Skip to main content

Full text of "Zeitschrift für romanische Philologie"

See other formats


Google 


This  is  a  digital  copy  of  a  book  that  was  preserved  for  generations  on  Hbrary  shelves  before  it  was  carefully  scanned  by  Google  as  part  of  a  project 

to  make  the  world's  books  discoverable  online. 

It  has  survived  long  enough  for  the  copyright  to  expire  and  the  book  to  enter  the  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subject 

to  copyright  or  whose  legal  copyright  term  has  expired.  Whether  a  book  is  in  the  public  domain  may  vary  country  to  country.  Public  domain  books 

are  our  gateways  to  the  past,  representing  a  wealth  of  history,  culture  and  knowledge  that's  often  difficult  to  discover. 

Marks,  notations  and  other  maiginalia  present  in  the  original  volume  will  appear  in  this  file  -  a  reminder  of  this  book's  long  journey  from  the 

publisher  to  a  library  and  finally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  to  digitize  public  domain  materials  and  make  them  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  we  are  merely  their  custodians.  Nevertheless,  this  work  is  expensive,  so  in  order  to  keep  providing  this  resource,  we  liave  taken  steps  to 
prevent  abuse  by  commercial  parties,  including  placing  technical  restrictions  on  automated  querying. 
We  also  ask  that  you: 

+  Make  non-commercial  use  of  the  files  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals,  and  we  request  that  you  use  these  files  for 
personal,  non-commercial  purposes. 

+  Refrain  fivm  automated  querying  Do  noi  send  automated  queries  of  any  sort  to  Google's  system:  If  you  are  conducting  research  on  machine 
translation,  optical  character  recognition  or  other  areas  where  access  to  a  large  amount  of  text  is  helpful,  please  contact  us.  We  encourage  the 
use  of  public  domain  materials  for  these  purposes  and  may  be  able  to  help. 

+  A/íJí/iííJí/i  íJíírí&Hííon  The  Google  "watermark"  you  see  on  each  file  is  essential  for  informing  people  about  this  project  and  helping  them  find 
additional  materials  through  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use,  remember  that  you  are  responsible  for  ensuring  that  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  the  United  States,  that  the  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 
countries.  Whether  a  book  is  still  in  copyright  varies  from  country  to  country,  and  we  can't  offer  guidance  on  whether  any  specific  use  of 
any  specific  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  means  it  can  be  used  in  any  manner 
anywhere  in  the  world.  Copyright  infringement  liabili^  can  be  quite  severe. 

About  Google  Book  Search 

Google's  mission  is  to  organize  the  world's  information  and  to  make  it  universally  accessible  and  useful.   Google  Book  Search  helps  readers 
discover  the  world's  books  while  helping  authors  and  publishers  reach  new  audiences.  You  can  search  through  the  full  text  of  this  book  on  the  web 

atjhttp  :  //books  .  google  .  com/| 


Google 


liber  dieses  Buch 

Dies  ist  ein  digitales  Exemplar  eines  Buches,  das  seit  Generationen  in  den  Realen  der  Bibliotheken  aufbewahrt  wurde,  bevor  es  von  Google  im 
Rahmen  eines  Projekts,  mit  dem  die  Bücher  dieser  Welt  online  verfugbar  gemacht  werden  sollen,  sorgfältig  gescannt  wurde. 
Das  Buch  hat  das  Urheberrecht  überdauert  und  kann  nun  öffentlich  zugänglich  gemacht  werden.  Ein  öffentlich  zugängliches  Buch  ist  ein  Buch, 
das  niemals  Urheberrechten  unterlag  oder  bei  dem  die  Schutzfrist  des  Urheberrechts  abgelaufen  ist.  Ob  ein  Buch  öffentlich  zugänglich  ist,  kann 
von  Land  zu  Land  unterschiedlich  sein.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  sind  unser  Tor  zur  Vergangenheit  und  stellen  ein  geschichtliches,  kulturelles 
und  wissenschaftliches  Vermögen  dar,  das  häufig  nur  schwierig  zu  entdecken  ist. 

Gebrauchsspuren,  Anmerkungen  und  andere  Randbemerkungen,  die  im  Originalband  enthalten  sind,  finden  sich  auch  in  dieser  Datei  -  eine  Erin- 
nerung an  die  lange  Reise,  die  das  Buch  vom  Verleger  zu  einer  Bibliothek  und  weiter  zu  Ihnen  hinter  sich  gebracht  hat. 

Nu  tzungsrichtlinien 

Google  ist  stolz,  mit  Bibliotheken  in  partnerschaftlicher  Zusammenarbeit  öffentlich  zugängliches  Material  zu  digitalisieren  und  einer  breiten  Masse 
zugänglich  zu  machen.     Öffentlich  zugängliche  Bücher  gehören  der  Öffentlichkeit,  und  wir  sind  nur  ihre  Hüter.     Nie  ht  sdesto  trotz  ist  diese 
Arbeit  kostspielig.  Um  diese  Ressource  weiterhin  zur  Verfügung  stellen  zu  können,  haben  wir  Schritte  unternommen,  um  den  Missbrauch  durch 
kommerzielle  Parteien  zu  verhindern.  Dazu  gehören  technische  Einschränkungen  für  automatisierte  Abfragen. 
Wir  bitten  Sie  um  Einhaltung  folgender  Richtlinien: 

+  Nutzung  der  Dateien  zu  nichtkommerziellen  Zwecken  Wir  haben  Google  Buchsuche  für  Endanwender  konzipiert  und  möchten,  dass  Sie  diese 
Dateien  nur  für  persönliche,  nichtkommerzielle  Zwecke  verwenden. 

+  Keine  automatisierten  Abfragen  Senden  Sie  keine  automatisierten  Abfragen  iigendwelcher  Art  an  das  Google-System.  Wenn  Sie  Recherchen 
über  maschinelle  Übersetzung,  optische  Zeichenerkennung  oder  andere  Bereiche  durchfuhren,  in  denen  der  Zugang  zu  Text  in  großen  Mengen 
nützlich  ist,  wenden  Sie  sich  bitte  an  uns.  Wir  fördern  die  Nutzung  des  öffentlich  zugänglichen  Materials  für  diese  Zwecke  und  können  Ihnen 
unter  Umständen  helfen. 

+  Beibehaltung  von  Google-MarkenelementenDns  "Wasserzeichen"  von  Google,  das  Sie  in  jeder  Datei  finden,  ist  wichtig  zur  Information  über 
dieses  Projekt  und  hilft  den  Anwendern  weiteres  Material  über  Google  Buchsuche  zu  finden.  Bitte  entfernen  Sie  das  Wasserzeichen  nicht. 

+  Bewegen  Sie  sich  innerhalb  der  Legalität  Unabhängig  von  Ihrem  Verwendungszweck  müssen  Sie  sich  Ihrer  Verantwortung  bewusst  sein, 
sicherzustellen,  dass  Ihre  Nutzung  legal  ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  ein  Buch,  das  nach  unserem  Dafürhalten  für  Nutzer  in  den  USA 
öffentlich  zugänglich  ist,  auch  fiir  Nutzer  in  anderen  Ländern  öffentlich  zugänglich  ist.  Ob  ein  Buch  noch  dem  Urheberrecht  unterliegt,  ist 
von  Land  zu  Land  verschieden.  Wir  können  keine  Beratung  leisten,  ob  eine  bestimmte  Nutzung  eines  bestimmten  Buches  gesetzlich  zulässig 
ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  das  Erscheinen  eines  Buchs  in  Google  Buchsuche  bedeutet,  dass  es  in  jeder  Form  und  überall  auf  der 
Welt  verwendet  werden  kann.  Eine  Urheberrechtsverletzung  kann  schwerwiegende  Folgen  haben. 

Über  Google  Buchsuche 

Das  Ziel  von  Google  besteht  darin,  die  weltweiten  Informationen  zu  organisieren  und  allgemein  nutzbar  und  zugänglich  zu  machen.  Google 
Buchsuche  hilft  Lesern  dabei,  die  Bücher  dieser  Welt  zu  entdecken,  und  unterstützt  Autoren  und  Verleger  dabei,  neue  Zielgruppcn  zu  erreichen. 
Den  gesamten  Buchtext  können  Sie  im  Internet  unterjhttp:  //books  .  google  .corül durchsuchen. 


s 


ZEITSCHRIFT 


FÜR  ¿^  f  ri  >J 


ROÏÏAIÎISCHE  PHILOLOGIE 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


Dr.  OüSTAT  GBOBEB, 

PROFESSOR   AN   DER   UNIVERSITÄT   STRASSBURG   i.  B. 


1898. 


XXn.  BAND. 


HALLE 

MAX   NIEMEYER. 

77/78  OILSTEIMSTRASSB. 

1898. 


INHALT. 

Seite 

W.  Meter -LÜBKE,  Wortgeschichtliches  (9. 7.  97) i 

F.  F&IEDERSDORFF,    Die   poetischen  Vergleiche    in  Petrarkas   Africa. 

Schlnfs  (21.  II.  96;  10. 3.  97) 9 

Geo&o  Hanf,  lieber  Guillaume  de  Machaut's  Voir  Dit  (io.  11.  97)  .    .  145 
Th.  Braune,   Neue  Beiträge  zur  Kenntnis  einiger  romanischer  Wörter 

deutscher  Herkunft  (Fortsetzung)  (4.  5.  96) 197 

W.  Rudow,  Neue  Belege  zu  rumänischen  Wörtern  nichttürkischer  Her- 
kunft (24.  I.  97) 217 

O.  DiTTRiCH,   Ueber  Wortzusammensetzung  auf  Grund  der  neufranzö- 
sischen Schriftsprache  (31.  i.,  26.4.98) 305.  441 

Pietro  Toldo,  Due  leggende  tragiche  ed  alcuni  riscontri  col  teatro  dello 

Schiller  (25.  i.  98) 331 

C.  Salvioni,  Appunti  etimologici  e  lessicali  (23.  3.  98) 465 

A.  Horning,  Zur  Wortgeschichte  (19.  3.  98) 481 

W.  Meter -LÜBKE,  Rumänisch  spre  (26.4.  98) 492 

Paolo  Savj-Lopez,  La  fortuna  del  Tansillo  in  Ispagna  (15.  i.  98)  .    .  497 

W.  FoERSTER,  Nachträge  zum  Inbelot-KxSsiXz  (5.  7«  98) 509 

—    Die  toskanische  Endung  —^no  der  3.  Plur.  Praes.  (5.  7.  98)  .     .  521 

TEXTE. 

H.  Andresen,   Eine  altfranzösische  Bearbeitung   der  Parabel  von  den 

drei  Freunden  (12.8.  97) 49 

Vittorio  Finzi,  Le  rime  di  un  ignoto  umanista  del  secolo  XV  (23. 11.  97)    360 
H.  More,  Das  liturgische  Drama  von  den  fünf  klugen  und  den  fünf  thö- 

richten  Jungfrauen  (Sponsus)  (24.  2.  98) 385 

VERMISCHTES. 

I.   Aus  Handschriften. 

£.  Braunholtz,  Fragment  einer  Aliscanshandschrift  (4. 8.  97) ...    .      91 
Bruno  Herlet,  Ein  provenzalisches  Fragment  auf  der  Kgl.  Bibliothek 

zu  Bamberg  (24. 10.  97) 249 

£.  Braunholtz,   Neues  Fragment  der  Cambridger  Aliscanshandschrift 

(17- "'97) 250 


IV 

Seite 
2.  Zur  Litteraturgeschichte. 

W.  FOB&STER,  Ein  neues  Artusdokument  (6.  2.  98) 243 

Ph.  Auo.  Becker,  Nachtrag  zu  Ztschr.  XXI,  73 — loi  (18.  i.  98) .    .    .    392 
W.  FoERSTER,  Ein  neues  Artusdokument  (15.  7.  98) 526 

3.  Zur  Exegese. 

Adolf  Toblsr,  Tandoret?  (2. 10.  97) 92 

Emil  Levy,  Zu  Sordel  ed.  de  Lollis  (30. 12.  97) 251 

4.  Zur  Grammatik. 

A.  Horning,   Die   afr.  i.singul.  auf  ois   in    den   heutigen   Mundarten 

(25. 9.  97) 95 

G.  KÖRTINO,  Die  starken  Perfekta  auf  -c  im  Altprovenzalischen  (20.  il.  97)  258 

J.  Ulrich,  Zum  Schicksal  des  freien  o  im  Französischen  (19.  2.  98) .    .401 

Paul  Marchot,  Feent  du  „Jonas"  (2.  i.  98) 402 

5.  Zur  Wortgeschichte. 

A.  Horning,  Empois  (25. 9.  97) 94 

H.  ScHUCHARDT,  Zu  Ztschr.  XXI,  454  (6.  II.  97) 95 

M.  GoLDSCHHiDT,  Zu  französischen  Wörtern  (24.  1 1 .  97) 259 

J.  Ulrich,  Afr.  astre,  aistre,  gemeinrom.  catastrum  (27.  7.  97) ....  261 

H.  Schuchardt,  Ven.  tur  Ion  „Kuppel  des  Kirchturms"  (8.  i.  98)     .     .  262 

W.  FöERSTER,  Französische  Etymologien  (1.2.  98) 263 

H.  Schuchardt,  l\s\.frog-ê\  astur,  cobo;  ital.  toccare  u.  s.  w.  (8.  2.  98); 

Bol.  cuslir  u.  s.  w. }  coc{h)Uartum  (18.  2.  98);  Ambulare  u.  s.  w. 

Zu  Ztschr.  XXII,  265  f.  (4.  5.  98) 393 

W.  FoERSTER,  Altfrz.  melide  (9.  7.  98) 529 

O.  ScHULTZ-GoRA,  Jeu  francois  (4.  7.  98) 529 

J.  SuBAK,  Südit.  tnand9sin9  etc.  „Schurze"  (30.  3.  98) 531 

H.  Schuchardt,  Rugidus  (2. 6.  98) 532 

BESPRECHUNGEN. 

A.  Restori,  Obras  de  Lope  de  Vega  —  publicadas  per  la  Real  Aca- 
demia Espafiola  Vol.  I — V  (1.3.97) 97.  273 

Emil  Levy,  Guarnerio,  Pietro  Guglielmo  di  Lusema  (22.6.97)    .    .     123 

Ph.  Auo.  Becker,  Les  Enfances  Vivien,  chanson  de  geste  publiée  par 
Cari  Wahlund  &  Hugo  von  Feilitzen,  précédée  d'une 
thèse  servant  d'introduction,  par  Alfred  Nordfelt  (22.9.  97)     125 

E.  Herzog,  Benno  Röttgers,  Die  altfranzösischen  Lautgesetze  in  Ta- 
bellen.    Zur  Ergänzung  der  altfranz.  Grammatik  (7. 10.  97)     .     131 
—  Joseph  Oesterreicher,  Beitrage  zur  Creschichte  der  jüdisch-fran- 
zösischen Sprache  und  Literatur  im  Mittelalter  (7. 10.  97) .     .     132 

Berthold  Wiese,    M.  Seh  arillo,   Alcuni   capitoli   della  biografia   di 

Dante  (7. 8.  97) 133 

Jules  Jeanjaquet,  Charles  Roussey,  Glossaire  du  Parler  de  Boumois; 
Charles   Roussey,   Contes   populaires   recueillis   à   Boumois 
,     .  (26.10,97) 403 


Seite 
H.  Sabs&skt,  Hecker»  Dr.  Oskar,  Die  Italienische  Umgangssprache  in 

systematischer  Anordnung  und  mit  Aussprachehilfen  (lo.  il.  97)    412 
Ph.  Aug.  Becker,   Ovide  Densnsiann,   La  Prise  de  Cordres  et  de 

Sebille,  chanson  de  geste  du  Xu«  siècle  (3. 1.  98)     ,     .    .     .    417 
G.  Gröber,  £.  Monaci,  Crestomazia  italiana  dei  primi  secoli  con  pro- 
spetti delle  flessioni  grammaticali  e   glossario,    fascicolo  se- 
condo (2.  8.  97) 427 

—  M.  Grammont,  La  dissimilation  dans  les  langues  indoeuropéennes 

et  dans  les  langues  romanes  (5. 11.  96) 428 

Johann  Urban  Jarník,  G.Weigand,  Dritter  und  vierter  Jahresbe- 
richt des  Instituts  für  rumänische  Sprache  (Rumänisches  Seminar) 

zu  Leipzig  (15. 1.  98) 429 

£.  LiDFORSS,  Ramón  Menéndez  Fidai,  La  Leyenda  de  los  Infantes  de 

Lara  (19.4.  98) 431 

—  A.  Bello -R.  J.  Cuervo,   Gramática   de   la  Lengua   Castellana 

{19. 4.  9«) 432 

J.  JEANJAQUET,  F.  Richanet,  Le  Patois  de  Petit-Noir,  canton  de  Chemin 

(Jura)  (2.  3.  98) 533 

EuoEN  Herzog,  LUschakoff,  Zur  Frage  von  den  nasalierten  Vokalen 

im  Altfranzösischen  (10. 3.  98) 536 

F.  SSTTEOAST,  L.  Cons  tans,  La  langue  du  roman  de  Troie  (14.  3.  98)    542 
Martin,  A.  van  Berk  um  De  middelnederlandsche  Bewerking  van  den 

Parthonopeus-Roman  en  bare  verhouding  tot  het  oudfiransche 

Origineel  (8.  3.  98) 543 

Alrsd  Schulze,  Carl  Wahl  und,  La  belle  Dame  sans  mercy  (23.4.  98)    544 

—  Aníbal  Echeverría  i  Reyes,    Sobre  lenguaje.    Disquisición 

bibliográfica  (23. 4.  98) 546 

Ph.  Aug.  Becexr,  S.Weiske,  Die  Quellen  des  altfiranzosischen  Prosa- 
romans von  Guillaume  d'Orange  (12.4.98) *    547 

J.  SUBAK,   Michele  De  Noto,  Appunti  di  fonetica  sul  dialetto  di  Ta- 
ranto (15.3.  98)      550 

W.  Rudow,   Alexandru  Philippide,    Gramática   elementara  a  limbil 

romtne  (8.  2.  98) 557 

A.  HoRNiNO,  A.  Thomas,  Essais  de  Philologie  Française  (23.6.  98)     .    560 
Berthold  Wiese,  Giornale  Storico  della  Letteratura  italiana.  Anno  XV, 
VoL  XXX,  fase.  i~2  (i.  11.  97);    3  (21.  i.  98).    Anno  XVI, 
Voi.  XXXI,  fase.  I  (18.  3.  98) 136.  295.  436 

G.  G.,   W.  Meyer -LÜBKE,   J.  Cornu,   Ph.  Aug.  Becker,   Romania 

No.  lOl,  Janvier  1897  (10.  5.  97);  No.  102,  Avril  1897;  No.  103, 
Juillet  1897  (3.  io.,  28.  12.  97;  22.  2.,  3.  3.  98);  No.  104, 
Octobre  1897  (4*  if  2^*4*  9^)*    No.  105,  Janvier  1898  (10.5., 

I.  5.  98) 141.  296.  438.  564 

O.  Schultz -Gora,  Zu  Romania  XXVI,  584  Anm.  i  (8.  i.  98)    .    .    .    301 
SCHULTZ-GoRA,  Revue  des  langues  romanes.  Tome  XXXV.  Janvier — 
décembre  1891.     Tome  XXXVI.   Janvier  —  décembre  1892. 
TomeXXXVn.  1893—94 433 


VI 

Seite 
M.  J.  MiNCKWiTZ,  Studies  and  Notes  in  Philology  and  Literature,  published 
under  the  Direction  of  the  Modem  Language  Departements  of 

Harvard  University  (i8.  6.  98) 562 

G.  G.,  Neue  Bücher 567 

AFLR9D  Schulze,  Zu  Roman.  Forschungen  X  580 — 582  (9.  8.  98)    .    .  571 

Berichtigungen 572 

Register 573 


Wortgeschichtliohes. 

Ngr.  'SQi  =  vulglat.  -gnu  =  kl.  lat  -artu? 

Zs.  XXI  300  Anm.  hat  P.  Marchot  mit  Berufung  auf  J.  Psichari 
aus  ngriech.  jtavéçi  ein  vuìgìsit  panenum  angesetzt.  Wäre  der  An- 
satz richtig,  so  hätten  die  Anhänger  der  -^rw-Theorie  damit  aller- 
dings eine  starke  Waffe  in  die  Hand  bekommen.  Allein  ist  er 
richtig?  1st  das  lateinische  Element  im  Mittel-  und  Neugriechischen 
ein  ziemlich  grofses,  so  ist  das  romanische  ein  noch  gröfseres,  wie 
man  sich  leicht  aus  G.  Meyers  Neugriechischen  Studien  III.  *Die 
lateinischen  Lehnworte  im  Neugriechischen*  und  IV.  *Die  romani- 
schen Lehnworte  im  Neugriechischen'  (1895)  überzeugen  kann. 
*Die  Trennung  beider,  besonders  auf  Grund  phonetischer  Kenn- 
zeichen, ist  nicht  schwierig'  (III  S.  4).  Daraus  folgt,  dafs,  wenn 
ein  neugriechisches  Wort  in  seiner  Lautform  zu  einem  romanischen, 
nicht  zu  einem  lateinischen  stimmt,  man  es  von  dem  ersten  ableiten 
wird,  falls  nicht  entscheidende  Gründe,  also  namentlich  Belege  in 
griechischen  Texten  aus  dem  ersten  Jahrtausend,  dagegen  sprechen. 
Wie  verhält  es  sich  nun  in  unserm  Falle?  Zunächst  sei  voraus- 
geschickt, dafs  -anu  in  einer  grofsen  Zahl  von  Wörtern  als  -açiç, 
'agi  erscheint:  jcocrácic,  xaXavráct  u.a.,  vgl.  G.Meyer  III  74, 
sodafs  ein  vereinzeltes  -éçL  schon  an  sich  auffällig  wäre.  Sodann 
findet  sich,  wie  J.  Psichari  an  der  von  P.  Marchot  angeführten  Stelle 
bemerkt,  agr.  jtavaQiov  aus  \sit, pananum.  Dafs  jtavéçL  eben  so 
alt  sei,  müfste  erst  erwiesen  werden,  und  ist  mit  Rücksicht  darauf, 
dafs  Du  Gange  keine  derartigen  alten  Belege  bringt,  wenig  wahr- 
scheinlich. Vollends  unwahrscheinlich  aber  wird  es,  wenn  wir  die 
bei  G.  Meyer  IV  68  beigebrachten  dialektischen  Formen  naviéçi, 
naviéça  berücksichtigen,  die,  da  ein  Wandel  von  e  zu  lb  nicht 
neugriechisch  ist,  ganz  klar  \iz\, paniere  wiedergeben;  wegen  -éçi^ 
-éça  neben  ital.  -üre  vgl.  ¡inavréça  aus  bandiera.  So  wird  man 
also  vorsichtigerweise  in  navéçi  ein  italienisches,  nicht  ein  latei- 
nisches Lehnwort  sehen. 

