheln, deren Mittelpunkte die Punkte der Geraden ^^ sind, erscheint
dieser resullirende Bewegungssinn in der in No. 30c und 31 d angegebenen
Weise, in den Strablbüscheln, deren Mittelpunkte die Punkte der Geraden
g sind, jedenfalls in anderer Weise, da hier je zwei verschiedenen Lagen
von g^ auch zwei verschiedene Strahlen entsprechen (No. 2,6, 18).
c) Daraus folgt nun, dass, wenn es überhaupt in der Ebene eine Gerade
von der Beschaffenheit giebt, wie wir sie von^ angenommen haben, es nur
eine einzige der Art geben kann, dass diese sich durch ihre Lage von den
anderen unterscheiden und als eine ausgezeichnete kennzeichnen muss;
denn die von vornherein von ihr vorausgesetzte wie die in b) daraus ge-
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 29d
folgerte Eigenschaft der Strahlbüschel, deren Mittelpunkte in ihr liegen,
kommen dieser Geraden an sich zn, sind an keine sonstigen Daten ge-
knüpft, von denen sie abhängig wären.
§• 8« Die nnendlich entfernte Gerade als Grenzgerade«
A. Eine Punktreihe und ein Strahlbüschel.
33. Da nnsere bisherigen Untersuchungen lediglich in einer Ausbeu-
tung der in §. 1 gestellten Voraussetzungen , vorzüglich der Eigenschaften
der Stetigkeit und der sich schliessenden Aufeinanderfolge der Elemente in
den Grundgebildcn bestehen, und wohl in der Anschauung eine Erläuterung
finden , deren aber zur Beweisführung nicht bedürfen (vergl. No. 4) ; da
femer aber die Voraussetzungen des §. 1 gemäss No. 2,3,7 auch für die
nnendlich entfernten Elemente und Träger von Grundgebilden in gleicher
Weise gelten, wie für die endlichen (No. 25), so müssen jene den erhaltenen
Eigenschaften und Gesetzen ebenso unterworfen sein wie diese, obwohl
sie sich der Anschauung entziehen;* nur werben eben deswegen die Sätze ,
sich oft etwas einfacher gestalten. Ja wir werden finden, dass Eigenschaf-
ten, welche in ihrer einfacheren Form an den unendlich fernen Elementen
auffallen und diesen eigenthümlich zu sein scheinen, allgemein allen Ele-
menten der Ebene (Punkten und Geraden) in gleicher Weise zukommen.
34. Wählen wir daher statt der beliebigen Geraden a die unendlich
entfernte Gerade g^ als Grenzgerade, und ist ^\ irgend ein endlicher oder
nnendlich entfernter Punkt der Ebene, s^ ein beliebiger Strahl des Bü-
seh eis d^, a =^3 ^^^ mit der unendlich entfernten Geraden gemein-
schaftliche Punkt desselben und g ein beliebiger von si^ = g undg^ ver-
schiedener Strahl des Büschels Qg^, so folgt aus No. 21a mit Rücksicht
auf No. 25:
a) Jede Geradegi derEbenewird durch diemitp^ und ^^^
perspectivischen Punkte g^ und 9* in zwei Halbstrahlen ge-
theilt, von denen der eine g^^* ^ ganz mit allen seinen Punk-
ten in der einen der beiden Halbebenen in Bczugauf^ ^^^l»
a. ., der anderen^ '^ganzmit allen sei nenP unk toninder
anderen Halbobene g . .liegt. In allen mit ^^ perspectivischen
Geraden wie z. B. g wird der eine der beiden Halbstrahlcn (No. 25^ ^lelcK
X
Null, der andere wird gleich dem ganzen StraM, we\c\iW &^m\iwi>ck \xi\^ ^^^"^
Zeitsebrift f. Mtlbrmalhik u. Physik, X/V, 4. »XV
800 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
seinen Punkten einer der beiden Halbebenen in Bezug auf si==:g ange*
hört (vergl. No. IIa).
Die Geraden g and ^^^ gehören ihrer Eigenschaft als
Grenzgeraden gemäss jeder der beiden Halbebenen an.
b) Da alle Strahlen s^ des Büschels §1^ mit dem beliebigen Strahl s ^
desselben den Mittelpunkt &^ gemeinschaftlich haben, so folgt
1. Die beiden Halbstrahlen eines jeden Strahles eines
ebenenStrahlbüschels in Bezug auf den Mittelpunkt, dieser
mag ein endlicher oder ein unendlich entfernter Punkt sein,
liegen in Bezug auf jeden der übrigen Strahlen desselben in
verschiedenen Halbebenen, jeder mit allen seinen Punkten
in einer (No. IIa).
2. Ein Halbstrahl eines Büschels liegt in Bezug auf irgend
einen anderen Strahl desselben Büschels in allen seinen
Punkten auf derselben Halbebone, auf welcher einer seiner
vom Mittelpunkt verschiedenen Punkte sich befindet
35. Aus No. 21c, 22, 24, 25 folgt ferner:
d) Lassen wir einen Strahl s^ von der Lage sz^ aus den
Strahlbüschel d in einem bestimmten Bewegungssinne J ste-
tig durchlaufen, bis er einen Umlauf vollendet und wieder
nach s^ gelangt, so «muss der eine Halbstrahl jg^^' ^ = g^^'
m
stetig die eine der beiden Halbebenen in Bezug auf s^ = g ,
g, X =a, . V beschreiben, in allen seinen Lagen während
dieses ersten Umlaufes und in allen seinen Punkten in dieser
Halbebene liegen und es kann keinen vom Mittelpunkt jg^ ver-
schiedenen Punkt derselben geben, welcher von dem Halb-
strahl 3 während eines Um lau fesmehr als einmal oder kein-
mal getroffen würde; der andere Halbstrahl jg'^""*^ = g^'^*'
aber muss in gleicher Weise die andere Halbebene a ,
beschreiben.
6) Es wird demnach, während s^ von 5^ an einen Umlauf
macht, ganz allgemein jede endliche Gerade g der Ebene in
allen von den Grenzpunkten verschiedenen Punkten eines
und desselben Halbstrahles in Bezug auf den mit g gemein-
scbaftlichen Punkt g^ voti einem und demselben Halbstrahl
aasgezeicbneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 301
von 5^ in Bezngaufden Mittelpunkt g* getroffen, inallenPunk-
ten des anderen Halbstrahlels von dem anderen; nämlich in allen
Punkten des in der Halbebene ^z oo)=«'J,|«)(Vp ») = %-»)) S«*«««"
nen HalbstraWs /«Z«)=gC«l*)(gJ!C?»)_g(«— )) ^„„ j^^ •„ ginnet
diese Halbebene von der Anfangslage 5, (i?j ""*' ) an beschreibenden
Halbstrahles 8^»'*^(/»~*^); nnd zwar:
1. jede Gerade, welche mit ^^ perspectivisch liegt, also ein Strahl
s^ des Büschels ist, während s^ die einzige mit s^ zusammenfallende Lage
hat;
2. jede endliche Gerade^^, welche nicht mit j^ perspectivisch ist und
einen endlichen Pankt 9T mit dem Anfangsstrahl s^ gemeinschaftlich hat,
während s^ den mit dem Halbstrahl 0^g^^*^=ö|^'* Y9j^^*^=ö^^"*^)
perspectivischen Winkel ^f^;^«,)^=*J;t|S) (*Jc^x)^ = *a-6)) beschreibt,
welcher nach No. ISd nur einen Theil des Büschels ausmacht;
3. jede endliche Gerade^, welche nicht mit §> perspectivisch ist und
mit 5j den unendlich entfernten Punktgemeinschafllich hat, während 5^ conti-
nuirlich den ganzen Büschel beschreibt.
c. Von beiden Halbstrahlen, jg^^' ^sowohl, als g^^"" ^wer-
den getroffen:
Die unendlich entfernte Gerade ^^^ in allen Lagen von ä^;
jede mit 0^ perspectivisc he Gerade in allen Lagen von*^
ausser einer, der mit ihr zusammenfallenden;
jede andere endliche Gerade nur in einer Lage von $^, der
mit ihrem unendlich entfernten Punkt perspectivischen.
Jede Gerade der Rubrik 6* wird in dem mit s^ gemeinschaftlichen
Grenzpunkte 9^ von dem Halbstrahl j^^^' ^ oder S> ' getroffen, je nach-
dem der Punkt g^ der Anfangslage des einen, g^^ , oder der des anderen
9?'^ 1 angehört.
rfl. Auf den Geraden der Rubrik 6* ist eine Bewegung
(No. 1) des dem Strahl s^ entsprechenden Punktes, also ein
eigentlicher Bewegungssinn nicht vorhanden, also auch TvvÄ,\i^.
vergleichbar mit einem anderen Bewegungssinne.
ä02 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen and
2. Von den Geraden der Rubrik fc* bewegt sich (No. 24) der
dem Strahl s^ entsprechende Punkt auf allen, welche ^?in
einem Punkte des Halbstrahles d^ schneiden, im Sinne
c^* , auf allen, welche $^ in einem Punkte des Halbstrahles
Stj~ ^schneiden, im Sinne g^ .
3. In den Geraden der Rubrik b* lässt sich über den Bewegnngssinn
des dem Strahl s^ entsprechenden Punktes unter den angenommenen Ver-
hältnissen nichts bestimmen ; da aber dieser Bewegnngssinn nicht von dem
Anfangselement abhängt, so können wir einen anderen Strahl 5 als Anfangs-
strahl wählen, in Bezug auf welchen die zu untersuchenden Geraden der
Rubrik 6* einzureihen sind. Vergl. No. 29, 30.
*
e) Ein Ue hergehen des dem Strahl«^ auf einer Geraden p^,
welche mit d^ nicht perspectivisch ist, entsprechenden Punk-
tes Qu von einem Halbstrahl in Bezug auf den Mittelpunkt ^
auf den anderen kann nur stattfinden und findet stets statt,
wenn der Punkt g^ aufgr^ den unendlich entfernten Punkt über-
schreitet^) (No. 216), also während eines ganzen Umlaufes des
Strahles5^ nur einmal. Umgekehrt bleibt, während«^ einen
Theil des Büschels g^, einen Winkel beschreibt, der aufein er
Geraden g^ entsprech ende Punkt auf demselben Halbstrahl,
also der der einen Grenzlage entsprechende auf demselben
als der der anderen Grenzlagc entsprechende, so enthält die
in dem Winkel liegende Strecke den unendlich entfernten
Punkt nicht; und sie enthält ihn stets, wenn der eine der Grenz-
punkte von demeinen, der andere von dem anderen Halbstrahl
von s^ getroffen wird.
B. Folgerungen. Halbebene. Halbstrahlbüschel.
Der unendlich entfernte Punkt.
36. a. Wir haben wiederholt hervorgehoben , dass gewisse Eigenschaf-
ten für alle Gebilde resp. Elemente von Gebilden innerhalb gewisser genau
festgestellter Grenzen gelten, ausserhalb derselben aber für keines, son-
dern durch andere die ersteren ausschliessende Eigenschaften ersetzt wer-
den. Die Umkehrungen von Sätzen, welche solche Eigenschaften betreffen,
müssen ebenfalls richtig sein und in ihrer ganzen Ausdehnung gelten.
*J V, Staudtf Geometrie der Lage ^o. 55,
aasgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 303
6) Aus No. 35 e 6 folgt mit Rücksicht darauf, dass der Anfangsstrahl
1^ ein beliebiger Strahl des Büschels ist:
Schneidet der irgend einen Strahlbüschel d^ in demselben Bewegungs-
sinne stetig durchlaufende Strahl s^ beliebige Gerade derselben Ebene,
welche mit dem Mittelpunkt des Büschels d nicht perspectiviscb sind, in n
aufeinanderfolgenden Lagen jede derselben nur in endlichen Punkten , so
wird jede dieser Geraden in allen n Punkten von demselben Halbstrahl des
laufenden Strahles s^ getroffen, von welchem sie in einem dieser Punkte
getroffen wird, und alle Gerade, deren Schnittpunkte mit $^ in einer der
n Lagen demselben Ualbstrahl von ^ , angehören, werden in allen n Lagen
von demselben Halbstrahl getroffen.
Der Satz gilt auch dann, wenn s sich continuirlich in dem Büschel d
bewegend, seinen Drehsinn innerhalb der n aufeinanderfolgenden Lagen ein-
oder mehrmal ändert.
c) Von dem ein Strahlbüschel , dessen Mittelpunkt irgend ein Punkt jS
einer Geraden s ist, in irgend einem, aber einem und demselben Sinne von
f ans einmal durchlaufenden Strahl s^ müssen zwei Punkte derselben Halb-
ebene in Bezug auf s mit demselben,, zwei Punkte, welche auf ver-
schiedenen Halbebenen in Bezug auf s liegen, aber der eine mit dem
einen, der andere mit dem anderen Halbstrahl in Bezug auf den Mittel-
punkt 9 getroffen werden; dies gilt auch von dem Strahlbüschel, dessen
Mittelpunkt der Schnittpunkt der die beiden Punkte enthaltenden und durch
dieselben bestimmten (No. 2) Geraden mit s ist ; die beiden gegebenen
Punkte müssen daher im ersten Fall auf demselben -Halbstrahl dieser Ge-
raden in Bezug auf den Schnittpunkt mit s liegen, im zweiten auf verschie-
denen Halbstrahlen. Das heisst:
1. Die Verbindungsgerade 6 =6 zweier Punkte b ,6 wird
von einer anderen Geraden $ in einem Punkt der Strecke b"^
getroffen, wenn die Punkte b undb auf verschiedenen Halb-
ebenen in Bezug auf* liegen, in einem Punkt der Strecke 6^^* ,
wenn b undb auf derselben Halbebene in Bezug auf 5 liegen,
und umgekehrt.
2. Sindb undb zwei aufeinanderfolgende, also unendlich nahe Punkte,
80 ist die Strecke b der Geraden b gleich Null; die Gerade b kann
von allen Geraden, von denen sie nicht in den Punkten b und b selbst ge-
troffen wird, nur in Punkten der Strecke b geliofieu ^wÖl^ü* ^%^\
304 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
Zwei aufeinanderfolgende endliche Punkte befinden sich
inBezng auf jede Gerade, welche mit ihnen in derselben
Ebene, aber mit keinem perspectivisch liegt, stets auf dersel-
ben Halbebene and in Bezug auf jeden der übrigen Punkte
ihrer Verbindungslinie auf demselben Halb strahl.
37. Durch Vergleicbung von No. 21c oder 35a und 10 folgt: Der eine der
beiden einfachen Winkel, aus denen ein vollkommener Winkel, dessen
Strahlen nur einen Theil eines Strahlbüschels bilden, besteht und welcher
g^ entweder gar nicht, oder nur als Grenzstrahl enthält, liegt ganz mit allen
seinen Halbstrahlen und den diesen zugehörigen Punkten auf einer der beiden
Halbebenen in Bezug auf s^, der andere einfache Winkel, der Scheitel-
winkel des ersteren , ganz auf der anderen. Also :
a) jDie beiden einfachen Winkel eines jeden vollkomme-
nen Winkels mit endlichem Mittelpunkt, der nur einen Theil
des concentrischen Strahlbüschels bildet, liegt inBezugauf
jeden derbeiden Grenzstrahlen, wie in Bezug auf jeden Strahl
des Ergänzungswinkels auf entgegengesetzten Halbebenen,
jeder mit allen seinen Halbstrahlen auf einer.
b) n in demselben oder in ein- oder mehrmal geändertem
Drehsinne aber stetig aufeinanderfolgende Lagen desselben
Halbstrahles eines stetig in einem Strahlbüschel sich bewe-
genden Strahle sliegen in Bezug aufjeden der übrigen Strah-
len des Büschels, d. i. inBezng aufjeden Strahl desselben, mit
welchem der bewegliche Strahl in keiner dieser n Lagen zu-
sammenfällt, auf derselben Halbebene.
c) Liegt der eine Halbstrahl eines Strahles «^ und der eine
Halbstrahl einesStrahles^^ in Bezue auf einen anderen Strahl
s^ desselben Büschels auf derselben oder aufentgegengesetz-
ten Halbebenen, so liegen sie in Bezug auf jeden Strahl des
Winkels*? . auf derselbeji, resp. auf entgegengesetzten
Halbebonen undinBezug auf jeden Strahl des Winkels 5,^ .
resp. auf entgegengesetzten Halbebenen oder auf derselben.
d) Sind 5^ und s^ zwei aufeinanderfolgende Strahlen des Büschels Ä^,
SO enthält der Winkel s^ . keinen Strahl; daher folgt aus vorigem Satz
mit Rücksicht auf No. 346^: Befinden sich irgend zwei endliche
von j^ verschiedene Punkte g;, g zweier aufeinanderfolgen-
der Strahlen 5^, $^ eines Büschels i^^ in Bezug auf irgend einen
i
Punkt sein (No. 25, a^ = S'oo).
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 305
der übrigen Strahlen auf derselben oder auf entgegengesetz-
ten Halbebenen, so liegen sie nnd die sie enthaltenden Halb-
strablenÄ-^ ^ und iJ^^ -^ in Bezug auf jeden der übrigen Strah-
len auf derselben resp. auf entgegengesetzten Halbebenen.
Diese Sätze gelten, ^^ mag ein endlicher oder unendlich entfernter
l
38. Jeder der beiden Halbstrahlen von s^ bildet, wenn s^ von sz^ an
den Büschel d^ einmal durchlaufen und wieder nach 5^ gelangt ist, die Er-
gänzung zu demjenigen Halbstrabl , welchen er am Anfange der Bewegung
deckte , und muss beim zweiten Umlauf von s^ in demselben Sinne J die
der beim ersten Umlauf durchlaufeneu entgegengesetzte Halbebene be-
schreiben, so dass er nach Beendigung des zweiten Umlaufes dieselbe La^
hat, als am Anfange der Bewegung (No. 23a).
a) Demnach kann jede der beiden Halbebenen in Bezug auf irgend
einender Büschelstrablen gemäss No. 10 und 35a als ein einfacher Winkel
angesehen werden*), dessen vollkommener Winkel der ganze Strablbüschel
ist. Also zufolge No. 12a und 23rf: Derselbe Halbstrahl g^^'^^X^^^"" *^)»
welcher von der Lage »f ' l^i ~ ) ^^^ ^° ^®°^ Drehsinne J von s^ die
Halbebenei^^' . 1^^^. . ^J beschreibt, beschreibt in dem entgegengesetz-
ten Drehsinne J die andere Halbebene ^f\_l^ \^(VZ.7\\ ^^^ dieselbe
Halbebene, welche, während s im Sinne J den Büschel beschreibt, von
dem Halbstrahl j^^ ^ aus der Anfangslage g^^' beschrieben wird, wird
in dem Drehsinne J von dem Halbstrahl g ^~" ^ aus der Anfangslage S>^ ~~ *^
beschrieben, so dass ^^ ^^ ^Ä/^Iln ^"^ (X-^l)^ (llX)' ^'® ^^^^ *^^
der Bezeichnung nach No. 15 hervorgeht.
6) Die sämmtlichen Lagen eines der beiden Halbstrahlen j^'^^^'^ wäh-
rend zweier aufeinanderfolgender Umläufe von s in demselben Bewegungs-
sinne erfüllen daher die ganze Ebene und sind ein Gebilde, von welchem
die Voraussetzung in No. 1 und die daraus hervorgehenden Folgerungen,
wie die in §.5, in ihrer ganzen Ausdehnung gelten; wir nennen es ein
Halbstrah lenbüschel; jeder von g^ verschiedene Punkt der Ebene
liegt mit einem Halbstrahl dieses Halbstrahlbüschels in einer und nur
einer Lage perbpectivisch.
*) v. 8tandt, Geometrie der Lage No. 22.
306 Die projecti vischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
39. Die Halbstrablen jg^^'*' und ^^^"~*-' von s^. sind zwei Elemente
des Halbstrahlbüschels, welche dasselbe in zwei Intervalle, Halbebenen
theilen, die wir entsprechend dem Princip in No. 15 a mit ^^?i^ «od dj?_j^
oder resp. mit ^/? i/ ^°^ ^(l\l) ^^ Bezug auf den Drehsinn J bezeich-
nen, je nachdem wir uns das laufende Element in der Lage äj oder in
der Sff^^^ denken (vergl. No. 38a). Von einem zweiten Strahl $^ gehört
nach No. 34 6i ^er eine Halbstrahl g^^' *^ der Halbebene S>^^J\T?==^f!lZ'^^
an und der andere g^^""**^ der Halbebene ö^jTTx* =i^;3' jv. Jede der
V v^ 1 ^J (a ■ *)
Halbebenen in Bezug auf s. wird daher, als Intervall des Halbstrahl büschels
aifgefasst, durch den in ihr enthaltenen Halbstrahl von s^ in zwei Tbeile
getheilt, die gemäss No. 15a in der Reihenfolge, wie sie von dem im Sinne
d den Halbstrahl büschel von d^^' ^ an durchlaufenden Halbstrahl beschrie-
ben werden , folgendermassen zu bezeichnen sind :
oder resp.
^{x\v) ^{v\i) ^{x\v) V:i)
%-x) V-t') V-i) ^{i-vy
Der erste und dritte dieser einfachen Winkel ergänzen sich als Scheitel-
winkel zu dem vollkommenen Winkel yf, . = *. ,x und ebenso der zweite
(i|Vj {v — X)
und vierte zu dem Winkel s, ,,. = *?- .. Während nun s^ von 5? aus im
{v\X) {X — v) X
Sinne J einen Umlauf macht, beschreiben gleichzeitig (No. 21c und 35«)
der Halbstrahl /^'^^ von 1*^^' "^^ aus die Halbebene iS^^)*\ der Halbstrahl
K \.X\X)
d ^~ von Sf^" *^ aus die Halbebene ^/J jTx 5 die beiden Halbstrahlen
bewegen sich in gleichem (Drehsinn) Bewegungssinn; wir können daher
No. 17 anwenden und erhalten, indem wir noch bemerken, dass, was von
dem willkürlich gewählten Strahl 5^ festgesetzt ist, auf jeden beliebigen
anderen Strahl s^. angewendet werden kann.
a) Während s im Sinne ^ von s. aus den Büschel ^^ einmal
durchläuft, ist den Halbebenen iS/^ttN in Bezug aufalle Lagen
5? des Winkels .vf- , . der einfache Wink el g,',ff emeinschaft-
lieh mit allen seinen Halbstrahlen und ausser diesen keiner,
ausgezeicbneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 307
' ^^*"^^^>'>>^^^V./^rf^^^^\i^^l^V^^^^^rf
in Bezue auf alle Lagen s]. des Winkels s^ ,.. der einfache
Winkel Ä,^, . in gleicher Weise: den Halbebenen 3;? Z aber
{*'\V (s— s)
ist in Bezug auf alle Lagen s]. des Winkels s,., . der einfache
^ . ^ £ Uli')
Winkel d/ ,,v und in Bezug auf alle Lagen 5^ des Winkels
*f . , der einfache Winkel 1^,,, ^^gemeinschaftlich.
6) Aus No. Ibad und 34 b^ ergiebt sich:
Während5^von5? ausimSinne^stetigdenWinkels;, , .
X ^ {l\v)
beschreibt, liegen auf derselben Halbebene gJJ^^^. in Bezug
auf jede seiner Lagen f^ der von dem Halbstrahl g^^ ^ be-
schriebene einfache Winkel jg;,* vonsf, .. und von s^,,. . der
einfacheWinkel ^^rT ^ ,welchervon dem Halbstrahl 3^^ ''be-
schriebene wird; auf der Halb eben ejg\.^Lv aber liegen die eiur
fachen Winkel ^, A x nnd ^.flT: also in Bezug aufjedeLage
5? im Winkel s.^, . liegen stets auf derselben Halbebene der
i C^|v) ^
von dem Halbstrahl j^^^'^ beschriebene einfache Winkeides
einen und der von dem Halbstrahl g^^"~ beschriebene ein-
fache Winkel des anderen der beiden Theile, in welche der
Winkel *f,, . durch ^t zerfällt.
(^1«') £
c) In Bezug auf jede Lage sj von s während des ersten Umlaufes
von 8^ aus, in welchem die Halbstrahlen fr ^ und j^^^ ^ von resp.
fp I od) « (o — od) i« TT 11 1 Ttfloo) - fp—oo) ,
iJ^^' ' und g^'^ ^ aus resp, die Halbebenen g^J'.^ und ^)T,J^ beschrei-
ben, liegt der Halbstrahl g^^'"*^ auf der Halbebene ^^j'_*^., daher 1^^"""*^
auf i^/t t^ » während des zweiten Umlaufes, in welchem die Halbstrahlen
Ä und ^^"^^ von resp. Äl^ ~ *^ und ^^^' ^ aus resp. die Halbebenen
^ai^r^ ""^ 4^1*/ ^«schreiben, liegt der Halbstrahl ^^^'*^ auf der Halb-
ebene g[J|j\ also 4^"*> ^"^4j'*|)-
40. Durchläuft von demjenigen Halbstrahl g^^**^ von «J aus, welcher
den mit einer Geraden g^ der Rubrik 6* in No. 35 gemein8ch&ftl\<5\v^xi^>ax^V
308 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen and
8?=*^ enthält, der Halbstrahl r*'*^ im Bewegungssinne ^ stetig den
Halbstrahlbtischel ^ ^ so trifft er nach No. 216 und 356* die Gerade^, in
den von g^ an stetig aufeinanderfolgenden Punkten des Halbstrahls g^^' ^-'j
während er den einfachen Winkel i^J? T/ beschreibt, bis er in die mit j*
perspectivische Lage d. "^ gelangt; darauf so lange nicht, bis er in die
Lage j^^^""*^ gelangt ist, d. i. bis er die Halbebene jg,^*^ beschrieben, der
Strahl -5^ also, dem ^^^^' angehört, von s^ aus einen ganzen Umlauf vull-
endet hat (No. 38); von da ab aber trifft der laufende Halbstrahl d
wieder die Gerade ^., während er den Rest des Halbstrahlbüschels, den
einfachen Winkel »^tx2\ beschreibt, in den von gf'^ an im gleichen Bich-
tungssinne wie in g^ (No. 16) aufeinanderfolgenden Punkten von fit .
Lassen wir daher einen Punkt g^ die Gerade g^ von g| ab im Sinne g. ' ^
(No. \^a^) durchlaufen, so ist deswegen, weil er beim Ueberschreiten des
unendlich entfernten Punktes g* von dem einen Halbstrahl i^^^' ^ auf den
5 •
anderen j^.^ ^ rückt, der mit demselben perspectivische Halbstrahl des
Halbstrahlbüschels &^ genöthigt, die Hälfte seines Gebildes, entsprechend
einem ganzen Umlauf von s zu überspringen, damit den hintereinander-
folgenden Lagen von c^. hintereinanderfolgende Lagen desselben Halbstrahls
entsprechen. Dadurch nnf ist es möglich, dass das Halbstrahlbüschel, ein
Gebilde von doppelt so grosser Mächtigkeit als die gerade Punktreihe, mit
dieser in perspectivische Beziehung gebracht werden kann.
Die Modification, welche eintritt, wenn g^ eine Gerade der Rubrik 6*
in No. 35, ergiebt sich schon hieraus von selbst, wenn wir beachten, dass
die ganze Untersuchung ihrem Wesen nach dieselbe bleiben müss, nur
einer der Halbstrahlen g^ gleich Null, der andere gleich der ganzen Ge-
raden g^ wird (No. 25).
Betreffs der Fälle, wenn^£ = ^gp oder eine Gerade der Rubrik 6* in
No. 35, vergleiche No. 35 c.
41. Zufolge No. 25 und 33 gelten die in diesem Paragraphen angestell-
ten Untersuchungen und abgeleiteten Sätze, sowohl wenn der Mittelpunkt
des Büschels ^^ ein endlicher, als wenn er ein unendlich entfernter Punkt
ist; die eintretenden Modificationen wenn d ein unendlich entfernter Punkt,
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 309
No. 25, bezogen hnf a^^ = g^^ leicht erkennen.
sind in denselben schon enthalten und lassen sich mit Berücksichtigung von
l
Dass, wenn der Mittelpunkt i^ eines ebenen Strahlbüschels ein end-
licher Punkt und g^ irgend eine endliche den Punkt h nicht enthaltende
Gerade ist, ihr unendlich entfernter Punkt beiden Halbstrahlen des mit ihm
perspectivischen Strahles s^ angehört, nach entgegengesetzten Richtungen
zu liegen scheint,
dass, während ein Strahl s^ den Büschel beschreibt, der ihm auf der
Geraden ^^* entsprechende Punkt beim Ueberschreiten des unendlich ent-
fernten Punktes von einem Halbstrahl von $^ auf den andern rückt,
sowohl in der dem unendlich entfernten Punkt vorhergehenden , wie in
der ihm folgenden Lage auf derselben Halbebene in Bezug auf den mit .dem
unendlich entfernten Punkt perspectivischen Strahl (Parallelstrahl) liegt, in
Besng auf jeden mit einem endlichen Punkt g'^ perspectivischen Strahl aber
• ^
in der auf g'^ folgenden Lage nach No. 34 n und 18 auf der entgegengesetz-
ten Halbebene sich befindet, als in der g^ vorhergehenden Lage ,
sind durchaus keine dem unendlich entfernten Punkt als solchem eigen-
tbümliche Eigenschaften, sondern sie sind eine Folge der allgemeinen
Sätze in No. 216 und 22; sie kommen, wenn wir statt der unendlich entfern-
X
ten Geraden eine beliebige endliche Gerade a als Grenzgerade wählen,
auch jedem endlichen Punkt derselben in gleicher Weise zu :
sowohl beim Durchlaufen der einen Strecke jj^^**^ von j^^ aus, als beim
Durchlaufen der anderen (in entgcgengesetzteip Hichtungssinne , No. 12a)
gelangen wir zu demselben;
wenn der dem Strahl s^ auf g^ entsprechende Punkt den der Geraden
^^ mit a gemeinschaftlichen Punkt gj' überschreitet, geht er stets von der
einen Strecke j^^^^^ auf die andere über (No. 216, 22), und
befindet sich in der dem Punkt g j' vorhergehenden , wie in der auf ihn
folgenden Lage in demselben der durch a und den mit gj perspectivischen
Strahl s\ ffebildeten Winkel, weil in diesem Falle a , g^ und sl Strahlen
des Büschels g^ sind , also der eine mit allen seinen Punkten in einem
der von den beiden anderen bestimmten Winkel sich befinden muss
(No. 10); in jeder der übrigen Lagen g^ aber fällt \iaa\i 'So.'l ^v "c^^^ '°^'^'^
310 Die projectivtöchen Ejgensc'haften der gewöhnlichen und
eineni Pankt von a zasamnien ; die dem Pankt gf vorhergehende und die
ihm folgende Lage gehören daher nach No. 16 verschiedenen Strecken
fl^ an, also der eine dem einen, der andere dem anderen der von a
und dem mit 9^ perspecti vischen Strahl s gebildeten Winkel (No. 186c),
werden aber beide von derselben Strecke d ' getroffen (No. 216).
C, Ein Strahlbüschel nnd zwei Panktreihen.
42. Aus No. 26 bis 28 folgt, wenn wir die unendlich entfernte Gerade
g^ statt a als Grenzgerade wählen, indem wir die Strahlen s^ ^, s^ > von
js> f welche mit den den Geraden g^^ g^ und der Grenzgeraden g^ gemein-
schaftlichen Punkten, d. i. mit den unendlich entfernten Punkten von g^
nnd g^ perspectivisch sind, kürzer mit ^^1 ^^ und den mit dem Schnittpunkt
Q perspectivischen Strahl mit s bezeichneir: Die den Strahlen eines
ebenen Strahlbüschels d auf zwei Geraden g^, g^ derselben
Ebene cntprecbenden Punkte bilden in Bezug auf die Punkte
d^undjg^als Grenzpunkte
d) ein Punktepaar dritter Art:
er) auf jedem Strahl des Büschels:
1. wenn der Mittelpunkt d auf ^^ oder (7. oder im Schnittpunkte
beider liegt, bei beliebiger Lage der Geraßen g^., g^ (No. 27); •
2. wenn eine der Geraden g^. , g^ oder beide mit g^ zusammenfallen,
bei beliebiger Lage der endlichen Geraden und des Punktes e
• (No. 28a«, 6«).
ß) nur auf einzelnen Strahlen des Büschels in allen anderen Fällen,
also wenn sowohl g^. als g^ endliche Gerade sind und nicht durch den
Punkt d^ gehen, nämlich
1. wenn j^^ ein endlicher Punkt, stets und nur auf den Parallelstrah-
Ion zu gj. und g^ , mögen diese durch einen endlichen Winkel von
einander getrennt, unendlich nahe sein oder zusammenfallen
(No. 266);
2. wenn i^^ ein unendlich entfernter Punkt , stets und nur auf dem
* Strahl, welcher mit g^ zusammenfällt, und welcher hier die Pa-
rallelstrahlen vertritt (No. 286^),
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 311
P^N.^^^- »■•■■*■ ^-^^^-^^^ ^ ^ ^ ^ ^■■^>^ ^-^-^-S^ ^^.-— *.•*»'** ^-V>,# ^ ^'«-«P-^-«
und zwar Pnnktepaare dritter Art nach No. 12 rf* nur (im Falle [/3*]) auf
dem Strahl g^ , nach No. 12 rf' nur (im Fall [a^]) auf dem mit g^ oder g^ zu-
sammenfallenden Strahl oder auf beiden, nach No. 12(/'* in allen anderen
Fällen ;
fc) ein Punktepaar zweiter Art, nur wenn sowohl ö' .als g end-
liche Gerade sind und ^ ein stusserhalh derselben befindlicher Punkt der
Ebene ist, nämlich, wenn dies der Fall, die Parallelütrahlen »vj, r, resp.
die unendlich entfernte Gerade g^ von vornherein ausgenommen ;
(y) auf Jedem der übrigen Strahlen des Büschels
1. bei beliebiger Lage der Geraden ^^, g mit Berücksichtigung der
schon erwähnten Beschränkungen, wenn g ein unendlich entfern-
ter Punkt (No. 28 ft^);
2. wenn g^ und g unendlich nahe Gerade und ^ ein beliebiger
Punkt (No. 266);
3. wenn g^ und g zwar durch einen endlichen Winkel getrennt
sind, sich aber in einem unendlich entfernten Punkte schneiden
und jj ein Punkt dea Winkels g.^ ^ ist, welcher die Gerade g^
enthält (No. 28«^);
/3) nur auf einem Theil der Büschelstrahlen, wenn g^ und g beliebige
endliche durch einen endlichen Winkel von einander getrennte Gerade
sind, die sich in einem endlichen Punkte schneiden, und £» ein beliebiger
endlicher Punkt ausserhalb derselben, nämlich auf den sämmtlichen Strah-
le
9
en des Winkels s^ , welcher den Schnittpunkt g enthält (No. 266);
c) ein Punktepaar erster Art, nur wenn ^^ und o zwei endliche
and durch einen endlichen Winkel von einander getrennte, sonst beliebige
Gerade sind und 0 ein endlicher ausserhalb derselben gelegener Punkt
der Ebene ist, nämlich wenn dies der Fall, die Parallelt^trahlen 5^, s^ aus-
genommen,
a) auf jedem der übrigen Strahlen des Büschels, wenn g^ und g sich
in einem unendlich entfernten Punkte schneiden, und g ein Punkt des
Winkels fi'/» >. ist, welcher g^ nicht enthält (No. 28«^) ;
ß) nur auf einem Theil der Büschelstrahlen ,* stets wenn g^ und g sich
in einem endlichen Punkte schneiden, nämlich auf den sämmtlichen Strah-
len des Winkels s^ .^^ , welcher den Schnittpunkt ^ ludal exkVViSXv. V^Q,*3t.^V^.
312 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen nnd
43. a) Ans No.29 folgt, a =g ^ gesetzt:
Beschreibt ein Strahl «continnirlich in demselben Dreh-
sinne einen ebenen Strahlbuschel d, so bewegen sich die auf
irgend zwei Geraden g^^ g derselben Ebene entsprechenden
Punkte g^, g von jedem derjenigen Bfischelstrahlen ans, auf
denen sie in Bezug auf den Mittelpunkt d und den unendlich
entfernten Punkt d^ als Grenzpunkte ein Pnnktepaar erster
Art bilden, nach entgegengesetzten Halbebenen (wenn der
Schnittpunkt g der Geraden g^^ g ein endlicher Punkt, der eine im Sinne
g , d. i. sich dem Schnittpunkt g nähernd (No. Sc*), der andere im
Sinne g , d. i. sich von g entfernend); von jedem derjenigen Bd-
schelstrahlen aus -aber, auf denen sie ein Punktepaar der
zweiten Art bilden, bewegen sich die au f^^ und g entsprechen-
denPunkteaufdieselbeHalbebene (also, weun g ein endlicher Punkt,
entweder beide sich dem Punkt g nähernd, oder beide sich von ihm ent-
fernend).
h) Auf denjenigen Strahlen $ , auf denen die Punkte ((.,
g ein Punktepaar dritter Art bilden, gehen sie in den Fällen
[/?•*] inNo.42a je einer oder beide zugleich von dem einen Halb-
strahl jS^^*^ auf den andern über (Xo. 25, 35e, 4l).
Im Falle [a^] in No. 42« verändert der der einen Geraden
entsprechende Punkt seine Lage (d. i. die des Punktes d ) nicht
und wird nur in der einen mit dieser Geraden zusammenfallenden Lage
von s , welcher auf der anderen der Schnittpunkt ^ entspricht, durch die
Summe der übrigen Punkte ersetzt (No. 27).
Im Falle [a^ in No. 42o können wir, da d^e unendlich entfernte Gerade
g y^ als Grenzgerade beiden Halbebenen in Bezug auf irgend eine endliche
Gerade angehört, sowohl sagen: die Punkte g^, g bewegen sich in
Bezug aufjede Lage von s auf dieselbe, als sie bewegen sich
auf entgegengesetzte Halbebenen.
|. 9. Abhängigkeit der entsprechenden Bewegnng^sinne in zwei perspectivisch
auf einander bezogenen Grundgebilden (Punktreihe , Strablbüschel)
von d^r relativen Lage ihrer Träger.
44. Bezichen wir irgend zwei Strablbüschel mit endlichem Mittelpunkt
perspectivisch aufeinander durch die unendlich entfernte Gerade, so dass
Je zwei ent^rprechende Strahlen parallel sind, so lehrt die Anschauung, dass
aufgazeichneten Elemente ebener Cnrven. Von Paul Scholz. 313
der einem beliebigen Drehsinn des einen Büschels in dem anderen (No. 6,19)
entsprechende stets diesem gleich ist*), wir mögen die Kennzeichnung jedes
der beiden in jedem ebenen Strahlbüschel (No. 1) möglichen Bewegungs-
sinne an sich auf die in der „Entwickelung der AbhJingigkeit geometrischer
Gestalten'^ von Steiner auf pag. 46 oder auf die in der „Theorie der Kegel-
schnitte'* von Herrn Schroeter in §. 4, pag. 3 angegebenen Weise ausfüh-
ren; jede dieser Methoden ist nur auf Strahlbüschel mit endlichem Mittel-
punkt und auf jedes solche Strahlbüschel anwendbar, also jedesmal und nur
dann, wenn beim Uebergange des laufenden Strahles aus einer Lage in die
nächstfolgende eine eigentliche Drehung stattfindet, welche ihrem Begriffe
nach das Vorhandensein eines endlichen Punktes als festen Drehungscent-
rums voraussetzt.
a) Die unendlich entfernte Gerade hat daher, wie sie durch
ihre Lage vor allen anderen Geraden der Ebene ausgezeichnet ist, die in
No. 32 von der Geraden g angenommene ausgezeichnete Eig^en-
schaft, dass demselben liichtungssinn in ihr in allen Strahl-
büscheln mit endlichem Mittelpunkt derselben Ebene der
gl eiche Dreh sinn entspricht, und umgekehrt. Daher erhalten wir
«US No. 30, 31, wenn wir eine der beliebigen Geraden ^«, g^ uns durch g^
vertreten denken, folgende Sätze:
b. Sind irgend zwei Strahlbüschel a , e mit endlichem
Mittelpunkt auf eine endliche Gerade ^. derselben Ebene,
welche keinem derselben als Strahl angehört, perspectivisch
bezogen,
1. so sind die einem beliebigen Richtungssinne von^. ent-
sprechenden Drehsinne in a und g einander gleich, wenn die
Punkte a und j^ sich auf derselben Halbebene in Bezug auf
g^ befinden, und entgegengesetzt, wenn auf verschiedenen,
2. so ist der einem Drehsinn des einen Büschels im anderen
entsprechende ihm gleich, wenn der beiden Büscheln gemein-
schaftliche Strahl 5, = a von cr^ in einem Punkte der Strecke
i^, ^ t ihm entgegengesetzt, wenn s. von g^ in einem Punkt
der Strecke d^^^^* getroffen wird (No. 36c).
c) Werden zwei Strahlbüschel derselben Ebene mit end-
lichen Mittelpunkten a , 0 jeder von einem seiner Strahlen
resp. a und s in beliebigem Drehsinn beschrieben, so bewe-
gen sich in jeder Geraden der Ebene, welche den Strahl s^. in
♦) Schroeter, Theorie der Kegelschnitte 186*. |. l'^ic.
314 * Die projectiy beben Eigenschaften der gewohnlichen und
einem Punkte der Strecked^ '^ schneidet, auch auf der un-
endlich entfernten Geraden, die den Strahlen a und « ent-
sprechenden Punkte in gleichem Richtungssinn, wenn die
Strahlbüschel in gleichem, in entgegengesetztem Richtnngs-
sinne, wenn die Strahlbttschel in entgegengesetztem Dreh-
sinne durchlaufen werden, und umgekehrt; aufjeder Geraden
jedoch, welche den Strahl sz^ in einemPunktder Streck eg. ^
schneidet, bewegen sich die den Strahlen a und s^ entspre-
chenden Punkte in gleichem Richtungssinne, wenn die Strahl-
büschel in entgegengesetztem, in entgegengesetztem Rich-
tungssinne, wenn die Strahlbüschel in gleichem Drehsinne
durch lau fen werden, undumgekehrt. Betreffs der Geraden, welche
durch einen der Punkte a , Ä gehen, vergl. No. 30c, 31 d, 436.
d) Lassen wir einen Punlct g^ eine belle big gelegene end-
liche Pnnktrei he ^^ in einem bestimmten Sinne stetig durch-
laufen,
1. 80 müssen die mit g^ perspecti vischen Strahlen aller
Strahlbüschel, deren Mittelpunkte endliche, ausserhalb^.
gelegene Punkte derselben Halbebene in Bezug auf^^ sind,
ihre Büschel in gleichem Drehsinne durchlaufen;
2. die mitg-perspectivischenStrahlenallerStrahlbüschel,
deren Mittelpunkte endliche, ausserhalb g. gelegene Punkte
der anderen Halbebene in Bezug aufgr^ sind, müssen ihre Bü-
schel ebenfalls in unter sich gleichem, aber dem der anderen
entgegengesetzten Drehsinne beschreiben.
3. Beim Uebergange des dem Punkte g. entsprechenden Strahles
eines der Büschel, deren Mittelpunkte in den die Halbebenen begrenzenden
Geraden g^^g^ liegen, aus einer Lage in die nächstfolgende müsste so-
wohl eine Drehung in dem einen, wie eine im entgegengesetzten Sinne
erfolgen, es erfolgt daher gar keine eigentliche Drehung, sondern nur eine
Verschiebung.
•}• Der mit g perspectivische Strahl jedes Strahlbüschels, dessen
9
Mittelpunkt in der Geraden g^ liegt, fällt in diese Gerade und behält diese
Lage bei, so lange nicht g^ seinen Mittelpunkt deckt (No. 27, 30c, 31 d);
W der mit g^ perspectivische Strahl jedes Strahlbüschels, dessen
Mittelpunkt in g^ liegt, ein unendlich entfernter Punkt ist, (jedes Parallel-
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 315
• ^«.^ '^•V.'* -V-V^^— 'V'^i-'V "-f-.^*-X»,^.^.,^\/V ■> ^N.-V'^.^^J" ** '\'%'*>*-.'V'^-A^>'\y^^.'<^'%.'^ ■^'%.^S-*^>-,^j^j^V<^ /^ -N '^Ä>-^'^''
strahlbü8che1s) beschreibt sein Büschel in einem von dem Richtungssinne
von Q^ abhängigen und mit demselben sich ändernden (No. C) Bewegungs-
sinn, der aber keinem und jedem der beiden Drehsinne eines Strahlbüschels
mit. endlichem Mittelpunkt gleichgesetzt werden kann (No. 32)*).
e) Denken wir uns demnach, alle Strahlbiischel mit endli-
chem Mittelpunkt werden jeder von einem seiner Strahlen in
gleichem Drehsinne durchlaufen, so ertheilen alle Strahl-
büschel, deren Mittelpunkte endliche Punkte derselben Halb -
ebene in Bezug auf eine beliebige in dieser Ebene befindliche
Oerade^^sind, demmitdem laufendenStrahlaufpr^p^rspecti-
vischenPunktedenselbenBewegungssinn,alleStrahlbüschel,
deren Mittelpunkte endliche Punkte der zweiten Halbebene
sind in Bezug auf ^^, den entgegengesetzten Bewegungssinn;
und es giebt keinen einzigen Strahlbüschel, dessen Mittelpunkt ein endlicher
ausserhalb g^ gelegener Punkt der einen Halbeb'ene in Bezug auf g.^ und
welcher, in demselben Sinne J beschrieben, auf ^. denselben Bewegungssinn
hervorriefe, als die Strahlbüschel, deren Mittelpunkte Punkte der anderen
Halbebene sind.
Der dem laufenden Strahl eines Strahlbüschels, dessen
Mittelpunkt in^. liegt, auf g. entsprechende Punkt verharrt
in der Lage des Mittelpunktes, so lange nicht der laufende
Strahl mit^. zusammenfällt.
Dieser Satz enthält den in No. 44 ^ als speciellen Fall.
/) Mit Berücksichtigung von No. 34, 35 a, e folgt aus No. 44 c oder ans
d6c und 44c:
Werden zwei Strahlbübchel derselben Ebene mit endli-
chen Mittelpunkten a , ö jeder von einem seiner Strahlen
resp. a ,5^von dem beiden Buschein gemeinschaftlichenStrahl
a =s^ aus stetig einmal durchlaufen, so beschreiben je ein
Halbstrahlvona und ein er von«, weichein derLageßr einen
® 9
*) Anmerkung. Die Bezeichnung ,, Drehsinn*' im engeren Sinne darf daher
rechtmässig auch nur bei Strahlbiischeln mit endlichem Mittelpunkt angewendet
werden; im Allgemeinen aber haben wir den Bewegungssinn eines jeden Strahl-
btischels „Drehsinn" g-enannt im ( egonsatz zu dem Bewej^ungssinn in einer Punkt-
reihe, dem Ricbtungssinn, weil die Bedingung; eines festen Mittelpunktes schon in
dem Begriff des Strahlbüschcls (No. 1, 5) enthalten ist und die strahlen eines
Parallelstrahlbüschels, wenn auch koiuen gemeinschaftlichen , endlichen Mittel-
punkt, so doch was wir einen unendlich entfernten Punkt nennen (die Richtung)
gemeinflcbaftlich haben.
Zeitscbrifl f. MalhemaliJc u. Phyaik. Xfli, 4. «j^^X
316 Die projccti vischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
Punkt der Strecke STj: gemeinschaftlich haben, dieseihe
Halbebeno in Bezug auf 5^, wenn die Büschel in gleichem, ver-
schiedene Ualbebenen, wenn sie in entgegengesetztem Dreh-
sinne beschrieben werden; je ein Halbstrah] vono aberundei-
ner von*, welche in der Lage 5J keinen Punktder Streck edl^*
gemeinschaftlich haben, beschreiben verschiedene Halb-
ebenen, wenn die Büschel in gleichem, dieselbe Halbebene,
wenn sie inentgegengosetztemDrehsinndurchlanfenwerden,
und umgekehrt (No. 15^).
g) Wir heben hervor, dass, wie sehr auch die Untersuchung in No. 32
darauf hinweist, dass die dort von der Geraden g angenommene Eigenschaft
thatsächlich bei der unendlich entfernten Geraden g^ stattfindet, dies
doch dadurch nicht bewiesen ist und der Satz am Anfange von No. 44 als
ein Erfahrungssatz aus der Anschauung entnommen ist; wie dies auch in
der „Systematischen Entwickelung der Abhängigkeit geometrischer Gestal-
ten** pag. 52 und der „Theorie der Kegelschnitte'* §. 19c pag. 79 geschehen.
Aus der Vergleichung von No. 32 und 44 bis44(/' mit der Anscbanuog
geht aber hervor, dass dieser Satz mit den auf die Voraussetzungen des
§. 1 allein sich stützenden früheren Untersuchungen im vollsten Einklänge
steht.
h) Wollten wir in ähnlicher Weise den Richtungssinn in zwei beliebi-
gen geraden Punktreihen der Ebene an sich, d. i. ohne Rücksicht auf ein
Strahlbüschel vergleichen, so würde eine No. 32 ganz analoge Untersuchung
als Bedingung erkennen lassen das Vorhandensein eines Strahlbüschels in
der Ebene, welcher die ausgczeiclinete Eigenschaft besasse, dass einem
und demselben Drehsinn in ihm in allen nicht mit ihm perspectivischen
Geraden der Ebene derselbe Richtungssinn entspreche, oder von dem wir
dies annehmen wollten. Ein solcher Strahlbüschel müsste aber aus dem
in No. 32 c angegebenen Grunde durch seine Lage ausgezeichnet sein vor
allen übrigen. Der Strahlbüschel mit endlichem Mittelpunkt giebt es un-
endlich viele, die sich an sich keiner von dem anderen unterscheiden lassen^
und Strahlbüschel mit unendlich entferntem Mittelpunkt gi^bt es auch un-
endlich viele, die sich keiner von dem anderen unterscheiden lassen, und
einen ausgezeichneten Punkt wie jede endliche Gerade besitzt die unend-
lich entfernte Gerade nicht. Da wir also keinen einzig und allein von allen
übrigen sich unterscheidenden Strahlbüschel kennen , so können wir nicht
allgemein den Richtungssinn einer Geraden mit dem einer anderen an sich
vergleichen , sondern nur in Rücksicht auf ein oder mehrere Strahlbüschel
von gewisser Lage*).
*) V. St an dt, Beiträge zur Geometrie der Lage, erstes Heft, No. 49.
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 317
45. a) Bewegen wir, nachdem der Strahl s^ in dem ebenen Strahl-
büsthel S? einen Winkel «f , , . in demselben Drehsinn J von s. an stetig
darchlaufen, den Mittelpunkt d^ anf dem beliebig gewählten Strahl s^ in
einem und demselben Sinne P , so theilt er in jeder seiner Lagen den Strahl
o
s^ in sEwei Halbstrahlen, die wir nach dem Princip von No. 15a mit Sr ^
nndg 'bezeichnen. Denken wir uns nun s^ in jeder Lage von 3^ in demsel-
ben Sinne ^ von s^ an den Büschel weiter durchlaufend, so beschreibt nach
No. Ibe und 44/* der von der Anfangslage i8 ^' °°^ ausgehende HalbstrahU^^ ' **'
stets eine und dieselbe der Halbebenen in Bezug aufs , »: , J, der von der An-
fangslage jj^^""*^ ausgehende Halbstrahl g^^^~^^ stets die andere )gj^|.°°^
b) Während *^ den Winkel s,., . beschrieben, beschrieb der ihm auf
jeder Geraden g , welche nicht den Punkt Sr enthält, entsprechende Punkt
9^ eine Strecke er in bestimmtem Richtungssinne P . Wenn nun 5^,
Z X
nachdem i? in eine beliebige Lage S>^ ^ gerückt, seinen Büschel in demsel-
V
auf irgend einer Geraden g^ , welche nicht den Punkt g^ enthält, entspre-
chende Punkt 0^ in demselben Sinne P^^ in welchem er die Strecke ^l '*''
durchlaufen, weiter die Strecke gl , wenn die neue Lage g^ von ^ mit
der ursprünglichen, die wir mitd ^ bezeichnen wollen, auf derselben Halb-
ebene in Bezug auf ^. sich befindet (nach No. 44 f); sobald aber, sei es da-
durch, dass d die Gerade ^^ oder die Gerade ^^ überschritten, die neue
Lage d^ sich nicht mehr mit ^ ^ auf derselben Halbebene befindet, be-
schreibt der Pankt g^ in dem entgegengesetzten Bichtungssinne P^ zunächst
dieselbe Strecke 9^''""^^ = 9^?''*'^'
Rückt der Punkt ^ in die mit^^ perspectivische Lage d^ &, so verharrt
der dem Strahl 5^ entsprechende Punkt in dieser Lage g^t = 9. =» .
Rückt dor Punkt d in die Lage des unendlich entfernten PunktA^ ^^xi
l ^ X
v\
ben Sinne ^ von der Lage .v an weiter beschreibt, so durchläuft der ihm
9 V
31H Ihc projcKtivischon r.iji;onschanen der gewonniicnen una
t.y-wi»' ^ *V -
s^ S^««, so lässt sich der Drehsinn von s nicht mehr mit dem des Büschels
sf^ ^ vergleichen; der dem Strahl s entsprochende Punkt g^ kann dtcfaer
mit gleichem Recht in demselben Sinne P^ die Strecke g^ , als in dem
entgegengesetzten Sinne P die Strecke ^, ^ = g ' ^ beschreiben.
c) Eine Aendernng des Bewegiingssinnes von g^ findet
demnach statt:
1. wennd die Gerade r/. überschreitet,
5
2. wenn » die Gerade g ^ überschreitet,
3. wenn 5 den Drehsinn H n d e j- 1 (No. 6)
Da, wo gleichzeitig zwei dieser Fälle auftreten, hebt eine Aendernng
die andere auf: so durch Combination der Fälle 1 und 2, wenn s^ die Ge-
rade g in ihrem unendlich entfernten Punkte schneidet (vergl. No. 16 und
44 e) oder g^ mit g^ zusammenfällt (vergl. 44 a), ö^ also gleichzeitig sowohl
den Punkt d^t als den Punkt g ^^ überschreitet; bei solcher Lage von s
resp. g^ wird daher der Bewegungssinn von g nicht geändert, welche Lage
auch der Punkt sir auf der Geraden 5^ haben mag, so lange der Strahl s^
in demselben Drehsinne sich bewegt; es geht aber bei der ersten Combina
tion gemäss No. 35ß der Punkt g^ auf den anderen Halbstrahl von s^ ^^oer.
d) Andererseits denken wir uns den Mittelpunkt des Strahlbüschels
fest, drehen aber, nachdem der Punkt g^. auf der Geraden g^ eine Strecke
g^ ' -^ in demselben Richtungssinnc P, von g^ an durchlaufen, die Gerade
I 5 5
g. um den beliebig gewählten Punkt g in einem und demselben Drehsinne
J , und durchläuft der Punkt g. auf der Geraden ^^ in irgend einer neuen
Lage g^j. die andere Strecke g^ in demselben Richtungssinne P^^ so be-
schreibt auch s^ in demselben Drehsinn z/ weiter den Winkel ä; .,^, wenn
der Halbstrahl g^ J '^ (die Bezeichnung bezogen auf den Richtungssinn P )
auf derselben Halbebene in Bezug auf ä liegt, als der Halbstrahl g '
der ursprünglichen Lage g ^ von g (No. 35, 38«, 37); sobald aber dadurch,
dass ö den Punkt ö überschreitet, die Halbstrahlcn g^ J ^ und g^ J ' anf
entgegengesetzten Halbebonen in Bezug auf 5 , oder was dasselbe ]8t(No. 34J
ausgezeichneten Elemento obener Curven. Von Paul Scholz. 319
^ « nnd (j j, auf derselben llalbebone sich befiiuleu, beschreibt der
Strahl s^ in dem entgegengesetzten Drehsinn J zunächst wieder den Win-
kel s^ __n~ *fii ^ (No. 16). Dies Kriterium gilt zufolge No. 10» wenn
der Mittelpunkt des Strahlbtischels ein unendlich entfernter Punkt, wie wenn
er ein endlicher Punkt ist.
Eine Aenderung des Bewegungssinnos von* findet dem-
nach stets und nur statt, wenn
1. (/den P unkt g^ über schreitet, sei es, dass in der niitij
perspectivischenLage^p^clemHalbstrahlg^P * oder dem
Halbstrabl 9^ p ^angehört, *'
2. g den Richtungssinn ändert (No. 6).
In einer Combination zweier Fälle findet keine Aenderung des Dreh-
sinnes von 8^ statt.
e) Mit Rücksicht auf No. 38a, 15e, .H9c, 44(/,e, 45 können wir
vorstehende Sätze auch folgende rroassen aussprechen:
Lassen wir, nachdem 5 in
dem ebenen Strahlbüschel ^
im Sinne J den Winkel 6,., v,
also der auf der Geraden g
ihm entsprechende Punkt g
im Sinne P die Strecke g
•beschrieben, den Mittelpunkt
d in einem und demselben
Richtunessinno/^ vonderur-
^ a
sprünglichen Lage d ^ an den
Strahl s durchlaufen, und in
jeder neuen Lage &^ y von g
den Strahl s in demselben
Drehsinn z/ von san weiter
bewegen, so bewegt sich
der P u n k t g a u f <7 ^ , j <»> n a c h -
dem, bezogen auf den Rich-
Lassen wir, nachdem der
Punkt g auf der Geraden g
im Sinne /^^ die Strecke g., \
also der in einem Büschel
dent8prechendeStrahl5^ im
Sinnet den Winkel 5,, , ,be-
9 Wv)
schrieben, die Gerade gf in
einem und demselben Dreh-
sinne d von der ursprüngli-
chenLage^ ^ aus den Büschel
gdurchlaufen, und in jeder
neuen Lage g „ von g den
Punkt g^ in demselben Rich-
tungssinn P von g an sich
weiter bewegen, so bewegt
sich der Strahl s im Büschel
g , je nachdonv, Vi^T.o^^TJi «b>x^
320 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
tnngssinnP , g^ den Sjtrahl s^
in einem Punkt des Halbstrah-
lesg^^J*^oder /^r'''^ schnei-
det,
in demselben Richtnngs-
sinnP^ weiter, so lange ^^ auch
in Bezug auf die neue Lage
jg^i. den Strahl s^ in einem
Punkt des Halbstrahles d^y ^
resp.islfj""*^ trifft,
in dem entgegengesetz-
ten Sinne P^, wenn g^ den
Strahl s^ in einem Punkt des
HalbstrahlesÄ^^^^^esp.d^^j**
schneidet,
gar nicht, wenn^^ mitiJ^
perspecti visch liegt.
den Drehsinn J der Punkts^
y
in Bezug auf ^^^ sich auf der
Halbebene 9(j|{)><1ö»^ Hi\t)^
befindet,
in demselben Drehsinn
J weiter, so lange j^^ auch
in Bezug auf die neue Lage
gu^ sich auf der Halbebeue
9(£|{)»7 resp. 8(j|j),7 befindet,
in dem entgegengesetz-
ten Drehsinn^ .wenndsicb
9
aufder Halbebeue B/ti t^wresp.
gar nicht, wenn d mit g^
perspectivisch liegt.
f) Als Zusatz zu dem Satz rechts gehört Folgendes:
{v\<x>)
Befindet sich der Punkt §, auf der Halbebene g/tit/o» ^^
muss , wenn g^ im Sinne J den Büschel g, bis zur Lage a = y^^ beschreibt,
in dieser Lage nach No. 3öa und 39 der Halbstrahl g^ ' ^ denselben treffen,
also die Lageg^^ ^ = g^»^*'' haben. Der auf irgend einer Geraden g
der Ebene, welche gy = gto "^ einem endlichen von g. verschiedenen
Punkte g^ = g^jj des Halbstrahles g^J ^ und s in einem Punkt ^ = 9-c
der endlichen Strecke 8> schneidet, entsprechende Punkt muss daher
nach No.35e die endliche Strecke a; von a an durchlaufen. Wenn
nun der Strahl 8 im Sinne J von 5 an den Büschel d durchläuft, so
9 V
trifft er (No. 35) mit demselben llalbstrahl, welcher in der Anfangslage
ij^^ dicPunkteat=0 undi/ enthältund die Halbebene jg^^, , beschreibt,"
in welcher die Halbstrahlen g^J ' = g^^^ von </>q und g;^ von J^^mit
* ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 321
allen ihren Pnnkten liegen (No. 34 ft*), auch den Punkt 8i = 9*'o5 ^^^ *^^
g entsprechende Punkt muss daher vong an (No. 35 e) die endliche Strecke
(9 £^ QQ y
f} ^' durchlaufen, also dieselbe, wie der dem Strahl g^ entsprechende
Punkt, aber von dem anderen Grenzpunkt aus, also nach No. 17 in entgegen-
gesetztem Kichtungssinne.
Die beiden Drehsinne^ und^ sind daher nach No. 44 c
y 9
einander gleich.
Befindet sich der Punkt d^ aber auf der Halbebene %l\]__l<o
bezogen auf den Drehsinn ^ , so deckt der Halbstrahl 9 j, ^ , wenn g.
das erste Mal in die Lage 5^ kommt, den Halbstrahl j^^^ , der auf der-
selben Geraden g entsprechende Punkt beschreibt daher nach No. 35 ^ die
Strecke 9^ , welche den unendlich entfernten Punkt enthält, der dem
Strahl s entsprechende Punkt beschreibt wieder die Strecke ^ ^ von g
au, bewegt sich also nach No. 17 in demselben Kichtungssinne; in diesem
Falle sind die beiden Drehsinne J und J nach No. 44c ent-
Y 9
gegengesetzt.
(Fortsetzung folgt.)
X.
üeber die developpabele Fläche, welche zwei gegebenen
Flächen umschrieben ist.
Vou
Dr. A. Ennepek,
ausserordeiitUcheä Mitg^lied der Gesellschaft der Wissenschaften
zu Göttinjjen.
I.
Die Gleicliungeu der beiden gegebenen Flächen auf ein orthogonales
Cüordinaten.systeiu bezogen seien /"(^r, y, z) = 0 nnd fi{x, y, z) = 0, oder
kürzer f=0 und /*,=:= 0. Der Punkt (x, y, z) der Fläche /*= 0 möge mit
dem Punkte (.r,, y,, r,) der Fläche /\=0, dieselbe berührende Ebene haben.
Sind a, b, c die Winkel, welche die Normale zur Fläche f=0 im Punkte
(o;, y, z) mit den Coordinatenaxen bildet, haben «j, 6,, Cj analoge Bedeu-
tungen für den Punkt (.r,, y,, c,) der Fläche /'i=0, so finden bekanntlich
folgende Gleichungen statt: "^
cos a cosb cosc •!
a/ df df
/jl)'^©)'+(rOr
a.r ^j/ dz
vm<hm\
dx^ d f/i d Zf
Die Gleichungen der berührenden Ebenen in den Punkten (j-, y, :) un I
(^1, y,i m) sind:
(.Y — üc) cosa'\-(y — y) ro56 + (Z — :) ro5C = 0,
( A' — .r , ) cus «, + (!' — y^) cos b^-^-^Z — : ) roi r, = 0.
Sollen diese Gleichungen identisch sein, so müssen folgende Relatioin'n
stattfinden :
COSll=CuStt^^ cos b= CVS hl, CuSC = CiiSCi^
.r cos^t'\-f/ rits // + c cosc=^T^ cosa^ -^-yi <'<*** '^ + *i ''<^* ^i-
Set^t man :
3) X cos a-^-y cosb '\-z cosc~—p^ x^costti-\'fjintsh^'\-ZiCosCi^-p^
üeber die developpabo*le 1* läc]ic etc. Von Dr. Ennepeb. 323
so geben die Gleichungen 2) und 3) in Verbindung mit f=0 und ^-~0
ein System von sechs Gleichungen, welchen zufolge rr, y, z und a:,, y,, r,
als Functionen von p angesehen werden können. Lässt man p variiren, so
erhält man auf jeder der beiden Flächen eine Curve, längs welcher die-
selben gleiche berührende Kbenen in zwei entsprechenden Punkten haben.
Die Enveloppe dieser berührenden Ebenen ist die developpabele Fläche,
welche den beiden Flächen /'=0 und /*, =0 gleichzeitig umschrieben ist. Es
soll vorausgesetzt werden , dass in den Gleichungen 3) p nicht constant ist
infolge einer der Gleichungen /'=0 oder A=0, ein Umstand, welcher statt-
findet, wenn eine der gegebenen Flächen die Parallelfläche einer Kegel-
Üäche o4er eine Kugelfläche ist. Der erste Fall ist überhaupt aus
zuschlicssen , der Fall einer Kugelfläche ist weiter unten besonders
behandelt, wobei sich herausstellt, dass die allgemeinen Gleichungen ih(^
Gültigkeit behalten.
Die Coordinaten des Punktes der Wendecurve der developpabelen
Fläche, welcher mit den Punkten (x, y, c) und (^i, ^i, ^i) auf derselben
Geraden liegt, sind durch (§, r/, J) bezeichnet. Zur Bestimmung von
I, t/, f dienen die Gleichungen :
§ cos rt + »? ^^^ '' + £^^^ ^^^Pi
^dcosa dcosb d cosc
4) { ^P ^P ^P
.d^cosa d^cosb d^cosc
Berücksichtigt man, dass:
dx , ^y . ^z ^ aar, , ^Vi I « ^*i A
cos a - — [-COSO —-+COSC -— =0, cosa. [-cosbi h cosc^ --— = 0,
dp * dp dp dp dp dp
so geben die Gleichungen 3) nach p differeutiirt:
dcosa dcosb dcosc dcosa^ dcosby dcosc^
oder auch wegen 2):
dcosa . dcosb dcosc dcosn^ , dcosb^ dcosc
Diese Glei<j|iungen in Verbindung mit:
d cos a , d cos b , d cos c
cosa — ;r \-cosb —r V-cosc — :r — = 0
dp dp dp
geben :
'dcosa . ^ . . .
D -- — = {z — z^) cos b — ^y—y^) cosc,
, , dcosb . . , >,
f)) / D -/- = ( .r Xijcos c —(z — r, ) cos a.
' ()p
' CO ? c
D '— — ^{y - y^) cos n — (.r — .r, ) cos b,
dp
32 1 lieber die dereloppabele Fliclie, wt-tAe swei
^^f^^^^^f^ß^^^t^tm*^*^^^^
WO zur Abkürzmt^ genetzt ist:
cof Oy Oft« ^, eos e •
Mittelst der GleichiiDgen 5) geht die zweite Gleichung 4) ober in :
^) [f- — -i)coi6 — (jf — y,) cose] § + [(x — Xj) cw r — (r ~Cj)iw«] ^
+ [(y — y,>ro#tf — (X — Xj)iro# 6] {;=/>.
Wegen der Gleichangen t) geben die Gleichungen 3) snbtrahbt :
8) (x — x,)ro#a + (f — fi) «w6+(r — z^}case=.0.
Mit Rücksicht aof die Gleichungen 9) folgt:
^dcosa dcosb dcosc
dp
f»
dp
a;»
-I
I
[x CO* rt + y C05 6 + r fo«c]
+ [x(x-x,)+y(y-y,) + z(2-r,)][(a?-x,)co5a + (jf-jr,)a«6+(2-2,)co«c],
d, i. wegen 3) ond 8):
d cosa d cosb d cosc
P
dp
^1,
dp
9ii
dp
z
•1
= - 5 [(' -x.)' + (f -f.)*+(5 - z,f].
Analog findet man mit Hülfe der Gleichangen 5), 8) und Icosa-^ t^cogh
-j-f^cosc^p:
= — J [(^-^.)'+(i^-y,)*+(2— 2.)*].
DifTerentiirt man die Gleichung 7) nach p, wobei $, 17, {; als Constanten an-
zusehen sind, so zeigen die beiden zuletzt entwickelten Gleichungen, dass
auf beiden Seiten der Term :
i,
ni
i
dcosa
d cosb
dcosc
dp '
dp '
dp
X x„
y Vi,
wegfallt, es bleibt dann:
dx dy
«)
dp^ dp* dp
cos Oy cos b, cos c
3Xj
COS a,
ay, a«,
dp'
COS 6,
ap
cos c
Durch die vor»tebendc Gleichung, die Gleichung 7) und ^ cos a + ti cosb
+ j^cosc=p sind |, ly, J bestimmt. Es bleibt noch übrig, die Differential-
Quotienten von x,y, ; und Xi, y^, Zj nach p auf einfache Weise darzustellen.
amscbrieben ist. Von Dr. A. Ennepeb.
325
^^■^^•^^^ <■
Da die drei Punkte (|, % £), {x^ y^ z) uud (a:i, ^j, ^i) auf derselben
Geraden liegen, so kann man setzen:
oder:
10)
1=
x — qx^ y — qjt
^ = 117^' f =
^•^
Mittelst dieser Gleichungen wird die erste Gleichung 4) und die Gleichung 7)
identisch. Die Gleichung 9) geht über in :
11)
dx dy dz
dp' J}' dp
cos a, cos b^ cosc
^ — ^11 y—yn 2— «I
= Q
dXi dyt dzi
dp' dp' dp
cosa^ cosb, cosc
^— ^n y—ytj «— -I
Die Quantität q^ bestimmt durch die Gleichung 11), hat eine sehr ein-
fache geometrische Bedeutung, wie gleich gezeigt werden soll.
Difierentiirt man cos <i, cos tj cos c, welche Functionen von o:, ^, z sind,
nach j9, so folgt :
d cos a d cos a dx d cos a dy .d cos a dz
dp
^ +
^ +
dx dp dtf dp dz dp'
dcosb dcosbdx dcosbdy dcosbdz
+ —^ — -^ — r
dp
dx dp dy dp dz dp'
d cos c d cos c dx d cos c dy d cos c dz
dp ^ dx dp dy dp dz dp'
Setzt man diese Werthe von
d cos a d cos b d cos c
in die Gleichungen:
dp ' dp ' dp
d cos a . d cos b , d cos c d cos u d cos b d cos c
dp ' "" dp ' ^ dp '' "* dp ' ^^ dp
nimmt zu denselben noch die Gleichung:
dx , .dy , dz ^
cos a — -- + c^^' b 7^ + cos c -—=:-= 0,
cp Cp ' dp
so erhält man zur Bestimmung von
dx dy dz
dp' dp' dp
folgende Gleichungen :
dcosa dcosb , dcos
dp
12)
(■
1/ dcosa dcos
)sc\ dx / dcosa dcosb dcosc\dy
x ) d~p ^V~dV^^~di^'~W)^
+ a
dcosa dcßsb , dcosc\ dz
dz
b
+y
dz
+z
dz } dp
= 1,
+ ^^-
d cos c\ d X
cos c\ dx /
dcosa dcosb dcosc\dy
W^'''~dy-'^'''^)d'p
. / dcosa . dcosb , dcosc\dz
326 lieber die doyeloppabelc Fläclie, welche zwei gegebenen Fliehen
cos a -f- cos b ^ -T Cos C ;r- = 0.
("p cp dp
Sind R\ K' die beiden Hau|>tkrümmun<^8ha1bnieäser der Fläche /':=0
im Punkte (x, y^ z)^ »o hat man für das Prodnct derselben die Gleichung;
13)
£iiS tf ,
cosby
cosc^
d cos a d COS b 3 cos c
dx ' dx ^ dx '
dcosa dcosb dcosc
dy ' dy \ dy
d cos a d cos b d cos c
"dT'
0
cosa
cos b
cos c
1
dz ' dz '
Wegen der Gleichungen 1) lässt sich die vorstehende Gleichung auch
schreiben ;
I ^ ^1
• cx c>y
dv av
—^ r-, 0
") .'.• [c^y- {u^ (!()>
dz'
av
a/
dx' dxdy' dxdz' dx
dv av ay df
dy dz' dy
ay df
dxdy' dy"'
d^f d^f
dx dz' dy dz dz^
Bildet man das Prodnct dor Gleichung 13) mit der fol|^enden:
cosa cosb cosc 0
X y z 0
dz
X,
=/>,
^1 M 0
0 0 ö 1 i
so bomorkt man Ificht, dass das Product der beiden Determinanten gleich
der Determinante des Systems 12) ist in Beziehung auf
dx dy dz
dp' ' dp' dp
als Unbekannte, der gemeinschaftliche Neuner derselben ist also einfach
gleich ^^..
Zur Abkürzung setze man:
15) yl^^:c-x,y^.{y-y,y + {z^z,y^ = ^^
. d cos rt . / . a cos b . , ^ d cos c , ^
1(5)
{.c - .r.)
dx
d cosa
dx
.dcosb dcosc
dy
dy
, ^ dcosa . , dcosb . , ^ dcosc
dz
cos
dz
umschrieben ist. Von Dr. A. Enneper. 327
dcosa^ dcosbi dcosCi
dcosüi dcosbi dcosCi
^yi oi/i a^,
.dcosa^ , .dcosbi , , .dcosc^ ., .
Schreibt man die Gleichung 8) auf folgende Weise:
(a:-..)|^+(i.-y.)|^+(.-..)|{ = 0.
SO erhält man mittelst der vorstehenden Gleichung und der GleichungiMi I)
aus 16) für Z, My N auch nachstehende Werthe :
d^f aV d^f
^^-^ ' ^ d^f , av av
-/l(©"-(l-0'-(l^)}
Durch die Verbindungslinie der beiden Punkte (a:, y, z), (ar^ y,, r,) und die
Normale zur Fläche /=0 im Punkte (a:, y, ?) werde eine Ebene gelegt
und der Krümmungshalbmesser des Normalsclinittes im Punkte (.r, y, z)
durch Ä bezeichnet. Für R hat man bekanntlich die Gleichung:
Wegen der Gleichungen 17) lässt sich die Gleichung 18) auf folgende
Form bringen:
19) (x — x;) L + {y -y,)M-]r {z — z^)N= -|.
Setzt man in den Gleichungen 14) und 18) /,, arj, ^,, t, statt /, .r, y, z, s
mögen ä'ä" und R übergehen in Ä', Ä", und Ä,.
Mit Rücksicht auf die Gleichungen 16) erhält man aus 12):
^=:(cosb.N—cosc.M) R'R" ^,
20) ^ ^ ^^ (^^* ^'^ — cosa. N) R' ä" --,
-— = (cos a . iil — cos b ,L) /?' Ti" —
dp ^ ' D'
328 Ueber die developpabele Fläche , welche zwei gegebenen Flächen
'••-*"s-^.^-
Wegen cosai = coso^ cosh^=cosb, cosc^=cosc hat man analog:
-^ = (cos 6 . iV, — cos c , M.) R\ R'\ —,
dp D
21) {-—^ ^(cos c , L. — cosa . N.) R\K\ ---,
1 op ü
--1 = (cos a . Mt—cosb . L) R\ Ä", —.
dp . *'**/;
Substituirt man die Werthe der Diflerentialquotienten aus den Gleichungen
20) und 21) in die Gleichung 11), so folgt wegen (x — x^) 0050 + (y—y^) cos b
+ (z — Zi)cosc=0:
=g\ix^x,)L, + (y^y,)M, + (z-z,)N,\ir,R'\,
d. i. wogen 19) und der analogen Gleichung für Ä, :
«,«.\ R R Rf
Durch die vorstehende Gleichung ist q in Function von a:, y, z und Xp y,, «,
bestimmt. Die Gleichungen 10), 22) in Verbindung mit /*=0, A=0 und
df^ df, . df, ^ df, df, df,
dx dy dz dx'^^dy'^ dz
geben ein System von neun Gleichungen; eliminirt man x, y^ z^ ^1» Vi» *i
zwischen denselben, so erhält man drei Gleichungen zwischen J, 1/, f und q^
welche die Coordinaten S, »?, ^ eines Punktes der Wendecurve der deve-
loppabelen Fläche in Function der Variabelen q bestimmen.
Das Bogenelement der Wendecurve sei ds^ ferner q der Krümmungs-
halbmesser und r der Torsionsradius. Da nun
/ 1 ds\* ^/d cos a Y /d cos b\^ /dcos c\«
\ r dp) '"X dp ) \ dp ) \dp)'
so geben die Gleichungen 5) nach 8) und 15):
1 ds J
23) — ^ = -77-
^ r dp D
Aus den Gleichungen 20) findet man mittelst 9) und 19)
= Ä'fi"^ \{L(x-x,)'\-M{y-y,)+N{z-z,)\cosa=-r^—cosa,
folglich :
uiDSchrieben ist. Von Dr. A. Enneper.
329
Diese Gleichung und zwei analoge Gleichungen geben:
Die linke Seite dieser Gleichuncr ist aber ( — zr-] . Nimmt man die Qua-
d rat würze] positiv, so folgt:
1 ds_ ! //r/?" /^li^'^X
Q dp^ D\ R Ä, /'
oder, wenn man die vorstehende Gleichung durch die Gleichung 23) dividirt:
24)
Ä,
eoi
m
Die Bogenelemente der Contactcurven der developpabelen Fläche mit den
Flächen f=0 und /i=0 seien da und ^<j, , ferner g> und g>, die Winkel,
welche die bemerkten Curven mit der Verbindungslinie der Punkte (a:, y, z)
(^i»yi» ^i) bilden. Die Gleichungen 20) geben:
— {Leos a+M cos b+ Neos cy\ ,
}sa> — = ^""'^* ^JfjL. yZ'Jl ^-Ijl. ^""^^ ?i
^—^11 y— yi, ^— «i
Mittelst der Gleichung 19) leitet man aus den vorstehenden Gleicliungen
leicht die fplgenden ab :
^— ^n y— yir 2— «t
eos a , eos h , co5 c
z, ^, ^
25)
de Rff'j
Sm CD ■;--=: ,
^ dp ED'
Ebenso folgt:
26) «wg)j— -'=-^— 1 —
dp /?, />
a:— x,, y— yi, r — 2,
co5a, CO» 6, C05C
Z, M, iV,
=:—CO((Pi.
Es ist offenbar :
dhTp^rpj^^d-pTp^'''^'^^'^'^d-pd-p
= {l+eoi(peoi(p^)sm(pstnq>i— — \
oder nach 25) und 26)
27)
dx dXi dy ^y\_j,dt dz^.
dp dp dp dp dp dp
= (l+ro^epro/.,.)-;R--^(y).
330 lieber die developpabcle Fläche^ welche zwei gegebenen FlSchen
•• ^ ^ .^ .» ^^ ^ 'S. -\ -„^^•*-^^ --. *^rf
Sabstituirt man in
für ^, f^, J ihre Werthe aus 10), so folgt uacb 2j) und 21):
6;)'--G^,.~i)'+ö4.-!(f-:)'-''(Wi
1 — q \?p ait> dp dp dp dp)
^— «^M y— 2/11 2—^1
+2 co5^/, ros6, cosc
L, M, N
— 2| cosfi, cosb, cosc
i ^, ^A» ^'l
Ä Ä' _l_ ^
/^
1 — g dp 1 — g
\» T\'f
n\R'\ 1 a
7 r~z/ r-
D
1 — q dp 1 — y'
Wegen der Gleichungen 25), 26) und 27) wird die vorstehende Gleichung
einfacher:
/aA« ) a 1 , 1 /?'Ä" 1 , q n\R\ ^
J*\dpJ
\dp l—q • 1— y Ä. />
1
1 — ^ D
+ (l-7)* Z>« ) R '^ R,
In dieser Gleichung verschwindet nach 22^ das zweite Quadrat auf der rech-
ten Seite, man hat also einfach:
1 . 1 RiÜ' // q R\B^\ d ,
dp'~~ dp l — q ' V—q R D
1~V /?, D
oder auch nach 25) und 2C)
28)
d s d 1 cos (p dö q cos qp, d (?,
dp dpi — q \ — qdp l — q dq
Diese Gleichung lässt sicli noch weiter vereinfachen. Die Differenz der
beiden Gleichungen: *
x — x^dxy — y^dyz — z^dz da
J dp J dp d dp dp^
x — x^dxy y — y^dy^ z — z,dz, da,
n dp J dp J dp dp
giebt:
dj
da
da.
--=cosq)- cos q>i — -
dp dp dp
Mittelst dieser Gleichung lässt sich die Gleichung 28) auf eine der folgenden
Formen bringen:
29)
d s d qJ , a a
dp dpl — q dp
ds^ d J , dcx
umBchrieben ist. Von Dr. A. Enkeper. 331
^^fc^^^N^^^^^^V^*^"^^*^^^^^*^^.^^.^.^.^.^^^^ ^.^ ^ ^ ^'■^•^^.^^.^ ^ ^^^ 0' ^ ^^ ^^^.^-^ ^ ^ m 0 ^ .
^•^ ^ >■ ^-^_^ ^rf ^^ ^^^^^^^
Ans den vorhergehenden Entwickelangen lassen sich einige bemerkens-
werthe Sätze ableiten. Zufolge der Gleichangen 10) ist q das Verhältniss
der Distanzen der Punkte (a?, y, z\ (a:,, yi, «,) vom Punkte (S, iy, £). Mit-
telst der Oleichnng 22) folgt:
Ist eine developpabele Fläche zwei Flächen umschrieben , so ver-
halten sich die Distanzen zweier Punkte df r Berührnngscurven,
welche derselben Generatrix angehören, vom entsprechenden
Punkte der Wendecurve, wie die Producte der Hauptkrfimmungs-
halbmesser in diesen Punkten, dividirt durch die Krümmungs-
halbmesser der Normalschnitte, welche durch ihre Verbindungs-
linie gehen.
Ana den Gleichungen 5), 20) und 25) folgt :
dx dy dz
d^' dp' dp
dcosa dcosh dcosc J da
cosa^ coshj cosc
Ist nun cosq>=0, so genügt die Berührungscurve der Fläche f=0 der
Differentialgleichung der Krümmungslinien und umgekehrt. Setzt man:
(|-a:)'+(,-y)'+(f-*)'=«»,
SO ist nach 10) i=-~-. Für q>= — giebt die erste Gleichung 29): ^=3 1,
oder /— ^o=*'"*o» ^® '0 ^^^ Werth von t ist, welcher dem Werthe s^ von
s entspricht. Aus dem Vorstehenden folgt unmittelbar:
Berührt eine developpabele Fläche eine beliebige Fläche längs
einer KrÜmmungslinie , so ist die Differenz zweier Generatricen,
begrenzt durch die Wendecurve und die Contactcurve, gleich dem
zwischen ihnen liegenden Bogen der Wendecurve.
Berührt eine developpabele Fläche zwei Flächen in Krüm-
nmngslinien, so ist die Distanz zwischen zwei entsprechenden
Punkten der Berührnngscurven constant.
II.
Die in I angewandte Methode erfordert einige Modificationen für den
Fall , dass eine der gegebenen Flächen eine Kugelfläche ist. Setzt man :
1) fl?*i+ffV+2*i=A^',
so ist:
2) ir,=Arco«a; y,=Ärcos6, ?,=ÄrcoÄC;
3) ira-,+yy,-f z«, = Ä«.
Diese Gleichungen und /•=0 gestatten es, je fünf der Quantitäten t, y, ?,
*ti yn ^1 *^s Functionen der sechsten anzusehen, oder besser^ ui«.ti Va:clt\>
Ztltschrift f. Mfithcmalik b. Phyilic. XIII, 2. ^^
332 üeber die deyeioppabele FläcbO; welche zwei gegebenen Flächen
die B&mmtlichen Coordinaten als Fanctionen einer Variabeleo anaeheo, f^
welche man z. B. den Bogen der BerflfarungscurFe der developpabelen Fliehe
mit der Kagelfläcbe nehmen kann. Diese anabhängige Variabele werde
darch t bezeichnet und zur Abkürzung gesetzt — -=a:', — -^=rjr', etc. Die
ox dt
Gleichungen 1) und 2) geben :
Mittelst dieser Gleichungen und 2) folgt:
5) ocx\+yy\+zz\^0.
Bezeichnet g eine Unbestimmte , so erhält man aus 2) , 4) und 5) :
Ist wieder (|, i?, t) der Punkt der Wendecurve, welcher mit den Punkten
(«♦ y, z) und (ar, , y,, z,) auf derselben Geraden liegt, so hat man zur Be-
stimmung von $, i7i C die Gleichungen:
Die zweite der vorstehenden Gleichungen geht wegen 6) über in :
•^1 ♦ yi » ^i
welche Gleichung selbstverständlich ist. Setzt man:
X'-qx, y-^yi g-gz,
1—^ 1 — y 1 — ^
so giebt die dritte Gleichung 7) :
Die Gleichungen :
ica?'r+yy'i + «^'i=0, Xia',+y,y', + rit',=0
nach T differentiirt geben :
a^i ^"i +yi y"i +^1 «"i =— (ä:''i +y''i +^'*i).
Die Gleichung 9) lässt sich also auch schreiben :
d. i. nach 1), 3) und 6):
nniBcbrieben ist. Von Dr. A. Enneper.
333
10)
gk'ix*+y*+z'^k')q=
X
X
1 1
y\
X
Um aas dieser Gleichung x\y\ z za eliminiren, wird es am einfachsten
sein, die rechts stehende Determinante mit derjenigen zu mnltipliciren, wel-
che das reciproke Prodnct der beiden Hauptkrümmnngshalbraesser der Flä-
che/*=:0 im Punkte Qx^y, z) darstellt. Die in I, 13) gegebene Gleichung
lässt sich*leicht auf folgende Form bringen :
H)
cosüy cosb, coscy
dcosa dcosa dcosa
dx '
dy '
dz '
dcosb
dcosh
dcosb
dx '
3y •
dz '
dcosc
dcosc
dcosc
0
cosa
cosb
cosc
R'ir
/•
dx ^ dy ^ dz
Die vorstehende Gleichung werde mit der folgenden multiplicirt:
12)
^', y, «, 0
X
0
X
^1 ) yi » ^1
X
0, 0, 0, 1
Nach den Gleichungen 1), 2), 3) und 6) ist:
cosa.x+cosb.y' + cosc.z'ttsQ^
, dcosa . , dcosa . , dcosa
X —^ hy — tt: — h«
dcosa g , .
dx ' " dy ' dz
xcosa+ycosb+zcosc=x^cosa+y^cosb'^-z^cosc^=sk,
Wendet man diese Gleichungen an und ersetzt in dem Product der Gleich-
ungen 11) und 12) die vier Elemente der letzten Horizontal- oder Ver-
iCt y» Zt
ticalreihe 0, cosa, cosb^ cosc durch 0, -jt, j-, — ^ so folgt:
1
ITK'
X
X
X
i 1
y
»1
^i. . dcosa dcosb , , . dcosc
N i / % dcosa , , .
+ (y-yO j (^-^i)-T7- + (y-»i)
dx
dcosb
9y
dcosa
sy
+ (^-«.)
dcosc
, ... . „ . , . dcosb . , . dcosc {
+ (z-t,) j(.T-ar,)-^^+(y-y,)-ä^ + («-*.) -^^[
Diese Gleichung durch
334 lieber die developpabele Fläche, welche zwei gegebenen Flftcben
r^w^.^^>»^i/v^i»'^^^^\^^^^^^'V»»^»^p^>«^»M^^
dividirt, giebt:
k' Tk''
Ä 'Ä" 1
pA«(«»+y'+z»-A«)
Ä * '
d. i nach 10) :
Ä'Ä" 1
WO B dieselbe Bedentnng wie in I) hat. Aas dem Vorstehenden folgt, dass
die in I) aufgestellten Gleichungen 10) und 22) ftir die Kugelfläche gültig
bleiben, d. h. wenn B\ = R"^ = R^=k ist. Haben r, ^, ;, a, (f, and
dieselben Bedeutungen wie in I) , so findet man aus den Gleichungen 1),
3) und 10) :
i ds .da
14)
7al=«'^' rt=*^"'-
15)
17)
Die Gleichung 13) nach t differentiirt, giebt:
dJ XX ^yy+zz
Die Gleichung 10) quadrirt, giebt mit Rücksicht auf 4), 13) und 15):
16) x*+y'+z'=iqkgjy+(^-^^.
Aus 6) und 10) findet man leicht:
x'^\ +y y\ + ^' ^\={^g^^g »
^'\+y\+z\=^ifcgjy.
Mittelst der Gleichungen 15), 16) und 17) lässt sich zwischen ^, r und s eine
bemerkenswerthe Gleichung darstellen. Zufolge dieser Gleichungen
findet man:
Setzt man also :
— ^=A:öf(l-.^),
80 folgt mittelst der ersten Gleichung 14) :
18)
r k l — q'
Mittelst der Gleichungen 15), 16) und 17) geben die Gleichungen 8):
oder:
(K)'=0+0+(K)'-(r..-^)*.
.=1 "
dsl-^g'
umschrieben ist. Von Dr. A. Ennrpeb. 335
Eliminirt man zwischen der vorstehenden Gleichung und der Gleich-
ang 18), so folgt:
dr k^ k'
oder integrirt:
wo h eine Constante ist. Durch diese Gleichung ist die kürzeste Linie
einer Kegelfläche charakterisirt*). Aus dem Vorstehenden folgt:
Die Wendecnrve einer developpabelen Fläche, welche eine Kugel-
fläche berührt, ist die kürzeste Linie einer Kegelfläche.
Ist (A', F, Z) ein Punkt der developpabelen Fläche, welche der Fläche /sO
und einer Kugelfläche umschrieben ist, bezeichnet man durch v die Distanz
der beiden Punkte (X, Y^ Z) und (x^^ y,, Z|), so finden die Gleichungen statt:
^=^1+^— r-^, ^=i^,+t'^-, 2=2.+^
A •
Ist p eine Constante, so hat man für einen Punkt {X^^ Y^^ Zj) der Parallel-
fläche :
A
Z, =3 z^ +t; — p cos c.
n
Nun ist nach 2) co5a= -t;, cosb^=^^ coscs=^j nimmt man also in den
rC n rC
vorstehenden Gleichungen p=/r, so folgt:
^' = ^1 ^ Zj
^— *i y—yi «—«1 *
Die Elimination von x, y^ z^ x^^ y^, z^ zwischen diesen Gleichungen, den
Gleichungen 1), 2), 3) und der Gleichung /'=0 giebt ofi'enbar ein Resultat
von der Form :
was die Gleichung einer Kegelfläche ist, welche den Anfangspunkt der
Coordinaten (Mittelpunkt der Kugelfläche) zur Spitze hat. Hieraus er-
giebt sich:
*) Der Beweis dieses Satzes ist in den „Bemerkungen über RaumciLcv^xiL^*
gegeben, welche ein Supplement zu II bilden.
336 lieber die deyeloppabele Fläche, welche zwei gegebenen Flftchen
Eine beliebige developpabele Fläche, welche einer Kngelflicbe
nmscbrieben ist, ist die Parallelfläcbe einer Kegelfläche, welche
den Mittelpunkt der Kngelfläcbe zur Spitze hat.
Um eine einfache Anwendung der yorhergehenden Entwickelnogen
zu geben, seien die Gleichungen der beiden Flächen /'=0 und /*]=0, re-
spective :
^^^ A^ B^ C^' A,^ bJ er
Wegen
findet man:
oder :
20)
dx oy dz ^dXi dy^ dz^
df^^df d/\^d£ df^^df
dx^ d x^ 3y, dy^ dz^ dz^
A Af B B^ C C|
Diese Gleichungen in Verbindung mit:
xr-qxi y—qyt y «—^«1
^--1=7' ^-"1^' ^^~l^
geben:
\^=^Sn y=^i?i, ^=6'fc;
wo zur Abkürzung gesetzt ist:
Die Substitution der Werthe von a:, y, z^ a:, , y, , z^ aus 21) in 19) giebt:
23) ^l*, + ^i?'. + 6T,=l, ^,?. + i?,V, + ^,ri = l etc.
Es ist ferner :
RR" _ ABC
R f R i Ai B^Ci
At Bi 6',
oder wegen 21) und 23):
B A^ ,, B^ , 6^ _
umschrieben ist. Von Dr. A. Enneprb. 337
Die Gleichung für q wird hierdurch :
ABC ^ ^ . ^ . C« .
Bestimmt man aus dieser Gleichung und den Gleichungen 23) die
Werthe von {*„ iy'„ £*,, setzt darauf für {„ iy,, f, ihre Werthe aus 22) ein,
so ergehen sich für ^, 17, ^ folgende Gleichungen:
r=
(g-/?,)(C-C,) _ (A-UA*
(_AB,—A,ß)(AC, — A,C) \ l—q J'
■C,) (B-qB,\*
\-B,'C)\ l-q /'
?=
^A-'A,)(B^n,)
{CA,''C^A){CB,'-'C,B)
Nimmt man A^ B, C positiv, A'^B>C^ ferner ^, = F, = C,=/r, A'^k >i?,
so ist ein Punkt (£, 1}, {;) der Wendecurve deir developpabelen Fläche,
welche den beiden Flächen :
umschrieben ist, durch folgende Gleichungen bestimmt:
(k tv- (*-g)(^-g) /^-*?Y
''^^ i ^*''^ -(^-5)(5-C)l, \-q ) '
r^ tv_ i^-k){k-B) (kq-CV
^o — >'/> — • Die developpabele Fläche ist die Parallelfläche für die
constante Distanz j/T zur Kegelfläche :
a^ y* ^ «•
A — k k'-B ' k^C
Aus den Gleichungen 24) flndet man:
J_L*_n/l (^-A:)(g-^)(6--^) I I
, r dq~^y \iA-kq){B-kq)(C-kii)\\-,i
33S Ueber die derdoppsbele Fbcfae, wddie
m.
Sind die beiden Fliehen f=^0 and A^O swei Flicken sweiten Gni-
des 9 so liest sich die Gleiehm^ der omsekriebenen dereloppmbelen Fliehe
^Bk einfachsten ansAhren, wenn statt der Ponktcooidinaten eogenannte
tetraedrische Coordinaten mn Grande gele^;! werden. Man kann bekannt-
lich das Fnndamentaltetraeder so wihlen, dass die Ecken desselben, in
Bexiehnng anf jede der g^ebenen Fliehen, die Pole der gegeniberliesen-
den Seitenebenen sind. Die ansznf&hrenden Rechnungen entspreckmi dann
dem einfachsten Fall t^ Pnnktcoordinaten , wenn nimlich die beiden Fli-
ehen concentrisch sind nnd ihre Hauptachsen gleiche Richtungen haben.
Die Reduction zweier homogenen Functionen zweiten Grades mittelst einer
linearen Substitution auf ihre einfachsten Formen« in welchen die Producta
ungleicher Variabelen nicht enthalten sind , ist schon mehrfach ansgefthrt;
der grossereu Uebersichtlichkeit w^en sind im Nachstehenden nur die
Entwickelungen der bemerkten Reduction ansgeföhrt, unter Hinzuf&gung
einiger neuen Relationen, welche (^ den vorliegenden Zweck erforder-
lich sind.
Seien P und Q zwei homogene Functionen zweiten Grades der m Varia-
belen X|,j:2,...j:s, so dass:
1)
wo allgemein ar^s=as^r and 6r,«=6^r ist. Mittelst der Substitution:
lassen sich P and Q als Functionen von fy^ •••-^y« Auf folgende Art dar-
stellen :
Sabtftituirt man in die Gleichungen 3) fiir P^ Q ihre Werthe aus 1) und die
Wertlie von py^^yt«- •••py« *°^ ^)' *^ ergeben sich die ii(ii + l) Gleich-
ungen :
4)
r=s
ss=m
r^a
«ssa
P^£
Z ar,,mrXs,
(?=-£
Z ^r,«Jfr^*f
r=l
s=l
r=l
s=l
"iC ntC *n'^^^ f^^^ ''^'^ +««<?rta<?«m = flr,o
WO r, 1 alle ganzen Zahlen von 1 bis n dnrcblanfen. Von den n* Coeffi-
cienten Cr,» der Substitution 2) und den 2it Quantitäten Ap at»«---^»
^i,^,f ... b^ bleiben n unbestimmt, eine Unbestimmtheit, welche sich leicht
aufheben lisst, wenn r^^,....:;?^ statt y|....yj, gesetzt wird. Es soll vor-
ausgesetzt werden, dass keine der Determinanten:
umsohrieben ist. Von Dr. A. Ehmbpbr.
339
»)
«Ml ^1,»
««,1» ««,«
= ^,
= ^
verschwindet. Durch C werde die folgende Determinante bezeichnet:
ö)
= C.
In den Determinanten A^ Bj C seien respective a^,«! /^r,«» }^r,« die Factoren
von flr,#» ftr,#> Cr,s.
Die Determinante C mit a|,^t ...a«, mnltiplicirt, giebt:
^1 ^1>1» ^i ^iif» • • • • ^'n <^n«
^1 ^f» li ^t ^tit» • • • • ^n ^t»»
7)
= ^1 a^ . . . du C
Bildet man das Product mit der Gleichung 6) , so ist nach 4) die linke
Seite des Products gleiche, die rechte Seite gleich aja, ...a^C*. Man er-
hält so die beiden Gleichungen :
Multiplicirt man die erste Gleichung 4) mit b^, die zweite mit rim, bildet die
Differenz der Producte, so folgt:
/SU
^ («m^l — ^m«! ) Cr,« C,, | c= ö«, frr, * — b^dr^M»
•Für 5=1,2, ...n ergeben sich hieraus die Gleichungen:
£ (ßmbt — ^möf) Cr,t C|,« = <»m^r,l — ^m^r,! >
^{^m^t — ^m ö«) Cr,l ^2,1 == amftr,2 — ^iNar,2,
^ («m */ — ^m «0 Cr,| C„, | r= a„ 6r, n — 6„ «r,««
Multiplicirt man diese Gleichungen resp. mit }^i,M>y2,mi •••}^n,mi bildet die
Summe der Producte, berücksichtigt:
yi,mCi,i + ...+y«,«,c,,i=0, t'^m,
so folgt:
oder -p = z gesetzt:
(Z6r,l — ör,l) yi.i- + . . . + («^r,« — flr,«) yii,m = 0.
Setzt man hierin r=l,2, ...ti, so ergiebt sich für yt.m ••• ym,m oin Sy-
stem von n Gleichungen, dessen Determinante verschwinden muss, da nicht
gleichzeitig yi^^ .... ym,m verschwinden können. Hieraus folgt:
z6|,| — ö|,i, 2^^i>i-^öi,,, ... 2^1,11 — fl,.
n
n
= 0
«^mt — öüii» *^«»f-^«mit> ••• ^^mn — «um \
340 Ueber die dereloppabele Flächoy welche Ewei gegebenen Fl&chen
oder:
»)
wo:
10)
»2«— pj"-« +... + (- l)«-'5rZ+(—l)-^=0,
r=ii
r=r «
y='^(^lirflfnr+^t»rtffir+...+^niraii,r).
Bezeichnet man die Wnrzeln der obigen Gleichung in z durch Z|,Zt,...t„,
so hat man bekanntlich:
.,+z.+.. +c.= £-, l.+±+...+ ±=±.
Da nun allgemein c=7^, so sind die Wurzeln von 9) --^, -~i ... -r-*. Hier-
aus folgt:
a.
• n ^4.^+ 4.^=A ^+^4- 4.^-JL
Multiplicirt man die Gleichung:
a, a>
a„ A
^iili ^i»«> ^nn
0, 1, 0
^r-fim ^r+iwi ^r-fiij»
'«»I 1 •'«1*1
'«in
yr»#
mit der Gleichung 7), so folgt nach 4):
12)
«111
a
US
a
itn
^r— iii ^r— n* ^r— i»n
^iw
6-
rys
^ni «
«r+iH «'r+n* «r+1
1 n
a
ni I
«m
a
ftlR
fl*=«|flft •••<»«^yrw.
Die links stehende Determinante ergiebt sich aus A^ wenn die Elemente
''du <»rn ..-«nn ersetzt werden durch c,,,, c,,,, ... c«,,. Hieraus folgt:
a*(«r,i <^ii5 + «ri2 <^fi*+- •+ «r,ii<^nM) = öi-..fl«C^yr,«.
Wegen ö, ^j...a„C = — -und 0,.,, = «^,,. lässt sich die vorstehende Gleichung
auch schreiben:
13)
Multiplicirt man die Gleichungen 2) respective mit «i Cr,i»"2^r,t»."^'«<^r»ii
bildet die Summe der Producte, so folgt nach 4)
umachrieben ist. Von Dr. A. Enneper. 34 1
d. 1. :
Mittelst dieser Gleichung folgt:
«ssn
Analog wie die Gleichung 13) findet man :
Die Gleichung 15) geht hierdurch über in :
Für r=l, ?,...;i ergeben sich hieraus die n Gleichungen :
,'=2 dP B^=^ at
•=« dP 2?«=» öl *
d P . d P d P
Diese Gleichungen resp. mit ^-x — , i"o""» •••i"5 — raultiplicirt und ad-
O Xf OXf cx„
dirt, geben nach 14):
Da iu der Doppelsumme rechts nur die Terme übrig bleiben, für welche
S'=il ist, so folgt:
r = n *=n dP d P '=» /i*
16) i^^ 2ß^^,££^=tB2 «'y...
Auf analoge Weise folgt :
17) i2; ^«,„|i^|^ = ^.^2; ^y%.
IV.
Seien Vi, yt, yg, ^4 vier homogene, lineare Functionen ier vier Varia-
bein Xi=x, ir,=y, x^:=z und x^. Die Gleichungen 7^=0 und ö=0 zweier
Flächen zweiten Grades lassen sich auf fotgendiä Fv^tmew Wvu^^w*.
342 Ueber die derelopfMibele Fliehe, welche swei gegebenen Fttchen
Zur Vereiafachang werde im Folgenden geseUt:
Berührt die Ebene:
2) £vy=^0
jede der Flächen 1), so finden die Relationen statt:
3) -T— = 0, £^=0.
a o
Von den vier Parametern p„ p,, r,, r« der Gleichung 2) sind nur drei ar-
biträr, da dieselbe durch einen der Parameter dividirt nur drei beliebige
Constanten enthält. Die Gleichungen 2) und 3) bleiben nngeändert, wenn
allgemein v ersetzt wird durch — , wo ^'(p'i + p't+S+P«')^ ^ genommen
werden kann, so dass, unbeschadet der Allgemeinheit:
4) 2:p*=1
sein möge. Die vier Parameter P|, r,, Pg, v^ der Gleichungen 2), 3) und 4)
werden als Functionen einer Variabelen u angesehen. Differeniiirt man
unter dieser Voraussetzung die Gleichung 2) nach », so bt das Resultat der
Elimination von u zwischen der Gleichung 2) und der folgenden :
die Gleichung der developpabelen Fläche, welche die beiden Flächen 1)
gleichzeitig berührt. Die Gleichungen 3) und 4) nach u differentiirt geben:
«)
„p^p ^ V ^^ ^ dv
a du ' b du
Aus den Gleichungen 5) und 6) folgt:
du
Vi^
yi.
ysi
Vi
El
*
•
P4
«1
ö,'
«t
a«
»1
Pf
p«
bi
^iy
^u
«'j.
P4
= 0.
Eliminirt man i\^v^^ü^^v^ zwischen den Gleichungen 2), 3), 4) und 7), so
ist das Resultat der Elimination die Gleichung der developpabelen Fläche.
Die Gleichung 7) lässt sich durch vier Gleichungen von folgender Form er-
setzen :
yr=A— + fi— + VPr,
für r=l, 2, 3, 4; A, ^, v sind drei Unbestimmte. Multiplicirt man diese Gleich-
ung mit Pr, setzt darauf r=l,2, 3, 4, addirt die Producte, so folgt nach
2) und 3): v=0. Man hat also:
%
umschrieben ist. Von Dr. A. Ennepeb. 343
oder mit Weglassang des Index : •
_ y
8) i ^ .
Setzt man diesen Werth Ton v in die Gleichungen 3) , so gehen dieselben
über in :
Multiplicirt man die erste OleichuDg 0) mitA, die zweite mit fi, so giebt
ihre Summe:
10) ±4.Ji.= Ö-
Die Gleichungen 0) folgen respective durch Differentiation der Gleichung
10) nach A und f». Hieraus folgt, dass die Discriminante der Gleichung 10)* '
gleich Null gesetzt, die gesuchte Gleichung der Fläche ist.
Die Gleichung 10) vollständig entwickelt ist:
V
/6' ,,*%,.&%,, ft'4 t \l
Znr Bestimmang der Wendecorve dienen die Gleichungen :
irj,=:o, -s4-i'=o, ^y|^=o.
Die beiden ersten Gleichungen 6) und die Gleichung 5) nach u difforentiirt,
geben :
CM*
344 Ueber die developpabele Fläche, welche swei gegebenen Flichm
MultipHcirt man die erste Gleichang mit X, die zweite mit fi, die dritte mit
— 1 und bildet die Samme, so folgt:
Da nun nach 8) allgemein ( 1- ~- j P=y, so reducirt sich die vorstehende
Gleichung auf:
''' KiH) (!-:)■=»•
Bedentet H eine Unbestimmte, so geben die Gleichungen 6):
«^t,
P|, t^A
flt«^t»
a,r„ «4 »4
ff^"'-
r, r, v^
flr, ' ö, ' a^
r, r, v^
6, ' 6, ' b^
1
du
fl, a, ö^
•
Bildet man das Product der beiden rechts stehenden Determinanten, so
folgt:
9
Zav' — a^t^^, 1— «'"n
^T^-^^^
«.,.». ».(|iy=
6/-
^^^*-ft^*.
l
+
oder entwickelt:
„,.,.,. «.1 fJi)"= i^..+ (^^.-0 if .--4 ^i-'
Diese Gleichung und drei analoge Gleichungen geben , mit Rücksicht auf 3)
und 4) :
Auf ganz ähnliche Weise folgt:
Mittelst der beiden letzten Gleichungen geht die Gleichung 12) über in :
d. i. nach 8) :
18)
24
y'
-.+
= 0.
omsohrieben ist. Von Dr. A. Ennkfer.
345
Nun 18t:
^»z
a
y
-==:2ay'-'ili:
.v
+ i»x
«y
Ka"^ b/ a"^ b Xa"^ b )
Diese Gieicbnng redncirt sich nacli 0) und 10) einfacli auf:
(4+i) '
Mittelst dieser Gleichung nud
" -.=4^»»-
• (1+ f )'
Iftsst sich die GleicboDg 13) auf folgende Weise schreiben:
^' Zay' + TTT-T -Sfty' = 0,
oder entwickelt :
14)
a, flr, «8 Ö4
(^y'i+^ty'.+^y's+^y'*) =0.
Durch diese Gleichung und die Gleichungen 9) ist die Wendecurve bestimmt.
Nimmt man in den Gleichungen 1), 3), 8), 10), 11) und 16) von III fi = 4,
so kann man in den Gleichungen 11) und 14) von IV unmittelbar statt der
tetraedrischen Coordinaten die gewöhnlichen Punktcoordinaten einführen.
Man gelangt dann zu folgendem Resultat.
In den beiden homogenen Functionen:
r=4 *=4 r=4 *=4
P=:£ Zür.sXrXs, Q =^ Z Ebr.s^rXs,
r=l *=1 r=l •=!
sei allgemein a^,f=:a,,r) ffr^8=bs}r- Bezeichnet «r,* den Factor von fl^,,
in A, ßrjs den Factor von 6r,* in By wo:
A=
setzt man :
^VV ^1*4
^W ''4M
B=
r=4 B=4
p = 2 Zar^gßr.sy g = ^£br$stilrysi
SO ist die Discriminante der Gleichung:
gleich Null gesetzt, die Gleichung der developpabelen Fläche, welche den
beiden Flächen P=0 und Q=^0 umschrieben ist. Die Gleichung der Fläche
ist also das Resultat der Elimination von — zwischen den Gleichunf^en i
346 Ueber die developpabele Fläche etc. Von Dr. Ennrpbr«
3i>^^«+2(/>p-A)Afi+(ö^-öi)fi« = 0, ^
Für die Wendecnrve tritt zu den vorsteheoden Gleichnngen noch die fol-
gende :
BPX*+AQii*:=0.
Durch AasfÜhrnng der angegebenen Elimination ergiebt sich als Gleichang
der Fläche:
{Pp^P,y{Qq-Qty-4A0{Pp-P^y-4BP(0q--0,Y
^21^ABPQy+\%ABPQ{Pp'-P,){Qq-Qi)^0.
Die Wendecnrve ist dnrch die beiden folgenden Gleichnngen bestimmt :
iPp-P.y^ZBPiQq^Q,),
(Qq-Oty=-^AO{Pp-PO'
Die dnrch /^, und P, bezeichneten Functionen haben eine sehr einfache
geometrische Bedeutung, es ist nämlich P|=0 die Gleichung der reciproken
Polarfläche der Fläche 0=0 in Beziehung anf die Fläche P=:0. Analoge
Bedeutung hat die Gleichung Qi =0.
Kleinere Mittheilungen.
/;
XV. Mittheilimgen ans Thomson and Tait, treatise on natural philo-
tophy. Oxford 1867.
Inhalt des Stückes, den ein Kegel von sehr geringer Oeff-
nung aus einer Kugel fläche herausschneidet. Es sei j? der Inhalt
eines sehr kleinen Stückes der Kugelfläche (d. h. eines Stückes, wovon
jeder Theil dem Punkt E sehr nahe liegt) und
welches durch einen Kegel, der P zur Spitze
hat, aus der Kugelfläche herausgeschnitten / « .^--^^" /
wird. Die sehr kleine Oeffnung dieses Ke- kUz^
gels sei o; so gross ist also das Stück, wel-
ches er aus einer Kugel schneidet, deren
Mittelpunkt mit seiner Spitze zusammenfällt
und deren Radius die Einheit ist. Aus einer
Kugel, deren Mittelpunkt P und deren Radins
Pi^ist, würde jener Kegel das Stück mPE^
schneiden. Dieses Stück ist die orthogonale Projection des Elementes E^
und weil der Winkel zwischen beiden Kugelstücken = P^Cist, so hat man
2aoiPE^
1
\
E—mPE^\cos PEC=z
EE
yf
w
\'
wenn n = CE den Radius der Kugel bezeichnet.
Die Anziehung einer homogenen Kugelschale auf einen
ausserhalb gele- ^
genen Punkt ist
dieselbe, als ob
die Masse der
8c haleim Mitte 1-
pun kt d ersel ben
concentrirt wäre.
Es «ei C der Mittel-
punkt dersehrdünnen
Kagelschale, P der \
auAserhalb gelegene
Punkt und J ein
\
ZefuHirirt r.yhihemalik a. /'fiysik. XIII. t.
1\
348 Kleinere Mittheiinngen.
Punkt auf PC, so dass CJ :Cj4=CA:CP. Ferner «ei die ganze Kagelschale
in Paare von Elementen zerlegt, die darch einen Doppelkegel mit der
Spitze J herausgeschnitten werden. H und H' seien die Inhalte iweier
solcher Elemente, dem Kegel mit der OefTnung co entsprechend. Dann ist
nach dem Obigem
cosCHJ cos Cn J
nozeichnet man mit g die überall gleiche Dichtigkeit der Schale, so
sind die Anziehungen der beiden Elemente // und //' auf P bezüglich
-. ""^ 9---^u'
,f «•
"^ cos CIW Pin "^ cosCB J' /'// •
Aus der Aehnlichkeit der Dreiecke CPU und CHJ M\^iLC PH=^LC lU
und JH cn a
HP CP CP
Gleicherweise folgt aus der Aehnlichkeit der Dreiecke PCH' uud
CHJ, dass L CPff' = LCB'J\\nd
JH' _CH' _ a
W P'^ CP '^CP'
Die Ausdrücke für die Anziehungen der Elemente ff uud //' auf P
gehen durch diese Substitutionen über in
CO (I* 0) rt*
^ ^oTCHj' cT' """^ ^c'^iCH'J ' C~F''
Weil Dreieck ff' CM gleichschenklig ist und die Winkel CPH und
CPH' bezüglich gleich CffJ und Cff'J sind, so sind diese Ausdrücke gleich
und geben eine Hesultireudo in der Richtung PC^ deren Grösse
«»
Um die ganze von dor Schale auf den Punkt P ausgeübte Kraft zu
finden, wird die ganze Schale durch Doppelkegel, derenSpitzen in Jliegen,
in entsprechende Elemente zerlegt Die Kesultirende je zweier Elemente
ist 2a>*". (>r— -jUnd liegt in der Eichtung PC. Da Z2a) gleich der Oberfläche
der mit dem Radius 1 um 7 beschriebenen Kugolfläche, also=47i; ist, so hat
man als Ausdruck der ganzen von der Kugelschale auf Pausgeübten Kraft
Duisburg, 3. Mai 18(«. Dr. W. Krumme,
Oberlehrer an der Realschule.
X7I Auflösung einer Aufgabe von Prinz A. Boncompagni, die Summe
von Cnbikzahlen betreffend. Von Dr. Ludwig Mattiiiessen in Husum.
Im IX. Jahrgänge der Zeitschrift wurde die Aufgabe mitgetheilt: Die
ganzen Zahlenwerthe der Grössen a% /i. r zu bestimmen, welche die Summe
Kleinere Mittheilungen. 349
ar> + (a: + /f + (a: + 2/-)'+ + [^ + (« - 0 r]»
%n einer Cubikzaiil machen.
Inzwischen ist nach oiiioin im XI. Bande pag. 248 u. flg. von Proressor
Cantor in Heidelberg gegebenen Referat im Jahre 1806 von Angelo Ge-
nocchi der päpstlichen Academia de' nnovi Lincei eine Abhandlung vorge-
legt, worin er Auflösungen der unbestimmten Gleichungen
j:»+(:r-f r)» + (j;+2r)»+ + [a^ + (« - I) r]» = i^»
und x'+(jr + r)» + (x+2/)3+ + [j? + (n — l) r]» = z'
gi(*bt. Genocchi wendet dabei das bekannte Verfahren au, aus bereits
entdeckten Werthen der Unbekannten neue Wurzeln zu erfiudeu. Ange-
sichts des bekannten Beispiels
3» -1- 43 -f 5« = 0»
hat es nun keine Schwierigkeit für n=s3 neue Werthe von x^ r und y zu
bestimmen. Da aber auch fUr n andere ganze Zahlenwerthe verlangt wer-
den, indessen aus dem Referate von Professor Cantor nicht zu ersehen
ist, wie Genocchi zu anderen Zahlen werthen dieser Grösse gelangt, so
will ich hier mein Verfahren mittheilen. Man kann nämlich ausgehen von
folgenden identischen Gleichungen:
0»+l'=l» « = 2
(— jy + l* + 3'=:3» w = 3
(— 0' + ^' + 1' + 2^ = 2* w = 4
(— 3)' + (- l)«+l» + 3' + 5' = 5' « = 5
(— 2)' + (— l)' + 0»+l» + 2» + 3» = 3' « = 0
^ U. 8. W.
Mittelst dieser Gleichungen ist man nun im Stande, eine beliebige
Anzahl von Zahlen zu finden, welche eine arithmetische Progression bil-
den und deren Cubensumi^e wieder eine Kubikzahl ist, sowie umgekehrt
eine jede Cubikzahl in eine beliebige Anzahl anderer Cubikzahlen zu ver-
wandeln, deren Basen eine arithmetische Progression bilden.
Die Summe der gegebenen Reihe ist nämlich
1.2
Dividirt man die Gleichung durch r' und setzt a;:r = S, y:r = tjy sub-
stituirt ausserdem 2§+« — l = f, so erhält man
Aus den oben angeführten spcciellen Beispielen folgt nun, dass die
Summe der Reihe ein Cubus wird, wenn
1) n = 2/> = 3, a:== — (2/?-f 1), r==2, y = 2;; + 3,
2) n = 2p + 4, a; = -(p+l), r=l, y = p + 2
ist. FUgt mau hinzu die speciellen Fälle
3» + 4' + 5' = 0'
C— 2/ + (— 1/ + 0' + 1' + 2' + 3' + 4' -f 5' = 0\
nfx-^ — rj|.T*-f (w - \)rx+ \ -■■ ' r-) = y-
350 Kleinere Mittheilungen.
r^v«^ %^'%#'vw^/^^N^^
SO ist die Summe ein Cubus, wenn
3) n = 3, a: = 3, r=l, y = 0,
4) 11 = 8, a:=— 2, r=l, y = ö.
Setzt man 2a?-|-(/i — l)r = z, so kann die Summe offenbar noch ein
Cubus werden, wenn n eine beliebige gerade oder ungerade Zahl and
z = r = l ist, also:
2 — ;i n
5) « = «, a: = — ^, r=l, y = -.
Zu der Auflösung 3' + 4' -|- 5' = 6' gelangt man, wenn man
w = 8, r=|, 2c=| + ii, y = 4 + W
setzt. Hieraus ergiebt sich die Bedingung f/=:2 und y = 6, a;= — 2. Es
ist also die Auflösung
(— 2)' + (— l)« + 0»+l» + 2' + 3» + 4» + 5' = ö»,
welche die erstere involvirt.
Zu der schönen Auflösung
1 1' + 12» + 13» + 14» = 20»
gelangt man , wenn man /i = 4, r = l,z=l-l-ii setzt. Dann ist
y« = I (1 + M) t (!+«)' + 15 t=8 + 9u + |ü'+4ti».
Setzt man y==2 + /7ti, so erhält man die Bedingungsgleichungen der
Hationalität
3 — 12/?»
P = J, " = -2~^8lZ7 = 24, also y = 20, a:=n.
Was den Fall n = 2 anbetrifift, so bemerkt schon Eni er in seinen
Schriften, dass es unmöglich sei, zwei Cubikzahlen antugeben, deren
Summe wieder einen Cubus gäbe. Also wäre das Beispiel 0»+m» = m» die
einzige Lösung. Dann kann natürlich auch u = l sein. Dass man im Stande
ist, auf diese Art Cubikzahlen in die SumnK beliebig vieler anderer
Cubikzahlen zu verwandeln, deren Basen in arithmetischer Progression
stehen, ersieht man aus folgender Zusammenstellung:
351120»
= 0» +-351120»
= 175560» + 234080» + 202600»
= 193116» + 210672» + 228228» + 245784»
= 183540» + 193014» + 204288» + 214062» + 225036»
= 132240» + 153824» + 175408» + 196992» + 218576» + 240160»
= 91245» + 117150» + 143055» + 168960» + 194865» + 220770» + 246675»
= 58520» + 85690» + 1 12860» + 140030» + 167200» + 191370» + 221540» + 248700».
XVII. Znr Oeschiohte der Erfindung der elektrisohen Telegraphie.
Abbd Moigno theilt in „ Les Mondes" tome XV, livr. 14, pag. 561
mit: Cantu habe von Mailand an den Administrator des historischen In*
stituts, K c u z i , eine Mittheilung über deu Autheil Alexander Volta's an
Kleinere Mittheilungen. 351
^/^^^^^^'^^^^^^^^•^^^■^^^^»^^^^^^^^^•^'^■^^■^
der Erfindung der elektrischen Telegraphie gelangen lassen. Cantu sagt,
dass Volta zuerst daran gedacht habe, Signale auf grosse Entfernungen
mittels eines auf hölzernen Pfählen ausgespannten Drahtes zu befordern.
Als Beweis dafür wird ein von Volta an den Professor Barletti am 15.
April 1777 geschriebener Brief mitgetheilt. Bis auf Weiteres scheint mir
aber dieser Beweis durchaus ungenügend, weil erstens in dem Briefe zwar
von der Möglichkeit , von Como aus in Mailand eine elektrische Pistole zu
lösen, die Eede ist, nicht aber von einer Verwertliung dieser Möglichkeit
für telegraphische Zwecke, und weil zweitens bereits aus den Jahren 1753
und 1774 Vorschläge zu elektrischen Telegraphen bekannt sind.
Die betreffende Stelle des Briefes von Volta giebt Moigno mit fol-
genden Worten wieder : Je ne sais ä combien de milles un fil de fer Icndu sur le
sol des champs ou de In route^ replie en arriere ou traversanl un canal d*eau, con-
duirait CetinceJte suivant le parcours irtdiqui. Mais je prevois gue dans un tres-
long voyage sur la terre humide ou ä Iravers les eaux courants^ ils s'e'tabliraU
bienldl une communication gui devierail le cours du feu eleclrique separe du
crochet de la bouteille pour relourner au fond, Mai^ si le fil de fer elail soutenu
ä une cerlaine elevation au-dessus du sol par des poleaux en bois plantes de dt-
stance ä distance ^ par exemple de Cöme ä Milan ^ et inlerrompu seulement dans
ce dernier Heu par mon pislolei^ quUl conlinuäl et vinl enfin plonger dans un ca-
nal de navigatiati, gui communiguc avec mon lac de Cöme^ je ne crois pas im-
possible de faire partir mon pistolet ä Milan , avec une bonne bouteille de Leyde
chargee par moi ä Cöme,
Dagegen wurde aus ^^Scols Magazine^^ (Bd. XV, 8. 78) zuerst von dem
Glasgower Journal yjThe Common Wealth>^ in der Nummer vom 21. Februar
1854 ein Brief mitgetheilt, welcher nach der französischen Uebersetzung im
y^Cosmos, revue encycloped^gue*^ (IV, 7) auch in die Zeitschrift des deutsch-
österreichischen Telegraphen- Vereins (I,94)überging; derselbe ist von Heu-
frew am 7. Februar 1753 üatirt und mit CM. unterzeichnet, was man für die
Anfangsbuchstaben des Schotten Charles Marshall hält (vgl. Du M on-
cel, traite de Idlegr, electr. p. 304). In diesem Briefe wird vorgeschlagen,
für jeden Buchstaben einen Draht mittels Glas oder Harzkitt isolirt an feste
Träger zu befestigen und am Ende mit einer Kugel zu versehen, welche
nach demElektrisiren einen auf Papier geschriebenen Buchstaben anziehen
sollte; oder man sollte anstatt dieser Buchstaben Glocken von verschiede-
ner Grösse nehmen und anf diese den elektrischen Funken überspringen
lassen. Zur besseren Isolation könne man auch die Drähte ihrer ganzen
Länge nach mit einer dünnen Lage von Holzkitt überziehen.
Aehnlich war bekanntlich der 1774 von Lesage in Genf gemachte
Vorschlag , mittels an den Drähten angebrachter Hollundermarkkügelchen
zu telegraphiren.
Schliesslich möge noch eine Notiz (in „Comples rcndus*\ LXVl, 1109)
Erwähnung finden, in welcher die erste Idee zu einem ma*^u^lv6s:.V\\iVL '>l>^^-
352 Kleinere Mittheiiungen.
graphen in das Jahr 1636 verlegt wird ; dieselbe schniiit sich über aaf den
in Daniel Scliwcnter's mathematisch- philo^^ophischen Erqniekstondeo
(Nürnberg It^dOj eiitlialtonen , damals nnd aach jetzt noch anansführbareu
Vorschlag zu boziuhen, welchen auch Dub (Anwendung des Elektromagne«
tisuius S. 272) aus PoggendorflTs Annalen (82, 335) mittheilt.
Eduard Zetzschb.
XVnL üeber den Au&ats von Dr. Grelle: „Lineare- Construction des
Punktepaares, welches zn zwei gegebenen Pnnktepaaren gleichzeitig har-
moniich ist'* (Seite 148 laufenden «Jahrganges). Die vom Verfasser behan-
delte Aufgabe ist augeDscheinlich unmöglich lösbar; denn das Resultat sind
zwei Punkte, demnach bestimmen sich diese durch eine quadratische Glei-
chung, und diese letztere kann nie linear lösbar sein. — Die Folgerangen
des Aufsatzes sind richtig bis Seite 150 unten, wo der Verfasser sagt: „Ver*
fährt man demnach mit den Paaren u^v und p, q ebenso, wie vorhin mit r, f
und /;, 9, ... so ist t... festgelegt.** Hier hat der Verfasser übersehen, dass
dieses f ein anderes auf der neuen Linie ist, als das vorhergehende (die
beiden i liegen auf einer Geraden , welche durch a geht). Selbstverständ-
lich sind auch die folgenden Aufgaben nicht linear zu lösen..
Berlin. Dr. H. Hertzer,
Lehrer au der Oewerbeakademie.
XIX. Dai Carpi-Prämiam. Wir wünschen unsere Leser auch dieses
Jahr wieder mit der Preisfrage bekannt zu machon, an deren Lösung die
päpstliche Akademie der Nuovi Lincei in Rom die Ertheilung das Carpi
Prämiums von 1000 Lires knüft. Der Gegenstand der Bearbeitung, welche
bekanntlich in italienischer, lateinischer oder französischer Sprache abge-
fasst, spätestens am 31. October 1800 der Akademie übergeben sein muss,
nnd welcher der Name des Verfasse^-s in mit einem Motto zu versehenden
j^cbchlossenen Couvert beizuliegen hat, ist
„Die Vergleichung der Ebbe- und Fluthverhältnisse der
hauptsächlichsten Häfen an der italienischen Küste, die Prüfung
und Erklärung der dabei auftretenden Unterschiede.**
Mathematische Erörterungen im Anschluss an die Untersuchungen von
La place über den Gegenstand sind dringend empfohlen; zum Mindesten
eine klare Darstellung der Schwierigkeiten, welche einer mathematischen
Behandlung entgegenstehen. Das experimentelle Material muss aus offi-
cielleu C^uellcu geschöpft sein.
Kleincrc Mittheilungen. 353
»1
ZX. Erklftmng in Betreff der Äbhandinng des Herrn Dr. v. Brach
llber die cnbiBchen Kegelschnitte. Gegenübor den Angriffen, welche unser
College Dr. v. Drach durch »eine Schrift über die cubischen Kegel-
schnitte sich zugezogen hat, fühlen wir uns zu folgender Erklärung ver.
anlasst.
Nachdem im Eingange jener Schrift Möbius, Chasles, Seidewitz,
Schröter, Cremona aLs diejenigen bezeichnet worden sind, durch
welche die Theorie der cubischen Kegelschnitte entstanden und ausge-
bildet ist, fährt Drach fort:
„Mit Rücksicht darauf, dass einerseits synthetische Betrachtungen
„nicht Jedermann angenehm sind und andererseits die analytische Behand-
„lungCremona*8 ausserhalb seines Vaterlandes weniger bekannt sein mag,
„dürfte vielleicht nachfolgende Zusammenstellung der hauptsächlichsten
„Eigenthümlichkeiten der liaumcurven dritter Ordnung, welche zugleicli
„einen Beitrag liefert zu der immer innigeren Verschmelzung der neueren
analytischen und synthetischen Geometrie, sowie zu einer Theorie der
algebraischen Raumcurven überhaupt, nicht unerwünscht sein und die
Aufmerksamkeit in etwas höherem Grade auf jene Curven hinlenken,
„deren Bedeutung für die Mechanik schon von Möbius und Chasles er-
„kannt wurde und denen möglicher Weise für die weitere Entwicklung
„mancher mechanischer und physikalischer Untersuchungen eine nicht
„unbedentendere Rolle zugetheilt sein mag, als den ebenen Curven und den
„ Oberflächen zweiter Ordnung.*'
In der Schrift selbst sucht Drach die Untersuchungen der genannten
Autoren so gut als möglich zu benutzen, um eine Darstellung zu liefern,
durch welche dem Leser ein bequemer Zugang eröffnet werden soll in das
Innere der in Rede stehenden Theorie.
Wenn Drach in seiner Schrift zuweilen Untersuchungen von Cre-
mona fast wörtlich wiedergiebt, so können wir hierin nur eine Aner-
kennung der VortrefFlichkeit derselben erblicken, und können überhaupt
nicht zugeben, dass, nachdem die von ihm benutzten Quellen in der Ein-
leitung einmal genannt waren, der Verfasser auch im weiteren Verlaufe der
Schrift zu fortwährenden Citationen verpflichtet gewesen wäre.
Allerdings, einräumen müssen wir, dass das Verfahren unseres Col-
legen Drach ein etwas unvorsichtiges gewesen ist. Denn jeder Leser
wird, sobald er in der Einleitung einen so glänzenden Namen wie Cremona
gefunden hat, ein Vorurtheil fassen zu Gunsten Cremona^s, und jeden be-
liebigen Theil der Schrift von vornherein mehr geneigt sein, als ein Werk
Cremen a^s denn als ein Werk Drach's anzusehen. Und was wohl zu be-
achten ist, jeder Leser wird fast unwillkürlich sämmtliche gute Partieen
der Schrift auf Rechnung Cremen a's, hingegen die weniger gelungenen
oder gar fehlerhaften Partieen derselben auf Rechnung Drach'a ä^vl^w«
354 Kleinere Mittheilungen.
'^^^ ^ ^^ ^ ^^ *v#* ^\ ^»^ ^
Unvorsiclitig ist es also allerdings, dass Drach nicht Schritt fiir *
Schritt angegeben hat, in wie weit die einzelnen Betrachtangen von Cre-
men a oder von ihm selbst herrühren. Aber es ist eine Unvorsichtigkeit,
durch welche Cremona in keinerlei Weise geschädigt werden kann, eine
Unvorsichtigkeit, durch welche nnr Drach selbst in Üble Lage kommen
konnte.
Jedenfalls dürfte nicht zu bestreiten sein, dass Drach sich uro das
grössere Publicum ein anerkenncnswerthes Verdienst erworben, indem er
die Aufmerksamkeit desselben auf die schätzbaren Untersuchungen Cre-
mona^s geleitet bat.
O. Hesse.
A. Clebsch.
C. Neumann.
Die projectiTischen Eigenschaften der gewöhnlichen und*
ausgezeichneten Elemente ebener Cnnren.
Fortgetznng^ (siebe viertes Heft).
Zweiter Abschnitt.
Kmmme ebene Pnnktreihen und ebenes Strahlbttsohel, ebenes Tangenten«
bfticliel und gerade Punktreihe in perspectivischer Lage.
§• 10« Allgemeine Definition und Erseugunggweise Ton Corren.
46. a) Denken wir uns einen Punkt d aus der Lage d auf einer Ge-
raden s in die Lage eines der ihm benachbarten Punkte gerückt, etwa in
die Lage von d , dann eine Gerade s aus der Lage s in der Ebene @ um
den Pnnkt d in die Lage eines der dem Strahl s benachbarten Strahlen
0
des ebenen Strahlbüschels d , etwa in die Lage s gedreht, dann i auf der 6e«
raden^ aus der Lage d in die eines derbeiden benachbarten Punkte gerückt,
etwa nach d , ; um den Punkt d in derselben Ebene @ aus der Lage s in
die eines der beiden im Büschel d benachbarten Strahlen s gedreht u. s. f.,
so entsteht eine stetige ebene Curve*); an welchen Begriff wir jedoch
die Bedingung knüpfen , dass d und s in wenigstens zwei aufeinander fol-
genden Lagen denselben Richtungs- resp. Drehsinn beibehalte'*'*). Jede der
Geraden s ^s .s ... s^,,, verbindet zwei aufeinander folgende Curvenpunkte,
resp. y 8\ d^ Ä^ d^ S^^ ... Sr 9^^ ... und jeder der Punkte ^^ i^, ... »^ ... ist
der Schnittpunkt zweier aufeinander folgender Tangenten resp. s s ^ ^i ^9 • • •
6) Kommt es vor, dass, wenn s in eine Lage s^ und der zugehörige der
Punkte iS in die Lage d gelangt sind , der Winkel , um welchen nun s
•) Vgl. Cremonn^ Introduzione ad una teoria yeomctrica delie curoe piane No. 28;
V. Staodt, Oeometrie der Lage No. 2, 21.
••) Siehe die AnmeTkun^ »a No. 506*.
29it»chrift f. MMih§mnik u. I'hylk, XIV, 5. <^«^
356 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
sich dreht, gleich Null ist, also ^ anf der Geraden s an die Stelle eines
der Nachbarelemente von i , etwa i rücken moss, dass s femer
X + 2
diese Lage Sj beibehält und nur i in die dem d benachbarte Lage
t rückt u. 6. f.j bis d zu einem Punkt d ^ der Geraden Si gelangt^ um
welchen sich s aus der Lage s. in die eines der Nachbarelemente des Bfl-
schels d dreht; oder kommt es andererseits vor, dass, wenn d in die
l
Lage eines Punktes d und s in die Lage 5. gekommen , $ aus der Lage s.
in die darauffolgende u. s. f. übergeht , ohne dass d aus der Lage d rückt,
bis s in eine Lage «. gelaugt, auf welchem Strahl d aus der Lage i
in eine benachbarte rückt, s aber in seinen sämmtlichen Lagen in derselben
Ebene @ Hegt, so nennen wir eine solche Curve eine ebene gebrochene
Curve, eine stetige ebene gebrochene Curve, wenn weder d in
der Punktfolge von ^ bis d ^ incl., noch s in der Strahlenfolge
von s. bis s. ^ incl. den Bewegungssinn ändert.
47. Zur Erzeugung einer ebenen Curve nahmen wir die sämmtlichen
12 t
in d , d ...S ... befindlichen ebenen Strahlbüschel in einer und derselben
Ebene liegend an. Denken wir uns jedoch, nachdem d in den dem ^ benach-
barten Punkt d und s von« nach s gerückt, die Ebene @ aus der Lage
(5 5 ) =3 @ in die der einen der @ benachbarten Ebenen des Ebenen-
büschels s gedreht, etwa in die Lage @ , dann ^ von d auf der Geraden s
nach i und s aus der s in die des einen seiner Nachbarstrahlen in d^m
«
1 2
der Ebene @ zugehörigen Strahlbüschel i , s gedreht und nun wieder die
Ebene @ aus der Lage @ in die der einen ihrer Nachbarebenen im Ehe-
2 2 *
nenbüschel s gedreht, etwa in die Lage ® , und nachdem B von d auf s in
z z
t
3 • 2
die folgende Lage & gerückt, in dem der Ebene ® zugehörigen Strahlbü-
3
schel i die Gerade s au§ der Lage 's in die des einen der Nachbarstrahlen,
5 gedreht u. s. f., so entsteht eine gewöhnliche stetige RaumcurvCi
sobald wir die Bedingung erfüllen, dass, wenn 2 in irgend einer Lage s.
der Geraden s den Richtungssinn oder s in irgend einer Lage ff von ^ den
Drehsinn oder @ in irgend einer Lage s von s den Drehsinn ändern, die
beweglichen Elemente d, 5, @ den jedesmaligen neuen Richtungs- resp.
Drehsinn wenigstens in zwei aufeinanderfolgenden Lagen beibehalten.
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 357
0 1 % . 12 3
d , d « iS u. s. f. , andererseits s , s. s u. s. f., @ , @ , © u. s. f. nennen
' 0 12 .
wir aufeinanderfolgende Elemente der Raumcurve.
Den Inbegriff der Bewegung, welche die drei Elemente iS, 5, @ aus-
führen , wenn sie resp. aus einer Lage d , ^], @ in die darauffolgende
resp. d f ^ 4.4) ® übergehen, nennen wir eine Bewegungsein-
he it. Verändern in einer Aufeinanderfolge von Bewegungseinheiten eines
oder zwei der Elemente dt '^, @ ihre Lage nicht, so erhalten wir eine ge- .
brochene stetige Raumcurve; wir stellen aber auch hier die Bedin-
gung, dass, so lange in einer Aufeinanderfolge von Bewegungseinheiten
dieselben zwei der Elemente d, ^, @ ihre Lage nicht ändern, das dritte den
Bichtungs- resp. Drehsinn nicht ändern darf, und dass, so lange eines und
dasselbe der Elemente j$, s seine Lage nicht verändert, die anderen beiden
ihren Bewegungssinn nicht ändern dürfen.
a) Besteht zwischen den Ortsveränderungen der Elemente )S, s,®
einer Bewegungseinheit und den Bewegungseinheiten unter sich ein Gesetz,
80 beisst die Curve eine gesetzmässige, im anderen Falle eine gesetz-
lose.
Gelangen nach einer Aufeinanderfolge von Bewegungseinheiten die
Elemente;]^, ^, @ resp. aus den Lagen i ^ s,, Q in die Anfangslage resp.
iS , 5 y ® und fallen sie in den folgenden Bewegungseinheiten (ßsS') ,
(d^®) u. s. f. resp. mit den gleichartigen Elementen der Bewegungs-
12
einholten (d5@) , (d5@) u. s. f. zusammen, so heisst die Curve eine ge-
schlossene Curve.
b) l. Verändert während des ganzen Verlaufes der Curve die Ebene @
ihre Lage nicht , so erhalten wir eine stetige ebene Curve; verändert
während des ganzen Verlaufes der Curve s seine Lage nicht, so entsteht
ein Ebenenbüschcl, dessen Bewegungseinheiten aus den zwei beweg-
lichen Elementen g und @ bestehen, und verändert während des ganzen
Verlaufes der Curve d seine Lage nicht, so hüllen die Elemente s und @
einen Kegel ein. Bleiben während des ganzen Verlaufes der Curve s und
d fest, so entsteht ein Ebouenbüschel, dessen Bewegungseinheiten nur
aus dem einen Element @ bestehen; bleiben @ und ^ fest, so entsteht ein
ebener Strahlbüschel und bleiben ® und s fest, eine geradeP unk t-
reihe als speciclle Fälle der allgemeinen Curve.
2. Sind nie während des ganzen Verlaufes einer in der angegebenen»
Weise erzeugten, stetigen, gebrochenen geschlossenen Raumcurve alle drei
Elemente der Bewegungseiuheiten in Bewegung, wenn diese aus einer
Lage in die nächstfolgende übergehen, und wechseln stets die Aufevtv^\i^^x-
folgen von Bewegungseinheiten, in denen die G^tad^ s ^^^^^A^^^.> ^^"^^"^^
35S Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
i und @ in der angegebenen Weise stetig ihre Lage verEndem, mit solchen
Anfein and erfolgen ab , in denen die Gerade s stetig ihre Lage veranderty
während ^ und @ festbleibeu, bo entsteht ein räumliches und wenn die
Ebene @ stets fehtbleibt, ein ebenes Polygon als specieller Fall der
allgemeinen, stetigen, gebrochenen und geschlossenen Ranmcurve.
c) Aus dem Vorhergehenden folgt, gemäss den in § 1 gemachten Vor-
aussetzungen als charakteristisches Merkmal aller Cnrven,
welche auf die erwähnte Art erzengt gedacht werden können,
dassjede Bewegungseinheit nur an zwei benachbarte grenzt,
so dass, wenn die eine derselben als die vorhergehende be-
zeichnet wird, unreine die folgende sein kann, und dass je-
des der Elemente der Bewcgungscinheiten (der Curve) nur an
zwei gleichartige grenzt, derait, dass, wenn das eine dersel-
ben das vorhergehende, nur eines das folgende sein kann, die
Curve also nur in zweierlei, einauder entgegengesetzten Be-
wegungssinnen von den sie bildenden Bewegungseinheiten
oder deren Elementen beschrieben werden kann.
Weiter auf die Kaumcurveu einzugehen, entspricht unserem Zwecke
nicht; bis hierher glaubten wir aber auch auf sie unsere Discussion aus-
dehnen zu müssen, um die allgemeine Giltigkcit der angegebenen Erzeu-
gungsart der Curven und damit ihre Berechtigung und ihre Grenzen zn er-
kennen (vergl. No. 7rf).
48. Nachdem in dem ersten Abschnitt die spccicllen ebenen stetigen
Curven , eine oder mehrere gerade Punktreihen mit einem oder mehreren
ebenen Strahlbüscheln in pcrspcctivischc Beziehung gebracht und die in
den verschiedenen Lagen derselben stattfindenden und die jedesmalige
Lage charakteriöircnden Eigenschaften, die Abhängigkeit der Lage und des
Bewegungssinnes jedes der Elemente von der Lage und dem Bewegungs-
sinn des entsprechenden erörtert, wollen wir in diesem Abschnitt die all-
gemeinen stetigen ebenen nicht gebrochenen Curven in ihren Beziehungen
zu diesen einfachsten" ebenen stetigen Curven in gleicher Weise unter-
suchen und im Folgenden unter „Curve** immer eine ebene stetige nicht
gebrochene Curve verstehen, welche wir uns auf die in No. 46 angegebene
Art erzeugt denken können.
«) Eine solche Curve kann , da jede ihrer Beweguugseinheiten stets
aus zwei Elementen, Punkt und Gerade besteht, ihrer Entstehung gemäss
(No. 40und 47c) sowohl als eine continuirliche Aufeinanderfolge von Punk-
ten, eine krumme Punktreihe, wie als eine continuirliche Aufeinander-
folge von Strahlen, ein Tangentenbüschel angesehen werden. Jeder
Punkt der Curve erscheint als der Mittelpunkt eines ebenen Strahlbüschels,
welcher zwei aufeinanderfolgende Strahlen mit der Curve, d. i. ihrem Tan-
gentenbüschid gemeinschaftlich hat, und jetio Tangente der Curve als eine
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 369
gerade Pnnktreihe, welche zwei aufeinanderfolgende Punkte mit der Curve
gemeinschaftlich hat.
b) Den Voraussetzungen in No. 2 und 3 zufolge oder nach No. 5 ent-
spricht
jedem Punkt der Curve in jedem
Strahlbüschel der Ebene, mit des-
sen Mittelpunkt er nicht zusammen-
fällt, ein und nur ein Strahl, welcher
mit ihm perspectivisch liegt; in dem-
jenigen Strablbüschel aber, dessen
Mittelpunkt mit ihm identisch ist,
entsprechen ihm alle Strahlen ;
je zwei von einander verschiede-
nen aufeinanderfolgenden Punkten
d*, d* der Curve entsprechen
in jedem der Strahl büschel derEbcne,
deren Mittelpunkte ausserhalb der
beiden gemeinschaftHcbon Tangente
s liegen, zwei aufeinanderfolgende
von einander verschiedene Strahlen;
in jedem der Strablbüschel der
Ebene, deren Mittelpunkte die von
d* und si" verschiedenen Punkte
von s sind, ein und derselbe (zwei
zusammenfallende) Strahl, nämlich
die beide verbindende Tangente s ;
in jedem der beiden Strablbüschel,
deren Mittelpunkte die Punkte ^
und i^ selbst sind, die Tangente
s , der beiden gemeinschaftliche
Strahl, und alle übrigen Büschel-
strahlen.
jeder Tangente der Curve auf jeder
geraden Punktreihe der Ebene, de-
ren Träger nicht mit ihr zusammen-
fällt, ein und nur ein Punkt, welcher
mit ihr perspectivisch liegt; auf der-
jenigen Punktreihe aber, deren Trä-
ger mit ihr identisch ist, entsprechen
ihr alle Punkte;
je zwei von einander verschiedenen
aufeinanderfolgenden Tangenten
s , s der Curve entsprechen
auf jeder der geradenPunktreihen der
Ebene, welche nicht den beiden ge-
meinschaftlichen Punktj^ enthalten,
zwei aufeinanderfolgende von ein-
ander verschiedene Punkte;
auf jeder der Punktreihen, welche
den beiden gemeinschaftlichen Punkt
i'^ enthalten, aber mit keiner der-
selben zusammenfallen, ein und der-
selbe(zweizusammenfallende)Punkt,
nämlich der Curvenpunkt g ;
auf jeder der beiden Punktreihen,
• deren Träger diese beiden Tangen-
ten selbst sind, der Curvenpunkt g ,
welcher beiden gemeinschaftlich ist,
und alle übrigen Punkte der Ge-
raden.
§. i\. Oewöhuliche endliche Curvenelemente.
. Ä, Allgemeine Bestimmungen.
49. Bewegen wir eine Gerade s so, dass sie in einem bestimmten
Sinne 2; der Reihe nach die Lage der Tangenten s einer ebenen stetigen
Curve S einnimmt, von irgend einer ihrer Tangenten an, welche wir mit 5^
3^) Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
^ ..«* .^ «^s^ ^K' ^- ^r ^
bezeichnen wollen, nnd rücke ein Punkt d auf der Geraden s in jeder
9
ihrer Lagen so fort^ dass er der Reihe nach die Punkte der Curve von i
an deckt, das heisst also, lassen wir die Gerade s im Sinne £ von $ an
den Tangentenbüschel und zugleich den Punkt St von d an die krumme
Punktreihe S durchlaufen, so wird zufolge No. 46 und 14a* durch die Be-
stimmung des Bewegungssinnes £ auf jeder der Tangenten 5 der Carve ein
gewisser Bichtungs- und in jedem der Büschel d ein gewisser Drehsinn be-
zeichnet, welche jeder gleichzeitig mit S in den entgegengesetzten über-
gehen. .
a) Wir nehmen nun vorläufig an^ die Curve S habe in den nächsten A
im Sinne U auf s resp. d folgenden Tangenten s s ... Sj und Punkten
^ ^ . . . d , welche das Curvenstuck tS^ bilden , die Eigenschaft,
1. dass diese Tangenten von S lauter endliche Gerade, welche sieb
sämmtlich nur in endlichen Punkten schneiden, so dass also auch
die A + 1 Curvenpunkte d von S^ ' lauter endliche Punkte sind,
2. dass s beim Uebergang aus jeder der eisten X Tangenten von
S in die im Sinne 2^ folgende eine Drehung in demselben Sinne
J ausführe, als bei dem Ueborgange aus der Lage s in die $ ,
3. dass der Punkt g^ , um aus der Lage irgend eines der ersten k Cur-
veupunkte von S in den im Sinne 2^ folgenden zu gelangen, auf
der mit beiden perspectivischen Lage von s sich jedesmal in dem-
selben Richtungssinn P bewegen muss, der auf der Geraden s in
der Anfangslage derselben s durch die Bewegung des Punktes ST
aus der Lage ^ in die ^ eindeutig bezeichnet ist (No. 14 a^).
Diese Annahmen sind nach No.'46 gestattet, da über den Werth von k
nichts bestimmt ist.
b) s^i s t s^ s , s^ seien irgend fünf im Sinne 2J aufeinanderfolgende
der erwähnten A + 1 Tangenten von S , von denen die ersten vier resp.
die Curvenpunkte d ^ , ig* ä , i^ d'', i5^ ^ enthalten; s , s seien irgend
zwei im Sinne 27 aufeinanderfolgende der J+ 1 'J'angenten von s bis 5,,
a ß ß ® • fc
welche resp. die Punkte d 0 , Ö^^ enthalten, wobei ajso f jeden der
Werthe 0, 1, 2, ... A — 2, ß jeden der Werthe 1 , 2 . . . f — 1 haben kann.
c) Befindet sich s in der Lage einer der Tangenten von S^ , etwa
Syy so deckt der Halbstrabi e^'^ , d. i. der Halbstrabi, welcher mit dem
ansgeBeiehneten Elemente ebener Carven. Von Paul Scholz. 361
Grenzpnnkt 8> als Anfangspunkt den Eichtnngssinn P angiebt (No. 14 a'),
wenn d^ in der Lage d , den Halbstrahl 3^'*''*^ = 3l ' , und wenn g^ in
die Lage ^^ rückt, den Halbstrahl ^y^^^ = ^^^ *^; geht nun s in die im
Sinne £ auf $. folgende Lage 5 über, im Büschel d im Sinne J sich fort-
bewegend, so geht nach Voraussetzung (No. 49a') der Halbstrahl i^^
aus der Lage äI^ ' *^ io die Lage 3^*^'*^ = ^^* *' über, in welcher er mit
der folgenden, wenn i^^ aus der Lage §p in die i^ rückt, ausser diesen bei-
den (Punkten) §r und d alle übrigen Punkte gemeinschaftlich hat; des-
gleichen haben die Halbebenon »^l]^ und »I^V^l ausser den Punkten der
begrenzenden Halbstrahlon, d. i. ausser den Punkten der Geraden s^ und s
alle übrigen Punkte gemeinschaftlich (No. 17 a, 39a). Ebenso haben auch
die Halbstrahlen «[''"*) = i8j'^*^ nnd gj^^ *^ = ä[^'"*^ ausser den Grenz-
ponkten g^ und ^ alle übrigen Punkte und die Halbebenen äJ^. ^ = ^(IJ\
nnd i^, , ^' alle Punkte ausser denen der Geraden s. und s gemeinschaft-
lieh; folglich:
Der Schnittpunkt irgend einer
Geraden g mit der Tangente s, ge-
hört demnach, wenn er ein endlicher
von i nnd Sr verschiedener Punkt
ist, demjenigen der beiden Halb-
strahlen g^' ^\ ^^^~^\ welchem er
in Bezug auf die eine der beiden
Lagen i8 und S>^ von ^^ angehört,
anch in Bezug auf die andere an.
Der Mittelpunkt p irgend eines
Strahlbüschels gehört, wenn er ein
endlicher ausserhalb der Geraden
s, und s gelegener Punkt der Ebene
ist, derjenigen der beiden Halbebe-
nen d j,^ A welcher er in Bezug auf
die eine der beiden Lacren 5. und s
von $ angehört, auch in Bezug auf
die andere an.
Wegen der Voraussetzungen in No, 49a gilt, was hier von den Punk-
ten i und j^^ und den Tangenten s und s gesagt ist, von je zwei auf-
einanderfolgenden Punkten und je zwei aufeinanderfolgenden Tangenten
des Curvenstücks S .
B. Ein nur gewöhnliche endliche Elemente enthaltendes
Curvenstück und eine gerade Punktreihe.
50. Aus No.49c' und 45e oder 36c' und 456 erhalten wir folgende Stttze :
a) 1. Da die Punkte ö von S continuirlich sich aneinaud^t x^\Vi^w^
362 Die projeciiyiBcJieii Eigenschaften der gewöhnlichen und -
'■^^V^%^^'^^'^^'^W»^>^^>^^^^«^^^
und laater endliche Punkte sind, so liegen sie in Bezug auf jede
Gerade, welche keinen derselben enthält, auf derselben
Halbebene. »
2. Es folgen daher, während die Gerade s von s an stetig im Sinne
9 o
£ das Curvenstttck S^ ^ beschreibt bis 5, , die mit den aufeinanderfolgen-
den Lagen derselben, d. i. mit den im Sinne 2J aufeinanderfolgen-
den Tangenten von S^^ ^ auf irgend einer Geraden g der
Ebene, welche keinen der Punkte j^ von 5'^ ' enthält, also
auch auf g^, perspectivischen Punkte stetig in demselben
Kicbtungssinne P aufeinander und bilden auf derselben di
Strecke a^'''*^;
3. und zwar gehören, wenn g' ' ^ den unendlich entfernten
Punkt von a nicht enthält, diese Punkte entweder sämmtlich
dem Halbstrahl g^^'^^ oder sämmtlich dem Halbstrahl ST^'
der perspectivischen Lagen von s an. Wenn aber die Strecke
0^ ' ^ den unendlich entfernten Punkt a^ einmal enthält, also g zu einer
der Tangenten von S^ ^ s parallel ist^ so gehören (No. 35^) die den Tan-
genten s s .,, bis s entsprechenden Punkte , das sind die Punkte des
Halbstrahles g^ ' , wenn einer derselben in dem Halbstrahl d (ä )
der perspectivischen Lage von s liegt, sämmtlich dem Halbstrahl d
(ö ), und die den Tangenten von s bis s. entsprechenden Punkte
y *
das sind die Punkte des Halbstraliles a^^' ' sämmtlich dem Halbstrahl
i& (Ä ) der perspectivischen Lagen von s an (vgl. No. 52/*).
6) 1. Enthältdie Gerade«/ einen derPunkte ^ von S ^ d*^
und fällt sie mit keiner der Tangenten von S^ zusammen, so
liegen die beiden Halbstrahlen g^*^'*^ und 3^ der beiden aufeiuander-
ß
folgenden Tangenten s und s^ , welche sich im Punkte iy schneiden, nach
No. 37 6 (für w =2) auf derselben Halbebene in Bezug auf g , also nach
No. 34 6^ die Halbstrahlen g('^-*) = g(''«») und «?'*>= ^^^^^^ und dem-
nach auch die Punkte g und ^^ auf entgegengesetzten Halbebenen in Be-
zug auf g . Es liegen folglich, wenn ^'^ der einzige Punkt von
aasgeseidbneten El^nente ebener Curven. Von Paul Scholz. 363
5^**^ ist, welchen g enthält, die Punkte Ä^, Ä^ bis jj** auf einer,
die Punkte d^ bis d auf der anderen Halbebene in Bezug auf p^,
2. Der Punkt Ä^ gehört dem Halbstrahl g("^*) = g^*l*^ von « und
dem Halbstrahl i^J^"^^ = i^S'"'*^ von $^ an. Mithin folgen die mit
P P P
den Tangenten 5 , $, his s auf 0 perspectivischen Punkte in
demselben Kichtungss in neP anfeinander,bilden die Strecke
g^ ' ^ (g s=s d) und gehören, wenn diese den unendlich entfern-
ten Punkt nicht enthält, sämmtlich dem Halbstrahl i^^^'^Mer
• n ß ß
perspectivischen Lagen von 5 an. Im Punkt g =3 g*^ =s j^*^ fal*
len die mit den beiden Tangenten s und s^ perspectivischen
Punkte zusammen (vgl. No. 30c, 31</, 4öe}*). Die mit den Tangen-
ten «^ bis 5. auf^ perspectivischen Punkte folgen ebenfalls
stetig in unter sich gleichem, aber dem ersteren entgegenge-
setzten Richtungssinne P auf einander, bilden die Strecke
g^' ' bezogen auf den Kichtungssinn P , 9 bezogen auf den Sinn P
(▼gl. No. 16c), und gehören, wenn diese den unendlich entfern-
ten Punkt nicht enthält, sämmtlich dem Halbstrahl j}^^ Mer
perspectivischen Lagen von 5 an. Es geht also der dem Strahl
t auf einer Geraden ^ entsprechende Punkt^ wenn w^ diese
überschreitet, stets von dem Halbstrahl V ^ über auf den
Halbstrahl d , nie umgekehrt.
3. Enthält nun aber auch eine der Strecken oder jede derselben ein-
mal den unendlich entfernten Punkt, so gehören die sämmtlichen Punkte
des Theiles 0^*"^ der ersten Strecke dem Halbstrahl r^' % die des
Theiles g^""*' (die Bezeichnung bezogen auf den Richtungssinn P ) der
zweiten Strecke dem Halbstrahl r^""*', folglich (No.35c, 50a*) die sämmt-
lichen Punkte des Theiles g der ersten Strecke dem Halbstrahl 3^^ '
*) Wie dies die Annahme in No. iÖc begründet, so ist andererseits die Be
obachtang von No. 1(5 c bei der Erzeugung von Carven anf die in Ko. 40 angege-
bene Weise als Bedingung für die Stetig^keit derselben anfznatellen. Vgl. No. 51 6>
und No. 60.
364 Die projectiyischen Eigenschaften der gewöhnKohen und
.^w-^ ^ ^ »^ ^ ^ ^.i« ^'t.^ ^ ^-^"^^ rf"^^^^S^%*V
und die des Theiles g^* ' der zweiten Strecke dem Halbstrahl Ä der
perspcctivischen Lagen von s an (ygl. No. 52^).
4. Gebt aber die Gerade g nicht blos durch den Punkte von S" ,
y
sondern noch durch einen anderen, %\ ohne aber mit einer derTangenteni
zusaromenzufallen, so muss der der Tangente ^ auf ^ entsprechende Punkt
von V aus den unendlich entfernten Punkt von g überschreiten, um so
auf den Halbstrahl g^^' * von s zu gelangen, ehe er nach g = g^ == |*
(ß - e) —
kommt; die Strecke g^*^ , welche die im Sinne P aufeinanderfolgenden
den im Sinne £ geordneten Tangenten s^ bis s entsprechenden Punkte
umfasst, mnss daher den unendlich entfernten Punkt enthalten, d. i. eine
der Tangenten von s^ bis 5 muss zu^ parallel sein. Die deo
Tangenten s bis 5. entsprechenden Punkte folgen dann von g = d*aiui
wieder im Sinne P aufeinander und gehören dem Halbstrahl i^^ ' der
perspectivischen Lagen von s an.
c) 1. Fällt die Gerade g mit einer der Tangenten von Sr * t^ zu-
sammen^ so enthält sie zwei aufeinanderfolgende Cnrvenpnnkte , welche
sie, den einen mit der vorhergehenden Tangente s , den anderen piit der
folgenden Tangente s gemeinschaftlich hat. Zufolge No. 396, c und 45a lie-
gen auf der Halbebene gl{'*^ der Halbstrahl l'^^ *^= d^^**^ von j , also
unter anderen der Punkt d*, und der Halbstrahl i^^ */ = d^^ *^ von s ,
^ n n
Ol
also unter anderen der Punkt d . Hat g j= s ausser den beiden Punkten
g und jg'' keine weiteren mit dem Curvenstück S gemein, so müssen
daher die Punkte ^ sämmtlich auf derselben Halbebene in Be*
zug auf 5,, nämlich auf der Halbebene g,^*Mieffen (vgl. No.öOc*).