Bei  diesem  Anlafs  mögen  noch  zwei  weitere  Wörter  besprochen 
werden,  die  man  vielleicht  in  der  -ar/'«- Frage  verwerten  könnte. 
Das  eine  ist  ngr.  ^ig)Téçi  *  Sperber*.  G.  Meyer  führt  es  Ngr.  Stud. 
Ill  49  und  schon  Alb.  Wb.  226  auf  *accipitarius  zurück,  was  weder 
nötig  noch  durchaus  richtig  ist  Die  älteste  belegte  Form,  die  er 
giebt,   ist  o^vJiTBQOq  im  3.  Jahrb.,    dann  o^vjcréçiov  G.G.  L.  III 

Zdtschr.  L  rom.  Phil.  XXIL  1 


2  W.  MEYER- LÜBKK, 

257,  34,  dann  è^iÇ)Téçiv  u.  s.  w.  Wollte  man  ein  lat  *accipiiertus 
annehmen,  das  sich  zu  accipiier  verhält  wie  *vuliurius  (¡tal.  voltojo) 
zu  vuliur^  so  wäre  dagegen  vom  lateinischen  Standpunkte  aus  nichts 
zu  sagen,  vom  griechischen  aus  ist  aber  das  Geschlecht  aufíallig. 
Da  nun  o^vnxzQOç  als  älter  belegt  ist,  wird  man  vielmehr  in 
o^vjtréçiov  das  regelrechte  griechische  Diminutivum  sehen,  ge- 
bildet mit  dem  üblichen  Suffix  -tov,  heute  -¿,  womit  denn  auch 
das  Geschlecht  erklärt  ¡st.  'O^vjîtsqoç  ¡st,  wie  G.  Meyer  bemerkt, 
volksetymologisch  umgedeutet.  Es  mag  wenigstens  die  Frage  auf- 
geworfen werden,  ob  bei  einer  Aussprache  akktpiier  diese  Volks- 
etymologie möglich  gewesen  wäre,  ob  nicht  schon  akfipiter  zu 
Grunde  liege,  wodurch  Guárnenos  Untersuchungen  über  d¡e  Pala- 
tal¡s¡erung  von  lat.  ce  eine  schöne  Bestätigung  erführen. 

Das  andere  ist  dXh./ruer  aus  februarius^  oder  vielmehr  nicht 
dieses  Wort,  sondern  die  Bemerkung,  die  G.  Meyer  Grundrifs  I 
S.  807  Anm.  I  zu  §  8  macht.  Er  sagt  nämlich  *zu  fruer  vgl.  lat. 
janüerius\  Man  könnte  daraus  leicht  entnehmen,  fruer  fordere 
ein  lat.  */ebruertus  als  Grundlage.  Nun  würde  allerdings  -Crtus 
zu  -er  werden,  aber  dieses  -erius  steht  ganz  in  der  Luft,  da  Gröber 
Arch.  f.  lat.  Lex.  I  225  f.,  auf  den  sich  Meyer  beruft,  -çrius  ansetzt, 
was  alb.  -/'<?/-  geben  würde.  Allein  -Irius  ist  auch  ganz  unnötig, 
'âriu  wird  im  Albanesischen  lautgesetzHch  zu  -^r,  wie  die  in  §  8 
von  Meyer  angeführten  Beispiele  zeigen  und  wie  auch  aus  Alb. 
Stud.  Ill  ^2  §  124  *a  ist  durch  ein  ursprünglich  folgendes  /  zu  e 
umgelautet'  hervorgeht.  Von  den  gegen  -er  aus  -ariu  sprechenden 
Wörtern  erledigen  sich  kursar  'Räuber'  und  kalamar  'Tintenzeug' 
ohne  weiteres  als  späte  Entlehnungen  aus  dem  Italienischen,  arc 
geht  nicht  auf  area,  sondern,  wie  Meyer  im  Wb.  mit  Recht  lehrt, 
auf  arvum  zurück,  und  so  kann  das  e¡nz¡ge  binar  'ZwüHng'  neben 
k^lk'erç  *Kalk',  kçler  *  Keller',  Iter  *  Altar',  pulii  er  *  Ballen  des  Dau- 
mens' nicht  in  Betracht  kommen. 

It  al.  froge. 

Ruhige  Rede  und  Gegenrede  führt  am  ehesten  zur  Lösung 
dunkler  Probleme  oder  wenigstens  dahin,  die  verschiedenen  Er- 
klarungsmogl¡chke¡ten  so  scharf  gegen  e¡nander  abzugrenzen,  dafs 
der  versch¡edene  Grad  der  Wahrscheinlichke¡t  der  einzelnen  Lö- 
sungen deutlich  wird.  So  will  ich  denn  auch  nochmals  auf  ¡tal. 
froge  zurückkommen. 

Indem  ¡ch  d¡e  Deutung  aus  dem  Gallischen  abwies,  bemerkte 
ich  kurzweg,  der  Vokal  von  Yora,  frig  u.  s.  w.  sei  mit  dem  0  von 
hxoX,  fron  u.  s.  w.  nicht  vere¡nbar  (Zs.  XX  531),  glaubte,  ¡n  e¡ner 
Ze¡tschrift  fur  romanische  Philologie  die  Gründe  für  die  Unver- 
e¡nbarke¡t  n¡cht  anführen  zu  müssen,  da  s¡e  für  der  keltischen 
Lautlehre  Unkundige  ja  ohnehin  nicht  zu  beurteüen,  für  die  Kun- 
digen, wie  ich  meinte,  auf  der  Hand  liegend  waren.  Nun  schre¡bt 
Schuchardt  (Zs.  XXI  201)  *das  /  des  bretyVi*  und  der  kom¡schen 
Formen    (die    nicht   alle   zuverlässig   überHefert   zu    se¡n   sche¡nen) 


WORTGESCHICHTLICHES.  3 

wird  aus  dem  o  des  Stammes  in  Verbindung  mit  dem  Vokal  der 
Ableitmig  zu  erklären  sein,  wenn  man  es  nicht  vorzieht,  einen 
Wechsel  des  Stammvokals  selbst  anzunehmen,  vgl.  .  .  .  legos  :  akymr. 
'ly  *Bett*,  loga  :  akymr.  lo  *GrabV  Allein  gerade  hier  liegt  eben 
die  Schwierigkeit:  Schuchardt  hat  versäumt,  einen  Beweis  dafür  zu 
geben,  dafs  *  frogia  zm  fri  werden  könne.  *Infectae  o  correptae 
scriptìo  britannica  usi  tata  est  ^'  lehrt  die  Grammatica  celtica  S.  90 
und  belegt  diese  Lehre  mit  vielen  Beispielen.  Auch  D'Arbois  de 
Jubainville,  der  in  seinen  Etudes  Grammaticales  sur  les  langues  cel- 
tiques sich  speziell  mit  dem  Brettonischen  beschäftigt ,  bringt  S.  6 
fur  /'  aus  o  nur  zwei  Beispiele:  milin  aus  molinai  das  aber  seines 
ganz  verschiedenen  Baues  wegen  über  die  Behandlung  von  *frogia 
keinen  Aufschlufs  geben  kann,  und  histr  aus  oslrea^  ausirea^  das 
sich  eher  vergleichen  liefse,  dem  aber  darum  wieder  jede  Beweis- 
kraft abgeht,  weil  neben  histr  auch  hestr  als  brettonisch  und  nur 
hesir  als  komisch  vorkommt,  und  weil  die  normannischen  Mund- 
arten îlrç  kennen  (Ch.  Joret,  Mélanges  de  phonétique  normande 
S.  53),  das  I  also  von  daher  stammen  kann.  Auch  Loth,  der  die 
/'-Infektion  S.  100  seiner  Mots  latins  dans  les  langues  brittoniques 
bespricht,  weifs  nichts  von  einem  i  aus  o.  In  Stokes  Sprachschatz 
finden  sich  unter  anderm  körn,  keirch^  mbret.  querch  *  Hafer'  aus 
korkjo  (S.  91),  koTU.  cher/ii/t  ahxet.  corad  *  Reiher*  aus  korkjos  (eb.), 
kom.  hrennjat  *Schiffsvorderteir  aus  hronja  (186).  Und  was  für 
d—j  gilt,  gilt  auch  für  e—j.  Auch  hier  mag  die  Grammatica  Cel- 
tica angeführt  werden.  *Aremorica  dialectus  e  originariam  in  i  non 
mutât,  nisi  in  próxima  syllaba  sequitur  i  flexionis  .  .'.,  in  vetustio- 
ribus  tamen  libris  ne  haec  quidem  regula  anxie  observatur'  (S.  87). 
Also  auch  aus  "Sfregia  wäre  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  "^^fre  ent- 
standen. Doch  will  ich  nicht  verschweigen,  dafs  dem  ir.  teg  im 
Aremorischen  ti  entspricht,  so  dafs  möglicherweise  fri  auf  Sfregia 
zurückgehen  könnte. 

Noch  näher  aber  liegt  natürlich  die  Annahme,  das  i  in  fri 
sei  altes  1'.  Auch  dann  ist,  wenn  anders  das  Wort  ein  -g  verloren 
hat,  eine  Verknüpfung  mit  *f rogna  möglich,  ob  wir  nun  letzteres 
mit  Stokes  Sprachschatz  318  und  Foy  Idg.  Forsch.  VI  322  zu 
^yxœ  ziehen  oder  ob  wir  an  Zusammenhang  mit  çœd'œv  *  Nüstern  ' 
denken;  frigya  wäre  aus  sergyá  entstanden.  Sei  dem  wie  ihm 
wolle,  hier  ist  der  Punkt,  wo  ich  Schuchardt  nicht  mehr  zu  folgen 
vermag.  Es  giebt  ein  urkeltisches  srognä^  dessen  Existenz  auch 
im  Gallischen  vielleicht  durch  dSx,  frognier  (Schuchardt  Zs.  XXI 
203)  gesichert  ist;  es  hat  vielleicht  ein  urkeltisches  sregyä  oder 
srigyä  gegeben,  das  vielleicht  auch  im  Gallischen  vorhanden 
war,  und  diese  beiden  Wörter  wären  zu  frogya  verschmolzen. 
Nicht  die  Verschmelzung  zweier  Wörter  ist  es,  was  mir  Bedenken 
macht.  Schuchardt  sagt  allerdings,  ich  behandle  sie  'gar  zu  sehr 
als  Nebensache'  und  hätte  ihr,  abgesehen  von  gelegentlichen  Be- 
merkungen, in  der  rom.  Gramm.  I  §  589  nur  ein  Dutzend  Zeilen 
gewidmet    Allein  damit  tut  er  mir  Unrecht.    Ich  habe  zu  Eingang 


4  W.  MEYER -LÜBKB, 

des  zitierten  Paragraphen  ausdrücklich  bemerkt,  dafs  ich  nur  einen 
bestimmten  Fall  der  Mischung  besprechen  wolle,  ich  habe  zu  An- 
fang des  Abschnittes  (§  570)  ausdrücklich  noch  auf  das  Sachver- 
zeichnis hingewiesen,  wo  weitere  Beispiele  stehen,  ich  habe  dann 
II  S.  405  und  ebenfalls  im  Sachverzeichnis  des  zweiten  Bandes 
wieder  davon  gesprochen.  Also  nicht  das  £rklâtungsprinzip,  auch 
nicht  dessen  sehr  ausgiebige  Anwendung  ist  es,  weshalb  ich  glaubte 
und  noch  glaube  Schuchardts  Deutung  ablehnen  zu  müssen,  son- 
dern der  Umstand,  dafs  von  den  zwei  verschmolzenen  Wörtern 
nur  das  eine  einigermafsen  sicher  ¡st,  wogegen  die  Form  und  das 
Vorkommen  des  andern  mancherlei  Zweifeln  unterliegt.  Vielleicht 
hat  fri  sein  f  erst  \on  froen  bekommen;  ist  das  -c  der  altkornischen 
Form  unzuverlässig,  so  ist  es  wohl  möglich,  dafs  die  zwei  Wörter 
ursprünglich  nur  das  r  gemeinsam  hatten.  Nicht  unerwähnt  will 
ich  lassen,  dafs  weder  Stokes  noch  Foy,  die  heiá^  froen  bes]}rechen, 
fri  anfahren,  auch  sie  schtûnen  also  einen  Zusammenhang  mit 
froeriy  wie  ihn  Schuchardt  andeutet,  nicht  vertreten  zu  wollen. 

Was  nun  das  romanische  Wort  betrifft,  so  ist  natürlich  zuzu- 
geben, dafs  die  geographische  Verbreitung  zwar  zu  Ungunsten 
gallischer  Herkunft  spricht,  aber  allein  nicht  genügte,  um  sie  als 
unmöglich  hinzustellen.  Wie  steht  es  aber  mit  den  Lauten?  Nach 
\.o^,  saggio^  correggia^  faggio,  slòtuzzA  fa¿¿c  müfste  man  aus  *frogia 
io^k.  f roggia,  Flux. f rogge,  abvuzz. fro¿¿c  erwarten,  während  man 
doch  thatsächlich  iosk, frogia^  froge,  hbiMzz, froèç  hat,  d.h.  den- 
jenigen Laut,  jder  sonst  aus  si  entsteht:  tosk.  ciliegia,  camigia  u. s.w., 
abruzz.  i^eraiç  u.  s.  w.  Könnte  nun  aber  nicht  etwa  ein  nord- 
italienisches ¿a  aus  gja  im  Toskanischen  in  -¿a  umgesetzt  worden 
sein,  wie  frz.  aise,  Paris,  Louis  zu  agio^  Parigi,  Luigi  geworden  sind? 
Dagegen  spricht  zunächst  frisone,  frusone  aus  frisione^  in  welchem 
norditalienisches  s  (aus  z)  auch  im  Toskanischen  als  s  erscheint,  dann 
palesare,  wenn  anders  ich  es  Rom.  Gramm.  II  S.  400  mit  Recht  als 
Lehnwort  gedeutet  habe.^  Vielleicht  aber  ist  atosk.  Vinegia  und 
tosk.  segugio  beweisender.  Jenes  nämlich  ¡st  ja  vermöge  seiner 
Bedeutung  verdachtig,  da  ja  natürlich  die  Toskaner  den  Stadt- 
namen von  den  Venezianern  gehört  haben  können.  Allein  einmal 
bewiese  das  Wort  nur  für  das  nichtkeltische  Oberitalienische  und 
dann  bleibt  immer  noch  die  Frage,  weshalb,  wenn  aven.  Veniesia 
(so  lautet  die  Form,  s.  Cron.  Imp.  Ò5  a)  toskanisiert  wurde,  der  den 
Toskanem  mundgerechte  Diphthong  ie  nicht  geblieben  sei.  Also 
es  bleibt  hier  ein  Problem  zu  lösen,  und  damit  verliert  das  Wort 
jede  Beweiskraft  für  unsern  Fall.  Bei  stgugio  ist  das  anlautende  e 
auffällig,  allein  da  das  Wort  im  Norden  saus  lautet  (Cherubini  für 
Mailand  und  Mantua,  Tiraboschi  für  Bergamo,  Gambini  für  Pavia 
u.  s.  w.),  so  ist  die  Annahme  von  Entlehnung  ausgeschlossen,  wird 
man  vielmehr  an  Einflufs  von  segu-ire  zu  denken  haben.    So  lange 


*  Genauer  Lanciano  nach  Finamore  Voc.  Abruzz.  2.»  ed. 

*  Alttoskanisch  kommt  paleggiare  vor  r.  B.  Fatti  di  Cesare  S.  19. 


WORTGESCHICHTLICHES.  5 

also  nicht  an  einem  wirklich  belegten  Worte  die  Umsetzung  von 
nordital.  s  zu  tosk.  ¿  nachgewiesen  ist,  kann  auch  auf  diese  Weise 
die  Schuchardtsche  Etymologie  nicht  gerettet  werden. 

Nun  giebt  es  für  Wortgeschichte,  namentlich  Wortentlehnungen 
freilich  noch  eine  Instanz,  die  in  Streitfragen  angerufen  werden 
kann:  die  Geschichte  oder  meinetwegen  die  Kulturgeschichte. 
Schuchardt  hat  denn  auch  nicht  versäumt  zu  sagen:  'Da  es  sich 
hier  um  einen  hippologischen  Ausdruck  zu  handeln  scheint  {froge 
bedeutet  insbesondere  den  behaarten  oberen  Teil  der  Nüstern), 
konnte  ein  solcher  nicht  schon  früh  von  den  so  pferdekundigen 
Galliern  entlehnt  worden  sein,  so  gut  wie  vermutlich  caballus 
selber?' 

Nicht  einmal  in  dieser  hypothetischen  Form  möchte  ich  dem 
Satze  zustimmen.  Weder  die  Notizen  der  Alten  noch  die  Gestalt 
des  Wortes  geben  irgend  einen  Anhalt  für  die  Annahme,  dafs 
caballus  ein  gallisches  Lehnwort  sei.  Gehört  es  mit  *mandium  (ital. 
manzo)  zusanmien,  so  würden  wir  zu  den  Illyrern  oder  den  Venetern 
geführt  und  auch  die  Veneter  waren  'pferdekundig*,  wie  an  den 
bei  Nissen,  Italische  Landeskunde  I  491  beigebrachten  Stellen  aus- 
drücklich gesagt  ist. i  Passender  wäre  ein  Hinweis  auf  mannus  ge- 
wesen, das  thatsächlich  eine  Art  gallischer  Pferde  bezeichnet  Aus 
esseduTiit  carpentum,  carrus^  carruca,  petorrilum,  reda-  folgt  wohl  für 
die  Wagenbaukunst,  nicht  für  die  Pferdezucht  etwas,  und  veredas 
nebst  para-veredus  ist  doch  eben  auch  ein  Wagenpferd,  wenn 
anders  die  mittelalterliche  (s.  Du  Gange)  und  die  heutige  (Stokes 
Sprachschatz  229,  281)  Verknüpfung  mit  reda  das  Richtige  trifft. 
Ver  tragus,  segusi'us,  *galltcus  (span,  galgo)  deuten  auf  gallische 
Hundezucht,  vielleicht  auch  auf  die  Jagd,  wozu  dann  matara  und 
schliefslich  veredus  'Jagdpferd'  passen  würde.  Während  nun  aber 
die  meisten  dieser  im  Lateinischen  überlieferten  Wörter  im  Roma- 
nischen leben,  ¡st  die  einzige  sicher  keltische  Pferdebenennung, 
mannus,  jedenfalls  dem  Volkslatein  Italiens  ganz  fremd,  auch  wenn 
sie  sich  in  span,  mañera  u.  s.  w.  erhalten  haben  sollte,  wie  Baist 
Zs.  XIV  183  meint  So  ist  also  auch  von  dieser  Seite  gallischer 
Ursprung  von  froge  nicht  wahrscheinlich  gemacht 

Leider  vermag  ich  heute  noch  weniger  als  vor  einem  Jahre 
etwas  Positives  über  die  Herkunft  von  froge  zu  sagen.  Zunächst 
möchte  ich  es  dem  Sizilianischen  absprechen,  wie  schon  Schuchardt 
S.  199  gethan  hat  Die  Crusca  sagt  allerdings,  uz.  forgia  bedeute 
•foce*,  aber  Traina  erklärt  'luogo  profondo  dove  V  acqua  che  corre 
trova  ostacolo  e  vi  rigira  per  trovar  esito*,  so  dafs  es  wohl  sicher 
identisch  ist  mit  forgia  Muogo  dove  i  fabbri  bollono  il  ferro*.  Für 
das  Neapolitanische  giebt  D'Ambra  forgia.  Steht  das,  wie  Schuchardt 
sagt,  für  froscia,  so  entstehen  neue  Schwierigkeiten ,  da  dem  tosk. 


^  lieber  die  Möglichkeit  vonndogermanischeD  Ursprungs  des  Wortes 
spricht  J.  Schmidt»  Kritik  der  Sonantentheorie  S.  139  Anni,  i,  doch  kommt 
(Us  for  unsere  Frage  zücht  in  Betracht 


6  W.  MEYER -LÜBKB, 

frogia^  ahruzz, /roëç  im  Neapolitanischen  /rosa  entsprechen  würde. 
Jedenfalls  ist  an  einen  Zusammenhang  mit  /aux  ganz  und  gar 
nicht  zu  denken,  die  Bedeutungen  passen  schwer,  wie  Schuchardt 
hervorhebt,  der  Konsonant  pafst  nicht  und  auch  der  Vokal  pafst 
nicht,  da  /aux  zu  den  Wörtern  gehört,  die  vulglat.  p^  nicht  au 
hatten. 

ululare. 

Während  durch  Dichterstellen  wie  nocturnos  ululasse  canes  um- 
hrasqtu  silentum  Ovid  Met  15,  7Q7  die  Kürze  des  ersten  u  in  ululare 
gesichert  ist,  verlangen  eng.  ücrler  (vgl.  mücrs  aus  muros  und  Arch. 
Glott  1  1 87),  ital.  urlare,  frz.  hurler,  prov.,  kat.  udolar  geschlossenes 
«,  nur  obw.  urlar  scheint  den  lateinischen  Vokal  korrekt  wieder- 
zugeben, und  so  hat  denn  auch  schon  Gröber  ürulare  angesetzt 
Arch.  lat.  Lex.  VI  118.  Sehen  wir  zunächst  von  dem  r  ab,  bleiben 
wir  bei  ululare,  so  wird  man  nicht  nur  erklären  müssen,  weshalb  ü 
oder  (/  (was  Gröbers  Notierung  auch  heifst,  s.  Arch.  lat.  Lex.  Vili  451) 
an  Stelle  von  û  getreten  sei,  sondern  auch,  wie  es  komme,  dafs 
dieses  t^  zv/ar  noch  das  £ngadin,  nicht  aber  das  Rheinthal  erreicht 
habe.  Dafs  an  Einñufs  des  deutschen  heulen^  allem,  hülen  nicht 
zu  denken  ist,  ergiebt  sich  sofort  daraus,  dafs  das  Wort  im  Alt- 
hochdeutschen hiwilon  heifst,  sich  also  weit  entfernt  von  ululare. 

Die  Lösung  des  Rätsels  ist,  glaube  ich,  auf  folgendem  Wege 
zu  finden.  Eine  Dehnung  von  ululare  zu  Ululare  ist  an  sich  wenig 
wahrscheinlich  und  kaum  zu  rechtfertigen,  und  da  wir  ohnehin 
vom  Romanischen  aus  nur  bis  zu  t^lulare  gelangen,  ist  dieses  zum 
Ausgangspunkt  zu  wählen,  also  der  Uebergang  von  û  zu  y.  zu 
deuten.  Bedenkt  man,  dafs  ululare  ein  schallnachahmendes  Wort 
ist,  das  den  tiefsten  Vokal  enthalten  mufs,  wenn  anders  die  Schall- 
nachahmung ausgedruckt  bleiben  soll,  so  versteht  man,  dafs  sein  û 
den  Wandel  zu  y,  0,  dem  es  vermöge  seiner  Dauer  hätte  unter- 
liegen müssen,  nicht  mit  machte,  vielmehr  als  y  blieb,  so  dafs  wir 
also  neben  cuius,  gula  als  drittes  ululai  anzusetzen  haben.  Be- 
stätigt wird  diese  Auffassung  durch  obw.  urlar.  Da  nämlich  lat.  y 
zu  obw.  /  wird,  hätte  aus  Rulare  über  urlar  hier  triar  entstehen 
müssen,  wiederum  aber  trat  an  Stelle  des  i  der  der  Bedeutung 
des  Wortes  besser  angepafste  tiefste  Vokal  u  ein.  Es  verhält  sich 
also  obw.  urlar  zu  dem  nach  Mafsgabe  von  eng.  uçrler  zu  erwar- 
tenden *ïrlar  genau  so  wie  vulglat  *  piular  e  zu  dem  nach  Mafsgabe 
von  lat  ululare  zu  erwartenden  piulare.  Nicht  zu  erklären  vermag 
ich  mantuanisch  lodolar,  das  Caix  Studi  di  etim.  nr.  649  anfuhrt, 
gestehe  übrigens,  dafs  ich  dem  Worte  nicht  recht  traue,  da  es 
weder  Cherubini  Voc.  Mantovano -italiano  noch  Biondelli  kennen, 
letzterer  vielmehr  lüdld  aus  Piacenza  anführt. 