2. Also müssen wegen No. 44 e und 456 die mit den übrigen im Sinne
2^ geordneten Tangenten auf Sy perspectivischen Punkte stetig in demselben
y
RichtuugssinneP^ aufeinanderfolgen, und zwar müssen (No. 49c), da Ä
auf dem Halbstrahl ^ \ §P aber auf dem Halbstrabi d ~ der ent-
sprechenden Tangente resp. s oder s liegt, die den Tangenten von s bi«
s entsprechenden Punkte sämmtlich dem Halbstrahl g^ , die den Tan-
gentcn von s bis .v entsprechenden aber sämmtlich dem Halbstrahtd
ausgezeichneten Elemente ebener Carven. Von Paul Scholz. 365
der perspectivischen Lagen von s angehören. Da der Halbstrahl 2}
von Sj. der der Tangente $ im Sinne £ vorhergehenden, und der Halb-
strahl äI von s.^ der auf s im Sinne 2J folgenden Tangente, nach
No. 15^ und Z9hyC, 45a auf der Halbebene K _K liegen, so kann der der
i t
Tangente 5. auf 5. entsprechende, dem Punkt jg =i?** im Sinne P. vorher-
gehende Punkt 2. nur dem Halbstrahl d^ =Ä^ angehören; das
heisst, die Punkte d^,d, d und somit die mit den sämmtlichen
Tangenten ^von S ' au sser^auf^. perspectivischen Punkte
folgen stetig in demselben Eichtungssinne P aufeinander,
welcher durch die beiden in ihr befindlichen Curvcnpunkte
und den Bewegungssinn Z^ schon bestimmt ist.
3. Ferner folgt hieraus :
Jeder Schnittpunkt zweier Tangenten gehört dem Ualb-
strahl d ^ der einen, der im Sinne Zi* vorangehenden und dem
Halbstrahl Ä^*~ der anderen an, der zweiten im Sinne 27.
Der der laufenden Tangente s auf einer festen Tangente
5-, entsprechende Punkt geht, sobald s die Lage von ^, tiber-
schreitet, stets von dem Halbstrahl d über auf den Halb-
strahl a^«-*).
4. Sollte nun das Curvenstück S mit s. ausser den Punkten 2 und
^ noch einen Punkt gemeinschaftlich haben, in welchem d die Gerade
s^ überschritte oder s zum zweiten Male mit s . zusammenfiele, so müssto
nach No. 506'^ und bOc* der dem Strahl s auf s entsprechende Punkt
den unendlich entfernten Punkt überschreiten, was gegen Voraussetzung
No. 49 a* ist.
C, Ein nur gewöhnliche endliche Elemente enthaltendes
Curvcustück und ein ebener Strahlbüschel.
51. Aus No. 49c und 4be oder 37^ (für /i = 2) und 45rf folgt weiter:
a) 1. Beschreibt 0 von 2 an stetig im Sinne 27da8 Curven-
stückt bis 0 , so folgen die mit den aufeinanderfolgenden
Lagen vonF, d. i. mit den im Sinne 2J sich sleli^ «.\i^\\!k«L\i^^x-
366 Die projectivischen Eigenfichaften der gewöhnlichen und
reibenden Punkten von S ' in einem Strahlbüschel ^ der
Ebene, durch dessen Mittelpunkt keine der Tangenten 9 von
5 geht, perspectivischen Strahlen stetig in demselben
Drehsinne J aufeinander und Hlden in demselben den Win*
9
2. Der Punkt p^ liegt entweder in Bezug auf die sämmt-
lichen Lagen von s auf der Halbebene ^,,} oder in Bezug
auf die sämmtlichen Tangenten auf der Halbebene i, , . '
MOD) ^^'^^
= Ä, xi im erEften Falle ist nach No. Afyf der Drehsinn J
gleich dem dem Bewegungssinn ^^entsprechenden Drehsinne
Jvons • im zweiten Falle gleich dem dem Drehsinn d von i
9 9
entgegengejsetzten Drehsinn.
b) 1. Liegt der Punkt p^ auf einer der Tangenten von S ^»
etwa 5^, und fällt er mit keinem der Curvenpunkte von S^
zusammen und befindet er sich auf dem Halbstrahl »g" (»ß \^^^
auch auf dem Halbstrahl dv'"*' i^ß )^ ®^ gehört er der Halbebene
^M ) \ ( \ w ^° Bözug auf die der Lage $^ im Sinne 2? vorhergehende
Lage 8 von s und der Halbebene »f _ \(^J L w '° Bezug auf die i
Sinne 27 auf 5^ folgende Lage s von s an (No.15r, 396). Ist nun ^^ die
P ^ Y 9 ' ß
einzige Tangente von S^ , welche durch den Punkt p^ gebt,
so gehört p^ in Bezug auf alle Lagen von s von s bis s^ der-
selben Halbebene dj^. *' ( V M )* ^^ Bezug auf alle Lagen von
bis s, der Halbebene g^,^""^^ ("ä^^'*^ ,") an.
2. Es folgen demnach die mit den Punkten ^ , d bis ff
perspectivischen Strahlen des Büschels p^ in demselben
Drehsinne J stetig aufeinander und bilden einen Winkel
^; liK» die mit den Punkten d und St perspectivischen Strah-
(o|p)
lenp^,p fallen in dem Strahl ^A zusammen; die mitden Punk*
ß Y ß
y X
ten r bis d perspectivischen Strahlen folgen ebenfalls in
gleichem Drehsinne aufeinander, aber in dem dem ersteran
im
s
y
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 307
entgegengesetzten J und bilden den Winkel />7oi]y bezogen
auf den Drehsinn ^ , d. i. pj^^^^i ^^^^S®^ *^^ ^^^ Drehsinn ^ (vergl.
No. 16c, sowie die Anmerkung zn*iIo. 506*); dies gilt zufolge No. 45(f,
^^ mag ein endlicher oder der unendlich entfernte Punkt von
s^sein. Liegt y auf dem Halbstrahl d^ , so ist der Dreh-
sinn zi nach No. 45/* dem Drehsinn ^ von ^ stets entgegenge-
setzt, also gleich J\ liegt p^ aber auf dem Halbstrahl d^^ ,
80 ist der Drehsinn A dem Drehsinn A von ^ stets gleich,
also ^ =J. Ist to ein unendlich entfernter Pankt, so lässt sich der
9 9
Bewegnngssinn J nicht mit J vergleichen.
3. Ist daher s^ nicht die einzige Tangente von S^ , welche durch
den Punkt p^ geht, sondern geht von den Tangenten s bis 8^ noch eine $^
durch p^ und liegt p^ auf dem Halbstrahl d^*^""*^ (4^'*^)» «<> Mgen die
mit den Punkten ^ von d bis d perspecti vischen Strahlen von p^ im
Sinne J (z/) aufeinander, die den Punkten von d bis d entsprechenden
im Sinne J (//) und die den Punkten d bis d entsprechenden im Sinne
A (^). Der Punkt p^ muss also, wie hieraus folgt, auf der Tangente 5.
dem Halbstrahl Ä^'*^ (4^*^) a°&«^ör«ö (vgl. No. 50 c»).
c) Fällt der Punkt p^ mit einem der Curvenpunkte, S^^, zu-
sammen, so gehen durch ihn die beiden aufeinanderfolgenden Tan*
genten Sy und s , welche ausser ihm noch die ihm benachbarten Punkte
resp. Sr und d enthalten. Der Punkt d^ gehört dem Halbstrahl Ä^^'*^
an , liegt also in Bezug auf die im Sinne £ vorhergehende Tangente s auf
der Halbebene ^,^^'*^ er gehört ferner dem Halbstrahl g(^'?*) = ij(^-»)
an, liegt also nach No. 396 in Bezug auf die im Sinne 27 folgende Tangente
auf der Halbebene Ä/AiAy Ist also g'' der einzige Curvenpunkt
von5^ (Welcher mit ]pzus am men fällt und sind die beiden auf-
einanderfolgenden Tangenten s. und 5 die einzigen von
Sf" , welche mit p^ perspec^ivisch sind, so liegt p^Wjj'' in Be-
zug auf alle Tangenten ausser ^^und« auf der Halbebene
^fp'r ^^® ^®° Punkten S? bis ÄNm Büschel p^ enUpt^^Vk^ndL^Xk ^\xi^«a
368 Die projectivischen EligenschafteB der gewöhnlichen und
folgen daher nach No. 45/* im Sinne A stetig aufeinander und ehenso folgen
die den Punkten d bis d entsprechenden in demselben Sinne A stetig
aufeinander. Nun sind aber die den Punkten d und d entsprechenden
Strahlen die im Sinne 27 der Curve also im Drehsinne A des Bäschels
p^ = ^ aufeinanderfolgenden Tangenten s. und s , der Punkt g dem
Halbstrahl g;*^"", d dem Halbstrahl i^^*^'*' angehörend: es folgen
daher die den sämmtlichen Punkten % von S^ ' im Sinne H
entsprechenden Strahlen des Büschels p==i^stetig im Sinne
A aufeinander, und ein das Büschel d von der mitd perspec*
tivischen Lage an im Siifne A durchlaufender Strahl s^ trifft
die Punkte ^ bis d^ mit demselben, die Punkte ^ bis d mit
dem anderen Halbstrahl.
Geht durch den Punkt s* ausser s, und s von den Tangenten s bis
s. noch die Tangente s , aber keine der Tangenten von s bis $. und geht
durch denselben von den Tangenten s bis 5. noch die Tangente s , aber
keine der Tangenten s bis ^ , so gilt das von den sämmtlichen Tangenten
und Punkten von S^^ ^ in No. 51 c Gesagte nur von den Tangenten und
Punkten resp. $ bis s und d bis d . Das die Tangenten von 5 bis s
und von s bis $.y sowie die Punkte ^ bis jg und von i bis ^ Betreffende
* Ar
folgt theils aus No. 516, theils durch wiederholte Anwendung von No. 51c,
je nachdem \r =d ein von d , y und von jg*, g verschiedener Punkt der
Tangenten s und $ ist oder mit einem derselben zusammenfällt.
«
D, Beschaffenheit eines nur gewöhnliche endliche
Elemente enthaltenden Curvcnstückes.
52. o) Aus No. 50c3* folgt:
Ein Curvensttick S^ , welches den in No. 49« angegebe-
nen Bedingungen genügt, hat die Eigenschaft,
1. dass alle seine Punkte in Bezug auf jede seiner Tan-
genten auf derselben Halbcbenc, nämlich d,,^J fbe-
zogen auf den Drehsinn A^ liegen;
2. dass sich in einem Punkte nicht mehr als zwei Tan-
genten ronS ^schneiden;
aasge^icbneteiL Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 369
3. das8 die mit irgend einer Tangeute von S^ , ^ per-
spectivischen Punkte der übrigen eine endliche
Strecke iSi*' bilden, welche zugleich die beiden die-
ser Tangente 5. angehörigen Curvenpunkte d und d
enthält.
6) 1. Die Gerade s liegt mit den. Anfangspunkten dieser sämmtlichen
Strecken ü^^' , die Gerade 5. mit den Endpunkten derselben perspectivisch.
Bezeichnen wir den Schnittpunkt von s und s. mit d , so kann mit jeder
dieser Strecken, da sie endlich sind, nur ein Theil der Strahlen des Bü-
schels d' perspectivisch liegen ; und da jede derselben zwei Punkte von
^^ ^ enthält, so müssen dieselben, wie die Punkte d von 5^ , sämmtlich
in demjenigen der von s und 5. begrenzten einfachen Winkel liegen , wel-
eher den beiden Halbebenen d, x und gl- , -^gemeinschaftlich ist (No. 39a)
(o|oj C*l*;
und welchen wir mit Ä , L J bezeichnen wollen,
2. Da durch g* keine der Tangenten von s bis *- _ geht (No. 52 a*),
SO hat der Punkt i^ in Bezug auf diese die Lage von p in No. 51 a. Jeder
von s und 5, verschiedene Strahl s^ des Winkels s, . ,., welchem der ein-
fache Winkel i^/ i *x angehört, muss daher einen und nur einen der Punkte
von Sr ^ und von jeder von s und s. verschiedenen Tangente von S^ ^
einen Punkt der endlichen Strecke d enthalten. Daraus folgt
einerseits, dass der den Punkten von S^ ^ im Büschel g entspre-
chende Winkel S^ ... (No. 51c) nur einen Theil des Büschels d ausmachen
kann, da der mit dem Büschel i^ gemeinschaftliche Strahl s^=s^, ausser
d keinen Punkt von Sr ' enthält, dass also auf einerGeraden nicht
mehr als zwei Curvenpunkte von 5^ ' liegen können,
andererseits, dass die mit den Tangenten von s bis 5^ perspectivischen
Punkte von * ^ = 5 die endliche Strecke 9^"} in der Keihenfolge von
g* bis g erfüllen (No.506') und c^^e mit den Tangenten von s bis 5, perspec-
tivischen Punkte dieselbe Strecke in der Eeihenfolge von g bis $!^\ folglich :
3. Die Schnittpunkte der Tangenton mit einander erfüllen
das von denStreckeud von*, 0,* vons» mü^ ^^ixi^xslx-
o 0 & \
379 Die proiectivischen ESjgenBcBaften der gew5bnficEea uaf
venstück S begrenste, dem e.infachen Winkel »^^^^.i *^6®*
hörige Gebiet der Ebene vollständig, and ausserhalb dessel-
ben giebt es keinen. Von jedem Punkt dieses Gebietes gilt das in
No. 51 fr' Gesagte. Wir bezeichnen dies Gebiet durch das Symbol @: ,. (ygL
No. b2e).
c) 1. Die Strecken d^^**^ der Strahlen ^ des Winkels ^ y.. enthal-
(0 ZI)
ten keinen einzigen Schnittpunkt einer Tangente, daher enthält das
von den Strecken iJ^^** , g'°^ ' und dem Curvenstttck Sr ^ be-
grenzte dem Winkel 5^ ... angehörige Gebiet der Ebene nur
Punkte, welche mit keiner der Tangenten von^ perspec-
tWisch liegen, also die Lage von p^ in No. 5Ia haben, und wir bezeich-
nen dasselbe mit @, ...
(Ol)
2. Durch die unendlich entfernte Gerade wird das Gebiet @. «^ in
zwei Theile getheilt, deren einer dem den beiden Halbebenen sS J und
^/i I n gemeinschaftlichen einfachen Winkel »f ^ly deren anderer dem den
beiden Halbebenen i^, r"v* and ijLT",x gemeinschaftlichen einfachen Win-
(o|o) {X\X) o
kel »fTjT angehört; es folgt mit Rücksicht auf No. 51a*, daas der er-
stere Theil alle Punkte der Ebene enthält, welche den Halb-
ebenen d^^ X in Bezuff auf die sämmtlichen Tangenten s von
S^ ^ gemeinsam sind und nur solche, der andere alle Punkte
der Ebene, welche den Halbebenen ^,7^. in Bezug auf die
sämmtlichen Tangenten s von S^ ^ gemeinsam sind und nur
solche, was auch aus No. 39a und 45a abgeleitet werden kann; wir be-
zeichnen den ersteren Theil mit ©^ . .., den zweiten mit @. _ ..
3. Jeder Punkt von ©^ . befindet sich mit jedem Curvenpunkt von
«S^ ^ in Bezug auf jede der Tangenten von Sr % mit Ausnahme der beiden,
welche sich in letzterem schneiden , auf derselben Halbebene ; jeder Punkt
von @, __.. befindet sich mit jedem Curvenpunkt von S^ '^ in Bezug auf
jede Tangente von S' ^ mit Ausnahme der beiden , welche sich in letzte-
rem schneiden, auf entgegengesetzten Halbebenen (No. 36c). Jedem
Punkt von ®^ ,.. kehrt daherdas Curvenstück S^ ^ in seiner
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 371
ganzen Ausdehnung seine concave, jedem Punkt von ®, __..
seine convexe Seite zu. Also:
4. Bewegt sich, während die Elemente d^ und^ in einem
9
gewissen Sinne £ das Curvenstttck S^° ^ beschreiben, welches
den in No. 49« angegebenen Bedingungen genügt, der mit g
perspectivische Strahl p eines S trahlbüschels j) , dessen
Mittelpunkt ein endlicher Punkt der Ebeno ist, durch wcl-
chen keine der Tangenten vonS^ g^ht, von/>an bisp?^ in
dem Drehsinne J j welchen s beim Ucbergange aus jeder Lage
in die im Sinne 2^ folgende hat, so kehrt das Cnrvenstück S^ ^
dem Punkt j> seine concaveSeite zu, und umgekehrt; bewegt
sich aber der mit ^ perspectivische Strahl des Büschels p
vonpbispj^in dem dem Sinne j von s entgegengesetzten
Sinne Jj so kehrt das Curvenstück S ' dem Punkte p^ seine
convexe Seite zUj und umgekehrt. Im ersteren Falle gehört der
Punkt p dem Gebiet @. ... , im zweiten dem Gebiet ®, __.. an.
d) 1. Der andere Winkel s^r^j^. enthält (No. 18 und 626*) die Ergän-
znngsstrecken Sr ^ sämmtlicher Tangenten von S^ zu den Strecken
jj^^' . Jeder Strahl 6^ dieses Winkels hat (No. lO) die Lage der Geraden
g in No. 50«; die mit den Tangenten s von S^^ ^ auf'einem solchen Strahl
perspectivische Strecke enthält folglich, da die Grenzpunkte in den Punkt
jj' zusammenfallen und nach No. 526' jeder ihrer übrigen Punkte höchstens
von einer der Tangenten von S^ getroffen werden kann, alle Punkte
desselben ausser g einmal, diesen aber zweimal; also wird der Winkel
*?/ ^x von den Strecken iJ **''^ der Tangenten 5 von S^ derart
stetig erfüllt, dass durch jeden in seinem Gebiet gelegenen
Punkt eine und nur eine der Tangenten s von S^ geht. Wir
bezeichnen ihn deshalb mit®, ,v; jeder in seinem Gebiet befindliche Punkt
{Ol)'*'
hat die Lage von p in No. 516^' *.
2. Dieser Winkel sl , ,s = ©, ,x enthält in dem mit cler Halbebene
£(oX) (Ol)
(o-oD)^ (ajooo) /^lej. Punkt gZ gehört nach No. 50 c' dem IlalbstrahU^'''^^
(o|o) (o|o) ^ "^ o
von s und dem Halbstrahl g^ von s an) gemein8chaCt\\<i\\^Ti ^\w^kOcv^\^
ZeiUcbrJ// /. Atäihemalik u. Physik, XIV, 5. 7,^
372 Die projectivischen Eügenschaften der gewöhnlichen und
Winkel (No. 2Sa und 45 a) von jeder Tangente denjenigen Theil der Strecke
ir^ , welcher dem Halbstrahl g^^~~*^ angehört, in dem der Halbebene
r, , V =d, I N gemeinschaftlichen einfachen Winkel (No. 37«) den ande-
(o|o) (o|o) " ^
ren Theil, welcher dem Halbstrahl g^^'*^ angehört; den ersteren bezeich*
uen wir hiernach mit© . _iv ^®° anderen mit ® , ....
3. Aus No. 51 ft* und 52c* folgt:
Jedem Punktvon®. ..kehrt, wenn* wir allgemein mit ;«.
dieTaugente bezeichnen, mitweicher erperspectivisch liegt
nämlichdem Halbstrahld angehörend, das Curvenstück
S^ , welches die der Tangente s, im Sinne E vorhergehenden
Lagen von s enthält, seine convexe, das Curvenstück S^^ ,
welches die auf fim Sinne ^ folgenden Lagen von 5 enthält,
seine concave Seite zu; jedem Punkt des Gebietes @. . aber,
der auf der Tangente 5. liegt und also dem Halbstrahl i^^^' ^
angehört, kehrtdasCurvenstück 5^^ ^ die concave und S^'^ ^ die
convexe Seite zu.
e) In gleicher Weise folgt aus No. 516', 52 ft', c*:
Jedem Punkt des Gebietes @ . ,. kehrt, wenn wir mit s^ und s. all-
gemein die beiden Tangenten von 5 bezeichnen , welche sich in dem-
selben schneiden, das Curvenstück S^ ^ seine concave, S''^ ^ die convexe
und 5 wieder die concave Seite zu.
f) Beschreiben^ und Ä^ im Sinne Z das Curvenstück S^^ ^,
80 ist, so lange der mit irgend einer endlichen Geraden(; der
Ebene perspectivische Punkt iS von 5 dem Halbstrahl d ^
angehört, der Bewegungssinn P von d^ gleich ^ ^ ,dasheisst,
der Punkt d^ entfernt sich (No. Sc) vondemihmaufcr entspre-
chenden Punkte, also auch von ^ ; so lange der mit (; perspec-
tivische Punkt von s dem Halbstrahl i^^ angehör t, is t der
9
Bewegungssinn Pgleich d^ , das heisst; der Punkt ^^ nähert
sich dem ihm auf g entsprechenden Punkte, also auch der
Geraden^ (vgl. No. 50).
auBgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 373
'^^^^. '^^y^^ 4^^ ^^it-s^^s^^
53. Dies ist das Bild , welches ein den Bedingungen in No. 49a unter-
worfenes Curveustück S" einer Curve S der Anschauung bietet, sowie
die Art und Weise, in welcher sich die mit den Elementen eines solchen
Curvenstückes in irgend einem Strahlbüschel oder einer geraden Punktreihe
der Ebene perspectifischen Strahlen, resp. Punkte aneinander reihen; diese
Art und Weise wird, da über den Werth vonA nichts bestimmt ist und
wie aus No. 50 und 51 hervorgeht, nicht geändert, wenn wir uns das Curveu-
stück S^ fortgesetzt denken durch andere S" ^ , S"^^' etc., welche den-
selben Bedingungen genügen und bei deren Beschreibung im Sinne E s
und i^ denselben Dreh- resp. Richtungssinn z^ und P haben, als bei Be-
schreibung von S . Der mit der laufenden Tangente s auf s perspecti-
vische Punkt durchläuft zunächst (No. 50c^) den Halbstrahl g^^'*\ dem
Halbstrahl S>" von s "angehörend j wenn derselbe in die Lage ^* , ent-
sprechend der Lage s von s gelangt , so gilt auch von der unendlich ent-
fernten Gefaden, was von jedem Strahl s des Winkels s^. .. in No. 52 rf*
gesagt ist; der eine Theil des Gebietes @. . (No. 520*) wird Null, nämlich
der nicht von den Curvenpunkten von Sr ^ begrenzte. Bis hierher ent-
fernt sich Ä von s ; im weiteren Verlauf der Curve geht der der Tangente
s axxf s entsprechende Punkt auf den Halbstrahl ^ ^von« und^^^' '
von s^ über, nähert sich also der Punkt »^ der Tangente s . Erst in den auf ^'*
0
>9
resp. s folgenden Lagen kann nach No. 506*, c' g die Geradem überschreiten
a
oder s mit s zusammenfallen. Das Gebiet @ . . ist , wenn bis zu den
Lagen d resp. s keine dieser beiden Möglichkeiten eingetreten, durch die
Strecken g • , ^^°^^^ (g^=^* ist der Schnittpunkt von s und s ) und
das Curveustück S^^^\ das Gebiet ©^ x = ©? , x durch die endlichen
(or) (o|t)
Strecken iJ , g^^'^* und S^°^ begrenzt, und also, wenn g mit d zu-
sammenfällt, rings von dem Curveustück S eingeschlossen.
§• 12. Ausgezeichnete Curvcnelemente«
j4, AllgemeineBestimmungen.
54. a) Um nun alle möglichen Weisen , in denen ein nach No. 46 eine
Curve beschreibender Punkt oder Tangente in die folgende Lage übergehen
kann, ihren Einfluss auf die Beschafifenheit der Gwfv^ xsluÖl ^\^^^^^^^%
374 Die projecti vischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
der mit denselben in den Strahlbüschehi und geraden Punktreihen der
Ebene perspectiviscben Strahlen resp. Paukte zu erkennen, stellen wir uns
ein Curvenstück S^ ^ vor, welches die Curvenpunkte d , Ä ....d ,Ä ,» und
die Tangenten s .8 ....5«, 5 fNo. 46), wo 5»= d d ,5 f=Ä » , umfasst and
° Ol O B ^ O S
welches der Bedingang (l) in No. 49 a in allen Elementen von s bis $., den
Bedingungen (2) und (3) aber in allen Elementen von s bis s resp. d bis
i, genügt; dies Curvenstück S^ denken wir uns fortgesetzt (nach No. 46)
durch ein zweites 5 , welches, die Punkte ^ ,g ,^ .... i8 und die Tan-
genten s ,5.=d » , s =d d , s^ s umfassend, für sich den Bedingun
gen (2) und (3) in No. 49 a in allen Elementen von s his s resp. d bis d ,
der Bedingung (l) in den Elementen von s^ bis s genügt; so jedoch den-
ken wir uns S durch S^ ^ fortgesetzt, dass die das ganze Curvenstück
S^ Mn dem durch die Wahl der Elemente s und d zu Anfangselementen
eindeutig bestimmten (No. 47 c, 14«*) Bewegungssinne 2 durchlaufenden
Elemente s und ^ beim Uebergang von den Elementen resp. s und j^ ,
welche eine ganz beliebige endliche oder unendlich entfernte Lage in der
Ebene haben können, in die Lagen s^ und d beliebig den Bewegnngssinn
beibehalten oder ändern können, den sie beim Uebergang von jedem Ele-
ment von S^ in die Lage des im Sinne Z folgenden haben. Dem Be-
wegungssinne Z entspreche in dem Theil S^ der Drehsinn z/ von »<f und
der Richtungssinu P von g^ auf s .
h) Wir bezeichnen
die Suhime aller der Strahl-
büschel der Ebene, deren Mittel-
punkte ausserhalb der Tangente s
liegen, durch das Symbol (j), jeden
derselben durch 3;
die Summe aller der Strahl-
büschol, deren Mittelpunkte die von
den Ciirvenpunkten auf s^ (g, ) vor-
die Summe aller der Geraden
der Ebene, welche nicht durch den
Punkte gehen, durch das Symbol
(z), jede derselben durch z\
schiedenen Punkte von 5 sind, mit
[5 J» jeden derselben durch g .
die Summe der geraden Punkt-
reihen der Ebene, deren Träger die
von den Tangenten, welche sich in
g schneiden {s), verschiedenen
y
Strahlen des Büschels ^ sind, mit
[j 1, jede derselben durch z .
U 0
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 375
^^^^wv%'^/^^^<«
Der in einem der Büschel [} •] mit § perspectivische Strahl ist stets
s^, der in einem der Büschel (3) mit Sr perspectivische Strahl kann nie Sy^
wohl aber eine andere der Geraden {s ) sein, und ist, wenn dies nicht der
Fall , stets eine der Geraden [z 1 Jede der Geraden [z 1 muss daher mit
einem Strahl Zy identisch sein.
Der auf einer der Geraden \z ] mit s perspectivische Punkt ist stets
Ä , der auf einer der Geraden (z) mit s perspectivische Punkt g kann mit
einem der Punkte [3 ] nur zusammenfallen , wenn Sy mit s zusammenfallt,
also alle Punkte 3 mit allen Punkten [3 ] identisch sind.
Jeder der Strahlbüschel [3 ]
c) Jede der Geraden [c ] kann
mit der Punktreihe S^ ausser ^
höchstens zwei Punkte gemeinschaft-
lieh haben, einen mit S , den wir
mit ff^ y und einen mit 5 , den wir
l
mit d bezeichnen (No. 526*).
Jede der Geraden (z) kann mit
S^ ^ höchstens vi'er Punkte gemein-
schaftlich haben; wir bezeichnen
von den beiden dem Theil S^^ an-
gehörigen immer denjenigen, wel-
eher g^ am nächsten ist, mit g^, von
den beiden dem Theil S ^^ ange-
hörigen denjenigen, welcher g am
nächsten ist, mit ^ . *
kann mit der Tangentenfolge S^
ausser s. höchstens zwei Strahlen
gemeinschaftlich haben, einen mit
5^** , den wir mit s , und einen mit
S^^^\ den wir mit s bezeichnen
(No. 52a*).
Jeder der Strahlbüschel (j)
kann mit iS^ *''' höchstens vier Tan-
genten gemeinschaftlich haben; wir
bezeichnen von den beiden dem
Theil S^° ^^ angehörigen immer die-
jenige, welche s am nächsten ist,
mit s , von den beiden dem Theil
■
S^ angehörigen diejenige, welche
s am nächsten ist, mit s .
e «
d) 1. Während die Elemente s und «^ das Curvenstück S^^^ von resp.
9
s^y ^ an , also im Sinne Z stetig beschreiben, bilden die auf allen Geraden
der Ebene {(2), [2 ], (s^) {s )\ und in allen Strahlbüscheln der Ebene
{(S)» [j]»(^J(^ )! perspectivischon Punkte und Strahlen eine stetige
Panktcnfolgc (/"">, j^""), ^f«") (g^""^)) re8p.StraMcnfolge(z^^^^, c«^^^,
376 Die projcctivischei» Eigenschaften der gewöhnlichen tmd
'^^■^^^■^yi^^^^^-w^rf
2. Nach den Bestimmungen in c
folgen in den Strahlbüscheln
(j) » Ü*'] ^»e den Punkten S^"* ^^ von
i^ bis d entsprechenden Strahlen
stetig in einem und demselben Dreh-
sinne aufeinander, und ein die Strah-
lenfolge 2. .. resp. z. . durchlau-
fender Strahl trifft die Punkte von
S^^^^ mit demselben Halbstrahl.
Analoges gilt von den Punkten von
S und den entsprechenden Strah-
len. Im Büschel g folgen die den
sämmtlichen Punkten von S ^' ent-
sprechenden Strahlen ih demselben
Sinne (zf) aufeinander, bilden nur
einen Theil des Büschels g und der
die Strahlenfolgo s, ,. durchlau-
fende Strahl s^ trifft die Punkte von
S alle mit demselben Ilalbstrahl.
Analoges gilt von den sämmtlichen
Punkten von S^^^ und den in ^^
entsprechenden Strahlen (No. 51 r).
folgen auf den Geraden (z),
\_z ] die den Tangenten von S^ *
von s bis s entsprechenden Punkte
y f '^
stetig in einem und demselben Rich-
tungssinne auf einander, und in Be-
zug auf jede der Geraden (t) , [r 1
liegen die Punkte von ö'^^^ auf
derselben Halbebene. Analoges
gilt von den T.ingenten von 5^ ^
und den auf denselben befindlichen
Curvenpnnkten. Auf der Geraden
s, folgen die den sämmtlichen Tan-
genten von iv entsprechenden
Punkte in demselben Sinne aufeinan-
der, bilden nur einen Theil der
Punktreihe s, und die Punkte von
S liegen sämmtlich auf derselben
Halbebcno in Bezug auf 5 . Ana-
loges gilt von den sämmtlichen Tan-
gcnten von S ^ und den auf den-
selben befindlichen Curvenpnnkten
(No. 50 c).
55. «) Da keiner der Punkte (j) oder [5 ] mit einem Punkte des ihm
nach No. 53c zugehörigen Curvenstückes S zusammenfällt (höchstens
die Punkte g , ^ aufs und j^*, 3 auf»? ausgenommen), so können nach
No. 35c und 25 \^^ = 9 (xj ^*^ Punkte von S von dem anderen Halb-
strahl des die Strahlenfolnre z, ,,2, ^ in den Büscheln (i), \i 1 durchlau-
° (ai) (a *) ^°^ ' ^^ ■■
fenden Strahles als die Punkte von S nur, wenn g ein unendlich ent-
fernter Punkt, getroffen werden und auch dann nicht immer.
b) Jeder der Punkte (3), [j J kann als auf einer Geraden z liegend
^ngesehen werden, und es folgt aus No. 35a, dass in allen Büscheln (3),
[3 J, deren Mittelpunkte in einer und derselben Geraden z liegen, die
Punkte von S von dem anderen oder demselben Halbstrahl
des die »Strahlenfolge z. resp. z . durchlaufenden Strahles getroffen
aoBgezeichneten Elemente ebener Corven. Von Paul Scholz. 377
werden, als die Punkte von S^" ^ , je nachdem der den Carvenstücken ij^* *^
nnd Sr^, (bezogen auf diese Gerade z) gemeinschaftlich e Theil von S *^ a u f
der anderen oder derselben Halbebene liegt in Bezug auf diese Ge-
rade, als der den Cnrvenstücken s'"^^ und Sr ^^ gemeinschaftliche Theil von
S^^ ; und dass in Bezug auf alle Geraden z, welche durch einen und denselben
der Punkte (j); [j ] gehen, die Punkte von S^* ' auf der anderen oder
derselbenHalbebene liegen, als die Punkte vonS^^ , je nachdem die
S ^ und S^^*^ (bezogen auf diesen Punkt g oder j^) gemeinschaftlichen
Curvenpunkte von dem anderen oder demselben Halbstrahl des
die Strahlenfolge z. . resp. z . in diesem Büschel durchlaufenden Strah-
les getroffen werden , als die 5^^ ^^ und S^" gemeinschaftlichen Punkte.
Daraus folgt ferner: ,
c) Liegen die Punkte S^ ^ in Bezug auf eine der Geraden
(z) auf derselben oder auf der entgegengesQtzten Halbebene
als die Punkte Sr^ y so liegen sie in Bezug auf alle Gerade (z)
resp. auf derselben oder auf der entgegengesetzten Halb-
ebene als die Punkte S^^^l
d) Werden die Punkte S^^*^ in einem der Büschel (j), [j^]
von demselben öder dem entgegengesetzten Halbstrahl ge-
troffen, als die Punkte 5 , so werden sie in allen Büscheln
(j), [g ] von dem die Strahlenfelge z, . resp. t. . durchlaufen-
den Strahl resp. mit demselben oder dem entgegengesetzten
Halbstrahl getroffen, als die Punkte S .
e) Liegen die Punkte ^ ^ in Bezug auf eine der Geraden
(z) auf derselben oder auf der entgegengesetzten Halbebene
als die Punkte 5^ , so werden die Punkte Sr^^^ in jedem der
Büschel (g), [g ] von dem die Strahlenfolgez .resp.t^ ^durch-
laufenden Strahl mit demselben resp. dem entgegengesetzten
Halbstrahl getroffen, als die Punkte 5^ und umgekehrt.
f) Die Tangenten (* ), welche die dem Punkt d benachbarten Curven-
punkte enthalten, sind unmittelbar aufeinanderfolgende Strahlen des Büschels
Ä, daher folgt aus No. 37 <f und 54 rf*: Liegen die Punkte S ^inBe-
zug auf den mit dperspectivischen Strahl z. eines der Büschel
(g) (oder in Bezug auf eine der Geraden [r ]) auf derselben oder
378 Die projectiviöchen Eigenschaften der gewöhnliclien nnd
aaf der enigegeDgesetzten Halbebene als die Punkte Sr^*\ so
liegen sie in Bezug anf den in jedem der Büschel (j), deren
Mittelpunkte nicht auf einer der Geraden (5 ) gelegen sind, dem Pnnkte
^ entsprechenden Strahl, also in Bezug auf alle Gerade [z ]
resp. anf derselben oder auf der entgegengesetzten Halb-
ebene als die Pnnkte S ' ,
t
Betreffs der BQschel (3), deren Mittelpunkte auf den Geraden («M
(ausser s/) gelegen-siud , vergleiche No. b6d.
Gleichfalls liegen die Punkte i> "^ iu Bezug auf den in jedem der
Büschel [j ] dem Punkt sj eut^prechenden Strahl z. = 5 (No. 54 fr) anf der-
selben oder auf der entgegengesetzten Halbebenc als die Punkte S , je
nachdem Has Eine oder das Andere in Bezug anf eines der Büschel [5 J gilt.
^) Je nachdem die Punktet in Bezug aufdenin ein
em
derBüschel (3) dem Punkt d^ entsprechenden Strahl z(o der in
Bezug aufeine derGcradeu[r ]), auf dersclbenoderauf der ent-
gegengesetzten Halbebenc liegen alsdioPunkteö ^ , werden
die Punkten vondcmimBüschel^^ dicStrahlenfolcres; ^
^ (or)
durchlaufenden Strahl resp. mit demselben oder dem entge-
gengesetzten llalbstrahl getroffen, als die Punkte von S>^^
(No. 35«, 54</*J und umgekehrt.
B. EinflusH der ausgezeichneten Elemente eines Curven-
stückesanfdic mit demselben perspectivischen Strahlen- und
Punkten folgen; Classificirung der erstcren.
56. a) 1. Jedesmal, wenn in den Büscheln (3), [3 ], ä die den
Punkten von S im Sinne Z entsprechenden Strahlen in demselben
Bewegungssiunc aiifeinaniler folgen, als die den Punkten 5 "^ im
Sinne 2^ entsprechenden , also resp. der Strahl z^, z =8^. s in diesen Bü-
schein für die Strahlenfolge resp. z, .. z, .,5^ ^ ein gewöhnlicher
Strahl ist, müssen von den nicht in diesem Strahl befindlichen Curven-
punkten nach No. 34 6*, 396 die auf den Punkt ^^ im Sinne 2 folgenden,
das sind die von S
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 379
entweder auf dor anderen Halbebene in Bezug auf resp.
z z =zs.^ s liegen und von demselben Halbstrahl,
» i» » ^
oder auf derselben Halbebene in Bezug auf resp. 2., z.=Sy,
s lieG^en und von dem anderen Halbstrahl
.des eines der Büschel resp. (j), [^ ], d durchlaufenden Strahles getroffen
werden, als die dem Punkt d^ in demselben Sinne £ vorhergehenden Cur-
venpunkte, nämlich als die von Si , und umgekehrt.
2. Jedesmal, wenn der Strahl z , z =5 s für die Strahlcnfoke
resp. z, ^.z, V , ^^ X ein Rückkehr strahl ist, müssen von den nicht in
^ (o») (ov) (ov) '
diesem Strahl befindlichen Curvenpunkten die von S^
entweder auf derselben Halbebene in Bezug auf «resp.
2 , z=s,yS liegen und von demselben Halbstrahl,
oder auf der anderen Halbebene in Bezug auf resp. z.,
s^n s liegen und von dem anderen Halbstrahl
des eines der Büschel (3) , [j ] 1 » durchlaufenden Strahles getroffen wer-
den, als die Punkte von S^ , und umgekehrt.
b) 1. Jedesmal, wenn auf einer der Geraden (2), [2 ], s. die den
Tangenten von S im Sinne £ entsprechenden Punkte in demselben
Bewegungssinne aufeinander folgen, als die den Tangenten von S im Sinn
2» entsprechenden Punkte, also resp. der Punkt ^ , j =g^, g** auf diesen
Geraden für die Punktenfolge resp. ^ , y > i^«. ein gewöhnlicher
Punkt ist, muss nach No. 366*^ und 45 n, 6 die Tsingcnte s beim Uebergang
aus der Lage s in die im Sinne £ folgende, s , und somit aus jeder Lage im
Curvenstück 5 in die im Sinne 2^ folgende (No. 54 n), sich in demselben
Sinne J bewegen, den sie hat beim Uebergange aus jeder Lage im Cur-
vrnstück S in die im Sinne -Z folgende, oder in-dcm entgegen-
gesetzten -^, je nachdem die Punkte von 5 auf derselben
Ualbebene in Bezug auf diese Gerade resp. 2, z ,5. liegen,als
die Punkte von 5^'**, oder auf dor nt gegengesetzten.
2. Jedesmal aber, wenn der Punkt j ,3 =:g**,ig^ für die Punkten-
folge resp. 5 ,3 \ ^y ^ ein Rück kehr punkt i«t, muss 5 beim Uebet-
380 Die projectivischcn Eigenschaften der gewöhnlichen und
gang aus der Lage s in die im Sinne 2 folgende, 5., in dem entgegen-
gesetzten Sinnet oder demselben Sinne J sich bewegen, je
nachdem die Punkte 5 ^ sieb aaf derselben Halbebene in Be-
zug auf diese Gerade resp.r, z oder s, befinden, als die Punkte Sr^\ oder
auf der entgegengesetzten.
c) Durch Vergleicliung hiermit und mit No. 45 6, d folgt aus No.55c,cf,e
und 6, wenn wir
betrefifs der Strahlbüschel 3, deren Mittelpunkte die von g** verschiedenen
I^unkte der von s verschiedenen Tangenten (5 ) sind, für welche, indem 1
oder s mit 2 zusammenfällt, einer der beiden Theile Sr , S> ^ gleich
Null wird, und
betreffs der Geraden z, welche die Tangente s in einem der anf
derselben befindlichen von is verschiedenen Curvenpunkte schneiden, ohne
mit ihr zusammenzufallen, für welche, indem d oder S mit} zusammenf&Ut
einer der beiden Theile S^^^\ S^^^^ gleich Null wird,
No. 25a berücksichtigen:
1. dass in allen Büscheln
(j) der dem Punkt d^ entspre-
chende Strahl z für die
Strahlen folge 2, . ein go-
iov) °
wohnlicher oder Rückkehr-
Strahl ist, wenn er in einem
derselben ein gewöhnlicher
resp. Rückkehr -Strahl ist;
2. dass in al Ten Büscheln
[j ] der dem Punkt g^ entspre-
chende Strahl s^ für die
Strahlonfolge
(Ol')
ein ge
wohnlicher oder Rückkehr-
Strahl ist, wenn er in einem
derselben ein gewöhnlicher
resp R ü c k k c h r - S t r a h 1 i s t.
d) I . Nach No. 51 /;, c ist die Tan-
gente s in den Strahlbüschelif 3 und
^ , ilcrcn Mittelpunkte die von den
dass aufallen6eraden(z)
der der Tangente 5 entspre-
cheude Punkt} für die Punk-
tenfolge y ein gewöhnli-
cher od er Rückkehr-Punkt ist,
wenn er auf einer derselben
ein gewöhnlicher resp. Rück-
kehr-Punkt ist;
dass auf allen Geraden
[z ] der der Tangente s ent-
sprechende Punkt iJ* für die
Punktenfolge y ^ ein ge-
wöhnlicher oder Rückkehr-
Punkt ist, wenn er auf einer
derselben ein gewöhnlicher
resp. Rückkehr- Punkt ist
Nach No. bOb, c ist der Punkt
^^ auf den Punktreihen z und z^,
deren Träger die von den sich in
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 381
Curvenpankten auf s , d ^ 8, ver-
schiedenen Punkte von s sind, ein
Räckkehrstrahl für die Strahlen-
folge z. xresp. 2, ^, in den Strahl-
huscheln, deren Mittelpunkte die
Curvenpunkte d , i^*^ sind , aber ein
gewöhnlicher Strahl. Gleiches gilt
für 8 .
2. Daher erscheint der dem
Punkt j^^ entsprechende Strahl z ,
wenn er in den Strahlbüschelu (}),
deren Mittelpunkte mit keiner der
Geraden (5 ) pcrspectivisch liegen,
ein gewöhnlicher oder Rückkehr-
Strahl ist für die Strahlenfolgo z. . ,
in den Strahlbüschcln } , deren
Mittelpunkte die von ^ verschiede-
nen, auf den von s. verschiedeneu
y
l^angenten (5 ) befindlichen Cur-
venpunkte sind, ebenfalls resp. als
ein gewöhnlicher oder Rückkehr-
Strahl,
in den Büscheln }, deren Mittel-
punkte die übrigen von g^ verschie-
denen Punkte der von s. vcrschie-
y
denen Tangenten {s ) sind, resp.
als ein Rückkehr- oder gewöhnli-
cher Strahl.
d^ schneidenden Tangenten s^ und
s verschiedenen Strahlen des 6ü-
y
schels d^ sind, ein Rückkehrpunkt
für die Punktenfolge j^^*'-' resp.
a
(ov)
auf den Geraden s^ und s
ß y
jedoch ein gewöhnlicher Punkt.
Gleiches gilt von d .
Daher erscheint der der Tan-
gente^ entsprechende Punktj ,wenn
er auf den Geraden (2), welche mit
keinem der aufs befindlichen Cur-
e
venpunkte pcrspectivisch liegen, ein
gewöhnlicher oder Rückkehr-Punkt
ist für die Punkten folge y ,
auf den Geraden 2, welche mit
den von s verschiedenen, diese Ge-
y
rade s in den von d verschiedenen
s
auf derselben befindlichen Curven-
punkten schneidenden Tangenten
identisch sind, ebenfalls resp. als ein
gewöhnlicher oder Rückkehr- Punkt,
auf den übrigen Geraden r,
welche die Tangente s in einem der
y
auf ihr befindlichen von i^ verschie-
denen Curvenpunkte schneiden,
r*esp. als ein Rückkehr- oder ge-
wöhnlicher Punkt.
3. Dies hier in No. 56 rf Gesagte würde zunächst nur gelten, wenn s
y
eine endliche Gerade und 5^ ein endlicher Punkt derselben ist, da die
Untersuchungen in No. 50 und 51 sich nur auf endliche Curvenelemente
beziehen; da aber die hier in Betracht kommenden Eigenschaften nach
No.58^,25 für solche Curvenelemente, die wir gewöhnliche nennen, auch gel-
ten, wenn sie eine unendlich entfernte Lage habon, so gilt dasselbe all-
gemein. Wir können hiernach, ohne dit* Allgeiiieinhoit der Untersuchung
SU beschränken, des leichteren Ausdruckes wegen
382 Die projeetivisclien Eigenäcliaften der gewöhnlichen Qtid
diejenigen Stralilbüschcl 3 , de-
ren Mittelpunkte den Geraden (5**)
angehören ,
diejenigen Geraden z, welche
s in einem der von d verschiede-
nen Curvenpunkte schneiden,
ausschliessen , da dieselben Gesetze, welche für die übrigen Punkte (j)
resp. Geraden (z) gelten, auch auf diese Anwendung finden, aber die an-
gegebene Modification erleiden.
57. a) 1. Sind der der Tangente s auf einer der Geraden (z) entspre-
chende Punkt 3 und der ihr auf einer der Geraden [z ] entsprechende
st,
3 =1^ beide auf ihren Geraden entweder gewöhnliche oder
beide Rückkehr-Punkte für die Punktenfolgen j^ ^^ resp. 3 ,
so befinden sicli 3 und g stets in demselben der von einer der Tangenten
von S'^ und einer der Tangenten von S^** gebildeten Winkel*); die
Schnittpunkte je einer Tangente von S' und einer von S mit s bil-
den daher stets ein Punktepaar zweiter Art in Bezug auf die Punkte 3
und ^^ (No. 31 , 12) , gehören also derselben von den beiden durch 3 und
d** begrenzten Strecken an; das hcisst (No. 16): der Punkt 3** ist für
die Punktenfolge ^ au-f 5 und somit auch für die Pnnkten-
^olgeiJ^®*'^ auf 5 ein RückkehVpunkt (No. 426a«, 37)**).
2. Ist der eine der Punkte 3 , Ö auf seiner Geraden für die Punkten-
folge resp. 3 oder 3 ' ein gewöhnlicher, der andere ein Rückkehr-
punkt, so gehört stets der eine dem einen, der andere dem anderen der
durch eine Tangente von 5^^ und eine von S ^ gebildeten Winkel an; die
Schnittpunkte zweier solcher Tangenten mit s bilden daher ein Punkte-
•) Unter 5^yf^ und S^^^^ sind lirer die Theile von 5^° "^ zu verstehen, welche
resp. den durch die gewählte Gerade 2 nach No. 51c bestimmten Curvenstncken
S^^^' und 5^^ ^ mit den durch die gewählte Gerade z bestimmten gemeinschaft-
lich sind.
••j Dass der Punkt ä^, je nachdem er für die Punkt cnfolge §i^ ^ ein gewöhn-
licher oder ein Rückkehr-Punkt, auch für die Punkten folge gl ^ resp. ein gewöhn
lieber oder ein Rückkehr-Punkt ist, ist, wenn 3 ein Kückkchr-Punkt für die Punk-
tenfolge 3- ^'^ also 3*^3^ (No. 10c) folglich *g = *!^ (No. 2), selbstverständlich;
wenn aber ^ ein {^«•wohnlicher Punkt für die Punkt^!nfol<?e y , so lässt sich die-
selbe Schlussfolge, welche in No. 57a auf.« angewandt ist, ebenso für «<. durchführen.
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 383
paar der ersten Art in Bezug auf die Punkte 5 uud S , das lieisst (No. lü):
der Punkt i^ iöt für die Punktcnfolffeif und somit auch für
'=' g
(o v^
die Punkten folge 5^ auf*^ ein gewöhnlicher Punkt*).
6) 1. Aus No. 55^ und 50«' folgt, dass die Tangente s in dem Büschel
c
s> ^nx die Strahlenfolgo s\ . ein Rückkeh r strahl ist, wenn
entweder sowohl in Bezug auf5^ = r^ als in Bezug auf z,
dem in einem der Büschel (3) mit «g perspectivischen Strahl, die
Punkte S^ ^aufderselben lialbebene liegen, als die Punkte
oder wenn sowohl in Bezug auf eine der Geraden z, als in
Bezug auf 5-=z. die Punkte S^ ^ auf der entgegengesetz-
ten Halbebene liegen, als die Punkte 5^^ .
Aus No. 39(1 geht nämlich hervor, dass, da 5 und s^ zwei unmittel-
y
bar aufeinander folgende Strahlen des Büschels £i sind, alle Punkte, welche
in Bezug auf Sy auf derselben Lialbebene sich befinden und weder mit s
noch mit s^, perspectivisch liegen , auch in Bezug auf s ein und* derselben
Halbebene angehören, und dass je zwei weder mit s noch mit Sy perspec-
tivisclie Punkte , welche in Bezug auf eine dieser Geraden auf entgegen-
gesetzten Halbebenen liegen, auch in Bezug auf die andere entgegengesetz-
ten Halbebenen angehören.
Da aber r == 5^ der dem Punkt ^ in einem der Büschel [3 ] entspre-
chende Strahl ist, so können wir mit Rücksicht auf No. bhc^d^e auch sagen:
y
Die Tangente s ist in dem Büschel ji für die Strahlenfolge
s^ V ein Rückkehrstrahl, wenn sowohl in einem der Büschel
(or)
(3) als in einem der Büschel [3 ] der dem Punkt i^ entspre-
chende Strahl für die Strahlen folge z, ^ resp. z, .ein ge-
° (ov) *^ {ov) °
wohnlicher Strahl oder in beiden ein Rückkehrstrahl ist.
2. Die Tangenten abcristindemBüscheldfürdieStrah-
lenfolge** . ein gewöhnlicher Strahl, wenn die Punkte S
° {ovj ^
in Bezug auf s, = Zy auf derselben und in Bezug auf eine der Ge-
raden Zyy d. i. eine der Geraden [2 ], auf der entgegengesetzten, oder
•j Siehe vorhergende Anmerkung.
384 Die projectiviachcu Eigenschaften der gewöhnlichen und
in Bezug auf s^=^z auf der entgegengesetzten und in Bezog anf eine
Gerade 2. oder z auf derselben
Halbebene sich befinden, als die Punkte Sr^ , also nach No. 55c,cf,e
und 56ajodesmal, wennder dem Punk tJS entsprechende Strahl
resp. für die Strableufolge 2, .oder 2, .
^ * (0») (ov)
in einem der Büschel (j) ein gewöhnlicher und in einem
derBüschelljJein Rück kehr -Strahl, oder
in einem der Büschel [3 ] ein gewöhnlicher und in einem
der Büschel (5) ein Rückkehr-Strahl ist.
c) Mit Hilfe von No. 566 folgern wir weiter aus No. 576:
1. Die Tangente s kann im Büschel d^ für die Strahlen-
y
folfi^e s^ V nur dann ein gewöhnlicher Strahl sein,
** (ov) ^ '
wenn d auf s. für die Punktenfolge st ^' ein gewöhnlicher nnd anf
einer der Geraden [z ] für die Punktenfolge } ein Rückkehr-Ponkt ist,
oder wenn d auf s^ ein Rückkehr - und auf einer der Geraden [z ] ein ge^
wohnlicher Punkt ist,
. das heisst, nach No. 57a', jedesmal, wenn der der Tangente 1
auf einer der Geraden (z) entsprechende Punkt) für die Punk-
ten folge y ein gewöhnlicher Punkt ist.
y
2. Die Tangente s kann im Büschel i^*" für die Strahlen-
y
folge s. . nur dann ein Rückkehrstrahl sein,
^ (ov) '
wenn Ä auf 5 für die Punktenfolge 2^^ und auf einer der Geraden
[2 ] für die Punktenfolge y ' ein gewöhnlicher Punkt ist, oder
y
wenn 5 auf s und einer der Geraden [2 1 ein Rückkehrpunkt ist,
das heisst nach No. 57«*, jedesmal, wenn der der Tangentes
auf einer derGeraden(z) entsprechende Punktj für die Punk-
{ 0 Vi
tenfolgeg ein Rückkehrpunkt ist.
d) Zufolge No. 6, 28, ilb, Abd muss jedesmal, wenn der dem Piuikt
y
i in einem der Büschel (3) entsprechende Strahl 2 für die Strahlenfolge
^r N ciw gewöhnlicher Strahl ist, der Punkt ö auf s in der Lage $. von
y
d aus sich in demselben Richtungssinne P weiter bewegen , mit welchem
ansgeseic^eten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 385
er auf 5 in der vorhergehenden Lage s nach d gelangt war; jedesmal
aber, wenn der Strahl z. für die Strahleufolge z, . ein Kückkehrstrahl
ist, mnss d^ den Richtnngssinn aaf s in der Lage s. ändern in den ent-
gegengesetzten P,
Daraus folgt, dass der Punkt dauf^^ für die Punkten folge
i^^ ^ jedesmal ein gewöhnlicher oder Rückkehr- Punkt ist,
wenn der dem Punkt d entsprechende Strahl in einem der
Büschel (}) für die Strahlenfolge z, . resp. ein gewöhnlicher
oder Rückkehr-Strahl ist.
58. a) Wir stellen hier die in No. 57 gefundenen Satze zusammen;
diese sind :
1. Sind die dem Punkt d^
in einem der Büschel Q) und
einem der Büschel [3 ] ent-
sprechenden Strahlen resp.
« , 5^ für die Strahlenfolgen
resp. Zr X und z. . beide ge-
*^ (ov) (ov) *=*
wohnliche oder beide Rück-
kehr-Strahlen, so ist5 im Bü-
achel d^ für die Strahlen-
folee 8^ . ein Rückkehr-
strahl, und umgekehrt.
Ist eines derElementez.,
z^ = s^ ein gewöhnlicher, das
andere ein Rückkehr-Strahl
für die Strahlenfolge rt)sp.
2, .oderz, ., so ist 5 für die
(09) (ov)' e
y
Strahlenfolge s, . ein ge-
wöhnlicher Strahl, und um-
gekehrt.
2. Jedesmal, wenn s im
ß
Büschel d^ für die Strahlen-
e
Sind die der Taugente s
aufeiner der Geraden (z) und
einer der Geraden [z ] ent-
sprechenden Elemente resp.
l undd fürdiePunktenfolge
(ov) j (oO L .j
resp. j'' ^undj^ ^ beide ge-
wöhnliche oder beide Rück-
y
kehr-Punkte,8oi8td aufder
Tangente s. für die Punkten-
folge g^ ^^ ein Rückkehr-
I punkt, uud umgekehrt.
Ist eines der Elemente i
£ y
und i =5g ein gewöhnlicher,
das andere ein Rückkehr-
Punkt für die Punktenfolge
(ov) , (ov) « X aS
resp. j oder y \ so ist g*
für die Punktonfolge g^°*'^ ein
gewöhnlicher Punkt, und um-
gekehrt.
y
Jedesmal, wenn g aufder
Tangente Ä. für die Puukl^xw-
386 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
folse 5, X ein gewöhnlicher
(ov) °
oder Rückkehr-Strahl ist, ist
der der Tangente 5 anf einer
der Geraden (2) entspre-
chendePunktj resp. ein ge-
wöhnlicher oder Rückkehr-
Punkt für die Punktenfolge
^ , und umgekehrt.
folge isl^ ein gewöhnlicher
oderRückkehr-Punkt ist, ist
y
der dem Punkte in einem der
Büschel (3) entsprechende
Strahl z, resp. ein gewöhnli-
cher oder Rückkehr-Strahl
fürdieStrahlenfolgee. .,und
umgekehrt.
b) Diese Sätze im Verein mit No. 56 c zeigen die Abhängigkeit der
Bewegnngssinne der den laufenden Curvenelementen d und s in den
Strahlbüscheln (3), (5 J, ^ , resp. den Punktreihen (z), [z ], s^ entsprechen-
den Elemente von einander; sie lassen erkennen, dass, sobald wir den Be-
wegungssinn des den laufenden Curvenelementen ^ und s in einer gleich-
zeitigen Lage in irgend zwei ungleichartigen der erwähnten Gebilde kennen,
dadurch der Bewegungssinn des in jedem der anderen Gebilde entsprechen-
den Elementes und somit auch der Charakter der Curvenelemente, welche
o P
gerade von ^^ und s gedeckt werden, in der Hinsicht bestimmt ist, ob d
und s beim Uebergang in die nächstfolgende Lage ihren Bewegnngssinn
ändern müssen oder nicht.
c) Wir stellen darnach folgende Definitionen auf:*)
Lassen wir die Elemente g^ und s das Curvenstück S^
9
stetig im Sinne £ durchlaufen, und ist dioLage der Theile
S^ ^\ Sr^ gegen einander eine derartige.
*) Haben 8^ und tt den Theil 5^**^^ von sf^^^^ im Sinne 2 durchlaufen, so
9
dass * die Lage s , g^ die von 8^ hat, so beginnt nach No. 46 die Beschreibung
des Theiles S^^^^ mit einer Bewegung von s , für welche 8^ als Drehungscentrtun
gegeben ist, und darauf erst kann eine Bewegung von 8^ von der Lage Ä* aus
erfolgen. Ausserdem ist nun ein zweiter Fall möglich und ebenso berechtigt, dem-
zufolge wir das Curvenstück S ' uns so in zwei Theile zerlegt denken, dass
der durch den Bewcgungssinn von g^ und s bestimmte erste Theil mit einer Be-
wegung von .? schliesst, also der zweite mit einer Bewegung von v^ beginnen
mnss, für welche die Bahn, nämlich die zuletzt erlangte Lage der Geraden s
gegeben ist.
Wir haben willkürlich für die Durchführung den ersten Fall gewählt; der
andere führt zu demselben Resultat, d. i. zu denselben F^ormen für das Curven-
fkUBgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 387
1. dass der dem Punkt d^
in der Lage d in einem der
Büschel (j) entsprechende
Strahl z. ein gewöhnlicher,
der in einem der Büschel [j ]
entsprechende 2=5 ein
Rückkehr-Strahl istresp.für
die Strahlen folge z, . oder
so i8t5 imBüschele für
£
die Strahlenfolge«* , ein ge-
wohnlicher Strahl, und wir
nennen & einen gewöhnlichen
Cnrvenpnnkt;
dass der der Tangente c<r
in der Lage s auf einer der
Punktreihen (2) entspre-
chende Punkt 3 ein gewöhn-
licher, der auf einer der Ge-
raden [z ] entsprechende 3
= g^ ein Rückkehr-Punkt ist
resp. für die Punktenfolge
a 'oderj^^ \
so ist Ä^ auf der Geraden 5^
für die Punktenfolge g^ ein
gewöhnlich erPunkt, und wir
nennen s eine gewöhnliche Tan-
gente;
,(ov)
stück iS^ "^f denn wir erhalten den einen stets aus dem anderen, wenn wir den
Bewegangssinn 2 für die Elemente §>^ und s iu den entgegengesetzten 2 um-
kehren; diese Umkehrung des Bewegangssinnes ist aber unabhKngig von der Oc-
staltung des Curvenstückes, also ohne Einfluss auf dieselbe. Denken wir uns näm-
(v o\ —
lieh das CurvenstUck /S^ ^ so in zwei Theile getheilt, dass der erste im Sinne 2^
SS^^\ die Tangenten ä^, ^y—i» ••• *'«» ^y ^^^ ^^® Punkte »*', •*'""\ ... 4 g'^, der
zweite, Sr' -', also die Tangenten Sy^ s , *A ••• *i> *o ^^^ ^^® Punkte Ä^, d%
Ä* ... ^ , Ä umfasst, so erhalten wir für die möglichen Formen von S^^^^ folgende,
den in No. 58c angegebeneu ganz analoge Definitionen, iu denen die Symbole (j)
[i ]i i^)i [O die ii^ No. 546 bestimmte Bedeutung haben:
Lassen wir die Elemente Sr und a das Curvenstück S^ ^ stetig im Sinne
£ durchlaufen und ist die Lage der Theile s'*^\ S^^^^ gegen einander eine
derartige,
dass der dem Punkt §f^ in der Lage
fy* in einem der Büschel (3) entspre-
chende Strahl z ein gewöhnlicher, der
in einem der Büschel [) ] enlHprcchendc
z ein Rückkehr »Strahl ist resp. für die
Strahlonfolge z.. oder z^,., •
80 ist s^ im ^üschel 2** für die
ZeiiMchrin I. MiiUemai'ik u. /'/i)AJk X/IJ, 5.
dass der der Tangente ä in der
Lage Sy auf einer der Punktreihen (z)
entsprechende Punkt j^ ein gewöhnlicher,
der auf einer der Geraden (z ) entspre-
chende jj ein Rückkehr-Punkt ist resp.
für die Punktenfolge j^*'*'^ oder i^J^^\
so ist 8^ auf der G^t«ä«w & ^ S:\« ^\ft.
388 Die projccü vischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
^.^\^^^^V^rf
2. dass sowohl der Strahl
zin einemderBü8chel(c)al8
der Strahl zl=s, ineinemder
Büschel [j^j ein gewöhnlicher
Strahl ist für die Strahlen-
folge resp. 2^^^^ oder z^^^^,
80 ist s im Büschel g^ für
e
y
die Strahlenfolge s^^^^ ein
Rückkehrstrahl, und wir
nennen d einen einfachen
Wendepunkt;
3. dass der Strahl z. in
einem derBüschel(5)einRück-
kehr-, der Strahl 2: = ^^ in
einem der Büschel [j ] ein ge-
wöhnlicher Strahl ist für die
Strahlenf olffe resp. 2, .oder
Strahlenfolge «F^^n ein gewölmliclier
Strahl, g'' ein gewöhnlicher Cur-
venpunkt;
daHR sowohl z in einem der ßU-
flchel (j) als 2 =s^ in einem der J5ü-
schel [3 ] ein gewöhnlicher Strahl ist
für die Strahlenfolge resp. Z/^q\ oder
so ist 8^ im Büschel g^ für die
Strahlenfolge s^ ,. ein Rückkehrstrahl,
S* ein einfacher Wendepunkt;
dass der Punkt g auf
einer der Geraden (z) ein
Rückkehr-, der Punkt Ä*=:g^
auf einer der Geraden [z \ ein
gewöhnlicher Punkt ist für
die Punktenfolge resp. g
oderg^ S
so ist g^ auf der Geraden
s für die Punktenfolge d^°*^
ein gewöhnlicher Punkt und
wir nennen
Wendetangente;
eine einüaclie
dass sowohl der Punkt )
auf einer der Geraden (z) als
auch der Punkt ) =g aufeiner
o
der Geraden [z ] ein gewöhn-
licher Punkt ist für diePunk-
tenfolge resp. ^ ' oder g^ ',
Punktenfolge gi.^°^ ein gewöhnlicher
Punkt, }iy eine gewöhnliche Tan-
gente;
dass 3*» auf einer der Geraden (:)
ein Rückkehr-, 3» =8^ auf einer der
Geraden fr ] ein gewöhnlicher Punkt
ist für die Punktenfolge resp. y^^' oder
80 ist ^^ auf der Geraden s^ für
die Punktenfolge 8^*'°^ ein gewöhnlicher
Punkt, s^ eine einfache Wende-
tangente; ,
ausgezeichneten Elemente ebener Curven, Von Paul Scholz. 389
y
so ist 5 im Büschel d für
e
die Strahlenfoli'e s^ .eiut^e-
° (o v) °
wohnlicher Strahl, und wir
nennen d einen einfachen Btlck-
kehrpankt;
4. dass sowohl der Strahl
z. in einem derBüschel (5), als
auch der Strahl 2 =5in einem
b s
derBüschel[5 JeinRückkehr-
strahl ist für die Strahlen-
folge rosp. z, .oder 2, .,
dass z in einem der Büschel (i)
ein Rückkehr-, 2 = av in einem der
Büschel [) ] ein gewölinlichor Strahl ist
für die Strahleufolge resp. -/y^x oder
>o)»
80 ist Sy im Büschel f^^ für die
y
Strahlenfolge s ? v ein gewöhnlicher
Strahl, 8^ ein ein fach erRückkchr-
pankt;
dass sowohl 2_ in einem der Bü-
V
sehe! (a) als auch 2 ==«(. in einem der
NO/ ^ ^
Büschel li ] ein Rückkehrstiahl ist für
y
die Strahlenfolge resp. 2, oder ^^^^y
80 ist 8 yim Büschel g^ für diu Strah-
lenfolgc * ? ß\ ein Rückkehrstrahl , §r
ein Rückkehr-Wendepunkt.
soistg'aufder Geraden s
für die Punktenfolge S^^^""^ ein
Rückkehrpunkt, und wir nen-
nen ^ eine einfache Büokkelirtan-
gente;
dass sowohl der Punkt g*
auf einer der Geraden (2), als
auch der Punkt g*=i8^auf einer
der Geraden [zj ein Rück-
kobrpuukt ist für die Punk-
tenfolge resp. 3^^^^ oder g(*^^\
y
dass y* auf einer der Geraden (2)
sowohl, als auch aj = iS* auf einer der
Geraden [2 J ein gewöhnlicher Punkt ist
für die Punktenfolge resp. g^^®^ oder
3
(vo)
so ist g*^ auf der Geraden *«. für
die Punktenfolge 3^''°) ein Rückkehr-
punkt, s^ eine einfache Rückkehr
tangento*,
dass sowohl 3^ auf einer der Ge-
raden (2) als auch 3° = g*» auf einer der
Geraden [2 1 ein Rückkohrponkt ist für
die Punktenfolge resp. j^*'^^ oder ]^)^^\
so ist ir auf der Geraden «c für
die Punktcnfolge gl ^ ein Rückkehr-
pnnkt, Ji^ eine Rückkehr- Wende
tangente.
Diese Definitionen bestimmen ganz dieselbe Gestaltung von SS^^^ in den
einzelnen Fällen als die in No. 58 r, da es beispiclweis gleich ist (No. 16c), ob 2^
für Zr \ oder z für 2. . ein crcwöhnlicher, ein Rückkehr -Strahl, ob für S^^^^
im Sinne £ s oder für S^^^^ im Sinne £ s^ eine W^nd^lwi^^iA.^ VeX. .
390 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
80 ist s im Büschel ^
für die Strahlen folge ^"^ . ein
Rückkehrstrahl, undwirnen-
nen d^ einen Wende - Btkekkehr-
pnnkt.
soistiSaufder Geraden ;.
0
für die Punktenfolge ig^^ein
Xov)
t
Kückkohrpunkt, nndwirnen-
nen s eine Wende -Büokkehrtan-
gente. *)
Von den in gleicher Höhe stehenden Sätzen ist der eine die Folge des
anderen.
Andere als diese vier Möglichkeiten für die Beschaffenheit der den
Elementen d^ und s in irgend einer Lage in den Strahlbüscheln und Pnnkt-
reihen der Ebene entsprechenden Strahlen resp. Punkte sind nicht
vorhanden.
d) Noch haben wir bis jetzt die Strahlbtischel, deren Mittelpunkte die
von iJ^ verschiedenen auf 5 gelegenen Curvenpunkte g, sind, und die Ge
raden der Ebene, welche mit den durch S gehenden von s. verschiedenen
t . , , ,
Tangenten s identisch sind, nicht berücksichtigt.
1. Erstere gehören in die Klasse der Strahlbüschel [^ J ; für sie sind
aber s, und s oder, wenn s. mit s zusammenfällt, auch s und s ^= s^ auf-
einanderfolgende Strahlen ihrer Büschel, und zwar zufolge der Voraus-
setzungen in No. 54 a, nach No. 51c oder 58 e^ in demselben Sinne aufeinan-
derfolgende, in welchem die den Punkten von S^ resp. S^ ^ im Sinne 27
entsprechenden Strahlen aufeinanderfolgeD. Daher ist in diesen Bü-
schein % (=g. äussert ) der dem Punkt g entsprechende Strahl
5^ für die Strahlen folge z , . ein Rückkehr- oder gewöhnlicher
Strahl, wenn er in allen übrigen Büscheln [j ] resp. ein ge-
wöhnlicher oder Rückkehr-Strahl ist (No. 56rfS 58c^).
2. Die von s. verschiedenen Geraden 5 sind Gerade der Art ft 1 , in
denen »und g oder, wenn §P und Ä zusammenfallen, auch g^=g^ und ^
aufeinanderfolgende Punkte ihrer Geraden sind, und zwar in demselben
Sinn aufeinanderfolgende, in welchem die den Tangenten von S ' resp.
5 im Sinne 27 entsprechenden Punkte aufeinanderfolgen. Daher ist
auf diesen Geraden? r= 5 ausser .<fj der der Tanerente 5 ent-
*) Yergl. V. S tan dt, Geometrie der Lage No. 197—204.'
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 391
sprechende Punkt ^^ für die Puiiktenfolge 5^^^^ ein Rückkehr-
oder gewöhnlicher Punkt, wenn er auf allen übrigen Ge-
raden [cj resp. ein gewöhnlicher oder Rückkehr-Punkt ist
(No. bQd\ 58 c^).
3. Da das Verhalten des dem Punkt ^ resp. der Tangente s ent-
sprechenden Elementes in der mit S ^ perspectivischen Elementenfolge
in diesen Gebilden in dieser einfachen Weise durch das Verhalten in
den übrigen Gebilden [^ J oder [z ] bestimmt und erkennbar ist, so mögen
dieselben nach wie vor von der Bezeichnung [^ ], [z ] ausgeschlossen bleiben
(No. 546, 56 rf').
%. 13« Einflnss der ausgezeichneten Elemente auf die relative Lage und
Anordnung der übrigen Elemente des Curvenstückes, d. i. auf
die Gestalt desselben«
59. Im Folgenden wollen wir aus diesen Definitionen und Eigen
Schäften das diesen in den einzelnen Fällen entsprechende Bild des Cur-
venstückes S^ ableiten. Wir haben da gemäss der schon früher er-
kannten ausgezeichneten Eigenschaften der unendlich entfernten Punkte
und der unendlich entfernten Geraden (No. 44) folgende drei Fälle zu
unterscheiden:
I. s ist eine endliche Gerade und d ein endlicher Punkt derselben,
y
TL, s ist eine endliche Gerade und jy ihr unendlich entfernter Punkt,
e
III. s ist die unendlich entfernte Gerade g^ , also auch g ein unendlich
entfernter Punkt.
a) In dem ersten dieser Fälle sind die sämmtlichen Punkte und Tan-
genten von S ^ endliche Punkte und Gerade; in Bezug aufjede der
Geraden (z) liegen die Punkte S 'auf derselben Halbebene
mit den Punkten S^'^^\
1. Es werden daher nach No. bbe in jedem der Büschel (j), [j ] die
Punkte S^'^ von demselben Halbstrahl des die Stralilenfolge resp. 2, .
oder 2^ , durchlaufenden Strahles getroffen , als die Punkte S^ ^ .
(ov) °
• '9
2. Es liegen mithin jedesmal wenn der dem Punkt g in einem der
Büschel (j), [j^J entsprechende Strahl z. oder :. ein ^^^nqVvoW^V^^ ^^^^
392 Die projectivischeu Eigeuschaften der gewöhnlichen und
*,^s»^*»_----.*^-*'«-^s,»«-..»V^^^»«.^X/^,.»^^.^ «• ^^ ^ j- r- ^ ^^^^ .^^r^ ^,^\ •>* v.-N.-*'s_-^ ^ .^.^.^.^^ ^
Rückkehr- Strahl ist, die Punkte 5^^ *^ resp. auf der entgegengesetzten oder
derselben Halbebene in Bezug auf den Strahl r oder Zy=s^,
3. Jedesmal wenn der der Tangente s auf einer der Ge-
raden (:) entsprechende Punkt j ein ge wohnlicher oder Rück-
kehr-Punk t, muss 5 inderLacre* den Drehsinn ^ resp. beibe-
halten oder in den entj;<*gengesctztcnzi ändern.
4. Jedesmal wenn ^^ auf s in der Lage ä den Richtnngs-
sinn ändert, fallt der Halbstrahl /^'^^ in Bezog auf die zweite der in
i^ (No. 16c) zusammenfallenden Lagen von ^^ auf den Halbstrahl fy
in Bezug auf die erste dieser Lagen; jedem Punkt dieses Halb-
strahl es kehren daher sowohl S^^'^ als S^^^ die convexe Seite
zu (No. 52^'), jedem Punkt des anderen Halb Strahls beide die
concave Seite. Wenn g^ auf s in der Lage d den Richtnngs-
sinn nicht ändert, kehrt jedem Punkt des Halbstrahls d
^ die convexe, 5^*' die concave, jedem Punkt des Halb-
strahls 5^^'"*^ 5^"^^ die concave und d^"^ die convexe Seite zu.
h) 1. Im zweiten Falle werden stets die Punkte 5^^"^ von dem im
Büschel g^ = ^« die Strahlenfolcrc «f .durchlaufenden Strahl s^ mit d
selben Halbstrahl getroffen als die Punkte S^^ \ da der andere Halbstrahl
gleich Null ist (No. 25)
2. Jedesmal also wenn s für die Strahlenfolere 5^ ein eewöbnlicher
£ ^ iov) ^
oder Rückkehr- Strahl, d, i. (No. 58«*) wenn { auf einer der Geraden (z) für
die Punktenfolge j^^^^ ein gewöhnlicher oder Rückkehr-Punkt ist, liegen die
Punkte S ^^^ und 5^°^^ resp. auf vcrschiedeuer oder derselben Halbebene
in Bezug auf s und s ,
3. Gemäss No. bbg liegen daher in Bezug auf jede dar Geraden z
oder [z^ die Punkte 5^^**^ und d^^^ auf derselben Halbebene, so dass, je
nachdem z. für die Strahlenfolcrc 2, , in den Büscheln (i) ein gewöhnlicher
s ^ (ov)
oder Rückkehr- Strahl ist, die Punkte 6" ^^ von dem anderen oder dem-
selben Halbstrahl (No. 56r/) des die entsprochende Strahlenfolge durchlau-
fenden Strahles getroffen werden, als die Punkte *S''"^, und nach No. 55(/, e
in Bezug auf jede der Geraden [z) die Punkte S^^ ^ resp. auf der ent-
gegengesetzten oder derselben Ilalbcbcne liegen, als die Punkte 5' •
em-
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 393
4. Wenn g^ in ^3 , dem unendlich entfernten Punkt von s^, angelangt, so
gehören alle endlichen Punkte von s dem Halbstrahl ^^''^'^an (No.l5,49c);
sobald aber Ä^ auf. dem Strahl s in die auf d^ folgende Lage übergeht in
demselben oder dem entgegengesetzten Richtungssinne, so gehören alle
Punkte von* dem Halbstrahl ^^^'^^ an; daher kehren allen Punkten
fi^l nach No. 52rf*'* stets beide Theile von iS^"'\ sowohl 5 " ,
welcher die im Sinne 2 der s vorhergehenden Lagen von 5^, als S
welcher die im Sinne £ auf s folgenden Lagen von s enthält, die con-
vexeSeitezu.
c) 1. Im dritten Falle muss nach No. 44a jedesmal wenn der
Punkt iS^ auf s^ für die Punktenfolge ^^^^^ ein gewöhnlicher
oderRtickkehr-Punkt,das heisst, jedesmal wenn der Strahl z in einem
der Büschel (^) für die Strahlenfolge z ein gewöhnlicher oder^ückkehr-
Strahl (No. bld) ist, s in der Lage s^ den Drehsinn -J res p. bei-
behalten oder in den entgegengesetzten J ändern und um-
gekehrt.*)
2. Jedesmal wenn die Punkte 5^ ^ in Bezug auf eine der Geraden
(2) auf derselben oder der entgegengesetzten Halbebene liegen, als die
Punkte 5^^^\ liegen die Punkte Ä^^^^ und .S^^''^ in Bezug auf die unendlich
*) Die Frage, ob Ä^ auf s in der Lage ««. den Rieh tun gssinn beibehält oder
ändert, scheint bei Untersuchung einer Form von S^^^\ in welcher s :=g^^ mit
der Frage zusaramenzafallen, ob s seinen Drehsinn in der Lage s beibehält oder
lindert. Wollen wir jedoch die Verschiedenheit der Formen, welche den Beding-
ungen in No. 58e»,« (No. tOa\ M), sowie der Formen, welche No. 68 c»,* (No. eOcSrf«)
entsprechen, auf die Bewegung von 2^ zurückfuhren, und was in den Fällen I
und II (No. 59) evident und bewiesen ist (No. 50c, 60) auch für den Fall III an-
nehmen (No. 25 A , fl =3 ^<jQ ) , nämlich
dass die Punkte 5*^°^* und 5^^*'^ sich auf derselben Halbebece in Bezug auf
.9 oder Su befinden müssen, wenn Sr auf der Geraden s in der Lage «c und s
im Büschel Ä^ ihren Bewegungssinn entweder beide beibehalten oder beide an»
dem, und
dass die Punkte S^^^^ und .s'^*'^ sich auf entgegengesetzten Halbebenen in
B<*zug auf V oder s ^ befinden, also St^ die Gerade s^ überschreitet, wenn von den
Elementen i^ auf der Geraden s beim Durchgang durch die Lage s^ und «^^«i>
Büschel Ä^ eines den Bewegungssinn beibehält , das audexe a\)^t '».u^^tN.^
394 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
entfernte Gerade vesp. auf derselben oder auf entgegengesetzten Seiten
(das beisst: '^ überschreitet in der auf d folgenden Lage die Gerade (^g^).
3. Da stets der dem Punkt ^^ in einem der Büschel (j) entsprechende
Strahl in der Lage z. den Drehsinn beibehält oder ändert, je nachdem j
seinen Drehsinn A in der Lage s beibehält oder ändert, so müssen
irgend einem der Punkte (j), j^ entweder beide The ile 5^ ^^ und
^ ' die concave oder beide die convexeScitozukehren. Durch
den Punkt 3* geht entweder keine der Tangenten von S \ dann liegt j*
indem Gebiet @, , , . , denn das Gebiet @, ,. ist Null (No. 52c*): oder
durch j gehen zwei der Tangenten von 5 , dann gebort j* auf der
s^ oder s zunächst liegenden dem Halbstrahl g^ '^ an (No. 50c',
54ö); oder durch y geht nur einer der Tangenten von 5' , dann gehört j*
dem Halbstrahl §r^~~ ''derselben an, weil der ganze Halbstrahl g ^ '^ in-
nerhalb des Gebietes © . . (No. 526) liegt; also gehört der beliebige Punkt
y entweder in Bezug auf alle Tangenten von 5^ oder wenigstens in Be-
zug auf die von s bis s der Ualbebenc ;g, / = g;^' / an, (Gleiches
gilt bezüglich des Curvenstückes 5 /^ und jeden beliebiges Punktes 3),
D a h 0 r k e h r e n beide T h c i 1 0 6'^"^ u n d 5 ' j e d 0 m d e r P u n k t e (g)
ihre concave Seite zu.
4. Jede Bestimmung, dass einer der beiden Theile S , .S ^ ' einem
der Punkte (^) oder \\ \ die concave oder convexo Seite zukehre, kann
sich nur auf endliche Punkte (3) oder [5 ] beziehen und hat nur für solche
Bedeutung, da die unendlich entfernten Punkte sowohl der Halbebeue
d^i als ^f _\ in Bezug auf jede Lage von s angehören (vgl. No. 45/",
52 c' *).
d) Der in No. 59 c^ bewiesene Satz ist nur ein speciellor Fall von fol-
gendem allgemeineren : J o d e m P u n k t j , w e 1 c h e r m i t d e n P u n k t e n
^ in Bezug auf s aufderöelben Halbebene liegt, kehrt das
so würde daraus folgen, dass h^ auf s beim Durchg^ang durch die Lage «*.
seinen Richtungssinn
beibehält, wenn s =g eine gewöhnliche, oder av =g eine einfache
Rückkehrtangente ist, und
ändert, wenn ^^^^ü^ eine einfache Wende- oder Wende-Rückkehrtau-
gente ist (vgl. No. 58 c und 60).
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 395
'■-^-^•'•'^«^^-^-•^^■.^%^v^^>^.^.^-'--
Curvenstück S^ die concave Seite zu. Nach No. 52a^ gehören
nämlich, wenn s eine endliche Gerade, alle Punkte }, welche mit den
Punkten S^ ^^ auf derselben Halbebene in Bezug auf s liegen, der Halb-
ebene g^*' ^an, welche nach No. 526, c,rf die Gebiete ®, y\y®( \tV®( —t)
enthält. Der angegebene Satz ist mithin die Folge von No.52c',rf', e. Ebenso
folgt daraus, dass jedem Punktj, welcher mit den Punkten S^^ '
in Bezug auf s auf derselben Halbebene liegt, das Curven-
stück S^^ ^. seine concave Seite zukehrt, denn alle diese Punkto 5
gehören der Halbebene ^/ ja (bezogen auf den dem Sinne 27 in S^^^'
entsprechenden Richtungssinn von d^ und Drehsinn von $ ) an, welche die
• 2 0 1
Gebiete ©,, . , ©... ., @ . . ^ enthält. Die Sätze in No. 52 lassen sich leicht
so weit ausdehnen, dass sie auch für den Fall s =^g^ anwendbar sind.
(No. 25).
In gleicher Weise ergiebt sich aus No. 52, dass jedem der Punkte
(j)» welcher in Bezug auf s auf der entgegengeseten Halb-
ebene sich befindet als die Punkte «S ^^ oder S^ \ das Curven-
stück 5 ^ resp. S^ ^ seine convexe Seite zukehrt. Darausfolgt:
Wenn die beiden Theile S^""^^ und S^^*'^ von 5-°''^ sich auf der-
selben Halbebene in Bezug auf 5 befinden, dann kehren jedem
der Punkte (j) entweder beide Theile S^^^' und 5^^*'' ihre con-
cave oder beide ihre CO nvexe Seite zu; wenn die Punkte S^
und o^ auf entgegengesetzten Halbenen in Bezug aufs lie-
gen, so kehrt jedem der Punkte Q) einer der beiden Theile
S^ , S^^ ^ die concave, der andere die convexe Seite zu.
60. (i) Wenn »ein gewöhnlicher Curvenpunkt, also s eine
gewöhnliche Tangente ist, so liegen in der Tangeute 5^ zwei Curven-
punkte, welche nicht zusammenfallen, sondern von einander verschieden
sind, da z in jedem der Büschel (j) für die Strahlenfolge z, . ein gewöhn-
Hoher Strahl ; ebenso sind, da g auf jeder der Geraden {z) ein gewöhnlicher
Punkt für die Punktenfolg(5 3 , die beiden sich in ö schneidenden auf-
einanderfolgenden Tangenten von S ^ von einander verschieden. Also
giebt es nur eine von s vferschiedene Tangente s nämlich s , und nur
einen von ä verschiedenen Curvenpunkt auf jeder d^t Taii^^TiXÄö. s m\A ^^
396 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
nämlich resp. d und §r ] die in No. 56 J^ 58 J angegebenen Fälle bieten
keine Besonderheiten, da von jeder der Tangenten und jedem der Curven-
(o v) t
punkte von 5 das Gleiche gilt , als von 5 resp. g .
In dem auf jeder der Geraden [z ] der Tangente s entsprechenden
Punkt i8^ fallen zwei aufeinanderfolgende Punkte der Punktenfolge J ,
in dem in jedem der Büschel [^ J dem Punkt d enfsprechenden Strahl s
zwei aufeinanderfolgende Strahlen der Strahlenfolge z zusammen.
(No. 16 c, 506«, 516*). In den Punktenfolgen /^^\ ig^*'"^ jeder der Geraden
(z) und von s, , sowie in den Strahlen folgen z. .,5^ jedes der Büschel
(j) und von g fallen ausser in den Grenzelementen g^ , j resp. z ^ z m
keiner Stelle zwei aufeinanderfolgende Elemente in eines zusammen.
1. Im Falle I liegen in Bezug auf jede Gerade z = z die Punkte S^
auf der entgegengesetzten Halbebene, als die Punkte 5^^ •^; in Bezug auf
jede der Geraden ^(^JliegeD mit Ausnahme derauf diesen selbst gelegenen
Jo v) *
die sämmtlichenCurvenpunkte Sf auf derselben Halbebene (No.58c*,59fl);
y
dieElemente^ und d behalten daher in den Laeen ^ resp.d
den Drehsinn resp. Richtungssinn, der ihnen im Theil 5^
zugehört, auch für den Theil sf^^^ bei.
Da auch in jedem der Büschel (j) der entsprechende Strahl in der
Lage z. den Drehsinn nicht ändert, so kehrt nach No. 45/", 52 c',* das Cur-
venstück S jedem der Punkte (j), welchem S^ die concave oder con-
vexe Seite zukehrt, auch seinerseits resp. die concave oder convexe Seite
zu. In beiden Theilen 5 ^ und 6' entspricht dem Sinne 2 derselbe
Drehsinn J von s ; in jedem dor Büschel [j | aber entspricht, da c. = s.
für die Strahlenfolge z, . ein Rückkehrstrahl, dem Sinne Z von d^ in
° (o v)
dem einen derTheile z. ... z.^ ^ der enti^effeneresetzte Drehsinn als in dein
(«?) (SO ö b ö
anderen; dereine der beiden Thcile S , S kehrt daher jedem der Punkte
[3 ] dieconcavo, der andere die convexe Seite zu (vgl. No. 50, 51, 52).
2. Im Falle II liegen in Bezug auf jede Gerade z,= z die S^ auf
derselben Halbebene, als die Punkte 5 , in Bezug auf jede der Geraden
(5 ) aber mit Ausnahme der in diesen Geraden selbst liegenden Curven-
punkte die Sr^ auf der entgegengesetzten Halbebene, als die Punkte
ausgezoiclineten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz^. 397
£r ^ , und in Bezug auf jede Gerade (z) die Punkte 5 auf der ent-
gegengesetzten Halbebene, als die Punkte Ä^^^^ (No.58c^, 596). Der Punkt g^
behält in der Lage §r den Richtungssinn auf 5 für das Curvcnstück S '^ bei
(No. 57 cf), 8 aber ändert seinen Drehsinn in der Lage s in den entgegen-
gesetzten J (No. 44rf, 456). Da nun der dem Punkt i8^ entsprechende Strahl
in jedem der Büschel (j) in der Lage z^ den Drehsinn beibehält, in jedem
der Büächel [j ) aber in der Lage 2^= 5^ ändert, so kehrt jedem der
Punkte (j) stets einer der Theile 5^" , 5^*^ die concave, der andere die
convexe Seite zu; einem der Punkte [j ] aber kehren stets beide Theile die
convexe Seite zu (No. 596*).
3. Im Falle III behält die Gerade s für den Theil sf^^^ den Drehsinn
bei, den sie bei Beschreibung des Theiles S im Sinne Chatte. (No. 58c^,
44a y siehe die Anmerkung zu No. 59 c^). Die Punkte Sr -^ liegen in Bezug
auf jede der Geraden (z) auf derselben , in Bezug auf jede der Geraden
[z ] auf der entgegengesetzten und in Bezug auf jede der Geraden« {g^)
auf ders'^lben Hall)ebene, als die Punkte von ö"^ ' (No. 44(/, 456, c). Jedem
der Punkte (j) kehren beide Theile ihre concave Seite zu (No. 59c'*).
t . ,
6) Wenn ä ein einfacher Wendepunkt, also s eine einfache
et
y
Wendetangente, so ist die Tangente s im Büschel g für die Strahlen-
folge s , V ein Rückkehrstrahl; es fällt daher die folgende Lage von s ,
d. i. der dem Punkt ^ entsprecliende Strahl mit s , der mit ^ perspectivi-
sehen Lage nach No. 16r zusammen, so dass in s drei aufeinanderfolgende
Curvenpunkte liegen*), von denen keine zwei zusammenfallen, weil sie mit in
demselben Drehsinn aufeinanderfolgenden Strahlen in jedem der Büschel (^)
perspectivisch sind; oder was dasselbe ist, die beiden aufeinanderfolgenden
Tangenten s und s fallen zusammen; auch jeder der übrigen den Winkeln
8. ^ und s,. . gemeinschaftlichen Strahlen des Büschels d enthält ausser d
einen Punkt von iy und einen von 5 , also drei Curvenpunkte von
fif '. Damit steht im Einklänge, dass der der Tangente s auf jeder der
Geraden (2) entsprechende Punkt ein Rückkehrpunkt ist für die Punkten-
folge J ° 1 also zwei aufeinanderfolgende Punkte, welche zwei aufeinan-
•) Cremonüy Iniroduzione ad una ieoria geometrica delle cttfDC piaue, AtI,^,*Ä«
398 . Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
derfolgonden Lagen von s entsprechen , vereinigt enthält. Ebenso fallen
auf jeder der Geraden \z ] in den der Tangente s entsprechenden Pankt
d zwei aufeinanderfolgende,
auf jeder der von s^ und s verschiedenen Geraden (z), welche durch
die Punkte d und ^ gehen (No. 56d*), drei aufeinanderfolgende Punkte,
entsprechend den Tangenten s , s. und resp. s^ oder s (der Punkt g resp.
gleich d oder %^ erscheint als gewöhnlicher Punkt für die Punkten-
folge a^»")).
auf jeder der Geraden ^«und s nur zwei entsprechend den Tangenten
5 , *o (j resp. gleich d oder g erscheint als Rückkehrpunkt für j Q
zusammen. In jedem der Büschel [^ ] fallen in den mit d perspectivi-
sehen Strahl s. drei aufeinanderfolgende Strahlen, entsprechend den
Punkten «*, ^, ^,
in jedem der Büschel h und !^ (No. 58 d*) aber nur zwei, entsprechend
den Punkten g^ und resp. §S^ oder ^ (2 =5. = * erscbeint als Rückkehr-
Strahl für z, V ) zusammen,
(ov) -'
Von 5 oder s^ verschiedene Gerade s sind nicht vorhanden.
In der Strahlenfolge z. . jedes der Büschel (j) fallen ausser in den
Strahlen z , z nirgends zwei aufciuanderfolgende Strahlen zusammen.
1. Im Falle I liegen in Bezug auf jede der Geraden z =^[z ], so wie
in Bezug auf jede der Geraden (js ) die Punkte *b auf der entgegen-
gesetzten, in Bezug auf jede der Geraden (:) aber auf derselben
Halbebene, als die Punkte S'^ ^^ (No. 58 c^ 59a). 5 ändert in der Lage s
den Drehsinn, g aber behält seinen Richtungssinn auf s bei (No. 456, 57(/)»
Jedem der Punkte(j) und [j ] kehrt einer der beiden Theile ä"^, 5
die concave, der andere die convoxe Seite zu (No. 52 c^)..
2. Im Falle II liegen in Bezug auf jede der Geraden (z) die Punkte
o^ auf der entgegengesetzten, in Bezug auf jede der Geraden \z ] = z^
und in Bezug auf jede der Geraden (s ) auf derselben Ilalbebene als die
Punkte 5^^^^ (No. 596). Weder 5^ noch .<? ändern in der Lage ä resp. s
den Richtungs- resp. Drehsinn (No. 57f/, 45c). Irgend einem der Punkte
(3) und [j ] kehren daher entweder beideTheileÄ " '^ und 5^'* die concave
oder beide die convexe Seite zu (No. 52 c^).
ausgezeichneten Elemente ebener Curven, Von Paul Scholz. 39Ö
3. Im Falle III behält s seinen Drelisinu bei (No. 58 c^ 44 a, siebe
die Anmerkung zu No. 59c^). In Bezug auf jede der Geraden (z) lie-
gen die Punkte Ä^ auf der entgegengesetzten Halbebene, als die Punkte
Sr^ ^ (No. 58c^, 45c), also überschreitet der Punkt e^ in den auf g^ folgenden
Lagen die unendlich entfernte Gerade gfx, = ^ ^^^y'^ ^° Bezug auf jede der
Geraden [z ] = z liegen jedoch die Punkte Sr^ ^ und ^^ ^^ auf derselben
Ualbebene (No.. 44 d, 456), Jedem der Punkte (g) kehren daher beide
Theile 5^" ^^ und 5^^*^ die concave Seite zu (No. 52c*, 59c»^).
c) Wenn §r ein einfacher Hückkehrpnn kt, also s^ eine ein-
y
'fache Rückkehrtangente, so ist der Punkt ^ für die Punktenfolge
( o V
d), auf 5^ ein Rückkehrpuukt; es fällt daher die folgende Lage von ^^,
d. i. der Punkt Ä^, in welchem s. von der folgenden Tangente s geschnit-
y y
ten wird, mit d zusammen, so dass in d sich drei aufeinanderfolgende
Tangenten s , s^ s von S schneiden*), von denen keine zwei zusam-
menfallen , weil mit ihnen auf jeder Geraden z drei in demselben Richtungs-
sinne aufeinanderfolgende Punkte perspectivisch liegen; auch durch jeden
der übrigen den Strecken i ^^ und sl auf 5. gemeinschaftlichen Punkte
gehen ausser ä eine der Tangenten von S ^ und eine von S^ , also drei
der Tangenten von iS^ . Damit steht im Einklänge, dass der dem Punkt
y
ö^ in jedem der Büschel (j) entsprechende Strahl für die Strahlenfolge z, .
ein Rückkehrstrahl ist, also zwei aufeinanderfolgende Strahlen, welche *
zwei aufeinanderfolgenden Lagen von d^ entsprechen , enthält.
In jedem der Strahlbüschel [j J fallen in den dem Punkt jg entspre-
chenden Strahl ^o=^fc zwei aufeinanderfolgende,
in jedem der Büschel (3) , deren Mittelpunkte die von jg und g ver-
schiedenen Punkte der Geraden^ und s sind (No. b6(P), drei aufeinan-
y Yi £
derfolgende Strahlen , entsprechend den Punkten g , ^ und resp. g oder
^ (der Strahl ä. resp. gleich 5 oder .9 erscheint als gewöhnlicher Strahl
für die Strahlen folge ^/^j^O,
*) CremortOy Introduzirme ad una ieoria geometrica dcUc ninje platie kt\». ^^^^»
400 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
in jedem der Büschel ^ , 2 aber nnr zwei entsprechend den Punkten
^ und g^ Cz. resp. gleich s oder s erscheint als Kückkehrstrabl für a, .)
zusammen.
In den der Tangente s auf jeder der Geraden [z ] entsprechenden
Punkt 1^ fallen drei aufeinanderfolgende Punkte der Puuktenfolge 2^^^\
entsprechend den Tangenten s y s^, s zusammen,
auf jeder der Geraden s , s nur zwei entsprechend den Tangenten s^
und resp. 5 oder 5 (j = i^ .erscheint als Eückkehrpunkt für ;&^ , No.58d).
Von g verschiedene Curvenpunkte i, sind nicht vorhanden (No. bSdy
In der Punktenfolge g '^ ^ jeder fler Geraden (2) fallen ausser in ^^, j nir-
gend zwei aufeinanderfolgende Punkte in einen zusammen.
1. Im Falle I liegen in Bezug auf jede der Geraden [z J=?^ die
Punkte S^** ^ auf derselben und in Bezug auf jede der Geraden (z) ebenfalls
auf derselben Halbebene, als die Punkte S^'^^' (No. 59a). §f^ ändert in
der Lage d auf der Geraden s den Richtungssinn , s behält seinen Dreh-
y
sinn bei. In Bezug auf jede der Geraden (5^), die in diesen befindlichen
(tv)
Curvenpunkte ausgenommen, liegen also nach No. 4^e die Punkte S^
auf der entgegengesetzten Halbebene , als die Punkte S^ . Jedem der
Punkte (5) kehrt daher der eine der beiden Theile S und S^ ^^ die
concave, der Andere die convexe Seite zu (No. 52c*, 59rf); irgend einem
der Punkte [j J aber kehren entweder beide dieser Theile die concave oder
beide die convexe Seite zu, jedem Punkt des lialbstrahles der Tangen-
y
ten (s )y welcher die Schnittpunkte mit den anderen Tangenten enthält, die
convexe , jedem Punkt des anderen lialbstrahles die concave Seite (vergl.
No. 59 a*)-
iyX)
2. Im Falle II liegen die Punkte S^ ^ auf der entgegengesetzten
y
Halbebenc in Bezug auf jede der Geraden (s ) und auf derselben Halb-
ebene in Bezug auf jededer Geraden [z ], als die Punkte S^ ^^ (No. 596")
§) ändert den Richtungssinn auf $ , s aber behält seinen Drehsinn ^ bei
(No. 58c*, 44 d, 45 c). Daher liegen auch in Bezug auf jede der Geraden (2)
die Punkte S und S^"^^^ auf derselben Ilalbebene. Jedem der Punkte
(jj kehrt daher einer der beiden Theile S^"^\s^^^^ die concave, der
ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 401
andere die convexe, irgend einem der Punkte [5 ] aber kehren beide
Theile die convexe Seite zu (No. 52 e*, 596*, 59 rf).
3. Im Falle III ändert s den Drehsinn in den entgegengesetz-
ten ^ (siehe die Anmerkung zu No. 59c^). In Bezug auf jede der
Geraden (2) und [z ] liegen die Punkte S ^ auf der entgegengesetzten
'' •
llalbebene, als die Punkte 5^ ; der Punkt ^ überschreitet daher in den
auf g^ folgenden Lagen die Gerade g^ . Jedem der Punkte (j) kehren
beide Theile S^" ^^ und S^^'^ die concave Seite zu (No. 52 c*, 59c»*).
d) .Wenn %^ ein Wenderückkehrpunkt, also s eineWende-
rückkehrtangente, so ist 5 im Büschel I für die Strahlenfolge 5^ v
ein Rückkehrstrahl und g^ auf der Geraden s, für die Punktenfolge ^^ ^
ein Rückkehrpunkt; es sind deshalb in s die beiden aufeinanderfolgenden
Tangenten 8 und s. und in ^ die beiden aufeinanderfolgenden Punkte §
und Sr vereinigt. Die Tangente s =s enthält daher drei aufeinander-
folgende Curvenpunkte g*, § , g^, darunter einen d , welcher von g verschie-
y fj
den ist, und durch ^** = d' gehen drei aufeinanderfolgende Tangenten s ,
5^, 5 , darunter eine 8 , welche von s und s, verschieden ist (No. 56 rf*.
y
58 d). Daher ist der dem Punkt ^ entsprechende Strahl
im Büschel ^ und von den übrigen Büscheln (5) auf allen , deren
Mittelpunkte ausserhalb s liegen, für die Strahlenfolge z^ ^ ein Rückkehr-
strahl, zwei aufeinanderfolgende Strahlen enthaltend,
' in jedem der Büschel (j), deren Mittelpunkte die von d und ^ ver-
schiedenen Punkte von s sind, ein gewöhnlicher Strahl, drei aufeinander-
f]
y fi A
folgende Strahlen enthaltend, welche den Punkten d , ^ , d entsprechen,
in jedem der Büschel [5 ] für die Strahlenfolge z . ein Rückkehrstrahl,
£ t
drei aufeinanderfolgende Strahlen enthaltend, welche den Punkten d , d ,
d' entsprechen, im Büschel ^ ein gewöhnlicher Strahl, zwei aufeinander-
y jj
folgende Strahlen enthaltend, welche den Punkten g und g' entsprechen.
Der der Tangente s entsprechende Punkt ist
c
anf der Geraden 5. und von den übrigen Geraden (?) auf allen, welche
nicht durch g gehen, für die Punktenfolge j ein Rückke\\Y^v\wVA.^T.^A
aufeinanderfolgende Punkte enthaltend ,
402 Die projectivischen Eigenschaften der gewöhnlichen und
auf allen von s j. verschiedenen Geraden (z) , welche durch den Pnnkt
d
ß
d gehen, ein gewöhnlicher Punkt, drei aufeinanderfolgende enthaltend,
welche den Tangenten s^y s ^ s entsprechen,
auf allen Geraden \z ] für die Punktenfolge j^ ' ein Rückkehrpunkt,
drei aufeinanderfolgende enthaltend, welche »den Tangenten s , «., t
entsprechen ,
auf der Geraden s ein gewöhnlicher Punkt, zwei aufeinanderfolgende
enthaltend , welche den Tangenten s •=■$. entsprechen.
In jedem der Fälle I, II, III liegen in Bezug auf jede der Geraden
(t), [2j, («f) die Punkte 5^^ ^-^ auf derselben Halbebene , als die Punkte
S^^^^ (No.58c*, 59); in jedem der drei Fälle ändern sowohl s als ^ auf s^
ihren Dreh- resp. Richtungssinn. Demnach kehrt jedesmal jedem der Punkte
(j) und [j ], welchepi einer der beiden Theile 5^"^ , ^ seine concave
oder convexe Seite zukehrt, auch der andere resp. seine concave oder con-
vexe Seite zu; und zwar kehren 5^** * und 5^* ^'
im Falle III jedem der Punkte (j) die concave Seite,
im Falle II jedem der Punkte [j j die convexe,
im Falle I jedem der [3 ], welcher auf dem Halbstrahl von s. liegt,
welcher die Schnittpunkte mit den Übrigen Tangenten enthält, die con-
vexe , jedem Punkt 3 , welcher dem anderen Halbstrahl angehört, die con-
To v\
cave Seite zu; ferner jedem der mit S auf derselben Halbebene in Be-
zug auf ^^ liegenden Punkt (3) die concave, jedem der auf der anderen
Halbebene liegenden Punkte (3) die convexe Seite. (Letzteres gilt auch
für den Fall H, No. 59 rf).
61, a) Wegen der in No. 46 a angegebenen Bedingung lässt sich die
Untersuchung nach der Beschaffenheit einer ebenen stetigen , nicht gebro-
chenen Curve in irgend einem ihrer Elemente und dii*. Beurtheilung, ob
das mit irgend einem Curvenelement in irgend einem der Strahlbüschel
resp. einer der geraden Punktreihen der Ebene pcrspectivische Element
für die den sämmtlichen Curvenelementen pcrspectivische Strahlen - resp.
Punktenfolge ein gewöhnliches oder Rückkehrelement ist, auf die hier
durchgeführte Untersuchung zurückführen. Jedem Curvenelement g** resp.
s , in welchem eines der laufenden Elemente ^ und s oder beide den Be-
wegttDgssinn Ändern ; geht ein Curvenstück 5 ' vorher und folgt ein
Ausgezeichneten Elemente ebener Curven. Von Paul Scholz. 403
(tp)
Corvenstück S ; welche den Bedingungen in No. 49a in der in No. 54a
geforderten Weise genügen; jedes dieser Curvenstücke besteht einschliess-
lieh der Elemente d , s mindestens aus drei aufeinanderfolgenden Elemen-
ten (drei Punkten und drei Geraden). Curvenstücke aber, welche den in
No. 49a gestellten Bedingungen genügen, sind in No. 49 bis 53 behandelt
worden (vergl. No. 58 c*).
b) Zugleich erkennen wir, dass die Antwort auf die Frage, ob das
mit einem Curvenelement ^ oder s in einem der S^trahlbüschel resp. einer
Geraden der Ebene perspectivische Element für die den sämmtlichen Cur-
Tenelementen perspectivische Strahlen - , resp. Sunktenfolge ein gewöhnli-
ches oder Rückkehrelement ist, nicht Mos davon abhängt, ob die laufen-
den Elemente d , s in der Lage d resp. s ihren Bewegungssinn P oder J
Sndem oder nicht, sondern auch von der Lage der Elemente h und s ,
daas daher die Sätze in No. 201 der „Geometrie der Lage von v. Stand t'\
wie sie lediglich der Anschauung entnommen sind, auch nur für endliche
Cnrvenelemente gelten. Eine allgemeine, alle^Fälle umfassende Beantwor-
tung obiger Frage konnte nur dadurch erzielt werden, dass wir, wie es in
den vorhergehenden Paragraphen geschehen, den umgekehrten Weg ein-
schlugen und aus der Beschaffenheit und Bedeutung der mit §r und s in
den Strahlbüscheln und geraden Punktreihen der Ebene perspectivischen
Elemente für die der Curve entsprechende Elementenfolge die Beschaffen-
heit von d^ und s in irgend einer Lage in der Hinsicht , ob sie den Bewe-
gungssinn ändern oder nicht, und die Bedeutung des einen oder des an-
deren für die Gestaltung der Curve in diesem Punkte abzuleiten versuchten.
Auf der beigefügten Figurentafel sind die verschiedenen Formen,
welche das Curvenstück Sf" haben kann und wie sie sich aus der Be-
schreibung in No. 60 ergeben, aufgezeichnet; den daselbst in No. OOa^a^a^
6* etc. beschriebenen Fällen entsprechen resp. die Figuren a\ a\ a', b^ etc.
Z0lUcbrin f. IHälhemätik a. Phyt/Jc. Xnf, 5. »IJÖ»
XL
Ueber Folaitetraeder und die Schnittcorre zweier FUdien
lEweiter Ordnung.
Von
Dr. LÜROTH,
Docent an der Universität Heidelberg.
Bei Gelegenheit vob Vorlesungen über die analytische Geometrie des
Raames warde ich auf eine Lücke aufmerksam , welche unsere ausgezeich-
netsten Lehrbücher über diesen Gegenstand , wie die Werke der Herren
Hesse und Salmon zeigen. Dieser Mangel betrifit die Eigenschaften der
Schnittcurve zweier Flächen zweiter Ordnung und ihren Zusammenhang
mit den algebraischen Eigenschaften der Gleichung vierten Grades von der
die Kdgel abhängen, welche in dem durch jene Raumcurve bestimmten
Flächenbüschel auftreten. Ich habe versucht, diese Lücke auf die unten
angegebene Weise zu ergänzen. Es handelt sich hierbei wesentlich um
die geometrische Bedeutung des Verschwindens von simultanen Invarianten,
die zugleich auf eine eigentliche und eine uneigentliche Fläche zweiter
Ordnung (Kegel, Ebenenpaar) sich beziehen. Ich habe zunächst diese In-
terpretation vorgenommen für zwei allgemeine Flächen zweiter Ordnung,
weil die Methode ganz die gleiche ist, und weil in den oben angeführten
Werken zwar gezeigt ist, dass jene Invarianten verschwinden, wenn gewisse
geometrische Eigenschaften Statt haben, aber der Nachweis fehlt, das auch
das Umgekehrte richtig ist.
§.1.
Die Singularitäten der Schnittcurve zweier Flächen zweiter Ordnung
Ä und /?, deren Gleichungen in homogenen Punktcoordinaten wir schrei-
ben wollen
Ä = Eüiu li Sit = 0,
Ueber Polartetraeder etc. Von Dr. LüBOTH.
405
' ^■^^.^■^ j -^ -/ w* -^ *-"»*- W-*. ^ -
hängen ab von dem Verhalten der Wurzeln einer Gleichung vierten Grades
in Xy welche erhalten wird; wenn man die Hesse'sche Determinante H von
A-^-XB gleich Null setzt. Schreibt man diese Gleichung
so sind, wie bekannt, ^/, 6, <I>, @\ z/' Invarianten und zwar mit Ausnahme
der ersten und letzten simultane Invarianten beider Flächen.
Wir untersuchen jetzt die geometrische Bedeutung des Verschwindens
dieser Invarianten. z/=0 und z/=:0 stellen, wie bekannt, die Bedingungen
dar dafür, dass die Flächen A und B Kegel sind.
Um die Bedeutung der übrigen zu erkennen , beniitzen wir ein Polar-
tetraeder der Fläche A, Wir bemerken zu dem Zwecke, dass sich, wie
auch die Fläche A beschaffen sein mag, stets vier nicht in einer Ebene
liegende Funkte angeben lassen, von denen jeder der harmonische Pol der
andern ist. Bezeichnen wir solche vier Punkte mit x^xjy z^w und multipli-
ciren H zweimal mit der Determinante •
/) = 2; + o?! y, Zj w^,
die nach dem eben Bemerkten nicht verschwindet, so erhalten wir mit
Rücksicht auf die zwischen den Coordinaten der vier Punkte bestehenden
Gleichungen und indem wir abkürzende Bezeichungen wie
ZhikXiyk^h{xy)
einführen :
a{xx)'\'\b(xx) kb(xy) kb{xz) kb(xtv)
Xb{yx) a{yy) + Xb{yy) Xb(yz) Xb^yw)
Xb{zx) ^^C^y) a{zz) + Xb{zz) Xb (zw)
Xb{wx) . kbijvy) Xb{wz) a{fvw)+Xb{fVw)
Aus dieser in X identischen Gleichung folgen die Ausdrücke für 4 ß Z>%
6 <P />*, 4 6' />*. Bezeichnen wir der Kürze wegen die Determinante
b{xx) b{xy)
blya:) b(yy)
und die Determinante
b(xx) b(xy) b{xz)
b{yx) blyy) b{yz)
b{zx) b(^zy) b{zz)
und führen für analoge Ausdrücke ähnliche Bezeichnungen ein, so fin-
den wir
. ib(xx) b(uij) b(zz^ b(ww)
^eD^==a(xx)a(yy)a(zz)aiww)\~)-^^ + -^^ (
K J \if!fJ y j K j 1 0(0:0:) a{yy) a{zz) a(wu))
qO , D^ =^ a (x x) a (yy) B {z?v) + a{xx) a{zz) B(yw) + a{xx) a {fvw)B(yz)
+ a(yy)a(zz) B (xTv) + n {yy) a{tvrv) B(xz) + a{zz) a(fvw) B(^xy)
4S^D*=a(^xx)B(yztv) + a(yy) B(xzw)+ a(zz) B{xyw') + a{wrv) B{xyz)
B(^xy) = 0 ist, wie man sofort sieht, die Bedingung, dass die Linie xy
die Fläche B berührt und in ähnlicher Weise sagt B(^xyz) = 0 a\iÄ^ dsÄ^
die Ebene der drei Punkte xyz Tangentonebcne öl^t Y\aODL^ B \%\.,
Z>»^ =
mit B{xy^
mit B (xyz)
406 üeber Polartetraeder und die Schnittcurve zweier Flächen
^.^^^ ^^^^y^. -y- • - - ^ • - >»>■ ^ ^ ^ » ^ r * -,-,^_^
§.2.
Wir nehmen nun zuerst an, A sei eine allgemeine Fläche zwei-
ter Ordnung. Man kann dann, wie man geometrisch leicht einsieht, un-
endlich viele Polartetraeder von Ä so construiren , dass drei ihrer Ecken
auf einer gegebenen Fläche zweiter Ordnung B liegen. Sind dies etwa die
Ecken xyz^ so reducirt sich 6 = 0 auf
h{mw) =0
und sagt also aus, dass auch die durch jene drei bestimmte vierte Ecke auf
B liegen muss.
6 = 0 ist also nothwendige und hinreichende Bedin-
gung dafür, dass Polartetraeder von ^existiren, deren
Ecken auf B liegen.
& verschwindet, wenn es ein Polartetraeder von A giebt, dessen Seiten
die Fläche B berühren. Da na|^ stets solche constrnirt werden können,
die drei Tangentenebenen von B zu Seiten haben, so erkennt man wie
vorhin, dass,
wenn die Seiten eines Polartetraeders von Ä die
Fläche ^ her ühren sollen, es nothwendig und hinrei-
chend ist, wenn 0' verschwindet.
Was nun endlich Q> betrifft, so verschwindet es, wenn man ein Polar-
tetraeder von A angeben kann, dessen Kanten B berühren. Es lässt sich
nun stets ein Polartetraeder so constrairen, dass fünf seiner Kanten Tan-
genten von B sind. Man kann dies folgendermassen zeigen. Nehmen wir
irgend einen Punkt a an und schneiden mit seiner Polarebene in Bezug auf
A die Flächen B^ A und den von a an 5 gelegten Tangentenkegel. Die
Schnittcurven mögen sein resp. ^, Ä ^ B'\ Wenn wir nun in besagter Ebene
ein Polardreieck von A' beschreiben können, dessen Ecken in B" liegen
und von dem zwei Seiten Tangenten von B' sind, so berühren ausser diesen
offenbar auch noch die Verbindungslinien von a mit den Ecken des Drei-
ecks die Fläche B und somit in der That fünf Kanten eines Polartetraeders.
Man schliesst dann wie früher , dass
die Existenz eines Polartctraeders von ^, dessen Kan-
ten ^berühren, durch die Gleichung <I> = 0 bedingt ist.
Die Forderung, ein Polartetraeder zu beschreiben, von dem fünf Kan.
ten die Fläche B berühren, zieht zwei Bedingungen nach sich : erstens die,
dass B" ein Polardreieck von ^'eingeschrieben werden kann und zweitens,
dass '«in Polardreieck möglich ist, das mit zwei Seiten B' berührt, während
zwei seiner Ecken auf B" liegen. Der Ort des Punktes a ist also eine
Curve. Wenn die Bedingung 0 = 0 erfüllt ist, so wird diese Curve be-
schrieben von den Ecken der Polartetraeder, welche obigem Satze gemäss
construirt sind; ich behalte mir die Untersuchung dieser Curve auf eine
anderp Gelogonbeit vor.
zweiter Ordnung, Von Dr. Lüroth. 407
§.3.
Betrachten wir jetzt den Fall; dass die Fläche i^einXegelist. Es
mnss dann die Spitze des Kegels ein Eckpunkt des Polartetraeders sein und
die drei andern sind nicht mehr vollständig bestimmt, sondern nur die ge-
raden Linien, auf welchen sie beliebig angenommen werden können, so
dass das Polartetraeder zu einem Polartrieder wird.
Legen wir die Ecke w in die Spitze des Kegels, so ist a{ww) = 0 und
die Gleichung ö=0 reducirt sich dann auf 6(ww)=0, d.h. ö=0 zeigt an,
dass die Spitze des Kegels auf B liegt.
Die Gleichungen 0 = 0 und 6' = 0 sind ähnlich wie im vorigen Para-
graphen die Bedingungen dafür, dass resp. die Kanten und Seiten eines
Polartrieders von A die Fläche B berühren. Wenn die beiden Bedingungen
^ = 0 und 6'= 0 zusammen bestehen, so giebt es Polartrieder, welche dem
Tangen ten k egel , den man von der Kegelspitze an B legen kann, einge-
schrieben und andere, welche ihm umschrieben werden können.
Verschwinden aber S und <P zu gleicher Zeit, so ziehe man durch die
Spitze des Kegels A^ die ja dann auf B liegt; eine Tangente an diese
Fl&che und nehme in dieser einen der Punkte xyz, etwa z an.- Dann
liefert <I> = 0 die Gleichung
a (yy) b {wxf -f- a{xx) b {fvyY = 0,
oder
y^iyy) h(tvx) + iya(xx) . 6 (wy) = 0,
die aussagt, dass eine der Linien, die man von w nach den beiden Punkten
X y^(j/y) + iy j/ajxx) ziehen kann, Tangente an B ist. In diesen beiden
Linien wird aber der Kegel A berührt von den Tangentenebenen, die durch
die Linie ;i;z zu legen sind, wie man leicht erkennt. Es fällt also eine dieser
beiden Ebenen zusammen mit der Tangenten ebene von B im Punkte rv. Da-
her der Satz : We nnmit6zugleichcPverschwindet,soistdieSpitze
voUi^einPunktvon B, Der Kegel berührt in diesem Punkte die
Fläche ^, d.h. er wird von ihrer Tangentenebene in zwei zusam-
men fallendenLinien geschnitten. 6 und 6' verschwinden gleichzei-
tig, wenn die Spitze des Kegels auf B liegt und die Seiten eines Polartrieders
die Fläche berühren. Da nun alle Ebenen, welche durch einen Punkt einer
Fläche gehen und diese berühren, sich in den beiden von dem Punkte aus-
gehenden Geraden der Fläche schneiden, so verschwindet & wenn die
Triederseiten durch diese Geraden gehen. Aber auch die Umkehrung ist
richtig. Denn man kann zwei Ebenen, von welchen jede durch eine der
genannten Geraden geht und von denen die eine die Polare der andern
enthält, als zwei Seiten des Polartrieders betrachten. Die dritte Seite ist
dadurch bestimmt und berührt, wie 6'= 0 dann zeigt, ebenfalls die Fläche,
d. h. geht durch eine der Geraden.
Wenn 6, (P und 0' zusammen verschwinden, so liegt die Spitze des Ke-
gels auf B» Nehmen wir die eine der durch sie geiVi^TiÄew ^^x^.^^iü.'s^^B
408 Ueber Polartetraeder und die Schnittcurve zweier Flächen
zur Scbuittlinie zweier der Triederseiten , so sagt 6'=0 aus, dass die dritte
durch die andere Gerade der Fläche geht und (P = 0, dass sie den Kegel
in zwei Linien schneidet, von welchen die eine in der Tangentenebene der
Fläche B liegt y was zusamraengefasst den Satz ergiebt: das Verschwin-
den von 0, <P und S' ist die Bedingung dafür, dass der Kegel
seine Spitze auf der Fläche B hat, sie in diesem Punkte be-
rührt und in einer geraden Linie schneidet.
§•4.
Nimmt man für A ein Ebenenpaar und zwei der Punkte xyzw,
etwa z und w auf der Schnittlinie .der beiden Ebenen , so verschwindet J
und Sf 0 reducirt sich auf a(xx) a(yy) B{zw)^ so dass <P = 0 aussagt,
dass die Schnittlinie des Ebencnpaarcs die Fläche ^berührt.
S' besteht dann nur noch aus zwei Gliedern. Nimmt man nun für die Ebene
yzm eine Tangentenebene von 5, so liefert 0'=O die Gleichung ^(xzip)=0,
d. h. 8' verschwindet, wenn die beiden Ebenen harmonische
Polarebenen der Fläche ß sind.
Wenn nun mit S' zugleich <P = 0 ist, so kann man zunächst bemerken,
dass wegen der letzteren Bedingung der Ausdruck
F(a:z«;) = — { h{xz) }/b(ww) — bixw) j/b (z z) j*
ist. Hiermit erhellt sofort, dass aus 6' = 0 folgt
B [y ya(x x) ± ix j/a {y y) , 2w]=0,
welche Gleichung aussagt, dass eine der beiden Ebenen des Paares die
Fläche J? berührt. ^=0 und ^=:0 zeigt also an, dass eine der
Ebenen des Paares zwei Gerade von ß enthält, durch deren
Schnittpunkt die andere Ebene hindurchgeht.
Wenn nun endlich die Fläche A in zwei zusammenfallende Ebe-
nen ausgeartet ist, so kann man die drei Punkte yzw auf dieser Ebene
und X ganz beliebig ausserhalb annehmen; es verschwinden dann J^ 8, 0
von selbst und &' \\iY(\=a(xx) B{yzw). &=0 ist also die Bedingung,
dass die doppelt zu rechnende Ebene, in welche i< ausgeartet
ist, die Fläche B berührt.
§.5. .
Alle die bis jetzt erlangten Resultate bezogen sich auf den Fall, dass
die Fläche B eine allgemeine Fläche zweiter Ordnung war. Wir müssen
jetzt noch den Fall ins Auge fassen, dass^ selbst eine uneigentliche Fläche
zweiter Ordnung ist.
Es möge zunächst B ein Kegel sein, dann verschwindet J\ Ist nun
A gleichfalls ein Kegel , so verschwindet auch ^ und es bleiben nur noch
die Invarianten <J>, & und S' zu untersuchen.
Die Gleichungen ö = 0 und 0=-O haben die nämlichen Bedeutungen,
}je wir im §. 4 für sie gefunden haben: die erste sagt aus, dass die Spitze
zweiter Ordnung. Von Dr. LÜROTH. 409
des Kegels A auf B liegt, und die zweite, dass man Polartrieder des Kegels
A construiren kann, deren Kanten B berülireu und umgekehrt. Die In-
variante S' hat in Bezug auf die Flächen i?, ^dieselbe Bedeutung, die B in
Bezug auf die Flächen A^ B hat; diese entsteht aus jener durch Ver-
tauschung der a mit den fr; 6 = 0 ist somit die Bedingung dafür, dass die'
Spitze des Kegels B auf A liegt.
Das Zusammenbestehen der Gleichungen 6 = 0 und <P = 0 zeigt, wie
im §. 4, an, dass die Spitze des Kegels A auf B liegt, und dass dieser letz-
tere Kegel vom ersteren berührt wird, während dem gleichzeitigen Ver-
schwinden von S' und <2> der umgekehrte Fall entspricht.
Da beim Verschwinden von S und & jeder der Kegel durch die Spitze
des anderen geht, so ist dies auch die Bedingung, dass sie eine gerade
Linie gemein haben. Wenn dagegen die drei Gleichungen 6=0, <P =^0,
6's=0 zusammenbestehen, so haben die beiden Kegel eine Erzeugende ge-
mein und berühren sich längs derselben.
Ist B ein Kegel, A ein Ebenenpaar, so sind die Invarianten //, ^ und
6 identisch Null. Die Bedeutung von 8' wird nicht geändert und 6=0 zeigt
also an, dass die Spitze des Kegels auf einer der Ebenen des Paares liegt.
Auch 0 = 0 bedeutet, seiner früheren Interpretation conform, dass die
Schnittlinie der beiden Ebenen den Kegel berührt.
Das Zusammenbestehen der Gleichungen 6'=0, 4^ = 0 bedingt somit,
dass die eine Ebene des Paares den Kegel berührt.
Degenerirt endlich A in eine doppelt zu rechnende Ebene, so ver-
schwindet auch noch O identisch, und die einzig Übrigbleibende Invariante
S' zeigt durch ihr Verschwinden an, dass die Spitze des Kegels auf dieser
Ebene liegt.
§.«.
Ist B ein Ebenenpaar, so sind die Bedingungen ^'=0 und 6'= 0 an '
und für sich erfüllt. Wenn nun auch A ein Ebenenpaar ist, so bleibt nur
noch die Invariante O als simultane übrig. Wenn auch diese Invariante
noch verschwindet, so schneiden sich die Schnittlinien der beiden Ebenen-
paare, d. 1). die vier Ebenen beider Paare gehen durch einen Punkt.
Andere als die jetzt absolvirten Fälle brauchen wir nicht zu unter-
suchen, weil entweder sie sich aus diesen durch Vertauschung der Flächen
A und B ergeben oder sämmtlichc Invarianten ver8ch>frinden.
§.7.
Wir wollen jetzt die Invarianten bilden für die beiden Flächen A-^-^nB
undi9. Indem wir die Zeichen z/, 6, O, B\A' in der nämlichen Bedeutung
wie bisher anwenden, woll<*n wir die neuen Invarianten bezeichnend/^ 4.^ ä,
6^-1-^^, ^ u. s. w. Wir finden so n
410 Ueber PoUrtetraeder und die Scbnittcarve zweier Fliehen
p*. * = © +3H«1>+ 3.u'©' + f«»^'
4 <ffi
Mit Hülfe dieser Hesultate ist es nun leicht, die Eigentbümlichkeiten
der Schnittearve zweier Flächend, ^abzuleiten aus den algebraischen Eigen-
schaften der Gleichung des §. 1. Diese Ourve ist ja der Schnitt von irgend
zweien der Flächen des Büschels A + ^tB und also z. B. der Schnitt eines
der vier Kegel mit der Fläche B, Wir wollen uns dieser letzten Anschau-
ungsweise bedienen.
Wenn nun die Gleichung H=zO keine Doppel wurzeln besitzt, so hat
auch die in Rede stehende Schnittcurve keine Singularitäten.
Soll die Gleichung H = 0 eine Doppelwurzel besitzen, so muss für
diese neben B auch noch ——- verschwinden. Bezeichnen wir diese Wur-
dX
zel mit A, so muss also nach den obigen Gleichungen
^^-f i^ = 0, Sj^lB, s = 0
sein. Die erste Gleichung ist erfüllt. Die zweite sagt gemäss den in §. 4
enthaltenen Resultaten aus, dass die Spitze des Kegels, welcher der Dop-
pelwurzel entspricht, auf der Fläche B liegt. Da diese Fläche in der Nähe
eines ihrer Punkte von ihrer Tangentenebene unendlich wenig abweicht,
so hat also die Schnittcurve einen Doppelpunkt, dessen Tangenten
die Schnittlinie des Kegels mit der Tangentenebene der Fläche sind.
Hat aber die ir = Oeine dreifache Wurzel A, so genügt diese
den Gleichungen
Ö^+Z^, ß = Oy OajtXB, ^ = 0.
Der Kegel A-\'XB hat dann seine Spitze auf B und wird von der dort
an B gelegten Tangentenebene in zwei zusammenfallenden Linien geschnit-
ten; d. h. die beiden Tangenten der Curve in diesem Punkte fallen zu-
sammen, die Curve hat einen Rückkehrpunkt.
Wenn endlich die 3 Invarianten
^A+Xß^By ^A-\-Xß,B, S'a^Xb,B
ür einen Werth von X zusammen verschwinden, so hat die Gleichung H=0
vier gleiche Wurzeln. Unsere früheren Resultate zeigen, dass der
Kegel , welcher dieser Wurzel entspricht , die Fläche berührt und in einer
Geraden schneidet. Die Schnittcurve besteht folglich in einer Curve
dritter Ordnung und einer ihrer Tangenten.
Wenn für eine Wurzel von Ä^=Osämmtliche erste Unterdeter-
uiinanten von ^verschwinden, so ist diese Wurzel natürlich Dop-
zweiter Ordnung. Von Dr. LOroth, 4t 1
pelwarzel. Der entsprechende Kegel ist ein EbeDenpaar; dieRaumcnrye
zerfällt in zwei Kegelschnitte.
Verschwinden aber für eine dreifache Wurzel alle ersten
Unterdeterminanten von H^ so ist für diese Wurzel X auch noch
<P^4.1 11,11 = 0.
Nach §. 5 berührt die Schnittlinie des Ebenenpaares die Fläche B*
Die Schnittcurve besteht somit aus zwei sich berührenden
Kegelschnitten.
Ist die Wurzel il, weiche alle ersten Unterdeterminanten
annullirt, vierfache Wurzel von irs=0, so bestehen die beiden
Gleichungen
welche bedingen , dass nicht nur die Schnittlinie der beiden Ebenen, sondern
auch eine der Ebenen selbst die Fläche B berührt. Die Kaumcurve be-
steht aus zwei sich schneidenden Geraden und einem Kegel-
schnitt, der durch ihren Schnittpunkt geht und von der Ebene
der Geraden berührt wird.
Giebt es einen Werth von A, für welchen die zweiten Unterdeter-
minanten von H alle verschwinden, so finden die Gleichungen
Ö^+Xil,il = 0, <P^4.X 11,11 = 0
identisch statt. X ist dann dreifache Wurzel von H=0, Der eine Kegel
degenerirt in eine doppelt zu rechnende Ebene und die Schnittcurve
besteht aus einem doppelt zu rechnenden Kegelschnitt, längs
dessen sich beide Flächen berühren.
Soll eine derartige Wurzel vierfache Wurzel sein, so muss
neben den beiden obigen noch die Gleichung
ö'^-fXn, » = 0
bestehen. Die doppelt zu rechnende Ebene berührt die Fläche und die
Schnittcurve besteht aus zwei sich schneidenden Geraden,
welche doppelt zu rechnen sind.
Wenn aber die Gleichung ^==0 zweimal zwei gleiche Wurzeln
X und X' hat , so finden die Gleichungen statt '
ö^-f i ^, ^ = 0 , S^^ i, Bß = 0]
aas diesen beiden Gleichungen folgt aber, weil
Ö^+Afl, A-hXß =4^^+Z^ =0,
Syi^X'ßyi^Vß = 4 /Ia-{-1'B = 0
ist:
Wie wir in §. 6 gesehen haben, haben also die beiden Kegel, welche zu
den Wurzeln X und A' gehören, eine gerade Linie gemein. Die Schnitt-
curve besteht somit aus einer Curve dritter Ordnung und elw^x
ihrer Sehnen.
412 Ueber Polartetraeder und die Sehnittcurve zweier Flächen
Nan können aber für eine dieser Wurzeln k die ersten Unter
determinanten von /f alle verschwinden. Dann ist Ba-^-Ib.b iden-
tisch Null und es bleibt als Bedingung nur 6^4.^11, b = 0. Wie vorhin hat
man aber auch hier die Gleichung
welche nach §. 6 anzeigt, dass die Spitze des Kegels, der X' entspricht, auf
dem Ebenenpaare liegt. Die Sehnittcurve besteht dann also aus
einem Kegelschnitt und zweien ihn und sich selbst schnei«
denden Geraden.
Wenn endlich für die beiden Wurzeln die ersten Unterdeter-
minanten sich sämmtlich annuUiren, so liegt die Sehnittcurve ganz
auf zwei Ebenenpaaren und besteht folglich aus einem windschiefen
Viereck.
§.8.
Wie sich diese Untersuchungen auf Flächen zweiter Klasse und die
Eigenthümlichkciten der ihnen umschriebenen abwickelbaren Fläche über-
tragen lassen , ist klar.
Betrachten wir nun neben der Sehnittcurve der beiden Flächen zwei-
ter Ordnung A und B^ die wir als allgemeine voraussetzen wollen, die ihnen
umschriebene abwickelbare Fläche. Schreiben wir die Gleichungen dieser
Flächen in Ebenencoordinaten resp.
ZAik UiUk = 0, 2£^ik UiUk = 0 ,
wo Aik und B\k die Unterdeterminanten der Determinanten /i und A' be-
zeichnen , so hängen die Singularitäten der abwickelbaren Fläche ab von
den Wurzeln der Gleichung
H' =
^11 + ^^11 ^12 + ^^12 ^^13 + ^ ^13 ^14 + ^^14
^%\ + ^ ^21 -^22 "H ^ ^22 -^23 "f" ^ ^23 ^^24 "i ^ ^24
^31 + ^ ^31 ^32 + ^ ^32 ^33 + ^ ^33 ^3i + ^ ^34
^41 + ^^41 ^42+^^42 ^43 + ^^43 ^44 + ^^44
= 0.
^an multiplicire diese Gleichung mit den Determinanten /j und zf',
die der Voraussetzung gemäss nicht Null sind; mau erhält dann
Ab^^ + k J'a^^ ^ ^gj, + A ^^'«22 ^ ^23 + ^ ^'^^23 ^ ^24 + ^ '^''24
^ ^31 + A zf «3^ zf 632 -t- A z/ ^32 z^ ^33 + A z/ «3.J A b^^ -f A Ja^
Ab^^ + kJ'n^^ db^^ + kJ'a,, db^^ + kJa,.^ Jb^^ + kzfa
so dass
44
h\j.a'=v.a''h(^-^^.
Wenn also A eine Wurzel der Gleichung /f = 0 ibt, so ist ■; eine
Würze) von B' =0,
zweiter Ordnung. Von Dr. LüROTH. 413
Weil ferner die Unterdeterminanten von E' nach obiger Gleichung
lineare Functionen sind der Unterdeterminanten von H^ so verschwinden
die ersten und zweiten Unterdeterminanten von B' für den Wurzelwerth
, wenn die von H für den Werth iL zu Null werden und umgekehrt.
A ^
Die Singularitäten der Gleichung £r=0 ziehen demnach ganz
entsprechende der Gleichung J7'=0 nach sich; zugleich mit
jedem der in §. 7 aufgezählten Fälle, welche sich auf die
Schnittcurve der beiden Flächen A und B beziehen, findet
ein anderer statt, den man aus ihm durch dualistische Ueber-
tragung erhält und der sich auf die denselben Flächen Ä und
B umschriebene abwickelbare Fläche bezieht.
Heidelberg, im December 1867.
XVII.
üeber magnetische Eemwirkung elektriBcher Ströme
. und Stromringe.
Von
Emil Weyr,
ord. Hörer am polytechnischeu Institut za Prag.
Dieselben Vortheile, welche das Massenpotential bei Betrachtung der
Wechselwirkung materieller Systeme darbietet, ergeben sich bei der Ver-
wendung des magnetischen Potentials für die Untersuchung der Fem-
Wirkungsweise elektrischer Ströme und Stromsjsteme.
Das magnetische Potential ist, wie das Potential der Massen, eine
Function, deren Ableitung nach einer Richtung die Wirkungscomponente
nach dieser Richtung hin angiebt; ausserdem stehen beide, nämlich das
Massenpotential und' das Strompotential, in mannichfachen gegenseitigen
Beziehungen, so z. B. auch in der, dass beide die partielle Differential-
gleichung
zf F = 0
erfüllen.
Das Strompotential wurde bisher gewöhnlich aus dem Massenpotential
abgeleitet, indem man sich dabei auf das Ampcre'sche Theorem von der
Aequivalenz elektrischer Ströme und der von ihnen umgrenzten transversal-
magnetischen Flächen stützte.
Wie ich nun in einem Aufsatze*) gezeigt habe, ist dieses Theorem,
ausser in dem speciellen Falle, wenn sowohl der Strom, als auch die trans-
versal-magnetische Fläche eben ist, nicht giltig, weshalb ich mir im An-
fange dieser Arbeit eine, von der Betrachtung transversal -magnetischer
Flächen unabhängige Entwickelungswcisc des Strompotentials anzugeben
erlaube.
*) Novemberheft der Sitzungsberichte der kaiserlichcu Akademie der Wiasen-
Bchaften in Wien, 1867.
Ueber magnetische Fernwirkung etc. Von Emil Weyr. 415
^^V>.^V-^-w --^^^•^r^.^-»' ^-
Um die Untersuchung so allgemein als möglich führen zu können, war
es nöthig, den Begriff eines Elementarstromes dahin &n erweitern , dass
derselbe nicht eben zu sein brauche, und seine Fernwirkungsweise zu be-
stimmen.
Ich könnte wohl ohne Weiteres von den bekannten Grundgleichungen
für die drei Oomponenten der Femwirkung eines elektrischen Stromes aus-
•
gehen; des Zusammenhanges und der Vollständigkeit wegen möge es mir
jedoch erlaubt sein, dieselben aus dem Gesetze der elektromagnetischen
Action in Kürze abzuleiten.
I.
Ist ds das Bogenelement einer geschlossenen Linie 5, durch welche
ein elektrischer Strom von der Intensität 1 geleitet wird und ^ein Punkt,
in welchem das nordmagnetische Quantum 1 concentrirt ist, so wirkt be-
kanntlich ds auf M mit der Kraft
ds . sind
wobei R die Entfernung des magnetischen Punktes von dem Stromelemente
and 9 den Winkel bedeutet, welchen E mit ds einschliesst.
Die Richtung der Kraft steht senkrecht auf der durch M und ds geleg-
ten Ebene und wird durch die Ampere* sehe Regel näher bestimmt.
Würde die Stromintensität t und die in M vorhandene magnetische
Quantität m sein, so hätte man den obigen Ausdruck noch mit mi zu mul-
tipliciren.
Bezeichnet man die Coordinaten von ds mit o:, y, z , jene von M mit
a, ßy y und die Projectionen von ds auf die drei Axen mit dx^ dy^ dz, so
haben die Richtnngscosinus cosk, cos^ij cosv der Kraft, weil die Richtung
dieser Kraft auf der Ebene von R und ds senkrecht steht, die Werthe :
ro5A = + —
(y-ßyz (z^y\dy
\ R Jds \ R Jds
sm
'0
(z—y\dx /x—ci\dz
, V^ß /rf7""i R Jds
stnu
/.r--a\ (ly __ /y — .g\ dx
\ R Jds \ R J ds
COSV= + . r.
— stfi V
Das obere oder untere Zeichen der Cosinus ist zu nehmen , je nachdem die
Kraft die eine oder die direct entgegengesetzte Richtung besitzt, was wie-
der von der Richtung des die Curve durchfliessenden Stromes abhängt.
Die drei Kraftcomponenten haben dem74tifo\gei 4\e \^ ^x^i\i^ \
4 1 6 Ueber magnetische Pemwirkting
— Ä»
- Ä»
Die Kraftcomponenten des ganzen geschlossenen Stromes sind daher
z=+ A^-«)tfy-(y-/?)rf^^
R=yQr-ay+(y-ßy+iz-yy
wobei man
zu setzen hat.
^ Ist der Strom eben, d. h. liegt er ganz in einer Ebene, nnd bringt man
ihn, ohne seine Ebene umzuwenden, in die A'F- Ebene, so ist dann das
obere Zeichen zu nehmen , wenn eine im Strome schwimmende menschliche
^^igur, gegen die von ihm begrenzte Fläche blickend, die -{-z-Axe zur rech-
ten Hand behält. Ist die Richtung des Stromes die entgegengesetzte , so
gilt das untere Zeichen.
II.
Wenn man auf irgend einer Fläche um einen Punkt herum eine ge
schlosscne Linie von verschwindender Länge beschreibt und sie als die
Leitlinie eines Stromes betrachtet, so nennt man einen solchen Strom einen
Elementarstrom, vorausgesetzt, dass in dem betrachteten Punkte der Fläche
keine Singularität (etwa eine Spitze u. s. w.) vorkommt.
Um für einen solchen die Fernwirkungscomponenten zu bestimmen,
verlegen wir den Coordinatenanfang bei parallel bleibenden Axen in den
angegriffenen Punkt M, Demzufolge erhält man für die drei Componenten :
'^-^J ^ '
-^ , Pz dx — X dz
^=±J R" '
, rxdy—ydx
wobei
ist
elektrischer Ströme nnd Stromringe. Von Emil Weyr. 417
Betrachten wir nan z. B. die Componente Z, so läset sich das Integral
^x dy — y dx
ß
leicht auf folgende Art entwickeln.
Bezeichnet man die a;y-Projection von R mit r und den Winkel, wel-
chen r mit der x-Axe einschliesst, durch (p , so ist :
y
Kp^=zarclang-^-^
X
somit
xdy — y dx=r^ dq>
und folglich das , einem Stromelemente zuj^ehörige
— /r
Legt man durch die Endpunkte dieses Elementes und durch die z-Axe
zwei Ebenen^ so schliessen diese unter einander den Winkel dq> ein und
werden auf der Stromcurve ein zweites Element abschneiden , in welchem t
der Strom die entgegengesetzte Eichtung hat; für welches also dZ negativ
zu nehmen ist, und zwar in der Grösse •
(r + Sry.d^
+ ~(R + 6B)' '
wenn dr und 8ß die diesem Uebergange entsprechenden Zuwächse von r
nnd R sind. Der Theil des Integrales also, welcher von den beiden Ele-
menten herrührt, welche durch die zwei die z-Axe enthaltenden Ebenen
herausgeschnitten werden, ist:
oder wenn man bis auf unendlich kleine Grössen zweiter Ordnung geht:
3r*dR 2rör
Nun ist
R^z=:r^+z\
also
ÖR=^ B •
Sei
die Gleichung der Fläche, auf welcher sich der Elementarstrom befindet,
so ist
Sz=ip.öx + ^.öy,
mit p und y die Ableitungen von z nach x und y \>eze\cJci\i^\..
418 üeber magnetische Ferti Wirkung
. m ^f^ *^ "*
Nun geschieht der Uehergang in einer dnrch die s-Axe gehenden
Ehene, welche mit der x • Axe den Winkel tp einschliesst.
Es mnss also
X
dx = dr.costp = dr. — ,
r
dy = dr .sinw = dr. -^ ,
r
und somit
6r
Sz=: — {px + gy)
T
sein.
Denkt man sich im Punkte (x^ y, z) an die Fläche die Tangentialehene
gelegt und füllt von M auf dieselbe das Perpendikel /, so ist bekanntlich
^^—px — qy + z
folglich
oder, wenn man den Winkel, den / mit der z- Axe bildet, durch v bezeichnet:
i
px + qy = z ,
cosv
daher
r L C05vJ
Setzt man den Werth für 6 z m die Gleichung für 6R^ so erhält man
zi '
ÖR = —
r
/?•-
cosv
R
und somit, wenn man substituirt
— LA' R^cosvJ ^'
daher :
^=±//[i-^J''-^'- •''''•
Da die Ausdehnung eines Elementarstromes unendlich klein ist, so
kann man für .t, y, z die Coordinaten irgend eines Punktes der von dem
Strome umflossenen Fläche setzeo und sie als constant betrachten ; t ist
dann das von M auf die diesem Punkte zugehörige Tangentialebene ge-
fällte Perpendikel und v der Winkel, welchen t mit der z-Axe bildet.
Demzufolge wird:
elektrischer Ströme und Stromringe. Von Gmil Weyr. 4ld
' - - .- ^.
Das Integral
/ i r . 6r . d(p
ist aber nichts Anderes , als die a;y- Projection der von dem Strome um-
flossenen Fläche. Wenn wir also letztere mit f bezeichnen und beachten,
dass sie unendlich klein ist:
I i r . Ör , dip=:fcosv
und folglich
und ebenso
wenn l ond fi die Winkel sind , welche t oder die in o; , y, « aaf die FUcbe
errichtete mit t gleichsinnige Normale mit der x - nnd y - Axe bildet.
Oiebt man dem Coordinatensystem wieder die allgemeine Lage, so wird :
Das Perpendikel / ist bestimmt dnrch die Gleichung
Aus der letzteren ergiebt sich:
da
dt
COSfl=:
Es ist jedoch
dl
cosv=— — .
dy
3 (o:— tt) _ ^ /J^N
*) Dieselben Ausdrücke findet man für einen ebenen Elementarstrom in ähn-
licher WeUe in Karstcn's „Encyclopädie der Physik" XIX. Bd. entwickelt,
pag. 235 nnd 281.
**) Ich glaube diesen allgemeineren Formeln vor den vorhergehenden des-
halb einen Vorzug geben zu müssen, weil ihre Form sie sofort als Differential-
quotienten des Potentiales zu erkennen giebt.
ZviUchriftf. fAuXhemallk o. Phjtik, Xllly5. 7,^
Daraus folgt:
42Ö Ueber magnetische Femwirknng
Man kann also die drei Componenten der magnetischen Fernwirkung eines
Elementarstromes als partielle Abloitangen der Fanction :
— tf
nach den drei Coordinaten a^ ß, y betrachten. Es wird daher diese Fanc-
tion IF das magnetische Potential des Elementarstromes genannt. Diese
Fanction genügt, so wie das Massenpotential der Lapl ace' sehen Differen-
tialgleichung:
wovon man sich dorch wirkliches Differentiiren überzeugt.
Es lässt sich nun sehr leicht nachweisen , dass man einen Elementar-
strom der Wirkung nach durch ein magnetisches Element ersetzen kann.
Denkt man sich nämlich im Punkte (x, y, z) einen Magnetpol von der
Intensität + m und in einem auf der mit t gleichsinnigen Normale im Ab-
stände 6n gelegenen Punkte den gleich intensiven entgegengesetzten Pol,
so bilden beide zusammen ein magnetisches Element mit dem Momente
m . öfi.
Das Potential des ersten Poles ist
nnd jenes des zweiten
±»[i+'(i)]
und somit das Potential des magnetischen Elementes:
+
Nun ist jedoch
+ ■¥■
folglich das Potential des magnetischen Elementes
elektrischer Ströme und Stroniringo. Von Emil Weyr. 4^1
" ^ -- yv^ .^^y
Man siebt, dass dieses identisch wird mit dem des £1ementarstromes
von der Intensität t , wenn
if=m ,ön
wird, d. h. wenn das magnetische Moment des Elementes gleich ist jenem
des Elementarstromes.
Man kann demnach den Elementarstrom durch ein solches Element
ersetzen und umgekehrt.
Wie man sich leicht überzengt, ist hierbei die Lage der Pole des Ele-
mentes eine solche , dass eine im Strome schwimmende menschliche Figur,
gegen das Element blickend , den Nordpol zur Linken hat.
Um das magnetische Feld eines Elementarstromes und des ihm äqui-
valenten magnetischen Elementes zu untersuchen, wollen wir die im Punkte
(x^y^z) an die Fläche gezogene Tangentialebene zur Ebene der xy • und die
Normale zur z-Axe nehmen. Dann wird:
'z = 0,
und folglich das Potential :
^-±ri.
Die Gleichung der Niveauflächen ist:
fr=«= consl.
und für unseren Fall, wenn wir d^ Factor +/* in die Constante hinein-
ziehen,
yc» = (a^ + /3' + y*)i.
Aus dieser Gleichung der Niveauflächen sieht man , dass dieselben
Rotationsflächen sind, deren Axe die Normale ist. Die Gleichung ihres
Meridians ist:
oder , wenn man Polarcoordinaten einfuhrt :
r's=c'5t>ig).
Die Analysis der Gleichung der Niveauflächen lehrt, dass dieselben
durch die Coordinatenebenen symmetrisch getheilt werden, dass alle im
Punkte (ir,y, 2) die xy - Ebene (d. i. die Ebene des Elementarstromes) inflec-
torisch berühren und die z-Axe überdies zweimal unter rechten Winkeln
durchschneiden. Ferner sind alle ähnlich und ähnlich gelegen in Bezug
anf den Punkt {x^y^z) als Aehnlichkeitscentrum. Ganz dasselbe gilt von
den Meridianen der Niveauflächen, den Niveaulinien.
7»^
422 Ueber magnetische Fernwirkung
■ ^^ * • ^ - .*-w^V ^ "N^"
Dieselben bilden Achterlinien , deren Doppelpnnkt der Coordinaten-
'anfacg ist und welche die Z- Aze zur Axe haben. Aus der Gleichung:
ergiebt sich eine sehr einfache Construction für diese Meridiane.
Ist nämlich |0^ die Ebene eines solchen Meridians (siehe d. Taf.),
dessen Parameter c ist, und man will Punkte desselben bestimmen, 80 be-
Bchreibe man aus 0 den Kreis Af mit dem Radius c und über OB=c als
Durchmesser den Kreis IT, Um nun die auf dem Leitstrahle OS liegenden
Punkte des Meridians zu finden, mache man OT-^OS und beschreibe
über M N als Durchmesser einen Kreis, welcher den Strahl OS in P, und P,
schneidet; so sind Pj und P, Punkte des Meridians.
Denn es ist:
ÖPj« = OP^^ ==r^=OM.ON=c.csinq> — c^sin <p.
Da alle Meridiane in Bezug auf 0 ähnlich und ähnlich gelegen sind,
so kann man aus einem Meridiane alle übrigen ableiten.
Weil die Niveaufiächen Rotationstiächen sind, so sind die Kraftlinien
ebene Curven, deren Ebenen durch die :• Axe gehen, und zwar sind sie
deshalb die orthogonalen Trajectorien der Meridiane der Niveauflächen.
Die Gleichung der letzteren war:
daher ihre Differentialgleichung :
2dr — r . coi(p . dq>^iO
und somit die Differentialgleichung der Kraftlinien
dr . coiq> + 2r .d(p =0,
woraus sich durch Integration ergiebt :
r =iC^ cos* (p ,
welches die Gleichung der Kraftlinien ist.
Aus derselben ergiebt sich folgende einfache Construction der Kraft-
linien:
Man beschreibe aus 0 mit Cj als Radius den Kreis K (siehe d. Taf.)
und, um die dem Leitstrahle OS entsprechenden Punkte der Kraftlinie zu
finden, mache man M^O^ und iV, 0, parallel zu Of und Q^P^ und QtPt senk-
recht auf ÖS, so sind P, und P^ zwei Punkte der Kraftlinie.
Denn es ist:
0 Pi = 0 P2=^ r = 0 Q , cos gj = c, cos q> . cos gj = c, cos^ gj.
Für g) =i 0 und q> = n wird :
also sind ^, und B^ auch Punkte der Kraftlinie.
Die Untersuchung der Gleichung der Kraftlinien zeigt, dass alle in
einer und derselben durch die f-Axe gehenden Ebene liegenden Kraft-
elektrischer Ströme und Stromringe. Von Emil Weye. 423
-*-•■••>•.•■ ^•"•-^•-^ *■-- -* . -'^•^^^ •-^.y"»^ -^^
'-^-/"^-■^•^^-^•-^•v-
linien durch 0^ und 0\ symmetrisch getheilt werden und alle in 0 die {;- Axe
inflectorisch berühren und überdies noch zwei Mal die |-Axe unter rechten
Winkeln durchschneiden. Sie bilden ein System von Achterlinien, welche
in 0 ihren Doppelpunkt haben und der^n Axe die |-Axe ist.
III.
Die Resultate, welche sich aus der Betrachtung eines Elementarstro-
mes ergeben, lassen sich sofort auf einen endlichen Strom iS übertragen.
• Legt man nämlich durch S eine Fläche F^ deren einzige Begrenzung
S bildet, und zerlegt man nun F in unendlich kleine Flächenelemente, so
kann man sich jedes derselben von einem mit S gleichgerichteten und gleich
intensiven Strome umflossen denken. Die Gesammtwirknng dieser Ele-
raentarströme ist dann offenbar identisch mit jener des Stromes 5, da sich
die ausserhalb «S liegenden Elcmentarströme ihrer entgegengesetzten Rich-
tung wegen der Wirkung nach aufheben.
Das Potential eines dieser Elementarströme, welcher die Fläche df
nmfliesst, ist nach Früherem:
— dfA
Das Potential des ganzen Stromes S ist also :
'^—df.i
W
-l^'-'^
Das doppelte Zeichen ist zu dem df zu rechnen und richtet sich nach der
Lage von df und der Richtung des df umkreisenden Elementarstromes.
Denkt man sich jeden der Elcmentarströme durch das ihm äquivalente
magnetische Element ersetzt, und rechnet man die Axenrichtung desselben
vom Nordpole nach dem Südpole als positiv, so ist das obere Zeichen dann
zu nehmen , wenn die Axenrichtung des magnetischen Elementes mit jener
von i übereinstimmt, und das untere, wenn diese beiden Richtungen ent-
gegengesetzt sind. Wenn wir also / als positiv oder negativ rechnen , je
nachdem es mit der Axe des betreffenden Elementes dieselbe oder die ent-
gegengesetzte Richtung hat, so kann man
'~ J R'
schreiben.
fF.
Die drei Wirkungscomponenten sind dann:
dff
dfv
^ — a •
424 Ueber magnetische Fernwirkung
Es braucht nicht bemerkt zu werden, dass auch das Potential eines
geschlossenen , endlichen Stromes der Gleichung
gentigen muss.
Dem Integrale
kann man eine bemerkenswertlie Deutung geben.
/
Es ist nämlich -^ der Cosinus des Winkels ö zwischen dem Leitstrahle
R und der in rf/* auf die Fläche errichteten Normale, letztere in der Rich-
tung vom Nord - zum Südpole des äquivalenten magnetischen Elementes
gezählt; somit ist das erwähnte Integral auch gleich
*df. cos 6
s
/?»
Nun ist df ,cos6 die centrale Projection von df auf die mit dem Ka-
dius R aus M beschriebene Kugel, und somit ' — '-^ — die centrale Projec-
tion von df auf die ausM/ mit dem Kadius 1 beschriebene Kugel.
Der Winkel ö ist entweder für alle Punkte der Fläche F spitz oder
überall stumpf. Dies wird dann der Fall sein , wenn sich von M an F kein
Berührungskegel legen lässt, oder wenn der aus M über S construirte Ke-
gel die Fläche F (ausser in S) nicht schneidet.
Dann ist das Integral
^df . cos 6
f
R'
der Flächeninhalt* der centralen Projection von N auf die ans ;V mit dem
Radius 1 beschriebene Kugel.
Es kann aber auch ö theils spitz, theils stumpf sein.
Dies wird dann eintreten, wenn sich von 31 an F ein oder mehrere Be-
rührungskegel legen lassen. Die Bcrührungscurven trennen dann jene
Partien ab, in welchen der Winkel ö ausschliesslich spitz oder stumpf ist.
Wenn man in diesem Falle aus M über iS^ als Leitcurve einen Kegel con-
struirt, so wird dieser die Fläche F (ausser in S noch) schneiden. Offen-
bar werden sich die Glieder des Integrales, welche sich auf die ausserhalb
dieses Kegels liegenden Tlieile von /'erstrecken, tilgen, und es bleibt nur
das Integral über den Theil der Fläche, welcher innerhalb des Kegels liegt.
Dies giebt aber dem Integral
\os6 . df
wieder den Werth des Flächeninhaltes der Centralprojection von S auf die
aus M mit 1 beschriebene Kugel. Nennen wir diese Fläche Fy so hat man:
ß
elektrischer Ströme und Stroraringe. Von Emil WßVB. 4?6
Aus diesem geht sofort klar Jiervor, dass, wenn man das Integral
f
über eine geschlossene Flüche ausdehnt, dasselbe verschwinden müsse.
Da man ferner durch S unendlich viele Flächen legen kann, so lässt
sich IV auf unendlich viele Arten darstellen, und man sieht, dass das über
eine Fläche ausgedehnte Integral
'*df.t
/■
Ä»
nur von der Begrejizung der Fläche abhängt und mit dieser gleichzeitig
verschwindet.
Die Niveauflächen des Stromes S werden durch die Gleichung
fV= consL
eharakterisirt.
Diese Gleichung kann man der angegebenen Auffassnngsweise des
Potentials gemäss folgendermaassen in Worte umsetzen:
Eine Niveaufläche ist jene , von deren jedem Punkte aus man die
Stromcurve denselben Flächeninhalt einschliessen sieht.
Um die Nützlichkeit der angeführten Auffassungsweise des Potentials
an einem Beispiele zu zeigen, soll dasselbe für einen Strom bestimmt wer-
den, dessen Leitlinie irgend ein Kegelschnitt in seiner ganzen Ausdehnung ist.
Um das Potential zu finden, verwenden wir die Gleichung: *
W= + F,
wobei F die Fläche ist, welche die centrale Projection von S auf die aus
M mit dem Radius 1 be8chriebene Kugel einschliesst. Um diese Oentral-
projection zu finden, hat man jeden Punkt des Stromes mit M zu verbinden
und den Schnitt mit der Kugel zu suchen. Die Gesammtheit der Projec-
tiousstrahlon bildet einen Kegel zweiten Grades, dessen Schnitt mit der
Kugel die Centralprojection von iS^ ist. Dieser Schnitt ist nun ein sphäri-
scher Kegelschnitt, und wir haben die Aufgabe aufzulösen: die Fläche zu
finden , welche dieser sphärische Kegelschnitt auf der Kugel begrenzt.
Zu dem Ende denke man sich das Coordinatensystem in eine solche Lage
gebracht, dass die Uauptaxen der Kegelfläche zugleich Coordinaten-
axen werden. Werden die zwei Parameter des Kegels mit k und ft be-
zeichnet, so ist seine Gleichung:
,A'a:»-t-fA*y* — z» = 0,
und die Gleichung der Kugel :
^* + y* + 2' = 1.
Es ist somit die Gleichung der a:y- Projection dos sphärischen Kegelschnittes:
426 Ueber magDetische Femwirkniig
-'* -*■>■ •>-^^^«>^^^« ^ ^ .
folj^lieh die»« f;iue EIIip»e mit den Axen:
.-T^ ond
Werdeo die Winkel, welche die Uaoptöcbnitte des KegeU mit der
; • Aze bilden, mit A ond B bexeicbnet . so hat man:
l = coiA^
liz=coi B,
dflbf^r die Gleichang der ^^-Projection auch:
in^A^sim^B '
HO da««» sinA and sin B die beiden Axen der Ellipse sind.
Heisfft g der Radinsvector in der x^- Ebene ^ so ist das Differential der
KngelflHcbe:
df=^ —- ,
oder, da
sttv
ist, 80 hat man für die Fläche des sphärischen Kegelschnittes:
welches l)op])cIiritt*gral Ubor den ganzen Flachenranm der Ellipse
aiiHKudebnen ist.
Nach Q kann die Integration durchgeführt werden, und zwar hat sie
von 0 bis r zn geHchehen', wenn r der dem Winkel q> zugehörige Radius-
vector der Ellipse ist.
Man erhält deinnaili
'2n In
/'=: /*(! — /l -r*) d(p = 2n- fj/l — r* . dtp.
0* 0
Führt man die excentrische Anomalie u ein, so hat man:
X =^ sin A . cos (o ,
y = 5i>? B . sin CO ,
/sin B\
CD = nrr lang \ 1 . tting cd ,
\sin .4/ *
(leninacli
dtp IT = sind . sin B . -r-,- ^ r-^i » ■ «
sm^ A ros* cq + snr B stn^ m
Mnd
r* - u;' + y* -2 5m« .i . cos* 00 -|- sm' /? . si «' co ,
elektrischer Ströme und Stromringe. Von Emil Weyb. 427
sonach :
2n
e/ strr Ä cor co + sin' B atrr co
0
Wenn man annimmt, dass A der kleinere von den beiden Winkeln A und
B ist, so setze man:
sin^B—sin^A ^
sin^B — sin^A
cot^A
= Ä«.
Nun kann F leicht auf die Form gebracht werden :
n n
2 2
_ 4sinAsinBr 1 r den __ /* rfo ]
"■ ^ cosA Isin^AJ (l+Äsm«a})^(a>.T) J 2f(a>.^)J'
0 0
Oder wenn man, wie üblich, mit //g das vollständige elliptische Integral
dritter Art in der Form von Legendre und mit K das vollständige ellip-
tische Integral erster Art für k als Modulus und h als Parameter bezeichnet:
F= 27S — 4iang A . 5i>f B \-rx-j — ^\
Diese Gleichung ist jedoch nicht mehr giltig, wenn der Punkt M in die
Stromebene hineinfällt, weil dann der Kegel eine Ebene wird. Dieser
Fall lässt sich jedoch unmittelbar sehr einfach erledigen, und zwar kann
zweierlei zutreffen. Entweder fällt der Punkt ausserhalb der vom Strome
umflossenen Fläche, dann ist sofort:
oder aber er fällt innerhalb dieser Fläche; dann ergiebt sich:
F=27t\
denn im ersten Falle schneidet der Kegel die Kngel in einer nicht .ge-
schlossenen Linie und im zweiten Falle^n einem grössten Kreise.
Das Potential ist:
W=: + 2n + UanyA sin B f-/^^- - äI.
Ich lasse nun eine Entwickelung des Potentials resp. der sphärischen
Fläche F nach Kugelfunctionen folgen.
Bezeichnet man die Grösse
sin^A . cos* CD + *«'«* ^ • *«w* o>
mit Zy so ist
2n
F==27i--8inAsmB rdfo.j/l-z
Entwickelt man nun j/l — z nach Potenzen von 5, so findet ma sehr leicht
die Gleichung:
428 Ueber magnetische Femwirkung
'••^•x^^j
somit :
l/l— t = 1 — 2;'! r— 4-7-xl, . 2",
'^ I 2n — l[2"i7(w)p
23r 2]
J z ^ I 2/1 — l[2"i7(ii)]V
Nun ist aber:
r^^ r </a) ___/* rf(2a>)
^ c fc/ si/i*^ CO«* CD + sin^ B sin' co */ «1/1* -:/ + sin* B—cos2<a (sin* B — «fit* j)
2it 2n
= 2.
f/(«>i* Ä + Äiw* ^)* — (sin" B — sf/i* .4)* ««>» -^ «'" ^ '
somit:
ix
F=«f>t^«i>i5 2r— ^- .Al^r. fä(o.z''-K
1 2/1— 1 [2 i7 (/?)!* J
Es ist nun :
n
2« 2
rd(o.z''^^=:4 f(sin' A coi^ o + «'»* ^ • ««* «)"— ' . ^a>,
0 u
oder, wenn man 200=9 setzt, gleicli
— — j / 5IK* ^ + si/i* Z^ — coS q> (siti* B — si/i* A) \ rfqp ;
setzt man jedoch :
sin^ A + sin* B = qx ,
sin* B — sin* A= g yx*^\ ,
so wird :
in
/:"-^/a)=^2 / (^ — l^JC*—\vos(py^^dfp,
0 0
Da jedoch :
- / (j- — yx* — \cu$(py (f(p
die (/i — 1)*® Kugelfiinc-tion für das Argument a: ist, so folgt daraus:
in
Aus den zwei vorhergehenden Gleichuugen ergiebt sich sofort:
5m* A + *'"* ^
2 Sf ;i .4 sin B
^ nj: 2 s//< -'/ sin B ,
elektriBcher Ströme und Stromringe. Von Emil Weyr. 429
somit :
und folglich :
2«
0
/
^^^^{sinAsinBY n{2n) ^(-'^)
2/1-1 [2"i7(«)]* (,) •
Das Potential endlich ergiebt sich aus der Gleichung :
Da ebene Ströme von besonderem Interesse sind, so will ich nun zu der
Betrachtung ihres Potentials im Allgemeinen übergehen.
Legen wir den ebenen geschlossenen Strom so in die orj^- Ebene, dass
eine in ihm schwimmende menschliche Figur, ins Innere der von ihm- um-
flossenen Fläche blickend, die z-Axe zur linken Hand hat und machen die
Annahme, dass seine Leitcurve sich nirgends selbst durchschneide, so
bietet sich zur Bestimmung des Strompotentials W sofort das von der
Stromcurve umflossene Stück der a:^^- Ebene dar.
Wenn wir das Integral
^df.t
f
auf diese Fläche beziehen, so ist für alle Funkte
somit:
ff
f'df
Denkt man sich die Stromcurve S als die Basis eines zur ;-Aze parallelen
Cylinders, so hat das Potential innerhalb desselben eine andere Form als
ausserhalb.
Offenbar wird für alle Punkte, welche innerhalb des C^^linders liegen,
die xy- Projection in den von dem Strome umflossenen Theil der j:y- Ebene
fallen , Wogegen für ausserhalb liegende Punkte diese Projection ausserhalb
der Stromcurve liegt.
Der Kürze halber möge dieser Cylinder der Stromcylin Jer heissen.
Betrachten wir nun den Funkt M^ auf welchen sich das Potential be-
zieht, und legen wir der Einfachheit wegen die z-Axe durch denselben.
Dann wird:
a = 0,
|5 = 0,
folglich :
Ä' = .T« + f/* + /,
oder, wenn wir die a:j/- Projection von R mit q bezeichnen:
Dabei i»t q von der xy- Projection M^ des Punktes M cftt^«.Wc\«
w
4*^0 Ueber magnetische Femwirkang
Heisst ferner q> der Winkel, welchen q mit einer beliebigen durch Jf,
in der a:^^- Ebene gezogenen Axe bildet (gezählt in der angegebenen Strom-
richtung), 80 ist:
dfs=Q . dQ ,dg>j
folglich :
Stellen wir ans nun die Aufgabe , dieses Doppelintegral , welches sicli
auf den vom Strome umflossenen Theil der a:y- Ebene bezieht, in ein ein-
faches zu verwandeln, das sich über die geschlossene Stromcnrve S selbst
erstreckt.
Da hat man nun die zwei Fälle zu unterscheiden, ob nämlich M inner-
halb oder ausserhalb des Stromcylinders liegt.
Liegt erstlich M ausserhalb des Stromcylinders , so liegt Af, ausserhalb
des Stromes 5; dann schneidet jeder durch M^ gezogene Leitstrahl die
Stromcnrve in Punkten von einer geraden Anzahl. Sie mögen i,2,3....2ii
und die ihnen zugehörigen Werthe von ^ r,,r, ....r,„ heissen. Führt man
nun in W die Integration nach q aus, so hat man von r, bis r, , von r, bis
r^ u. s. w. zu integriren und erhält :
V L/r.'+y' /r,»+/ /V+y« /r.»+y' J
Ist nun ds ein Stromelcmeut (in der Stromrichtnng gezählt) and 6 der
Winkel, welchen dasselbe mit seinem Leitstrable r einschliesst (welcher
Winkel alle Werthe von 0 bis 2n annimmt), so hat man:
r . dq> = ds . sinQ
und
ds , sind
r
Man wird einseben, dnss bei der angegebenen Zählung des Winkels (p
in den Punkten 1, 3, 5 . . . die Richtung des wachsenden <p jener des wach-
senden s entgegengesetzt ist, während beide in 2, 4, 6... gleich sind.
Für die ersten Punkte ist
ds sin 6
dm = — ^
r
und für letztere-
ds . sind
dq) = .
Dies berücksichtigt, erhält man für ff^ sofort den Werth:
* ds , sind
/*as,smn
elektrischer Ströme und Stromringe. Von Emil Weyr. 431
wo sich nnn das Integral über die geschlossene Stromcurve zu erstrecken
bat , und r die Entfernung eines Punktes des Stromes von der x y - Projec-
tion A/| des Punktes M bedeutet, auf welchen sich das Potential bezieht.
Bezeichnet man mit p das von Afj auf die Tangente der Stromcurve
gefällte Perpendikel (welches + oder— ist, je nachdem seine Richtung
mit der der äusseren Normale der Stromcurve übereinstimmt oder ihr ent-
gegengesetzt ist) , so ist :
also auch
sin 6 = — ,
r
J rVr' + y'
Liegt zweitens der Punkt M innerhalb des Strorocylinders, also M^
innerhalb 5, so schneidet jeder durch il/, gezogene Leitstrabi die Strom-
curve eine ungerade Anzahl — mal, z. B. in den Punkten 1, 2, 3...(2/i — 1).
Führt man die Integration nach q abermals aus, so hat man von 0 bis
Ti, von r, bis r, u. s. w. zu integriren und erhält:
oder, da die Integration nach 9 in diesem Falle offenbar von 0 bis 2n ge-
schehen muss:
V L/r,' + y* l/r,^+f j/^+y» j/r.^+f J'
oder da hier für die geraden Indices :
• ds , sind
r
and für die ungeraden:
ds . sin d
dq>=^
ist:
/* ds . sin 6
^=:-2« + y / ,
oder :
V r^j/r^ + y'
Wenn wir also das über die ganze Stromcurve ausgedehnte Integral :
ds , p
f
r^j/r''+ y«
mit U bezeichnen, so ist für ausserhalb des Stromcylinders liegende Punkte
W=»yü
432 Ueber magnetische Femwirkang
* 1^-*-*^^^
and för innerhalb liegende Pankie :
Wenn man somit ron Aussen in den Stromcylinder oder nmgekelut
übergeht, so ändert sich der Werth des Potentials nm 2^.
Liegt der Pnnkt M in der Stromebene und zwar ausserhalb S^ so wird:
fr = 0;
liegt er innerhalb S^ so wird:
^=-2«.
Auf der entgegengesetzten Seite der Stromebene ist der Potentialwerth
(weil y ans dem Negativen sich der Null nähert) :
W^'= + 2«.
Beim Durchgang durch die Stromebene innerhalb des Stromes ändert sich
der Potentialwerth um 4;r, ausserhalb des Stromes gar nicht.
Da in der ganzen Stromebene das Potential entweder den Werth 0
oder 2n aufweist, so ist die Stromebene eine Niveaufläche, oder eigentlich
bildet sie zwei Niveauflächen , da dem vom Strome umflossenen Theil ein
anderer Potentialwerth zukommt, als dem äusseren. Und in der That ist
auch in diesen beiden Theilen der Stromebene die Kraftrichtung die ent-
gegengesetzte.
Es mag nun noch der Grenzwerth betrachtet werden , dem sich das
Potential eines ebenen Stromes für sehr grosse Entfernungen nähert.
' Für diesen Fall kann man 7? für alle Punkte der Stromcurve als con-
stant betrachten und erhält:
^■=^'/''^'
oder, wenn mit F die vom Strome umflossene Fläche bezeichnet wird:
— vF
ff = — '-
welches derselbe Ausdruck ist, wie wir ihn für das Potential eines £le-
raentarstromes erhalten haben.
Die Niveauflächen und Kraftlinien nehmen daher für sehr grosse Ent-
fernungen den Charakter der Niveauflächen und Kraftlinien eines Ele-
mentarstromes an.
Unter den ebenen Strömen zeichnet sich seiner praktischen Verwend-
barkeit wegen insbesondere der kreisförmige aus.
Es sollen daher die oben gefundenen allgemeinen Ergebnisse auf einen
solchen angewendet werden.
Um sein Potential für alle Fälle zu bestimmen , hat man blos das Inte-
gral V zu entwickeln.
Damit jedoch die Entwickelung möglichst einfach ausfalle, nehmen
wir den Mittelpunkt des Kreises zum Coordinatenanfangspnnkt und legen
elektrischer Ströme und Stromringe. Von Emil Weyr. 433
*^'-^w--<^^.^-' ^ ^ ." ä' ^ ^ .- . ^ , ' ^ .•- , ^^^^^J^^ ■*./.-. ^^.,-,-^j>--. - ^ ^ ^ ^ ^ -.-' "'■^-^.^■^^^^
(ohne der Allgemeinheit der Untersnchiing zu schaden) die xz- Ebene
durch den Punkt M, auf den sich das Potential bezieht. Dann ist a die
Entfernung des Kreiscentrums von der xy • Projection iKf, des Punktes M.
Heisst a der Radius des Kreises und g) der Winkel, welchen er in
irgend einer Lage mit der negativen x Axc bildet (diesen Winkel in der
Stromrichtung gezählt) , so ist :
p = a'\-acosg>^
r^ = a* -^- a' -^- 2 rt a cos q> ,
somit :
jj^^ r {a + cLCOsq>)dxp -_
Setzt man:
<jp = 2co,
4aa
4aa
SO ergiebt sich nach einer einfachen Umformung sehr leicht:
^^(a+a)* + /L\a + «/ */ (l+//sm'cö) z/(a»A-) J z/(coA')J'
oder:
k:-5^"--')
^ = - , - - -
/(« + «)» + /
Daher das Strompotential :
2y
&."'-'^)
Das doppelte Zeichen von n entspricht den zwei Lagen des Punktes , auf
welchen sich das Potential bezieht, bezüglich des Stromcylinders.
Für Punkte innerhalb desselben ist das untere, für ausserhalb liegende
dagegen das obere Zeichen zu wählen.
Die Wirkungscomponenten würden sich aus W durch Differentiation
nach den Coordinaten ergeben. Da jedoch dieselbe complicirt ausfällt,
scheint es mir entsprechender zu sein , die Componenten aus den für sie
entwickelten Fundamentalgleichungen Seite 416 abzuleiten.
Behält man das eben verwendete Coordinatensystem bei, so lie/ern
die anfangs entwickelten Gleichungen für die drei Componenten die Aus-
drücke :
434 Ueber nuignetiscbe Femwiikiig
'^^^^^^^^^^^^■^^^^^^^^^^^^^^^^■^^^^^^■^^^^^■^^^■^■^^■^^^■^■^^^^^^^^r^^i^^i^^^^tmftmf^it^^
4x
"f^
---p
*— «)^f — f^'
Weno mmo wieder den Wickel ^ einfahrt , so ist :
fol^ieh :
= -arf
cosqt dq^
•
Z^af
{e^+t^+2aacosq>+f)i
Vor allem Anderen sieht man, dass sich die Integration in Fnnmittelbar
durchführen Iftsst nnd
liefert; d. h. die Resultantenrichtang befindet sich in der j:r- Ebene oder
in der durch den afficirtcn Punkt und die Stromaxe gelegten Ebene.
Für die zwei übrigen Componenten erhält man nach ^inführnng des
Winkels m die Ausdrücke :
4ay /»* (2cos^m'-'l)dm
[{a+ay+^]ij ^(«'^) '
0
ff
„^ 4a /»-j a + a(2co5*iö — 1) rfoj
oder endlich:
Liegt der magnetische Punkt in der Stromebene, so wird :
folglich :
elektrischer Ströme und Stromringe. Von Emil Wktr. 435
nnd
4^1 r K—E («-«) Er\
Nun ist hier:
*«= """
(«+«)•
und
woraus sich leicht
ergiebt*).
Liegt der magnetische Punkt in der Stromaxe, so ist:
« = 0,
somit auch :
^ = 0.
Der Werth von X nimmt eine unbestimmte Form an, welche sich je-
doch leicht bestimmen lässt.
Bekanntlich ist:
*=T['+(IP+(hl)W ]
und
-f[-(T)'M.h-:y?- ]•
folglich :
nnd weil
ist, so hat man:
ir=o.
Für Z ergiebt sich der bekannte Werth :
2na*
Z:^
und überdies für y=0;
z='-2.
(l
*) Denselben Ausdrnck findet man im zweiten Hefte de» 14. Thoiles von
Grunert'» Archiv, wo Herr Dr. Haedenkamp die Wirkung linearer elt»ktri-
II eher Ringle, aber nur für den Fall betrachtet, dn»a der maf^netische Punkt iu d^t
Stromebene liege.
Zritschrin f. Maihemzlik u. Phytik. XllI, 5 ^(^
436 lieber roagnetiscbe Fernwirknng
Wir haben zur BestimmuDg des Potentials eines ebenen Stromes (sor
Berechnung des Integrals 1 -^-) den von ihm nmgrenzten Theil der
Stromebene verwendet. Man gelangt za demselben Resultate mit Be*
nntznng irgend einer anderen durch den Strom gelegten Fläche.
Des folgenden Abschnittes wegen will ich jetzt das Potential eines
Kreisstromes mittelst einer durch ihn zur z Achse parallel gelegten Cylinder-
fläche bestimmen. Damit der Kreisstrom die einzige Begrenzung der
Cylinderflächo bilde, mut:s man dieselben nach einer Richtung (wir wollen
die -^-z-Axe wählen) unbegrenzt lassen.
Für eine solche ist mit Beibehaltung des augewendeten Ooordinaten-
Systems und der angegebenen Stronirichtung:
f= — ('/ + «^<>*<p).
Ä* = //• -|- «» -J- 2 a u cos <jn + (c — y )'' ,
somit ist das Potential des Kreisstromes:
11'^ /** /' a{a + acos(r)f1fp dz
J J [«» + a*+2«acü5<jp+(z — y*J]ä
Würde man die Integration nach z ausführen (was unmittelbar ge-
schehen kann) und dann weiter reduciren, so erhielte man dieselbe Form
für W y wie ich sie im Vorhergehenden angab.
Zugleich kommt man auf die doppelte Form des Potentials, entspre-
chend der doppelten Lage des magnetischen Punktes; nämlich innerhalb
und ausserhalb des Stromcylinders.
Für uns ist nur die letztentwickelte Form des Potentials wichtig.
Es lässt sich nämlich , wie sofort erhellen wird , auch schreiben :
doy J /«« + a» + 2aaro5(p + (r — y)*
Hezeiclmet man mit V das Massenpotential des Stromcylinders, so ist
In
y^ /** /* ad(p .dz
0 ü j/^'' + ß' + 2«af0Äqp + (* — y/
und folglich existirt die bemerkenswerthe Relation:
da \ a /
oder :
t
I (t a
. . d V
Dabei ist — die auf die Cylinderaxe senkrechte Kraftcomponente.
elektrischer Ströme und Stromringe. Von Emil Wkyr. 437
IV.
Ich übergehe nan zur Betrachtuug der Fernwirkiingsweise eines ebe-
nen StroniHystems, nämlich des Ringstromes. Man denke sich zwei cou-
centrische Kreise 1 und 2 mit den Radien a, und a^. Die von ihnen gebil-
dete Ringfläche möge so als genchlossener Stromleiter auftreten , dass die
einzelnen Strömungscurven zu 1 und 2 concentrische Kreise sind. Man
stelle sich einen beliebigen Radius der Kreise vor, welcher die Kreise 1
und 2 io den Punkten I und 11 schneiden mag ; dann denke man sicii die
Gerade I II als Ein - und Austrittsstelle für den Ringstrom.
Offenbar werden die einzelnen Elcmentarströme verschiedene Inten-
sitäten besitzen, da sie dem Strome, ihrer verschiedenen Länge wegen,
verschiedene Widerstände entgegensetzen.
Nimmt man als Einheit der Stromstärke jene an, welche auf die
Breiteneinheit bezogen dem Stromkreise vom Radius 1 entspricht, so ist
die Strominteusität des Elementarstromringes von der Breite da und dem
Radius a offenbar — und somit sein Potential :
a
a .
Um das Potential des ganzen Ringstromes zu erhalten, hat man von
a, bis Qf zu integriren; also:
=/'!^-
"t
Führt man statt fV den letztgefundenen Differentialausdruck :
aa\ a /
ein, so erhält man sofort:
wobei nach Früherem V^ und Vf die beiden Masscnpotontialc der beidon
Grcnzstromcylinder sind.
Schreibt man für diese ihre Integralausdrücke , so ist:
Für die beiden Wirknngscoinponcnten hat man:
43S Uebor inagDeti^che Fcmwirkang
•/■^^ •f^-^'m ^-^.'^ ^ ■^^^■^m-
da Ca
.1 — ,
#1, "t
l)ahei i>t also all;;oiu(*in :
f ' a iC afp , dz {a-^-aeoSff)
un<I M-etin man nach r intogrirt:
Nun i>t :
in
/* {a-j-acosq}) (ig> i* (a-^- neos qi) dtp
fi* + «* + 2«arüifg) J €i'''\-a^'{'2aaC0Sfp
0 0
= 2— f /ogf (<?' + er + 2aaco«g?) ^9),
oder:
0
'in 3r,
0 »
Aber boknnntlicli ist:
/"'4' + (t)+Kt)'-''*'^]
ploicli Null oder g]«*iili 2nlog - jr nachdem a l)i*zicliung.s\veise kleiner culer
gröHser ist als a\ f(»]<;licb ist:
in
ü
2;e
gleich Null oder gleich — ; also jedenfalls von a nnabhängig. Wenn man
jedoch die Form von A' hetrachtet, so erscheint sie als eine Differenz, in
deren beiden Theilen dieser nämliche (weil von a unabhängige) Werth 0
oder — vorkommen und sich also wegheben wird.
a
elektrischer Ströme und Stromringo. Von Emil Weyr. 439
Wir können daher, dies bemerkt,
d et /* {ct'\'ncosq>)dq>
setzen.
Dieses Integral geht aber aus dem Seite 429 entwickelten , mit V be-
zeichneten hervor, wf»nn man, den Factor« in — y umwandelnd, a und «
vertauscht.
Dies giebt sonach :
Die A!'-Componente wird nnn durch P]insetzung der Grenzen «, und a, in
den rechter Hand stehenden Ausdruck erhalten.
Besonders erwähnungswerth ist der Fall, wo der Ringstrom ein voller,
d. h. wo «1=0 wird.
Dann wird auch A:*=0 und Ä=0 und folglich in diesem Falle:
d_v,
da — "Zjty
hm . = — ,
«1 aj/a^ + Y*
«
Zur Berechnung der Componente Z hat man allgemein :
^y__ /^ r (z-'Y)dz . dtp
"" 0^ iT [a*+cc'+2aacosq> + {z-Yyy''
und wenn man nach z integrirt:
^7 ___ 1 dq)
^* 0 j/a* + «*+2aa(?0Ä<p+y*'
oder:
dv
dy 4Ä'
Die Componente Z selbst wird erhalten, wenn man rechts für« die Grenzen
(i, und «2 einsetzt.
Insbesondere für eine Stroinscheibe («, = 0) wird, wenn man statt«,
nur a schreibt:
440 Ueb. magn. Fernwirkung elektr. Ströme etc. Von EiiiL Weyr.
Der Fall der Stromschoibe ist deshalb benierkenswertb , weil das Po-
tential derselben, wie man sieb leicht Überzeagt, unstetig ist.
Denn setzt man in den Ausdruck für S a^ = 0 und schreibt a statt 0,,
so ergiebtsich:
oder :
2«
S=- I / -7— - ^ + 2« / -.
Uns Integral:
hat aber, wie man sieht, den Werth x.
Die Componcnteu behalten jedoch, wie gezeigt wurde, für ö|=0 voll-
kommeu bestimmte stetige Werthe.
Prag, im Janunr 1808.
Kleinere Mittheilungen.
XXI Note über die Integ^ration der partiellen Differentialg^leichung:
wo P], P,, — Pn ^u Pni 0 geg^ebene functionen der unabhängigen Va-
riablen X nnd y sind.
1. Wenn gp, , ^, , <P8"-9'n ^ unbekannte Functionen der unabhängigen
Variablen x und y bedeuten, und man setzt
Pi == 9>i + 9>t + Vs + " ' + Vn ^ S„^ 1 = S„_ I, I + <p«
«\ f A = <Pl V<<P8 + 7>i<P«<P4+ = 5«, S = 5^i»-1,3 + <JPfi^ii-l,2
-^n— 1 = 9^1 ^t ••• <r»-l + =^^11-1= ^n— l,i»-l + <Pn^«-l, n- 2
-^n = <3P| 9>i 9>8 • • • <Pn =" ^«, n= <3^n ^n-l, n-l
80 sind gp, , g;,, 98^ •••9'n aIs Wurzeln der algebraischen Gleichung
bestimmt.
Durch Einsetzung der Ausdrücke 2) für die Coefficienten /^, , P,.../\,
in die vorgelegte Differentialgleichung 1) erhftlt man
oder
rf" » d" z d" z
oder endlich
rf"» rf"* (/"» ^«
442 Kleinere MittheilniigeD.
Falls DQo io der Dlfferentialgleicbung 5) ^e Coefficienten 5^.1.1«
•S. - L St -^a - 1. 3 ^u - 1. a - 1 ▼oo eioer solchen Beschaffenheit sind, da»
sie folgende m — 1 Bedingangen :
— 1- <F, = 0
fix fiy
erfiilleu, ao ksuii uiaii o) unter der Form
., rf(>< . dQ,
schreiben , wo
. . . + .V,-i, ,«1 ^^iTTl = Ol- •
Mnn ersiebt biersas, dass, insofern die Bedingungen 6) erfüllt sind,
datf Integral Q^ die Gleicbnng 7) anf eine Differentialgleichnng 8^ snrack-
führt, deren Ordnung um eins kleiner ist, als die der vorgelegten Glei-
chung 1). •
Um die Gleichung 7) zu integriren, bedienen wir uns hier eines von
dem gewöhnlichen etwas abweiclienden Verfahrens, indem wir für y eine
neue unahhHngij^e Variahlo y, einführen, dergestalt, dass y, durch die
Function von x und y bestimmt ist, welche das Integral der Differential-
gleichung
darstellt, wenn dieses Integral unter der Form
geschrieben wird, wo c die willkürliche Constante bedeutet. Es reducirt
sich nämlich die Gleichung 7) auf die Form
wo 0 jetzt eine Function von x und y, ist.
Intejjrirt man diese Gleichung mit Rücksicht auf x, indem //, als con-
stnnt betrachtet wird, und fügt man eine willkürliche Function von y^ hiuzu.
ergiebt sich
WO f die willlküriclie Function bezeichnet.
Kleinere Mittheilunü^en, 443
Die Diflferentialgleiclmng 8) erhHlt also die Form
I^r»--^ (/«->» </»-»»
da aber die Coefficienten in dieser Gleichung dieselben Functionen von
9i 1 ^f •••^»— ii al« ^io Coefficienten in der ursprünglichen Gleichung 4)
oder 1) von g>i,q>t " - q>n sind, und die linke Seite von 0) aus 4) erhalten
werden kann, wenn man n mit w — l vertauscht, so ist klar, dass man auch
im Stande sein rouss, die Gleichung ft) unter der Form
dOt, dO,
dx dy
zu schreiben , wo
rf-^* r/"-2» d»-2.
vorausgesetzt, dass die Bedingungen 6) erfüllt sind, wenn man darin n mit
n — 1 vertauscht, wodurch zugleich die Anzahl der Bedingungsgleichungen
auf n — 2 reducirt wird.
Das Integral Q^ der Gleic|iung 9') wird somit zu einer Differential"
gleichung 10) führen, welche um zwei Ordnungen niedriger ist, als die vor-
gelegte l). Durch eine Ähnliche Betrachtung mit Kücksicht auf die Dif-
ferentialgleichung 10) gelangt man zu einer Gleichung von der Ordnung
n — 3 u. s. w., so dass eine auf diese Weise fortgesetzte Reduction zuletzt
auf die Gleichung ^* • ^* /-»
ax ay
führt, deren Integration die primitive Gleichung
mit ihren zugehörigen w>llkürlichen Functionen giebt.
2. Aus dieser allgemeinen Betrachtung geht also hervor, dass, wenn
die Bedingungen 6) bei der allmMligen Vertauschung der Indices n mit
n — 1 , n — 2 ... 2 erfüllt sind, rann sofort die Gleichungen :
(Ix dy
dQ,, dO,
ZT + ^"-« 7)7 " ^"
dO, dO, ^.
(Ix dij
t/z dz
7" +g>i 7-=- (^i-i
(Ix nij
444 Kleinere MiUbeilungen.
aufschreiben kann. Ans diesen erhält man dann durch wiederholte Inte-
gration die primitive Gleichung
mit ihren zugehörigen willkürlichen Functionen.
3. Die Bedingüngsgleichungen 6) zeigen unmittelbar, dasa sie f&r eon-
stante Werthe der Functionen q>i, ipf»g>m befriedigt sind.
Hat also die vorgelegte Gleichung die Form
wo /i, , a, , a, . . . /i« .1, a« gegebene constante Grössen sind und Q eine be-
liebige Function von x und y, so sind 9>ii 9i • • • 9>n als Wurzeln der alge-
braischen Gleichung
9>"— «1 V""* +«2 V"~^— . . . (— 1)"~* a»_i (p + (— Ij" «• = 0
bestimmt.
In diesem Falle werden die Gleichungen 11) integrabel, und durch
wiederholte Integration gelangt man zu der primitiven Gleichung
zr=f^''^Odx^ + f,{y — q>,x)+f,(y — (pn^iX) + ,.,+fn(y—q>,x),
yfo fif ff . » fn dio " willkürlichen Functionen bezeichnen.
Beispiel:
Hierin sind q>i und tpf durch die quadratische Gleichung
9* — 3^ + 2 = 0
bestimmt.
Diese giebt g?i =2 und 9i = 1 oder umgekehrt, wodurch d/fe Gleich-
ungen 11) in die folgenden übergehen:
d» . dz '
Führt man nun in die erste von diesen anstatt y eine neue, durch die
Gleichung ^i = y — ^ bestimmte unabhängige Variable ein, erhält man
dOt
dx
mithin
Die zweite Gleichung wird folglich
dz , dz , /. / \
J-+2-7- =ary + /^(y — x).
dx dy
Setzt man hierin anstatt y eine neue unabhängige Variabio yj = y — 2x»
findet man
>
Kleinere Mittheilimgcn. 445
dz
1.1 s
wornus man durch Integration erhält
» = J :r« y - 4 jr» + /; (y — a-) + /; (y - 2 a-).
Kopenhagen, 11. Angust 1808. Dr. phil. Camillo Tychsen.
XXn. Zweite Mittheilnng ans Thomson and Tait, A treatise on na-
tural philosophy. Von Dr. \^. Krumme, Oberlehrer an der lieaUchule
zu Duisburg.
Anziehung einer homogenen dünnen Kugel schale auf
ein Element der Schale selbst. Das in P gelegene Element der
Kngelschnl«) (Tafel II, Pig. 1) habe den Inhalt a. Ein Kegel, der P zur
Spitze hat und dessen Oeffnnng co ist, schneidet bei ff aus der Schale ein
Element /T heraus, welches nach dem Früheren
mPff^
cos CffP
zum Inhalt hat. Bezeichnet q die Dichtigkeit der Kugelschale, so ist die
Anziehung des Elementes ff auf P in der Richtung ffP
pCO Pff^ QO flO j
cos C ff P'fff^'^ cos Cff P' ^ ^'
Die Anziehung der ganzen Schale auf P hat aus Gründen der Sym-
metrie die Kichtung PC. Die von ff auf P ausgeübte Anziehung hat nach
der Richtung PC die Componente
(Dpa.
Die Anziehung der ganzen Schale auf das Element ö ist also
p* a£m = 2ffp*tf = A.
Denn Zm bezeichnet die Summe der Elemente einer Kugelfläche vom
Radius 1 und dem Mittelpunkt P, die auf derselben Seite einer in P au die
Kugel gelegten Tangentialebene liegen. JSm ist also 2n.
Die Anziehung derselben Kugelschale auf einen ausserhalb gelegenen,
aber der Oberfläche nahen Punkt von der Masse ga (Masse des Elemen-
tes o) ist nach dem Früheren An(^c^=^A':
Anziehung einer dünnen Kugelschale auf einen Punkt
Py wenn die Dichtigkeit eines jeden Punktes der Schale der
3ten Potenz seiner Entfernung von einem nicht mit dem Mit-
telpunkt zusammenfallenden Punkte S umgekehrt propor-
tional ist. Dieser Fall hat ein hervorragendes Interesse, weil er in eini-
gen der wichtigsten elementaren Probleme aus der Elektricitätslehre seine
Anwendung findet.
(i) P und 5 sind durch die Kugelschale getrennt.
446 Kleinere Mittheilungen.
Der Punkt P kann innerhalb (Taf. II, Fig. l) und ausserhalb (Fig. t)
liegen. Ausdrücke, die sich für beide Figuren verschieden gestalten, sollen
als Marke diejenige Figur erhalten , worauf sie sich beziehen. Der Kngel-
radius werde mit a , der Abstand des Punktes S vom Kugelmittelpunkt mit
f bezeichnet
Man verbinde S mit P und nehme auf SP oder seiner Verlängerung
den Punkt T so , dass
(Fig. 1) SP.ST:=r — a^\ (Fig. 2) SP.TS = a* — f*.
Durch T lege man eine beliebige Gerade , welche die Kugel in K und
K' schneidet, verbinde IC und £' mit S und bezeichne die resp. Schnitt-
punkte mit der Kugeloberfläche mit E und E\
Die ganze Kugelschale werde in Paare von Elementen zerlegt, deren
Umfange auf Kegelflächen liegen, die P zur gemeinschaftlichen Spitze
haben. K und K' seien zwei solche an den Enclpunkten der Sehne KK'
gelegene Elemente; ihr Kegel habe die Oeffnnng o. Die Kegel, welche
entstehen, indem man eine durch S gehende Gerade sich längs des Um-
fangs von IC resp. K' bewegen lässt, mögen aus der Kugelschale die Ele-
mente E resp«^ herausschneiden. Hierdurch zerlegt man die Kugelschale in
Paare von Elementen E und E'] denn man sieht leicht, dass wenn alle Paare
von Elementen AT und K genommen worden sind, die Summe der Elemente
E und E' die ganze Kugelfläche ergiebt und dass kein Element zweimal
vorkommt. Die Anziehung der ganzen Kugelschale auf P ist also die Re-
sultirende der Anziehungen aller Elementenpaare E und E' auf P,
Bezeichnet q die Dichtigkeit im Punkte E und F die Anziehung E auf
Py so ist
Nach dem vorausgesetzten Dichtigkeitsgesetz ist, unter k eine Con-
stante verstanden,
k
Q =
S E
V
Die Gerade SEE hat in den beiden Durchschnittspunkten mit der
Kugel gleiche Neigung gegen dieselbe, also i«t
'^Sk'^' "SE^'^^KK'
und deshalb
k S E^ 2a(oTK*
SW'' ' ST~^ ' ~'A'E^~ _ 2a TE^
- EP' • Ä^r * SE7sk'~Ep' • ^'
In dem grössten Kreise, dessen Ebene ^Ä' aufnimmt, ist
(Fig. 1) SK.SE=-r—a' und (Fig. 2) SA\SE=a^ — f\
Demnach ist Sk\SE=:SP.ST und folglich sind die Dreiecke EST
und 7*6' /s* ähnlich. Hieraus ergiebt sich
Kleinere Mitthciltingcn. 447
TJ^:Sl{ = PE:SP
und
Tk^ 1
SK^.EP^ SP*'
Der Ausdrnck für F geht darch diese Substitution über in
J^ 1
KK'' SE.SP''""'
dem man auch die Form geben kann
(Fig. i)F=l-^.- (^,_;)gp. .SA- und
Gli^icherwpise ergiebt sich für die Anziehung von /t" nnf P
(Fig. 1) /•'= A ^, . ^^ _ ",^ ^ ^. . ÄA- «n.l
(Fig.2)r=i-;^.^-,_^^^..r..
Also F:F'=zS^:SA'\
Es ibt gezeigt worden, dass L TKS=^L EPS\ ganz in derselben Weise
folgt L TK'S=z L E'PS. Zieht man KK"//SK' und K'K"//SK, so it^t
LSKK"=LEPE\
Die Resnitirende von F und /*' muss also gegen diese Einzelkräfte
dieselbe Lage haben, wie Kh' gegen KS und KK". Hieraus ergiebt sich:
Die Resnitirende der von .Eund J?'auf-P ausgeübten An-
ziehungen geht durch S* und hat zu den Einzelkräften i^und F'
dasselbe Verhältniss, wie KK' zu den Seiten KS und K' S des
Dreiecks SKk\
Die Grösse der Resultirenden ist mit Berücksichtigung des letzten
Theiles dieses Satzes:
. KK oder
KK' (/» ~ fl*) S /'• (/ « ~ o») S P«'
(Anmerkung: f*(^>a^ bedeutet Differenz zwischen /"* und «'.)
Die Gesanimtanziehung auf P ist also
X,2a _ A . 4;rrt
. £(0 =:
(/* <^ a*) SP' ' (/-» (^ a»J SP* '
Die Anziehung der ganzen Kugclschale auf P ist demnach dieselbe,
als wenn die Masse — ^ im Punkte S concentrirt wäre.
b) PundiS liegen beide innerhalb oder beide ausserhalb
der Kugelfläche.
44S Kleinere Hittheilangen.
Unter C (Taf. IV, Fig. 7) den Mittelpankt der Kngel Terstanden,
nehme man anf CS oder aeiner Verlingemng einen Pnnkt 5,, so, daas
CS. CS, = fl«.
Verbindet man C mit E^ so folgt ans der Aehnlichkeit der Dreiecke
CES nnd CES^ , dass für jeden Punkt der Kngelfl^che
SE f.
SEf a'
Hieraus folg^ '-^— ,= . Ist q die elektrische Dichtigkeit im
Pnnkt E, so hat man
S,E*
Nach den Ansführnngen unter a) hat also die Anziehung der Kngel-
schale auf P die Richtung 5, P und erfolgt gerade so, als ob die Masüo
l,4;r/i
/•.' '^ «•
im Punkte S^ concentrirt wäre. Setz^ man statt 1, und /*, ihre
Werthe — und — , so hat man für die in S, concentrirt zu denkende Masse
a
i — . 4na
f_ •
Wird eine Kugel so elektrisirt, dass die elektrisch e Dich-
tigkeit jedes Punktes derOber fläche der 3teo Potenz der Ent-
fernung dieses Punktes von einem ihnerhalb der Kugel ge-
legenen Punkte S umgekehrt proportional ist, so zieht sie
,einen äussern Pnnkt so an, als ob ihre ganze Elektricität in
^concentrirt wäre. Die Anziehung auf einen innern Punkt
ist dieselbe, als ob eine im Verhältniösa zu /'grössere Elektri-
citätsmenge in einem Punkte 5, concentrirt wäre, der auf der
Verlängerung von CS liegt und mit 5» durcb die Relation
CS. CS, =a* verbunden ist.
i '
Die Dichtigkeit in E^ Fig. 4, sei wie vorhin -^-^. Betrachten wir
die Elemente E und E\ die aus der Kugelschale durch einen Doppelkegel
herausgeschnitten werden, dcbsen Spitze S und dessen Oefinung co ist, so
hat man für die Inhalte der Elemente E und E bezüglich — — —, —
EE
nnd
EE'
Die beiden Elemente haben die Elektricitätsmenge
k2fici)
12/10} / l , l \_ X2ato
~EE^ ' \SE "'" Slf) "" SE'TSE'
Kleinere Mittheilungen. 449
SE .SE' hat für alle durch S gehende Geraden den constanten Werth
a' — /'. Für die gauze Elektricitätsmenge findet man also den Ausdruck
X ,A nn
Bezeichnet man diesen Ausdruck mit m, so sind nach dem Obigen die
Elektricitätsmengen, die in S oder S, concentrirt gedacht werden müssen,
je nachdem P ausserhalb oder innerhalb der Kugelflh'cbe liegt, bezüglich
m und - m.
f
DnickltblMr im 8iippleaMnth«fte 1S68.
8eite 117 Zeile 15 v. o. liee ^ sUtt ^,
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119
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135
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138
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139
1«
- 8 y. o. ,1 52007 stott 52637 ,
12 V. n. „ /?/r4- sUtt Ge»-^^
16 V. o. „ w+n^ + p/ statt m+ftp+p/,
19 V. a. ,, 07682 sUtt 07681.
XV.
Beitr&ge zur Oeschichte der Fortschritte in der elektrischen
Telegraphie.
Von
Professor Dr. Eduard Zetzsche.
V. Die unterseeisohe Telegraphie.
(Dritte Abtheilang.)
(Hierzu Tafel V, Fig. 38—67.)
Nacb der im vorhergehenden Anfsatze erfolgten Besprechung der
Herstellang; Prüfung und Versenkung der Unterseeleitung wenden wir
uns zur
lU. Benutzung der unterseeischen Leitung zum
Telegraphiren
und haben dabei zunächst das elektrische Verhalten 'unterseeischer Taue
zu betrachten, darauf aber die auf Unterseelinien verwendeten Telegra-
phenapparate.
1. Das olektrUeho Yorlialtoii untorieeUoIior Telegrapliontauo.
Jeder im Wasser oder in feuchter Erde liegende Telegraphen draht
bildet bekanntlich eine Art Lejd euer Flasche und Siemens nannte des-
halb solche Drähte Flaschendrähte; die Isolirschicht des Drahtes ent-
spricht nämlich dem Glas der Flasche, der Leitungsdraht bildet die eine,
die metallene Schutzhülle oder die umgebende Feuchtigkeit dagegen die
andere Belegung. Jede in dem Leitungsdrahte auftretende Elektricität
muss daher vertheilend auf die äussere Hülle wirken, -dadurch aber selbst
gebunden werden und es muss demnach die Fortpflanzung eines elek-
trischen Stroms im Leitungsdrahte wesentlich verlangsamt werden; die
ersteren Erscheinungen bezeichnet man als die Ladungserscheinun-
gen, die letztere nennt man die Verzögerung des Stroms. Schon
im Jahre 1848 wurden diese Erscheinungen von Siemens und Halske
einerseits und von Krame r andererseits bei Anle^tk^ ^^x tsccv\äxnx^\^^^^
ZeiUcbr/A f. Mathemalik und Physik XIV, 6. ^V
45i Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
Leitungen von Berlin nach Frankfurt a. M. und von Berlin nach Köln
beobachtet; Dr. A. Krämer deutete sie zuerst als Ladungserscheinangeu
(Zeitschr.d.Tel.-Ver. i,S.137), Dr. Werner Siemens untersuchte sie weiter
und verötfentlichte einen am 18. Jan. 1850 gehalteneu Vortrag inPoggendorff's
Annalen (Bd. 79 S. 481; Delamarche, Elemente der unterseeischen Te-
legraphie S. 14), und fast gleichzeitig machte Guillemin Mittheilungen
über diesen Gegenstand (PoggendorflTs Annalen, 79 Sv 333). Weitere Un-
tersuchungen von Siemens finden sich in dessen der Pariser Akademie
vorgelegtem und unter demselben Titel 1851 auch besonders erschienenen
Aufsatze: Memoire sur la iclegraphie eleclrique (vgl. Zeitschr. d. Tel.-Ver. 1,
8. 138), in PoggendorfTs Annalen (Bd. 102 S. 66) und in der Zeitschr. d.
Tel.-Ver. (6, S. 97). Da die Ladungserscheinungen seitdem wiederholt
ausführlich besprochen worden sind (vgl. Dub, Anwendung des Elektro-
magnetismus S. 183—191 und S. 233; Schellen, der elektromagnetische
Telegraph, 4. Aufl. S. 244—208; Du Moncelj traue de lelegraphie eleclrique^
S. 55 und 264 — 277), so können wir uns hier auf eine kurze Erwähnung
der für die Einrichtung der 'J'elegraphenapparate wichtigen Erscheinun-
gen beschränken.
Wird ein gut isolirter unterseeischer Leitungsdraht ab an dem
einen Ende h isolirt, an dem andern Ende a mit dem einen Pole P| einer
Batterie verbunden, während der andere Pol P^ mit der Erde verbunden
ist, so durchläuft den Draht ein kurz andauernder Ladungsstrom in
der Richtung von a nach ^; trennt man das Ende a des geladenen Drahtes
ah von dem Batteriepole /*, und verbindet es dafür mit der Erde, so wird
der Draht in der Richtung von b nach a von dem ungefähr gleich starken
Entladungsstrome oder Rückstrome durchlaufen; trennt man da-
gegen das Endo a des geladenen Drahtes ab von dem Pole P, und ver-
bindet dafür das Ende b mit der Erde, so hat der eben so starke Ent-
ladungsstrom jetzt die Richtung von (t nach b. Ist das Ende // vom Anfang
an nicht isolirt, sondern mit der Erde verbunden, so wird der Strom der
bei a eingeschalteten Batterie bei b erst nach der erfolgten Ladung des
Drahtes wahrnehmbar; wird nach der Ladung a isolirt, so tritt der Ent-
ladungsstrom bei b aus.
Die umfassendsten Versuche über die Ladung haben Faraday
(Zeitschr. d. Tel.-Ver. 1, S. 126 und 2, S. 101) und Charles Whcatstonc
(Zeitschr. d. Tel.-Ver. 2, S. 152) angestellt. Prof. Faraday benutzte einen
100 englische Meilen langen Kupferdraht von V„. Zoll Durchmesser mit
einem etwa Vj^ Zoll dicken Guttaperchaüberzug, welcher in 200 unter sich
verbundenen Rollen von je Y^ Meile Länge zu beiden Seiten, eines auf
einem Kanäle schwimmenden Fahrzeugs, in das Wasser eintauchend, auf-
gehängt war; weitere 100 Meilen desselben Drahtes waren auf dem Fuss-
boden eines trockenen Speichers aufgehäuft. Die Batterie enthielt 300
Paaic von Platten zu je 3 und 4 Zoll Länge und Breite. Die Oberfläche
Telegraphie. Von t)r. fiDCABD Zetzsch^. 45S
*'*^^^^^^>*^^^^^^f^^^^^^.^^^^^'^^
des Knpferdrahtes betrug 8300, die der Wasserbeiegang 33000 Qnadratfuss.
Faradaj und Latimer & Clark experimentirten ferner auf 8 unter-
irdischen Leitungen zwischen London und Manchester, in einer Gesammt-
länge von 1500 englischen Meilen. Prof. Wheatstone stellte seine Yer-
sache an dem 110 englischen Meilen langen, für die Mittelmeerlinie Spezzia-
Corsica-Sardinien bestimmten Tau an, dessen 6 Kupferdrähte von V^^ Zoll
Durchmesser je Vi^ Zoll dick mit Guttapercha überzogen waren , während
die Vs '^^ dicke Schutzhülle aus 12 Eisendrähten bestand. .
White house, der Physiker der transatlantischen Compagnie, machte
Versuche mit einem 200 Kilometer langen unterirdischen und einem eben
so langen unterseeischen Drahte und fand bei ersterem eine Verzögerung
von Vs» ^®i letzterem von V4 iS^^^uiidc (Delamarche, Elemente, S. 17).
Bei neueren Versuchen, welche Varley mit einer aus mehreren Wider-
standsrollen gebildeten Leitung anstellte, deren Widerstand dem von
13000 Meilen Kabel gleichkam, zeigte die Magnetnadel des Galvanometers
am Ende der Leitung erst nach 10 Secunden eine merkliche Ablenkung
(Schellen, d. atlant. Kabel S. 133). Varley zeigte an dieser künst-
lichen Leitung durch ein- und auszuschaltende Condensatoren zugleich
den Einfluss der elektrischen Vertheilung auf die Fortpflanzungsgeschwin-
di'gkeit und die Dauer der Entladung gegenüber der einfachen Ladung
und Entladung des Drahtes. Bei Faraday's Versuchen brauchte eine
elektrische Welle zum Durchlaufen der 1500 englische Meilen langen unter-
irdischen Leitung 2 Secunden , während bei einer gleich langen Luftlei-
tung die Zeitdauer des Durchgangs kaum messbar war (Zeitschr. d. Tel.-
Vor. 1, Seite 133). Um. das atlantische Tau zu durchlaufen, brauchte
der Strom 0»31 Secunde. Nach Siemens (Poggendorffs Anualen 102,
Seite 06) steht die elektrostatische Induction und die Verzögerung des
Stroms in Flaschendrähten im Verbal tniss der Quadrate der Drahtlängen.
Wegen der Verzögerung des Stroms kann man auf langen Unter-
seeleitungen nur langsam arbeiten; dagegen kommen die Apparate bei
den Unterseeleitungcn , obgleich deren Leitungsföhigkeit um % geringer
ist, mit schwächeren Batterien in gleich schnellen Gang, wie oberirdische
mit stärkeren, da die im Drahte gebundene Elektricität sich auf der ganzen
Oberfläche vertheilt und demnach nur ein kleiner Theil den Widerstand
des ganzen Drahtes zu Überwinden hat. Sehr störend sind die auftre-
tenden Entladungsströme und deshalb müssen die Apparate den Wirkun-
gen derselben entzogen werden ; das Mitsprechen des eigenen Kelais ist bei
der directen Correspondenz von geringerer Bedeutung und Hesse sich z. B.
bei Anwendung von Inductionsrelais durch entsprechende Schaltung der
Batterien umgehen ^) ; allein der kräftige Kückstrom macht das Relais eine
*) Auf der Cagliari- Malta- Cor fu-Linie wurde das Relais durch einen beson-
deren Umschalter während des Sprechens aus der Leitung ausgeschaltot; blieb dl«
454 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
».*— — -.'--1»-^-^ ^ ^,>^ ^ ^ .
Zeit lang für von der andern Station kommende Telegraphirströme un-
empfindlich. Bei Translation werden die Schwierigkeiten noch grösser.
Matzenauer schlug zur Beseitigung derselben vor, den Tasterhebel
oder den die Translation besorgenden Morse-Schreibhebel während seiner
Bewegung vorübergehend . mit der Erdleitung in Verbindung zu setzen
(Zeitschr. d. Tel.-Ver. 6, S. 95).
Die Grösse der Ladung einer ünterseeleitung kann 30— 40 Mal
so gross sein, als bei einer gleich langen oberirdischen; sie hängt ab
von der Dicke des Leitungsdrahtes und seiner isolirenden Hülle, von
der Natur des Isolationsmittels; sie wächst mit der Stärke der Batterie
und mit der Dauer der Berührung der Leitung und des Batteriepoles,
Bei rasch vorübergehender Berührung ist die Ladung bei Leitungsdrähten
der verschiedensten Art fast immer dieselbe. Gaugain nimmt daher
eine zweifache Ladung an: eine momentane, von der isolirenden
Substanz unabhängige, durch eine Wirkung in die Ferne erzeugte
seitliche Condensation oder Ladung, und eine langsamer erfolgende,
von Atom zu Atom durch die isolirende Substanz fortschreitende, also
durch molekulare Wirkung erzeugte. Beim Telegraphiren dauert die
Berührung so lange, dass letztere auftritt, die Ladung also dem speci-
fischen Yertheilungsvermögen des Isolirmittels proportional ist. Dieses
ist bei Luft = 1, Glas 1,76, Schellack 2, Schwefel 2,24, Kautschuk 2,8, Gutta-
percha 3.8 (Schellen, elektromagn. Tel. 4. Aufl. S. 251). — Die Grösse
der Ladung ist dem Strome proportional, der sich von dem Leitungs-
drahte durch die isolirende Schicht nach der Kabelhülle bewegt. Nach
dem Oh mischen Gesetze hat man für die Ströme cS und ^V, von ;/ und n^
gleichen Elementen bei den Widerständen 7v und w,
da nun der Widerstand des Drahtes und der Batterie gegen den Wider-
stand der isolirenden Hülle (vom specifischen Leitungswiderstand - 1
verschwindet, für letztere aber (d. 2. Abth. S. 17; Pogg. Annalen 102, S. 103)
R
lognat —
T
V=— — —-gefunden wurde, so ergiebt sich
2 TT Af
'''•^'-f '■ y-' R- ji,'
logiial — lüijnaf —
r r,
woraus die Gesetze der Ladung und Entladung*) zu entnehmen sind.
Leitung Cagliari-Malta nach jeder Stromgebnng isolirt (durch Isohition des Riibe-
contacts im Taster), so wurden die Zeichen sehr unregelmässig. De 1 am a rohe,
Elemente, S. 15 und 16.
*) Du Moncel (traiti, S. 272) hebt noch besonders hervor, dass das Lcitiings-
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 455
Ständen bei zwei Tauen von gleichem Isolirmittel (A = A,) die Drahthalb-
messer r and r^«in demselben Verhältnysse, wie die Halbmesser R und B^
der isolirenden Hülle, so würde
d. h. die Ladungen sind bei gleichen Längen / und /^ der Zahl der Ele-
mente oder der Spannung der Batterie, bei einer und derselben Batterie
dagegen der Länge der Taue proportional. — Wäre dagegen n = Mj',
/=/| und A=5Aj, so würde
S : S.r=z lognat — : lognat - .
Tj r
Da die obige allgemeine Formel für S : S, einen unbequemen Werth
für S oder für die Ladung liefert, so hat Wheatstone aus Versuchen
an Unterseetaueu die bequemere Formel
-^Vl
abgeleitet, worin B einen für dasselbe Tau constanten Coefficienten, r den
Halbmesser des Leitungsdrahtes und d die Dicke der Isolirschicht be-
deutet (Schellen, elektromagn. Telegr. 4. Aufl. S. 254). Da nun die
Stromstärke mit dem Quadrate, die Ladung nur mit der Quadratwurzel
des Drahthalbmessers wächst, so ist es wirksamer, den Drahthalbmesser^
als die Dicke der Isolirschicht zu vergrössern; denn diese hat auf die
Stromstärke keinen Einfluss und die Ladung ist nur umgekehrt propor-
tional der Quadratwurzel dieser Dicke. Eisendrähte würden eine weit
dickere Isolirschicht erfordern, wenn bei gleicher Leitungsfähigkeit die
Ladung nicht grösser werden sollte, als bei Kupferdrähten {Du Motte ei,
iraile, S. 276 und 211).
Ist ein Flaschendraht geladen und man lässt seine Entladung durch
eine Tangentenbussole gehen, so wirkt dieser Strom von sehr kurzer
Dauer nach denselben Gesetzen wie ein horizontaler Stoss auf ein ruhen-
des Pendel, d. h. es ist die Kraft dem Sinus des halben Ausschlagswin-
kels er proportional (Pogg. Ann. 34, S. 392); bei zwei verschiedenen Tauen
hal>en wir daher auch:
sin - : stn -: = S : Si = — ^ : — --- \- ,
lognat — lognat —
oder bei w = fij, A = Aj und 7?:Äj = r:rj
vermögen des Metalls keinen Einfluss, Temperatur und Druck nur durch ihre Abr
"l^nderung der Isolation Einfluss auf den Entladungs»trom haben, dass nach Guil-
lemin die Zeit derEntladung eines ungefiihr 100 Lienes langten Drathes etwa 4 mal
so gross int, als die der Ladung, und dass ein isolirter Draht etwa f^oppelt so ntark
geladen wird, als ein zur Erde abgeleiteter; dass endlich die Ladung sehr schwach
ist, wenn die äussere Hülle nicht mit der Erde verbunden \«\..
-156 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
r^^^«^^N^^^^%^^^N^^^^^^^^F^^^^PW^W
bei 1(1 DanieH'schen Elementen
„ 32
„ «4
„128
„ 256
„ 512
l: 1.1=: sin — : sin — ,
d. h. die Länge zweier Stücken desselben Taas verhalten sich wie die
Sinus der halben Ausschlagswiukel , welche hei Entladungen entstehen,
die aus der liadung mittels deraelbon Batterie herrühren.
Wheatstone fand mittels eines Galvanometers mit astatischen, an
einem Cocon faden ohne Torsion aufgehäugten Nadeln bei einem Umwin-
dungsdraht von "233 preuss. Fuss Länge und V40 ^^gl* ^H Durchmesser
in einem Tau von
1 IJoile 8 Meilen 16 Meilen Länge,
d" 2,5« b^
0 5 10
0 10 20
2,5 20 41
5 41 88
10 88 88
Erscheint der Ladiingsstrom nach den Zeiten l und /| an den Enden
der beiden Taustückeu von der Länge / und Z^, so ist:
r* lognat — r^lognat
(Zeitsch. d. Tel.-Ver. 6, S. 98) oder, falls wieder Ä : /?i = r : r, wäre,
/« : /,' = /r«:/^r,«.
Die Ladungszeiten sind also unabhängig von den Batterien.
Bei der Berechnung der Geschwindigkeit, mit welcher telegraphische
Zeichen durch eine Leitung gegeben werden können, ist die von Fara-
day zuerst beobachtete Bildung elektrischer Ladungswellen im
Kabeldraht zu berücksichtigen. Unterbricht man nämlich die Verbindung
des Drahtes mit dem freien Pole der zur Erde abgeleiteten Batterie, so
verbreitet sich die bisher im Drahte angesammelte ruhende Elektricität
über den ganzen Draht und der Strom beginnt im Messinstrumente nach
einiger Zeit. Kehrt man die Batterie um, anstatt sie zu unterbrechen,
BO fliesst die vorhergehende Ladung theils durch das Messinstrument,
theils vereinigt sie sich mit der nachfolgenden entgegengesetzten Elek-
tricität. Bei schnellem Batterieweclisel bilden sich in beliebiger Zahl'^'^)
*) Aus i = -', vgl. 2. Abth. Ö. 18 u. Zeitschr. d. Tel.-Ver. 7, 8.206. —
^r^lloqnal —
r
Pogg. Ann. 102,8. 6Ö ff. — In derdurch die Ladongvei brauchten Zeit liegt eine Ursache,
weshalb die verschiedenen Messungen zur ßestimmuug der Furtpflanzungsgeschwin-
digkeit der Elektricität so sehr von einander abweichende Werthe ergaben.
**) In langen Leitungen, wie die zwischen England und Amerika, konnte man
C Wellen erhalten (IJu Uoncel, trotte, ß. 265).
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 457
'^■^^r ^wr-^-«^-,^^-,^.^^
WelleD, deren jede von der nachfolgenden entgegengesetzten vei*zehrt
wird, sich aber dabei nach dem Ende hin bewegt und bei ausreichender
Kraft das telegraphische Instrument bewegt. Wechseln lange und kurzi^
Strömungen ab, so werden die kurzen Wellen von der vorhergehenden
und folgenden leicht ganz oder über das praktisch zulässige Mass hinaus
verzehrt (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 6, 8. 97),
Die Grösse der Ladung (Elektricitätsmenge) , welche ein Leiter auf
die Längeneinheit mittels eines elektrischen Motors von der Spannung
1 erhält; nennt man seinen Lad nngscoefficienten, seine Induc-
tions- oder elektrostatische Capacität; derselbe ist für das Tele-
graphiren auf weite Entfernungen von grosser Bedeutung. Da die Ströme
S und Sy offenbar den die Leiter von der Länge / und /| durchströmenden
Elektricitätsmengen proportional sind; so erhält man bei den Ladungs-
coefficienten 6' und 6\
sin - : sin -^ = S : 5, = Chi : C* L n.,
2 2 »11
Lässt man anstatt eines einzigen Entladungsstosses mittels eines
Unterbrechungsrades eine Reihe rasch hinter einander folgender Ent-
ladungen durch das Galvanometer (Sinusbussole) gehcU; so nimmt dessen
Nadel während der Ladungen und Entladungen eine feste Ablenkung ß und
ßi an; diese ist abhängig von der den Galvanometerdraht durchströmen-
den Elektricitätsmenge , d. h. von der Zahl m und mj der Ladungen in
1 Minute und der Elektricitätsmenge, welche bei jeder Entladung durch
den Draht geht. Dann wird
sin ß : sin ßi = Cnml : C^ w, w, /, .
Bei Tauen von sehr grosser Länge erfordert die Ladung einige Zeit ;
die vorstehenden Methoden setzen aber voraus, dass für beide Taue die
volle Ladung in nahezu derselben Zeit erreicht werde. Bei nur einige
Fuiss langen Tauen erhält man nur bei ras«*h auf einander folgenden
Ladungen und Entladungen in einer Bussole mit 20000 bis 30000 Um-
windungen eine bemerkbare dauernde Nadelablenkung.
Als Einheit für den Ladungscoefficient wählt man die La-
dung eines Condonsators von 1 Quadratmeter Oberfläche, dessen ebenso
grosse, zur Erde abgeleitete zweite Platte durch eine Luftschicht von
1 Millimeter von der ersten getrennt ist. Danach ist der Ladungscoeffi-
cient eines Taus, dessen 1,5 Millimeter dicker kupferner Leitungsdraht mit
^ner 4 Millimeter dicken Guttaperchaschicht bekleidet ist, etwa 8,6.
Bei oberirdischen Leitungen findet nach Siemens (Pogg. Ann. 102,
S. 108) auch eine Ladung statt, nur ist sie wegen der grösseren Entfer-
nung des Drahtes von der Erde sehr schwach; sie wächst mit der Ober-
fläche und mit der Stärke der Krümmung bei gleicher Oberfläche, aus
dem ersteren überwiegenden Grunde wächst sie mit dem Halbmesser, aus
dem zweiten nimmt sie mit dem Halbmesser ab.
458 Beiträge zur GescLichte der Fortiscbritte in der elektriscben
Ein von einem Strome darchflossener (am Ende nicht isolirter) Leiter
wird wegen der Ladung erst nach einiger Zeit einen dauernden elek-
trischen Zustand annehmen, obgleich die EVektricität fast augenblicklich
am anderen Ende erscheint. Erst wenn der Draht vollständig geladen
ist, geht der Strom regelmässig und in unveränderlicher Stärke durch
den Draht. Die Dauer D des veränderlichen Zustandea ist bei
2 Leitern von gleicher Länge und gleichem Widerstände (oder Leitungs-
föhigkeit) proportional dem elektrischen Vertheilungsvermögen *) oder
dem Lftdungscoefficienten C, Mit der 'Länge / des Leiters wächst nicht
blos die Ladung, sondern auch der von der Elektricität zu durchlaufende
mittlere Weg; daher wächst die Dauer des veränderlichen Zustandea mit
dem Quadrate der Länge. Sie wächst aber endlich auch im geraden
Verhältniss zur Lpitungsfähigkeit oder im umgekehrten zum Widerstände
des Leiters; daher steht sie auch im umgekehrten Verhältnisse zu dem
Querschnitte q des Leiters. Die elektromotorische Kraft der Batterie
ist ohne Einfiuss auf jene Dauer; denn wenn diese Kraft wächst, so
wird zwar die Ladung eine schnellere, aber auch eine grössere und des-
halb eine längere Zeit erfordernde'^'^). Bei den specifischen Leitungsver-
mögen X und A| ist daher
Xq A,5', ' Xq
Bei gewöhnlichen eisernen Telegraphendrähten von 4 Millimeter Durch-
messer und 500 Kilometer (etwa 65 Meilen) Länge, welche mittels der
Isolirhüte auf Tragstangen in der Luft ausgespannt sind, schwankt die
Dauer des veränderlichen Zustandes zwischen 0,014 und 0,022 Secunden,
ist also im Mittel 0,018 Secunden. Bei einem Draht von l Meile Länge,
aber von gleichem Widerstände (/: /i = A^ : A, 9,) wäre demnach diese
Dauer nur 0,018 : 65 = 0,0003 Secunden; bei einem Drahte von der näm-
lichen Beschaffenheit, aber 100 Meilen Länge, würde die Dauer 100*== 10000
so gross sein.
Nehmen wir nun nach der obigen Formel von Wheatstone die
Ladung und damit auch den Ladungscoefficient proportional ]/ r^ so er-
halten wir für den Draht von 4 Millimeter Durchmesser und 500 Kilometer
Länge C = ^2, 5f = 4;r und
1/2 500*
0,018 = ^-^ — . M Secunden
47i;a
*) Nach Gaugain geben Schwefel und Gummilack zwar schnell eine starke
Ladung, die vollständige Ladung wird aber viel später erreicht, als bei Guttapercha
(Du Moncel, iraiti, S. 273).
**j Ueber die von Guillemin aufgestellten Gesetze, vgl. auch Dub, Anw.
d. Klektromagn. S. 235, aus Annales de chim. et de phys, 60, S. 385^ — Eine Ver-
grösserung der Dicke des Leitungsdrahtes wäre also auch aus diesem Gmnde
räthliüh.
Teleguaphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 459
und daraus bei dem Halbjnesser r Millimeter oder r^ prenss. Linien und
der Länge / Kilometer oder Iq preuss. Meilen
^ l/r/* ^ 21/2 /• -^^ 0,915 VOMb /o* «
D^f—^.M^OfilS.-J^ . — =0,018.-^ 7^--i^. Secunden.
Xnr^ ryr 500' r^yr^ ^
Bei / = 000 Kilometer findet man für r= 1,5 Millimeter D = 0,027 und für
r = 2.5 Millimeter D = 0,013 Secunden.
Wie schon erwähnt, ist der Ladungscoefficient bei einem Untersee-
tau 30—40 mal so gross, als bei einer Luftleitung; wäre nun die Leitungs-
föhigkeit des Drahtes dieselbe, wie bei einem 4 Millimeter dicken Eisen-
draht, so wäre die Dauer des veränderlichen Zustandes bei 500 und 2000
Kilometern Länge 30 . 0,018 = 0,54 und 4* . 0^54 = 8,64 Secunden. Bei einem
Unterseetau mit einem 1,5 Millimeter dicken Kupferdraht und einer 4 Milli-
meter dicken Guttaperchalage würde die Dauer des veränderlichen Zu-
standes nahe ebenso gross sein, wenn sie nicht dadurch noch verlängert
würde, dass die Elektricität in die isolirende Schicht eindringt.*)
Bei einem am anderen Ende isolirten Leitungsdrahte erstreckt sich
die Ladung blos auf die Oberfläche und ist in ihrer Grösse durch die
Grösse und Gestalt dieser Oberfläche bedingt; die Ladung ist propor-
tional der Drahtlänge, wenn die Isolation so gut ist, dass in allen Punkten
dieselbe Spannung herrscht; sie wächst mit dem Umfange des Drahtes
und ist proportional der Spannung oder der elektromotorischen Kraft
der Batterie. Die Dauer des veränderlichen Zustandes ist 4 mal so gross
als bei einer zur Erde abgeleiteten Leitung, erfolgt also bei Untersee-
tauen keineswegs augenblicklich und die gesammte Ladung kann deshalb
bei langen Leitungen nicht durch einen Gnlvanometernadelausschlag beim
•ersten Erguss der Elektricität in den Draht gemessen werden, weil dieser
als durch einen momentanen Stoss erzeugt anzusehen ist.
Die Dauer der Entladung eines geladenen Drahtes lässt sich
nicht mit grösserer Genauigkeit angeben, als die der vollendeten Ladung;
die Entladung durch beide zur Erde abgeleitete- Drahtenden erfolgt in
derselben Zeit wie die Ladung; ist aber blos ein Ende abgeleitet, das
andere isolirt, so dauert die Entladung 4 mal so lange, als die Ladung.
Bei Unterseetauen entladet sich die von Elektricität durchdrungene iso-
lirende Schicht theils durch den Leitungsdraht, theils durch die äussere
Schutzhülle, daher bemerkt man bei einem solchen Tau gleich nach er-
folgter Hauptentladung an beiden Enden noch einen schwachen Strom,
der um so länger anhält, je länger die Batterie mit dem Leitungsdrahte
verbunden war, je mehr also die Elektricität in die Isolirschicht eindrin-
*) Varley erhielt bei einem 1500 engl. Meilen langen, mit Guttapercha iso-
lirten Drahte am andern Cnde die grösste Intensität erst nach 7 Secunden, dieselbe
hielt aber auch noch 7 Becunden nach Unterbrechung der Batterie an (Zeitscbr.
d. Tel.-Ver. 1, S. 287). Vgl. auch die Nachträge.
460 Beiträge zur Geücliiclite der Fortschritte in der elektrischen
gen konnte. Dadurch kann hei Untcrseetauen die Ladung und Ent-
ladung um 15 his 20 Minuten verlängert werden'*'). — Aus dem atlan-
tischen Tau von 1866 entwich die von einer schwachen Batterie her-
rührende, also nicht starke Ladung, wenn heide Enden isolirt waren,
so langsam, dass nach 1 Stunde kaum die Hälfte der Elektricität durch
die Guttapercha in's Wasser ühergcgangen war.
Die zur Erzeugung eines Signals erforderliche Zeit, vom
Anlegen der Batterie an dem einen Ende der Linie his. zum Entstehen
des Signals am anderen Ende, ist nicht (wie die Dauer des veränder-
lichen Zustandes) proportional dem Quadrat der Länge; sie wird bedingt
durch den Zeichengeber, die Empfindlichkeit des Empfangsapparates,
Länge und Isolationszustand der Linie, die Batterie. Bei einer 500 Ki-
lometer langen, 4 Millimeter dicken oberirdischen Eisenleitung waren für
den Apparat von Ilughes 0,002 bis 0,003 Secunden erforderlich, und diese
Zeit änderte sich nahezu proportional zu der Länge der Linie; der
Elektromagnet dieses Apparates ist sehr empfindlich, und daher kann
man für einen Zeiger- oder Morse'schen Telegraphen bei 70 — 80 Daniell-
schen Elementen bei 500 Kilometern 0,01 Secunde und bei 1000 Kilometern
0^03 Secunden annehmen. Bei einer unterirdischen oder unterseeischen
Leitung würden bei 500 Kilometern für den Elektromagnet von Hughes
0;09 Secunden , für ein gewöhnliches Heiais ,0^45 Secunden erforderlich
sein. Hughes fand für seinen Apparat bei einem Unterseetau mit 1,6 Milli-
meter dickem Kupferdrahte und einer 2,4 Millimeter dicken Guttapercha-
schicht bei Längen von
121 242 363 484 605 726 Kilometern
0,025 0,045 0,080 0,115 0,140 0,160 Secunden;
Whitehouse 1858 am transatlantischen Kabel mit Kupferlitze von 0,07
Millimeter Durchmesser und 3 Guttaperchalagen von 3,7 Millimeter Ge-
sammtdicke bei einem gewöhnlichen Relais bei Längen von
233 398 796 Kilometern
0,14 0,34 0,79 Secunden.
Bei zu kurzer Dauer des Contactes erreicht der Strom nicht seine volle
Intensität und kann deshalb möglicher Weise gar kein Zeichen hervor-
bringen, um so mehr als er hierzu mit der nöthigen Intensität eine hin-
reichend lange Zeit wirken muss; während der Entladung^strom einer Ley-
dener Flasche, selbst von sehr grosser Intensität^ die Magnetnadel nicht ab-
lenkt, thut dies ein viel schwächerer Strom von einiger Dauer. Die Dauer des
Contactes kann indess stets kleiner sein, als die zur Erzeugung eines Sig-
nals erforderliche Zeit; sie beträgt bei einer gewöhnlichen, 500 Kilometer
langen^ oberirdischen Leitung für den Elektromagnet von Ilughes 0,003,
fUr einen gewöhnlichen Elektromagnet 0,01 Secunden. Bei einem Unter-
*) Auf der Linie Luudou- Amsterdam dauerte die Entladung etwa '/j^ Seconde.
Tclegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 461
aeetau von 726 Kilometern fand HngheB bei seinem Elektromagnet nur
einen Contact von 0,021 Secnnden erforderlich, während das Zeichen erst
nach 0,160 Secnnden erschien. Bei einem gewöhnlichen Relais mnss auf
einer Unterseelinie zur Erzeugung eines vollen Ankeranzugs der Contact
0,10 bis 0,15 Secnnden dauern ; für ein Galvanometer etwa 0,3 Secnnden.
Die Geschwindigkeit der Aufeinanderfolge der telegra-
phischen Signale ist wesentlich durch die Dauer der Ladung und
Entladung bedingt. Bei zu raschem Schliessen und Oeffnen der Batterie
▼erschwindet der Strom im Empfangsapparate nicht ganz, sondern seine
Intensität nimmt nur abwechselnd zu und ab. Ein Elektromagnetanker
wird in dem Momente angezogen, wo der Strom ausreichend stark ist,
and wieder losgelassen, sobald die Stromstärke so weit herabgesunken
ist, dass die ihr entsprechende Magnetisirung nicht mehr ausreicht, den
Anker angezogen zu erhalten; je näher sich diese beiden Stromstärken
liegen, desto rascher können (abgesehen von der Zeichendaucr) die Zei-
chen auf einander folgen. Die Empfindlichkeit des Empfangsapparates
dagegen hat auf diese Geschwindigkeit keinen Einfluss. Beim Elektro-
magnet von Hughes wird der Anker mechanisch gegen die permanent
magnetischen Pule angelegt und fällt daun ab, wenn der Strom diesen
permanenten Magnetismus schwächt; daher hängt bei ihm die Geschwin-
digkeit des Telcgraphirens vorwiegend von der Geschwindigkeit jener
mechanischen Bewegung ab. Bei länger dauernden Zeichen, z. B. Morse-
Strichen, wird die Ladung stärker, die Entladung dauert länger und man
muss langsamer sprechen. Die Entladung kann man beschleunigen durch
Anlegen einer Erdleitung nach jedem Strom (wie es beim Morse-Taster
geschieht); durch Nebenschliessungen zur Ei Jo von hinreichend grossem
Widerstände (doch sind dabei Anlässe zu Störungen, namentlich zu Po-
larisation zu vermeiden); durch Anwendung von Inductions- und mag-
netoelektrischen Strömen*), welche wegen ihrer grösseren Spannung
die zur Zeichen gebung nöthige Stärke schneller erreichen ; durch
Ströme von wechselnder Richtung**), indem man z. B. zum Zeichen-
geben positive Ströme benutzt, zwischen je 2 positiven Strömen aber
einen negativen zur t heilweisen Entladung in die Linie sendet, wes-
halb auch dieser negative kürzere Dauer haben oder von einer scl^wächeren
Batterie herrühren muss.
Bonelli berichtet, dass auf dem Cagliari- Malta -Tau mit etwa
2 Millimeter dicker Drahtlitze aus 7 Drähten und 2 Millimeter dicker
*) Doch dürfen diüse (ebenso auch die g^alvanischen) nicht so stark ieia, dass
sie die Quttapercbahiille gefährden.
**) Die Zeichen abwechselnd durch einen po^itivun und negativen Strom her-
vorzubringen, ist weniger vortheilhaft , weil dann jeder negative Strom erst die
ganze Ladung des positiven beseitigen und darauf dcu L»^\\.w ü^^^Aan \aÄÄ^ tB»Ä%.
462 Beiträge zar Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
GattaperchahtiUe kaum 75 Signale in 1 Minute gegeben werden konnten,
und dasfl man bei schnellem Spiel beim Morse- Alphabet anstatt Pnnkten
und Strichen nur kurze und lange Striche erhielt, indem auf einander
folgende Punkte zu einem Strich verschwammen oder ganz ausblieben
{ßhaffner^ telegraph manual, S. 509).
2. Bio Apparate fäae Uiiterteeliiiien.
Die auf Unterseelinien zu verwendenden Apparate müssen vor Allem
möglichst empfindlich sein, damit man mit möglichst schwachen Strömen
telegraphiren kann; denn zu starke Ströme gefährden (abgesehen von
der längeren Zeit zur Entladung) erfahrungsgemäss die Guttapercha
theils durch zu grosse Erwärmung, theils durch Durchschlagen der Elek-
tricität, und gerade in der Anwendung von zu starken Strömen in der
bereits mangelhaft gewordenen und mit schwachen Strömen nicht mehr
betriebsfähigen Leitung sucht man die eine Ursache des Misslingens der
atlantischen Elabellegung vom Jahre 1858. Die Einrichtung der Apparate
muss ferner den soeben erörterten Erscheinungcm der Ladung undEnt*
ladnng Rechnung tragen.
Auf den verschiedenen Unterseelinien kamen auch sehr verschiedene
Apparate zur Anwendung. Auf der Linie Oxfordness-Haag wurden vor-
wiegend Doppelnadelapparate, jedoch auch Bain^s elektrochemischer
Schreibapparat verwendet (Zeitschr.d.Tel.-Ver. 1,S.56); auf ersteren waren
die Ladungserscheinungen weit weniger störend, wegen der sich wieder-
holenden Umkehrung der Stromrichtung. Auf derselben Linie benutzte
man auch Morseapparate mit einer von Varley angegebenen Vorrich-
tung, durch welche der Strom bei jeder Bewegung des Tasters umgekehrt
wurde; als Relais diente eine sehr empfindliche Galvanometemadel, welche
aber nicht stumpf gegen einen festen Contact sich anlegte, sondern schief
auf einer Goldfeder hinglitt, damit bei schneller Bewegung nicht etwa
eine dünne Luftschiebt zwischen Nadel und Contact bleiben und die,
Innigkeit der Berührung beeinträchtigen sollte; man telegraphirte bis
25 Worte in 1 Minute (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 1, S. 288; Dingler 's Jour-
nal 134, S. 418). Auch auf den Linien Varna - Sebastopol (?) und Vama-
Constantinopel fanden Morseapparate Verwendung (Zeitschr. d. Tel.-Ver.
2, S. 16^ und 284). Im persischen Golfe nahm Hughes seine Typen-
drucktelegraphen (Zetzsche, Copirtclegraphen, Typendrucktelegraphen
und Doppeltelegraphie, Leipzig 18Ö5, S. Ol) in Gebrauch.
Besondere Verdienste um die Vervollkommnung der Apparate für
unterseeische Linien erwarben sich Siemens & Halske, Varley und
Thomson.
a) Die Apparate von Werner Siemens & Halske.
Das Fortgeben der Telegramme vermittelt der Submarintaster
(Zeitschr. d. Tel.-Ver. 0, S. 100). Während bei dem gewöhnlichen Taster
Telegraphie. Von Dr. EdüABD Zetzsche. 463
Fig. 38 Taf. V die Luftleitung L mit der Axe 1 des Tasterliebels T, das
Relais R mit dem Ruhecontact 2 und der eine Pol der Batterie B mit
dem Arbeitscontact 3, der andere Pol und das Relais aber mit der Erde
E verbunden zu werden pflegt, ist der Marinetaster, um dem Entladungs-
strome den Weg durcb das Relais abzuschneiden, nach der Skizze Fig. 39
eingeschaltet; steht die Leitung L mittels des als beweglich gedachten
Armes a mit 5, in Berührung, so ist das Relais R zum Empfangen ein-
geschaltet; wird L dagegen mit ^2 verbunden, dann ist das Relais aus-
geschaltet, der Taster zum Geben bereit, und sendet in seiner Ruhelage
einen negativen Strom der Gegenbatterie B^^ beim Niederdrücken auf
3 aber einen positiven aus der Arbeitsbatterie B^ in die Leitung;
um endlich bei Herstellung der Verbindung zwischen L und s^ nicht den
letzten Entladungsstrom durch das Relais gehen zu lassen, berührt a auf
seinem Wege nach s^ kurze Zeit den mit der Erde E verbundenen Con-
tact 5,. Der Tasterhebel ist zugleich mit seinen beiden Lagerstündern
um eine verticale Axe drehbar, wird aber durch eine Spiralfeder in sei-
ner Ruhelage erhalten und dabei mit einer Contactschraube gegen einen
mit dem Relais verbundenen Contaet s^ angedrückt; da die Tasteraxe
durch ihren Ständer mit der Luftleitung verbunden ist, so ist das Relais
zum Empfangen eingeschaltet ; in dieser Ruhelage kann aber der Taster-
hebel um seine horizontale Axe nicht niedergedrückt werden, weil sein
Handgriff gerade über einem Anschlage der Grundplatte liegt. Soll der
Taster zum Sprechen eingeschaltet werden, so wird er zuerst um jene
verticale Axe gedreht; dadurch wird einerseits der nach dem Relais
führende Contaet von seiner Contactschraube verlassen und das Relais
ausgeschaltet, andererseits aber durch einen gegen die Ständer isolirten
Knopf eine mit dem Ruhecontact des Tasters verbundene Contactfeder
^2 an ihren nach der Gegenbatterie führenden Contaet angedrückt, diese
Batterie also geschlossen, so lange der Tasterhebel auf dem Ruhecontact
liegt; drückt man dann den Tasterhebel auf den mit der Arbeitsbatterie
verbundenen Arbeitscontact nieder, so wird die Gegenbatterie geöffnet
und dafür die Arbeitsbatterie geschlossen. Wird endlich der Taster um
die verticale Axe in seine anfängliche Lage zurückgeführt, so streift ein
Vorsprung an ihm gegen einen mit der Erde verbundenen Contaet 5,
und entladet die Linie. Die Ruhecontactschraube des Tasters legt sich
nicht unmittelbar auf ihren Contaet, sondern drückt eine ebenfalls mit
dem Tasterständer und so mit der Luftleitung verbundene Feder auf
diesen Contaet nieder.
Das polarisirte Relais (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 6, S. 102) ist sehr
empfindlich. Sein senkrecht 'stehender Elektromagnet hat 2 Schenkel
E nnd E^ (Fig. 40), deren untere Enden durch einen Verbindungsanker
wie gewöhnlich verbunden sind; an diesem Verbindungsanker ist ein
winkelförmig nach oben gebogener Stahl magnet mit seinem Nord^^l n^\-
464 Beiträge zur Geschiebte der Fortschritte In der elektrischen
schraubt, macht also zugleich den Verbindungsanker und die beiden
Eisenkerne des Elektromagnets in ihren oberen Enden nordpolarisch; auf
d^m Südpol S des Stahlmagnetes dagegen ist in einem Lager eine eiserne
Zunge Z so befestigt, dass sie sich zwischen den oberen Elektromagnet-
polen leicht bewegen kann , wobei ihre Bewegung durch 2 Schrauben d
und (i| begrenzt wird, deren eine d den Contact für den Schluss der
Localbatterie bildet. Liegt diese südpolarische Zunge nicht genau zwischen
beiden Polen, so wird sie von dem näheren angezogen. Die posiüren
Telegraphirströme durchlaufen den Elektromagnet so, dass der auf der
Seite von d liegende Pol N der Kerne nordpolarisch, der auf der Seite
von dl liegende Pol iV| aber südpolarisch wird; unter Einwirkung der
Telegraphirströme überwiegt also die Wirkung von N auf die Zunge, bei
der Einwirkung der entladenden Ströme der Gegenbatterie aber die Wir*
kung von iV,. Will man ohne Gegenbatterie arbeiten ^ so muss die Zunge
näher an Ni liegen.
Um den Strom stets in der zur Erzielung der eben geschilderten
Wirkungen nöthigen Kichtung durch das Relais senden zu können, be-
findet sich vor dem Relais ein einfacher Stromwender (Zeitschr. d.
Tel.-Ver. Ö, S. 104), dessen Einrichtung Fig. 41 skizzirt; die Kurbel k
desselben kann durch Einschnappen eines Stiftes in das eine oder das
andere von 2 Löchern in 2 Stellungen festgehalten werden ; in der einen
Stellung verbindet der eine mit der Kurbel verbundene Bietallbügel mit-
tels der aufschleifenden Federn die Klemmen 1 und 2, der andere Bügel
die Klemmen 3 und 4 wie in Fig. 41 ; in der anderen Stellung verbindet
der eine Bügel die Klemmen 1 und 3, der andere die Klemmen 2 und 4
und der Strom durchläuft nun das Relais R in der entgegengesetzten
Richtung.
Der polarisirte Schwarzschreiber (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 6,
S. 160) hat einen eben solchen Elektromagnet, wie das Relais, nur liegen
seine Schenkel horizontal; nur die Pole stehen sammt der Zunge aus
dem das Triebwerk zur Bewegung des Papierstreifens enthaltenden Kasten
hervor; die Zunge ist rückwärts verlängert und hat an ihrem Ende
eine Schneide, welche, wenn der Apparat schreibt, den Papierstreifen an
die von einer täglich frisch anzufeuchtenden Schwärz walze aus mit Farbe ver-
sehene vom Triebwerke umgedrehte Schwärzscheibe andrückt. Der Schwarz-
Schreiber ist mit einer Selbstauslösung des Trieb- oder Laufwerkes versehen;
es sitzt nämlich innerhalb des Kastens unmittelbar neben dem Schreibmag-
net noch ein kleiner Elektromagnet E Fig. 42, welcher mit jenem in dem-
selben Schliessungskreise liegt; so lange der Anker a nicht angezogen
ist, liegt die Feder f am Ankerhebel bremsend mit einem durch das
Laufgewicht p regulirbarcn Drucke auf der kleinen Elfenbein walze g und
hemmt das Laufwerk; wird a angezogen, so lässt f die Walze g und das
Laufwerk los, zugleich aber stellt sich der seitwärts von p liegende Stiefel
Telegraphie. Von Dr. £düard ZetzscHE. 465
n &eiikreeht, so daBS er mit dem Absätze auf der darunter liegenden, anf
einer Radaze des Triebwerks sitzenden* und sich deshalb mit drehenden
Trommel T so lange tanzt, als telegraphirt wird ; hört das Telegraphircn
aaf, so wird der Stiefel durch die Reibung von der Trommel wieder
seitwärts mitgenommen ; in Folge dessen senkt sich die* Feder f wieder
auf die Walze g und horomt das Laufwerk. Bei den in neuerer Zeit
gebauten Schwarzschreibern läuft die Schwärzscheibe mit ihrem unteren
'J'heile in einem offenen Farbtroge und wird durch den Schreibhebel mit
ihrem oberen Theile gegen den an dieser Stelle über eine scharfe Kaute
lanfeuden Papierstreifen angedrückt; auch ist ihr Rand fein gekerbt, damit
die Schrift deutlicher wird. Der Schwarzschreiber ist so empfindlich, dass
er meist ohne Relais unmittelbar in die Leitung eingeschaltet werden
kann.
Soll der polarisirte Schreibapparat als Translator (Zcitschr. d. Tel.-
VerJ 6, 8. 103) dienen, so wird die Einschaltung nach der Skizze Fig. 43
bewirkt. Bringt ein ans der Leitung Z, eintreffender Strom das Relais
Rf anm Ansprechen, so wird die Localbatterie b geschlossen, der Schreib-
hebel h deiB Schreibapparates legt sich auf den Contact 3 und schliesst
die Arbeitsbatterie ^i, welche ihren Strom in die Leitung L^ sendet, so-
bald der Arm a auf s^ liegt; beim Rückgang des Schreibhebels erfolgt
wieder eine Entladung mittels des Stromes der Gegenbatterie B^, Durch
das Relais B^ kann kein Rückstrom gehen; denn selbst wenn der Arm
a TOB «t auf ^1 zurückgeführt wird, streift er erst ^3 und setzt dabef die
Leitung L^ ableitend mit der Erde E in Verbindung. Das Umschalten
der Kurbel a erfolgt am Schreibapparat nicht durch Menschenhand, son-
dern von selbst, nämlich durch den auf der Axe des Hebels der Selbst-
aoslösupg (Fig. 42) sitzenden Commutatorhebel, indem sich dieser auf
die eine oder die andere zweier Contactschraubcn legt, von denen die
eine mit dem Schreibhcbel , die andere mit dorn Relais in Verbindung
steht; die Entladung (Stellung von a auf s^ aber besorgt der Stiefel n
der Selbstauslösung, welcher vom an der Zehe und hinten am Absätze
isolirt ist, nicht aber in der Mitte der Sohle, so dass er in seiner ruhen-
den oder tanzenden Stellung nicht, wohl aber wenn er seitwärts ab-
gleitet, den Hebel der Auslösung mit der Trommel T und durch eine auf
dieser schleifenden Feder mit der Erde leitend verbindet. — Um bei
Anwendung der Translation die vom Schreibhebcl zu seiner Bewegung
verbrauchte Zeit nicht von der Schlicssungszeit der durch den Schreib-
hebel geschlossenen Batterie in Contact kommen zu lassen, haben Sie-
mens &Ualske dem Schreibhebcl .einen federnden Contact gegeben, so
dass die Contactfeder ihren Contact früher erreicht, als der Schreibhebel
ihn erreichen würde, und auf ihm selbst noch eine Zeit lang liegen
bleibt, wenn der Schreibhebcl schon seinen Rückgang begonnen hat
(vgl. Jahrgang X S. 210 und 348). Auch der Commutatorhebel qv\\>^\\. ^^VJci^
466 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektriachen
Contactfedem. — Die vollständigen Schemata der Einschaltung und Ver-
bindung sämmtlicher Apparate, sowie die verschiedenen Stöpselnngen
sind beschrieben und durch Abbildungen erläutert in der Zeitschrift des
deutsch -österreichischen Telegraphen - Vereins (6, S. 169) und daraus in
Dub; Anwendung des Elektromagnetismus (S. 425), und in Schellen,
der elektromagnetische Telegraph (4. Aufl. S. 490 und 495).
Die Apparate von Siemens &Halske kamen auch auf den anter-
seeischen Linien von Port-Vendres nach Algier und von Malta nach
Alexandrien zur Anwendung.
b) Die Apparate von Cromwell Fleetwood Varlej.
Am 16. Februar 1854 lioss sich Varley 3 zusammen gehörige Apparate
patenfiren (Polytechn. Centralbl. 1855, S. 729 oder Dingler's Journal
136, 8. 262 aus Reperiory of Patent Inventions, April 1855, S. 293): einen
Taster, ein Relais und einen Commutator {srvitch). Der Commn-
tator befindet sich auf der Platte des Tasters und enthält eine auf zwei
Ständern lagernde, mit der Leitung L verbundene Welle, deren Kurbel
in zwei durch die Worte „Abgang" und „Empfang" bezeichnete Lagen
gebracht wird; in der ersteren Lage liegt ein an der Welle befindlicher
Stift h auf einer Feder g, in der anderen Lage ein Stift t auf einer
Feder /; beim Umstellen des Commutators aus der einen in die andere
Lage kommt ein dritter Stift o der Welle mit einer dritten, mit der Erde
verbundenen Feder n in Berührung, wodurch die Leitung L bei jedem
Wechsel entladen wird. Die Axe des Tasterhebels besteht aus zwei gegen
einander isolirten, durch ein scheibenförmiges elfenbeinernes Mittelstäck
mit einander verbundenen Theilen; diese Theile stehen durch 2 Federn
b nnd c , welche zugleich den Tasterhebel in seiner Ruhelage erhalten,
mit den Polen Ü und Z der Telegraphirbatterie in Verbindung; das
elfenbeinerne Mittelstück ist von 2 sich nicht berührenden metallenen
Halbkreisen umgeben, von denen der eine mit dem Tasterhebel und dem
Pol Z, der andere mit dem Pol C verbunden ist. Ist der Taster in sei-
ner Ruhelage, so geht der positive Strom durch ihn in eine mit der
Commutatorfeder g verbundene Feder ^ und wenn der Commutator auf
„Abgang** steht, durch den Stift h in die Leitung Z, nach der anderen
Station, wo der Commutator auf „Empfang*' steht, durch den Stift t nnd
die Feder j nach dem Relais, bewegt aber den Relaishebel so, dass die
Localbatterie nicht geschlossen wird. Drückt man nun den Taster nie-
der, so wird zunächst die Leitung L mittels einer am Taster schleifenden
Feder k (welche also jetzt zugleich mit /"auf demselben Halbkreise auf-
schleifen muss) entladend mit der Erde verbunden, gleich darauf aber
kommt k mit dem anderen Halbkreise in Berührung und bewirkt die üm-
kehrung des Stroms (weil f noch auf dem ersteren Halbkreise schleift),
wodurch das Relais auf der Empfangsstation den Localstrom schliesst.
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 467
^^.^-* ^^^^^ ^■^■^^'^ ^-^.^^^^ *
D«8 Relais (Fig. 44) ist dem Wesen nach ein Galvanometer, dessen Nadel
in Folge einseitigen Uebergewichts sich mit einem an seiner Axe befes-
tigten Arm d gegen eine Feder e anlegt nnd so den Localstrom schliesst;
während jedoch der Taster sich in der Bulielage befindet, durchläuft der
Strom das Eelais so, dass er den Arm d von der Feder e entfernt. Der
Contact am Arm d hat eine Kugelhaube als Oberfläche. Die Kegulirung des
Relais wird durch Vergrösserung oder Verkleinerung des Uebergewichts
in Folge einer grösseren oder kleineren Schrägstellung bewirkt. Der
Empfangsapparat ist ein gewöhnliches Galvanometer.
Die in Fig. 45 abgebildete Einrichtung des Relais für Ströme von
wechselnder Richtung von Varley erwähnt DuMoncel (traile, S. 488).
Der Relaishebel a h liegt innerhalb der Spulen S und schwingt zwischen
den Polen zweier permanenter Magnete 1\ und /\, welche zu ihm pa-
rallel zu beiden Seiten seiner Axe c liegen; an die beiden Arme seines
Qnerhauptes d sind 2 Federn angelölhet, welche die beiden Cotactkugeln
aus Platin tragen ^ nnd mit diesen sich an die Stellschrauben Vi und v,
anlegen können.
Ein noch anderes Relais von Varley, welches für verschiedene
Zwecke dienen kann und einen polarisirten und einen nicht magnetisir-
ten eisernen Hebel .hat, beschreibt Glösener {Iraile des applicalions de
Nieciricile I, S. 215).
Ein anderer Apparat von Varley besteht aus einem eigenthümlichen
Taster, nebst einem Relais (Stvitcfi), Mit diesem Switch steht eine
besondere Switchbattcrie in Verbindung, so dass jede Station 2 Linien-
und 2 Localbatterien und für jede Linie 2 Relais (ein gewöhnliches und
einen Switch) braucht. Beim Niederdrücken des Tasters wird «der Strom
der Linieubatterie nach der anderen Station entsendet und zugleich
einem von der anderen Station kommenden Strome ein anderer Weg als
gewöhnlich durch das Relais eröffnet. Diesen Weg durch den Switch
nämlich verfolgt nach dem Loslassen des Tasters der Rückstrom und der
Strom der Gegenbatterie; er ist jedoch dem Strome nur kurze Zeit ge-
öffnet, nämlich so lange der Rückstrom dauert, damit dieser nicht durch
das Relais gehe; dann wird dieser Weg unterbrochen und der alte durch
das Relais hergestellt. Die Eröffnung des neuen Weges wird durch eine
eigenthümliche Einrichtung des Tasters, dagegen die nicht plötzlich mit
dem Loslasseu des Tasters erfolgende Unterbrechung desselben durch den
Switch bewirkt. Der Taster hat ausser den gewöhnlichen 2 Contact-
kegeln und der Leitung nach der Hebelaxe noch 2 Klemmen, von denen
die eine mit einem dritten Contactständer, die andere mit einer langen
Feder verbunden ist, welche letztere beim Ni»'derdrücken des Taster-
hebeis von diesem auf den dritten Contactständ er aufgedrückt wird und
dadurch die Switchbatterie schliesst; indem nun der Strom dieser Batterie
den Switch - Elektromagnet a (Fig. 40) umkreistund dieser seinen Anker
ZeiUchrm f. Mailiemalik u. J liysik Xlll, ti. ^^
468 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der .elektrischen
anzieht, unterbricht der Ankerhebel e zunächst den Weg über die Stell-
schraube u nach dem Beiais, bringt dafür aber die Feder f mit der Schraube
bei w in Verbindung. Damit nun beim Loslassen des Tasters, wo die Gegen-
batterie in Thätigkeit tritt, nicht auch die Feder /'loslässt, steht der Hebel
e des Switch mit einem kleinen Gewicht, einem Zahnrad und einem Wind-
flügel in Verbindung, wodurch er genöthigt ist, sich nur langsam zu senken
und erst etwa % Secunde nach dem Loslassen des Tasters die Gegen-
batterie zu öffnen und mittels des Contactes u das Kelais wieder einzu-
schalten (Schellen, d. elektrom. Telegraph, 3. Aufl. S. 291). — Deutlicher
lassen sich die Vorgänge an dem Binschaltungsschema Fig. 47 erkennen;
Beim einfachen Telegraphiren ist der Umschalter (/ in 4 und 5 gestöpselt.
Wird der Taster T niedergedrückt, so geht der Strom der Telegraphir-
batterie By^ über 3 und 1 nach 4 und durch L nach der Empfangsstation,
daselbst aber aus L über 4 in ^, l und 2 des ruhenden Tasters T nach dem
Hebel e des Switch S über u durch das Relais i? zur Erde E^ so dass der
Strom der Localbatterie 6| über 5 des Umschalters ü durch den Schreib-
apparat M geht; zugleich ist aber auf der sprechenden Station die Switch-
battcrie h^ geschlossen worden und der Strom derselben geht über p durch
den Taster Tnach q durch den Switchelektromagneten nach r, daher wird
der Switchhebel e der sprechenden Station angezogen ; dadurch der Weg
von 2 in 7 über e und den Contact u nach dem Relais R und zur Erde E
abgebrochen, dafür aber die Feder f an den Contact tr angelegt und der
Weg von e aus Über w und B^ zur Erde E hergestellt; die Gegenbatterie
B^ ist aber noch nicht geschlossen, weil in dem noch niedergedrückten
Taster l und 2 ausser Verbindung sind. Sowie aber der Taster in die
Ruhestellung zurückgelangt ist, sendet die Gegenbatterie B^ ihren Strom
über w, e, 2 und 1 in 7", 4 in Z7 nach L zur Entladung, bis der Switchhebel
sich in seine Ruhelage begiebt , wobei f von w fortgeht und e sich wieder
an u anlegt. — Bei der Translation ist natürlich noch ein zweites eben
so beschaffenes Apparatsystem (nach Befinden jedoch ohne Switch und mit
gewöhnlicliem Taster) vorhanden, etwa rechts von dem in Fig. 47 skizzirten.
Der Umschalter U ist dann in 6 und 7 gestöpselt. Kommt nun in der
einen Apparathälfte ein Strom aus L' durch U' und die Apparate die>ser
Hälfte: -/>/, 2 in T, e und u in S durch ä' zur Erde E, so spricht das Relais
/?' dieser Hälfte an, der Strom der zu Ä' gehörigen in der anderen Apparat-
hälfte stehenden Localbatterie b\ und Switchbatteric b\ wird geschlossen
und läuft von b\ über x durch ä', 7 in U', 5 in \V nach 6',, r\ S' und M\
die beiden letzteren ziehen ihre Anker an, wodurch ^ ausgeschaltet und
zugleich ein Strom nach L weitergegeben wird,
Schellen (d. elektrom. Telegraph, 4. Aufl. S. 512) beschreibt einen
auf der Unterseeleitung London- Amsterdam auf 8 Drähten ohne jede
Schwierigkeit und Störung durch die Rückströme (mit einer Geschwindig-
keit von ungefähr 300 Punkten in l Minute) arbeitenden Kabeltranslator
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzschb. 469
oder Switch ▼on V arley, welcher nur eine Abänderung des polarisirten
Relais ist. In Fig. 43 sind a und a, die Pole des Elektromagnetes, dessen
Drahtenden / und ', sind ; c ist der leichte Hebel, welcher mit seiner Dreh-^
axe auf dem Südpolschenkel des Stahlmagnetes aufsitzt, während der Nord-
polschenkel dieses Stahlmagnetes mit den Kernen des Elektromagnetes
▼erschranbt ist. Im Buhezustande zieht das Polende ^, den Hebel c gegen
die Sehranbe d-, die Contactschraube d^ ist mit dem Zinkpole der Gegen-
oder Zinkbatterie B^ verbunden, während die Arbeits- oder Kupferbatterie
B^ mit dem Kupferpole nach dem Taster geführt ist. Die Polenden a und
a, nnd die Contactschrauben d und d^ sind so gestellt, dass der Hebel von
jedem Polende an der Contactschraube , an welche er sich durch die Wir-
kung eine^ Stroms angelegt hat, auch dann noch festgehalten wird, wenn
der Strom verschwindet, so dass es also jedesmal eines zweiten Stromes
von entgegengesetzter Bichtung bedarf, wenn der Hebel von einer Schraube
an die andere gelegt werden soll. Der Widerstand der Drahtrollen ent-
spricht ungefähr dem der ganzen Leitung. — Wollen 2 Stationen durch
eine ünterseeleitung L mit einander sprechen, so haben sie beide die näm-
liche in Fig. 49 angedeutete Einschaltung, und in beiden ist der Umschalter
17 bei 4 und 5 gestöpselt. Wird der Taster J niedergedrückt, so geht der
Strom der Kupferbatterie B^ über 3 und 1 des Tasters und 4 des Umschal-
ters nach dem Galvanometer G : von hier aus bieten sich ihm 2 Wege von
gleichem Widerstände: der eine führt nach der Klemme / des Switch, die
Drahtrollen des Elektromagnetes und über /, zum Zinkpole von ^i zurück,
der andere Weg führt durch das Galvanometer und in die Leitung nach
der anderen Station. Auf der gebenden Station wird daher der Nordpol a
verstärkt , der Nordpol /i, geschwächt oder gar in einen Südpol umgewan-
delt, der Hebel c also gegen die Contactschraube c/, angelegt; allein trotz-
dem kann die Zinkbatterie B^ ihren entladenden Strom nicht eher in die
Leitung senden, als bis der Taster in seine Ruhelage zurückgekommen ist;
damit dieser Strom aber eine etwas längere Zeit erhalte, ist der Switch-
hebel auf der Contactseite mit einer leichten Stahlfeder versehen , welche
die Zinkbatterie noch kurze Zeit geschlossen hält, wenn der Hebel bereits
seinen Rückweg angetreten hat; natürlich muss auch der Tasterhebel beim
Bttckgang sich fest auf seinen Ruhocontact auflegen , weil sonst in Folge
mangelnder Entladung der Rückstrom störend auftreten würde. Auf der
Empfangsstation geht der Strom der Kupferbatterie ^i durch das Galvano-
meter» den Hebel des ruhenden Tasters, durch den Switchhcbel, durch das
Relais B und durch die Erde E nach der gebenden Station zurück ; durch
die Switchdrahtrollen geht von e aus nur ein verhältnissmässig geringer
Stromtheil, weil der Widerstand auf diesem Wege beträchtlich grösser ist;
der Belaishebel schliesst natürlich den durch den Schreibapparat M gehen-
den Strom der Localbatterie 6. Auch der Entladungsstiom der Zinkbatterie
theilt sich bei e in 2 Theile, von denen der eine in die Leitung L s^^isS^^ssA.
470 ßciträjrc anr Geschichte der Fortschritte in der elektrisclien
den Rückstrom nentrallsirt , während der andere Theil durch die Bollen
des Switch geht und den Switchhehel in die Ruhelage xurnckfiährt, so dui
das Relais der gehenden Station wieder in die Leitung eingeschaltet wird.
— Soll zwischen der unterirdischen Leitung £, und einer oherirdischen
Leitung L^ übertragen werden, so braucht die Translationsstation antser
den bisher erwähnten Apparaten der Fig. 49 noch den in Fig. 50 abgebil-
deten Wechsel H' und den in Fig. 51 skizzirten Apparatsatz, welcher durch
den Draht pp mit dem Apparatsatz der Fig. 49 verbunden ist. In Fig. 49
aber muss der Umschalter ü^ ebenso wie der Umschalter C^ in Fig. 51
gestöpselt sein, nämlich in 6 und 7. Kommt nun ein Strom aus L^^ so
gebt er durch das Galvanometer G^ über 6 in U^ nach dem Hebel des
Schreibapparates 3/, durch den Umschalter V und das Relais R^ zur Erde
E; der Relaishebel scbliesst die Localbatterie &i, welche ihren Strom durch
pp^ Bf, L\, »2 und HI, in IV und 3/, sendet, worauf der Schreibbebel von üf,
den Strom der Arbeitsbatterie B^ in die Leitung £, weiter giebt, ebenfalls
mit StromtheiluDg bei dem Galvanometer ^, , so dass zugleich auch der
Switchhebel gegen die Schraube d, gelegt wird und beim Rückgang des
Schrcibhebels ein Entladungsstrom der Batterie Bf die Leitung durch-
strömte Um ein Zurückprallen des Schreibhebels vom Ruhecontact un-
schädlich zu machen, ist der Schreibbebel auch gegen diesen Contact
hin mit einer leichten Feder versehen. Kommt ein Strom ans ^,, so
geht er durch ^, , J/i , iS, über d und /* durch /?, , schliesst dadurch die
Batterie 6, , deren Strom durch pp, R^^ U^, /i, und Wf in IV, durch Mf geht,
so dass der üebel des Schreibapparates Mf jetzt den Strom der Batterie B
über Uf und Gf nach Z, weiter giebt.
Am 20 Deceraber 1862 liess sich Varley mehrere Telegraphir-
methoden patontiren (Dingler's Journal 175, S.329 oder Polytechn. Cen-
tralbl. 1803, S. 1025, aus The Emjineer, August 1803, S. 95), bei denen die
telegraphischon Zeichen nicht durch das Auftreten von Strömen (wie ge-
wöhnlich), sondern durch Zu- und Abnahme der Stromstärke*) hervor-
gebracht und zugleich Ladungsplatten **) und VViderstandsrollen angewen-
det werden. Bei der ersten Methode sind auf der Empfatfgsstation zwischen
Leitung L und Erde E eine Anzahl metallener, gegen einander isolirter
Ladungs])lattcn P (Fig. .^2) so angebracht , dass die Platten gerader
Nummer mit L, die ungerader Nummer mit E verbunden sind; das Relais R
*) Etwa« Aohnlichcs war schon 1858 für R. A. Rrooman pateutirt worden
(Jhhrjr. V, 8.40). Auch Caselli und ßoneUi suchten hei ihren Copirtelegrapheu
die Rückströme unscLmllich zu machen (Zetzsche, Copirtelegrapheu, S. 12 u. 26).
*•) In gewisser Beziehung dem verwandt ist die Verwendung einer Gegen*
batteric znr Hcseitigang der Rücksttöme, wozu M. H Jacobi grosse Platinelek-
troden in einem OefUsa mit verdünnter SchwefelsHnre, Gaston Planta Blcielek-
trodon vorschlug (Zeitschr. d. Tel.- Ver. 7, 8. II und 1.3). Ueber Jacobi 's Gegen-
batterie vgl. auch fJu Moncel, trniU, 8.354.
Telegrapliie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 471
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ist zwischen den Platten und L oder zwischen den Platten und E ein-
geschaltet; ausserdem ist zwischen L und E noch eine zur Erhöhung
der Geschwindigkeit des Telegraphirens dienende Widerstandsrolle W
eingeschaltet. Der ankommende Strom tritt auf der Empfangsstation mit
allmälig wachsender Stärke auf und verzweigt sich theils nach den La-
dungsplatten, theils durch W zur Erde; hat mit vollständiger Ladung
der Platten die Stromstärke ihr Maximum erreicht, so hört der Zweig-
strom durch das Beiais auf, wenn auch der Strom in der Leitung fort-
dauert. Wird auf der gebenden Station der Strom umgekehrt, so senden
die sich entladenden Platten einen Strom von entgegengesetzter Richtung
durch das Relais. Bei der zweiten Methode schliesst ein Elektroscop,
dessen beide Pole durch eine WiderstandsroUe verbunden sind, beim
Wechsel der Stromstärke die Localbatterie. Bei der dritten Methode
ist die äussere (primSre) Windung einer Inductionsspule mit der Lei-
tung L und *der Erde E verbunden, während der Empfangsapparat R in
die innere (secundäre) Windung eingeschaltet ist und somit bei jedem
Auftreten oder Verschwinden, Zu- oder Abnehmen eines Stromes in der
äusseren Windung von einem Inductionsstrome durchlaufen wird. Der
Eisenkern der Inductionsspule besteht aus einem Bündel Eisendrähten,
welche 4 Mal so lang sind, als die Spule, worauf die äusseren und inneren
Windungen aufgewickelt sind; diese Eisendrähte sind umgebogen, so
dass sie die ganze Spule wie eine Büchse umschliessen. Bei der vierten
Methode hat das Relais zwei Windungen von verschiedener Länge und
verschiedener Windungszahl; die erste Umwickelung habe z. B. halb so
viel Widerstand und halb so viel Windungen, als die zweite, und es
sei ein Elektromagnet und eine Inductionsspule vorhanden, dessen Wider-
stand dem der zweiten Umwickelung gleich ist. Wird nun die erste
Umwickelung mit der zweiten und zugleich auch mit dem Elektromagnet
verbunden, so geht jeder Strom ungetlieilt durch die erste Umwickelung
und verzweigt sich dann zur Hälfte in die zweite Umwickelung und zur
anderen Hälfte in den Elektromagnet; da nun der Strom in der ersten
und in der zweiten Umwickelung in entgegengesetzter Richtung fliesst,
so gleicht sich seine magnetisirende Wirkung aus und es würde folglich
keine Wirkung im Relais auftreten, wenn nicht das Eisen jenes Elektro-
magnetes während des Magnctisirens dem Durchgange des Stromes eine
Art Widerstand entgegenstellte', so dass der Strom in der zweiten Um-
wickelung etwas mehr als die Hälfte beträgt und ein Zeichen auf dem
Relais giebt. — Bei der fünften Methode umkreist der Strom zwei
Galvanometer von verschiedener Grösse, deren Nadeln sich zwar durch
einen gegebenen Strom nach derselben Richtung bewegen und denselben
Ausschlag erlangen, aber nicht gleich schnell. Die grössere und lang-
samere hat mehr Umwickelungen, giebt aber keinen grösseren Ausschlag,
da ein Theil des Stromes in eine WiderstandsroUe a.Vi^"^'L^^\^\. \^\. \^^R.
472 Beiträge zar Geßchichte der Fortschritte in der elektrischen
w-v*. --•■-.• ^ -^ ^^y y * •'--* vww^-^^'v-**',^ ^^^^^^.^-^^^ -
beiden Galvanometer bilden ein Relais; ihre Axen liegen vertical über
einander, stehen aber nicht in metallischer Verbindung; die eine Axe
trägt eine isolirte Gabel, bei welcher der eine Zinken isolirt, der andere
mit einer kleinen Contactfeder mit Gold- oder Platin -Knöpfchen yersehen
ist. Wenn die Nadeln sich nach der einen Kichtung bewegen, so legt
sich die Contactfeder an einen von der Axe der anderen Nadel zwischen
die Gabelzinken herabreichenden Stab und schliesst einen Localstrom;
bei der Bewegung nach der anderen Seite wird der Kreis des Local-
stromes geöffnet. Oder es hängt von der Gabel ein Diaht herab in einen
halbkreisförmigen mit Wasser gefüllten Trog und zwischen den Gabel-
zinken hängt ein zweiter, gegen die Zinken isolirter Draht herab in den
Trog; auf dessen Boden ein mit dem einen Batteriepol verbundener Draht
liegt; der andere Batteriepol ist mit der einen Nadelaxe verbunden , von
der Mitte der Batterie aber geht ein Draht durch ein (zweites) Relais nach
der zweiten Galvanometeraxe. Wenn nun der Linienstronr sich in dem
einen Sinne ändert, so werden, wegen der schnelleren Bewegung der
kleineren Nadel, die beiden Drähte in der Flüssigkeit sich einander
nähern ; bei einer Aenderung der Stromstärke im entgegengesetzten Sinne
entfernen sie sich von einander. Wurde nun die Entfernung der Drähte
im Trog entsprechend gewählt (mit Zuhilfenahme von Widerstandsrollen),
so wird in den genannten beiden Fällen ein Strom nach der einen oder
nach der andern Richtung das (zweite) Relais durchlaufen, selbst wenn
der Unterschied in der Entfernung der beiden Drähte weniger als V^^ Zoll
beträgt. Auch hier lassen sich mit Vortheil Inductionsplatten anwenden.
— Wesentlich einfacher wird die Einrichtung , wenn man blos eine Gal-
vanometer-Nadel nimmt und mit einem daran angebrachten Arm in das
Wasser des Trogs tauchen lässt; ein Ende des Trogs ist dann durch
die primäre Umwickelung einer Inductionsspule hindurch mit dem einen
Pole der Batterie verbunden, während der andere Pol mit der Axe der
Nadel in Verbindung steht; in die secundäre Umwickelung der Induc-
tionsspule ist ein polarisirtes Relais oder ein anderer Telegraphen- Apparat
eingeschaltet. Dreht ein Strom die Nadel nach der einen oder anderen
Seite, so wird der Widerstand der Wassersäule grösser oder kleiner,
deshalb nimmt die Stromstärke ab oder zu, es wird also ein Strom in
der einen oder anderen Richtung in die secundäre Umwickelung inducirt
und durchläuft das Relais. — Die Einschaltung der Batterie B in der geben-
den Station kann verschieden sein, doch werden auch hier Inductions-
platten P zwischen Erde E und Kabel L eingeschaltet, und deren Spannung
addirt sich beim Umkehren des Stromes zu der der Batterie. Solche Ein-
schaltungen zeigen Fig. 3, 4 u. 5 auf Taf.47 des Polytechn. Centralblatts vom
J. 1863 ; in diesen Figuren sind durch H' Widerstandsrollen angedeutet, welche
einen schwachen Strom nach dem ersten kräftigen veranlassen sollen; dieln-
ductionsrollen (/in Fig. 4) sind von feinem Draht, enthalten ein Bündel Eisen-
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 473
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drahte undbefördem dieEntladnng des Kabels, indem sie nach ihrer vollstän-
digen Magnetisirnng, wenn der Strom von den Platten Panfhört, den Magnetis-
miiB verlieren und dabei einen entgegengesetzten Strom in dieLeitungsenden.
Der Taster mag so eingerichtet sein, dass er die Leitung behufs der Ent-
ladung nach jedem Strom kurze Zeit mit der Erde in Verbindung bringt.
Die Contactfedem an dem Relaishebel sind nicht einfache flache
Federn, sondern sie sind mit kleinen kuglichen Contactknöpfchen aus
Platin versehen, wodurch die Tendenz zu Vibrationen wesentlich ver-
mindert ist. Die J^edern erhöhen zugleich die Empfindlichkeit der Relais,
da sie die magnetische Anziehung zum Thcil überwinden und so das
Haftenbleiben verhüten. Bei dem einen Relais läuft der Hebel in eine
Feder aus und hat 2 Contactschrauben gegenüber; erst legt sich die Feder
auf die erste und dann der Hebel selbst an die zweite Schraube. — Beim
Betrieh langer unterseeischer Leitungen ist es meist wichtig, zu wissen,
wie die Zeichen auf der Empfangsstation ankommen. Um dies zu er-
fahren, soll eine sogenannte Prüfungsleitung in der gebenden Station
angebracht werden ; so dass; wenn Etwas am zeichengebenden Apparate
oder die Batterie nicht in Ordnung ist, die Prüfungsleitung den Gebenden
unterrichtet; was von seinen Zeichen wahrscheinlich auf der Empfangs-
station ankommt, oder ob er zu schnell telegraphirt. Es genügt, dass
der in die Prüfungsleitung gesendete Strom nur V^^j von der Stärke des
Stromes im Kabel hat. — Als Isolator wendet Varley zwischen den La-
dnngaplatten mit Paraffin getränktes Papier an.
c) Die Apparate von Edward Brailsford Bright
in Liverpool
sind zum Telegraphiren mit gleich langen Strömen von wechselnder
Richtung bestimmt und wurden am 13. Januar 1858 patentirt (Polytechu.
Centralbl. 1859, S. 368, aus London Journal October 1858, S. 206). Beim
Loslassen und Niederdrücken des Tasters dreht sich eine excentrische
Scheibe, auf welcher Federn aufschlcifen, allemal durch ein Uhrwerk mit
Sperrvorrichtung um 00^ und unterbricht dadurch oder schliesst den Strom
in der einen oder anderen Richtung. Das Relais hat 2 Arbeitscontacte,
an die sich der Hebel anlegt, um den Localstrom zu schliessen.
d) Die Apparate für die transatlantische Linie von
Thomson und Varley.
Da man bei dem atlantischen Tau mit Rücksicht auf die Erhaltung
desselben auf die Benutzung sehr schwacher galvanischer Strome ange-
wiesen war, so war die Anwendung von Apparaten mit Elektromagneten
ausgeschlossen, weil bei diesen nur durch kräftige Ströme eine ausreichende
Magnetisirung der Eisenkerne zu erzielen ist, und weil zugleich die Er-
zeugung und das Verschwinden des Elektromagnetismus eine merkliche
Zeit erfordert. Die Galvanometer dagegen lassen alcVi dxrt^iVjL N^\\sx\\^-
474 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
derung des Nadelgewichtes und Vermehrung der Umwindungen beliebig
empfindlich machen, um den Nadelanssclilag noch deutlicher wahrnehmbar
zu machen , griff Professor WilliamThomson in Glasgow 1858 zu dem
bereits 18^ von Gauss und Weber in Göttingen benutzten Spiegel-
galvanometer*) zurück. Wirft der Spiegel AB (Fig. 53) den in der
Bichtung FTC durch einen Schlitz in dem mit einer Skala versehenen
Schirme MM normal auffallenden Strahl der Lampe F in sich selbst zurück,
so muss der Winkel FC E, um welchen der reflectirte Strahl CE nach
der Drehung des Spiegels in die Lage A^ B^ von dem^einfallenden Strahle
/*C abweicht, doppelt so gross sein, als der Drehwinkel ACd^^ weil dieser
ja eben so gross ist, als der Winkel DCFy um welchen das Einfallsloth
D C jetzt vom einfallenden Strahle abweicht. Der Weg , den das Spiegel-
bild auf der Skala zurücklegt, ist ausserdem auch noch proportional der
Entfernung des Schirms MM oder M^Mi von dem Spiegel AB, wodurch
eine weitere Vergrösserung desselben möglich ist. Thomson gab nun
seinem Reflex- oder Spiegelgalvanometer die aus Fig. 54 ersicht-
liche Anordnung. Das mit vielen tausend gut isolirten Windungen eines
feinen Kupferdrahtes versehene Galvanometer G wird mit den Draht-
enden X und y in die Leitung eingeschaltet ; in der Mitte der Rolle
hängt an einem feinen Coconfaden das sehr leichte Magnetst&bchen m,
auf dessen Rücken ein kleines Stahlspiegelchen 5 so befestigt ist, dass
die Spiegelebene mit der verticalen Ebene der Nadel m zusammenfallt
und bei der Ruhelage der Nadel in dem magnetischen Meridian liegt, in
welchen auch die Drahtwindungen eingestellt werden. Drei Fuss von dem
Spiegel entfernt steht ein Schirm S mit einer Spalte T, welche sich durch
einen Schieber nach Bedarf verengern lässt ; eine dhht hinter dem Schirm
stehende Lampe F wirft ein Lichtbündel durch die Spalte T auf die
Sammellinse Z^, so dass das Bündel auf dem Spiegel s als eine helle und
scharfe Lichtlinie erscheint und als solche vom Spiegel auf die etwas
höher stehende Latte mit Skala MM geworfen und in einem dunkeln
Räume dem Auge sichtbar wird**). So lange kein Strom in den Win-
*) Dasselbe war schon Ton Poggendorff zu eiuem hohen Grade der Voll-
kommenheit und Genauigkeit ausgebildet und von Du Bois-Reymond in Berlin
in der Weise, wie es jetzt von Thomson geschieht, bei seinen Vorlesungen zum
Sichtbarmachen schwacher Nerven- und Muskelströme angewandt worden; auch
Lamont und Wiedemann haben solche Apparate construirt, letzterer mit mag-
netisirtem Spiegel vor etwa 16 Jahren.
**) Zum Hervorrufen der überraschenden Leistungen dieses Galvanometers
reicht ein gewöhnlicher Multiplicator , auf dessen Nadel ein etwa einen halben
Quadratzoll grpsscs Glasspiegelchen mit Wachs befestigt ist, völlig aus, wenn
man nur eine recht intensive Gas-, Petroleum- oder Oellampe und eine ziemlich
grosse Condensatorlinse von etwa sechs Zoll Brennweite anwendet, dabei aber
durch Einschliestien der Lampe in einen mit einer Spalte versehenen Blechkasten
alles Seitenlicht von der mit weissem Papier überzogenen Latte abhält.
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 476
diiDgen von G die Nadel m nmkreist, steht dieselbe im magnetischen Meri-
dian und die helle Lichtlinie, der Lichtzeiger (index lighC) steht im
Nnllpankte der Skala. Geht ein Strom durch den Multiplicator G, so
wird die Nadel mit dem Spiegel abgelenkt und der Lichtzeiger schreitet
dabei auf der Skala um den doppelten Winkel nach rechts oder
links fort.
In den Fig. 55 und 56 ist das Instrument in der Form abgebildet,
wie es praktisch angewandt wird. (Ding 1er 's Journal 181, S. 429 aus
Engineer^ Juni 1866, S. 447). Das Magnetstäbchen, wegen seiner Klein-
heit in der Zeichnung kaum zu erkennen, ist einen halben Zoll lang,
einen Zehntel Zoll breit und einen Zehntel Zoll dick; das damit verbun-
dene kreisrunde Glassilberspicgelehen ist nur einen Zweihnndertstel Zoll
dick, beide zusammen wiegen nur ein Zweiundzwanzigstel preussisches
Lotb; Spiegel und Magnet können übrigens so zart gearbeitet werden;
dasB ihr Gesammtgewicht nicht mehr als l^^ Grains (ein Einhundertsech-
zigstel 'preussisches Loth) beträgt und derartige Apparate sind von
Thomson bereits ausgeführt worden. Das Magnetstäbchen besteht dann
ans einem kleinen Stück einer sehr feinen Uhrfeder und das Spiegelchen
ans einem der dünnsten Mikroskopdeckgläschen, welches auf der einen
Seite chemisch versilbert ist. Die Multiplicatordrähte G sind in mehrere
Bollen vertheilt und so in Gruppen angeordnet, dass man je nach Be
dürfniss das Instrument für schwache oder starke Ströme anwenden kann.
Sie sind mittels Platten von Hartkautschuk an dem Gehäuse D befestigt.
In der Mitte derselben ist die Magnetnadel mit ihrem Spiegelchen an
einem Coconfaden aufgehängt, und dicht davor befindet sich die kleine
Sammellinse, deren Brennpunkt beinahe im Spiegel liegt. Das luftdicht
schliessende Gehäuse D hält jede störende Einwirkung von Luftströmun-
gen auf die Nadel fem. Ein gekrümmter Stahlmagnet NS ist au der
Anfhängeröhre p mittels eines eigenen Halters so befestigt, dasf er mittels
der Mikrometerschraube v verrückt und eingestellt werden kann, bis
er auf die Nadel so einwirkt, dass in dessen Ruhelage das von der Mitte
des Spiegels reflectirte und ebenfalls durch die Linse zurückgehende Licht
auf dem Nullpunkt der Elfenbeinskala MM einspielt. Der Bahmen R
hält jede weitere Verbreitung des Lampenlichtes von dem Telegraphen-
apparate ab, so dass der Lichtzeiger E scharf auf der dunkeln Skala MM
hervortritt. Thomson hat übrigens die Absicht, die Skala so anzu-
ordnen, dass die telegraphischen Signale auf pliotographischem Papiere
gleich fixirt werden (^Engineer, Juli 1866, S. 2). Zur Erzielung der er-
forderlichen Empfindlichkeit ist das ganze Instrument auf einem gegen
alle seitlichen Erschütterungen geschützten und gemauerten Steinpfeiler
in einem dunkeln Zimmer aufgestellt, welches nur für den mit dem
Empfange der Depeschen beauftragten Beamten zugänglich ist. Dieser
Beobachter sitzt hinter dem Galvanometer, den Blick u.iiv^\.^^\A\. ^^^^S.
476 Beiträge zur Goschiebte der Fortsehritte in der elektrischen
den Uchtzeiger gericlitet, der je nach der Stromwirknng auf der Elfen-
beinskala rechts oder links ansschwingt.
Soll das Insfmment als Marin egalvanometer dienen (Sehellen,
das atlant. Kabel^ S. 144) , so dnrfeu die Schwankungen des Sckiffi die
Stellung des Spiegelchens gegen die Skala nicht andern. Deshalb wird
das Magnetstäbchen vermittelst eines Coconfadens sowohl oben als
unten an das die Drabtwindungen tragende Holzräbmchen .-# ^ befestigt
und, wie Fig. 57 zeigt, in der Mitte der Multiplicatorwindungen einge*
spannt. Der Coconfaden muss genau durch den gemeinschaftlichen
Schwerpunkt des Magnetstäbebens und des Spiegelchens gehen, so dass
letzteres, wenn der Multiplieatordraht gedreht oder geneigt wird, seine
Lage zu der Skala und zu dem darauf erscheinenden Lichtzeiger nnvei^
ändert beibehält. Der Einfluss der Schwere der Erde wird hierdurch
aufgehoben, und der Magnet behält unter allen Stellungen des Instrumentes
dieselbe verhältnissmässige Lage zu der Skala, welche mit ihm auf dem-
selben Tischbrette befestigt ist. Femer muss der Einfluss des Erdmag-
netismus auf den Magnet aufgehoben werden, indem man den Multipli-
eatordraht nebst Magnet und Spiegelchen in eine Büchse von starkem,
weichem Eisen einschliesst und zugleich im Innern dieser Büchse einen
massig starken Stahfmagnet A'«S in llufeisenform so aufstellt, dass seine
beiden Pole die Drahtrollen zwischen sich fassen. Da die magnetiscke
Wirkung dieser Pole auf die Magnetnadel stärker ist, als die Richtkraft
der Erde, so wird letztere dadurch aufgehoben und diiß Nadel stellt sich
in der Ruhelage bei allen Stellungen des Instrumentes in die Linie SU.
welche die Pole des Hufeisenmagnets verbindet.
Mit einem so eingerichteten Marinegalvanometer lassen sich selbst
bei sehr stürmischem Wetter auf der See alle Arten galvanometrischer
Messungen eben so leicht und sicher ausführen, wie auf dem Lande; weder
der stets wechselnde Cours des SebifiFs, noch die hochgehenden Wellen
der See haben auf die Ablenkungen des Licbtzeigers irgend einen Einfluss.
Der seitliche Hufeisenmagnet beeinträchtigt die Empfindlichkeit des In-
strumentes etwas; bei seiner Anwendung als Scbiffsgalvanometer pflegt
man daher auch etwas stärkere Ströme anzuwenden , als es sonst erforder-
lich ist.
Bezüglich der Erzielung eines möglichst schnellen Telegraphirenß
einigten sich Thomson und Varley dahin, durch einen positiven Strom
den Lichtzeiger nach rechts abzulenken, bei Unterbrechung desselben
durch einen (etwas stärkeren oder länger andauernden) negativen den
Lichtzeiger nach der Ruhelage zurückzuwerfen, vor Erreichung der-
selben aber ihn zur Verhinderung von lebhafteren »Schwingungen durch
einen dritten (kürzeren oder schwächeren) positiven Strom aufzuhalten,
darauf die vom dritten Strom herrührende Ladung durch einen vierten
noch kürzeren negativen Strom zu beseitigen und endlich durch einen
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 477
fttnften gaDzknrzen positiven Strom die Nadel in derKahelage zum Stillstand
m bringen. Nach Versnchen an dem im Great Eastem liegenden Kabel
nussten sich die Ströme der Dauer nach wie +100:-— 156: + 80: — 32,5: + 26
verhalten. Diese fünf Ströme geben ein einfaches Signal oder Urzeichen.
Ans den positiven und negativen Urzeichen (Ablenkung nach rechts und
links) kann man Gruppen zur Bezeichnung der Buchstaben und Ziffern bilden.
Bei dem atlantischen Kabel dagegen verwandte man nicht positive und ne*
gative, sondern Urzeichen mit gleichsinnigen, aber verschieden grossem
Ansficblag und Hess einen Ausschlag von 15° einen Morsestrich, einen
Aasschlag von 20*^ einen Morsepunkt bezeichnen. Ausserdem kam bei
der atlantischen Telegraphie der Signal codex des englischen Capitains
F. J. Bolton (Dingler's Journal 183, S. 337 aus Genie indusiriel Decbr.
18M, 8.316) zur Anwendung, welcher Marryat's Schiffscodex in einem
gewissen Grade ähnlich ist. Von seinen 5 l'heilen enthält der erste auf
den Seiten 0—9 mit den Zeilen 0—9 die Buchstaben, Ziffern, Interpunc-
tionszeichen und Dienstphrasen , der zweite enthält auf den Seiten 00—09
mit den Zeilen 0 — 9 die Silben der englischen Sprache, der dritte auf den
Seiten 000 — 999 mit den Zeilen 0 — ^9 häufig vorkommende Ortsnamen, die
Menate, Tage, Stunden und Signale für commercielle , industrielle und
politische Nachrichten, der vierte auf den Seiten 0000—0999 mit den Zeilen
0 — ^9 die Worte der englischen Sprache und einige Sätze, der fünfte endlich
auf den Seiten 00000—99999 mit den Zeilen 0—9 alle bekannten Ortsnamen
nnd eine Reihe von Sätzen. Bei Benutzung des ersten, zweiten, dritten,
vierten oder fünften Theils werden Gruppen von je 2, 3, 4, 5 oder 6 Ziffern
tel^raphirt. Die Benutzung dieser 5 Codices soll die Geschwindigkeit
des Telegraphiren s um 100% erhöhen.
Den von Thomson und Varley angegebenen Zeichengeber zum
Hervorbringen positiver und negativer Urzeichen machen die Fig. 58—64*
anschaulich (vgl. D in gier' s Journal 181, S. 423 aus Engineer^ Juli 1806,
8. 438). Die Hauptwelle AA wird während des Telegraphirens durch ein
Uhrwerk in dauernder Umdrehung erhalten; auf sie ist ein hohler Cylinder
BB lose aufgesteckt, welcher in einer Reibungsscheibe D endet; durch
die auf B liegende, sich einerseits gegen die auf A sitzende Scheibe T,
andererseits gegen eine auf B sitzende Scheibe L anstemmende, kräftige
Spiralfeder F wird /> unter Vermittelung einer geölten Lederscheibe an
die auf A befestigte Scheibe C angepresst; daher wird C den Cylinder
B mitnehmen, so lange I) sich frei bewegen kann ; d. h. so lange sich nicht
der zweimal rechtwinkelig gebogene, durch eine Feder auf D aufgedrückte,
um die Axe cc drehbare Sperrarm G iii die Nuth p (Fig. 62) am Umfang
von D einlegt. Wird eine der Tasten P^ oder P, auf den darunter befind-
lichen Stempel niedergedrückt und gleich wieder losgelassen, so hebt sie
zunächst G von D ab und geht dann durch die Wirkung einer Feder gleich
wieder in die Ruhelage zurück; dadurch ist aber B ^t^\ ^<fc^r\x^^\i -^x^^
478 Beitrage zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
kann A während einer Umdrehnng folgen, bis sich & wieder in die Nuth
p einlegt. Nun sitzen aber auf B noch 2 unter den Federn ^ und U
liegende, sectorförmig ausgeschnittene parallele Scheiben L und M (Fig. 50
und 60); L mit 3 Ausschnitten liegt unter /*,, M mit 2 Ausschnitten unter /"i,
und zwar sind diese beiden Scheiben, wie Fig. 61 zeigt, so gestellt, dass
die massiven Sectoren der einen den leeren der andern gegenüberstehen;
nur wenn beide Federn fx ^^^d (^ in dem leeren Ausschnitte 6 ruhen,
stehen demnach beide Federn tief; sonst ist die eine gehoben und die
andere gesenkt und dabei tritt die gehobene mit einer der oberen Gon-
tactfedern v^ oder r,, die gesenkte mit einer der unteren Contactfedem
F, oder F, in Berührung; diese Contactfedem haben Platincontacte ; die
Feder fx steht mit der Kabelklemme AT, die Feder f^ mit der Erdleitung E
in Verbindung. Die Tasten Px und Pt sind unabhängig von einander in
den Lagern m| , m^ und m, drehbar, heben mit ihrem hintern Ende den
Sperrarm G^ mit dem vordem Ende dagegen wirken sie auf die beiden
metallenen Arme z^und z, des Hebels des Commutators (Fig. 63); diese
Arme sitzen an einer um die Axe kk drehbaren Scheibe, sind aber gegen
einander isolirt und mit je einem Pole der Telegraphirbatterie b leitend
verbunden ; die Arme :, und z% schleifen federnd auf den ContactstÜcken
0| und O2, t^i und f't des Commutators, von denen 0| und o^ unter sich
verbunden, aber gegen die ebenfalls unter sich verbundenen t/i und t<t
isolirt sind; letztere beide stehen durch den Draht r mit den Contact-
fedem ?', und t',, erstere durch den Draht q mit den Federn Fj und T,
in Verbindung. Wird die Taste P, niedergedrückt, so kommt z, mit Oi
und Z2 iQit t's, wird P^ niedergedrückt, so kjmmt Z| mit t/j und z, mit 0%
in Berührung; im ersteren Falle geht der positive, im anderen der negative
Strom von b über v^ und L in das Kabel K.
Die Vorgänge beim Telegraphiren sind nun leicht zu übersehen.
Stehen beide Tasten in der Ruhelage, so liegt G in der Nuth p und
verhindert B^ die Drehung von A mitzumachen, fx ii^^d (% liegen in den
Ausschnitten 6^ daher ist die Batterie h nicht geschlossen, aber das Kabel A'
steht durch f^ und /i, F^ und F, mit der Erde E in Verbindung und
ein ankommender Strom kann auf dem Galvanometer ein Zeichen hervor-
bringen. Wird die Taste Px niedergedrückt und so G gehoben, z^ mit u^
und Zf mit o, in Berührung gebracht, so macht B eine Umdrehung mit A;
dabei schleift erst fx auf 1 in £ und kommt mit r^, f^ aber gleichzeitig mit
Vx in Berührung und der positive Strom geht von h aus über ^ , z, , t/| , t/,
und /*, r, und /i nach K\ gleich darauf schleift /*, auf 2 in M auf, tritt
mit Pj, /, aber mit F, in Berührung*, so dass jetzt ein negativer Strom von
6 über ?, , 0,, <y, F, und /i nach K geht; beim weiteren Drehen des Cylin-
ders B kommen dann noch die Sectoren 3 in Z, 4 in A/ und 5 in Z der
Reihe nach unter die Federn ^ und /*,, wodurch noch ein positiver,
darauf ein negativer und endlich noch ein positiver Strom in das Kabel
Telegraphie. Von Dr. Eduard ZktzsCHK. 479
gefendet wird. Endlich fällt G wieder in die Nuth p und nnn kann ein
neaes Zeichen abgesendet werden, was dem Telegraphisten durch den
Ton bemerklich gemacht wird, den eine von der Nase einer auf dem
Cjrlinder B sitzenden Scheibe (Fig. 64) abspringende Stahlfeder erzeugt.
Beim Niederdrücken der Taste P, ist der Vorgang ganz ähnlich, nur sind
II und 0 jetzt mit anderen Polen von b verbunden, daher haben alle Ströme
jetzt das entgegengesetzte Vorzeichen. Dass die auf einander folgenden
Ströme die neblige Dauer haben , bewirken die genau abgemessenen
Längen der Ausschnitte. Nach jedem Urzeichen tritt das Kabel mit der
£rde in leitende Verbindung. Die Hauptwelle A kann 100—200 Umdre-
hungen in 1 Minute machen; bei Zusammenstellung der Buchstaben und
Ziffern aus 2 Urzeichen sind durchschnittlich 3,7 Urzeichen zu je einem
Buchstaben erforderlich; bei 100 Umdrehungen kann man daher in 1 Minute
27 Buchstaben (= 5,4 Worte) telegraphiren ; in der That telegraphirt man
6—10 Worte in 1 Minute (vgl. auch Zeitschr. d. Tel.-Ver. 11, S. 72 und 73).
Der vorstehend beschriebene Apparat lässt sich auch leicht dahin
abändern, dass beim Niederdrücken der einen oder der andern Taste ein
Strom von demselben Vorzeichen, aber von verschiedener Stärke in das
Kabel gegeben wird. Da der Strom auch auf der Abgangsstation durch
das Galvanometer geht, so bewegt sich hierbei der Lichtzeiger beim Geben
vom Nullpunkt aus auf der einen, beim Empfangen von Zeichen aiif der
andern Seite der Skala.
Die angewandte Batterie besteht ans 20 DanielVschen Elementen,
deren Zinkzellen blos mit Wasser gefüllt sind, indem die durch Zersetzung
des Kupfervitriols sich bildende, zur Leitung des Stromes erforderliche
Schwefelsäure von selbst zur Zinkzelle übergeht; doch gelang es sogar
durch die zu einem Stromlauf vereinigten Taue von 1865 und 1866 mittels
eines Stromes zu telegraphiren, den man erhielt, indem man in einen
silbernen Fingerhut verdünnte Schwefelsäure goss und 2 Stückchen Zink
und Kupfer in die Flüssigkeit tauchte (^Les Mondes XII, S. 270).
IV. Die Legung des atlantischen Tclegraphentaues
zwischen Irland und Neufundland.
Eine eingehende Schilderung der Vorkommnisse bei den 3 ersten
atlantischen Kabellegungen in den Jahren 1857 und 1858 kann hier um so
eher unterlassen werden , als diese 3 Unternehmungen in der seitdem
verflossenen Zeit wiederholt eine ausführliche Besprechung gefunden haben.
Die Vorgänge bei dem nach gründlichen Vorarbeiten (Zeitschr. d. Tel.-Ver.
3, S. 175) begonnenen Unternehmen d. J. 1857 beschreibt u. A. Dela-
marche in den Elementen der unterseeischen Telegraphie (deutsch von
Vichelmann, Berlin 1859, S 68 — 92) sehr ausführlich; desgleichen
Shaffner im telegraph manual (S. 622 — 634), auch in Diu gl er 's Journal
(146, S. 104 — 114) findet sich eine längere Mittheilung darüber aus dem
480 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte In der elektrischen
Cf&tV Engineer and ArchilecCs Journal (Aagnst 1857, S. 245), dem Co$mos,
revue encyclopedique (August 1857) und dem Mechanics' Magazine (20. Augost
1857); ähnlich in der Zeitschr. d. Tel.-Ver. (4, S. 233). Das Tau rist
jedenfalls in Folge zu starker Bremsung der Auslegmaschine. Nach Ver-
besserungen der Auslegmascbine durch Wm. E. Everett, Appold und
Charles Bright, nach den umfänglichen Versuchen des Prof. Thomson
über die Leitung des Kupferdrahtes und nach der Erfindung des Spiegel-
galvanometers und des Marinegalvanometers im März und April 1858,
schritt man zu den beiden Versuchen des Jahres 1858, deren erster mit
dem Reissen des Taus endete, während der zweite auf kurze Zeit eine
telegraphische Verbindung zwischen Europa und Amerika herstellte. Die
Ursachen des Misslingens und die Wahrscheinlichkeit des endlichen Gre-
lingens bespricht Maury im Civil Engineer and Arch, Journal (1859, S. 221
und 320); Siemens in Dingler^s Journal (151; S. 380; gegen Mohr, Bd.
150, S. 285), Varley und Henley in Shaffner's ielegraph manual (S. 637
bis C47); vgl. auch Schellen, das atlantische Kabel (S. 40 — 60). Der
1858 mit verwendete Rest des l'aus von 1857 war schlecht isolirt, während
seiner Verfertigung nicht gründlich geprüft worden und hatte inzwischen
mehrere Monate trocken und nicht kühl genug gelegen; trotzdem ward
er ohne durchgreifende Ausbesserung und in einer nach Maury ^% Erfahrun-
gen günstig gewählten Zeit versenkt; die Risse in der Guttapercha er-
zeugten Stromverluste, man griff daher zu immer kräftigeren, abwechselnd
positiven und negativen Strömen'*') und unter dem Einfluss derselben
ward die Oxydation des Kupferdrahtes und die Zerstörung des Taus bald
eine vollständige. Alle Versuche der Wiederherstellung waren vergeblich.
Das Unternehmen hatte der Gesellschaft 37Ö029 Pfd. St. (nach einer an-
deren Angabe 1350000 Pfd.; D. Ind.-Ztg. 1866, S. 449) gekostet, obgleich
die englische und amerikanische Regierung die 2 Auslegschiffe und ihre
3 Begleitdampfer unentgeltlich dazu hergegeben hatten.
Die zur Verbindung Europas und Amerikas gewählte Linie hatten
. die Sondirnngen als eine sehr günstige erkennen lassen. Von Irland
bis 11° 15' westlich von Greenwich ist der Meeresboden sandig und die
Tiefe nimmt allmalig bis 19 Faden zu, bei Vl^ ist felsiger Boden in 200
Faden Tiefe, von da bis 13^ lo' schlammiger mit durchschnittlich 400 Faden
Tiefe; die sandige Ebene zwischen 13° 30' und 14° 30' liegt im Mittel
200 Faden, der felsige Boden unter 14° 48' 550 Faden, der schlammige
unter 15° ö' 1750 Faden tief (irischer Abhang, mit der stärksten Nei-
gung). Zwischen dem irischen Abhang und dem 45° wechseln die Tiefen
*) Die telegraphische Vetbinciung zwischen den beiden das Tau auslegenden
Schiffen ward durch *2 sogenannte Sandbattcricn unterhalten, welche aus 240 Paaren
Zink- und Kupferplatten von 14 QuadratzoH Oberfläche bestanden; diese Platten
waren in verdünnte nnd zum Schutz gegen das Verschütten mit Sägemehl ange-
machte ScbwefeUäore eingesetzt.
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zktzsche:. 48 1
mit sanften UebergäDgen zwischen 1450 und 2400 Faden (Maury: Tele-
graphenplateau), sind also wesentlich geringer, als anderwärts im
dtlantischen Ocean. Zwischen 45" 2a' und 45^ 45' nimmt die Tiefe von
2225 aaf 1450 Faden ab. Fig. 67 zeigt den Verticalschnitt des Telegra-
phenplateaos ; die Länge und Breite der Punkte, deren Tiefe in Faden ein-
geschrieben ist, ergiebt sich leicht aus der zugehörigen Fig. 05. Den
Kwischen A und B gelegenen irischen Abhang zeigt Fig. 66 in etwas ge-
ringerer Vergrösserung der Tiefen.
Da die gerade Entfernung von St. Johns auf Neufundland bis zur Insel
Valentia 1640 englische (= 356 deutsche) Meilen betragt, so hatte mau
2dOO Meilen Tau zur Hälfte bei Glass und Co. in Green wich, zur Hälfte
bei New all & Co. in Birkenhead anfertigen lassen und 1858 lieferte Glass
noch 000 Meilen nach. Das in Fig. 21 (Taf. I) abgebildete etwalOMillim. dicke
Tan hatte einen 2 Millim. dicken Strang von 7 Kupferdrähten, von denen
S nm den 7. gewunden waren, darüber 3 Lagen Guttapercha^ welche zu«
Bammen 2 Millim. dick waren, dann eine Lage aus fünf Fäden Hanfgarn,
|;etränkt mit einer Mischung von %2 Stockholmer Theer, V12 Pech, V12
g^ochtem Leinöl und V12 gewöhnlichem Wachs; die 18 Litzen der Schutz-
bttlle bestanden aus je 7 Holzkohlen Eisendrähten Nr. 22 (2 Millim. Dicke).
Das von der letzten Maschine ablaufende Tau wurde durch eine heisse
liischung aus Theer, Pech und Leinöl gezogen. Das Gewicht einer Meile
betrog l Tonne, nämlich das Kupfer 93 Pfd., die Guttapercha 237 Pfd., die
ßamhülle 2 Centner, die Schutzhülle 15 Centner, der äussere Ueberzug
fon Pech 16 Pfd.; im Wasser wog es 13,4 Centner; seine Festigkeit be-
trag 3,25 Tonnen, d. h. nahe 70 Kilogramm auf 1 Quadratcentimeter. Die
Bisendrähte liefen aus Versehen bei der einen Hälfte rechts, bei der
inderen links herum. Die Kilstenenden hatten eine doppelte Hanflage
und 12 Eisendrähte von 7 Millim. Dicke, nach dem Tiefseetau zu aber
verjüngte es sich bis zur Stärke des letzteren.
Im Jahre 1865 wurde das zum Tau zu verarbeitende Material von
3er dazu niedergesetzten wissenschaftlichen Commission (GaHon, Fair-
bairn, Wheatstone, Thomson, Whitworth) geprüft; es wurden dem-
nach über 120 verschiedene Probetaue angefertigt, vorwiegend Abände-
rungen des Constructionsprincips , welches von der Commission bereits
unter den in Folge eines öffentlichen Ausschreibens eingelieferten Tau-
proben ausgewählt worden war. Als Preis für das 2300 Seemeilen lange
Kabel waren 700000 Pfd. Sterl. festgesetzt und für den Fall des Gelingens
noch 137170 Pfd. in alten ungarantirten Actien der JUantic Telegraph
Company: jedoch betheiligten sich Glass und Co. selbst mit 315000 Pfd ,
ia 1864 erst 285000 Pfd. gezeichnet waren. Fig. 22 zeigt das Tau; der
Cnpferstrang ' war in Chatterton's Masse gehüllt, sonst wie 1858, nur wog
iie Seemeile nicht 107, sondern 300 Pfd.; Drahtdicke Nr. 18; Strangdicke
fast 4 Millim.; Gewicht der 4 Lagen Guttapercha, welche mltCbi«A.lfötV^\^'^
482 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
%
Mischung abwechselten, 400 Pfd. (1858 nur 261); die Schutzhülle bildeten
10 Eisendrähte (homogenous iron) Nr. 13 aus Webster und Horsfairt
Werken zu Killmarsh hei Sheflßeld; jeder dieser Drähte war mit fiäDf
Strängen aus Manilla-Gam, welches mit einer conservirenden Masse ge-
tränkt (getheert) war, umgeben; die 10 Drähte wurden spiralförmig um
den mit (nach John und Edwin Wright's Patent) Jute-Hanf, der
ebenfalls . mit conservirender Masse (Catechulösung) getränkt war, um-
wickelten Kern gelegt. Gewicht einer Seemeile in der Luft 35% Centner,
im Wasser 14 Centner, Zerreissungsfestigkeit 7 Tonnen 15 Centner, d. k
das 11 fache seines Gewichts im Wasser für 1 Meile (gegen das nicht
ganz 5 fache von 1858), so dass es bis zu 11 Meilen Wassertiefe sich selbst
tragen konnte (Zeitschr. d. Tel.-Ver. 11, S. 74; Mech. Magaz. XIII, S. 41).
Vor Umlegung der Hanfhülle prüfte Willoughby Smith die Leituog
und Isolation im Wasser von 24^ C. und unter sehr hohem Drucke; als
Minimum des Widerstands der Isolation für 1 Seemeile war 5700000 Ein-
heiten von Varley (= 151,5 Millionen Siemens'scher Einheiten) fest-
gesetzt. Das Küstenkabcl hatte als Schutzhülle 12 Eisenlitzen aus je 3
galvanisirten, V^ Zoll starken Drähten und wog bei 56 Millim. Dicke
20 Tonnen ; für die irländische Küste waren 27, für die neufundländische
3 Meilen davon vorhanden ; auf den letzten 1500 Fuss geht seine Dicke
allmälig in die des Tiefseetaus über. Verbraucht wurden im Ganzen
25000 Meilen Kupferdraht, 35000 Meilen Eisendraht und 400000 Meilen
Hanfstränge. Nachdem das Tau auf dem Great Eastem eingeschifft war,
stellten Thomson und Varley am 12. Juli noch eine Reihe Versuche
damit an, wobei mit den neuen Apparaten von Varley eine Geschwin-
digkeit von 4,27 bis 5,7 Worten in 1 Minute erreicht wurde. Die Legung
leitete Canning, an Bord standen die Elektriker der Telegraph Conslruc-
tion and Mainlenance Compamj nnter der Oberleitung von de Sauty, wäh-
rend Varley und Thomson die Oberleitung über die Techniker der
Atlantic- Telegraph-Company hatten. Die Batterie bestand aus 40 Daniell-
schen Elementen. Die Gesammtladung des Great Eastem schätzt man
auf 24000 Tonnen (^Mech. Magaz, XIV, S. 31). Der Lauf des Schiffs ist
aus Fig. 65 ersichtlich, von / bis o, doch sollte das Tau nicht wie 1858
am fernsten Ende {ßuU arm) der Trinity-Bay, sondern in dem der Tri-
nity-Bay 45 Meilen näheren Hafen von Heart's Content gelandet werden,
ebenso sollte es an der irischen Küste nicht, wie 1858, um die Insel Va-
lentia bei Doulus Head herum nach Ballycarberry Strand geführt werden,
sondern die Landungsstelle war bei Bray Head an der gegen Wind und
Wellen sehr geschützten Foilhommerumbay der Insel Valentia gewählt
worden. Eine ausführliche Beschreibung des Verlaufs der ebenfalls miss-
glückten Legung enthält The Atlantic Telegraph (London 1806, S. 41 ff.).
Am 23. Juli Abends loy^ ühr, als schon 78V2 Seemeilen Tau abgelaufen
waren, zeigte das Galvanometer einen Fehler im Tau ; nachdem 10 Meilen
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzsche. 483
wieder mufgewonden waren, fand man einen etwa 2 Zoll langen Eisen-
draht im Tan, der bis anf die Enpferseele reichte. Beim Pnnkt g (Fig. 65),
886 Meilen von Valentia, kam der Great Eastem am 29. Juli an , nnd es
waren schon Tiefen von 2400 Faden überschritten und 707 Meilen Tan
ansgelegt; da zeigte sich Nachts 1 Uhr ^^dead earih^^ nnd abermals mneste
das Tan aufgewunden werden, bis Abends IIV4 ^^^ ^^^ fehlerhafte Stelle*)
an Bord kam. Am 30. Jnli mnsste abermals ein Stück herausgeschnitten
werden, da das Tan stark beschädigt wurde, als man es vom Vordertheil,
wo es beim Aufwinden zusammengelegt worden war, nach dem Hinter-
tfaeil anf die Anslegmaschine brachte; erst um 10 Uhr ging die Fahrt vom
Punkt hy 660 Meilen von Valentia, weiter. Am 31. Juli Mittags, bei k,
war man 793 Meilen von Valentia entfernt und hatte 903 Meilen Tau ver-
senkt. Am 2. August Morgens 8 Uhr war ein Stück Draht im Kabel
mit über Deck gegangen ; dasselbe war aber sicher nicht absichtlich in^s Tau
gesteckt, sondern aus den Hanfsträngen hervorgesprungen, rührte also,
wie wahrscheinlich auch die andern, von den Schutzdrähten her. Beim
Aufwinden arbeitete die Aufwindemaschine wegen Wassermangel in den
Kesseln schlecht, der Great Eastem musste daher stillstehen, um das
Tau nicht zu überlaufen, und gerieth dabei in eine schiefe Lage gegen
daa Tau; dieses legte sich Über den vorstehenden Rand des äussersten
T-Rades am Bug und verwickelte sich an dem eisernen Vorsprunge einer
der Klüsen am Vordersteven. Zum Schutz des Taues, welches durch die
heftige Reibung an 2 Stellen beschädigt wurde, Hess man eine Kette mit
einem Drahtseil hinab, um es zu halten und wieder in die Rinne des
Rades zu bringen; die Aufwindemaschine kam wieder in Gang, Tau und
Kette gelangten auf das Rad, allein in schräger Richtung gegen dasselbe.
Schon war die erste beschädigte Stelle an Bord gebracht; da sprang das
Dynamometer plötzlich noch 3V2 Zoll über 60 Centner, den höchsten Punkt,
der markirt war. Kette und Drahtseil waren aus der Rinne des F- Rades
über dessen Rand geschnappt und krachend auf ein kleineres Rad herab-
gefallen, wobei das Tau; mit dem sie noch verbunden waren, einen hef-
tigen Ruck erlitt. Noch war die Maschine in Gang, Tau und Drahtseil
wurden noch aufgewunden, ersteres auf eine Trommel, letzteres auf die
Gangspille, da riss das Tau kurz vor dem Dynamometer ab und bald
war es im Meere verschwunden. 1213 Meilen Tau waren versenkt und
der Great Eastem befand sich (bei Punkt /) unter 51° 25' Breite und 39®
6!^ Länge , über einer Tiefe von 1950 Faden. Der bald darauf an einem
Drahtseile von 10 Tonnen Tragkraft hinabgelassene 3 Centner schwere
*) In einem Einschnitt des einen Hanfstrangs fand man ein das ganze Tau
durchdringendes Stück Eisendraht von der Dicke der äusseren Drähte, an dem
einen Ende rauh, am anderen wie mit der Bcisszange zngeschärft; da man diese
Beschädigung für eine böswillige und absichtliche hielt, so sprach C annin g
öffentlich von einem erkauften Kabelmörder.
ZeiUchrifl f. Malhemätik a. Physik XIU, 6. • ^*^
484 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
Enterhaken erreichte den Boden erst mit 2500 Faden ; während das Schiff
den Anker ^ quer über die Kabellinie hin nnd her schleppte, stieg die
Spannung des Seils bis auf 80 Centner; 6 Uhr 40 Minuten Morgens begann
man das Aufwinden des Hakens mit dem Kabel und setzte es fort, obgleich
kurz nach 0 Ühr ein Spurrad der Aufwindemaschine brach, allein um
3 Uhr 20 Minuten riss einer der Ringe, mittels deren die 100 Faden langen
Drahtseilstücke verbunden waren, und der Haken mit 1600 Faden Seil
sank ins Meer zurück. Wegen des eintretenden Nebels musste der näcbste
Versuch bis zum 7. August verschoben werden; 2 Uhr 40 Minuten ruhte
der Enterhaken am Boden mit 2500 Faden Seil; am nächsten Morgen l^h
Uhr waren 1500 Faden (= 1 Meile) Seil aufgewunden , da sprang wieder
ein Ring bei seiner dritten Windung auf der Gangspille* Ein am 10.
hiu abgelassener Enterhaken fasste das Tau nicht und ward wieder auf-
gewunden. Am 11. ward ein Haken mit kürzerem Stock an einem ans
1600 Faden Drahtseil, 220 Faden Hanfseil und 510 Faden Manillaseil be-
stehenden und sorgfaltig geprüften Seil hinabgelassen, fasste das Tan,
beim Aufwinden stieg der Zug einmal, als ein Kettenglied durch die
Maschine ging, bis auf 106 Centner, allein 0 Uhr 40 Minuten Abends, alfl
765 Faden aufgewunden waren , riss wieder ein Glied.
Das Tau von 1866 (Fig. 23) wurde in denselben Fabriken verfertigt,
wie das von 1865, von dem es sich auch nur wenig unterscheidet; unter
den mit 5 Litzen aus weissem Manillahanf umwickelten Eisendrähten lag
eine Schicht (mit präservirender Mischung getränkter) gewöhnlicher Hanf.
Gewicht einer Seemeile in der Luft 31 Centner, im Wasser 14^ Centner,
Festigkeit 162 Centner. Die beiden Küstenenden erhielten eine Schutz-
hülle aus 12 einzelnen Eisendrähten, die noch mit einer präparirten Hanf-
läge überzogen sind; an der irischen Küste ist das stärkste Ende 8 Mei-
len lang, die folgenden 8 Meilen sind etwas dünner und dann 14 Meilen
noch dünner; das neufundländische Küstenende ist nur 5 Meilen lang.
Zu dem vom vorigen Jahre verbliebenen Reste wurden noch 1660 Meilen
neu gefertigt und im Ganzen 2730 Seemeilen verscliifft, wovon 1960 auf
die neue Linie und etwa 700 auf die Ergänzung der alten gerechnet
wurden. Vor der Abfahrt des Great Eastern wurde noch ein sehr stren-
ger Versuch mit dem Tau gemacht. In der Mitte einer Strecke von
1700 Meilen wurde das Kabel von der Eisenhülle befreit, die Guttapercha
auf eine Länge von einem Fuss herausgeschält und so die Kupferader
biosgelegt; das Seilstück wurde dann ins Meer geworfen und so tief
hinabgelassen, dass der blosliegende Kupferdraht auf dem Meeresboden
auflag. Als man nun durch den Draht telegraphirte, wobei der Strom
die blosliegende Drahtstello passiren musste, um zum anderen Drahtende
hinzugelangen, erhielt man an dem Reflexgalvanometer noch immer voll-
kommen deutliche und lesbare Zeichen, obgleich der grösste Theil des
Stromes sicher an der nicht isolirten Kabelstelle direct ins Meer und in
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zbtzsche. 485
^^^i^^^^i^^^^^0i^^^^^^/\^^^JKJ>>^^^
die Erde ging nnd nur ein kleiner Brucbtheil desselben das Ende der
Leitang und das Galvanometer erreichte. Vor der Auslegung betriig der
bolationswiderstand 713, nach der Auslegung 2300 Millionen S lernen s-
seher Einheiten für 1 Knoten ; die Zunahme ist theils auf Rechnung der
Temperatur, theils auf Rechnung des Druckejs zu schreiben (Dingler's
Journal 182, S. 71 aus Mech. Magaz. XVI, S. 81).
Den Oreat Eastem begleiteten der Dampfer Medway, der Raddampfer
Terrible an4 die Schraubendampfer Albany und William Cory. Dem Cap itain
Anderson des Great Eastem war Capitain Moriarty zur Anstellung der
astronomischen Beobachtungen beigegeben; Canning und Clifford
leiteten das Auslegen, W. Smith und Professor Thomson überwachten
das elektrische Verhalten, während Varley dies an der irischen Küste
tbat. Am 30. Juni 12 Uhr ging der Great Eastem von Sheemess die
Themse hinab, in der er an mehreren Stellen den Schlamm aufrührte, da
er 32 Foss Tiefgang hatte; am 13. Juli traf er bei Valentia ein. Während
der ganzen Legung (14. — 27. Juli) fand nur eine einzige Unterbrechung
7on 3 Stunden statt; als nämlich das Tau in der Nacht vom 17. Juli vom
binteren Tender ausgelegt wurde, warf es vor der Auslegmaschine zwei
Schleifen, die, weil die Maschine nicht sofort stillstand, sich zu einem
anentwirrbaren Knoten zusammenzogen; in weniger als 1 Minute wurde
jedoch das Schiff angehalten , ein Schaufelrad gelöst und so geschickt ge-
iteuert, dass das vom Stern herabhängende Tau nicht eine zu starke
Spannung auszuhalten hatte; nach etwa 2 Stunden war Alles wieder
in Ordnung und die Fahrt ging weiter. Das 3 Meilen lange Küstenkabel
irnrde vom Medway aus mit Hilfe der Boote des Terrible Freitag, den
17. Juli 4 Uhr Nachmittags gelandet und nach einer vollkommen befrie-
ligenden elektrischen Untersuchung des Taues gab Daniel Gooch, der
Director der Telegraph Conslruclion and Mainlenance Company an Richard
Atwood Glass das erste Telegramm nach Valentia*). Darauf wurden
Beglttckwünschungstelegramme zwischen der englischen Königin und dem
Präsidenten der Vereinigten Staaten gewechselt. Am 31. Juli und 1. August
imrde die telegraphische Verbindung zwischen Neufundland und dem
unerikanischen Festlande durch den Albany hergestellt und am 4. August
murde die transatlantische Linie dem Verkehr übergeben,
Behufs Ergänzung des Taues von 1865 musste man von dem Bruch-
Bude des Taues absehen, weil dieses mit den Enterhaken und schweren
Drahtseilen vom vorigen Jahre belastet war. Daher wurden zunächst
in der Eichtung der Taulinie mehrere Bojen ausgelegt und dann sollten
I Schiffe in gewissen Entfernungen von einander zugleich nach dem Tau
*) W. Smith hat die während der Legnng zwischen dem Schiff und Valentia
gtweehselten Telegramme gesammelt und unter dem Titel Great Eastem Teiegraph
1866 oHd Test roam Ckronide als Manuscript drucken lassen.