Die  Vertreter  von  lat  ululare  geben  auch  sonst  zu  mancherlei 
Erwägungen  Anlafs.  Gleich  die  zwei  letztgenannten  sind  wegen 
ihres  anlautenden  A  merkwürdig.  Ihnen  gesellt  sich  ludulá  (l.  lüdüld) 
bei,   das  Monti  Voc.  Comasco  aus  dem  Bleniothale  beibringt,  und 


\ 


WORTGESCHICHTLICHES.  7 

das  Cherubini  auch  als  mailändisch  verzeichnet,  das  ich  aber  sonst 
nicht  nachzuweisen  vermag.  In  dem  anlautenden  /  glaubt  Caix 
den  Artikel  sehen  zu  dürfen,  doch  wäre  dies  kaum  anders  als 
durch  Vermittlung  eines  Nomens  möglich  und  auch  da  wenig 
wahrscheinlich.  Ich  habe  Caix  folgend  allerdings  in  den  /  von 
piac.  ¡eimp  'füllen',  mod.,  regg.  lanser^  mirand.  ¡ansar  'ansiare'  eben- 
falls den  Artikel  gesehen,  Ital.  Gramm.  §  194,  wogegen  Mussafìa, 
der  zuerst  auf  die  Formen  aufmerksam  gemacht  hat,  Beitr.  z.  Kunde 
nòrditaL  Mundart  69,  vorsichtiger  nur  von  vorgeschlagenem  /  spricht. 
Eine  entscheidende  Erklärung  möchte  ich  jetzt  nicht  geben,  da  die 
Geschichte  der  /-Prothese  nur  in  weitem  Zusammenhange  dargestellt 
werden  kann;  aber  das  ist  wohl  mit  Sicherheit  zu  sagen,  dafs,  wo 
ein  verbindendes  Substantivum,  das  dem  Verbum  zu  Grunde  liegt, 
fehlt,  /  nicht  Artikel  sein  kann.  Und  das  trifft  für  unser  Beispiel 
zu.  Es  bieten  sich  nun  zwei  andere  Wege  zur  Erklänmg.  Monti, 
Voc.  Com.  kennt  auch  lüzürá^  das  sich  deutlich  als  Verschränkung 
von  einem  dem  tosk.  luccicare  entsprechenden  Verbum  und  lüdürá 
zu  erkennen  giebt,  und  so  könnte  auch  in  lüdürá  das  /-  von  Iticci- 
care  stehen.  Noch  wahrscheinlicher  aber  scheint  mir,  dafs  /«¿iz, 
lütd  'wehklagen'  aus  lue  ta  re,  das  in  Norditalien  weit  verbreitet  ist, 
sein  /  an  üdüld  abgegeben  hat. 

Mit  Bezug  auf  den  Stammkonsonanten  zerfallen  die  romanischen 
Formen  in  zwei  Gruppen,  deren  eine  / — /  zu  r — /,  die  andere  zu 
d — /  dissimiliert  Für  sich  stehen  span,  aullar,  portg.  uivar.  Ge- 
hören sie  wirklich  zu  ululare,  wie  es  für  uivar  von  Diez  und  fast  allen 
folgenden,  für  aullar  von  Gröber  (Arch,  lat  Lex.  III  141)  ange- 
nommen wird?  Wie  uivar  aus  ululare  entstehen  soll,  ist  mir  nicht 
klar,  da  der  für  das  v  von  Diez  gegebene  Hinweis  auf  couve  aus 
caulis  natürlich  nicht  stimmt,  und  auch  Coelho  scheint  es  nicht 
zu  verstehen,  wenigstens  giebt  er  in  seinem  Diccionario  etymologico 
da  lingua  portugueza  keine  Deutung  des  portugiesischen  Wortes. 
Setzen  wir  voraus,  dafs  uivar  aus  uviar  entstanden  sei,  so  würde 
bis  auf  den  Anlaut  jubilare  genügen,  aber  j  vor  u  fallt  nicht  und 
die  Bedeutung  pafst  auch  nicht.  Ist  aber  uivar  aus  iuvar  ent- 
standen, so  kommt  man  mit  ejulare  durch.  Da  nämlich  j  nach 
betonter  und  halbbetonter  Silbe  zu  /*  wird  oder  fallt  (Rom.  Gramm. 
I  S.  431),  so  mufs  éjulat  zu  eiuva^  ejulare  zu  eiuar,  iuar  werden, 
woraus  weiter  iuva  wie  couve  aus  '*^coue.  Eine  Möglichkeit,  uivar 
mit  ululare  zu  verbinden,  sehe  ich  nicht.  Span,  aullar  hat  Diez  zu 
ejulare  gestellt  und  sich  auf  aiular  bei  Berceo  Duelo  de  la  Virgen  20 
berufen,  wogegen  Gröber  an  u  aus  lat  u  und  //  aus  lat  /  Anstofs 
nimmt  Ich  möchte  mich  allerdings  auch  nicht  auf  jenes  aiular 
verlassen,  da  es  vielleicht  verlesen  oder  verschrieben,  vielleicht  Lati- 
nismus ist,  und,  selbst  wenn  /  als  //  zu  fassen  wäre,  doch  eben 
kein  Weg  von  aspan.  *qyullar  zu  nspan.  aullar  fuhrt  Das  u  aus 
lat  Û  liefse  sich  ja  rechtfertigen  mit  Hinweis  auf  rom.  ií  aus  lat  û 
in  ululare.  Dürfte  man  annehmen,  dafs  ejtilat  statt  éjulat  betont 
worden  sei  und  dafs  die  Tonverschiebung  wie  im  Italienischen  in 


8  W.  MEYER -LÜBKB,  WORTGESCHICHTUCHES. 

solchen  Fällen  Konsonantendehnung  hervorgerufen  habe,  so  wäre 
auch  //  erklärt,  es  wurde  sich  *ejállat  zu  éjulat  verhalten  wie  ital. 
farabutto  zu  span. /ardute.  Allein  für  das  Spanische  fehlt  es  an 
Beispielen  für  eine  solche  Konsonantendehnung  und  aufserdem 
mûfstc  dann  das  lateinische  Wort  in  Spanien  anders  betont  sein 
als  in  Portugal.  Nun  läfst  sich  freilich  nicht  leugnen,  dafs  das 
Spanische  auch  sonst  //  an  Stelle  von  lat.  /  zeigt  Zwar  auf  caüar 
darf  man  sich  nicht  berufen.  Allerdings  glaube  ich  nicht,  dafs 
Baists  Deutung  aus  caliere  (Rom.  Forsch.  VI)  das  Richtige  treffe, 
vielmehr  ist  sie  von  Seite  der  Bedeutung  wie  der  Form  viel  un- 
annehmbarer als  die  Diezsche.  Aber  calare  ist  von  Haus  aus  ein 
griechisches,  nicht  ein  lateinisches  Verbum  und  griech.  X  ist  öfter 
durch  lat  //wiedergegeben  worden,  s.  Havet,  Arch,  lat  Lex.  IX  135, 
so  dafs  sich  ^callare  zu  calare  etwa  verhielte  wie  mur  tilla  (ital.  mor- 
iella)  zu  my r tilla.  Aber  hollin  aus  /uligine  und  pella  aus  pila"^  Nur 
ist  damit  nichts  gewonnen,  da  ein  dunkler  Fall  durch  Hinweis  auf 
zwei  andere  dunkle  nicht  heller  wird.  So  scheint  mir  denn  am 
annehmbarsten,  dafs  ululare  zu  ullare  zusammengezogen  worden 
und  dafs  das  a  entweder  einer  Verschränkung  mit  *ajulare  aus 
ejulare  zu  verdanken  oder  ganz  einfach  das  spanische  Präfix  a  sei. 
Das  historische  Verhältnis  der  drei  romanischen  Typen  ^  wäre  dann 

1.  piulare  zu  filare',  span,  aullar 

2.  lílulare  zu  ^r(u)lare:  rum,  urla,  eng.  ücr  1er,  itál,  urlare,  ñz,  hurler 

3.  piulare  oder  \irulare  zu  Rulare:  nordital.  üdolá,  prov.  üdulá. 

Ob  die  (/-Form  direkt  aus  der  /-Form  entstanden  ist  oder  auf  der 
r-Form  beruht,  ist  schwer  zu  sagen.  Für  die  letztere  Annahme 
mag  die  Erwägung  sprechen,  dafs  die  Dissimilation  zu  adulare 
jünger  sein  mufs  als  der  Wandel  von  d  zu  Ô,  woraus  z  im  Pro- 
venzalischen,  da  sonst  dieses  d  auch  zu  z  geworden  wäre,  vgl. 
*prurere  über  ^prudere  zu  pxov,  pruzer,  dafs  andrerseits  die  Ueber- 
einstimmung  zwischen  dem  Süden  und  Norden  in  der  Form  urlare 
es  wahrscheinlich  macht,  dafs  noch  in  römischer  Zeit  *urulare  ent- 
standen sei,  das  einst  von  Süditalien  bis  Nordgallien  herrschte. 
Erst  in  einer  viel  späteren  Periode  ist  dann  in  Norditalien  und 
Südfrankreich,  aber  auch  wieder  wie  es  scheint  auf  geographisch 
zusammenhängendem  Gebiete  *^dulare  entstanden,  das  nun  wohl 
eher  auf  *^rulare  als  auf  ydulare  zurückweist  Dieses  ^ydulare  mufs 
in  Südfrankreich  älter  sein  als  der  Schwund  des  Vortonvokals, 
denn  *\irulare  wäre  zu  urlar  geworden  wie  parawláre  zu  parlar, 
wogegen  udolär  eben  so  blieb  wie  rodolar  u.  a. 


^  Dafs  ulularmntei  Bonvesin  A  269  Latínismus  ist,  bedarf  keiner  beson- 
deren Betonung. 

W.  Meyer -LüBKE. 


Die  poetischen  Yergleiche  in  Fetrarkas  Africa. 

(Schlufs;   s.  Zeitschr.  XXI,  58.) 

In  das  eigne  Leben  Petrarkas  und  in  seine  ländlichen  Lieb- 
habereien scheinen  uns  einige  Gleichnisse  zu  versetzen ,  die  dem 
Leben  der  Vögel  und  der  Bienen  entnommen  sind.  Der  sinnigen 
Art  des  Dichters  scheint  es  zu  entsprechen,  dafs  er  den  gefiederten 
Sängern  lauschte,  ihre  Klagen  aus  ihren  Liedern  vernahm,  an  ihren 
Sorgen  und  Gefahren  Anteil  nahm.  Meist  sind  es  kleine  Vögel, 
ihre  Hûlflosigkeit  und  die  ihnen  von  Menschen  und  Tieren  dro- 
henden Gefahren,  die  offenbar  sein  Mitleid  erregen  und  ihn  be- 
stimmen, das  gleiche  Gefühl  bei  seinen  Lesern  anzurufen.     Africa 

VII,  15—19: 

volucrís  velut  anxia,  nido 
Fabula  dum  cumulet,  memori  torquetur  amore 
Assiduoque  frémit  studio  et  suspenditur  alis, 
Quum  tarnen  iQterea  generis  spem  forte  malìgnus 
Abstulerit  natos  atque  incunabula  pastor. 

Hannibal  entwirft  in  seinem  Geiste  Pläne  zu  Gunsten  seines  Bru- 
ders Mago,  ohne  dessen  Tod  zu  ahnen,  wie  der  Vogel  für  seine 
im  Neste  zurückgebliebenen  Jungen  Futter  sucht,  während  jene 
vielleicht  inzwischen  umkommen.  Aehnlich  sagt  Achilleus,  Ilias 
IX,  323  ff.,  dafs  er  sich  für  die  Achäer  bemüht  habe,  wie  ein  Vogel, 
der  es  sich  sauer  werden  läfst,  für  die  Seinen  Futter  zu  suchen. 
Aber  von  dem  homerischen  Gleichnisse  unterscheidet  sich  Petrarka 
dadurch,  dafs  es  Gedanken  und  Empfindungen  sind,  die  er  in 
Vergleichung  setzt,  und  dafs  er  ihnen  durch  die  ganze  Ausführung 
des  Bildes  (in  anxia,  memori  torquetur  amore,  frémit  studio^  malìgnus 
pastor)  etwas  Lyrisch-Sentimentales  giebt  und  offenbar  bei  anderen 
sentimentale  Empfindungen  wecken  will.  Dieser  Zug  ist  durchaus 
modern,  ein  modemer  Dichter  und  nicht  zum  wenigsten  eine  Dich- 
terin könnte  ebenso  verfahren. 

Dasselbe  gilt  in  noch  höherem  Grade  von  Africa  VIII,  409 — 41 1: 
Anua  sic  volucris  tentantem  prendere  nidos 
Pastorem  aspiciens  trepidis  se  verberat  alis, 
Multa  querens,  truncoque  pavens  suspenditur  alto. 

Die  belagerten  Karthager,  und  besonders  die  Mütter,  sehen  den 
angreifenden  Scipio  nahen,  wie  der  Vogel  den  Hirten,  welcher 
sein  Nest   rauben   will.     Man   fühlt   sich   unwillkürlich   an  das  be- 


IO  F.  FRIEDSRSDORFF, 

kannte  Kinderüed  erinnert:  „Knabe,  ich  bitte  dich  so  sehr  ich 
kann,  rühre  mein  kleines  Nest  nicht  an."  (Eine  ähnliche  Situation, 
aber  weniger  sentimental,  behandelt  Thebais  X,  450 — 456,  vgl. 
Georg.  IV,  5 1 1  ff.) 

Eine  Steigerung  im  Vergleich  zu  beiden  eben  angeführten 
Beispielen  bietet  Africa  Vili,  677 — 681:* 

.     .     .     condensis  volucrís  ceu  vepríbus  haerens 
Acrìpitrem  super  astantem  videt  anxia  nec  se 
Ausa  movere  loco,  patiturlaqueumque  manumque 
Aucupis:  impendens  tanti  est  differre  periclum! 

Die  verzweifelten  Punier  willigen  in  alle  Forderungen  Scipios,  um 
der  Fortsetzung  des  Kampfes  auszuweichen,  wie  ein  Vogel,  wenn 
er  den  Habicht  über  sich  erblickt,  sich  vom  Vogelfanger  greifen 
läfst,  um  der  schlimmeren  Gefahr  zu  entkommen.  So  häufig  von 
Homer  ab  auch  das  Bild  sich  findet,  dafs  ein  Schwacher,  der  vor 
einem  Stärkeren  flieht,  mit  einem  wehrlosen  Vogel  verglichen  wird, 
der  vor  einem  Raubvogel  flieht,  und  wenn  auch  O  vid  Metam.  XI,  73 
Vögel  vorkommen,  die  in  der  Schlinge  sitzen,  so  scheint  doch 
die  Kombination  dieser  Situationen  Petrarkas  eigene  Erfindung 
oder  auf  seiner  eigenen  Beobachtung  zu  beruhen. 

Wenn  sich  hier  mit  dem  Empfinden  des  Lyrikers  Naturbeob- 
achtung zu  verbinden  scheint,  so  dürften  wir  dasselbe  auch  bei 
den  Vergleichen  aus  dem  Leben  der  Bienen  zu  finden  hoffen. 
Wir  dürften  annehmen,  dafs  Petrarka  die  Bienen  und  ihre  Lebens- 
weise mit  Fleifs  beobachtet  habe,  sei  es  am  eigenen  Bienenstocke, 
sei  es  an  denen  seiner  Nachbarn,  für  welche  ja  damals  Honig  zu 
gewinnen  weit  wichtiger  war  als  heute.  Und  in  der  That  widmet 
der  Sänger  der  Africa  den  Bienen  vier  gröfsere  Vergleiche,  die 
Aeneis  deren  drei,  die  llias  einen.  Aber  Virgil  widmet  aufserdera 
den  Bienen  ein  ganzes  Buch  seiner  Geórgica.  Und  an  dieses 
eben  lehnt  Petrarka,  den  wir  sonst  in  den  Vergleichen  als  recht 
selbständig  erfunden  haben,  sich  an.  Diese  Thatsache  mufs  um 
so  mehr  auffallen,  als  es  für  Petrarka  geradezu  unvermeidlich  war, 
bei  seinem  lange  dauernden  Leben  auf  dem  Lande  ähnliche  Beob- 
achtungen in  Betreff  der  Bienen  wie  Virgil  zu  machen  ;  er  war  auf 
keinen  Fall  in  der  Lage,  wegen  mangelnder  Sachkenntnis  bei  einer 
wissenschaftlichen  Autorität  Belehrung  zu  suchen.  Wenn  er  es 
dennoch  that,  so  mag  ihn  der  Wunsch  geleitet  haben,  in  den  er- 
forderlichen technischen  Ausdrücken  nicht  fehl  zu  greifen  und  seine 
eigene  Erfahrung  durch  eine  anerkannte  Quelle  der  Gelehrsamkeit 
zu  vervollständigen.  Dafs  er  auch  in  anderen  Fällen,  wo  eigene 
Beobachtung  ihm  hätte  zu  Gebote  stehen  können,  sich  an  Autori- 
täten auf  diesen  Gebieten  anzulehnen  sucht,  läfst  sich  noch  einige 
Male  beobachten. 

Africa  III,  668  ff  Die  Römer  in  ihrer  Liebe  und  Verehrung 
für  ihren  König  (rex)  werden  mit  den  Bienen  in  ihrer  Aufopferung 
für  die  Bienenkönigin  (rex)  verglichen. 


DIE  POEnSCHBN  VERGLEICHS  IN  PETRARKAS  AFRICA.  1 1 

Haud  ita  regem 
Mellificae  venerantur  apes,  fucosque  nocentes 
Atqae  leves  culices  arcere  a  finibus  ansae, 
Quae  dominum  mellis  trepidum  saepe  atque  paventem 
Excludunt  prohibentque  aditu,  pecudesque  canesque 
ConfodiuDt;  omnes  regem  tarnen  intus  inermem 
Eziguumque  timent,  ülum  admirantur,  et  ilium 
Militiaeque  domique  colunt,  et  regia  semper 
Atria  circumstant,  humerisque  in  nudila  tollunt. 

Damit  vergleiche  Georg.  IV,  210  ff. 

Praeterea  regem  non  sic  Aegyptos  et  ingens 
Lydia observant. 


lile  operum  custos,  illum  admirantur  et  omnes 
Circumstant  fremitu  denso  stipantque  fréquentes. 
Et  saepe  attollunt  humeris  et  corpora  bello 
Obiectant  pulchramque  petunt  per  vulnera  mortem. 

Femer  Georg.  IV,  165  ff. 

Sunt  quibus  ad  portas  ceddit  custodia  sorti, 

agmine  facto 

Ignavum  fucos  pecus  a  praesepibus  arcent. 

Ebenso  Africa  VIII,  238.     Die  ermüdeten  Römer  lagern  sich  nach 
der  Schlacht  um  ihren  Führer,  wie  die  Bienen  um  ihren  König. 

Sic  ubi  tristis  apes  cáelo  commisit  aperto 
Impetus  et  magnae  caedis  pluit  aether  acervos^ 
Pars  victrix  repetit  sedes  procul  hoste  remoto. 
Et  circa  regem  coeunt  ac  murmure  plaudunt; 
Postremum  irriguo  dant  corpora  lassa  sopori 
Atque  omnes  pariterque  silent  pariterque  quiescunt. 

Dazu  vgl.  Georg.  IV,  67  ff. 

Sin  autem  ad  pugnam  exierint  —  nam  saepe  duobus 
Regibns  incessit  magno  discordia  motu     .... 
Et  circa  regem  atque  ipsa  ad  praetoria  densae 

Miscentur 

Concurrittir,  aethere  in  alto 

Fit  sonitus,  magnum  mixtae  glomerantur  in  orbem 
Praccipitesque  cadunt;  non  densior  aere  grando 
Ncc  de  concussa  tantum  pluit  ilice  glandis,     .     .     . 
Usque  adeo  obnixi  non  cedere,  dum  gravis  aut  hos 
Aut  hos  versa  fuga  victor  dare  terga  subegit. 

Und  ebenda  IV,  189  f. 

Post,  ubi  iam  thalamis  se  composuere,  siletur 
In  noctem,  fusosque  sopor  suus  occupât  artus. 

Ebenso    ist   Africa  VII,  471  mit  Geórgica  IV,  2  io  ff.  in    Beziehung 
zu  setzen  und  Africa  I,  266 — 274  teils  mit  Aen.  XII,  587 — 592,  teils 


12  F.  FRIEDSRSDORFF, 

mit  Stellen  aus  dem  vierten  Buch  der  Geórgica,  welche  nicht  aus- 
fuhrlich mitgeteilt  werden  können. 

Zum  Schlüsse   folge   noch   ein  Vergleich  aus  dem  Leben  der 

Fische.     Africa  I,  210 — 214: 

.     .     .     Manna 

Piscis  aqua  profugus  fluvioque  repostas  amoeno 

Non  aliter  stupeat,  si  iam  dulcedine  captum 

Vis  salis  insoliti  et  subitus  circumstet  amaror, 

Quam  sacer  ille  chorus  stupuit. 

Scipio,  der  im  Traume  die  Wunden  seines  Vaters  erblickt,  bricht 
im  heidnisch-christlichen  Himmel  in  Thräncn  und  Wehklagen  aus. 
Die  Bewohner  jener  lichten  Höhen  sind  über  diesen  Anblick  voller 
Erstaunen,  wie  ein  Fisch,  der  aus  der  salzigen  See  in  sùfses  Wasser 
versetzt  und  in  diesem  zu  behaglichem  Wohlgefühle  gelangt,  in 
Erstaunen  geraten  würde,  wenn  ihn  wiederum  das  bittere  Salz  der 
See  umgeben  sollte.  — 

Nun  sind  Fische  als  Gegenstände  der  Vergleichung  keines- 
wegs selten;  Virgil  Aen.  V,  594  vergleicht  munter  sich  tummelnde 
Reiterscharen  mit  Delphinen,  die  ein  Schifif  umschwärmen  —  ein 
anschauliches  und  anmutiges  Bild  — ,  die  Ilias  XXI,  22  kennt  die 
Kämpfe  der  Fische  untereinander,  die  Odyssee  verwendet  mehr- 
fach Fische  zu  Vergleichen,  seien  es  harpunierte,  oder  tot  daliegende, 
oder  aus  dem  Wasser  emporschnellende,  —  aber  sie  bieten  kein 
Vorbild  für  diesen  Vergleich  Petrarkas.  Der  Dichter  beweist,  dafs 
er  Kenntnis  von  der  Fähigkeit  gewisser  Fische  hat,  im  Salzwasser 
sowie  im  süfsen  Wasser  zu  leben,  und  er  setzt  voraus,  dafs  sie  im 
süfsen  Wasser  sich  angenehmer  befinden  wie  im  salzigen  und  un- 
gern in  dieses  zurückkehren.  Aber  was  ihn  zu  dieser  Annahme 
veranlafst  hat,  eigene  Beobachtung  oder  die  Angabe  eines  älteren 
Schriftstellers,  ist  unbekannt.  Wahrscheinlich  jedoch  ist,  dafs  eine 
Bemerkung  eines  älteren  Schriftstellers  ihn  bewogen  hat  Vielleicht 
gestaltete  seine  Phantasie  Stellen,  in  denen  von  dem  Erstaunen  der 
Fische  u.  a.  die  Rede  ist,  wenn  sie  aus  ihrem  eigenen  Element  in 
eine  neue  Lage  versetzt  sind,  zu  dem  angegebenen  Vergleiche  um. 
Georg.  III,  543  insolüae  fugiunt  in  flumina  phocae,  Metam.  I,  300  ff. 
süvasque  tenent  delphines  ei  altis  —  Incur sant  ramis\  Horaz,  Carm. 
I,  2,  9  ff.;  vielleicht  auch  Seneca,  Natur.  Quaest  III,  17  u.  18. 