486 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
fischen. Der Alhany fasste am 12. Aagnst das Tan nnd hing es an ein
Bojentan auf, doch sank es wieder, weil ein Glied der Kette riss, welche
die Boje mit dem Enterhaken tan verband. Vergeblich fischte der Great
Eastem am 13. fünfzehn Meilen vom Bruchende; der 14. nnd 15. war trdb
nnd nebelig; am 15. Nachmittags wurde es hell, daher liess man den
Enterhaken 3 Meilen südlich von der Boje Nr. 2, wo der Albany aufge-
stellt blieb, hinab, während der Medway 2 Meilen weiter westlich fischte.
Gegen 7 Uhr hatte der Haken des Great Eastem das Tau .erfasst; al8
man aber anfing, das Tau aufzuwinden und die grösste Boje (von 70 Cent-
ner Gewicht) vom Schiff hinabgelassen werden sollte, stiess dieses mit
der Boje Nr. 1 zusammen, da es bei dem wieder eingetretenen Nebel
unbemerkt von einer starken Strömung von Ost nach West getrieben
worden war. Als man sich von der Boje frei gemacht hatte nnd Nachts
1 Uhr begann, die Kette der auszulegenden grossen Boje mit dem in-
zwischen um 1300 Faden aufgehobenen Enterhakentau zu befestigen, nm
das Kabel schwebend zu erhalten, verschwand das Kabel wieder, bevor
die Spleissung des Enterhaken- und Bojentaus vollendet war. Am 16.
4% Uhr Nachmittags wurde der Enterhaken 6 Meilen östlicher 2400 Faden
tief hinabgelassen, fasste um 7 das Tau ; am 17. 4% Uhr Morgens begann
man das Aufziehen und 10% Uhr erschien das Tau über dem Meeres-
spiegel und zeigte in seiner oberen Hälfte die schwarzen getheerten Ma-
nillastränge, unten einen Ueberzug von weisslichem Schlamm. Ans dem
vom Dynamometer angegebenen Zuge von 6*A Tonnen berechnete Thom-
son, dass das Tau zu jeder Seite des Enterhakens in einer Länge von
4% Meilen gehoben sei, dass es den Meeresboden in 2 um 8 Meilen von
einander entfernten Punkten berühre, dass es am Fanghaken einen Winkel
von 89° bildete und auf jeder Seite dieses Hakens 4% Tonnen Spannung
habe. Als man aber einen Stopfer, d. h. eine an einem starken Draht-
seile befindliche Klemmvorrichtung an das Enterhakentau befestigen wollte,
sprang das Kabel bei einer seitlichen Neigung des Hakens von dessen
Flügeln ab und versank wieder, 5 Minuten später, als es erschienen war.
Am 19. August 4% Uhr ward das Tau wieder gefasst, 1000 Faden aufge-
wunden und unter 51° 31*^' Breite und 38° 39' 50" Länge an eine Boje be-
festigt. Die folgende Woche bemühten sich die 3 Schiffe vergeblich, an
verschiedenen Stellen das Tau zu fischen , aber bei dem ungünstigen
Wetter fuhr man einen falschen Cours oder das (mehrmals) gefasste Tau
entschlüpfte wieder. Die Stimmung an Bord wurde dadurch ungünstig«
Am 26. Abends 5 Uhr fasste der Albany ein Tau, brachte es um ll*^ au
Bord und hängte es 12% Uhr an eine Boje, allein beim Aufwinden dessel-
ben durch den Albany erwies es sich als ein 2 Meilen langes Bruchstücke
Auch die am 19. gelegte Boje sah man flott an einer anderen Stelle, si^
hatte also das Kabel verlassen. Am 28. machte der Great Eastem wieder'
zwei vergebliche Versuche, war inzwischen 15 Meilen östlich von ietr
Telegraphie. Von Dr. Edüabd ZetzöCHE. 487
Stelle, wo man das Fischen begonnen hatte, in immer tieferes Wasser
gelangt und beim letzten Versuch am 29. erreichte der Enterhaken bei
2000 Faden anscheinend den Boden nicht. Jetzt beschloss man, 80 Meilen
östlicher zu gehen, wo die Karten nur 1900 Faden Tiefe angaben. Am
SO. legte man hier eine Boje aas, da der heftige Wind nichts Anderes
▼OTznnehmen gestattete. Am 31. hatte sich der Wind gelegt; von 10 — 1 Uhr
Hittags Hess der Great Eastern einen Enterhaken mit 2150 Faden Tau
hinab, um 2 Uhr &0 Minuten war das Kabel gefasst und man begann so-
fort mit dem Aufwinden; am 1. September 4 Uhr 50 Minuten früh wurde
das Tau in 800 Faden Tiefe an einer Boje befestigt, 95 Meilen von dem
Bmchende entfernt ; um 8 Uhr 50 Minuten Hessen der Great Eastern 3 Mei-
len nnd der Medway 5 Meilen von der Boje Enterhaken hinab; um 5 Uhr
Nachmittags fasste der Great Eastern das Kabel und hob es bis 300 Faden
unter dem Spiegel; 7% Uhr hatte auch der Medway das Kabel gefasst,
erhielt den Befehl : „schnell aufziehen und das Kabel brechen*' und um
10 Uhr Abends war das Kabel 300 Faden unter dem Spiegel am Enter-
haken gerissen. Nun begann der Great Eastern wieder das Aufwinden,
woranf das Kabel 10 Minuten vor 1 Uhr über dem Spiegel erschien und
8% Uhr Morgens in den Untersuchungsraum an Bord eingeführt wurde.
Das dritte nach Valentia gesandte elektrische Signal wurde von dort
beantwortet, worauf Canningund Glass unter allgemeinem Jubel ihre
Glückwünsche austauschten. Um Q% Uhr war das Ergänzungsstück an
das gehobene Kabel angeknüpft und 7 Uhr 10 Minuten brach der Great
Eastern nach Heart's Content auf, welches er am 8. September 11 Uhr
Vormittags erreichte, nachdem an diesem Tage, 13 Meilen von Heart^s
Content, der einzige Unfall auf dieser Fahrt glücklich überstanden; näm-
lich eine entdeckte Fehlerstelle aus dem Kabel herausgeschnitten worden
war, noch ehe sie das Meer erreicht hatte. Das Kabelende wurde auf
den Medway gebracht, mit dem Küstentau zusammengespleisst und dieses
noch an demselben Abende gelandet. Die Isolation zeigte sich bei dem
aufgehobenen Tau besser, als sie 1805 bei seiner Loguug gewesen war.
Die Lage der beiden Taue, von denen das neue am 20. Juli 1867
mm zweiten Male, 50 Seemeilen von Heart's Content, gerissen ist, ergiebt
sich aus folgenden, dem NaxUical Magazine (October 1866) entnommenen
täglichen Schiffspositionen :
1865
Nördl. Br.
W. L. V. Or.
EntfernuBgf
Taulän^e
in
Seemeilen
24. Juli
52° 2'
12^ 23'
—
—
25.
52 5
14 22
150
175
26.
52 32
18 30
—
300
27.
52 38
19 38
—
—
28.
52 42
22 20
145
500
20.
52 40
26 12
600
650
30.
52 40
27 30
650
750
488 Beiträge zur Geschichte der Fortschritte in der elektrischen
^■■^'^'•f^
1865 Nördl. Br.
W. L.
V. Gr.
Entfemnng
Tanlftnge
in Seemeilen
31. Juli 52^ 20'
30^ 10'
7Öb
900
1. Aug. 51
57
34
5
900
1050
2. 51
35
•
37
52
1050
1200
1866
2. Septbr. 52
0
36
40
▼on diesem
Punkt
3. 51
32
39
37
157
184
4. 51
0
41
55
226
254
5. 50
12
45
0
353
418
6. 49
44
48
2
472
555
7. 49
10
51
28
606
698
8. Landung bei Heart's Content.
1866 Nördl. Br.
W.
L.
Entfernung
Kabellänge
Tiefe
in Seemeilen
in engl. Faden
14.
Juli 52« 0'
14«
1'
135.75
144,25
120—216
15.
52 1
17
29
263
283
216—1950
16.
52 6
VO
36
378
420
1950-1575
17.
52 15
23
48
495.5
557,82
1575—1950
18.
52 1
26
37
600,9
682.48
1950 - 2400
19.
51 54
29
39
712,9
811,14
2400—2176
20.
51 36
32
57
830,4
938,6
2176—1550
21.
51 18
36
1
952,3
1074.33
1600—1657
22.
50 48
30
14
1075.7
1207,47
1657—1950
23.
50 16
42
16
1196.9
1345,24
2424—2050
24.
49 30
45
21
1319.67
1480,06
2050—2225
25.
49 30
48
11
1430
1610
2225—1203
26.
48 45
51
16
1558
1744
1203—130
27.
Ankunft in der Trin
itvbav.
Die Unternehmungen in den Jahren 1865 und 1866 haben je 600000
Pfd. Sterl. gekostet. Das einfache Telegramm von 20 Worten kostete an-
fänglich 20 Pfd., seit dem 1. Novbr. 1866 10 Pfd.; die für den 1. März 1867
beabsichtigte Herabsetzung auf 5 Pfd. trat nicht ein. Die Geschwindigkeit
des Telegraphirens wird verschieden angegeben; 6 Worte (Dingler's Jour-
nal 182, S. 71), 12—14 Worte, 15—20 Worte in 1 Minute; in der 81 Worte
enthaltenden Botschaft des amerikanischen Präsidenten an die englische
Königin betrug sie 7 Worte in 1 Minute (D. Ind.-Ztg. 1866, S. 330 und 339;
Les Mondes XII, S. 270). Bei 10 Worten in der Minute würde die Ein-
nahme sich täglich auf 14400, jährlich auf 4320000 Pfd. belaufen. In den
ersten 8 Wochen vom 28. Juli bis 21. Sept. betrug sie 46084 Pfd., d. h. täglich
837 Pfd. Das Tau von 1865 beförderte am 17. Mai 71 Telegramme für
1008 Pfd. 19 Schillinge. Nach der Herabsetzung der Beförderungsgebühr
von 20 auf 10 Pfd. stieg die tägliche Einnahme von 813 auf 874 Pfd.
(D. Ind.-Ztg. 1867, S. 9). Der Beingewinn stieg bald auf 25 Procent, so
dass 10 Procent als Abschlagsdividende gegeben werden konnten (D. Ind.-
Ztg. 1867, S. 29).
Telegraphie. Von Dr. Eduard Zetzschb. 489
Es möge gestattet sein, einige
^ Berichtigungen und Nachträge
aninftigen , welche erst nach Schluss des Manuscriptes (im Herhst 1867)
Teröffentlicht, beziehentlich mir bekannt wurden :
1. Auf Jahrgang XIII, Seite 27 ist
(m — V cos a) / W D : {\fD -- T) sin a
zu. lesen, und S. 22 Z. 1 v. o. „Wird dagegen^S
2. (Zu Jahrg. XII, S. 424.) Das Tau zwischen Frankreich und Nord-
amerika ist 1868 nicht gelegt worden, muss aber von der durch Erlauger
und Reut er vertretenen, zu seiner Legung concessionirtcn Gesellschaft
contractlich bis 1. September 1869 vollständig versenkt sein. Es bekommt
zwischen Brest und den Inseln St. Pierre und Miquclon 2688 und zwischen St.
Pierre-Miquelon und New -York 960 englische Seemeilen Länge. Von St.
Pierre-Miquelon läuft es nach der Küste Neubraunschweigs und durch die
Dordamerikanischen Staaten Maine, New -Hampshire, Massachusets nnd
Connecticnt nach New-York (Leipziger Ztg. 1868, S. 4703).
8. (Zu Jahrg. XIII, S. 459.) Am Ende der oben (S. 453) erwähnten
künstlichen Leitung von 13000 Meilen Länge erreichte der Strom erst nach
17, 26 und 40 Secunden nach dem Schliessen der Batterie ein Viertel, die
Hälfte und drei Viertel seiner Maximalstärke.
4. Ueber die Versuche von Varley mit zwei künstlichen Kabeln von
gleicher Länge, von denen das eine (aus Eöhren mit Zinkvitriol gebildete)
sechsmal so langsam arbeitet, als das andere (aus Neusilberdraht) vgl.
Les Mondes XV, 13. und 14. Lieferung (vom 13. Novbr. und 5. Decbr. 1867)
S. 530 und 578 ff.
5. Auf dem Tau von 1858 wurden in der Zeit vom 10. August bis
1. September 1858 (nach Dingler's Journal 153, S. 236) 97 Telegramme
von Valentia nach New-York und 269 von New-York nach Valentia be-
fördert. (Nach Westermann's Monatsheften Nr. 127, S. 90 dagegen 129
und 271 Telegramme.)
6. Dingler's Journal (187, S. 24 aus Mechatiics' Magazine^ November
1867, Seite 330) enthält eine Abhandlung von C. W. Siemens über die
zum Auslegen des Kabels im mittelländischen Meere angewandte Ma-
schinerie. — Ueber Bright's Relais (S. 473) vgl. auch* Jahrg. VI, S. 382.
7. In Dingler's Journal (185, S. l) bespricht C. F. Varley die
Phänomene des atlantischen und anderer langer Unterseekabel und giebt
auch einen Apparat an zur Beseitigung der durch fremdartige (Erd-) Ströme
hervorgebrachten Störungen im Signalisiren.
8. Die Einschaltung der Unterseestation Valentia habe ich im Poly-
technischen Centralblatt (Jahrg. 1867, S. 1303 aus Eludes siir Vexposüion de
1867), die Einschaltung der Untersee- Translationsstation Emden aber eben-
daselbst (Jahrg. 1868, S. 285) mitgetheilt.
490 Beiträge zur Geschichte etc. Von Dr. Eduard Zetzsche.
^^«i^^^^/%^<^^i^W^>'^^^»^^^^VA^.^^>#WWS»>^MW<i
9. Das Tau vom Jahre 1866 ist seitdem (vgl. Jahrg. XII, 8. 421) nocli
zweimal gerissen ; das erste Mal schon am 20. Juli 1867 in einer Entfernung
von 50 Seemeilen von Hearts Content und erst am 20. Septemher konnte
von New- York die Wiederherstellung gemeldet werden. Das zweite Mal
am 3. August 1868, und es dauerte diese dritte Unterbrechung bis zum
2. October 1868.
10. Vom 1. December 1867 ab sollte ein zwischen London und New-
York gewechseltes Telegramm von 15 Worten = 75 Buchstaben (5 Worte
für die Adresse) 35 Thaler kosten. Eine weitere Herabsetzung ward am
30. Juni 1868 beschlossen.
XVI.
Beitrag zur mechanischen Theorie der Wärme.
Von
Professor Julius Eibel
in Stockerau bei Wien.
I.
Seitdem die Vibrationstheorie in der Acustik und Optik zu so über-
raschenden Besultaten gelangte, war man bemüht, auch die Erscheinun-
gen der Wärme, des Magnetismus und der Elektricität durch rein me-
chanische Frincipien zu erklären und die Emanationstheorien aus der
Physik zu verbannen. Mellon i hatte durch seine genialen Versuche
die Identität der Wärmestrahlen mit den Lichtstrahlen dargethan. Die
Analogie mit dem Schalle führte nun zu der Hypothese, dass das Bren-
nen und das fühlbare Warmsein eines Körpers wahrscheinlich nur ein
Schwingungszustand sei, der sich mit der Temperatur ändere; ein leuch-
tender oder warmer Körper sei analog einer tonerzeugenden Platte oder
Glocke in sogenannter stehender Schwingung und theile seine Vibra-
tionen dem umgebenden Aethcr mit, welcher dieselben fortpflanze, bis
sie nnsere Nerven erreichen. Mayer sprach im Jahre 1842 zum ersten
Male entschieden aus, dass wir jene Arbeitsgrösse finden müssten, welche
äquivalent sei der calorischen Einheit; auch gab er eine freilich rohe
Bestimmung dieser Grösse (3C5 Meter -Kilogrammes statt 424). Es war
damit gesagt, dass die Wärme überhaupt nichts Anderes, als eine Molecu-
larbewegnng sei, die Art und Weise dieser Bewegung war damit noch
keineswegs angegeben; auch ist man wegen der Schwierigkeit des Pro-
blems noch heute zu keiner genauen Angabe gelangt, obwohl sich viele
Koriphäen der Wissenschaft darnach bestrebten. Ich erinnere hier an
die Arbeiten Eedtenbacher^s, Clausius*s, Krönig's, Jochmann^setc.
Schon ohne^ Kenntniss der Molecularschwingungen, blos durch das
Princip der Aequivalenz von Wärme und Arbeit, ist die mechanische
Theorie der Wärme zu überraschenden Eesultaten gelangt^ ja sie ifit b^-
492 Beitrag zur mechanischen Theorie der Wärme«
reitB im Stande, technischen Zwecken mit einer hinreichenden Vollkom-
menheit zn dienen, wie dies Zenner nnd Clans ins wohl dentlich genug
gezeigt hahen; aber die Forderung nach Anfstellnng einer speciellen
Schwingnngshjrpothese tritt immer gebieterischer an uns heran, insbeson-
dere in den Wärmeproce^sen der Dämpfe. Die verbreitetste Ansicht
über die Molecularconstitntion der Körper ist wohl die von Clansios
und Krönig; es sind aber gegen dieselbe mehrere Bedenken erhoben
worden, so durch Jochmann (Schlömilch's Journal 1860, Y. Jahrg.
2. Heft). Es soll nun der Zweck dieser Zeilen sein, einiges Streiflicht
auf diese sehr wichtige Sache zu werfen.
n.
Nach der atomistisrhen Anschauungsweise ist ein jeder Körper ein
System materieller Funkte (Atome), zwischen denen Verbindungen exi-
stiren, die erzeugt werden durch Molecularkräfte, welche Functionen der
Entfernungen sind. Die Atome eines jeden (warmen) Körpers schwingen
um gewisse Gleichgewichtslagen; es werden daher im Allgemeinen ihre
Verbindungen Functionen der Zeit und der Coordinaten der einzelnen
Molekel sein. Die Verbindungen zwischen den Atomen können geändert
werden; denn sonst könnte nicht ein Körper aus einem Aggregatszustande
in den anderen übergehen ; ja zwischen den schwingenden Molekeln eines
(idealen) Gases hören dieselben ganz auf, wie gewöhnlich (nach Clan-
6 ins und Krönig) angenommen wird; es werden diese Molekel also in
geradlinigen Bahnen fortschreiten, so lange sich ein jedes ausser der
Wirkungssphäre des benachbarten befindet.
Um zu einer mathematischen Anschauung zu gelangen, denken wir
uns vor der Hand nur ein System, welches aus einer endlichen Anzahl
von materiellen Punkten besteht; die Schlüsse, welche für dasselbe gel-
ten, lassen sich dann leicht auf ein System von unendlich vielen Mo-
lekeln ausdehnen.
Die genannten Verbindungen sollen ausgedrückt werden durch die
Gleichungen
Z = 0, M = 0, iV^=0,....
denen die Coordinaten der betreffenden Molekel und die Zeit zu genügen
haben ; diese Gleichungen sind in unserem Falle nichts Anderes, als die
algebraischen Darstellungen der Bahnen der schwingenden Molekel, und
von ihnen hängt im Grunde der Aggregatszustand ab.
Ausser diesen Beziehungen zwischen den Molekeln können auf das
System noch Aussenwirkungen stattfinden, die wir uns repräsentirt denken
durch Kräfte, welche auf die einzelnen Molekel wirken. Seien JT, , J^, , Z^
die rechtwinkeligen Componenten jener Kraft, die auf das Molecul m,
(mit den Coordinaten oc^^y^^ Z|) wirkt; X,, r,, Z, die Componenten der auf
^t (^s ; t/t 9 ^t) wirkenden Kraft etc. Die Kräfte verleihen den materiellen
Von Professor Julius Eibbl. 493
Punkten nicht jene Geschwindigkeiten oder Bewegungen^ welche diesel-
ben erhielten, wenn sie frei wären; auch werden die yermöge ihrer
O^g^ogtkts-) Verbindungen bereits schwingenden Molekel im Allgemeinen
ans den Bahnen gelenkt und erhalten neue Geschwindigkeiten, die wir
nüt t^i^t^tf ••• bezeichnen wollen. Dadurch, dass die Molekel aus ihren
ursprünglichen Bahnen (die wohl Curven der zweiten oder ersten Ord-
nung sind) herausgebracht werden, entstehen neue Verbindungen unter
ihnen ; es ist also durch äussere Einwirkung auf ein System eine Aende-
mng des Aggregatszustandes denkbar.
III.
Bevor wir das Princip des D^Alembert anwenden^ müssen wir noch
einen Blick auf die (Aggregats^) Verbindungen werfen und eine wichtige
Unterscheidung machen. Ob nun äussere Kräfte auf das System wirken
oder nicht, so können die Verbindungen der Art sein, dass die Molekel
analog den Doppelsterneu geschlossene Bahnen beschreiben ; es giebt aber
auch Zustände, wo die Molecularbewegungen so beschaffen sind, dass durch
sie in dem Systeme selbst schon eine äussere Bewegung erzeugt wird.
Letzterer Zustand kann auch herbeigeführt werden^ wenn man, falls auf
das System Veine äusseren Kräfte wirken, solche anbringt, oder die etwa
schon Torhau denen ändert. Ein Beispiel hierzu wäre folgendes: Man
denke sich einen relativ kleinen Theil einer Gasmenge comprimirt und
nun das System sich selbst überlassen; bekanntlich schreitet eine Welle
in demselben fort, d. h. es gelangen die verschiedenen Theile in äussere
Bewegung. Auch das Ausströmungsproblem gehört hierher.
Mathematisch ist der Unterschied der genannten Zustände dadurch
auszudrücken, dass im ersten Falle die Coordinaten des Molekels wohl
von der Zeit abhängen
aber diese letztere eliminirt werden kann, wodurch man dann eben auf
die Gleichungen der Bahnen
Z = 0, M=0, iV=0, ...
kommt, dass aber im zweiten Falle die Parameter er, /3, y der Bahncurven
noch Functionen der Zeit sind, diese also in den Functionen L, M, N
explicirt erscheint. Um den Unterschied der Moleculsrrbewegungen durch
ein einfaches Analogen zu veranschaulichen, denke man sich die Bewegung
eines Punktes im Kreise mit der in einer Epicycloide verglichen.
IV.
Das Princip des D^Alembert giebt nun bekanntlich für den ersten
der in III unterschiedenen Fälle die Relation:
494 Beitrag zur mechanischen Theorie der Wärme.
1) ^d£{mv^)=^i:{Xdx+ Ydy + Zdz)
oder
1') J Z (mv*) — zfiXdx + Ydy + Zdz)= consL,
welche uns aussagt, dass die lehendige Kraft der schwingenden Molekel
ungeändert bleibt, wenn keine Ausseukräfte auf das System wirken, weil
für r=:0, 7=0, Z = 0
2) i -S (m !;«) = const.
Die Differenz auf der linken Seite der Gleichung V) wird gewöhnlich die
Wirkungsfunction des Systems genannt. Die Kräfte, welche die Verbin-
dungen ersetzen köunten, seien A,fi, v ...; sie können bestimmt wer-
den aus den Gleicbungen:
= 0
' 1 dt* dz dz dz
,aV dL dM dN
Wir wollen nun die Aenderungen ins Auge fassen, die mit dem
Systeme vorgenommen werden können, und sehen dabei zuerst; dass
dieselben einen Einfluss auf die Wirkungsfunction haben dürften. Solche
Aenderungsprocesse können aber zweifacher Natur sein : entweder bleibt
während der Aenderung das System stets in dem Zustande des ersten
Falles, so dass sich in jedem Augenblicke eine der Gleichung l') analoge
Beziehung aufschreiben lässt, oder es wird der Zustand des zweiten Falles
herbefgeftibrt, so dass plötzlich in den nunmehr entstehenden Molecular-
verbindungen
Z' = 0, itf' = 0, ^' = 0, ...
die Zeit maassgebend erscheint und für die Aenderung nicht mehr eine
mit der Relation l') analoge giltig bleibt. Eine Zustandsänderung der
ersten Art nennt man „einen umkehrbaren Process^% weil das System
auf demselben Wege wieder in seinen ursprünglichen Zustand gelangen
kann, im Gegensatze zu dem letzteren Processe, der ein „nicht umkehr-
barer" ist.
Die Gleichungen l) und l') gelten für diese letzteren Processe nicht
mehr; ebenso ändern sich die Relationen 3) mit jedem Augenblicke^ weil
die Verbindungsgleichungen andere werden.
Von Professor Julius Eibel. 495
V.
Die Anwendung der in den ersten Tier Absclinitten aufgestellten
Sfitze auf die Wärmebewegung ist nun ohne Schwierigkeit. Die Glei-
chung 2)
\ 2J (m v^) = const.
{X=0, Y=0, Z=0)
interpretirt Clausius dadurch, dass er annimmt, „die Temperatur eines
Körpers sei proportional der Summe der lebendigen Kräfte seiner Mo-
lekel'*; es bliebe also nach dieser Annahme die Temperatur constant,
80 lange keine äusseren Kräfte auf die Molekel wirken.
Jochmann hat nun in Schlömilch's Journal („Beiträge zur
Theorie der Gase" 1860 V, 2. Heft) die Conscquenzen aus der Clausius-
schen Annahme gezogen und auf Ergebnisse gewiesen, die mit den Be-
obachtungen im Widerspruche stehen. Er zählt insbesondere vier Punkte
auf, die ihm auf eine Unhaltbarkeit der Clausius' sehen Hypothese deuten :
„2. Diese Hypothese ist bis jetzt mindestens noch den Nachweis
schuldig, warum die Bedingung des Wärmegleichgewichts zwischen zwei
heterogenen Körpern darin besteht, dass die mittlere lebendige Kraft
eines (chemischen) Atoms in beiden Körpern gleich gross ist.
3. Man stösst bei dieser Hypothese auf die Schwierigkeit, dass die
Wärmebewegung von der fortschreitenden Bewegung einer Gasmasse über-
haupt nicht zu unterscheiden ist ; dieselbe führt bei der Ausströmung eines
Gases in einen luftleeren oder luftverdünnten Raum zu Consequenzen,
welche mit der Erfahrung im Widerspruche stehen.
4. Die Argumente, durch welche Herr Clausius gewisse gegen die
Hypothese gerichtete Einwürfe zu widerlegen gesucht hat, erreichen diesen
Zweck nur theilweise. Insbesondere treffen sie nicht den Einwand, dass
locale Temperaturverschiedenheiten in einem luftförmigen Medium sich in
aosserordentlich kurzer Zeit ausgleichen müssten.
5. Die Hypothese ist ferner nicht im Stande, über die Gesetze der
Fortpflanzung des Schalls in luftförmigen Medien genügende Rechenschaft
SU geben.
6. Aus alledem ergiebt sich die Folgerung^ dass es wenigstens vor
der Hand noch ungerechtfertigt ist, die in einem Körper enthaltene
Wärmemenge ohne Weiteres, wie es zn geschehen pflegt, mit der leben-
digen Kraft. der Molecularbewegung zu identificiren oder die Temperatur
der lebendigen Kraft eines Atoms proportional zu setzen."
Ich glaube nun, dass die letzten vier Punkte als widerlegt und die
Ansichten von Clausius als gerechtfertigt angesehen werden können,
wenn man die Wärmeprocesse so auffasst, wie es in den Abschnitten
I — IV geschehen ist. Man bemerkt dann sogleich den Irrthum Herrn
Jochmann's: die Probleme, welche er betrachtet, das AuE6ttömxv\\^^->
496 Beitrag zur mechanischen Theorie etc. VonProf. JüliüsEibel.
das Wärme-*) und das SchalUeitnngsproblem sind lauter nicht umkehr-
bare Processe, auf die er aber nichtsdestoweniger die Gleichung l')
^ S (mv*) '--Zj{Xdx+ Ydy -f Zdz) = consi.
anwendet, obwohl dieselbe für seine Fälle keine Geltung mehr hat, wie
wir in IV gesehen. In der That schwingen auch die Molekel bei den
genannten Problemen in ganz anderen Bahnen, als wenn ein Gas sich
selbst überlassen oder einem umkehrbaren Processe unterworfen wird.
Die Hypothese des Gl aus ins entgeht durch Adoption dieser hier ent-
wickelten Ansichten zugleich der in Jochmann^s drittem Punkte ange-
deuteten Klippe ^ „dass die Wärmebewegung von der fortschreitenden
Bewegung einer Gasmasse Überhaupt nicht zu unterscheiden ist.*' Denn
es ist wohl richtig, dass in Folge der Ansicht Claus ins' das Potential
einer Gasmasse auf sich selbst einen Constanten Werth haben müsste,
wenn das Gas ohne Aenderung seiner Wirkungsfunction sich ausdehnt,
weil nach Thomson-Joule's Versuchen bei einer solchen Dilatation
die lebendige Kraft constant bleibt. Es ist aber nur richtig, sobald die
Gleichung l') fortwährend besteht, so lange also die Processe, die mit
dem Gase Torgenommen werden, umkehrbare sind. Nun ist aber nach
dem Gesagten klar, dass das Potential einer Gasmasse auf sich selbst
bei einem nicht umkehrbaren Processe gar nicht mehr constant, sondern
eine Function der Zeit sein wird, wodurch es eine fortschreitende Be-
wegung involvirt, die sehr gut von der Wärmebewegung zu trennen ist,
wie auch, um ein bereits gewähltes Analogen nochmals in Erinnemng zu
bringen, die fortschreitende Bewegung in einer Cycloide sehr deutlich
von der wälzenden unterschieden werden kann.
Schliesslich erwähne ich noch , was auch aus dem Gesagten natur-
gemäss fliesst, dass der Potential-Calcul für die mechanische Theorie der
Wärme nicht ausreicht, weil derselbe nur unter der beschränkenden Be-
dingung ausgebildet ist, dass in dem Systeme keine Verbindungen exi-
stiren, welche die Zeit explicite enthalten; die mathematischen Physiker
werden genöthigt sein, einen allgemeineren „Vibrations - Calcul" zu ent-
wickeln, um auch die so häufig vorkommenden nicht umkehrbaren Wärme-
processe in den Kreis ihrer Betrachtungen ziehen zu können. Dieser
Vibrationscalcul enthielte dann als speciellen (so zu sagen „adiabatischen^^)
Fall sämmtliche Probleme der Aerodynamik, von welchen einige schon
durch Zeuner gelöst worden sind, während die umkehrbaren Wärme-
processe auch calorisch-statische genannt werden dürften (z.B. das baro-
metrische Höhenmessen, die Festigkeitsaufgaben etc.). Es ist aus diesen
wenigen Andeutungen schon, glaube ich, die grosse Wichtigkeit und die
ungeheure Tragweite der Hypothese des Gl aus ins genügend abzusehen.
*) Beiläufig^ sei gesagt, dass für dieses das Experiment mit dem sogonannten
Wackler wichtig werden kann.
XVII.
üeber den Temperaturzustand eines von zwei nicht
eoncentrischen Engelflächen eingesclilossenen Körpers.
Von
Dr. Frosch,
Gymnasiallehrer zn Schneidemühl.
§.1.
Darlegung der Methode, durch welche die Lösung des
allgemeinen Problems zurückgeführt wird auf diejenige
eines speciellen Falles.
1. Unter Zugrundelegung einer festen Ebene kann man in optischer
Beziehung jeden yon zwei Pnnkten das Bild des anderen nennen, wenn sie
in ein und derselben auf der Ebene errichteten Senkrechten liegen und ihre
Entfernungen von der ersteren gleich sind. Von dieser Ausdrncksweise
soll im Folgenden, um eine kürzere und bequemere Bezeichnung za er-
möglichen, auch in dem Falle Gebrauch gemacht werden, wenn anstatt der
festen Ebene eine feste Kugelfläche S zu Grunde gelegt wird, und zwar
soll unter dem Bilde eines beliebigen Punktes o im Räume derjenige o
verstanden werden, welcher mit dem gegebenen auf demselben Radius resp.
dessen Verlängerung gelegen ist, dergestalt, dass ihre Distanzen vom Mittel-
punkt als Product das Quadrat des Radius der Kugel ergeben. Man sieht
leicht ein, dass diese Bezeichnungsweise in die ursprüngliche übergeht, so-
bald man den Mittelpunkt der Kugel in unendliche Ferne fortrücken lässt,
wodurch die Kugelfläche selbst sich in eine Ebene verwandelt.
Es soll nun die Abhängigkeit des Bildes oo eines beliebigen Punktes o
von diesem analytisch ausgedrückt werden. Zu dem Ende werde der Mittel-
punkt der Kugel als Anfangspunkt eines rechtwinkligen Coordinatensystems
angenommen, x^y^z seien die Coordinaten des Punktes o, 5»^?? diejenigen
des Punktes oo. Alsdann folgen aus der Definition der Verwandtschaft bei-
der die Gleichungen :
wenn c den Radius der Ku^el und
498 Ueber den Temperaturzustand eines von zwei nicht coneentr.
die Entfernungen der Punkte vom Anfangspunkte darstellen ; oder in einer
anderen zur Transformation geeigneteren Form
x_c'.^,.
y=^.f
1J— c . ^, ,
.-C.^t
t=^-^.
aus deren Symmetrie erhellt, dass jeder der Punkte o und a> das Bild des
anderen ist.
2. Aus einer einfachen geometrischen Betrachtung ergiebt sich weiter,
_ , , ausserhalb , „ , « . ^ , innerhalb , ,,
dass ledem Punkte . , ,, der Kugel S ein Punkt , ,, derselben
•^ mnorhalb ausserhalb
entspricht, dass dagegen beide zusammenfallen, sobald einer Ton ihnen auf
der Kugelfläche selbst liegt. Ferner: dass, wie das Bild eines Punktes
wiederum ein Punkt ist, so auch dasjenige einer Linie, einer Fläche, eines
Körpers wiederum eine Linie, eine Fläche, ein Körper ist, deren Gleich-
ungen aus den gegebenen durch die obigen Transformationsformeln gefun-
den werden.
3. Um zunächst zu untersuchen, welches das Bild einer Ebene ist,
seien A^ B^ C die Cosinusse der Winkel, welche ihre Normale mit den Coor-
dinatenaxen bildet, D ihre Entfernung vom Anfangspunkte. Ihre Gleich-
ung ist alsdann :
Ax+ By + Cz — D=^0,
Durch Einsetzung der Werthe für .T,y,z geht dieselbe über in:
Ac*^ + B(^fl + Cc*S—Dq'^ = 0.
Es sind jetzt zwei Fälle zu unterscheiden. Wenn nämlich die Ebene
durch den Anfangspunkt geht, also Z> = 0 is-t, so erhält man
A^+Bri+Cj; = 0,
die Gleichung der Ebene selbst. Ist dies jedoch nicht der Fall, so lässt
sich die obige Gleichung auf die Form bringen :
o-Ä^)'+('-Ä«y+o-Ä^)'-(ä)*=»-
Dies ist aber die Gleichung einer Kugelfläche, deren Mittelpunkt in der
c«
Normalen der gegebenen Ebene in einer Entfernung =— vom Anfangs-
C»
punkt liegt, und welche, weil ihr Radius =— ist, durch diesen selbst hin-
durchgeht.
Kogelfl&chen eingeschlossenen Körpers. Von Dr. Frosch. 499
- .^N^ .^V*»* •■ ^ * ^ »>* ^ >
Es folgt daraus , dass in Bezug auf eine gegebene Kugelfläcbe das
Bild einer beliebigen, durch den Mittelpunkt hindurchgehenden Ebene
wiederum eine Ebene, dasjenige einer beliebigen anderen Ebene eine Ku-
gel ist.
4. Um ferner das Bild einer beliebigen Kugelfläche zu erhalten, werde
angenommen, dass ihr Mittelpunkt auf der X-Axe in einer Entfernung =a
Tom Anfangspunkt liegt. Ihre Gleichung ist alsdann, wenn d den Radius
dieser Kngelfläcfae bezeichnet:
(x—ay + y« + 2« — d« = 0,
oder
r* — 2ax + («*— «^3 = 0.
Dieselbe geht durch die Transformation über in :
c* — 2ac*5 + (a*— d*) ^' = 0.
Aocb hier sind zwei Fälle zu unterscheiden. Geht die Kugelfläche durch
den Anfangspunkt, ist also a=i/, so erhält man:
g =0,
2a '
die Oleicbnng einer Ebene, welche der JTZ- Ebene parallel ist und um die
Strecke =s — von ihr absteht. Ist dies jedoch nicht der Fall , so geht sie
über in die folgende :
oder mnch
(«-=Ö)"+v+^-(.Sp
Sie repräsentirt also ebenfalls eine Kugelflächo, deren Centrum in der
JT- Axe in einer Entfernung =-^ — -t, vom Anfangspunkt liegt und deren
de*
Badius = -z — ^ ist.
Es ist also in Bezug auf eine feste Kugelfläche das Bild einer belie-
bigen anderen Kugelfläche, wenn sie durch den Anfangspunkt hindurch*
geht, eine Ebene, in jedem anderen Falle wiederum eine Kugelflächo.
6. Die zuletzt gefundene Gleichung des Bildes einer Kugelfläche soll
nun genauer untersucht und zugleich der bisher beliebig angenommene Ra-
dius der Kugelfläche S näher bestimmt werden. Es sei in Bezug auf die
Kugelfläche A^, deren Bild bestimmt werden soll, a der dem Anfangspunkt
— (^
als Pol (im gewöhnlichen Sinne) entsprechende Punkt, so ist aA'= — ; dcr-
(P a* — d*
selbe ist demnach vom Anfangspunkt um die Strecke =0 =
ZelUckrin f. UMthfmalik u. Phy»ik, Xltl, G. ^
500 Üeber den Temperaturzustand eines von zwei nicht concentr.
entfernt. Nimmt man nun an, dass die Kugelfläcbe S durch den Punkt a
hindurchgeht, so hat man zu setzen c= . Durch diese Substitution
gebt die obige Gleicbung über in die folgende :
(|-c)» + i,* + J'-(^)=0.
Mit Rücksicht darauf, dass während der Transformation der Punkt a als
ein Punkt der Oberfläche unverändert bleibt, erbält man daraus das Re-
sultat :
Das Bild einer beliebigen Kugelfläcbe in Bezug auf eine feste Kugel-
fläche , welche durch den dem Centrura der letzteren als Pol hinsichtlich
der ersteren entsprechenden Punkt geht, ist eine Kugelfläche, deren Cen-
trum mit diesem Pol zusammenfällt.
6. Aus der Elementargeometrie ist ferner bekannt, dass der geome-
trische Ort aller der Punkte , deren Abstände von zwei festen Punkten p
und p, ein constantes Verhältniss haben, ein System excentrischer Kugel-
flächen ist, deren Mittelpunkte sämmtlich auf der Linie pp^ liegen, sowie
dass für jede dieser Kugeln die Punkte p und p^ Pole sind. Wenn man
nun um den einen von ihnen, z. B.p, mit einem Radius =ppi eine Kugel con-
struirt und in Bezug auf dieselbe das obige System von Kugelfiächen ab
bildet, so ist aus dem Vorigen ersichtlich, dass man wiederum ein System
von Kugelflächen erhält, deren Mittelpunkte indess sämmtlich mit dem an-
deren Pole Pi zusammenfallen.
7. Es ist nun im Folgenden das Bild eines Körpers zu untersnchen,
welcher von zwei beliebigen , im Allgemeinen nicht concentrischen Kugel-
flächen begrenzt wird. Dieselben können offenbar eine doppelte Lage
gegen einander haben; entweder nämlich liegt die eine von ihnen ganz inner-
halb oder ganz ausserhalb der anderen. Dementsprechend wird im erste-
ren Falle der Körper von schalenförmiger Gestalt sein , im letzteren dage-
gen wird er sich nach allen Richtungen ins Unendliche erstrecken und im
Innern zwei kugelförmige Höhlungen besitzen. Welche Lage indess auch
die beiden Grenzflächen gegen einander haben, es werden sich immer, wie
die Geometrie lehrt, zwei Punkte p und p^ so construiren lassen, dass sie
in Bezug auf jede der begrenzenden Kugclflächen einander als Pole ent-
sprechen , auch werden beide ganz ausserhalb des Körpers liegen. Con-
struirt man nun um irgend einen von ihnen, z. B. p, eine durch den anderen
Pi hindurchgehende Kugelfläche und bildet in Bezug auf dieselbe den ge-
gebenen Körper ab, so leuchtet ein, dass der letztere sich in einen von
zwei concentrischen Kugelflächen eingeschlossenen und daher allseitig be-
grenzten Körper verwandeln wird. Es wird im Folgenden dargethan wer-
den , dass auch die Aufgabe , die Wärmevertheilung in einem von zwei ex-
centrischen Kugelflächen eingeschlossenen Körper zu finden , auf die eiu-
xku^eiuaciien ciiigeHcujosBenen ivurpcrs. von ur. ruunvki, oui
faehere und bekanntere zurückgeführt werden kann, die sich auf einen von
swei concentrischen Kugelflächen eingeschlossenen Körper bezieht. Zuvor
sind aber noch einige zur Uebertragung nöthige Formeln zu entwickeln.
8. Wenn man vom Anfangspunkt des Coordinatensjstems, als Mittel-
punkt der Kugelfläche 5, einen sehr schmalen Kegel construirt, so wird
derselbe aus irgend einer der gegebenen Grenzflächen ein Element ds, aus
deren Bild ein Element da herausschneiden. Da man jedes derselben als
die sphärische Projection des anderen ansehen kann, so findet die Rela-
tion statt:
ds • cos
(t)
de . cos
(7)
in welcher ( — j und ( — j diejenigen spitzen Winkel bezeichnen, welche
die auf den Flächenelementen ds und da errichteten Normalen mit dem ge-
meinsamen Radiusvector r oder q bilden. Aus einer einfachen geometri-
schen Betrachtung ergicbt sich indess , was sich auch allgemein von je zwei
entsprechenden Oberflächenelementen beweisen lässt, dass diese Winkel
unter sich gleich sind. Mit Rücksicht hierauf erhält man :
ds
da
j »
oder wenn man, um späteren Zweideutigkeiten auszuweichen, die Entfer-
nungen der Elemente ds und da vom Anfangspunkt mit e und 1 bezeichnet
d s da
9. Kehren wir noch einmal zu den Transformationsformeln in No. 1
zurück. Dieselben lassen sich auch auf folgende Weise schreiben :
Betrachtet man in ihnen die Coordinaten ^yti^t als constanto Parameter, so
ersieht man sofort, dass dieselben drei Systeme von Kugelflächen darstellen,
welche sich, weil jede von ihnen durch den Anfangspunkt geht, gegensei-
tig durchsetzen.
Differentiirt man dieselben , so erhält man :
^S » t«
c»
^v 0 1 y
^f 0 * -^
r-^ = — 2c*— rX
+
;r-' —ic^ — x
--^ 2c*-i-a:
dx r*
r*
dx r*
dx r*
»5 „ .Ä
dn .1/ c*
3 t • 2
'.^— 2C%
^^- 2c^yz
i'- "•"=+7
a r*
dz r*
dz r* ' r^
^\'*
502 Ueber den Teinpcraturzustand eines von zwei nicht concentr.
r^•.**«*^^v^w.^.*^^>*>^^^>v .
Maltiplicirt man diese Gleichnngen je zwei nnd zwei mit einander nnd ad-
dirt die senkrechten Reihen , so findet sich :
dxdx'^dy'dy'^dz' dz '
dj_ H,H H,H n_^
dx' dx'^ dy' dy^ dz dz '
dx'dx'^ dy' dy'^ dz' dz^ '
Diese Gleichnngen zeigen an, dass die drei Systeme von Kugelfläcben
einander nnter rechten Winkeln schneiden.
10. Es soll nnn der Ausdrnck <J*»* ^^=0 transformirt werden , in wel-
chem, wie es gebränchlich ist, der Kürze wegen
^*f *= -t- +
ax*^ ay'^ dz^
gesetzt ist. Mit Rücksicht darauf, dass die neu eingeführten Coordinaten
als die Parameter dreier orthogonalen Flächensysteme anfgefasst werden
können, findet die Jacobi'sche Formel:
Anwendung, in welcher der Kürze halber
.,,....=iriL--)+;(-
gesetzt ist. Um die ebengenannten Grösßen zu erhalten , hat man nur nö-
tbig, die Transformationsformeln in No. 1 zu differentiiren
d^ Q* Q^
'J.=-.^L
V
= -2c'4j;
e"
OS q"
dt- ^v^
drj Q
die erhaltenen Gleichungen ins Quadrat zu erheben und senkrecht zu ad-
diren. Man erhHlt schliesslich :
oder
Q Q Q
Kugelflftchen eingeschlossenen Körpers. Von Dr. Fkosch. 503
Durch Einsetaang derselben gebt die Jacob i*8che Formel über in
4 ^.. ;^. ' (4»D+ £(4«/)+ 1.(4^),
oder
— zf'y»^=— (^— — j+— (^-^— j+ — (^— — ^^
Sie ist indess noch einer weiteren Yereinfachang fähig. Bezeichnet man
vämlich mit q> and ^ zwei beliebige Functionen Ton £, 17, {;, so gelten die
Differentialgleichungen :
c7ij öiy ^ly
a-
"^ at '''af "^di'
oder wenn man sie zum zweiten Male differentiirt:
^ ( .^ ■* I ^V 3>
Addirt man dieselben, so wird:
Setzt man hierin die beliebigen Functionen g)= — IV und t/; = — , so er-
9 9
giebt sich :
oder, da bekanntlich ^ — =0 ist,
H V 'n) "'' ^ V "^A r5\7 TO^ 7 "* \^ ^ »
504 Uebcr den Temperaturzustand eines von zwei nicht concentr.
Es geht demnach die Transformationsformel über in :
Für den Fall, dass /i'y*W=~0 ist, erhält man mithin die entsprechende
Gleichung ^^^^ — ^=0, oder wenn man die Entfernung des Punktes S,i;, J
Tom Anfangspunkt wie vorhin mit c bezeichnet:
§.2.
Lösung der Aufgabe für den besonderen Fall, dass die den
Körper begrenzende n Kugel flächen concentr isch sind.
11. Die Aufgabe, um deren Lösung es sich hier handelt, lässt sich in
doppelter Weise aussprechen. Physikalisch aufgefasst lautet dieselbe:
„Gegeben ist ein von zwei concentriscben Kugelflächi'U eingeschlosse-
ner Körper. Es soll nach Eintritt des stationären Temperaturzustandes
die Vertheilung der Wärme im Innern desselben bestimmt werden, wenn
die Temperatur eines jeden Punktes der Grenzflächen eine gegebene und
unveränderliche ist."
In die Sprache der Analysis übertragen :
„Es ist die Function V so zu bestimmen, dass
I«) z/§*?£ F, in jedem Punkte im Innern des Körpers =0,
dV dV dV
16) daselbst Tnebst den ersten Di£Perentialquotienten -r-r, ^— , -^--ste-
d% öri <7f
tig und endlich ist ;
II. dass die Function V in jedem Punkte der Grenzflächen einen ge-
gebenen und unveränderlichen Werth annimmt."
Die Gleichungen unter I), zu denen im Allgemeinen noch hinzutritt
die Bedingung
Ic) dass, falls der Körper sich ins Unendliche erstreckt, g F, wo 6 die
Entfernung des Punktes J,t?, t vom Anfangspunkt darstellt, überall einen
endlichen Werth behält, beissen (nach Neumann*), weil sie nur von der
Gestalt des vorgelegten Körpers abhängen, Ilauptbedingungen , diejenigen
unter II), weil sie ausserdem von gewissen Grenzwerthen abhängig sind,
Nebenbedingungen. Es ist somit klar, dass für einen und denselben Kör-
per unzählig viele Lösungen existiren, je nach der Festsetzung der Werthe,
welche die Function V in den Punkten der Grenzflächen annehmen soll.
Dieselben lassen sich jedoch sämmtlich, wie die Untersuchungen von Green
*) Neuiuaun, Allgoraeine Lösung des Problems über den stationären
Temperaturzustand eines homogenen Körpers , welcher von irgend zwei nicht con-
ceotrischen Kugelüächea begrenzt wird. Pag. VA.
Kngclfl&chon eingeschlossenen Körpers. Von Dr. Frosch. 505
und Neumann gezeigt haben, auf eine einzige zurückführen, nämlich auf
Folgende Aufgabe:
Es ist die Function G zu bestimmen , welche
I. den Hauptbedingungen Genüge leistet,
II. in einem beliebigen Punkte (o) der Oberfläche den Werth Tjo er-
langt, wenn man unter Jj^ den reciproken Werth der Entfernung des Punk-
tes (o) von einem beliebigen , aber festen Punkte (1) im Innern des Körpers
versteht, so dass also Gq=sT^q ist.
Ist nämlich die Function G für einen Körper ermittelt und yersteht
man unter i;«' die Grösse
/_ dG^ dTiQ
"^'^ dn'^ dn '
"WO n die Richtung der im Punkte o nach Aussen errichteten Normale dar-
stellt, so findet man die gesuchte Function durch die Gleichung:
in welcher dö das Flächenelement im Punkte o darstellt und die Integration
«zufalle Elemente der Grenzflächen auszudehnen ist.
12. Diese Beziehungen sollen angewendet werden, um den Werth der
Function V zunächst für einen von zwei concentrischen Kugelflächen be-
grenzten Körper zu ermitteln. Bezeichnet man mit o einen Punkt der
äusseren, mit t einen Punkt der inneren Grenzfläche, ferner mit de und
dt die Flächenelemente in den Punkten a und t, so ist die Gleichung, durch
i¥elcbe die Function V bestimmt ist:
^TtV.^fri^'y^da+fri^'V^dT,
in welchen die Grössen tf die Werthe haben :
dn dn
dO; dT,^
^ dn dn '
^r =
Berücksichtigt man , dass die in da erricbtcte Normale dieselbe Richtung
bat, wie der Radiusvector r, die in dz errichtete aber eine dem letzteren
entgegengesetzte , so lassen sich die obigen Werthe auch folgendermaassen
darstellen :
''»" Ar ^~ä7'
Da hl denselbon T,^ uud^ J,, bekannte Functionon sind , so handelt es sich
darum, die Green 'sehe Function G zu ermitteln.
506 Ueber den Temperaturzustand eines von zwei nicht concentr.
13. Es sei, wie oben, 1 ein im Innern des Körpers beliebig angenom-
mener, aber fester Punkt, dagegen o ein veränderlicher Punkt, ihre Polar-
coordinaten r„ co^, q)^ und r, o», 9, dann ist
T - *
j/r'+r,' — 2rr, cos ^
wo
cos ^= cos 00 . cos a)| + sin m . ^tn Oi . cos (9 — 9>i)
gesetzt ist. Dieser Ausdruck lässt sich auf doppelte Weise nach Kugel
functionen entwickeln
n=:GC y,f|
11 = 0 ' ^
von denen die erstere Entwickelung anzuwenden ist, so lange der Punkt
(0) innerhalb einer mit dem Radius r, um das gemeinsame Ceotrum con-
struirten Kugel, die letztere dagegen, wenn er ausserhalb derselben liegt.
Schreibt man der Kürze wegen P,o" für P^{cos^), da diese Function nur
von der Lage der Punkte 0 und 1 abhängt , so ist demnach
=''^^ für
r.,= } üf" ' - fttr
n=0 f
Hinsichtlich der Function P^{1) hatLaplace gezeigt, dass dieselbe
der Gleichung genügt
fi (^ -*'^ ^-^ + " ^" + ^^ ^" ^^^ = "•
vermittelst welcher sich leicht beweisen lässt , dass jedes Glied der obigen
Reihen
'•"^.«' ««"J ;:ir+i ^.."
der Gleichung genügt
z/r''/»,o" = 0 und ^-^^P,o» = 0.
Aus einfacher geometrischer Anschauung erhellt ferner, dass jede
von diesen Grössen sammt ihren ersten Differentialquoticnten, so lange der
Punkt 0 im Innern des Körpers bleibt, stetig und endlich ist. Es folgt
daraus, dass jede von ihnen den obigen Hauptbedingungen Genüge leistet.
Dasselbe gilt auch von jedem aus ihnen beliebig zusammengesetzten
Ausdrucke
J = Ar» /',„» + B -^ P, 0» = [^r" + ß -i^] />,.».
Da diese Function ebenso, wie die Function G den Hauptbedingungen
genügt, so wird sie mit derselben identisch sein, wenn beide auch den>
Kngelflächcn eingeschlossenen Körpers. Von Dr. Fkosch. 507
selben NebenbediDgungen gentigen ; es ist denlnach zu untersuchen , ob die
l>isher wiRkürlicben Constanten A und B sich so bestimmen lassen, dass
die Functionen / und G oder, was dasselbe ist, die Functionen J und T die-
selben Grenzwerthe besitzen , d. h. dass die Gleichungen stattfinden
Nach der obigen Entwickelung hat man aber
n=ac |. n
n =0 ' fl
fi=cD •• n
»1 = 0 M ^
sowie
Daraus geht hervor, dass, wenn die Functionen J und G identisch sein
sollen , einerseits die für J entwickelten Reihen von ft = 0 bis n := oo sum-
mirt werden müssen , andererseits, dass die willkürlichen Constanten A und
B so bestimmt werden müssen, dass
1 r "
Ar^^ + B — ^j = —^-4:1 ,
Aus diesen Gleichungen ergiebt sich
1 -. 2n4-l - 2n-f 1
Versteht man nun unter A und ^ die genannten Grössen, so stellt sich
die gesuchte Function dar
^"' ="!!['"•" +^■Ä^] ''•»"•
14. Es sind gegenwärtig die Grössen tj seihst zu berechnen. Da die
Function T bekannt, die Function G soeben ermittelt ist, hat man beider
Differentialquotienten zu bilden. Berücksichtigt man, dass die Function
P, 0" von der Coordinate r unabhängig ist, so ergiebt sich
dG,'
"""«fl [^'' ''"'"'"■ ^ ^'' "^^^^'y ^'""'
dr
desgleichen findet man die Differentialquotienten von T^^
508 Ucbcr den Tcmperaturzustand eines von zwei nicht eoncentr.
Setzt man diese Wertlie der Diflferentialqaotienten in die GleichoDgen,
durch welche die Grössen tj^' nnd ti^' bestimmt werden,
''» dr "*" dr
ein , so erhält man
n=Oi L ^C 'a^J
Werden jetzt für die Grössen A nnd B ihre Werthe sabstituirt , so er-
giebt sich nach einigen Reductionen
n=ao - n — I «.2ii4-l .. 2a 4-1
Man erhält somit das Resultat:
Bezeichnet man mit tj^' und ri^' die oben aufgestellten Ausdrücke, so
ist der Werth der Function V im Punkte (1) bestimmt durch die Gleichung
§.3.
Zurückfübrung der Lösung des allgemeinen Problems auf
den im §. 2 behandelten speciellen Fall.
15. Die Aufgabe, deren Lösung die vorliegende Untersuchung zum
Gegenstände hat, lautet, wie bekannt ist, folgendermaassen :
Gegeben ist ein von zwei nicht concentrischen Kugelflächen einge-
schlossener Körper. Es ist die Function fV zu bestimmen , welche
I. im Innern des Körpers den Hauptbedingungen genügt,
11. in Punkten a und t der Grenzflächen gegebene, unveränderliche
Werthe annimmt.
Es war früher gezeigt, dass der vorgelegte Körper, mag er endlich be-
grenzt sein oder sich nach allen Richtungen bis ins Unendliche erstrecken,
nach der in §.1 auseinandergesetzten Methode sich in einen Körper verwan-
dela lässt, welcher von zwei concentrischen Kugelflächen eingeschlossen
Engelflächen eingeschlossenen Körpers. Von Dr. Frosch. 509
ist. Es ist daher von Wichtigkeit, zu untersuchen, in welcher Art sich die
Bedingnngsgleichungen der Function W für den erhaltenen Körper trans-
formiren. Es mag deshalb daran erinnert sein, dass zunächst nach
No. 10 die Bedingungsgleichung la) J'y*W=Q übergeht in die ähnliche
'd^^t l^W J = 0, wo « die Entfernung des Punktes liyf vom Anfangspunkt
darstellt. Um die hier auftretende Function -- W zu untersuchen, sind die
leiden Fälle, von denen oben die Rede war, einzeln zu betrachten.
Ist der zu untersuchende Körper nach allen Richtungen endlich be-
grenzt, so liegt der Anfangspunkt ausserhalb des durch die Transformation
«Erhaltenen: es kann daher niemals £ = 0, also — = oo werden. Da auch die
Function ^ im Innern des Körpers stetig ist, so folgt, dass daholbst die
Function — fV ebenfalls stetig und endlich ist. Dasselbe lässt sich auch
i
von ihren ersten Dififerentialquotienten darthun.
Ist dagegen der Körper nach allen Richtungen hin unbegrenzt, so
liegt der Anfangspunkt in dem durch die Transformation erhaltenen Kör-
per selbst, und es könnte daher fraglich erscheinen , ob die Function — W
im Anfangspunkte endlich ist. Indessen tritt für diesen Fall noch die Be-
dingung Ic) hinzu, welche besagt, dass die Function e W auch für e= oo
c«
endlich bleibt. Da nun e]^= — W ist, so ergiebt sich, dass die Function
— FF anch für e = 0, d. h. im Anfangspunkte endlich bleibt. Dasselbe gilt,
wie sich leicht zeigen lässt, auch für die ersten Differentialquotienten
derselben.
Aus diesen Erörterungen geht hervor, dass, wie auch der ursprüng-
liche Körper beschaffen sein mag, die Function — W \xa Innern des trans-
C
formirten Körpers
la) der Gleichung /ii— w\^(i genügt,
16) sammt ihren ersten Differentialquotienten stetig und endlich ist.
Dies sind nichts anderes, als die vier Hauptbedingungen für den
transformirten Körper, da die Bedingung Ic) hier, weil derselbe jedenfalls
endlich begrenzt ist, ihre Bedeutung verliert. Es ist demnach noch übrig,
die Nebenbedingungen zu transformircn. Da jedem Punkte s und i dos
ursprünglichen Körpers ein Punkt ö und t des ViÄiiÄtox\xv\t\.^Ti ^\i\Ä^\\Oo^^
510 Ueber den Teniperaturzustand eines von zwei nicht concentr.
so folgt Ws^^fV^ und }Ft=fF^. Die Function i W nimmt folglicb ««*
e
Punkten der Grenzflächen die bestimmten Werthe — Wg und — fFg an.
fa fr
Man erhält somit schliesslich das Resultat:
Die Function —^genügt
I. im Innern des Körpers den Hauptbedingungen,
II. sie nimmt auf den Grenzflächen die unveränderlichen Wertbe
IfF, und —Wthu.
Es war aber im §. 2 die Aufgabe gelöst worden, für einen Körper der-
selben Art die Function V zu ermitteln, weiche
I. im Innern den Hauptbedingungen genügt,
II, auf den Grenzflächen gegebene feste Wertbe V^ und F, annimmt.
Da nun eine jede Function durch die obigen Bedingungen unzweideu-
tig bestimmt ist, so müssen die Functionen — W und F, weil sie beide den
Bedingungen I genügen, identisch sein, wenn dies auch hinsichtlich der Be-
dingungen II der Fall ist. Setzt man demnach
— ^,= F^ und —W,= V^,
so folgt
- jr= V
e
oder
fV=sV.
Es leucbtet hieraus ein, dass die gestellte allgemeine Aufgabe, weil
zurückgeführt auf einen besonderen schon behandelten Fall , ebenfalls als
gelöst anzusehen ist. Es ist jedoch noch uöthig, zu untersuchen, welche
Bedeutung für den ursprünglichen Körper die Grössen, welche in der
Function F enthalten sind, besitzen. Vor Allem liegt die Frage nahe, in
welcher Weise die Coordinaten r, w, 9 in die gegebene Figur sich über-
tragen lassen.
16. Es seien in der letzteren, wie früher, p und p, die beiden Pole, um
den Pol p sei mit der Polardistanz pp^ die Kugelfläche construirt, in Bezug
auf welche ca das Bild eines beliebigen Punktes 0 sei. Aus den Principien
der Trauformation ergiebt sich alsdann
po .pmz=zpp^ .
folglich
J popi (%j jd ppyto
und daraus
Kngelflächen eingeschlossenen Körpers. Von Dr. PROScn. 511
^.•^w^ ^ ^ ^\
Setzt man, wie früher, pp^ = c und erwägt, dass p, co nichts anderes
ist y aU die Polarcoordinate r, so hat man
PtO
r = f .
• p 0
Der hier auftretende Quotient der Entfernungen des variaheln Punktes
o von deli beiden Polen lässt sich als neue Coordinate K einfuhren , so dass
Aas der Aehnlichkeit der Dreiecke pop^ und.pp, o; ist ferner ersicht-
lich, dass ^
LpPi(o = Lpopi,
Wo Lppi» das Supplement des Winkels ist, welcher sonst als Polarcoordi-
nate M betrachtet wurde, an deren Stelle L pop^ , d. h. der Winkel, den die
Itadien po und PiO mit einander bilden, als neue Coordinate St eingeführt
Werden soll , so dass man hat
cö = ;r — Ä.
Was die dritte Coordinate q> anbelangt, welche den Winkel darstellt,
den die durch den variaheln Punkt (o und die Al'-Axe gelegte Ebene mit der
^TF-Ebene bildet, so soll dafür der Winkel, welchen die durch den entspre-
chenden Punkt 0 und die A'-Axo hindurchgelegte Ebene mit der ZJT-Ebene
bildet, als neue Coordinate <P eingeführt werden. Da die genannten Ebenen
indessen nach No. 3 zusammenfallen , so hat man
17. Mit Hilfe der soeben aufgestellten Transformationsformeln
lässt sich zunächst zeigen, dass der Ausdruck
cos (0 . cos (Ol -j- sin oo . sin o)| . cos (gj — 9, )
in den folgenden übergeht
cos Sl . cos Ä, + sin Sl . sin Ä, . co« (<P — d», ) ,
d. h. dass er unverändert bleibt, abgesehen davon, dass an die Stelle der
monopolaren Coordinaten die dipolaren getreten sind , wenn man nämlich
die neu eingeführten Coordinaten KSIO^ weil sie sich auf zwei Pole be-
ziehen, dipolare nennt im Gegensatz zu den gewöhnlichen Polar- oder mo-
nopolaren Coordinaten. Da der obige Ausdruck das Argument der Func-
tion P bildet, so gilt ein Oleiches offenbar auch von dieser und man hat
^i<f" = ^i." und /'u" = At"-
Durch die Substitution derselben verwandeln sich die Grössen 1/ in
die folgenden
512 Üeber den Temperatarzustand eines yon zwei nicht concentr.
«
Die Fanction V wird aber repräsentirt durch die Gleichang
Nach Einsetzung der Werthe
V^=.-W, und r^==- W,,
sowie
ergiebt sich die Gleichang
=y il no fVs dö +J-^ fix Wt dx,
Zur Transformation der Flächenelemente de und dx dienen die For
mein in No. 8
ds dö ■ dl dx
— 1 = — 5 und -i = — i
oder
da=-j'd8 und dx = -^dl,
c* er
Durch Substitution derselben geht die Gleichung über in
4 it fr, = r^ VC »'. d« + /^' *»'' ^' *"•
Dieselbe lässt sich wiederum in die Normalform bringen
4;r fV^ = fff/ W. ds + JhI Wt dt,
wenn man unter H^ und H^ die fojgenden Ausdrücke versteht
oder mit Rücksicht auf die Werthe von rj^ und rjx'
18. Um die Grösse e, welche den Abstand des variabeln Punktes o
vom Anfangspunkt darstellt, ebenfalls durch die dipolaren Coordinaten
auszudrücken, hat man im J pmp^
pw* = /?/?,* ^PPi'PifO COSpp^ ö) +/?i(ö*
oder
Kugelflächen eingeschlossenen Körpers. Von Dr. FroSCh. 513
Setzt man darin r=zc,K und w = w — Ä , so wird f = — , und man erhält
e
e
oder wenn man die stets positive Grösse
l--2A'.co5Ä + Ä? = t/;'
setzt,
c
e——.
Durch diese Substitution gehen die obigen Gleichungen über in
*' -~?~ ,to^ '•' ^ • ^f;^» ' ^.»»+'- Ä-r^'+i " '
Diese Formeln stimmen^ abgesehen von der verschiedenen Bezeich-
nnngsweise, vollständig mit denen überein, welche Herr Prof. Neu mann
vermittelst einer anderen Methode aufgestellt haf^).
19. Es war oben mehrmals die Behauptung ausgesprochen, dass die
Untersuchung eines von zwei concentrischen Kugelflächen eingeschlossenen
Körpers hinsichtlich seiner Temperatur nur ein specieller Fall derjenigen
ist , welche sich auf einen von zwei excentrischen Kugelflächen umschlos-
senen Körper bezieht. Inwiefern dies richtig ist, soll zum Schluss noch
dargethan werden, indem gezeigt wird, dass durch gewisse Einschrän-
kungen die im §. 3 gefundenen Formeln in die des §. 2 übergehen.
Es seien wiederum p und p^ die beiden Pole , o ein variabcler Punkt,
so stellt die Gleichung
4^L = Consl.
op
ein System von nicht concentrischen Kugelflächen dar mit der gemein-
schaftlicben Centrale ppi. Lässt man den Punkt p in die unendliche Ferne
fortrücken, so wächst der Radiusvector op bis ins Unendliche und die
Gleichung scheint ihre Bedeutung zu verlieren. Multiplicirt man jedoch
vorher mit der Polardistanz pp^ = c, so wird
c
op . -=- = ConsL
* op
Lässt man jetzt den Paukt p bis nis Unendliche fortrücken, so convergirt
c
der Qnoticnt -=r gegen den Werth =1, und die Gleichung verwandelt
op
sich in
op^:s=: ConsL
m
*) NoumaDn, Lösang des allgemeinen Problems u. s. w., pag. 109.
514 üebcr den Temperaturzustand etc. Von Dr. Fr08CH.
Dieselbe stellt jetzt ein System von concontrisclien Kugelfläclien dar, deren
Mittelpunkte sämmtlich mit p^ zusammenfallen. Hieraus zeigt sich zugleich,
inwiefern die monopolaren Coordinaten in den dipolaren enthalten sind.
Da nämlich -=^ = K oder op, . - =zc . K^ so folgt op^ oder r=:c . K,
op op
oder endlich
ir=- füre = 00.
c
Während sich der Pol p bis ins Unendliche entfernt, nähert sich zu-
gleich der Radius vector op mehr und mehr der durch o parallel zur Cen-
tralen gezogenen Geraden, und es geht demnach der Winkel A, welchen
er mit dem andern Kadiusvector op^ bildet, allmählich in denjenigen Win-
kel w über, welchen der letztere mit der Centralen bildet, so dass man erhält
A = o>.
Was endlich den Winkel O betrifft, so bleibt derselbe unverändert und
ist ein und dasselbe mit der Polarcoordinate <p, so dass
<^ = 9
zu setzen ist« Vermittelst dieser Substitution ergiebt sich, dass der Ausdruck
cos Sl cos Äj + sin Ä sin Ä, cos (<2> — (P,)
und daher auch die Function Pjo*, deren Argument er ist, unverändert
bleibt, sofern an Stelle der dipolaren Coordinaten Sl und (P die monopo-
laren (0 und (p eingesetzt werden.
Hinsichtlich der Grösse e ist , da ^ =3 c . ^^ gesetzt werden kann,
c
leicht einzusehen , dass sie gegen den Werth = c convergirt.
r
Setzt man zugleich üf=— , so erhält man schliedslich
c
n— OD ^ n— 1 .. 2n+l r.^n+1
n
\s I
h; = 2 (2« + 1) ;:^ • ;r2,+i _/»„+! • -P-
11=0 M "^ 's ^ 't
b; = ^£^ (2« + 1) -fr, • ,)„.K_,;.H.. • ''.'• .
mit Rücksicht auf welche Gleichungen die Function W gefunden wird ans
der Relation
471 Jf , =fH; W,ds +fHt Wt dt.
Es ist augenscheinlich, dass diese Gleichungen vollständig mit denen
übereinstimmen, welche in No. 14 entwickelt worden sind und damit ist die
obige Behauptung gerechtfertigt.
Kleinere Mittheilungen.
XXm Zar Theorie der Maximal- nnd Minimalwerthe. Von Prof.
Klbinfeller in Manchen.
Eine Fanction F(x)^ deren n erste Difierentialqnotienten für x-^a
sHmmtlich Null werden, während F<"+'>(a) eine von Null verschiedene
Grösse ist, soll bekanntlich für obengenannten Werth der Variabelen nur
dann ein Grösstes oder Kleinstes werden können, wenn n eine ungerade
Zahl ist Dass aber diese Eigenschaft keine vollkommen allgemeine ist,
sondern nnr unter gewissen weiteren Bedingungen stattfinden kann, mag
sunächst nachfolgendes Beispiel darthun.
Die zwei ersten Differentialquotienten der Function (x — a)t, nämlich
^(x — a)^ und y (ar — a)i werden offenbar für a? = a Null, während der
dritte Differentialquotient derselben für den nämlichen Werth der Variabelen
nicht Null , sondern unendlich gross wird. Der bisher für allgemein giltig
angenommenen Regel zufolge könnte also {x — a)i für x^=a weder ein
Maximum noch ein Minimum werden ; und doch wird diese Function für
x^=n ein Kleinstes, da sie für jeden. reellen Werth der Variabelen positiv
bleibt und für x = a Null wird, also, während x durch a hindurchgeht,
zuerst abnehmen und sodann wieder zunehmen muss. Vorstehendes Bei-
spiel zeigt wohl zur Genüge^ dass die im Eingange dieses Artikels ange-
führte Regel nur unter gewissen weiteren Bedingungen Giltigkcit haben
kann nnd werden die letzteren sogleich klar werden, wenn man die BegrÜn-
dungsweiso des fraglichen Gesetzes näher ins Auge fasst. Letzteres wird
nämlich gewöhnlich mit Hilfe der Gleichung
bewiesen, welche Gleichung nicht nur erfordert, dass die n ersten Differen-
tialquotienten von F{x) für ar=a Null werden, sondern auch noch voraus-
setzt, dass F(a:) sammt seinen w + l ersten Differentialquotienten für x=n
keine Unterbrechung der Stetigkeit erleidet*), welche letztere Bedingung
*) Da»8 eine Function auch dann eine Untcrbrcchnng der Stetigkeit erleidet,
wenn sie nnendlick wird, ist liier immer btillsckweigeud vorausgesetzt.
Zciiüolirin r. iMalhcmaiik u. Physik XIII, G. "^
516 Kleinere Mlttheilangen.
^^ ^ ^o'^.'^u^*>^x^•
• ^^ .^-^ ^.^ -
in dieser Form genügt, weil hier nur anendlich kleine Werthe von h in Be-
tracht kommen. Ist also n eine gerade Zahl nnd -F<"+*^(a) von Null ver-
schieden, so lehrt obige Gleichung in der That, dass F (ö+ä) — F {p) das
Vorzeichen wechseln muss, während h von einem unendlich kleinen nega*
tiven Werth zu einem unendlich kleinen positiven stetig übergeht^ und dass
mithin in diesem Falle F{a) weder ein Maximal- noch ein Minimalwerth
von F{x) sein kann. Allein diese Eigenschaft gilt offenbar nur dann, wenn
/''(n+i)(a;) für « = a nicht unstetig wird. Was im letzteren Falle ge-
schieht, lehrt obige Gleichung nicht un^ kann es auch nicht lehren, weil sie
dann keine Giltigkeit mehr besitzt.
Es ist nun der Hauptzweck der nachfolgenden Untersuchungen , dar-
Buthun, dass F{x) auch dann noch einen Maximal- oder Minimalwerth für
x=^a haben kann, wenn die 2m ersten Differentialquotienten dieser Func-
tion für d:=a Null werden, während der (2m-f 1)^« nicht Null ist für diesen
Werth der Variabelen; allein es wird dann noch die weitere Bedingung
hinzugefügt werden müssen, dass ir*<2>"+t>(a;) für ;r:=a unstetig werden und,
während x durch a hindurchgeht, das Vorzeichen wechseln muss. Es soll
bei dieser Gelegenheit auch zugleich gezeigt werden, dass die Theorie vom
' Grössten und Kleinsten auch ohne Zuziehung des Taylor 'sehen Satzes
durchgeführt werden kann und werden wir uns zu dem Ende im Foigendeo
lediglich nur auf den auch bisher schon bei Begründung der ersten Fnnda-
mentalsätze über Grösstes und Kleinstes gewöhnlich in Anwendung ge-
brachten bekannten Satz stützen, demzufolge eine Function F{pc)^ so
lange sie stetig bleibt, bei wachsenden Werthen der Variabelen zu-
oder abnehmen muss, je nachdem F\x) beziehungsweise positiv oder ne-
gativ ist.
Aus diesem Satze ergiebt sich bekanntlich sogleich, dass, während .r
wachsend durch a hindurchgeht, F' (x) vom Positiven zum Negativen oder
vom Negativen zum Positiven übergehen muss, je nachdem F (x) für a:=fl
beziehungsweise ein Maximum oder Minimum wird. Bleibt nun F' {x)
während dieses Zeichenwechsels fortwährend stetig, so muss F\a) Null
sein und F' {x) nimmt, während x wachsend durch a hindurchgeht, im
Falle eines Maximums, stetig vom Positiven zum Negativen übergehend,
fortwährend ab, so dass F" (x) als erster Differentialquotient einer im Ab-
nehmen begriffenen Function für ic=a_+ 6 negativ sein muss, wobei nicht
nur hier, sondern auch im Folgenden unter d stets eine gegen Null conver-
girende Grösse zu verstehen ist. Wäre dagegen, während immer noch
F'(a)=0, F{a) ein Minimalwerth von F(x)^ so würde /"(o:), stetig vom
Negativen zum Positiven übergehend, zunehmen, während x durch a hin-
durchgeht und /"'(ic) müsste daher für a;=« positiv sein.
Nehmen wir nun an, F' (^ci) sei nicht Null, so müsste F\x)^ um —
während x durch a hindurchgeht — das Vorzeichen wechseln zu können
für x=a unstetig werden. Fassen wir dabei speciell den Fall ins Auge,
Kleinere Mittheilungen. 517
wenn F'(a) = + oo, so wird sich in BezieliaDg auf das Vorzeicben von ^"(a)
gerade das entgegengesetzte Gesetz ergeben, als dort, wo F'(a) == 0.
I. F'' {a) wird nämlich positiv oder negativ, je nachdem
F (a) ein grösster oder kleinster Werth von F {x) ist,
wenn zugleich F' (a) = -{• oo . '
Dieses meines Wissens bis jetzt unbekannt gebliebene Gesetz wird
ganz in derselben Weise bewiesen, wie das vorhergehende. Erlangt näm-
lich F(x) ftlr ar = a einen Maximalwerth und ist zugleich F' (a) = + oo ,
so muBß F\x)y um vom Positiven zum Negativen übergehen zu können,
während x durch a hindurchgeht, zuerst bis + oo zugenommen haben , so-
dann bei x = a auf — 00 Überspringen und hierauf einem endlichen ne-
gativen Werth sich nähern, also wieder zunehmen. Da nun F' (x) zu-
nimmt, wenn x wachsend der Grösse a sich nähert, und abnimmt,
wenn x abnehmend sich r« nähert, so muss offenbar ^"(^ih') positiv
sein. F"(a) selbst wird also + c^ i ^cil F' (ja) unepdlich gross ist und
F'(x^ der Voraussetzung zufolge in unmittelbarer Nähe von x = a keine
weitere Unterbrechung der Stetigkeit erleiden soll.
Eine ähnliche Betrachtung zeigt, dass, falls F(a) ein Minimalwerth
von F(x) ist und -^'(a) = + oo ? F\x^ zuerst bis — oo abnehmen,
hierauf zu + oo Überspringen und alsdann wieder abnehmen muss, wäh-
rend X durch a hindurchgeht. Da hier F' {x) stets abnimmt, so ist F" (a + 6)
negativ und F"(a) = — oo .
Nachdem wir erk&nnt,* wie aus dem Vorzeichen von F'' (a) nicht nur
wenn F'(ö) = 0, sondern auch wenn -^' («) = +. oo auf die Existenz eines
Maximal- oder Minimalwerthes von F {x) geschlossen werden kann, wenden
wir uns wieder dem Falle zu, wenn i^'(a)=0, und nehmen an, es sei
auch A'" (a) = 0, während noch immer F(x) durch .r = « zu einem Grössten
oder Kleinsten wird. Nehmen wir zunächst an, F(a) sei ein Maximalwerth
von F(^x), so ist F'' {a+_6) negativ, und da F'' (a) = 0, so muss F''(a + 3),
als Function von ö betrachtet, zuerst zunehmen, während 6 von einem
unendlich kleinen negativen Werth an bis Null geht und sodann, während
6 von Null an bis zu einem unendlich kleinen positiven Werth hin zunimmt,
wieder abnehmen. F"{x) besitzt also für xz=za ebenfalls einen Maximal-
werth. Aehnlich erkennt man , dass, F'(a) = 0, ^"(<i)=Ound F{a) als
Minimalwerth vorausgesetzt, F*' {x) für ar = a ebenfalls ein Minimum wer-
den musS| da in diesem Falle F(a ^6) positiv ist, F" {x) also, während x
durch a hindurchgeht, von einem positiven Werth an bis zu Null herab-
sinken und sodann wieder zu einem positiven Werth heranwachsen muss.
II. Wird also F{x) für.'r = a ein Maximum oder Minimum,
ist /"(rt) =0 = /"' (^), unterbrechen forner /^(a:) , /*' (or),
F"{x) für « = a ihre Stetigkeit nicht, so wird zugleich
518 Kleinere Mittheilangen.
-^^j^--^ ^^ ^ *> ^ /■ Ä.^-^-»' /
mit F(x) ftucb /* {x) beziehungsweise ein Maximnm oder
Minimum für a: = a.
Hieraus crgiebt sich sogleich, dass unter den sub 11 gemachten Vor-
aussetzungen der erste Difierentialqnotient von F" {x)^ nftmlich F"' (x)^
während x durch a hindurchgeht, vom Positiven zum Negativen oder vom
Negativen zum Positiven übergehen muss, je nachdem F" (x) oder, was
das8eil>e ist, F{x) färx^^a ein Orösstes oder Kleinstes wird. Findet
dieser Uebergang in unstetiger Weise statt und wird dabei speciell F"' (a)
= + 00 , so wird F^{a) ebenfalls unendlich, und zwar entschieden + oo ,
wenn F(a) ein Maximalwerth und — oo , wenn F(a) ein Minimalwerth ist,
wie unmittelbar ans I zu erkennen ist. Bleibt dagegen F"' (x) stetig,
während x durch a hindurchgeht, so ist F"'(a) = 0 und das Vorzeichen
von F'^ (a) zeigt, je nachdem es + oder — ist, an, ob F(^a) beziehungsweise
ein Minimal- oder Maximalwerth ist. Sollte jedoch F^ (x) fuxx==a Null
sein und stetig bleiben, so ergiebt sich unmittelbar ans IT, dass F*^(^), als
zweiter Differentialquotieut von F" (x)^ mit dieser letztgenannten Function
und also auch mit F(x) zugleich für x = a beziehungsweise einen Maximal-
oder Minimalwerth besitzen muss. F^(^a) und F^(<i) würden sodann denr
selben Gesetzen genügen müssen , welche vorher in Beziehung auf F'^' (a)
und F^^ (a) ausgesprochen wurden; wäre also F^(a)=0=/'^(a), so würde
auch F^ (x) durch x = a zugleich mit F(x)^ F" {^) und F^^ (pc) zu einem
Maximum, beziehungsweise Minimum gemacht werden.
Die vorstehenden Betrachtungen verallgemeinert, ergeben zunächst
folgende Eigenschaft der Functionen : ^
m. Bleibt die Function F(.v) sammt ihren w ersten Diffe reu -
tialquotienten für x^=a stetig, werden dicseDifferon-
tialquotientenfürdengenanntenWerth dcrVariabelcu
sämmtlich gleich Null, ist endlich 2r eine ganze Zahl
und nicht grösser als n, so erlangt F<2''>(.r) für x^=ia
einen grössten oder kleinsten Worth, wenn F(rt) be-
ziehungsweise ein Maximal- oder Minimalwerth von
F{x) ist.
Da vorstehender Ratz den eigentlichen Kern gegenwärtiger Unter-
suchung bildet; so dürfte es nicht ungeeignet erscheinen, denselben vor
Uebergang zum 8chlussresultat unabhängig von den obigen Betrachtungen
mit einem Schlage ganz allgemein zu beweisen. Wir stützen uns dabei auf
die bekannte Gleichung
f(« + A) = F(ö>+*F'(a) + j^F" («) + ...
••• + r^r^~r- ^ f<"-"(n)H — F(»»(«+ 0Ä),
^ 1.2.3... (w—l) ^''^1.2.3...» * ^ "
wfilclic unter Voraussetzung eines unendlich kleinen Wcrthes von h immer
Kleinere Mittheilungen. 519
giltig bleibt, wenn die Function F{x) sammt ihren n ersten Differential-
qnotienteh für x=^a nicht unstetig wird. Angenouimen, diese Bedingung
sei erfüllt, es seien ferner F' («), F'' («)... /'<"* ('/) säramtlich gleich Null,
80 kann man offenbar in obiger Gleichung statt n auch irgend eine der
ganzen Zahlen von 1 bis n setzen. Wählen wir nun die gerade Zahl
2r< II, so reducirt sich obige Gleichung auf
Lässt man in dieser Gleichung h von einem unendlich kleinen negativen
zu einem unendlich kleinen positiven Werth übergehen, so bleibt dabei
F(a + h) — F (a) im Falle eines Maximums der Function F{x) für x=a
immer negativ, im Falle eines Minimums dagegen stets positiv, und da A^**
\|nmer positiv ist, F^'' (« + ö/r) daher fortwährend dasselbe Vorzeichen wie
F(a + 2) — F(a) besitzt, so bleibt F^^''^ {a + 0 h) , während h durch Null
hindurchgeht, stets negativ, wenn F(a) ein Maximalwerth von F{x) ist,
stets positiv dagegen, wenn F(a) mn Minimalwerth ist. Da nun F^^'^^ (a)
=0, 80 muss F^^''^(a'\-dh)j als Function von h betrachte^ während h durch
Null hindurchgeht, zuerst von einem negativen Werth an bis zu Null zu-
und sodann wieder bis zu einem negativen Werth hin abnehmen^ für x = a
also einen Maximalwerth erreichen, wenn F(a) ein solcher in Beziehung
auf F(x) ist. Wird F{x) dagegen durch a?=a zu einem Minimum, so nimmt
F<^'')(rj + ÖÄ), während A wachsend durch Null hindurchgeht, von einem
positiven Werth bis zu Null hin ab, von da an sodann wieder bis zu einem
positiven Werth hin zu, erreicht demnach für /t = 0 einen Minimalwerth.
Man erkennt also, dass unter gegenwärtigen Voraussetzungen F^^^^a -f- dh)
für A = 0 oder, was dasselbe ist, F<*'''(a:) für a: = a mit F(ii') zugleich be-
ziehungsweise einen Maximal- oder Minimalwerth annimmt.
Durch geeignete Verbindung der im Vorigen gewonnenen Resultate
ergiebt sich nun nachstehendes Schlussresultat, in welchem jedoch die
schon früher bekannten Eigenschaften der Maximal- und Minimalwerthe
nicht mehr näher berührt werden sollen.
IV. Wird für x = a eine Function F(x) sammt ihren 2m
ersten Differentialquotienten nicht unstetig, werden
genannte Differentialquotienten für diesen Werth
der Variabelen sämmtlich gleich Null und erlangt F{x)
für eben denselben Werth von x einen grössten oder
kleinsten Werth, so wird auch F^^''^(x) für x=za bezie-
hungsweise ein Grösstes oder Kleinstes und es muss
daher, während x durch a hindurchgeht^ fi^^'h^) (x)
vom Positiven zum Negativen oder vom Negativen
zum Positiven übergehen, je nachdem F(a) bezieh ungs*
weise ein Maximal- oder Minimalwerth von F(.r) ist.
520 Kleinere Mittheilangen.
Wird daher/^^^ + ^^a) nicht gleich Null, rfomii88/<*-+*>(«)
für a: = a eine Unterbrechung der Stetigkeit erleiden,
um, während die Variabele durch diesen Werth hin-
durchgeht, sein Vorzeichen wechseln zu können.
Sollte dabei Ft2'» + *>(a)=+ oo werden, so wird F<2»+2)(«)
gleich + <30 oder — 00 , je nachdem beziehungsweise F(ay
ein Maximal- oder Minimalwerth ist.
Es bedarf wohl schliesslich kaum noch der Erwähnung, dass durch die
umgekehrte Reibe von Schlüssen leicht dargethan werden kann, wie eine
auf obige Eigenschaften der Function basirte Regel zur Aufsuchung von
Maximal- und Minimai werthen in der That auch immer ihren Zweck
erreichen muss.
Die betreffende Regel Hesse sich übrigens in Verbindung mit dem bis
zu I Mitgetheilten kurz folgetidermassen in Worte kleiden :
V. Um die Werthe der Variabelen zu finden, welche
eine gegebene Function /(ar), deren n erste Differen-
tialquotienten für a:= a Null sind undzugleich stetig
bleiben, zu einem Maximum oder Minimum machen,
braucht man nurdieWerthe zu bestimmen, für welche,
wenn* n gerade ist, F<")(a:) und, wenn n ungerade ist,
f(n— i)(a:) beziehungsweise ein Grösstes oder Klein-
stes wird.
Aus den vorangegangenen Entwickelungen ergiebt sich auch offenbar
nachstehende Wahrheit :
VI. Sind die /t ersten Differentialquotienten einerFunc-
tion F(x) für a: = a sämmtlich Null und zugleich ste-
tig, ist jedoch F^'' + *^(a) von Null verschieden, so be-
sitzt F(x) für x=a weder einen Maximal- noch einen
Minimalwerth; wenn bei einem ungeraden n die Func-
tion Z'^^+^^Ca:), während a: durch a hindurchgeht, unter
Aenderung des Vorzeichens unstetig wird, bei einem
geraden n dagegen F^'*'^^^{a) entschieden positiv oder
negativ ist, einerlei, ob dabei F^'"^^^(x) für x = a ste-
tig bleibt, oder unstetig, z. B. unendlich gross wird.
Für ein ungerades n würde sich das soeben erwähnte Gesetz auch
aus nachstehendem Satze ergeben, dessen Beweis entweder analog der
im Obigen mitgetheilten Begründung der Lehre vom Grössten und Kleinsten
oder auch unmittelbar mit Hilfe der Gleichung
^(. + ,) _ roo = 1X3-9^) ^"""'" ^^ + ^'^
geführt werden kann.
Kleinere Mittheilungen. 521
r^^w^^^\iA/v«y,/'^ ^^w' ^^^.l<<•^^^ly^^v^^/s^<|^^|^v.^^^^^^A«^^^M/v>y\^^^i/>.^^^v^^4
VH. Sind die n. ersten Differentialquotienten von F(^x) fUr
xs=ia sämmtlich Null und zugleich stetig, ist ferner
F(a) weder ein Maximal- noch ein Minimalwcrth von
F(x)^ so ist, wenn 2m-|-l eine ganze Zahl <ft bedeutet,
F<2«+i)(a)einMinimal- oder Max imalwerth von A^t^^+^^Co;),
je nachdem, während 0? durch a hindurchgeht, ^(o:) be-
ziehungsweise zu- oder abnimmt.
XnV. ITeber Curvenbttndel dritter Ordnung. Von Prof. Tn. Rete in
Zürich.
Die Eigenschaften der Raumcurven TU. Ordnung sind bekanntlich
denjenigen der Kegelschnitte in mancher Hinsicht analog. So z. B. wird
ein Kegelschnitt aus je zwei seiner Punkte durch projectiviscbe Strahlen-
1)ti8chel projicirt; eine Raumcurve III. Ordnung dagegen ans je zwei ihrer
Secanten durch projectiviscbe Ebenenbtischel , und zugleich wird ihr Se-
cantensystem aus je zwei ihrer Punkte durch collineare Ebenenbündel
projicirt. Die Tangenten eines Kegelschnittes können durch zwei projecti-
viscbe gerade Gebilde erzeugt werden; ebenso die Schmiägungsebenen
einer Raumcurve III. Ordnung durch drei projectiviscbe Gerade oder auch
durch zwei collineare Ebenen, welche letzteren zugleich alle Tangenten
und Axen der Raumcurve (d. h. die Schnittlinien ihrer Schmiegungsebenen)
erseugen. Durch einen Kegelschnitt ist ein ebenes Polarsystem bestimmt,
In welchem jeder Tangente ihr Berührungspunkt und überhaupt jeder
Geraden ein Punkt zugeordnet ist; andererseits ist durch eine Raumcurve
III. Ordnung ein Nullsystem bestimmt, in welchem jede Scbmiegungsebene
Ihrem Berührungspunkte, jede Tangente sich selbst, und überhaupt jede
£bene einem in ihr liegenden Punkte^ sowie jede Gerade einer Geraden
zugeordnet ist*).
Für einen wichtigen Abschnitt der Kegelschnittslehre ist jedoch ein
Analogen bei den Raumcurven III. Ordnung bisher nicht gefunden worden,
nämlich für die Lehre von den Kegelschnittsbüscheln. Alle Kegelschnitte,
die durch vier reelle oder imaginäre Punkte einer Ebene gelegt werden
können, bilden einen solchen Büschel, dessen Haupteigenschaften folgende
sind. Von einer beliebigen Geraden werden die Kegelschnitte in den
Punktenpaaren eines involutorischen geraden Gebildes geschnitten ; dagegen
werden zwei Gerade, welche durch je einen gemeinschaftlichen Punkt der
Kegelschnitte gehen, durch den Büschel in projecti vischen Punktreihen
geschnitten. Die Polaren eines beliebigen Punktes der Ebene in Bezug
*) Bezüglich der hier angeführten and weiterhin hcnntzten Satte Tcrwcisc ich
auf meine „Qeometrie der Lag^e*', II. Abth. p. 68 — 88.
522 Kleinere Mittheihingen.
auf die Kegelschnitte gehen sümmtlich durch einen. Punkt, und die- Pole
einer Gei-aden der Ebene liegen anf einem Kegelschnitt. Zn einigen dieser
Sätze die analogen für die Raumcurven IIL Ordnung aufzustellen und zu
beweisen, ist die Aufgabe der vorliegenden Arbeit.
1. Die Gesammtheit aller Kaumcunren in. Ordnung, welche durch
fünf gegebene Punkte 5, T, ü, V, W hindurchgehen, nenne ich einen
Curvenbttndel III. Ordnung; man kann denselben als das Analogon
des Kegelschnittsbüscbels ansehen. Die fünf gemeinschaftlichen Punkte der
Raumcurven sollen die Knotenpunkte des Curvenbündels genannt wer-
den; zwei oder vier derselben können imaginär sein; auch können sie paar-
weise zusammenfallen, wobei die Verbindungslinie eines solchen Paares zu
einer gemeinschaftlichen l'angente der Kaumcurven wird. Ich mache Über
die Knotenpunkte nur die Annahme, dass keine vier derselben in einer
Ebene liegen. Mit Ar^, Ar^', k^ werde ich einzelne Curven des Bündels, mit
/r*, Ati' aber Kegelschuitte und mit F\ F^ Flächen II. Ordnung bezeichnen.
2. Durch einen beliebigen Punkt P des Raumes geht im
Allgemeinen eine einzige Curve A^ des Bündels. Dieselbe wird
aus jedem ihrer Punkte durch eine Kegelfläche II. Ordnung projicirt und
iät als Schnittlinie von zwei solchen Kegclflächen leicht zu construiren.
Liegt insbesondere P mit drei Knotenpunkten in einer Ebene, so zerfUlt
k^ in die Verbindungslinie u der letzten beiden Knotenpunkte und den-
jenigen Kegelschnitt f^^ welcher P mit den drei ersten Knotenpunkten und
einem Punkte von n verbindet. Nur durch diejenigen Punkte, welche mit
zwei Knotenpunkten in einer Geraden u liegen, können mehr als eine,
nämlich unendlich viele 1^ gelegt werden; jede derselben zerfälljt in die
Gerade u und einen Ar', welche durch die übrigen drei Knotenpunkt« geht
und die // schneidet.
3. Zwei Curven l^ und k^ des Bündels können allemal
durch eine geradlinige F* verbunden werden- Ziehen wir nämlich
von irgend zwei Punkten der Ar* Secanten an k^ und verbinden wir die-
selben mit k^ durch eine /"', so geht diese auch durch 1^'^ denn sie hat
mit 1^ mehr als sechs Punkte gemein. Diese F^ ist entweder eine
Kegelfläche mit einem der fünf Knotenpunkte als Mittel-
punkt, oder eine Regel fläche, und im letzteren Falle bestehen
ihre beiden Regeischaaren aus Secanten von je einer der Cur-
ven l^ und k^. Dass nämlich nicht eine dieser Regeischaaren aus gemein-
schaftlichen Secanten von Ifi und k^ bestehen kann, folgt aus dem Satze:
Jede Gerade 5, welche mit keinen zwei Knotenpunkten in
einer Ebene liegt, ist Secante von einer einzigen CurveAc^ des
Bündels. Diese 1^ wird aus s und beliebigen zwei von den zehn Verbin-
dungslinien der Knotenpunkte durch drei projectivische Ebenenbüschel
projicirt, und ist völlig bestimmt, weil die projectivische Verwandtschaft
dieser Büschel schon durch die fünf Knotenpunkte festgestellt wird.
Kleinere Mittheilungen. 523
4. Von einer beliebigen Ebene 9, die durch keinen der
fünf Knotenpunkte hindurchgeht, werden die Curven des
Bttndels III. Ordnung in Polardreiecken eines ebenen Polar-
system es geschnitten. Jede Gerade a von 9 ist Secante von einer
einzigen /fi und kann dem Punkte A zugeordnet werden, in welchem Ifl von
q> ausserhalb a geschnitten wird. Umgekehrt finden wir zu A die zugeord-
nete Gerade a, indem wir durch A eine k^ legen und in g> deren nicht durch
A gehende Secante aufsuchen. Um den obigen Satz zu beweisen, haben
wir nur noch zu zeigen, dass a sich um einen Punkt ß dreht, wenn A die
zu B zugeordnete Gerade b beschreibt. Dieses folgt aber aus 3. Denn die
beiden durch A und B gehenden Curven A:«^ und Ar»^ des Bündels können
durch eine F* verbunden werden , welche alle von den Punkten der einen
Curve an die andere gezogenen Secanten enthält. Liegt nun A auf 6, so
geht F* durch 6 und durch diejenige in q> liegende Secante a von k^\
welche von b ausserhalb A geschnitten wird; und da F* auch durch B geht,
so muss B auf a liegen, und der Satz ist bewiesen.
ö. Wenn der Punkt A auf S T liegt , so zerfällt A:^ in 5 J* und einen
durch üj r, YK gehenden und die 5 T schneidenden Ar*. Daraus folgt: Die
zehn Seitenflächen des aus den Knotenpunkten gebildeten
räumlichen 'Fünfecks STÜVW schneiden das ebene Polar-
system q> in Geraden, deren Pole auf den gegenüberliegenden
Kanten des Fünfecks enthalten sind Das Polarsystem (p kann
also äusserst leicht coustruirt werden. Dasselbe ist auch in demjenigen
räumlichen Polarsystem enthalten, in welchem die Ebene q> einem der fünf
Knotenpunkte zugeordnet ist und die übrigen vier Knotenpunkte ein
Poltetraßder bilden. — Diejenigen Geraden von g>, we^che durch ihre Pole
hindurchgehen, umhüllen bekanntlich einen Kegelschnitt, die sogenannte
Ordnungscurve des Polarsystemes. Daraus folgt: Die Ebene (p wird
von unendlich vielen Curven des Bündels berührt, und zwar
in den Punkten eines Kegelschnittes, der aber auch imaginär sein
kann.
6. Jeder Strahl / des Knotenpunktes S wird von einer einzigen Ifi des
Bündels berührt, weil eine Kaumcurve III. Ordnung bestimmt ist durch
fünf Punkte und die Tangente von einem derselben. Andererseits ist
jeder Strahl b des Raumes Secante einer einzigen A^, wenn 8 mit keinen
zwei Knotenpunkten in einer Ebene liegt. Ich behaupte nun: Ist i? eine
durch den Knotenpunkt S gehende Ebene, und wird jedem
Strahle s von i^ein Strahl / von S zugewiesen, so dass /die-
jenige A^ berührt, von welcher 5 eine Secante ist, so ist dadurch
die Ebeue ^reciprok auf den Strahlenbündel 6' bezogen. Oder
mit anderen Worten: wenn s sich in £ um einen Punkt P dreht, so be-
schreibt zugleich der entsprechende Strahl ( von ^S' eine Ebeue. — Zum
524 Kleinere Mittheilangen«
Beweise legen wir durch P eine Curve kp^ des Bündels nnd bezeichnen mit
Q deren dritten, von P und S verschiedenen Schnittpunkt mit 2?, sowie mit
n diejenige durch Q gelegte Ebene, welche in ^S^ die kp^ berührt. Jede
andere /r^, welche von n in S berührt wird und deren Tangente i also in
9s liegt , kann mit kp^ durch eine F* verbunden werden. Und weil n die
Curven k^ und kp^ in S berührt und zugleich die k^^ in Q schneidet« so wird
auch F^ von n im Punkte ^S^ berührt und in der Geraden SQ geschnitten.
Folglich wird F* auch von £ in zwei Geraden geschnitten , von denen die
eine SQ Secante von kp^ ist, und die andere s durch den gemeinschaftlichen
Punkt P von kp^ und £ gehen und eine Secante von Ifi sein muss (8).
Jeder in n liegenden Geraden / von S entspricht also wirklich eine* durch
P gehende Gerade s von üy und unser Satz ist bewiesen.
7. Die reciproke Verwandtschaft, welche so durch den Curvenbündel
zwischen dem Strahlenbündel S und der Ebene £ hergestellt wird, ist durch
das Tetrafeder TU VW der übrigen vier Knotenpunkte völlig bestimmt
Denn jedem Punkte, in welchem^ von einer Kante des Tetraeders ge-
schnitten wird, entspricht die Ebene, durch welche aus 5 die gegenüber-
liegende Kante projicirt wird. Auch sind der Strahlenbündel 5 und die ihm
reciproke Ebene £ zugeordnete Gebilde eines Polarsystemes , von welchem
TU VW ein Poltetracder ist« Die Ordnnngsfläche dieses PolaSnsystemes wird
von £m S berührt und kann mit £ zwei Gerade gemein haben. Dieselben
fallen zusammen mit den entsprechenden Strahlen des Bündels ^S^ und sind
wie man leicht erkennt, Tangenten von zwei Curven A:^, welchen die Ebene
£ im Punkte S sich anschmiegt.
8. Werden durch einen Knotenpunkt S zwei Ebenen £
und £i gelegt, und je zwei nicht durch S gehende Gerade s
und s, derselben einander zugewiesen, welche von einer und
derselben k^ des Bündels Secanten sind, so werden dadurch
die Ebenen £ und £i collinear auf einander bezogen; denn
sie sind beide reciprok zu dem Tangentenbündel S.
9. Wenn eine Gerade tv durch einen Knotenpunkt IVgeht,
so ist sie Secante von unendlich vielen A^ Dieselben lie-
gen auf der Kegelfläche IL Ordnung, welche durch die fünf
Strahlen w, WS, WT, wJj, »VT gelegt werden kann, und wer-
den von den Strahlen dieser Kegelfläche in projectivischen
geraden Gebilden geschnitten. Denn sie werden aus jedem anderen
Knotenpunkte S durch einen Büschel von Kegelflächen II. Ordnung pro-
jicirt, von welchem die genannten geraden Gebilde Schnitte sind. Die von
S W verschiedenen Strahlen dieser Kegelflächen, welche die Kegelfläche W
(wSTUV) berühren ; sind bekanntlich die Tangenten der Curven Ar* im
Punkte 5; also: *Die Tangenten aller dieser A:* in einem ande-
ren Knotenpunkte S bilden einen Strahlenbüschel, dessen
Kleinere Mittheilungeo. 525
BbenedieKegelfUche W (wSTUV) IL Ordnung im StrahleS^
nerfihrt und welcher zu den vorhin erwähnten geraden Gebil-
len projectiviBcb ist.
10. Wenn man je zwei solche Strahlen der Knotenpunkte S und T
einander zuweist, welche eine und dieselbe k^ berühren, so entspricht also
jedem Strahlenbüsehel von 5, dessen Ebene durch einen dritten Knoten-
punkt l^j V oder l] hindurchgeht, ein projectivischer Strahlenbüschel in J,
deasen Ebene gleichfalls durch resp. W^ V oder ü geht. Aber auch die
Bbenenbttschel 5^ und T£^ (oder ^T und TV) sind dadurch projectivisch
ittf einander bezogen; denn sie schneiden zwei homologe Ebenen der
Büschel 5 rr und 7"^ in projectivischen Strahlenbüscheln. Daraus folgt
aber*): Werden je zwei solche Strahlen derKnotenpunkteS»und
T einander zugewiesen, welche eine und dieselbe Curve des
Bündels berühren, so wird dadurch zwischen den Strahlen-
bündeln S und T eine geometrische Verwandtschaft zweiten
Grades hergestellt; d. h. jedem Strahlenbüschel von S (oder T) ent-
spricht im Allgemeinen in T (resp. 5) eine zu ihm projectivische Kegelfläche
II. Ordnung, welche durch die übrigen drei Knotenpunkte hindurchgeht.
11. Werden durch die Knotenpunkte S und T die resp.
Ebenen Z und Zx gelegt und je zwei nicht durch S oder T
gehende Strahlen derselben einander zugewiesen, welche
von einer und derselben k^ des Bündels Secanten sind^ so ist
dadurch zwischen Zund^i eine geometrische Verwandtschaft
zweiten Orades hergestellt; d. h. jedem Strahlenbüschel der einen
Ebene entsprechen im Allgemeinen die Tangenten eines Kegelschnittes
in der anderen Ebene, und alle solche Kegelschnitte sind einem bestimmten
Hauptdreiecke eingeschrieben. Der Beweis folgt daraus, dass die Strahlen-
bündel Sund r einander geometrisch verwandt und den resp. Ebenen Zund
Zx reciprok sind. Das Hauptdreieck von Z (oder Zi) ist eine Projection
des Dreieckes ÜVW aus dem Punkte T (resp. S).
12. Die sämmtlichen Curven des Bündels, welche eine beliebig ge-
g^ebene Gerade g schneiden, liegen in einer Fläche, welche ausser der
Geraden g noch die zehn Verbindungslinien der Knotenpunkte enthält und
zweimal durch diejenige k^ geht, von welcher g eine Secante ist. Mit jeder
Verbindungsebene von drei Knotenpunkten hat die Fläche drei Gerade und
einen Kegelschnitt gemein (2); sie ist deshalb von der fünften Ordnung,
Liegt g mit zwei Knoteppunkten iS, T in einer Ebene, so zerfällt die Fläche
in die Eben© ÜVW und eine Fläche vierter Ordnung. Letztere geht zwei-
*) Vgl. ScydcwitB in Qrunert'« Archiv für Mathem. Bd. 7 p. il3- 148, sowie
meinen Aufsatz über die geometr. Verwandtschaften zweiton Orades in der Zeit-
schrift f. Mathem. Bd. XI, p. 207.
526 Kleinere Mittheihmgen«
mal durch die Gerade S T und wird von jeder durch S T gelegten Ebene
ausserdem in einem die Punkte S und T enthaltenden Kegebcbnitt ge-
troffen. Nämlich zwischen zwei beliebigen durch ST gehenden
Ebenen besteht eine geometrische Verwandtschaft zw^ten
Grades, wenn je zwei von iSund T verschiedene Punkte der-
selben einander zugewiesen werden, die auf einer und der-
selben Curve des Bündels liegen; zwei Hauptpunkte der
Ebenen fallen mit 5 und T zusammen. Dieser Satz ist ähnlich wie
derjenige von Nr. 10 zu beweisen mit Hilfe von 9; aus ihm folgt, dass jeder
Geraden g der einen Ebene ein durch S und T gehender Kegelschnitt der
anderen entspricht.
13. Hinsichtlich einer k^ ist bekanntlich jedem Punkte P des Raumes ein
Punkt Pi conjugirt, d. h. P und Pf sind einander conjngirt hinsichtlich jeder
durch k^ gelegten jP*, und die Gerade PP^ ist eine Secante der k\ Die
sämmtlichen Punkte P^, welche einem gegebenen Punkte P
conjugirtsind hinsichtlich der Curven k^ des Bündels, liegen
in einer Fläche F^ dritter Ordnung. Projicirt man nämlich eine Ir'
aus den Knotenpunkten durch Kegelflächen II. Ordnung und sucht in
Bezug auf diese die Polarebenen von P, so schneiden sich dieselben in
einem Punkte /^,. Die sämmtlichen k^ werden aber aus jedem Knoten*
punkte (5) durch einen Büschel von Kegelflächen U. Ordnung projieirt,
indem letztere sich in vier Strahlen (ST, SU, SV, S W) schneiden mfls-
sen ; die Polarebenen von P in Bezug auf alle solche Kegelflächen bilden
also fänf Ebenenbüschel, deren Axen 5, /, u, v, w durch die resp. fänf
Knotenpunkte gehen. Bewegt sich nun k^ auf einer Kegelfläche iC* zweiter
Ordnung mit dem Mittelpunkte S, so liegt Pi mit s in der Polarebene von P
in Bezug auf A'* und beschreibt einen die Geraden t, u, v, w schneidenden
Kegelschnitt. Daraus erkennen wir, dass die Ebenenbüschel s, i, u, v, w in
der von Herrn F. August*) untersuchten Weise doppelt projectivisch auf
einander bezogen sind, also eine Fläche F^ III. Ordnung erzeugen. Auf
F^ liegen die Geraden s, t, u, v, w und die zehn Geraden, welche vom Punkte
P durch je eine Kante und die gegenüberliegende Fläche des Fünfecks
STÜV W harmonisch getrennt sind, sowie die Tangente der durch P
gehenden A:' im Punkte P, Diese letztere k^ wird aus P durch eine Kegel-
fläche II. Ordnung projieirt, deren sämmtliche Strahlen die F^ in P oscu-
liren und welche sechs Strahlen mit F^ gemein hat.
Zürich, im Mai 1868.
*) F. August, Oisquisitiones de supttficiebus tertii ordinis (dtss, inauy, , Btro*
Uni 1862).
Kleinere Mittheilnngen. 527
XX7. Ein&ohe lineare Conttmetion der Flächen zweiter Ordnnng
ans nenn nnd ihrer Dnrchdrin§mng8cnryen ans acht Punkten. Von Prof.
Tu. Rbyb in Zürich.
Eine Kaumcnrve k^ vierter Ordnung, in welcher zwei FlSchen F* zwei-
ter Ordnung sich schneiden, ist bekanntlich durch acht ihrer Pnnkte völlig
bestimmt. Nur müssen diese Punkte von einander unabhängig sein, d. h.
es dürfen von ihnen keine vier in einer Geraden, keine sechs in einer
Ebene nnd nicht alle acht in einer Haumcurve k^ dritter Ordnung liegen,
auch dürfen sie nicht die einzigen gemeinschaftlichen Punkte von drei
Flächen zweiter Ordnung sein. In besonderen Fällen kann die k^ aus
einer Ar* nnd einer Secante derselben bestehen, oder auch aus zwei Kegel-
schnitten, die zwei reelle oder imaginäre Punkte gemein haben und welche
auch in je zwei sich schneidende Gerade zerfallen oder sich auf je eine
Gerade reduciren können. •
Sind von einer k^ acht von einander unabhängige oder mehr als acht
Punkte bekannt; so kann in jeder Verbin dungsebene von drei dieser
Punkte der vierte Schnittpunkt mit k^ linear (d. h. mit ausschliesslicher
Hilfe von Geraden und Ebenen) constmirt werden, und man gelangt so zu
unendlich vielen Punkten der Raumcurve. Legt man dagegen durch
zwei jener Punkte eine Ebene und verlangt deren anderen beiden Schnitt-
punkte mit Ar^, so bedarf man zur Construction derselben der Hilfe eines
Kegelschnittes, weil diese Aufgabe vom zweiten Grade ist. Wir wollen
sowohl jene lineare als auch diese Construction zweiten Grades ausführen;
die erstere wird alsdann genügen, um von einer durch neun Punkte
gegebenen Fläche zweiter Ordnung alle Kegelschnitte linear zu constmi-
reu, welche durch je drei dieser Punkte hindurchgehen. Ausser einigen
bekannten Sätzen über die Kaumcurven vierter Ordnung werden wir nur
die Sätze 4 und 5 des vorhergehenden Aufsatzes über Curvenbttndel dritter
Ordnung benutzen.
1. Die Schnittcurve k^ von zwei Flächen zweiter Ordnung kann mit
jedem Punkte P des Kaumes durch eine einzige F^ verbunden werden.
Liegt P auf einer Secante von k\ so ist die Fläche,/"' geradlinig und jede
Gerade derselben ist eine Secante von k^. Alle durch k^ gehenden F* bil-
den einen Flächenbüschel zweiter Ordnung, der von einer beliebigen Ebene
in einem Kegelschnittsbüschel und folglich von einer Geraden g im Allge-
meinen in einem involutorischen Gebilde geschnitten wird. Aus diesen
bekannten Sätzen folgt: Werden durch eine beliebige Gerade
g zwei Ebenen gelegt, welche die k^ in zwei Vierecken
schneiden, so treffen die sechs Paar Gegenseiten der letz-
teren die Gerade g in sechs Punkten paaren eines involuto-
rischen Gebildes. Je zwei solche Gegenseiten liegen nämlich auf
einer durch k^ gehenden F*,
528 Kleinere Mittheilnngen«
2. Sind also von einer k^ vier in einer Ebene liegende Punkte u^, B^C^D
bekannt, so construirt man in jeder Verbin dungsebene von drei anderen
schon bekannten Punkten P, Q, R folgendermaassen ihren vierten Schnitt*
pnnkt 'S mit Ar^. Man bringt die drei Paar Gegenseiten des Viereckes
AB CD zum Durchschnitt mit der Ebene FQR und erhält so drei Paar
zugeordnete Punkte eines involutorischen geraden Gebildes g. In diesem
sucht man zu den drei Punkten, welche g mit den Seiten des Dreiecks PQR
gemein hat, die zugeordneten Punkte, und verbindet dieselben mit den
resp. gegenüber liegenden Eckpunkten des Dreiecks. Dann schneiden sich
(zufolge 1) die drei Verbindungslinien in dem gesuchten Punkte S. Soll-
ten in besonderen Fällen zwei von den Verbindungslinien mit zwei Seiten
des Dreiecks zusammenfallen, so wird k^ von der dritten im Schnittpunkte
dieser Seiten berührt, wie sich ebenfalls aus l) leicht ergiebt.
3. Von einer* A:^ seien bekannt zwei ebene Vierecke AB CD and
PQRS^ ausserdem aber zwei Punkte 27, F. Es seien zu construiren die
übrigen zwei Punkte X, F, welche eine beliebige , durch U und V gelegte
Ebene a mit k^ gemein hat. — Wir nehmen an, dass s durch keinen Eck-
punkt der beiden Vierecke hindurchgeht, weil dieser Fall schon in 2) er-
ledigt wurde. Die Gegenseiten des Vierecks ABCD (oder PQRS) schnei-
den die Eb^ne € in drei Paar zugeordneten Punkten eines involutorischen
geraden Gebildes g (resp. ^i). Verbinden wir nun ü und V mit dem Schnitt-
punkte G von g und g^ und mit den beiden Punkten, welche dem G in g
und gx zugeordnet sind, durch einen Kegelschnitt A:', so liegt dieser auf
einer durch k ^ gehenden F^ (l) und geht folglich auch durch die gesuchten
Punkte X und F. Andererseits ist die Gerade X¥ leicht zu construiren;
denn sie und ü V schneiden g und ebenso gx in einem Paare zugeordneter
Punkte. Man braucht also nur noch Ar* mit X Y zum Durchschnitt zu brin-
gen, was auf bekannte Art geschieht, und die Punkte X^ 7 sind ge-
funden.
4. Die Construction einer k^ aus acht gegebenen Punkten ist nach 2)
und 3) leicht ausführbar, sobald zunächst ein der k^ eingeschriebenes
ebenes Viereck gefunden ist. Die Lösung dieser Hauptaufgabe aber stützt
sich auf den Satz : Eine/r^ und eineA:^ welche fünf Punkte und
eine durch keinen derselben gehende Secante^ gemein haben,
liegen auf einer durch s gehenden Fläche zweiter Ordnung.
Die Af* kann mit $ durch eine F^ verbunden werden, und auf F^ giebt es
eine A^^^ welche durch die fünf Punkte geht und die Gerade s zur Secante
hat. Weil aber nur eine einzige, den letzten beiden Bedingungen ge-
nügende Kaumcurve dritter Ordnung existirt, so muss A:,' mit Ar' identisch
sein.
5. Von einer k^ sind acht unabhängige Punkte gegeben,
von denen keine vier in einer Ebene liegen; es ist derjenige
Kleinere Mitthcilnngen. 529
neunte Punkt'/) von /r* zu constrairen, welcher mit drei A^
B^ C der gegebenen in einer Ebene liegt. — Die letzten fünf ge-
gebenen Punkte bilden ein räumlicheH Fünfeck, dessen zehn Seiten wir
mit der Ebene ABC zum Durchschnitt bringen. Ordnen wir den zehn
Schnittlinien die resp. Punkte zu, welche die gegenüberliegenden Kanten
des Fünfecks mit der Ebene ABC gemein haben , so erhalten wir zehn
Paar zugeordnete Elemente eines 'ebenen Polarsystemes. In diesem be*
stimmen wir zu den Seiten des Dreiecks AB C die Pole und verbinden die-
selben mit den gegenüberliegenden Eckpunkten von ABC] die drei Ver-
bindungsgeraden schneiden sich dann in dem gesuchten Punkte I>. -^
Legen wir nämlich durch das Fünfeck einen Curvenbündel dritter Ord-
nung, so wird derselbe von ABC in dem genannten Polarsystem geschnitten.
Eine k^ des Bündels hat die Gerade AB zur Secante und schneidet die
Ebene ABC noch in dem Pole C^ von AB. Zugleich liegt diese k^ mit k^
und A B auf einer /**, welche von ABC noch in einer zweiten , durch C, D
und 6\ gehenden Geraden geschnitten wird, und somit liegt der gesuchte
Punkt D auf 6'6', , wie zu beweisen war.
0. Wenn in speciellen Fällen zwei Seiten des Dreiecks ABC einander
conjugirt sind in dem soeben benutzten Polarsystem, so liegt der Pol der
dritten Seite auf der Tangente von k^ im gegenüberliegenden Eckpunkte
und man gewinnt diese Tangente durch unsere Constructioi}. Fällt aber
der Pol einer Seite A B zusammen mit dem gegenüberliegenden Eckpunkte
6\ so besteht die k^ aus der durch C gehenden k^ des Curvenbündels und
ihrer Secante A JJ. Ich unterlasse es, diese besonderen Fälle, in denen die
Aufgabe ebenfalls als gelöst zu betrachten ist, weiter zu erörtern. Dagegen
fasse ich das Ergebniss von 5) in folgendem Satze zusammen: Liegen
von neun beliebigen Punkten einer Ar* irgend vier A, B, C, D
in einer Ebene, so sind in dem Polarsystem, in welchem vier
von den übrigen fünf Punkten ein Poltetraeder bilden und
dem fünften die Ebene ^ /yC/) zugeordnet ist, je zwei Gegen-
seiten des \iQx^ü\is ABCD einander conjugirt.
7. Von einer Fläche zweiter Ordnung sind neun von
einander unabhängige Punkte gegeben, die nicht alle auf
einer A:*liegen. Die Schnittlinie der Fläche mit der Verbin-
dungsebene von irgend drei ^, ^, C dieser Punkte ist zu con-
struiren. . Mau bestimmt nach 5) die vierten Schnittpunkte der Ebene
ABC mit irgend welchen k^^ welche A, ^ und C mit je fünf von den übrigen
sechs gegebenen Punkten verbinden. Sobald zwei solche vierte Schnitt-
punkte gefunden sind, kann der, auch durch sie hindurchgehende^ gesuchte
Kegelschnitt auf bekannte Art gezeichnet werden.
530 Kleinere Mittheilungen.
Schliesslich bemerke ich noch, dass die in 5) und 7) auszuführenden
Constructionen zuerst von v. St au dt (in seinen Beiträgen zur Geometrie
der Lage Nr. M)l und 592) angegeben worden sindy jedoch mit ganz anderer
Begründung.
Zürich, im Mai 1866.
XXVI. Oelegentliche Bemerkung über die Ellipse. Bezeichnet
E (l , .r) die Dinge des Quadranten einer aus den Halbachsen 1 nnd
a: < 1 construirtcn Ellipse, so giebt der Ausdruck
M=f ^E{\^x)dx^Aj dxj ycos*q> + a^ sin\ . dtp
das arithmetische Mittel der Umfönge aller Ellipsen, deren gemeinschaft-
liche grosse Halbachse =1 ist, und deren kleine Halbachsen die von
0 bis 1 stetig auf einander folgenden echten Brüche sind Das obige
Doppelintegral würde nach Ausführung der auf x bezüglichen Integra-
tion eine logarithmische Form erhalten ; man vermeidet dieselbe durch
Anwendung der identischen Gleichung
/V^---'^'h^7^|
welche giebt
t
n
= 7t + 2 I I -:L.^fiud(p,
J J l — n^stn*(p
0 0
Nach Ausführung der angedeuteten Integrationen findet man sehr leicht
3/ = 1 71* = 4,9348022,
also ist das goHuchto Mittel gleich der Peripherie cino^ mit dem Radius
\'1C^ bpschriebenen Kreises.
'.. SCIILÖMILCII.
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• «
Literaturzeitung
der
Zeitschrift für Matliematik und Pliysik
herausgegobcu
uuter der verantwortlichen Kcdaction
von
Dr. O. Schlömilch, Dr. E. Kahl
und
Dr. M. Cantor.
Dreiiehnter Jahrgang.
. vyv^%*'' ^ .^\^ • , •
LEIPZIG,
Verlag von B. G. Teubner.
1868.
I«
Literaturzeitung.
Recensionen.
Aufgaben ans der analytischen Mechanik, von Dr. A. Fuhrmann , Assi-
stent für Mathematik und Vermessungslehre an der königl. polytech-
nischen Schule zu Dresden. Mit einem Vorworte von Dr. 0. Schlö-
MiLCH, königl. Sachs. Uofrath, Professor etc. etc. In zwei Thei-
len. Erster Theil: Aufgaben aus der analytischen Geostatik. Mit
in den Text eingedruckten Holzschnitten. Leipzig, Verlag von
B. G. Teubner. 1867.
Da eine Besprechung des vorliegenden Werkes hier unpassend sein
würde, so möge das Vorwort des Unterzeichneten Platz finden. Es lautet:
„Wenn es schon zur tieferen Kenntniss einer fremden Sprache uner-
lässlich ist, nicht nur das Geschriebene oder Gesprochene zu verstehen, son-
dern auch selbst die Sprache reden zu können, so darf man von der Sprache
der exacten Wissenschaften um so mehr behaupten, dass sie nicht blos ge-
lernt, sondern auch geübt sein will. Findet man doch häufig genug unter
seinen Zuhörern solche, keineswegs unbegabte Studirende, welche zwar
alles Vorgetragene bestens verstanden haben, die sich aber äusserst un-
geschickt anstellen, sobald ihnen die selbständige Lösung einer Aufgabe zu-
gemuthet wird, die etwas mehr verlangt, als die Substitution specieller
Werthe in allgemeine Formeln. Dieser Erfahrung dankt das hiesige Poly-
technikum schon seit lauger Zeit die bewährte Einrichtung, den Vorträgen
über reine und angewandte Mathematik besondere Repetitionen beizugeben.
Letztere beschränken sich nicht auf eine blosse Wiederholung des Vor-
getragenen, vielmehr suchen sie durch zahlreiche Beispiele, welche von den
Studirenden theils coram omnibus weiss auf schwarz gerechnet, theils zu
Hause bearbeitet werden , dem Jünger der Wissenschaft die erforderliche
Gewandtheit in der Lösung von Aufgaben zu verschaffen. Die nämliche
Einrichtung empfiehlt auch der deutsche Ingenieurverein in seinem Orga-
nisationsplane der polytechnischen Institute, jedoch mit dem ausdrücklichen
Wunsche, dass die Repetitionen womöglich von dem vortragenden Professor
selbst abgehalten werden möchten. Gegen die Zweckmässigkeit dieses Vor-
schlags lässt sich aber ein Bedenken erheben. Da NvQ«v«L\i^ ^wi^ \\!w^>n\-
Lilcraturzlf . J. Zt-ititchr. f. Malh. u. Phyt. XUl. 1. \
Literaturzeitang.
dualität verleugnen kann, ro wird der repetirende Professor seiner An-
schauungs- und Ausdrucksweise treu bleiben, also nur noch einmal sagen,
was er scbon im Vortrage gesagt bat; der Assistent dagegen bringt die Sacbe
unter einem anderen Gesicbtspunkte und in anderer Redeform wieder und
bietet damit dem Zuhörer eine neue Seite des Gegenstandes dar. Wir
macben ja nicbt selten die Erfahrung, dass von zwei Rednern, die ihr
Thema mit gleicher Klarheit behandeln , der eine sympathischer für uns ist,
als der andere und dass wir eben deshalb den ersten leichter verstehen,
während Andere den zweiten vorziehen ; giebt mau dies zu, so muss man es
gerade bei abstracten Wissenschaften für einen Vortheil halten , wenn dem
Studirenden die Gelegenheit geboten wird, über denselben Gegenstand zwei
verschiedene Docenten zu hören. Eine praktische Schwierigkeit dürfte hier-
aus nicht entspringen , sobald sich der Assistent im Allgemeinen dem Ge-
dankengange des Professors anzuschmiegen weiss , und der Professor kein
Pedant ist, der da meint, dass es ohne seine sacramentaleu Formeln gar
nicht gehen könne.
Das hiesige Polytechnikum besitzt glücklicher Weise in Herrn Dr. Fuhr-
mann einen Assistenten, der meine Vorträge über höhere Analysis und
analytische Mechanik wirksam zu unterstützen versteht, und ich habe es
daher gern übernommen, dem Erstlingswerke desselben einige empfehlende
Worte auf den Weg zu geben. Sowohl für Repetitionen als für das Selbst-
studium ist eine Aufgabensammlung ohne Zweifel ein willkommenes Hülfs-
mittel, und da in der That keine Sammlung von Aufgaben aus der analyti-
schen Mechanik existirt, welche den Bedürfnissen der Studirenden an Uni-
versitäten und polytechnischen Instituten entspricht, so dürfte das vorlie-
gende Buch wohl als eine zeitgemässe Erscheinung gelten. Der erste Theil
desselben, welchem ein zweiter unverzüglich folgen wird, enthält nur Auf-
gaben aus der Statik fester Körper, wobei Probleme über die Elasticität
und Festigkeit ausgeschlossen wurden, weil diese an polytechnischen Schu-
len in besonderen Vorlesungen ausführlich behandelt zu werden pflegen.
Die meisten der mitgetheilten , für das erste Stadium der analytischen Me-
chanik berechneten Aufgaben sind neu; Bekanntes ist selten und nur dann
aufgenommen worden, wenn sich später eine Verweisung darauf nöthig
machte. Bei schweren Aufgaben findet man eine Andeutung über den
Gang der Auflösung, bei leichteren ist nur das Resultat angegeben. Und
damit sei diese anspruchslose, jedenfalls aber brauchbare Schrift den Leh-
rern und Jüngern der Wissenschaft bestens empfohlen.
Dresden, im August 1807.
.SCHLÖMILCH.
Literaturzeitung. 3
Bammlaiig von Aufgaben ans der algebraisohen Analysii. Bearbeitet yon
Job. Lieblein, Professor am Polytecbnikum zu Prag. Prag, Ver-
lag von J. Satow. 1867.
An dem Prager Polytecbnikum ist die algebraiscbe Analjsis als selb-
ständige Disciplin in den Lebrplan aufgenommen und findet ibre Vertretung
in den Vorträgen des Verfassers. Dem letzteren maebte sieb bierbei der
Mangel einer Aufgabensammlung fUblbar und dieser bewog ibn ; „ die eben
so mübsame als wenig dankbare Bearbeitung*^ eines solcben Hülfsbucbes zu
untemebmen. Dabei bat sieb der Verfasser ziemlicb genau dem Handbncb
der algebraiscben Analysis des Referenten angescblossen, und dem entspre-
chend giebt die Sammlung zu jedem Capitel des genannten Bucbes (mit
alleiniger Ausnabme des Capitels über die Mittelwerthe der Functionen) eine
Beihe von Beispielen und Aufgaben mit nur kurzen Andeutungen zur Lö-
sung der schwierigeren Aufgaben, nebst einigen , die bebandelten Theorien
ergänzenden Zusätzen. Hiermit dürfte der allgemeine Charakter des vor-
liegenden Werkchens bezeichnet sein ; in Beziehung auf das Detail mögen
noch einige Bemerkungen folgen.
Vor Allem ist rühmend anzuerkennen, dass die Sammlung, trotz ihres
geringen Umfanges von 12 Bogen, einen grossen Reichthum an Beispielen
und Aufgaben enthält, und dass die letzteren methodisch gut geordnet sind,
d. b. eine Stufenfolge vom Leichten zum Schweren darbieten. Weniger
einverstanden ist Referent mit der Trennung der Aufgaben von ibren Lö-
sungen; werden nämlich die letzteren überhaupt mitgetheilt, so ist es für
den Gebrauch des Buches ohne Zweifel bequemer, die Lösung unmittelbar
nach der Aufgabe zu finden, statt sie in einem Anbange suchen zu müssen.
Der letztere enthält übrigens eine Fülle werthvoller Bemerkungen, nament-
lich über unendlicbe Reihen; unendliche Producte und Kettenbrüche.
Beispielweis seien erwähnt 1) der Satz, dass die unendlichen, nur positive
Glieder enthaltenden Reihen
und Ui+kuk + k^Ukt + k^Uk9 + *,.,
gleichzeitig convergiren und divergiren, woraus für A:=2 ein specieller Satz
Cauchy* s folgt ; 2) die Transformationen verscbiedcner unendlicberProducte
und Reihen; welche theils in der Theorie der elliptischen Functionen, tbeils
bei dei Untersuchung über die hypergeometrische Reihe eine Rolle spielen;
3) die Betrachtungen über die Convergenz und die geometrische Deutung
der Kettenbrücbe. Diese Proben werden hinreichend documentiren , dass
der Verfasser weit mehr giebt, als man nach dem Titel seines Werkchens
erwarten sollte, und dass derselbe überhaupt die Wissenschaft mit Freiheit
und Geschick zu behandeln versteht. Und so fürchtet Referent keineswegs,
dass der Verfasser eine ;, wenig dankbare** Arbeit unternommen habe.
SCHLÖMILCH.
TL*
Literatarzeitung.
Anleitung zum Linearzeiohnen, von Prof. Delabar. 3 Hefte. Freibnrg im
Breisgau, Herder'sche Verlagshandlung.
Der Verfasser geht von der wohl unzweifelhaft richtigen Idee aus,
dass der Unterricht im Linearzeichnen drei Stufen haben müsse. Auf der
ersten Stufe stejit das „geometrische Linearzeichnen '^, wobei es zunächst
nur darauf ankommt, den Schülern Fertigkeit im Gebrauche der Zeichnen-
instrumente beizubringen, sie an genaue und reinliche Ausführung ihrer
graphischen Arbeiten zu gewöhnen und bei dieser Gelegenheit eine Reihe
oft vorkommender geometrischer Constructionen einzuüben. Die nächste
Stufe enthält die „Elemente der darstellenden Geometrie*' oder, wie Refe-
rent kürzer sagen würde, die Projectionslehre, deren Aufgabe ist, jeden
begrenzten Körper in jeder beliebigen Lage darzustellen. Der letzten
Stufe endlich gehört „die weitere Ausführung der rechtwinkligen Projec^
tionsart** d. h. die eigentliche descriptive Geometrie, welche auch un-
begrenzte Gebildein Untersuchung nimmt und an diesen ganz dieselben Auf-
gaben durch Construetion löst, welche in der analytischen Geometrie cal-
culatorisch behandelt werden. Für diese drei Unterrichtsstufen sind nun
die drei Hefte des obigen Werkes bestimmt; über deren Inhalt mögen einige
Bemerkungen folgen.
Im ersten Hefte giebt der Verfasser zunächst einige praktische Winke
über die Behandlung und Handhabung der Instrumente und sonstigen Ma-
terialien; die folgenden Abschnitte enthalten die gewöhnlichen Construc-
tionen von Parallelen und Senkrechten, die Theilung von Geraden und
Winkeln, die Anfertigung von Maassstäben etc. Bei den Kreistheilungen
dürfte zweierlei zu erinnern sein. Erstens ist die Anwendung des Trans-
360^ 360®
porteurs zur Construetion von , etc. weder sonderlich bequem, noch
hinreichend genau; man erhält viel bessere Resultate , wenn man die ge-
suchten Centriwinkel mittelst ihrer trigonometrischen Tangenten construirt,
z. B.
(an = -- , Fehler 0 , 6
7 63' '
360<> 73
tan -— = — , „ 2,3
9 87' ' '
360° 232
'"''77 = 361' "."''
u. s. w.
Zweitens muss bei der Construetion regelmässiger Vielecke davor gewarnt
werden, dass der Zeichner die eine gefundene Seite im Kreise herumträgt, um
die übrigen Seiten zu finden; denn hierbei wird der unvermeidliche Feh-
ler, womit jene erste Seite behaftet ist, multiplicirt und der Schluss des
Polygons selten erreicht. Vielmehr ist (wie schon Hofrath Iv u n z e bemerkt
hat) auf eine andere Weise zu verfahren, die hier in Erinnerung gebracht
Literaturzeitung.
* -^ -.^.^^ .^^^ ^ ^^- ^ ^w^^ ^,^^^
und am Elfeck erläutert werden möge. Nachdem man die Seite A^A^
10
gefanden hat^ balbire man den übrigen Kreisbogen , welcher — der Peri-
pherie umfasst; der Halbirnngspankt ist die Ecke A^. Von dieser schneide
man rechts und links zwei Bögen =arcAiAf ab, man hat dann die Ecken
Jf^ nnd A^] hierauf balbire man die Bögen A^ A^ und A^Ai, wodurch A^ und
A^Q entstehen u. s. w. — Bei den folgenden Constructionen von Kegel-
schnitten und anderen Curven wäre es zweckmässig gewesen, die sehr ein-
fachen Constructionen der Normalen anzugeben und dabei zu bemerken>
dass die Durchschnitte der Normalen nahezu die Krümmungsmittelpunkte
sind und dass t^ich mit deren Hülfe jede Curve aus kleinen Kreisbögen zu-
sammensetzen lässt. Dieses Verfahren giebt weit genauere und zugleich
weit elegantere Zeichnungen, als wenn die gefundenen Curvenpunkte aus
freier Hand verbunden werden.
Im zweiten und dritten Hefte hat der Referent nichts Wesentliches zu
erinnern gefunden, was bei der schon ziemlich festen Gestaltung der eigent-
lichen descriptiven Geometrie Niemanden Überraschen wird.
Die Darstellung des Verfassers ist klar und durchaus leicht verständ-
lich; die Figuren sind zwar dem kleinen Formate des Baches (Queroctav)
angepasst, aber hinreichend deutlich.
SCHLÖMILCH.
Bibliographie
vom 15, October bis 15, December 1867.
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Chelini, sugii assi centrali delle force e delle roiaiioni nelV equVihrio e
fiel mnto dei corpi,
Pianif del metodo newtoniano per la ritoluiione opprossimata delle equazione
numeriche,
Cremona^ Preliminari di una teoria geometrica delle superficies memoria
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Delle Gata, Esame di ateune ertliche osservationi sulV elettridtä statica.
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Cantor, M. , Euklid and sein Jahrhundert. Mathematisch -histori-
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Berlin, Wiegandt & Hempel. % Thlr.
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Heime, F., Untersuchungen über relative Primzahlen, primitive
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reste. Berlin, Uthemann & Müller. % Thlr.
KiBMANN, B., Grundlagen für eine allgemeine Theorie der
Functionen einer complexenveränderlichenGrösse. 2. Ab-
druck. Göttingen, Rente. 1^^ Thlr.
Gjbrlach, H., Lehrbuch der Mathematik. 4 Theile in 1 Bd. 2. Aufl.
Dessau , Aue. 1 Thlr. 26 Ngr.
Reidt, f., Die Elemente der Mathematik für höhere Lehr-
anstalten. l.Theil: Arithmetik; 2.Theil: Planimetrie. Berlin, Grote .
26 Ngr.
Drach, A. V., Einleitung in die Theorie der cubischen Kegel-
schnitte (Raumcurven 3. Ordnung). Leipzig, Teubner. 28 Ngr.
KouTNY, E.; Construction des Durchschnitts einer Geraden mit
den Kegelschnit^slinien (Akad.). Wien, Gerold. ^s Thlr.
DiLLiRO, A., Sammlung von Aufgaben und Beispielen aus der
algebraischen Geometrie. Halle, Schmidt. 2 Thlr.
Salomon, J., Lehrbuch der Elementarmathematik. 2. Bd. Geome-
trie. 3. Aufl. Wien , Gerold. 1% Thlr.
De NiEM, Beweise und Auflösungen sämmtlicherLehrsätze und
Aufgaben der Jacobi*schen Anhänge zu van Swinden*s
Geometrie. 2 Theile. Halle, Schmidt. 3% Thlr.
Van Swinden*s Geometrie im Auszuge etc. Aus dem Holländischen
übersetzt von de Niem. Ebendas. 12% Ngr.
RoTTOK, Lehrbuch der ebenen und sphärischen Trigonometrie.
Hamburg, Jowien % Thlr.
Sebrbt, J. A., Cours de calcul differeniiel ei intigral. Tome L Cal-
cul differeniieL Paris, Gauthiers - Villars. pro compl. 22 Frcs.
Haan, B. de, Nouvelles iahles d^ integrales definies. Leide, Engels.
14 Fl.
Angewandte Mathematik.
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Brettner, H., Mathematische Geographie. 5. Aufl. VonF. Bredow.
Leipzig, G. E. Schulze. 12 Ngr.
Förster, W., Bericht der Berliner Sternwarte für das Jahr 1866.
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Heis, E., Sammlung von 5 Sternkarten für die vierHimmels-
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AuwERS, B., Bestimmung der Parallaxe des Sterns 34 Oroom-
bridge durch chronograp hischeBeobacbtangenamAeqna-
toreal der Gotbaer Sternwarte. Berlin, Dümmler. % Thlr.
Oebl, E.y Versocb einer Tbeorie über Kometen. Wien, Pichler.
% Thlr.
Fuhrmann, A., Aufgaben aus der analytischen Mechanik. 1. Tbeil:
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Zech, lieber die Schwingungsbewegungen der Locomotiven.
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Brassbur, J. , Programme du cours de geomStrie descripiive fait
ä runiversiie de Lüge. 4« Edit. Lüttich, Sazonoff. 2% Thlr.
Physik.
KüLP, £., Lehrbuch der Experimentalphysik. 4. Bd.: Wärmelehre
von R. D res er. Darmstadt, Diehl. 2 Thlr.
Lang, V. t., Einleitung in die theoretische Physik. Braunschweig,
Vieweg. 1% Thlr.
Pranghofer, J., Sammlung von Aufgaben und Beispielen aus
derPhysik. 1. Theil: Mechanische Naturlehre. Wien, Braumüller.
1 Thlr.
Briot, Gh., Versuche über die mathematische Theorie des
Lichtes. Uebersetzt und mit einem Zusätze vermehrt von W. Klin-
ke r fu e s. Leipzig , Quandt und Händel. 1% Thlr.
Ttndall, J., Die Wärme als eine Art der Bewegung. Autorisirte
deutsche Ausgabe von Helmholtz und Wiedemann. Braunschweig,
Vieweg. 2% Thlr.
Gauss, G. F., Werke, 5. Bd. Mathematische Physik, herausgegeben
von der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttlngen.. Göt-
tingen , Vandenhoek & Ruprecht. 77^ Thlr.
Literaturzeitung.
Recensionen.
üeber die geometrische Hypothesis in Plato's Menon vou Dr. Adolph
Benecke, Direktor des Gymnasiums zu Elbing. Elbiug 1807.
In Commission bei C. Meissner. 34 Seiten in 4^ nebst einer
Figuren tafel.
In dem platonischen Dialoge, welcher den Titel „Meno" führt, be-
findet sich eine mathematische Stelle, welche, man darf wohl sagen
Jahrhunderte lang, die Verzweiflung der Philologen verursachte, ohne
den Mathematikern verständlicher zu sein. Referent hat deshalb in sei-
ner jüngst in einem Separathefte dieser Zeitschrift erschienenen Ab-
handlung „ Euclid und sein Jahrhundert** jene Stelle nur sehr im Vor-
übergehen (8. 46—47) berührt und darauf verzichtet ein besonderes
Gewicht auf sie zu legen, weil, was hier zugestanden werden mag,
mehrwöchentliche Beschäftigung mit jener Stelle ihm die Sache nur im-
mer unklarer machte.
Fast gleichzeitig mit der genannten Abhandlung erschienen zwei
Untersuchungen, die speciell auf die Meno- Stelle sich bezogen, welche
aber vermöge dieser Gleichzeitigkeit bei unserer Zusammenstellung nicht
mehr berücksichtigt werden konnten. Wir meinen die nachgelassene
Abhandlung des vor einigen Jahren verstorbenen Gymnasialdirektors
Fr. Carl Wex in Schwerin „Piatons Geometrie im Menon und die Pa-
rabole des Pythagoras bei Plutarch" (Grunert's Archiv, Bd. XLVII,
S. 131 — 163) und die Monographie des Herrn Benecke, welche
in der Ueberschrift dieser Besprechung des Näheren genannt ist.
Die erwähnte posthume Arbeit enthält manche schätzenswerthe Bemer-
kung (einige derselben sollen in diesem Kefcrate noch Platz finden),
ohne jedoch nach unserem Dafürhalten die eigentliche Frage zu lösen.
Herr Benecke dagegen hat, wie wir wenigstens überzeugt sind, das Ei
des Columbus gefunden. Er hat eine Uebersetzung und Erklärung vor-
geschlagen, welche durch die Vereinigung folgender Vorzüge vor allen
bisherigen Versuchen sich auszeichnet.
LitcralurztfJT. 'l- Zeilsclu. f. Malh. u. PhyMk XIU,2. ^
1 0 Literaturzeitimg.
1. Der durch die Codices überlieferte Wortlaut des Textes wird
unverändert erhalten , während man insgemein mehr oder weniger kühne
Correkturen und Conjekturen sich erlaubte.
2. Der mathematische Sinn ist ein so elementarer und naheliegen-
der, dass er jetzt in der That den Dienst leisten kann, den er leisten
soll, als beleuchtendes Beispiel in einer durchaus nichtmathematischen
Discussion gebraucht zu werden.
3. Die Benecke'sche Auffassung behandelt die früher schwierige
Stelle nicht aus dem Znsammenhange des Dialoges herausgerissen, sie
knüpft vielmehr unmittelbar an andere mathematische* Versinnlichungcn
an, welche wenige Minuten* vorher in demselben Gespräche benutzt wor-
den waren und zur Zeichnung gewisser Figuren in den Sand Anlass
gegeben hatten, welche man desshalb als noch vorhanden und weiter
benutzbar voraussetzen muss.
Diese vereinigten Momente scheinen uns zwingend für die Richtig-
keit der neuen Auffassung, und nur in zwei freilich nebensächlichen
Dingen möchten wir von Herrn Benecke abweichen. Einmal glauben
wir, dass allerdings der Kreis die erste Zeichnung ist, welche Sokrates
entwirft, und zwar schon 73, E bei Gelegenheit des Kunden, welches
eine Figur, nicht aber die Figur überhaupt sei (axQoyyvXoTrjvog nigi
einoifi av iyayye ozi (fxijfia xl iöviv^ ovx ovvcog aitXcSg oxi öxW^)» Zweitens
glauben wir, dass wo zuerst das 4füssige Quadrat gezeichnet wird 82, C
und Sokrates die Frage stellt: Sind nicht auch diese durch die Mitte
gehenden Linien eben dieselben? {ov xai xavxaal xag ötce fiiaov iaxiv
laag ix^v]) keineswegs die Diagonalen gemeint sind, sondern die Linien,
welche die Mitten von je zwei gegenüberliegenden Seiten des Quadrates
verbinden.
Für unsere erste Abweichung steht uns nur der Grund zur Vor-
fügung, dass es immerhin möglich ist. dass Sokrates schon bei jener
frühem Veranlassung eine Zeichnung entwirft, wenn auch an sich keine
Nothwendigkeit dazu vorliegt; dass dagegen unter der Voraussetzung
einer schon vorhandenen Kreisfigur neben dem Quadrate es später an
der Hauptstello 86, E viel natürlicher wird, dass Sokrates bei dem als
Versin nlichung zu wählenden Beispiele die beiden vorhandenen Figuren
benutzt, auf die zufallig sein Auge wieder fallt, als dass er jetzt erst
dem Beispiele zu Liebe einen Kreis zeichnet.
Für die zweite Aenderung besitzen wir so viele Gründe, dass wir
in Verlegenheit sind alle mitzutheilen , während für die Beneckc'sclie
Auffassung, wie uns scheinen will, auch nicht ein stützendes Moment
aufzufinden ist, es müsste denn sein, dass man sich auf die ihr ent-
sprechende Uebersetzung bei Hieronymus Müller, Platon's sämmtliche
Werke, Bd. II, S. 142 (Leipzig 1851), beriefe, wogegen uns die Auto-
rität Stallbaums (Piatonis Meno, prolegomenis et commcntariis illustravit
Literaturzeitnng. 1 1
Godofr. Stallbaumius , pag. 66 et 69. Lipsiae 1827) zur Seite steht.
Blosse Namen gelten aber mit Kecbt Herrn Benecke so wenig, wie uns
als Gründe, und so mögen einige von den Erwägungen genannt werden,
durcb welcbe wir uns bestimmen Hessen. Die keinen Augenblick zu
vernachlässigende Situation ist die, dass Sokrates einen ungebildeten
Sklaven vor sich hat, dem er durch seine Fragen Aussprüche geometri-
scher Wahrheiten entlockt, von deren Kenntniss Jener sich nicht bc-
wusst ist. Die Fragen des Sokrates allein würden dazu nicht aus-
reichen ; mit Hülfe von in den Sand gezeichneten Figuren genügen sie.
Alle herausgefragten Wahrheiten müssen daher solche sein, welche durch
blosse Anschauung einleuchten, ohne dass ein eigentlicher geometrischer
Beweis zu führen versucht würde. Während Herr Benecke diesen Ge-
sichtspunkt im Uebrigen festhält, lässt er ihn hier aus den Augen. Die
Identität der beiden Diagonalen scheint sich uns nicht ohne Weiteres
der blossen Anschauung darzubieten, wie überhaupt zwei in ihrem Ver-
laufe sich schneidende Linien erfahrungsmässig weniger gut bezüglich
ihrer Länge abgeschätzt werden können, als wenn die Linien nur in
einem Endpunkte zusammenstossen , und diese wieder weniger gut
als Parallellinien. Unsere Deutung giebt aber den ursprünglichen Vier-
ecksseiten parallele und diesen ebenso wie unter sich gleiche Linien,
was ebenfalls in dem oben citirten Wortlaute von des Sokrates Frage
gelegen zu haben scheint. Feiner ist bei unserer Auffassung, welche
die Seiten halbirt, das Quadrat viertheilt, einleuchtend, wesshalb Sokrates
bei dieser ersten Figur, welche er dem Sklaven vorzeichnet, die Seite
als 2 Fu88 lang annimmt und nicht als 1 Fuss lang, was doch eigent-
lich näher liegt. Ferner ist auch Herr Benecke genöthigt nachfier bei
den Quadraten der 4 Fuss und 3 Fuss langen Seiten eine Zeichnung
anzunehmen, welche der unsrigen analog ist, während in dem Texte des
Dialogs bis dahin nicht die leiseste Andeutung sich findet, dass eine
von neuen Grundgedanken ausgehende Construktion vorgenommen würde.
Endlich halten wir es geradezu für entscheidend, dass 85,^ die Diago-
nale gezogen und definirt {avzti ri ygafiiifi i} in ycDpUng slg ytoviav rslvsi)
und 85,^ auch benannt wird {iwXovCt di ye zavxtiv diafiergov ot aotpiaxal).
Das wäre der angewandten heuristischen Methode nach zu spät, wenn
diese Linien schon in einem früheren Augenblicke der Besprechung ge-
zogen worden wären.
Wir wiederholen es, dass wir selbst diese Bemerkungen nur für
nebensächliche halten, keineswegs geeignet, das unstreitige Verdienst
des Verfassers der uns vorliegenden Abhandlung irgendwie zu schmä-
lern. Wir beabsichtigen durch deren Darlegung nur unser Interesse
an dem Gegenstande zn erweisen und zu ergänzen, was uns übersehen
scheint.
Zu demselben Zwecke führen wir aus der Wex'schen Abhandltiu^
1 2 Literaturzeitung.
zwei Stellen an, welche sxtt das missliche Wort nagarslveiv sich beziehen
und für den philologischen Theil der Untersuchung nicht ohne Wich-
tigkeit sind. Herr Wex schreibt 1. c, S. 137: „Wir befinden uns also
hier auf dem Gebiete geometrischer Techniker und ihier Elementar-
Geometrie. Diese haben aber für ihre praktischen Operationen und zum
Theil mechanischen Kunstgriffe auch besondere Kunstausdrücke. Man
trete bei uns in eine Elementarklasse; da hören wir manche termini,
wie eins borgen, eins im Sinne behalten, einen Bruch heben, eine Zahl
zerfallen und Anderes. Hofft man diese mathematischen Kunstausdrücke
auch in Schriften von Leibnitz, Euler, Gauss zu finden? Nun, ebenso-
wenig suche man naqaxüvnv bei den griechischen Mathematikern." Die
zweite Stelle findet sich 1. c. S. 161, Anmerkung ** und lautet: „Noch
will ich denen, die Tta^atsiva für gleichbedeutend mit Ttagaßakka) halten
möchten, eine Combination an die Hand geben, durch die sie ihre Mei-
nung unterstützen können. In dem Euclid des Boethius bei Lachmann
grammatici Script, p. 385 finden sich folgende zwei Aufgaben neben ein-
ander gestellt: Dato triangido aequale parallel ogrammum in dato recti-
lineo angtdo constituere, — luxta reciam lineam dato triangtdo dato rccti-
lineo angtdo parallelogrammum aequale praetendere. In der ersteren Auf-
gabe ist constituere offenbar das Euclidische avarriaaa&ai (Elem. I, 42)
und in der zweiten wird man in dem praetendere das Euclidische naQa-
ßalBiv (Elem. I, 44) zu suchen haben. Man könnte also vermuthen, in
dem griechischen Originale, welches Boethius vorgelegen, habe naga-
TftVcö als Synonymen die Stelle von icagaßdlXa vertreten. Wenigstens
wird das geographische nccqaxdvu) (tj di y Bjvßoia r^öe nagavirarai Arist.
Nub. 212. TiJ (ihv yaQ Trjg ^AQaßltjg ovQOg TraQüciitatai Uerodot. II, I) im
Lateinischen durch praetendere ausgedrückt. Baeticac Intere scptcntrio-
nah praetenditur Lusitania. Plin. N. H. III, 1, 2. Die übliche Ucber-
setzung des mathematischen Ttagaßakksiv durch applicare scheint modernen
Ursprungs zu sein/*
Im Uebrigen vorweisen wir Jeden, dem es um Uebersetzung der
platonischen Worte und um deren Verständniss zu thun ist, auf die
Benecke'sche Abhandlung, welcher wir recht viele Loser wünschen , und
desshalb den Kern der Untersuchung hier nicht weiter enthüllen wollten,
als nöthig schien um zu dessen Genüsse einzuladen. Cantor.
Der Magnet im Alterthnm von Prof. Gust. Albeut J*alm. Programm des
königlich württembergischon evangelisch -thoologischon Soniinars
Maulbronn zum Schluss des vierjährigen Curses von 18G3— 1H(>7.
Stuttgart 1867..
Literaturzeitung. 13
Dio an und für sich Ücissig gearbeitete Abhandlung besteht ans
7 Kapiteln mit folgenden Ueberschriften : 1. Was wussten die Alten
vom Magnet? 2. Wie erklärten die Alten das, was sie vom Magnet
wnssten? 3. Die Benennungen des Magnets. 4. Woher bezogen die
Alten den Magnet? 5. Der medicinische und magische Gebrauch des
Magnets. 6. Die bildliche Verwendung des Magnets bei den verschie-
denen Schriftstellern. 7. Das frei schwebende Bild. Daran knüpfen
sich 52 Belegstellen aus den lateinischen und griechischen Schriftstellern,
der verschiedensten Zeitalter welche im Originaltexte mitgetheilt werden.
Diese letztere Beilage macht das Programm des Herrn Palm zu einer
immerhin schätzbaren Sammlung, während die Mühe, welche der Ver-
fasser auf die eigentliche Abhandlung verwandte, als eine leider müssige
bezeichnet werden muss. Derselbe kannte offenbar nicht die Observa-
iions ei iheories des Anciens sur les aliraciions et les repulsiims magne-
iiques et sur les aitraciions eleciriques von Th. Henri Martin, welche
bereits in den Atti delV Academia Pontificia de* nuovi Lincei für die
Sitzungen vom 3. December 1864 und 8. Januar 1805 abgedruckt sind.
Diese Untersuchungen des gelehrten Decan der philosophischen Facultät
von Rennes enthalten aber absolut Alles, was auch Herr Palm jetzt auf-
fand, und noch Einiges mehr.
Cantor.
Theorie der Besserschen Fanotionen. Ein Analogen zur Theorie der
Kugelfunctionen. Von Carl Neumann. Leipzig 1867.
Es wird wohl kaum nöthig sein an die Wichtigkeit und an die viel-
fachen Anwendungen der Functionen zu erinnern, welchen die vorlie-
gende Schrift gewidmet ist. Jeder, der sich eingehender mit dem Pro-
bleme der mathematischen Physik , z. B. mit der Theorie der Bewegung
der Wärme beschäftigt, kennt dieselben, und wird daher das schöne
Werkchen von Neumann mit Freuden begrüssen. Wiewohl der Herr
Verfasser in der Vorrede die Absicht einer umfassenden Darsteliung der
ganzen Theorie dieser merkwürdigen Functionen bescheiden ablehnt, so
glauben wir doch, dass Demjenigen, welcher sich behufs der Anwendung
mit den wichtigsten Eigenschaften der BesseFschen Functionen vertraut
machen will, durch das vorliegende Werk nützliche Dienste geleistet
werden , da durch die äusserst klare und elegante, und wie uns bedünkt,
für die meisten Zwecke auch hinlänglich ausführliche Darstellung der
wichtigsten Sätze und Formeln ihm manches mühsame Nachschlagen und
Suchen erspart wird. Es soll damit natürlich nicht gesagt sein, dass
dadurch nun dio Acten über die Theorie der Besserschen Functionen
als geschlossen zu betrachten seien. Im Gegen theil Riwd ^vt ^^x ^^^x-
14 Literaturzeitung.
■ — *^ .^-^S^ .^^ *- ^-Tv-i' *»•-<'>» y-«l^ -."'**%•■ ^
nung, dass diese Functionen späteren Forschungen noch ein ergiebiges
Feld bieten, welche, in gehöriger Weise verallgemeinert, zu wichtigen
Aufschlüssen über allgemeine Eigenschaften gewisser partieller Differen-
tialgleichungen führen können. Ein solcher Zusammenhang mit einer
partiellen Differentialgleichung, die für die Physik von grossem Interesse
ist, findet sich, wiewohl nur als nebensächlicher Zweck des Herrn Ver-
fassers, in dem letzten Abschnitt des in Hede stehenden Werkes ange-
deutet, und dieser Zusammenhang führt zu der merkwürdigen Entwicke-
lung der Function F<*^ für ein Argument, das die Entfernung zweier
Punkte ausdrückt, nach den Bessel'schen Functionen. Die Ilauptauf-
gäbe des Verfassers, deren Lösung ihm in völlig befriedigender Weise
gelingt, ist der allgemeine Nachweis der Entwickelbarkeit einer Function
eines complexen Arguments nach den BesseFschen Functionen, und die
Feststellung der Grenzen der Gültigkeit dieser Entwickelung. Das Hülfs-
mittel, welches zu diesem Ziele führt, ist dasselbe, welches schon von
Cauchy zur Begründung der Taylorschen Reihe für complexe Argumente
angewandt wurde, und dessen sich der Herr Verfasser schon früher zur
Begründung der Entwickelung nach den Kugelfunctionen bedient hat.
Es ist die von Cauchy aufgestellte Formel:
indem die Integration sich über eine beliebige geschlossene Curve in
der 2-Ebene erstreckt, in deren Innerem die Function f (z) einwerthig
und stetig ist. Aus dieser Formel lässt sich nun immer eine Entwicke-
lung der Function f (c) ableiten, wenn man eine entsprechende Ent-
wickelung von -^ finden kann. Eine solche Entwickelung liefert,
wenn es sich um das Taylor'sche Theorem handelt, der binomische
Satz, bei der Entwickelung nach Kugelfunctionen das Theorem von
Heine. Es ergibt sich dabei, dass die Coefficienten der Entwicklung
von nach steigenden Potenzen von c die fallenden Potenzen von
z — c
2, nach Kugelfunctionen der ersten Art für das Argument c die Kugel-
functionen der zweiten Art für das Argument z werden, und daraus
entspringen Entwickelungen für solche Functionen, die iu einem zwie-
fach zusammenhängenden Gebiet eindeutig und stetig sind, welche im
ersten Fall nach steigenden und fallenden, im zweiten nach Kugelfunc-
tionen der ersten und zweiten Art fortschreiten. Um dem entsprechend
die Entwickelung nach Besser sehen Functionen zu finden, kam es also
vor Allem darauf an, die Function nach diesen Functionen zu
z — c
entwickeln. Die Coefficienten dieser Entwickelung sind Functionen von r,
Literaturzeifung. 15
welche Herr Neumann BesseVsche Functionen der zweiten Art nennt, und
die er in mannigfacher Weise ausdrücken lehrt.
Es würde zu weit führen , wollten wir hier des Weiteren auf die Mittel
eingehen, durch welche der Verfasser diese Kesultate gewinnt, nur müssen
wir anerkennend hervorheben, dass er uns den Weg zeigt, der mit Sicher-
heit, wenn auch nicht mit voller Strenge zu dem gewünschten Ziele ftlhrtf
und sich nicht damit begnügt, mit dem fertigen Resultat und dem zugehö-
ligen strengen Beweis , der übrigens in vollständig befriedigender Weise
erbracht wird, uns vor Augen zu treten. Der erwähnte strenge Beweis
beruht auf der wirklichen Summation der gefundenen Reihe und ist durch
das dabei zur Anwendung gekommene Prinzip der Aufstellung einer par-
tiellen Differentialgleichung erster Ordnung für die gesuchte Summe be-
merkenswerth.
Ein anderer Theil der Untersuchung ist derjenigen Differentialgleichung
zweiter Ordnung gewidmet, von welcher ein partikuläres Integral durch
die BesseVsche Function der ersten Art gegeben ist. Hier ist nicht etwa,
wie bei den Kugelfunctionen , die BesseVsche Function zweiter Art das
andere partikuläre Integral, sondern dieses zweite partikuläre Integral
wird durch eine dritte Function ausgedrückt, welche gleichfalls interes-
sante Eigenschaften besitzt, die zum Theil denen der BesseFschen Function
erster Art analog sind. Die hierauf bezüglichen Untersuchungen sind
etwas weitläufig und dürften vielleicht in Zukunft einer einfacheren
Darstelhing fähig sein, was auch der Verfasser am Schluss des dritten Ab-
schnittes anerkennt.