IV, 

Die  unbelebte  Natur,  d.  h.  Luft,  Wasser,  Erde,  Feuer  und 
ihre  Produkte,  der  Himmel  mit  seinen  Gestirnen  und  Lichterschei- 
nungen, bieten  der  dichterischen  Phantasie  Stoff  zu  um  so  mehr 
Vergleichen,  je  näher  die  Beziehungen  des  Dichters  zu  dieser 
äufseren,  ihn  umgebenden  Welt  sind.  Denn  diese  anscheinend 
tote  Natur  lebt  für  den,  der  sie  mit  offenen  Augen  und  empfin- 
dendem Herzen  durchwandert;  zu  ihm  redet  die  säuselnde  Luft, 
der  brausende  Sturm,  die  brandende  Woge,  die  Bäume  und  Pflanzen, 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PSTRARKAS  AFRICA.  I3 

ja  selbst  der  völlig  unbewegliche  Berg  oder  Fels  gewinnt  für  seine 
Vorstellung  die  Bedeutung  eines  mit  Bewufstsein  begabten  Wesens. 
Wenn  sich  nun  vollends  die  gewaltigen,  dem  Menschen  unbe- 
kannten Kräfte  regen,  die  in  dieser  unbelebten  Natur  schlummern, 
—  wenn  die  Blitze  über  den  Himmel  zucken,  wenn  die  Stürme 
heulen,  wenn  die  Wogen  an  die  steilen  Felsen  donnern,  wenn  die 
Flüsse  ihr  Bett  verlassen,  wenn  die  Berge  sich  öffnen  und  Feuer 
speien,  dann  bietet  diese  tote  Natur  dem  Dichter  zahlreiche  Bilder 
von  Kämpfen,  die  an  Grofsarligkeit  von  keiner  Erscheinung  erreicht 
werden,  welche  durch  Kraft  oder  Bemühung  von  Menschen  oder 
von  Tieren  entsteht  Und  wenn  er  ferner  glaubt,  dafs  nicht  ein 
blindes  Ungefähr  diese  Kräfte  entfesselt,  sondern  dafs  Götter  es 
sind,  die  in  ihnen  ihre  Macht  beweisen  und  ihre  Stärke  mit  ein- 
ander messen,  so  werden  die  Naturkräfte  für  ihn  zu  göttlichen 
Helden  und  gewinnen  Gestalt  und  Bewufstsein.  Dann  meint  er, 
Poseidon  führe  die  Geschwader  der  Wogen  zum  Kampfe,  oder 
Hephästos  ringe  mit  dem  Flufsgott  Skamander,  oder  Ènkeladus 
suche  das  auf  ihm  lastende  Gebirge  zu  durchbrechen,  oder  Zeus 
schmettere  mit  flammenden  Blitzen  rebellische  Titanen  in  die  Tiefen 
des  Tartarus.  So  regt  sich  in  den  der  unbelebten  Natur  abge- 
lauschten Bildern  die  Phantasie  des  Dichters  am  freisten  und 
kühnsten;  andererseits  beweist  er  in  ihnen,  weit  mehr  noch  als 
bei  Behandlung  des  Lebens  von  Menschen  und  Tieren,  feine, 
sorgfaltige  Beobachtung  der  Natur  und  Treue  in  ihrer  Nachbildung. 
Ein  solches  Leben  in  und  mit  der  Natur  und  ein  derartiges 
Naturbeobachten  zeichnet,  wie  bekannt,  vor  allen  anderen  den 
Dichter  der  Ilias  aus;  das  Grofse  und  das  Kleine,  das  Feststehende 
und  das  Bewegliche,  der  Kampf  und  die  Ruhe,  kurz,  alles  in  der 
ihn  umgebenden  Welt  weifs  er  durch  seine  Phantasie  zu  beleben 
und  zu  Vergleichen  zu  verwenden.  In  der  Ilias  (I,  47)  steigt  Apollon 
vom  Olymp  herab  gleich  der  Nacht,  taucht  Thetis  (I,  359)  aus  der 
See  empor  gleich  dem  Nebel,  fahrt  Ares  (V,  8Ò4)  zum  Himmel  auf 
gleich  einer  Nebelwolke,  fliegt  Athene  (IV,  75  íF.)  vom  Olymp  herab 
wie  ein  Meteor,  leuchtet  (XIV,  185)  der  Schleier  der  Hera  hell  wie 
die  Sonne,  flammt  das  Schwert  des  Poseidon  (XIV,  385)  gleich 
dem  Blitze,  Athene  (XVII,  547  fif.)  steigt  dem  Regenbogen  gleichend 
zu  den  Achäem  herab  und  Helme  und  Schilde  der  Heroen  werden 
in  ihrem  Glänze  mehrfach  der  Sonne,  dem  Monde,  den  Sternen, 
dem  Feuer  verglichen.  Andererseits  (II,  144  0".)  bewegt  sich  die 
Heeresversammlung  der  Achäer  unruhig  wie  langgestreckte  Wogen 
des  Meeres  oder  wie  ein  breites  Saatfeld  unter  dem  Hauche  des 
Zephyr;  das  Volk  (II,  209  íF.)  strömt  lärmend  zusammen  wie  die 
am  Strande  brandende  Woge,  und  erregt  (II,  394)  donnernden 
Lärm  wie  die  von  Notos  gegen  das  Vorgebirge  gepeitschte  Welle; 
die  Wafifen  der  Mannen  (II,  455)  leuchten  dem  Feuer  gleich, 
sie  dringen  vor  (II,  780)  unaufhaltsam  und  verwüstend  wie  ein 
Waldbrand,  zahllos  (II,  800)  gleich  den  Blättern  des  Waldes  und 
den  Körnern  des  Sandes.     Das  dichte  Getümmel  der  vordringen- 


14  F.  FRIEDER  SDORFF, 

den  Kämpfer  scheint  die  Luft  zu  verfinstern  wie  ein  Nebel  die 
Gebirgslandschaft  (III,  lofF.  IV,  275  fF.),  das  Schlachtgeschrei  der 
feindlichen  Heere  tönt  wie  Brausen  zweier  zusammenstofsenden 
Giefsbäche  {IV,  452),  ihre  Lanzen  bewegen  sich  (VII,  63  ÍF.)  wie 
wenn  die  Spitzen  der  Wellen  beim  Hauche  des  Zephyr  sich 
kräuseln,  auch  der  einzelne  Aias  (XI,  492)  gleicht  dem  Waldstrom 
und  Nestor  (XI,  747)  stürmt  herbei  wie  der  Sturmwind. 

Der  junge  Held  (XVIII,  56  und  437)  wächst  auf  wie  das  Reis 
des  Oelbaums,  und  wie  dieses  der  Wind  entwurzelt,  so  fällt  der 
junge  Kämpfer  (XVII,  53  fif.),  der  starke  Held  ragt  empor  wie  eine 
Eiche  (XII,  132  ff.),  tödlich  getroffen  stürzt  er  zu  Boden  wie  eine 
Pappel  oder  Fichte  (XIII,  389  ff.  und  XVI,  482  ff.),  die  vom  Blitze 
getroffen  (XIV,  414),  während  das  schöne  Haupt  des  jugendlichen 
Kämpfers  im  Tode  sich  neigt  wie  die  Frucht  des  Mohnes  (VIII,  306). 

Gerade  diese,  aus  der  unbelebten  Natur  stammenden 
Vergleiche  sind  es  bekanntlich,  die  dem  Homer  in  der 
Neuzeit  die  meiste  Bewunderung  eingetragen  haben;  an 
ihnen  meinte  man  am  besten  seine  feine  Naturbeobachtung  zu  er- 
kennen, und  ihrer  bediente  man  sich,  um  die  Alten  von  dem  Vor- 
wurfe, als  hätten  sie  keinen  Sinn  für  die  Reize  der  Natur  gehabt, 
zu  befreien.  Aber  nicht  bei  Homer  allein  pflegen  der- 
artige Bilder  den  gebildeten  Leser  der  Gegenwart  mehr 
als  andere  anzuziehen;  sie  entsprechen  überhaupt  besser 
unserer  ästhetischen  Anschauung.  Daher  wird  auch  der 
Dichter  der  Neuzeit  seine  Vergleiche  lieber  diesen  Ge- 
bieten der  Natur  entlehnen  als  etwa  dem  Tierreiche.  Er 
wird  nie  Bedenken  tragen,  seine  Geliebte  „Du  bist  wie  eine  Blume" 
zu  besingen,  seinen  Helden  der  Eiche  zu  vergleichen,  von  der 
Nacht  und  dem  Sturme  für  seines  Helden  Kämpfe  Bilder  zu  ent- 
lehnen, aber  als  Eber,  als  Stier,  als  Rofs  wird  er  ihn  nicht  leicht 
bezeichnen.  Nur  einzelne  Tiere  (Du  Röslein  jung.  Du  schlankes 
Reh.  Geibel),  besonders  Vögel,  Adler,  Taube,  Nachtigall,  werden 
von  dem  Geschmacke  der  Neuzeit  meist  in  bestimmter  symbolischer 
Bedeutung  zugelassen. 

Die  Gründe  liegen  auf  der  Hand.  Von  der  belebten  Natur, 
sowie  von  der  gewerblichen  Thätigkeit  unserer  Mitmenschen  haben 
wir  „modern  Gebildeten"  uns  nahezu  völlig  zurückgezogen,  es  be- 
steht kaum  noch  eine  persönliche  Beziehung  zwischen  uns  und 
ihnen;  aber  von  der  unbelebten  Natur  kommen  wir  niemals  ganz 
los,  so  sehr  wir  uns  auch  einmauern,  denn  in  ihr  und  durch  sie 
leben  wir.  In  seine  „Wüste  von  Ziegelsteinen"  holt  sich  der  Grofs- 
städter  Pflanzen,  um  sein  nach  Natur  lechzendes  Gemüt  durch 
eine  schwache  Nachbildung  ihrer  Schönheit  zu  erfrischen  (Hör. 
epist.  I,  IG,  22  nempe  inter  varias  nutritur  silva  columnaSy  laudaturqtu 
domus,  longos  quae  prospicii  agros).  Vor  allen  aber  die  Erschei- 
nungen des  Himmels,  Sturm  und  Regen,  Blitz  und  Donner,  Mond 
und  Sterne,  begleiten  uns  überallhin,  und  die  Sonne  Homers 
lächelt  freundlich  auch  dem  Bewohner  der  Millionenstadt 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  I5 

Dazu  kommt,  dafs  diese  stwnme  Natur  trotz  aller  aufklärenden 
Fortschritte  der  Neuzeit  für  uns  etwas  Geheimnisvolles,  ja  zum  Teil 
sogar  Furchtbares  behält  und  eben  dadurch  unsere  Phantasie  in 
höherem  Grade  erregt.  Das  Leben  der  Pflanze,  der  Duft  der 
Blüte,  ihr  Verwelken  und  Wiedererwachen  bleiben  für  uns  mit 
einem  Geheimnis  umgeben  wie  unser  eigenes  Entstehen,  Wachsen 
und  Vergehen,  und  bei  anderen  Naturerscheinungen,  wie  bei  Sturm, 
Blitz,  Erdbeben,  gesellt  sich  zu  dem  Gefühl  des  Geheimnisvollen 
noch  die  Empfindung  der  eigenen  Ohnmacht.  Zweifellos  sind  die 
Gefühle,  mit  denen  wir  jener  toten  Natur  gegenüberstehen,  von 
denen  des  homerischen  Menschen  wesentlich  verschieden,  aber 
doch  nicht  so  sehr,  dafs  sie  sich  nicht  in  manchen  Punkten  be- 
rühren dürften,  und  so  kann  man  denn  behaupten,  dafs  Anfang 
und  Ende  einer  Jahrtausende  alten  Kultur  sich  zu  begegnen 
scheinen. 

Man  könnte  die  aus  der  unbelebten  Natur  stammenden  Ver- 
gleiche wiederum  in  zwei  Klassen  teilen,  nämlich  in  solche,  in 
denen  eine  Naturkraft,  ein  Element  gleichsam  handelnd  und 
bewegt  erscheint,  und  in  solche,  in  denen  nur  einzelne  Erschei- 
nungen der  uns  umgebenden  Natur,  einzelne  Erzeugnisse  der 
Naturkräfte  den  Vergleichungsgegenstand  abgeben.  Die  erste  Klasse 
eignet  sich,  wie  oben  bemerkt,  vortrefflich  zur  Wiedergabe  der 
Thätigkeit  einer  Menge,  die  zweite  Klasse  wird  besonders  zur 
Vergleichung  mit  einzelnen  Menschen  und  deren  Eigenschaften 
verwendet. 

Nun  ist  es  aber  keineswegs  immer  leicht,  die  verschiedenen 
Gebiete  dieser  unbelebten  Natur,  Wasser,  Wind,  Wolken  mit  Regen, 
Hagel  und  Schnee,  Erde,  Licht,  Feuer  in  der  Verwendung  zu 
einem  Vergleiche  von  einander  zu  scheiden.  Es  kann  ja  auch 
solches  niemals  die  Absicht  des  Dichters  sein.  Denn  wenn  in  jene 
stumme  Welt  Leben  kommt,  so  geschieht  das  ja  eben  dadurch, 
dafs  eins  der  Elemente  auf  das  andere  einwirkt,  sei  es  in  feind- 
lichem Sinne,  sei  es  um  durch  seine  Bewegung  die  Thätigkeit  des 
anderen  zu  steigern.  Die  Welle  gewinnt  erst  Leben,  wenn  ihr 
„lieblicher  Buhle"  der  Wind  sich  ihr  gesellt;  das  Feuer  wird  erst 
zur  verheerenden  Macht,  „wenn  der  heulende  Sturm  die  Flamme 
brausend  schürt",  das  Aufziehen  oder  Verschwinden  einer  Wolken- 
wand erst  nimmt  oder  bringt  uns  das  helle  Licht  der  Sonne  oder 
des  Mondes,  den  Glanz  der  Sterne.  Darum  kann  man  nicht  ohne 
weiteres  in  Zahlen  angeben,  in  wieviel  Fällen  die  Uias  ihre  Ver- 
gleiche der  See,  den  Winden,  dem  Himmel  und  seinen  Wolken, 
Blitzen,  Gestirnen  entlehnt  habe;  denn  alle  diese  Dinge  oder  doch 
mehrere  von  ihnen  kommen  meistens  zusammen  vor.  Soviel  aber 
steht  ohne  allen  Zweifel  fest,  dafs  den  Erscheinungen  der  Atmo- 
sphäre und  des  damit  enge  zusammenhängenden  Wassers,  sei  es 
See-  oder  Flufswasser,  bei  weitem  die  meisten  dieser  Vergleiche 
entstammen.  Betrachten  wir  die  Winde,  Wolken,  Nebel,  Nacht- 
gewölk, nebst  Meer  und  Flüssen  als  zu  einem  Gebiete  gehörig,  so 


1 6  F.  FKIEDERSDORFF, 

sind  demselben  gegen  40  Vergleiche  entlehnt;  werden  andererseits 
die  Lichterscheinungen  am  Himmel  und  auf  der  Erde  (Blitz,  Meteor, 
Gestirne,  Feuer)  als  eine  besondere  Klasse  angesehen,  so  stellt 
sich  heraus,  dafs  dieser  gegen  30  Vergleiche  entnommen  sind. 
£ben  diese  zahlreiche  Verwendung  der  Erscheinungen  des  Himmels, 
der  Witterung,  der  See  kennzeichnet  den  homerischen  Sänger  als 
Bewohner  der  Küste  oder  der  Inseln  des  ägäischen  Meeres;  in 
ihnen  malte  er  seine  tägliche  Umgebung,  durch  sie  charakterisierte 
er  die  Gewalten,  von  denen  sein  Schicksal  abhing;  in  ihnen  ofifen- 
barten  sich  seinem  Glauben  die  hinmilischen  Wesen. 

Es  werden  jedoch  diese  Naturerscheinungen  nicht  nur  zur 
Veranschaulichung  der  Handlungen  einer  Vielheit,  sondern  auch 
Einzelner  benutzt.  Sowohl  von  den  Griechen  insgesamt  (II.  II,  780) 
als  von  Hektor  (II.  XV,  605  ff.)  oder  Agamemnon  (IL  XI,  155)  sagt 
Homer,  dafs  sie  verwüstend  vordringen  wie  Feuer  oder  Wald- 
brand; Ilias  IV,  422  ff.  gleichen  die  anrückenden  Danaer  der  Meeres- 
brandung, aber  XV,  624  stürmt  auch  Hektor  auf  den  Feind  wie 
die  Woge  in  das  lecke  Schiff;  der  Tydide  (Ilias  V,  87  ff.)  rast  durch 
das  Kampfgefilde  wie  ein  überschwellender  Strom,  aber  auch  der 
Lärm  der  Schlachtreihen  gleicht  dem  Brausen  zweier  Waldströme 
(Ilias  IV,  452).  Nun  ist  ja  freilich  Art  und  Charakter  der  Hand- 
lung in  beiden  Fällen  übereinstimmend;  aber  naturgemäfs  ist  es 
doch  inmier,  die  Bewegung  einer  gewaltigen  Masse  zur  Vergleichung 
mit  einer  Volksmasse  zu  verwenden;  auf  einen  einzelnen  Helden 
angewendet  macht  ein  solches  Bild  leicht  den  Eindruck  der  Ueber- 
treibung. 

Indessen  auch  aus  der  Brandung  spritzt  wohl  eine  einzelne 
Welle  höher  empor  als  die  anderen,  auch  im  Waldbrande  lodert 
an  einer  Stelle  die  Flamme  besonders  mächtig  empor  und  unter 
den  im  Bergsturz  herabfallenden  Felsen  ist  einer  der  gewaltigste, 
oder  einer  dehnt  seinen  verheerenden  Lauf  besonders  weit  aus  — 
aus  solchen  Erscheinungen  entsteht  dann  für  den  Dichter  das  Bild 
des  Helden,  der  an  der  Spitze  seiner  Gefährten  heranstürmt 

Es  berührt  eigentümlich ,  dafs  im  Gegensatz  zur  Ilias  und  ihrer 
Fülle  von  Vergleichen  aus  atmosphärischen  Erscheinungen,  die  uns  für 
den  Anwohner  der  See  ganz  besonders  bezeichnend  zu  sein  schienen, 
die  Odyssee,  das  eigentliche  Schifferepos,  derartige  Vergleichungen 
durchaus  nicht  hat  Sollte  man  vielleicht  deswegen  annehmen, 
sie  sei  von  einem  Bewohner  des  Binnenlandes,  des  Hochgebirges 
geschrieben,  der  von  der  See  keine  genügende  Kenntnis  besafs? 
Wo  wäre  wohl  ein  solcher  Mann  in  Hellas  zu  finden  gewesen? 
Das  beantwortet  ja  die  Sage  auf  ihre  Weise  wunderschön,  denn 
wenn  Teiresias  (Odyss.  1 1,  122  ff.)  dem  Odysseus  den  Auftrag  giebt, 
mit  dem  Ruder  auf  der  Schulter  bis  dahin  zu  wandern,  wo  er 
einem  Manne  begegne,  der  dies  Ruder  für  eine  Worfschaufel  er- 
kläre, so  will  er  ihm  damit,  wie  dies  in  vielen  Märchen  vorkommt, 
einen  unausführbaren  Auftrag  geben;  —  einen  solchen  Mann,  meinte 
die  Sage,  findet  man  in  Hellas  nicht.   Nein,  der  Dichter  der  Odyssee 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  I  ^ 

ist  vielmehr  ein  ebenso  genauer  Kenner  der  See  wie  der  der  Illas; 
das  zeigen  namentlich  die  Schilderungen  der  verschiedenen  Kata- 
strophen,  die  Odysseus  zur  See  erlebt.  Aber  es  handelt  sich  in 
diesem  Epos  um  die  Schicksale  einzelner  Helden;  Völker  und 
Heere  treten  kaum  auf  und  so  fallen  denn  auch  die  Veranlassungen 
zm:  Entvvickelung  so  grofsartiger  Bilder  für  in  Bewegung  befind- 
liche Massen  fort. 

Aber  dafs  überhaupt  die  Odyssee  an  Bildern  ärmer  ist  als  die 
Ilias,  zeigt  sich  auf  diesem  Gebiete  am  meisten.  Denn  die  Odyssee 
entlehnt  aus  der  ganzen  unbelebten  Natur  nicht  den 
zehnten  Teil  der  Gleichnisse,  welche  die  Ilias  daraus  hat 
Und  von  diesem  Wenigen  ist  nur  weniges  neu.  Dafs  das  Haus  des 
Alkinoos  oder  des  Menelaos  oder  ein  goldenes  Gefäfs  oder  eine 
Spange  wie  der  Mond  oder  die  Sonne  oder  die  Sterne  glänzen; 
dafs  die  Mägde  dicht  zusammenhocken  wie  die  Blätter  auf  dem 
Pappelzweige,  oder  dafs  die  Kikonen  in  Masse  zum  Kampfe  aus- 
rücken, gleich  den  Blättern  oder  Blüten  im  Frühling,  ist  uns  nach 
Betrachtung  der  Ilias  bereits  eine  geläufige  Wendung.  Auch  dafs 
Odysseus  (6,  162)  die  Nausikaa  einer  Palme  vergleicht,  könnte  dem- 
nach als  ein  landläufiges  Kompliment  angesehen  werden.  Indessen, 
dafs  er  ein  geistreicher  Kopf  ist,  beweist  er  eben  dadurch,  dafs 
er  sie  mit  einem  bestimmten  Palmbaum  vergleicht,  nämlich  mit 
dem  heiligen  Palmbaume  auf  Delos,  unter  dem  die  göttlichen 
Zwillinge  geboren  wurden.  So  gesellt  sich  zu  der  Vorstellung  der 
Schönheit  die  Vorstellung  des  Ehrwürdigen  und  Reinen.  —  Be- 
merkt zu  werden  verdient  ferner,  dafs  hier  zum  ersten  Male,  soweit 
ich  sehe,  die  Thränen  einer  schönen  Frau  (Penelope,  19,  205  ff.) 
rinnen  wie  schmelzender  Schnee,  was  von  späteren  Dichtem  bis 
zum  Ueberdrufs  wiederholt  worden  ist. 

Der  Dichter  Virgil  seinerseits  ¡st  dem  Dichter  der  Odyssee 
hinsichtlich  der  Zahl  der  aus  der  unbelebten  Natur  stammenden 
Gleichnisse  überlegen;  sie  stehen  an  Zahl  denen  nicht  nach,  die 
er  aus  dem  Tierreiche  entlehnt,  und  sind  häufiger  als  die  aus  dem 
Menschenleben  entnommenen  Vergleiche.  Natürlich  folgt  er  auch 
in  ihnen  bewufst  oder  unbewufst  dem  Vorbilde  der  Ilias  und  ver- 
wendet manch  schönes  Bild  aus  dem  alten  bewährten  Bestände 
des  poetischen  Inventars.  Dafs  Aeneas  (10,  604)  wie  ein  Giefs- 
bach  oder  Wirbelwind  einherstürmt,  dafs  dagegen  Mezentius  (10, 693) 
wie  ein  Fels  standhält,  dafs  heranziehende  Kriegerscharen  mit  Meeres- 
wogen oder  Saatfeldern  verglichen  werden  (7,  718  ff.)  und  Aehn- 
liches,  kann  auf  Originalität  keinen  Anspruch  machen.  Aber  der- 
artige Vergleiche  bilden  die  Minderzahl;  Virgil  ist  gerade,  wo  es  sich 
um  Beobachtung  und  Schilderung  der  unbelebten  Natur  handelt 
sorgfaltig  und  fein  und  gewinnt  auch  bekannten  Bildern  neue  Auf- 
fassungen und  Wendungen  ab.  Wie  sollte  man  das  von  dem 
Dichter  der  Geórgica  anders  erwarten?  Man  lese  nur,  wie  er  den 
Eingang  zur  Unterwelt  schildert:  Die  Odyssee  begnügt  sich  zu 
sagen:  dort  wohnen  in  Nebel  gehüllt  die  Kimmerier,  denen  nie  die 

Zekschr.  L  rom.  Phü.  XXII.  2 


1 8  F.  FRIEDERSDORFF, 

Sonne  scheint,  weder  wenn  sie  zum  Himmel  hinauf,  noch  wenn 
sie  von  ihm  herabsteigt,  sondern  es  ist  ewige  Nacht  Damit  ver- 
gleiche Aen.  6,  268  ff.: 

Ibant  obscuri  sola  sub  nocte  per  umbram, 
Perqué  domos  Ditis  vacuas  et  inania  regna: 
Quale  per  incertam  lunam  sub  luce  maligna 
Est  iter  in  silvis,  ubi  caelum  condidit  umbra 
luppiter,  et  rebus  nox  abstulit  atra  colorem. 

Hier  giebt  der  Dichter  ein  völlig  neues,  aber  sofort  für  einen  Jeden 
klares  und  verständliches  Bild,  der  nur  einmal,  vollends  als  Kind, 
bei  Nacht  allein  durch  den  Wald  mit  leisem  Grauen  gegangen  ¡st, 
—  hier  versetzt  er  den  Hörer  in  die  Stimmung,  in  der  man  Ge- 
spenstergeschichten gerne  vernimmt,  imd  macht  uns  für  das  Grausen 
in  den  folgenden  Scenen  empfanglich.  —  Oder  wenn  er  (6,  205) 
den  goldenen  Zweig  in  der  Hand  des  durch  die  Unterwelt  Wan- 
dernden mit  der  Mistel  vergleicht,  die  gleich  jenem  goldfarbig  und 
von  geheimnisvollem  Ursprünge  ist. 

Wie  ferner  Virgil  die  homerischen  Gleichnisse  weiterbildet,  zeigt 
Aen.  7,  462  ff.  verglichen  mit  llias  XXI,  362  ff.  Denn  bei  Homer 
kämpft  Hephästos  mit  dem  Flufsgotte  Skamander,  also  Feuer  mit 
Wasser,  und  nichts  ist  natürlicher,  als  dafs  es  wallet  und  siedet 
und  brauset  und  zischt  und  der  dampfende  Gischt  bis  zum  Himmel 
spritzt,  wie  wenn  Wasser  in  einem  Kessel  siedet  und  überläuft,  — 
aber  Virgil  überträgt  das  Bild  auf  geistiges  Gebiet;  die  Furie  hetzt 
den  Turnus  auf,  er  schäumt  vor  Wut,  gleich  dem  Wasser  im  Kessel, 
dem  man  tüchtig  Holz  untergelegt  hat. 

O  vid  wiederum  hat  aus  der  stummen  Natur  eine  bedeutende 
Fülle  von  Gleichnissen  entlehnt,  doch  von  seinen  Vorgängern  sich 
meistens  wesentlich  unterscheidend.  In  einzelnen  Fällen  mag  er 
an  Homer  sich  anlehnen,  im  ganzen  aber  tragen  seine  Vergleiche 
sein  eigenstes  Gepräge.  Wie  er  von  der  Grofsartigkeit  der  alten 
Epen  herabsteigt  zur  Schilderung  des  Ergehens  einzelner  Personen, 
vielfach  von  Liebenden,  so  kann  er  auch  grofsartige  Bilder  aus 
der  Natur  nicht  verwenden,  da  seine  Stoffe  nicht  grofsartig  sind. 
Doch  besitzt  er  ein  offenes  Auge  für  alles  was  ihn  umgiebt,  er  ist 
nicht  ängstlich  in  der  Wahl  der  Vergleichungsgegenstände,  wenn 
sie  nur  seinem  Zwecke  dienen,  und  so  ist  es  ihm  denn  gelungen, 
seine  Bilder  zu  sehr  bezeichnenden  zu  machen. 

Mit  offenbarer  Vorliebe  schildert  er  das  leise  Erröten  schöner 
Jungfrauen  oder  schöner  Jünglinge,  sei  es  als  Zeichen  der  sich 
verratenden  Liebe  oder  der  Scham;  so  errötet  die  im  Bade  über- 
raschte Diana  (Met.  3,  183)  wie  eine  Wolke  unter  den  ersten 
Strahlen  der  Morgensonne;  die  weifse  Haut  des  Narcissus  (3,  483) 
rötet  sich  wie  die  Wange  des  zarten  Apfels  oder  die  Beere  der 
reifenden  Traube;  und  mehrfach  noch  malt  er  ähnliche  Bilder  mit 
bemerkbarem  Behagen.  Er  ist  ferner  erfinderisch  in  Vergleichen, 
die  das  schnelle  Auñodem   heftiger  Liebe    oder   sonstiger  Leiden- 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  IQ 

Schaft  bezeichnen;  so  entbrennt  (Met.  i,  492)  Apollo,  wie  Stroh 
oder  Dornenstrauch  Feuer  fangen;  so  wird  der  durch  die  Luft 
fliegende  Merkur  (Met.  2,  727)  entflammt  gleich  einer  Schleuder- 
kugel,  die  im  Fluge  glühend  wird;  so  entzündet  sich  die  Nymphe 
Echo  (Met.  3,  372)  wie  Schwefel  an  einer  brennenden  Fackel;  so 
flammt  Tereus  auf  (Met  6,  455)  wie  Stroh  oder  dürres  Laub  und 
(Met  7,  79)  gleicht  die  Liebe  der  Medea  einer  Flamme,  die  aus 
heifser  Asche  emporschlägt. 

In  diesen  und  ähnlichen  Vergleichen  giebt  er  seinen  eigenen 
sinnlichen  Regungen  nach,  die  sich  namentlich  auch  darin  zeigen, 
daf&  er  gewisse,  ihm  besonders  reizvoll  erscheinende  Liebesscenen 
mit  recht  reichlichen  Bildern  zu  veranschaulichen  sucht  (so  Met. 
4,  285  ff.  Salmacis).  Immer  aber  bleibt  er  Realist;  wenn  aus  der 
Wunde  des  Pyramus  das  Blut  schiefst  wie  Wasser  aus  einem  ge- 
sprungenen Leitungsrohre  (Met  4,  122),  so  ergiebt  sich  daraus  auch 
für  den  modernen  Wasserleitungstrinker  ein  ungemein  anschauliches 
Bild  (vitiafo  fistula  plumho\  die  Alten  hatten  bleierne  Leitungsrohre). 
Der  Körper  eines  schönen  Jünglings  schwimmt  im  klaren  Wasser; 
er  vergleicht  ihn  einem  elfenbeinernen  Bildnis  oder  einer  Lilie 
unter  Glas  (Met  4,  354  fí^).  Arachne  (Met  6,  63  fll)  webt  ihr 
buntes  Gewand  so  kunstvoll,  dafs  es  dem  Regenbogen  gleicht,  in 
dem  viele  Farben  leuchten,  ohne  dafs  das  Auge  zu  er- 
kennen vermag,  wo  eine  Farbe  in  die  andere  übergeht 
So  giebt  er  auch  hier  Eindrücke  aus  seiner  täglichen  Umgebung 
wieder,  aus  der  Natur,  aus  der  Kleinkunst,  aus  der  Technik,  stets 
genau  beobachtet  und  mit  anschaulicher  Kürze  geschildert. 

Wenn  auch  die  Kunst  des  Ovid  nicht  immer  gerade  von 
edlen  Motiven  geleitet  wird,  so  steht  doch  zu  ihm  Lucanus  bei 
aller  edlen  Gesinnung  in  keinem  erfreulichen  Gegensatz.  Zeichnete 
jener  mit  voller  Bestimmtheit  und  einer  an  das  Sinnliche  streifenden 
Deutlichkeit,  so  ist  der  andere  unbestimmt,  ohne  genügende  Be- 
rücksichtigung der  Möglichkeit  einer  Anschauung.  Im  Anfange 
seines  Werkes  stellt  er  seinen  Helden  Pompejus  dem  Caesar  gegen- 
über, nicht  etwa  ihrer  Gestalt,  ihren  Thaten  und  Worten  nach, 
sondern  nach  ihrem  Charakter,  ihrer  Stellung  im  Staate  und  in 
der  Gesellschaft  und  nach  ihrer  militärischen  Bedeutung;  und  um 
dies  zu  erreichen,  vergleicht  er  den  Pompejus  mit  einer  alternden, 
bereits  etwas  morschen  Eiche,  den  Caesar  dagegen  mit  einem  Blitz- 
strahl. Offenbar  meint  er,  dafs  dieser  Blitz  jene  Eiche  einst  zer- 
schmettern wird.  Aber  die  politische  und  militärische  Bedeutung 
zweier  historischer  Personen  wird  durch  zwei  Gegenstände  oder 
Erscheinungen  der  unbelebten  Natur  nicht  gut  ihrem  gesamten 
Begriffe  nach  veranschaulicht;  einzelne  Thaten  oder  Züge  der 
Helden  liefsen  sich  eher  so  versinnlichen.  Zudem  sollen  beide 
Männer  offenbar  Gegensätze  sein,  aber  Eiche  und  Blitz  sind  keine 
Gegensätze. 

Seine  Phantasie,  ins  Gewaltige  strebend,  ist  geschäftig  mög- 
lichst gewaltige,  gigantische  Bilder  möglichst  kräftig  zu  malen.    Der 

a* 


20  F.  FRIEDERSDORFF, 

eingeschlossene  Caesar  (Phars.  X,  445)  rast  nicht  nur  wie  ein  wildes 
Tier  im  Käfig,  sondern  wie  das  Feuer  im  Innern  des  Aetna  rasen 
würde,  wenn  ihm  jemand  den  Krater  im  Gipfel  verstopft 
hätte.  Die  von  Gott  erfüllte  Pythia  bricht  in  Weissagungen  aus 
(Phars.  V,  99  ff.),  wie  wenn  der  Aetna  Flammen  speit  oder  in  Cam- 
panien  Typhoeus  mit  Dampf  Felsen  in  die  Luft  schleudert  Pom- 
pejus  (Phars.  VI,  262  ff.)  bemerkt  anfangs  den  Schanzenbau  Caesars 
nicht,  wie  einer,  der  inmitten  von  Sizilien  steht,  nicht  bemerkt, 
dafs  die  Woge  am  Pelorus  brandet,  oder  wie  der  Britanner  im 
Binnenlande  es  nicht  gewahrt,  dafs  Thetis  am  Rutupinischen  Ge- 
stade braust.  Man  sieht,  dafs  die  Einfachheit  des  Vorganges  in 
keinem  rechten  Verhältnisse  steht  zu  der  Grofsartigkeit  des  Bildes, 
und  dazu  kommt,  was  am  meisten  abstöfst,  dafs  die  Bilder  mit 
Vorliebe  aus  recht  entlegenen  Zonen,  vom  Nordpol,  von  Bistonien, 
gar  vom  Tartarus  entlehnt  und  überdies  mit  einer  geographischen 
und  mythologischen  Nomenklatur  belastet  werden,  die  nicht  nur 
bei  uns,  sondern  auch  bei  den  meisten  Lesern  jener  Zeit  das  Ver- 
langen nach  einem  Lexikon  wachgerufen  haben  mufs.  Aber  freilich 
auch  die  Verirrungen  wiederholen  sich;  unter  den  Klassikern  ist 
Klopstock,  und  unter  den  Neueren  ist  Freiligrath,  um  nur  diese 
zwei  zu  nennen,    von  ähnlichen  Vorwürfen  nicht  frei  zu  sprechen. 

Statins  in  seiner  Thebais  bringt  wie  aus  anderen  Gebieten, 
so  auch  aus  dem  der  unbelebten  Natur  von  allen  Dichtem  die 
meisten  Vergleiche.  In  den  12  Büchern  seiner  Thebais  sind  es 
deren  sicher  ebenso  viele  wie  in  den  24  Büchern  der  Ilias,  und 
doppelt  so  viele  wie  in  den  12  Büchern  der  Aeneis,  von  anderen 
Dichtern  gar  nicht  zu  reden.  Dabei  sind  seine  Gleichnisse  meistens 
weitläuftig  ausgeführt,  so  dafs  sie  einen  breiten  Raum  in  der  Dar- 
stellung einnehmen.  Auch  er  strebt  gern  in  das  Ungeheure,  Ueber- 
gewaltige,  wenn  er  auch  dabei  anschaulicher  bleibt  als  Lucanus; 
aber  auch  bei  ihm  sind  es  nicht  selten  anscheinend  unerhebliche 
Dinge,  die  einen  gewaltigen  Vergleich  herbeiführen.  Theb.  III,  59  ff. 
sagt  er,  der  Lärm  der  Krieger,  die  eine  Schlacht  forderten,  sei 
so  gewaltig  gewesen  wie  das  Brausen  des  Meeres.  —  Doch  das 
hatte  Homer  bereits  gesagt,  daher  erschien  es  zu  matt,  und  er 
setzt  hinzu:  oder  wie  wenn  Enkeladus  sich  unter  der  Erde  umzu- 
drehen versucht,  und  läfst  nun  eine  Schilderung  des  Ausbruches 
des  Aetna  folgen  mit  Feuerspeien  und  Erdbeben.  Theb.  VI,  ^ofL 
beachtet  ein  um  sein  verstorbenes  Kind  trauernder  Vater  den 
tröstenden  Zuspruch  seiner  Freunde  ebenso  wenig  wie  das  rasende 
Ionische  Meer  die  Gebete  der  Seefahrer  oder  wie  die  Blitze  das 
zarte  Gewölk  beachten.  Theb.  VI,  107  ff.  wird  ein  Wald  abgeholzt 
£r  stürzt  zusammen  mit  mehr  Lärm  als  Ismara  vernimmt,  wenn 
Boreas  seine  Grotte  sprengt,  und  mit  mehr  Schnelligkeit,  als  wenn 
Notos  die  Flamme  durch  das  Holz  jagt  u.  s.  w. 

Dafs  der  Tragiker  Seneka,  dem  es  meistens  danmi  zu  thun 
ist,  wilde,  krasse  Leidenschaften  zu  schildern,  häufig  zu  Vergleichen 
aus   den   gewaltigen    Aufregungen   der  Natur   greift ,    bedarf  kaum 


DIE  POETISCHEN  V  ERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  21 

noch  der  Erwähnung.  Die  Vulkane,  die  Erdbeben,  der  Tartarus, 
die  brandende  See,  die  übertretenden  Ströme,  der  heulende  Sturm 
bilden  sein  feststehendes  Repertoir,  ohne  dafs  er  irgend  etwas 
Neues  dazu  beibrächte. 

Diese  kurze  Betrachtung  der  Vergleiche  aus  der  unbelebten 
Natur,  von  den  homerischen  Epen  anfangend  bis  zu  den  späten 
römischen  Dichtem,  zeigt  uns  also  eine  stetige  Entwickelung.  Bei 
dem,  was  Homer  geboten  hatte,  bleibt  kein  Dichter  stehen,  sondern 
jeder  fügt  von  seiner  Individualität  etwas  hinzu  und  trägt  dem 
Geschmacke  seiner  Zeit  Rechnung.  Wenn  aber  diese  Entwickelung 
der  Vergleiche  im  Laufe  der  Jahrhunderte  mehr  und  mehr  in  das 
Ungeheure,  in  das  Grobe  ging,  so  folgte  sie  auch  darin  dem  Zuge 
der  Zeit.  Ein  Volk,  dessen  gröfster  Genufs  die  blutigen  Scenen 
des  Amphitheaters  waren,  hätte  bei  dem  Thyestes  des  Seheca  und 
bei  seinem  rasenden  Herkules,  welche  uns  mit  Entsetzen  und 
Widerwillen  erfüllen,  wohl  kaum  eine  allzutiefe  Erregung  empfunden; 
ein  solches  Publikum  verlangte  auch  in  epischen  Gedichten  stärkere 
Eindrucke,  dick  aufgetragene  Farben,  Wechsel  von  grellem  Licht 
und  unheimlichem  Düster.  Das  haben  ihm  denn  die  späteren 
römischen  Dichter  reichlich  geboten,  und  so  konnten  sie  des  Bei- 
falls sicher  sein.  Es  ist  derselbe  Geschmack,  der  eine  Statue  des- 
wegen bemerkenswert,  vielleicht  sogar  schön  fand,  weil  sie  nicht 
aus  weichem  Marmor  oder  flüssigem  Erz,  sondern  aus  hartem 
Granit  oder  Porphyr  gebildet  war,  und  der  in  den  ägyptischen 
Riesenbauten  ein  Ideal  fand. 

Diesen  nicht  immer  empfehlenswerten  Vorbildern  stand  nun 
Franz  Petrarka  gegenüber  ohne  eine  theoretische  Vorbildung  für 
die  Dichtkunst,  die  ja  vielmehr  vor  ihm  als  etwas  Unheiliges,  Heid- 
nisches erschien,  ohne  eine  überkommene  Technik,  dagegen  aber 
gewohnt,  alles  was  aus  dem  Altertum  stammte,  unterschiedslos  als 
bedeutend  und  nachahmungswert  zu  betrachten.  Man  sollte  daher 
meinen,  dafs  er,  in  Verehrung  der  grofsen  Römer  befangen,  auch 
ihre  Fehler  mit  Eifer  nachgebildet  habe.  Wenn  er  dies  nicht  that, 
sondern  vielmehr  einem  gesunden,  vor  Ausschweifungen  der  Phan- 
tasie sich  hütenden  Mittelwege  sich  zuwendete,  so  verursachte 
dies  vor  allem  sein  feiner,  der  Beschaulichkeit  und 
der  Beobachtung  der  Anmut  in  der  Natur  sich  zuneigen- 
der Sinn.  In  seinen  poetischen  Briefen  schildert  er  uns  ein- 
gehend sein  Leben  in  der  Natur  und  auf  dem  Lande;  er  erzählt 
mit  vielem  Behagen,  wie  er  die  Wälder  durchstreift,  wie  er  im 
Grase  am  Bache  ruht,  wie  er  den  Vögeln  zuhört  und  zuschaut, 
wie  er  am  Murmeln  der  Wellen  sich  ergötzt  oder  mit  den  Quell- 
njmiphen  Kriege  führt,  die  seine  Fluren  überschwemmen,  und  wie 
er  immer  Papier  und  Feder  zur  Hand  hat,  um  seine  Eindrücke 
aufzuzeichnen.  Seine  Notizen  aber  waren  nicht  etwa  naturgeschicht- 
licher Art,  sondern  seine  Arbeit  galt  auch  im  Walde  seinem  Epos 
Africa,  bald  auch  schweiften  seine  Gedanken  dahin,  wo  sie  am 
liebsten  weilten,  zu  seiner  Laura.    Eine  Störung  in  seinen  poetische 


22  F.  FRIEDERSDORFF, 

Träumen  und  Beschäftigungen  empfand  er  alsdann  sehr  unange- 
nehm, vgl.  Epist.  I,  6  ad  lacobum  de  Columna'. 

Saepe  dies  totos  agimus  per  devia  soli, 
Inquc  manu  calamus  dextra  est,  at  carta  sinistram 
Occupât  et  variae  complent  praecordia  curae. 
Imus,  et  ah!  quotiens  ignari  in  lustra  ferarum 
Incidimus!  quotiens  animum  dimovit  ab  alta 
Cura  avis  exigua  et  post  se  importuna  retorsit! 
Tum  grams  est,  si  cuis  màdia  se  callis  oparci 
Offer  at  aut  si  guis  submissa  voce  salutet 
Intentumque  aliis  maioraque  multa  parantem; 
Et  iuvat  ingentis  haurire  siUntia  silvae. 
Murmur  et  omne  nocet,  — 

Dagegen  Epist.  Ili,  3  ad  Guilielmum   Veronensem  oratorem\ 

Has  (aves)  musco  velare  domos,  sed  íirondibus  illas 
Progeniemque  inopem  fìdis  trepidare  sub  alis 
Aspicias  atque  ore  cibos  captare  trementi. 
Concava  tum  querulis  complentur  vocibus  antra 
Et  color  bine  oculos  illinc  sonus  advocat  aures 
Certatim,  dulci  spectacula  piena  tumultu 
Suspendunt  gratove  quies  condita  labore. 

Aus  der  Stille  des  Waldes,  aus  dem  Leben  der  kleinen  Geschöpfe, 
aus  der  Anmut  und  Lieblichkeit  seiner  ländlichen  Umgebung  sucht 
er  für  sich  poetische  Anregung  zu  gewinnen;  er  ist  in  diesem 
Streben  und  in  dieser  Reizbarkeit  bei  der  geringsten  Störung  schon 
ein  völlig  Moderner;  aber  seinen  Gesichtskreis  durch  Naturbeob- 
achtung zu  erweitern,  positive  Kenntnisse  als  Stoff  für  neue  poetische 
Bilder  sich  aus  der  Natur  selbst  zu  holen,  das  liegt  ihm  völlig 
fem.  Ein  seliges  Naturempfinden,  ein  wohliges  Träumen,  ein  dich- 
terisches Schwärmen  hat  eben  mit  der  Naturbeobachtung  im  Sinne 
der  Neuzeit  nicht  das  Geringste  gemein;  der  Dichter  berauscht 
sich  an  dem  Dufte  der  Blüte,  der  Naturforscher  zählt  ihre  Staub- 
faden. — 

War  ihm  demnach  die  Natur  mehr  ein  Gegenstand  des  Ge- 
nusses als  der  Untersuchung,  so  entspricht  es  diesem  Verhältnisse, 
dafs  er  seine  Vergleiche  nicht  besonders  häufig  der  unbe- 
lebten Welt  entnimmt.  Die  Pflanzen,  Blumen  und  Bäume, 
denen  ältere  Dichter  so  schöne  Bilder  verdanken,  bleiben  von 
ihm  gänzlich  unbeachtet  in  den  Gleichnissen;  ebenso 
weit  ist  er  von  der  realistischen  Auffassung  entfernt,  die 
jeden  beliebigen  Gegenstand  aus  dem  täglichen  Leben,  wenn  er  nur 
das  Verhältnis  klar  bezeichnet,  zum  Vergleiche  verwendet,  —  ein  Rea- 
lismus, dem  doch  schon  Homer  huldigt,  wenn  er  z.  B.  sagt,  dafs  die 
Rosse  des  Achilleus  stille  standen  „wie  eine  Grabstele"  — ;  es  sind 
lediglich  die  Vorgänge  am  Himmel,  seine  Wettererscheinungen, 
Regen,    Schnee,    Hagel,    dann   wieder   Sonnenschein,    Mond   und 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  23 

Sterne,  Blitze,  sowie  auf  der  Erde  das  Wasser  der  Ströme,  die 
See  und  ihre  Strömungen,  die  sich  ihnen  entgegenstellenden  Klippen 
u.  s.  w.,  die  er  für  Vergleiche  benutzt.  Das  haben  denn  freilich 
vor  ihm  schon  alle  seine  Vorgänger  gethan,  und  da  er  überdies 
nur  25  Gleichnisse  aus  diesem  Gebiete  verwendet,  so  scheint  es, 
als  wenn  er,  der  Vertreter  des  erwachenden  Naturgefùhls  der  Neu- 
zeit, im  Grunde  doch  mit  dieser  Natur  recht  wenig  anzufangen 
gewufst  hätte.  —  Allein  wir  haben  schon  oben,  bei  den  Vergleichen 
aus  dem  Leben  der  Bienen,  bemerken  können,  wie  Petrarka,  was 
ihm  an  eigener  Beobachtung  der  Natur  zu  fehlen  schien  oder 
worin  er  sich  selbst  nicht  für  kompetent  hielt,  aus  anderen 
Schriftstellern   zu  ergänzen  bemüht  war. 

Dasselbe  Verfahren  finden  wir  auch  hier,  er  vervollständigt 
sein  Erinnern  und  Empfinden  aus  gewissen  Quellen  der  Ueber- 
lieferung. 

Africa  III,  586  if.  Es  wird  berichtet,  wie  ein  auf  dem  römi- 
schen Forum  entstandener  tiefer  Erdschlund  durch  Selbstaufopferung 
des  edlen  Ritters  Curtius  sich  geschlossen  habe;  —  zu  Pferde  und 
in  voller  glänzender  Rüstung  stürzt  er  sich  hinein  und  sofort 
schliefst  sich  die  tiefe  Spalte,  so  wie  der  Himmel  bisweilen  sich 
öflfnet,  in  der  Tiefe  dieser  OeiFnung  einen  feurigen  Schein  erblicken 
läfst  und  dann  wieder  sofort  sich  schliefst. 

Ceu  quondam  immodico  caelum  splendore  dehiscit 
Et  velut  aetherti  raserai  penetralia  mundi. 
Inde  repentino  transcurrens  turbine  fiamma 
Visa  fugit,  caeloque  redit  sua  forma  sereno. 