Hoffen wir, dass das verdienstvolle Werkchen, dessen Lektüre bei der
bekannten klaren Darstellungsweise des Verfassers eher einer Unterhaltung,
als einer Anstrengung gleicht , zur Weiterverbreitung der Kenntniss dieser
so interessanten und merkwürdigen Functionen beitragen und zu weiteren
Forschungen über dieselben führen möge.
Heidelberg, im Januar 18G8. Heinkich Weber.
Zeitschrift für Bibliographie und Geschichte der Hathematik herausgegeben
von B. BoNCOMPAGNi in Rom.
Vor wenigen Wochen erhielten wir die nachfolgend abgedruckte An-
kündigung einer neuen Monatsschrift:
Lo recueil intitulö ^yBullcUino di Bibliografia c di Slon'a delle Scienze
matemalichc e fisiche^'^ est un ouvrage pcriodique dont on public chaque
mois un cabier de trois feuilles au moins, et de cinq au plus. Ces cahiers
se vendent n Rome dans l'imprimeric des sciences mathc^.matiques et phy-
siques (Via Lata, n**. 21.1 A) au prix de 35 Centimes la feuillc. Les ^et-
sonnes qui voudront bicn envoyer des t'crits do«\l\T\6H \v ^Vt^ y^^\^.^ ^^kw?.
16 Literattarzeitang.
ce tecaeil, sont priees de les remetlre an buremn de U poste dans des
plis adrefts^ ä D. B. Boneompagni a Rome. Cenx de ces ecrits qni seront
redig^ en italien^ en fran^aiB on en latm, seront pnblies textuellement
dans ce Bnlletin.
Wir sind äberans begierig auf das Erscheinen dieser Zeitschrift selbst,
f&r deren ansgezeichnete Leistungen der Name des Heraosgebers schon im
Voraus bürgt. Wir treten sicherlich keinem Gelehrten irgend eines Landes
zn nahe , wenn wir die Behauptung aussprechen , dass Prinz Boncompagni
dermalen an der Spitze derer steht ^ die sich gleichzeitig mit Greschichte
und Bilbliographie der Mathematik beschäftigen. Sein Fleiss^ seine sorg-
same Mtihe, sein kein Opfer an Geld und Zeit scheuender Eifer haben ihm
diese Stellung angewiesen und befähigen ihn wie keinen Anderen zur
Mittelperson europäischer' Gelehrsamkeit. Wir wünschen daher dem neuen
Unternehmen den ergiebigsten Erfolg und möchten unsere eigenen wissen-
schaftlichen Freunde hiermit öffentlich zur Unterstützung desselben auf-
fordern. Wir furchten dabei nicht mit unseren eigenen redaction eilen In-
teressen in Widerstreit zu gerathen, da es selbstverständlich ist, dass ein
und derselbe Beitrag sehr wohl gleichzeitig in deutscher Sprache in unserer
Zeitschrift und in fremder Sprache im Bulletino Boncompagni erscheinen
kann.
Oantor.
Bibliographie
vom 15. December 1867 bis 1. März 1868.
Periodische Schriften.
Sitzungsberichte der Königl. Sachs. Gesellschaft der Wissen-
schaften zu Leipzig. Mathem.-phys. Ciasso. 1867. 1. u. 2. Heft.
Leipzig, Hirzel. % Thlr.
Sitzungsberichte der Königl. Bayer. Akademie der Wissen-
schaften. 1867. Band II, Heft 3. München, Franz. 16 Ngr.
Abhandlungen der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften
zu Göttingen. 13. Band aus den Jahren 1866 und 1867. Göttingen,
Dieterich. 7 Thlr.
Denkschriften der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu
Wien. Mathem.-phys. Classe. 27. Band. 1867. Wien, Gerold.
12% Thlr.
Journal für reine und angewandte Mathematik (begründet von
Grelle) herausgegeben von C. W. Borchardt. 68. Band. 1. Heft.
Berlin, G. Keimer. pro compl. 4 Thlr.
Vierteljahresschrift der astronomischen Gesellschaft, heraus-
gegeben von C. Bruhns. 2. Jahrg., Heft 3 u. 4. Leipzig, Engelmann.
k % Thlr.
Annalen der Königl. Sternwarte bei München, herausgegeben
von J. V. Lamont. 15. Band. 1867. München, Franz. 1% Thlr.
Astronomisches Jahrbuch für das Jahr 1870, mit Ephemeriden
der Planeten (1) — (93) für 1868. Herausgegeben von W. Foerster.
Berlin, Dümmler. 3 Thlr.
Wochenschrift für Astronomie, Meteorologie und Geogra-
phie, redigirt von E. Heis. Neue Folge. 11. Jahrg. 1868. No. 1.
Halle, Schmidt. pro compl. 3 Thlr.
Memorie della B. Accccdemia delle scicnzc dt Torino. Seriell,
Tome XXIII. Torino, Loescher.
Indice delle maierie contenute nella parte J:
Plana, J., Memoire sur la loi du refroidUsement des corps sphöriques etc.
Genocchi, A., Intorno alla formazione ed integrazione d'alcune equazioni
differenziali nella teorica delle funzioni ellitiche,
Oovi, G., Sulla mitura della ampliflcazione degK strumeiUi otlici e sul uso di
un megametro etc.
18 Literaturzeitung.
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Pfeiffer, J., DieElemente der algebraischenAnalysis zunächst
für seine Schüler zusammengestellt. Leipzig, Voss. 18 Ngr.
Kiemann, B., Ueber die Darstellbarkeit einer Function durch
eine trigonometrische Reihe. Göttingen, Dieterich. 24 Ngr.
Reye, Th. , Die Geometrie der Lage. 2. Abtheilung. Hannover,
Rümpler. 2 Thlr.
Peterson, K., Ueber Curven und Flächen. I.Lieferung. Leipzig,
Wagner. % Thlr.
RiEMANN, B. , Ueber die Hypothesen, welche der Geometrie zu
Grunde liegen. Göttingen, Dieterich. 12 Ngr.
WiTTSTEiN, Th., Lehrbuch der Elementarmathematik. 2. Band,
1. Abtheilung. Ebene Trigonometrie. 2. Aufl. Hannover, Hahn.
% Thlr.
Angewandte Mathematik.
Schell, 0., Ueber die Bestimmung der Constanten des Polar-
planimeters. (Akad.) Wien, Gerold. 4 Ngr.
FiLS, A., Barometer-Höhenmessungen im Herzogthum S. Gotha.
2. Aufl. Weissensee, Grossmann. % Thlr.
AsTRAND, J., Neue einfache Methode für Zeit- und Längenbe-
stimmung. (Akad.) Wien, Gerold. 8 Ngr.
Oppolzer, Th., Die Constanten der Präcession nach Leverrier.
(Akad.) Ebend. 3 Ngr.
AuwERS, A., Bestimmung der Bahn des Cometen III, 1860. (Akad.)
Berlin, Dümmler. % Thlr.
AuwERS, C. F., Untersuchungen über veränderliche Eigenbe-
wegungen. 2. Theil. Bestimmung der Elemente der Siriusbahn.
Leipzig, Engelmann. 2% Thlr.
Clausius, R., Ueber den zweiten Hauptsatz der mechanischen
Wärmetheorie. Ein Vortrag. Braunschweig, Vieweg. 1 Ngr.
BoLTZMANN, L., Ucber die Anzahl der Atome in den Gasmoleku-
len und die innere Arbeit in Gasen. (Akad.) Wien, Gerold.
2 Ngr.
Handl, A., Beiträge zur Molekulartheorie. I. (Akad.) Ebend.
2 Ngr.
Mohr, F., Die mechanische Theorie der cbemischeu Affinität
und die neuere Chemie. Braunschweig, Vieweg. 2 Thlr.
MoiGNO, A., Le^ons de mecaniquc analytique^ redifjees principalement
dCapres les methodes de A. Cauchy, Vol. I. Statique, Leipzig, Alphons
Dürr. 3% Thlr.
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Fhyuk.
Mach, E., Zwei populäre Vorträge über Optik. Graz, Leuschner &
Lubensky. 8 Ngr.
Fkiesach, K., üeber den Einfluss des den Schall fortpflanzen-
den Mittels auf die Schwingungen eines tönenden Kör-
pers. (Akad.) Wien, Gerold. 2 Ngr.
Stefan, J., lieber einen akustischen Interferenzapparat. (Akad.)
Ebend. 1% Ngr.
Weyr, E. , Ein Beitrag zur Theorie transversal - magnetischer
Flächen. (Akad.) Ebend. 3 Ngr.
Jelinek, C, Ueber die Keduction der Barometerstände bei Ge-
fässbarometern mit veränderlichem Niveau. (Akad.) Ebend.
2 Ngr.
Hann, "J., Ueber den Einfluss' der Winde auf die mittleren
Werthe der wichtigeren meteorologischen Elemente zu
Wien. (Akad.) Ebend. 4 Ngr.
Meibauer, 0., Der Novemberschwarm der Sternschnuppen. Ber-
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Schneider, J., Fernere Nachrichten über die Fortschritte der
Astrometeorologie. 3. Fortsetzung. Leipzig, List & Francke.
m Thlr.
GvihhEMiHy A.y Les phenomenes de la physique. Ouvrage illustre, Pa-
ris, Hachette & Co. 5V6 Thlr.
Kadau, K., Vacouslique ou Ics phenomenes du son. Ebend. 2 Frcs.
Mittheilungen
der Verlagsbuchhandlung
B.G.Teubner ffi in Leipzig.
Auszug aus No. 1. 1868.
Notizen über künftig erscheinende Bücher.
Mathematik, Physik und technische Literatur.
Neue Qeometrie des Baumes gegründet auf die Betrachtung
der geraden Linien als Raumelement. Von C. Pluecker,
Prof. an der Universität zu Bonn. 4.
Die analytische Geometrie der Ebiene gründet sich auf die Be-
trachtung zweier veränderlichen Grössen, die, in der Ebene, zur Be-
stimmung eines Punktes oder einer geraden Linie nothwendig sind.
Wenn wir uns zu den Betrachtungen im Räume erheben, erweitert sich
der Gesichtspunkt dadurch, dass an die Stelle von zwei Veränderlichen
drei treten, von denen die Bestimmung der Lage eines Punktes oder
einer Ebene im Raum abhängig ist. Indem der Verfa^er die gerade
Linie als Raumelement einfüfit, treten vier Veränderliche auf, deren
wir bedürfen, um eine gerade Linie im Räume, sei es, dass wir uns
dieselbe als von einem Punkte beschrieben oder als von einer Ebene
umhüllt denken zu bestimmen. Um diese neue Anschauungsweise frucht-
bar zu machen, war es nothwendig, eine fünfte Veränderliche zur Be-
stimmung der geraden Linie einzutuhren. Dadurch wird die analytische
Darstellung einfach und symmetrisch und es eröffnet sich ein unermess-
liches Feld neuer Untersuchungen , die sich nicht auf Geometrie be-
schränken, sondeni auch die Mechanik auf neue Principien zurückführen.
Uebungsbuch zum Studium der höheren Analysis; von Dr.
0. ScHLOEMiLCH, K. S. Hofrath und Prof. gr. 8.
Während einer zwanzigjährigen Lehrerthätigkeit hat der Verf.
eine reiche Sammlung von neuen Aufgaben und Beispielen aus der
höheren Analysis und deren Anwendungen auf die Geometrie zusammen-
gebracht, deren Veröffentlichung er aus zwei Gründen unteroimmt, einer-
seits weil eine möglichst grosse Auswahl von derartigen Uebungen immer
wunschenswerth ist, hauptsächlich aber weil selbst die wenigen guten
Bücher dieser Richtung sehr empfindliche Lücken zeigen. Das bekannte
Werk von Sohncke z. B. enthält über unendliche Reihen weniger, als
in jedem Lehrbuche zu finden ist, über Doppelintegrale ein einzijzes
Beispiel, über dreifache Integrale sowie über die Integration der Dif-
ferentialgleichungen gar nichts — d. h. es fehlen gerade ai^enigen über-
aus wichtigen Partien, ohne welche man in der Mechanik, mathema-
tischen Physik, physischen Astronomie ete. auch nicht einen Schritt thun
kann. Ohne die elementaren Theile der höheren Analysis irgendwie zu
vernachlässigen, wird das angekündigte Werk den genannten schwie-
rigeren Partien besondere Ammerksamkeit widmen und durch zahl-
reiche mit den nöthigen Erläuterungen versehene Beispiele das Studium
dorRolben zu erleichtern versuchen.
Theorie der Bewegung und der Kräfte. Ein Lehrbuch der
theoretischen Mechanik, mit besonderer Rücksicht auf die Be-
dürftiisse technischer Hochschulen bearbeitet von Dr. Wilh.
Schell, Prof. am Poljrtechnicum zu Carlsruhe. Mit vielen in
den Text gedruckten Holzschnitten, gr. 8.
Das unter der Fresse befindliche Buch -wird diejenigen Partien
der Mechanik im Zusammenhange systematisch darstellen, welche eine
rein theoretische Behandlung gestatten und welche die Basis für die
physikahschen und technischen Wissenschafben bilden. Es soll die
Grundlage für Vorträge über theoretische Mechanik an technischen
Hochschulen bilden und insbesondere den Lehrgang im Grossen und
Ganzen wiedergeben, den der Verfasser bei seinen eigenen Vorträgen
am Polytechni^un zu Carlsruhe einzuhalten pflegt. Das Lehrziel des-
selben ist, nicht bloss eine Summe von Kenntmssen zu ^eben, deren der
Techniker in seinem Berufe bedarf, sondern ihn auf eme gewisse Stufe
mathematischer Bildung zu erheben, auf welcher er mit Leichtigkeit
ein mechanisches Problem seines Faches in das Gewand der mathema-
tischen Untersuchung einkleiden kann und die Mittel und Wege kenne,
welche ihn zur Lösung desselben hinführen. Daneben soll das Buch
allerdings auch ein Werk zum Nachschlagen sein und wird ein sorg-
faltiges itegister den Handgebrauch desselben erleichtem.
Methode des Buches. Dasselbe benutzt durchweg die höhere
Analysis und macht insbesondere einen ausgedehnten Gebrauch von der
Methode des UnendHchkleinen, im strengen Sinne der heutigen Wissen-
schaft. Indessen ist dies nicht so zu nenmen, als ob dasselbe fortwäh-
rend an der Hand der Rechnung entwickele; vielmehr wird iu vielen
Partien desselben ein synthetischer Lehrgang gewählt und; werden
dessen Resultate rascher durch die Rechnung begründet. Der Zusam-
menhang der Mechanik mit den neuereu Forschungen auf dem Gebiete
der syntnetischen und analytischen Geometrie wird vollständiger dar-
gelegt werden, als es bisher in den Lehrbüchern der Mechanik ge-
schehen ist. und wird der Verfasser nicht ermangeln, auch auf die alier-
neuesten Theorien des Imaginären und seiner Aiiwendung auf Mechanik
die gebührende Rücksicht zu nehmen.
Systematischer Gang des Buches. Der erste Theil, die
Geometrie der Bewegung, behandelt die Aequivalenz der Bewe-
gungsart eines unveränderlichen Systems (Zusammensetzung und Zer-
legung der Translationen und Rotationen um parallele Axen, um con-
vergierende und gekreuzte Axen, die Schrankenbewegung etc., sowohl
für endliche als unendlichkleine Amplituden; Auwendungen hiervon
auf besondere Arten der Bewegimg der Systeme; die relative Bewegung
eines Punktes und des Systems, und entwickelt einige Gesichtspunkte
für die Bewegung bestimmter Gattungen veränderlicher Systeme.
Der zweite Theil ist der Lehre von der Geschwindigkeit ge-
widmet; der dritte behandelt die Lehre von der Beschleunigung
(in demselben werden die neueren Theorien über das Beschleunigunga-
centrum, Beschleunigungsaxen etc. Aufnahme finden); darin wird auch
das Wesentliche über die Beschleunigungen höherer Ordnung entwickelt
werden. Der vierte Theil behandelt die Ursachen der Beschleunigung
oder die Kräfte. Die Theorie des Gleichgewichtes der Kräft<j macht
einen speziellen Abschnitt dieses Theiles aus.
Das Werk erscheint in Lieferungen zu 10 Bogen und wird im
Laufe von V/^ Jahr vollendet sein.
Vorlesungen über analytische Greometrie des Raumes, ins-
besondere über Oberflächen zweiter Ordnung. Von Otto
Hesse, Prof. an der Univ. zu Heidelberg. Zweite Aufl. ;jrr. 8.
Nachdem das Buch schon seit einiger Zeit vollständig vergriffen
ist, hat der hochverehrte Verfasser sich entschlossen, eine zweite Auf-
lage zu bearbeiten. Dieselbe wird wesentlich vermehi-t im Laufe des
BommvTH 18C8 erscheinen.
Literaturzeitung.
Recensionen.
Nouvellet tables dlntigrales dMniet, par D. Bibrens de Haan. Leide^
P. Engels. 1867.
Das vorliegende Werk bildet eintf neue Auflage der im J. 1858 er-
schienenen Tables d*iniegrales definies desselben Verfassers, die bereits seit
einiger Zeit vergriffen waren. Wie sich erwarten Hess, ist diese zweite
Auflage eine vermehrte und verbesserte, vermehrt nämlich durch die wäh-
rend der Zwischenzeit bekannt gewordenen neuen Kesultate, verbessert in
so fern, als es dem Verf. durch Kürzung der früheren literarischen An-
gaben und durch Weglassung allzu bekannter Formeln gelungen ist, seinem
Werke eine compendiösere Gestalt zu verleihen. Indem Kef. dem Fleisse
und der Gelehrsamkeit des Verfassers von Neuem seine höchste Anerken-
nung zollt, wiederholt er gleichzeitig den schon früher ausgesprochenen
Wunsch, dass es dem Verf. gefallen möge, eine ähnliche Sammlung dop-
pelter und mehrfacher Integrale herauszugeben.
SCHLÜ MILCH. •
Theorie der elliptischen Functionen; Versuch einer elementaren
Darstellung von Dr. H. Dur^qb, ordentl. Prof. am Polytech-
nikum zu Prag. Zweite Auflage. Leipzig, B. G. Teubner. 1868.
Da es dem Verf. hauptsächlich um eine erste Einführung in die
Theorie der elliptischen Functionen zu thun ist, so hat derselbe in der
zweiten Auflage die früher benutzten Methoden beibehalten , welche sich
zwar nicht durch Strenge, wohl aber durch eine gewisse Leichtigkeit und
Eiiifacliheit empfehlen. Gegen diese didaktische Rücksicht lässt sich im.
vorliegenden Falle nichts einwenden , weil der Verf. seine Leser keines-
wegs mit der Miene verabschiedet, als ob nun die ganze Theorie vollständig
und zweifellos begründet sei, sondern vielmehr den eigentlich dunkelen
Punkt (die unendliche Vieldeutigkeit der Integrale zwischen complexen
Grenzen) ausdrücklich hervorhebt und die Mittel zu dessen Aufklärung
angiebt. Bei dem Additionstheoreme ist zweckmässigerweise die Stürmische
Methode in den Vordergrund gestellt worden; neu luiizv\^^.V.<yKCKv^x\ v^Jv. ^v«w
hil< ralurzif^. d. ZoiUrhr. f. Malli. ti. IMiys. XUl , 3. Nl
S2 Literaturzeitung.
lehrreicher Abschnitt über das Abel'sche Theorem. Und hiermit sei das
sorgföltig gearbeitete and seinem Zwecke vollkommen entsprechende Werk
von Neuem bestens empfohlen.
SCHLÖMILCH.
In den Berichten der mathem.- physischen Classe der königl. Säch-
sischen Gesellschaft der Wissenschaften, 1865, findet sich eine historische
Bemerkung des Herrn Baltzer, in welcher ich lese:
„Was nun das Wort Million anlangt, so war ich verwundert, das-
selbe beim Numeriren bis zum 18. Jahrh. hartnäckig vermieden zu
sehen."
und femer:
„Die Million gehdrt also gewiss nicht Girard, vermuthlich auch nicht
einem altern Arithmetiker; erst im 18. Jahrh. hat Million als ab-
stractes Zahlwort allgemein'em Eingang gefunden."
und endlich:
„Man wird also Girard für den Autor dieser Bildungen*) halten
dürfen, bis Citate aus früherer Zeit aufgefunden werden."
Zu diesen drei Aeusserungen habeich Folgendes zu bemerken: Ob ich
nun gleich mit Herrn Baltzer glaube, il milione sei eine italienische Bildung,
meine ich doch, dass die Franzosen sie zuerst als reines Zahlwort gebraucht
haben. In der Arithmeiique de Jean Trenchani^ departie en irois liures. En*
setnhle un petit discours des changes^ avec Vart de calculer aux Gelons^ wovon
der erste Druck im J. 1557, eine neue Auflage 1610 erschienen ist, findet
sich Seite 1 1 : puis iusques ä dix cens mile , . qui sont un milion : put/s iusques ä
dix cens millions, qui sont un miliaris und Seite 13: ainsi procedant de Heu en
lieuy le precedeni vers main gauche est tousiours decuple de son sequet: comme
enseigne Vechelle de numeration^ scavoir est, Nöbre^ dizeine^ centeine^ miiiers^
dizeine de miliers ^ centeine de miliers y milions^ dizeine de milionSy centeine de
milionSy miliars^ dizeine de miliars^ centeine de miliar s^ miliers de miliars: und
Seite 15: Soit pour exemple^ 579, S37. 420, qui s'exprime 579 milions, S37
millCy 420, Parlant qui s^ait nombrer trois figures, c'est depuis les cens, il
nombrera facilement tous nombres.
In r Arithmetique de Jaques Peletier du AJans, Departie en quatre liures,
Troisieme edition reuend et augmentee. Par Jean de Tournes M. DC, VII finde
ich Seite 16: La forme est teile, 123 451 234 078 507 Le premier poinct est
sous 7, qui se prend en sa simple et naturelle valeur : le second est saus S et est
le siege demil: le tiers est soits 4, et est le' siege de Millions: le quart est sous 1 qui
est le siege de Mille Millions : et le demier sous 3 , qui est le siege de MilUars :
c'est a dire millions de millions Et partant, la figure prochaine vers la
senestre (qui est au second Heu apres le poincl des MiUiars) signiße dixaines
V BiUon, Trilion, Qaadrilion.
Literaturzeitnng. 23
de Militärs et Vauire figure signifie ceniaineSy aussi de Milliars. Hierdurch
wird es deutlich, dass am Ende des 16. Jahrh. das Wort Million in
Frankreich schon allgemein üblich gewesen ; und dieser Gebrauch leuchtet
noch heller hervor ans dem Satze des Pelletier, womit er die Anwendung
des Wortes Milliart vertheidigt, Seite 19: Je n*eusse poinl usurpe ce mot de
MiUiariy rCeusl ele faulorile de Bude au Traicte de la Liure et de ses parties:
et me fusse contente de demeurer aux Millions; wodurch er also aussagt, dass
dies Wort schon allgemein bekannt war und also keiner Vertheidigung
mehr bedurfte.
Im Jahre 1607 schlug Kobbert Robbertz, ein Niederländischer
Kechenmeister, öffentlich an, die Zahl
1 357 328 400 000 76 1 010 843 278 140 030 045 728 345 730 285 927 003 2 10
Uolländisch auszusprechen. Er erhielt darüber folgenden Brief von Jacob
van derSchuere, Rechenmeister zu Haarlem:
„Guter Freund Robbert Robbertz. Ihnen sei Seligkeit. Gestern
am Mittage ist mir einer Ihrer gedruckten Zettel zugekommen mit der oben
angegebenen Aufgabe, um diese Niederdeutsch auszusprechen, und wie-
wohl man solches früher niemals von mir verlangt hat, und ich auch,
niemals darüber gedacht habe [ob ich gleich ein echter Liebhaber der
echten Niederdeutschen *) Sprache sei] , so sah ich mich doch genöthigt,
sie gut Niederdeutsch wiederzugeben , wie^s hierunten folget. Ich hätte
sie zwar mit tausendmal, tausendmal, tausendmal u. s. f. aussprechen
können, aber das würde allen Niederdeutschen eine ganz zu finstre und
schwindliche Sache gewesen sein .... Zu Haarlem in meiner Studirstube,
als Phöbus fünfmal hinter Thetjs mit ihrem Hunde versteckt gewesen,
wieder der frohen Aurora folgend , uns das hellste Weltlicht angeboten
hat mit einem hell leuchtenden Antlitze im Jahre 1607.
Ew. dienstfertiger Diener
J. van der Schuere."**)
Die Namen, welche er zum Benennen dieser Zahl einführt, sind:
*) Niederdeutsch sagte man damals für Niederländisch.
**) In der Originalsprache ist der Brief folgender:
Ooeden Vriendt Robbert Robbertsz^ uUeden ly saligheydt, Gesteren middagh is my
behandight een uwer ghedruckie Brief kenSf met de bovengcstelde opgave^ om in Neder-
duyts uyt gesproken te hebben; Ende haewel my 't sehe noyt te voren af-geeysefU is
gcweest: Ick oock noyt sulex overdacht hebbe (niet legenstaende ick een recht bemmder
der rechte Neder - Duylsche sprake ben), too beh ick noch tansghedrongen geweest,
U sclve in goed Neder- Duyts te beantwoorden, ah hier vofghet. Ick sonde det wel met
duysenlmael duysentmael duysent, etc, uylghesproken hebben, maer dal sonde voor al
lemoel de Nederduytschen, een alle malle duysier duyselinghe gheweest zyp .... V Haer-
lern in myn overdenckplaets , als Phoebus vyfmael achter Thetis met synen hond ge-
scholen hebbende^ wederomme de blyde Aurora volgende, ons is gekomen 't lichtste
IVerrldlichl voor dra gen met een kJaerlachende oenschyn, in 't jaer 1607,
U, licdcn dicn8l-wUl\Q«u Avenaer.
24
Literaturzeitung.
0
a
erstes
Glied tausend
zweites
»>
drittes
»?
viertes
>?
fünftes
11
sechstes
) 4
siebentes
iy
achtes
ii
neuntes
«1
erstes Glied tausend, zweites Glied tausend, drittes Glied
tausend*) u. s. f., wo wir Million, Billion, Trillion u. s. w. aus-
sprechen. Die aufgegebene Zahl lautet dann: Ein neuntes Glied tausend,
drei hundert sieben und fünfzig tausend drei hundert acht und zwanzig
achtes Glied tausend, vier hundert tausend siebentes Glied tausend u. s. f.
In einem zweiten Briefe, welchen er den 21. December 1608 an den-
selbigen Kobbert Kobbertsz richtete, sagt er u. m.: ,tlch meine nicht, dass
Gott mir eine neue Zahlenbenennung offenbart hat, sondern dass Er mir^s
im Sinn hat kommen lassen, die Fremdwörter zu verdeutschen wie folgt:
million
bimillion oder billion
trimillion oder irillion
quadrimillion oder quadrülion
quintimillion oder quillion
seximiUion oder sexillion
septimillion oder sepiillion
octomillion oder octillion
nonemilliön oder nonillion
und so weiter, wie gross eine Zahl auch sein möge/'
In diesem Briefe spricht v. d. Schuere noch von den französischen
Schriftstellern Jean Gentils, der 1554 in Paris, und Estienne de la Roche,
der 1538 in Lyons Bücher herausgegeben hat, worin die Benennung der
Zahlen ganz klar und deutlich wird angezeigt. — Diese Bücher sind mir
weiter unbekannt; ich kann also keine Nachrichten geben, welcher Methode
beim Aussprechen sie folgten.
Alle diese Schriftsteller sind älter als Girard, der seine Prolation erst
im Jahre 1629 veröffentlichte. Wenn ich nun in Betrachtung nehme :
(i) dass Girard seine erste Schrift im Jahre 1626 herausgab;
h) dass er immer französisch schrieb, oder in's Französische übersetzte;
c) dass er anfängt in den Niederlanden bekannt zu werden um die Zeit,
als die Hugenotten in Frankreich durch Richelieu um alle ihre Vor-
rechte gebracht wurden ;
d) dass er in seinen Schriften dann und wann seinen Hass wider einen
gewissen Kardinal nicht verschweigen kann**);
dann schliesse ich daraus, dass Girard ein geborener Franzose ist, der
wegen der Verfolgung in Frankreich nach den Niederlanden ausgewiesen
ist und sich in Leyden hat niedergelassen. Aus seinem Vaterlande brachte
er die Benennung grosser Zahlen mit nach Holland, wo sie jedoch aus
französischen Büchern schon früher bekannt geworden und von eini^-en
schon in Gebrauch gekommen waren. Wahrscheinlich hat er im Anfange
*) Eerste lit duysent^ tweedc Hl dni/sent^ der de lU din/sctii ^ c?n.
**) S. n. m, anch: Oruvirs mnlh, par S, Mnrolais. Heueiie pav Alhcvt Ghnrd, 1628.
Li toraturzeitung . 25
die holländische Sprache nicht verstanden, und ist also fremd gehlieheu
van der Schuere's Arbeit; er giebt in seiner Prolation die Methode, wie sie
schon lange in Frankreich üblich war und sagt auch nirgendwo, dass es
seine Methode sei; doch weil seine Werke, hauptsächlich seine lieber-
Setzung von Stevin, mehr verbreitet worden ist, als die Bücher anderer
holländischer und französischer Kechenmeister, hat man ihm eine Ehre zu-
erkannt, die er, welch ein grosser Mathematiker er auch gewesen, sich .doch
hiermit nicht verdient hat.
Aardenburg, 10. Febr. 1868. G. A. Vorsterman van Oven,
Leh'cr der Math, und Phys.
Bibliographie
vom 1. März bis 15. Juni 1868.
Periodiflche Schriften.
Monatsbericht der Königl. Preuss. Akademie der Wissen-
schaften. 1868. No. 1. Berlin, Dümmler. pro compl. 2 Thlr..
Sitzungsberichte der Königl. Bayer. Akademie der Wissen.
Schäften. 1867, Band II, Heft 4 und 1868, Band I, Heft 1. Mün,
eben. Franz. ä 16 Ngr
Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern'
aus d. J. 1867. Bern, Huber & Comp. 1V4 Thlr.
Archiv der Mathematik und Physik, herausgeg. von J. A. Grunert.
48. Theil. 1. Heft. Greifswald, Koch. pro compl. 3 Thlr.
Reine Mathematik.
Dur^.ge, H., Theorie der elliptischen Functionen. 2. Aufl. Leip-
zig, Teubner. 3 Thlr.
ScHLÖMiLCH, 0. , Handbuch der algebraischen Analysis. 4. Aufl.
Jena, Frommann. 2% Thlr.
SoHNCKE, L., Ueber den Zusammenhang hypergeometrischer
Keihen mit höheren Differentialquotienten und viel-
fachen Integralen. Berlin, Calvary. 12 Ngr.
PRANGHorER, J. , Beiträge zu einer Abel'schen Gleichung und zu
einem Satze von Parseval. (Akad.) Wien, Gerold. 3 Ngr.
Glasen, B., Lehrbuch der ei emen taren Algebra. Luxemburg, Bück.
12 Ngr.
Bkemiker, C, Logarithmisch-trigonometrische Tafeln mit 6 De-
cimalstellen. Neue Stereotypausgabe. 1. Lief. Berlin, Nicolai.
12% Ngr.
Vega , G. V., Logarithmisch'trigonometrisches Handbuch. 51.
Aufl. Berlin, Weidmann. 154 Thlr.
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r i c h t. Cöln , Schmitz. 12 N^r.
26 Litermtnrz/dtnDg.
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24 Ngr.
UeiDT, F., Die Elemente der Mathematik. 3. Theil: Stereometrie.
4. Theil: Trigonometrie. Berlin, 6rote*sche Verlagsh. k % Thlr.
Schell, A., Geometrischer Beweis des Lehmann^schen Satzes
dber die Lage des Standortes in Bezug anf das Fehler-
dreieck. (Akad.) Wien, Gerold. 5 Ngr.
ExHEB, K., Ueber die Maxima und Minima der Winkel, unter
welchen Curven von Radien durchschnitten werden.
(Akad.) Wien, Gerold. 3 Ngr.
KiE88Li)fG, H., Huyghens de circuli magnitudine incenia; ein Bei-
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Emsmann, A. II., Physikalisches Handwörterbuch für Jeder-
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Greiss, C. B., Lehrbuch der Physik für Realschulen und Gym-
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Scirocco". Berlin, D. Reimer. 6 Ngr.
Wild, H., Ueber Föhn und Eiszeit. Rectoratsrede. Bern, Jent &
Reinert. 8 Ngr.
Mathematisches Abhandhmgsregister.
Erste Hälfte: 1. Januar bis 30. Juni.
A.
Analytische Geometrie der Ebene.
1. Note 8ur une irans/ormntion giomitriqüe, Cayley. CreUe LXVII ^ 95. [Vergl.
Bd. XII, Nro. 186 ]
2. On tanfffntitU coordinales, Routh, Quart, Joum, math, Vlll ^ 111.
3. Some formulat in triiinear coordinaies. Walker. Quart, Joum. math, F///, 164.
4. Die Gleichungen der regulären Vielecke und Zerlegung derselben in Gleichungen
niederer Grade. Schoeuborn. Grün. Archiv XLVI, 425.
5. On the geomeiry of Ihe trianyfe. Griffiths, Quart. Journ. math, VI 11^ 50.
6. Ueber das aus den Medianen eines gegebenen Dreiecks gebildete Dreieck.
Grunert. Grün. Archiv XLVI, 340.
7. Invcstiqation of the enveiope of the straight line joining the feet of the perpendi-
cularH let fall on the side» of a triangle from any position in the circumference
of the vircuniscrihed circle. Frerrers, Quart, Joum. math. VIII ^ 209.
Vorgl. Bipolarcoordinatcn. Brennpunkte. Ellipse. Hyperbel. Kegelschnitte.
Kreis. Kreisiinicncoordinaten. Lemniscaten. Normalen. Parabel.
Analytische Geometrie des Saumes.
8. Analytisch -geometrische Entwicklungen. Enneper. Zeitschr. Math. Phys.
XII, 123. [Vergl. Bd X, Nro. 269.J
9. Ueber Strahlensysteme der ersten Ordnung und der ersten Klasse. O. Her*
mes. Grelle LXVII, 153.
10. Untersuchungen über Strahlen quadrupel. Hermes. Grelle LXVII, 279.
1 1 . Sur certains paradoxes giomitriques , qui s'expfiquent par le didoublement des iqua-
tions donnies. Mathieu, N. ann, math. XXVI, Vll,
12. On an integral expressinq the ränge of conditiuned variables, Mo nro, Quart,
Joum. math. VIII, 278.
13. Ueber die Curvo, welche aus einem Ringe mit kreisförmigem Querschnitte
durch eine Doppeltangentialebene ausgeschnitten wird. Eckardt. Zeitschr.
Math. Phys.- XII, 183.
14. Sections planes de la sur face de rivolution engendrie par une ellipse de Cassini
tournant autour de son axe non-focal. Arm. Levy, N. ann, math, XXVI, 73.
Vergl. Determinanten in geometrischer Anwendung. Ellipsoid. Geodätische
Linien. Normalen 134. Oberflachen. Oberflächen zweiter Ordnung.
Approximation.
15. Calcul approxtmatlf de la racine carrie et de la racine cubique d'un nombre anec
m chiffrts exacis. Ruchonnet, N. ann math, XXVI , 84.
Vergl. Kettenbräche 109.
Astronomie.
16. On the lunar theory, Walton, Quart. Joum, math, VIII, 297.
28 Liiteraturzeitiing.
17. On an etemetUary proposition in aiiractions. Honth, Quart. Joum. Vllt, 320.
Vergl. Potential.
BenePsehe
18. lieber die Entwicklung beliebig' gegebener Funktionen nach Besserschen Funk-
tionen. Nenmann. Grelle LXVII, 310.
Beitimmte Litagnde.
19. A demonsiration of Fourier's theorem, Walton, Quart. Joia'n. math. Vlll^ 136.
20. Ueber einige Sätze ans der Theorie der 6 -Funktionen. Knneper. Zeitschr.
Math. Phys. XII, 79.
21. Ueber die Entwickelbarkeit des Quotienten zweier bestimmten Integrale.
Schlaefli. Grelle LXVII, 183.
22. On tke expannbiHty of a muttiple integral. Seklaefd. Quttrt. Joum. math. rill, 370.
Vergl. Analytische Geometrie des Baumes 12. BessePsche Funktionen. Gamma-
funktionen. Kettenbriiche 110. Ultraelliptische Transcendenten.
Bipolarcoordinaten ■
23. Gleichung der magnetischen Curven. Zech. Zeitschr. Math. Phys. XII, 277.
Biquadratiiehe PomieB.
24. Zur Theorie der binären Formen vierten Grades. G leb seh. Grelle LXVII, 371.
Brennpunkte.
25. On the formulae wkick connect the foci of a conic subject io three condäions,
Burnside. Quart. Joitrn, math. Flli ^ 31.
c.
Combinatorik.
26. On pttrtition and tunu of powert of numhert, Scott. Quart. Journ. math. Fl II,
21. [Vergl. Bd. XI, Nro. 243.]
27. On the problem of the fifteen schoolgirfs. Power. Quart. Journ. math. VIII, 263.
28. Du chemin minimum d'un sommet d'un carre au sommet oppose par Uynes örisees,
Gayon. N. ann. math, XXVI, 182.
29. On nasik cuhes. Frost. Quart. Journ. math. Vlll, 74.
Vergl. Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Cnbator.
30. Sur les secteurs termines tVune part par une nurface conique et de l'autre par une
surface quelconque. Kretkowski. N, ann. math. XXVJy 227.
Cabisohe Formen.
31. Ueber simultane binäre cubische Formen. Glebsch. Grelle LXVII, 360.
Determinanten.
32. Darstellung symmetrischer Funktionen durch die Potenzsummen. H. Hankel.
Grelle LXVII, 90.
33. SidC usa dei detemdnanti per rappresentare la somma delle potenze intere dei nu-
meri natureUi. Siacci. Annali mat. VII, 19.
34. Notes on determinants. Homer, Quart, Journ, VIII, 157.
Vergl. Elimination. Invarianten.
Determinanten in geometrischer Anwendung.
35. Analytical metrics. Clifford. Quart. Journ. math. VIII, 16, 119. [Vergl. Bd. XI,
Nro. 250.]
36. A consequence of Abr, Coyley's theory of skew determinaftts conccrning the dis'
placement of a rigid System of an eoen number of dimensions ahout a fixed ori-
gin. Schlaefli. Quart, Joum, math, VIII, 167.
37. Ueber die Steiner'sche Fläche. Glebsch. Grelle LXVII, 1.
Literaturzeitung. 29
:{8. Zar Theorie der windschiefen Flächen. Lüroth. Crelle LXVII, 130.
39. Ueber einige Identitäten. Hunyady. Zeitsehr. Math. Phys. XII, 89.
Vergl. Sphärik 173.
Differentudgleiohongen.
40. Ueber die Bedinji^ungen der Integrabiiität einiger Differentialgleichungen.
Letnikow. Zeitsehr. Math. Phys. XII, 223.
41. Zur Theorie der linearen Diiferentiulgleichangen. Dienger. Grün. Archiv
XLVI, 34.
42. On tinear differential equations with particular integrais all of (he same form, Steen,
Quart. Joum. math. Vlll^ 228.
43. On tinear differential equations of the third order, Cookie, Quart. Joum, math,
VlJi, 373. Lyergl. Bd. XI. Nr. 268. J
44. Zur Integration einer Differentialgleichung erster Ordnung mittelst Aufsteigen
zu höherer (zweiter) Ordnung. Dienger. Grün. Archiv XLVI, 317.
45. Integration der Differentialgleichung x — - + ^ ~i ^^ '^ ( ^ ^^ "H ^'V/y '^^
hm7 a*jc
welcher A, x und ii constante Zahlen bezeichnen. S. Spitzer. Grün.
Archiv XLVI, 25.
46. Sur les equations simultanies homogenes, Catalan, Annali mat. f^II y 6^. -^ Tor-
tolini ihid, 70.
47. Solution ofa partial differential equation. Schlaefli. Quart, Joum, math. VUl, 262.
Vcrgl. Funktionen 57.
Differentialqnotieiit ,
48. On Interpolation with reference to developmeni and di/ferentiation, S. Roberts.
Quart. Joum, math, VIII, 62, 139. [Vergl. Bd. XI, Nro. 259.]
Drehongfmittelpimkt.
49. Siäle proprietd geometriche e dinamiche de* centri di percossa ne moti di rotazione,
Chelini. Annali mat. VII, 217.
Elixnination.
50. Solution of a problem of elimination. Cagley, Quart. Joum. math, yjll , 183.
Ellipse.
51. Construction des axes d'une ellipse donnee par deux diametres conjugu^s, Trouillet,
N. ann. math. XX VI, 181.
Vergl. Quadratur 163. ,
Ellipsoid.
5'i. Construction der Intensitätslinien eines dreiaxigen Ellipsoids mit Benutzung
einer Kugelscala. Koutny. Grün. Archiv XLVI. 49.
53. Eine stereometrische Schulaufgabe, welche zu einer leichten Inhaltsbestimmung
eines Ellipsoides führt. Martus. Grün. Archiv XLVI, 419.
F.
Faktorenfolge.
n
54. Ueber die Entwicklung des Produktes 71 (j?) = 1 (1 + j:) ( l+2a;) . . . (1 +(n — 1) x).
Schlaefli. Crelle LXVII, 179.
Funktionen.
55. Tronver la forme giner ale d'une fonction teile que <p (x + y) . qp (x — y) =
[qp(x) + qp(y)] . [qp(x) — qp(y)]. lioux. N. ann. math, XXVI, 74.
56. Sur les fonctions pModiques, Laurent. N, ann, math, XXVI, 267.
57. Beweis der Formel c"^* = co« j; + i . sin x. K. L. B a u e r. Grün. Archiv
XLVI, 366.
58. Zerlegung des Productos von 4 Monomen ersten Grades in die algebraische
Summe von 8 vierten Potenzen von Quatrinomen ersten Grades. Tardy.
Grün. Archiv XLVI, 324.
30 Liieraiarzcitung.
Vergl. Bessersche Fonktiooeii. Determinanten. Faktorenfolge. GaraauifuilL-
tiouen. Homogene Funktionen. Inrarianten. Kettenbruche. Kagelfonk-
tionen. Ultmelllptbche Transcendenten.
59. Ueber die Gammafnnktionen fl—j» ^\zj • • •» ^\~~I — )nud einen die-
selben betreffenden Satz von Legendre. Stern. Grelle LXVII, 114.
OMditiielie Liaien.
60. HUoUtzione del problema: riportare i punti di una superficie sopra un piano im modo
che le Kmee geodetieke vengano rapprtscniate da Hnee reUe. DeliramL An-
wdi maL VlI, 185.
Geometrie (deeeriptiTe).
61. Perspectiviscbe Darstellung der ebenen Schnitte von Kegel- und Gylinder-
flächen. Koutny. Zeitschr. Math. Phys. XII, 195.
Vergl. Ellipsoid 52.
Oeometrie (höhere).
62. Demonstration des relations plückeriennes. Zeuthen. N. ann. math. XX y/, 200.
63. Sulf innersione quadiica delie curve piane. Ilirsl. Annati mal. 1^1 1, 49.
64. Sur tu diminuiion de la clasxe d^une courbe, Painvin. S. ann. miilh. XXf^J, 113.
65. Mouvement tfune ßgure qui reste t->ujours sembUthte ä une fiyure donnee. Durand.
N. ann, mat/u XXFI, 80.
66. Sur /es rourhes du troisieute ordre. Sartiaux. iV. ann. math, XXyi, 68.
67. Ueber die 9 Sclmittpuuktc zweier Curven dritten Grades. Geiser. Grelle
LXVn, 78.
68. Sur (es dependances mutuelles des tamgenles douhtes des coitrbes du qualrieme detjre.
Steiner. //. ann. math. XXFll 241.
Vergl. Kettenbrüche 107. Kreis 115.
Geschichte der
69. Le Messähat de Mohammed ben Moussa ai hharrzmi. Aristide Marre. Annali
mat. VlI, 269.
70. Abraham JudUus Savasorda und Ibn Esra. Steinschneider. Zeitäclir.
Math. Phys. XII, 1.
71. Sur Petrus Adsiqerius et !e.s plus anciennes ohxervalinns de la declinaison de Vai-
guille aimantve. H'enckehach. Annali mat. l^II, 159.
72. Sotice bio(praphique sur Edmond Bour f $ Mars IS66. M. ann. math. XX^l, 145.
73. Nekrolog von G. K. G. von Staudt f l. Jnni 1867. Borchardt. Grelle
LXVII, 217.
Gleichungen.
74. Demonstration d'un theoreme de M. Sylvester compvenant ta riqle de Sewton sur le
nombre des racines imaginaires. Genocchi. S. ann. mat lt. A'.VF/, 5.
75. Theorcmex qeneraux sur les eqnations algebriqucs. Poulain. S. ann. math. XXyi, 21.
— Maffiotli Und, 76, 78. [Vergl. M. XII, Nro. 283.]
76. Ueber die Zerlegung einer ganzen rationalen Funktion in Faktoren. Bret-
schncidcr. Gruu. Archiv XLVI, 422.
77. Etant donni'c une cqualion reciproque f (x) = 0 quelles sunt les cunditions nccts-
saires et süffisantes pour que Cequalion en y obtinuc en posant x -| == y soit
elle-meme reciproque*^ Giard. N, ann. math. A'A'AV, 120.
78. Kennzeichen ob eine Gleichung dem numerischen Wertlie nach gleiche, dem
Vorzeichen nach entgegengesetzte Wurzelu besitze. Franz Müller. Grün.
Archiv XLVI, 32.
79. Limites des racines d'une equation de degri pair, dont les tcrmes sont altemative-
ment positifs et negatifs. Laisant, A'. ann. math, XXP'l, 31.
80. Limites des racines (Tune equation de degre impair ^ dont les termes sont aiterna-
tivement positifs et nt^gatifs. Laisant, y, ann, math. A'AF/, 35.
81. Risoinzione di un problema relativo ail* equazioni di terzo yrado. Tortolini,
Aa/iaU mat. VH, 297.
Liieraturzeitung. 3 1
^ . ■
82. Sur le catt irreductihle de Viquation du iroUieme degre, ff ermann, N. ann,
math, XXri, 270.
83. RechervIu'K sur les iquations du cinquietne degre, • M. Roberts. Annali mat,
FII, 257.
81. Valeur de coefficieni de la premiere puissance de l'inconnue dans une iquation du
cinquieme def/re expriinee par les racines de V iquation, Gayou, N. ann,
math. XXFIy 37.
85. Sur Vordre des conditions de la coexistenee des Squations algebriques ä plusieurs
variables, S, Roberts. Grelle LX^II, 266. [Vergl. Bd. XII, Nro. 242.]
Homogene Punktionen.
86. Ueber einen besonderen Fall der orthogonalen Substitutionen. Stern. Grelle
LXVII, 293.
Vergl. Biquadratische Formen. Cubische Formen. Determinanten. Inva-
rianten.
Homographie.
87. Nouvelle theorie du deplacement continu d'un corps soKde. Picart, N, ann,
math. XXFi, 158.
Hydrodynamik.
88. Sur Vequilibre des fluides. Moi^tier, N. ann. math. XXVI, 216.
89. 0« metacenlre in a liquid of variable density. Besant, Quart, Journ, math,
rili, 75.
Hyperbel.
90. Ueber eine Eigenschaft der Hyperbel. Thiel. Grün. Archiv XLVI. 45.
91. Ueber einen Satz von der Hyperbel. Gruuert, Grün. Archiv XLVI, 337.
92. Enveloppe des polaires de tous les points d'une parabole par rapport ä un verde
ai/ant pour centre le sommet de la parabole. Nouaux, N, ann, math, XXVI,
38. — De Grossouvre ibid, 40.
Vergl. Normalen 133.
Hypergeometrische Reihe.
Vergl. Kettenbrüchc 108.
I.
Imaginäre!.
Vergl. Funktionen 57. Gleichungen 74, 75.
Invarianten.
93. Degli itwarianti e covariante delle forme hinarie ed in particolaie di quelle di 3^
e 4^ grado. Siacci. Annali mat. VI/, 70.
Kegelaehnitte.
94. On the foci, axes and asymptotes of couics refcrred to trilinear coordinates. Jef-
/Vry. Quart, Journ. utnlh. VII l^ 348.
95. Demonstration de quelques thcoremes par la Iransformation polaire, Picquet,
N. ann. math, XXVI, 89.
96. Theorems relating to the group of conics passin ff throuyh four given points, Fer-
rers. Quart. Journ. math. VIII, 259.
97. On the conics which pass throuqh Iwo given points and touch two given lines,
Cayley. Quart, Journ, math. VIII, 211.
98. Theorem relating to the four conics which touch the same two lines and pass through
the same four points. (layley. Quart, Journ. math. VI If, 162.
99. On the conics which touch three given lines and pass through a given point. Cayley,
Quart. Journ, math, VIII, 220.
100. On some special forms of conics. Taylor, Quart. Journ. math. VI/I, 126, 343.
101. On some special forms of conics. Salmon. Quart. Journ. math, VII I, 235.
102. Bemerkung hinsichtlich der Priorität einiger Sätze über confocale Kegel-
schnitte. LoÄimel. Zeitschr. Math. Phys. XII, «il^.
32 Literaturzeitung.
103. On u locus in relation io the iriangfe. Cayley, Quart, Journ. math. VUl, 264.
104. Lien giomitrique engendre au mögen de deux coniques homofocales. Bertrand,
y. ann. math, XXri, 278.
105. On a locus derived from two conics. Gay leg. Quart. Journ, math. VIH, 77.
106. Elementar- geometrischer Beweis des Satzes: die Kegelschnitte werden von
den in den Kegel gelegten Kugeln in ihren Brcünpankten berührt. Fre-
senius. Grün. Archiv XLVI, 321.
Vergl. Brennpunkte. Ellipse. Hyperbel. Kreis. Normalen. Parabel.
Kettenbräche.
107. Geometrische Deutung der Kettenbräche. Lieblein. Zeitschr. Math. Phys.
XII, 185.
108. Ueber die Kettenbruchentwicklung des Gauss'schen Quotienten
^^"\v"^^^'^/''^^' Thom^. Grelle LXVII, 299.
n
109. Verwandlung der irrationalen Grösse Y in einen Kctteubruch. Seeling.
Grün. Archiv XLVI, 80.
/.
110. lieber den Kettenbruch, in welchen sich i f(z) .—-. verwandeln läset.
Ich Jnz).jz.
^ z
Heine. Grelle LXVII, 315.
XreiB.
111. Theorem concerning six points on a circle, Griffiths. Quart. Journ, math,
Vlll, 341.
112. On the nine-point circle, Oriffithft. Quart, Journ, math. yill, 15.
113. Geometrical theorems concerning circies, H^'aiker. Quart. Journ. math. yill^Al.
114. Theoreme ayant Heu lors de la tran/t/bi'mation de deux cercles en deux autres p<rr
rayons vecteurs reciproques, Faison, A. ann. math. A'A'F/, 184.
1 15. Investigations in connexion with Casey*s equation of a paiv of circies touching each
of three given circies, Cayley. Quart, Journ, math, VlJl, 334.
Vergl. Rectification 166.
Kreislinien - Coordinaten.
116. Grundzüge eines Kreislinien -Coordinaten Systems. Gyurkovich. Zeitschr.
Math. Phys. XH, 265. [Vergl. Bd. XII, Nro. 302.)
Kreistheilong.
Vergl. Zuhlentheorie 191.
Krümmong.
117. On formulae of curvature in terms of trilinear coordinales. H'alton. Quart.
Journ. math. VUl, 39.
118. Relation entre les rayons de courbure d'une courbe et de sa polaire reciproque.
Chemin. N, ann. math. XXVl, 49. [Vergl. Bd. XII, Nro. 49.]
119. Sur les centres de courbure de deux courhes se deduisanl ijeometriquement t'une
de Vautre. Lemaitre. N, ann, math, XXVIy 283.
Vergl. Oberflächen 139, 140.
Kngelftmktionen.
120. Kurzer Abriss einer Theorie der Kugelfunktionen und Ultrakugelfunktionen.
Neumann. Zeitschr. Math. Phys. XII, 97.
Lemniscate.
121. Ueber lemniscatische Coordinaten. Lommel Zeitschr. Math. Phys. XII, 45.
Vergl Mechanik 130.
Literaturzeitung. 33
-■^ -S -N -,-'>^-
Ifftxima und Minima.
122. Elementarer Beweis des Satzes, dass das Minimum der Ablenkung beim Prisma
eintritt, wenn Eintritts- und Austrittswinkel des Lichtstrahles gleich gross
sind. Kahl. Zeitschr. Math. Phjs. XII, 176.
Vergl. Combinatorik 28. Oberfläche 136.
Meehanik.
123. Neue analytische Entwicklung der allgemeinsten Gesetze der Statik. Grn-
nert. Grün. Archiv XLVI, 152.
124. Der Mittelpunkt oder das Centrum beliebig vieler auf beliebig^e Weise in
einer und derselben Ebene wirkender Kräfte. Grün er t. Grün. Archiv
XLVI. 276.
125. On the equilibrium of a spherical envelope. Maxwell» Quart, Journ. math,
VUl, 326.
126. On tension, Besant, Quart. Journ, math, VII 1, 36.
127. On the composition of infinitesimal rotations, Cayley, Quart, Journ, math. Vill, 7.
128. Ueber das Problem der Rotation eines festen Körpers. Zajackowski. Grün.
Archiv XLVI, 19.
129. Wnrfbewegung im widerstehenden Mittel und Construction der Flugbahn.
Neil. Grün. Archiv XLVI, 361.
130. Moto di un punto materiale lungö unarco 'deVa lemniscata BemouHiana. Azza-
rein, Annali mat, VlI, 284.
13 L Mouvements relatifs ä la surface de la terre, Page, N. ann. math. XXVI ^ 97.
Vergl. Attraktion. Drehungsmittelpunkt. Hydrodynamik. Optik. Potential.
Schwerpunkt. Wärmelehre.
Methode der kleinsten Quadrate.
132. Ueber den mittleren Fehler der Resultate aus trigonometrischen Messungen.
Boersch. Grün. Archiv XLVI, 40.
Normalen.
133. Normales communes ä une parahole et äune hyperbole iquilatkre donnees, Choron,
N. ann, math, XXFl, 252. — Gerono ibid. 268.
134. On normals to conics and quadrics, Purser. Quart, Journ, math, VIII, 66.
O.
Oberfl&chen.
135. Ueber einige allgemeine Eigenschaften der Minimumsflächen. Christoffe).
Grelle LXVlf, 218.
136. Risotuzione di un problema relativo alla teoria delle superfifn'e gobbe, Beltrami,
Annali mat. VII, 139.
137. Sopra alcuni punti della teoria delle superficie applicabili, Ulisse Dini, Annali
mat. VI/, 25. [Vergl. Bd. XI, Nro. 158.)
1.38. Sulla flessione delle superficie rigate, Beltrami. Annali mat. VII, 105.
139. Sülle superficie nelle quali la somma det due raggi di curvatura principale c co-
stante. Ulise Dini, Annali mat, VII^ 5.
140. SuÜe superficie gobbe nelle quali uno dei due raggi di curvatura principale e una
funzione deW ältro, Ulisse Dini, Annali mat. VII, 206.
141. Ueber die geradlinigen Flächen fünften Grades. H. Schwarz. Grelle
LXVII, 23.
Vergl. Cnbatur. Determinanten in geometrischer Anwendung 37 , .38. Geo-
metrie (descriptive). Quadratur 164. Variationsrechnung.
• Oberfl&ehen 2'"' Ordnung.
14*2. Sur les surfacea gauches du second degri, Durrande, N, ann, math, XXVI,
168, 207.
143. On a theorem in quadrics. Purser. Quart. Journ. math. Vlll ^ VNä,
34 Literaturzeitong.
144. On the number of surfaces of the second degree which ran he described to satisfy
nine conditions. Salmon. Quart, Joiim. mat/t. AV//, 1.
145. Sur les (eiraedres conjuffues ä une surface du second ordre. Maffiotti. A\ ann.
math. XX FI, 219.
146. On a property of the director spheres of a syntem of guadricst touching a common
System of planes. Townsend. Quart. Joum. math. VII ly 10.
Vergl. Ellipsoid. Nornmlen 134.
OperatioimmleüL
147. On certain transformaiiona in the calculus of Operations. H'alton, Quart. Journ,
math. VIII, 222.
148. On the sums of the reciprocals^ of their products and powers, fi'orontzof.
Quart. Joum. math. VI 11^ 185, .310.
149. On the properties of the d*^ o* class of numbers and oihcrs nnalogous to them as
inoestigated by means of representative notation. Blissard. Quart, Joum,
math. VIII, 86.
Optik.
150. Theorie des Anorthoskops und der anorthoskopisclicn Figuren. Fr. Weber.
Zeitschr. Math. Phjs. XII, 133.
Vergl. Maxima und Minima.
. P.
ParabeL
161. Inscrire dans une parabole un triangle dont un sommet soit dnnne^ et qui soit
semblable ä un triangle donne, Laisant. N. ann. math. XXVI, 124.
152. Sur le roulement dUme parabole sur une autre, Lemaitre, N. ann. math.
XXVI, 136.
Vergl. Hyperbel 92. Normalen 133.
Planimetrie.
153. Critical examination of Euclid's first principled compnred to those of modern geo-
metry, ancient and modern analysis, Wolff. Quart. Joum. math. VIII, 301.
[Vergl. Bd. XI, Nro. 371.]
164. Zur geometrischen Construction der vierten und der mittleren Proportionale.
Weihrauch. Grün. Archiv XL VI, 336.
155. Auf das Entfernnngsorts- Dreieck Bezügliches. Emsmann. Grün. Archiv
XLVI, 121.
156. Zar Construction von Dreiecken mit Benutzung der Eigenthümlichkcitcn des
Entfernungsortsdreiecks. Emsmann. Grün. Archiv XLVI, 147.
157. lieber das Verhiiltniss in welchem sich drei durch einen Punkt gehende Trans-
versalen eines Dreiecks schneiden, v. Behr. Grün. Archiv XLVI, 331.
158. Die Höhendurchschnittspunkte der vier Dreiecke, die ein vollstiindiges Viereck
darbietet, liegen in einer geraden Linie. C. Schmidt. Grün. Archiv
XLVI, 328. — V. Behr ibid. 330. — Stamm er ibid. 331.
159. Tout quadrilatere dans les diagonales sont entre ellcs commc les sommes des pro-
dwts des cötes, qui comprenncni ces diagonales, est inscriptihle. D"* Amoux
4- Caffarelli. N. ann. math. XXVI, 186.
160. Ueber das vierte Porisma von Fermat Oftgrdinger. Grün. Archiv XLVI, 1.
— Nagel ibid. 11.
Vergl. Zahlentheorie 190.
Potential
161. SfdV attrazione di un cilindro omogeneo rvtto elissoidalc. Hie man ?i. Annali mat
VII, 281.
Vergl. Attraktion.
Quadratur.
162. Ueber die Berechnung des Flächeninhaltes geradliniger Figuren durch Tra-
peze. Grunert. Grün. Archiv XLVI, 335.
16.3. Lösung zweier Aufgaben über Berechnung der Flächeninhalte verschiedent-
lieh bestimmter Ellipsen. Matzka. Grün. Archiv XLVI, .300.
164. Sf///a qftadi'alnra di alcune superficie risultanti dalla intcrsezione di cifindri. Lan-
via tu, Annali mal Vll, 109.
Literaturzeitung. 35
ReetiAoatioiL
165. Sugli archi di dcloide, Tortolini. Annali mat, F/Iy 211.
166. Zur elementaren Berechnung des Kreisnmfangs. Grunert. Gnin. Archiv
XLVI, 345.
Beulen.
167. Sur une regle de convergence des series, Gcnocchi, N, ann. malh, XXyi^ 261,
168. Snmmirung einer nach Cosinussen vom Vielfachen eines Winkels fortschrei-
tenden Reihe. Curtze. Grün. Archiv XLVI, 357.
169. Sum of a series of pariicular form, EUis. Quart, Jovm, malh, Vill, 266.
170. Snmmirung der Quadrate von aufeinanderfolgenden Drcieckszahlen. Grunert.
Grnn. Archiv XL VI, 327.
171. lieber die Summe von Kubikzahlen, deren Wurzeln in arithmetischer Pro-
gression stehen. Grunert. Grün. Archiv XLVI, 326.
Vergl. Kettenbrüche 108.
S.
Schwerpunkt
172. lieber den Krümmungsschwerpunkt algebraischer Curven. Nenmann. Zeitschr.
Math. Phys. XII, 172.
Sph&rik.
173. lieber die Auflösung des sphärischen Dreiecks, wenn die drei Höhen des-
selben ge^*eben sind. Hunyady. Zeitschr. Math. Phys. XII, 91. [Vergl.
Bd. XII, Nro. U6.]
174. On ihe spherical ellipse referred to irilinear coordinales, Jeffery, Quart, Joum,
maih, VlII, 283.
Vergl. Mechanik 125.
Stereometrie.
175. lieber die regelm^lssigen Sternvielflache. Wiener. Zeitschr. Math. Phys,
XII, 174.
Vergl. Ellipsoid 53. Kegelschnitte 106.
T.
TetMeder.
176. Die Transversalen des Tetraeders und Sätze über die Transversalen im Viereck.
Stamm er. Grün. Archiv XLVI, 333.
Vergl. Oberflächen zweiter Ordnung 145.
Trigonometrie.
177. Goniometrischer Beweis einiger Gleichungen zwischen den Sinussen und Co-
sinussen gewisser Winkel. Thiel. Grün. Archiv XLVI, 134.
178. Beweis der Gleichung 16 ^'n200 . «{n40<' . «tn60<^ . «tn 80^ =» 3. Lind man.
Grün. Archiv XLVI, 143. — Meyer ibid. 359.
179. A new construction for the difference of two angles of a plane triangle, Walker.
Quart. Journ maih, VIII, 323.
180. Propriete du quadrilatere circonscriptVtk a deux cercles, Do stör. N, ann, math,
XXFI, 57.
181. Bestimmung des kürzesten Abstandcs zweier im Räume gelegener nicht paral-
leler Geraden. Brotschneider. Grün. Archiv XLVI, 501.
ü.
mtraelliptische Transcendeiiteii.
182. lieber die Transformation des zweiten Grades für die Aberschen Funktionen
erster Ordnung. Königsberger. Grelle. LXVII, 58.
183 Ifcbcr die Transformation dritten Grades und die zugehörigen Modular-
gleichnngen der Aberschen Funktionen erster Ordnung. Kv>T!L\.\g,^\i^^^5»^'«
Crclle LXVII, 97.
36 Literaturzettung.
V.
Varifttionareelmang.
184. lieber ein Princip der Abbildung der Theile einer krummen Oberfläche auf
einer Ebene. H. Weber. Crelle LXVU, 229.
W&nnelehre.
185. lieber das Integral 1—^ gegen Prof. Clausius. Bauschinger. Zeitsclir.
Math. Phys. XU, 180. [Vergl. Bd. XII, Nro. 388.]
Wahrscheiiiliohkdittreohiiimg.
186. lieber das Rouge et noir und den Vortheil der Bank bei diesem Spiele. Oet-
tinger. Crelle LXVII, 327.
Zahlentheorie.
187. Intorno ad alcune somme dt cubi, Genocchi. Annali viai, VIJ^ 151.
188. Summe von Knbikzahlen. Catalan. Zeitschr. Math. Phys. XII, 170. —
N. ann. mnth. XXri, 63, 276.
189. Zur Theorie der complexen Zahlen. Bachmann. Crelle LXVII, 200.
190. Dreiecke, in welchen /r, 6, r, r, q und /^rationale Zahlen sind. Ligowski.
Grün. Archiv XLVI, 503. [Vergl. Bd. XII, Nro. 398]
191. irej)er die Funktionen J'und Z, welche der Gleichung —^ -- == J'^-j-pZ*
Genüge leisten, wo p eine Primzahl der Form 4A* + 1 ist. v. Staadt.
Crelle LXVII, 205.
ZinBiingrechnimg.
192. lieber ein Problem der Forstwissenschaft. C leb seh. Crelle LXVII, 248.
Zur Abwehr.
Herr Prof. Bettrami hat bei Gelegenheit einer dem Reale Istituto Lombardo
am 7. Mai d. J. gemachten Mittheilung über Raumcurven 3. O. an meiner im ver-
flossenen Jahre in dieser Zeitschrift und zugleich als Separatabdruck veröffent-
lichten „Einleitung in die Theorie der cubischen Kegelschnitte *' verschiedene
Fehler und Ungenauigkeiten gerügt und dieselbe als ein Plagiat aus Cremona*s
Arbeiten hingestellt. Um diese Beschuldigung zurückzuweisen, wird es, wie ich
glaube, genügen, folgende im Eingang meiner Arbeit, worin die von mir benutzte»
Quellen, insbesondere auch die Abhandlungen Cremona^s in den An-
nali genau angegeben sind, befindliche Worte anzuführen:
„Mit Rücksicht darauf, dass einerseits synthetische Betrachtungen nicht
Jedermann angenehm sind und anderseits die analytische Behandlung Cr e-
mona's ausserhalb seines Vaterlandes weniger bekannt sein mag, dürfte
vielleicht nachfolgende Zusammenstellung der hauptsUchliclisten Eigen-
thümlichkeiten der Raumcurven 3. O. nicht unerwünscht sein",
woraus doch deutlich hervorgeht, dass ich meine Arbeit nur als eine zusammen-
hängende Darstellung von schon Bekanntem in zum bequemen Studium geordneter
Weise angesehen wissen wollte. Ob ich mich durch eine derartige Benutzung
von fremden Arbeiten eines Plagiats schuldig gemacht habe, überlasse ich dem
Urtheile des mathematischen Publikums.
Was die von Herrn Bettrami bemerkten Fehler betrifl't, so bin ich Dem-
selben für ihren Nachweis sehr zn Dank Verpflichtet und werde die Verbesserungen
derselben demnächst zugleich mit einem genauen Quellen- und Literaturnachweis,
um allen Missdeutungen zu entgehen, veröffentlichen.
Marburg /im 9. Juni 18C8. C. A. von Drach.
Literaturzeitung.
Recensionen.
Die Principien der Elektrodynamik. Eine mathematisclic Untersnchung
von Dr. Caul Naumann. Tubingae mense Julio anni 1868, formis
Henrici Laupp. (39 S.)
Prof. Neu mann theilt in dieser zur fünfzigjährigen Jubelfeier der
Bonner Universität verfassten Gratulationsschrift Näheres über seine in
den Göttinger Nachrichten vom 16. Juni d. J. angekündigte Entdeckung
eines Gesetzes mit, welches für die Mechanik und Physik yon ausser-
ordentlicher Wichtigkeit zu werden verspricht. Bei dem hohen Interesse
des behandelten Gegenstandes möge es dem Referenten vergönnt sein,
in den nachstehenden Zeilen die vollständige Ableitung des Weber*schen
Grundgesetzes der Elektrodynamik aus den N e u m a n n'schen Principien
folgen zu lassen. Zur Vermeidung von Missverständnissen sei hier aus-
drücklich bemerkt, dass es für den vorliegenden Zweck weniger darauf
ankam, die Darstellung des Verfassers im Einzelnen zu reproduciren, als
die Anwendung seiner Methode auf den einfachsten Fall zweier materi-
ellen Punkte ausführlich darzulegen.
1.
Vermöge des Newton'schen Gravitationsgesetzes entsteht durch die
gegenseitige Einwirkung zweier Punkte mit den Massen m und mj , deren
Coordinaten resp. x y z und ^i ^i ^i heissen mögen, eine bewegende Kraft
mm^
r'
welche auf beide Massen in der Richtung der Verbindungslinie r wirkt.
Die Componenten der nach den rechtwinkligen Coordinaten zerlegten
Kraft in Bezug auf m sind hiemach
Rcosuy Rcosßy Jicosy,
während für mj die entgegengesetzt gerichteten Componenten
— Rcosa, — Rcosßy — Rcosy
gelten. Bekanntlich hat man für Attractionskräfte
ro«a=-= , cosß = ~ ^, cosy = ,
r r T
T.iterataritp. d. Zeittchr. f. Math. a. Phyt. XllI, 4. \^
«I
»
veO ^ ßr 7 ^^ Wi&kel bedesteB , weicfc-?^ &t Riekt«xL^ tq« a sack ■,
■ot iUm Co4vdiBJieBaxca biUüt. Di«* secfe DifmrmdalskickvB^iem der
** r äl» r ' dl* " r
Ä= —, -L— ^ = Ä
^-«^r »' — 'i _^f:_«f— Ft ^*-t « • — -1
Eft ist ene alte Bttikmg, das» <{ie Assdräeke der s«clis Compo-
oettte« »if der redtte« Sehe dicker Gleiekmiigeii dsrck partielle EKfe-
mtntioB der soj^enannteB Kraftefmsction
r
Back des cifixelnen Cor^rdinalen erkalten werden können« wie ▼erMÖge
der Glekknn^
•ofoit erkeDt. Xitkin nekmen die GleicknngeB Ä) die Gestalt aa
^)
( "' A» ""ex/ "' ** ~^/ "* äi^ ~cz,'
eine Form, weleke sick jederzeit kerbeifnkren llsst. sobald das so^eamnnte
Princip ron der Erkaltung der lebendigen Kraft Geltung kat.
Sekreibt man zvr Abknrxnng
r = 42:-irr,
wo
=/i'T,um+^->
Nz\^
Vi'
die Geschwindigkeit des Punktes m ausdrückt und die Summation auf die
Torhandenen Massenpunkte zu erstrecken ist, so ist das genannte Princip
in der Gleichung
enthalten. T f&hrt den Namen der halben lebendigen Kraft und h be-
deutet eine willkfirliche Integrationsconstante.
Multiplicirt man nämlich die obigen Differentialgleichungen der Reihe
nach durch
dx dy dz djc^ dy^ dz^
di^ dl' Ji' ~di" In' ~d7
und addirt- die Producte, so ergibt sich
/dx dy dy d*y d^ ^\ _ ,, (^J[ ^ i^J^ ^l i^Ji. i£\^^^
\dt fir^ dt dr^ dl iir)~ \cx dt^ dydl^ czTt)~"di
und durch Integration
£\mvv= Ü+Consf.
Literaturzeitung. 39
2.
Sir W. R. Hamilton hat im Jahre 1834 die weitere Bemerkung hin-
zugefügt, dass die Differentialgleichungen B) die Bedingung dafür ent-
halten, dass die Variation des Integrals
u=f(T+ ü)dt
verschwindet; dass man also umgekehrt aus der Oleichung
Sf{T+ U)dtz=0
die mechanischen Differentialgleichungen abzuleiten im Stande ist. Vor-
ausgesetzt wird dabei, dass man nur solche Variationen der Coordinaten
berücksichtigt , welche nebst ihren verschiedenen Differentialquotienten
an den Integrationsgrenzen verschwinden. Auf die Bedeutung dieser Vor-
aussetzung braucht man zunächst nicht weiter einzugehen, da sie, wie aus
dem Folgenden erhellt, nur einen formalen Sinn hat. Es sollen einfach bei
Bildung der Variation des Integrals diejenigen Glieder, die mit den an
den Grenzen stattfindenden Werthen der Variationen und ihrer Differen-
tialquotienten multiplicirt sind, ausser Rechnung bleiben. Neil mann be-
zeichnet desshalb die Grösse Su als innere Variation.
Die Variation eines Integrals von der Form
u^=F\xx X .,yyy ,.zzz ..) a/,
wo zur Abkürzung o;' = — , o?" = — ^ etc. geschrieben ist , drückt die
Aenderung aus, welche das Integral erfährt, wenn man die von / ab-
hängigen Variabein x um 6x^ y um dy, z um dz, folglich o:' um 6x
(d. h. -7- um — T" ) u. s. w. wachsen lässt. Hier bedeuten die Incremente
dt dt /
6x^ dy, dz ganz beliebige Functionen der unabhängigen IntegrationS'^
variabeln t and führen den Namen von Variationen, sofern sie als be-
liebig klein betrachtet werden, damit die höheren Potenzen in der Taylor-
scheu Entwickelung ohne Einfluss bleiben. Man pflegt daher eine solche
variirte Function § = ar + ^^ = 9' eineNachbarfunction der Function x=^ft
zu nennen, und kann dieselben unter dem Bilde zweier Nachbarcurven sich
voi^telleu, bei denen den Abcissen / die resp. Ordinateu £ und o:, deren
Differenz öx jeden Grad der Kleinheit erreichen darf, zugehören. Das
Verschwinden der Ordinatendifferenzen öx an den Integrationsgrenzen
würde alsdann anzeigen, dass die Nachbarcurven sich in den Punkten
schneiden (oder berühren) müssen, welche die Grenzwerthe von t zu Ab- '
scisscn haben«
Nach dem Taylor'schen Lehrsatze folgt mit Weglassung der höheren
Potenzen der Variationen
40 Literatnrzeitiing.
^■F* '»•v>yV^*'V>b/'s-^^-,^.^,^,-»v
wo sich das Summationszcichcn auf die vcrscUiedeDcn Variationen oder
Coordinaten bezieht. Man erhält leicht durch partielle Integration
CdF d8x ^^ dF ^ (\ d dF ^
t/ dx dt ox J dl öx
Da aber in Gemässheit der oben gemachten Voraussetzung Öx an den
Integrationsgreuzen verschwindet, so wird
I ^-,dxdt = — \ öx -j —f dt.
J ox J dt dx
In derselben Weise folgt durch wiederholte partielle Integration
/dF ^ ,r , dF ^ , r, .d dF ^
dF ^ , d dF ^ ^ i\ /rfV dF ^
dx dt dx J \dt/ dx '
wo wiederum die vor das Integralzeichen getretenen in dar und Öx' mnl-
tiplicirten Glieder verschwinden. Folglich ist
und weiter
allgemein :
r^^ X "'A, i'x f'^Y ^^ A,
J dx^"^ ^ ^ J \dtj dx^*'^
Hiemach ergibt sich
r^{dF d dF ^ fdV dF fdVdF^ j ^
Wenn der gefundene Integralausdruck für ganz beliebige Nachbar-
curven (beliebiger Abhängigkeit der Variationen d.r, Öy, öz von t ent-
sprechend) verschwinden soll, so müssen die Coefficienten der einzelnen
Variationen unter dem Integralzeichen Null werden ; mit anderen Worten,
es müssen die Differentialgleichungen
dx dt dx ^ \dtj dx' \dtj dx'' — ••
1 r.__dF __ d_dF ,fdy dF^_ /d\
^^ ] "ay dtdy'^\dtj dy" \dt) dy
dz dt dz "^ \dt) dz" \dt) dz" — •••
erfüllt sein. Denn wären ein oder einige solche Coefficienten von Null
verschieden, also der Coefficient von öx etwa gleich 1^/, so könnte
man z. B. öx^Btjft^ öy = öz = 0 setzen und würde damit
8 aF
fff • • • •
Literaturzeitung. . 41
erhalten, d. i. wegen des positiven Quadrates jedenfalls gegen die Vor-
aussetzung von Null verschieden. Der von t unabhängige Factor $ ist
hinzugefügt worden, um durch beliebige Kleinheit desselben die hin-
reichende Abnahme der Variation dx herbeizuführen.
Die Gleichungen C) führen den Namen der isoperimetrischen
Dilfereutialgleichungen und besitzen die Eigenschaft, ganz abgesehen von
der speciellen Beschaffenheit der Function F eine Integration zuzulassen.
Bildet man nämlich die Summe
\dx dtdx'^Kdl) dx"'^
und vergleicht damit den Werth des vollständigen Differentialquotienten
dt I dx dx dx
so wird
'^-S-£ \(x" ^ + *' 1 ^U (a:'" ^--x' (iy ^U
<it ^--^^V dx'^'' didx-J+V dx" ^ W ax"^ +
^V dx"^'' \dt) dx'")--
~di^ r d^''^v dx" ~^ dt ä77 +
^V dx'" '^ dtdx"^''\dl) da!")---\
Da aber •5» vermöge der isoperimetrischen Diiferontialgleicliungeo ver-
schwindet, so erhält man die zngebSrige Integralgleichung
wenn
/ ,„ dF „d dF ,/dY dF\ I • ^'
^V d^'~'^ didx"'^ yiij W")"-\
gesetzt wird.
Es ist nunmehr leicht, die Bedingung 8u = 0 für u=r{T+ü) dt
auf das Stattfinden der mechanischen Differentialgleichungen zu redu-
ciren. Man hat dazu in C) statt F nur T+ü zn substituiren. Da aber
T nur die ersten Differentialquotienten der Coordinaten, die Kräftefun-
ction U dagegen als Function von r nur die Coordinaten selbst (ohne
deren Differentialquotienten) enthält, so folgt ohne Weiteres
oder
dx dt dx'
du d , d^x
= — mx = m
dx dt dt*
und analog für die übrigen Coordinaten.
42 . Literatarzeitnng.
Da in nnserem die Anziehung zweier Punkte betreffenden Falle
[/= ^, 80 erhält man, wie bereits bemerkt,
dU dU dr mm^ a:— a:,
r
dx dr dx r* r
du du dr fnm^ y — y,
dy dr dy r
2
r
•= R cos a ,
= R cos ß ,
du du dr mm» z — z*
dz dr dz r^ r '
mithin die dem Newton'schen Attractionsgesetze entsprechende Kraft
r* dr
welche auf den Punkt m = (o:, y, z) in der durch die Winkel a , /S, y ge-
gebenen Richtung wirkt. Aus den Gleichungen
^1 — ^ rt Vi — y *i — 2
ro5tt= , cosp:=' , co8y='
r r r
folgt, dass diese Richtung in der Verbindungslinie r durch die Anziehung
nach m^ bestimmt ist.
Das allgemeine Integral 0 = F'^'k geht jetzt über in
dx
oder
und liefert demnach den Satz von der lebendigen Kraft.
4.
Prof. Neu mann hat sich die Frage gestellt, welche Form der Kräfte-
fuuction U gegeben werden müsse, um auf dem nämlichen Wege,
der uns jetzt von der Kräftefunction U zu der Newton'scheu Kraft R ge-
führt hat;* aus dem in der Gleichung ö T (r+^) <// = 0 enthalteneu Ha-
milton'schen Principe das Weber'sche Fundamentalgesetz der
Elektrodynamik, mit anderen Worten, den Ausdruck
für die in der Verbindungslinie der beiden materiellen Punkte m und »i,
wirkende Kraft abzuleiten.
Das von ihm entdeckte Gesetz ertheilt folgende Antwort auf die
gestellte Frage: ,,Wenn r^ den Abstand der Punkte zur Zeit t^^ bezeich-
„net, die der Zeit / jedesmal um dasjenige Zeitiutcrvall / — 1^^ vorhergeht,
,, welches erforderlich ist, um die Entfernung r = ft mit einer durch die
„Constante c gegebenen Geschwindigkeit zurückzulegen, so ist
U^
;/
der gesuchte Werth der Kräftefunction."
Literatarzeitung. 43
Wir werden zunächst wiederum die Variation des Integrals
u = j{T-\'lJ)di zu bilden haben. Der Ausdruck der halben lebendigen Kraft
T bleibt derselbe wie früher, nur abhängig von den ersten Differential-
quotienten der Coordinaten; dagegen enthält U^ wenigstens implicite,
jetzt gleichzeitig die Coordinaten und ihre verschiedenen Differentialquo-
tienten. Um diess anschaulich zu machen, bilden wir die Gleichung
r = /^/ = cO-0, ^)
welche der Definition gemäss angiebt, dass die Strecke r im Zeitintervall
/ — <Q mit der Geschwindigkeit c durchlaufen wird. Durch diese Glei-
chung ist
r
'«='-7
als Function von t bestimmt, und da
den Abstand zur Zeit i^ ausdrücken soll, so erhält man nach dem Tay] er-
sehen Lehrsatze
wenn die Differential quotienten von r = ft nach dem Argument t wie
die derivirten Functionen durch Accente bezeichnet werden. Man kann
also U als Function von r und seinen Differentialquotienten betrachten,
wor^u implicite wiederum die Coordinaten und ihre Differentialquotienten
enthalten sind.
Ebenso wird
^ *" ~ "7 "'"23^" d^ — ■ ■ ■
bildet man jetzt
und reducirt wie früher durch partielle Integration, so wird bei Bildung
der inneren Variation, da die Variation
dx cy oz dXi oy^ ^ dzi
so wie ihre Differentialquotienten, mit den Variationen der Coordinaten
und deren Differentialquotienten an den Integrationsgreuzen verschwinden
oder Null zu setzen sind:
rL rai/ ddü/dVdü /dVdü i ^, ddn^
44 Literatarzeitung.
Substituirt mau hier den eben angeführten Wcrth von dr, um nach den
Variationen der Coordiuaten ordnen zu können, so wird
dxldr " dt dr'^ \dl) ar"+" J dt dx
der Coef&cient von dx^ und analog für die übrigen Coordinaten. Da
diese Coefficientcu verschwinden sollen, so erhält mau die Differential-
gleichungen
dldx'^dx Idr^ dr dt \dr^ dr) "^ \dt)\dr^d/')'^''y
d. i. wegen
dU mm^
d^x x-x^V\ dr^ d (V dr^\ /rfV/l dr^\ _ l
Durch Substitution der aus den Gleichungen //) und t) zu entneh-
menden Werthe von
dr c ^ c« 2c^ ^ 6c* "^ c dt^'
dr^ __ r dr^ __ r* ^r^^ _ r*
u. 8. w. ergibt sich
,„ d^x x,-x ) 1 , l rf r , 1 /(/y r2
"^6c^ Vr/// r,2"^"- ct;-^ c/zJ-
5.
Die unendliche Reihe innerhalb der Parenthese lasst sich summiren,
wenn mau deu Lagrauge'scheu Satz über die Eutwickelung impliciter
Functionen anwendet.
Um diess zu zeigeu, wollen wir der Gleichung
eine analoge Gleichuug
6'*) r,==ft,==c{t,-l)
an die Seite stellen und dadurch die Zeit /, defiuireu, welcher der Ab-
staud r, der beiden Massen eutspricht. Es bedeutet hier ^ — t das Zeit-
intervall, welches seit der Zeit t verfliessen muss, um die Strecke r, mit
der Geschwindigkeit c zu durchlaufen. Das nämliche Fuuctionsverhaltuiss,
welches früher zwischen i und /^ festgesetzt worden ist, findet jetzt resp.
zwischen t^ und t statt.
Der Lagrauge'scheLehrsatzliefert unmittelbar die Eutwickelung einer
Function
9, <, = 9, / + .r /^/ ,p' / + i X« ^^ (/•« tq>'() + i-j X' (^ J (r lvt) + etc.
Literaturzeitung.
45
-•■»r*,^^ fc/^^-s^ •■•••-
r^^^ •--^^^v•^•^-'V^^
nach deu Poteuzeu von x^ wenn
gegeben ist. Setzt man hier a: = — , so wird
"'• = '■'+ 7 '•''''+^« 7/ ('''^''^ + ü-^ (^J ('^9''0 + etc. L)
Diflerentiiit man beide Seiten dieser Gleicliung nach /, so ergibt sich
+
I
«c=
a)"<-^-
') + •••
Die rechte Seite dieser Gleichung stimmt mit der zu summirenden
Reihe überein^ wenn
'o
gesetzt wird. Da gleichzeitig i in /j und /q in / übergehen, so folgt ohne
Weiteres
9> 'i=;j'
mithin
r» (// ~" r^» "^ c- (// r«* "'' 2^- \di) r^ "*" Cc» \di) r* "*" * *
Bevor wir diesen Werth in K) substituiren, wollen wir den Differen-
tialquotieuten -p elimiuiren, was mittelst der durch Differentiation von G*)
zu erhaltenden Relation
oder
dt
1- ^ !^
geschieht. Damit erhält man endlich
m
d^X Xy — X
— - ZL^ mm»
dl^ * r
1 dr.
(-7^:)
cTq« dl^
Die Ausdrücke für die den übrigen Coordinaten entsprechenden Compo-
nenten werden ganz analog gebildet, und führen wegen
Xt—X
= cos a
etc. zu dem gesuchten Ausdrucke für die in der Richtung der Ver-
l)induugslinie r zur Zeit / zwischen den Massenpunkten tn und mj wir-
kenden bewegenden Kraft
l
r*
r' d r.,
j _ J_ (^ cr^ dt^
c dt^
m
46 Literaturzeitung.
■^ ^ *• ^ *-
Es handelt sich uur uocb,um den Nachweis, das» dieser Werth, •
wenigstens in den ersten Gliedern bei der Entwickelang nach den ab-
steigenden Potenzen von c*, mit der Formel des Weber'schen Grundge-
setzes übereinstimmt. Hi«rza bat mau sich der bereits früher benutzten
Gleichungen
rr
^0 = /'^o= ^ -T — + etc.
und
rfr« ^, . rr
//
0
= /^'/o = **' i etc. ,
rf^o ^
so wie des aus der L agr an ge'schenEnt Wickelung L) für g>t=f^i her-
vorgehenden Werthes •
zu bedienen. Man erhält ohne Schwierigkeit, wenn man die durch r*
und die höheren Potenzen dividirten Glieder weglässt:
ff
r rr ( ^ \
1 r-'« c(l •••)
c c^ \ c /
mnii j rr — 2rr" I
übereinstimmend mit der von W. Weber entdeckten Formel F) des elek-
trodynamischen Fundamentalgesetzcs.
6.
Um endlich die Gestalt zu untersuchen, in welcher der Satz von
der lebendigen Kraft nunmehr erscheint, Iiabeu wir die Function
dx \ dx \ dx dicx )
+
V' dx!" "" didx"^"^ \di) dx!")^ "\
zu bildien. Hier ist vor Allem zu bemerken, dass die beiden Summen
auf der rechten Seite, die sich auf die 6 Coordinaten der beiden Punkte
erstrecken, vereinfacht werden können Die auf die homogene Function
T der Differentialquotionten der Coordinaten bezügliche Summe ist ver-
möge eines bekannten Satzes gleich 2 7\ während die von der Kräfte-
function V abhängige Summe sich auf die Form
"*'V dr"'^'' dldr"^''\dÜ d/y^"
briügeu läsBt,
Literaturzeitung. 47
*-" 'N'N.* ^^M
Uiormit erhält man
(P = 2T+ V=T+ü+h
oder
T=ü—V + h 0)
für das an Stelle des Satzes von der lebendigen Kraft tretende Integral.
Differentiirt man diesen Ausdruck, so wird
dT _dU ^ dV
dl ~~ It dt'
»
wo zugleich
-—z= Emix X +y y + z z ] = £x R
dt . ^ */ . / ^
dr
Diese Gleichung lehrt, dass die in der Kichtung der Entfernung wirkende
bewegende Kraft
^ dW dr dW
durch vollständige Differentiation der Function
W=V—U
nach der Entfernung erhalten werden kann.
Da ferner
rf^_ ,dV „du .„du
dl ~'' dr'^'' a/"*"" F?''^"
dv (..du, ,ddu\/..,du ./dydü\,
,77 n'' ä? + '-rf^ä7J + ('- rr"-''\dJd"rj +
so folgt
dl'^^'ldr dld/'^\dl) W \dt) dr"~"'\^^ dt'
woraus die Richtigkeit des für V aufgestellten Werthes erhellt. Uebrigens
kann man der Function W auch die Form geben
;/iw, J r r 2/' \%v^'\'2rr^r' — r'r"*+2r*/r'" )
lt = l\ .. .). Q)
r \ cc (^ 6c^ I
Leipzig, 11. August 1808.
W. SCUEIBNER.
48 Literaturzeitung.
■".^^-/--•* ^^^ — /^. ^ -^ -^ -
Schnlarithmetik, bearbeitet von A. Trappe, Professor und Prorector der
Bealschule am Zwinger in Breslau. Verlag der Universitätsbucb-
Handlung von F. Hirt in Breslau.
Referent würde das vorliegende Werkchen einfach ignorirt haben,
wenn der Verfasser durch sein brauchbares, boi'eits in dritter Auflage
erschienenes Lehrbuch der Physik nicht so bekannt wäre, dass wohl
Mancher darauf bin auch die „Schularithmetik^^ unbesehen kaufen dürfte.
Leider stehen aber beide Bücher auf sehr verschiedenen Standpunkten,
und während „die Physik" des Verfassers den Entdeckungen der Neu-
zeit Rechnung trägt, macht die ,, Schularithmetik" den Eindruck, als
wäre sie der unveränderte Abdruck eines Werkes aus dem vorigen Jahr>
hundert. Zum Beweise mögen einige Proben folgen:
Auf Seite 79 behauptet der Verfasser, die Gleichung
(i
sei für j e d e s e richtig — er wendet sie auf die Fälle a = 3, c = ^ und
a = 3, ß = 2 an und sagt bezüglich des ersten Falles : „Es könnte schei-
nen, als ob durch Addition unendlich vieler Grössen eine unendlich
grosse Summe entstehen müsste; da aber die Glieder immer klei-
ner werden, so werden sie auch endlich verschwindend klein."
Was mit diesem unverständlichen Gerede erklärt werden soll, ist schwer
abzusehen; sollte aber der Verfasser meinen, dass man gegen das Ende
der Reihe hin ein paar Millionen Glieder weglassen dürfe, weil sie ver-
schwindend klein sind^ so müsste er die Voraussetzung machen, dass
verschwindend kleine Summanden eine verschwindend kleine Summe
geben. Wie unrichtig dieser Satz ist, zeigt schon das bekannte Beispiel
n^ n* M* «*
wenn m = od genommen wird. — Noch wunderlicher lautet die Erklärung
des für ri = 3, c = 2 zum Vorschein kommenden absurden Resultates
3
3 + 6 + 12 -f 24 + . . . m inf. = -~-^ = — 3;
der Verfasser sagt nämlich: ,,Das Resultat sollte = x sein, da die Reihe
aus unendlich vielen immer grösser werdenden positiven Zahlen be«teht.
Der Widerspruch lässt sich dadurch erklären, dass die Aufgabe,
•eine unendliche Menge immer grösser werdender Zahlen zu addiren,
etwas Unausführbares fordert; aber dennoch stellt der Ausdruck
die Rei^^e d-ar, denn wenn man 1 — 2 in 3 dividirt und wie bei
1 — 2
Buchstaben verfährt, so erhält man die Reihe." Nach des Verfassers
eigener Definition von positiven und negativen Grössen und nach dem
Literaturzeitiing. • 49
• V-.^^-^^^ j^^ .^ji^ <^-*-^ .^« — ^ <" •
» ^^yvy^.^N.^
Obigen kann man sich also dadurch in Schulden stürzen, dass man Jahr
aus Jahr ein Vermögen aufhäuft. — Die Sache ist aber viel einfacher:
wer ftir e >> I
a + ae + ae* + ae^+ ... = 5
setzt und mit diesem S weiter rechnet, als wenn es eine endliche be-
g
stimmte Grösse wäre (z. B. S — S = 0, ^= l), der hat schon von Hause
aus eine falsche Voraussetzung gemacht und braucht sich dann über
seine widersinnigen Resultate gar nicht zu verwundem. Diese Bemer-
kung gilt übrigens für alle Rechnungen mit unendlichen Reihen, Pro*
ducten und Kettenbrüchen.
Seite 80 heisst es: n^ine unendliche fallende Reihe nennt man
convergirend, eine unendliche steigende Reihe divergirend."
Hiernach scheint der Verfasser nicht einmal zu wissen, dass die bekannte
harmonische Reihe -J- + 5 + j- + • • • zwar eine fallende ist aber divergirt.
Weiter sagt der Verfasser: „eine divergirende Reihe lässt sich nicht
addiren**, obschon er zwti Zeilen vorher •=— 3 als Summe von 3 + 6
+ 12 + etc. angegeben hat.
Die Gleichungen ersten Grades werden mit zwei Beispielen abge-
fertigt, von denen das zweite die Form
(a—ßx) (y'^Sx) = 0
hat, also doch wohl nicht hierher gehörte.
Auf Seite 107 definirt der Verfasser eine Function von x als „eine
Grösse, in welcher x vorkommt" und sucht dann den Satz zu beweisen:
„Jede Function von x, welche dadurch zu Null wird, dass man x = m
setzt, hat den Factor (a: — m)." Hier fehlt die Beschränkung des Satzes
auf algebraische rationale Functionen; denn schon bei irrationalen Func-
tionen (wie z. B. yx — ym) gilt der Satz nicht mehr.
In §110 heisst es, wenn die Gleichung
rt + 6a: + ca;* + ... = m + iia: + ra:*+...
für jeden Wertli von x gilt, so istö = m, ft = w etc. Hier kann erstens
die Voraussetzung dahin beschränkt werden, dass die anfängliche Glei-
chung nur innerhalb eines die Null umfassenden Intervalles zu gelten
braucht, zweitens ist hinzuzufügen, dass bei unendlichen Reihen die
gleichzeitige Convergenz beider Reihen vorhanden sein muss« Kann man
hierüber nicht entscheiden, so läuft man Gefahr, die abenteuerlichsten
Resultate zu erhalten. So ist z. B.
wenn man aber beiderseits nach Potenzen von x entwickelt, so liefert die
Vergleichung der Coefficienten von x, x* etc. durchgängig falsche Glei-
chungen.
50 Literatursseitung.
In § 117 will der Verfafiscr den Saiz beweisen: ,Jede Gleichung vom
«*•" Grade bat n Wurzeln*'; zu diesem Zwecke erinnert er erst daran»
dass eine quadratische Gleichung zwei Wurzeln besitzt, und fahrt dann
fort: „Hat eine cubische Gleichung, die auf Null gebracht ist, eine
Wurzel x = mj so muss sie den Factor (x — m) haben, und der zweite
Factor muss eine Function von x* sein. Setzt man diesen =: 0, so er-
hält man noch zwei Werthe für x, welche die Gleichung zu Null machen.
Auf dieselbe Weise ergiebt sich, dass die Gleichung vom vierten
Grade 4, die vom fünften 5 Wurzeln haben muss u. s. w." Der Ver-
fasser setzt also ohne Weiteres voraus, dass jede Gleichung mindestens
eine Wurzel habe, deren Beschaffenheit er übrigens ganz dahin gestellt
sein lässt.
In § 126 „soll versucht werden", log (1 + a:) in eine Reihe von der
Form A+Bx + Cx^+ etc. zu verwandeln. Mit Hülfe der Gleichung
2 log (1 + x) = log [l + :i: (2 + x)]
findet der Verfasser
2Bx + 2Cx^ + 2Dx^ + ... •
= 2 5x + (5 + 4C)a:» + (4C+8/>)a:'+...
.und sagt Weiter: „Diese Gleichung gilt für jeden Werth von x, da die
beiden Gleichungen, aus denen sie zusammengesetzt ist, für jeden Werth
von X gelten." Woher weiss denn der Verfasser, dass die versuchs-
weise aufgestellte Gleichung log (l + ^) = -^H- ^^ + ^^* + etc. für jeden
Werth von x gilt? — Später wird B mittelst der Formel
B^ 1
2 [t't + i (t't)' + i (tV + . . .]
bestimmt und hinzugefügt: „Die Reihe des Nenners couvergirt so, dass
man nur wenig Glieder zu berechnen braucht, um B bis auf 7 Stellen
richtig zu erhalten." In der That sind hierzu 30 Glieder nöthig, und
das dürfte doch nicht gerade wenig sein.
Diese Blumenlese (besser Distelnlese) mag zu dem Beweise hin-
reichen, dass der Verfasser von einer den Ansprüchen der Neuzeit ge-
nügenden präcisen Behandlung der Wissenschaft gar keine Idee hat und
daher auch zur Abfassung mathematischer Lehrbücher nicht berufen ist.
ScHLÖMILCn.
Bibliographie
vom 15. Juni bis 1. Septerabor 1868.
Periodische Schriften.
Abhandlungen der math.-phys. Claf3se der Königl. Sachs. 6e-
sellschaft dpr Wissenscli. VIII. Bd. Leipzig, Hirzel. 8 Thlr.
Denkschriften der Kaiserl. Akademie der Wi ssensch|iften.
Mathematisch -naturwissenschaftliche Classe. 28. Bd. Wien, Gerold's
Sohn. 14% Thlr.
Journal für die reine und angewandte Mathematik. Heraus^eg.
von C. W. Borchardt. Berlin, Reimer. pro compl. 4 Thlr.
Reine Mathematik.
Bardev, E., Algebraische Gleichungen, Leipzig, Tenbner. l%Thlr.
GoüZY, E. A., Vereinfachtes Verfahren für die Ausziehung der
Cubikwurzel aus Zahlen. Aarau, Sauerländer. l^/e Ngr.
Grrtscuel, H., Lehrbuch zur Einführung in di e organische
Geometrie. Leipzig, Quandt & Händel. 2% Thlr.
Hering, R. G.; Sammlung von Aufgaben aus der niederen und
höheren Arithmetik. Für Bürger-, Realschulen und Gymnasien.
2. Heft. Leipzig, Gräbner. 4% Ngr.
ScHLöMiLCHy 0., Compendium der höheren Analysis. 3. Aufl. l.Bd.
L Hälfte. Braunschweig, Vieweg und Sohn. 1% Thlr.
Zehfuss, G., Ueber eine Erweiterung des Begriffes der Deter-
minanten. Frankfurt a. M., Hermann^sche Buchhandlung. \^k Ngr.
Winkler, A., Der Rest der Taylor'schen Reihe. Wien, Gerold's
Sohn. 18 Ngr.
Wittstein, Th., Lehrbuch der Elementar-.Mathematik. I.Band.
1. Abth. Arithmetik. 3. Aufl. Hannover, Hahn'sche Hofbuchhandlung.
% Thlr.
Mayr, A«, Der integrirende Factor und die particulären Inte-
grale mit besonderer Anwendung auf die linearen Diffe-
rentialgleichungen. Prolegomena zur Theorie der Integration«
Würzburg, Kellner's Buchhandlung. 1 Thlr.
Schwager, H., Die Elemente der Arithmetik und Algebra« Ein
Leitfaden für den Unterricht. Würzburg, Kellners Buchhdlg. 27 Ngr.
Bremiker, C, Logarithmisch- trigonometrische Tafeln mit sechs
Decimalstellen. Mit besonderer Rücksicht flir den Schulgebrauch
bearbeitet. Berlin, Nicolai^sche Verlagsbuchhandlung. 12^A N^c^r.
52 Literatarzeitnng.
Wittstein, Th., Fünfstellige logarithmisch-trigonometrische
Tafeln. Hannover, Hahn'sche Hofbuchhandlung. % Thlr.
Schneidewind, 0., Ueber die Convergenz unendlicher Reihen.
Inaugural - Dissertation. Nordhausen, Haacke. % Thlr.
ScHLÖMiLCH, 0., Uebungsbuch zum Studium der höheren Analy-
sis. 1. Thl. Leipzig, Teubner. l Thlr. 18 Ngr.
Serret, J. A., Handbuch der höheren Algebra. Deutsch bearbeitet
von 6. V. Wertheim. Leipzig, Teubner. 2% Thlr.
Hechel, C, Compendium der Geometrie nach Legendre. 3 Thl.
Sphärische Trigonometrie. Keval, Kluge's Verlag. % Thlr.
Bahnson, Leitfaden ftlr den Unterricht in der Geometrie. 1 Thl.
Hamburg, Rudolphi. 18 Ngr.
ScHONDORFF,A., Ueber dieMinimalfläche, die von einem doppclt-
• gleichschenkligen räumlichen Viereck begrenzt wird.
(Göttingen) Güstrow, Opitz & Co. % Thlr.
SoNN£NBURG,A., Lehrbuch der gesammten Elementar-Georaetrie
für Gymnasien, Kealsrhulen etc. 1. Thl. Ebene Geometrie.
2. Aufl. Bremen, Geisler. 1 Thlr. 12 Ngr.
EouTNT, E., Construction der Eegelschnittlinien aus Punkten
undTangenten. Wien , Gerold's Sohn. 8 Ngr.
Wbyr, E., Studien aus der höheren Geometrie. Wien, Gerold*s
Sohn. 6 Ngr.
Kunze, M. F., Siebenstellige Kreisflächen für alle Durchmesser
von 0,01 bis 99,99. Dresden, Schönfeld's Buchhandlung. 1 Thlr.
Matzka, W., Beiträge zur Lehre der universellen Sammlung
von Strecken, d. i. ihrer Aneinanderfügung mittels Parallelver-
schiebung. Prag, Calve'sche Universitätsbuchhandlung. % Thlr.
ScuuMANN, H., Lehrbuch der Elementar-Mäthematik für Gym-
nasien und Realschulen. 3. Thl. Ebene Trigonometrie. Berlin,
Weidmännische Buchhandlung. 9 Ngr.
KoppE,K., Anfangsgründe der analytischen Geometrie und der
Lehre von den Kegelschnitten für den Schul- und Selbst-
unterricht. Essen, Bödeken. 24 Ngr.
Harms, Chr., Die erste Stufe des mathematischen Unterrichts.
2. Abth. Geometrische Aufgaben. Oldenburg , Stalling's Verlag.
12^^ Ngr.
Plücker, J., Neue Geometrie des Baumes, gegründet auf die
Betrachtung der geraden Linie als Raumelement. 1. Abth.
Leipzig, Teubner. 3 Thlr.
Literaturzeitung.
Kecensionen.
Oalilöe , les droits de la science et la melhode des scicnces physiques par Th.
Henki Maktin. Paris 18(^8 bei Didier et C"^ librairie ucademique.
Wenige Gegenstände aus der Geschichte der Wissenschaften haben in
den letzten 5 Jahren sich so eifriger Bearbeitung zu erfreuen gehabt,
wie das Leben und die Schicksale des Gründers der modernen Mechanik.
Herr Martin, der letzte Schriftsteller über Galilei, hatte in einer seinem
Buche angehängten bibliographischen Notiz unseren Aufsatz im 9. Bande
dieser Zeitschrift mit Nr. LIII zu bezeichnen und gelangt dann noch bis zu
Nr. LXVII unter Aufzählung nur solcher Abhandlungen, wjelche er gelesen
hat, und welche leicht noch vermehrt werden könnte», z. B. durch den Auf-
satz von Job. Streit: „Galileo Galilei, ein Vortrag, gehalten in Greifswald
zur Erinnerung an seinen 300sten Geburtstag" (Grün. Archiv Bd. 42^
S. 241 — 255), durch die Brochure von U. Christian llerrmann Vosen: „Ga-
lileo Galilei und die römische Verurtheilung des Kopernikanischen Systems**
herausgegeben von dem katholischen Brochurenverein in Frankfurt a. M.,
durch eine Recension des letzterwähnten Machwerkes, welche wir ohne
Namensunterschrift in den Grenzboten von 18Ö5S.422 — 136 veröffentlicht haben.
Wenn nach so vielen Vorgängern aus jüngster Zeit ein Gelehrter, wie Herr
Martin, nochmals zur Feder greift und eine fast 28 Druckbogen füllende
Untersuchung über das Leben und Wirken des Mannes veröffentlicht,
dem schon Dutzdhde von Geschichtsschreibern ihre Zeit und Mühe widme-
ten , so ist das ein sicherer Beweis für die hohe Bedeutsamkeit des Stoffes,
aber auch dafür, dass von allen Vorgängern der Stoff nicht in seiner ganzen
Vollständigkeit bewältigt wurde. Herr Martin mit seiner auf allen Gebie-
ten der Geschichte der Wissenschaft gleich unermesslichon Belesenheit, mit
seiner eleganten Schreibweise, mit seinem so selten fehlgehenden kritischen
Verstände ist ganz der Mann dazu, Untersuchungen abzuschliessen und zu-
sammenzufassen, und so ffeuten wir uns im Voraus auf die Zusendung des in
der Ueberschrift genannten Werkes, wenn gleich Herr Martin in dem sein
freundliches Geschenk begleitenden liebenswürdigen Briefe uns ankündigte,
dass er vielen von uns ausgesprochenen Meinungen entgegengetreten c^^\.
I.iteralurzl($'. «i. ZeiUchr. f. Math. u. IMiy». XUi, o. ^
54 LiteraturzeituDg.
Wir sind weit entfernt, Widerspruch übel zu nehmen, hoffen aber mit Zu-
versicht auf gleiche Unbefangenheit bei unserem hochverehrten Herrn
Gegner rechnen zu dürfen, wenn wir unter achtungsvollster Anerkennung
seiner Verdienste seine* Angriffe zurückweisen müssen.
Wir glauben uns dieses um so mehr schuldig zu sein , als es im All-
gemeinen zu den stylistischen Eigen thümlichkeiten von Herrn Martin
gehört, in dem kritischen Theile seiner Werke Ansichten, die er anfeindet,
mit den Persönlichkeiten, von welchen dieselben ausgehen, scheinbar zu
verwechseln, so dass zwischen den achtungsvollen Briefen und dem mit-
unter weit weniger achtungsvollen Tone der gedruckten Aeusserungen fast
ein Gegensatz zu bestehen scheint.
Wir gestehen es zu, wir fühlen uns einigermassen verletzt durch Be-
zeichnungen, wie ,Jes plus violents deiracleurs de la condtiite de Galilee^^
S. 402, welche auf einen Philarete C h a s 1 e s , auf einen Vo s e n und Consorten
passen mögen, welche wir uns aber recht sehr verbitten. Was in aller Welt
haben wir denn in unseren Abhandlungen gegen Galilei gesagt, um ein
Herabwürdiger des grossen Mannes zu heissen? Wir haben behauptet
(Zeitschr. f. Math. u. Phys. IX. S. 170), Galilei habe gegen Ende 1613 den
Beweis seiner astronomischen Ansichten in der Bibel gesucht. Wir haben
eine Erklärung dafür in dem autoritätsbedürftigen Eigensinne seiner Geg-
ner gefunden. Wir haben hinzugefügt: „Ich wüsste nicht, wie man ihm
dieses übelnehmen könnte, und wenn es ein Fohlschritt war, den er that, so
liegt die Schuld nicht darin, dass er auf das theologische Gebiet hinüber-
trat , sondern darin , dass sein Fuss den schlüpfrigen Boden nicht gewohnt
war, dass sein Auge die Fussangeln nicht sah, mit welchen der neue Kampf-
platz rings umgeben war." Nennt man das Einen herabwürdigen? Dann
müssen wir freilich auch heute noch dies wenig schmückende Beiwort uns
gefallen lassen; denn heute wie vor 4% Jahren halten wir dafür, dass Ga-
lilei den theologischen Streit thatsächlich begonnen hat. Es ist wahr, Herr
Martin hat (S. 51) Briefe Galilei's an den Cardinal Dini angeführt, in
welchen er das Bedauern ausspricht, dass er auf biblischem Gebiete käm-
pfen müsse, auf welches man ihn hingezwungen habe; aber diese Briefe
sind aus dem Jahre 1615, und der Brief an Castelli, welcher den theolo-
gischen Anfeindungen des Dominicaners Caccini, den Denunciationen
des Lorini, kurz dem eigentlichen Streite voranging, war vom 21.December
1613 (Martin S. 42). Ja, noch weit früher befragte Galilei den Cardinal
Conti über die theologische Seite seiner naturwissenschaftlichen Ansich-
ten, denn dessen Antwortsschreiben datirt sogar vom 7. Juli 1612 (Martin
S. 40).
Oder haben wir Galilei herabgewürdigt, weil wir (S. 191) über die
Ausreden, welche er im Verhöre vom 12. April 1033 gebrauchte, die Bemer-
kung machten: „Man ärgert sich über die geistige Schwäche Galilei 's,
welcher hier offenbar gegen seine Ueberzeugung aussagte. Allein man Ihut
Literaturzeitung. 55
■'*^^^/^^ ^-^-^•••^ - •••■>
es nur deshalb, weil ein gewisses, ich möchte sagen, dramatisches Gefühl im
Menschen uns geneigter macht , den Sturz eines grossen Mannes zu bewei-
nen, als von einer moralischen Niederlage desselben Zeuge zu sein.** Wir
setzten sogleich die Frage hinzu: „Wie viele Männer, welche über Galilei
den Stab brechen, würden wohl anders als er gehandelt haben? Wie viele
würden den 70 jährigen gebrechlichen Körper den Qualen dargeboten
haben, mit welchen die damalige Zeit verschwenderisch war?** Wir hoben
ganz ITesonders den Einfluss Niccolini's auf das Benehmen des Galilei
hervor. Möge uns Herr Martin die Behauptung nicht übel nehmen, dass
auch er in diesem Sinne zu den delracleurs Ics plus violents de la conduite de
Galilee gehört. Er nähert sich sogar unserem Wortlaute, wenn er sagt:
y^Cerlainement Galilee ne joiia pas du toul dam son proces Ic röle dun heros de
tragedie^' (S. 196), wenn er weiter hinzufügt: „tV esperail quil ny aurail pas
de peril pour sa personne ^ sHl se soumelUtil: mais sUl resislail obstinemenl, H
pouvaü toul craindre. II savail commeni deux hereliques avaienl die Iraites ä
Borne, tun Irenle-deux ans^ faulre huü ans seulemenl avant son proces^^. Und
wenn wir von Niccolini sagten: „er rieth ihm zur Besiegelung seiner
Schmach**, so gebraucht Herr Martin die Worte: ,,Telle elail la souplesse
beiden Aermes caracleres en Italic au dix - seplieme siecle^^. Wir können in
ies plus /ussprüchen nur Wahrheit finden, aber sicherlich keine Herabwür-
digung.
Oder endlich ist es Herabwürdigung des Galilei, wenn wir unsere
Abhandlung mit den Sätzen schlössen: „Die wissenschaftliche Forschung
ist frei geworden von den Fesseln der Kirche Dass es aber so gekom-
men ist, dass der Kampf, man kann wohl sagen, jetzt ausgekämpft ist, das
mahnt uns um so mehr zur dankbaren Erinnerung an die ersten Opfer des
Kampfes, vor Allem an Galileo Galilei.** Ein anderweitiges Urtheil wird
aber Herr Martin uns nirgends nachweisen können; nur an den drei er-
wähnten Stellen haben wir uns über Galilei^s Benehmen ausgesprochen,
und, wie wir glauben, in völlig gerechter Weise, in einer Weise, welche
mit den Ansichten von Herrn Martin selbst geradezu übereinstimmt.
Eine wesentliche Verschiedenheit zwischen unseren beiderseitigen
hiftorischen Auffassungen findet sich dagegen dem Charakter und der
Handlungsweise Urban^s VIII. gegenüber. Hier haben wir uns im Decem-
ber 18*^3 entschieden getäuscht. Die päpstlichen Verordnungen vom 10. Juni
1033 (Martin S. 123 — 124) und vom 23. März 1634 (Martin S. 215), welche
erst im letztverflossenen Jahre durch Herrn Henri de 1 Epinois yBevue
des Sciences hislorifjucs y 1867) bekannt wurden, lassen unsere Auffassung
nicht mehr zu, als habe Urban VIII. späterhin Reue darüber empfunden,
dass er in die Einleitung des Inquisitionsverfahrens gegen Galilei seiner
Zeit willigte, als 'habe er ihn nach Vermögen geschützt, und als habe ins-
besondere nur seine Weigerung die Anwendung der Folter verhindert.
Diese Anschauung ist gegenwärtig nicht mehr möglich — aber wir sind noch
56 Literaturzeitung.
weiter davon entfernt, die Darstellung von Herrn Martin für richtig zu
halten. Wir wollen diese mit seinen eigenen Worten (S. 210) anführen:
,^Sou8 Vinfluencc des hommes aiixquels^ depuis 1632, Urbain VIII avaii laisse
prendrc Irop (Vempirc stir son esprit, sa conscicncc trompee lui disail qtCil avaii
eu (ort de laisser parat Ire en ItaUe un licre plein d^une doctrinc coniraire ä
fEcriture saiule, et que^ pour re'parer sa faute, il devait ctouffer ^ au moins en
Halte, Celle erreur, quHl voyail se propnger maUjre Ics condamnations eccle-
siasliques, II ne fallail pas, pensail il, avoir fair de faiblir ä Vegard de Galilee,
et enhardir ainsi taut dfaulres catholiqaes , tont preis ä mar eher sur ses iraces,
Teile est la pensee^ que nons truuvcrons dans loule la conduile d" Urbain VIII
envers le malheureux condamne'/''
Herr Martin wird uns wohl zugeben, dass positive Beweise für seine
Auffassung nicht vorhanden sind; wir meinen, dass keinerlei Documente,
Briefe oder Verordnungen uns einen ungetrübten sicheren Einblick in die
Seele des Papstes gestatten, dass wir also, so zu sagen,. nur einen Indicien-
beweis besitzen, welches auch die Folgerungen sein mögen, die wir aus den
gegebenen Thatsachen ziehen. Diese Tlmtsachen wollen wir deshalb in der
Kürze, welche einer kritischen Besprechung angemessen erscheint, hier
wiederholen.
Es ist Thatsachc, dass Maffeo Barberino der Freund Galilei's war
Hud insbesondere 1(516 bei dem ersten Processe auf dessen Seite stand. Es
ist Thatsache, dass eine Tradition des römischen Clerus bis zum Jahre 1825
existirte (Martin S. 159), wonach Galilei seinen ehemaligen Freund per-
sönlich beleidigte und dadurch zum Feinde machte. Es ist Thatsache
(Martin S. 159 und 162), dass schon 1632 diese Tradition vorhanden war,
,,el ils fireni quelques dupes, parmi lesquellrs fut pettl rtre d\tbord Urbain VIII
lui-mime'^. Es ist Thatsache, dass nicht blos ..peut-etre'* der Papst selbst den
Process nur von der persönlichen Seite betrachtete, denn Niccolini sagt
(Martin S. 121): dans Vexces de sa passion il a fail de cclle persevution son
affaire personnelle.'' Wie kann Herr Martin es dann rechtfertigen, wenn
er S. 136 behaupten will: „7/ ne cherchnit poinl une vem/canrc personelle d^un
outrage imaginaire^''? Freilich war die Beleidigung eine imaginäre, freilich
war S im pli eins nicht dieKarrikatur des Paptes, wie wir S. 186 unserer Ab-
handlung mit denselben Gründen gezeigt haben, welche auch Herr Martin
(S. 164 flgg.) benutzt; freilich hat Herr Martin Recht, wenn er gegen uns
beweist, dass Galilei den Einwurf def Allmacht Gottes in sein Werk auf-
nehmen musste, wenn er Urban Vlll. nicht wirklich beleidigen wollte;
aber darauf kommt es keineswegs an, sondern nur darauf : WarUrban VIII.
erzürnt und handelte er im Zorne? Und diese Frage nuiss die Geschichts-
forschung einfach bejahen. Wir haben demnach von unserer Auffassung
nur das zurückzunehmen, was allerdings unser persönliches Eigenthum da-
ran war: die siiätere Aenderung in der Gemüthssiimmung Urban 's. Ur-
ban besänftigte sich nicht. Er war es, der am 16. Juni 1633 den Befehl
Literatnrzeitung. 57
der Territion erliess, welcher nach unserer früheren Meinung von den
Inquisitoren ausging und in der Lücke der Processacten enthalten sein
mnsste, zu deren Annahme uns die confuse, wie man gegenwärtig weiss,
durchaus unrichtige Beschreibung jener Acten durch Marino Marini ver-
leitet hatte. Er war es, der am 23. März 1Ö34 Galilei verbot, um weitere
Vergünstigungen zu bitten , wenn er nicht in die wirklichen Kerker der In-
quisition verbracht werden wolle. Er war es aber auch , der beide Verord- ,
nungen nur insgeheim erliess, der sich beidemal hinter das heilige Gericht
»teckte, wahrlich weit eher das Kennzeichen persönlichen Rachegefühls, als
der Befürchtung, die Religion möge durch Galilei^s wissenschaftliche
Thätigkcit Gefahr laufen. Hätte Urban in diesem Gefühle gehandelt, so
war es viel natürlicher für ihn, jetzt ecc cathedra die Kopemikanische Lehre
ein- für allemal zu verdammen, welche bisher nur in nichtofficieller Weise
vernrtheilt war, wie Herr Martin mehrfach hervorhebt, welcher gerade
darauf ein vielleicht übermässig grosses Gewicht legt. Wir gestehen frei-
lich dabei die Unfähigkeit zu, uns in die Seele eines frommen Katholiken
zu versetzen , für welchen die Unfehlbarkeit des Papstes als Papst Glau-
benssache ist.
Urban VIII. schob das Inquisitionsgericht auch deshalb vor, weil er
selbst bei der Veröffentlichung der berühmten Galilei' sehen Dialoge zu
sehr betheiligt war. Wir haben zuerst (S. 184 unserer Abhandlung) darauf
hingewiesen, dass die Vorrede vielleicht auf Urban VIII. zurückzuführen
sei. Herr Martin benutzt, allerdings ohne uns zu citiren, den Theil unse-
rer Behauptung, der brieflich erwiesen ist, dass nämlich Riccardi die
Vorrede an Galilei schickte (Martin S. 105). Dann fügt er neu die
werthvolle Bemerkung hinzu (8. 106) , dass in der Vorrede Anklänge an
einen Brief sich fänden, welchen Galilei 1624 an Ingoli geschrieben
hatte. Aber hat denn Herr Martin ganz vergessen, dass er selbst (S* 94)
gezeigt hat, dass Urban VIII. von jenem Briefe Kenntniss nahm, dass also
unsere Hypothese von dem Ursprünge der Vorrede, von der Ursache der
nachfolgenden Ungnade sowohl des Riccardi, als des Ciampoli nur noch
mehr Bestätigung erhält? Jedenfalls schenken wir dieser Auffassung mehr
Glauben, als dass wir Herrn Martin beipflichten möchten, wenn er auf
Galilei den Vorwurf ladet: „au Heu de rediger lui-meme cetle preface peu
sincire , i7 eul VhahUete de Vinspirer d^abord au P, Riccardi^ ei de sc la laisser
imposer ensuite,''^
Wir könnten noch einige andere Angriffe gegen das neuerschienene
Buch richten, wenn es uns darum zu thun wäre, ängstlich jedes Wort auf-
zusuchen, in welchem der gelehrte Verfasser sich geirrt hat. Wir wollen nur
schliesslich zwei Unterlassungssünden hervorheben. Einmal hätte es zur
Vollständigkeit des Werkes 'entschieden beigetragen, wenn Herr Martin
den Beweis, dass das ganze Verfahren von 1632 — 1633 in der Sitte des
üblichen Processes begründet war, aufgenommeu \\\aA.V^<) n^^Ocäv^. ^t.\\sk^ ^a;^^^
58 Literaturzeitung.
serer Abhandlung S. 187 — 189 hätte finden können, während kein anderer
Schriftsteller diesen Gesichtspunkt bemerkt hat. Zweitens durfte Herr
Martin nicht übersehen, dass allerdings im Saggiatore Theologisches vor-
kommt, dass nämlich Galilei im 50. Capitel dieser Streitschrift an den
Männern im Feuerofen herumdeutelt wegen der Frage, ob eine Flamme
durchsichtig sein könne oder nicht.
Aber hiermit wollen wir dieses unangenehme Geschäft beendigen. Wir
wollen weit lieber noch einige Punkte hervorheben , welche uns wenigstens
neu und überraschend waren, auch wohl neu sein dürften, da Herr Mar-
tin keinen Vorgänger dafür citirt, was er sonst nur sehr ausnahmsweise
und offenbar absichtslos unterlässt. Wir rechnen zu diesen historisch wich-
tigen Thatsachen, welche wir bei Herrn Martin zum ersten Male hervor-
gehoben finden, die Hinterlist des Erzbischofs von Pisa, Francesco Bon-
cinni (S. 56 flgg.), welcher von Castelli den Galilei^schen Brief unter
dem Scheine der Freundschaft herauszulocken sucht; ferner das ganz ähn-
liche Benehmen des P. Grass i gegenüber von Mario Guiducci in der-
selben Zeit, wo er die giftigste Antwort auf den Saggiatore vorbereitet
(S. 96 — 97); den noch ganz unbekannten Umstand, dass bereits 1616 Ga-
lilei vor das Inquisitionsgericht geladen worden war, dass also seine da-
malige Beise nacbBom durchaus nicht als eine freiwillige betrachtet werden
darf (8. 69). Bezüglich des Processes von 1632 lernen wir durch Herrn
Martin (S. 117), dass dem Befehle, in Kom zu erscheinen, welcher am
1. October 1632 dem Galilei vorgelesen wurde, ein Notar und zwei Zeugen
anwohnten, aber insgeheim, ohne dass Galilei selbst ihre Gegenwart
ahnen konnte. Endlich war uns persönlich die Beweisführung interessant,
durch welche Herr Martin aus eiper Veröffentlichung des Pater Mer-
s e n n e aus dem Jahre 1634 den Dissens von drei Richtern bei dem Urtheils-
spruche über Galilei bestätigt (S. 134), welchen wir zuerst bemerkt hatten.
Wir können ferner nur mit aufrichtigem Danke von der ganzen zwei-
ten Abtheilung des Martin' sehen Buches (S. 281 — 382) reden, in welcher
der Verfasser in ganz mustergiltiger Weise die Methode des Galilei schil-
dert, ihn als den wahren Erfinder der Inductionswissenschaften kennzeich-
net, neben welchem die Ansprüche eines Baco, wie eines Cartesius
verstummen müssen.
Unsere Leser erwarten wohl nach diesen manche Einzelheit berühren-
den Erörterungen ein Gesammturtheil. Wir stehen nicht an, es dahin ab-
zugeben, dass das Buch von Martin seines Verfassers würdig ist. Wenn
wir auf Ausstellungen , welche wir zu machen hatten, einen verhaltuiss-
mässig grösseren Baum, als auf die verdienten Lobsprüclie verwandt haben,
so mag man uns dieses aus unserem persönlichen Antheilc an den For-
schungen über Galilei zu erklären, vielleicht zu entschuldigen erlauben;
aber keineswegs wünschten wir in unseren Lesern das Gefühl zu hinter-
lassen, als ob das hier besprochene Werk mehr des Tadelnswerthen, als des
Literatorzeitung. 59
Vortrefflichen cntjialte. Mängel sind vorhanden, das durften und konnten
wir weniger als irgend ein Anderer verschweigen, wenn wir uns selbst ge-
recht sein wollten, aber Mängel, welche den Tugenden gegenüber an Zahl,
wie an Grösse verschwinden. C\ntor
Bibliographie
vom 1. September bis 15. October 1868,
Periodische Schriften.
Sitzungsberichte der Königl. Sachs. Gesellsch. d.Wissensch.
Mathem.'physikal. Classc. 1^68 I u. II. Leipzig, Hirzel. % Thlr.
Sitzungsberichte der Königl. Bayer. Akademie d. Wissensch.
1868. I. 3. u. 4. Heft. München, Franz. k Itt Ngr.
Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel.
4. Bd. Basel, Schweighauser. 3 Thlr.
Vierteljahrschrift der astronomischen Gesellschaft, Heraus-
geg. von C. Bruhns. 3. Jahrg. 2. lieft. Leipzig, Engelmann. % Thlr.
Tageblatt der 42. Versammlung deutscher Naturforscher und
Aerzte in Dresden, vom 18. — 24. September I8ö8. Dresden,
Schönfeld. 2 Thlr.
Reine Mathematik.
Königsberger, L., Die Transformation, die Multiplication und
die Modulargleichungen der elliptischen Functionen.
Leipzig, Teubner. 1% Thlr.
BoLTZMANN, L., Ueber die Integrale linearer Differentialglei-
chungen mit periodischen Coefficienten. (Akad.) Wien,
Gerold. * 2 Ngr.
LoMMEL, £., Studien über die BesseTschen Functionen. Leipzig,
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Frischauf, J., Lehrbuch der allgemeinen Arithmetik für Mit-
telschulen. Im Anschluss an Heis's Beispielsammlung bearbeitet.
Graz, Leuschner & Lubensky. 16 Ngr.
Spitz, C, Lehrbuch der allgemeinen Arithmetik. 1. Th. 2. Aufl.
Leipzig, Winter. 2 Thlr.
WiECKE, P., Algebraisches Uebungsbuch für mittlere und
obere Classen höherer Unterrichtsanstalten. 1. Beihe.
BerKn, G. Reimer. % Thlr.
Lehmann, 0., Fünfstellige Logarithmentafeln. Leipzig, Hunger.
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Krtcikr, J., Grundzüge der Dreiecksrechnung (Goniometrie unc*
Trigonometrie). Leipzig, Seemann. 12 N|i
Unferdinger, F., Ueber einige merkwürdige Formeln der sph
rischen Trigonometrie. (Akad.) Wien, Gerold. 6 Nj.
60 Literaturzeitung.
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stehend in 10 Supplementen zur Abhandlung über die Methode der
kleinsten Quadrate. Leipzig, Hirzel. iVs Thlr.
Hochstetter, f. V., und A. Bisching, Leitfaden zur beschreiben-
den Kristallographie. Wien, Braumtiller. 24 Ngr.
Delaunay, M., Lehrbuch der analytischen Mechanik. Nach der
4. Aufl. des Originals übers, v. G.Krebs. Wiesbaden, Kreidel. 2% Thlr.
Rheinaoer, J., Grundriss der Mechanik fester Körper. Für die
Schule bearb. Freiburg, Schmidt. % Thlr.
Winkler, £•> Die Lehre von der Elasticität und Festigkeit.
l.Th., 2. Hälfte. Prag, Dominicus. 1 Thlr. 24 Ngr.
WiEBE, F. H. K., Allgemeine Theorie der Turbinen. Berlin, Ernst
& Korn. 1% Thlr.
Melde, F., Experimentaluntersuchungen über Blasenbildung
in kreisförmig cylindrischen Köhren. l.Th.: Die Libellen-
blasen. Marburg, El wert. % Thlr.
Keusch, F. E., Theorie der Cylinderlinsen. Leipzig, Teubner.
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JßSSER, M., Lehrbuch der mathematischen Geographie für die
k. k. Neustädter Militärakademie. Wien, Seidel. 1% Thlr.
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den Angaben des Nautical - Almanac ausführlich berechnet. Graz,
Leusclmer & Lubensky. 12 Ngr.
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zur optischen Untersuchung der Krystalle. (Akad.) Wien,
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der Leipziger Universitäts- Sternwarte in den Jahren
18(56 und 1867. Leipzig, Hinrichs. 1 Thlr.
Atlas meleorologique de VObservaioire imperial, Annee IHiM, Paris,
GntUhier - Villars, 15 frcs.
Literaturzeitung.
Recensionen.
Die Weltsohöpfang vom Standpunkte der neuen Wissenschaft. Von
Spiller. Berlin bei Carl Duncker 1868. gr. 8. Preis 20 Ngr.
Seit Kant in seiner „Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des
Himmels^* die scharfsinnige Idee der sogenannten Nebel- oder Dunsttheorie
nnd einer perpetuirlichen Fortbildung in den Himmelsräumen, mit an-
deren Worten: „der Stern- und Planetenerzeugung aus kosmischem Nebe?^
niedergelegt hat und diese nach ihm von Laplace in der Hypothese von
der Entstehung der Planeten aus kreisenden Bingen dunstformiger Stoffe
specieller ausgebildet worden ist, ist diese Hypothese bis jetzt immer
noch als die beste von den Naturkundigen anerkannt geblieben. Wes-
halb es derselben immer noch an einer Basis gefehlt hat, ist der Um-
stand, dass Keine, weder die Begründer der Theorie noch Spätere auch
nur irgend eins der vielen damit zusammenhängenden Probleme dem
Calcül unterzogen haben, wenn man nicht etwa die Untersuchungen Über
das Gleichgewicht freier homogener rotirender Ellipsoide von Maclau-
riny Ivory, Kamus und Jacobi, über die Mondfiguren von Roche
nnd Vaughan, die analytischen Untersuchungen über die Stabilität der
Saturnringe von Laplace, Bond und Peirce, sowie über die Gesetze
des Oleichgewichts und der Bewegung freier kosmischer Ringe ohne
Centralkörpcr hierher rechnen will. Ausser der Laplace'schen ist später
eine Reihe anderer zum Theil sehr wunderlicher Hypothesen ans Licht
getreten (wie z. B. die „Blasentheorie" von Gether), wodurch den astro-
nomischen Wissenschaften wenig oder gar nicht gedient worden ist, weil
sie sämmtlich als reine Phantasiegebilde jeder Erfahrung und mathema-
tischen Begründung ermangelnd, nur auf Principien gestützt sind, aus
denen sich (der Schriftsteller braucht nur etwas geistreich zu sein) alle
möglichen Phänomene auf eine sehr plausible Art erklären lassen, ohne
dass auch nur für einen specielleu Fall mathematisch der Beweis geführt
wird, dass man für denselben auch eine physische Möglichkeit voraus-
setzen dürfe.
Literalurtt^. d. Zeitsehr. f. Math. u. Phys. XUi, 6. ^
62 Literaturzeitung.
Zu diesen Theoriccn der Welt- und Planetenbildung fügt nun Pro-
fessor Spill er in seiner Schrift eine neue, die „Abschleuderungstheorie",
welche auch an dem Gebrechen leidet, dass ihr Princip mathematiBch-
physikalischen Gesetzen widerstreitet, weshalb wir uns veranlasst sehen,
dieselbe einmal vom mathematischen Standpunkte aus zu beleuchten,
zumal da Spiller in seiner Schrift neben dem keck gewählten Titel:
„vom Standpunkte der neuen Wissenschaft** ein altes Dogma angreift,
an welches sich der Name eines Mannes knüpft, welcher in seiner Me-
canique Celeste und seinem Systeme du monde zwei auf dem Gebiete der
Astronomie unsterbliche Werke hinterlassen hat. Nachdem Spill er die
Laplace^sche Hypothese widerlegt zu haben meint, fährt er fort,
die Weltbildungsprocesse und ihre Resultate zu demonstriren , wie man
ein anderes physikalisches oder chemisches Experiment erklärt; dabei
werden aber die wichtigeren Thatsachen übergangen, wahrscheinlich weil
hier das Princip seinen Dienst versagt. Ich führe hier nur beispielsweise
das merkwürdige Gesetz an, dass die Rotation aller Planeten und die
Revolution der Monde in demselben Sinne erfolgt, wie die Revolution
der Planeten und der Sonne. Dies erklärt Spill er nicht. Nach seiner
Abschleuderungstheorie, die zur Bildung eines jüngeren Planeten immer
die Annäherung zweier älterer Himmelskörper an einander erfordert,
kann ebenso gut die Rotation um seine Axe eine rückläufige werden.
Ein auf die Laplac ersehe Kinghypothese gegründeter Calcul erklärt
dies Gesetz sehr einfach. Die Ringe nämlich haben wegen der durch
gegenseitige Störung und Reibung allmälig eintretenden gleichen Winkel-
geschwindigkeit aller Massentheilchen an ihrer äusseren Peripherie eine
grössere Geschwindigkeit in der Bahn, als an ihrem inneren, dem Central-
körper zugewendeten Rande. Wenn sich nun ein Ring durch Theilung
auflöste, musste sich bei einem dichteren und weniger ausgedehnten
Ringe eine, bei einem lockeren und zugleich weit ausgedehnten Ringe
mehrere ellipsoidische Gleichgewichtsfiguren bilden, deren innere, dem
Centralkörper zugewendete Seite eine in Beziehung auf ihren Massen-
mittelpunkt rückläufige Bewegung erhielt. Dasselbe musste bei den von
der Hauptmasse abgelösten oder auch bei der Zerstörung des Gleichge-
wichts des Ringes abgerissenen Satelliten der Fall sein, — sie mussten
ihre Revolution und Rotation in dem Sinne der Revolution und Rota-
tion der Planeten vollenden, was in der That bei allen der Fall ist, und
zwar mit grösserer oder geringerer Axenneigung gegen die Ekliptik, je
nachdem die noch theilweise fortdauernde Strömung der flüssigen und
luftförmigen Massen auf der Nord- oder Südseite des Ringes durch Tem-
peratur- und Attractions Verhältnisse modificirt, eine mehr oder weniger
gleich starke war. Durch analytischen Calcul sind wir im Stande, mit-
telst des Princips von der Erhaltung der Summe der Winkelflächon aus
der bekannten Bewegung des zerstörten Körpers, Axenlage, Abplattung
Literaturzeitung. 63
und Umdrehungsgeschwindigkeit der neuen Gieichgewichtsfigur zu be-
rechnen, und ebenso umgekehrt aus der neuen Figur die alte. Dies
Eine wenigstens zur Vertheidigung der Laplac ersehen Hypothese. Wir
wollen nun aber einige Punkte der Spille raschen Theorie selbst be-
leuchten. Das Einzige, worin wir mit Professor Spill er gewiss schon
längst übereinstimmten, ist die Thatsache, dass die rotirehde Bewegung
der chaotischen Dunstkugel nicht durch seitlichen (excentrischen) Stoss,
sondern durch die Verhältnisse der Gravitation, Attraction und Abküh-
lung oder Erwärmung hauptsächlich veranlasst worden ist. Ich wage
nicht darüber zu entscheiden, ob Kant an einen momentanen und lo-
calen primitiven Stoss oder an einen VVillensact des Schöpfers gedacht
hat. Nun aber stellt Spill er unter Anderem folgende Behauptungen auff
1. „Eine Folge der durch Abkühlung und Gravitation bewirktep
Condensation der chaotischen Dunstkugel war die Vergrösserung der
Abplattung, d. h. der Durchmesser des Aequators wuchs, während die
Drehungsaxe abnahm.^^ Wäre dieser Zusatz vermieden worden, so würde
zu dem Hauptsatze nichts zu bemerken gewesen sein. Dieser aber ist
ein Resultat, welches nicht von Jedem eingesehen, sondern nur auf ana-
lytischem Wege gewonnen wird. Wenn Professor Spill er dies nicht
hat, sondern es blos vermuthet, so wollen wir es für ihn beweisen. Für
das Botationsellipsoid ist die Summe dec Momente der Bewegungsquan-
tität (Energie) gleich:
worin m die Winkelgeschwindigkeit, M die Masse, q die Dichtigkeit und
y \ -{-X* das Axen verbal tniss bezeichnen. Für eine constante Masse und
Energie ist also
^!o+i')=7!(i+v)
Q Qi
oder
und wenn man m* ==27tfQv setzt, wo / die Gravitationsconstante bedeu-
tet, V das Rotajtonsmoment,
Da die Grenze der Expansion durch ^ = 0, die der Condensation durch
p = OD bestimmt ist, so ist für den ersten Fall die Winkelgeschwindigkeit
flu des Sphäroides gleich Null und wegen der Gleichgewichtsbedingung
*) Vgl. Neue Untersachnngen über frei rotirende Flüssigkeiten im Zustande
des Gleichgewichts. Kieler Universitätsschriften von IB^Q— ^ '^^. ^'^.
ß4 Literatarzeituilg.
J — T arc/an A = 0*)
auch A gleich Null, mithin die Kugel die Grenzfigur der Expansion. Bei
starker Expansion ist
also
für den zweiten Fall ist v nicht oc , da v nach der sehr genauen Be-
rechnung von Ramus**) ein Maximum 0,2246657 erreicht und dann wie-
der bis Null abnimmt, sondern es wird ^ 1 + A* gleich oo . Die Grenz-
figur der Condensation , wenn diese mit dem flüssigen Aggregatzustande
vereinbar wäre, ist also der Discus, eine unendlich dünne Linse und
zwar von endlich grossem Aequatorialdurchmesser. Es wird demgemäss
bei zunehmender Dichtigkeit die Abplattung in der That wachsen. Dabei
verhalten sich bei geringer Dichtigkeit die Gliben der Winkelge-
schwindigkeiten wie die Quadrate der Dichtigkeiten
Ferner folgt aus (ö' = 27r/'^v, dass bei gleichen Rotationsmomenten v (es
giebt deren immer zwei) die Quadrate der Winkelgeschwindig-
keiten sich direct wie die Gondensationen verhalten; also
Demgemäss muss also bei zunehmender Dichtigkeit der Dunstkugel sich
die Rotationsgeschwindigkeit immer mehr vergrössern ; indess keineswegs
bis ins Unendliche. Es ist nämlich an der Grenze ^ = oo .
d. h. die Winkelgeschwindigkeit wird zuletzt constant und erreicht ein
Maximum, die Umdrehungszeit ein Minimum, welches bei dem Erdball
ungefähr den 440000***" Theil seiner Tageslänge betragen würde. Da
sich ferner aus der Theorie der GleichgewichtselHpsoide die Relation
CD ! CO] = hy : 6*
ergiebt, so würde an jener Grenze der Condensation der Aequatorial-
durchmesser noch ungefähr 2,6 geogr. Meilen betragen ; die Polaraxe aber
gleich Null geworden sein. Wenn nun aber trotzdem von Spiller, der
in der gedachten Vergrösserung der Rotationsgeschwindigkeit der „Mutter-
dunstkugel" die Hauptursache der Bildung junger Planeten 'und Trabanten
suchen zu müssen glaubt,
2. behauptet wird , dass „ bei zunehmender Rotationsgeschwin-
digkeit die Aequatorialaxe wuchs und endlich die Centrifugalkraft die
*) Vgl. Lehrbuch der analytischen Mechanik von Duhamel. Deutsch yoa Dr.
O. Schlömilcb. Bd. II, p. 192.
••) Om de ellipsoidiske Ligevaegts fignrer af flydende masser. Kong. Dansk.
Videnskab. Selskabs Afbandl. Kjöbenhavn 1846, XI, 111—185.
Literaturzeitung. 65
f ■"^•^•y ■^-^^^ ^ ^-..^■^^ .^»s.m
die Centripetalkraft überwog'S so ist beides total falsch. Spill er scheint
überhaupt der Meinung zu sein, dass mit einer zunehmenden Rotations-
geschwindigkeit auch stets eine Vergrösserung der Abplattung verbunden
sei. Dies ist bei den Ellipsoiden, deren Axenverhältniss den Werth
2,7198 übersteigt, gerade umgekehrt, und ferner: beide Azen werden kür-
zer und die Fallgeschwindigkeit am Aequator nimmt rasch zu statt ab-
zunehmen, wie wir an einem einfachen Zahlenbeispiele beweisen wollen.
Für das Erdsphäroid ist bekanntlich 6 : a = 301 : 300 ; für ein homogenes
würde 6:0 = 231:230 sein. Dasselbe möge sich auf das 8 fache seiner
Dichtigkeit condensiren, so ist die constante Masse
und
also
V-x' = 2© -1 = 1,0133,
6* ro'ss 1,0067.
Femer
6i«a»:&«öi* = 1,0066:1,
6,«a, : 6» a = 0,1250: 1,
a» : flj« = 8,0550 ; a : a, = 2,0046;
6:6, = 1,0989,
6 :a = ^l + A« = 1,0033; 6, : a, = /l + i,« = 1,0067.
Hieraus folgt, dass sich der Polarhalbmesser um mehr, der Aequa-
torialhalbmesser um etwas weniger als die Hälfte verkürzt hat. Dies
Resultat ergiebt sich noch einfacher aus der Relation
il' : il|* = ^ : (>,.
Betrug nun weiter vorher die Gravitation am Aequator 9"81 33, die Schwung-
kraft daselbst 0^0339, so beträgt jetzt die Gravitation nahezu 39'", die
Schwungkraft aber nur 0^2712. Wie oben gezeigt, ist nahezu
(»• : (»,» = ^» : ^,» = 1 : 64,
also
a>i CS 09 ^64 = 4 CO.
Die Winkelgeschwindigkeit ist also nach der Condensation die vier-
fache der früheren und die Erde würde sich statt in 24 Stunden schon
in 6 Stunden einmal um ihre Axe drehen. Bezeichnen k und /r, die
Schwungkräfte am Aequator, so ist
Ar : Atj = oo'r : a),*r, = 1:8.
Hieraus folgt denn nun (wahrscheinlich zum grössten Schrecken des
Herrn Prof. Spiller), dass die Zunahme der Schwerkraft (Fallgeschwin-
digkeit) am Aequator sich trotz der Zunahme der Schwungkraft fast auf
66 LiteraturzeituDg.
das Vierfache gesteigert hat, also nun an seine „Abschleuderung^^ erst
recht nicht zu denken ist Wir bemerken nur beiläufig, dass aus der
Theorie des Gleichgewichts der Ellipsoide überhaupt folgt, dass die Fall-
geschwindigkeit am Aequator bei zunehmender Condensation ein Maxi-
mum erreicht bei yl+ ^' = 7,07 , dass die Schwungkraft die Gravitation
niemals überwinden kann, sondern ihr nur an den beiden Grenzen der
Dilatation der Stoffe gleich wird. Der Beweis würde hier zu weit führen.
Trotz dieser Thatsachcn ist nach Spiller
3. der Hauptgrund für die Entstehung und Absonderung der Planeten die
Abplattung der Mutterdunstkugel und die Vermehrung ihrer Drehungsge-
schwindigkeit biszumUeberwiegen (!) der Fliehkraft über die Centralkraftam
Aequator. Da Prof. S p i 1 1 er aber doch selbst einen geringen Zweifel an der
glücklichen Entbindung der Mutterkugel hegt, so lässt er einen anderen
in der Nähe (?) befindlichen Weltkörper als Hebamme fungiren und die
nähere Veranlassung zur Abschleuderung oder Geburt durch Erregung
einer Fluthwelle geben. Ein Berichterstatter des „Ausland^' Nr. 24 nennt
dies „geniale'' Gedanken und Herrn Prof. Spiller einen „neuen grossen
Eroberer im Dienste des menschlichen Geistes*'.
In gleich unkritischer Weise verfährt Spill er in dem übrigen Theile
seiner Schrift. Falsch wie die vorigen sind folgende Sätze:
4. Nach jeder Abschleuderung musste der Centralkörper sich etwas
langsamer bewegen. Dies ist doch etwas zu menschlich gedacht und tritt
in Widerspruch mit dem Princip von der Erhaltung der Summe der Be-
wegungsquantitUt; denn es kommt vorzugsweise darauf an, von woher
jdie Fluthwelle ihren Ursprung nimmt, ob sie von den Polen zuströmt,
oder ob sie mit einer compacteren Masse vom Aequator losgerissen wird. In
letzterem Falle kann die Rotationsgeschwindigkeit abnehmen, im änderen
aber auch wachsen.
5. „Der Schwerpunkt des Mondes ist weiter von der Erde entfernt,
als sein geometrischer Mittelpunkt*'; es ist gerade umgekehrt — oder will
Prof. Spiller den Cometen eine Gesetzwidrigkeit zum Vorwurf machen?
sonst muss er uns doch erklären, warum ihr Kopf und nicht der Schweif
der Sonne zugewendet ist. Aus der Theorie des Gleichgewichts der
Flüssigkeiten folgt aber, dass der Massenmittelpunkt eines frei schweben-
den Sphäroides stets der Ort des grössten hydrostatischen Druckes ist.
Bekanntlich ferner ist es die grosse Nähe der Monde, welche nach Roche
die verlängerten Ellipsoide erzeugt, deren grösste Axe gegen den Pla-
neten gerichtet ist. Der Theorie der Saturnringe ist Prof. Spill er
ebenfalls unkundig. Es liegen die Saturnringe grösstentheils ausserhalb
der Grenze der Stabilität sphäroidischer Gleichgewichtsfiguren — darum
konnten in diesem Abstände vom Saturn keine Monde existiren, d. h.
keine Sphäroide gebildet werden, wenn auch die Masse den Kepler-
Literaturzeitung. 67
sehen Gesetzen folgte, aber ohne statischen Zusammenhang — ein Me-
teoritenschwarm oder eine im ewigen Flusse verharrende flüssige oder
luftförmige Masse. Spiller findet aber leicht eine Erklärung ihrer Ent-
stehung: die „Zähigkeit*^ der Satummasse ist daran schuld, und doch
ist der Saturp der am wenigsten dichte von allen Planeten; seine Dich-
tigkeit ist nur V4 v( n der des Wassers. Behauptet Spill er: die Sa-
turnmasse ist von Pech, also zähe, so sagen wir: sie ist von Petroleum,
also flüchtig.
Und nun noch Eins: Prof. Spill er führt
6. auch das bekannte Beispiel wieder an, dass bei unserer Erde am
Aequator die Fliehkraft der Centripetalkraft gleich werde, wenn sie 17 Mal
schneller um ihre Axe rotire, ohne aber die Ursache der Beschleunigung
anzugeben. Nun kann diese Beschleunigung nur durch zwei Ursachen
herbeigeführt werden, entweder durch einen excentrischen Impuls, d. i.
durch eine Vermehrung der Energie, oder durch Condensation der Masse.
Es folgt nun aber aus der Theorie der Gleichgewichtsfiguren, dass bei
der Annahme einer constanten Dichtigkeit und der wachsenden Energie
einer Flüssigkeitsmasse, als welches wir denn doch das Erdsphäroid im
Grossen und Ganzen anzusehen haben, das gedachte Phänomen nie ein-
treten kann, sondern dass das Sphäroid sich immer mehr abplattet und
die Rotation bei v = 0,224CÖ57 ihr Maximum und zwar fast genau nur
das Zehnfache der wirklichen erreichen kann, worauf sie wieder trotz
jedes beliebigen Impulses mehr und mehr abnehmen würde. Die Centri-
petalkraft bleibt aber so lange grösser, als die Gen trifugal kraft, als X nicht
gleich QO ist. Bei der Annahme einer constanten Energie und einer wach-
senden Dichtigkeit durch Abkühlung oder Druck kann die Botationsge-
sch windigkeit des Erdsphäroids auf das 440000 fache des jetzigen gebracht
werden, %hne aber dass die Fallgeschwindigkeit gleich Null oder gar
negativ werden könnte.
Endlich widerspricht die wunderliche Annahme, die ja nicht mehr
neu ist, nämlich, dass die Erde „hohl" sei, allen hydrostatischen Gesetzen,
und erinnert an die G etherische Blasen theorie. Die Gesetze des hydro-
statischen Gleichgewichts hohler Sphäroide sind bereits von mehreren
Physikern dem Calcul unterbreitet worden, um hierüber weiter Worte zu
verlieren. Wenn eine Theorie wie die Spill er'sche auf so unsicherer
Basis beruht und ganz specifisch ein Product der Phantasie ist, entblösst
von Anschauung, Erfahrung und analytischem Calcul, so thun wir doch
wohl besser, bei der alten Hypothese zu bleiben, bis Jemand eine neue,
aber mathematisch begründete aufstellt.
LuDwiö MattuikSsen.
Bibliographie
vom 15. October bis 15. November 1868.
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Sitzungsberichte der Köni gl. Bayer. Akademie der Wissen seh.
1868. II. 1. n. 2. Heft. München, Franz. ^ i 16 Ngr.
Viertcljahrsschrift der naturforschenden Gesellschaft in Zü-
rich; redig. v. R. Wolf. 13. Jahrg. 1. Heft. Zürich, Höhr.
pro compl. 3 Thlr.
Archiv der Mathematik und Physik, heransgeg. von J. A. Grunert.
49. Tbl. 1. Heft. Greifswald, Koch. pro compl. 3 Thlr.
Bihliotheca historico-naluraliSy physico-chemica et mathemalica,
Herausgeg. von H. Gnthe. 18. Jahrg. 1. Heft, Januar bis Juli 1868.
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Brennpunkte.
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N. ann, math. XX^I, 450.
221. Lieu des foyers des coniques tangentes ä quatre droit es donnies. Lippmann. N.
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c.
CapUlarität.
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Combinatorik.
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Cnbator.
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Cyoloide.
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Literaturzeitung. 71
^•»•Y^X .^.•'.wrs^%^-i.^.^--^jrw
Determinanten.
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Determinanten in geometrischer Anwendung.
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Zeitschr. Math. Phys. XII, Supplement 73.
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Fläche. G o r d an. Zeitschr. Math. Phys. XII, 495.
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Z a j a c z k o w s k i. Grün. Archiv XL VII, 106.
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quotienten der abhängig Veränderlichen mit constanten Factoren gleich
dem xfacheu eines Differentialquotienten sich bildet. S. Spitzer. Grün.
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constanten Coefticieuten. Tychsen, Zeitschr. Math, Phys. XII, 507.
d 2S dz
233. Intigration de Viquation (y+z) -r — h (z+x) ,— = x + y. Gigon, N. ann, math.
XXVI, 398. * ' ^
231. Integration des iquaiions simultanies ^ -{-vl y—Y ^=0, t- -^y'y^^' ^ = 0^ n et v
itant des futictions dunnies de a. Gigon. N, ann. math, XXf^I, 551. — Pipin
ibid, 553.
235. Intigration d^un Systeme d'iq^ations di/firentielles sbmdtanies en nombre quelconque
de Premier ordre liniaires et circulairement symetriques par rapport d toutes les
variables dipendantes, Gigon. N. ann, math. XXVly 400.
Vergl. analytische Geometrie der Ebene 194. Bestimmte Integrale 213.
Dijfferentialqnotienten.
236. Ueber „begrenzte** Derivationen und deren Anwendung. Grünwald. Zeitschr.
Math. Phys. XU, 441.
Eleotrodynamik.
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238. On ihe mechanical theory of ihe electrical current, Ger lach, Phil, Mag, XXXI T,
382.
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grosser Berührungssehne an die Ellipse gezogen werden. Grunert,
Cirun. Archiv XLVU, 477.
72 Litcraturzeitang.
244. lieber einige Sätze von der Ellipse. Grunert. Grün. Archiv XL VII, 480,
245. Sur des parallelogrammes inscrits dmis une ellipse, Annequin St Morel, N. am.
math. XXFI, 420.
246. Les cercles circonscriis aux differents iriangles sfym-riguUers inscrits dans wu el-
. lipse ont pour cenire radical commun ie centre de cetie eüipse. Pellet N, amu
math. XXFI, 466.
Vergl. Rectification 392.
Elliptoid.
247. Cones de rivolution dont le sommet est un poini de la $vrface eTun ellipscide et les du-
rectrices les sections du meme ellipso'tde auec des plans passant par une drmte
donnie. Ellie, N. ann. math, XXFI, 457. — Welsch ibid. 45^. — Du-
vivier ibid, 462.
248. Ueber eine das Ellipsoid betreffende Aufgabe. Grane rt. Grün. Archiv
XLVII, 204.
Vergl. Attraction. Normalen. Wärmelehre 420.
Elliptische^TraxueendenteiL.
249. Sur les forrmdes d*additioH des fonctions eüiptiques. BjÖrling, Gran. Archiv
XLVII, 399.
250. Sur la transformation cubique d^une fonction elliptique. Cayley. Compt. resi.
LXIV, 560.
F.
Taetorenfolge.
251. Somme des n premers produits de p nombres entiers consicutifs, Laisant, N, am,
math. XXVI, 366.
Fmietioiieii.
252. Bestimmung der symmetrischen Function {x^ + J?|* ) (a?o* + a?,» ) (j?q» + x^*)
..,.(«*_ H-j:*_j) der Wurzeln einer Gleichung vom w**» Grade. Mat-
thiesTen. Zeitschr. Math. Phys. XII, 3^2.
253. Des fonctions y (x) = 2?^ .^ ^^^.^ ^^et y, (x) = Z^ ^ ^^"^ ^ _^ ^^. Grossou.re.
N. ann. math. XA'F/, 374.
254. PropriHis de la fonction Xn donnie par IVquaiion Xn = (p+ Fl>* + qxn-i)* ajouUmt
que p e/ q sont positifs e^x, =^p. Berquet k Jouffrey» N. ann. math,
XXVI, 323.
Vergl. Elliptische Transcendenten. Factorenfolge. Gammafunctionen. Ho-
mogene Functionen. Kugelfunctionen. Laplace'sche Functionen. Lo*
garithmen. Stürmische Functionen.
Oammafunctionen.
Vergl. Bestimmte Integrale 214.
Geodäsie.
255. On the figure of the earth as obtain^d from geodetic data. Pratt. I'hil. Mag.
XXXIII, 10, 145, 261, 332, 445.
256. De Veffet des attractions locales sur les longiiitdes et les azituuis; application d^un
nouveau thioreme ä Vitude de la fiyure de la terre. Yvon Villarceau. Jowm.
Mathim. XXXJI, 65.
257. Messung auf der kurzen Basis. L. v. Pfeil. Grün. Archiv XLVII, 49.
259. Ein Punkt auf einer gegebenen Geraden soll aus dem daselbst gemessenen
Winkel zwischen 2 ausserhalb der Geraden liegenden Punkten bestimmt
werden. Baur. Zeitschr. Math. Phvs. XII, 505.
Vergl. Methode der kleinsten Quadrate.
Liferaturzeitung. 73
Geometrie (deseripÜTe).
259. Uebcr die räumliche Projection (Keliefperspectlve), insbesondere diejenige der
Kugel. Morstadt. Zeitschr. Math. Phys. XII, 326.
2(30. Die Grenzebene. Anton. Wien. Akad.-Ber. LIV, 230.
201. Beweis von Pohlke^s Fundamentalsatz der Axonometrie. Reye. Zeitschr«
Math. Phys. XII, 433.
Geometrie (höhere).
262. Einige allgemeine Sätze über algebraische Curven. Eckardt. Zeitschr.
Math. Phys. XII, 352. [Vergl. Bd. XI, No. 225.]
263. Sur les courbes exceptioneiles. Chasles. Compi. rend. LXIF^ 799. — Cayley,
Creviontty Hirstibid. 1079.
264. Sur une espkce particuOere de surfaces et de courbes algibriques et sur des proprietes
giniralex des courbes du quatrieme ordre. De Hunyady, Compt. rend.
LXlFy 218, 497.
Vergl. Krümmung. Normalen.
Geschichte der Kaihematik.
265. Sur un papyrtts egyptien contemporain de Salomon conteuant un fragment d''un traiti
de giomitrie appliquie ä l'arpentage. Lenormant, Compt. rend, LXF, 903.
266. Ueber die na^aßolTJ des Pythagoras. Wex. Grün. Archiv XLVII, 146.
267. Platon's Geometrie im Menon. Wex. Grün. Archiv XLVII, 131.
268. Euclid und sein Jahrhundert. C'antor. Zeitschr. Math. Phys. XII, Supplem. 1.
269. Sur le Calcul de Fictorius et le Coinmentaire d^Abbon. Chasles. Compt» rend.
LXIV, 1059.
270. Siir une idition de Couvrage Arabe „ Introduction au calcul Gobdri et /fawtti'*, Ch as'les.
Compt. rend. LXIF, 82.
271. Dibats entre Mr. Chasles et divers autres savants sur la question si Pascal a pu con-
naitre la loi d'altraclion. Compt. rend. LXV, 89 — 1060.
272. Sur Pitablissetnent des Academies. Chasles. Compt. rend. LXV^ 49.
273. Huygens, der Ertinder des Reversionspendels. Grunert. Grün. Archiv
XLVII. 110.
274. Sur Corigine de la dicouverte du thiorkme de Sturm, Duhamel. N, ann. math.
XXyi, 427.
275. Michael Farady, his life and works. De la Rive. Phil. Mag. XXXI y, 409.
276. Nekrolog von Georg Merz f 12. Januar 1867. S. Merz. Astr. Nachr. LXX,
361.
277. Nekrolog von Valz f 22. Februar 1867. Tempel, Astr. Nachr. LXIX, 13.
278. Nekrolog von Eugene Proohet. G^rono. N. ann, math. XXFl, 385.
Gleidhnngen.
279. Memoire sur la risolulion algibiique des equations. Camille Jordan. Journ,
Mathim. XXXIJ, 109. — Compt. rend. LXIF, 269, 586, 1179.
280. On the order ofthe conditions tJuU an algebraical equation may have a set of multiple
roots. S, Roberts. Phil. Mag. XXXllI, 530.
281. SurlesracinesdeViquationF(x.)={ietdel*6quatiofiY{j.)-lL.Y'{x)=0. Realis.
N. ann. math. XX FI, 415.
282. Resolution graphique des iquations numiriques d^un degri quelconque ä une inconnue.
Lill. Compt. rend. LXF, 854. — N. ann. math, XXFI, 859.
283. Sttr la simplifieation et la virification des calculs relatifs au thiorkme du Sturm. Ho u -
sei. N. ann, math. XX FI, 351.
284. Ueber ein die cubischen Gleichungen betreffendes Problem. Matthiesse n.
Grün. Archiv XLVII, 460. [Vergl. No. 81 .]
285. Resolution trigonomitrique d^ une Equation du troiaieme degri. De Virieu. N. ann.
math, XXFI, 444.
286. Ueber die Bcurtheilung der Wurzeln einer biquadratischen Gleichung. Kerz.
Gran. Archiv XLVII, 363. [Vergl. Bd. XII No. 276.]
267. La soluzione piii generale delle equazioni del quinto qrado. Brioschi. Annali mat.
Ser. II, I, 222.