Nun  werden  schnelle  Bewegungen,  besonders  von  glänzenden  Kör- 
pern durch  den  leeren  Luftraum,  seit  den  ältesten  Zeiten  mit 
Kometen,  Meteoren,  fallenden  Sternen,  Sternschnuppen  und  Aehn- 
lichem  verglichen.  Schon  in  der  Ilias  eilen  Götter  vom  Himmel 
herab  wie  Meteore,  Helme  und  Schilde  sich  rasch  bewegender 
Kämpfer  gleichen  vielfach  den  Gestirnen;  in  der  Aeneis  5,  527  flf. 
wird  ein  brennender  Pfeil  sogar  mit  einem  Kometen  verglichen, 
ebenso  Aen.  10,  272  der  Helm  des  Aeneas  nach  homerischem  Vor- 
bilde mit  einem  Kometen  oder  dem  Sirius;  bei  Ovid  Met.  2,  321  ff. 
wird  der  fallende  Phaethon  mit  einem  fallenden  Sterne  verglichen: 

Fertur,  ut  interdum  de  caelo  stella  sereno 
Etsi  non  cecidit,  potuit  cecidisse  videri; 

und  ebenso  Mercur  Met  2,  727  ff.  Auch  die  Thebais  VU,  468  be- 
zeichnet mit  demselben  Bilde  den  Ablauf  von  Pferden  beim  Wett- 
rennen, und  an  ähnlichen  Gleichnissen  ist  sonst  kein  Mangel. 
Zweifellos  hat  auch  Petrarka  verschiedene  dieser  Beispiele  gekannt, 
aber  sie  schienen  ihm  für  seine  Erzählung  doch  nicht  bezeichnend 
genug;  denn  sie  malen  nur  die  schnelle  Bewegung  eines  glänzenden 
Körpers,  während  es  ihm  darauf  ankam,  zu  zeigen,  wie  ein  glän- 
zender   Körper    in    einem    hohlen    Räume    erblickt    wird  und 


24  F.  FRIEDERSDORFF, 

gleich  darauf  dieser  Raum  sich  schliefst.  Eine  gewisse  Aehn- 
lichkeit  zeigt  sich  hiermit  allerdings  bei  Virgil  Aen.  8,  391. 

Non  secus  atque  olim,  tonitru  cum  rupta  corusco 

Ignea  rima  micans  percurrit  lumine  nimbos. 

Aber  auch  dies  Gleichnis  genügt  dem  Dichter  der  Africa  nicht, 
und  dafs  es  für  seinen  Fall  nicht  pafst,  zeigt  ja  auch  die  An- 
wendung, welche  Virgil  davon  macht,  indem  er  es  für  Schilderung 
einer  schnell  entstehenden  Liebe  verwendet. 

So  geht  er  denn  seinen  eigenen  Weg  und  erklärt  uns  einen 
seltsamen  Vorgang  auf  der  Erde  durch  eine  seltene  Er- 
scheinung am  Himmel,  die  vor  ihm  noch  kein  Dichter 
verwendet  hatte,  und  zwar  thut  er  es  diesmal  ohne  einen 
subjektiven  Zusatz,  lediglich  ein  Ding  dem  anderen  gegenüber- 
stellend. Vielleicht  hatte  er  Himmelserscheinungen,  die  ihn  dazu 
veranlafsten,  erblickt,  doch  gewisser  ist,  dafs  er  darüber  gelesen 
hatte,  und  diese  Frucht  seiner  Lektüre  setzt  er  uns  nun  vor.  Er 
benutzt  auch  hier  wieder  das  Buch  des  Seneca,  Naturales  quaestiones^ 
der,  indem  er  von  den  verschiedenen  Arten  der  Blitze  berichtet, 
mit  bemerkenswerter  Gelehrsamkeit  nach  griechischer  Quelle  oder 
Caecina  schreibt:  (1,  24)  sunt  chasmata,  cum  aliquod  cae  li  spatium 
dehiscitf    et  flammam  dehtscens  velut  in  abdito  ostentat! 

Noch  in  einem  anderen,  besonders  merkwürdigen  Falle  wieder- 
holt er  das  gleiche  Verfahren. 

Africa  VII,  1002  ff.    Um  das  Entsetzen  zu  schildern,  welches 

ein  Zuschauer  bei  dem  grimmigen  Kampfe  der  Römer  und  Punier 

empfinden  könnte,    erwähnt  Petrarka   das  Entsetzen,   welches  die 

Schiffer   erfafste,    als    sie   bei  Therasia  eine  neue  Insel  auftauchen 

sahen. 

Non  sic  attonitos  Aegaeo  litote  nautas 

Expavisse  rear,  quibus  insula  nata  repente 

Est  prope  Therasiam;  quod  monstrum  doctus  haruspex 

Romano  dedit  imperio  Macetumque  ruinae; 

Navìta  sed  transtro  rudis  ac  stupefactus  adhaesit. 

Der  Dichter  suchte,  um  den  Zustand  einer  mit  Entsetzen  erfüllten 
Seele  zu  malen,  nach  der  Vorstellung  von  etwas  Entsetzlichem 
und  eine  Erinnerung  aus  seiner  Lektüre  kam  ihm  glücklich  zu 
Hülfe.  Dafs  die  Veranlassung  des  Entsetzens,  der  blutige  Kampf, 
mit  dem  Auftauchen  der  Insel  in  gar  keiner  Beziehung  steht,  war 
ihm  Nebensache;  er  wollte  ein  psychologisches  Bild,  er 
wollte  neu  sein.  Und  das  ist  ihm  gelungen,  denn  eine  ähnliche 
Vergleich ung  findet  man  sonst  nirgends.  Wohl  heifst  es  Thebais 
IX,  523  ff.,  dafs  der  Kopf  eines  Ertrinkenden  aus  den  Wellen  auf- 
tauche wie  eine  Klippe,  aber  eine  Beziehung  zu  unserer  Stelle  ist 
darin  nicht  zu  finden.  Ob  Petrarka  etwas  Aehnliches  wie  die  Ent- 
stehung einer  Insel  aus  vulkanischen  Ursachen  selbst  erlebt  habe, 
ist  nicht  bekannt,  aber  auch  nicht  wahrscheinlich,  denn  wenn  es 
der  Fall  wäre,    hätte  er  ganz  bestimmt   davon  berichtet.     Es  mufs 


DIE  POBTISCHBN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  25 

eben  auf  seine  Phantasie  eine  Notiz,  die  er  bei  Justinus  30,  4 
fand,  einen  tiefen  Eindruck  gemacht  haben:  Eodem  anno  inter  ín- 
sulas Theram  et  Therasiam  medio  utriusque  ripae  et  maris  spatio  terrae 
mottis  fuity  in  quo  cum  admiratione  navigantium  repente  ex  pro- 
fundo  cum  calidis  aquis  insula  emersit,  ....  Quo  prodigio  territis 
omnibus  vates  cecinere,  oriens  Romanorum  Imperium  vetus  Graecorum 
et  Macedonum  voraturum. 

Dasselbe  las  er  bei  Livius  39,  56,  doch  mit  anderer  Orts- 
angabe, denn  jener  sagt,  dafs  haud  procul  Sicilia  eine  Insel  ent- 
standen sei;  ebenso  berichtet  Orosius  4,  20  von  einer  bei  Sicilien 
entstandenen  Insel.  Diesen  beiden  folgt  aber  Petrarka  nicht,  son- 
dern er  kombiniert  offenbar  mit  der  Stelle  des  Justinus  wiederum 
eine  Stelle  aus  Seneca  Natur,  quaest,  VI,  2:  Ínsulas  non  ante  visas 
in  medio  mari  poneré^  Theren  et  Therasiam^  et  hanc  nosirae  aetatis 
insulamt  spectaniihus  nobis  in  Aegaeo  mari  enatam,  quis  dubitei 
quin  in  lucem  spiritus  vexer  it?  und  II,  26  cum  insula  in  Aegaeo 
mari  surgeret.  Denn  Justinus  sagt  nichts  vom  Aegäischen  Meere, 
ebenso  wenig  Livius  und  Orosius,  dagegen  Seneca  erwähnt  dies 
zweimal,  noch  dazu  mit  dem  Ausdruck  enatam,  den  auch  Petrarka 
(insula  nata)  anwendet.  Er  hat  also  die  Lage  der  Insel  nach 
Seneca  festgestellt.  Im  Itinerarium  Syriacum  erwähnt  er  davon 
nichts.  — 

Doch  das  wäre  ein  schlechter  Dichter,  der  nur  nach  litterari- 
schen und  naturgeschichtlichen  Notizen  seine  Gleichnisse  zusammen- 
stellte, und  so  hatte  denn  Petrarka  auch  noch  ein  anderes  Verfahren. 
Den  Vorgang  aus  der  Natur,  der  zum  Vergleiche  dienen  soll, 
erblickt  er  deutlich  in  der  Phantasie  und  mit  inneren  Augen;  aber 
nicht  diesen  allein  erblickt  er,  sondern  er  sieht  auch  die  Menschen, 
die  diesen  Vorgang  mit  erleben,  die  von  ihm  betroffen  werden. 
So  hatte  Justin  in  der  Erzählung  30,  4  die  Worte  cum  admiratione 
navigantium  gebraucht,  sofort  stehen  dem  Dichter  die  nautae  attoniti^ 
expavescentes  vor  Augen  (Africa  VU,  1002)  und  dem  bereits  fertigen 
Gleichnisse  fügt  er  hinzu:  Navita  sed  transtro  rudis  ac  stupef actus 
adhaesiL  Damit  ist  in  das  Gleichnis  wiederum  ein  subjektives,  ein 
lyrisches  Moment  eingeführt,  ähnlich  wie  er  auch  bei  Vergleichen 
aus  dem  Leben  der  kleinen  Vögel  unser  Mitleid  zu  erwecken 
suchte. 

Auf  diesem  Wege  kommt  er  denn  zu  ganz  neuen  Vergleichen. 
Um  die  Wirkung  eines  heftigen  Schreckens  zu  bezeichnen,  benutzt 
er  einige  Male  Gleichnisse  vom  Blitze.  Africa  IV,  232  ff.  Scipio 
überrascht  eine  Gesellschaft  von  Verschwörern  und  tritt  unter  sie 
mit  gezücktem  Schwerte: 

Gladiumque  erexit,  et  omnes 
Contremuere  metu,  facti  dux  ipse  Metellus 
Diríguit;  res  namque  ferox  inopinaque  mentes 
Presserat,  haud  aliter  quam  si  lovis  ira  trisuicum 
Torsisset  male  firma  domus  in  culmina  telum, 


20  F.  FRIEDERSDORFF, 


Nee  secus  irati  civis  tremefedt  imago, 
Hannibalis  quam  si  victricia  signa  vidèrent 
Impenderé  sibi  mortemque  et  vincla  minari. 


Das  blitzende  Schwert  Scipios  mag  ihm  den  Gedanken  an  den 
Blitz  eingegeben  haben,  aber  dem  aus  der  Natur  entnommenen 
Vergleiche  fügt  er  sofort  einen  anderen  aus  der  Situation  ent- 
lehnten hinzu.  Gerade  dieser  ist  höchst  bezeichnend,  aber  sub- 
jektiver Art  —  der  Schreck,  den  die  Verschwörer  erfahren,  ist  so 
grofs,  wie  der  Schreck  sein  würde,  den  sie  bei  einer  anderen  Ge- 
legenheit erfahren  würden. 

Noch  bezeichnender  ist  folgendes  Beispiel.  Africa  VII,  929  flf. 
Hannibal  sieht  die  Seinigen  fliehen;  der  Schreck  darüber  benimmt 
ihm  die  Sprache: 

Hie  fragor  Hannibalem  medio  sermone  loquentem 

Avertit;  veluti  subitum  si  forte  canenti 

Ostrepat  et  scisso  descendat  luppiter  axe, 

nie  silet  tremuloque  modos  sub  gutture  fì'angit, 

Attolitque  oculos  et  caelum  suspicit  atrum. 

Eine  subjektive  Empfindung  des  Hannibal,  der  mitten  in  der 
Schlacht  aus  Schreck  seine  Worte  nicht  zu  Ende  sprechen  kann, 
wird  mit  der  subjektiven  Empfindung  eines  Sängers  verglichen,  der 
vom  Blitze  erschreckt  sein  Lied  jäh  abbricht.  Den  Schrecken  des 
Hannibal  vergessen  wir;  derartig  interessiert  uns  in  wenigen,  gut 
gewählten  Worten  der  Dichter  für  den  armen  Sänger,  der  sein 
Lied  mit  einem  schrillen  Mifston  schliefst  und  nun  entsetzt  zum 
plötzlich  umdüsterten  Himmel  hinaufblickt.  Wir  können  wiederum 
behaupten,  dafs  damit  etwas  noch  nicht  Dagewesenes  gesagt  ¡st, 
zumal  bei  den  Epikern  der  Blitz  sonst  entweder  blitzende  Waffen 
oder  schnell  entstehende  Leidenschaft,  Liebe,  zu  versinnbildlichen 
pflegt.  Ein  besonderes  Interesse  endlich  gewinnt  der  Vergleich 
dadurch,  dafs  man  sich  vorstellt,  der  so  unangenehm  überraschte 
Sänger  sei  Petrarka  selbst,  der  sein  eigenes  Erlebnis  schilderte. 

Aus  der  gesamten  Dartstellung  ging  schon  hervor,  dafs  Ver- 
gleiche, die  ein  grofses  Unwetter  schildern,  bei  allen  Dichtem  be- 
liebt sind.  Je  nach  Umständen  werden  von  ihnen  diese  Vergleiche 
durch  verstärkende  Zuthaten,  durch  Anhäufung  von  Bildern  immer 
grofsartiger  gestaltet,  bisweilen  werden  die  Schrecknisse  so  gehäuft, 
als  sollte  der  Weltuntergang  oder  mindestens  eine  allgemeine  Sint- 
flut eintreten.  Natürlich  sollen  damit  grofse  Stürme,  grofse  Ge- 
fahren im  Leben  der  Helden  in  Parallele  gesetzt  werden.  Nach 
dem  Vorbilde  Homers  haben  denn  namentlich  die  lateinischen 
Epiker  auf  diesem  Gebiete  mit  grofsem  Eifer  gearbeitet,  denn  hier 
konnten  sie  ihrem  Hange  zur  Erregung  furchtbarer  Vorstellungen 
nach  berühmten  Mustern  in  schönster  Weise  Genüge  thun,  be- 
sonders seit  Virgil  in  seinem  berühmten  Seesturm  des  ersten 
Buches  der  Aeneis  und  in  verschiedenen  von  Ueberschwemmungen 
herrührenden  Vergleichen   ihnen  ein  grofsartiges  Vorbild  gegeben, 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  2J 

und  seit  Ovid  in  seiner  Schilderung  der  deukalionischen  Flut  zur 
Vorführung  solcher  Bilder  eine  wohlgegründete  Veranlassung  gehabt 
hatte.  Auch  Petrarka  ist  diese  Bahn  gewandelt;  denn  über  ein 
Drittel  der  oben  angedeuteten  25  Vergleiche  aus  der  unbelebten 
Natur  entstammen  den  Stürmen,  Ueberschwemmungen  und  was 
damit  zusammenhängt. 

Von  diesen  erscheint  am  reichsten  ausgestattet  und  am  voll- 
ständigsten das  Gleichnis  Africa  IV,  295  flf.: 

Qualis  ab  Aethiopum  rapidis  cum  tollitur  Austns 
Litore  tempestas  nostrum  casura  sub  axem, 
Apparet  metuenda  procul,  mox  próxima  nubes 
Deddit  et  mixtis  descendunt  fulmina  saxis; 
lamque  tument  amnes,  iam  qui  modo  segnis  abibat, 
Quilibet  alta  fremens  imitatur  flumina  torrens; 
Turbati  agricolae  fugiunt  ingensque  superne 
Terror  agit  miseros;  pereunt  armenta  furentis 
Fluminis  obiectu;  quocunque  trementia  volvas 
Lumina,  terrifici  disiectis  nubibus  ignes 
Praestringunt,  morsque  ante  pedes,  nee  flectere  quoquam 
Possis  iter,  nee  stare  queas,  hie  luetus  et  horror 
Lugubresque  proeul  resonant  per  nübila  voces. 

Die  Stadt  Neukarthago  ist  genommen,  die  Sieger  dringen  ein, 
Flucht,  Verwirrung,  Entsetzen  ist  überall;  diese  Situation  soll  durch 
vorstehendes  Gleichnis  veranschaulicht  werden.  Es  wurde  so  grofs- 
artig  wie  möglich  gestaltet,  denn  es  galt  der  ersten  unerhört 
glänzenden  Waffen  that  Scipios,  der  Einnahme  der  spanischen 
Hauptstadt. 

Woher  nun  nahm  der  Dichter  die  Farben  zu  diesem  Bilde? 
Da  ist  es  zunächst  lehrreich  zu  hören,  wie  er  selbst  über  diese 
Art  von  Stürmen  in  den  Epen  spricht.  Episi,  familiares  N^  5:  In- 
signtm  iempestaiem  descrihens  salyricus,  (luvenalis)  ut  multa  paucis  clau^ 
direte  poeticam  tempestaiem  surrexisse  ait.  Quid  enim  hrevius^  quid 
expressius?  Nihil  iratum  caelum  aut  pelagus  potest,  quod  non 
aequei  verbis  ac  super  et  poetar  um  stilus!  et  .  ,  ,  .  Homericam 
iimpestatem  nosti  et  allisum  scopulo  ducem,  atque  omnem  Capharei  montis 
insultum,  quem  imitati  nostri  poetae  aquarum  montes  ad  side r a 
sustulerunt.  Wer  so  urteilt,  wer  so  andere  der  lieber  treibung 
anschuldigt,  sollte  nicht  in  denselben  Fehler  verfallen.  Aber  diese 
Worte  bilden  nur  den  Uebergang  zu  einer  Schilderung  eines  eigenen 
Erlebnisses  des  Dichters,  eines  Sturmes  in  Neapel,  der  so  furchtbar 
war,  dafs  die  anscheinend  übertreibenden  Dichter  Recht  bekamen: 
Nihil  sane  vel  pingi  eloquio  vel  animo  fingi  potest,  quod  non  hesterna 
dies  impleveritf  immo  procul  excesserit.  Also  sind  es  eigene  Ein- 
drücke, teils  in  Neapel  an  der  See,  teils  bei  Ueberschwemmungen 
an  anderen  Orten  erhalten,  welche  die  Veranlassung  gaben. 

Wie  weit  er  sonst  anderen  folgte,  kann  nur  vermutet  werden, 
denn  an  Vorbildern  hatte  er  eine  reiche  Auswahl  und  diese  ähneln 


28  F.  FRIBDERSDORFF, 

sich  bedeutend  untereinander.  Virgil  Aeneis  i,  88  £  2,415 — 420, 
4,  i6oflf.  9,667  ff. 

Qaantus  ab  occasu  venüns  pluvialibus  Haedis 
Verberat  imber  humum;  quam  multa  grandine  nimbi 
In  vada  praedpitant,  cum  luppiter  horridus  austris 
Torquet  aquosam  hiemem  et  caelo  cava  nubila  rumpit. 

Auch  ebenda  10,  356;  femer  Ovid  Metam.  i,  250  ff.;  Lucan.  Phars. 
V,  620  ff.;  Theb.  VIII,  423  ff.  XI,  114  ff.;  und  was  alles  überbietet, 
die  weitläuftige  Schilderung  bei  Seneca  Natur,  quaest.  III,  27.  Ja, 
auch  die  lugubres  voces  finden  schon  bei  Virgil  Georg.  I,  476  ihr 
Vorbild.  Und  doch,  wenn  auch  dies  alles  schon  bei  anderen  sich 
finden  sollte,  weifs  er  das  Gleichnis  neu  zu  gestalten,  in- 
dem er  seine  persönlichen  Empfindungen  hineinträgt. 
Die  Flucht  der  Landleute  ist  es,  ihre  Ratlosigkeit,  ihre  Todesfurcht, 
ihre  angstvollen,  von  grellen  Blitzen  geblendeten  Augen,  durch 
welche  die  Schilderung  der  Schrecken  der  Natur  für  uns  ein  per- 
sönliches Interesse  gewinnen.  Das  waren  dieselben  Eindrücke,  die 
er  in  Neapel  {Ep,fam.Y,^)  gehabt:  Trepidula  feminarum  turba, 
periculi  potius  quam  pudoris  memor^  per  vicos  plateasque  dtscurrere, 
atque  ad  ubera  pressis  infantibus,  supplex  et  lacrimosa  templorum  limi" 
nibus  obversari,  ....  Haec  inter  tantus  virorum  strepitus,  tantaqtu 
mulierum  eiulatio^  ut  maris  caelique  fragorem  vincerent.  Wie  weit 
entfernt  ist  davon  Homer,  wenn  er  etwa  in  einem  Gleichnisse  zur 
Verdeutlichung  einen  Hirten  als  Beobachter  einer  Naturerscheinung 
einführt!  — 

Auch  anderen  bekannten  Gleichnissen  weifs  Petrarka  neue 
Seiten  abzugewinnen.  Hatte  schon  Virgil  das  Gleichnis  vom  Wasser 
im  Kessel,  welches  bei  Homer  ein  Bild  des  Kampfes  zwischen 
Hephästos  und  Skamander  gewesen  war,  auf  geistiges  Gebiet  über- 
tragen, so  bildet  Petrarka  dieses  weiter  um.  Denn  er  führt  uns 
nun  den  Augenblick  vor,  in  welchem  zu  dem  siedenden  Wasser 
kaltes  hinzugegossen  wird;  —  da  hören  jene  fiurchtbaren  Wallungen 
vorübergehend  auf;  doch  stärker  wird  die  Wut  des  Feuers  unter 
dem  Kessel,  das  Sieden  beginnt  von  neuem,  ja  es  steigt  noch 
mehr.  Hier  ist  also  eine  Zwischenstufe  einer  seelischen  Er- 
regung unter  feiner  Beobachtung  der  Wirklichkeit  geschildert  und 
in  das  überlieferte  psychologische  Motiv  ein  Gedanke  hineinge- 
schoben, der  es  zu  etwas  Neuem  macht.  Masinissa,  in  furchtbarer 
Erregung  über  den  bevorstehenden  Verlust  seiner  Sophonisbe,  braust 
stürmisch  auf,  —  doch  wenn  ihm  Scipios  klares,  edles  Bild  vor 
die  Seele  tritt,  beruhigt  sich  die  Wallung  einen  Augenblick,  —  bis 
zuletzt  doch  die  Glut  der  Leidenschaft  den  Sieg  davon  trägt: 
Africa  V,  192 

Sicut  ubi  ardenti  gelidus  successit  aheno 
Humor  aquae,  furor  ille  silet  paulumque  tepenti 
Stat  similis;  mox  aucta  suas  incendia  vires 


DIB  POBTISCHBN  VERGLEICHE  IN  PBTRARKAS  AFRICA.  29 

Exercent  magis  atque  magis:  sic  ille  tmnultus 
Pectoris  oppressus,  stimuUs  agitantibus  isdem 
Fortior  admotas  rationis  spernit  habenas. 

Eine  ähnliche  Pause  in  der  Erregung  schildert  der  Dichter  Africa 
VII,  1024  — 1027.  Scipio  hat  die  schwankende  Schlachtordnung 
wieder  hergestellt  und  es  tritt  eine  Pause  im  Gefechte  ein,  wie 
wenn  nach  den  ersten  Donnerschlägen  eines  Gewitters  neue  Wolken- 
massen  sich  zusammenballen,  so  dais  eine  Pause  des  Gewitters  ein- 
tritt —  bis  es  endlich  mit  doppelter  Macht  wieder  losbricht 

Aethere  dispersos  veluti  quum  turbidus  Auster 

Arctavit  nimbos,  siluitque  repressa  panimper 

Dum  tonat,  hinc  pluviis  et  grandine  mixta  resurgit 

Tempestas  inimica  satis. 