288. Sur les iquations du chquikme degri, Michael Roberts, AnnaK tnat. Ser. II, I,
135. [Vergl. No. 83.]
74 Literatarzeitung.
2h9 Umformung von 2*-flz*+6s" — cz»-frfr — c = 0 in y*+y-f X =0 mittelst
Tschirnhaasen^scher Substitutionen. Sieyers. Astr. Nachr. LXX, 353.
2^0. SurCiquaiion du sixieme degri. Joubert. Compi, rend. LXIF, 1025, 1081, 12.37.
291. Sur un th^oreme de M. Hermite relatif ä la transformation des iqualians, Combes-
eure. Compt. rend. LXIf^, 174.
292. Sur deux iqualionn U=0 c/ V=:0 desquelles on tire la meme eqitalion comme risuli
tont de relimination de certaine* variables enire les iquations donnies et leurt di-
rivies, Laisant. N. ann. math, XXf^I, 473.
293. Auflösung der Gleichungen a:*-fy*4-z'=-fl, a?+y-fr = Ä, y~2 = c. Grnnert.
Grün. Archiv XL VII, 241.
294. EinfAchste Auflösung der Gleichungen ar'+y'rrsfl, x*y .|-a;y* = 6. Grnnert.
Grün. Archiv XL Vir, 118.
Yergl. Combinatorik. Functionen 252. Geschichte der Mathematik 274.
Imaginäres 308.
Homogene Functionen.
295. Les invariants et les covariants en quaKti de critkres poxar les raetnes d*une fquatkm.
Schramm, Annali mat. Ser, 11^ /, 259.
296. Sulla rappresentazione tipica detle forme binarie. C leb seh & Gordan. ArniaH
mat. Ser. JI, /, 23.
297. Sult tquazione modulare della trasformaziune di quirito ordi7ie. Gordan. AnnaL
mat. Ser.. II, 7, 367.
298. Sur les formes binaires du sixikme degri, Clebsch & Gordan, Compl. rend,
LXIF, 582.
290. II discriminante deUe forme binarie del sesto grad'j. Urioschi. Annali mal. Ser, IL
7, 159. "
Vergl. Quadratische Formen.
Hydrodynamik.
300. Sur la stabiliti de l'iquilibre des corps ßotlants. Jordan, Annati mal. Ser, II, I,
170.
301. Etudes sur V^coidement et le mouvement des eaux. G auch l er, Compt, rend,
LXIV, 818.
302. On the dynamical iheory of deep-sea-tides and the e/fect of tidal friction, fleatk,
Phil. Mag. XXXIII, 165, 400. -^Stone ibid. 318.
Hyperbel.
303. Construction de Chyperbole, Hab ich, N. ann math, XXV I^ 446.
304. Ueber eine Eigenschaft der Hyperbel. Barsky. Grün. Archiv XLVII, 235.
[Vergl. No. 90.]
305. Siir les hyperboles ayant pour asymptote ttne droite donnSe et tangentes d nne seconde
droite a un point fixe. Cayla, N. {tnn. math. XX K7, 489.
306. Lieu des foyers d'une hyperbole iquilntere tangente et concenlrique ä une ellipse
donnöe. Ravon, N. ann. math, XXf^I, 424.
I.
Imaginäres.
307. Delle variabili complesse sopra una super firic quahmque. B eltrami. Annali mat.
Ser, II, 7, 329.
308. Criterium pour savoir si une equation U = 0 a des racincs imaglnaires. Pellet.
N, ann. math, XXVI, 517.
309. Uftber scheinbare Unstetigkeit geometrischer Constructionen , welche durch
imaginäre Elemente derselben verursacht wird. Wiener. Zeitschr. Math.
Phys. XU, 375.
Literaturzekung. 75
Ldtegratioxien.
310. Siir Vmtegralinn de quelijyea fonctions contenunl un radiral du ^erond degrS. Koe/i-
ier, A: itnn math. XAT/, 44S.
K.
Kegelschnitte.
311. Construction der Directrix eines Kegelschnittes. Cartze. Grnn.. Archiv
XX.V1I, .358.
312. PropriHi d'une conigue circovscrite ä un Iriangfe. Driani, N. arm. math, XX Fl,
327.
313. Thioreme sur im triangle inscrit ä une conigue. PVitlidre de Thuin, N. ann. math,
XXyi, 55Ö. — Koehler ibid. 5 J7.
314. Ueber das einem Kegelschnitte eingeschriebene Viereck. Curtze. Gran. Ar-
chiv XL VII. 35Ö.
315. Siir ia thiorie des systemes de coniques, Saivaiore Dino. Compi, rend, LXl^^ 409.
31(5. ThSoremes sur les conignes homofocales. Volpicehli, Compi, rend. LXIf^, 224.
317. Sur les conig ues conjiiyuies par ruppori ä un tiiangle. Painvin, N, ann. math,
XXyi, 433.
Vergl. Brennpunkte. Kllipse. Hyperbel. Imaginäres 309. Kreis. Parabel.
Kreis.
318. Sur une transformation du thioreme de Ptotimee et sur une relation anaiogue dans la
sphere. Fouret. y. arm. math. XXFI, 491,
319. Gegeben sind 3 Pnnktenpaare. Man soll einen solchen Kreis constmiren,
dass dieselben in Bezog auf ihn conjugirtc sind. Fuhrmann. Grün. Ar-
chiv XLVII, 47.
320. Ueber einen Satz vom Kreise. Grnnert. Grnn. Archiv XLVII, 468;
321. Dicrire un cercle gut rencontre 3 droit es ou 3 circonfirences de manikre que les cor des
iniercepties soient Egales ä une longueur donuie. De Fillepin, N, ann, math.
XXyi, 370.
322. Ueber die ausgezeichneten Kreise des Dreiecks. Kücker. Grnn. Archiv
XLVII, 1.
323. Plaeer sur trois circonfirences donn^es les sommets d'un triangle dont les cdtis soient
paralleles aux dnntes gm unissent drux d deux les centres de ces circonfirences,
Fornnsari, If. ann. math. XXFI^ 476.
324. Th6oreme sur gualre circonf^ences Geoffroy, N, ann. math, XXVl, 559. —
Maci ibid. 561.
Vergl. Determinanten in geometrischer Anwendung 227. Ellipse 246. Rec-
tification 390, 391.
Krftiniiiiiiig.
325. Ditermination giomitrigue, pour un point de la surface des ondes, de la normale, des
centres de cowbure principaux et des directions des lignes de courbure. Mann-
h e im, Ompt, rend. L XI F, 170, 2ö8.
Vergl. Schwerpunkt.
Xrjttallographie.
326. Ueber einen besonderen Fall anomaler Flächenneigung beim Apatit. Pur-
gold. Zeitschr. Math. Phys. XII, 340.
KngelftinetioneiL.
327. Sopra le funüoni sferiche. Betti, Annali mat. Ser, II, /, 81 .
» Laplaoa*sehe TnnetioBen.
328. Alctaie osservazioni iniomo alle funzioni di Laplace, Schlaefti. Annali mat, Ser,
II, I, 243.
76 Literatarzeitung.
Lemnifcate.
Vergl. Bipolarcoordinaten 217.
Logarithmen.
329. Sur la rechei'che d*un logarithme isold avec im grand nombre de dicbnaleB. Lefori,
N. arni, maih, KXFI, 308.
Maxima imd Mixiinia.
330. lieber das Maximum oder Minimam der Sarame der positiven und negaÜTen
Quadrate der Abstände eines Punktes von 3 Geraden einer Ebene.
Wetz ig. Zeitscbr. Math. Phys. XII, 281. [Vergl. Bd. IX, No. 130.J
Vergl. Optik 363. Variationsrechnung.
Meehanik.
331. lieber die Bestimmung eines Punktes in der Richtungslinie der Sesnltirenden
eines beliebigen Systems von Kräften. Grunert. Grün. Archiv XLVII,
164.
332. A nem atlempt to determine the resuUant of iwo pressures on apxedpoint. Keely.
Phil. Mag, XXXir, 354.
333. Sur la thiorie moUciUaire des corps. Guldberg. CompL rend. LXl^, 941.
334. Sur Vaciion riciprogue de deiix moUctiies. Boussinesq, Compt,rend.LXy^\\,
335. Equations des pelits mouoements des milieux isotropes comprimis, Boussinesq,
Compi. rend, XLV, lÜ7.
336. Sur les fbrces centnfugen mises en usage par Poinsot dans sa theorie de la roiation des
corps, Breton (des C/uimps). N,ann, math, XXVI, 362.
337. Sur un theoreme de Jacobi, Bresse, Compt, rend, LXV, 1085.
338. Mouvements relatifs ä la sur face de la ierre, Page, N, ann, math, XXVI, 3S7,
48». [Vergl. No. 131.]
339. Mouvement d^un point materiel pesant sur une parabole tournante autour de son axe,
Dieu, N. ann. math. XXVI, 302.
340. Mouvement occasionni par le changement d*une force qui d Cextr^miti Vune corde
tenait equilibre d un corps pesant attache a la corde au mögen d'une poulie mobile,
Dieu. N, ann. maih, XXVI, 298.
341. Sul moto di una figura piana che, mmitenendosi simile a sc stessa^ scorre con tre delle
sue rette sopra tre punti fissi. Wiener. Annalimat. Ser, II, I, 139.
342. Sid moto di wi pendolo, quando la relta pns^ante pel punio di sospensione e pel centro
di gravitä ^, per questo punto in solo asse principale dHnerzia che sia determinato
diposizione, Schlaefli, Annalimat. Ser. II, /, 105.
343. Wurfbevvegung im widerstehenden Mittel. Neil. Grün. Archiv XLVII, 338,
44^). [Vergl. No. 12'.).]
341. Der Centrifugalflügel. Martin, Wien. Akad.-Ber. LIV, 412.
345. Sur le mouvement longitudinal d'un Systeme de plusieurs prismes. De Saint- Venant.
Journ. Mathim. XXX/Iy 237. [Vorgl. IUI. XII, No. 317.]
346. Sur le choc longitudinal des bar res pnrfaitement dlastiques . D e Saint- Fenant.
Campt, rend. LXIV, 1009, 1192.
347. lieber ein neues von de Saint-Venant ausgesprochenes Theorem der Mecha-
nik. L i p p i c h. Wien. Akad.-Ber. LIV, 63.
Vergl. Astronomie. Capillarität. Electrodynamik. Hydrodynamik. Optik.
Schwerpunkt. Variationsrechnung 416. Wärmelehre.
Xethode der kleinsten Quadrate.
348. Considirations ä tappui de la dScouverte de Laplace sur la loi de pty)babiliti dans la
mithode des moindres carres, Bienaymi. Journ. Math^m. XX XII , 15S.
349. Der mittlere Fehler und die königlich preussische Landestriangulation. Witt-
stein. Astr. Nachr. LXIX, 289.
350. Die Ausgleichung beobachteter Richtungen und die königlich preussische
Landestriangulation. Wittstein. Astr. Nachr. LXIX, 321.
Literaturzeitung. 77
^^^*^^^^^^^ J*t^^»\^ A m
M..
Vantik.
851. lieber einige Formeln zur annähernden Berechnung der körperlichen ^ume
mit besonderer Rücksicht auf die Aichung der Schiffe. Grunert. Qrun.
Archiv XL VII, 17(5.
VonAAle.
352. Suiie normali aW ellissoide. 0 eis er, Annali mat. Ser. I/^ I,Zn.
Vergl. Determinanten in geometrischer Anwendung 22Ö. Krümmung.
Obtrflächoii.
353. Einige Sätze aus der Analysis Situs Riemanu^scher Flächen. Thomae.
Zeitschr. Math. Phys. XII, 301.
354. Theorie (,inirale des surfaces riglees leitr Classification et leur construdion. Ptücker.
Annali mat. Sei-, II, I, 1(5(1.
355. Siille superficie che hanno le linee di cw^vatitra plane. Dini, AnnaH mat, Ser. /l, /, 146.
350. Sitr une propriiti de Ciquation diffirentieUe des lignes de plus grande pente. Breton
(de Champ). Campt, rend. LXIV, 407.
357. Hoppresentaiione di una classe di superficie gobbe sopra un piano e determinazione
delte loio curve assintotiche, Cremona, Annali mat, Ser. //, /, 218.
Vergl. Determinanten in geometrischer Anwendung 229. Krümmung.
Obtrilldien iweiter Ordniixig.
358. Discussion de Viquation qid donne les pians principuux d^une sur/ace du second degri,
Fo restier. N. ann. math, XXVI ^ 355.
359. Des surfaees du second degre oyant une tueme interseition, Aoust. Compt.rend,
LX/r, 590, 746.
860. Strr une propriHe des surfaees homofocales du second ordre, Gilbert. N. ann, math.
XXFf, 5V9.
Vergl. Ellipsoid.
Operationioalcnl.
361. On the muHlpÜcutlon of partial dtff'eretitial Operators, Sylvester. Phil. Mag,
XXXI H, 48.
Optik.
362. ThioiHe nouvelfe des ondes lumineuses, Boussinesq. Compt, rend. LXV, 2^)5.
363.*Ueber das J3rechungsgesetz. F. Eise nl ehr. Zeitschr. Math. Phys. XFI,
438. [Vergl. No 122.]
3(54. Ueber merkwürdige Punkte der Spiegel- und Linsen.systome. Grunert,
Grün. Archiv XLVII, 84.
365. Eine auffällige Eigenheit der Richtungen der durch ein Prisran oder durch meh-
rere Prismen mit parallelen Knuten gebrochenen Lichtstrahlen. Mateka.
Grün. Archiv XLVII, 74.
366. Ueber den Einfluss der Bewegung der Lichtquelle auf die Brechung. Sohnckc.
Astr. Nachr. LXIX, 209.
367. Sur la r^fiexion et larifraction cristnlHnes. Briot. Compt * rend. LXIV, 95^. —
Jottm. Mathtm, XXX U, 185.
868. Sur ta propagution et la polar isation de la himikre dans les cristaux. Sarrau,
Journ. Mathtm. XXXI l, I.
369. Th^rkme sur la relation de position des vibrations inddende^ reßicMe et rifractee dans
les milleux isotropes, Le Roux, Compt. rend. LXIV, 38.
370. Sur Vemploi de la diffraction pour determiner la direction des vibrations dans la lu-
mihre polarisier Gilbert. Compt. rend. LXIV, 16L
371. Ueber die Lichtmenge, welche im Polarisationsapparat durch eine zur opti-
schen Axe oder zur ersten Mittellinie senkrecht geschnittene Krystallplatte
hindurchgeht Lommel. Zeitschr. Math. Phys. XII, 514.
372. Becherches sur la diffraction de la lumikre polarisie, Po Her. Compt, rend. LX/V,
960.
Liter Aturztg. d. Zeitschr. f. Math. n. Phys. XUl, 0. ^
78 Literaturzeitung.
873. Sur Ui thiiorie de ta dispersion de la himUre, Henard, Compt. rend. LKIV^ SÖ7.
374. Theorie der Beug^ngaerscheinungea in doppeltbrechenden Medien. Dil-
scheiner. Wien. Akad.-Ber. LIV, 52 <.
Vcrgl. Elektrodynamik 239.
r.
Pttjmbel.
375. lieber das von drei Berührenden einer Parabel gebildete Dreieck. Grunert.
Grün. Archiv XLVII, 403.
376. Construclion de la d^tfelopp^e de Ja parah'tte. Hahich, N, nnn math. XXVI. AM»
Vergl. Mechanik 339.
Philosophie der Mathematik.
377. Sur le principe et la rkgle des signes. Abel Tran»on, JV. ann. malh, XX FI, 280.
878. Sur Vusnge et Cemploi des guantilit nigatioen, Prouhet. N, ann. math. XXVI, 337.
Planimetrie.
379. Ueber den neuesten Stand der Frage von der Theorie der Parallelen Gm-
nert. Grün. Archiv XLVII, 307.
380. On the twelfth axiom of Euclid. Murray. Phil. Mag. XXXUI, 264.
881. Satz vom Dreieck. Ciirtze. Grün. Archiv XLVII, 357.
382. Eigenschaft der gemeinschaftlichen Benihrnngslinie an den Inkreis und Mit-
tenkreis eines Dreiecks. Baur. Zeitschr. Math. Phys. XII, 351.
383. Delix ftgures polygonales äquivalentes itant donnies on demnnde si Vnne »e peut di-
composer en parties superposables ä Vautre, Sinkne. N, ann, math. XX ri, 4M.
384. On isoperimetric regulär po/ygonx. Rank ine, Phil. Mag. XXXI V^ ZQ^.
Vergl. Zahlentheorie 427, 428.
Potential.
385. On Professor Stükes's proof of Clairaut'x theor£m. Pratt. Phil. Mag. XXXI V^ 25.
386. On the internal dixtrihution of matter nhich shall produce a ffiven potentinl at the sur^
faceofagraviiatingmass.' Slokes. Phil, Mag, XXXI V. *i^^.
Vergl. Attraction.
%.
Quadratische Formen.
387. Sur la fbrme ä cinq indelerminöes XjXj + XjXj-f XgXj-f-Xj X5. Liouvil le, Jmtrn
Mathhn. XXXII, 47.
Quadratur.
388. Eine angenäherte Quadratur. Baur. Zeitschr. Math. Phys. XII, .35!>.
389. Betrachtung des Flächeninhaltes derCnrvp, deren Gleichung r= — ^ — . Ben-
der. Grün. Archiv XLVII, 45.
Bectification.
890. On the approximate rectification of circular ares. Rank ine. Phil. Mag. XXXIV, SH\.
39 1> On the approximate drawing of circular arcs of given lengths. Rank ine. Phil, mag
XXXIV, 284.
892. Construire un cercle dont la circonfirence igale la circonfirence d'ime ellipse en ncgli-
geant la huitikme puissance de Vexeentriciti. M uze au. N, ann. math. XXVI, 33 1 .
Beihen.
393. Sur le nomhre e. Realis. N. ann. math, XXVI, 54l.
394. Zar Entwicklung von cosfiQ und sinfiQ nach den ganzen Vielfachen von 6.
Gjlddn. Astr. Nachr. LXIX, 193.
Literaturseitung. 79
395. Ueber die Dnistellung des Sinus (Cosinus) eines Vielfachen von x durch eine
Reihe, welche nach den Sinussen (Cosinussen) des Vielfachen von y fortgeht
unter der Voraussetinng tgx = m Igy, Wolfers. Astr. Nachr. LXIX, 41.
306. Summirung von Sinus- nnd Cosiuusreihen. Curtze. Grün. Archiv XLVII,
238. [Vergl. No. I6S.]
397. Sur la rec/iTche des fmirtionft twxitiniren dann VtippHcatinn de ia methode Kummer a
tft aommation des ftMest, Hrrsse, Compt, rend. LXfV, 1023, 1138.
398. Summirung einer Reihe von Kreisbogen. Roiti. Grün. Archiv XL VII, 3()l.
399. Summirung einer Reihe mit Hilfe des Integrals fx{\ — x^dx. Grunert,
Grün. Archiv A'LVII, 359.
400. lieber /im I ^--- H H +T"I ^^i fii = «. Unf erdinger. Grün. Ar-
chiv XLVII, 23 .
401. Limite de lasirie 2?(— !)■ -^ tous ies p et q itant des nombres entiers,
qo.q|.q,...q«
Pellet. N,ann malh.XXyirArZ,
Vcrgl. Bernonlli*sche Zahlen. Znhlentheoric 429.
Sohwerpunkt.
402. Ueber den Krümmnngsschwerpunkt algebraischer Curven. C. Neuro an n.
Zeitschr. Math. Ph,vs. XII, 425. [Vergl. No. 172.]
403. Sul haricentro di curoatura delle curve atgehriche. C. Neumann, Annali mat. Ser.
404. Sul baricentro di curoattira dtUe superßcie algehriche. C, Seumnnn. Annali mat.
Ser, II, /, 283.
Sphärik.
405. Die Pothenot'sche Aufgabe auf der Kugel. Grunert. Grün. Archiv XLVII, J94.
406. Sur la plus courte distance de deux po'mts sur la sphhre, Delaunny» N, ann. math,
XXFI, 454.
Vergl. Geometrie (descriptive) 259. Kreis 31*.
Stereometrie.
407. Elementarer Beweis des Satze.«* von der körperlichen Gleichheit dreiseitiger
Pyramiden. H es sei. Grün. Archiv XLVII, 433.
408. On the partition of the cube and some of the combtnations of its parts, Will ich,
Phil. Mag. XXXIII, 27.
409. Die Conslniction der fünf regulären Körper. Sohncke. Gnin. Archiv XLVII, 39.
Stiurm^sohe Fnnotioxien.
410. Sur Ies fonctions de Sturm. Gilbert. Joum. Math^m, XXXI ly 87.
T.
Tetraeder.
411. Indinaisons mutuelles des aretes opposies du titraidre. Dostor, JV. ann, math%
XX f/. 452.
412. Diverses expressions du volume du titraedre. Dostor. N, ann. math. XX^I, 410.
Trigonometrie.
413. Produit de 4 sinus et deAcosinus, Driaut. N. ann. math, XXFI, 883. — Dupain
ibid. 471.
414. Bestimmung eines Dreiecks aus einer Seite, dem gegenüberliegenden Winkel
und dem Radius des eingeschriebenen Kreises. Grunert. Gran. Archiv
XLVII, 229.
Vergl. Gleichungen 285.
80 Literatarseitttng.
V.
▼ariattourddumiig.
415. On Me /i|^ttr« o/Me 6ti//<f/ ivAi'rA eaperietiees the ieusi resislance from the ahr, Tarle^
ion. Phil. Mag. XXXI f^, 377.
416. Ueber die Curve des kleinsten Widerstandes. Dienger. Gron. Archiv XL VII»
229. [Vergl. Bd. Xll, N0.8OS.]
Winneltlir«.
417. AppUeathn de la theurie wicanique de la chateur a i'^tudede fa iransmission du ewu
Dupri, Compt, rend, LXIF, 350.
418. Sul pt^blema deile temperature slazionarie e la rappreseniaziune di una data superficies
ChriiloffeU Annidi mai, Ser, //, /, 8W.
419. Sopra la deierathtazione delle temperature variabili di una lastra lerminaia, B eitu
Annali math. Ser. //, 7, 373.
420. Sur un nonvel eltipscide^ quijoue un grand 7 die dans la thiorie de la rhaleur, ßous-
sineeq. Compt, rend. LXf^, 101.
Wahndhelnliohkeltorechnnng.
421. DeM valeurs moyennes. De Tchibychef. Jown. Mathim, XXXII, 177.
422. Vermiscbtcs aus dem Gebiete der Wahrscheinliclikeitsrechnung. Matthies-
se n* Grün. Archiv XLVII, 457r
423. Sitr quelques forrniiles de probabiliti, Jordan. Cowpt, r^nd. /»XP^, W3.
424. Paschwerfen mit 0 Würfetn. Baur. Zeitschr. Math. Ph^s. XII, 355.
Zahlentheorie.
425. Sur un caractere de dittisibiliti, Dupa in, N, ann. moth. XXFI, 308. *
42(5. Bemerkung über die dekadischen Werthe der Potenzen ganzer Zahlen.
S c h I ö m i 1 c h. Zeitschr. Math. Phys. XII, 350.
427. Ueber Kreisvierecke, in welchen die Seilen, die Diagonalen, der I^adins des
Krei>*es und die Fläche rationale Zahlenwerthi; hnbcn. Ligowski. Grün,
Arihiv XLVII, II 3.
428. Dreiecke zu bestimmen, deren Seiten rational sind und in denen die Summe
der drei Seiten dreimal ßo gross ist, als die Höhe in Bezug auf eine dieser
Seiten. Grunert. (;rnn. Archiv XLVJI, 233.
429. Sur la xtrie de Lambert et la toi des nombres premiei^s, Max Curtze^ Annali mat»
Ser. II, /, 285
430. L'eber einen arithmetischen Satz von Laj^range. Gxunert. Grün. Archiv
XLVII, 328.
431. Sur la fonction numirique qtd exprime pour un d^terminanl negatif donne le nombre des
classes de formes quadratiques, dont un an moins des coefßcients extremes est im-
pair. lAouville. Joiam. Matb^m. XXXII, 98. [Vergl. Bd. XIL No. 170.]
432. Hiduction au second degrä d^une ^quation indetermin^e en x et y du troisidme degri
relativement d X ou y, Le ßesgue, Compt, rend. LXiy, 1267.
Vergl. Biquadratisclie Heste. Combinatorik. Quadratische Formen.
Zeitschrift
für
Mathematik und Physik
herausgegeben
unter der yerant wortlichen Redaction
von
Dr. O. SoUömiloh, Dr. E. Kahl
»
Dr. M. Cantor.
Dreizehnter Jahrgang.
Supplement.
■-- -'^ j-^ ^^ r^
LEIPZIG,
Verlag von B.'G, Teubner.
186H.
INHALT.
Seite
Erbard Weigel. Ein Beitrag zur Greschichte der luathematischeu Wissenschaften
auf den deutschen Universitäten im 17. Jahrhundert. Von
Dr. Bartholom£i in Jena' 1
lieber die Handschrift R. 4". 2, Problematnih Euclidis explicatio der Königl.
Gymnasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Curtz .... 45
Die Tonleiter und ihre Jierechnung. Von Gustav Scuubrinq, in Halle a/S. . . 105
Druck von B. G. Teiibnrr in Leipzig'.
Erhard Weigel.
Ein Beitrag zur Geschichte der mathematischen
Schäften auf den deutschen Universitäten im
17. Jahrhundert.
Von
Dr. BARTHOLOM.EI in Jena.
I. Grundlagen.
1. Historische.
Erhard Weigel wnrde 1625 zu Weida in der Pfalz geboren, siedelte
aber schon, als er erst zwei Jahr alt war, mit. seinen Eltern, welche den
Keligionsbedrückungen zu entgehen suchten, nach dem damals brauden-
bnrgischen Wunjsiedel über ^). Sein Vater lebte zwar in beschränkten Ver-
hältnissen, sorgte aber nach Kräften für die Au'sbilduDg seines Sohnes, Hess
ihn die Stadtschule und später das Gymnasium besuchen und privatim im
Rechnen und Schreiben unterrichten. Leider starb er ohne Vermögen zu
hinterlassen, als dieser erst 11 Jahr alt war. Doch der Knabe schlug sich
tapfer durch das Leben, unterrichtete die Kinder der angesehenen Familien
im Rechnen und Schreiben , mundirte die Predigten des ersten Geistlichen
„für gute Information" und schrieb und copirte Briefe für Jeden, der be-
zahlte. So erwarb er sich nicht nur die nothwendigen Sübsistenzmittel,
sondern ersparte sich auch eine Summe Geldes, „um ein fernes Gymnasium
zu besuchen". Seine Wahl fiel auf Halle. Hier wurde er in seinen Frei-
stunden Schreiber bei dem Professor Schimpfer, der die Astrologie geschäfts-
mässig betrieb, copirte die astrologischen „Indicia" und setzte zu jedem der
zwölf Capitel nach Ranzow^s Regeln Einiges hinzu. Im nächsten Jahre
1) Zenmeri Vitae Philosophorum jeneDsinm. Jenae 1711. S. 106 ff.; Gün-
ther, Lebensskizzen der Professoren der Universität Jena. Jena 1858. S. 181.
ZeiAtchriil f. Mathematik u. Physik. (Supplem.) ^
2 Erh. Weigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissennchnftcn
1645 machte er eine Ferienreise nach Wunsiedel and laaschte hier dem als
Kenner der Mathematik, Astronomie und Astrologie hekannten Diaconiu
Elrode die astrologische Rechnung ah. Schimpfer war mit dieser Verwand-
lang seines Schreihers in einen Rechner sehr wohl zafrieden und Übertrag
ihm das ganze astrologische Geschäft mit sammt dem Kalendermachen.
Während des Ferienaafenthaltes im folgenden Jahre 1646 in Wunsiedel
Hess sich Weigel von Elrode so weit in die Mathematik einfuhren , dass er
sich seihst helfen konnte. In Halle setzte er seine Beschäftigung als Gymna-
siast, Astrolog und Kalendermacher fort. Unter den Studenten, welche von
Leipzig nach Halle kamen, um sich die Nativität stellen zu lassen, oder die
zu hegleiten, welche ihre Zukunft aus den Sternen erfahren wollten, fan-
den sich auch Liebhaber der Mathematik oder wenigstens der astrologischen
Rechnung. Diesen gab Weigel, der ja von seinem elften Jahre an Lehrer
gewesen war, Anweisung und Unterricht, gewann ihre Freundschaft und
Unterstützung und liess sich von ihnen bestimmen , nach Leipzig zu gehen,
um Mathematik zu studiren ^).
Die damalige deutsche Mathematik, wenn man überhaupt von einer
solchen reden kann, hatte zwar einen grossen Umfang, aber einen winsigen
Inhalt. Weigel selbst rechnete zu ihr Arithmetik, Geometrie, Phoronomie,
Mechanik, Statik. Optik, Musik, Astronomie, Chronologie, Gnomonik, Geo-
graphie, Aerometrie, Hydrometrie, Pyrometrie und Architektonik'^). An
eine tiefere Auffassung, an einen eigentlichen Wissenschaftsbau war nicht
zu denken. Die Mathematik stand bei den Gelehrten in Misscredit und ihr
Werth wurde lediglich nach dem gemeinsten Nützlichkeitsprincip bemessen.
Daher hatte Weigel nicht viel zu lernen. Eigentliche Mathematik hörte er
wahrscheinlich gar nicht, denn als Leibnitz in Leipzig studirte, wurde nur
Euklid vorgetragen"*), den Weigel bereits verstand und sicher ebenso gut
lehren konnte, als einer seiner deutschen Zeitgenossen.
Die „Prophezeihungen" des Kalenders hatte Weigel alsbald in ihrer
Nichtigkeit begriffen und bekämpfte sie, so gut er konnte; aber nicht so
schnell vermochte er den astrologischen Kram über Bord zu werfen. Er
trieb die Astrologie auch in Leipzig fort und zwar nicht sowohl, weil er von
ihrer Wahrheit überzeugt war, als vielmehr „um sich bei den Pennalputzern
einen guten Wind zu machen*^ Denn schon in Halle kam sie ihm ver-
dächtig vor, aber er misstraute sich selbst und hoflfte, durch fortgesetztem«
Nachdenken hinter die Wahrheit zu kommen. Doch bald ,, merkte er im
Herzen, dass die Astrologie auf schwachen Beinen stand und dass man der
1) Zcumeri Vitae etc. a. a. O. ; Fortsetzung des Himmelszeigfcrs. Jena 1681.
8. 51 ff.
2) Idea matheseos uuiversae Jeiiac 1659.
:i) Ouhrauer, Gottfried Wilhelm Leibnitz. Breslau 1846. I. S, 26.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. Bartholom^i. 3
Erhaltung Gottes zu nahe trat, wenn man zwar Gott den Schöpfer und Er-
halter nannte, aber Alles, was geschah, den Sternen zuschrieb** ^).
Nach dieser Vorbereitung ist nicht zu erwarten, dass Weigel Erheb-
liches in der Mathematik und den verwandten Wissenschaften leistete Und
doch wurde er einer der gefeiertsten Lehrer. Als er 1654 die Professur der
Mathematik an der Universität Jena Übernommen hatte, lehrte er mit
grossem Beifall. Von allen Seiten kameii junge Männer herbei, um bei ihm
zu hören. Unter ihnen die beiden nachmaligen Bahnbrecher der Wissen-
schaft, Pufendorf und Leibnitz, welche sich zu dem „weltberühmten" Weigel
hingezogen fühlten. Als er das erste Mal über den „Pennosmus" las, hatte
er mehr als 400 Zuhörer, so dass kein Hörsaal die Menge fasste und der
Lehrstuhl im Freien aufgeschlagen werden musste^).
2. Philosophische.
Weigel trat, durch seinen Bildungsgang zum Healismus hingedrängt,
als entschiedener Gegner der Scholastik und des Lateins auf und forderte
Vorlesungen in deutscher Sprache als Thomasius noch auf den Schulbänken
sass^). Als Muster der Philosophie galt ihm die Mathematik. „Damit das
Denken, Beschliessen und Erinnern (cogitare, decemere, animadvertere)
immer vernünftig ausgeführt werde, und der Geist sich beständig freue und
das höchste Gut, für welches er bestimmt ist, geniesse, ist der Geist mit
einem Directorium ausgerüstet, dessen Geschäft gewisse dem Menschen an-
geborene Gedanken, Axiome, besorgen. Die Erweckungsmittel der Axiome
sind Erfahrungen. Sie sind Principien, Gründe und Ursachen der geistigen
Thätigkeiten. Auf sie gestützt, leitet der Geist ab, was von den Dingen
wahr und von den Handlungen gut ist. Die Ableitung ist entweder prädi-
cirend, sprechend, oder producirend, rechnend." Da jene nichts Neues her-
vorbringt , so gestattet nur diese eine fruchtbare Anwendung. Die produ-
cirende Ableitung hält sich an die Dinge, welche auch ohne Worte voraus-
gesetzt sind und erwägt deren wirkliche und wesentliche Verhältnisse und
Umstände und bringt durch Vergleichung des Bekannten unter sich ein Un-
bekanntes heraus oder hervor^).
Mit diesen Worten ist die „rechnende" Ableitung genügend charakte-
risirt; aber es bleibt dabei der sonderbare Name „rechnend" unerklärt.
Diese kann nur durch die Auffassung des liechenbegriffs gegeben werden.
Die geistige Thätigkeit nun , welche Weigel durch Rechnen bezeichnet, ist
nun zwar von dem, was man sonst Kechnen nennt, verschieden, aber es ist
von Interesse, von wie vielen Seiten er den Begriff darstellt und dadurch
1) Fortaetzung^ des Himmelszeigers a. h. O. Himmolszeiger. Jena 1681. 8. 48.
2) Programma de possibili grataque pravitatis inveteratae emendatione. Jenae
1678. A. 2.
3) Vorstellang der Kanst- und Handwerke. Jena 1672. 8. 103.
4) De supputatione maltitndinis. Jenae 1679. A. 3. A. 4.
\*
4 Erh. Weigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissenschaften
die reebnende Ableitung näher erläutert. Es scheint daher nicht überflüssig,
diese verschiedenen Auffassungen zusammen zu stellen.
„Bahnen kommt her von Recht, heisst daher gleichsam rechtnen, d. h.
gleich und richtig in Acht nehmen , nicht zu viel und nicht zu wenig zu
thun" ^).
„Die Thätigkeit des Gemüths ist doppelter Art. Entweder begründet
oder nicht begründet. Jenes ist dad Meinen und das blose Wollen, dieses
Rechnen. Meinen heisst ein Ding als so und so beschaffen sich einbilden
und dafür halten, das blose Wollen heisst etwas als Gutes an sich ziehen,
von sich als etwas nicht Gutes abziehen, Rechnen dagegen mit Ueberlegung
vorhandener Gründe nach Anweisung dazu geeigneter Wahrheiten einen
verborgenen Zusammenhang aufsuchen und zwar so, dass das Resultat einer
Probe unterworfen wird, welche erst Gewissheit giebt^)."
„Der Verstand geht mit dem Object um, entweder so, dass er dasselbe
nur fasst, empfängt, wiederholt, sagt und spricht mit eben diesen oder an-
deren Gedanken , welche aber unter den vorigen sich selbst verstehen und
durch anderweitige Rechenschaften nicht daraus erforscht zu werden brau-
chen, sondern aus der Denkung des Objects erhellen; oder so, dass er aus
gegebenen Posten durch gewisse Rechenschaften weiter etwas forschet,
welches er zuvor noch nicht gewusst hat, oder aus den angegebenen Worten
ohne andere Mittel selbst verstehen können; oder so, dass er aus solchen
Posten nach gewissen Rechenschaften Etwas wirklich vorgiebt, schafft'und
macht, welches vorher nicht gewest. Die letztere Wirkung des Verstandes
heisst Rechnen : rationes reddere^ sübducere^ratiocinari^).^^
„Rechnen heisst nicht nur mit Ziffern spielen oder nur mit Symbolen
grübeln, sondern Rechnen heisst aus gewissen Voraussetzungen (Posten)
und Wahrheiten ein verlangtes Resultat (Facit) mit Nachdenken erforschen
und entweder ein geschicktes Werk aus angegebenen Mitteln als Ursachen
•hervorbringen, oder zu einem verlangten Werke als dem Zwecke geschickte
Mittel suchen und ausdenken, wie dieselben in Anwendung zu bringen sind.
Rechnen ist also nichts Anderes als Consultiren, d. i. Rathschlagen, wie
man das, worauf man consultirt, als Facit oder Product herausbringt*)."
,,Ja das Zifferrechnen ist das wenigste vom rechten Rechnen, sogar,
dass Ziffern an und für sich nichts als Stäblein sind, womit ein Blinder
oder Einer mit verbundenen Augen durch einen Irrgang geleitet wird und
endlich ^swar den Ausgang trifft, aber nicht weiss, wie er dazu gekommen.
Rechnen heisst im höhern Sinne, Rechenschaft geben , ein Resultat aus ge-
1) Von der Wirkung des Gemüths, so man das Rechnen heisst. Jena 1684. S. 9.
2) Ebendas. S. 10. 11.
3) Aretologistica. Nürnberg 1687. S. 6i).
4) Kxtractio radicis. Jenae 1689. Darin „Rolle der Schullaster** besonders
pa^inirt. 8. 6.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. Baktholom.«!. 5
¥^i6sen Grundwahrheiten in Zahlen finden, und noch weiter gofasst: etwas
nicht Gegehenes herausbringen, nicht allein in Zahlen, sondern auch in
Ziclungen*)."
„Alle Kechensorge beruht auf der Erforschung gewisser Hauptwahr-
heiten. Man muss also 1) nach solchen Hauptwahrheiten greifen und
2) das Ergriffene schicklich nehmen. Was das Erstere anlangt, so greift
man biindisch ehe man geübt ist, und ergreift, was einem vor die Hand
kommt, was einem einfällt. Was das Letztere betrifft, so muss man wissen,
ob das, was man sucht, aus dem Gegebenen folge oder nicht. Trifft's nun
zn, so hat man was man sucht, und springt vor Freuden. Trifft's nicht, so
muss man anders greifen, bis man die rechten Hauptwahrheiten findet, die
sich dazu schicken^)/*
„Die Form des Rechenprocesses ist 1) Ueberlegung, was aus dem Ge-
gebenen folgen könne, 2) Annahme des wahrscheinlichen Resultates, 3)
Prüfung desselben, 4) neuer Versuch, wenn das Resultat falsch ist^).*^
„Wenn man die Rechnung vernachlässigt, so geschieht Nichts, wenn
man sich auch den Sinn eines allgemeinen Satzes noch so tief eingeprägt
hat und noch so logisch subsumirt, denn man weiss damit nichts Gründ-
liches, und wenn man's weiss, so denkt man nicht daran, was weiter zu be-
denken ist"*).**
„Das besinnliche sorgsame Rechnen ist ein vorsichtiges Hin- und
Wieder-, Um- und Herzielen, aus gewissen Gründen etwas Angenehmes
auszuspüren und schicklich anzubringen, kurz überhaupt: die Folge auf-
decken, welche in den Gründen liegt und den Zusammenhang zwischen
beiden nachweisen'*).**
„Das Rechnen ist der Form nach ein doppeltes. Denn da man den
Zusammenhang zwischen Grund und Folge nicht unmittelbar nach blosem
Wahn oder Dünkel, wie die Quäker ihre Träume, sondern aus Erkenntniss-
gründen gewinnt, so geschieht's, dass die Erkenntnissgründe Realgründe
des Gefundenen sind, oder dass das Gefundene der Realgrund der Gründe
ist. Jenes ist Synthesis, dieses Analjsis^).**
„Dem Object nach ist das Rechnen Wörter- oder Sachen rechnen. Was
das Wörter- und Gedankenrechnen anlangt, so ist das blose Sprechen,
wenn es nach gewissen Regeln angewiesen und verübet wird, als rein nach
der Grammatik oder Prosodie, zierlich der Rhetorik nach, vorsichtig und
anhebig nach der Dialektik ebenfalls ein Rechnen. Denn die Regeln sind
1) Aretolo^stica. S. 1 — 4.
2) Ebendai. 8. 119—121.
3) Von der Wirkung des Gemüths, so raan das Rechnen heisst. S. 13—17.
4) De sappatatione multitudinis. A. 4.
5) Von der WirkaQg des Gemüths, so man das Rechnen heisst. S. 6.
6] Ebendas. S. 8.
6 Erh. Weigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissenschaften
--■-^-^•^■^ ^ ^ .^^-.r'-'-.^^-*- ^-rf- , --*^-'-. • .- --- *---_■ ■-. ' . .<"• ^ .•• .^.•■^^.•■^ ^•^•^ .y--^^
Hauptrechenschaften , was dazu gegeben, die Materie, giebt die Grund-
rechenschafteu. Daraus denn ein Facit, nämlich ein nach der Kunst wohl-
gesetztes Beden, ein wohl declinirtes und conjugirtes, wohlvordrehtes, wohl-
gesetztes Wort, ein rechter Spruch, ein rechter Schluss herauskommt/^
Hau sieht aus diesen Variationen des Kechenbegriffs, dass Weigel für
das philosophische Denken denselben als Folgern fasste. Anstatt aber
diesen Begriff festzuhalten, nahm er „Rechnen^* auch in dem üblichen Sinne.
Da er den Begriff des Folgems sehr genau kannte und auch den Wider-
spruch, mit dem der Begriff der Folge behaftet ist, entdeckte, so muss man
die willkürliche Veränderung des Kechenbegriffs entweder für eine Schrulle
halten oder für ein Mittel, sich um billigen Preis den Schein der Originali-
tät zu geben. Uebrigens setzte Weigel voraus, dass der Grund nicht ein-
fach ist, und es schwebte ihm etwas von dem vor, was später Herbart Me-
thode der Beziehungen nannte. Dass er trotz dieser guten Anfange in der
Philosophie nichts leistete, hat seinen Grund darin, dass er die genetische
Methode nicht kannte, überhaupt Ignorant in der Mathematik war und
durchaus nicht das innere Bedürfniss hatte, die Probleme der Philosophie
zu lösen, sondern im wüstesten Empirismus befangen blieb.
Die Axiome, welche das Amt des Directoriums des Geistes verwalten,
hielt er einfach für ein Geschenk Gottes. „Darum hat Gott selbst den
Menschen befohlen, die Rechenweisheit zu üben, und die Zahl- und Rechen-
fertigkeit als ein natürliches Pfund gegeben, die Cassa der zeitlichen Wohl-
fahrt durch sothanen rechtmässigen Wucher damit reich zu machen. ^^ —
„Gott hat den Menschen seinem Haupttheile* nach so geschaffen, dass er
immer rechne. ^^ Daher ist die Rechenfahigkeit das speciüsche Merkmal des
Menschen im Gegensatz zu dem Thiere, welches seinerseits durch Un-
rcchenschaftlichkeit charakterisirt wird. „Jeder Mensch ist rechenschaft-
lich. Ob er Mann oder Weib, weiss oder schwarz, macht keinen Unter-
schied.*^ Die Sprache als unterscheidendes Merkmal des Menschen vor dem
Thiere anzunehmen, ist ein Irrthum; denn die Thiere verständigen sich
durch Laute, und die Papageien lernen sogar sprechen ; aber auf die Frage,
wie viel 2 mal 3 sei, hat noch keiner 6 geantwortet. Nur der Mensch ver-
mag in dieser sichtbaren Welt die endlichen Dinge aufzufassen und zu
schätzen^).
Das Zählen entsteht aus der Anschauung. Wenn das Denken absieht
von dem Stoffe und den Eigenschaften der Dinge , so bleibt für das Vor-
stellen nur die Zahl, das Wieviel übrig ^). Die Zahlen sind den Dingen
1) De supputatione multitadinis. A. 3; Grundmässige Auflösung des militar-
Problematis , warum doch der Türk den Christen endlich weichen müssen. Jena
1689. Obs. I.; Philosophia mathematica theologia naturalis solida. Jenae 1693.
8. 27—31.
2) Univerai corporis pansopUlci prodromus. Jenae 1672. S. 52.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. Bartholom^i. 7
ähnlich und werden durch Ziffern bezeichnet*). Die Wesen der Dinge
sind Zahlen^). Die All gern ein Schaft derZahlen verhält sich zu den Dingen,
wie ein Begriff zu seinen Arten , also kommen bei denselben beide Denk-
lichkeiten, das Allgemeine und das Besondere, zusammen '^).
„Nichts ist das, was wir denken, wenn wir gar nicht denken. Wenn
wir aber nicht denken, so denken wir auch keine Endschaft. Daher ist das
Nichts unendlich. Dieses reine Nichts ist der Anfang aller Zahlen, aber
nicht selbst Zahl, sondern eine Unzahl, ein bioser terminus, von welchem
aus das Zahlen anhebt. Null verhält sich zu den Zahlen 1, 2, 3 u. s. f. wie
ein Pnnct gegen die Dimensionen. Daher ist der Punct der Anfang der
Extension. Das Nächste nach der Null, das Eins, ist eine Zahl, sowie das
Nächste nach dem Punct das erste Stticklein' einer Linie ist*)." Diesem
reinen oder abstracten Nichts stehen concreto Nichtse gegenüber. Während
jenes das ist, was wir concipiren , wenn wir gar nicht denken, so ist ein
concretes 'Nichts ein solches, welches wir bestimmt denken, indem wir auf
ein Bestimmtes reflectiren. Solche concrete Nichtse sind z. B. der Raum,
die Grenze, der Punct, die Linie, Nullhundert etc. ^).
„Das Nichts ist gänzlich unvermögend, zu hindern, dass ein Geist an
seine Stelle Etwas denkt und dort vorstellt, und da der Geist ausserordent-
lich viel denken und vorstellen kann, so löst sich das Nichts auf als ein
Schatten der beweglichen Dinge, als die Fassung endschaftlicher Dinge
ausser einander, als das (reine) Nichts mit der Eigenschaft, Dinge in sich
haben zu können. Das ist aber der Raum. Dieser ist durch und durch mit
Endungsdenklichkeiten behaftet und stellt sich somit als endlich und zwar
unendlich endlich dar. Wie die Unbestimmtheit (Unendlichkeit?) des
reinen Nichts ein anendliches Unvermögen, ein äusserster höchster Mangel,
die höchste Dürftigkeit und Schwachheit ist, so ist die Unendlichkeit des
Raumes nichts Anderes, als eine unendliche Fähigkeit der Enden, Endlich-
keiten und Endschaften ausser einander*^)."
Wir haben in der Zahl ein bestimmt Erkanntes, weil wir in ihr ein be-
stimmtes uns bekanntes Minimum antreffen. Diesem Minimum, dem Eins,
steht ein uns bekanntes Maximum, det Winkel von 360**, gegenüber. Zu
beiden kommen noch die Töne, in welchen wir zwar kein Maximum und*
Minimum, aber doch eine stets bestimmte Quantität erkennen. Alle be-
stimmte Erkenntniss der Natur stützt sich auf die Vierzahl, so dass Gott
entweder die Natur nach der menschlichen Anlage oder die menschliche
Anlage nach der Natur eingerichtet haben muss. Die Vierzahl ist mit be-
1) Von der Wirkuug des Gcmüths, so man das Rocbnen heisst. B. 30. 32.
2) Tctractys. Jcnao 1673. 8. 25.
3) Aretologistica. S. 150—155.
4) Ehendas. S. 16. Philosopliia mathematica etc. S. 9.
5) De supputatione multitudinis C.
6) Aretologistica 8. 16. Philosophia math^maUetL ^\ai. ^. ^.
8 Erh. Weigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissenschaften
sonderen Eigenthümlichkeiten aasgestattet, darch welche der Verstand sehr
wirksam (efßcacissime) unterstützt wird. Denn die Natur ist in höherem
Grade (potius) nach dem Verhältniss der Vier als nach einer andern dis-
creten Form constituirt, so dass wir, wenn wir uns mit den Arten der
Dinge nach der Vierzahl bekannt gemacht haben , auf das Natürlichste und
Leichteste beliebige Untersuchungen anstellen, Erkenntnisse gewinnen,
gelehrte Auseinandersetzungen fdiscursus eruditos) über jeden beliebigen
Gegenstand ex tempore vornehmen können^). Weigel glaubte also die
Lullische ars magna auf anderem Wege zu erreichen.
II. Mathematik.
1. Allgemeines.
Wie schon erzählt, hatte Weigel während seiner Studienzeit wenig
Gelegenheit, seine mathematischen Kenntnisse zu erweitern. Auch das be-
kannte „docendo discimus''*^ sollte er nicht an sich erfahren, denn die meisten
damaligen Studenten hatten auf den Gymnasien oft nicht Gelegenheit ge-
funden, das Einmaleins zu lernen. Daher kam es, dass er sich nicht einmal
die Lehren des Cartesius aneignete, geschweige die seines grossen Schülers
Leibnitz. Der Inhalt seiner Mathematik ist höchst dürftig und armselig^).
Die Mathematik hat es mit der Quantität zu thun und ist die Wissen-
schaft von der Quantität der endlichen Dinge und die Kunst sie auszumes-
son, nachzuahmen und zu verwandeln. Die Quantität ist gleichsam. eine
anderweitige Beschaffenheit der Dinge. Quantum ist entstanden aus quam —
/«m, worin das „^wam" die Frage „Wie?" und „/«m" die Antwort „So!**
enthält, abo ist Quantum das Wie-So, die Mathematik die Wie-So-Kunst,
welches wahrscheinlich mit „Wissen** zusammenhängt, wie denn auch bei
den Niederländern die Mathematik Wiss -Kunst = Wie-So-Kunst genannt
wird. Die Grenzen sind entweder rein, wie in der Geometrie, oder haften
an den Werken Gottes, woran sie auch den Sinnen bemerklich sind, wie
man, wenn man mit dem Kopfe anstösst und an ein hartes Ende anläuft,
in der That erfährt. Doch sind die Grenzen der Dinge nicht Theile der-
. selben. j^Finis rei nihil rei e«/^).**
Die Quantität ist entweder discret und heisst Zahl, Menge, Vielheit,
oder continuirlich und heisst Ordnung d. h. Anzeige gewisser Wirkung der
Mehrheit, die, in oder ausser sich wechselsweise gesetzt, verbunden ist^).
Das Eechnen ist Inhalts- oder Zielungsrechnung. Die Inhaltsrech-
1) Tetractys S. 25—30.
2) Fortsetzung des Himmelsspiegels. Jena 1665. Zuschr. u. S. 106; Wienerischer
Tugendspiegel. Nürnberg 1687. Zuschr.
3) Universi corporis pansophici prodromus S. 52; Aretologistica S. 19. 61;
Philosophia mathematica etc. S. 1. 12 ff.
4) De sapputatione maltitadiniB S. 64.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. BARTHOLOMifil. 9
•-»•■•-^••■-^v y y^. „-, .-. --*-■-■•*• -^-^-'-' .-t'-'*^— '— . - - . - --■'■'- .^.^.^ ^ ^' ^ ..^•■.^•■.^-<^..*^ ,*-.••.•' ^r^ ' ^ ^ ^ J
nung ist die Bestimmung, wie viel Etwas austrage. Die Vielheit besteht in
einer gewissen Zahl und darum heisst die InhaJtsrechnnng auch Zahlen-
rechnung. Die Zielungsrechnung erforscht, wohin und wo dieses oder jenes
ziele, ob Etwas, das so und so gilt, steht, geht, geordnet, gestellet ist, sich
schicket zu einem Auderu ; wie Etwas so und so geordnet, eingerichtet und
proportionirt sein muss, wenn es zu dem, was da und dort so und so geht
und steht, geschickt sein soll. Die Proportion ist nicht bioser Inhalt ').
2. Arithmetik.
,^ Jede Zahl muss einen Namen haben , damit nicht quid pro quo statt
Pfeffer Mäusekörner genommen werden. Zählen heisst discrete Einheiten
eines Namens nach einander nehmen und bescheiden, wie viel ihrer seien.**
Es ist pur oder modal. Das pure Zählen ist das Hinzufügen der Eins und
Bezeichnung der Zahl durch ein Wort, das modale geschieht mit „mal".
„Wenn die Finger alle verwandt waren, nahm man vor Alters, ehe
Schuhe und Strümpfe erfunden worden, auch die Zehen, wovon das Wort
Zehn, oder was sonst für sonderartige Stücke am Leibe sind, zu Hülfe.
Man schreibt noch heut zu Tage in den Schänken und auf Kornböden so
•
viel Strichlinien, als Einzelheiten zusammen zu zählen (sind). Weil man
aber diese Strichlein eben so mühsam als die Einzelkeiten selbst alle Zeit
von Neuem zählen muss, wenn man^von ihnen wissen will, wie viel die
Summe macht, weil auch die besonderen Summen Wörter nicht so sehr ver-
mehrt werden können, dass eine jede andere Summe auch ein ganz anderes
Wort bekäme, denn so sehr viel Wörter Niemand merken kann, so hat man
einen andern Vortheil ausgedacht und angebracht, womit, wenn alle Finger
angebracht sind , es heisst: das erste Mal zehn und weiter Nichts,
und es wird jenes mit der Eins (1) und dieses mit der Null (0) bedeutet.
Daher man noch einmal die Finger wie vorher gebraucht, sagt oder schreibt
11, 12, 13, 14 etc."
„Nach der Anzahl der Posten ist das Rechnen einfach oder mehrfach.
Das einfache Kechnen ist Messen und Zählen. Messen heisst nach einem
Instrument die Quantität eines besonderen Dinges nach einer besonderen
Beschaffenheit gedacht erforschen. Das Mass ist 1) Mass der Extension,
als Längen , Flächen-, Tiefenmass, als Ellen, Schuh, Zoll, Gran, Scheffel,
Eimer, Kannen und dergleichen, 2) Mass der Intension als der Schwere
oder Kraft, als Centner, Pfund, Loth, Quent, womit des Schlags, des
Drucks, der Resistenz und anderer dergleichen Quantität gemessen wird,
3) Mass der Zielung. Das Zielungsmass ist entweder innerlich oder äusser-
lich. Aeusserlich ist das Lineal, die Norm, das Winkelmass, das Schräg-
mass, das Perpendikel, die Setzwage, der Transporteur, Sextant, Octant,
1) Aretologistica 8. 73. 74.
10 Erh. Weigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissenschaften
Kreis, der Magnetszug und dergleichen; innerliche Zieluugsmasse sind die
Denkhilder, Hauptwahrheiten und Instructionen*)."
„Das mehrfache Rechnen ist entweder Berechnen oder Ausrechnen.
Das Berechnen unifasst die Species in ganzen Zahlen , das Ausrechnen die
ührigen Rechnungsarten. Die fünf Species sind Numeriren, Addiren, Sub-
trahiren, Multipliciren , Dividiren, die ftinf Species des Ausrechnens aurea
delri^ societatis^ attigationis^ »cri und algchrae regula^).^*^ ,
„Was in der Rechnung gesetzt wird , ist mehr als Nichts. Ist dieses
nun nicht befohlen oder bedingt, dass es da sein und gesetzt sein soll, so
ist in diesem Falle der Mangel pur Nichts und steht in contradictorischem
Gegensatze zu dem Gesetzten und wird deshalb nur mit Null bezeichnet.
Wenn aber das Gesetzte befohlen und bedingt ist, dass es da sein soll, so
ist es nicht pure Nichts, sondern weniger als Nichts, so viel weniger als
Nichts, wie viel es austrüge, wenn^s vorhanden wäre. Es wird auch mit
derselben Ziffer angezeigt, die so viel heisst, als wenn*s vorhanden wäre,
doch mit dem Zeichen Minus ( — ), dass hier so viel weniger vorhanden
sei. Die Gegenstände geben positive, mithin alle Mängel negative (priva-
tive) Zahlen. Durch die Vermischung beider entsteht die algebraische oder
heimliche Zahl, womit die Algebra, das vornehmste Stück der Rechenkunst,
umgeht^)."
„Analytisch ist die Rechnung, ]fenn man aus vorgeschriebenem Werk
und Effect sammt einigen Beschaffenheiten durch gewisse Rechenschaften
einige andere Beschaffenheilen aufsucht und sie als die Wurzel des Effects
erfindet, die Ursachen aus den Sachen forscht und findet, woher dieses oder
jenes so und so Beschaffenes komme, wie doch das beschaffen sei und sieb
verhalte, dass dieses Werk als sein Effect herauskomme, wie man Mittel
finden möge, dass ein solches Werk, ein solcher Zweck dadurch erhalten
werde. Will man eine algebraische Gleichung lösen, so muss man 1) ein
gewisses Zeichen setzen, 2) sich anstellen, als ob das, was man nur in Ge
danken setzt, auch in der That vorhanden wäre, 3) das Gesetzte so behau-
dein, wie es die Umstände fordern. Damit erhält man eine doppelte Be-
stimmung des Effects: einmal, wie er durch die Umstände gegeben ist, und
dann, wie er aus dem Gesetzten entspringt, also eine Gleichung. Der Name
Coss für die Unbekannte kommt her von causa^).^^
Von Einzelheiten ist etwa noch Folgendes hervorzuheben :
1. Bei der Subtraction wird, falls die Stelle des Subtrahenden
1) Aretologistica S. 36. 40. 74. 109. 150 ff.
2) Von der Wirkung des Gemüths, so man das Rechnen heisst S. 1; Areto-
logistica S. 78. 80. 81; Philosophia matliematica etc. S. 09.
3) Aretologistica 8. 29 — 31; De supputatione multitudinis S. 54; Idea ma-
theseos iiniversae S. 32.
4) Aretologistica S. 75. 130; De supputatione multitudinis B; Von der Wir-
Jcung des OemüthSj so man das Re<^huen heisst Ö. 52.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. BARTHOLOMiEl. 11
grösser ist als die des Minuenden, die nächste Stelle des Subtrahenden um
1 erhöbt. Dass das wichtig ist, leuchtet ohne Weiteres ein, denn es ist
(fla:''+ baf-^ + • .) - («'^ + b'x''-^+ . .)
= ((ö — 1) or" + a:" + bx"-^ + • •) — ("'^" + ^'^"■"*)
= ax" — («' -f- 1) o:* -j- a:" + bx'*-^ — b' x**-^ +
= [«- («' +1)]^ +[(^+^)~^']^-^ + ..
Dieser Mechanismus sollte das Borgen über Null verleiten. Die Umfor-
mung dachte sich jedoch Weigel in folgender Art:
(aar" -f bx^'^ t|- . . .) — {ax^ + b'x"-' + . . .)
= lax" -f bx"-^-}- . . .) — [(«' + 1) a:" — o;" + b'x'*-^-^ . .]
= [ajL» _ (a' -(- 1 ) ii:«] -j- [(a; + b) a:""^ — //.r^-^J + . . .
Denn er sagt: „Dieser Nacl^bar unten, weil er über seine eigne Forderung
von seinem oberen auch noch eins zur Hülfe hergegeben hat, so muss er
billig um Eins mehr als sonst abziehen, dass es gleich und recht zugehe.
Daher gilt er um Eins mehr, als wenn ef seinem Nachbar nichts geliehen
hätte.**
II. Den Multiplicator fasst er ganz richtig als Zahl , dem Multi-
plicanden hingegen gab er den nichtssagenden Namen ,,die Mahl**. Die
erste Auflösung der Multiplication behandelte er in folgender Form:
468
32
116
.
82
124
1*28
14976
^
Den
Satz (« + 6 + c +
...)
n — an -\-
bn
-)- CTi
' + •
. . nannte er
nach
dem
Vorgange Anderer re
igula
pigrorum.
•
III. Den Satz -^
b — c
"~ b
a
{b-
— c
-c)
•
hielt
Weigel
für
eine
eigne Entdeckung, unterliess es aber, ihn zu begründen und allgemein aus-
zudrücken, sondern benutzte ihn für die Anwendung als ^^divisor vicinus^*
für die Division mit 99 = 100 - 1, 98 = 100 — 2, 999 = 1000 — 1,
998 = 1000 — 2 ...
IV. Die Ausziehung der Quadrat- und Cubikwurzel basirte er zwar
auf die Sätze
(^a + b)^^a'^ + 2ab-^b\
(a + b)'^ = «•» + Sa^b + Sab^ + b'\
aber weder stellte er diese in Gleichungsform dar, noch wandte er sie auf
decadische, geschweige denn auf allgemeine systematische Zahlen an.
V. Die arithmetische und geometrische Proportion
a — a ^BB b — b\ a : a' = b \ b'
12 Erb. Woigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissenscbaften
bezeichnete Weigel durch
a , a '.' a , b' ^ a , a : : b , b\
die FundamoDtalsätze
a -\- b' = a' -\- b, a , b' = a , b
leitete er aber nach verschiedenen Principien ab. Denn indem er ftir die
arithmetische Proportion
a — ö' = o;, b — b' = Xj
also auch
a = a -\- X, b' = b — a:,
mithin
a -\- b' = a -^ X -\- b — x = a -{- b
setzte, hätte er consequenter Weise für die geometrische Proportion
a : «' = z, b : b' = Zy
also
mithin
a = a Zy b = ,
ab = a z . = n b
setzen müssen. Dagegen beliebt ihm folgende Ableitung:
a : a = z, b : b' = z ,
a = a z , b =^ b' z,
ab' = a z b\ a' b = a b' z^
folglich
ab' = ab
VI. Die Addi.tion der algebraischen Zahlen wird durch fol-
gende Darstellung abgefertigt
+ 3 +3 +3 +« + n — a
— 3 — 5 — 2 —a — b + />
0 — 2 +1 0 + {a — b) — {a — b)
Die Begründung des Satzes a — ( — 6) = a -f- /> lautet: ,,Von wem der
Mangel einer so grossen Habe abgenommen wird, dem wird so viel Hab
gegeben".
VII. Ueber die arithmetische Keihe stellte Woigel folgende Satze auf
1) d+2d+3d+ ,,.-\- nd = ^'' \ ^^- d.
2)
Oh «1 + (« 1) rf,
3)
«1 — a„ (» 1) tl.
4)
n — 1
X^\
n 77=- -4- 1
' d '
bewies aber nur den ersten durch das Schema
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. BARTHOLOHiEl. 13
* -% ■* ^ -^ s.^
• • • •
• • • •
0
00
00
0
und vermochte sich nicht zu allgemeinen Formeln zu erheben.
VIII. Für die geometrische Heihe wusste er nur den Satz
e" — 1 •
a -\- ae -^ ae^ -^ ae^ -^ .... + ae"""^ == a .
ohne eine genügende Ableitung desselben beibringen zu können.
IX. Den Begriff der Logarithmen knüpfte Weigel an die Reihen
1, 3, 9, 27, 81, 243, 729, ...
0, 1, 2, 3 , 4 , 5 , 6 , ...
« brachte es aber weder zu einer allgemeinen Theorie noch zur Benutzung
des Potenzbegriffs;
X. Die Art, wie er algebraische Gleichungen, und zwar nur
einfache, auflöste, mag folgendes „Exempel" veranschaulichen: „Wird
einer Zahl 11 addirt und 7 von ihr subtrahirt, so ist die Differenz halb so gross
als jene Summe.
Durch Addition der 11 kommt die Summe o? -{~ H)
Durch Subtraction der 7 kommt die Differenz x — 7,
wenn dieses als die Hälfte jenes ihm noch einmal angesetzt wird, kommen
2x — 14, welcbes jenem a: -f- 11 gleich sein soll. Ist also dieses die
Aequation
2x — U = x+ 11.
Zur Reduction lasst uns was fehlt bei jeder Part (14) einer wie der andern
addiren, dann bekommen gleiche Brüder gleiche Kappen, bleiben also auch
nach der Vermehrung gleich
2ar— 14 = a: + ll
add. 14 = 14
summa 2x 0 = a: + 25
Nun sind 2 or einer einzelnen mit dem Zusatz 25 gleich. Also lasst uns von
beiden gleichen Parten x subtrahiren also
2ar = ar + 25
subtr. o; = a:
resid. x = 25."
Im Allgemeinen tritt der Beweis in den Hintergrund , wird oft wegge-
lassen und erscheint als Nebensache. Hierin liegt wohl auch der Orund,
weshalb Weigel die Bedeutung der allgemeinen Arithmetik nicht begriff.
2. Geometrie.
Die Oeometrie bietet nichts Bemerkens werthes. Mit Ausnahme von
ein Paar Definitionen, wie z. B. Aehnlichkeit ist Identität ohne Rücksicht
14 Erh/Weigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissenschafteii
' .■ -* -^---»-.rf*.^^^*^ ^. ^^•-i^^' ^--.^-^^^•'^.■•■» ^^^^•^'^^
auf Quantität, brachte er nichts Eigenthümliches zu Stande. In der Trigo-
nometrie ist etwa nur der Satz
a + b ^tg i_M_+ B)
n — h lg\ {A — B)
zu erwähnen.
^ 4. Tetractys.
Da Weigel die Rechenfähigkeit als specifisches Merkmal des Menschen
ansah, so forderte er consequenter Weise, dass jeder Mensch, auch abge-
sehen von dem practischen Nutzen, rechnen lernte. Aber er mnsste wahr-
nehmen , dass unter hundert Gelehrten kaum Einer hatte künstlich rechnen
lernen können, und forderte daher, dass die übrigen das Versäumte nach-
holten, allein „das Zehner- Eiumaleins schien ihm, wenn man's nicht in der
Jugend wie ein Vogel im Nachsingen lernte, gar schwerlich in einen alten
Kopf zu bringen, zumal wenn man nicht immer darüber liegen könnte, son-
dern andere Dinge mehr dabei zu verrichten hätte'^ Er sann daher darüber
nach, wie auch noch alten Leuten zur Fertigkeit des Rechnens verhelfen
werden könnte. Da er die Hauptschwierigkeit in dem Zehner-Einmaleins
fand, „durch dessen Weitläufigkeit und Schwierigkeit so viel Tausend Leute
vornehmlich abgeschreckt und zurückgehalten würden ", so musste er eine
kleinere Grundzahl als Zehn wählen. Durch seine pythagoreischen An-
sichten von der Bedeutung der Zahlen, die er noch durch allerhand Zu-
sätze ausschmückte, ^urde er bestimmt, sich für die Vier zu entscheiden.
„Wie das schlechte Eins nur ein Element der Anzahl ist, also ist das Zwei
die Wurzel, und das Vier ist die Zwifel und der Samen der geraden Zah-
len; Drei hingegen ist die Wurzel ungerader Zahlen und Sieben sind ihre
Phasen, Neun ist aber die Zwifel und der Samen derselben. Zwischen
welchen allen Sechs das Gerade und Ungerade vermählt, weshalb ihrer
Theiler Summe dem Ganzen gleich ist
1.2.3=1 + 2 + 3 = 0
und sie die erste Gleichzahl ist.*' Ausserdem ist
1 + 2 + 3 + 4 = 10,
und ist 4 nicht nur das erste Product derselben bei den 'gleichen Zahlen,
sondern auch die erste Zahl, welche aus Gerade und Ungerade zusammen-
gesetzt ist
4 = 2 + 2 = 2.2=1+3 = 3+ 1.
Ausserdem glaubte Weigel die Vierzahl nicht nur in der Natur, sondern
auch im Menschenleben überall anzutreffen. „Wir sind ohne absonder-
liches Bedenken durch Anleitung unserer Finger oder Zehen als durch an-
geborene ßechenstäblein , keineswegs aber durch die Vortrefflichkeit der
Zahlen selbst dahin verführet worden, dass wir Alles an den Fingern ab-
zählen.^ Aber selbst bei den Zehnerzahlen kann man die vier „Ecknamen
Eins, Zehn, Hundert; Tausend*' nicht entbehren. Das Volk hat das Beste
aui uen ueuiscnen universu. im 1 1 . jaorn. v on ur. oautuujlium^i. i«^
bereits vorweg genommen. Es setzt aus 4 Korn 1 Zoll, aus 4 Zoll 1 Handbreite
(palma), aus 4 Handbreiten 1 Fuss, aus 4 Fuss 1 Scbritt, aus 4 Schritten
1 Ruthe zusammen, tlieilt die Elle in 4 Viertel oder 16 Sechzehhtel und
misst damit jegliche Grösse; Tag und Nacht wird in 4Theile, die Stunde
in 4 Viertelstunden zerlegt; die intensiven Grössen, namentlich die Ge-
wichte, werden nach der Vierzahl gezählt, Birnen, Aepfel, Nüsse etc. nach
Mandeln (:= 4 . 4) und Schocken (= 4 . 4 . 4). Das Volk, welches in
schwierigen Rechnungen nicht geübt ist, würde die Tetractys gern anneh-
men, wie Dalecarlier, die ihr Kupfer zu je 4 und je 4 Haufen zählen, und
unsere Bauern beweisen, die nach Anleitung der Natur mit 4 als 4 Strichen
in einer Fahnen die verkauften Scheffel, Kannen etc. abzählen/* So-
mit war die Wahl der Vier, „deren Einmaleins nur 4 Zeilen lang ist, sobald
man'd nur das erste Mal hört oder lieset, auch von einem alten Manne voll-
kömmlich begriffen und nach demselben gerechnet werden kann**, voll-
ständig motivirt^).
I. Was das Numeriren anlangt, so zählte Weigel anfangs
1 Eins 11 Ein und vier 21 Ein und zwei vier 31 Ein und drei vier
2 Zwei 12 Zwei „ „ 22 Zwei „ „ „ 32 Zwei „ „ „
3 Drei 13 Drei „ „ 23 Drei „ „ „ 33.Drei „ „ „
10 Vier 20 Zwei vier 30 Drei vier 100 Secht,
später aber und zwar ganz rationell in folgender Weise
1 Eins 11 Ein und erff 21 Ein und zwerff 31 Ein und dreff
2 Zwei 12 Zwei „ „ 22 Zwei „ „ 32 Zwei „ „
3 Drei 13 Drei „ „ 23 Drei „ „ 33 Drei „ „
10 Erff 20 Zwerff 30 Dreff 100 Secht.
Für die Potenzen von 4 wählte er die Nameu
1 Eins,
4 Erff,
16 Secht,
64 Schock,
256 Erffschock,
1024 Sechtschock,
4096 Schockmalschock, u. s. w.
Die Addition geschieht nach folgenden Regeln: 1) man zählt in
jeder Verticalreihe bis 4, macht, sobald man 4 erreicht liat, einen Punct
zur Seite und setzt den letzten Ueberschuss über 4 ins „Facit**; 2) man
zählt die zur Seite gemachten Puncto jeder Verticalreihe, setzt statt je 4
derselben einen Punct in die dritte Reibe nach links und den Ueberschuss
in die zweite; 3) man zählt die Puncto zu den bereits gefundenen Re-
Hultaten.
_- . _ ^
1) Die Tdtractys wurde von Weigel behandelt in Universi corporis pansophici
prodromus; Tetractys; Aretologistica.
16 Erb. Weigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissenschaften
2
3.
0
2
2
.3
.2
1 .
1
2
3,
.3
2
1
3
.2.
2
.0
3
3.
1
2.
.1.
.1
3
.2
1
1
3
.3
.2
2.
3
1
0
3
2 3 13 2
• •
3 0 0 1 3 2
Die Subtraction bietet nichts Eigen thümliches dar. Die Multipli-
cation setzt das Einmaleins
12 3
2 10 12
3 12 21
voraus und wird wie in folgendem Schema ohne Weiteres ersichtlich ist
ausgeführt:
3 2 10 3 2
1 2 3
• .-. 0 •••.-. 0
• • • • • • \J • • • • •
12 ~0 0 ~2' 0 3 2 2
^ , ^ . 120020322 D ^ .
Ist der Ouotient - ...^V/Töt^ = J ^u bestimmen, so bildet man die
Multipla
1 rf = 1 . 321032 = 321032
26/ = 2 . 321032 = 1302130
3f/ = 3 . 321032 = 2223222
und hat dann ohne Weiteres
321032) 120020322 = 123
321032
2131112
1302130
2223222
2223222
0
Dazu dachte Weigel einen Mechanismus aus, welchen er folgendermassen
beschreibt: „Den Divisor schreibe stracks auf ein klein Brief lein, neben
ihn zur Rechten setze sein Gedoppeltes und nächst sein Dreifaches, so
hast du das Divisionsinstrumeut fertig. Hierauf lege das Brieflein unter
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrb. Von Dr. BAHTHOLOHfil. 17
den Dividenden und siehe zu, ob dessen erste Zahlen von der Linken zur
Rechten dem einfachen Divisor oder dem zweifachen oder dem dreifachen
gleich ist, so dass nichts fehle, wenn auch nichts oder etwas übrig bleibt,
so hast du stracks den Quotienten 1 , 2 oder 3 , den schreibe dorthin , den
einfachen oder mehrfachen Divisor, welcher also nächstes da begriffen,
ziehe ab von den über ihm stehenden Zahlen des Dividenden : so ist die
erste Operation richtig. Rücke den Divisor oder dessen Doppel- und
TrippelquantitÄt um eine Stelle fort gegen der Rechten und verfahre wie
vorhin."
Die Reduction der decadischen Zahlen auf tetradische geschieht
durch fortgesetzte Division mit 64. Ist z. B. die Zehnerzahl 6576819 in
eine Vicrerzahl zu verwandeln , so hat man
G4 64 64 64
6576829^102762^1605^2511)
64 64 128 00
176 387 325 25
128 38^ 320
488 ^2 5
448 320
402 42
384
189
128
61
verwandelt die Reste 25, 5, 42, 61 in dreizifferige tetradische Zahlen
25 = 1 . 16 -f 2 . 4 -f 1 = 121 ,
5 = 0.16-fl.4-i-l =011,
42 = 2 . 16 + 2 . 4 4- 2 = 222,
61 = 3 . 16 4- 3 . 4 + 1 = 331 ,
und erhält darnach die Reihe der Ziffern der verlangten Zahl. Doch legte
Weigel auf diese Reduction wenig Gewicht, denn sie setzte ja das Zebner-
einmaleins voraus, sondern entwarf Tafeln der decadischen und tetradi-
schen Zahlen, so dass der Rechner in derThat nur bis 4 zu zählen brauchte.
Nicht nur die „Tetractys*^ sondern auch den schon erwähnten divisor
vicinuSf sowie die Begriffe der negativen Zahl, des Raums, der Grenze und
der Zeit hielt er für so wichtige Entdeckungen, dass er noch im Jahre 1690
mit dem Plane umging, sie der königlichen Societät in London vorzulegen.
Gewiss ein Beweis, wie wenig er sich um das, was bereits geleistet worden
war, bekümmert hatte ^).
1) Acta des Mathematici Weigels in dem S. K. Archiv.
ZeiUrhrifl f. Matlirmatik u. Phyuik. (Supplem.)
I ^ Erik. Wieür*^ Elit Beitrag rar ^'i'iichiAzK der mfttk.
5. laitrsm-^üte.
^tht^, ffhjiikaliieh^n ani tecLaücheii ItutruBento-B bei . veicke er «in-
den. and xähh#^ sir br>i j«4er paM^raden and jmpjuwmdiea Geiegeakcil
aaf ^;. L^e math^msuaeben InitruB*^ate »nd nan folgernde:
1; ^JthfrfM>/''ßmfMr&p(nm. Mmuzenmfi'is^T. Ist eineRegvI aaf dcB Winkel
messenden InisiTxmeaten &b &zif </aadranien. Sextanten nad dciglekken
angebnckt. also dasa man mit einem mäwgen i^aadnnten , der tob einer
«inzi^^n Perioa zn handhaben bt. so Tlfrl, wo nicht mebr Terricbten kann,
ab mit dem grossen Tyeh'^nii^en. welcher dnrch Hälfe Tieler Handlang
bat m6«en aufgerichtet werden. Zum grossen Vortheil nnd Eispaivng res
Unkosten."'
2; „Ein schlechter Vuirstab/*
Z „A^ßacu* ariiAm^fU^rm*. I3t ein VortheiL di^ Forti6cation<tabeDen oluie
K^rchnen anf allerlei Längen za redociren. nnd i^t eine jedwede Linge
dadurch «renaa zu fortificiren."
0. Nutzen der Mathematik.
Die Mathematik enthalt nach Weigf'l die vier Hanptstellnngen, worauf
das ganze menschliche Leben bemhet: die Xahning and Oekonomie, die
Knn.st- nnd Handwerke, die llandebgeschäfte. die Kriegfahrnng.
„Der bürgerlichen Xahmng und Of konomie giebt die Mathematik An-
leitnng zn vortheilhafter Disposition des Haas- and Stadtwesens , an ge-
naa^'r Ermessnng und Eintheilang an Hab and Gut, des Jahres and Tages«
znr Anstalt v^r Fenersgefahr, vor Wasser- nnd Wetterschaden, za nutz-
lieben Wasserleitnngen znr Reinlichkeit and Zierde in Städten und Hansem,
nifr aach zu ehrbaren nnd gemeinnützigen Belästigungen zumal der Jagend,
vornehmlich aber zur Angewöhnung aller häuslichen und bürgerlichen Tu-
;renden vf'rmitteUt arithmetischer und geometrischer Lehrübungen, dadurch
eine klage und dabei fromme Welt erzogen wird/'
„Dem Handel hilft die Mathematik nicht allein mit der Bechenkunst
und Buchhalterf'i, in der gleichsam die Form des Handels besteht, sondern
auch mit der Wissenschaft von allerhand Manufacturen, womit die meisten
Geschäfte zu thnn haben, und bekommen also die so nützlichen Com-
mercien im gemeinen Wesen sowohl die Form als die Materie, gleichsam
Hf'f\f» nnd Leib von der Mathematik/'
„Was sie den Kriegsfuhrungen für Anweisung nnd Vortheil gebe,
bezeuget die Fortification und die dazu gehörigen Exercitien mit mehrereu/'
„Wie sehr ein Volk, das keine Mathematik treibt, im Nachtheil gegen
1) Wir folgen Torzugsweise einem besonderen Anhange der Philosophia ma-
thematir-a theologia natnralis solida, welcher deutsch geschrieben ist.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. BABTHOLOMiBi. 19
ein solches ist, welches sich mit ihr beschäftigt, beweisen die Mexicaner
und Peruaner, welche den Europäern unterliegen mussten ^)."
Vor Allem hob Weigel das Kechnen hervor. „Die Kechnungsarten
finden sich bei der Wirkung und im Leben von selbst, ohne sorgsames Be-
sinnen. Denn alle Werke Gottes sind nach Mass, Zahl und Gewicht in
schöner Harmonie geschaffen und ist kein Thun ohne Rechnen. Wo Eins
zum Andern sich gesellt, da wird addirt; wo Eins von der Gesellschaft ab-
kommt, da wird subtrahirt. Wenn Einerlei zu gleichen Vielheiten fort-
wächst, da wird multiplicirt ; wenn solcher Haufen in seine Thcile zer-
schlagen wird, da wird dividirt. Wenn Eins zum Andern sich so anschicket,
als es der Zweck erfordert oder die Regel, das Muster, das Mass, so wird
proportionirt." Anwendung des Rechnens findet sogar statt, wo man sich
nicht ausdrücklich darauf besinnt. „Wenn Speise zu Speise in den Magen
eingeschlnckt, und ein Stück nach dem andern aus der Schüssel vom An-
gerichteten abgezogen wird, so ist dort addirt, hier subtrahirt. Wenn Einer
Schritt für Schritt fortgehen muss , um zu sehen , wie lang der Weg sei , so
multiplicirt und dividirt man. Wenn sich Etwas wendet, so wird ein Kreis-
bogen addirt und subtrahirt. Gott wirkt Alles, was er in der Zeit wirkt,
nach den Rechnungsarten, z. B. wenn er die Zeit giebt, wobei alle Rech-
nungsarten sind^).**
Dies Alles lässt sich noch hören, aber geradezu in's Abenteuerliche
verfiel Weigel, indem er dem Rechnen einen beinahe allmächtigen, sitt-
lichen Einfluss zuschrieb. „Die Rechnungsarten führen an sich die Tugen-
den gewissermassen in verjüngtem Massstabe bei sich, denn es giebt kein
Rechnen, welches nicht tugendhaft geübt werden müsstc; die Kunst-
rechnung ist lauter Tugendübung. Wer z. B. dividirt, ist andächtig,
und da er den Quotienten selbst nicht weiss, so hebt er gleichsam seine
Augen auf und bittet damit, dass der Herr der Wahrheit ihn zu der ge-
suchten, aber annoch verborgenen Wahrheit leiten wolle. Er erkennt dabei
die Schwachheit des Gemüths und traut dem Scheine nicht, sondern trägt
ihn obgedachtem Herrn der Wahrheit vor und bittet damit zu entscheiden,
ob er recht gerathen, denn ihm habe der Herr der Wahrheit durch gewisse
von ihm aufzusuchende Vorwahrheiten, nämlich durch die Jedermann in's
Herz gedrückten Primwahrheiten oder schon vorher berechneten Grund-
wahrheiten Bescheid gegeben. Stimmt der Schein mit den Vorwahrheiten
überein, so ist*s getroffen, und vor Freude zum Zeugniss der erlangten
Weisheit springt das Herz; wo nicht, so lässt sich*s der Rechner gar nicht
verdriessen, sich von ganzem Herzen zu bekehren, anderweit etwas Näheres
1) Dio Fried und Nutz bringende Kunstweisheit. Jena 1773. B. 3. B. 4; Ein
Wasserschatz. Jena 1671. A. 2; Vorstellung der Kunst- und Hand- Werke. Jena
1672. S. 91.
2) Von der Wirkung des Gemüths, so man das Rechnen hcisst. 8. 2—6.
2*
2f) Erh. WrigeL Ein Beitiag zur Geschichte der math. Vi
zu erwählen und also zu probiren , bis es trifft. Wir lernen beim Bedinen
mit Wissen and Willen keinen Pmct. gesehwage denn mehr, Tergebens,
Criel; weniger zam Betmg in nnserem Thnn mit einzoschieben , sondern
gleich nnd recht, nnd nicht za viel nnd nicht zn wenig zn thnn, genan doch
anch recht zn handeln, arbeitsam, geduldig, s|Musam nnd hanthahig an ver-
fahren nnd mit nnserem Xachbar friedsam und verträglich, anch behfilffidi
umzugehen, welches Alles bei Gel^enheit des Rechnens nnd Messens
durch aomuthige Erinnerung als lebhaft vorgestellt nnd den Kindern ange-
wöhnet werden kann. — Wenn man die Tugend üben nnd kein I^aster be-
gehen will, so muss man rechnen und zwar scharf rechnen, kurz nicht allttn
die Einnahme und Ausgabe, nicht allein den Inhalt, sondern anch die
Zielung, Kehrung, Wendung bei dem Thun und Lassen, man mnss nicht
allein die Inbaltsrechnnng, sondern auch die Zielungsrechnnng können;
ja man muss diese Rechnung nicht nur können, sondern man mnss sie anch
anwenden und zwar gern anwenden und darnach thun. Durch das Rech-
nen lernen die Kinder Mass und Weise in allem Thun und also anch im
Sittentbun bescheiden und die Tugend üben."
„Das Rechnen wird nicht vom Gemüth passiv goübt , d. h. nicht vom
leidenden Verstände, sondern als freithätig und zwar bezogen auf die
Bilder des thätigen Verstandes oder auf die Dinge. '^
„Durch das Rechnen lernt man nicht allein erkennen, dass die Gebote
Gottes ohne Ausnahme gelten , sondern man lernt sich auch hüten , etwas
Grosses zu begehen, sehr zu sündigen. Und wenn man Etwas begangen
hat, so lernt man es beim Reebnen bekennen und den Vorsatz der Besse-
rung fassen ^)."
„Durch die Species werden ausgeübt und angewöhnt
1) die Liebe zur Weisheit, phüomathia^ eine Faser von der Wurzel
aller gemeinen Tugenden, daraus die andern alle unausbleiblich als Zweige
erwachsen. Denn man entschliesst sich zum scharfen Rechnen nicht aus
Muthwillen , es wird auch Niemand eine falsche Zifier in die Zifferzeil mit
Fleiss verfügen und hincinpartiren, da sonst Mancher öfters ein zweideutig
Wort zum Mittel einer Schlunsrcde einschiebt, seinen Gegenpart dadurch
zu fangen, zu betrügen, sondern er entscbliesst sich za dem Zifferiechnen
aus lauter Liebe zur Weisheit , man will gern wissen oder sich weisen las-
sen, was für ein Facit aus gegebenen Posten komme, zunächst nur, dass
man es kenne, den Verstand damit erbaue, dass man die Gewissheit einer
sonst verborgenen Wahrheit sehe und mit rechter Rechenschaft ein Stück
der Weisheit gleichsam bei sich selber zeugen und Erkenntniss dessen
1) Von (lor Wirkung des Gcmüths, so man das Rechnen heisst § 15; Un-
muHHgoblh he mathematische Vorschläge, betreffend einige Grundstücke des ge-
meinen Wesens. Jena 1682. II. § C; Extractio rndicis S. 3. 5. 11; Kolle der Schul-
laster 8. 15. 16.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. Bartholom^i. 21
haben möge, es mag solche Erkenntniss angewendet werden, wo man sie
will. Da denn nie erhöret worden, dass ein Zifferrechn er jemals einige Be-
rechnung angestellt und sich vorgenommen, einen Andern mit dem Facit
zu betrügen, d. h. ein falsches Facit zu erfinden und herauszubringen. Ja
es kann nicht sein, denn sonst würde sich ein Rechner selbst betrügen, weil
das Facit zunächst auf den Rechner geht, dass dieser ohne Falsch, gewiss
und richtig messe, was die Posten geben , da sonsten in dem Wörterrech-
nen in den Schulen ordentlicher Weise die Declamanten einer dieses
Thema und der andere sein Gegentheil aufs Scheinbarste zu defendiren
und zu behandeln angewiesen werden, unter welchen doch eins falsch sein
muss, dadurch man keineswegs den Willen zu dem Guten wie bei dem
Zifferrechnen präpariret.
2) Bedachtsamkeit, considerantia. Denn wie bedenkt man sich beim
Addiren, Subtrahiren, Mnltipliciren und besonders beim Dividiren, dass
man auch auf das erste Mal nicht weit abschreiten, sondern, wo nicht gänz-
lich, so doch beinahe treffen möge. Und wenn man gleich die Kunst des
Dividirens avoIiI inno hat, und den Verstand darin schon recht erbaut, so
übereilt man sich doch nicht, die schon erlangte Weisheit anzubringen,
sondern man verfährt bedachtsam, sieht sich um und lernt damit auch überall
vorsichtig handeln, practicirt's in der geringen Gattung des Objects, in
Ziffern : warum sollte man dadurch sich nicht gewöhnen , auch in wichtige-
ren Sachen die Bedachtsamkeit auszuüben, wenn man nur liebreich und in
treuen Worten des Oeftem erinnert wird.
3) Sittsamkeit, modesiia, indem nur gegen das Thier, das nicht
lechnenkann, eine gewisd^ Ueberhebung entsteht, aber nicht gegen die
Mitschüler, welche ebenfalls rechnen können. Zwar rechnen nicht alle
gleich fertig, aber wenn auch der Eine etwas besser rechnet, so hält doch
Jeder jeden Andern auch für einen Rechner, so dass also durch das Rech-
nen die Gemüther zu rechtschaffener Liebe des Nächsten verbunden und
aus Feinden leichtlich Freunde werden. Das Rechnen hält den Dünkel,
dass man Viel wisse, fern, denn es zeigt, wie viel Realien gelernt werden
müssen und wenige davon begriffen werden können.
4) Gleichmüthigkeit , aequanimilas. Denn obgleich das Addiren, Sub-
trahiren, Mnltipliciren gleich ein geringes Werk ist, dass man sich schämen
sollte da zu fehlen und den Fehler zu bekennen, so erkennt man doch die
menschliche Schwachheit auch bei dem geringsten Thun und schämt sich
nicht zu bekennen, denn man fehlt nicht gern und geschieht der Fehler
nicht aus Vorsatz*).
1) Die vollständige Darstellung der einzelnen Tugenden, mit welchen das
Rechnen „verübet" wird, findet sich in Aristologistica 8. 185 ff. Wir citiren da-
her nur die Stellen, in welchen Weigel dasselbe oder Aehnliches vorbringt; Rolle
der ßchullaster S. 11. 18. 35.
22 Erb. Welgel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissenscbaften
5) Sanftmath, mansuetudo^ Vergnügung, autarkia^ Geduld» paHenÜa^
Herzhaftigkeit , forliiudo. Die beiden ersten haben schon Grund in gewis-
sen Kechnungsarten, z. B. bei der Bruchrechnung undAlgebra, womit auch
die Tapferkeit herrlich abgebildet wird , wenn die Gleichungen endlich bis
auf Null getrieben, ihre beste Lösung daselbst haben ^). Besonders aber
die Geduld. Denn bei den Ziffern Jernt man sitzen , wenn es auch ein
müssiger Vagant sonst wäre. Wie nun langes Sitzen frischen Leuten, zu-
malen Kindern eine Qual, ein Schmerz ist, das Zifferrechnen diesen aber
eine sonderliche Lust und Freude macht, wenn sie ein Facit treffen und
errathen lernen, da sie so gern Rathens spielen (z. B. Spitzlein oder Knöpf-
lein, Gerade und Ungerade) , so sind sie denn zufrieden , ob sie gleich be-
schwerlich sitzen, sie gewöhnen sich , ein leiblich Uebel dem Gemüthe zum
Besten auszustehen und lernen eine Unannehmlichkeit nicht wie die
Uebrigen als ein Unglück zu nehmen, sondern als ein freudiges Thnn, als
eine Lust und als ein Spiel. Die Lust beim Rechnen , Zeichnen und Aus-
messen bringt sie zur Geduld mit Freuden, so dass sie viele Stunden nach
einander arbeiten.
Die Tapferkeit wird angeeignet durch die Wurzelausziehung. Denn
hier soll man dividiren und hat doch keinen Divisor, man muss sich also
in das Nichts hinein wagen, um einen Divisor zu ünden, der die Wurzel
ist, daraus der Leib als das Product entstanden. Nämlich du bist Erde und
von der Erde und also musst du wieder zur Erde werden. Wenn es nun
sein muss , so wag man's frisch , dass man das Product aus solcher Wurzel
wieder erbaue und zur Freud einführen lassen könne, da das Product viel
klärer aus der Wurzel producirt wird, als es vor der Extraction gegeben
worden. Man bedenke nur, woher der Leib entstanden sei, so wird man
dessen l^od sich nicht befremden lassen. Lobt doch unsere Seele allezeit
und wird nicht mit dem Leibe zerstört, sondern sie steigt nur vom Pferde,
das unter ihr erschossen oder umgefallen ist, und dient dem grossen Herrn
der Heerschaaren nunmehr als Engel ohne Leiblichkeit gleichsam zu
Fuss etc.
6) Die Sprechtugenden: Gesprächigkeit, affabililas^ Scherzhöflichkeit,
urbanitaSy Verschwiegenheit, tacilurnilaSy Wahrhaftigkeit, veracitas. Wie
man durch die Sprechkunst lieblich reden, durch das liebliche Heden (weil
maii sich sodann selbst gern hört) schwatzen, durch das Schwatzen plau-
dern, plappern, tröschen, Schnappern, natteru, keifen, beissen lernt, und
sich^s leicht angewöhnt, so lernt mau durch das Kechnen schweigen,
denn man ist gern stille, wenn man rechnet, sonst verdirbt man^s, wie man
denn auch einem Stummen alle Zifferrechnung lehren kann.
Besonders ist die Wahrheit dem Zifferrechnen eigen, denn da muss
Alles wahr sein, was man über vorgegebene Posten spricht. Man gewöhnt
1) Von dar Wirkung de» Gemüths, go man das Rechnen heisst § 19. 8. 22.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. Babtholomjsi. 23
sich za der Wahrheit durch die Zifferrechnung so sehr, dass man auch her-
nach nicht leichtlich lügen kann. Ein Kechner als solcher kann mit Willen
auf kein falsches Resultat hinarbeiten, selbst wenn es auf das Böse gerichtet
wäre. Das Kechnen geht eben auf den Rechner, das Sprechen aber auf
den Hörer, daher kann es leicht geschehen, dass mit Fleiss unwahr gespro-
chen wird. Der Sprecher spricht nur, was er zuvor gedacht, spricht also
nichts, als was er will, ein Rechner aber findet, was er vorher noch nicht
gewusst und ist streng an das Resultat gebunden').
7) Sparsamkeit, parsimonia. Sparsam ist der, welcher das Seine zu
Rathe hält. Nun hat aber ein Zifferrechner zunächst nichts als Ziffern.
Diese hält man beim Zifferrechnen so zu Rathe, dass man vergebens keine
in die Zeile zu schreibcD, keine auszugeben oder auszulassen sich gewöhnt.
Und weil die Sparsamkeit durch gute Ordnung dessen, was man hat, be-
fördert wird, dergleichen bei dem Zifferrechnen ist, womit verursacht wird,
dass mit gar wenig Ziffern eine grosse Vielheit hergestellt werden kann.
8) Emsigkeit, sedulitas. Der Fleiss ergiebt sich von selbst bei dem
Zifferrechnen. Denn da sitzt man oft viel Stunden nach einander, etwas
auszurechnen* und lässt nicht nach bis man^s gefunden. Und dabei gewöhnt
man sich zum Fleiss auch anderweit.
9) Massigkeit und Nüchternheit, frugalitas und sobrielas. Denn wenn
man beim Addiren nicht mehr darf in die Summe bringen, als man durch
Subtraction der Posten von der Summe, dass nichts übrigbleibt, wieder
nehmen kann, so soll man nicht mehr in den Magen füllen oder zu sich
nehmen, als die Zehrkraft cousumiren kann, wenn sie von einem Mal zum
andern subtrahirt oder abzieht.
10) Keuschheit, caslitas. Wenn den Kindern das Fressen, Saufen,
Naschen, Schlucken verleidet, und sie von der Leibeslust ab und zur See-
lenfreude angewöhnt worden bis die Jahre der Geilheit ihres angeborenen
Thieres kommen, ist*s nur halbe MühC; dieselben auch in diesem Stücke
zur Tugend durch die Rechnung zu gewöhnen. Denn sie wissen, dass man
nicht eher darf multipliciren, bis man das Addiren und Subtrahiren gelernt
hat, d. h. dass man in seinem Stande so viel addirt (erworben) hat, als
beim Haushalten täglich muss subtrahirt werden, so dass auch nach unserem
Tode zum Dividiren für unsere Erben noch etwas übrig bleibe.
• 11) Die Geberdentugenden: Stellhöflichkeit, civHitas^ Gleichberdig-
keit, c<mitas% Anständigkeit (/ßce/t^ta^, Schamhaftigkeit, verecundia. Denn
wie die Ziffern alle nett, gleichsam geputzt geschrieben als in schöner Ord-
nung, als in Gliedern und Reihen neben und hinter einander vorgestellt
1) Von der Wirkung des Gemüths, so man das Rechnen heisst S. 13.
2) „Dass man sich eines Hauses oder Landes oder freundes sonst unschul-
diger Weise gefallen lässt, so lange man da ist, dass man ihm zu Ehren auf
solclie Weise mitmacht.*'
3) „Bei Grossen heisst die Tugend Ernsthaftigkeit, gravitas,^^
24 Erh. Weigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissenschaften
werden müssen, so kann man die Kinder leichtlich damit hedeoten, daas
sich auch die Menschen gegen einander so bezeigen müssen, dass sie nicht
wie Hände nnd Katzen, Schweine und dergleichen durch einander unge-
herdig laufen, sondern rittermässig, wie die Kitter und Soldaten, Ordnung
halten müssen.
12) Die Affectentugenden. Denn Jeder, der mit rechnet, muss Jeden
für einen Menschen halten und die Leutselighcit htimanitas ühen, weil ein
Mensch ist animatum rationale , ein mit Rechenschaft begabter Lebling.
Dazu kommt benevolentia, die Wohlwolügkeit. Denn man sieht es trefflich
gern, wenn mehr als einer rechnet, weil man keiner andern Probe bedarf,
als die sich bei so Vielen selber giebt. Denn wenn Viele mit einander rech-
nen, jeder heimlich, jeder für sich, bringen aber Alle oder doch die Mei-
sten nnd Besten eben ein Product, so ist's nahe bei der Wahrheit und Ge-
wissheit. Wer nun einem einen Vortheil thut, den hat man lieb und will
ibm wohl, also muss die Benevolenz durch das Rechnen angewöhnt werden.
Welches aber auch von der Eintracht zu gedenken , dass oft sonst wider-
wärtige Köpfe, die einander Feind gewesen, wenn sie in Collegiis die
Zifferrechnung mit einander ausgcübet, daher Gelegenheit bekommen, von
freien Stücken wieder Freund zu werden. Denn man kann's nicht lassen
bei dem Zifferrechnen, der Eine muss den Andern an- und nachfragen, ob
er einerlei Product mit ihm. Da zieht denn bald die Einigkeit der Rech-
nung die Gemütbseinigkeit nach sich. Die Rathgebigkeit und Folgeleistung,
obsequentia^ kann nicht besser als durchs Rechnen angewöhnt werden.
Denn wie alle Rathserfindung ohnedies nichts ist, als eine Rechnung, so
lässt sich Einer bei der Zifferrechnung von dem Andern gern rathen,
schämt sich nicht zu folgen. Denn die Probe gicbt's, dass der Rath gut
und die Folge richtig sei.
13) Die Werktugendeu bekommen ihr Mass und ihre Weisung durch
das Rechnen *). Die Gerechtigkeit hat ihren Sitz in der Rechenkunst. Die
Gutthätigkoit, beneftciettiia, wird beim Subtrahircn klar gemacht, da man oft
borgen muss, und ist der Nachbar, ob er gleich viel höher ist, dennoch alle-
zeit parat, auch ohne Zins etwas herzuleihen. Durch das Proportiouiren
wird eingeflösst und angewöhnt die Liebe zum gemeinen Wesen und der
gerechte Wandel in demselben, denn beide beruhen auf Harmonie und
Proportion."
„Daher muss ein Rechenkind ganz unvermerkt und lieblich, gleichsam
im Schlafe zur Fertigkeit der Tugend in kleinem Massstabe gelangen.
Dieser kleine Massstab wird bei zunehmendem Alter von selbst immer
grösser und zuletzt vollkommen, wenn nur der Rechenlehrer nicht vergisst,
den Kindern die Tugendübung, welche unvermerkt im Rechnen liegt, zu
entdecken und dieselbe auch sonst auf die in der Schule vorfallenden Thä-
l) Von der Wirkung des Geraüths, so man das Rechnen heisst S. 23. 24.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. BARTHOLOMiEi. 25
tigkeiten und Verrichtungen, auf das Lehen der Schule wie in einem Staate
anzuwenden. Denn wenn man diesen Nutzen des Rechnens verschweigt,
und das, was dem kleinen Massstabe nach bekannt ist, nicht immer auf
Grösseres anwendet, so kommt^s, dass ein erwachsener Rechenknabe, ja
mancher Rechenmeister ausser seinem Rechnen sich ganz unrechenmässig
und untugendhaft bezeigt/'
Nimmt man zu diesem practischen und pädagogischen Nutzen der
Mathematik noch hinzu, dass Weigel in ihr die deutlichsten und richtigsten
Principien und in ihrer Vernachlässigung eine „Schwächung wo nicht gar
Zerreissung des gesammten Wissenschaftsbaues'' erblickte, so ist es erklär-
lich, dass er fort und fort für die Verbreitung mathematischer Kenntnisse
thätig war. Erforderte, dass Mathematik in allen Schulen, auch in den
niedrigsten, getrieben würde und zwar nicht jejune^ sondern usualiter zum
Nutzen des gemeinen Wesens, dass das alte ^^urfiBig ayiafAbQriiog eiaixol^'
beachtet und dass „nicht leichtlich ein Universitätsprofessor angestellt
würde, der nicht die so friedsame mathesin Euclideam gutes Thcils begriffen
habe" '). Die Vernachlässigung der vier freien Künste und besonders die
der Arithmetik und Geometrie hielt er für eine Hauptursache des Verfalls
der deutschen Schulen und der deutschen Wissenschaft. Die Schulen ver-
fielen, „als die vier freien Künste, die Arithmetik oder Rechenkunst, die
Geometrie oder Ziel- und Wendekunst, die Astronomie oder Weltkunst,
die Musik oder Haimoniekunst aus den Kinder- und Knabenschulen ver-
trieben wurden, bis auf die Vocalmusik und bis hie und da aufs Rechnen,
welches auf einer sonderlichen und verächtlichen Bank noch für die ge-
duldet wurde , welche nicht studiren sollten , und nicht einmal die rechte
Rechenkunst und Weisheit war." Er hielt es ftir die Pflicht seiner Profes-
sion, fUr die Einführung der Mathematik in die Schulen und für ihre För-
derung zu wirken, und errichtete seine Jugend- und Tugendschule, um in
ihr den grossen pädagogischen Nutzen der Mathematik zur Anschauung zu
bringen^). Der Widerstand, welchen er bei seinen CoUegen und den Re-
gierungen fand, war wohl die Hauptursache, weshalb seine Bemühungen im
Ganzen ohne erheblichen Erfolg blieben.
III. Astronomie.
Wenn man von der Geoscopia Scleniturum absieht, so begann Weigel
seine schriftstellerische Thätigkeit in der Astronomie im Jahre 1G61 mit
1) Acta des Matbematici Weigels etc.; Vorstellung der Knnst- und Uand-
Werke S. 110.
2) Idea totius encyclopaodiuc math. phil. Jenne 1671. S. 288; Fortsetzung
des Ilimmolszeigers S. 40. 41; Unmassgebliche matliematischo Vorschläge, betref-
fend einige Grundstücke des gemeinen Wesens. Jena 1682. II, § 3 — § 5. Zugabe;
Von der Wirkung des Gemüths, so man das Kechneu hcisst; Acta des Matbema-
tici Weigels etc.
2^) Erb. Wei^rei. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wis«ens^aftai
dem liiiomeUftpiegeL Die Armseligkeit seiner Mathematik gcstmttcle ihm
nickt, bieh zu den h#/heren Problemen der Wbsencchaft n erlieben, nnd
wo Mitne Mathematik aosreichte, versperrte er sich den Weg aur richtigen
ErkenDtniss dnrch seine Theologie. Die Welt war ihm Tonngsweiae „ön
^k;haop]atz der Werke Gottes and ein herrlicher Palast» in desaen Mittel-
pancte Gott der Allinächtige dem Menschen eine Stelle eingerSmnt hat,
von der ans er dieses ans Nichts erschaffene künstliche Werk rings nmher
beschauen und seinen Schöpfer dadurch erkennen, furchten and lieben
lernen möge. Der Himmel ist des Geistes wegen da und steht um die Erde
als ein fest geschlossenes Gewölbe mit unzählig vielen Sternen nnd güldenen
Buckeln gezfert'). Der Himmel giebt's augenscheinlich nnd sonnenklar zn
verstehen , was wir auf deutsch gereimt zu sagen pflegen
Alles, was wir haben.
Das siofl Gottes Gaben.
Zwar nicht mit Worten giebt*8 der Himmel zu verstehen , er lässt uns auch
selten seine Donner in die Ohren gellen, aber er macht Mienen, als wollte
er mit uns reden, als ob die Stemlicbter eitel feurige Zungen wXren. Denn
die Sterne ziehen schön geputzt in ihrer Ordnung auf und winken alle mit
subtilem Blinkem. Die Sonne scheint so helle nnd sticht uns so heiss auf
die Haut, dass auch die Blinden aufmerken müssen. Der Mond verstellet
gar oratorisch sein Gesicht und wendet es bald da bald dorthin , dass ein
Jeder wohl daran vermerken, sehen, fühlen und empfinden mag, er habe
uns etwas Wunderbares und höchst Wichtiges mitzutheilen und vertraulich
zuzubringen. Der Himmel macht ein Uecrgescbrei und mft mit vollem
Halse so vieler Tausend Gottes-Söldner, grosser und kleiner Sterne , nicht
allein die AtlK^isten zu gewinnen, sondern auch die Träumenden nnd Un-
achlHamen zur Heissigcn Besinnung aufzumuntern. Mich däacht, ich höre,
was der Himmel ruft, indem er oft concertenweis, oft im gesammten Chor,
oft auch einstimmig, wie jetzt durch des ungemeinen Sterns, des Kometen
grausame Ba8ti8timme intonirt und spricht: Bedenke doch, oMenscfa^ dass da
das morgende Lesben noch nicht habest**^). Dieser theologische Anstrich
paHHto vielleicht auf die Kanzel, aber nicht in ein Lehrbuch der Astrono-
mie, öondeni musste hier alle höhere Auffassung im Werden ersticken.
Schon die allgemeine Welt auf fassung war mindestens eine leichtsinnige,
denn er hielt das Universum für eine Kugel, weil es von Innen als solche
erscheine, wenigstens erblickte er hierin einen Wahrscheinlichkeitsbeweis.
Eben ho sonderbar, um nicht zu sagen leichtsinnig, beantwortete er die
Krage von der Bewohnbarkeit der Sterne in Bezug auf den Mond dahin,
es Widersprüche zwar nicht der göttlichen Allmacht und der Vernunft, dass
1) Fortsutzuii^ des Ilimmelsspicpels. Jena 1665. S. 1.2; Himmelszeiger. Jena
KWl. S. ;J.
*J) Furtflotzuiig des llimmelszei^crs S. 21).
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. Bartholom^i. 27
der Mond, wenn auch nicht Menschen, so doch Bewohner hätte, welche die
Werke Gottes betrachteten und bewunderten , aber es wäre der heiligen
Schrift zuwider, nach welcher das Menschengeschlecht von Adam ab-
stammte, die Erde und nicht den Mond bewohnte, und die Sterne zum
Dienste des Menschen bestimmt. wären. Sein Schluss war daher, ea sei
überflüssig, mit der Laterne des Diogenes Menschen anderwärts als auf der
Erde zu suchen^). Noch mehr werden wir den verderblichen Einfluss der
Theologie im Einzelnen wiederfinden.
1. Sternbilder und Namen.
Die Namen der Sternbilder waren Weigel wegen ihres heidnischen
Ursprungs ein Greuel. Für die aus der heiligen Geschichte von Schiller^)
vorgeschlagenen Namen konnte er sich jedoch nicht entscheiden. Dagegen
stimmte er Schickard ^) bei, welcher die alten Sternbilder mit biblischen
Personen, Gegenständen und Verhältnissen in Beziehung brachte (Him-
melsspiegel).
„Statt der alten mehrentheils abscheulichen undiabulosen Bilder, womit
die Poeten den sonst reinen Himmel beschmitzt, und der abgeschmackten, so
gar garstigen Possen, wollte Weigel, dass Gottes und der klugen Menschen
Werke , Ordnungen und Thaten am Himmel betrachtet würden.*' Da nun
der Himmel zu dem Erstem ohne unser Zuthun anreizt, so blieb ihm nur
übrig, die menschlichen Angelegenheiten an den Himmel zu bringen. Er
wählte die Wappen der Potentaten. Diese jeder höheren Idee bare Wahl
lässt sich nur daraus erklären, dass er eben so wie seine Zeitgenossen in
dem von Luther erfundenen oder wenigstens auf die Spitze getriebeneü
Dogma vom Unterthanenverstande befangen war. Denn er besass eine
ziemliche Portion Devotion gegen die Grossen dieser Welt, und nahm so-
gar an den Planeten „ein Exempel, wie die Unterthanen und Diener ihre
Oberherren respectiren und ehren sollten"*).
Aehnlich wie die Sternbilder ihn nach Schickard^s Anleitung an die
heilige Geschichte erinnerten, so nach Riccioli die Planeten an die 7 Engel
der Ofifenbarung.
2. Das Sonnensystem.
Weigel erkannte ganz wohl, dass die grossen Geschwindigkeiten der
Himmelskörper bei ihrer täglichen Bewegung höchst auffällig wären , sah
ein, dass die etwaigen Mondbewohner nichts von der Axendrehung ihres
Wohnplataes spüren , sondern die Bewegung der Sonne zuschreiben wür-
1) Geoscopia Selenitarum.
t>) Coelum stellatum Christianum Aug. Vind. 1627.
3) Astroscopium Ulm. 1659.
4) Speculum nranicum; Der europäische WappeQUinime\,
28 Erh. Wcigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissenschaflteii
den, ja er suchte sogar a priori zu beweisen , dass sich die Erde bewegte
und machte auf das keplerscho System als das aufmerksam, durch welches
die Schwierigkeiten des ptolemäischen beseitigt würden, aber dennoch hielt
er in Anbetracht der Bibellehre dafür, „dass man hierin als in natürlichen
und für die Seligkeit gleichgültigen Dingen keinen gewissen Schluss
machte*', verwies auf das eigne Nachdenken ') und folgte seinerseits dem
Ptolemäus.
Diese Widersprüche, welche Weigels Astronomie drückten, scheinen
ihm selber nicht den mindesten Kummer verursacht zu haben. Dass er
sich nicht zu Kepler erheben konnte, mochte zum Thcil in der Ortho-
doxie Jena's begründet sein; aber sicher nur zum kleinsten Theil, denn er
scheute in andern Dingen den Widerspruch seiner orthodoxen Collegen
durchaus nicht und musste sogar erleben, dass ihn die Philosophen nicht
in ihrem ^^collcgio dulden*' wollten. Wahrscheinlich blieb er an Ptolemaos
kleben, weil er eine der Bibellehre zuwiderlaufende Lehre selbst fiir schäd-
lich oder gar fUr falsch hielt, denn er war sowohl bibelfest als hibelglänbig.
Die Sonne hielt Weigel für eine glühende und geschmolzene Masse.
Er schloss dies aus ihrem Glänze und ihrer Ilitze und aus den Verän-
derungen ihrer Oberfläche, welche nichts Anderes als Aufwallungen sein
könnten*).
Die Erde hat die Gestalt einer Kugel. Den Beweis dieses Satzes fand
Weigel in dem allmäligen Sichtbarwerden oder Verschwinden der Gegen-
stände, wenn man sich ihnen nähert oder von ihnen entfernt, und in der
Form des Erdschattens bei den Mondfinsternissen. Doch machte er sich
augenscheinlich von dieser Kugelgestalt eine falsche Vorstellung, denn
nicht nur sprach er von einem declivischcn und einem acclivischen Hori-
zonte, sondern bewies auch alles Ernstes, dass das Wasser Berge, aber
keine Tiefen bilde ^).
Zu Keplers Ansicht, dass Ebbe und Fluth durch den Mond bewirkt
würde, bemerkte er: „Man muss sehr krumm herumdenken, wenn man
innerhalb 24 Stunden, während welcher Zeit sich der Mond nur ein Mal
um die Erde bewegt, zwei Mal Ebbe und Fluth bekommen soll** und stellte
dagegen die folgende Theorie auf: 1) Die Sonne kommt in 24 Stunden
ein Mal um die Erde herum und erwärmt in den Tropengegenden die Luft
und das Wasser. 2) Durch die Wärme steigt das getroffene Stück der Luft
viel höher als die ringsherum liegende Luftmasse, in geringerem Grade
auch das Wasser. 3) Die nach und nach so aufgerührte Luft giebt einen
beständigeif Ostwind. 4) Der Gang der fortrollenden Luft treibt das Was-
1) Spcculuin urauicum; Geoscopia Sclenitaruni; Pendulum ex Tetracty de-
(luctuin. Jcnae 1674; Cosmolojria. Jenac U58o. D. 4.
2) Fortsetzung: de» llimmelsspicjrüls Ö. 10-
3) Cosmologia A; Fortsetzung dvis Uimmelhsvieirels S. 87. Ül. 92. 96.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. BABTHOLOMiEi. 29
ser unter ihr aus der Stelle. Dieses kehrt, wenn der Druck aufhört, wieder
zurück, das Meer schwingt also 6 Stunden hin und 6 Stunden zurück , wo-
bei sich bei der Wendung etwa eine Viertelstunde einschleicht. 5) Das
einmal in Schwingung gerathene Wasser setzt nun die Schwingungen von
selber fort, ebenfalls 6 Stunden hin und 6 Stunden zurück und mit einer
Viertelstunde Wendung. Die vier Schwingungen machen also mit der dop-
pelten Wendung 25 Stunden. 6) „Ehe der letzte Schwank aus und absol-
virt ist, da kommt ihm nach 24 Stunden die Sonne entgegen und drückt
noch einmal westwärts, der letzte Schwank aber widerstehet etwas, hemmt
des Monats Unterscheids 8. Theil und geht die Fluth nach 25 Stunden
so viel schwächer wieder westwärts ein". 7) „Des monatlichen Unter-
scheids 8 Achtel werden in 8 Tagen aufgehoben und so lange bringt auch
der Mond von einem Schein zum andern zu, da zeigt der Schein des Mondes
die schwächste Ebbe und Fluth." 8) „Die westwärts drückende Sonne
trifft hierauf bei ihrer Wiederkunft den Schwank des Meeres auch gegen
Westen aber immer schon geneigter und geneigter an , dass in 8 Tagen
8 Achtel des Unterscheids im Schwange wieder wachsen. Da zeigt der
Gegenschein des Mondes die stärkste Ebbe und Fluth etc.", womit die mo-
natliche Periode erklärt sein soll. 9) „Dazu kommt der jährliche Unter-
scheid zu Hülfe, indem die Sonne in der Zona iorrida stärker als daneben
drückt, dass im Frübling und Uerbst grösserer Unterschied zu spüren ist,
als im Sommer und Winter." 10) „Wie sich nun der Schwank zu dem
Ufer wohl oder übel schicket , so spürt man daselbst unterschiedene Ebbe
und Fluth 0."
3. Der Kalender.
Am Eingehendsten beschäftigte sich Weigel mit der Zeit und dem Ka-
lender und erwarb sich durch seine auf die Verbesserang des letzteren ge-
richteten Bestrebungen nicht geringes Verdienst. Am 12, Nov. 1663 gab
ibm die Regierung den Auftrag, die „Conformationis- oder Mittel-Calender
Jacobi Elrodii" zu begutachten. Nachdem er „denselben mit allem Fleisse
durchgelesen und nach den chronologischen principns überleget, befand er:
1) das Werk ist „der Form nach ziemlich obscur und das Fundament mei-
stens versteckt", 2) es steht dem gregorianischen Kalender nach. Um
seine Ansicht zu begründen , arbeitete er den Zeitspiogel aus und schickte
am 9. März 1664 einen Auszug aus demselben an den Herzog, „bis der
vollständigef Tractat auf E. fürstl. Durchlaucht gnädigsten Consens vermit-
telst eines Verlegers zum Druck befördert werden möchte"^). Er selbst
entschied sich für den gregorianischen Kalender mit der Modification , dass
1) Ilimmolszcigcr 8. 30 ff.
2) Actn des MaUicmatici Wcigels etc.
30 £rh. Weigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. WiABenscluiftcm
f ^ ^ *• ^ »■
der Vollmond nach dem Frtihlingsäquinoctinm und dieses selbst astxono-
misch festgestellt würden ^).
Der Himmel ist ein Richtnngs- nud Zeitinstroment. In beiderlei Hin
sieht sehr nützlich und notbwendig ^) ; besonders aber als Zeitinstmment.
„Denn Zeit wird nicht mit der Einheit der Maligkeit gemessen , denn dei
Wechsel wird sogar geschwind verübt, dass man die kürzeste Wähmng
eines Males als das Mass der Zeit nicht haben kann. Dieses giebt der Him.
mel, die grosse selbstumgehende, selbstzählende und selbstschnappeDde
Lebenshaspel. Der wickelt selber auf und zählt die Wickel, ja die klein-
sten Währungen davon; die zählt er mit Verrückung seiner Sterne, sonder-
lich der Sonne und des Mondes, zeiget jede ganze Wickelung mit sicht-
barer Abwechselung des Lichtes und der Finsterniss, wir heissen's Tag
und Nacht. Er fährt im Aufwickeln hin und her und macht Gebinde, Stah-
len, Strähnen, licissen Wochen, Monate, Jahre. Ja der Himmel meldet
auch die Zahl der Jahre, zeichnet sie mit Finsternissen, Adspecten und
Planeten, rechnet selbst und setzt das Facit allemal zur Schau vor Augen.
Und Gott muss die Umdrehung des Himmels selber ausführen , der unbe-
schreiblich grosse Herr, bei dem selbst kein Unterschied der Zeit sein kann,
der alle Augenblicke zugleich und auf einmal allen Völkern , diesen hier
ihr Morgenbrod und Frühstück, andern dort eben dazumal das Mittags-
essen, weiter andern eben damals das Vesperbrod und aber andern eben
dazumal die Abendkost darreicht und giebt : die übrigen lässt er schlafen
und bereitet ihnen unterdessen Speise"^).
Damit haben wir in Gedanken die Heise um die Erde in Aequator-
richtung gemacht und werden an den Tag Gewinn oder Verlust erinnert,
den eine solche mit sich bringt. Weigel machte dieses Verhältniss in fol-
gender Weise anschaulich : ,,Wenn zwei Schifife von demselben Orte, das
eine gegen Abend, das andere gegen Morgen reisen, so müssen sie auf
halbem Wege einander begegnen und daselbst jedes schon die Hälfte eines
Tages zur Differenz am ersten Orte bei sich führen, das eine Schiff einen
halben Tag zu wenig, das andere zu viel. So gtüsset nun ein Schiff am
Sonntag mit geputzten Passagieren, das audere dankt mit ungeputzten
Passagieren in schwarzen Krausen am Samstag**^).
In Bezug auf die Zeitrechnung und den Kalender herrschte bei den
Zeitgenossen Weigels grosse Unwissenheit. „Wie der gemeine Mann —
klagte er — der von der Rechnung nichts weiss, so ist wer unter den Prie-
stern, der die Ostern nach dem Cyclus abzählet und nicht in dem Kalender
suchet? Wie viel sind aber unter den Kalendcrschreibern, welche die
Ostern nach der Rechnung und nicht nach den Ephemcriden in den Kaien-
1) Zcitspicgel S. 96 ff.; Ilimmclszeipor S. 17.
2) Iliramelszcigcr S. 9. 10.
3) Fortsetzung- des ITimmelszeii^ers S. 17 — 10, 20 — 25.
4) Zeitspiefrcl S. 76.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. BartholoM/EI. 31
der setzen? Es trauen die Kaleudermacher dem Astronomen, der die
Ephemeriden gemacht, die Priester verlassen sich auf die Kalender, der
gemeine Mann fastet und feiert, wie es ihm der Priester von der Kanzel
verkündigt. Das ganze wichtige Werk der christlichen Fest- und Feier-
tage beruht also auf einem einzigen gelehrten Manne, der die Ephemeriden
ausarbeitet und nach den Cyclen die Festtage mit angiebt. Hat^s dieser
wohl getrofifen, so trcffens die Kalenderschreiber auch; hat er irgend ge-
fehlt, so fehlen alle haufenweise. '' Nicht mit Unrecht hielt er dafür, dass
solche Unwissenheit dem deutschen Volke zur Schande gereichte. „Die
Türken lernen ihre stets veränderliche und wunderbarliche Mondjahre
nicht nur nach Tagen, sondern auch nach Stunden und Minuten ausrech-
nen.'* Eben so die Perser, j, Die in Kunstsachen sonst so dumme Juden
begreifen und berechnen ihren Festkalender gar wohl. Diese ungeschick-
ten Völker, die nicht Latein gelernt, können in ihren Schulen die astrono-
mische Rechnung begreifen und wir Gelehrte, die wir die lateinische
Sprache bis in*s zwanzigste Jahr, die Logik aber bis in^s dreissigste studi-
ren, sollten ihnen hierin nicht gleichkommen? Möchten wir doch lieber
Grammatik und Syntax, Terenz und Plautus daran geben und uns unter-
dessen mit der Muttersprache nächst der Tugendlehre den rechten Grund
zur Wissenschaft und zu den Kunsterfindungen in fähigen Jahren aneig-
nen, damit unsere stndirten Leute bis ins hohe Alter nicht unwissender
bleiben als jene Völker, welche kein Latein gelernt haben ^).**
Ganz besonders war Weigel über die beim „PöbeP* — und was war
damals nicht „Pöbel"? — so leicht verfangende „Wahrsagerei" der Kalen-
der erbittert. „Die ganze Arbeit der Kalendermacher besteht in dem Pro-
gnosticiren oder auf deutsch Wahrsagen oder noch besser deutsch Lügen.
Und dabei ist der Betrug ganz offenkundig. In dem Capitel vom Kriege
richten sie sich nach den Avisen, in dem Capitel von den Krankheiten er-
zählen sie bisweilen alle Beschwernisse vom Kopf bis auf die Füsse, darun-
ter zum Wenigsten allemal eins treffen muss. Im Capitel von allgemeinen
Zufällen stellen sie Alles auf Schrauben und helfen sich damit, dass wenn
Etwas an einem Orte nicht eintreffe, es für den andern gelte etc. Zuerst
fing man mit dem Wetter an, als dies aber toleriret wurde, ging man weiter,
und sie haben von Krieg und Frieden , von allerlei Bündnissen , von Ver-
änderungen der Länder und Königreiche, vom Fall und Wachsthum hoher
fürstlicher Häuser, von Tugend und Laster der Potentaten, von hunderter-
lei dergleichen Glücks- oder Unglücksfällen und höchst nachdenklichen
leider willkürlichen, mehr ihre nur aus bioser Muthmassung mit Vorwand
dieses oder jenes unschuldigen Adspects also ungescheut herausgeflossenen
Wahrsagungen dem ausgeschriebenen Jahrbuche angeschmitzet. Sie
streuen wider hohe Potentaten, Staaten, Länder, Städte, Nationen und Ge-
1) Zeitspicgel S. 80.
32 £rh. Weigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. WisseiiBcliaften
scblecbter schimpfliche Pasquille aus und bemänteln sie mit dem Deckel
des unschuldigen Himmels** und bringen die Mathematik in Misscredit ').
Ebenso eiferte Weigel dagegen , dass neben den Namen der Heiligen
so viel „Kinderludeln, Drudenfüsse, Bartscherlein, Lassköpflein, PiUen-
pünctlein und dergleichen, wie auch viele Sybillensprüche im sogenannten
Ltigenfelde angesetzt" wurden.
Er verurtheilte die Wahrsagereien schon aus dem Gmnde, weil die
Klalender „allgemeine ehrbare bürgerliche, ja geistliche Kirchenbücher'*
waren, noch mehr aber wegen ihres äusseren und inneren Sckadens. Jenen
machte er durch folgendes Beispiel anschaulich: „Einer, der im Kalender
las, die Schafe würden gut stehen und tragen, kaufte zu seinen wenigen
Schafen noch viele hinzu**, musste aber erleben, dass eine bedeutende Zahl
derselben hin wegstarb. „Auf sein Befragen erhielt er die Antwort, der-
selbige Kalender wäre auf Nürnberg und nicht auf Leipzig eingerichtet, da
hätte er seine Schafe hintreiben sollen.** Der innere Schaden war ihm
ganz handgreiflich. „Denn ist der Kalender mit dergleichen gar albernen,
bisweilen sehr erschrecklichen Betrügereien bis oben angefüllt nnd ausge-
stopft, hin und wieder mit nachdrücklichen Sprüchen aus Gottes Wort, wie
bei den Zaubereien zu geschehen pflegt, dadurch die Einfältigen desto eher
versichert werden können, so ist es kein Wunder, wenn die einf3<igen
Leute, welche solches Buch täglich in Händen haben und darin zn lesen
pflegen , ganz und gar abergläubig und abgöttisch werden , und daher bei
liebkosenden Adspecten als sicher und stolz zu Ueppigkeit und unbändigen
Tumultuiren sich neigen, bei geffihrlichen aber als furchtsam und schüch-
tern die Hände sinken lassen^).**
Zwar war die Kedensart gäng und gebe: „Du lügst wie ein Kalender-
macher**, während man diesem die Antwort in den Mund legte : „Ich mache
den Kalender, aber Gott das Wetter**, aber die Verrohung des dreissig-
jährigen Kriegs hatte den Aberglauben eher befestigt als geschwächt, und
ganz richtig bemerkte Weigel: „Von den Wahrsagungen trifft erst eine
von tausend plumpsweise ein*', aber gerade über diese ist die Verwunde-
rung so gross, dass die übrigen ncunhundertneunundneunzig gar nicht in
Betracht kommen; die Leute sehen doch im Kalender nach, „ob Krieg
oder Friede sein würde, wenn man auf die Freite gehen sollte, welche Po-
tentaten in Correspondenz treten würden, wie's den Weibern oder den
Männern, den Geistlichen oder den Martialisten , den Kaufleuten oder
Künstlern, den Alten oder Jungen der Zeit ergehen würde, ob die Kheleute
würden Friede oder Zank haben, und was der Teufel hin und her thun
1) Zeitspiotjel S. 77. 84. 89. 90; Fortsetzung des Ilimmelsspicgels. Jena 1665.
8. 111; Kurzer Entwurf cles Mittels zur erspriossliehen Aufnahme aller Kunst* und
ITan<l- Werke. Jena 1081. I.
•2) Zeifspio^el S. 87. 88. 89. 91 ; Fortsctzun«^ des Ilimmelszcigcrs S. 45,
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. Bartholom^i. 33
■«.^ ->- *■ *^ ^ j
würde"; war doch nach Weigels Berichte noch 1654 Folgendes möglich:
Für dieses Jahr war eine „gi^^ig^ Sonnenfinsterniss prognosticiret" wor-
den. Die Leute drängten sich in ihrer Angst haufcnweis zu den Predigten
und Betstunden, genossen Sonntags vorher das heilige Abendmahl und
suchten sich durch mancherlei Mittel „vor dem Gifte der zukünftigen
Schwärze solcher Finsterniss" zu schützen, so dass „fast kein Theriak mehr
zu bekommen war". Mit Zittern und Zagen wartete man der Dinge, die da
kommen sollten, aber es geschah nichts , als dass die Finsterniss ihren üb-
lichen Verlauf nahm und den Leuten nichts übrig blieb, als sich zu ärgern
und sich gegenseitig auszulachen. Die Leipziger Studenten beschlossen in
ihrer Erbitterung, einen gerade anwesenden Kalendermachcr am hellen
Mittage mit Fackeln oder Laternen heimzuleuchten und „anstatt der aus
der dicken Luft herabgefallenen Vögel mit etwas Anderem zu tractiren,
wie die Charteke meldete". Daher ist Weigels Polemik, sowie seine popu-
läre Behandlang der astronomischen Chronologie und der Astronomie über-
haupt nicht gering anzuschlagen.
Als seine belehrenden und strafenden Worte nichts fruchteten, wandte
er sich 1G82 an den Reichstag, dem er die Verbesserung des Kalenders
dringend ans Herz legte und zur Besorgung der astronomischen Rechnung
und des Kalenders überhaupt ein ^^Collegium Ärlis Consullorum*^ vorschlug.
Dieses CoUeginm sollte nach späteren Vorschlägen aus 20 Mann bestehen
und, ausser für Astronomie, für die Hebung der Künste und Handwerke
thätig sein ^). Er erlebte aber weder die Einführung des verbesserten und
„von Wahrsagerei gesäuberten" Kalenders, noch die Errichtung eines Col-
leyii Ärtis Cunstdtorum y denn or starb ^) am 21. März 169D, während der Be-
schluss zur Einführung des verbesserten Kalenders erst am 2.*). September
desselben Jahres gefasst wurde, die Kalender -Wahrsagerei noch heute
nicht ganz verschwunden ist, und das genannte Collegium in Weigels Sinne
nie zu Stande kam.
Bemerkenswerth ist seine nationale und pädagogische Auffassung der
Sache. Wenn man seine Vorschläge annähme, so würde — wie er meinte
— ,,der Ehrenglanz des Landes von Beschmitzung gesäubert, die chaldäi-
schen Baalshöhen abgethan, der Rauchaltar Melechet abgebrochen, Gottes
Zorn, der wider allgemeinen Aberglauben heftig ist, verhütet und das Mittel
zum Gedeihen der Kunst- und Handwerke, worauf eines guten Theils die
Wohlfahrt eines Volkes beruht, gefunden sein". Wenn aber „der Kalender
nicht von Abgötterei und Aberglauben gesäubert" würde und das „über-
mässige Sprechen in den Schulen" fort bestände, so wäre jede SchulVer-
1) Karzer Entwarf etc. I. H.; Acta des Mathematici Weigels etc.
2) Günther Lebonsskizzcn etc. S. 181.
Zeitschrift 1. IMathemalik u. Physik. (SuppItMii.) o
34 Erh. Weigcl. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissenschaften
"•^v^-j^ ^-.-^^
besseruDg unnütz; denn „Gott will haben, dass die Menschen keine Aber-
glauber, sondern Rechner seien und rechenschaftlich Alles thnn, auch end-
lich Rechenschaft von Allem geben sollen'^ ^).
4. Die Kometen.
Vor Weigol bestand die Meinung, dass die Kometen wie überhaupt
neue Sterne nur nach Zusammenkünften und Gegenscheinen entständen.
Obgleich er nun wusste, dass diese Regel nicht mit der Erfahrung tiberein-
stimmte , sp gab er sie doch nicht ohne Weiteres auf, sondern suchte die
Ausnahme dadurch zu motiviren, dass der Himmel die Materie aufsparte.
Nach Weigels Lehre entstehen die Kometen aus Dunstmassen, welche
von den Weltkörpern ausströmen. „Die Zusammenfahrung geschieht etwa
aus Antrieb der vorangegangenen Adspecten oder sonst. Kommen die
Theile näher zusammen, so fangen sie die Sonnenstrahlen auf und reflecti-
ren dieselben; die meisten jedoch gehen hindurch: die feineren Theil-
chen folgen ihnen, wie man in den dunkeln Kammern sehen kann, und
bilden den Schweif/^ Daher scheint der Komet durch steten Ausflnss ver-
zehrt zu werden^).
Die Materie wird von der Erde und dem Himmel geliefert. Von jener
„gehen schwefelige und salpeterige Dunsttheile aus, weil sie ihrer Beschaf-
fenheit nach mehr als die andern angetrieben und gleichsam von deo
Sonnenstrahlen gelocket werden. In ihrem Eifer fahren sie über die
nicht 4 Meilen hohe Luftschale hinaus in den weiten Himmelsraum und
bleiben dort bis sie mit andern Theilen zusammengcrathen und einen Ko-
meten bilden". Der Komet vom Februar IGGl hatte, wie Weigel mit
grosser Dreistigkeit behauptete, wenn auch nicht seine ganze Substanz, so
doch den grössten Theil derselben von der Erde entlehnt, da die grosse
Bewegung der Luft 16G0 und besonders der ,, grausame Wind am 9.Decem-
bcr unfehlbar Dunststäublein in den Himmelsraum entführen musste**. Der
Komet von 1665 dagegen stammte aus der Sonne, denn da es in diesem
Jahre keine Sonnentlecken gab , so mussten die Dünste in den Weltraum
hinausgetrieben worden sein. Diese beiden Kometen „verriethen auch sonst
ihren Ursprung. Jener war von schwachem Lichte und nur 4 Tage sicht-
bar, gleichsam als ob er von der Erdkugel allein nicht genug Materie, lange
zustehen und sich prächtig sehen zu lassen, hätte bekommen können'*;
der letztere dagegen „war grösser, heller und stand länger am Himmel".
1) Kurzer Entwurf etc. II.; Grundmässige Auflösung des militar-Problematis,
warum doch der Türk den Christen nunmehr weichen müsse. Jena 1689.
2) Fortsetzung des Himmelsspiegels S. 93.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. Bartholomjei. 35
Demnach besteht der Komet aus „Himmelsdunst und Gewölkniss*^
Er ist eine „Hii^oaelswolke und besteht aus sehr kleinen Körperchen oder
Stäubchen". Der Dichtigkeit nach verhält er sich zum Aether, wie die
irdische Wolke zur atmosphärischen Luft. Daher ist es sehr wahrschein-
lich, dass die Kometensubstanz nicht einmal so dicht ist, wie atmosphäri-
sche Luft. Die Mitte des Kopfes ist eigentlich nicht heller als der übrige
Theil, sondern erscheint nur heller, weil ,;man in der Mitte mehr Stäublein
hinter einander sieht^'^).
Der Komet ist jenseits der Atmosphäre, denn wäre er in der Luft, so
müsste die ihn umgebende Luft ebenfalls Sonnenstrahlen empfangen ; wenn
aber die Luft Sonnenstrahlen empfangt, so haben wir Tag etc.
Die Bahn des Kometen ist eine gerade Linie, auf der er mit unver-
änderter Oeschwindigkcit fortrückt. Daher kehrt er niemals wieder, und
daher wächst seine scheinbare Geschwindigkeit, wenn er sich der Erde
nähert und nimmt ab, wenn er sich von derselben entfernt. Die geradlinige
Bewegung ist sehr leicht zu erklären. Die Bewegung eines irdischen Kör-
pers hört nämlich auf durch den Widerstand der Luft und durch den Erd-
magneten; diese beiden Ursachen fallen aber im Himmelsraume weg, also
„kann eine Himmelswolke ganz gut ihren Strich halten", und man braucht
zur Erklärung keiner „aristotelischen Intelligenz oder eines andern Gei-
stes, der ihr den Weg weist'^ Bedenklicher ist ihm die grosse Geschwin-
digkeit, bei der „es schier zu verwundern ist, dass der lockere Komet nicht
zerreisst"^).
Die angegebene Theorie Über die Entstehung des Schweifes fand
Weigel später ungenügend. Er fragte, ob der Schweif aus derselben Masse
wie der Kopf bestände oder ein bioser Schein, ein bioser Reflex wäre.
Das Natürlichste ist — meinte er — Gleichheit der Materie des Kopfes
und Schweifes. Dem aber widerspricht 1) die „unmenschliche Grösse" und
2) die grosse Veränderlichkeit, „da er bald kurz bald laug, bald schmal
bald breit, bald gerad bald krumm erscheint". Und wenn die Sonnenstrah-
len „den so grossen Wust der Dunststäublein so leicht lenken könnten , so
müssten sie den ganzen Kometen von sich abstossen , es müsste denn sein,
dass sie (die Theilchen des Schweifes) mit langsamerer Bewegung in den
Kometen eingetreten wären und den Sonnenstrahlen keinen oder nur ge-
ringen Widerstand entgegensetzen könnten".
Daher ist der Schweif ein bioser Schein. Aber hier entsteht die
Frage, was die zurückwerfende Materie sei. 'Diese hängt entweder mit
1) De cometa novo. Cap. XXI.; Fortsetzang des Ilimmelsspiegols S. 70. 71.
90. 91; Kirch*8 Himmelsseitung 1C81 S. 7.
2) Fortsetzung des Himnielsspiegcls S. 87; Himmelszeiger S. 53.
36 Erh. Weigel. Ein Beitrag zur Geschichte der raath. Wissenscbaften
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dem Kometen znsammen oder nicht. Wenn sie aber mit dem Kometen zu-
sammenhängt, so gehört sie zu ihm, was ja eben zweifelhaft ist. Man könnte
allerdings sagen , die Sonnenstrahlen gingen durch die rings am den Ko-
meten gelagerte Masse bis zum Kopfe desselben und würden hier wie in
einem runden Wasserglase zusammengebrochen, so dass sie die von der
Sonne abwärts befindliche Materie zu erleuchten vermöchten; allein dann
müsste der Schweif nur ein schmaler spindelförmiger Lichtstreifen sein;
auch widerspricht es der Natur, welche den kürzesten Weg zu wählen
pÜegt, „dass ein so grausam grosser Ilimmelsplatz, welcher zwei Mal so
breit als der Schwanz lang erscheint, von solcher Materie rings nm den
Kometen alle Zelt angefüllt sein und mit demselben fortbeweget werden
müsste".
Die „spiegelnde" Substanz muss also ausserhalb des Kometen, also
entweder die Substanz des Himmels oder die Luft sein. Der ersteren An-
nahme widerspricht aber der Umstand, dass weder das Sonnen- noch das
Sternenlicht von der Materie des Himmels reflectirt wird, also kann nur
die „atmosphärische Luft der Spiegel sein", und der Schweif entsteht
„wie ein Licht über einem Üiessenden Wasser einen langen Strahl vor
Augen stellt". Dass nur die Hälfte sichtbar wird, erkläre sich durch die
Annahme, dass diese sichtbare Hälfte viel heller sei; denn diese Helligkeit
müsse bewirken, dass die andere leuchtende Hälfte nicht bemerkt wird, wie
wir etwa am Tage vom Mondschein nichts wahrnehmen, weil das Sonnen-
licht zu stark ist^).
Es ist bereits erzählt worden, wie sich Weigel von der Astrologie,
diesem, wie er sagte, „der Astronomie in das Haus geworfenen Wechsel-
balge" omancipirte. Ursprünglich wurde or nur durch theologische Gründe
zum Abfall bestimmt, später verwarf er sie auch aus l(>gischen und ethischen.
Erstens sind Direction und Procession widersinnig, sie sind Fictionen,
Dichtungen, Einbildungen. „Ist so viel, als wenn ein Herold alle Tage
nur eine Meile reisen und in eben dieser Zeit täglich 30 Meilen zurück-
legen sollte." Zweitens ist die Vertheilung unter die zwölf himmlischen
Zeichen principlos. Drittens widerspricht die Astrologie der menschlichen
Freiheit. „Die verständige Seele ist ein Ritter, welcher seines Thieres
(des Leibes) Begierden, wenn es aus dem Wege zu treten sucht, leiehtlich
merket, wie denn auch das Thier ihm gern folget, wenn nur er, der Ritter,
selbst geübt, und das Thier von Jugend auf wohl angewöhnt ist. Kehrt
sich's aber um und lässt der Geist dem Thiere den Zügel, dass es geht,
wohin es will, und thut nun was es will, ja ist der Geist so lässig, dass das
1) Fortsctznnj^ des Ilimmelsspicgels S. 97—100; Hiromclszeiger S. 82; Fort-
setzung des nimmelszcigers S. 74,
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. Bartiiolom^ei. 37
Thier ihn aus dem Sattel hebt and schleppt ihn blind herum, bald in die
Schänke, bald in's Hurcnhaus, zum Krakehl, durch Dick und Dünn, so
kann der Mensch keinem Sterne, geschweige Gott die Schuld beimessen.
Mit der Astrologie gäbe es kein freiwilliges Thun, sondern es wären lauter
unumgängliche Begebenheiten in der Welt. Es würde keine freie Creatur
existiren, der Mensch nicht Mensch, sondern der vornehmste Unmensch
sein. Wo bliebe die Rechnung, die Freiwilligkeit? Wozu wäre die Rech-
nung nütze? Man dürfte ja nur lesen lernen, das zu lesen, was die Stern-
deuter aufs Papier gebracht, ja man braucht nur zu hören, ja gar nichts zu
lernen, sondern nur die Influenz erwarten wie die Krebse, welche ohne
Rechnung mit dem Monde fett und mager werden.'^
In einigen Widerspruch mit diesen Lehren gerieth Weigel durch seine
Ansicht von der Bedeutung der Kometen. Schon 1653 sprach er 'sich
hierüber folgendermassen aus : 1) Wenn der Komet ein Unglück bedeutet,
so bringt er es doch nicht, sondern mahnt uns nur, dasselbe durch Beteu;
Bitten und BesseVung zu vermeiden, ja er kann, wie schon öfters geschehen,
auch Glück verkündigen. 2) Der Komet ist eine allgemeine Erscheinung,
das Unglück betrifft aber nur einzelne Gegenden. Daher ist es höchst un-
wahrscheinlich, dass der Komet überhaupt ein Unglück anzeigt, wenigstens
bleibt es ganz unbestimmt, welche Gegend von demselben heimgesucht
werden soll. Diese Unbestimmtheit bleibt auch dann noch, wenn man die
Länder in Betracht zieht, über welche der Komet seinen Lauf nimmt. Es
ist also klar, dass man über die Bedeutung der Kometen nichts
wissen kann^). Diese Auffassung konnte man sich recht wohl von
Einem gefallen lassen, der eben mit der Astrologie gebrochen hatte und
durfte erwarten, dass er sie zum vollsten Naturalismus entwickeln würde,
aber die Theologie Hess Weigel nicht nur nicht weiter schreiten, sondern
warf ihn zum Theil wieder auf den astrologischen Standpunct zurück.
„Gott der Allmächtige — sagte er 1665 — pflegt nicht sowohl durch die
Kräfte der von ihm erschaffenen Natur als vielmehr übernatürlicher Weise
ein und das andere Wunderzeichen, also auch einen Kometen zu schaffen.
Erkennen dabei unsere Blödigkeit und Gottes überschwängliches Vermö-
gen, welcher, wenn er seine Kinder auf dem Platz der Erden ihres viel-
fältigen Muthwillens wegen schrecken oder zum Wenigsten zur Verwunde-
rung über seine Kunstwerke anreizen will, keiner grossen Mühe, also zu
reden, von nöthen hat, sondern nur mit hin- und herfahrenden Dunst-
stäublein gleichsam einen Ball machen und bei seiner bösen und frommen,
mehrentheils aber böscu Kinder ihrem Spielplatz, der Erdkugel, hinweg
und vorbei werfen darf, so stehet sobald die Welt mit dem Haupt empor
1) De cometa novo. Jenae 1653. Cap. XIX.
38 Erh. Wcigel. Ein Beitrag zur Geschichte der math. WisseiiBchsften
und ist so bekümmert, was doch das Wunderwerk für Gutes oder Böses
nach sich ziehen und ihnen bringen werde ^)/*
Noch mehr wusete Weigel 1681, wo er entschieden aussprach: Der
Komet ist ein ausserordentlicher Stern, also muss er auch
ausserordentliche Bedeutung haben. „Wer sich durch denselben
bessern lässt, dem bedeutet er nichts Böses, sondern etwas Gutes. Denn
Gott will die Menschen nicht wie Ross und Mäuler unterweisen, denen die
Peitsche immer vor Augen sein, und wenn sie straucheln, stets ein Schmitz
damit gegeben werden muss , sondern Gott will die Menschen frei behan-
deln, denn sonst würden sie keine Menschen bleiben. Daher sind die Ko-
meten ursprünglich Liebes- und Erbarmungszeichcn , denn sonst würde sie
Gott nicht erscheinen lassen, sondern lieber gleich dreinschmeissen. Sie
sind Lock- und Drohmiltel und nur dann Zomzeichen, wenn sich die Men-
schen nicht bekehren^)."
Und diese Incousequenz war nicht das Schlimmste. Praktisch vertrat
Weigel die Ansicht, dass die Kometen nicht nur etwas Bestimmtes anzei-
gen, sondern er unterfing sich sogar, die Deutung selbst zu versuchen und
war nicht wenig stolz, wenn sie ihm gelangen war. So deutete er die Ko-
meten von 1(552, 1661, 1664, 1680, 1681. Ueber den von 1680 meinte er:
„Wenn ich nun die Bilder, unter welchen unser jetziger Komet erschienen
und fortgewandert, ansehe, so scheint mir gar muthmasslich zu sein, weil
Gott denselben mitten in dem Löwenbild beim Mars, der sonst insgemein
der Kriegsplanet genennet wird, entstehen und zur Jungfrau, welche sonst
die Kirche Christi vorzubilden pflegt, nächstes und gerades Wegs hat hin-
hiufen lassen, so drohe er die Christenheit mit Krieg heimzusuchen. Wel-
cher, wenn er seinen Fortgang haben sollte, möchte er dem Brodkorbc hin
und her so nahe kommen , als nahe der Komet bei der Jungfer Kornähre
weggestrichen. Da sich der Komet in die Wage begab, so ist Hoffnung da,
es werden gleichmässige Liebhaber der gemeinen Wohlfahrt sich finden
die das ungeschickte Wesen der Streithaftigkeit und Kriegführung eines
Christenvolks wider das andere wobl erwägen etc. Der Scorpion, welcher
seinen eigenen Biss heilet, mag bedeuten . dass der Krieg mit dem ihm fol-
genden Elende den Betheiligten zu Gute komme etc. ^)." Die Vorfrage, ob
es nicht ungereimt sei, dass sich Gott nach unseren Zeichen richte die
doch „meistens von Ueiden herrühren, die von Gott gar wenig wussten und
S. 1. 2.
1) Fortsotzunp: des Himmelsspiepels S. 70. 94. 100 — 102.
2) FortsctzuniJ: des Ilimmelszeigcrs S. 39. 41; Kirchs Plimmelszeitanc'. 1681
3) llimmelsspiegel. Jena 16C1; Himmelszeiger S. 34. 43; Fortsetzung de«
IlimmelszcigcrB S. 11; Kirchs llimmelszeituug. 1381. S. 4. 11.
auf den deutschen üniversit. im 17. Jahrh. Von Dr. Bautiiolom/EI. 39
• ^ ** - ^V^ .. *.^ ^ ^-w-.^-r,*-,rf^ .• . , ^ . . ^ ^f - . -s^.^^ -I' -* *- .^* -^•.- ^-^ ^ .'•■ ^ * ^-^ *-^ ,
Sonne und Mond für Götter hielten*^, beantwortete er dahin, „dass Gott es
gegen Christen thäte, nicht den Heiden zu Gefallen, sondern denen, welche
diese Zeichen angenommen haben. Er hätte ja auch griechisch geredet, das
doch von lauter Heiden aasgesonnen wäre'^ ^).
5. Apparate und Instrumente.
Wenn hiernach Weigels Astronomie im Ganzen ein trauriges Bild von
dem Zustande dieser Wissenschaft auf den deutscheu Universitäten darbot,
so zeigte sie doch auch einzelne Lichtpuncte: die national- pädagogische
Kichtung, die Bestrebungen für die Einführung des verbesserten Kalenders
und den Kampf gegen den Aberglauben, welcher in den Kalendern grassirte.
Dazu gehören endlich noch die Apparate, welche er construirte. Zwar arbeitete
er zumeist nur im Dienste des Unterrichts und seine Instrumente sind ver-
gessen worden; aber seine Bemühungen wurden nach ihm fortgesetzt und
Gehler*) erkannte bereitwilligst an, dass sich „Weigel um die Verfertigung
der Globen sehr verdient gemacht*' hätte. Das Verzeichniss dieser luven-
tionen findet sich in vielen Schriften^) angegeben. Sie waren folgende:
1) yy Astrodictium Simplex. Ein Sternweiser. Qbne Vorzeigung alle
Sterne vor sich zu kennen. Ist eine Kegul auf die gestellte Himmelskugel
zu appliciren, dass wenn die Kegul auf den begehrten Stern gerichtet wird,
so weiset ein Zirkelbogen am Instrument auf der Himmelskugel, was es für
ein Stern sei."
2) „Aslrodictium compositum. Ein Sternschranken, dadurch über hun-
dertPersonen ihr Absehn auf jeden begehrten Stern zugleich und geschwind
zu richten. Ist ein gross Instrument, welches über 100 Observatores auf
einmal fasset. Es hat statt der Absehen so viel lange Kimmen , welche von
demjenigen, so das Werk regieret, auf einen jedweden nach Belieben be-
gehrten Stern gerichtet werden, dadurch man also allen Observaioribus
einen jeden Stern zugleich vorstellet. Es ist zu verwundern, wie leicht
man mit dergleichen Instrument einem begierigen Himmelsliebhaber die
Sterne bekannt machen kann."
3) yfilobus mundanus. Ein Weltgloben. Welcher äusserlich die Land-
schaften der Erden , innerlich die Sterne in ihrem Stande und Bewegung
und zum Schein Donner, Blitz, Regen, Wind sammt der Gestalt der Anti-
poden weiset." Man konnte in demselben hin- und hergehen, denn er hatte
33 Fuss im Umfang. Er bestand aus Kupfer, war aus „zemehmlichen"
1) FortsetzoQg des Ilimmelszeigers S. 37.
2) Phys. Wörterbuch IV. S. 197.
3) Ausser in den bereits bezeichneten noch in Extractus der Himmelskunst;
Pancosmus; Kurze Beschreibung der Erd- und Himmelsgloben.
40 Erb. Wcigcl. Ein Beitrag zur Geschichte der math. Wissenachaften
-'-.-.^^ '-*■ --^V-» ^s^"^ --^.^ .^rf* -■
Stücken zusammeDgesctzt , so dass er durch jede gewöhnliche Thür ge-
schafft werden konnte, und ruhte für den Gebrauch auf eiDem Gestelle
von Holz.
4) Ficeglobus. Ein Mass, „die Weitschaften der Orte" aus Länge und
Breite zu finden.
5) y,Horographium, Ein Schattenmass , allerhand Sonnenuhren auf
allerlei Flächen leichtlich und doch genau zu beschreiben etc."
6) Apparat zur Keduction des alten und neuen Kaien derstyls.
7) Globus coelesiis perpetuus.
8) „Theoriae mobiles. Der Planetenlauf. Ist ein plattes Instrument,
welches, an der Wand hangend, den Lauf der Planeten und wo sie täglich
am Himmel stehen mit einem leichten Vortheil weiset."
9) ^yGeocosmus, Die wirkende Erdkugel. Welche nicht allein die
Landschaften, sondern auch die Jahres- und Tageszeiten an allen Orten
weiset; ferner Wind und Regen wie auch die Feuerspeiung der Berge gar*
anmuthig nachahmet und vorstellet."
lY. Physik 9 Mechanik und Technologie.
Durch die Armseligkeit seiner Mathematik wurde Weigel auch endlich
in der mechanischen Physik auf höchst niedriger Stufe festgehalten. Be-
merkenswerth ist hingegen seine Vorsicht hinsichtlich der Beobachtung.
Ob das — sagt er — was dem einzelnen Menschen wirklich zu sein scheint,
auch ausserhalb seines Denkens wirklich ist, kann er nicht wissen, selbst
dann nicht, wenn er ganz genau wahrnimmt und ihm die Erscheinung so-
gar Schmerz verursacht. Denn die Gesichtscmpiindung bleibt, nachdem
die Lichtquelle bereits entfernt ist, wir können auch mit Absicht Denk-
bilder erzeugen und im Traume nehmen wir die Denkbilder als wirklich,
obgleich sie entschieden nur Denkbilder sind. Wenn daher solche Bilder
ohne Vorwissen des Geistes entstehen, ohne ausserhalb desselben zu existi-
ren, so scheinen sie doch dem Geiste wirklich zu sein, folglich kann der
Einzelne nicht wissen, ob das, was er ausser sich wahrnimmt, auch von
Andern wahrgenommen werde, geschweige denn ausser seinem Denken
existire. — Wenn dieselbe Erscheinung au einem und demselben Orte von
Mehreren wahrgenommen und von diesen in unzweideutiger Weise ange-
zeigt wird, so sind wir sicher, dass die Erscheinung für beide vorhanden
ist, während jeder einzelne Beobachter glaubt, dass sie auch ausser ihm
stattfinde. Obgleich sich nun diese täuschen können, wenn sie die Realität
des Erschieneneu annehmen, so täuschen sie sich doch nicht, wenn sie die
Erscheinung für wirklich und nicht für eine Fiction halten. Das offenbare
auf den deutschen Universit. ira 17. Jahrh. Von Dr. Bartholomäi. 41
Zeichen der RealitAt des Phänomens ist die gleichzeitige Wahrnehmung
Mehrer und zwar die wirkliche Wahrnehmung, die man eher aus ihrem
Thun als aus ihren Worten erkennt. Zeichen der Bealität ist. auch die
Beistimmung des Leibes; deshalb kann auch der Einzelne das, was er
öfters wahrnimmt, als wirklich setzen ^).
In der mechanischen Physik behandelte Weigel nur Hebel, Winde,
Rolle, schiefe Ebene, Keil und Schraube^ und die Fallgesetze'), wobei er
den Leser für den Beweis des Satzes
- 2 . - 2 __ / . /
«1 • *2 X — 'i • *2
auf andere Schriftsteller verweist. Um so mehr muss man seinem tech-
nischcu Geschicke Gerechtigkeit widerfahren lassen. Seine inventio-
nes*) sind
1) Pincerna staihmicus, ein Zugheber.
2) Lustis opticus^ ein Malerspiel, alles Sichtbare durch ein Bretspiel
abzunehmen.
3) Nuntius acusiicus, ein Sprachrohr.
4) Pons hetcroclitus, „Eine Verkohrbrticke, darauf im Heruntergehen
in die Höhe zu kommen.*^
5) Lanx reciproga, „Eine Fahrwage. Verborgen in alle Stockwerke
des Hauses ohne Steigen bequemlich zukommen, dergleichen im Wohn-
haus des Collegii allhier (in Jena) von der Studirstuben durch den Ge-
schoss auf das Observatorium in einem nur drei Schuh breiten Canal ange-
ordnet, welche vermittelst einer Gegenlast einen Menschen , so sich an den
dazu geordneten Handhaben anhält, in die Höhe und wieder herunter
lässt, da er doch, wenn er will, auch stille stehen kann.^^
6) Scala vectoria, „Eine Zugtreppe. Einem Hausvater höchst nütz-
lich und bequem. Auf welcher nicht allein sehr gemächlich zu gehen, und
nicht leicht, ja über fünf Stufen überhaupt nicht zu fallen ist, sondern auch
die grossesten Lasten ohne Anrtihrung der Stufen in die Höhe und wieder
herunter durch alle Geschoss ohne Mühe zu bringen sind. Unten im Keller
kann man durch die öffne und aus blosemKaume bestehende Spindel durch
alle Yorgemächer jedes Geschosses bis zu dem Giebel, ja gar, wenn die
Haube abgenommen, selbsten in den Himmel sehen. '* Diese Treppe ist
1) De supputatione mnltitudinis F. 2. S. 46. 47.
2) Vorstellung der Kunst- und Handwerke. Jena 1672. S. 65 ff.; De suppu-
tatione multitudinis E ff.
3) Pendulum ex Tetracty deductum. Jenae 1674.
4) S. Anmerkung 8 auf S. 39.
42 Erh. Weigcl. Ein Beitrag zur Geschichte der math. WissenBchaften
noch im Weigelschen Hanse vorhanden, aber schon wegen der anf ihr
herrschenden Dunkelheit keineswegs ,;gemächlich*' zu steigen.
7) Vema mechanicuSy ein Hauszeug.
8) Hcliotropium rorans, eine springende Sonnenblume.
9) Uydropota^ ein Wasserspeier.
10) Ein Springbrunnen.
11) Tncliniumy eine Speisetafel mit springenden Schalen. '
12) Globus hydrostaticus, eine Nectarschale oder Himmelskugel.
13) Clepsydra tonans, eine schicssende Springuhr. „Ein sonderlich
Werk in ein Lusthaus.^'
14) Patina saliens, eine springende Speiseschüsscl.
15) Jeolus domcsticus^ ein Luftschöpfer.
16) Caminofomax^ ein Kaminofen.
17) Fomax pracgnans , ein gemeiner Ofen mit einem verjüngten.
18) Tectum decussatum, ein Erkerdach mit Altanen ohne Kehlen und
Rinnen.
19) Ein Ambos, bei dessen Gebrauch die Gebäude keine Erschütte-
rung erleiden:
20) Ein Wagen ohne Stange, welche die Deichsel mit der Hinteraxe
verbindet.
21) Das mechanische Amphibium, ein Wagen für vier Personen, der
auch als Kahn benutzt werden kann.
22) Die Feldkutsche. Diese war nach Weigels Ansicht ein Ausbund
aller Fahrzeuge zu Lande, denn sie bot nicht weniger denn 18 Vortheile
vor den bekannten dar*).
23) Reiscrath. Diente als Koffer, Sitz, Nachtlager u. s. w. und wurde
von Weigel so wichtig gehalten, dass er ihn patcutiron liess; doch findet
sich keinerlei Andeutung, welche Geschäfte er damit gemacht hat').
24) Elastische Kissen, welche die Wirkungen des Stosses beim Reiten
und Fahren aufheben.
25) Ein leichter Panzer oder Kleid aus sehr leichtem Stoffe für Sol-
daten gegen Hieb und Stich und Kleingewehr und gegen die Witterung
sehr widerstandsföhig.
26) Eine Schaukel, die immer horizontal bleibt.
27) Die Schreib- und Recheurege'l'^).
28) Das Schulpferdchen.
1) Die Erdkutzsche. Jena 1673.
2) Neuerfundencr Reiscrath.
3) I^urze Kelation von dem nun zur Prob ^ubraciiteu mathematischen Vor-
schlaft, betreffeud die Kunst- und Tugendiiiformation etc. Jena 1682. A. 4.
auf den deutschen Universit. im 17. Jahrh. Von Dr. BARTHOLOHiBT. 43
«
29) Hydrosierium^ ein Wasserschatz. „Vor's Haus und die ganze
Nachbarschaft höchst nützlich zu gebrauchen. So vermittelst eines Druck-
werks das im untersten Hause empfangene Wasser in die Höhe unter den
Giebel treibet, von daunen es durch alle Gemächer nach Belieben zu ge-
brauchen oder sich damit als mit Springbrunnen zu belustigen oder (welches
Gott verhüte) von daraus der in der Nachbarschaft entstandenen Feuers-
brunst zu widerstehen, fortgeschrützet werden kann." Diese Wasserkunst
war im Weigelschen Hause eingerichtet und beruhte auf denselben Prin-
cipien, nach welchen jetzt die grossen Städte mit Wasser versorgt
werden *).
30) Perpetuum mobile, „Ist ein Kunstwerk, zum Wasserheben sehr
bequem, welches in seiner Theorie eine immerwährende Selbstbewegung
allen Umständen nach voUkömmlich darstellet. Ist aber wegen seiner
grossen Kostbarkeit noch nicht in's Werk gerichtet oder auf die Probe ge-
stcllet worden." Nichts kann wohl die mangelhaften mechanisch-physika-
lischen Kenntnisse Weigels beweisen, als dieses angebliche Perpetuum
mobile^ und er hatte von Glück zu sagen, dass ihn die „Kostbarkeit" von
weiteren Versuchen abhielt.
Weigel hielt es für Pflicht seiner Profession, neue Erfindungen zu
machen, und er gab sich, wie die aufgezählten ^^inventiones^^ beweisen,
nicht geringe Mühe damit, musste aber zu seinem Leidwesen wahrnehmen,
dass bei der Menge der bereits gemachten „so vielen herrlichen Erfin-
dungen" es schwer war, etwas Neues auszudenken. Dennoch wurde seine
Brust geschwellt von dem Bewusstsein , ,,wie viele invenliones Gott sein^
Wenigkeit beschert" hatte und fühlte sich gekränkt, dass er in Jena kein
Glück damit und vor Allem kein Geld daraus machte. Er wandte sich
daher 1690 an die Erhalter der Universität um Urlaub, um nach England
zu reisen und seine sämmtlichen philosophischen, mathematischen, astro-
nomischen, physikalischen Entdeckungen der königlichen Societät in
London vorzulegen. Während seiner Abwesenheit sollte ihn der Privat-
docent Hamberger vertreten. Herzog Johann Georg forderte ein Gut-
achten von der Universität, diese aber entschied, dass Weigel die Reise
nach London vergeblich machen würde ^). Es war vielleicht gut so, denn
diejenige Erfindung, welche ihm in der Culturgeschichte einen Ehrenplatz
für alle Zeiten gesichert haben würde — die Schnellpresse — zog er
zurück, um die Arbeiter nicht um Arbeit und Brod zu bringen. Die Lei-
stungsfähigkeit derselben war so bedeutend, dass „ein einziger Arbeiter
1) Concentrirte Wasserkunst. Jena 1672.
2) Ein Wasserschatz. Jena 1671. B. 3.
3) Acta des Mathematici Weigels etc.
44 Erh. Weigcl. Ein Beitrag zur Geschichte clor math. Wissenschaften.
mit ihr so viel prästiren konnte , als mit der Handpresse kaum zwei der
kräftigsten^^ Aber gerade diese grandiose Erfindung giebt der Ver-
muthung Raum, dass möglicher Weise auch unter den tibrigen techno-
logischen Erfindungen Weigels sich die eine oder die andere findet, die
ihrer Zeit unbeachtet blieb und später von Neuem gemacht * werden
musste^).
1) Paul Pater Dissert. de miraculotypis literarum S. 106. Paul Peter, ein
Ungar, kam 1705 als Professor nach Danzig, wo er im „ Poppenpf uhr^ eine
Druckerei anlegte, in welcher arme Schüler in ihren Freistunden arbeiteten.
Weigels Presse hatte er selbst untersucht und daran gearbeitet: ^jEgo tarnen in
aetUbus ejus admirando operi non semel manum admoui.**
üeber die Handschrift R. 4? 2, Froblematum Euclidis
explicatio der Eönigl. Oymnasialbibliothek zu Thorn.
Von
Maximilian Curtze,
ürdentlicheni Lehrer an dieser Anstalt.
Durch einen Zufall wurde ich im Winter 1864 — G5 auf eine Hand-
schrift der hiesigen Königl. Gjmnasialhihliothek aus dem XIV. Jahrhun-
dert aufmerksam, die im Kataloge der Bihliothek den Titel ^^Problemaium
Euclidis explicatio''^ führt. Dieser Titel machte meine Neugier rege, und
ein eingehendes Studium derselben Hess mich ihre grosse Wichtigkeit für
die Geschichte der Mathematik ahnen. Da mir jedoch damals die nöthige
LiteratnrkenntnisR nicht nur, sondern auch die technische Fertigkeit im
Entziffern fast völlig abging, so war es mir erst im Sommer 18G5 möglich,
meine Entdeckung competenten Richtern mittheilen zu können und ihnen
ein nngeföhres Bild meines Fundes zu machen. Vor Allem war es der
tiefste Kenner mittelalterlicher mathematischer Literatur, der Fürst Don
Baldassarre Boncompagni in Rom, der mich veranlasste, eine ge-
naue Analyse der ganzen Handschrift auszuarbeiten. Mancherlei B^rufs-
geschäfte und die grosse Schwierigkeit, die sich mir in der Beschaffung
ausreichender literarischer Hilfsmittel darbot, — so war es mir z. B. un-
möglich, eine Ausgabe der Geometria speculativa des Bradwardinns zu er-
halten ; ja selbst die Berliner Bibliothek besitzt nur die theologische Schrift
desselben „Z>^ caussa Dei contra Pelagium et de virtute caussarum libri III^''
— haben die Vollendung dieser Abhandlung länger verzögert , als ich es
gewünscht. Ich hoffe jedoch, dass auch jetzt noch, nachdem eine kurze
Notiz über die Handschrift gleich, nachdem ich zu dieser Arbeit angeregt
wurde, in einem Pro vinzialblatte*) und hieraus abgedruckt in Grunerts
Archiv**) erschienen ist, eine genaue Analyse nicht überflüssig sein
*) Altprenssische Monatsschrift beransg. von Reicke nnd Wiehert.
Bd. 2. S. 457 ff. und 8. 651 ff.
**) Ornncrts Archiv Th. 44. 8. 371 and 501.
46 Ueber die Handschrift R. 4? 2, Problematum Euclidis explicatio^ der
dürfte. Sie wird mir Gelegenheit geben, manche falsche Conjeetar, die in
dieser Notiz mit untergelaufen, nach jetzt besserem Wissen zu berichtigen.
§1.
Aeussere Beschreibung der Handschrift.
Die Handschrift, um die es sich handelt, hat im Kataloge der Biblio-
thek die Nummer R, 49 2. und den Titel „Problematum Euclidis expiicatio*'.
Sie besteht aus 222 Seiten in klein Quart, welche mit einer Pergament-
schale zusammengeheftet sind. Die Seiten 1, 2, 207 — 222 sind ohne Pagi-
nierung und auch mit Ausnahme von Seite 1 nicht beschrieben. 'Seite 3 —
206 aber sind von einer ganz modernen Hand mit den Zahlen 3 — 206 am
äussern obern Rande bezeichnet. Der Codex enthält im Ganzen 13 ver-
schiedene Stücke von grösserem oder geringerem Umfange. Der oben ge-
nannte Titel schien mir anfänglich vollkommen incorrect — er befindet
sich auch auf der Seite 1 , aber von sehr moderner Hand , vielleicht durch
den ersten Beschreiber unserer Bibliothek, Petrus Jaenichius (Jae-
nichen), im Jahre 1723 hinzugefugt — , da ich einige wirklich Euklidi-
sche Stücke der Handschrift zuerst verkannte; jedenfalls wäre ein anderer
vorzuziehen. Die Schriftgattung des Manuscriptes ist die gewöhnliche des
XIV. Jahrhunderts, zum Theil durch die Abbreviaturen sehr unleserlich,
Vielfach sind auch Randglossen von derselben Hand vorhanden, überhaupt
ist das Manuscript von einer und derselben Hand geschrieben.
Auf der äussern Seite des vordem Umschlags findet sich ein , wie es
scheint) nur um ein Geringes jüngerer Titel in gothischer Schrift: Perspectiua,
item Geomelria Braswardini (sie!) j, w. p. v. a. — Ein ähnlicher Titel, der
dem Ende des XV. Jahrhunderts anzugehören scheint, findet sich auch auf
der Seite 1 . Er lautet : hoc liber 10'^ compleclitur plures traclalus pcrspectiue
et geomclriam \\ Bradwardini etiam de latitudinc formarum. Die Lehrsätze und
Aufgaben sind zum grössten Theile bis Seite 128 in grösserer Schrift ge-
geben und nachher mit Roth unterstrichen. Auch die Initialen sind roth
geschrieben und die Anfangsbuchstaben der Zusätze und Absätze roth
durchstrichen. Von Seite 128 an fehlen die Initialen gänzlich, und zuletzt
ist auch der Unterschied zwischen den Theoremen und dom Texte fallen
gelassen. Nur das zweite Stück und der Tractatus de contifiuo Bradwardini
sind ohne zugefügte Figuren. Sonst besitzen alle übrigen Stücke des Ma-
nuscriptes dergleichen in mehr oder weniger guter Ausführung. Am iunern
Rande werden die einzelnen Theoreme mit arabischen Ziffern numeriert in
der um jene Zeit üblichen Form. Ein paar deutsche Sprüchwortc, die sich
auf der Innern Seite des vordem Umschlags und auf Seite 1 finden, über-
gehe ich als für meinen jetzigen Zweck unwesentlich. Wen dieselben in-
teressieren sollten, findet sie an den beiden oben citierten Orten.
Königl. Gymnasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Curtze. 47
' ^ ^ ^ .^ •• ■
§ 2.
Erstes Stflek: EHclldis über de visu.
Seite 3 — 30 nmfasst zunächst einen der auf dem Titel erwähnten Tra-
ctatus Perspectiue j dem freilich die Einleitung fehlt und ebenso das Ende.
Dieser Mangelder Einleitung in Verbindung mit dem Umschlagstitel Per-
specliua item geometria Brasrvardini Hessen mich lange diese Abhandlung fiir
eine bis jetzt völlig unbekannte Perspective dieses berühmtesten Mathema-
tikers des XrV. Jahrhunderts halten. Bestärkt wurde ich in meiner Mei-
nung noch durch zwei Handschriften, die Montfaucon*) als im Besitze
der Bibliothek des Vatican befindlich angibt, so dass ich sie gewichtigen
Autoritäten gegenüber in der oben angezogenen Notiz für bradwardinisch
festzuhalten mich berechtigt glaubte. Um mir jedoch Gewissheit zu ver-
schaffen, wandte ich mich an Fürst Boncompagni mit der Bitte, in der
Bibliothek des Vatican nach den beiden Handschriften Montfaucons:
Tractatus de Geometria Perspectiua autore Guilielmo Bruduardino und Guillemi
Vradtvardin Geometria et Perspectiua nachsuchen zu lassen und mir da3 Re-
sultat mittheilen zu wollen. Der Fürst mit seiner bekannten Liberalität
beauftragte Herrn Enrico Narducci mit der Untersuchung, und dieser
£Ceschätzte Gelehrte übersandte mir die nachfolgenden Zeilen in Betreff
dieser Codices, die ich auch wegen späteren Gebrauchs hier abdrocken
lasse:
Rome, 29 novembre 1865.
Monsieur,
Ayant re9U de M. le prince Boncompagni la commission d^examiner
quelques manuscrits de la Biblioth^que du Vatican, k l'aide desquels
pouvoir repondre aux questious qui se trouvent dans votre lettre du 15 no-
vembre 1865, c*est avec plaisir qu^ je m'acquitte de cette commission en
vous ^crivant ci-apr^s les r^sultats de ccs recherches.
Les deux manuscrits indiqu^s par Montfaucon (Bibliotheca Biblio-
Ihccarum Manuscriptorum nova, Paris, 1739, T. I. p. 38 et 88) existent
encore dans la Biblioth6que du Vatican , et sont actuollement cot^s Regina
Suecorum n21 1235 et 1253, Seulement il y a confusion dans les titres, car
aucun de ces deux manuscrits, ni aucun autre manuscrit de la m^me biblio-
thöque (ainsi que j^ai pu m*assurer en examinant les catalogues manuscrits)
ne contient aucun exemplaire d^une Perspectiua^ portant le nom de Brauar-
ditiy Braduardin^ Bruduardin ou Vradtvardin pour auteur.
Le premier des deux manuscrits ci-dessus mentionn^s, c^est-ä-dire
celui cotö Regina Suecorum n^. 1235 est in 4? p? , de 67 feuillets en parche-
*) MontfaaeoB, Bibliotheca Bibliothecarum Manuscriptorum novo. T. 1. Paris, 1739.
Fol. p. 38 und 88. Man vergleiche: HeUbnmner, Ilistoria Matheseos Universae,
Lipsiae, 1724. 4». p. 543 and 644.
48 Ueber die Handschrift R. 4? 2, Problematum Euclidis explioatio, der
min, dont les 1*! — 4®, G7* ne sont pas nnmdrot^s ni Berits, et le^ 5? — 66f
sont nom^rot^s dans les marges sup^rieures des rectos avec les chiffres
1 — G2. Les feuillets nnm^rotes 1 — 31 de ce manttscrit contieDoent nn
exemplaire de la g^om^trie de Brauardin. Cet exemplaire commence (feoil-
let 1 recto^ lig. 1 — 8): ^fieometR'a y^gp^Hva- (sie!) I] guillemi braduadmi^)
^yGEomet'a assecutiua est [ arismet'ce ^admodü rhelo^ || dyaletice. nam et
,^posieri^ois |j Est e^ nuoi passiones magtudinih" ' deseruiüt 4^ qd euclides geo-
„m^/e !| arismefcam infposuit;^'' etfinit (feaillet 31 verso^ lig* 17 — 19) : „äii/ rü
mm
^^eqli arcu de zo^? oVt* qiiqiplus qwfiplus qüqi , nii' de eqnocciali cculo $i ^mcf
^^phanc 9*^ 11 euidenter Tc e finis nri apis t ^." Tout cela correspond ex-
actement, k quelques variantes pr^s, k P Edition ^fieometria spcculaliua
Thotne brauardinij etc. impressa pan'sP etc. Anno dmi 1405. die 20. may",
depnis le commencement jusqu'^ la ligne 9 du verso de T avant - demier
feuillet. S^ensuitent dans V^dition et inanqnent dans le manuscrit 1? ,,€ Re-
collectio mm proportionum numeralium^*^ 2? ^jTractaius de quadnUura circvli
editus a quodam archiepiscopo ' ordinis frairum minorumJ''' La note suivante,
ecrite h Vencre rouge dans le feuillet 31 verso^ lig. 20 — 22, nousdonner^ge
du manuscrit: ^^Explicit geometa venerabilis doclois ] cjyri gwii bradwardin
äno xpi Ojl ! .ccc^. LxxxvJ In vigilia natitatis xpi,^^ L'ecnt anonyme qui suit
dans le meme manuscrit (feuillets 32 — 62) est reellement la Perspective de
Jean Peckkam^ arcliev^que de Cantorbery. Cot ocrit commence (feuillet
32 recto^ ligne 1 — 3): j,phisice perspectiua \^ iNler ptiyce ifsideracois studia
lux jocüdius afficil medilantes^\ et finit (feuillet 62 versoy lig. 44 et dorniere):
„e«(/e rüe i pt app_efe explirt GeometRa psp^tiua^*^ : ce qui correspond h tout
ce qu'on lit dans ledition intitulre : ,,/o. Archiepiscopi Caniuariensis Per-
spectiua communis, — Impressum hoc opus Venetiis per Jo, Baptislam Sessam.
Cal, Junij '] MCCCCIIII. Diligentissimc emendatü. Per L, j Gauricum ^"eapoli-
tanum"^ (feuillet 2 recto, ligne 5 jusqu^au feuillet 19 verso, ligne 41) c'est-
ä-dire le traiti^ entier, sauf des varietc^s de raots.
„Le manuscrit cott^ Regina Suecorum 1253, qui est le second des denx
manuscrits cites ci-dessns, est aussi cn parchcmin, in 4? p*? de 77 feuillets,
dont les 1*", 2^, 77* ne sont pas numerotos ni c^crits, et les 3« — 76*^ sont
numorotos dans les rectos avec les nunu'ros 1 —74. II est de plusieurs ecri-
tures, qui paraissent toutes du commencement du XIV*-* siecle. Les feuillets
34 — 61 contiennent un exemplaire coraplet, peut s'enfaut, dela Perspective
de Peckkam. Cette exemplaire commence (feuillet 34 recto, ligne 1 — 3):
„7? . . . pacham, alhumae (sie!) al^maco (?) psp"!'**) ; iNter phice ^sid^ationis
*) Les mots ,,guUlemi braduadinV^ sont d'unc main differcnte et beaucoap
plus moderne.
**) Ce titre 21 t'te Joint postcricMircnicnt. Malhcnrcuscnicnt un relicur igno-
rant a empörte' la partie saperienre des mots formant ces titrea ; ainsi que d*aali«
Königl. Qymnasialbibliothck zu Tliorn. Von Maximilian Cürtze. 49
^^sludia lux iocüdi^ ^fßc^ mediiä!(\ies^^ ; et finit (feuillet Gl versoy lig. 28 — 29):
„^ oti fatso dnr de yride mVlü p'*$i [jj^ll^tht^ lapidibi pteplam*^^ ce qui cor-
respond k tout co qu'on lit dans Ti^dition indiquf^e dans 1a ligne 25 de
la page 48 (feuillet 2 recto, ligue 5 jusqu'au feuillet 19 verso, lig. 21
— 22). Ce qui suit dans les lignes 23 — 41 du m6me feuillet 19 verso est
ainsi röcapitule dans le manuscrit (feuillet 61 versOy lig. 29 — 32): „C Gnaio'm
„yn'dis cdthaclismü exclude^ C Luce solare f sid^ale t pspicuo || puro effice
,,gal(txiam J Quidam iHpho ^traßice^ non uerentutC^. — Les feuillets 70 — 74
du m^me manuscrit contiennent un exemplaire du Liber Karaslonis, Cet ex-
emplaire commence (feuillet 70 r^c/o, lig. 1—4): ,,cOnlmuel deus y^ualione lud
„'f nth'plicet ex saluie portione iuätnö puerl ego germane qualis tu esquiabstegit
y^me^tes cum inquisitione sua t excitat am ad speculand' ^^ ; et finit (feuillet 74
rectOy lig. 30 — 31): „T facti ie vid^e locü resiiiulöis t facH te cognosce* casü
^yCrroris li Finitus Est liber Karastonis.*''' Cette lection est conforme k celle
donnee par M. Steinschneider (Intorno al liber Karastonis, Letiera di Mauri-
zio Steinschneider a D, Baldassarre Boncompagni, Roma IS 63; page 8) du
commmencement et de la fin du Liber Karastonis^ d*apr6s un manuscrit con-
servd dans la Bibliotlieque du Couvent de 8. Marc de Florence (feuillets
112 verso — 119 recto). M. Steinschneider dans son opuscule ci-dessns
mentionniS k Tappui de documents, croit, que ce liber Karastonis soit une tra-
duction faiteparCerar^^^Crmoned'apresroriginalarabc (c»^*^ j^' V^^)
de Thabit ben Corra.''
Die weiteren Worte sind ohne Interesse für das Folgende, weshalb
ich sie hier tibergehe. Nach dem Mitgethcilten ist der Irrthum Montfau-
cons in Betreff des ersten Manuscriptes Beginn Suecorum 1235 leicht zu
entschuldigen, da Anfang und Ende desselben in den Worten Geomelria
Perspectiua bestehen. In Betreff des zweiten Manuscriptes Regina Sueco-
rum 1253 ist freilich die Möglichkeit eines Irrthums beinahe ausgeschlossen,
obwohl die Blätter 1 — 33 desselben, deren Inhalt oben nicht mit angegeben
ist, denselben vielleicht noch involvieren können. Jedenfalls hoffe ich
Andere durch das Ohige vor meinem Irrthum zu bewahren.
Während des Druckes dieser Abhandlung erhielt ich durch die Güte
des Fürsten Boncompagni noch Nachrichten über einige Handschriften
der Vaticana, aus denen erstens hervorgeht, dass das Manuscript Regina
Suecorum 1253 gar nicht das Manuscript ist, welches Montfaucon a. a. O.
p. 88 citieit, sondern ein anderes, das auf p. 25 desselben Werkes ange-
führt wird. Das wahrscheinlich mit dem auf S. 88 aufgeführten identische
Manuscript der ra/ica72a, dessen Katalognummer ist: Codex Vaticanus 3102,
titres trus-int^ressants, cur ils faisaicnt connaitre les ouvragcs aiixquelles ils se
rapportaient.
Z«itschriri f. Mathematik o. Physik. (Supplem.) ^
5() Ueber die Uand8chrift K. 4v 2, Probleiiiatuin Euclidis explicatio, der
enthält nun aber wirklich von Blatt 110'' Zeile 2G — Blatt 111*' Zeile 13
eine Perspective, die dort dem Bradtvardin zugeschrieben wird. £& heiflst
nämlich Blatt HO'' Zeile 25-20: ,,Explidt Geomet'a hrauardi ^e Quadrala
circuli l| Incii/il jtspetia eiqdem, Ueber den Inhalt kann ich leider, da ich die
weitere Auskunft noch nicht erhalten habe, Näheres nicht angeben.
Aus der Abhandlung Steinschneiders in der „Zeitschrift für
Mathematik und Physik'' X. Jahrg. S. 45G— 498: „Die mitOeni Bü-
cher der Araber und ihre Bearbeiter*^ fand ich jedoch bald, dass
die fragliche Perspective nichts Anderes sei, als die Optik des Enkli-
des, die unter dem Namen Euclidis Über de uisu sich in lateinischer Ueber-
setzung in hunderten von Manuscripten des Mittebalters findet. Unter die-
sem Titel \si unser Werk auch in dem zweiten Stücke der Handschrift wört-
lich citiert.' Zur Vergleichuug stand mir nur die Pariser Ausgabe von 1557 st
Gebote : Euclidis | Optica cl Catoptrica i* Greco ,j uersa per loanncm \\ Penam
Regium \\ Mathematicum ein. |i Parisiis |: Ex Officina Andreae JVechelH, 2 BlI.
und G4 S. 4'? Was ich Abweichendes gefunden habe, werde ich nachher
mittheilen. Jetzt zuuächst die Bemerkung, dass Steinschneider im Irr-
thum ist, wenn er in der citierten Abhandlung S. 407 Zeile 19 von oben der
Optica und Catoptrica zusammen G4 Figuren gibt, da diese Zahl der Optik
allein zugehört.
Unser Maniiscript beginnt Seite 3, Zeile 1 — 2: ^^SUpponatur ab oculo
eductas lineas rcclas ferri spntiorum inaynitudincm et mensttrarufn^*"^ das
heisst, OS fehlt die ganze Einleitung, die in andern Manuscripten vorhan-
den ist, und es beginnt also bei uns das liber de uisu sogleich mit den The-
sen. Von dicson zähle ich 13. Die erste bis achte stimmen mit den Thesen
der l*ariser Ausgabe, unsere neunte ist dort die olfto, unsere zehnte dort
die zwölfte. Auf sie folgen bei uns noch folgende drei Thesen :
11. Omiirs uisHS equevrlnccs esse, qui secumlum equales awjulos defini-
untur;
12. Nofi aute.ni sunt equeveloces qui secundum inequnles lineas drfinninlur:
' 13. Non sub quocuuque angulo rem uidcri.
Die Tiieson 9 und 10 der citierten Aasgabe von 1557 fohlen bei uns voll-
ständig. Bei den nun folgenden Theoremen ist es merkwürdig, dass die
meisten neben dem mehr oder weniger zutreftenden Wortlaut genannter
Edition jedesmal noch einen anders gefassten Anssi)rnch desselben Satzes
in sich schliessen. So heisst z. B. der erste Satz bei uns: ,,Nullum uisorum
simul lotum uidctur. In eodcm momcnto non uideri plura^\ während der Pariser
Druck einfach als Thcorcnia I aufführt: Nullum aspeelabile simul lotum cer-
nitur. Mit dieser Eigenthümlichkeit hängt es wohl auch zusammen, dass
zum grössten Theile bei uns die Beweise bei weitem ausgedehnter sind, als
in dem gedruckten Exemplare. Die Figuren stimmen fast immer mit der
Ausgabe, nur .«ind an Stelle der griecbiscbcn Buchstabon entsprechende
lateinische getreten. Bis Lehrsatz G stimmen beide Ausgaben; Lehrsatz 7
Königl. Gymnasialbibliothek zu Tliorn. Von Maximilian Curtze. 51
der Handschrift findet sich nicht im Druck; bis Lehrsatz 16 bei uns stimmt
dann wieder der um je eins niedrigere Lehrsate bei Pcna; Satz 17 ist wie-
der beiden gemein; 18 fehlt im Druck; 19 — 25 entspricht 18 — 24 der Aus-
gabe; Satz 25 in dieser fehlt bei uns; dann ist wieder 26—29 in beiden
Redactionen gleichlautend. Satz 30 im Manuscript fehlt im Druck; 31 —
38 ist gleich 30 — 37. Satz 38 des Druckes fehlt bei uns; Theorem 39
stimmt beiderseitig. Der Satz 40 ist bei uns zweimal gezählt; 40^ ist gleich
40 der Ausgabe, 40^ 41 respectivo gleich 44, 45 der Edition; 42 bei uns
fehlt ganz bei Pen a; 43 — 45 ist gleich 41 — 43 der Ausgabe. Der Satz 46
entspricht sich wieder in beiden Exemplaren; 47 entspricht dem Satze 49.
Die Sätze 47 und 48 der Edition fehlen uns also völlig, dagegen ist unser
Satz 48 bei Pena nicht vorhanden. Die Sätze 49 — 59 endlich entsprechen
den Sätzen 50 — 60 des Pariser Druckes. Satz 61 der Ausgabe fehlt uns
völlig und auch Satz 59 lautet bei uns Seite 29 Zeile 39 — 41 bis Seite 30
Zeile 2: „Si tetragoni contactis dyametrornm ad rectos trahatur recta in
ipsa nero oculns ponatnr latent tetragfoni eqnalia apparebunt et dyametri
eqnales apparebunt. Esto leiragonus .a, b. g, d. et protrahentur in eo dyagoni
,d. b. g. a. et protrnhatur perpendicularis ab x, puncto empipcdo elcuata recta
.e. in qua oculus .m, iaceat et accidant radij .m, a. m. b. m, d. m, g^\ das heisst,
es ist mitten im Beweise abgebrochen. Auf der Seite 30 würde aber gerade
Kaum genug sein, dass der vollständige Beweis und der fehlende letzte
Lehrsatz der gedruckten Ausgabe noch Platz finden würden.
§3.
Zweites StAck: UTrum aisio corporis que fit per radiorum reflexionem ei
rerractioneiii possii esse equalis uisioni que fit per rectaiii radiorum
radiationein.
(Seite 31 Zeile 1 -2.)
Das Stück erstreckt sich von Seite 31 Zeile 1 his Seite 33 Zeile 31 und
endigt (Zeile 29 — 31): Omnis piramis est angulata igitur omnis pyramis est
laterata quia anguii non sunt sine lateribus, aus palet quia omnis pyramis habet
conum et basim. Den Verfasser zu ermitteln , ist mir nicht gelungen ; mit
grösserer Wahrscheinlichkeit lässt sich die Zeit der Abfassung bestimmen.
Auf Seite 30 Zeile 32 — 37 werden nämlich als Beweismittel citiert: 1. £u-
clidis liber de uisu^ wie schon oben angegeben wurde; 2. Witilo, Pcrspe-
cliua Hb. 3. prop. /V*); 3. Bacon, Cap. 2 distinct. 6.] 4. VoÄ. de pysano p. L
*) Es sei mir crlaabt, über diesen berühmten Optiker, der freilich unter dem
Namen Vitellio bekannter ist, hier in lUngerer Anmerkung einige Bemerkungen
zu machen. Herr Prof. Cantor in Heidelberg, an den ich mich ebenfalls
wcfr^"" der Handschrift gewandt und' ein in derselben abgezeichnetes Ange mit
eingelegt hatte, sprach in einem Briefe vom 3, August 1865 die Vermuthung ans,
dass etwa dieser Gelehrte der Verfasser der darin enthaltenen Perspective sei.*
Wenn dies sich auch nicht bestätigte, so ergab sich doch bei den NacM<^T%<:\\vc«vs5,^xv^
52 Ueber die Handschrift R. 4v 2, Problematum Euclidis explicatio, der
' . -.'->^.' ' ^- ' y .
--- y^ . --».y -» .-
prp. 40, über welches letztere Werk wir gleich nachher zu handeln haben.
Witelo und Joh. Peckk&muB werden auch auf Seite 31 an mehreren
die der Custos der König!, and UnivcrsitUtsbibliotltek zu Königsbergs Herr Dr.
R. ReickOf für mich anzustellen die Güte hatte, dass es vielleicht möglich sei,
dieser Optiker Vit eil io sei ein geborner Thorner. In der Widmung seines
Werkes nämlich sagt er: VeTitatis amaiori frairi Guilehno de Morbeka Ifiielo filiks
Thitringorum ei Polonorum ceL Nun meint ^ireytag, Anafecta lUteraria de Hbris rario-
ribus Lipsiae 1750. 8<> S. 978, man müsse hier für 2'huringo-Polonu» lesen Tkoringo-
Polonus und dies solle heisscn Thorunii natus^ d. h. in Thorn geboren. Dass diese
Ansicht eine blosse Conjectur, ist wohl schon daraus sicher, dass zu Lebxeiten des
Witelo (Mitte bis Ende des Saec. XIII) Thorn als Stadt noch gar nicht existiertf,
ausserdcTm würde es dann auch Thorunius statt Thoringus heissen müssen. Die
Widmung aber in Verbindung mit einer Stelle im X^*^ Buche, nämlich Tkeorema
LXXIV: Quoniam enim non est possibile nolis vel lunae (quorum solum modo corpo-
rum, ut 70 th. huius diximus, radij iridem fuciunl) cenira in horizonte existere^ nisi in
Oriente uel occidente, in nostra terra, scilicet Polonine', /tabilabili, quae eti circa fatitM
dinem 50 gradaum cei.f hat die Polen veranlasst, den Witelo als einen der Ihrigen
KU fedamieren. Sie haben sogar eine vollständige Geschichte seines Lebens con
struiert, dass er bei Krakau ein Observatorium gehabt u. s. w., obwohl wir Ober
seine Lebensumstände nur auf einige dürftige Nachrichten seines Werkes ange-
wiesen sind. Fast alle Schriftsteller, die über Geschichte der Optik geschrieben,
haben der liistorya lileralury Polskiey des Felix Bentkowski, Warschau und
Wilna 1814. 8*^. ä. Band S. 29G, 297, einfach nachgeschrieben, ohne sich auf eigne
Untersuchungen einzulassen. Nach Bentkowskj ist ^teUio — diese Kamens-
form mussten sie nothwendig beibehalten, um ihre Sache zu stützen — eine blosse
Uebersetzung des polnischen Wortes Ciolek, was Kalb bedeutet und gleichzeitig
der Name einer der berühmtesten polnischen Adelsfamilien ist. Nun haben aber
die ältesten Handschriften niemals diese Form Vitellio, sondern wie schon Poggen-
dorff, biogr.-litterar. Handwörtcrbucli zur Gesch. der exacten AVis-
sensch. Bd. II. Sp. 1212, bemerkt hat, stets entweder die Form Witilo oder
Witelo. Unsere Handschrift z. B., die von 1359 datiert ist, hat viermal die Form
Witilo deutlich ausgeschrieben. Auch Fürst Boncompagni besitzt in seiner
reichen Manuscriptsammlung Nr. 358 einen Pergamentcodex dieser Optik aus dem
XIV. Jahrhundert. In diesem heisst es nach der Beschreibung des Herrn Nar
dncci {Catatogo di manoscritti cet. p. 167 Zeile 16—18 und Zeile 24—25): „C Inn'pit
proiogiis in primum Librum perspectiue, Eritaiis amatori fratri Vilhelmo de morbeka
Witelo fdius thitringorum et colonorum cet.** und ,Jncipit Über X**/ Continus (sie) et sine
exceptionis de perspectiua demonstrata. Magistri Ooittelonis^*. Beidemal also haben
wir auch hier die Form Witelo, denn auch das zweite Mal steht, wie sonst
immer im Lateinischen, Gu für IV. Auch von den 6 Handschriften, die II eil -
bronner a. a. O. aufführt, haben drei die Form Witelo oder Wytelo für den Na-
men des Verfassers, die deshalb auch von ihm nicht dem Vitellio zugetheilt
werden. Von den drei übrigen ist es ebenso ungewiss, ob der Titel der Hand-
schrift mit der Form des Namens in derselben übereinstimmt, da z. B. auch die
Handschrift des Fürsten Boncompagni den Katalogtitel Vitellionis Optica führt
obwohl die daselbst angewendete Namensform Witelo ist. Von den beiden Hand-
schriften der Vaticana: Codex Vatic, Urbin. 265 und Cod. Vat. Urbin. 296 hat nach
gütigen Mittheilungen des Fürsten Boncompagni der erstere die Namenaformen
•Wytelo und Uitello; im zweiten steht einmal Bitelo, an zweiter Stelle Witello, doch
macht Herr Narducci dazu die Bemerkung; // est a observer qu'on Hsait aupara-
Königl. Gymnnsialbibliotliek zu Thorn. Von Maximilian Cürtze. 53
Stellen citiert. Nun lebten Witelo, Bacon und Peckkamus ßämmtlich
am Ende des XIII. Jahrhunderts, so dass also das uns vorliegende Stück
nicht vor Anfang des XIV, Jahrhunderts verfasst sein kann.
Was jetzt den Inhalt anbetrifft, so wird zuerst behauptet, gebrochne
und reflectierte Strahlen gäben mehr Licht als directe Strahlen. Der Ver-
fasser führt als Beweis an, 1. dass viele Menschen durch Gläser läsen, die
bei directem Lichte nicht lesen könnten; 2. dass die Schreiber, die bei
einer Kerze in einem leeren Zimmer schreiben wollten, die Kerze vor einen
Spiegel stellen, um dadurch das Licht zu vnrKtärken. Er sagt dann, er
wolle in der Art vorgehen, dass er zunächst Definiliones^ 2. aliquas distmclio-
tieSj 3. aliquas petitiones^ 4. conclusioncs cum suis corrolariis setzen will, und
dann 5. redirc ad raliones proponenlis. Seine Definitionen beziehen sich auf
vant „witelo" el qu'on a corrigc beaucoup plus tard „witeUo'^ Das Maniiscript 265 ist
aus dem XIV., das Maniiscript 296 aus dem Anfange des XV. Jahrhunderts. Wir
finden also hier ebenfalls nur die Form Witelo. Auch F. Riesner verbessert die
von den ersten Ausgaben 1533 und 155 L gegebene Namensform l^iteUio in seiner
Ausgabe von 1572 in Vitelloy wahrscheinlich, da er nach seiner Angabe alle Ma-
nuscripte benutzte, weil diese die Form Wileh oder ähnliche darboten, obwohl
er den Verfasser selbst als Polen betrachtet. Dagegen macht die Form Witelo es
sehr wahrscheinlich, dass unser Optiker ein gcborner Thüringer war. Dieser
Name ist nämlich im XIII. Jahrhundert einer der verbreitetsten in Thüringen, so
dass man fast keine Urkundensammlung aus jener Gegend und Zeit aufschlagen
kann, ohne auf eine der Formen WHüo, H'ilulo, H-'idilOj WidelOy IVidulo (abge-
leitet als Diminutiv von VVido oder JJ'ilo) zu stossen, und dieser Name ist also
bestimmt ein deutscher. Wäre Witelo ein Pole, so würde sicher fllins Polono-
nun et Thuringorom stehen müssen. In diesem Wahne befindet sich z. B. Ber-
nardino Baldi — auch Riesner dreht in seiner Vorrede die Reihenfolge um,
damit er um so eher sich für seine polnische Abkunft entscheiden könne — in
dem bis jetzt- noch nicht veröffentlichten Werke De le vile </e' Matematici, von wel-
chem das Original im Besitze des Fürsten Boncompagni sich befindet, und
von dessen carlo 106 — 107 ich eine genaue Abschrift besitze, die gerade die. Le-
bensbeschreibung des Witelo enthalten. Er sagt nämlich gleich zu Anfang^
leggendovisi con modo barbaro figliuolo de Poloni e de Turingii, kehrt also das wirk-
lich Vorhandene geradezu um. Nachdem er sich aber im Allgemeinen für die
polnische Abkunft ausgesprochen, gibt er doch zu: Pud essere anco che non egli
rna cht fece l'inscriUione al opera lo chianiasse figliuolo de Poloni e de Thuringi per crescer
gloria a quelle nationi; ovvcro que^ s'egli fu que lo fece, s'inducesse a cid per acquistarsi
In gratia d'ambedue quci popoli; o forse perchc egli nascesse in Turingia e fosse allevato
in Polonia, overo per il contrario nascesse in Polonia e fosse allevato fra i Turingii,
Schon Regiomontan und dessen Schüler Walther nennen denselben noster
Vitellio ThuringuSy sind also bestimmt der Ansicht, einen Thüringer vor sich zu
haben. Die Stelle im 10. Buche, die ich oben habe abdrucken^lassen, würde doch
nur so viel beweisen, dass er bei Abfassung seines Werkes vielleicht in dieser
Gegend gewesen sei, und dass man, um in Polen zu leben, nicht dort geboren zu
sein braucfit, ist wohl selbstverständlich, noch dazu, da es grosse Wahrschein-
lichkeit hat, dass W^itolo ein Geistlicher geweseu, der also dahin gehen musste,
wohin seine Obern ihn schickten.
54 Ueber die Handschrift R. 4? 2, Problematum Euclidb explicatio^ der
Visio recla, die nach den kürzesten Linien ins Auge gelangt, Fisio reflexa,
hei der die Perception sowohl durch einfallende als reflectierte Strahlen
geschieht, Visio refrucla^ bei der ebenfalls die Wahrnehmung durch directe
und gebrochno Strahlen gleichzeitig geschieht. JHslincHoncs sind folgende:
Visus vera^ wenn die Sache selbst in die Augen fallt; Visus ficia^ wenn nur
ein Abbild gesehen wird.
Peliliones hat er drei. 1. Per foriiores radios certius uideri, 2. Radium
oblique incidentem diuersarum densitalum medijs ref ringt, 3. Speciem in spe-
culo apparenlem reflexe uideri.
Es folgen die conclusiones, 1. Omnis uisio fit medianie pyramide cuius
Conus est in oculo et basis in re nisa. Dazu das Corrolar: Duo in equalia pos-
sunt apparere equalia, 2. In uisione que fit per radiorum refraclionem uel re-
ßexionem radiorum fit notabilis deceplio et error , und der Zusatz Visio de
rebus per radios fractos uisis debüiter fieri. 3. Visionem que fit per radios
rectos uisioni que fit per radios refractos et reflexos esse certiorem^ mit dem
Corrolar Visio que fit per radium rectum non est equalis uisioni que ßl per ra»
dium refractum uel reflexum; d. h. die aufgestellte Frage wird verneint.
Jetzt beginnt der fünfte Theil, der sich nur damit beschäftigt, Alle«,
was bis dahin bewiesen zu sein schien , als falsch nachzuweisen. Der Ver-
fasser geht hier den umgekehrten Gang und wendet sich zunächst gegen
die 3" conclusio und so rückwärts weiter bis zu den Distinctionen. Dieser
fünfte Theii der Abhandlung ist der interessanteste, und es scheint dem
Verfasser gelungen zu sein , die scheinbar von einem Andern aufgestellteu
Sätze zu entkräften.
Drittes Sliick: Joauuls reckkami Arehiepibcopi Caiituurieusis Ferspeetiue
coiiiinuuis libri tres.
Seite 34 ist leer geblieben. Von Seite 35 bis 68 Zeile 20 folgt dann
das eben genainite Werk, das im Mittelalter für classisch galt, und das auch
in einer grossen Anzahl von llantlsclirif'ten und Ausgaben existiert. Die
älteste mir bekannte ist ohne Ort und Jahr circa 1490 erschienen und vor
ungefähr 2 Jahren von der Friedläuderschen Buchhandlung in Berlin auge-
zeigt worden. Ehe ich mir dieselbe aber vcrschaireu konnte, war sie schon
anderweitig verkauft. Dann kommen 2 Ausgaben im Jahre 1504 zu Leijf
zig imprcssa iirlc el sullcrlia Martini Herbipolcnsis und Venedig impressa cum
J. B, Sessa. (Letztere schou oben in dem Briefe Narducci's erwähnt.)
Ich selbst habe zur Vergleichung nur eine Ausgabe Coloniac Agrippinae
MDLXXX 48 Blatt. Ausserdem kenne ich noch zwei Kölner Ausgaben
von 1592 (Narducci, Calaiogu di Munoscrilli ^, 112, Zeile 7—10) und 1627
(Kästner, Geschichte der Mathematik Bd. 2, S.270). Auch inNürn-
berg sollen nach Montucla mehrfache Ausgaben erschienen sein. In
allen diesen Editionen und den besonders häufigen Uandschriften ist der
Königl. Gymnasialbibliothck zu Thorn. Von Maximilian Cürtze. 55
Name des Autors und der des Biscliofssitzes vielfach verdreht, so das»
daraus bei den Schriftstellern über Geschichte der Mathematik grosse Ver-
wirrung entstanden ist. Ich habe mir z. B. die Formen notiert: Pecha-
mus, Pcchebam, Pethanus, Pisanus, Pathhan, Pichanus, Pet-
san*); Cameracensis für Cantuariensis. Durch Vergleichung der
Ausgaben kam aber schon Montucla zu derUeberzeugung, dassalle diese
verschiedenen Formen ein und denselben Mann bedeuten sollten , nämlich
den Erzbischof von Canterbury, Johannes Pcckkamus. Derselbe ist
nach Cave**) zu Chichester im südlichen England geboren von niedri-
gen Eltern. Da er einsah, dass es ihm schwer fallen würde, in seinem Va-
terlande sich hervorzuthun, ging er nach Paris, beendigte dort seine Stu-
dien und kehrte dann erst nach England zurück. Hier hielt er in Oxford
mit solchem Beifall Vorlesungen, dass er von seinen Ordensbrüdern, den
Franciscanern, zum Provineial für England gewählt wurde. Er blieb aber
nicht lauge in England, sondern wandte sich wieder nach Paris und von
dort nach Leiden, wo er sich die Canon ikatswürde erwarb. Von hier
begab er sich nach Rom und wurde dort bald als Lector Palatinus an-
gestellt. Als bald darauf der Erzbischof von Canterbury, Robert Kil-
warby, die Cardinalswürde ci-hielt, wurde P eckkam gegen den Willen
des Capitels, wie es scheint durch Simonie, vom Papste zum Erzbischof
von Canterbury geweiht am 6. März 1279. Gleich ntwch seiner Inthroni-
sation mussto er wenigstens bei Strafe des Bannes 4000 Mark nach Rom
senden, wie Cave a. a. 0. mitthcilt. P eck kam starb am 8. December
1292. Das Datum seiner Weihe und seines Todes verdanke ich dem Ober-
bibliothekar Prof. Dr. C. Hopf in Königsberg, der mir überhaupt bei
meinen Studien sehr förderlich gewesen ist.
Unser Manuscript beginnt (Seite 35 Zeile 1 — 3): Assit principio sancta
maria mco \\ iNler phisice consideratiotiis studia lux iocundius afßcit Tncditan-
tcs II inter magnalia mattiemalicorum certüudo demonstraiwnum preclarius ex-
Udlit investigantes ; und endigt (Seite 68 Zeile 15 — 17): Que aulem dicuntur ||
false de yridc miätwn posswU re feilt per hoc quod in huius lapidibus || contem-
plamus. Das in alfeu Ausgaben und den meisten Handschriften dann Fol-
geudo ist gerade so wie in der oben von Herrn Narducci erwähnten
Handschrift des Vatican, Regina Suecorum 1253^ in folgender Weise zusam-
mengefasst (Seite 68 Zeile 17 — 20): Generationem yridis cal^aclismum ex-
cludcre. \\ Lucem solarem et siderahilem in perspicuo puro efficere || Galaxiam.
fjuidam in hoc paragrapho conlradicerc non verentur. || Explicit <€ amen deo gra-
das. Soweit ich sonst verglichen habe , stimmen sämmtliche Proposiliones
*) Auch den Anfang des Manuscriptes liegina Suecorum 1235: phiaice perspecUua
bin ich geneigt so zu verstehen, dass phisice eine Verdrehung, vielleicht von Pi-
sanus sein soll.
**) Cave, Scriptorum Fcclesiaxtic. Hisioiia literaria, Genevae 1706. Fol. p. 647
56 Ueber dio Haudschrift R. 4? 2, Problomatum EuclidU explicatio^ der
unserer Ilandschrift mit der oben citiertcn Ausgabe überein. Das liber I
enthält S-i propositiones, das Über II 56 propositiones^ endlich liber III 21 prop.^
weil die in den Ausgaben getrennten letzten beiden Lehrsätze in unserem
Manuscript als Ein Satz gerechnet werden und mit 21 numeriert sind.
§5-
YiertcB Stück: Postrema dno Theoremata llbrl de Speculls Enclidis.
Von Zeile 21 — 42 derselben Seite G8 finden sich nun, merkwürdig
genug, noch die beiden letzten Lehrsätze der Katoptrik oder des lihcr de
specidis des Eticlfdes, nämlich: 1. Possibile est spcculum construi et in eodem
apparere plures facies, has quidem majores illas uero minores^ has quidcm pro-
pius illas iiero longius et hie quidem dextras illic uero sinistras. 2. Eac concatds
speculis ad solcm positis igncm accetidere, Sie weichen ebenso, wie ich dies
oben vom liber de uisu gesagt habe, ziemlich bedeutend von der Pariser
Ausgabe von 1557 ab.
§6.
Fünftes Stück: Carastonis liber editus a Thebith fllio Thore.
Dieses Werk, über welches Steinschneider in den Annali di Mate-
malica (T. V. No. 1. Gennaio 1862) ausführlich gehandelt hat, erstreckt
sich in unserem Codex von Seite 69 Zeile 1 bis Seite 73 Zeile 24. In Be-
zug auf das von Steinschneider Mitgetheilte kann ich mich einfach auf
ihn beziehen. Ich notiere hier zunächst nochmals seine Ergebnisse, wie er
sie auf Seite 6 und 7 des durch Boncompagni besorgten Separatdruckes
genannter Abhandlung zusamineustellt:
1. el>"^^J^ ''"^^ '^"'^ bilancia, la voee araba e d'origitie greca, ma la voce
greca e ancora da trovarsi. — Senza arrischiure una cnngettura cerla, lasciandv
questo ai ftlologi classici, voglio soltanto accennare, ehe questa voce cra forse
primamente usata tiei Siriaco, e que la voce greca e forse composta di 2"?
mano? — E vero che il traduttore lalino scrivcva caraston con dtte a, lengcva
dunque \:)y^^j^ ; w« gli nrahi amano la vocalc a, e non di rudo hanno pronun-
dato le consonanli duna voce csotica con qualche vocale, che i tradutiori latini
hantio poi espresso colla vocalc a, quando non irovavano la vocalc iudicata ncl
loro leslo. Ccrcando dunque il suono grcco, c da tcnersi alle consonunii*).
2. Giä esislevano almeno 4 operc trallanti della hilancia^ vale a dirc:
a) d'uno dei figli di Musa ben Sciachir,
b) di Thabit ben Corra (mori ncll' anno ifOIJ,
*) Nach ßchriflliclier M i Uli ci hing des Herrn Stcinsckueidur an mich hat
Herr Staatsrath Dorn in Petersburg die llerleitiing des Wortes Karaston von
X€ip vollständig durcligefiihrt.
Königl. Gymnaßialbibliothek zu Thorn. Von Maximili/n CüRTZF. 57
c) (ii Costa ben Luca r^ec. /X, 5e ;ton ^j,
d) (i'Ibn Heithem ("c/^e e i7 celcbne „Alhazen^^ (? mori nelVanno 103S),
Non si sa ceriamente quäle di questi autori abhia impiegato la voce caraston,
quc poi cra commune fra i doiii,
3. 11 liber oarastoniB, esisietUe almeno in 4 manoscritti^ e di Thabit, ma
non si irova nei cataloghi delle sue opere, conosciuli finora,
4. Oherardo di Cremona iradusse un liber carastoniB dalfarabo, cd e da
presumere que sia Vopera di Thabit ancora esistcnte, ch*egli abbia tradottOy
finche non si troui allro nomc di iraduilore nominato in uno dei manoscritli
delfopera di Thabit
Den unter 3. erwähnten Manuscripten : No. 184 der Bibliothek des
Klosters San Marco in Florenz, und No. 7377B^ 7434«, 8680A der
Kaiserlichen Bibliothek zu Paris, reihen sich noch einige Handschriften
an, auf die ich zuerst aufmerksam gemacht habe, nämlich: 1. Unsere Hand-
schrift R. 4<? 2\ das Manuscfipt Regina Suecorum 1235 und ein Manuscript,
das ich nur aus dem Yerzcichniss kenne, was Heilbronner in seiner
Hisloria Malheseos aus- der Bibliolheca Bibliothecarum von Montfaucon
ausgezogen hat. Auf Seite 540 § 8 No. 5 nennt er darin als in der Biblio-
thek des Vatican vorhanden ein Liber Carastonis de ponderibos, letzterer
Zusatz ein Gegenstück zu dem Titel Liber Carastonis sive de Statera der
einen Pariser Handschrift. Dieses Manuscript ist, wie ich später gemerkt
habe, eben das Manuscript Regina Suecorum 1235, Die Bemerkung sive de
ponderibus findet sich in demselben von einer Hand des XV. Jahrhunderts
anf dem untern Rande des Blattes 70* mit Bleistift geschrieben und fast un-
leserlich, nämlich: j-'liiß Karastonis edU^ a thebit benchorao dciis ttpunderibh
Der Codex Vaticanus 2075 aus dem XVI. Jahrhundert enthält ebenfalls
(Blatt 176 — 183) ein Exemplar dieses Werkes. Dasselbe beginnt in gleicher
Weise mit den Worten: Incipil liber Karasionis de ponderibuB. Dabei ist es
noch interessant, dass Heilbronner, wie sich aus dem Index III sub
verbo Carasio ergibt, den Titel so auffasst, als habe ein gewisser Ca-
rasto ein Buch über Gewichte geschrieben.
Liber Carastonis heisst also Buch über die Handwage, und der
Inhalt des Schriftchens lässt diesen Titel als völlig gerechtfertigt erschei-
nen. Nach den Worten eines Briefes des Fürsten Boncompagni vom
5. Aug. 1865: ,,6V manuscrit doil etre trcs-prccieux. Les ouvrages intitules
,,Verba filionim Moysi filii Schaker, Mahnmeti, Hameti, Hasan '^ et „Liber
Carastonis*^ n^ont ele, que je sacke, jamais publies entieremenl et on en connail
trt's peul dexemplaires* Les auteurs de ces traitds sont des gcometres tres ce-
lebres, Vous feriez, je crois, une chose tres-utile et tres-agreable aux savants
en redigeant une description tres-detuillee de ce manuscrit, et en la faisant
ensuite imprimer^\ glaube ich annehmen zu dürfen, dass der volbtändige In-
halt des Werkchens noch niemals veröffentlicht ist, und dass daher eine
genaue Angabe dcsselbeu vielleicht mit Dauk aufgenommen wird.
C}>^ lieber die Handschrift R. 4? 2, Probleraatum Euclidis cxpKcatio, der
— „H^ •• ^ .^ ^».^ „^ '-k^^^^^^Htf-^,^^- ^ .^- •' ^ ^ **• ^.^^**^».- ^* .^^.^V ^>.^ «^ ^ ^\.^\^^^^ ^ wi^ ^ .^ ^ .' -J
Auf Seite 8 der oben citierten Schrift Steinschneiders über das
Über Karaslonis gibt derselbe den- Anfang und den Schluss des fraglichen
Welkes nach der Lesart der Handschrift No. 184 der Bibliothek des Klo-
sters San Marco in Florenz. Aus diesem Bruchstück entnehme ich su-
nächst die Eigenthümlichkeit, der wir in unserem Codex noch öfter begeg-
nen werden und einmal schon begegnet sind, dass nämlich die Einleitung
sowohl als der Epilog bei den meisten Stücken derselben als unwesentlich
weggelassen ist und nur die wichtigen Theile, Erklärungen und Theoreme,
der Mittheilung fUr werth geachtet sind.
Unser Manuscript beginnt (Seite 69 Zeile 1 — 2) mit den Worten:
Omnium duorum spatiorum qiie duo moia secanl in tempore vno l{ proportio est
sicud proporlio uirtulum mouentium huius et sputia secaniiumy d. h. es beginnt
erst mit dem dritten Worte der 27. Zeile auf Seite 8 des genannten Wer-
kes. Auch stimmt der Wortlaut in beiden Exemplaren nicht vollständig
iiberein, und die beweisenden Zeilen stimmen erst recht nicht , wenn auch
der Sinn derselbe ist. Der zweite Satz, den Steinschneider auch noch
mittheilt, und der mit dem 14. Worte der 33. Zeile "beginnt, lautet bei uns
(Seite 09 Zeile 6 — 13): Omnis linea que diuiditur in duas sectiones et figitur
punctus (sie!) eins secans et mouetur linea tota penitus mota quo non recedit
ad locum suum tunc ipsa facit acadere duas sectores similes duorum circulorum
quorum medietas dyamelri vnius est linea longior^ medietas dyameiri sccundi est
linea breuior ita quod proportio arcus que signat punctum exlremitalis vnius
duarum hariim ad arcum quem signat punctum extremitatis linee secunde sicud
proportio linee reuoluentis illum arcum ad lineam secundam. Er lautet also
mit wenigen Aenderungeu genau so wie a. a. 0. Der Sinn ist, wie man
leicht übersieht: Die Bogen gleicher Centriwiukcl verhalten
sich wie die zugehörigen Radien. Dieser Ausspruch des Satzes
findet sich auch, eingeleitet durch die Worte: Sensus stat in hoc^ als Margi-
nalbemerkung neben dem zugefügten Beweise.
Von hier an verlässt uns der Steiuschneiderscho Text. Wir fahren
in der Art fort, da.ss wir den Wortlaut der 8 Lehrsätze, aus denen in un-
serer Handschrift das Über Carustonis besteht, angeben und an jeden eine
kurze Erklärung anschliessen, was mit dem betreffenden Satze gemeint sei.
3. Satz. Omnis linea que diuiditur in duas sectiones et ymaginabimus quod
linea suspendatur per punctum diuidens ipsam quod duorum pondcrum propmr-
tionalium sicud proportionalilas duarum partium linee vnius ad conparcm suam
secundum tdtcrnationem suspendatur vnum in extremitatc vnius duarum Sectio-
num et secundum in extremitatc altera tunc linea equatur secundum equidistan-
liam orizontis. Es ist dies offenbar der Ausspruch des Satzes von der Gleich-
heit der statischen Momente, dass sich also die Gewichte umgekehrt
verhalten müssen wie die Hebelarme, an denen sie wirken,
damit Gleichgewicht hergestellt wird. Auch hier gibt eine Rand-
glosse dieselbe Bemerkung.
Königl. Qymnasialbiblioihck zu Thorn. Von Maximilian Cühtze. 59
4. Satz. Omnis linea qiic diuidUur in duas sectiones diuersas suspenso ex
puncto secanle posito quoque ponderc in exiremitaie alierius lateris eins et
allcro pondere posito in puncto alio inter hanc extremitatem et punctum diui-
dens ex loco suspensionis et pondus tertium in extremitate altera et equatur
linea super equidistantiam orizontis tunc quum aggregantur duo pondera que
suspenduntur in uno duorum laterum et permutantur de loco suo et suspendan-
tur in puncto medio ex eo qwßd est inter ea equatur illa linea super equidistan-
tiam orizontis. Aus den Erläuterungen , die Thabit hierzu gibt, folgt so-
gleich , dass die beiden auf einem Arme angebrachten Gewichte als gleich
anzunehmen sind, »unter dieser Voraussetzung lässt sich der Satz aber
etwa so aussprechen: „Befindet sich ein Hebel durch drei Ge-
wichte im Gleichgewicht, von denen zwei, die einander gleich
sind, an dem einen Arme wirken, so kann man statt dieser
beiden auch im Halbierungspuncte der Verbindungslinie
ihrer Angriffspuncte das doppelt so grosse Gewicht wirken
lassen, ohne dass das Gleichgewicht gestört wird/' Auch ein
specieller Satz von der llesultante paralleler Kräfte liegt in dem Theoreme.
ö. Satz. Omnis linea que diuiditur in duas sectores diuersas suspensa
linea a puncto diuidente ipsam posito in uno latere pondere aliquo et in alio
pondera ponuntur equalia et conparites linearum que sunt inter pondera sunt
equales ut postrema prime et sequens postrema equalis sequenti primam sie que-
libel sue conpari et equidistat linea orizonti tunc isla pondera aggregata
suspensa in puncto medio uel ex eo que est inter pondus primum et postremum
equidistahit linea orizonti. Erweiterung des vorigen Satzes dahin , dass statt
zweier gleicher Gewichte mehrere aufgehängt werden, die paarweise von
den Enden gleich sind und auch von den Enden gleich weit abstehen.
Auch in diesem Falle bleibt das Gleichgewicht ungestört, wenn man im
Halbierungspuncte der Verbindungslinie der beiden äussersten Angriffs-
puncte die Summe bämmtlicher Gewichte augreifen läest.
6. Satz. Recta linea in duas sectiones diuersas [diuisaj suspensa ex
o e
puncto diuidente ipsam suspensa quoque pondera aliquo in vno extremitate et in
allero eius latere sit pondus expansum equalis crassitudinis continuum tum
punctum huius lateris secundum illud semper quod inuenitur crassitudo in per-
pcndiculari trutine et quod illam crassitudo rectificat pondus quod est in extre-
mitate linec donec sit equalis super equidistantiam orizontis. Quid si opprime-
retur in lineam portionis habentis crassitudincm diuidi ex isto pondere continuo
equalis expansionis et suspendetur in puncto medio linee portionis tunc linea
remanet super illud super quod fuerit equalis super equidistantiam orizon-
tis. Der Satz ist dahin zu verstehen: Es sei ab die gegebene Linie,
</ der Theilpunct. Im Puncto a sei ein Gewicht r angehängt
und auf ^6 sei ein StUck db abgeschnitten und dieses Stück sei
HO völlig gleichmässig mit Gewicht belastet, dass in ^ed^m.
60 Ueber die Handschrift R. 4? 2, Problcmatiiin Euclidis explicatio, der
*■>,- w-/- -* ^^./■^^•-/■j'-'.'.'.-^ * •X' . ^l. '^-'»^ * , ■•
Pancte das Gewicht dieses Pun-ctes und das des Wagebalkcns
(Irutina) in demjselben Puncto zusammen gleich der entspre-
chenden Summe in irgend einem andern Puncte sei, dann ist
es erlaubt, das ganze Gewicht des Stückes db im Halbierungs-
puucte h dieser Strecke angreifen zu lassen, ohne dass das
Gleichgewicht aufgehoben wird. Er ist also die Ausdehnang der
früheren Sätze auf eine continuierliche Vertheilung der Gewichte.
7. Satz. Omnis linea gue diuidilur in duas scctores diuersas in cuius ex-
Ircmitale pondere suspenso et in latere eins secunde partem perpendicularis
plana continua secundam equalitaiem demonstratam sr^. qua perpendicularis
Irulinarum in parle vna illius laleris fixa in ea et equidistal linea orizonli quod
proporlio ponderis suspensi ex puncto extremitatis linee ad pondus porlionis
perpendicularis fixe in quadam parte linee est sicud proporlio linee que est intcr
Suspensorium et inter punctum medium porlionis hahentis crassitudinem ad
lincam secundam. Erweiterung des Satzes 3. von den statischen Momenten
dahin, dass bei der im voiigen Satze angenommenen Vertheilung des Ge-
wichtes, der Ualbierungspunct des mit Masse belegten Theiles des Wage-
balkcns als Angrifispunct dos einen Gewichtes angesehen wird.
8. Satz. Quando est perpendicularis recla equalis crassitudinis et substantie
et suspenditur perpendicularis tum punctum ipsius non super medium en't, Dielir-
klärung dieses Salzes ist mir nicht gelungen. Damit dies Andern möglich ist,
setze ich den Beweis unseres Manuscriptes noch hierher. Derselbe lautet
(Seite 73 Zeile 1 1 — 23) : Assumpta conclusione precedcnte illud quod hoc dicitur
non fit nisi si esset linea ,a,b, sicud .10. et .a.g, duo et g.d. duo et .d.b.
residua perpendicularis .d.b. .12. et .a .d. linea cui non est pondus et perpendi-
cularis .d.b. est cum pondere continuo cum porlionc linee .a.b. Palet igitur
quod proporlio ponderis , quod suspenditur cum puncto .a. ul sit rectificans
pondus porlionis et pondus porlionis .d.b. est equalis .f/.v. ad .(j.a quia .v.
est medium .d.b . et .(j .v . est medictas , .a.b. quia .d.b . est superfluitas eius
quod est inter duas scctores Ha diuisimus eam in duc mcdietales et addidimus
medictates eius secundum lincam breuiorem ergo .g.v. est medictas tolius
linee et proporlio eius ad .g.a. est sicud proporlio totius linee ad duplum linee
.a.g. ergo cum multiplicamus pondus .d.b. in longiorem .a.b. et , diuisimus
quod proueniel secundum subduplum *a.g . est illud quod egreditur ex diuisione
ipsum pondus quod reclificat pondus super flucns perpendicularis doncc remanet
equalis secundum cquidistantiam urizontis.
Im Codex Regina Succorum 1263 lieisst dieser Satz: Dico ergo quod quo-
niam est perpendicularis rccla equalis grossiludinis ei substantie et suspenditur
perpendicularis in puncto ipsius non sujtcr medium et uolumus scire quamlibet
accipiamus quantitatcm ponderis quod mm suspenditur in extremitate scctoris
breuioris ex duabus secloribus perpendicularis cquatur super cquidistantiam
orizontis/ sie nos scimus pondus alius perpendicularis et seimus longitudinem
eius et longitudinem cuiusque duarum seetionum eius. Et accipiemus supcrfluum
König!. Gyninasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Cürtze. 61
fjfiiod est inier duas seclores et multipUcabimus ipsum in pottdus perpendicularis et
diuidimus quod aggregatur super longiiudinem perpendicularis quod ergo egre-
ditur ex diuisione est illud pondtis superfluclatis que est inter duas secliones et
est proportio perpendicularis superfluens super equalitatem deinde accipiamus
pondus huius portionis et multipUcabimus in longiiudinem perpendictdaris et
quod aggregatur diuidimus ipsum super duplum sectoris breuioris duarum Sectio-
num perpendicularis quod ergo aggregatur ex diuisione eril quantitas que cum
suspenditur cum extremitale sectoris breuioris duarum sectionum perpendicula-
ris equatur pondus eius super equalitatem orizontis.
Hier ist nattirlich der Sinn nnmittelbar gegeben.
Das Ende des Ganzen, wie es Steinschneider a. a. O. mittheilt,
stimmt wieder gar nicht mit dem, was bei uns das Ende bildet. Denn nach
den eben angeführten Worten des Beweises von Satz 8. folgt bei uns ein-
fach (Seite 73, Zeile 23 und 21): Et sie discerne mirificum C Explieit cara-
stonifl liber !| editus a thebith filio thore. Betrachten wir die oben mitge-
theilten Sätze in der Hinsicht genauer, als darin eine Theorie der Hand-
wage liegen soll, so sieht man sogleich, dass dies nicht die sogenannte rö-
mische Schnellwage sein kann, bei der der Aufhängepunct fest ist; und
das Gewicht verschoben werden kann, sondern dass das liber caraslonis
sich mit der schwedischen Schnellwage beschäftigt, bei welcher das
Gewicht einen Theil des Wagebalkens bildet, und der Aufhängepunct ver-
schoben wird.
§7.
Sechstes Stflck: Yerba flliornm MoysI fliii Schyr • i • Marmeti (8ic!).Hameti.
Hasen.
Von Seite 73 Zeile 25 bis Seite 79 Zeile 35 befindet sich in unserer
Handschrift weiter ein Stück, neben welchem auf dem rechten Handc die
oben als Inhaltsangabe gesetzten Worte sich beßnden, während auf dem
linken innern Rande zwei andere Worte stehen : .?".*" /rar*f"* Es ist also
wohl keinem Zweifel unterworfen , dass dieses Stück ein Exemplar dos fllr
die Geschichte der Geometrie so wichtigen Werkes sein soll, das von
Chasles in seinem Apercu historique an vielen Stellen hervorgehoben
wird. Um so wunderbarer für mich war die Bemerkung, dass alle bis jetzt
von diesem Werke veröffentlichten Bruchstücke sich absolut in unsrer
Handschrift nicht nachweisen lassen. So fehlt z. B. der Lehrsatz, den
Chasles besonders hervorhebt, und dessen Uebersetzung nach dem Basler
Codex Kinkelin in Grunerts Archiv Th. XXXIX, 18G gibt, voll-
ständig, obwohl er nach Chasles der einzige den Brüdern eigenthümliche
Satz ist.
Nach Steinschneider (diese Zeitschrift X. Jahrg. S. 488) ist nun
nur derjenige Theil der Handschriften als Verba filiorum etc, zu bezeichnen,
dessen Ueberschrift ist: Tractatus de mensuratione superficierum et solid(iru.vx
62 Uebcr die Handschrift U. 4v 2, Problematutn Euclidis explicatio, der
inprimis autem drctdi^et sphaerae. Aber auch die Worte, mit denen dieser
Theil beginnt: Proplerea quod uidimus quod conucniens est necestiias
scientiae mensurae figurarum lassen sich bei uns nicht nachweisen, wohl aber
beschäftigt sich die Abhandlung mit der Ausmessung der Flächen, insbe-
sondere des Kreises, und der Körper. Da ich weitere Vergleichnngsmittcl
nicht besitze, so muss ich mich begnügen, hier diejenigen Bemerkungen
folgen zu lassen, die unsere Handschrift nötliig zu machen scheint.
Leider ist meine Bitte an Herrn Professor KinkeHn in Basel um
einige Auskunft über die Baseler Handschrift der Verba filiorum^ die vor
länger als einem Jahre gemacht ist, vollständig unbeachtet geblieben.
Vielleicht war sie etwas zu kühn, da aber die hervorragendsten Personen
mir gern und bereitwillig Auskunft gegeben hatten , so hoffte ich auch hier
keine abschlägige Antwort zu erhalten. Wie schon gesagt blieb ich ganz
ohne Erwiederung.
Die Verba filiorum Moysi cet, beginnen in unserem Codex (S^ile 73
Zeile 25 — 26) : LongUudo est Ulud quod cxtenditur secundum rectiludinem intluat
partes jj simul lerminum. Darauf folgen die Erklärungen von latitudo und alti-
tudo sowie der Flächen- und Körpereinheit frMtt/5 longitudo est vna et latHudo est
vna cuius anguli sunt recti; cuius longitudo est vna, latitudo est vna et cuius
altitudo est vna et eleuatio super ficierum cius quar andern super alias est secun-
dum angtdos reclos). Darauf folgen Lehrsätze und Aufgaben am innem
Rande von 1 — G und dann nochmals von 1 — 5 numeriert. Diese Sätze und
Aufgaben lauten:
1 . Omnis figure laterale contingentis circtdum multiplicatio medieialfs dya-
mctri circuli in medietatrm omnium laterum figure contingentis circtdum est
embadum figure laterale.
2. Medietatis dyametri circuli inuitiplicalio in mediclatem omnium laterum
omnis figure in circulo contente est minor embado superficiei circidi,
3. Si fuerit omnis linea terminata et circulus tunc si fuerit linea Icrminatn
breuior linea continente circulum tunc possibilc est quod fiat in circulo altera
laterata quam coniingat circulus et sunt latera eius coniuncti longius linea ter-
mifiata et si fuerit linea terminata longior linea continente circulum tunc possi-
tiile est ul fiat supra circulum figura laterata coutingens cum et erunt latera eius
aggregala breuius linea terminata.
4. Medietatis dyametri cuiuslibct circidi multiplicatio in medietalem linee
contine?itis ipsum est embadum superficiei ipsius.
b. Proportio dyametri omnis circuli ad lineam continentem ipsum est vna,
i). Que igilur sit proportio dyametri ad lineam continentem ipsum operabi-
mus sicud Arehimenides solus ita quod non fallatur inquisitor in propinouitate
uvrilatis proponens vnius ad alterum nifii minus minuto quod est pars 6(/*, dya-
metri. Et si uoluerit quod tum medium nisi minus secundo quod est pars 00"
dyametri minuti et plus illa ut jtcrurniat ad quamcumquc limen uoluerit compu-
tator terminare. Hierzu erlaube ich mir die Berechnung des Mannscriptes
Königl. Oymnasialbibliothek zu Thorn, Von Maximilian Cübtze. 63
im Wortlaut folgen zu lassen: SÜ circulus .a.c.b, cuius.dyameier ,a,h. cen-
trum .(j, et prolraham ex cetUro lineam .g.z. conlinenlenis cum linea .g.b,
tcrtiam anguli recti ei erigam super punctum .b. linee .g.b, lineam .b.z,
ortogomtliter manifestum est quod arcus qui subtenditur angulo ,b.g.z, est medic-
tas sexte circuli .a.c.b. et quod linea .b.z. est medietas lateris exagoni con-
tingentis circulum .a.c.b. et diuidam angulum .g.b,z. (mnss heissen .b.g.z.)
in dno media cum linea .g.n. et diuidam angulum .g.b.n. in duo media per
lineam .g.d. et diuidam angulum .b.g.d. in duo media per lineam .g.h. Mani-
festum est quod arcus qui subtenditur angulo .b.g.h. est pars centesima et
92"* circuli .a.c.b. et quod linea .b.h. est medietas lateris figure habentis 96
latera contingentis circulum .a.c.b. Tunc prefacicntes vsus numeri in eo quod
compulatur ponamus lineam .g.z. 3 centum et .6 . cuius linee quadratum nu-
mero erit nonaginta tria millia et sex centum et triginta sex et crit linea .b.z.
centum et quinquaginta tres quia angulus .b.g.z. tertia anguli recti et angulus
.g.b.z . est angulus reclus et erit quadratum linee .g.z. viginli tria milia et
quadringenta et nouem et quadratum litiee .g»b. septuaginta milia et ducenta
et uiginti Septem igitur linea .g.b. est plus ducenlis. Obwohl liier die Rech-
nung offenbar noch nicht zum Ende gelangt ist, so'schliesst sich doch an
die hier mitgetheilten Worte unmittelbar ohne jeden Zwischenraum die
zweite mit 1 — 5 bezeichnete Reihe von Sätzen an, und zwar beginnt die-
selbe mit der letzten Zeile der Seite 76. Diese zweite Reihe von Sätzen
behandelt den Körperinhalt. Ihr Wortlaut ist der Folgende:
1. Si fuerint quelibet quanlitates quarum numeratio sit par et fuerit
augmentum super alias equales fueritquc prima earum maior composito prime
medictatis earum adderit super composilionem secunde medielatis cor um secun-
dum equalitatem multiplicationis medielatis summe nufnerationis earum in se et
par ea in vnam additionem. Arithmetischer Lehnsatz. Er gibt die Regel für
die Summe einer arithmetischen Reihe.
2. Quando a centro circuli super dyametrum medietas dyametri perpendi-
culariter educetur a cuius termino superiore vna equalium cordarum totam cir-
culi quartam per equälia diuisam cordarum donec extra circulum cum dyametro
roncurrat protrahetur longitudo que inier cßnlrum comprehenditur et concur-
sum lineis omnibus que a sectionibus quadrante equedistantis protrahuntur intra
circxdum dyametro medio que dyametris penitus adequatur.
3. Si fuerit intra circiäum poligona superficies quod ex medietate latemm
cius 'in vnam lineam coniunctorum medio circtäi dyametro producilur circulo
minus esse si uero fuerit extra maius.
4. Cum rotunde pyramidis axis centro basis orthogonaliter obstiterit linea
que ad circulum dyametris basis a uertice eadem in medietate circumferentie
ducta Pyramide exteriori reddit superficiem quia nee in maiorem nee in mino-
rem. Quid per poligona declaratur ut supra vnam manifestum est quod si resecta
fuerit pyramidis a pyramide. erit residui superficies ex ductu linee duas duorum
circulorum dyamelros continuatis ex altera parle in medielales duarum circum-
G4 Ueber die Handschrift R. 4? 2, Problematnm Enclidis cxplieatio^ der
%
ferentiarum. Die hierin definierte abgekürzte Pyramide benennt der Ver-
fasser frufelluTHy und %ibt nun endlich hierüber noch folgenden Satz.
5. Cum fnUeÜis et pyramide super posila compositum corpus in emisperio
(d. h. hemisphaerio) concludetur aliudque concludens emisperia fueritque pyra-
midis et fruteUorum reudutiones eiusdem longitudinis erit eius exterior super-
ficies minor duplo circuli qui basis est eiusdem corporis emispeni maioris auiem
duplo basis emisperii minor. Mit dem Beweise dieses Satzes schliesst nnsere.
Abhandlung. Die letzten Worte lauten (S. 79 Zeile 35): Ex hijs mani-
festum est superficiem circuli maiorem quam plani reperiri. Die einzige Stelle,
die eine entfernte Achnlichkeit mit dem bekannten Werke Verba fiHo-
rum cet, hat, ist der Satz 2. der zweiten Reihe. Derselbe stimmt nämlich
im Anfange des Beweises und im Ende desselben mit dem von Stein-
schneider a. a. O. S. 489 mitgetheiltcn Anhange, dessen XJcberschrift
ist: Iste modus est sufficiens in arte hepfagoni cadenlis in circulOj doch ist
dieser Satz mit seinem Beweise allein sicherlich nicht diesem Anhange
adäquat.
§8.
Siebentes Stück: Demonstratio magistri Campani de flgnra sectore.
In Bezug auf diesen Gegenstand kann ich mich kurz fassen. Was ins
Besondere die Geschichte der Figura seclor betrifft, so sehe man den drit-
ten Brief Steinschneiders an den Fürsten Boncompagni*) und die
schon genannte Abhandlung „lieber die mittlem Bücher der Ara-
ber" in dieser Zeitschrift Jahrg. X. Der in dem eben genannten Briefe
als Anhang abgedruckte Tratatello De Figura Sectore y dort für das AVerk
des Thabit bcn Corra gehalten, obgleich in der Abhandlung in dieser
Zeitschrift S. 40G diese Ansicht fallen gelassen ist mit Hinblick auf das
uns vorliegende Manuscript, ist nun mit wenigen Varianten wörtlich mit
dem in der Ueberschrift dieses l^aragraphen genannten Stücke unserer
Handschrift identisch. Im Folgenden beziehe ich mich deshalb einfach auf
di4»sen Abdruck und gebe nur die hauptsächlichsten Varianten an. Zu-
nächst mache ich auf die verschiedene Zahl der Figuren aufmerksam. Die
erste Figur des Abdrucks, ein Halbkreis mit einer auf dem Durchmesser
stehenden Senkrechten, fehlt bei uns gänzlich, ebenso der durch zwei senk-
rechte Durchmesser getheilto kleine Kreis. Die Figur auf Seite 37 des
obigen Abdruckes ist bei uns die erste, die auf Seite 3G gegebene bei uns
die dritte, aber gerade umgekehrt; ausserdem sind aber hei uns noch drei
Figuren vorhanden, die in dem Abdrucke sich nicht linden.
Unser Manuscript beginnt Seite 79 Zeile 3G — 39 in Uebereinstimmang
mit dem Abdrucke „Cum aliquis semicirculus diiiidilur in duos arcus quolibct
*) Intorno a Nasawi ed Abu So/il Et-Kuhi etc. Roma 1864.
Königl. Gymnasialbiblioihek zu Thom. Von Maximilian Curtze. 65
modo continlgat el (verschrieben für erit) corda dupli vnius equalis corde dupli
ullerius. hoc enim || palet si perficias toium circulum et perpendicularem pro-
trahas ad perficiendum cordam \\ nam erit corda dupli ulriusque arcu§, — Nur
(las grösser Gedruckte ist bei uns durch grössere Schrift ausgezeichnet.
Auch die Zeilen 1*^ — 21 von Seite 36 des Abdrucks und der Beweis bis
Seite 37, Col. 1, Zeile 1 : chorde dupli . ce, stimmen bis auf ein paar Wortver-
schiedenheiten vollständig überein. Die dann folgenden Zeilen bis zum
Zeichen € sind bei uns ein besonderer Absatz, und dann bilden die Zeilen
12 — 21 bis zu den Worten dupli arcus.cb, einen neuen Lehrsatz, der grösser
geschrieben und mit Koth unterstrichen ist. Bis Zeile 33 intendimus ist dann
Gleichheit vorhanden, dann aber bei uns der Beweis in drei Theile getheilt,
die am Hände mit 1, 2, 3 gezählt sind. Der erste beginnt mit den Worten:
Sit igitur residuum semicirculi und endigt mit den Worten des Abdrucks (S.
37, Col. 1, Zeile 67) : arcus.cb. Der zweite Theil beginnt dann wieder mit:
Sit ut residuum semicirculi und reicht bis zum Zeichen C Col. 2, Zeile 34.
Der dritte Theil endlich stimmt mit dem Schlüsse des Tratatello vollständig
überein. Zuletzt steht bei uns noch die Bemerkung (Seite 82, Zeile 4):
Explicit demonstratio magistri campani de figura seclore. Dass unser Manuscript
recht hat, wenn es so eintheilt, wie ich angegeben habe, sieht man leicht,
da der Satz, um deswillen der ganze tractatus geschrieben ist, eben der bei
uns hervorgehobene Satz 3. ist, was man aus dem Abdrucke bei Stein-
schneider ohne Weiteres wenigstens nicht erkennen kann*).
§ 9-
Achtes Stück: Algorismas proportlonum magistri Nlcolay Orem.
Wir sind jetzt zu einem der wichtigsten Theile unsrer Handschrift ge-
langt, über den ich mir sehr ausführlich zu berichten erlauben werde. Die
fragliche Abhandlung erstreckt sich von Zeile 5, äeite 82 bis zum Ende der
Seite 93. Den Verfasser finde ich in den Werken über Geschichte der Ma-
thematik nur erwähnt bei Montnola, Histoire des Mathematiques. 2® cdition
T, L p, 530, Hier sagt er unter Anderm : Nicolas Oresme fit une traduclion
ou traite original de la sphere^ et traduisit le livre ^,de Mundo*"^ d'Aristote, II
fut aussi auteur d'un traite „de Proportionibos proportionnm" ou „de Pro-
portionibns ", rcste manuscn't. Selbst in Händen gehabt zu haben scheint
Montucla dieses Werk nicht, da er sonst wohl etwas mehr darüber gesagt
haben würde. In den mir zugänglichen Handschriftenkatalogen habe ich
nur zwei andere Manuscripte entdecken können , eins in der Bibliothek des
Sam. Pepys**) nämlich ^^Tractatus de proportionibus proportionum magistri
*) In der BihHotheca Mediceo - Laurenziana befindet sich ebenfalls ein Manu-
Script nnter dem Titel: Tractatus Campani de proportione et proportion atitate et de
figxura, das offenbar auch mit unserm Tractate identisch sein dürfte. (M. s. Heilbronner,
Historia matheseos uniuersae p. 663, § 44, N. 16.)
**) M 8. Catalogus librorum manuscriptorwn Angliae cet, Oxoniae 1697 Fol. T. II
part. 1. Cat. MS. D, Sam. Pepysii pag. 209 N*i 6780«*.
Zeittchrifl f. Mathematik u. Physik. (Supplem.) \>
06 Ueber die Handschrift R. 4« 2, Problematum Euclidis explicatio, der
Tiicolai Orem^^^ das andere in der Biblhteca Magliabechiaiia \n Floren**).
Aus dem Werke des Francis Meunier, Essai sur la vie et les ouvrages
de JStcole Oresme^ Paris JS/*7 entnehme ich noch, dass die Kaiserliche Biblio-
thek in Paris ebenfalls eine Handschrift besitzt, die möglicherweise die
Originalhandschrift sein dürfte. Die Katalogsnummer, derselben ist Ancien
fond laiin 737/. Wenn aber Herr Me unier hinzufügt: iraile contre raslro-
logie^ so kann das nur daher rühren, dass er als Nichtmathematiker von
dem Inhalte gar nichts verstanden hat. Auch Ohasles muss diese Hand-
schrift nicht gekannt haben, da er sonst sicherlich in seinem Apercu
hisiorique dieses für das XIV. Jahrhundert ausgezeichneten Mannes, der
auch in die politische Geschichte thatkräftig eingegriffen hat, Erwähnung
gethan hätte. Das Werk speciell, was wir vor uns haben, enthält,
wie ich nachher nachzuweisen hoffe, die ganze Rechnungmit Po-
tenzen für ganze und gebrochne Exponenten in einer Bezeich-
nungsweise, die mit der unsrigen die grösste Aehnliehkeit
hat. Ehe ich jedoch zu dem Manuscripte selbst übergehe, von dem ich,
während diese Abhandlung in den Händen der Kedaction war, zur Jubel-
feier des 300jährigen Bestehens des hiesigen Gymnasiums im Auftrage des
hiesigen Copernicus-Vereins für Wissenschaft und Kunst einen
Abdruck besorgt habe, der nachher im Verlage von S. Calvary & Cmp.
in Berlin im Buchhandel erschienen ist, will ich Einiges über den Ver-
fasser hier beibringen und darin nach der in diesem Puncte sehr gründ-
lichen Arbeit Meuniers das berichtigen, was in obiger Ausgabe zum Theil
Unrichtiges mitgetheilt ist**).
Nicolaus Orosmius (Synonyma finden sich: Orom, Oresmus,
OresImuSjOremi HS, Uranus, Hören), auf französisch Nicole Oresme
genannt, ist um das zweite Jahrzehnt des XIV. Jahrhunderts geboren; ob
das Dorf Allemagne bei Caen in der Normandie sein Gebnrtsort ist,
bleibt völlig ungewiss und l)orulit lediglich «auf einer Localtradition. Wir
wissen von ihm nur, dass er im Jahre 1348 in das College de Navarre in
Paris eintrat, um Theologio. zu studieren und dass er allgemein für einen
Normannen galt, Tn Paris erwarb er sich auch die Doctorwürde und wird daher
auch wohl docteur de Paris oder — wie in unsrcm Manusciipte — Parisius
genannt. Tn dem College de f^avarrc blieb er als Schüler und später als
Lehrer bis zum 1. Oct. i:55G. Von dieser Zeit an bis zum 4. Dec. 1361
*) Die Katalogsnnmmer ist Cojivenli Sopressi I. IX. 26 früher N'? 123 der Bi-
bliothek des Klosters San Mrirco in Florenz,
**) Quellen waren ausser dem citierten Werke Menniers: Gallia chriMtiana
T. XI, Paris 1759 p. 788-89; Bio/p apldtj universelle T. 32 \^. G2— C4 Paris 1822 8*?.
/listoire tillerairc de la France T. XXIV Qnulorzümc sircle. Paris 1802. 4'/ an ver-
schiedenen Stellen, wieder abgedruckt in Victor le Clerc et Emest Benan, //i^toirt
lillcraire de la France au XIV siede T. edit. T. 1, II, Pari« I8r,5 8?, Da Pim, Bi-
hliothrque des auteurs ecciesiasliqucs du S. X/T. Utrecht 1731. T. XI. S. 82.
Königl. Qymnasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Curtze. 67
erhielt er das Amt als Grand maltre dieses College, 13G1 zum Dekan der
Kirche zu Ronen gewählt, rousste er, wenn auch nach langem Streuben,
jenes Amt niederlegen. Sechzehn Jahre verwaltete er das Dekanat zu
Ronen bis zum IC. Nov. 1377. Während dieser Zeit hielt er dem Papste
und den Kardinälen in Avignon die berühmte Predigt über den Text:
y^Juxta est Salus mea ut veniat^ ei justiiia mea ut reveletur^^ und zwar am
24. Dec. 1363. Seine Sendung durch Charle V le Sage im Jahre 13CG,
um den Papst von seiner beabsichtigten Flucht zurückzuhalten, ist apokryph,
ebenso wie die Behauptungen, dass er Lehrer Carl V. gewesen sei oder
Archidiakonus von Bayeux oder Schatzmeister der St.-Chapelle zu
Paris. Meunier zeigt die Unhaltbarkeit dieser Angaben aufschlagende
Weise. Während seines Aufenthaltes in Paris verfasste er seine lateini-
schen Schriften, als Dekan von Ronen auf Veranlassung des Königs
Charle le Sage die französich geschriebenen. Nachdem er durch die Für-
sprache seines königlichen Gönners am 16. Nov. 1377 zum Bischof von
Lisieux geweiht war, fehlte ihm ferner die Müsse zu solchen Arbeiten und
es sind auch dergleichen aus seinem spätem Leben nicht bekannt.
Oresme starb am 11. Juli 1382. Du Pin lässt ihn im Jahre 1384
sterben und fügt noch hinzu 7 Jahre nach seiner Investitur, aber mit Un-
recht. Folgende Stelle der Gallia christiana (S. 788): Defunctus die 11, Julii
13S2, sepuUuram accepit in cathedrali juxta sinistram chori portam et die se-
quenti fit eins obiius in ecclesia Lexoviensi. Et certe vacabat sedes an. 13S2
die 5. Augusti ex reg. 123 Caroli VI in quo Nicolai Le.roriensis honae memoriae
episcopi fit meniioy lässt über den 11. Juli 1382 als Todestag des Ores-
mius keinem Zweifel Raum.
Von seinen Werken führe ich die mathematisch-physikalischen an:
1) Traite de la sphet^ gedruckt Paris s. ä., löQ8, 1546 in 60 Capiteln,
in den Handschriften meistens lateinisch übersetzt.
2) Tractatus de lalitudinibus fonnarum oder de uniformilale et difformi-
late intentionum gedruckt in dem Werke Questio de modulibus Bassani Politi
etc. Venetiis sumptibus heredum etc. D. Oclaviani Scoli etc. 1505 unter dem
Titel : lucipit pcrutilis tractatus de lalitudinibus formarum secundum Reveren-
dum magistrum Nicholaum Hören'*). Auch dieser Tractat befindet sich in
unserer Handschrift und wird von Meunier fälschlich als traite conlre
Vastrologie bezeichnet.
3) Algorismus proportionum, das Werk, mit dem wir uns zu beschäftigen
*) Wie ich soeben aus Fabricius, IHhliotheva mediae et infiinae latinitatis ersehe,
ist diese Ausgabe bis jetzt unbekannt geblieben. Aus derselben Quelle tlieile ich
noch mit, dass die Bibliothek des College de Navarre zu Paris von diesem Werke,
das dort aber gerade wie bei uns de laiitudine formarum beisst, ein Manuscript,
wahrscheinlich das Original, besitzt. Von dem Algorismtis proporiionum hat er
nur Kunde durch Johannes Picus, Mirandulanus, aus dem wahrscheinlich
auch Montncla seine Notiz geschöpft hat. Auch Meunier kennt obige Ausgabe
nicht.
6>J Uelif^r die Hancbchrift R. 4? 2, Problematum Eaclidis explicfttki, der
haben. Dips ist der Titel, den O res m ins selbst zweimal citiert. {Trad. des
PUiiif{ue% (TAriMtote, VIII, 7. — Trad, du tr. du Ciel ei du Jiomde, TT, IS).
Augenblicklich gedrockt. Berlin 18»>8.
4) Tractnlus de proporlionaiitate moluum eoelestium, Pariser Hand-
schrift Jneien fond lat. 7:ilS A. — Codex Vaticanus -/OS 2.
5 — 7) Rationes et causne mirabilium in natura. — IHura guotBiöefa et
diversae f/uaestiones, — Soiuiiones praedictorum problematum. Alle drei ent-
halten in dem Pariser Mannscript Fond St. Victor 439.
8) Uebersetznng des Baches de coelo et mundo des Aristoteles.
Pariser Manscrpt. Anc. fond. franrais 7065*).
Ich gehe über zu der Betrachtung des Inhalts des Algorismus proportio-
num^ dessen ansführiiche Darlegung ich auch nach der Herausgabe des
ganzen Werkchens nicht för überflüssig halten kann.
a) Der Algorismus proportionum ist in drei Tractate getheilt. Hiervon
beschäftigt sich jedoch nur der erste mit dem wirklichen Algorismus,
eine Kegel, die sich im zweiten Tractat findet, ausgenommen. Die beiden
letzten Tractate behandeln nur Anwendungen der gegebenen Regeln auf
die verschiedenen Zweige der Mathematik.
Der erste Tractat beginnt (S. 82, Zeile 1 — 2): VNa media dehet sie
scribi vna tcrtia sie \ » \ ^^ ^ue terlie sie \\-^\ et sie de alijs. Der Be-
griff proportio ist nicht definiert, doch ist er in dem im Alterthum und Mit-
telalter bekannten Sinne von geometrischem Verhältniss verstanden.
Es hat diesen Namen bei Oresme aber nur dann, wenn es ein fallendes
ist, d. li. wenn der A nteccden t grösser ist als der Consequent. Ist
da« VorhältnisH ein steigendes, so heisst es stets fraciio. Die Namen der
verscliiedonen Verhältnisse sind die des Bocthius, wenn auch nicht voll-
Htändig; er führt dabei aber neue Begrifte und neue Bezeichnungsweisen
ein. Die proportio dupla^ tripla elc. bezeichnet er durch 2^, 3^ oder 2 •*, 3*
n. 8. w. , die proportio scsquialtera , sesquiterlia cel, dagegen durch j-t^ ,
r**.. , cel. oder auch durch 1^ ^ M ^^' s
cct. also gerade noch wie
wir auch bezeichnen. Die Verhältnisse 5 : 3, 8 : 3 d. h. proportio superpar-
ticns duas Icrlius^. proportio dupla super partiens duas tertias etc. bezeichnet
er
entsprechend durch ] .3 h \\ \ cct. oder auch durch 1^ « L 2^ -"
•) J>a88 (lio Franzosen von diesen Ucbersetzungen selbst nichts mehr wissen,
kann man ans dem im Jahre 18C3 bei Ladrangc in Paris erschienen Bache
„ Tratte du Ciel d"* Aristo Ic traduil en fran^aitt pour la premiire foU cel. par J. Bar-
tMlemy St, J/ilaire ersehen, während gerade das Französichc des Oresmius in
diesen Uebersetznngen sehr gerühmt wird (Histoire litt, de la France T. XXIV
p. JS2). Auch loordain, Sur les traductions tatines iVAristote hat nicht einmal den
Namen einer Erwähnung werth gehalten.
Königl. Gyranasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Cürtze. 69
"-^ - -<■ v^v- t.
W
ce/., also ebenfalls wie wir noch heute thun. Leonardo Pisano hat für
12 2
diese Grössen die Zeichen _ 1, -1, -2 d. h. gerade die umgekehrten des
^ o ö
Oresme. wenigstens ist so in Libri's, Histoirc des Mathemaliques en Italic
gedruckt. Diese Zeichen des Leonardo Pisano benutzt Oresme in
2
einem ganz andern Sinne. Das Zeichen -2, oder wie Oresme schreiben
«5
ürde .. 2^ L heisst nichts weiter als 2lr, um unsre Zeichen zu gebrauchen.
Mit Worten ausgedrückt heisst das bei Oresme: due terlie proportionis
duplc oder auch kurz duo terlie duple. Wir werden später sehen, auf wel-
chem Grundgedanken diese Bezeichnung beruht. Die Potenzen mit ge-
brochenen Exponenten, von deren Gebrauch man bis jetzt annahm, dass.
derselbe durch Vieta zuerst in Anwendung gekommen sei*), treten aber
wohl an dieser Stelle zuerst auf. Dergleichen Verhältnisse heissen bei un-
serm Schriftsteller proportiones irrationales ^ die gewöhnlichen dagegen /?ro-
portiones rationales, Bezeichnungen, die noch gäng und gebe sind.
Die Kechnung mit solchen Verhältnissen gibt Oresme nun in 9
Regeln, zu denen dann die im zweiten Tractat als zehnte tritt. Der Algo-
rismus ist aber nicht etwa die Rechnung mit Brüchen, sondern die Auf-
suchung der zusammengesetzten Verhältnisse, wenn die einfachen oder
zusammensetzenden Verhältnisse gegeben sind. Die Zusammensetzung
directer Verhältnisse heisst Addition derselben, die Zusammensetzung
eines directen und eines indirecten dagegen Subtraction der Verhält-
nisse. Diese Bezeichnung findet sich schon bei Jordan us Nemorarius
und zieht sich bis in Card ans Werk über Proportionen hinein. Die
Regeln des Oresme für diese Rechnungen sind nun folgende:
1. Begel. Proportionem rationalem proportioni rationali addere, d. h.
also, das zusammengesetzte Verhältniss zweier gleichartiger Verhältnisse
bestimmen. Vorausgesetzt wird, dass die Verhältnisse in den kleinsten
Zahlen gegeben sind. Dann lässt sich die Regel des Oresme in unsrer
Art zu sprechen so ausdrücken: Man multipliciere die beiden
grössten Zahlen, d. h. die Zähler, und ebenso die beiden klei-
nem Zahlen, d. h. die Nenner, die gefundnen Zahlen bilden
die Glieder des gesuchten Verhältnisses. Auf diese Weise,
fährt er fort, kann man auch zwei, drei, vier und überhaupt eine
beliebige Anzahl von Verhältnissen addieren, d. h. zu einem
einzigen Verhältniss zusammensetzen. Sind die Verhältnisse, die man zu-
sammensetzen soll, einander gleich, so heisst die Operation nach Oresme
•) Klügeis Wörterbuch sub verbo Potenz. Nach Pronhet , Sur Vinvention
des exposantn fractionnaires oh incommensurables (Nouv. Ann. de Math. T. 18. Bull,
de IVibl. p. 42) war Simon Stevin von Brügge der Erfinder. (Briefliche Mitthei-
lang des Herrn Prof. Cantor in Heidelberg).
70 lieber die Handschrift R. 4'! 2, Problematum Eiiclidis expiicatio^ der
proportionem duplari, Iriplari cot. Die proportio duplata^ triplata^ u. 8. w. ist
nun aber offenbar nach dem Obigen das, was wir als quadratisches,
cu bisch es u. s.' w. Verhältniss bezeichnen. Der technische Ausdruck fiir
das quadratische , cubischo Verhältniss von 2 : 3 oder proportio sesquialtcra
ist nun aber bei Oresme folgendes: due scsquialtere ^ tres sesquialtere^
u. s. w., wo überall proportiones zu ergänzen ist. Nun ist es auch klar, wie
Oresme auf die irrationalen Verhältnisse, mcdietas sesquialtere , tcriia pars
sesquiallere u. dgl. gekommen, und dass diese Begriffe wirklich das bedeu-
ten , was ich ihnen oben als Sinn unterlegte.
Für den Beweis bezieht der Verfasser sich auf die Arithmetik des
JordanusNemorarius*). In dieser belinden sich die hierher gehörigen
Sätze im 5. Buche. Darin ist jedoch, wie in dem ganzen Werke des Jor-
danus nur gesagt, wie man zwei Verhältnisse addieren und wie subtrahie-
ren muss, irrationale Verhältnisse und alle übrigen Sätze des Oresmius
sind ihm aber eigenthtimlich , und finden sich nicht in jenem Werke. Auch
bei Card an US**) habe ich sie vergeblich gesucht, sowie in andern mir zu
Gebote stehenden Werken aus den Zeiten der Erfindung der Buchdrucker-
knnst. Als selbstverständlich nimmt Oresme an, dass z. B. due duple und
tres duple zur Summe quinqttc duple haben; darin liegt aber offenbar der
Satz der neuern Arithmetik:
\^l) . . . a ' a = a
2. RegeL Proportionem ratiomdem a proportiortc rationali subtrahere,
d. h. das zusammengesetzte Verhältniss zweier anderer Verhältnisse be-
stimmen, wenn das eine direct, das andere indirect ist. Die obige Voraus-
setzung ist natürlich hier ebenfalls massgebend. Die vom Verfasser ge-
gebne Lösung lässt sich folgendermassen aussprechen: Mau stelle die
Verhältnisse alsBrüche geschrieben neben einander und mul-
tipliciere übers Kreuz, die so bestimmten Zahlen sind die
Glieder des gesuchten Verhältnisses. Von den beiden ge-
gebenen Verhältnissen ist dasjenige das grössere, dessen
Zähler mit dem Nenner des andern multipliciert das grössere
Pro du et gibt. Von diesem ist dann natürlich das andere zu subtrahieren.
Z. B. subtrahiert er die proportio sesquiallera von der proportio sesquitertia
d. h. er dividiert ^ durch ^, Er findet 3-3 = 0, 2-4 = 8 und das zu-
sammengesetzte Verhältniss, hier natürlich cxccssus genannt, ist 9 : 8 d. h.
proportio sesquioclavn. Nach seiner Erklärung ist i^ > ^-, wie es sein muss.
Aehnlich wie oben schliesst aber Oresme, dass z. B. quinquc duple
*) Jordani Ncmorarii C/missimi viri Klementa Aritkmetica : cft demonstraliomhus
JacQÖi Fahrt Stapulensis. Pinisiis 1496, Klatt 13»» — 15^ (NB! die Blätter sind nicht
numeriert.) Jordanus Nemorarius lebte um 1235.
**) Hicronijmi Cardani Mediolanensis etc. Opus novnm de proportionibus rmmerorum
cet. praetcrea Arlis maynac sive de regidis aff/ebraicis liber vnus cet. item De AHza
rcgida Über cel. IJasileae 1570.
Königl. Gymnasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Curtze. 71
weniger due duplc gleich tres duple sind , damit bringt er aber die Formel
unsrcr Arithmetik in Anwendung:
m — M
(2) . . . — = «
Hier muss natürlich m ^ n sein, da negative Zahlen für ihn nicht
existieren.
3. Regel. Si proportio irraiionalis fucrit partes alicuius rationalis^ ipsam
possibüe est parlem notare. El hoc alterius rationalis licet non eiusdem, vnum
compeientius nominatur*) pars quam partes. Der Sinn dieser Worte lässt
sich am leichtesten durch eine Formel veranschaulichen. Sie bedeuten
nämlich nichts anderes als:
i
(3) ...««= K)..
Er hat z. B. das Exempel: due terlie quadruple sind gleich una tertia qua-
druple duplicate vel una tertia sedecuple, d. h. 4^ = (4^)i = 16^.
Aber Oresme geht noch weiter. Er fügt nämlich hinzu: Vniversale
vna tertia totius est due tertie medietatis vel subduple und umgekehrt: due ter-
tie subduple sunt vna tertia duple et sie de quibuslibet partibus. Darin liegen
die beiden Formeln :
I P ±
(4) . . . «w< = («w ) p ,
(5) . . . {ap)m = am,
4. Regel. Denominatorem proportionis irraiionalis propn'ssime assignare.
Der Nenner eines irrationalen Verhältnisses ist dabei als der Nenner des
Bmchexponenten aufgefasst. Die Aufgabe, deren Lösung hier Oresme gibt,
ist in der Formel ausgedrückt:
P fMp 1
(6) (««•)V = {n-^)^n
dabei ist aber vorausgesetzt, dass m und q beide durch n ohne Kest auf-
gehen, n ist dabei das grösste gemeinschaftliche Vielfache. Oresme unter-
scheidet hier zwei Arten rationaler Verhältnisse: 1) Proportio rationalis pri-
maria^ 2) Proportio rationalis secundaria^ d. h. Verhältnisse, deren Glieder sich
nicht als dieselben Potenzen zweier Zahlen darstellen lassen, und solche, bei
denen dies möglich ist. Zur ersten Art gehören proportio tripla und proportio
sesquialtera y zur zweiten Art proportio quadrupla gleich due duple oder /)ro-
portio octupla gleich tres duple oder proportio 16 ad 9 gleich due sesquitertie
u. s. w. In unsern Zeichen sind seine Regeln folgende: Ist zu transfor-
*) So hat die Handschrift. Es ist nur der grossen Eile des Druckes, der
des oben angegebnen Zweckes halber in 8 Tagen vollendet sein musste, zuzu-
schreiben, dass notalur stehen geblieben. Ich benutze die Gelegenheit noch um
zwei unangenehm auffallende Druckfehler zu notieren. Anf 8. A Zeile 6 v. o.
muss es heissen: Seite 82 statt Seite 32 nnd in der Unterschrift auf der beige-
gebenen photographischen Tafel: Seite 82 statt Seite 22.
72 Ueber die Handschrift R. 4*? 2, Problematum Euclidis explicatio, der
'^ .- .'-,-".-_»
v_
inieren («'")* und sind m und q relative PrimzaldeTi, so ist nach der letzten
Regel
(7) ((r)i = («'»'')«.
Sind aber m und q nicht relative Primzahlen, sondern ist m==r.nj q=s,n^
l 1
so erhält man die Formel (6) in der Form («"*)^ == («'*'')*. Als Beispiele
findet man :
[Ü] = ßä« (=»')^' = GS = ^'' (^")' = ''' = ßj]-
5. Regel. Proportionem irrationalem proportioni rationali addere. Diese
Regel enthält das, was man bei der Wurzelrechnung das Bringen einer
Zahl unter das Wurzelzeichen nennt. Das irrationale Verhältniss wird da-
bei nach Regel 4. als proprissime assignata angenommen. Die algebraische
Formel, die unsrc Regel ausdrückt, lässt sich folgend ermassen schreiben
(8) . . . a ' b" ={a''.b)\
Darin liegt natürlich auch die andere Formel
1
(9) . . . (f/'')«=rt.
Als Beispiele findet man :
6. Regel. Proportionem irrationalem a proportioni rationali subtrahere.
In dieser Regel ist auch die Lösung des umgekehrten Problems enthalten,
je nachdem nämlich das rationale oder das irrationale Verhältniss das
grössere ist. Dieselbe gibt die Anweisung zu folgenden beiden allgemeinen
Formeln :
, , b" f b \"
(11) . . . -^- =
Daraus zieht Orosme aber auch noch die allgemeinere Formel:
j.
(12) wenn , = c ist, so ist auch —r = c*.
b L
7. und 8. Regel. In additionc irraiionalis ad irrationalem et siibtraxionc
irrationalis ab irrationali sunt regule gencrales pro qtiibuslibet quantitatibus.
Man findet 2 Fälle erledigt, nämlich 1. addcndo (Regel 7.); 2. subirahcndo
j^ 1
(Regel 8.). Es sei c = « *^ , d = 6^ , dann hat man zunächst nach Oresme
c = a*"^ und d = />^^, d. h. die allgemeine Formel:
Königl. Qyinnasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian CüRTZE. 73
1 f"
(13) . . . «"• = «K
Aus (lieser Formel folgt nun zunächst addcfido:
1 ' 1
(14) . . c .d = a'' .br = {ar , i^ey/
und zweitens subtrahendo:
<-) ■ • ; - "i - &■
br
9. Regel. Si aiUem partes habent eandem dcnominntorem. Dies ist ein
specicller Fall der beiden letzten Regeln. Die gegebne Auflösung liefert
unsere Formeln :
1 ^ j_
(16) . . . «« . 6" = {aby \
(1^) i = ü •
b"
Letztere Formel identisch mit Formel (12).
Es folgt die allgemeine Bemerkung: Proporlio duplatur^ triplatur et
quomodolibet mtdtiplicelur et scsqiiiallerattir aut quomodolibet aliter proportiona-
litcr augetur per additionem proporlionis ad proportionem. Eodem modo per
subtraxionem subduptatur , sublriplatur , subsesqiiialteratur etc. Darin liegen
offenbar die Formeln
1 .11 i 1.1 »"+«
— »t-\ — — — — I — ..'_ ,
(18) ...«"•. a" = a "; «"* . a" = a"* " = «'"•« ;
1 1_ _1. } 1 * n- M
(19) . . . «'" : fl« = a" "; a'" : a" = «"* " = r/^^",
speciclle Fälle der Formeln (1) und (2), oder Ausdehnung derselben auf
gebrochnc Exponenten.
Wir haben endlich die Schlussworte des ersten Tractats (Seite 85,
Zeile 32 — 38) : Vna vero proportio per alter am non multiplicatur \\ nee diuiditur
nisi inproprie sicud multipUcare duas duplas per dtias dtiplas sunt quatuor duple \\
sed hoc non est nisi mxdtiplicatio numerorum quoniam multipUcare duas duplas
per duas triplas \\ nichil est sicud nee multipUcare homines per asinum et eodem
modo de diuisione, \\ ergo nülla species algorismi habet locum in proportione ad-
ditio et subtraxio ut \\ delerminattm est sufßcient. Ezplioit algorismus propor-
tionum magistri | Nioolay orem. parisius. Inoipit seonndas traotatus.
Betrachten wir jetzt von unserm Gesichtspuncte aus den Hauptinhalt
dieses ersten Tractates, so sehen wir augenblicklich, dass derselbe die voll-
ständige Theorie der Potenzen mit positiven ganzen und gebrochnen Expo-
nenten enthält, und zwar in einer Bezeichnung, die wie die unsrige auf
einer Interpolation der ganzen Potenzen beruht, überhaupt mit der unsri-
gen eine nicht zu verkennende Aehnlichkeit besitzt. Die Formeln (1) — (19),
die sich augenblicklich ergeben , sobald man die vorgeschriebeivft^N. 0^^^^'^.-
74 lieber die Handschrift R. 4? 2, Problcmatuni Euclidis explieatio, der
tionen mit allgemeinen Symbolen vornimmt, enthalten alle Gesetze der
Potenzrechnung, und, wenn wir die Wurzelbezeichnung in Anwendung
bringen, auch die der Wurzelrechnung. Oresme führt ausserdem seine
Rechnung an vielen Stellen ganz allgemein mit Buchstaben aus, z. B. die
Rechnungen der Regel 7. und 8. gerade so, wie wir dieselbe dargestellt
haben. In einem Anhange erlaube ich mir, einige charakteristische Stücke
dieses ersten Tractates in diplomatisch genauem Abdrucke mitzutheilen*).
b) Der secundus iraciatus enthält ausser noch einer weitem Regel nur
Anwendungen auf die verschiednen Zweige der Mathematik. Cr be^nnt
(Seite 86, Zeile 1 — 3) : Est autem istarum reg^lanun de algorismo proportio-
num uUlitas \ ualde magna quin possunl ad inumerahilia proposita appiicari
quorum || aliqua nunc occurrunt que ponuntur pro exempUs. Ehe ich jedoch
zu diesen Anwendungen übergehe, werde ich vorher noch die Regel, welche
sich, wie schon gesagt, in diesem Tractate findet, als Supplement des
ersten Tractats hier hinzufügen. Dieselbe steht Seite 87, Zeile 29 bis" Seite
88, Zeile 19, und lautet, wie folgt:
Si duarum rerutn fuerit proportio data proportionem quamlibct sibi mulli
piicem assignare. Das Verhältniss zwischen a und 6, also — sei c, es seien
0
ferner die Grössen d = a . Cy f = b , g gegeben, und es sei auch das Ver-
hältniss von g zu e bekannt, etwa — = h. Dann verlangt man das Ver-
hältniss d : f. Es werden drei Fälle unterschieden.
1. Man hat e = g^ also /< = 1. In diesem Falle findet man unmittel-
bar d : f = a : b.
e
2. Es ist e > g also - = //, weil die grössere Zahl stets der Zähler
(l
ist. Nach Voraussetzung ist = ^, und wenn man also, um Orcsmes*
Ausdrucksweise zu gebrauchen, die beiden Verhältnisse c und h addiert,
ac
HO entsteht . = c.Ä d. h. d:f= c.h,
3. Es ist g ^ c, folglich jetzt aus dem angegebnen Grunde ^ = h.
c
Man unterscheidet wieder drei Fälle, (ä) c = h d. li. a : b = g : e oder als
Product geschrieben ae = bg oder d = f. — (b) c > ä dann ist - = r,
b
- = hy und weil c ^ h^ das zweite Verhältniss vom ersten zu subtrahie-
c
<l€ C
ren. Man erhält = - oder d:f= r:h. — (c) Endlich kann auch Ä>f
*) Die Eiuleitunpr 8. 82, Zeile 5-21; Ucpel 4. S. 83, Zeile 9-42; Regel
7 und 8. Seite 84, Zeile 29. — Seite 85, Zeile 26.
Kftnigl. Gymnasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Curtze. 75
sein , dann ist das erste Verhältniss vom zweiten zu subtrahieren und man
findet -^ = oder f : d = h \ c.
ae c
Man sieht die ganze Procedur stimmt mit der, welche wir anwenden,
vollständig überein. Bei Cardanus, a. a. O. S. 2, Z. 14 — 26 und S. 6, Zeile
28 — S. 7, Z. 38 findet sich die nämliche Regel unter dem Namen Multi-
plication und Division zweier Proportionen; doch ist wohl ein-
leuchtend, dass die Multiplication und Division, von der Oresme behauptet,
dass sie unmöglich sei, mit dieser Regel nichts zu schaffen haben.
Die Anwendungen, die Oresme macht, beziehen sich in diesem zwei-
ton Tractate auf Geometrie, Musik, Würfelspiel, Mechanik, im
dritten auf die Theorie der regulären ein- und umgeschricbnen
Polygone und die Astronomie.
1. Was ist das Verhältniss dreier Würfel, wenn das Ver-
hältniss der Grundflächen gegeben ist? Gegeben ist Basis a : Basis
6 = 2:1, Basis a : Basis c = 3 : 1. Man findet Cubus n : Cubus 6 = 8»,
0
cubus b : cubus c = (^)^, Basis b : Basis c = (§)^; Kante a : Kante 6 = 22,
Kante a : Kante <r = 3^, Kante b : Kante c = (f)« Bemerkt wird noch,
dass sich diese Betrachtungen direct auf die Verhältnisse von mehreren
Kugeln ausdehnen lassen, bei denen man das Verhältniss der grössten
Kreise kennt. Man hat deshalb *
2. Es ist gegeben Kugel a: Kugel 6 = 22, Grösster Kreis
«: Grösstem Kreis c == 32, wie heissen die Verhältnisse der
Kugeln, der grössten Kreise und der Durchmesser? Oresme
findet: Kugel a : Kugel c = 27^, Kugel b : Kugel c = (V)^; Kreis a :
Kreis 6=2*, Kreis 6 : Kreis c = (V) 5 Durchmesser a : Durchmesser
6 = 2i, Durchmesser a : Durchmesser c = 3*, Durchmesser 6 : Durch-
messer c = (V)"-
3. Die folgende Anwendung ist zum Thcil der J^usik entnommen; am
Rande steht : de quadratis musicis. Gegeben sind zwei Quadrate cd
und fg, Ueber dieselben spannt man je eine Saite und zwar
bei dem ersten in der Diagonale, bei dem zweiten parallel
einer Seite. Die erste Saite gibt den Ton mi, die zweite den
Ton fa, der Unterschied beider Töne ist ein halber Ton oder
wie Oresme sagt dyetis. Verlangt wird das Verhältniss der Qua-
drate cd und fg. Die Diagonale von cd heisst 0, die Seite von fg ist 6
genannt, und die Seite des ersten Quadrates heisst c. Nach Boethius*)
liat man a : b = 256 : 243 und nach der Voraussetzung 0 : c = 2« : 1.
*; lioethius, De Institulione musira libri quinqueed.V riedlein. Leipzig 1867.
Liberi, cap. 17, 8. 204, ZcHc 8 — 9: Estque verum semitonium minus ducentorum qua-
draginla tr'mm ad .CCLVI, eomparatio.
76 Ueber die Handschrift R. 4v 2, Problcmatum Euclidis explicatio, der
• .r- ^ ^ ^ ^ ^ ."-•■- *-rf^---jr- •-•
Also, sagt Orc8mc,i8t6:c = ^59049 : ^^32768 also das Verhaltniss der
Quadrate fg\cd = /348r)7844()i : /l07374"l824.
4. Es folgen jetzt Anwendungen der Regel dieses zweiten Tractates.
Zunächst eine Aufgabe aus dem "Würfelspiele (de ludo taxilloritm). Mau
hat zwei Würfel und dTe Grundfläche des ersten ist doppelt
so gross, als die des zweiten. Man macht einen Warf, und es
ist die Frage, wie ist das Verhältniss der Anzahl grosser Wür-
fel, die auf seiner obern Fläche steht, zu der Anzahl kleiner
Würfel, die auf desselben obern Fläche sich findet? Das Ver
hältniss eines grossen Würfels zu einem kleinen ist, wie in Questio I ge-
funden, gleich 82 : 1. Es sei nun die Zahl auf dem grossen Würfel 1, auf
dem kleinen 3, so ist das Verhältniss von 3 kleinen Würfeln zu einem sol-
chen wie 3:1. Da letzteres das grössere Verhältniss ist, so findet min
sublrahendo das Verhältniss von 3 kleinen Würfeln zu einem grossen War
fei = {^p. Wäre die Zahl auf dem grossen Würfel die beträchtlichere
gewesen, so hätte mau addcndo onerieren müssen. Oresme macht am Ende
die Bemerkung: Si quis aulcm est bcne promlus in hoc ludo bene inUlUgertt
in proportionibus. Dass überhaupt dergleichen Spiele zur Zeit des Oresme
sehr im Schwünge waren , kann man aus dem damals gerade ebenfalls viel
getriebenen Spiele Rythmomachia d.h. Zahlenkam pf sehen, wobei es auch
der Hauptsache nach auf mittlere Proportionalen hinausläuft. Eine weit-
läufige Auseinandersetzung dieses Spieles findet man in der oben citieitea
Ausgabe des Jordanus Nemorarius auf den zwei letzten Blättern.
5. Wie verhalten sich 3 Diagonalen eines Quadrates ml
Seiten desselben Quadrates? Man findet: 3 Diagonalen zu 4 Seiten
6 und 7. Das Ende des zweiten Tractates besteht endlich in zwei
Aufgaben aus der Mechanik, die im Grunde ein und dieselbe Aufgabe bil-
den. Zwei Kreise a und 6, von denen der eine doppelt so gross
ist als der zweite, drehen sich umihreMittelpuncte und zwar
der Kreis a um se«n Centrum 5 mal, während der Kreis fc um
sein Centrum in derselben Zeit sich 7m al dreht; was ist das Ver-
hältniss der Geschwindigkeiten beider Kreise? Oder rweiteos:
die Seite und die Diagonale eines Quadrates werden in resp.
Sund 7 Tagen von zwei Piin cten « und ft durchlaufen, was ist
in diesem Falle das Verhä.ltniss der Geschwindigkeiten von
a und 6? Oresme findet, dass der Kreis oder Punet a sich im Vcrhältni»
(iö) schneller bewegt als der Punct b. Et ita diccndum est de sirnüibus
f/nestionibus\\. Ezplicit secundas tractatns. [Incipit tertius]. So endigt der
zweite Tractat (S. 81), Zeile 12 — 13).
c) Es folgt der dritte Tractat. Derselbe beginnt (Seite 89, Zeile 13—14):
Nunc ergo ludendo in alio proposito ponatur || triangulus cquilalcrus. a . b .c*
inscriptus circulo cuius dyamctcr sit .a.c. Er beschäftigt sich zunächst mit den
Königl. Gymnasialbibliothek zu Thom. Von Maximilian Cürtze. 77
Verhältnissen , die zwischen den regulären ein- und umgeschriebenen Viel-
ecken eines und desselben Kreises bestehen. Zunächst beweist Oresme
einige Lehrsätze, die er als Voraussetzungen für das Folgende benutzt.
Wir finden 9 Theoreme dieser Art, von denen ich im Folgenden den
Wortlaut gebe.
Satz I. Im gleichseitigen Drei-
eck ist das Verhältniss zwischen
demQuadrate des Durchmessers ae
des umgeschriebnen Kreises und
dem Quadrate der Seite ac des
Dreiecks wie 4: 3. (M. s. die Figur.)
Satz n. Für das nämliche Drei-
eck ist das Verhältniss zwischen
dem Quadrate von ac zum Quadrate von ad gleich 4:3.
Satz in. Es ist ferner das Quadrat von ad gleich dreimal
dem Quadrate von cd.
Satz IV. In derselben Figur ist das Verhältniss des Qua-
drates von ad zum eingeschrieben Dreieck abc gleich 3^.
Satz V. Das umgeschriebne Quadrat ist doppelt so gross
als das demselben Kreise eingeschriebne Quadrat.
Satz VI. Das umgeschriebene reguläre Dreieck ist das
Vierfache des gleichseitigen eingeschriebnen Dreiecks.
Satz VJLl. Das eingeschriebne reguläre Sechseck ist dop-
pelt so gross als das eingeschriebne reguläre Dreieck.
Satz Vm. Das umgeschriebne reguläre Sechseck verhält
sich zum eingeschriebnen regulären Sechseck wie4:3.
Satz IZ. Das eingeschriebne reguläre Achteck ist die mitt-
lere geometrische Proportion ale zwischen dem ein- und um-
geschriebnen Quadrate.
Aus diesen Sätzen werden nun nach den im ersten und zweiten Tractat
gegebenen Regeln die Verhältnisse zwischen den regulären ein- und umge-
schriebnen Polygonen von 3, 4, 6 und 8 Seiten entwickelt. Oresme stellt
seine Resultate in zwei Figuren zusammen , die jedoch von zu grosser Aus-
dehnung sind, als dass ich sie hier mittheilen könnte. Ich gebe deshalb im
Nachfolgenden in anderer Art eine Uebersicht derselben, wobei ich der
Kürze wegen überall das "Wort regulär weggelassen habe.
Umgeschriebnes Drei eck:
Eingeschriebnen Dreieck = proportio quadrupla = 4:1,
Eingeschriebnen Viereck = medietas proportionis 27 : 4 = 3^3 : 2,
Eingeschriebnen Sechseck =joropor/io dupla = 2:1,
Eingeschriebnen Achteck = medietas proportionis 27 : 8 = 3^3 : 2^2,
Umgeschriebnen Viereck = medietas proportionis 27 : 16 = 3^3 : 4 ,
Umgeschriebnen Sechseck = proportio sesquialiera 3:2^
78 lieber die Handschrift K. 4v 2, Problematnm Enclidis explicatio, ia
Uingescbricbneg Viereck:
Eingeschriebnen Dreieck = medieias projmrtioni9 25G : 27 = IC : 3> 3,
Eingeschriebnen Viereck = proportio dupia = 2:1,
Eingeschriebnen Sechseck = medieias proporiionis 64 : 27 = 8 : 3J'3,
Eingeschriebnen Achteck = medieias proporiionis duple = y2 : 1 ,
Umgeschriebnen Sechseck = medieias proporiionis ses^uiieriie = 2 : f 3:
Umgeschriebenes Sechseck:
Eingeschriebnen Dreieck = proporlio dupia superpartiens -J = 8 : p,
Eingeschriebnen Viereck = medieias proporiionis iriple = y^ : 1 ,
Eingeschriebnen Sechseck = proftorlio sesquileriia ==4:3,
Eingeschriebnen Achteck =^ medieias proporiionis sesquiiertie = 2 : J 3;
Eingeschriebnes Achteck:
Eingeschriebnen Dreieck = medieias proporiionis 128 : 27 = 8/-'2 : 3J 3
Eingeschriebnen Viereck .= medieias proporiionis duple = J 2 : 1.
Eingeschriebnen Sechseck == medieias proporiionis 32 : 27 = 4^2 : 3J 3
Eingeschriebnes Sechseck:
Eingeschriebnen Dreieck = proporlio dupla = 2:1
Eingeschriebnen Viereck = medieias proporiionis 27 : 16 = 3f' 3 : 4.
Eingeschriebnes Viereck:
Eingeschriebnen Dreieck = medieias proporiionis 64 : 27 = 8 : 3jf''3.
Oresme macht hierzu noch die Bemerkung, dass in 6 von diesen Piopor
tionen J- 27 als ein Glied vorkommt; und dass stets auf der Seite des Ytt-
hältnisses eine Qnadratzahl unter dem Wurzelzeichen steht, auf welcher
das Quadrat das zu Vergleichende ist. Das andere Glied ist dann jedesmii
ein<^ Cubikzahl. Z. B. das umgeschriebene Dreieck verhält sich zum einge-
schriebnen Quadrat wie J' 3'* : ^ -'*; ebenso das umgeschriebne Quadrat snni
oingeschriebneu Dreieck wie /- IG^ : f 3^ u. s. w. Auch den Sata bemerkt
er, dass bei den umgeschriebnen Figuren diejenige die kleinere ist, welcli?
die grössere Seitenzahl hat, und dass es bei den eingeschriebnen Figuren um-
gekehrt sich verhält. Die beiden folgenden speciellen Fälle eines allgemeinen
Satzes finden sich bei ihm: Das eingeschriebne reguläre Sechseck
ist die mittlere Proportionale zwischen dem ein- und umge-
schriebnen regulären Dreieck und der analoge Satz vom regulären
eingeschriebenen Achteck, der schon oben (Satz IX.) angemerkt ist.
Die beiden Reihen von Zahlen in stetiger Proportion
1>2, 1, 8, IG,
1, :j, y, 27, 81, . . .
nennt er harmonische Reihen, und jedes Verhältniss zwischen zwei Glie
dorn derselben Reihe oder zwei Gliedern verschiedener Reihen beisst ihm
ein harmonisches Verhältniss. Alle jene obigen Verhältnisse sind also ar-
monice oder mcdielales armonicarum.
Den Schluss des ganzen Werkes endlich bildet die Aufsuchung der
Verhältnisse der vier Aspecton : De pntporlionibus aspectuum coli. Seine
Königl. Gymnasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Curtze. 79
Kesnltate stellt er wieder in einer Figur zusammen, aus der ich dieselben
hier wieder in anderer Form mittheile. Er findet:
Aspec.tns oppositus:
AspeclHS tertius = medietas proporlionis sesquiterlie = 2 : ^3 ,
AspecliiS quarius = medietas proporlionis dtiple = y2 : 1 ,
Aspectus sexiilis = proportio dupla = 2:1;
AspeclHS tertius:
Aspectus quartus = medietas proporlionis sesquiallere = J^3 : y2 ,
Aspectus sexiilis = medietas proporlionis triple =.yZ : 1 ;
Aspectus quarlus:
Aspectus sexiilis = medietas proporlionis duple = y2 : 1 .
Die Endworte des Ganzen lauten (Seite 93, Zeile 17 — 18): Sic igitur
se habent aspectus signorum celi secundum \ hanc consideralionem et palet in
figura. Darauf kommt noch die oben erwähnte Figur.
Ich will hier noch darauf hinweisen, dass in den Schlussworten der
Handschrift der Biblioteca Magliabechiana der Satz IX. auf alle regulären
;i-Ecke erweitert ist, wie ich dies schon in meiner Ausgabe des Algorismus
proportionum ^ Berlin 1868 näher angedeutet habe.
§10.
Neuntes Stüok: Theorica inoius lougiiudhinm Septem planeturuin.
Dieses Stück beginnt (Seite 94, Zeile 1 — 8) mit dea Worten: TSi phi-
sica singulari et excellenlissimo doclori Magistro Joanni | de ganduno Petrus de
guclina mathematicorum et uariabus disciplinis {{ cum studio incendere Quia ea
que de motibus planetarum et in Iheorica narlratione. quidem habent ex geomelris
demonstralionibus idcirco conclusiones aliquas quas || girandus in sua Iheorica
nurrando proponit maxima imbecillilale mei\\ingenii laboraui premom theorema-
tum demonstratione. In quibus minus \ bene dicta vnum ingenij clarilas ac ntcftc
soUcrlia corrigal resecando \ resecai supplea et suppienda.
Wer die beiden zuerst genannten Männer Joannes de Ganduno
und Petrus de Guclina gewesen sind, habe ich nicht ausfindig machen
können^). Auch Fürst Boncompagni hat sich vergebens bemüht, mir
darüber Auskunft zu verschafifen. Der weiter unten (Zeile 6) genannte
Girandus ist dagegen ohne Zweifel Gcrardus Cremonensis, der in
eben diesem Fürsten Boncompagni einen so vortrefflichen Biographen
gefunden hat. Das hier vorliegende Stück unsrer Handschrift ist nun vor
zugs weise deshalb interessant, als aus dem eben Mitgetheilton in Ver-
*) Johannes do Ganduno oder de Qandavo lobte um 1338. Er war ein
berühmter Theolog und Philosoph und Verthcidiger Ludwig des Baiern gegen
Johann XXTI. Er schrieb unter Andern: Commentarius in Aristotelis de anima (Ve-
netiis I47.S, 1487, 1488 cet.); Qnrtestiones in lihrum physicorum Aristotelis (Venetiis
1488, 1501, 1541); und Exposilin super tibro de substanlia orbis (Venetiis 1601).
80 Ueber die Handschrift R. 4': 2, Problematam Euclidis explicado, der
gleichnng mit den Schlnssworten hervorzugehen scheint, dass der Verfasser
desselben gleichzeitig derjenige gewesen ist, der Überhaapt unsem ganzen
Codex geschrieben hat. Die Schlnssworte setze ich , nm dies augenschein-
lich zu machen, gleich vollständig hierher. Dieselben laaten (Seite 105, Zeile
15 — 20): Hec igitur de Iheonca motus longitudinum . 7. pianeiarvm ad prius
proposiias ' diuersas et inopinatas agibilium occupationes demonsiraia \ suffi-
cianl. Et vos amantissimi magistri qui astrorum et omnis physice eoniempla-
tione uacar proponitis et potestis insufficientiam superpat^eiis quoUens mde-
ritis hoc opusculum in meam commemorationem. {; ExpMcit anno domini Wf
CCC. UX? Amen deo graciai .
Ich füge diesem die 1 1 Lehrsätze und Aufgaben , aus denen nnser Ma-
nuscript zusammengesetzt ist, im Wortlaute hinzu. Vielleicht lässt sich da-
durch aus andern Manuscripten Näheres über den Verfasser ermitteln.
1. Solem in suo ecentrico equaliter motum in orbe signorum inequalia ducL
2. Lineam exeuntem a centro orbis signorum ad ipsius periferiam eguedis-
tantem lineam exeuntem a centro ecentrici ud ipsius periferiam medium motum
solis demonslrare.
3. Medium motum solis ab oppusito augis ecentrici eius usque ad augem
minorem esse motu uero ab ipso uero äuge usque ad augis opp€fSitum maiorem.
4. Lineam ueri motus et medij in äuge et augis opposito vnam semper esse
est necessarium.
5. Maximam equationem solis aJibi quam in medijs longitudinibus esse est
impossibile.
6. Arcum equationis solis in orbe signorum notum faccre,
7. Centrum epicicli lune super centrum deferentis equales angulos in tem-
poribus equalibus describere est impossibile. Super uero circuli equalitatis imi-
formes angidos describere est necessarium,
8. Arcum equationis centri in epiciclo lune patefacere. arcum quoque
equationis argumenti lune manifestare.
9. Argumentum equationis centri in epiciclo trium superiorum notificare.
arcum quoque equationis centri eorundem in orbe signorum patefacere.
10. Centro deferentis mercurij in aliqua linearum a centro orbis signorum
exeuntium que paruum circulum quem idem centrum deferentis motu descrihii
contingunl exeunte centro epicicli mercurij maxime propinquum fore centro or-
bis signorum est necessarium.
Zu diesem Satze gehört als Lemma in den Beweis desselben oingc
schoben der letzte Satz :
11. Si a puncto extra circulum signato qui tarnen distal a circumferen-
tia eius quanta est semidyamcter eiusdem due linee ducantur altera circulum
ipsum conlingens et a puncto sectionis ad punctum contactus ducatur corda
ipsa corda est latus exagoni circulo inscripti eidem.
Hierin ist offenbar vor altero circulum contingens ausgefallen altera per
centrum circuli^ wie der Sinn augenblicklich ergibt.
Königl. Oymnasialbibliothek zu Tliorn. Von Maximilian Cubtze. 81
§11.
Zehntes 8tUek: Oeometria Bradwardini.
Von Seite 105, Zeile 21 bis Seite 110 findet sich nichts Geschriebenes.
Erst auf Seite 111 von Zeile 1 an beginnt die Geometria Bradtvardini. Der
Anfang derselben lautet Zeile 1 — 10: Geometria hractardini \ Gebmetria as-
secutioa est arismetice. quodammodo nam '| et posterioris ordinis est et numero-
rum passiones deseruiunt in ma^nitudinibus propier quod euclides geometrie
arismeticam interposuit, und der Schluss (Seite 153, Zeile 9 — 11): Nunc au-
tem cum eguali arcu de zodiaco oritur quamque plus quamque minus | equino-
ciali circulo sicud conuincitur per hanc conclusionem euidenier. Et in hoc com-
pleta II est quarta et ultima pars thome Bradwardini.
Chasles in seinem Apercu historique S. 614 der deutschen Ausgabe
würdigt den Werth dieses Mannes nach Gebühr. Was er aber von seinen
Lebensumständen anführt, ist ziemlich dürftig, selbst in Hinsicht auf die
Dürftigkeit der Thatsachen , die wir überhaupt von seinem Leben kennen,
und die man am besten zusammengestellt findet in dem Vorworte H. Sa-
vile's in der von ihm veranstalten Ausgabe der theologischen Schrift
Bradwardins: De causa Dei contra Pelagium et de uirtute causarum libri 111,
Londini 1618 in fol. Aus dieser Vorrede und einigen andern Quellen will
ich hier zunächst die Hauptsachen kurz zusammenstellen.
Thomas deBrad wardina, eigentlichBredwardin, aber gewöhnlich
Bradwardinus genannt, ist geboren zu Hartfield bei Chichester in
England, also mit seinem berühmten Vorgänger auf dem erzbischöflichen
Stuhle zu Canterbury, Johannes Peckkam, fast an demselben Orte.
Sein Geburtsjahr ist nicht nachweisbar, doch dürfte dasselbe wohl noch im
XIIL Jahrhundert zu suchen sein. Ebenso zweifelhaft ist es, ob er Franeis-
caner oder Dominikaner gewesen, doch scheint die erstere Annahme die
wahrscheinlichere. Im Jahre 1325 wurde er Proctor oder Procurator der
Universität Oxford und las über Theologie, Philosophie und Mathematik
mit solchem Erfolge, dass man ihm den Beinamen Doclor profundus bei-
legte. Nach andern Nachrichten, die aber wohl ziemlich unwahrscheinlich
klingen, sei ihm dieser Beiname vom Papste gegeben. Später wurde er
Kanzler der St. Paulskirche in London und auf Anrathen des derzei-
tigen Erzbischofs von Canterbury, Johann Stratford, von König
Edward IIL zu seinem Beichtvater erwählt. Als solcher begleitete er die-
sen in allen Kriegen, und soll durch seine, die Soldaten begeisternden
Reden viel zu den Erfolgen desselben beigetragen haben. 1348 wurde er
nach dem Tode seines Gönners Stratford zweimal zum Erzbischof von
Canterbury gewählt, weil sein königl. Gönner ihn zuerst nicht von sich
lassen wollte. Als aber der an seiner Statt Gewählte noch vor der Weihe
starb, und er durch das Capitel zum zweiten Male gewählt war, gab der
König ihn frei, und am 19. Juli 1349 wurde seine Weihe in Avignon
Ztfitüchrirk C. Malhomalik u. PhyKik. (Supploiu.) 0
82 Ueber die Handschrift K. 4*^ 2, Probleniatani Eociidis explieatio, der
vollzogen. Aber schon am 20. Augnst desselben Jahres 1349 stafb er.
Seinen Werth als Mathematikpr wfirdigf, wie schon gesagt, Cfaasles.
Feinen Werth als Theologe findet man gebfihrend gewürdigt in G. V.
Lech 1 er s Abhandlung De Thomn Pradirardino, die in Leipzig 1862 als
Universitätsprogramm zum Rectoratswechsel ausgegeben ist. Ausser der
oben erwiOintPn theologischen Schrift De causa Dei cel. sind von ihni ge-
druckt, soweit ich darüber Nachricht habe: Geometria spectdaiima Parisiis
1495, 1496, 1504, 1511, 1520 fol.; Arithmetica specylaliua Pansns IA^6,
1505, 1512 fol.; De proporiionibus reloeiiafum Venetiis 1505 fol. Der als An-
hang zu seiner Geometria Sfteculalira gedruckte, auch besonders heransge-
gebne Traciaius de quadratura eirculi ediius a guodam archiepi$C9po ordimis
fratrum minorum ist schon von Chasles a. a. O. S. 614 als unecht nachge-
wiesen. Derselbe geht auch unter dem Namen des Campanas, dessen
Ehrenrettung in Bezug auf [dieses Machwerk Chasles ebenfalls a.a.O.
Seite 611 geführt hat.
Ich kehre zu unserm Manuscripte zurück. Dasselbe weicht von dem
gedruckten Exemplare, soweit ich durch die Güte des Fürsten Boncom-
pagni davon Nachricht habe, nur unwesentlich ab. Jedoch gibt es die
Eintheilung der vier traciaius oder, wie dieselben bei uns heissen, partes
in Capitula jedenfalls richtiger als die gedruckte Ausgabe.
Die drei ersten Capitel der Ausgabe müssen aufhören , als solche ge-
zählt zu werden. Sie enthalten die Suppositiones, Diffinitiones und Pelitiones,
Das im gedruckten Exemplare mit capiltdum quartum bezeichnete hat bei
uns richtig die Bezeichnung Capitulum primum de tineis mit 7 conclusiones.
Dann folgt bei uns ebenso wie in der Ausgabe bezeichnet Capitulum secun-
dum de figuris atujulorum eyredientibus mit 5 conclusiones : hierin sind die von
Chasles hervorgehobenen Salze über die Sternpolygone enthalten. D^s
ißt der tractalus oder pars /.
In der pars secunda muss das erste Capitel wieder nicht gezählt wer-
den, es enthält nur Definitionen. Dann folgt übereinstimmend in der Aus-
gabe und dem Manuscripte Capitulum tcrtium de Iriangulis mit 9 conclusiones:
capitidum quartum de quadranguJis mit .0 Conclusiones; capiltdum quintum de
circulis mit L"i conclusiones; capitulum sextum de figuris ysoperimetriciSy 5 con-
clusiones. Chasles gibt davon nur vier, indem die erste nur eine vorbe-
reitende ist. Damit endet der traciaius oder pars 2.
Bei der pars lerlia müssen die beiden ersten Capitel wieder nicht mit-
gezählt werden. Sie enthalten nur Definitionen. Capitulum primum= capi-
tulum .7 der Ausgabe de proportionibus ralionalibus enthält G regulas: Jas ca-
pitulum secundum = capitulum quartum der Ausgabe de proportionibus ir ralio-
nalibus umfasst 7 conclusiones: capiltdum terlium = capitulum quintum der
Ausgabe de proportionibus linearum hat 5 conclusiones : endlich besitzt das
capitulum quartiitn = capitidum sextum der Ausgabe de areis quadranguHs
5 conclusiones. Hierbei ist die Frage gerechtfertigt, ob die beiden Capitel
Königl. Gymnasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Cübtze. 83
de proportionibus ralionalibus et irralionalibus nicht etwa die Kesultate des
Algorismus proportionum enthalten, so dass also die beiden Zeitgenossen
beide selbständig auf dieselbe Idee gekommen wären. Dass dies nicht der
Fall ist, kann am einfachsten durch ein kurzes Resnme dieser Regeln und
Lehrsätze gegeben werden , das ich deshalb hier folgen lasse.
L Reg^a. Quania est aliqua quanlUas ad aliam tanta denominaiur pro-
portio eins ad ipsam.
2. Regula. Proporiio extremorum ex mediurum eins est proportionibus
composita. Bezieht sich anf mehrere mittlere Proportionalen zwischen zwei
Zahlen.
3. Regula. Proportiones sunt equales quarum denominaliones equales.
4. Regula. Proportiones sunt inequales quarum denominaliones inequahes
et in multiplicibus quidem secundum eundem ordinem se habet denominatio et
proportio in superparticularibus uero ordine converso.
5. Regula. Quantitates sunt equales que ad vnam quantitatem conparate
proportionem haben t equalem,
6. Regula. Quantitates quarum equimultiplices sunt equales ipse inter se
sunt equales.
Aus der 5. Kegel, sagt Bradwardin noch, lässt sich schliessen, dass
alle unendlichen Grössen einander gleich sind, aus der G. dagegen, dass
dies unmöglich ist. In dem folgenden Stücke unseres Codex, dem Trac-
tatus de conlinuo desselben Verfassers, ist über das Unendliche umständlich
gehandelt. Ich werde daher an der geeigneten Stelle darauf zurückkommen.
jDas folgende Capitel de proportionibus irrationialibus enthält Lehrsätze
wie folgende:
1. Omnis quantitas omni quanlitate est proportionalis sed non omnis omni
commensuarabilis.
2. Omnium duarum quantitatum communicantium est proportio alterius ad
alteram tanquam numeri ad numerum. Si autem earum non fuerit proportio
sicud numeri ad numerum incommunicantes erunt. Dabei ist communicans =
commensurabilis.
3. Dyametri quadrati ad latus eiusdem est proportio irrationalis quia om-
nis dyameter coste sui quadrati assimetrus.
Diese Sätze sind hinreichend, da die folgenden noch weiter von den
Untersuchungen abweichen, die Oresme im Algorismus proportionum an-
gestellt hat.
Die particula quarta enthält zunächst wieder Definitionen für den
Raum. Diese bilden den Inhalt des Capitulum primum des Druckexemplars.
In unserm Manuscript hat erst das Capitulum secundum der Ausgabe die
Bezeichnung capitulum primum de lineis. Es enthält 5 conclusiones. Darauf
folgt capitultipi secundum principia solidorum = capitulum tertinm et quarlum
der Ausgabe mit 7 conclusiones; das capitulum tertium de repietione loci =
capitulum quarlum et quintum der Ausgabe (capitidum quarlum ist im Drucke
84 Ueber die Handschrift R. 4? 2, Problematum Euclidis explicatio, der
doppelt gezählt) enthält keine Conclusiones. Endlich unifasst das Schluss-
capitel des ganzen Werkes capilulum (/uartitm de spera = capiluium sexium
der Ausgabe 9 conclusiones.
Aus dem Mitgetheilten geht hervor, dass unser Manuscript dieses Werk
genau in demselben Umfange enthält, als die Handschrift Regina Suecontm
N^. 12S5 der Bibliothek des Vatican. Wie diesem fehlen ihm der schon
oben erwähnte Traclalus de quadratura circuli cet., der bestimmt nnächt
ist, und zweitens die Recollectio omnium proportionum numeratium^ von der
ich deshalb ebenfalls glauben möchte, dass sie erst durch den Herausgeber
des Druckexemplars zugesetzt ist. In der Ausgabe von 1496, die Chas-
les benutzte, scheint dieses Stück sich gar nicht zu befinden, da in der
ziemlich genauen Analyse der Geometria speculaiiua^ die derselbe gibt, des-
selben gar nicht Erwähnung geschieht, wohl aber des Tracfafus de quadra-
tura circuli»
Ehe ich zu dem nächsten Stücke unsrer Handschrift tibergehe, bemerke
ich noch, dass der Codex N? 15 der Handschriftsammlnng des Fürsten Bon-
compagni aus dem XV. Jahrhundert auch ein Fragment einer Geometrie
enthält {carto 162 — 169), das allein aus dem XIV. Jahrhundert stammt,
und von dem ich zuerst behauptet habe, es sei ein Fragment der Geometria
Speculatiua des Bradwardin. Diese meine Vermuthung fand nach ge-
nauer Untersuchung ihre Bestätigung, und zwar umfasst dasselbe den An-
fang derselben bis Carto 7 numerata Bj verso Zeile 14, der Ausgabe von
1495. In unserm Manuscripte erstreckt sich dasselbe bis Seite 123, Zeile 28.
Ganz vor kurzer Zeit bin ich durch Fürst Boncompngni mit der Bitte um
Veröffentlichung auf eine ziemlich aufällige Thatsachc in Bezug auf die
Geometrie desBrad wardi n hingewiesen worden. Sie ist kurz die folgende:
Das Manuscript der Vatican a Codex Ottohonianus t.lSO, Papierhand-
schrift aus dem XV. Jahrhundert, in klein 4? von 92 Seiten, die auf den
Vorderseiten mit I— VIII, 1 — 84 bezeichnet sind, enthält von Blatt 4* bis
Blatt 51* eine Geometrie, die dort dem Petrus de Dacia zugeschriel)en
wird, der «am Ende des XIII. und Anfang des XIV. Jahrhunderts lebte.
Es heisst nämlich Blatt 4*, Zeile 8 — 10: ^^Incipit summa arlis Geometrie ual-
de bona, edita a magislro petro de dacia jque r/uidem fuit abstracla a Geometria
Euclidis pro maiori parte.^'
Diese Worte sind roth geschrieben. Dann heisst es weiter (Zeile
11 — 13): gEometria assecuiiva est arismeiice ,; quodammodo nam et posterioris
or\dinis est , . . völlig tibereinstimmend mit der Geometrie des Bradwar-
din. Ehenso lautet derSchluss, Blatt51% Zeile 3 — 4 wie bei Bradwardin:
El in hoc est completa . •/. et || vllima pars Jniius tractatus J I)eo gracias amen.
Von der Hand des Abschreibers hinzugefügt folgt nun Blatt 51*, Z. 5 — 10
nochmals dieselbe Behauptung: € Explicit hcc bj-euis Theon'a C^ometrie valde
bona edita a magislro petro de dacia/que est multum vtilis vd^enti Intelligere
quod promittitur in opere sequenti (fuit j scripta per me Bert/iolomeum JuHani
Königl. Gymnasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Curtze. 85
prcshiterum magislrwn | in arlibus in va4nct, xx die Junij \ Ano domini mille-
o o o
simo II cccc, X iiij (Laudctur dcus semper.amen, und dann findet sich, ge-
nau wie in der Handschrift Regina Suecorum 1235^ die Perspectiua Communis
des Johann Peckkam angehängt.
Nach der Versicherung des Fürsten Boncompagni und des Herrn
Narducci ist die Uebcreiustimmung des Manusciiptes mit der Ausgabe der
Geometria speculativa Brauardini, wie sie 1495 erschienen ist, mit Ausnahme
einiger Wortveränderuugen , eine vollständige. Ich muss mich umsomehr
jedes weitern Urtheils enthalten, als das Manuscript, welches die Geome-
trie dem Petrus de Dacia zuschreibt, jungem Datums ist, als sämmtliche
Handschriften, die mir von der Geometria speculativa des Bradwardin be-
kannt sind. Ich möchte aber die Vorstände der öfifentlichen Bibliotheken
bitten darauf Acht zu haben , ob etwa eine solche Behauptung sich auch
noch in andern und vielleicht auch in früher datierten Manuscripten findet.
Jede Mittheilung dieser Art würde ich mit dem aufrichtigsten Danke an-
nehmen.
§12.
£lfies Stück: Tractatus de continno Bratwardini.
Von Seite 153, Zeile 12 bis Seite 192, Zeile 15 folgt nun ein, wie es
scheint, bis jetzt völlig unbekannt gebliebenes Werk desselben Verfassers:
Tractaius de coniinuo Bratwardini, Wenigstens ist er in der mehrerwähnten
Vorrede Savile's zu der Ausgabe der Schrift de causa Bei contra Pelagium
et de uirtute causarum, in der die übrigen Werke Bradwardins aufgeführt
werden, nicht erwähnt. Derselbe dürfte, wenn er sich auch ziemlich nega-
tiv verhält, doch nicht ohne Interesse sein« Sein Anfang lautet (Seite 153,
Zeile 12 — 14): Continiun (sie!) ett quantnm cujus partes ad inuiccm capulan-
tur. Continuum |! permanens est continuum cuius partes singule manent simul.
coniinuum || successiuum est continuum cuius partes succedunt secundum prius
ei posterius. Diese Worte bilden zugleich die drei ersten Definitionen. Von
diesen zähle ich 24. Zunächst kommen die Erklärungen'derjenigen Formen,
die zu dem Begriff Continuum permanens gehören. Es sind dies Körper,
Flächen, Linien. Daran schliesst sich die Definition : Indiuisibile est quod
nunquam diuidi potesi, und dann die Erklärung vonPunct: Punctus (sie!) est
indiuisibile situatum. Es folgen die Erklärungen für die Continua successiua:
1. Tempus est continuum successiuum successionem mensurans, 2. Instans est
certus athomus temporis. 3. Motus est continuum successiuum tempore mensu-
ratum. 4. Motum esse est indiuisibilis series motus. 5. Materia motus est quod
per motum acquiritur, 6. Gradus motus est itlud materie motus suscitatis magis
et minus quod acquiritur per aliquod motum esse. Die folgenden Definitionen
geben an, was es heisst, eine Linie auf einer andern auftragen;
früher gewesen sein als etwas Anderes; was ferner die Begriffe
86 Ueber die Haiulsclirift K. 4? 2, Problematiim Eiiclidis explicatio, der
All fangen und Aufhören {Incipere und desinerc) bedeuten. Die beiden
letzten Definitionen endlich betreffen das Unendliche und es folgt dano
ein langer, fast drei Seiten füllender Excurs über die uneudliclieu Grössen.
Diese Definitionen sind: 1. Infinitum cathelice et simplicUer est Quantum sine
finc. 2. Infinitum sinkathcticc est secundum quid est quantum finitum ei finitum
maius isto et finitum maius isto maiori et sie sine finc ultimo ierminante et hoc est
quantum et non tarnen contra maius. Man sieht also , dass das infinitum ca-
ihetiee unendlich ist, ohne dass man weiss, wie dasselbe entstanden ist,
während das infinitum syncathetice als wachsende Grenze des Zunehmenden
aufgefnsst wird. In dem längern Excnrse weist er vorzugsweise manche
Einwürfe zurück, die dahin gemacht werden könnten, dass es überhaupt
nur Unendliches nach der ersten Art gäbe und nicht nach der zweiten.
Wenn dem so wäre, sagt er, so könnte man viele Probleme der Phjsik
nicht lösen, wie z. B. das über Geschwindigkeit der Bewegung u. dergl.
Ausserdem sucht er durch andere Aussprüche der beiden obigen Erklärungen
den Begriff des Unendlichen so deutlich als möglich zu machen.
Seine suppositiones sind folgende: \. Omnc maius posse diuidi in equale et
in differentiam qua cxcedit, — 2. Si finitum addatur finito totum erit finitum. —
3. vhi diuersitatis ucl dissimilitudinis nulla est tum simile indicatur, — 4. Om-
nes scientias neras esse, ubi non snpponitur continmun ex indinisibilibos
ComponL — 5. Omnia media distarc omnia diuisa median, — 6. Omne corpus
superficies atque punctum uniformiter posse moueri, — 7. Omnium duorum mo-
tuum localium eodem tempore uel equalibus temporibus continuatomm ueloet'
tates et spacia Ulis pertransita proportionales existere, — 8. Omnium duorum
moluum localium super idem spacium simul equalia deditorum proportionales e
contrario semper esse. — 9. Quacunque uelocitatc uel tarditate potest vnum
mobile moueri uel vnum spacium quodcunque. — 10. Esse uel non esse finitum
certo tempore mensuratur.
In der Thesis Nr. 4 ist eigentlich der ganze Inhalt des Werkes im
Voraus gekennzeichnet. Derselbe besteht aus einer Durchnahme der Mei-
nungen über die Zusammen^tzung des Stetigen. Vorangehen eine Anzahl
Sätze, die Brad war din zur Bekämpfung dieser Ansichten benutzt. leb
führe davon die wichtigsten an: 1. Nullum indiuisibile maius alio esse. —
3. Nullius continui multa indiuisibilia in eodem situ indiuisibili situari. Darin
liegt offenbar der Begriff der Uudurchdringlichkeit. — 8. Inter nidlas rcctas
sibi supcrpositas puncla mediare. — 0. Lineam reclam secundum totum uel par-
tem magnam rccte allen superponi et habere aliquod punctum intra secum com-
munem cum isla non confingit. — 10. Lincr rede vnum par tem magnam alie
rede imponi et aliam partem magnam superponi eidem uel aliud ad latus distarc
ab Uta impossibiie comprobatur. Hier tritt zuerst eine Eigenthümlichkeit auf,
dass nämlich die Hichtigkeit des Satzes dadurch nachgewiesen wird, dass
eine grosso Zahl von Sätzen angeführt werden, die stattfinden müssteo,
wenn derselbe nicht richtig wäre. Diese Sätze sind später als selbständige
Königl. Gyinnasialbibliothck zu Tborn. Von Maximilian Cürtze. 87
Theoreme aufgeführt, hier aber nur als Theile des Beweises am Rande mit
1 — 5 bezeichnet. Man findet darunter: Wenn dem nicht so wäre, so
wäre ein Rechter grösser als der andere, der T heil wäre gleich
dem Ganzen, Scheitelwinkel waren nicht gleich, Parallelen
schnitten sich u. s. w. Es folgen dann eine ganze Reihe von Conclusio-
nes^ die mit den letzten beiden nur in geringfügigen Umständen unter-
schieden sind. — 14. Quelibei rccta secans rectam secat eam in aliquo suo
puncto et non in pluribus quam in vno, — 15. Nulle rede in aliquo puncto con-
curentes ad punctum internum Ulis habent optatum. — Dazu das Corollar:
Nulle rede dude a basi trianguli ad unguium Uli oppositum se längere citra il-
lum. — Für angulus steht dabei fälschlich latus. — 16. Aufgabe: Angülum
rectilineum assignatum in duos angulos redilineos et datum latus trianguli rec-
tilinei in duas redas^ triangulum rectilineum totum datum inter angulos redili-
neos per rectam partiri. — 17. Aufgabe: Angulum contingentie quamlibet in
unguium contingentie et angulum periferie super rectam basim trianguli contin-
gentie oppositam angulo contingentie in duas redas et totum triangtdum contin-
tingentie in triangulum contingentie minorem et triangulum a portionibus circum-
ferentie et rectam contentum per circulum maiorem secare. In der Auflösung
wird erwähnt Themistij de speris (d. h. sphaeris) pr. 3, primi libri^ ein, soviel
ich weiss, unbekanntes Werk. Den Namen finde ich nur in Heilbron-
ner: Historia math, univ, S. 572. Themist Alex, in Canones Ptolemaei, wo
nach dem Index Heilbronner das Wort Themist. als Themistodes liest.
Es könnte die hier erwähnte Handschrift wohl das Werk de sphaeris sein,
sie befindet sich nach Heilbronner in der Kaiserlichen Bibliothek zu
Paris. — Die folgende Aufgabe lehrt über einer bestimmten Geraden einen
Kreisabschnitt kleiner als der Halbkreis zu construieren , dann folgt der
Satz: 19. Si super eandum cordam uel cordas cquales portiones incquales cir-
cumferentiarum medietate minoris consistant minorem portionem maioris circuli
circumferentieque maioris. maior uero minoris, Si vero circulorum uel circum-
ferentiarum inequalium et super candem cordam constitit portiones medietate
minores ille erunt necessario inequales et maior ciVctäus et circumferentia mino-
rem portionem habebit, minor uero maiorem. In dem Beweise nimmt Brad-
ward in auf eine Erscheinung Rücksicht, aus der er zu erklären versucht,
weshalb das Wasser auf der Erde trotz der Kugelgestalt nicht herunter-
läuft, nämlich auf das, was wir Capillarität nennen. Ich kann wenigstens
die folgenden Worte auf andere Weise nicht erklären: Continuum fluidum
congregari et maxima uasis latera uacua derclinqui atquc liquidi semiplene ultra
uasis dyametrum continue eleuari. Eursum tale uas semiplenum ascendens fieri
aiiquotiens magis plcnum aliquotiens uero plenum et superius cumulatum et ali-
quum internum quod affluent quedam partes descendens effici minus plenum. Si
uero tale uas ponatur maxima lo"' huius per totum contraria prioribui' euenire,
— 20. Rectam perpendiculariler exeuntem a puncto medio corde ad punctum
medium archus portionis circuli medietate minoris circulum in duas medietates
88 Ucbcr die Handschrift 11. 4v 2, Problematum Euclidis explicatio, der
diuidere et uirumque angiäum portionis minori el angulum circumfereniie par-
(tri ipsam insuper portionem minoris linealcmque sccarc. — 21. Si linee punctum
(diquod uel pars aliqua moucatur localUer quamlibet partem magnam ci quodiiket
medium punctum quod est cum eins uno extremo necessario commoueri, —
24. Quocumquc motu locali signato potcst motus localis uniformis et continuus
in omni proportione rede finitc ad rectam finitam uelocior et tardior inveniri.
Dazu das Corrollar: Quodcumque spacium finitum quocunque tempore finüo
posse vniformiter et continuc pertransiri. — Lcbr^atz 25 ist derselbe Aussprach
für motus succcssiuus. Der 26. spricht aus, dass bei einer Ortsbewegting eio
Continuum nicht gleiclizeitig mehrere Lagen einnehmen könne. — 27. Omnis
inccptio uel desinenlio non mensuraiur tempore, — 24. Omne quod non est ult-
quäle et erit tcde nunc incipit uel aliquando incipiet esse tale. — 29. Omrte quod
est aliquale et non semper tale nunc desinit uel aliquando desinet esse tale.
Jetzt beginnen die Sätze, welche die Ansichten über die Zusammen-
setzung der Continua enthalten. Am Kandc steht als Glosse Nota quinque
opiniones de compositione Continui. Die verschiedenen Meinungeii Aber
diese Zusammensetzung sind zusammengestellt vor dem Beweise des SatMS
31. Da diese Uebersicht von Wichtigkeit ist, so erlaube ich mir dieselbe
mit den eigenen Worten des Verfassers hier zu reproducieren. Dieselbe
lautet (Seite 165, Zeile 29 — 39): Pro intellectu huius \ conclusionis est seien-
dum quod circa compositionem continui sunt 5 opiniones famose inter ueteres
philosophos et modemos . ponunt cnim quidam ut «41 awreys(OV et plurimi •
modernorum continuum non componi ex athomis sed ex partibus diuisibiNbus sine ;'
fine C Alij autem dicunt ipsum componi ex indiuisibilibus dupliciter uariantes
quum democritus ponit continuum componi ex corporibus indiuisibilibus. alij
autem ex punctis et hij dupliciter quia pythagoras primus huius secte et plato
ac walt herus*^') modernus ponunt ipsum componi ex finitis indiuisibilibus, alij
autem || ex infinilis et sitnl hiparliti quia quidam forum ut henricus modernus
dicil I ipswn componi ex itißnitis indiuisibilibus in medielate coniunctis alij autem
c
ut lycuf*^'*) (?) I ex in finitis ad inuicem mediatis.
Die Refutation aller dieser Ansichten unternimmt nun Bradwardin,
indem er sich aus allen Wissenschaften seine Gründe holt. Zunächst be-
weist er, dass wenn irgend ein Continuum auf eine bestimmte Weise zusammen-
gesetzt, dass dann jedes andere Continuum in ähnlicher Weise zusammenge-
setzt sein muss, und wendet sich dann zuerst gegen die Ansicht des Py-
thagoras und Henricus. Von diesen Sätzen, durch die er diese zurück-
weist, fängt jeder mit Si sie an und zeigt, dass daraus völlig absurde Be-
hauptungen gefolgert werden könnten. Z. B. 40. Sisic angulum rectum esse
*) Vielleicht Averroes? oder Aristoteles?
*") Nicht Joannes Walterus, der 1412 starh, sondern wahrscheinlich Wal-
te rus Evcsham, der 1316 astronomische Beobachtungen machte.
***) Später ist dieser Name linco^ geschrieben.
Köiiigl. Gymnasialbibliotbek zu Thorn. Von Maximilian Curtze. 89
minimum angulorum nee unguium esse acutum ei omnes obiusos äquales esse ad
inuicem ncc aliquum afigulum obtusum penilus reperiri. — 42. Si sie linee eque-
disiantes concurrunL — 49. St sie indiuisibile diuidetur, — 52. Si sie aliquum
lardissimum motum esse, — 53. Si sie continuum ex athomis integrari, — 55. Si
sie omne continuum componiiur ex indiuisibilibus infinitis et tamen ex fini-
lis et nee ex finitis nee infinitis et componitur ex athomis et non componitur ex
Ulis.
Ehe zur Widerlegung der zweiten Ansicht fortgeschritten wird, be-
weiHt unser Verfasser zunKchst den Satz 46. In nnllo continno athoma in
medietate coninngi. Dann wendet er sich gegen die Ansicht, dass das Con-
tinuum aus einer endlichen Zahl von indiuisibilia zusammengesetzt sei, d. h.
gegen die des Waltherus. Seine Ilauptbeweismittel sind folgende: 57.
Si continuum ex finitis athomis componitur sieud numerus athomorum vnius con*
tinui ad numerum athomorum alterius ita continuum ad alium se habere, — 58.
Si sie athoma in contiuno in medietate coniunguntur. In dem Beweise bedient
er sich eines Satzes, der seiue eigne Ansicht weiter ins Klare setzt, nämlich :
Omnia oontinna habere athoma infinita sed ex athomis non compom. — 59.