Es  ¡st  dasselbe  Verfahren  wie  oben;  in  beiden  Fällen  ist  einem 
beliebten  Bilde  durch  Verfeinerung  der  Beobachtung  ein  neues 
Ansehen  verliehen;  das  eine  Mal  zum  Zwecke  der  Seelenmalerei, 
das  andere  Mal  für  Schilderung  eines  thatsäch liehen  Herganges. 

Auch  das  Gegenbild  eines  bekannten  Vergleiches  giebt  er 
Africa  IV,  312 — 320.  Er  schildert  den  Charakter  und  das  Ver- 
fahren Scipios,  wie  er  im  Kampfe  grimmig,  den  sich  unterwerfenden 
Feinden  gegenüber  ruhig  ist  und  auch  seine  Truppen  im  Zaimie 
hält,  —  er  vergleicht  ihn  dem  höchsten  Gotte  Juppiter,  der  einen 
Sturm  beruhigt.  Offenbar  ist  sein  Vorbild  Virgil,  den  er  frei  be- 
arbeitet, und  seine  Schilderung  des  Neptun  im  ersten  Buch  der 
Aeneis,  aber  auch  Anklänge  an  Horaz  (Carm,  I,  12,  27)  finden  sich, 
der  von  den  Dioskuren  sagt: 

quorum  simul  alba  nautis 

Stella  reñilsit 

Defluit  saxis  agitatus  humor 

Concidunt  venti  fugiuntque  nubes 

Et  nünax,  quod  sie  voluere,  ponto 
Unda  recumbit. 

dagegen  Africa  IV,  3 1 6  ff. 

Sic  atra  serenat 
Nubila  pacifico  despectans  luppiter  ore, 
Continuoque  silent  venti  fugiuntque  procellae. 
Sol  nitet,  emergunt  fuscis  sua  noctibus  astra 
Et  mundo  sua  forma  redit. 

In  dem  Bilde  bei  Horaz  tauchen  die  IClippen  aus  der  See,  bei 
bei  Petrarka  die  Sterne  aus  dem  Gewölk;  auch  diese  beiden  Vor- 
stellungen sind  nahe  verwandt,  wie  das  Gleichnis  bei  Petrarka 
Africa  II,  213 — 214  zeigt 

Tum  salis  Aegaei,  caelo  velut  astra  sereno 
Cyclades  effusae  medio, 

und  seine  Worte  im  Itinerarium  Syriacum:  Cyclades,  Aegaei  maris 
¿nstílaSt  quae  siderum  in  morem,  peiagus  iliud  illustrant  und  non  multo 


30  F.  FRIEDERSDORFF, 

facilius  Cyclades   omnes^    quam   caeli  siellas  enumerem  verglichen  mit 
Horaz  I,  14  interfusa  mientes  vues  aequora    Cy ciadas. 

Doch  es  kann  nicht  Aufgabe  dieser  Ausarbeitung  sein,  alle 
Gleichnisse  des  Petrarka  durchzugehen  und  nachzuweisen,  wo  in 
Form  oder  Inhalt  sich  eine  Anlehnung  an  die  Alten  findet  und 
wie  er  das  Vorhandene  umgebildet;  es  ist  doch  hinreichend  be- 
wiesen, dafs  er  überall  neu  und  selbständig  sein  wollte  und 
um  dieser  Absicht  willen  manches  gewagt  hat.  Darum  bilde  den 
Schlufs  nun  ein  absonderliches  Gleichnis.  Petrarka  ist  nicht  nur 
Theologe,  Moralist,  Historiker  und  Lyriker,  er  ist  vor  allem  ein 
glühender  Liebhaber  seiner  vergötterten  Italia.  Diese  Liebe  verleiht 
seiner  Leyer  in  einigen  Kanzonen  den  ergreifendsten  Ton  ernsten 
Gefühles;  diese  Liebe  giebt  ihm  schliefslich  auch  ein  poetisches 
Gleichnis  ein.  War  für  ihn  im  römischen  Altertum  der  höchste 
Mann  Scipio,  so  war  zu  seiner  Verherrlichung  nur  das  höchste  auf 
der  Erde  geeignet:  die  Krone  der  Welt  ist  Italien,  die 
Krone  Italiens  ist  Rom  und  die  Krone  Roms  ist  Scipio. 
Diese  Steigerung  kleidet  er  in  ein  anmutiges  Doppelgleichnis  ein: 
Africa  IV,  95  flf. 

Vincitur  ut  cáelo  species  telluris  opacae, 
Florida  sie  omnes  tellus  premit  Itala  terras; 
Utque  nitet  caeli  pars  purior  una  sereni, 
Italia  sic  Roma  potens  praefulget  in  ipsa, 
Solque  velut  radiis  fulgentia  sidera  vincit, 
Scipio  sic  omnes  superai. 

Wir  wollen  nicht  hervorheben,  dafs  Vergleiche  von  Menschen  mit 
Sternen  oder  mit  der  aufgehenden  Sonne  uralt  sind,  und  dafs 
Petrarka  auch  davon  einen  schönen  Gebrauch  (Africa  VU,  753  ff.) 
gemacht  hat;  an  unserer  Stelle  gab  er  mehr,  er  schenkte  seinem 
Helden  gleichsam  was  seinem  eigenen  Herzen  das  liebste  war, 
allen  Glanz  Italiens,  alle  strahlende  Herrlichkeit  Roms  legte  er 
ihm  zu  Füfsen.  Hier  redet  er  ganz  aus  vollem  Herzen,  und  was 
er  dabei  empfand,  wenn  er  Italiens,  wenn  er  Roms  gedachte,  das 
zeigt  jener  herrliche,  jubelnde  Zuruf,  mit  dem  er  von  den  Alpen 
herniedersteigend  das  Land  der  Römer  begrüfst  (Epist.  III,  2^  ad 
Italiani  ex  Galliis  remeans).  Arm,  zerrissen,  tief  unglücklich  war 
das  Land,  aber  ihm  leuchtet  es  sonnenhell,  denn  er  sieht  in  ihm 
das  Italien  der  Alten,  ja  man  könnte  sagen,  er  ahnt  das 
Italien  der  Renaissance  voraus,  zu  welcher  er  einen  der 
ersten,  folgenreichsten  Anstöfse  gab. 

Salve,  cara  Deo  tellus,  sanctissima;  salve 
Tellus  tuta  bonis,  tellus  metuenda  superbis, 
Tellus  nobilibus  multum  generosior  oris, 
Fertilior  cunctis,  terra  formosior  omni; 
Cincta  mari  gemino,  famoso  splendida  monte, 
Armòrumque  legumque  eadam  veneranda  sacrarum 


.A.  _^ 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  3  I 

Pieridumque  domus,  auroque  opulenta  virisque; 
Cuius  ad  eximios  ars  et  natura  favores 
Incubuere  simul  mundoque  dedere  magistram! 


Ziehen  wir  nun  den  Schlufs  aus  der  bisherigen  Untersuchung 
und  werfen  wir  die  Frage  auf:  Was  lehrt  die  Betrachtung  der 
poetischen  Vergleiche  in  Bezug  auf  Petrarkas  dichterische  Persön- 
lichkeit? 

Wenn  ein  Schriftsteller  in  einer  toten  Sprache  dichterische 
oder  prosaische  Werke  verfafst,  so  besteht  von  vornherein  die  Ver- 
mutung, dafs  er  in  diesen  Werken  wohl  nur  Nachahmer  sein  könne, 
dafs  derartige  Erzeugnisse  der  Originalität  entbehren  müfsten. 

Wie  falsch  diese  Ansicht  hinsichtlich  des  lateinischen  Stiles 
des  Petrarka  ist,  haben  bereits  Koerting  S.  553  ff.  und  andere  nach- 
gewiesen. Er  strebt  mit  Bewufstsein  danach,  einen  eigenen,  selb- 
ständigen Stil  zu  haben,  und  es  gelingt  ihm  dies  in  der  toten 
Sprache  ebenso  gut,  wie  es  einem  anderen  bedeutenden  Schrift- 
steller in  der  lebenden  Muttersprache  gelingt.  Er  ist  vom  Mönchs- 
latein ebenso  weit  entfernt  wie  vom  Ciceronianismus,  und  wenn 
bei  ihm  vom  Standpunkte  des  Puristen  aus  gewisse  Worte  und 
Wendungen  als  fehlerhaft  bezeichnet  werden  dürfen,  so  thun  diese 
anscheinenden  Fehler  der  Originalität  seines  Stiles  keinen  Abbruch, 
sondern  sind  eben  in  ihrer  regelmäfsigen  Wiederkehr  ein  bezeich- 
nendes Merkmal  seiner  stilistischen  Selbständigkeit. 

Was  von  seinem  lateinischen  Stile,  gilt  in  gleichem  Mafse  von 
seinen  lateinischen  Versen  (vgl.  Koerting  S.  553  ff.).  Er  durfte  von 
sich  behaupten,  keinen  einzigen  Vers  eines  seiner  Vorgänger, 
die  er  doch  so  fleifsig  gelesen  und  sicher  zum  grofsen  Teil  im  Ge- 
dächtnis hatte,  sich  wörtlich  angeeignet  zu  haben.  Dies  zu  ver- 
meiden war  er  eifrig  beflissen,  und  wo  dennoch  unbemerkt  eine 
gewisse  Reminiscenz  sich  eingeschlichen  hatte,  bemühte  er  sich  sie 
im  letzten  Augenblicke  noch  zu  entfernen.  Dies  Bestreben  war  in 
der  Poesie  weit  schwieriger  noch  durchzuführen  als  in  der  Prosa, 
denn  der  Qiarakter  der  gebundenen  Rede  scheint  für  den  Nach- 
folger eine  gewisse  Abhängigkeit  in  der  Form  von  seinem  Vorgänger 
beinahe  zu  bedingen.  Deshalb  möge  zu  den  von  Koerting  ange- 
führten Stellen,  die  sein  gewissenhaftes  Streben  beweisen  sollen, 
noch  folgende  hinzukommen.  Die  bekannte  homerische  Formel 
ccvxÒq  Ijiú  Jtóoiog  xaì  èÓTjrvog  è§  êçov  evro  drückt  Virgil 
Aeneis  8,  184  bekanntlich  folgendermafsen  aus:  Postquam  exempta 
famés  et  amor  compressus  edendi\  dagegen  sagt  Petrarka  Africa  Vili,  45 

Ut  dapibus  compressa  famés  primusque  quievit 
Impetus  edendi. 

Kürzer  nach  Corradini: 

Ut  compressa  fames  primusque  quievit  edendi 
Impetus. 


32  F.  FRIEDERSDORFF, 

Es  war  nur  eine  epische  Formel,  die  Homer  selbst  nicht  zu  ver- 
ändern für  nötig  hielt,  nachdem  sie  einmal  gefunden;  —  wer  hätte 
es  dem  Dichter  verdacht,  wenn  er  den  klassischen  Ausdruck  Virgils 
dafür  einfach  herübergenommen  hätte!  Ist  doch  sein  grofses  Vor- 
bild Virgil  selber  in  diesem  Falle  nicht  allzu  ängstlich  gewesen. 
Hierher  läfst  sich  auch  sein  Verfahren  in  der  Behandlung  bekannter 
Wortspiele  rechnen.  Für  das  plautinische  amens  amansque  findet 
er  die  originelle  Form: 

Somnia  sunt,  quae  fìngis  amans  et  fallens  amens 

(Africa  V,  68o);  ebenso  für  das  bekannte  urbi  et  orbi  erfindet  er: 
Africa  IX,  374 

Nee  dubium,  quin  ad  reliquos  per  bella  trìumphos 
Straverit  ense  viam  atque  orbis  patefecent  urbi 
Imperium  ; 

Vgl.  Africa  II,  113:  urbiquc  metum  depellet  et  orbi;  femer  nach  Terenz, 
Eun.  2,  25:  pannts  annisque  obsitus  bildet  er  Africa  V,  721: 
pannis  anus  obsita  et  annis  prosilit  u.  a.^ 

Wer  so  im  Kleinen  und  in  Fällen,  in  denen  ihm  schwerlich  ein 
Vorwurf  erwachsen  konnte,  sich  gewissenhaft  erweist,  der  wird  es 
in  wichtigen  Dingen  vermutlich  noch  mehr  sein. 

Es  ist  daher  ohne  weiteres  anzunehmen,  dafs  Petrarka  in 
seinen  Gleichnissen  dieses  Streben  nach  Selbständigkeit 
durchaus  beibehalten  hat  Wenn  eine  sorgfaltige  Vergleichung 
erweist,  dafs  er  in  einzelnen  Fällen  einem  Vorbilde  des  Alter- 
tums keinen  wesentlich  neuen  Zug  hinzugefügt  hat,  so  be- 
weist doch  dieselbe  Vergleichung,  dafs  er  niemals  einfach 
kopiert,  dafs  er  vielmehr  immer  das  vorhandene  Material 
in  neue  Formen  gegossen  und  diese  Formen  neu  ge- 
glättet und  geschliffen  hat 

Diesen  einzelnen  Fällen  steht  aber  die  grofse  Mehrzahl  von 
Gleichnissen  gegenüber,  in  denen  wir  ihn  so  vollkommen  neu 
und  originell  fanden,  dafs  wir  nicht  selten  in  der  Lage 
waren  daraufhinzuweisen,  dafs  ein  solches  Gleichnis  vor 
Petrarka  kaum  jemals  oder  sicher  niemals  gebildet  wor- 
den sei. 

Indessen  Neuheit  und  Originalität  sind  bekanntlich  nicht  unter 
allen  Umständen  Vorzüge;  sie  können  nur  dann  als  solche  aner- 
kannt werden,  wenn  sie  einen  Fortschritt  bezeichnen,  wenn  sie 
eine  Bereicherung  des  Vorhandenen  bilden,  wenn  sie  eine  Ver- 
mehrung und  Vertiefung  des  Gedankeninhalts,  wenn  sie  eine  Ver- 
schönerung der  Form  herbeiführen.  Wir  müssen  daher  vor  allem 
fragen:  Worin  besteht  die  Neuheit  und  Originalität  der  Gleichnisse 
Petrarkas?  In  den  meisten  Fällen  offenbar  in  der  Wahl  des 
Gegenstandes,    den    er    durch    eine  Vergleichung    unserer   An- 


1  Hierher  gehört  auch,  was  oben  (S.  II)  über  die  Benutzung  der  Geórgica 
des  Virgil  für  die  Gleichnisse  aus  dem  Leben  der  Bienen  bemerkt  ist 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  33 

schanung  und  unserem  Interesse  näher  zu  bringen  sucht,  mit  anderen 
Worten  in  dem,  was  wir  das  Objekt  des  Vergleiches  nennen 
können.  Dies  Objekt  des  Vergleiches  bilden  aber  bei  ihm  nicht 
sowohl  die  Thaten  eines  Helden  oder  Heeres  als  vielmehr  die 
Seelenzustände,  die  diese  Thaten  begleiten  und  aus  denen  diese 
Thaten  hervorgehen.  Er  verläfst  damit  das  Gebiet,  auf  dem  bei 
allen  Epikern  die  Gleichnisse  der  Mehrzahl  nach  sich  bewegen, 
das  Gebiet  der  thatsächlichen  Vorgänge.  Dieses  aber  ist  zugleich 
das  Gebiet  des  eigentlichen  Epikers;  ihn  interessieren  die  Be- 
gebenheiten an  sich,  ihre  Vorbereitungen  und  Folgen,  kühne  Thaten 
von  Helden  und  Kämpfe  von  Völkern,  ihre  mutigen  und  klugen 
Worte,  ihre  gefährlichen  Abenteuer  und  ihr  Glück  und  Geschick 
in  deren  Ueberwindung;  bei  ihm  ergiebt  sich  aus  der  Erzählung 
der  Begebenheiten  selbst  die  Stimmung,  in  der  die  handelnden 
Personen  sich  befinden  und  die  in  den  Hörern  und  Lesern  eben- 
falls erzeugt  werden  soll.  Will  der  Epiker  diesen  Empfindungen 
einen  besonderen  Ausdruck  verleihen,  so  dient  ihm  dazu  die  Rede 
der  handelnden  Personen,  oder  er  läfst  aus  den  Empfindungen  und 
Seelenzuständen  eine  That  hervorgehen,  die  er  dann  mit  einem 
anderen  bekannten  Vorgange  vergleicht,  so  gewissermafsen  einen 
Gradmesser  der  Empfindung  abgebend. 

Das  Gebiet  dagegen,  auf  welches  Petrarka  in  seinen  Gleich- 
nissen übergeht,  ist  wissenschaftlich  als  das  des  Psychologen  oder 
Philosophen,  in  der  Poesie  als  das  des  Lyrikers  zu  bezeichnen. 
Auf  beiden  Gebieten  aber  war  er  recht  eigentlich  zu  Hause.  Wenn 
man  auch  nicht  behaupten  kann,  dafs  er  in  wissenschaftlichem 
Sinne  der  modernen  Forschung  Psychologie  und  Philosophie  be- 
trieben habe,  so  hat  er  doch  über  den  Inhalt  dieser  Wissen- 
schaften viel  gelesen  und  nachgedacht,  beeinflufst  durch  Cicero, 
Seneka  und  Augustinus,  und  seine  prosaische  Schriftsteller  ei  be- 
schäftigt sich  vielfach  mit  Fragen,  die  diesen  Fächern  entstammen 
oder  ihnen  nahekommen.  Man  kann  femer  nicht  bestreiten,  dafs 
das  grübelnde  Betrachten  seines  eigenen  Gemütszustandes  sowie 
des  menschlichen  Lebens  und  der  damaligen  Zeit  überhaupt  ein 
wesentliches  Merkmal  seiner  Persönlichkeit  war.  Diese  Neigung 
lag  schon  in  seiner  Natur,  wurde  aber  gesteigert  durch  die  Ver- 
hältnisse der  damaligen  Zeit  und  seine  ganzen  Lebensschicksale, 
sowie  durch  den  Widerspruch,  in  welchen  seine  Studien  ihn  zu  den 
klerikalen  Einflüssen  brachten,  unter  denen  er  sein  Lebenlang  stand. 
Er  folgte  somit  nur  seiner  Natur  und  der  Richtung  seiner  Studien, 
wenn  er  auch  in  seinem  Epos  eine  Analyse  der  Gemütszustände 
vorzunehmen  pflegte,  wenn  er  mehr  Seelengemälde  als  Schlachten- 
bilder lieferte. 

Aber  weit  mehr  als  Moralist  oder  Psycholog  war  Petrarka 
Lyriker.  Wenn  dies  zu  beweisen  nötig  wäre,  aus  seiner  Africa 
könnte  es  bewiesen  werden.  Je  mehr  er  die  zu  erzählenden  Vor- 
gänge als  bedeutungsvoll  empfindet,  je  mehr  er  von  dem  Bilde  der 
grofsen  Männer  und   schönen  Frauen,   die  in  der  Erzählung  auf- 

Zetttchr.  £  rom.  PhiL    XXIL  \ 


34  F.  FRIEDERSDORFF, 

treten,  im  Innern  erfüllt  ist,  um  so  mehr  treibt  es  ihn,  nicht  im 
Handeln,  sondern  in  dem  das  Handeln  begleitenden  Empfinden 
sich  persönlich  an  deren  Stelle  zu  setzen  und  das  aus- 
zusprechen, was  seiner  Meinung  nach  jene  empfinden 
mufsten.  Die  Vorstellung  von  der  Grofsartigkeit  des  Kampfes, 
der  Gegenstand  der  Africa  ist,  von  der  Bedeutung  der  Gegner 
Scipio  und  Hannibal,  von  der  Gröfse  der  alten  Römer,  des  ganzen 
Volks  überhaupt,  besonders  aber  der  unvergleichlichen  Familie  der 
Scipionen  ist  die  Dominante  seiner  Komposition;  sie  erfüllt  ihn 
durchweg  und  treibt  ihn  seiner  persönlichen  Empfindung  Aus- 
druck zu  verleihen.  Denn  jene  grofsen  Thaten  alle  konnten  seiner 
Meinung  nach  doch  nicht  von  kaltherzigen  Menschen  ausgeführt 
worden  sein,  sondern  mufsten  von  tiefer,  seelischer  Erregung  be- 
gleitet gewesen  sein.  Wenn  Scipio  in  so  jungen  Jahren  zu  einem 
so  kühnen  Kampfe  gegen  den  berühmtesten  Feldherm  der  Welt 
zu  schreiten  wagt,  so  mufste  ihn  das  Bedürfiiis  der  Rache  und 
Sühne  für  den  Untergang  seines  Vaters  und  seines  Oheims  treiben, 
—  und  in  der  That  sind  beinahe  zwei  Bücher  der  Africa  mit 
allem  angefüllt,  was  zu  diesem  Streben  in  Beziehung  steht.  Wenn 
Masinissa  und  Syphax  die  Wechsel  voll  sten  Schicksale  in  kurzer  Zeit 
durchmachen,  und  namentlich  Masinissa  das  höchste  Glück  nur 
zu  erringen  scheint,  um  es  sofort  wieder  zu  verlieren,  so  em- 
pfand der  lyrische  Dichter  Petrarka  mit  ganzem  Herzen  alle  die 
in  diesem  Umschwung  liegenden,  das  Gemüt  ergreifenden  Mo- 
mente imd  suchte  sie  anschaulich  zu  machen.  Wenn  Hannibal  von 
seiner  Siegeslaufbahn  durch  seine  entmutigten  Mitbürger  zurück- 
gerufen wird,  wenn  die  Niederlage  seines  Volkes  ihn  mit  hinab- 
reifst in  den  allgemeinen  Sturz,  wenn  er  den  brennenden  Durst 
nach  Rache  an  den  Römern  nicht  stillen  kann,  so  stellt  sich  der 
erwägenden  und  nachempfindenden  Betrachtung  des  Lyrikers  in 
jedem  dieser  Fälle  die  Frage  vor  die  Seele:  Wie  mag  ihm  wohl 
damals  zu  Mute  gewesen  sein?  Wie  berechtigt  und  wie  nahe- 
liegend und  natürlich  diese  Frage  ist,  zeigen  ja  schon  die  Be- 
richte der  alten  lateinischen  Annalisten,  nach  denen  auch  Livius 
erzählt,  in  welcher  Stimmung  und  mit  welchen  Worten  Hannibal 
aus  Italien  geschieden  sei;  Liv.  XXX,  20,  i  frendens  gemensque  ac 
vix  lacrimis  temperans. 

Demgemäfs  äufsern  sich  alle  seine  Personen  in  lyrischer  Weise, 
durch  lange  Monologe,  in  schmerzlichen  Betrachtungen  und  unter 
vielen  Thränen.  Je  tiefer  das  Herz  des  Leidenden  von  dem  Un- 
glücke getroffen  ist,  um  so  mehr  wird  ihm  Veranlassvmg  gegeben, 
in  einer  selbstbeschauenden  Betrachtung  sein  Seelenleid  recht  zu 
analysieren,  und  wenn  die  Worte  des  Leidenden  selbst  nicht  ge- 
nügen, um  den  Leser  zu  bewegen,  so  tritt  zur  Veranschau- 
lichung des  in  Rede  stehenden  Gemütszustandes  ein 
Vergleich  hinzu.  Das  ist  das  eigentliche  Gebiet  der  poetischen 
Vergleiche  der  Afiica,  hier  setzen  sie  am  häufigsten  ein,  sie 
tragen  das   lyrische  Element   aus   der   Erzählung   in   die 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  35 

veranschaulichende  Parallele.  Auch  sie  verlassen  damit  das 
alte  Gebiet  des  Epos,  auch  sie  dienen  von  nun  an  der  Schilde- 
rung einer  lyrischen  Empfindung,  deren  Grundcharakter 
die  Sentimentalität  ist.  Diese  Sentimentalität  und  die  Neigung 
zu  grübelnder  Selbstbetrachtung,  die  zweifellos  zwei  Grundzüge  der 
Person  und  der  Schriftstellerei  unseres  Dichters  bilden,  sind  es, 
die  zu  seiner  Behandlung  der  poetischen  Vergleiche  fähren. 