Si sie debilissimus gradus soni se habet sieud vnitas et ceteri se sine medio con-
iungentes ut sequens series numerorum, — • 65. Si sie tonus partiri non polest,
— Dann folgen zunächst wieder einige Sätze, die die Meinung des Brad-
w a r d i n aussprechen : 66. Onmis recta Unea habet partionlares lineas infini-
tas. — 67. Omnem angnlum rectüineum uel contingentie in tales angulot dioi-
dere infinitot. — 68. Omnem triangulum reotilineum sine contingentie in in-
finitas tales angnlos poste diuidi uel partiri. — 69. Omnis superficies habet
superficies et Uneas infinitas et pnncta similiter infinita. — 70. Omne conti-
nnnm componitur ex infinitis continuis eidem speoiei et habet athoma propria
infinita. Nachdem dies nachgewiesen, wendet er sich wieder gegen die
oben aufgestellte Ansicht. 72. Si sie certum circulum assig/iare quo maior
esse non, — 73. ^SV sie periferiam circuli esse duplam dyametris, — 75. Si sie
alique partes circumfercntie circularis sunt rede et angulum rectilineum conti-
nentes, — 81. Si sie aliquis triangulus tres angulos rectos habet et linee equc'
disiantes concurrunt, — 82. Si sie aliquis triangulus est subsesquitcrtius ad
quadratum qui subduplus est ad idem, — 86. Si sie omnis quadrati dyameter
SHi lateri est cqualis, — 87. Si sie aliquod quadratum est circulus, — 92. Si
sie nullam esse uisioncm reetam fraetam siue reflexam lucis uel coloris, — 93.
Si sie omnes spvras Celestes et elementares earum a terra esse quantitatis cqua-
lis et equeuclociter circumferrij> — 95. Si substantia composita ex finitis sub-
stantüs athomis componitur condcnsationem materie prirne non fieri per athoma
prioribus pauciora, — 96. Si sie de substantia rarcfactionem materie prime non
fieri per athoma materie plura primis, — 98. Si sie de substantia condcnsatio-
nem et rarefactionem non esse possibilem, — 99. Coroll, Substantiam natura-
lem ex finitis athomis non componi. — 101. SV sie inpartibile in media par-
tietur. — 105. Si sie motum non esse omnino, — 106. Si sie sanitatem habitam
90 Ueber die Handschrift K. 4*1 2, Problematum Euclidis explicaiio^ der
non seruare nee perdiiam restaurare, — 109. Si sie non contingit rede scribere
Tiee rede loqui. — 111. Si sie idem est iustum ei iniuslum.
Mit Satz 114 füngt er ein anderes Princip an zu bekämpfen, dass näm-
lich das Continüum aus unendlich vielen indiw'sibilibus zusammengesetzt sei.
Von den oben aufgestellten ist dies der letzte in Verbindung mit dem des
Henricus. Die Hauptsätze lauten: 114. Si omne continüum ex indtuisibiU-
bus infinitis compunitur, esse continüum ciusdem generis et athoma propria eodem
gener e proportionalia reperiri. — 118. Si sie condensationem et rarefadianem
omnino noti esse. — 121. Si sie aliqua superficies erit summe alba et similiter
summe nigra. — 124. Si sie agens naturale corporeum est equalis actiuitatis cum
athomo naiurali et aliquod maioris et quodlibet infinite. — 126. Si sie de con-
iinuo substantiam et qualitatem ex substantiis infinitis et qualitatibus integrari.
— 127. Si sie athoma in finita in omni proportione finita et in finita' ad alia in-
finita procul dubio se habere. — 128. Si sie omnia athoma infiniia quibuscun-
que infinitis athomis adcquari excedere et excedi omnia continua consimüiter
eontinuis equalia esse eccedeniia et excessa. — 131. Si sie aliquod continüum
in eodem situ indiuisibili situari. — 133. Si sie omnis quadrati medietas est
maior toto quadraio. — 136. Si sie omnis linea circularis est equalis cuüibet
linee circulari et costa quadraio dyumeiris ei omnis reeia neeessario omni rede
eril equalis. Jetzt folgen einige Sätze, die wieder die Meinung des Brad-
w ardin aussprechen sollen. 137. Nnllum continüum ex indiuisibilibns in-
finitis integrari nel componi — 138. Nollum continnnm ex infinit« indiuiii-
bilibos inmediatis componi. — 139. Nullum oontinaum ex indioitibilibiii
mediatis componitur. — 140. Nullum continüum ex athomis integrari. Dann
heisst es, und dies ist schon oben einmal als Meinung des Bradwardin
ausgesprochen : vnum scquilur ei elicilur. Omne continüum ex inflnitit eon-
tinuis similis speciei cum illo componi. Am Ende des Beweises folgt dann
die Bemerkung: Hiis iandem perscruiaiis nunc adiundo consilio est inue-
sligandum an indiuisibilia continuorum sini realiter dislinda ul ponitur. Dann
kommt der Satz 141, der aber eigentlich aus einem längern Excurse be-
steht. Derselbe beginnt: Est igilur premiiiendum quod in conlinuatione siue
disconiinuaiione corporum liquidorum nullam maleriam primam nee aliquam
substantiam primam nee qualitatem primam ucl secundam corumpi ei de quanii-
täte et indiw'sibilibus quaniitaiis similiter esse consiat. Dann folgen die Sätze:
142. Omnem substantiam esse per se impossibile carere omni accidente. —
143. Omne quod non est pars nee causa alterius potest corrumpi altero toto
saluo, z. B. vnus homo moritur altero uiuente. — 144. Quare potett esse
continüum et finitum sine aliquo indiuisibili continuante et finitante. —
145. Si indiuisibilia continuorum sini realiter ut ponuntur subsiantia naturalis
indiuisibiles substanlias habet. — 146. Si sie indiuisibilia omnis continui in
medietaie coniungi. — 147. Si sie continüum ex athomis integrari. — 148. Si
sie aliquod accidens substantiam primam non habere. — 149. Si sie potest non
improbabiliter apparere omne corpus esse tcnaciiatis et resistentie infinite. —
König]. Gymnasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Cüutze. 91
150. Saperficiem lineam sine punotnin omnino non esse und hieraus endlich
der Schluss des Ganzen: Continnom non continnari nee finitari per talia sed
se ipso. Die letzten Worte des Tractates enthalten davon den Beweis und
und lauten (Seite 192, Zeile 10 — 15): Prima autem illius corrollarii sequitur
ex !| illa conclusione plane, sccunda nero pars eins sie paiet. Si continuum non
conlinuaiur || nee finitelur per indiuisibilia talia et non eonlingil assignare aliquod
aliud per quod || coMinuum terminetur uel finiatur ei continuum terminatur et
continuatur igitur continuatur et finitur se ipso [ Sic igitur primus liber qui est
de compositione continuj quantum ad sua essentialia finem || capit. amen, C Ex-
plicit traotatas bratwardini (sie!) de continno.
Hieraus dürfte zu schliessen sein , dass das uns hier vorliegende Stück
nicht das ganze Werk des Bradwardin umfasst, sondern nur den ersten
Theil desselben, wenn auch die letzten Worte wieder das Gegentheil be-
haupten.
§13.
Zwölftes Stück: Liber de ponderibns Jordani Nemorarii.
Bei diesem Stücke können wir uns wieder kurz fassen, da dasselbe in
dem Drucke : Liber Jordani \\ Nemorarii viri Clarissimi || De Ponderibus Proposi-
tiones XIII. II etc. Am Ende Excussum Norimbergae per Jo. Petreium^ \\ Anno
domini M, D. XXXIII. 16 Blatt in 4?, leicht zu erlangen ist. Unser Exem-
plar unterscheidet sich aber wesentlich von diesem Abdrucke, besonders
dadurch, dass es eine bei weitem gedräugtere Recension darstellt, so dass
man fast annehmen möchte, dass der Druck durch Petrus Apianus, den
Herausgeber dieses Werkes, interpoliert sei. Unser Manuscript beginnt
(Seite 192, Zeile 16— >20): Omnis ponderosi motum ad medium esse. Quanlo
gravius est uelocius descendere, \\ Grauius esse in descendendo quanto motus eius
ad medium est rectior. \\ Secundum situm grauius esse quanto in eodem situ mi-
nus oblique est descensus. |f Obliquiorem autem descensum in eadem quantitate
minus capere de directo. Minus graue alio || secundum situm quod descensu cd-
ierius sequitur contrario motu. Situm autem equalitatis esse equedistantiam ||
superficiei orizontis. Im Drucke beginnt das liber de ponderibus auf Blatt 3**
und der Anfang unsres Manuscriptes umfasst die Zeilen 26 — 33 von Blatt
4^ Es fehlt also wieder die ganze Einleitung des Werkes. Von den 12
Sätzen die unser Manuscript im Gegensatz zu dem Drucke nur enthält,
sind nur 11 hervorgehoben, während der 12. eigentlich nur ein Corollar
des vorhergehenden ist. Der Satz 13 fehlt bei uns völlig, doch ist auf Seite
197 noch so viel Platz, dass in der kurzen Fassung, die bei uns die Be-
weise haben, dieser Satz noch Kaum haben würde.
Der Beweis der Propositio prima umfasst im Drucke Blatt 4*' bis Blatt
6*, Zeile 14, während bei uns derselbe nur 9 Zeilen lang ist. Er enthält
im Wesentlichen das, was im Drucke in dem zweiten Absätze von Blatt 4^,
der mit Sequitur aliud commentum beginnt, enthalten ist. Jedoch nur bis
92 Ueber die Handschrift R. 4*J 2, Problematum Euclidis explicatio, der
^ ." ,' .-^.x - .' -" . -*.'•.'■-•_ . • -*•_»--/ -^ - ■ . ' ^•-' .^.^ ^^ ^ ^ ^ ^' ^ ^ •"^ -^ ~ t ^ t
zum Endo des Blattes. Aehnlich verhält es sich mit den Übrigen Beweisen
und zwar sind unsre Bewebe immer die Theilo, welche mit Aliud commen-
tum sequitur oder ähnlichen Phrasen eingeleitet werden, jedoch auch von
diesen immer nur eine Anzahl von Zeilen. Da aber unsere Beweise stets
vollständig das liefern, was sie nachweisen sollen, so ist wohl der Schluss
gerechtfertigt, dass entweder, wie schon gesagt, der Herausgeber selbstän-
dig zugesetzt hat , oder dass er aus vcrschiednen Handschriften, die ver-
schiedne Beweise gaben, diese nebeneinander gestellt hat und durch die
obige Einleitung zu den Beweisen einei andern Handschrift als der zuerbt
benutzten, dies hat anzeigen wollen. Da es gerade von diesem Stücke eine
ganze Reihe von Manuscripten gibt, Hesse sich vielleicht entscheiden,
welche von diesen Annahmen die richtige ist.
Unser Manuscript schliesst (Seite 197, Zeile 11 — 12) : Dico I ergo quoniam
pondus canonij , b . z . cum sit secundum . b . z . subsiantie . a . b. €, und
zeigt schon durch das Strophenzeichen, dass es unvollendet abgebrochen
ist. Der Beweis des 12. Satzes stimmt im Allgemeinen mit dem in der Aus-
gabe des Apianus, doch ist keine wörtliche Uebereinstimmung und es ist
deshalb auch unmöglich zu bezeichnen, bis zu welchem Puncto dieses
Druckes unser Manuscript sich erstreckt.
§ 14.
Dreizehntes Stück: De latitndiue formarum magistri Kieholai Hören.
Wir kommen jetzt zu dem letzten Stücke unsrer Handschrift Seite
198 — 206. Es ist das Stück, welches auf der Seite 1 bezeichnet ist durch
item de latitudine formarum. Nach einer Mittheilung des Fürsten Boncom-
pagni stimmt unser Manuscript mit der Ausgabe überein, die von ihm in
dem äusserst seltnen Buche ^^Questio de Modalibus Bassani Politi etc. Venetiis
mandato cv) sumptibus heredum quondä Nobilis uiri D. Octauiani Scoti ctc, JöOö
unter dem Titel ^^Incipit perutilis tractatus de latitudinibus formarum /um
Reuercftdü magrm Nicholaü Hören*''' gemacht ist. Ich glaube der Seltenheit
dieses Werkes wegen nichts Unnützes zu thun, wenn ich eine Uebersicht
des Hauptinhaltes desselben hier folgen lasse.
Dieser Tractat beginnt (Seite 198, Zeile 1 — 5): Qoia formarum latitu-
dines multiplicitcr uarianlur et multiplicitas I difficillime discernitur nisi ad figu-
ras geometricas consideratio referatur, Ideo premissis quibusdam latitudinum
diuisionibus ' cum suis diffinitionibus infinitas species earundem demum ad in
finitas species figurarum applicatio ex quibus clarius apparebit. Was hier
forma bedeutet, ergibt sich aus einigen Sätzen und Beweben des tractatus
de continuo Bradwardini sowie aus den Bemerkungen zu dep letzten Lehr-
satze dieses Tractates. Danach ist forma jede Erscheinung in der Natur,
z. B. unter andern jede Beweguug, jede Veränderung in der Wärme u. dgl.
mehr. Diese formae werden nun in der Art durch geometrische Figuren
Königl. Gymnasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Cürtze. 93
dargestellt, dass, wie noch jetzt, die eine Grösse, von der die Form ab-
hängig gedacht wird, als longiludo aufgetragen wird, während die laiitudo
in äquidistanten Pnncten der hngiiudo senkrecht auf dieser, in dem näm-
lichen Masse gemessen , errichtet wird. Longiludo nnd Laiitudo ist also genau
das was wir Abscissen und Ordinaten nennen, auf physikalische Vor-
gänge angewendet. Die Endpuncte der Ordinaten werden, wie noch jetzt,
durch einen zusammenhängenden Zug verbunden. Gradus latitudinis ist der
Unterschied zweier aufeinanderfolgender Ordinaten. Beginnen die Ordi-
naten mit dem Werthe Null, so heisst das non gradus^ fangen sie dagegen
mit einer bestimmten Länge an» so wird das cerius gradus genannt.
Die ganze Schrift ist, wie in den mitgetheilten Anfangsworten schon
angedeutet ist, in zwei Theile getheilt. Der erste enthält Erklärungen der
verschiednen Arten der Laiitudo. Von der Longitudo natürlich kann es nur
eine Art geben , da diese stets in gleiche Theile getheilt angesehen wird.
Die Laiitudo zerfällt zunächst in Laiitudo tmiformis und laiitudo difformis.
Erstere ist eiusdem gradus per totum die laiitudo difformis auiem est per oppo-
situm. Die erstere wird also durch eine zu der Abscissenlinie parallele
Gerade vorgestellt, d. h. durch ein Rechteck. Die zweite aber durch irgend
eine andere Figur.
' Die Laiitudo difformis zerfällt wieder in secundum se iotam difformis und
in secundam pariem difformis. Das Erstere braucht hier keine weitere Er-
klärung, das Letztere aber ist, wenn ein Theil der betreffenden Curve
eine zur Abscissenaxe parallele Gerade vorstellt, der Übrige Theil aber
eine zur Abscissenaxe geneigte Gerade oder eine krumme Linie. Die Laii-
tudo secundum se iotam difformis wird wieder eingetheilt in : laiitudo vnifor-
miier difformis ^ d. h. solche, bei welcher der excessus graduum immer der
nämliche ist, und difformiter difformis d. h. solche, bei welcher diese Gleich-
heit nicht stattfindet. Die erste Art hat als entsprechende Curve noth wen-
dig eine unter einem beliebigen spitzen Winkel gegen die Abscissenaxe
geneigte Gerade, die letzte Art irgend eine andere krumme Linie. Die
erste Art kann anfangen a non gradu, muss dann aber aufhören ad certum
gradum^ oder sie kann beginnen a cerio gradu und dann entweder ad non
gradum oder ad certum gradum endigen. Ein viertes ist offenbar nicht
möglich/
Die laiitudo difformiter difformis wird in ähnlicher Weise wieder einge-
theilt in laiitudo secundum se iotam difformiter difformis und in laiitudo non
secundum se iotam difformiter difformis. Ich glaube kaum, dass ich diesen
beiden unterschiednen Arten noch weitere Erklärung hinzuzusetzen brauche.
Bei der ersten dieser beiden Arten unterscheidet er nun wieder latitudo
vniformiier difformiter difformis d. h. solche Veränderung, dass die excessus
graduum immer dieselbe Proportion, dass also die laiitudines selbst eine
arithmetische Reihe zweiter Ordnung bilden. Als Beispiel ist auf
dem Rande angegeben eine Figur, an deren Ordinaten die Werthe stehen-.
94 Ueber die Handschrift K. 4? 2, Problematum Euclidis explicatio, der
- .— ••rfH" * ^ V
0, 1, 2, 4, 7, 11, 16, 22, 29, 37, 46, 56, 67, 79. Alle .übrige Arten der
laU'iudo bezeichnet er durch lalittido di/formiler difformiter difformit. Der
erste Theil schliesst dann (S. 199, Zeile 3 — 6): Noiandum {| quod in supra-
dictis diffinitionibus utcunque declaratur excessus graduum interne equedistan-
tium dehet accipi distaniia secundum partes latiludinis exclusiue el inclusiue [; ul
loquilur de distaniia graduum siluali et non graduali.
Der zweite Thoil bringt nnn Beispiele zu den im ersten Theile aufge-
stellten Arten der Latitudo per figuras geomeiricas. Er ist in drei Capitel gc-
theilt. Das erste enthält diuisioneSy das zweite snpposita, das dritte endlicb
propositiones et diffinitiones. Die Begriffe von Linea ^ figura^ augulus^ linea
recta, linea curua^ figura plana, figura curua, angtdus rectüineus, angulus
curuuSy figura angularis, figura non. angularis setzt er zunäclist aus dem
ersten und zweiten Buche des Euclid als bekannt voraus, und gibt dann
die Eintheilung der geometrischen Figuren. Er unterscheidet figura monan-
gula, figura duplangula, triangula, ..., multiangula, er sagt dabei noch, es
gäbe solcher verschiedener Arten ebensoviele als es verschiedne Zahlen
gäbe. Eine zweite Eintheilung ist die in solche Figuren , die nur durch
krumme Linien begrenzt werden, wie die Figur, die von zwei Ejreisbogen
eingeschlossen wird , und in gemischtlinige Figuren , die durch eine gerade
und eine krumme Linie umschlossfin sind. Dabei sind noch die Erklärungen
von portio circuli = Kreiabschnitt und zwar portio maior und portio mi-
nor , jenachdem der Abschnitt grösser oder kleiner als der Halbkreis ist,
von arcus und corda. Weiter theilt er ein in figure rectilinee, und figure
curuilinee. Die letzte Eintheilung endlich ist in figure plane und figure
curue und Oresme macht dabei darauf aufmerksam , dass figura euruilinta
und figura curua wohl zu unterscheiden seien , da eine figura curuiiinea sehr
wohl eine figura plana sein könne. Das ist das erste Capitel.
Das zweite Capitel enthält die Voraussetzungen. Diese sind : 1. Que secun-
dum aliquam proportionem sie sc habent adinuicem rationem participant quantitatis.
— 2. Omne quodexcessu graduali excedit aliud uel exceditur per medium quanti-
tatis ab aliquo ymaginandum est. — 3. Excessus gradualis, Latitudo gradus et
intentio forme idem sunt, ex comuni vsu loquentium in tali materia. — 4. Omne
quod excessu graduali excedit aliud uel exceditur ab alio habet latitudinem gra-
dualem. — 5. Omne quod secundum aliquam pcrfcctam dimensionem quantwn
est secundum illam dimensionem exccdere polest uel excedi, — 6. Omne quod
secundum dimensiones plures quantum est secundum plures dimensiones excedere
polest uel excedi. — 7. Omne quod excedit uel exceditur ab aliquo secundum
aliquam dimensionem ymaginandum est et est quantum. — 8. Quod solum secun-
dum extensionem suarum partium excedit aliud uel exceditur est ymaginandum
in proposito vnam solam habere dimensionem. — 9. Quod secundum intentionem
suarum partium ymaginabilium excedit aliud uel exceditur ab alio ymaginan-
dum est in proposito duas habere dimensiones ideo ymaginandum est ianquam
latitudo et longitudo siue superficies. — 10. Extensio forme ymaginanda est
Königl. Oymnasialbibliothek zu Thoi-n. Von Maximilian Curtze. 95
per lineam rectdin. IntenUo uero per figuram^ plflnam supra datam lineam reciam
consurgentem. — 11. CuHibei puncto in linea rccia supra quam figura plana
coUocalur oportet (?) propria latitudo in dicta figura. — 12. Quodlibet punctum
in extensione propriam habet intensionem. — 13. Forme permanentes uel yma-
ginate tanquam permanentes habent exlensionem secundum extensionem sui sub-
jecti. forme uero successiue uel ymaginate tamquam successiue secundum ex-
tensionem sue durationis.
Im dritten Capitel endlich werden die propositiones und diffinitiones der
verschiedenen Arten der Figuren gegeben als Erlänteinng zu dem ersten
Theile. Dieser Lehrsätze zähle ich 29. Der erste spricht aus, dass jede
Latitudo irgend einer Form als eine ebene Figur dargestellt werden könne.
Durch die folgende wird eine nur krummlinige Figur ausgeschlossen, denn
die Abscissenlinie mnss eine Gerade sein, daher kann 3. keine F'orm durch
einen ganzen Kreis dargestellt werden, noch 4. überhaupt durch eine Figur
ohne Winkel oder 5. durch eine figura monangula, sondern sie ist G. stets
durch eine mehrwinklige Figur darzustellen. Es kann 7. keine Form durch
eine Figur dargestellt werden, die mit der Abscissenlinie einen Winkel
grösser als ein Kechter macht. Dies ist sogleich klar, sobald man beachtet,
dass zu damaliger Zeit negative Abscissen noch nicht bekannt waren, und
nur unter dieser Bedingung der erwähnte Fall eintreten kann. Dieser
Eigenschaft wegen kann 8. keine Form durch eine portio maior dargestellt
werden, weil der Winkel, mit dem diese auf der Sehne aufsteht, ein stum-
pfer ist. 9. Jede latitudo vniformis hat denselben certus gradus von Anfang
bis zu Ende. Also ist 10. diejenige Form di/formis, die vom non gradus be-
ginnt. 1 1. Es ist jede Form, die a certo gradu anfangt und ad certum gradum
endigt, durch eine am Anfange spitzwinklige Figur zu verzeichnen. Spe-
ciell ist 13. eine latitudo vniformiter di/formis^ die a non gradu anfängt, durch
eine Figur mit geradlinig spitzem Winkel darzustellen. Jede latitudo diffor-
miter difformis aber muss, wenn sie a non gradu beginnt, durch eine krumme
Linie mit anfangendem krummlinigen spitzen Winkel ansteigen, und jede la-
titudo difformis^ die mit dem non gradus aufhört, wird li).iftngekehrt durch eine
absteigende krumme Linie mit schliessendem spitzen Winkel dargestellt. IG.
Jedelatitudo vniformiter di/formis pertotum kann durch ein geradliniges Dreieck
dargestellt werd>en, jede latitudo uniformis terminata ad certum gradum aber 17.
durch ein Parallelogramm, oder eigentlich durch ein Rechteck. Dagegen ist 18.
keine Form, die irgendwo difformis ist, aber Anfangs und zu Ende unifor-
mf>, durch ein geradliniges Dreieck darstellbar. Oresme führt eine ganze
Reihe verschiedner Formen auf, die die betreifende Figur annehmen kann,
sagt aber zuletzt poteris in infinitum uariare. Fängt eine latitudo vniformiter
difformis a non gradu an, so ist 19. das geradlinige Dreieck, was sie dar-
stellt, am Anfange spitzwinklig und am Ende rechtwinklig, umgekehrt,
wenn sie 20. d certo gradu anfängt und ad non gradum endigt, durch ein
entgegengesetzt liegendes Dreieck; fängt sie endlich a certo gradu an und
96 Ueber die Handschrift R. 4^ 2, Problcmatum EuelidiB explicatio, der
- J»- f ^ .-r »
endigt auch ad certum gradum^ so ist 21. die entsprechend^ Figor ein Tra-
pez ( dessen beide parallele Beiten anf der Abscissenlinie senkrecht stehen,
der eine der beiden obern Winkel ist ein spitzer, der andere ein stumpfer.
22. Keine Latiiudo, die von non gradus beginnt und auch mit dem non gra-
dus endigt, ist uniformis oder vniformiter difformis^ sie kann aber theilweise
vniformis oder tmiformiler difformis sein. 23. Jede ialiludo, die vnifarmiier dif'
formis vom non gradus beginnt und ebenso vniformiter difformis mit dem non
gradus schliesst, ist durch eine Figur vorzustellen, die am letzten Ende
der Basis einen spitzen Winkel bildet. Keine latitudo diff'ormiier difformis
kann 24. durch eine geradlinige Figur dargestellt werden, es ist folglich 25.
jede latitudo secundum se totam diff^ormiter diff'ormis noch oben durch eine
krumme Linie begrenzt, ebenso muss 26. eine latitudo^ die nur zum Thei!
difformiter diffvrmis ist, zum Theil durch eine krumme Linie begrenzt wer-
den. Die latitudo vniformiter diff'ormiter diff'ormis beginnt 27. a non gradu^ endet
aber immer ad certum gradum; sie ist daher 28. darzustellen durch ein Drei-
eck, das einen rechten geradlinigen Basiswinkel hat, die beiden andern
Winkel sind aber krummlinige spitze Winkel. Endlich sagt der letzte Satz
29. aus, dass wenn die Latitudo einer bestimmten Form in irgend einer
Weise variiert, die entsprechende Figur in ähnlicher Weise sich verändert.
An diese Sätze schliessen sich eine Reihe von Bemerkungen, die nicht
ohne Interesse sind. 1. Jeder Kreisabschnitt ist diff'ormiter difformiter diffor-
mis. Doch muss derselbe kleiner als der Halbkreis sein , wie oben schon
bemerkt ist. — 2. Bei einer solchen Figur wächst die latitudo von Anfang
bis znr Mitte und nimmt dann wieder bis zum Ende ab. — 3. Bei einer sol-
chen Figur ist die Aenderung der Geschwindigkeit des Wachsens und Fal-
lens am obersten Pnncte am langsamsten. — 4. ist dagegen zu beachten,
dass die grösste Geschwindigkeit der Zunahme des Wachthnms am Anfange
der Figur und die grösste Schnelligkeit der Abnahme des Wachthnms am
Ende der Figur sich findet. — 5. Die Geschwindigkeit der Zunahme des
Wachsthums nimmt stetig ab bis zum höchsten Puncte des Bogens, und
dann nimmt umgekehrt die Schnelligkeit der Abnahme dos Wachsthums
von diesem Puncte bis zum Endpuncte des Bogens stetig zu. Im Anfangs-
und Endpuncte ist die grösste Zu- und Abnahme-Geschwindigkeit. —
6. Wenn die latitudo vniformiter difformiter difformis zwischen den gradus
excessium equedislantium immer dieselbe Proportion bewahrt, so ist dabei
der Anfangs- und Endpunet derselben ausgeschlossen. — 7. Das Verhält-
niss zwischen Form und Form ist dasselbe, wie zwischen den entsprechen-
den Figuren. Dabei ist das Verhältniss irrational, sobald eine der Figuren
oder beide krummlinig sind. Aus diesem letzten Satze folgert er noch einige
Zusätze: 1. Zwei gleichförmige Bewegungen haben ein rationales Verhält-
niss, ebenso 2. eine gleichförmige und eine gleichförmig ungleichförmige
Bewegung. Dagegen ist 3. das Verhältniss zwischen einer gleichförmigen
oder gleichförmig ungleichförmigen und einer ungleichförmig ungleichför-
KOnigl. Gymnasialbibliothek zu Thorn. Von Maximilian Cürtze. 97
migen Bewegung irrational. Dann folgen endlich die Schlussworto (Seite
206, Zeile 37 — 39): Pinra igilur alia corroUan'a equdlia ' per talem materiam
euerti possunt ex precedeniis que considerantihus facUiter || patent, ideo transeo.
C deo gracias virginique gloriose.
Dass das Werk, mit dem wir uns soeben beschäftigten, von dem gröss-
ten Werthe für die Geschichte der Mathematik ist, sieht man auf den ersten
Blick. Der Begriff latiludo formarum ist offenbar ein sehr wesentlicher Vor-
läufer der Geometrie des Descartes. Dieser Begriff, dessen Dasein allen
Geschichtsschreibern der Mathematik entgangen zu sein scheint, obwohl er
ganz allgemein in Anwendung gewesen sein muss , erstreckt sich nachweis-
bar bis in den Anfang des XVI. Jahrhunderts und wahrscheinlich noch
weiter, so dass er geradezu unmittelbar an Descartes und seinen Vor-
gänger heranreicht. Auch die Bemerkung Keplers, dass der Zuwachs
einer Variablen z. B. der Ordinate einer Curve in der unmittelbaren Nähe
eines Maximums oder Minimums gleich Null ist*), finden wir in den Bemer-
kungen zu dem letzten Lehrsatz 29. des Oresme ausgesprochen, hier so-
gar in ganz allgemeiner Form, da der Begriff von Forma jede Art verän-
derlicher Grösse bedeuten kann. Auch die Bemerkung dürfte noch hervor-
zuheben sein, dass, wenn man für zwei beliebige Formen derselben Art
die entsprechenden Figuren gefunden hat, man für die Formen, sobald es
. nur auf das Verhältniss ankommt, diese Figuren substituieren kann (7. Be-
merkung zu Satz 29.), sowie die Erklärung dahin, dass obwohl nur eine
bestimmte Anzahl von Ordinaten in den Figuren gezeichnet werden , doch
jedem Puncte der longitudo eine bestimmte Ordinate zukommt, dass also
die Veränderung der Latitudo eine stetige ist, eine wesentliche Eigenschaft
der Descartschen Betrachtungen.
Oresme hat es also verdient in der Geschichte der Mathematik mit
grösserem Nachdrucke genannt zu werden , als ihm dies bis jetzt zu Theil
geworden. Jedenfalls sind die beiden Abhandlungen, durch deren glück-
liche Vereinigung in'unsrem Codex es mir möglich geworden, den obigen
Nachweis zu führen, von gleichem wenn nicht grösserem wissenschaftlichen
Werthe als die beiden dem Bradwardin eigenthümlichen Theile seiner
Geometna speculatiua.
§ 15.
lieber die Handschrift R. Fol. 28 derselben Bibliothek nud Schlnss-
bemerkungen.
Ausser der im Vorhergehenden genau analysierten Handschrift besitzt
unsre Bibliothek augenblicklich noch ein Manuscript wenigstens zum Theil
*) Chailei, Apercu. S. 53 der dentsclien I^ebersetzun)^.
/.«•iltchrifl r. MathemAlik ii. Phyuik. (Su|i|)Wmii.) 7
98 Ueber die Handschrift ß. 4^" 2, Problematum Euclidis explicatio, der
mathematischen Inhalts , dasselbe ist in klein Folio auf Pergament nnd niii-
fasst 22 Blatt ohne jede Bezeichnung. Es stammt ans dem zweiten Jahr-
zehnt des 14. Jahrhnnderts.
Blatt 1^ enthält eine Darstellung des decadischen Zahlensystems anf
dem Abacus ohne Anwendung der Null. Ich lasse dasselbe in verkleiner-
tem Maflssstab nebenbei abdrucken.
Ceties
Decies
Mille
Centü
Decem
Mil
Centü
Dece Per se
mille
milia
mille
millia
Milia
milia
milia
le
vnu
1
1
1
1
1
1
Viginti
1
1
* 1 ^
Daceties
Vigesies
ßis
Dnccta
Duo
Dnce
Vi
mille
milia
mille
milia
mille
milia
milia
milia
milia
ta
gin
ti
Per se
2
2
2
2
2
2
2
2
2
Tricetie»
Tredecies
Ter
Tricr-ta
Trigita
Tria
Trioe
Tri
mille
milia
mille
milia
mille
milia
milia
milia
milia
ta
gin
ta
Per se
3
0
3
3
3
3
3
3
3
3
QndrTgt«
a
Qdmges';'«
Quater
QnadrT
Qaadra
Qua
Qaa
Qua
mille
mille
> mille
genta
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millia
milia
milia
milia
milia
milia
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1
4
4
4
4
Qulqna
4
4
4
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u
Quiqges«;«
QuTquies
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mille
mille
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milia
milia
milia
milia
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Sexies
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Sexin
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mille
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SeptTgöt
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Septngesef
Sepcies
Septin
Septua
Septc
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Sep
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genta
ginta
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milia
milia
milia
milia
milia
milia
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7
7
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Octuges^*
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7
Octin
Octua
7
Octo
7
Octin
7
Octo
7
Octlgeta
Occies
mille
milia
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milia
mille
milia
genta
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ginta
milia
milia
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Per sfi
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Nonpfesie"
8
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9
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9
9
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Königl. Gymnasialbibliothck zu Thorn. Von Maximilian Curtzk. 99
Blatt 1^ Pnmosiicaciones super . xjj . Signa cell in corpore humano für jedes
Zeichen drei Pronosticationen. Auf ihm findet man auch die Bemerkung
. 1364 ,epacte,26. Die folgenden Blätter 2* — 7^ umfassen dann ein Caienda-
rium für das Jahr 1328. Dasselbe enthält: 1. die Tage des Monats;
2. Quaiuor cicli premacionis lune; 3. diegoldneZahl; 4. dioWochen-
bnchstaben; 5. die Tageslänge; 6. die Sonnenhöhe. Ausserdem
ist eine Rubrik für den lateinischen Kalender vorhanden und eine
für die Feste. Am Fnsse jeder Seite, mit Ausnahme der ersten, findet
sich noch eine Pronostication für den Monat. Auf einem eingelegten Blatt
Papier liest man die Bemerkung: Deesi in hoc martyrologio. s. Calendario
festum Visitationis Mariae d. 2. Jul. quod insiituium est a. 13S0. ab Vrbano F/,
confirmaium postea a Bonifacio IX Vrbani successore ei in concilio Basil . , von
moderner Hand, wahrscheinlich dem letzten Jahrhundert angehörig.
Der Rest der Handschrift endlich enthält eine thcologia dogmalica in
80 Capiteln von der nämlichen Hand geschrieben, als der erste Theil des
Codex.
In frühem Zeiten bis 1724 war unsre Bibliothek, die 1594 gegründet
ist, sehr reich an mathematischen Manuscripten. Nach dem grossen Blut-
bade in Thorn im Jahre 1724, bei welchem auch das Gymnasium aus
seiner Localität vertrieben wurde, sind die meisten dieser Manuscripte, wie
lässt sich nicht nachweisen, abhanden gekommen, und nur die beiden oben
beschriebenen sind gerettet worden. Da es jedoch für literarische Zwecke
vielleicht von Werth ist, so gebe ich hier ein Verzeichniss der mathemati-
schen Manuscripte , die 1 724 noch vorhanden waren , aus der Notitia Biblio-
ihecae Gymnasii Thorunensis von Petrus Jaenichius, die 1724 in Jena
erschienen ist.
Diese sind*): IL Liber Physicus-, III. Dialectica et physica: VrGlossa
5tip^r Aristotelit librum physicum de anima et coelo scripta a Tilcmanno; XIX.
Elementa Euclidis cum commeniar. Campani, continens 796 Conclusiones fini-
las an, 1354 in 17 fer. natitiuit.; adiungiiur Arsaniches**) de mensura Circu-
/i; XXI. Be concordia Astronomiae et Theologiae Fr. Petri AUiaoo Cardinal.
scr, 1414, Einsdem calculatio de aeiatibus mundi ante Christum etc. , Einsdem
declaratio figurarum coeli seu facierum dierum revolut. Calculatio X figurarum
et significatio, Elucidarius Astronomiae de Natiuitate JEsu Christi. Tractatus
de Concordia discordantium Astronomorum super significationibus triplicitatum
signorum Zodiaci; XXII. Liber mathematicus ; XXIII. Euclidis />ro6/e»ia/a cum
explicatione (Jetzt R. 4^ 2) ; XXIV. Arithmetica ; XXV. Jo. Aegidii Historia
Naturalis; XXVIII. In Hb, Aristotelis Phys. de Coelo et mundo; XXIX. Liber
de metalliset lapidibus; XXX. Liber physicus ; XXXI. Liber physicus; XXXV.
*) Die Nununern sind die des Jänichenschen Katalogs.
*♦) D. i. Arcbimedes.
100 lieber die Handschrift R. 4? 2, Probleinatiiin fiuclidis explicaiio, der
Quaesliones physicae: XXXVI. Liber physicus: CV. Canones iabularum apo-
Ihecariiy mathematici et asirologici Hist. de S. Jodaco. — Zu bedauern ist es
jedenfalls, dass von diesen 16 Manuscripten nur ein einziges erhalten ist.
Nach den Bemerkungen des Jaenichen zu dem Manuscpript XXI. von
Petrus de Alliaco, scheint dasselbe die Originalhandschrift die-
ses berühmten Mannes, nachmaligen Cardinais und 'Erzbischofs von
Ü a m b r a i enthalten zu haben .
Nachschrift.
Bei der Besprechung des liber trium frairum habe ich oben gesagt, dass
ich auf eine Anfrage an Herrn Prof. Kinkelin in Basel wegen der dort
befindlichen Handschrift dieses Werkes keine Antwort erhalten h&tte. Ich
wandte mich seitdem auf andern Wege an die öfifentliche Bibliothek in Basel
und erhielt am 19. Juli d. J. durch Herrn Prof. Vischer, Bibliothekar ge-
nannter Bibliothek, vorläufig mit einem freundlichen Briefe des Herrn Prof.
Kinkelin, d. d. 17. Januar 1868, der eine Beschreibung der Handschrift
enthält, eine Abschrift des liber trium frairum^ die ebenderselbe sich zu sei-
nem Privatgebrauch angefertigt hat. Indem ich für diese Zusendungen hier-
mit öffentlich meinen Dank abstatte , bedauere ich , dass ich durch dt^ un-
angenehme Zusammentreffen von Umständen zu der oben erwähnten Be-
merkung gekommen bin.
Ich entnehme dem besagten Mauuscripte noch, dass unser liber trium
frairum nur die sechs ersten Satze des im Ganzen 19 Sätze umfassenden
Werkes enthält und bis auf die Einleitung fast wörtlich gleichlautend mit
der Basler Handschrift. Auch möchte ich noch bemerken, dass in dem Co-
dex, der das liber trium frairum enthält, das liber carasionis und wahrschein-
lich auch der Algorismus proportionum sich vorfinden. Auch die Abhandlung
Thabii ben Corra's, de figura sectore, die von Steinschneider falschlich
mit der gleichnamigen Abhandlung des Campanus identificiert wird, findet
sich in dem Basler Codex. (F. II, 33.)
Weitere Mittheilungen über dieses Manuscript, das mir auf einige Mo-
nate zur Disposition stehen wird , behalte ich mir vor.
Thorn, d. 25. Juli 1868. Curtze.
Königl. Gymnasial bibliothek zu Thorn. Von Maximilian Curtze. 101
Anhang.
Einige Stellen aus dem Algorismus Broportionum Magistri
Nicolay Orem nach der Lesart der Handschrift B« 4"? 2
der Königlichen Oymnasialbibliothek zu Thorn.
I. Die Einleitung: Seite 82, Zeile 5-21.
VMa media debet sie scribi — vna tertia sie - I et due tertie sie
et sie de alijs . et numenis qui sapra nirgulam dicitur nnmerator iste
ucrn qui est sub nirgula dicitur denominator € Propurtio dupla scribitur | isto
modo 2^f et tripla isto modo 3^f et sie de alijs. Proportio sesquialtera sie
Y^ . Proportio superpartiens duas
2
3
p.l
1 . 2
scribitur
tertias scribitur sie
bitur sie
et sesquitertia sie
p . 2
1 • 3
'»^ [oJ «t «
pars duple sesquialtere scribitur sie
Proportio dupla superpartiens duas quartas scri-
sie de alijs. | Medietas duple scribitur sie ^-^ . quarta
et sie de alijs. Et quecun-
1 .p . 1
4.2-2
que proportio rationalis scribitur per suos terminos sev j numeros minimos
sicud dicetnr proportio . 13 .ad . 9 . que uocatur superpartiens quatnor nonas. |
2 . .
Similiter proportio irrationalis sicud medietas superpartiens . 3 . scribitur
sie. Medietas proportionis | . 5 . ad . 3*^ . et ita de alijs. € Omnis proportio
irrationalis de qua nunc est mentio (?) | denominatur a proportione rationali
taliter quod dicitur pars eins aut partes sicud dicendo medietas duple { aut
tertia pars triple uel due tertie quadruple vnum patet quod in denomina-
tionis flocoj talis proportionis irrationalis { sunt tria scilicet numerator deno-
minator et proportio rationalis a qua denominatur cuius ista | irrationalis dici-
tur pars aut partes sicud cum dicitur una medietas duple vnitas est- numera-
tor I uel loco numeratoris . 2 . est denominator et proportio dupla est ista
a qua ista denominatur et | ita potest patere faciliter de alijs €.
U. Regel 4: Seite 88, Zeile 9—42.
€ Benominatorem proportionis irrationalis propriflsime assignare. Pro
isto seien dum est I quod proportio rationalis dicitur primaria que non potest
diuidi in proportiones rationales equales Et est ] illa inter cuius numeros
102 Anhang.
minimos nuUus est numerus medius proportionalis sev numeri { medij proportio-
nales sicud est duplaauttriplaautsesqnialtera. Sed istauocatur secundaria que
potest I sie diuidi et inter cuius nnmeros est numerus uel numeri medij propor-
tionales idestin medio loco | proportionales sicud sunt quadrupla que diuiditur
in duas duplas et octupla in tres duplas. Similiter | nonupla in duas triplas
et sie de alijs €. Proposita itaque proportione irrationali qualibet. Si deno-
minen^tur | partes tunc per regulam precedentem fiat quod uocetur pars quo
posito uideatur si | proportio rationalis a qua denominatur sit primaria. Et
si sie tunc standum est quia proportio | irrationalis de qua est sermo est
competentiBsitte norainata sicud dioendo vna tertia | sextuple uel una tertia
duple et sie de alijs. Si uero proportio rationalis a qua denominatur sit
secundaria | uideatur quot habet proportiones rationales primarias que sunt
eins partes equales. Et si numerus | quotiens istarum partium et denomi-
nator proportionis irrationalis proposite sunt incommunicantes standum | est
in tali denominatione. Sicud si dicatur vna medietas octuple talis denomi-
natio estpropria. | quia octupla habet tres partes equal es rationales scilicet tres
duplas et duo est denominator | proportionis irrationalis proposite . modo
. 3 . et . 2 . sunt numeri incommunicantes ideo medietas octuple | non est pars
alterius proportionis rationalis minoris quam octupla quamuis bene partes
sit quia medietas | octuple est r-^ sed talis denominatio non esset pro-
pria. Si autem numerus minor | primarum partium talis proportionis ratio-
nalis sccuudarie a qua denominatur proportio irrationalis et denominator |
ilHus proportionis irrationalis que est pars ipsius sint numeri communican-
tcs tunc accipitur | maximus numerus in quo communicant et per ipsum diui-
dendus est vterque illorum et diui|dendo numeram partium proportionis
secundarie prouenit numerus proportionum partialium ex quibus | componi-
tur proportio rationalis a qua denominatur proportio proprissime proposita.
Diuidendo ucro denominatorem | proportionis per eundem maximum nume-
rum prius habitum uenit denominator proportionis irrationalis | proprissiinus
3 . p
4 • 4
tunc
et quesitus. Verbi gratia. Proponatur proportio que uocetur
agendo per tertiam regulam patet quod ipsa est vna quarta proportionis.
64^<* Sed quia . 641* | componitur ex . 6 . duplis et . 6 . qui est numerus par-
tium primariarum istius . 641® et | . 4 . qui est denominator proportionis pro-
posite sunt communicantes in . 2 . ergo diuidendo | . 6 . per . 2 . exiet . 3 .
igitur proportio proposita est pars trium duplarum sev pars octuple. Simi-
liter di|uidendo . 4 . per . 2 . venit . 2 . igitur proportio proposita est vna
medietas . patet ergo | ex hac regula quod proportio proposita est vna me-
dietas octuple et scribitur sie ^
P
8
Et I ista est eins denominatio com-
petentior. Eodem modo vna duodecima quatuor triplarum | sev 81l^ est
vna tertia triple et similiter vna quarta sex triplarum est . ^ . trium triplarum
sev 27\* etc.
Anhang. 103
III. Regel 7-9: Seite 84, Zeile 29 - Seite 85, Zeile 26.
€ In additione irrationalii ad irrationalem et subtraxione irrationalia
ab irrationali | tont renale g^nerales pro quiboslibet qoantitatibns. : — Sit
itaqae pars nota | rei notc addcnda parti note rei note nel deoienda. Verbi
gratia. Sit | . c . pars rei . a . et . d . sit pars rei . b . et quod . c . denomi-
netnr nnmero . e . et . d . numero . f • | Ducam igitur . a . in . f . idem con-
tinnabo totidem . a . qnotns est | numerus . f. et exibit . g . Similiter ducam
. b . in . e . et uenit . h . erit ergo . c . pars ipsius | . g . secundum nume-
mm qui fit ex ductu • e . in . f . et secundum eundum nnmerum erit . d . pars
ipsius I .']i . igitur sicud . c . ad < g . ita d . ad . h. C Addendo igitur sequi-
tur quod sicud . c . ad . g . | et etiam . d . ad . h . ita aggregatum ex . e . et
. d . ad aggregatum ex . g . et . b . ergo additum | uel aggregatum . c . d . est
pars aggregati . g . b . secundum numerum qui fit ex ductu | . e . in . f .
€ Sabtrahendo uero sequitur Quod si . g . exlrabatur ex . b . ant e contrario |||
et . c . ex . d . aut e contrario residuum erit residui tota pars quota pars . c .
erat | ipsius . g . [aut quota pars . c . erat ipsius . g .] aut quota pars erat .
d . ipsius I . b . et hoc est secundum numerum qui fit ox . e . in . f. [Exemplum
in additione], Verbi gratia in additione proportionum | irrationalium. Et sit
medietas duple addenda cum tertia parte triple proportionis . continuabo |
ex vna parte tres duplas ut docet prima regula et hoc facio quia alia pro-
poTtio d^nominatur | a ternario et dicitur tertia pars et ex altera parte
ibidem et per idem continuabo dnas | triplas et multiplicabo denominationes
partium ynum per alterum sev . 2 . per . 3 . et uenit . 6 . | igitur medietas
duple est sexta pars trium duplarum. Et similiter tertia pars triple est sexta
pars I duarnm trip1ai*um ergo aggregatum ex medietate duple et tertia parte
triple estsextapars { aggregati ex tribusdupHs et dnobus triplis. Etperprimam
r^slam patet quod tale aggregatum | est proportio . 721* scilicet.72 .ad.l «
igitur addendo medietatem duplß proportionis et tertiam partem | triple
wnit sexta pars proportionis. 721* C [Exemplum in subtraxione J. Verbi gra-
tia in subtraxione proportionum irrationalium. | Subtrabatur medietas duple
proportionis a tertia parte triple. Primo igitur subtrabatur agjgregatum ex
tribus duplis ab aggregato ex duobus triplis per secundam regulam et re-
manet | sesquioctaua igitur subtrabendo sextam partem a sexta parte scilicet
medietatem duple a tertia parte | triple remanet sexta pars sesquioctave. Nam
medietas duple est sexta pars trium | duplarum et tertia pars triple est sexta
pars duarum triplarum igitur subtrabendo sextam a sexta | residui quod re-
manet subtrabendo totam a toto. Et hoc est facile demonstrare | € Si antem
partes habenteandemdenoBiinationem. Tuncproter | regulam generalem propo-
sitam potest dari facilior regula specialis inta. Quid si tertia pars .a. | addatur
tertia parti . b . exibit tertia pars illius quod fieret ex additione . a . ad . b .
Similiter si tertia pars . a . subtrabatur a tertia parte . b . remanebit tertia
pars residui | quod restat per subtraxionom . a . de . b. Vt si dupla addatur
104 Anhang.
triple yenit sextnpla | ergo si medietas daple addatnr medietate triple venit
medietas sextuple. Similiter { si dupla subtrahatur a tripla remanet sesqui
altera ergo Si tertia duple sabirahatnr | a tertia triple remanet tertia pars
sesquialtere et ita de alijs. Additio antem | probat sabtraxionem et e con-
trario sicnd in alijs. €.
lY. Die Regel des zweiten Tractates: Seite 87, Zeile 28 — Seite 88, Zeile 12.
€ Adhuc occurrit alia diffienltas uel utilitas et alias modus operanjdi
sed vna regala primiius est ponenda et est ista. Si dnanun remm faerit pro-
portio dajta proportionem qnamlibet sibi mnltiplicem assignare«* Sit . a .
malus et . b . I minus et eorum proportio data sit . c . sitque . d . multiplex
ad . a . secundum numerum . e . | sit etiam . f . multiplex ad . b . secundam
numemm . g . et proportio inter . g . et . e . sit . h . Si igitur | nnmeri . e .
et . g . sunt eqnales manifestum est quod proportio . d . ad . f . est sicud
proportio . a . | ad . b . que est data. Si autem . e . est maior quam . g .
tunc simul addende | sunt due proportiones . c . et . h . et proportio ex eis
confecta est proportio . d . ad . f . quesita. Verbi gratia | Sit . c . sesqoial-
tera et . h . sesquitertia et quod . e . sit . 4 . et . g . 3. tunc patet quod . 4 . |
a . excedunt . 3 • a . in sesquitertia. Et . 3 . a . excedunt . 3 . b . in sesqui-
altera | igitur . 4 . a . excedunt . 3 . b . in proportione composita ex sesqni-
altera et sesquitertia sev in | dupla igitur . d . excedit . f . in ista propor-
tione. Si uero e contrario . g . fuerit maior quam . e . | tunc igitur uel . h .
e t . c . proportiones sunt equales et ergo . d . et . f . sunt equalia quoniam |
si . a . est sesquialterum ad . b . tunc tria . c . sunt equalia duobus . a. Sed
si III proportiones . c . et . h . sunt inequales et sicud prius . g . sit maior
numerus quam . e . tunc de | istis proportionibus subtrahenda est minor n
maiore secundum regulas superius positas j Et proportio residua est propor-
tio . d . ad . f. Et si . e . est maior quam . g . tunc . d . est maios | quam
. f . Et si e contrario tunc e contrario. Verbi gratia. Si, c . est proportio ses-
quialtera et . b . sesquitertia | tunc tria . a . faciunt magis quam . 4 . b . quod
patet quia . 3 . a . ad . 3 . b . sunt in | proportione sesquialtera Sed . 4 . b .
ad . 3 . b . est proportio sesquitertia ergo tria . a . sunt magis j quam . 4 . b .
per proportionem in qua sesquialtera excedit sesquitertiam scilicet per ses-
quioctavam | ergo proportio . d . ad . f . est sesquioctaua. Eodem modo agen*
dum est si fuerit e contrario | scilicet si . b . sit maior quam . c . ut si . h . sit
sesquialtera et . c . sesquitertia sed tunc j euenit e contrario scilicet quod. f.
erit malus quam . d . in proportione sesquioctaua autem prius . d . erat
sicud I . 9 , et . f . 8 . nunc autem . f . est nouem et . d . 8 . et similiter
agendum ejst de proportionibus j irrationalibus.
vin.
Die Tonleiter und ihre Berechnung.
Von
Gustav Schubring,
in Hallü a/S.
Theilweise schon veröffentlicht in der Zeitschrift für die gesammten
Naturwissenschaften Bd. XXVII. S. 485—503.
Hierzu eine Tafel mit 8 Figuren.
Die im ersten Theile der „Akustik** von Chladni gegebene Dar-
stellung der Lehre von den musikalischen Intervallen und der Tonleiter
wird noch heute von den meisten Physikern als mustergültig betrachtet
und in den Lehrbüchern der Physik ziemlich unverändert vorgetragen;
man schliesst sich also auch fast überall der Behauptung an, dass
die musikalische Temperatur eine absolute Nothwendigkeit sei.
Chladni sagt nämlich (Akustik S. 38 — 40), die Abänderung der
arithmetischen „Reinigkeit** der Intervalle auf den Ciavieren und andern
Instrumenten mit festen Tönen geschehe nicht diesen Instrumenten zu
Gefallen, sondern es könnten die reinen Intervalle in der Musik Über-
haupt gar nicht angewendet werden, selbst wenn man auf allen
Instrumenten die Intervalle ganz rein hervorbringen könnte. Wenn
man nämlich eine Tonfolge (Melodie) ausführen will, so hat man die
Wahl zwischen folgenden zwei Möglichkeiten: Entweder man führt die-
selbe so aus, dass jeder Schritt einem der bekannten Intervalle genau
gleich ist — und dann behalten die Töne nicht das richtige Verhältniss
zum Grundtone; oder man bringt alle Töne ins richtige Verhältniss zum
Grundtone — und dann stehen sie untereinander nicht im richtigen
Verhältnisse. Will man z. B. die Tonfolge:
c — f — d — g — c
ausführen, so kann man entweder die Intervalle derselben, nämlich:
Quarte; kl. Terz Quarte Quinte
(aufst.) (abst.) (aufst.) (abst.)
sämmtlich richtig machen, oder man kann die einzelnen Töne so be-
106 Die Tonleiter und ihre- Berechnung.
#
stimmen, dass sie alle zam Grundton das richtige Verhältniss haben.
Im ersten Falle erhält man folgende Schwingungszahlen:
der Ton c hat also am Schluss der Tonfolge die Schwingungszahl f^,
während er am Anfange die Zahl 1 hatte, mithin ist 'er um ein kleines
Intervall, das sogenannte syntonische Komma, tiefer geworden.
Giebt man aber zweitens allen Tönen das richtige Verhältniss zum
Grundtone, so kann man ihnen entweder folgende Schwingungszahlen
beilegen :
1.1.10.1.1 «
oder auch:
1 . 4 . « . 'A . 1
Bei der ersten Art der Ausführung ist das d etwas tiefer und die
Quart d — g hat das Intervall f : V = ^ = 4 ' 1^ » ^^® ^^^ ^^^ ^^
ein „ syntonisches Komma ^^ zu gross; — bei der zweiten Ausftihmngs-
art aber ist das d etwas höher und die kleine Terz d — f hat das In-
tervall ^ : ^ = ^ = f • tr» ^*® ^^ *1^® ^™ ^^^ syntonisches Komma
zu klein.
Chladni ist nun der Meinung, dass in einer Melodie weder Aen-
derungen der Tonhöhe des Grundtones noch solche falschen Intervalle
voikommen dürften, er hält es daher für nothwendig, dass zur Erhaltung
eines brauchbaren Tonsystemes jedes Intervall etwas von der genauen
Stimmung abweichen müsste, und zwar empfiehlt er die sogenannte
128tufige gleichschwebende Temperatur als das beste Ton-
system auch für die Instrumente, auf denen, wie bei den Geigen, die
Tonhöhe ganz beliebig bestimmt werden kann. — Dieser Deduction
haben sich bis jetzt die meisten Physiker angeschlossen und sie sind
daher mit Chladni der Meinung, dass die Temperatur der musikali-
schen Intervalle nicht zu vermeiden sei.
Durch die gleichschwebende Temperatur wird nun leider nur die
Forderung erfüllt, dass die Tonhöhe des Grundtones constant bleibt,
aber die einzelnen Töne haben weder mit dem Grundtone noch unter
sich richtige Verhältnisse, so dass die Accorde durch die gleichscliwe-
bende Temperatur wesentlich in ihrem Wolklange beeinträchtigt werden.
Die gleichschwebende Temperatur ist also ein schlechter Ausweg aus
dem obigen Dilemma und man hat sie auch nur darum eingeführt und
beibehalten, weil man sie für ein noth wendiges Uebel hielt. Dass
sie diess nun in der That nicht ist, hat Helmholtz in seiner „Lehre
von den Tonempfindungen" nachgewiesen. Helmholtz verlangt
näralich -im Anschluss an die Hauptmann'sche „Theorie der lEIar-
monik und ^letrik*', dass alle Töne einer Tonleiter zum Grundtobe
die durch die bekannten Schwingungsztahlen festbestimmten Verhältnisse
Von Gustav Schubring. 107
habeu; dabei werden natürlich einige Intervalle zwischen Tönen der
Tonleiter nicht die einfachen Verhältnisse erhalten, aber das ist auch
nach der Hanptmann'schen Theorie gar nicht nöthig — es müssen
sogar nach dieser Theorie in jeder Tonleiter einige Terzen and Quin-
ten u. s. w. falsch, also dissonant sein. In C-Dur müssen z. B. die
Quinte d — a und die kl. Terz d — f um ein Komma kleiner sein, als
die consonanten Intervalle* c — g und 6 — g; die obige Tonfolge, die
sich offenbar in C-Dur bewegt, muss also nach Hauptmann und
Helmholtz in der zuletzt angegebenen Weise ausgeführt werden. Da
aber in andern Tonarten, z. B. in d-MoU die kleine Terz d — f con-
sonant sein muss, so muss Helmholtz bei der praktischen Ausführung
der Haupt man n'schen Theorie mehrere Töne mit dem Namen f unter-
scheiden, nämlich den von Hauptmann als f bezeichneten Ton mit
der Schwingungszahl ^-^ , und die als F bezeichnete reine Quarte ^.
In gleicher Weise muss man auch bei den andern Stufen der Tonleiter
zwei und mehr Töne gleiches Namens unterscheiden.
Durch consequente Durchführung des Haupt man naschen Principes
gelangt nun Helmholtz zu einem sehr reichhaltigen Tonsystem, dessen
Töne er zwar genau bestimmt, deren Schwingungszahlen er aber nicht
angegeben hat. Es dürfte daher von Interesse sein, diese Zahlen
kennen zu lernen und mit den Zahlen der von Chladni angegebenen
Tonleiter zu vergleichen; ich habe nun dieselben im Folgenden be-
Tjechnet und zur besseren Uebersicht die Logarithmen derselben hinzu-
gefügt.
Soll nämlich ein Intervall gefunden werden, welches so gross ist
als zwei Intervalle zusammengenommen, so hat man deren Schwin-
gungszahlen mit einander zu multipliciren; soll aber das Intervall
gefunden werden, um welches zwei gegebene Intervalle verschieden
sind, so hat man den einen Bruch durch den andern zu dividiren;
di^se Mnltiplicationen und Divisionen, die mitunter recht un-
bequem werden können, verwandeln sich bei Anwendung der Loga-
rithmen in Additionen und Subtractionen. Die Logarithmen er-
leichtem also die Rechnung und die Uebersicht über die gefundenen
Resultate, zumal wenn man die von Opelt („allgemeine Theorie
derMusik^^) vorgeschlagene graphische Darstellung der Tonleiter
zu Hülfe nimmt; dieselbe besteht darin, dass man auf einer Linie, von
einem ihrer Endpunkte aus, welcher den Grundton (Schwingungs-
zahl == 1, Logarithmus = 0) darstellt, Strecken abträgt, die den Loga-
rithmen der einzelnen Töne proportional sind.
Die Logarithmen sind , soviel ich weiss , bei der Tonleiter zuerst
augewandt von Marpurg („historisch-kritische Beiträge zur Musik"
V, 6.), später hat Opelt zu demselben Zwecke Logarithmen mit der
Basis 2 (erhalten durch Division der gemeiucn Logarithmen mit 0,30103'!
108 Die Tonleiter und ihre Berechnung.
verwendet und endlich hat Mach in der „mansch au liehen Dar-
stellung einiger Lehren der musikalischen Akustik*' (diese
Zeitschrift 1865) sich desselben Mittels bedient zur Herstellung eines
Modells für die Obertöne, auf welches ich später noch einmal zurück-
kommen werde.
Ich werde nun im Folgenden neben den Schwingungszahlen der
Töne des Helmholt zischen Tonsystemes 'die Logarithmen derselben
für die Basis 2 angeben, — ich will aber des bessern Verständnisses
wegen zunächst die Principien dieses Systemes auseinandersetzen und
beginne dabei mit der Entwickelung der Dur- und Molltonleiter
aus dem Dur- und Mollaccorde.
Die Schwingungszahlen der Töne des Duraccordes und die Lo-
garithmen derselben im Logarithmensystem 2 sind folgende:
Töne
Schwingun^szahlen
Lop^arithmen
Grundton
1 — 1,00
0,00000
gr. Terz
i - 1,25
0,32193
Quinte
5 — 1,50
0,58496
Octave
2 — 2,00
1,00000
^r. Decime
i — 2,50
1,32193
Duodecime
3 — 3,00
l,5849(i
2t e Octave
4 — 4,()0
2,00000
u. s. w.
Man sieht, dass die Logaritlunen aller Octaven des Grundtones
ganze Zahlen sind, und dass die Logarithmen zweier Töne, welche um
eine Octave auseinander liegen, wie z.B. Quinte und Duodecime, sich
gerade um eine Einheit unterscheiden. Da es nun bei der Betrachtung
der Verhältnisse einer Tonleiter nur auf Töne innerhalb einer Octave
ankommt, so hat Opelt die vor dem Komma stehende Charakteristik
der Logarithmen ganz weggelassen und die Decimalbruchstellen wie
ganze Zahlen hingeschrieben; bei kleinern Intervallen hat er die in den
ersten Stellen sich ergebenden Nullen mit verzeichnet. Ich werde diess
Verfahren nachahmen, werde aber nicht wie Opelt nur 3 Decimalstellen
anwenden, sondern 5, weil sonst gewisse kleine Unterschiede nicht
sichtbar werden; ich multiplicire also alle Logarithmen mit 100000.
Im Moll dreiklang tritt statt der grossen Terz die kleine
ein; das Intervall der letztern ist aber schon im Duraccord vorhanden,
nämlich als Intervall zwischen der grossen Terz und der Quinte; es ist
also der Logarithmus der kleinen Terz = 58196 — 32193 = 26303.
Demnach ergiebt sich für den Mollaccord:
Töne SchwinpfungTSzahlen Logarithmen
Grundton 1 = 1,0 0000<J
kl. Terz ? = 1,2 26303
Quinte . . if = 1,5 58496
Von Gustav Schübrino. 100
In Fig. 1. sind beide Accorde graphisch dargestellt; von der einen
Seite zeigt die Figur den Duraccord, von der andern den Moll accord;
— um auch die zwei ümlagerungen jedes der beiden Accorde (die so-
genannten Sexten- und Quartsexten - Accorde) zu zeigen, sind beide
Accorde bis zur Duodecime fortgeführt^ Schneidet man diesen Streifen
aus, so kann man damit eine nach demselben Massstabe (Octave == 100
Millimeter) gezeichnete Tonleiter untersuchen, ob sie die zur Bildung
der Accorde nöthigen Töne enthält. Man sieht auch an dieser Zeichnung
ohne weiteres, wie sich die grosse und kleine Terz zur Quinte er-
gänzen, ferner wie die Quinte und die Quarte, die grosse Terz und
die kleine Sexte, ebenso auch die kleine Terz und die grosse Sexte
zusammen eine Octave ausmachen. Wenn daher in einer Tonleiter die
Octaven, Quinten und Terzen richtig sind, so sind auch die Quarten
und Sexten richtig; man braucht also dann die letztem Intervalle nicht
noch besonders zu untersuchen.
Die Durtonleiter wird nun bekanntlich gebildet aus drei Dur-
accorden, nämlich den Accorden des Grundtones, der Quinte und dor
Unterquinte, d. h. des Tones zu dem der Grundton die Quinte bildet.
Der erste Accord wird gebildet vom Grundton, der grossen Terz und
der Quinte, der zweite von der Quinte, der grossen Septime und der
None, der dritte von der Quarte, der grossen Sexte und der Octave.
Setzt man für die None die um eine Octave tiefere Secunde, so erhält
man für die Durtonleiter folgende Bestimmungen:
Töne
Schwingnngszahleti
Lograrithmen
Grundton
1 — 1
00000
Secunde
*
.^.f-l- 1,125
16993
gr. Terz
i - 1,26
32193
Quarte
2 . 1 ^ 1,333 . .
. 41504
Quinte
*=1,5
58496
gr. Sexte
2
' 4 • i — 1 — 1>666 . .
• 73697
gr. Septime
|.|_y>_ 1^875
90689
Octave
2 — 2
100000.
Die graphische Darstellung dieser Tonleiter ist in Fig. 2» gegeben
und zwar mit den Noten der C-Durtonleiter; die drei Töne tf, a, Ä,
welche in den drei erwähnten Accorden die Terzen sind, sind nach der
Hauptmann- Hei mholtz'schen Bezeichnung mit kleinen Buchstaben
geschrieben, während die im Quintenverhältniss zu einander stehenden
Töne F — C — G — D mit grossen Buchstaben geschrieben sind. Setzt
man diese Quintenreihe fort, so kommt man zu Tönen A, E und H mit
folgenden Bestimmungen :
Töne
falsche grosse Sexte: A
Terz : E
Septime: H
n n
Schwinprungszahlen
Lo(2^arithmen
1 •*- ü - 1 -H
75489
?*•*- H -i --H
33985
M • i[ - i« - 4' • U
^^^ÄV
110 Die Tonleiter und ihre Berechnung.
-..yfc ^^ m. ,.
Man »iehtj dass die durch Quinten erhaltenen Töne alle um |^
höher sind, als die durch grosse Terzen erhaltenen. In Logarithmen
beträgt dieser Unterschied 01792. Später wird sich zeigen, dass diess
nicht nur für die Töne a, e, h und A, E, ff gilt, sondern auch von
allen andern Tönen. In Fig. 2^ ist die C-Dur-Tonleiter mit den Tönen
A, E, ff, statt a, e, h dargestellt, also in der Form wie sie von Py-
thagoras angegeben worden ist. Durch Vergleichung dieser letztem
Tonleiter mit Fig. 1. erkennt man, dass dieselbe keinen richtigen Dur-
accord enthält.
Da im Folgenden die grossen und kleinen Buchstaben zur Unter-
scheidung der durch Quinten und grosse Terzen gefundenen Töne be-
nutzt werden, so gebraucht man zur Unterscheidung von Tönen ver-
schiedener Octave andere Zeichen. Wenn eine solche Unterscheidung
nöthig werden sollte, so wende ich obere und untere Indices an, so
dass z. B. a die höhere Octave von a bedeutet, E, aber die tiefere ,
Octave zu E,
Für die Molltonleiter geben Hauptmann und Heimholt«
gleichmässig die Regel, dass sie aus den Mollaccorden des Grundtones
und der Unterquinte, und dem Dur accord der Quinte zu bilden sei.
Dass die beiden Theoretiker verschiedene Gründe dafür haben, dass
nicht auch von der Quinte der Mo 11 accord zu nehmen sei, ist bei der
Berechnung der Schwingungszahlen gleichgültig.
Wir bezeichnen nun mit Helmholtz die kleine Terz von C durch
es» die von F durch äs u. s. w. ; dass diese Töne nicht mit es und as
identisch sind, werden wir später sehen. — Während also die C-Dup-
tonleiter gebildet wird aus den Tönen der Accorde:
F — a — C'i C—e—G: G — h — D'\
ergeben sich für die Bildung der C-Molltonleiter die Accorde :
F—ä} — C; C—7s—G;G — h—D\
Die Molltonleiter unterscheidet sich mithin von der Durtonleiter nur
durch die kleine Terz und kleine Sexte ;^ es muss aber bemerkt werden,
daSs häufig (in aufsteigender Richtung) auch die grosse Sexte (a) statt
der kleinen {as) — und dass ferner (in absteigender Richtung) statt der
grossen Septime (ä) die kleine (6) als kleine Terz der Quinte eintritt.
— Die bei der Durtonleiter noch nicht angegebenen Intervalle der MoU-
tonleiter sind daher folgende:
Töne Schwingirngszahlen Logarithmen
kleine Terz es f = 1.2 2630S
kleine Sexte äs i * | = ^ = 1»6 67807
kleine Septime ft ^ . | = « = 1,8 84800
Fig. 3* zeigt die Molltonleiter nach den eben angegebenen Be-
stimmungen, die kleine Septime und grosse Sexte sind als Hülfstöne
Von Gustav Schubbing. 111
nur pnnktirt. Wollte man aber die kleinen Terzen der drei Accorde
nach Pjthagoras durch Quinten bestimmen, so würde man die in
Fig. 3^ angegebeneil Werthe erhalten, nämlich:
Töne SchwinguDgszahlen Logarithmen
falsche kleine Septime B :|.|=t^=^.f^- 83007
„ Terz Es ^ . | ^ fjf = | . §^ 24511
„ Sexte As ^ . :^ = ^^h = | . ^j 66015
Die durch kleine Terzen gefundenen Töne sind also um das In-
tervall ^ höher als die gleichnamigen durch Quintegi gefundenen,
während die durch grosse Terzen um dasselbe Intervall tiefer waren,
man darf dieselben also nicht identificiren , wie es Hauptmann thut.
Nun sind, wie man leicht übersieht, nicht nur die Töne:
As — Es^B — F— C— G — D — Ä — E— H . . . .
untereinander richtige Quinten, sondern es bilden auch die Töne:
und- in gleicher Weise
• • • • as ^"^ 6s ~~^ 0 * * • *
Reihen von richtigen Quinten.
Ferner sind nicht nur die Intervalle :
. , , . F — a; C — e; G — ä....
richtige grosse Terzen, sondern auch:
» - - ' as — ^' CS — ^* b — /)..,.
Endlich haben wir auch zweierlei kleine Terzen, nämlich erstens:
, , , . a — (/; e — G; h — J) , , . ,
und zweitens:
, . , . F — as'' ^ — es i ^ — ^ . . . .
Wir können jetzt von den Tönen, die mit grossen Buchstaben ge-
schrieben sind, Dur- und Mollaccorde construiren; von den Tönen,
die mit kleinen Buchstaben geschrieben sind, aber nur Mollaccorde;
will man von diesen auch Duraccorde bilden, so braucht man dazu nocli
eine vierte Reihe von Tönen, welche untereinander wieder richtige
Quinten bilden und die grossen Terzen zu den kleinen Buchstaben
sind. Helmholtz bezeichnet diese Töne durch unterstrichene grosse
Buchstaben :
B—F—C—G—P^A—R
Man kann sich leicht davon überzeugen, dass diese Töne abermals
um das Komma ^\ tiefer sind, als die gleichnamigen Töne der Reihe,
die mit kleinen Buchstaben geschrieben ist, gerade so, wie diese Töne
um W tiefer sind als die mit grossen Buchstaben bezeichneten.
112 Die Tonleiter und ihre Berechnung.
Mit Hülfe der Töne dieser Keihe können wir nun noch die grossen
Terzen :
. . , . as — C'; es — G ; b — ^ . . . .
und die kleinen Terzen:
. . . , F — as: ([ ^- es: G — b . . . ,
bilden.
Wir haben also jetzt 4 Quintenreihen, von denen die Töne einer
jeden um ein Komma tiefer sind, als die gleichnamigen Töne der fol-
genden. Die höchsten Töne sind enthalten in der Keihe :
• ...6 — f — c — g — d ....
dann kommen die gleichnamigen Töne der Reihe:
, . , , ß — F — C • — G — //.,,,
darauf :
....6 — f — c — g — (/....
und endlich die tiefsten:
B—F-^C—G — D
Man sieht, dass der Strich über einem kleinen Buchstaben den Ton
um 2 Kommata, d. h. um (|-t)^ oder in Logarithmen um 03588 erhöht;
ein Strich unter einem grossen Buchstaben aber bedeutet eine Er-
niedrigung um dasselbe Intervall. — Zur Bildung von grossen und
kleinen Terzen gehören immer Töne aus 2 benachbarten Reihen, wie
man am einfachsten aus der folgenden Zusammenstellung der möglichen
Dur- und Mollaccorde sieht. Man kann nämlich Durac cor de von
folgenden Formen bilden:
1) f — A — c'; c — E -- 'ij'^ 7 — // — (/' n. s. w.
2) F — a — C-, C — r — 6'; G — h — // u. s. w.
W) f — ' A c \ C K g-^ (j //— (/' U.S. W.
Die Mollaccorde aber nehmen folgende Gestalten an:
1) C^ — es — G \ A, — c — F u. s. w.
2) c — Es — (/ ; rt, — C — e u. s. w.
3) ^' — es — ^ ; A^ — c — F u. s. w.
, Unter Beobachtung der oben für die Bildung der Dur- und Moll
tonieitern angegebenen Regeln kann man aus den Tönen jener 4 Reihen
dreierlei Dur- und zweierlei Molltonleitern bilden, — nämlich
a) Durtonleitern :
1) c^ dt F^ /', gy A, H, c •
4) 6\ />, e, F, G, rt, h, C.
3) c, d, E^ f, g, A^ //, c\
b) Molltonleitern:
1) C, />, es y F, (r, asy //, C
2) c, </, Es, f, g, As, //, c.
Von Gustav Schubring. 113
Da man nun auf Ciavieren und den andern Tastaturinstrumenten
nicht soviel Töne anbringen wollte, als zum absolut reinen Spiel nöthig
sind, so identificirte man nicht nur alle Töne gleiches Namens, sondern
auch noch eis mit des etc., so dass man in der Octave nur die be-
kannten 12 Tasten übrig behielt. Nach mancherlei vergeblichen Ver- .
suchen, einige Tonleitern rein, andere falsch zu stimmen, kam man zu
der Ueberzeugung , dass für ein 12stufiges Tonsystem die sogenannte
gleichschwebende Temperatur immer noch das beste Auskunfts-
mittel ist. Man theilte also die ganze Octave in 12 gleiche Intervalle,
von denen jedes das Schwingungsverhältniss 1:^2 = 1:1,05946
hat, der Logarithmus desselben ist 08333, oder in der eigentlichen
Form (s. S. 108) als Decimalbruch mit der Charakteristik geschrieben:
0,08333 .... = -jly. Die Schwingungszahlen der einzelnen Töne der
-gleichschwebenden Temperatur sind die Potenzen von y2 , dieselben
können bei Chladni, Wüllner, Eisenlohr u. s. w. nachgesehen
werden ; die Logarithmen derselben aber sind die Vielfachen von
08333 . . . , welche anzugeben wohl nicht nöthig ist Dagegen gebe
ich in Fig. 4. die graphische Darstellung der gleichschwebenden Tem-
peratur; schneidet man diese Figur aus und vergleicht sie mit Fig. 2.
und 3., so kann man die Fehler der gleichschwebenden Temperatur
leicht erkennen. Ich habe alle diese Fehler berechnet und in der fol-
genden Tabelle ipit ihren Logarithmen zusammengestellt. Die Werthe
der Fehler sind durch Kettenbrtiche auf möglichst kleine Verhältniss-
Zahlen reducirt ; wenn der temperirtc Ton zu hoch ist, steht die grössere
Zahl vorn, und vor dem Logarithmus ein Pluszeichen; ist der temperirte
Ton zu niedrig, so steht die kleinere Zahl vorn und vor dem Loga-
rithmus ein Minus. — Als normale Intervalle betrachte ich die oben
bei den beiden Tonleitern angegebenen, als normalen halben Ton aber
das Intervall 15 : 16, wie z. B. e — F.
Intervnlle
Vii
'hier
angeimiicrt
in Logurithnii'n
Halber Ton
147 :
148
— 00978
Secunde
442 :
443
00326
kl. Terz
121 :
122
01303
gr. Terz
127 :
126
+ 01140
Quarte
885 :
886
+ (J01(>3
Quinte
886 :
885
— (K)163
kl. Sexte
126 :
127
— 01140
gr. Sexte
122 :
121
+ 01303
kl. Septime
98 :
99
- 01467
gr. Septime
148 :
117
+ 00978
Zur praktischen Ausführung der gleichschwebend - temperirten Stim-
mung benutzt man bekanntlich den sogenannten „ Q"l"tencivk<^\'\
Zeilsiolirifl I. iMnthenialik u. Physik. (Siipplciii.) ^
114 Die Tonleiter und ihre Berechnung.
d. h. man stimmt von einem Grundtone ausgebend 12 Quinten mit dem
eben angegebenen Felder ab, dadurch gelangt man genau zum Grund-
tone oder eigentlich zur 7. Octave desselben. Man kann sich davon
am leichtesten auf . folgende Weise tiberzeugen : der Logarithmus der
temperirten Quinte (in der unverkürzten Form geschrieben) ist gleich
j3^ = 0,5833333 ... , den Logarithmus der 12. Quinte erhält man durch
Multiplication mit 12, er betragt also genau 7, und diess ist in der
That der Logarithmus der 7. Octave. In gleicher Weise erhält man
.durch 12 absteigende Quinten einen um 7 Octaven tiefer liegenden
Ton — ferner durch 3 aufsteigende grosse Terzen (Logarithmus = ^^ = ^
oder 4 aufsteigende kleine Ter^^en (Logarithmus = -^^ = ^ die höhere
Octave des Grundtones.
Da die halben Tonstufen der gl eichsch webend temperirten Scala
alle einander gleich sind, so ist dieselbe für alle Tonarten gleich gut,
oder vielmehr gleich schlecht — denn wenn man auch von dem grossen
. Fehler in der kleinen Septime, als einer fast nur in dissonanten Ac-
corden vorkommenden Note, absieht, so bleiben doch noch die nicht
unbedeutenden Fehler in den temperirten Terzen und Sexten, welche
(nach den Ilelmholtz'chen Untersuchungen über den Grad des Wol-
klanges der einzelnen Accorde) durch ihre Schwebungen und falschen
OonibinationstÖne ziemlich störend wirken, zumal bei den lang ausge-
haltenen Tönrn der Orgel und des Xlarmoniums. JTelmholtz bat
daher, zunächst für seine Untersuchungen, auf Grund des oben be-
schriebenen Tonsystems ein Harmonium mit mehreren Manualen nach
reinen (Quinten und Terzen einstimmen lassen, und die Accorde des-
selbon .so viel wolklingender gefunden, dass z. B. die Septimenaccorde
nngefähr den Dnraccorden der temperirten Scala an Wolklang gleich-
kommen. Er empfiehlt daher den Musikern dergleichen Instrumente
sehr, besonders zum Gebrauch bei der Gesangbegleitung.
Sämmtliclie Töne der oben angegebenen 4 Reihen würden sich
nun schwerlich auf einem Instrumente mit festen TJinen anbringen
lassen; es ist aber auch gar nicht nöthig, alle jene Töno wirklich ein
zeln herzustellen, denn bei der Berechnung der Schwingungszahlen und
Logarithmen wird sich zeigen, dass eine ganze Anzahl von Tönen je
zweier Reihen fast genau übereinstimmen.
Nach diesen Auseinandersetzungen komme ich endlich dazu, dit^
oben (S. 108) versprochene Berechnung der 4 Quintenreihen des Ilehn-
holtz'schen Systems durchzuführen. Ich gehe aus von C= 1 und be-
rechne zunächst von diesem Tone 12 aufsteigende und 12 absteigende
(Quinten , also einen sogenannten auf- und absteigenden „ Quinten-
cirkel*', wie er z. B. schon von Chladni (Akustik S. 42) berechnet
ist; ich ^\\^^. aber zur bessern Vergleichung mit den Tönen der andern
Quintenreihen die Werthe der von Chladni angegebenen gewöhnlichen
k
Von Gustav Schubring.
115
BrücLe in Decimalbrüchen und ihre Logarithmen hinzu. Die .Decimal-
brüche sind bei dieser und den übrigen aufsteigenden Quintenreihen
a1]e endliche, aber sie sind meistens abgel^ürzt, was durch einen Punkt
hinter denselben bezeichnet ist; in den absteigenden Reihen sind die
Decimalbrüche unendliche periodische, aber nur bei wenigen konnte die
ganze Periode angegeben werden (durch . . . bezeichnet), die übrigen
sind, wie auch die Logarithmen, nach den gewöhnlichen Regeln abgekürzt.
Reihe I.
a) aufsteigend.
Töne
SchwingungHzahlen
Logarithmen
C
1 — 1.
00000
G
* = 1,5
58496
D
1 - 1,125
16993
A
^ - 1,6875
75489
E
il — 1,265625
33985
H
141 — 1,898438.
92481
Fis
^^ — 1,423828.
50978
Cis
i^ - 1,067871.
09474
Gis
m\ - 1,601807.
67970
Bis
11411 - 1,201355.
26466
Ais
Iffll - 1,802032.
84963
Eis
HfHi 1,351524.
43459
Bis,
Mi44i - 1,013643.
b) absteigend.
01955
Töne
Schwin^ungsziihlen
Logaiithmen
C
1 — 1
00000
F
1 — 1,333333 .
. . 41504
B
^ — 1,111111 .
. . 83007
Es
^ — 1,185185 .
. . 24511
As
y^ — 1,580247..
66015
Bes
MI — 1,053498.
- 07519
Ges
i^^ — 1,404664.
49022
Ces
illf — 1,872885.
90526
Fes
HH 1,248590.
32030
Bh
?HI^ - 1,664787.
73534
Eses
IMH - 1,109858.
15037
Ases
ffHH - 1,479810.
56541
Beses
VyiWl*^ - 1,973081.
98045
Man sieht leicht, dass die Schwingungszahlen der auf- und abstei-
genden Reihe umgekehrte Werthe zu einander sind, wenn man die
Tune der aufsteigenden Reihe eine Octave tiefer, oder die der abstei-
8*
116
Die Tonleiter und ihre Berechnung.
genden um ©ine Octave höher nimmt; denn es ist z. B. G = ^ : F, = ^\
J) ^==: ^ : B, = ^ u. s. w.; die Logarithmen dieser Töne ergänzen sich
in Folge dessen zu 100000.
Graphisch dargestellt sind beide „Quintencirkel" in Fig. 5.; der
aufsteigende in 5^ der absteigende in ö^. Durch Vergleichung mit der
ausgeschnittenen Fig. 1. überzeugt man sich leicht, dass aus diesen
25 Tönen kein Duraccord aufgebaut werden kann, dazu braucht man
eben noch die Töne der Reihe e — h — fis...y welche im Folgenden be-
rechnet ist; eine besondere vollständige graphische Darstellung derselben
scheint mir aber nicht nöthig zu sein, da iu Fig. 6. die meisten Töne
aller 4 Reihen dargestellt sind.
Reihe 11.
a) aufsteigend:
Töne
Schwin(i:angs£ahlen
Logarithmen
e
1,25
32193
h
V -
1,875
90689
fis
a-
1,40625
49185
eis
m-
1,054688.
07682
gis
m-
1,582031.
66178
dis
{m =
1,186523.
24674
ais
im-
1,779785.
83170
eis
wvw -
1,334839.
41667
his,
um-
1,001129.
00163
fisis
nm =
1,501694.
58659
eisis
mm -
1,126270.
17155
yisis
^o''£Viis - ■
1, 689400.
75652
disis
'mvm -
1,267054.
34148
b) abs
teigend :
Töne
Schwingiinjrszahlen
Logarithmen
e
1,25
32193
a
ir ^
1,666666 . .
. 73697
d
1 0 - 1
1,111111 ..
15200
y
^_ 1
1,481481 . .
56704
c
W - J
1,975309.
98208
f
m- 1
1,316872.
39712
b
'f^" - 1
1,755830.
81215
es
tm - 1
1,170553.
22719
as
mv - ■
1,560738.
64223
des
IWN^ ^
1,040492.
05726
ges
mn - 3
L,387322.
47230
ees'
mm - ^
1,849763.
88734
fes
mm - ^
[,233175.
30238
Von Gustav yciiiiHuiNO.
117
Die Töne der Reihe II. bind die grossen Terzen der ent-
sprechenden Töne der Beihe I.; als Reihe III. berechne ich die Töne,
welche wieder zu denen der Reihe II. grosse Terzen sind; dieselben
sind nach dem Obigen zu bezeichnen durch unterstrichene grosse
Buchstaben; die grosse Terz des Tones e heisst also Gis und die Schwin-
gungszahl dieses Tones ist {^^ = f|, der Logarithmus aber
2 . 32193 = 64386.
Reihe 111.
•
a) aufsteigend:
Töne
SchwingungBzahlen
Logarithmen
Gis
^ — 1,5625
64386
ih's
^ - 1,171875
22882
Ais
IJI — 1,757813.
81378
Eis
^ — 1,318359.
39874
His
m^ = 1,977539.
98371
Fisis
JHrtI = 1,483154.
56867
Cisis
USM = 1,112366.
15363
Gisis
Wtii = 1,668549.
73859
Disis
Iff^ _ 1,251412.-
u. s. w.
b) absteigend:
32356
Töne
Schwin^np^szahlen
Logarithmen
Gis
f^ — 1,5625
64386
Cis
^ — 1,041666 . .
. . 05889
Fis
^ — 1,388888 .
47393
H
^ — 1,851851 .
. . 88897
E
yijD — 1,234568.
30401
A
^ - 1,646091.
71904
D
4* — 1,097394.
13408
G
4J|^ — 1,463192.
54912
C
^^^ - 1,950922.
96415
U. 8. W.
Der Ton ^ dieser Reihe hat also die Schwingungszahl ^^^y= (|f)'
folglich ist er in der That um zwei Komma tiefer als der Ton C in
Reihe I., und ein Komma tiefer als der Ton c in Reihe II., welcher
die Schwingungszahl ^ hfit.
Wir kommen jetzt zur Berechnung der letzten Reihe, welche die
durch überstrichene kleine Buchstaben bezeichneten Töne enthält; die-
selben sind um ein Komma höher als die durch grosse Buchstaben be-
zeichneten Töne. Sie bestimmen sich nämlich dadurch, dass die Töne
der Reihe I. grosse Terzen der entsprechenden Töne dieser Reihe sind,
118
Die Tonleiter und ihre Berechnung.
es muss also as, die SchwinguDgszahl | haben, folglich ergiebt sich
^ = I Ä= 1,6 und der dazu gehörige Logarithmus ist:
100000 — 32193 = 67807.
Eelhe lY.
a) aufsteigend:
Töne
Schwingangszahlen
Logarithmen
as
i - 1.6
67807
es
l - 1.2
26303
b
\ 1,8
84800
7
H - 1.35
43296
c
U - 1.0125
01792
y
m — 1,51875
60289
d
^ — 1,139063.
18785
a
HH - 1,708594.
77281
e
-^^e - 1,281445.
35777
h
\%^ 1,922168.
94274
fis
^H^ = 1,441626.
52770
eis
Wmi = 1.081220.
11266 .
gis
|44ü^ 1,621830.
u. s. w.
b) absteigend:
69762
Töne
Schwingangssahlen
Logarithmen
US
f - 1,6
67807
des
If — 1,0666666...
09311
f/es
^{ — 1,4222222 ...
50815
ces
IM — 1,8962962...
92318
fes
ni — 1,2641976.
33822
U. 8. W.
Es erscheint mir überflüssig, diese Keihe noch weiter zu berechnen.
Man sieht übrigens, dass die Zahlen in IV* die umgekehrten Werthe
sind von denen in TP, und die in IV** die umgekehrten Werthe von
denen in II* ; wenn man nämlich die Töne in die entsprechenden
Octaven verlegt, so hat man c = ^ : ^s, = i ] ^/ = ii '• des = {f ;
ö = 1^ • ^/ = i u. 8. w. Die Logarithmen dieser Töne ergänzen sich
natürlich zu 100000. Die beiden Reihen IL und IV verhalten sich
also zu einander so, wie die beiden Hälften der Reihe I. Um die um-
gekehrten Werthe der Zahlen in Reihe III. zu erhalten, würde man die
Töne berechnen müssen, welohe abermals um ein Komma höher sind,
als die Töne in Reihe IV., oder, was dasselbe sagt, welche um zwei
Kommata höher sind als die Töne in Reihe I., sie würden also unserer
bisherigen Bezeichnung entsprechend durch grosse Buchstaben mit einem
Strich darüber zu bezeichnen sein. Dem Tone Gis = f^, weichet
Von 0U8TAV SCHUHkING. . 110
eine grosse Terz höher ist als e und den Logarithmus 64;j86 hat, ent-
spricht dann als umgekehrter Werlh ein Fes ^ = ^g, oder eine Octave
höher: Fes = i\ = Vhlj ' (H)' = ^U ' vi > welcher Ton eine grosse
Terz tiefer ist als as = ^ nnd den Logarithmus 35614 hat. In dieselbe
(fünfte) Quintenreihe gehören z. B. noch folgende Töne, welche alle
innerhalb der Octave C = 1 bis C = 2 liegen :
aufsteigend : Cfs' = ^i log == 94111
Ge's = M Ö2637
Des = II 11102 u. s. w.
absteigend: Bb =W 77118 u. s. w.
Diese Töne würden sich mit denen der Reihe IV. in folgender
Weise zu Accorden verbinden lassen:
a) Duraccorde: Fes — as — Ces\ Ces — es — G^; u. s. w.
b) Mollaccorde: ^ — Bb — des'i des — /W — ^is\ u. s. w.
Wenn man aber grosse Buchstaben mit Strichen darüber zu einer
fünften Quintenreihe benutzt, so kann man auch unterstrichene kleine
Buchstaben anwenden, zur Bezeichnung einer sechsten Keihe von
Quinten, deren Töne jedesmal um zwei Kommata tiefer sind, als die
gleichnamigen Töne der Keihe IL oder um ein Komma tiefer als die
Töne der Reihe III. In diese Reihe gehört z. B. der Ton his^ welcher
als grosse Terz von Gis = {^)^ die Schwingungszahl (-J^)^ = y^* ßr*
hält, von diesem Ton aus kommt man durch absteigende Quinten zu
den Tönen: his = i^i^^ log = 96578
ejs = y^ 38082
ms= 1^ 79586
dis = IJI 21090 u. s. w.
Diese Töne geben mit denen der Reihe III.:
Duraccorde von der Form Gis— his — Dis' u. s. w.
und Mollaccorde von der Form eis — Gis — his u. s. w.
Es geht hieraus hervor, dass man auf diese Weise eine unend-
liche Anzahl von Tönen bestimmen kann, weil man erstens jede Reihe
beliebig weit fortsetzen und zweitens beliebig viele Reihen bilden kann;
man hat dann nur 2 oder mehr Striche über oder unter die Buchstaben
zu setzen. Ich komme hierauf weiter unten noch einmal zurück.
Zur Herstellung eines musikalischen Instrumentes mit reiner Stim-
mung ist es nun nothwcndig, aus der grossen Menge der oben ange-
gebenen Töne eine bestimmte Anzahl auszuwählen, welche möglichst
viele Tonarten rein zu spielen erlaubt. Helmholtz benutzt bei dieser
Auswahl einen Kunstgriff, den er im arabisch -persischen Tonsystem
entdeckt hat. Es ist nämlich der Ton his, der Reihe IL nur um das
sehr kleine Intervall ^^g^ = 1,001129150390625 höher als der Ton 6'
120 Die Tonleiter und ihre Berechnung.
der Reihe I. ; redncirt man diesen Bruch durch Kettenhrüche, so findet
mau 1^, in Logarithmen aber beträgt die Abweichung 00163. Wenn
man ah>o beide Töne mit einander identificirt, so begeht man einen
Fehlei' gleich dem der Quinten im gleichschwebend temperirten System
und derselbe liegt nach den Helmholtz'schen Untersuchungen an der
Grenze der wahrnehmbaren Unterschiede. Derselbe Unterschied findet
sich — wie man am bequemsten an den Logarithmen tibersieht — über-
haupt zwischen je zwei Töneu zweier benachbarten Quintenreihen,
nämlich zwischen :
C, G, 2>, A, E, H, Fis, Cts...,
und ÄI5, , ftsiSy cisis^ gisis^ disiSy aisis^ risiSy hisis,
und auch zwischen:
F, By Es^ As^ Des^ GeSy Ces\ Fes
und m, ais^ dt's, gis, eis, fis, h, e,...
ferner zwischen:
c, g, d, a , . . ,
und /^»**,, Fisis^ Cisis^ Gisis
und auch zwischen:
/", 6, rs, as
und Eis^ Ais^ Dis^ Gis
Sodann findet sich derselbe Unterschied noch zwischen c und His,^
desgleichen zwischen C und hisn endlich auch zwischen C und his,
und den entsprechenden Tönen dieser Reihen.
Der Ton his wurde nun oben (in Reihe IL) bestimmt durch 8
Quintenschritto von e aus {e — fi — fis — eis — gis — dis — ais — eis — his)\
macht man nun alle diese Quinten um den achten Theil des oben ge-
nannten kleinen Intervalles zu klein, so wird der Ton his^y der
eigentlich etwas höher ist als der Ton C, demselben genau gleich. Der
P^ehler, den man hier in den Quinten begeht, ist also 8 mal kleiner
als der im gleichschwebend -temperirten System, er ist nämlich gleich
f'i^U = 1:1,000141, das ist ungefähr = 708 1 : 7085 ; in Logarithmen
beträgt der Fehler etwas über 00020. In gleicher Weise gelangt man
vom Tone Gis^ welcher annähernd mit as übereinstimmt, durch 8
Quinten, die um jenes Intervall zu klein sind, zu einem dem e absolut
gleichem, etwas zu tiefem ^isis.
Unter Beachtung dieses glücklichen Umstandes setzte Hclmholtz
ein sehr brauchbares Tonsystem zusammen, welches in seiner ein-
fachsten Form aus 24 Tönen besteht. Dieselben ordnen sich in fol-
gende 3 Gruppen :
1) C, a, />, A, A', y/, Fis, Cis-,
c, //, ßs^ eis, gis, dis, ais, cis\^
Ces, Ges, Des, As, Es, B, Ff
3) as, es, h, f, c, g, d, a.
2) ( ^'
Von OlTSTAV SCHUBKINO. VJl
Die Töne der zweiten Gruppe sind grosse Terzen von den darüber
stehenden Tönen der ersten , und die Töne der dritten Gruppe ' wie-
derum die von den darüberstehenden Tönen der zweiten; ferner sind
in der ersten Gruppe enthalten die kleinen Terzen von Tönen der
zweiten Gruppe und in der zweiten Gruppe die kleinen Terzen von
Tönen der dritten; endlich schliessen sich die Töne aller 3 Gruppen
zu einer ununterbrochenen Reihe von Quinten zusammen, welche mit
a$ beginnt und mit Cis schliesst.
Die Schwingungszahlen und Logarithmen dieser 24 Töne, die ich
unter Berücksichtigung des eben besprochenen kleinen Quintenfehlers
berechnet habe, folgen weiter unten. (S. 127.)
Die aus diesen Tönen gebildeten Dur- und Mo*llaccorde haben also
ganz reine grosse Terzen, während die Quinten und die kleinen Terzen
um ein verschwindend kleines Intervall zu klein sind. Man findet die
sämmtlichen möglichen Dreiklänge, wenn man aus der folgenden Ueber-
sicht, in der diese 24 Töne nach abwechselnden grossen und' kleinen
Terzen geordnet sind, je 3 neben einander stehende Töne herausgreift:
Fes, a$, Ces, es, Ges, b. Des, f, As, c, Es, g, B, d, F, a,
C, c^ (i, h, D, fis, A, cis, E, gis, ff, dis, Fts, uiSy Cis, cis.
Diese scheinbar aus 32, in Wirklichkeit aber nur aus 24 Tönen
bestehende Reihe enthält also 15 Duraccorde (nämlich die von Fes^ Ces,
— B, Fis) und ebensoviel Mollaccordo (von as, es, diSy ais).
Nach der oben für die Bildung der Durtonleiter gegebenen Regel
kann man also aus den gegebenen 24 Tönen folgende 13 Durtonlei-
tem bilden:
Cesy aes. Des, As, Es, />', F, C\ 6', D, A, E, h.
Da nun die beiden Töne Ces' = h und ff sich nur wenig unter-
scheiden, so kann man mit Hülfe einer enharmonischen Yerwech-
selung zwischen diesen beiden Tönen durch alle Tonarten im Quin-
tenkreise herum moduliren. Bei dem Uebergange von ff nach Ces oder
umgekehrt ändert sich die Tonhöhe allerdings merklich, nämlich um
ein Komma ^^, oder vielmehr ungefähr um diess Intervall, denn wegen
der Abweichung in den .Quinten beträgt der Unterschied zwischen ff
und h = Ces' jetzt nicht mehr 01792 (in Logarithmen), sondern nur
noch 01711; vgl. die weiter unten (S. 127) folgende Tabelle.
Für die Molltonarten ist das System in der jetzt mitgetheilten
Form nicht ganz so vollkommen, wie für die Durtonarten. Nach der
oben mitgetheilten Regel für die Bildung der Molltonarten ergiebt sich
nämlich z. ß. für a-Moll:
d-F—a; a — C — c; e—Gis^h.
122 Die Tooleiter und ihre Berechnung.
Nun ist a =r ßb, e = Fes u. s. w., abo kann man diese Accorde
auch schreiben:
Eses -- geses — Bb ; Bb — desei — Fes ; Fes — as — Ces.
Weil wir aber jetzt keine über- und unterstrichenen Buchstaben
anwenden, so werden wir die Accorde von a-Moll = Bb-M.o)l am besten
so schreiben:
d—F^a; a — C— je
[ Fes — eis — Ces,
Die Quinte der Molltonleiter mus:; sich also in unserm System mit
einem grossen und einem kleinen Buchstaben bezeichnen lassen, oder,
mit andern Worten, sie muss einer der Töne in der zweiten Gruppe
sein. Man sieht also, dass unser System nur die folgenden 8 Moll-
tonarten enthält:
{a, e, h, fts, eis, gis, dis, ais.\
= Bb^ Fes, Ces, Ges, Des, As, Es, B. /
Man kann aber noch aus folgenden 6 Molltonarten spielen:
rf, g. c, f, b, CS,
wenn man statt der richtigen grossen Septime die um ein Komma zn
hohe pythagoreische zulässt, und also z. B. in (/-Moll statt des Tones
des = C's den Ton eis anwendet. Mit Hülfe dieser 6 Molltonleitern
kann man also* auch bei den Molltonleitern vollständig im Kreise hemm
moduliren, indem man b und B oder es und Es enharmonisch mitein-
ander verwechselt.
Man kann ferner aus jeder der oben genannten Durtonarten (mit
Ausnahme von C'^^-Dur) in die verwandte Molltonart, z. B. aus C-Dur
nach ö-Moll, aus G-Dur nach <?-Moll u. s. w. moduliren; in die gleich-
namige Molltonart kann man aber nur aus Ccs-, Ges-^ Des-, As-, Es- und
^-Dur übergehen. Will man aber für einen ganzen Quinten -Cirkel von
Grundtönen gleichmässig Dur- und Molltonarten haben, so muss man
zu den vorhandenen 24 Tönen noch die folgenden 6 hinzufügen:
Gis, Dis, Ais, Eis, His, Fisis*).
Durch Hinzunalime dieser 6 Töne, die man auch asi es^ bi /"> c^ g
nennen könnte, verlängert sich die oben zusammengestellte Terzenfolge
noch- um 12 Schritte, so dass dieselbe vom Tone H an folgender-
massen lautet :
H, dis, Fis, ais, Cis, eis, Gis, his, Dis, fisis, Ais, eisis. Eis, gisis.
Bis, disis, Fisis, aisis.
Man erhält also ausser den obigen Tonarten noch folgende sechs
Durtonarten :
Fis, Cis, Gis, Dis, Ais, Eis
*j Audi die Schwinjrungrszalileii und Logarithmen dieser Töne folpen weiter
unten (S. 127 und 120).
Von C^STAV Schübring. 123
und aach sechs neue Molltonarten, nämlich:
tis , his, fisis , cisis, gisis, disis.
{tts , ms, fists , ctsts, gtsis, dists,\
= F, C, . G, Z>, A. E. (
Die genannten 30 Töne geben nun vollkommen rein 19 Dur- und
14 Molltonarten, von denen folgende 12 gemeinschaftliche Grundtöne
haben :
Ces, Ges, Des, As, Es, B, F, C, G, 2>, A, E,
Da nun Ces' = h ist und die Quinte E — h nur um ein Komma zu
klein ist, so wird man auih innerhalb dieser 12 Tonarten vollständig
im Kreise herum moduliren können, wenn man beim Uebergang von K
nach Ces eine wirkliche enharmonische Verwechselung ausführt. Zu einer
solchen enharmonischeu Verwechselung geben auch noch 7 andere Dur-
tonarten Gelegenheit, nämlich:
H, Fis, Cis, Gis, Dis, Ais, Eis,
deren Grundtöne sich nur um ein Komma unterscheiden von
{h, fi$, eis, gis, dis , ^ ais, eis 1
= Ces, Ges, Des, ^5, Es, B, F /•
Und auch bei den Molltonarten kann man statt
^-Moll und JF-Moll
die ihnen sehr nahe gleichen
a- = ^6-Moll und e- = FesMoM
anwenden.
Will man wegen der Existenz dieser beiden letzten Molltonarten
auf A- und E-'M.oW verzichten, so kann man die beiden Töne Bis und
Fisis weglassen und mit Hülfe der übrigbleibenden 28 Töne- 17 Durton-
arten , nämlich :
Ces, Ges, Des, As Fis, Cis, Gis, Dis
und 12 Molltonarten:
a = Bb; e = Fes ; h == Ces ^-\ ^' , 0
rein spielen.
In welcher Weise diese 24, 28 oder 30 Töne auf einem Tasten-
instrumente anzubringen sind, darüber finden sich mehrere Vorschläge
von Helmholtz in der „Lehre von den Tonempfindungen**
S. 485 und 598 — 600, auf die ich hier verweise.
Beiläufig erlaube ich mir hier auf ein paar kleine Versehen auf-
merksam zu machen, die sich in der Helmholt zischen Darstellung des
rein gestimmten Tonsystemes finden. In der „Lehre von den Tonem-
pfindungen ** wird nämlich (S. 484) das Intervall C : his^ oder Ces : h^
unter Zugrundelegung des angenähorten Verhältnisses 74 : 73 für das In-
tervall H/,Ces berechnet und = 845:846 gefunden, während es sich
bei genauerer Berechnung = 885 : 886, also noch etwas kleiner, ergiebt.
124 J3ie Tonleiter und ihre Berechnung.
Ferner sagt Helmholtz (S. 484 and 485), die Quinten seines Sy-
Sternes seien alle um ein sehr kleines Intervall zu gross, während
unsere Rechnung zeigt, dass sie etwas zu klein sind. Diess Versehen
ist entstanden durch Anwendung absteigender Quinten C — F — B — ,
welche den Quarten gleich zu achten sind, und diese sind als Ergän-
zung zur Octave in der That um dasselbe kleine Intervall zu gross.
Endlich sagt Helmholtz wiederholt (Beilage XIII. S. 599 u. 600),
dass sein vollständiges Tonsystem 31 Töne enthalte, während ich nur
30 darin finde. —
Es versteht sich nun von selbst, dass man aus der grossen Zahl
der oben berechneten Töne noch beliebig viele andere zur Construction
eines Instrumentes in reiner Stimmung auswählen kann. Unter der
Voraussetzung, dass man die oben (S. 120) angegebene Beziehung zwi-
schen den Tönen der verschiedenen Reihen : C = his, u. s. w. benutzt,
erhält man jedesmal durch Hinzuftigung eines neuen Quintenschrittes
eine neue Dur- und eine neue Molltonleiter.
Im Allgemeinen sind also bei einem Tonsystem von n Tönen
(vorausgesetzt, dass n gross genug ist und dass die Töne alle unter-
einander Quinten mit dem bekannten kleinen Fehler sind) stets n — 11
Durtonleitern und n — 16 Molltonleitem möglich, von diesen Dur- und
Molltonleitern haben n — 18 gemeinschaftliche Grundtöne.
Herr Appunn, Orgelbauer und Fabrikant akustischer Instrumente
zu Hanau*), hat sich für die Herstellung von Instrumenten in reiner
Stimmung ein grosses Verdienst erworben, indem er ein Harmonium
mit 36 Tönen in der Octave cortstruirt hat, welches in seiner äussern
Einrichtung ganz und gar von dem von Helmholtz beschriebenen
abweicht und sicli vor demselben trotz der grössern Anzahl von Tönen
durch bequemere Spielart vortheilhaft auszeichnet, so dass Herr Pro-
fessor Helmholtz sein Instrument von Herrn Appunn nach dessen
Prineipien hat umstimmen lassen.
Das Harmonium des Herrn Appunn ist bisher noch nicht öffentlich
beschrieben; ich bin aber durch die freundliche Mittheilung des Ver-
fertigers, für die ich ihm hiermit öffentlich meinen Dank ausspreche,
in den Stand gesetzt, folgende Angaben darüber macheu zu können:
Das Instrument hat zwei Claviaturen, die wie die beiden Manuale
einer Orgel übereinander liegen. Jede Taste trägt aber ein Knöpfchen,
welches für sich niedergedrückt werden kann; der Ton, der durch
dieses Knöpfchen angegeben wird, ist jedesmal um ein Komma tiefer
als der Ton der zugehörigen Taste; die Töne der untern Claviatur
sind untereinander reine Quinten, nämlich die Töne der Reihe I.:
F— C—G — D'-A — K— H — Fis — Cis — Gis — Dis — Ais : die Knöpfchen
*) Firma: Georg Appuuu & Söhne.
Von Gustav Schubuing. 125
auf den Tasten geben die um ein Komma tiefern Töne der Reihe II.
f — c — fir....; die Tasten der obern Claviatur geben dieselben Töne
wie die Knöpfchen der untern und die Knöpfchen der obern Tastatur
endlich geben die wiederum um ein Komma tiefern Töne der Reihe III.
F — C — G Da nun F = eis und f = Fts gemacht werden kann
so schliessen sich diese 36 Töne zu einer langen Quintenreihe zu
sammen, welche mit F anfangt und mit Ais schliesst. Auf S. 126 habe
ich diese Quintenreihe unter Anwendung aller synonymen Bezeichnungen
möglichst übersichtlich angeordnet und daneben, auf S. 127 die Scliwin-
gungszahleu und Logarithmen der einzelnen Töne zusammengestellt,
wie sich dieselben bei Berücksichtigung des bekannten kleinen Quinten-
fehlers ergeben; die Zahlen gelten also auch zugleich für das oben
besprochene Helmholtz'che System. Die mit einem Sternchen * ver-
sehenen Töne sind durch jenen Quintenfehler nicht beeinflusst.
Ordnet man diese 36 Töne in einer ununterbrochenen Reihe von
abwechselnden grossen und kleinen Terzen, wie diess S. 121 und 123 für
das Helmholt zische System geschehen ist, so sieht man, dass man auf
dem AppunnWhen Instrumente 27 Duraccorde und 27 Mollaccorde
hat, nämlich die Duraccorde:
des — F — as: as — C — es: As — c — Es: ,,,as — (^ — eS' es — ^ — 6-
und die Mollaccorde
F — as — C; C — es — G; ...c — Es — g: ...C — es — G^' ^ — b — -ö-
Diese Accorde enthalten nach den oben (S. 109 flg.) angegebenen Re-
geln für die Bildung der Tonleitern das Material zu folgenden 25 Dur-
tonarten:
Gis =: as = Bbb; Dis = es = Feses ; Ais==b = Ceses: . . .
bis zu
. . . Cis = des '• G^is = as»
Molltonarten aber giebt es wie bei dem ursprünglichen Helm-
holtz^schen System 5 weniger, also nur 20, nämlich
Fis = ges = Aseses; Cis = des = Eseses; Gis = as ^= Bbb: . . .
bis zu
. . . his, = C = deses • fis = G = ases-
Unter diesen 26 Dur und 20 Molltonarten befinden sich je 18,
welche dieselben Grundtöne haben', nämlich
GJs = as; Bis = es: Ais = b: Eis = f ..,.
bis zu .
. . . ais = B; eis = F: his, = C: fisis = G.
Man hat also sowohl bei den Dur-, als auch bei den Molltonarten
die Möglichkeit, mit Uülfe einer wirklich ausgeführten enharmonischen
(Fortsetzung auf S. 128).
12G
Die Tonleiter und ihre Berechnung.
Ueberslcbt fiber die T5ne des Appann^schen Harmoniums«
Kcihe m.
Reihe U. Reihe 1. '
Reihe IV.
•-3
c:
eis
F
geses
3
*his
C
deses
fisis
G
ases
W
cisis
D
eses
s
o:
•T3
ffisis
— 4
—
hb
(0
(lisis
_ E
fes
-1
H
ce^ == Deseses
■§•
Fis
gds — Aseses
s
Vis
des — £seses
g
c
*GJ8
as — Bbb
"* •■• •
•
<
. DJs :
—
es ' — Feses ■
•
•
S
*<
•
Ais
=
b — Ceses
3 c:
Eis
f = Geses
His
:
r . — Deses
2 o-
Fisis
y — Ases
3 H
itsts
frl5l5
d = Eses
u — Bb
3
Disis
*e — Fes
•1 <©
e
h — Ces —
deseses
ST ^
fis — Ges —
aseses
3 B
eis — Des —
esrses
tjis — ^.v —
bbh
II
dts — A.v —
feses
:r 3
ais — B —
ceses
C:
•
vis F
f/eses
3
his — *r —
deses
jiSlS (r
ases
•
ciSiS D —
eses
CD
gists — A —
bb
dtsis E
fes
•-f
H —
ces —
Deseses
Fis —
f/es
Asescs
-1
3
ris —
des
Eseses
o
Gis —
as —
Bbb
<
p
/)is —
CS —
Fcscs
-1
Ais =
h —
t 'cscs
Von Gustav Schubuing.
127
Schwlngungszalilen ii. Logarithmen der Töne des Appnnn'schen HalnnOTilams.
Töne
Scliwinj^ungTHzahlen
Lugaritliiiioii
H
o:
^
1,30227.
38103
CD
C (-. *his)
* 1,9531 25
96578
Ol
n
G
1,46464.
55054
w
I)
1,09832.
13530
•
c:
A
1,64725.
72006
E '
1,23526.
30482
•1
H
1,85264.
88958
• O
c-
Fis
1,38928.
47434
•-1
Cis
1,04181.
05910
2
*Gis
* 1,5625
64386
•<
Bis
1,17171.
22862
93
c
Ais — b
1,75732.
81337
g H
f
1,31780.
39813
c
1,97642.
98289
■ 2 eu
g
1,48211.
56765
s H
d
1,11142.
15241
TS »
u
1,66690.
73717
P
I» p
*1,25
32193
h
1,87474.
90669
5. <=>
fis
1,40585.
49145
== 3
cis
1,05424.
07621
9» ST
gis
1,58114.
66096
< 5
S3 r*
dis
1,18569.
24572
itnr
tur
ais = B
1,77828.
83048
H
C:
F
1,.33352.
41524
S
*C
*1
00000
G
L49979.
58476
09
D
1^12468.
16952
tr*-
A
1,68679.
75428
9
K
1,26491.
33904
n
1,89710.
92380
O
Fis
1,42262.
50855
3
Cis
1,06682.
09331
2
Gis{—^as)
*1,6
67807
8>
<
JHs
1,19983.
26283
c
Ais
1,79949.
84759
128 Die Tonleiter und ihre Berechnung.
Verwechöijung zwischen zwei um ein Komma verschiedenen Tönen,
also z. B. zwischen as und As^ b und B^ c und C u. s. w., in einem
vollständigen Quintenkreise herumzugehen. Man kann aher auch durch
einfach fortgesetzte Modulationen vom Grundton C allmälich nach c
(in Dur- und Moll) übergehen u. s. w.
Ueber die Handhabung dieses Instrumentes ergeben sich aus der
auf S. 126 befindlichen Zusammenstellung seiner Töne folgende Regeln:
Will man reine Quinten greifen, so braucht man dazu zwei
Tasten oder auch zwei Knöpfchen einer Tastatur; nur die Quinten der
'J'öne als bilden eine Ausnahme: Ais (auf der untern Claviatur) bat
nämlich gar keine Quinte, ais = B (Knöpfchen unten und Taste oben)
hat als Quinte eis = F (Taste unten) und Ais = b (Knöpfchen oben)
endlich hat als Quinte Eis == f (Taste oben und Knöpfchen unten).
Will man richtige grosse Terzen greifen, so hat man in den
meisten Fällen den Grundton auf einer Taste, die grosse Terz auf
dem Knöpfchen der entsprechenden Taste: z. B. C auf der Taste und
e auf dem Knöpfchen der Taste E. Diess gilt aber nur für die Unter-
tasten und die Tasten fis beider Claviaturen, die Obertasten eis, gis,
dis, ais haben — oben wie unten — ihre reinen Terzen auf den Tasten
ff c> §»> d selbst. Ebenso haben die Knöpfchen der letztgenannten
4 Obertasten — oben wie unten — ihre grossen Terzen auf Knöpfchen;
die andern 8 Knöpfchen der untern Claviatur haben ihre grossen
Terzen auf Knüpfchen der obern," und die andern 8 Knöpfchen der
obern Claviatur mit den Tönen: F —C — G ^ D — A — E — H— Fii
haben auf dem Instrumente gar keine grossen Terzen.
Die kleinen Terzen haben meistens den Grundton auf einem
Knöpfchen und die zugehörige kleine Terz auf der entsprechenden
Taste derselben Claviatur; Ausnahmen bilden die Knöpfchen auf den
Tasten f, c, g, welche oben und unten ihre kleinen Terzen auf den
Knöpfchen selbst haben. Da nun die untern Knöpfchen gleich sind
den obern Tasten, so haben auch diese Tasten ihre kleinen Terzen auf
den untern Tasten, mit Ausnahme der obern Tasten f — c — y, welche
ihre kleinen Terzen As = gis: Es = dis; B = ais auf den Tasten der
obern Claviatur selbst haben; dasselbe gilt von den Tasten F, (', Cw
der untern Claviatur; die andern Tasten der untern Claviatur />, A^ E.
//, FiSy Cis^ Gis, Dis, Ais aber haben gar keine kleinen Terzen auf dem
Appunn'schen Instrumente.
Was über die (Quarten und Sexten zu sagen wäre, folgt ohne wei-
teres aus dem eben über Quinten und Terzen Gesagten, denn diese In-
tervalle ergänzen sich ja zu Octaven.
Will man nun noch die kleinen Terzen der Tasten der untern
Claviatur 7), Ay E haben, so muss man noch eine Anzahl von Tönen
oinführon, nämlich die um ein Komma höhern Töne /— c — ^
Von Gustav Schubsinö.
129
■ ^ ^ y ^ A^ ^ -•/-•-
der Reihe IV.; um dieselben in passender Weise mit dem schon vor-
handenen Systeme zu verbinden , hat man J = Eis zu machen und
den Quinten den ofterwähnten kleinen Fehler zu geben. Dadurch er-
geben sich als Töne einer neuen Claviatur die folgenden zwölf:
Schwingangszahlen Logarithmen
Tö
— 7
ne
Eis
— Geses
Eis
— c
— Beses
Fisis
— ff
= Ases
Cisis
— d
— Eses
Gisis
— a
— B~b
Bisis
= e
= *Fes
h
= Ces
fis
— Ges
eis
= Bes
gis
— As
dis
= Es
ais
— B
1,34943.
43235
1,01193.
01711
1,51768.
60187
1,13820.
18663
1,70691.
77138
*1,28
35614
1,91973.
94090
1,43959.
52566
1,07954.
11042
1,61910.
69518
1,21694.
27994
1,82516.
86470
Diese Töne würden consequenterweise auf den Tasten einer neuen,
unterhalb der ersten Claviatur anzubringenden, Claviatur anzugeben sein;
die Knöpfchen dieser dritten Claviatur aber müssten dann mit den
Tonen F, C, ^....Übereinstimmen.
Diess jetzt erhaltene aus 48 Tönen bestehende Tonsystem würde
39 Dnraccorde und ebensoviel Mollaccorde enthalten und also
37 Durtonleitern , von Gis = as bis gis =^ As
und 32 Molltonleitern von Fis = ges bis Fisis = J
zu spielen erlauben; von diesen Tonleitern haben 30 gemeinschaftliche
Grundtöne, nämlich von
Gis = as an, bis Fisis = g.
Ob die Einführung dieser letztgenannten 12 Töne für die praktische
Benutzung des Instrumentes von Vortheil sein würde, ist eine Frage
für sich; theoretisch aber wird das Instrument durch diese Töne ver-
vollkommnet. Es Hegt in dieser Beziehung auch kein Grund vor,
welcher die Einführung einer fünften Reihe von Tönen hindern sollte;
dieselbe würde unter Berücksichtigung des kleinen Quinten fehlers fol-
gende Logarithmen haben:
Töiif
Logarithmen
F
44946
C
03422
G
61898
B
20373
A
78849
K
37325
/oitschrilt r. iMaOieinalik ii. IMiysik. (Siip|il<>ni.)
Tone
Logaritbmeh
H
95801
Fis
54277
Vis '
12753
Gis
71229
Dis
29705
Ais
88181
9
130 - Die Tox^leiter und ihre Berechnung.
,- ^,^.>->»,^ y>-,^'.^ ^>»^ y* •-^■^^^-*-
Die letzten sieben Töne dieser Reihe:
Et Ht FiSy CiSi Cisy Disi Ais
nnterscbeidcn sich von den Tönen
r., ?, §, r>_, A, E, H,
welche auf den Knöpfchen der obersten Claviatur enthalten sind, nur
um ein Intervall dessen Logarithmus 00777 beträgt, das ist etwa ein
halbes Komma; man kann also nrit Hülfe einer enharmonischen Ver-
wechselung zwischen zwei von den genannten sieben Tönen vollständig
in einem aus 53 Schritten bestehenden Qaintenkreise herumgehen.
Hierbei haben wir alle Quinten um das bekannte kleine Intervall
7084:7085 (Log. = 00020) zu klein gemacht; wendet man aber reine
Quinten an, so gelangt man nach 53 Schritten zu einem Tone, der dem
ersten noch viel näher kommt. Der Logarithmus der richtigen Quinte
ist nämlich — wenn man ihn der Genauigkeit wegen auf 7 Stellen be-
rechnet — gleich 0,5849626; durch 53 Quintenschritte gelangt man
also zu einem Tone, dessen Logarithmus = 53-0,5849626 = 31,0030178
ist; dieser Logarithmus entspricht ziemlich genau der 31. Octave des
Grundtones, dieselbe ist nämlich nur um ein sehr kleines Intervall,
dessen Logarithmus nach unserer gewöhnlichen Schreibart = 00302 ist,
zu hoch. Macht man nun jede der 53 Quinten um den 53. Theil
dieses Intervalles zu klein, so gelangt man durch diese 53 Quinten
genau zur 31. Octave des Grundtones, — gerade wie man durch 12
Quinten in der gewöhnlichen gleichschwebend-temperirten Scala zur
7. Octave gelangt. Auf diese Weise erhält man also ein System von
53 Tönen in der Octave: C = his/^ c = His/^ C = his/^ ^^^_ = ^^<^^;
cis = Des\ Cis = des\ eis = Des; Cis = des = P '^ d; /); f7; F ". s. w.
Vom tiefsten Ton in der Octave: C == 1 ausgehend gelangt man zum
2. Tone c = His^ durch 12 Quinten ; da nun eine jede derselben den
Logarithmus 0,5849056 erhält, so ergiebt sich für c^= His^ der Logarithmus:
12.0,5849056 = 7,018867; <las Intervall C:^ hat also den Logarithmus
01887, — ebenso gross ist auch das Intervall c^:Cn. s.w. Ueberhaupt
sieht man, dass alle Stufen dieser Tonleiter einander gleich sind, 'mit-
hin erhält man auf diese Weise die 53 Töne einer 53stnfigen gleich-
schwebend-temperirten Scala, gerade wie man die 12 Töne der ge-
wöhnlichen gleichschwebenden Temperatur bestimmt durch 12 um das
Intervall 885:886 (Log. = 00168) zu kleine Quinten. Die Stufen dieser
neuen Tonleiter haben alle das Schwingungsverhältniss 1 :'i/2"= 1 : 1,01316
oder angenähert 76:77 und den Logarithmus ^ = 0,0188679 oder
angenähert 01887, sie sind also nur um 00095 grösser als das
syntonischo Komma 80:81 = 1:1,0125 mit dem Logarithmus 01792.
Man kann daher zu jedem Tone dieser Scala alle möglichen Intervalle,
die „grossen" und die „kleinen", die „verminderten" und die „über-
Von Gustav Schübrino.
131
-^ ^ - ' ^
massigen", fast ganz richtig angeben und man kann daher auch auf jedem
der 53 Töne eine Dur- und eine Molltonleiter in fast reiner Stimmung
ausführen; um die Fehler derselben auszurechnen, habe ich vom Grund-
ton C ausgehend abgezählt, mit welchen Stufen die einzelnen Intervalle
übereinstimmen, und habe dann die Logarithmen dieser Stufen und die
Abweichungen derselben von den reinen Intervallen genau berechnet;
da die Scala eine gleichschwebende ist, so gelten dieselben Fehler auch
für die Intervalle von jedem andern Grundtone aus.
Töne
Stufen
Logarithmen Fehler
in Logarithmen
Grundton
z. B
, c
0
00000
00000
kl. halber Ton
>»
Cis
3
05660
00229
gr. halber Ton
»»
des
5
09434
+ 00123
kl. ganzer Ton
>»
d
8
15094
— 00106
gr. ganzer Ton
n •
D
9
16981
00012
kl. Terz
»»
es
14
26415
+ 00112
•
gr. Terz
M
e
17
32075
— 00118
Quarte
»'
F
22
41509
+ 00006
Quinte
»>
G
31
58491
— 00006
kl. Sexte
>l
as
36
67925
+ 00118
gr. Sexte
n
a
39
73585
00112
kl. Septime
t)
b
45
84906
+ 00106
gr. Septime
yy
h
48
90566
— 00123
Octave
^^
C
53
100000
00000
Für die Töne der beiden Hauptdreiklänge habe ich die Fehler der
Schwingungsverhältnisse selbst berechnet; es beträgt nämlich der Fehler
bei der kleinen Terz annähernd 1324 : 1323 (zu hoch)
grossen Terz „ 1196 : 1197 (zu tief)
Ouinte „ . 12440 : 12441 (zu tief).
Fig. 6 stellt fünf Reihen von je 12 Quinten mit der Helmholt zi-
schen Bezeichnung dar und zwar zunächst nach absolut reinen Quinten
und Terzen; da aber bei der Kleinheit des Massstabes die kleinen
Fehler ziemlich verschwinden, so kann diese Figur auch benutzt werden
als graphische Darstellung der Töne des Appunn'schen und des
Helmholtz'schen Harmoniums und zugleich der 53stufigen Scala. In
der letztgenannten Bedeutung hat man Cis=^'j Dis=^y ~E='E.y FTs'^^^y
Ofg t=m A^ jii =sz H und Hfs = ^ zu nehmen; — das Helmholtz'sche
Instrument enthält aus Spalte III. die drei Töne aSy et, 6, ferner
sämmtlichc 12 Töne der Spalte II. und aus Spalte I. die neun Töne:
Fy C, Gy Dy Ay Ey ffy FtSy Cts \ — d as A p p u u u'sche Harmoulum endlich
onthält die 36 Töne der drei Spalten I., II., III.; man könnte dem-
selben aber auch noch die 12 Töne der Spalte IV., eventuell auch noch
9*
132 Die Tonleiter und ihre Berechnung.
die der Spalte V hinzufügen. Die Fig. 6 «enthält überhaupt die Töne,
aus denen man bei Herstellung eines Instrumentes mit reiner Stimmung
eine grössere oder geringere Anzahl auswählen muss, je nach den An-
sprüchen, denen das Instrument genügen soll. Man könnte z. B. ein dem
Appunn^schen Instrumente ähnliches bauen, welches die Töne der Reihen
II, I und IV oder I, IV und V enthält — doch würde sich ein solchem
von dem Appunn^schen nur durch eine um 1 oder 2 Komma höhere
Stimmung unterscheiden, denn es existirt bekanntlich noch keine all-
gemein angenommene feste Tonhöhe für die Töne C, c, ^, c" u. s. w.
Ich habe daher auch für die sämmtlichen Töne des vollständigen Helm-
holtz' sehen Systemes (siehe S. 115 — 118) nur relative Schwingungs-
zahlen , bezogen auf 6' = 1 , angeführt , und mich dort auf die a b s o t
luten gar nicht eingelassen.
Nach der jetzt in Frankreich gesetzlich eingeführten sogenannten
„liefen Stimmung*' des diapason normal macht das a der eingestnchenen
Octave: -4^ — imliz::"
in der Secuude 870 halbe (sogenannte „einfache") oder 435 ganze (so-
genannte „doppelte") Schwingungen*). Fasst man diesen Ton als Sexte
der C-Durtonleiter, also als a (Reihe II), so kommen auf das C (Reihe I)
der eingestrichenen Octave 261 Schwingungen; fasst man es aber als
Quinte von i>, also als A (Reihe I), so kommen auf C nur 257,777....
Schwingungen in der Secunde; fasst man es endlich als das A' der
gleichschwebeiid tempcrirten Scala, so erhält man ein eingestrichenes C
mit 258,653 Schwingungen.
Legt man d<'r Berechnung das von Scheibler vorgeschlagene a'
mit 410 Schwingungen zu Grunde, so erhält man, wenn man dasselbe
als a betraclitet, ein der „ eingestrichenen'* Octave angehöriges C mit
264 Schwingungen in der Secuude; diese l\)nhöhe ist zui* Berechnung
der Scliwingungszahlen der andern Töne sehr bequem, da sie für die
meisten Töne der 6'-Durtonleiter innerhalb der in der Musik gebrauchten
Octaven nur ganze Zahlen ergiebt. Würde zweitens der Ton der Stimm
gabel als A betrachtet, so erhielte C die Schwinguugszahl 260,470470
Auf unsern gewöhnlichen, nach gleichschwebender Temperatur ge-
stimmten Instrumenten aber hat der Ton A' in Bezug auf C = 1 weder
die Schwingungszahl ^, noch fl^ sondern 1,68179... und daraus er-
giebt sich, dass das C unserer Instrumente, die genau im „Kammerton**
gestimmt sind, in der Secunde 261,627... Schwingungen macht.
*) Die Angabe, dass das a des diapason normal 875 halbe = 437,5 ganze
Schwingungen mache, — wie au verschiedenen Orten angegeben wird — beruht
wol auf einem Irrthum; vgl. den Katalog akustischer Apparate von König in
Paris und \Vülluer, Physik I, 516.
Von Gustav Scüubking. 133
Diese Stimmung wird jetzt vielfach als zu hoch angesehen und
mau hat daher aruch in Deutschland schon an manchen Orten die oben
erwähnte „tiefe Pariser Stimmung*' eingeführt; aber selbst diese Stimmung
ist in Vergleich zu den früher gebräuchlichen Stimmungen immer noch
ziemlich hoch; Chladni z. B. giebt als eine mittlere Tonhöhe die-
jenige an, bei der die Schwingnngszahlen aller C Potenzen von 2 sind.
Hiernach kommen auf das Contra-C 32 Schwingungen, auf das grosse
C 64.... auf das der eingestrichenen Octave 266 Schwingungen. Durch
Multiplication dieser Zahlen mit den für die einzelnen Töne angegebenen
relativen Schwingungszahlen erhält man die absoluten Schwingungs-
zahlen derselben; für die verchiedenen Töne a der eingestrichenen
Octave ergeben sich z. B. folgende Werthe:
1) ^ = 256 . fj = 432
2) rt = 256 • 4 = 426^
'^) A = 256 • fj^ = 421,300...
4) a = 256 . H*J = 437^
Wollte man aber auf dem genannten Tone C. eine gleichschweben d-
temperirte Tonleiter aufbauen , so würde sich ein
A' mit 256 • 1,68179 = 430,538
Schwingungen ergeben, was also ziemlich genau der Tonhöhe des Or-
chesters in der grossen Oper zu Paris im Jahre 1822 entspricht, denn
dasselbe hatte damals eine Stimmgabel mit 431 Schwingungen.
Man sieht, wie noth wendig die Unterscheidung der verschiedenen
gleichnamigen Töne bei genauem Untersuchungen ist. Die in den
meisten Lehrbüchern aus Chladni's Akustik fast ungeändert aufge-
nommene Tabelle über die relativen Schwingungszahlen aller Töne der
Tonleiter ist also in dieser Beziehung ungenügend, denn in derselben
«>ind die Töne der einzelnen Quintenreihen durchaus nicht unterschieden,
sondern nur aus den verschiedenen Quintenreihen diejenigen Töne
herausgenommen, deren Schwingungszahlen, wenn sie als gewöhnliche
Brüche geschrieben werden, einen möglichst einfachen Werth haben.
Da man nun kein bestimmtes Princip darüber aufstellen konnte, wieviel
Töne man aus jeder Quintenreihe herausnehmen sollte, so finden sich
für einzelne Intervalle in verschiedenen Büchern verschiedene Werthe:
Chladni giebt z. B. für des die Schwingungszahl -}-|, Wüllner aber
^^, das erstere ist nach der oben von uns erweiterten Uauptmann-
Helmholtz'schen Bezeichnung desi ^^s andere t)cs* Jene Tabellen
enthalten also nicht allein Töne aus den 4 IIelmholtz*schen Reihen,
sondern auch aus den beiden oben (S. 119 u. 120) noch hinzugefügten
Reihen, welche ich durch unterstrichene kleine und überstrichene grosse
Buchstaben bezeichnet habe; die dort beispielsweise bezeichneten Töne
sind alle in den Tabellen von Chladni und Wüllner euthallcu. Mit
134 Die Tonleiter und ihre Berechnung.
Hülfe der oben angegebenen Zahlen kann man nnn jeden Ton dieser
beiden Tabellen in eine der 6 Quintonreihen einordnen, nur die beiden
von Chladni angegebenen Töne:
6868 == Hi und bb = Ifl
passen in keine derselben, sie gehören vielmehr in eine Reihe, welche
noch um ein Komma höher ist als die höchste jener 6 Reihen, sie sind
demnach zu bezeichnen durch:
escs und ^jj
weil sie nämlich um 4 Komma höher sind, als die Töne cses und 66,
also um 6 Komma höher als die Töne eses und 66. Diess Intervall betragt
aber in Logarithmen 6 • 01792 = 10752, ist also grösser als ein halber Ton.
Durch die Unterscheidung der verschiedenen Töne gleiches Namens
erledigt sich zugleich eine Frage, über die sich Musiker und auch Phy-
siker zuweilen untereinander streiten, die Frage nämlich, ob eis oder
des, dis oder es höher sei; man sieht nämlich jetzt ein, dass diese
Frage im Allgemeinen gar nicht beantwortet werden kann, denn es ist
z. B. Cis höher als Des^ aber tiefer als ])fs w. s. w.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch auf einige andere ünge-
nauigkeiten aufmerksam machen, die sich bei der Lehre von den mu-
sikalischen Intervallen auch in den besten Lehrbüchern der Physik finden.
In sämmtlichen mir bekannten Auflagen des grossen Lehrbuchs
und auch des Grundrisses der Physik von Job. Müller ist die Note:
/tt- . als kleines „c'*; die Note 9— aber als einge-
strichenes „c'" bezeichnet, während bekanntlich beide Noten gleich-
massig das eingestrichene „c'** bezeichnen.
Auch in dem treflflichen Buche von Wüllner, in dem das Capitel
von den musikalischen Intervallen mit ziemlicher Ausführlichkeit be-
handelt ist, finden sich einige kleine Ungenauigkeiten, die ich mir hier
anzuführen erlaube.
Wüllner sagt nämlich (1, S. 506), dass der Unterschied von einem
Komma (^) vom Ohre nicht mehr wahrgenommen werde, während doch
schon nach den Untersuchungen von Chladni (dessen Akustik 8. 55),
„ein um f^ verstimmtes Intervall von keinem unverdorbenen Ohre ohne
Widerwillen angehört werden kann.**
Auf derselben Seite giebt Wüllner die Abweichungen in den In-
tervallen an, die die Töne der C-Durtonleiter miteinander bilden, es
fehlt da aber nicht nur die in den Berichtigungen zur zweiten Ausgabe
angemerkte falsche Quinte h — f, die wir nach der Ilaup tmann'schen
Bezeichnung h — F' zu schreiben haben , sondern auch noch die falsche
Quarte a — D\ die falsche Sexte F — D' und die falschen kleinen Sep-
Von Gustav Schubring. 135
timen D — C, G—F, H — Ä-, der Werth der kleinen Sexte F--D' ist
auch in der Tabelle auf S. 505 falsch angegeben.
Endlich fehlen auf S. 502 bei der Aufzählung der cunsonanten
Accorde zwei Umlagerungen ; Wüllner giebt nämlich als consonantc
Accorde mit dem tiefsten Tone C nur die folgenden 4 an:
1) der gewöhnliche C-Duraccord {C — c — G)^
2) der gewöhnliche C-Mollaccord {C — es — G)^
3) der (Terz-)Sextaccord in a-Moll (C — e — o),
4) der Quart-Sextaccord in -F-Dur {C — F—a)\
CS fehlen also noch
5) der (Terz-)Sextaccord in Ji^-Dur (C — ei — äs)^
6) der Quart- S^'xtaccord in F-Moll (C — F — '^s)'
Die Accorde 3 — 6 sind bekanntlich nur Umlagerungen der beiden
ersten; aus dem C-Duraccord C — e — G folgt nämlich als erste Um-
lagerung der Sextaccord e — G — C (cfr. Nr. 5) und als zweite Um-
lagerung der Quart-Sextaccord G. — (f — e (cfr. Nr. 4), ebenso folgen
au.s dem C-Mollaccord C — es — ^ ^^r Sextaccord ^ — G — C' (Nr. 3)
und der Quart-Sextaccord G — (f — es (Nr. 6). Man kann diese Um-
lagerungen sehr gut demonstrircn an dem Accordmesser (Fig. 1); — auch
die eben erwähnten Abweichungen der einzelnen Intervalle der C^-Dur-
tonleiter erkennt man mit Hülfe der graphischen Darstellung (Fig. 2) leicht.
Man sieht hieraus, wie bequem diese graphische Darstellung zur
Demonstration aller Gesetze der musikalischen Akustik ist; auch für die
zu einem Grundtone gehörigen harmonischen Obertöne kann man eine
sehr praktische Darstellung geben. Zum Grundtone C = 1 gehören
bekanntlich die Ober- oder Theiltöne: C = 2, C = 3, C" = 4, e' = 5,
G" = 6 u. 8. w.; die Logarithmen dieser Töne sind folgende:
Theiltöne Logarithmen
1 . 2 . 4 . 8 . = C 00000
9 . = i> ^ 16993
5 . 10 . = <? 32193
1 1 . (= Cc^ -f ) 45943
3 . 6 . 12 . = C 58494
13 . (= a — ) 70044
7 . 14 . (= // — ) 80736
15 . = Ä 90689
2 . 4 . 8 . 16 . = (f 100000
Neben den Nummern der einzelnen Theiltöne sind die Noten an-
gegeben, die denselben entsprechen, Ges^ ist aber etwas zu erhöhen,
« und b dagegen etwas zu erniedrigen, um den betreffenden Theil-
tönen gleich zu werden. — Fig. 7 und 8 stellen die Obertöne des
Grundtones C graphisch dar.
Fig. 7 zeigt eine erweiterte Form des oben bereits erwähnten,
136 Die Tonleiter und ihre Berechnung.
^■^•m'*, ^ am ^ ^^
von Mach construiiten Modells zur Demonstration der Obertöne. Zar Er-
läuterung bemerke ich Folgendes: Zwischen den die ganze Figur der
Länge nach durchziehenden Linien /? und y befinden sich kleine Striche,
welche für die darunter stehenden, zwischen a und ^ befindlichen
Tasten die Tonhöhe nach gleichschwebender Temperatur angeben-, die
Striche in dem Räume zwischen den Linien y und £. bedeuten die Ton-
höhe der Theiltöne des tiefsten C der Claviatur, bis zum 20. hinauf.
Schneidet man nun die ganze Figur aus und trennt sie dann längs der
Linie ^, so kann man die obere Hälfte beliebig an der untern ver-
schieben und dadurch die Obertöne zu jedem beliebigen Grundtone
finden. Wegen des kleinen Massstabes' — die Octave ist hier nur
50"'"' lang — sind die Abweichungen der temperirten Quinten und
Terzen kaum merklich, wol aber die der natürlichen Septime (7. Theil-
ton ; f) von der kleinen Septime B, welche bei dem Mach' sehen Mo-
delle zusammenfallen. — Theilt man nun den Streifen, der die Marken
für die Theiltöne trägt, noch einmal, längs der Linie d, so kann man
die Figur, wie das Mac hasche Modell, benutzen zur Demonstration der
Helmholtz'schen Theorie der Consonanz und Dissonanz. Es empfiehlt
sich, dass man zu diesem Zwecke die ganze Figur auf Pappe kleben
und in der durch Fig. 7^ im Querschnitt angedeuteten Weise einrichten
lässt. Man kann dann die beiden Streifen, die die Marken für die
Theiltöne tragen, in dem Spalte hinter der Tastatur beliebig hin und
her schieben: Man stelle zuerst den breitem Streifen (d — i) mit der
Marke Nr. 1 auf den tiefern der beiden zu vergleichenden Töne, den
schmalem (y--<)) aber auf den höhern, dann kann man das Verhältniss
der Obertöne beider Klänge bequem übersehen und die von Helmholtz
angegebenen Gesetze leicht anschaulich nachweisen. — Will man statt
der temperirten Intervalle die natürlichen untersuchen, so kann man
die Marken für dieselben zwischen /5 und y nach den oben ange-
gebenen Werthen der Logarithmen leicht einzeichnen, man muss aber
beachten, dass der Massstab dieser Figur nur halb so gross ist, als in
den Figuren 1 — 6; die Unterscliiede zwischen der natürlichen und der
reinen Stimmung sind also hier nicht so auffallend.
Im Masi^tabe der andern Figuren (Octave = 10(J Millimeter)
werden die Theiltöne von C durch Fig. 8 dargestellt; hier sind zur
Vergleichung die Töne der C-Durtonleitcr in reiner Stimmung beige-
fügt. — Die Fi'gur zeigt nicht nur, dass die Theiltöne um so näher bei
einander liegen, je höher sie sind, sondern auch, dass in jeder höhern
Octave die Töne der vorigen sich wiederholen, dass sich aber jedesmal
ein neuer Theilton — mit ungerader Zahl — zwischen dieselben ein-
schiebt, so dass in jeder folgenden Octave noch einmal so viel Theil-
töne auftreten, als in der vorigen.
Halle, im Januar 1868.
Von Gustav Schuöking. 137
Nachtrag.
Vorstehender Aufsatz war schon im Druck, als ich erfuhr, dass die
in demselben enthaltene Anwendung der Logarithmen nicht — wie
8. 107 angegeben ist — von Marpurg, sondern von Lconhard
Eulcr herrührt. Derselbe entwickelt in seinem Werke: y,Tenlamen
novac theoriae musicae^*^ (<^P' IV, §. 35 u. flg.), dass das Mass des In-
tervalles zwischen- zwei Tönen a und b bestimmt ist durch den Lo-
garithmus ihres Quotienten: / — = Ib — la; demnach sei das Mass für das
Octaven Intervall (griechisch dianccoiov) gleich log 2 und das Mass für die
Quinte {dianevxs) gleich log ^ = log *3 — log 2 ] er bemerkt auch gleich,
dass es hiernach kein noch so kleines Intervall giebt, welches zugleich
ein aliquoter Theil der Quinte und der Octave ist; ähnlich verhält es
sich mit der Terz. An einer andern Stelle (VII, 4) sagt er, dass
wegen der Wichtigkeit und der häufigen Anwendung des Octaven-
intervalles die Rechnung am bequemsten wird, wenn man einen ,,tfa;io«*'
anwendet, in welchem der y^loganlhmus binarii collocatur unUas*'^\ er
wendet in Folge dessen ebenfalls die Logarithmen mit der Basis 2 an. —
Ob Marpurg auch diese Logarithmen benutzt, weiss ich nicht, da ich
dessen Werk nur aus einem Citate Chladni's kenne. — Das S. 107
erwähnte Opelt'sche Buch „Allgemeine Theorie der Musik^^
enthält im Wesentlichen nichts anderes, als das oben citirte Euler'sche.
— Dagegen bringt D robisch in 3 Abhandlungen über die Tonleiter
mancherlei Neues: Die älteste „über die mathematische- Bestim-
mung der musikalischen Intervalle" (herausgeg. von der Ja-
blonowski'schen Gesellschaft) enthält einen Versuch, mit Hülfe der
Principien der II er bar tischen Philosophie die Erscheinungen der Con-
sonanz und Dissonanz zu erklären — ein Versuch, der durch die
Helmholtz'sche Theorie wol als erledigt zu betrachten ist; der ma-
thematische Theil der genannten Abhandlung wird ausfuhrlicher wieder-
holt in einer späteren Schrift (herausgegeben von der K. Sachs. Ge-
sellschaft der Wissenschaften) „über musikalische Tonbestim-
raung und Temperatur", zu der dann noch ein „Nachtrag" er-
schienen ist.
Es ist zu bedauern, dass D robisch bei Abfassung dieser Schriften
die Hclmhultz'sche Unterscheidung der gleichnamigen Töne E und
e u. s. w. noch nioht kannte, denn hierdurch würde seine Darstellung
138 Die Tonleiter und ihre Berechnung.
noch viel klarer geworden sein. Er beweist zwar, dass die erhöheten
und erniedrigten Töne eis; des u. s. w. sich gar nicht schlechthin,
sondern nur beziehungsweise bestimmen lassen, nämlich unter
Voraussetzung einer oder der andern Tonart, allein er unterscheidet
die verschiedenen Töne gleiches Namens nicht durch verschiedene Be-
zeichnung; auch wagt er es nicht, den Haupttönen e, d, e . . ., je
nach den Tonarten, in denen sie angewendet werden sollen, verschie-
dene Höhe (C, c u. s. w.) beizulegen. Hätte er diese Unterschiede ge-
macht, so wäre er nothwendig zu dem Hauptmann-Helmholtz^schen
System gelangt, denn seine Classification der Töne ist diesem System
schon sehr ähnlich. Er bestimmt nämlich, wie Hauptmann und
Uelmholtz, die Töne nur durch Quinten und Terzen und setzt zur
Abkürzung das Intervall der Quinte: J = ß, das der Terz: J = T,
femer log Q ^=^ q und log T =^ t^ den Logarithmus det Octave: lag 2 = 1
und bringt alle Töne auf die Form 2*" • Q'* • T>*^ logarithmisch i» -f- «p -f- pt.
Nimmt man nun auf die Verschiedenheit der Octaven keine Rücksicht,
vernachlässigt also m, so kann man die 8 Classen von Drobisch in
folgende allgemeine Formen bringen:
Schwingungszahlen Logarithmen Schwingangszahlen Logarithmen
Classc T. 0" nq Classe 11. Q^" — nq
III. TP pt „ IV. T-P —pt
V. ö" TP nq -{- pl „ VI. Ö~" T-P —nq—pt
'„ VII. ö'" TP —nq + pt „ ym. ö" T-P nq^pt.
Diese Classification hat 2 Uebelstaude, erstens sind die Classen I — IV
nur spcciello Fälle der Classen V — VIII, und dann sind in diesen letzteren
jedesmal 2 Veränderliche n und p, so dass die Zahl der Töne in jeder
dieser Classen nach 2 Richtungen unendlich ist. Bei der Helmholtz'-
schen Eintheilung aber giebt es nur einfach -unendliche Reihen; dir
allgemeinen Formen derselben sind unter Benutzung der Zeichen Q
und T oder q und t folgende:
Schwingungszahlen Logarithmen
allgemeinste Form: [}'* • T'' nq -{- pt
1)
Reihe III {Gis)
Qn 7^2
nq + 2/
» II {c)
Q» r»
nq + t
I {C)
Q-
nq
n IV {as,)
QnT-l
nq- - t
„ V {Fes,)
QnT-2
nq - 2t
u. s. w.
•
•
In jeder von diesen Reihen kann n alle möglichen ganzen Zahlen
bedeuten; die positiven n geben die aufsteigenden Reihen, die nega-'
tiven n dagegen die absteigenden, « = 0 eiuUich giebt den jedes-
Von Gustav Schcbbino.
139
^ ^ ^ ^^^s. ^
maligen Grundton der Reibe. Um die Töne in die Octave zwischen
C nnd C zu verlegen, wie in unsem obigen Tabellen, hat man die
Schwingnngszahlen mit einer Potenz- von 2 (2*") zu multipliciren oder
zu dividiren, so dass sie zwischen 1 und 2 fallen, und die Logarith-
men um soviel (m) Einheiten zu vergrössem oder zu verkleinern, dass
sie zwischen 0 und 1 fallen.
Die Bezeichnung m -{- nq -{- pi ist sehr geeignet, um die Ent-
stehung und Bedeutung gejyisser kleiner Intervalle auf einen Blick zu
übersehen ; diese kleinen Intervalle kommen besonders in altem Werken
z. B. bei Euler ziemlich hHufig vor; ich habe in der folgenden Ueber-
sicht stets ein Intervall aus den Helmhol tz'schen Quintenreihen als
Beispiel zugefügt:
Intervnllo
Scliwingungs-
verhältniHHe
Lofifarlthmen
1) Schisma C:his,
32768:32805
00163 = / + 87 — 5
2) Diaschisma ^%:C
2025 : 2048
01620 — 3—2/ + 4^ (—10 Schisma)
3) Synton. Komma CiJT
80:81
01792 — 47—/ (—11 Seh.)
4) Pythag. Komma CiNis,
524288:531441
01955 = 12(7^7 (—12 Seh.)
5) Kleine Diesis /">, : C
125:128
03421 — 1-3/ (— 21^Sch.)
G) Grosse Diesis ^fs.c
625 : 648
05214 — 4(r/-/)~l (—.32 Seh.)
7) Kl. halber Ton C:Ci>
24:25
05889 — 2/— 7 (-- 36JI Seh.)
8) Gr.halberTon Cides
15:16
09311 — 1-/-7 (— 57|Sch.)
9) Pythag. Limma C:J)es
243:256
07519 — 3—5(7 (— 46J Seh.)
10) Kleines Limma Cicis
128:135
07681 = 3(7 + / 2 (=47^ Seh.)
11) Grossos Limma Cijjes
25:27
11103 — 3/7-2/ -1 (=68XSch.)
D robisch weicht von diesen .aus Euler und Chladni entnom-
menen Angaben zum Theil ab, er nennt nämlich das' pythagoreische
Limma den „diatonischen halben Ton** und die grosso Diesis den
,, Drittlirilston **, wHhrend er unter dem Namen der grossen Diesis das
Intervall ^s:£ = 243:250, log = 3/ - 5^ + 2 = 01097 versteht, auch
führt er noch einen „verminderten kleinen halben Ton** Desesicfs
= 3072:3125, /oöt = 5/ — (^ — 1 = 02468 und ein „Komma der Alten"
= J des grossen ganzen Tones, log = J (2^—1) = 01888 an. Die
Ileiho dieser in den Lehrbüchern meistens nicht angegebenen Intervalle
wird vervollstKndigt durch den der pythagoreischen Dnr-Tonleiter
angehörigen Ditonus = 2 grossen ganzen Tönen = C: E = 64 : 81,
dessen log = 4q — 2 = 33985 ist und den Triton us für den Enler
folgende Werthe angiebt:
Jog^ 1 - 2(^-/) = 47.393
/o^ = / + 2*7 — 1 = 49185
log=l—i — 2q = 50815
log = 2(y- /) - 1= 52607
1) 18:25 = C:^»5;
2) 32:45 = Cifis-, ^
3) 45:64 = C:ges\
4) 25:36 = C:6W;
140 Die Tonleiter und ihre Berechnung. Von Gustav Schubring.
Nachdem D robisch die Lehre von den Intervalleu beendigt hat,
kommt er zu der Temperatur und sucht da diejenigen gleichsch we-
benden Temperaturen zu bestimmen, deren Fehler so beschaffen sind,
dass sie eine möglichst kleine Quadratsumme geben. Ausser mehreren
andern entwickelt er auch die 53stufige Temperatur, er gelangt aber
zu derselben auf einem ganz anderen Wege als wir oben (S. 130). Noch
vollkommener soll eine llSstufige gleichschwebende Temperatur sein,
die Stufe derselben ist ungefähr ein halbes syntonisches Komma, näm-
lich in Logarithmen =00847, — -es scheint aber hier bei Drobiscli
ein Rechenfehler vorzuliegen. Die übrigen Temperaturen haben vom
Standpunkte der Helmholtz 'sehen Theorie aus geringeres Interesse.
Zum Schluss noch ein Wort über die Bedeutung der Loga-
rithmen. Euler hat dieselben einfach als Mass für die Inter-
valle eingeführt, Drobisch geht einen Schritt weiter, ^ndem er die-
selben betrachtet als Mass für die Empfindung d^r Tonhöhe.
Dioss Gesetz für die Abhängigkeit der Empfindung von dem empfun-
denen Keiz hat Fechner in seiner Psychophysik noch mehr er-
weitert und auf die Empfindungen aller Sinnesorgane ausgedehnt. Er
weist nach , dass innerhalb bestimmter Grenzen alle Sinnesempfin-
dungen proportional mit dem Logarithmus des Reizes
wachsen, nicht mit dem Reize direct. Das Mach 'sehe Modell*)
(Fig. 7) lässt sich nun auch als eine graphische Darstellung dieses Ge-
%
setzes (des sog. Web er 'sehen Gesetzes) ansehen: Die Tasten, resp.
die Striche zwischen den Linien j3 und ^ bedeuten gleiche Zuwüchse
der Empfindung, die Zahlen an der Linie d oder e aber die Grösse
des Reizes. Der Reiz 1 ist der „ Schwellenwerth des Reizes", die
zugehörige Empfindung ist gleich Null, zum Reiz 2 gehört eine Em-
pfindung 1, ein weiterer Zuwachs des Reizes um 1 erhöht aber die
Empfindung nur um 0,58496 (= y) und erst der Reiz 4 giebt die Em-
pfindung 2; überhaupt sieht man dass die Reizzuwücbsc bei wachsenden
Reizen immer kleinere Empfindungszuwüchse bedingen oder „auslösen".
— Durch diese .Anwendung des Mach 'sehen Modells erhält dasselbe
also noch eine allgemeinere Bedeutung für die Psychophysik.
Halle, im Juli 1868. G. Seh.
*) Zum Gebrancli in Vorlesimji^en u. s. \v. empficlilt es sich, diese Modell
etwas grösser herzustellen. Herr Buchbindermeistcr A. Henning hierselbst liefert
dasselbe in 3mal grösseren Massstabe (Octave = loO"*"", das ist also ungefähr die
natürliche Grösse der Ciaviertastatur) bei einer Länge von 4 Octaven (Theilton
1- 16) zu d«m billigen Preise von l Thlr. Zu bemerken ist noch, dass bei Ura-
kehrung des Streifens y — 9 die Zahlen an <lcr I^inie y angeben, in welchen
Klängen der Ton 1 als zweiter, dritter Theilton enthalten ist.
Verlag von B. (j. Teubner in Leipzig.
>-w^-^_/--
Handbuch der höheren Algebra. Von G. Serret. Nach der dritten
Auflage deutsch bearbeitet von G. Wertheim. 2 Bände, gr. 8.
geh. 2 Thlr. 20 Ngr.
Es giebt kein Werk, welches die Theorie der Gleichungen in der Voll-
ständigkeit und Klarheit, wie die vor einem Jahre erschienene dritte Auflage
von Serret, couM^'algchre mpirieure behandelt, und welches so sehr den Ansprüchen
genügt, die man an ein Handbuch zu stellen hat. Die Reichhaltigkeit des
Werkes ist am besten aus dem nachstehenden Inhaltsverzeicbniss su ersehen:
I. Theil : Allgemeine Eigenschaften und numerische Auflösungen der Gleichungen .
1. Cap. Theorie der Kettenbrüche. 2. Cap. Periodische Kettenbrüche. 3. Cap.
Allgemeine Eigenschaften der algebraischen Gleichungen. 4. Cap. Simultane der
Wurzeln der numerischen Gleichungen. II. Theil: Die symmetrischen Functionen.
1. Cap. Theorie der symmetrischen Functionen. 2. Cap. Allgemeine Formeln aus
der Theorie der symmetrischen Functionen. 3. Cap. Excurs über die Zerlegung der
rationalen Brüche und über die recurrierendcn Reihen. 4. Cap. Altemierende
Functionen und Determinanten, b. Cap. Entwicklungen aus der Theorie der
Elimination. Gleichungen und Elimination. 5. Cap. Eigenschaften der Wurzeln
der Einheit 6. Cap. Trennung der Wurzeln der numerischen Gleichungen. 7. Cap.
Berechnung. III. Theil: Eigenschaften der ganzen Zahlen. 1. Cap. Congruenzen.
2. Cap. Potenzreste und binomische Congruenzen. 3. Cap. Eigenschaften der ganzen
Functionen einer Veränderlichen in Beziehung auf einen Primzahlmodus. 4. Cap.
Ueber die Anzahl der zwischen gegebeneu Ganzen enthaltenen Primzahlen.
IV. Theil: Substitutionen. 1. Cap. Allgemeine Eigenschaften der Substitutionen.
2. Cap. Eigenschaften der Systeme conjugierter Substitutionen. 3. Cap. Iiidices der
conjugierten Systeme. 4. Cap. Einige besondere Fälle aus der Theorie der Sub-
stitutionen. 5. Cap. Anwendungen der Theorie der Substitutionen. V. Theil :
Algebraische Auflösung der Gleichungen, t. Cap. Gleichungen 3. und 4. Grades.
Allgemeine Betrachtungen über die algebraische Auflösung der Gleichungen. 2. Cap.
Ueber die Unmöglichkeit der algebraischen Auflösung der allgemeinen Gleichungen,
deren Grad grösser als 4 ist. 3. Cap. Abersche Gleichungen. 4. Cap. Ueber
eine Klasse von Gleichungen 9. Grades, die algebraisch lösbar sind. 0. Cap. Ueber
die Gleichungen, die algebraisch gelöst werden können.
Was die Uebersetzung betrifl't, so war es das Bestreben des Hei^usgebers,
dieselbe möglichst correct zu liefern. Bedeutende Aenderuugen sind nirgend
vorgenommen, an einzelnen Stellen nur kleine Zusätze gemacht, so ist z. 1^ die
Tabelle der Nr. 316 nach Jacobi vervollständigt worden u. s. w.
Theorie der elliptischen Functionen. Versuch einer elementaren
Darstellung. Von Dr. H. DuRh^GE, Prof. am K. K. Polytechnikum zn
Prag. Zweite verb. Aufl. Mit in den Text gedruckten Holzschn. gr, 8-
geh. 3 Thlr.
Plan und Anordnung der ersten Auflage sind bei der zweiten Auflage bis auf
unbedeutende Aenderungen beibehalten worden, nur die Behandlung des Additions-
theoremes hat durch Voranschickung der Stürmischen Integrationsmethode eine
etwas andere Oestult erluilten. Neu hinzugekommen ist ein Abschnitt über jdas
AbeVsche Theorem. Die Aufnahme desselben wurde angeregt durch die vortreffliche
Schrift von Clebsch und Gordan über die Aberschen Functionen (Verlag von
B. G. Teubner, 1800, 2 Tldr. 12 Ngr.), in welcher ein so schöner Beweis dieses
Theoremes gegeben ist, und worin dasselbe mit seinen Einzelheiten eine so wichtige
Rolle spielt. Obgleich nämlich streng genommen das AbePschc Theorem nicht
in eine Theorie der elliptischen Functionen hineingehört, so hoffte der Ver-
fasser doch , durch di.e Darstellung der ersten ins Kinzelne gehend^ Untersuchung
Abels dem Einen oder Anderen seiner Leser mit Itücksicht auf das erwähnte Buch
eine willkommene Zugiibe zu bieten, zumal die kurz vorher behandelten elliptischen
Integrale ein passendes Beispiel zur Illustration des AI »ersehen Theoremes lieferten.
Algebraische Gleichungen nebst den Resultaten und den Methoden
zu ihrer Auflösung. Von Dr. Ernst Bardey. gr. 8. geh. 1 Tlilr. 10 Ngr.
Das Buch enthält KM »o Aufgaben» welche alle bis auf sehr wenige Ausnahmen
vom Verfasser selber aufgestellt sind. Die Resultate sind jeder Aufgabe beigefügt.
Die Method(^n zur Auflösung sind allgemein gehalten und beziehen sich meistens
auf ganze Klassen von Aufgaben, sind aber an einzelnen Aufgaben vollstiLndig
durchgeführte Für viele Aufgaben sind, falls dies zweckmilssig schien, noch
besondere Andeutungen zur Auflösung gegel-en. Oleiolnaigen vom ersten Grade
kommen nur der Vergleichung halber ausnahmsweise vor. Das Buch beginnt mit
den rein quiulratischen CUeichungen. Ks zei^filllt in drei Tlieile. Der 1. Theil
behandelt die Gleichunj»en mit einer I'nhekaunteu, der 2. Theil die mit zwei
Unbekannten, der 3. die mit drei und vier Unbekannten. Die Auflösung aller
(ileichung(?n, wenn auch viele derselben scheinbar von einem höheren Grade sind
und im 2. Tlu'il 8elV»st Auij^aben vorkonnnen, die üb(?r den 20. und 30. Grad hinaus
zuj^ehen scheinen, ln><st sieh bri einrr j^'ceij^ncteu Uehjindluni^ mit Hülfe quadratificher
Glciehuniren bearhatfen.
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Stanford, California
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