Hinter  dieses  Bestreben  tritt  sogar  die  Anschaulichkeit  der 
Erzählung  zurück;  niemand  wird  mit  Erfolg  versuchen,  aus  der 
Africa  von  dem  Gange  der  Ereignisse  eine  durchaus  klare  und 
korrekte  Einsicht  zu  gewinnen. 

Ebenso  ist  es  mit  den  höheren  Ideen,  um  die  es  sich  in 
jenem  Kampfe  doch  zuletzt  handelt  und  die  ihn  zu  einem  der 
wichtigsten  in  der  Weltgeschichte  machen.  Es  darf  ja  niemand 
der  Africa  zumuten,  dafs  sie  ein  afrikanisches  Lokal-Kolorit  tragen 
solle,  wie  man  von  dem  Gedichte  eines  wirklich  „Modernen"  er- 
warten würde;  aber  sie  hat  selbst  das,  was  von  afrikanischem  und 
punischem  Wesen  noch  in  der  Erzählung  des  Livius  steckt,  nahezu 
völlig  abgestreift  Es  kämpfen  nicht  die  Vertreter  zweier  Rassen, 
nicht  der  Indogermane  mit  dem  Semiten,  oder  die  europäische 
Kultur  mit  der  afrikanischen;  der  Gluthauch  der  Wüste,  das  Bild 
der  braunen  und  schwarzen  Bevölkerung,  die  Vorstellung  einer 
palmenbedeckten  Landschaft,  Kamele,  Elefanten,  Löwen  und  was 
uns  sonst  bei  dem  Namen  Afrika  einfällt,  —  das  alles  ist  fast 
völlig  abhanden  gekommen;  aber  es  kämpfen  das  gute  Prinzip, 
vertreten  durch  Scipio,  Laelius  und  Ennius,  mit  dem  bösen  Prinzip, 
vertreten  durch  Hannibal  und  die  Punier.  Was  in  des  Dichters 
Phantasie  an  Vorstellungen  von  Verschiedenheit  der  Rassen  und 
der  Landschaften  vorhanden  war,  davon  ist  in  dem  Gedichte  selbst 
wenig  genug  zu  merken.  Für  Petrarka  vielmehr  bekommt 
dies  alles  Gestalt  in  den  Personifikationen  der  Roma 
und  Karthago,  die  den  Himmelsherrscher  aufsuchen,  um  ihm 
ihre  Angelegenheiten  vorzutragen;  vgl.  Africa  VII,  507  flf. 

Inclita  magnifìcis  opibus  cultuque  verendo 
Aethereas  matrona  virens  perlabitur  auras. 
Stat  capiti  diadema  sacro,  tur r it aque  frontis 
Effigies,  sceptrumque  manu:  sed  sparsa  capillos 
Et  trepido  festina  gradu.     Cui  fervida  contra 
Multa  minans  mulier  medioque  perustior  axe 
Ac  succincta  sinus  pauloque  annosior  that: 
Illa  quoque  et  sceptrum  et  regni  violenta  gerebat 
Signa,  déos  hominesque  omnes  reg-emque  deorum 
Aspernata  animis, 

und  die  Reden  der  Personifikationen  selbst.  Eine  solche  Dar- 
stellung von  Ideen  und  Eigenschaften  lag  durchaus  im  Geiste  der 
Zeit,  lag  auch  im  Geiste  des  Petrarka.  Man  denke  nur  an  seine 
Eklogen,  in  denen  lediglich  Personifikationen  handeln  und  reden; 

3* 


36  F.  FRIEDERSDORFF, 

man  denke  aber  vor  allem  auch  an  die  berühmten  Gemälde  der 
Capeila  degli  Spagnuoli  in  S.  Maria  Novella  in  Florenz  oder  an  jene 
Bilder  des  Campo  santo  zu  Pisa  oder  des  Palazzo  communale  in 
Siena!  Es  dürfte  daher  nicht  unwesentlich  sein,  auf  eine  Stelle 
der  Briefe  des  Petrarka  zu  verweisen,  in  der  er  von  seiner  Be- 
kanntschaft mit  den  berühmtesten  Künstlern  jener  Zeit  spricht, 
um  so  mehr  als  ja  von  seinem  Verhältnis  zu  den  bildenden 
Künsten  seiner  Zeit  wenig  bekannt  ist!  De  rebus  /am.  V,  17  duos 
ego  novi  piclores  egregios  ....  loiium  Florentinutn  civem, 
cuius  inter  modernos  fama  ingens  est,  et  Simonem  Senensem, 
Novi  Sculptores  aliquot,  sed  minoris  famaè;  eo  enim  in  genere  impar 
prorsus  est  nostra  aetas.  Die  hierin  sich  äufsemde  Hochschätzung 
des  Giotto,  der  vor  allen  Malern  jener  älteren  Epoche  in  den 
Gesichtern  seiner  Figuren  den  Seelenzustand  auszudrücken  strebte, 
giebt  uns  einen  weiteren  Beweis  dafür,  dafs  auch  Petrarka  in  den 
Personen  seines  Epos  einem  gleichen  Bemühen  folgte.  Die  sub- 
jektive Empfindung  sollte  überall  zu  ihrem  Rechte  kommen,  so 
erforderte  es  Petrarkas  eigenes  Empfinden;  er  schätzt  daher  die- 
jenigen Künstler  am  höchten,  die  es  hierin  am  weitesten  gebracht; 
und  die  Bildhauerei,  welche  damals  besonders  einer  derartigen 
Aufgabe  noch  nicht  gewachsen  war,  heifst  ihm  vollem  Rechte  impar, 
Dafs  er  mit  dieser  Liebe  zur  Individualisierung  auch  gelegentlich  eine 
Neigung  zur  Allegorie  und  Personifikation  verbindet,  steht  bei  ihm 
ebenso  wenig  zu  einander  in  Widerspruch  wie  bei  den  Malern  seiner 
Zeit  und  bei  Giotto  selbst  Es  war  ein  Rest  des  scholastischen  Ein- 
flusses, dem  niemand  sich  damals  schon  gänzlich  entzogen  hatte. 

Hatte  Petrarka  die  eigentlichen  Objekte  der  Vergleiche 
verändert,  so  war  die  notwendige  Folge,  dafs  er  auch  andere 
Gegenstände  als  seine  Vorgänger  zu  diesen  in  Parallele 
setzte.  Eine  KLandlung  wird  am  besten  mit  einer  Handlung,  ein 
Gemütszustand  am  besten  mit  einem  Gemütszustande  verglichen. 
Daraus  ergiebt  sich,  dafs  nicht  die  äufsere,  unbelebte  Natur 
oder  die  Tiere,  sondern  in  erster  Linie  der  Mensch  selbst 
von  ihm  zu  den  Objekten  des  Vergleiches  in  Beziehung  gesetzt 
weiden  mufste.  Wollte  er  Vorgänge  in  der  Natur  oder  Tiere  in 
derselben  Weise  verwenden,  so  mufste  er  dies  durch  eine  beson- 
dere Art  der  Behandlung  erreichen. 

Bei  den  alten  Epikern  fand  der  Dichter  hierfür  keine  Vor- 
bilder oder  doch  nur  wenige,  und  sozusagen  Anfange  seines  Stiles. 
Aber  bei  anderen  Dichtern  und  auch  bei  Prosaikern  fehlte  es 
daran  nicht.  Horaz  z.  B.  in  seinen  Sermonen  wendet  nicht  wem'ge 
derartige  Vergleiche  an;  er,  der  ja  auch  sonst  in  der  grübelnden 
Selbstbetrachtung  und  in  einem  gewissen  Hin-  und  Herschwanken 
der  Gemütsstimmung  mit  Petrarka  verwandte  Züge  zeigt,  dessen 
Sabinum  mit  Vaucluse  immerhin  in  eine  gewisse  Parallele  gestellt 
werden  kann.  Wenn  Horaz  die  Ungeduld  ausdrücken  will,  mit 
der  er  die  Zeit,  die  ihm  zu  philosophischen  Studien  Freiheit  bringt, 
täglich  herbei  sehne,  sagt  er  £p.  I,  i,  20: 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  37 

Ut  nox  longa  quibus  mentitur  amica  diesque 
Longa  videtur  opus  debentíbus,  ut  piger  annus 
Pupillis,  quos  dura  premit  custodia  matrum. 
Sic  mihi  tarda  fluunt  ingrataque  tempora.  .  .  . 

Hier  setzt  Horaz  zweifellos  den  Seelenzustand  eines  Menschen, 
nämlich  seinen  eigenen,  mit  dem  eines  anderen  Menschen  in  Ver- 
gleichung.  Und  wenn  er  sich  hier  mit  dem  ungeduldig  harrenden 
Liebenden  vergleicht,  mufs  uns  einfallen,  dafs  ja  auch  Petrarka 
den  Laelius,  der  sich  sehnt  nach  dem  Kampfplatze  und  zu  seinem 
Scipio  zurückzukehren,  aber  vom  Senate  daran  verhindert  wird, 
mit  dem  Liebhaber  vergleicht,  den  seine  strengen  Eltern  hindern, 
zum  Stelldichein  zu  kommen.  Eine  gewisse  Reminiscenz  könnte 
man  hier  vielleicht  vermuten,  doch  höchstens  als  Anregung  zu 
dem  Vergleiche  der  Africa.  Zudem  aber  vergesse  man  nicht, 
welch  ein  Unterschied  es  ist,  ob  ein  Humorist  dergleichen  in 
seinen  Plaudereien  sagt,  oder  ein  ernster  Dichter  in  einem 
Werke  erhabenen  Stiles.  Der  Humorist  geht  darin  noch  viel  weiter, 
vgl.  Horaz  Ep.  I,  2,  51  : 

Qui  cupit  aut  metuit,  invat  illnm  sie  domus  et  res 
Ut  lippuro  pictae  tabulae,  fomenta  podagnim, 
Aurículas  citharae  collecta  sorde  dolentes; 

und  noch  weiter  Ep.  I,  lo,  42: 

Cui  non  conveniet  sua  res,  ut  calceus  olim 
Si  pede  maior  erit,  subvertet,  si  minor,  uret. 

Hier  und  in  anderen  Fällen,  die  zu  vergleichen  zwecklos  ist,  geht 
Horaz  offenbar  schon  in  das  Gebiet  des  Komischen  über  oder 
streift  es  wenigstens;  ein  Beweis,  wie  weit  derartige  Vergleiche 
ursprünglich  dem  Wesen  des  Epos  fem  liegen.  Weit  näher  aber 
liegen  sie  dem  Lyriker,  wenigstens  wenn  er  dazu  neigt  psycho- 
logische Gemälde  zu  entwerfen,  und  eben  weil  Petrarka  Lyriker 
ist,  wendet  er  mit  Vorliebe  Vergleiche  dieser  Art  an. 

Ergab  es  sich  somit  als  notwendige  Folge  der  Seelenmalerei, 
dafs  Petrarka  in  erster  Linie  Menschen  zu  seinen  Vergleichungs- 
gegenständen wählte,  so  konnte  er  doch  immer  nur  Menschen 
in  einem  besonderen  Gemütszustände  der  Erregung,  der 
Freude,  Trauer,  des  Nachdenkens  u.  s.  w.  verwenden.  Deshalb 
sahen  wir  oben,  dafs  zum  Tode  verurteilte  und  zu  einer  besseren 
Todesart  begnadigte  Gefangene,  schiffbrüchige  Seeleute,  sorgen- 
volle Kauf  leu  te,  schwer  Erkrankte,  bei  einem  Brande  fliehende 
Menschen,  leidenschaftlich  erregte  Bauern,  beutegierige  Vogelfanger, 
in  den  Hoffnungen  getäuschte  Liebhaber,  ja  sogar  die  Geister  der 
Unterwelt  oder  der  in  den  Himmel  versetzte  Ganymed  zur  Dar- 
stellung von  Empfindungen  der  Personen  seines  Epös  benutzt 
wurden. 

Da  es  ihm  aber  bei  alledem  lediglich  auf  die  Hervorhebung 
eines   Gemütszustandes   ankommt,    so   begegnet    es  ihm,    dafs   er 


38  F.  FRIEDERSDORFF, 

weniger  darauf  achtet,  ob  auch  die  anderen  Umstände,  wie  z.  B. 
Lebenslage  und  natürliches  Geschlecht,  allgemeiner  Charakter  der 
zu  vergleichenden  Wesen  u.  a.  in  den  beiden  Hälften  des  Ver- 
gleiches sich  in  der  erforderlichen  Uebereinstimmung  befinden. 
Das  auffallendste  Beispiel  in  dieser  Hinsicht  ist  wohl  der  Vergleich, 
den  er  zwischen  dem  bei  Cannae  geschlagenen  Hannibal  und  der 
entehrten  Lucretia  zieht.  Lucre tia,  deren  Schicksal  bei  den  Schrift- 
stellern und  Künstlern  der  Renaissance  stets  besonderes  Interesse 
erregt  und  in  Gedichten  und  bildlichen  Darstellungen  mehrfach 
Verwendung  gefunden  hat,  bis  zuletzt  Schiller  ihre  Figur  in  seinem 
Fiesko  noch  verwertet  hat,  erscheint  immer  als  das  Symbol  der 
durch  tyrannische  Wollust  hingemordeten  Unschuld  und  zugleich 
als  heroische  Seele,  deren  Heroismus  auf  die  schwankenden  und 
zaudernden  Männer  übergeht  und  sie  zu  befreiender  That  be- 
geistert; sie  ist  das  reinste  und  edelste  Opfer  des  zu  gemeinster 
Brutalität  gesteigerten  Egoismus.  Von  alledem  hat  Petrarka  in 
seinem  Vergleiche  nichts  beibehalten;  es  stand  ihm  lediglich  der 
Moment  vor  der  Seele,  den  Livius  I,  58  schildert:  Lucretia  maestà 
tanto  malo  —  und  Lucretiam  sedentem  maestam  in  cubiculo  in- 
veniunt,  Adventu  suorum  lacrimae  obortae,  .  .  .  Indem  Pe- 
trarka nach  einem  Bilde  suchte,  welches  die  ganz  ungewöhnliche 
Gebrochenheit  und  Betrübtheit  des  von  seiner  Höhe  gestürzten 
Hannibal  voll  zum  Ausdruck  bringen  könnte,  fiel  ihm  Lucretia  ein 
(deren  Namen  er  übrigens  nicht  nennt;  er  spricht  nur  von  einer 
matrona);  so  zum  Tode  betrübt,  so  erdrückt  von  der  Empfindung 
der  unwiederbringlich  verlorenen  Ehre,  so  herabgesunken  von  edlem 
Selbstgefühl  zu  schmachvoller  Erniedrigung,  in  so  kurzer  Zeit,  wie 
es  nach  Petrarkas  Phantasie  Lucretia  gewesen  sein  muíste,  konnte 
niemand  wieder  sein,  —  darum  eignete  sie  sich  zum  Vergleiche, 
nicht  mit  Hannibal  —  sondern  ihre  Empfindung  mit  der 
seinen.  Aber  die  Hauptsache,  für  unser  Empfinden  wenigstens, 
dafs  dies  Unglück  ein  so  völlig  unverschuldetes  war,  dafs  es  ein 
so  reines  Wesen  traf,  dafs  die  tödlich  verletzte  weibliche  Scham- 
haftigkeit  doch  bei  Hannibal  gar  nicht  vorhanden  sein  konnte,  dafs 
er  überhaupt  immer  ein  Kriegsheld  und  sie  ein  schwaches  Weib 
blieb,  —  das  ist  unbeachtet  gelassen  oder  doch  mit  den  Worten 
quamvis  culpa  careat  zu  wenig  betont 

Auch  in  anderen  Fällen  ist  die  Frage,  ob  ein  Gleichnis  für  die 
handelnde  Person  und  ihren  Charakter  recht  geeignet  sei,  nicht 
immer  sorgfaltig  berücksichtigt.  Wenn  der  nach  seinem  Freunde 
und  dem  Kriegsschauplatze  sich  sehnende  Laelius  mit  einem  Ver- 
liebten, wenn  der  Zustand  des  römischen  Staates  mit  der  Krätze 
verglichen  wird,  wenn  die  Feldherren  bald  mit  verdriefslichen 
Bauern,  bald  mit  besorgten  Kaufleuten,  bald  mit  Vogelfängern  u.  a. 
in  Vergleichung  gesetzt  werden,  so  kann  man  mit  Recht  einwenden, 
dafs  in  einem  nicht  mehr  naiven  Zeitalter  Leser  und  Hörer  an 
solchen  Gegenüberstellungen  als  nicht  stilgemäfsen  Ausschmückungen 
vielleicht  Anstofs   nehmen   könnten.     Indessen   dem  Dichter  ist  es 


DEE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  39 

in  allen  diesen  Fällen  immer  nur  um  ein  recht  bezeichnendes  Bild 
für  Wiedergabe  gewisser  Seelenzustände  zu  thun,  neben  diesem 
Bestrebungen  verschwindet  alles  andere  und  man  mufs  zugeben, 
dafs  er  seinen  Zweck  der  Veranschaulichung  völlig  auf  diese  Weise 
erreicht.  Kein  heifseres  Verlangen  als  das  der  Verliebten  nach 
dem  Rendez-vous,  kein  schlimmerer  Verdrufs  also,  als  wenn  man 
sie  daran  hindert.  Kein  bitterer  Kummer,  als  wenn  dem  Land- 
mann die  Ernte  vernichtet  wird,  der  Ertrag  seiner  sauren  Arbeit, 
der  Segen  des  Landes,  für  das  er  lebt,  das  er  mit  ganzer  Seele 
liebt.  Kein  schrecklicherer  Moment  für  den  Sünder  als  der  der 
bevorstehenden  Hinrichtung,  keine  gröfsere  Seelenpein  als  an  eine 
Planke  geklammert  die  Qualen  des  unvermeidlichen  Todes  bei 
jeder  neuen  Woge  von  neuem  zu  fühlen! 

Wenn  wir  aber  zugeben  müssen,  dafs  der  Lyriker  Petrarka  in 
diesen  Bildern  seine  Zwecke  völlig  erreicht,  dann  sind  wir  es  ihm  auch 
schuldig  zu  erklären,  dafs  sein  Subjektivismus,  seine  Sentimentalität 
ihn  auf  eine  Stufe  stellen  mit  der  homerischen  Naivetät. 
Denn  so  wie  es  dem  Homer  völlig  fern  lag  (vgl.  Bd.  XX,  S.  474) 
zu  überlegen,  ob  seine  Gleichnisse  der  grofsartigen  Bedeutung 
seiner  epischen  Handlung  und  der  Erhabenheit  seiner  Helden  in 
ihrer  äufseren  Ausstattung  und  in  der  Sphäre,  aus  der  sie  stammen, 
auch  recht  angemessen  wären,  wofern  sie  nur  den  Zweck  der 
Veranschaulichung  der  Vorgänge  wirklich  erfüllen,  ebenso 
wenig  kehrte  sich  Petrarka  an  solche  Erwägungen  eines  äufseren 
Dekorums,  einer  Kostümierung;  von  seiner  eigenen  heifsen  Em- 
pfindung erfüllt,  ist  er  nur  darum  bemüht,  diese  zum  Ausdrucke 
zu  bringen.  In  dieser  Hinsicht  also  kann  man  ¡hm  einen  Zug  der 
Naivetät  nicht  absprechen.  Dies  gilt  besonders  noch  von  dem  Ver- 
gleiche, den  er  der  Krätze  {scabüs)  entlehnt  hat.  Es  soll  nicht 
davon  geredet  werden,  ob  die  medizinische  Auffassung,  dafs  die 
Krätze  sich  auf  innere  Teile  werfen  könne,  richtig  und  in  einem 
Epos  an  ihrer  Stelle  ist,  sondern  dafs  er  überhaupt  eine  so  ekel- 
hafte, ansteckende  Krankheit  mit  einem  schlimmen  Zustande  des 
von  ihm  so  hoch  verehrten  römischen  Volkes  in  Vergleichung 
setzt  Er  verfällt  offenbar  gar  nicht  darauf,  dafs  jemand  hierin 
etwas  Anstöfsiges  finden  könnte.  Freilich,  jenes  von  der  Pest 
heimgesuchte  Zeitalter  hatte  vollauf  Gelegenheit,  sich  an  ab- 
schreckende, bei  Krankheiten  auftretende  Vorstellungen  zu  ge- 
wöhnen! Die  Hauptsache  aber  ist,  dafs  Petrarka  selbst  an  der 
Krätze  zu  leiden  gehabt  hatte!  Er  redete  also  aus  Erfahrung: 
(Epist  II,  10) 

Solus  eram,  dulcesque  aberant  mea  cura  sórores 
Castaliae,  quas  morbus  iners  a  limine  longe 
ExpuUrat  nostro,  patriumque  Helicona  tenebant. 
Cura  animum,  scabies  dextram>  importuna  vagantem^ 
Hue  illuc  versabat  agens;  lux  alma  quietem 
Nullam  diu  dederat,  tacitae  nee  tempora  noctis 
Absque  dolore  truci  nee  somnus  amieior  umbris 


40  F.  FRIBDERSDORFF, 

Transierat;  calamusque  piger,  sqaalensque  papyms 
Pulvereoque  obducta  sita,  et  manus  aegra  iacebat. 

So  kam  er  dazu,  jene  widerwärtige,  aber  in  jenen  Zeiten  weit 
verbreitete  Krankheit,  deren  blofse  Nennung  uns  ein  Gefühl  des 
Ekels  erregt,  in  einem  Vergleich  seines  erhabenen  Werkes  zu  ver- 
wenden. Seine  Zeitgenossen  nahmen  daran  sicher  ebenso  wenig 
Anstofs  als  der  Empfanger  des  eben  angeführten  Briefes  an  der 
scabies  seines  Freundes;  und  die  Unbefangenheit,  mit  der  Petrarka 
diese  Erkrankung  seinem  Korrespondenten  meldet  (in  Versen!), 
kommt  der  Unbefangenheit,  mit  der  er  die  Sache  im  Epos  be- 
handelt, mindestens  gleich  (vgl.  Epist,  de  rebus  familiar,  lib.  XI,  i. 
Petrarka  redet  von  einer  Fufswunde,  die  er  durch  den  Hufschlag 
eines  Pferdes  erhalten  hatte:  Odor  neglecti  vulneris  tarn  molestus^  ut 
me  ipsum  supra  fidem  impatìentia  sui  saepe  violenter  averterei:  et 
quamvis  cum  corpore  nostro  quaedam  nobis  innata  familiaritas 
sit,  per  quam  multa  in  suo  corpore  feri  quisque  suaviter 
quod  in  altero  fastidirei^  ego  tamen  nunquam  in  alieno  cadavere 
ut  nunc  in  carne  propria  cognovi  u.  s.  w.  Petrarka  dachte  milde, 
wenn  das  Leiden  ihn  persönlich  betraf). 

Wenn  Petrarka  das  menschliche  Seelenleben  in  seinem  ganzen 
Umfange  einerseits  durch  Vergleiche  zu  veranschaulichen,  anderer- 
seits zu  Vergleichen  zu  verwenden  bestrebt  war,  so  kann  man  es 
nicht  anders  erwarten,  als  dafs  er  auch  das  rehgiöse  Empfinden 
ebenso  behandelt.  Allerdings  sind  alle  Personen  seines  Epos 
Heiden,  aber  um  ihre  Empfindungen  uns  klar  zu  machen,  greift 
er  dennoch  zu  christlichen  Vorstellungen;  so  wenn  er  die  Em- 
pfindung befreiter  Gefangenen  mit  der  Stimmung  von  aus  der  Hölle 
erlösten  Seelen  vergleicht  Umgekehrt  wiederum  benutzt  er  heid- 
nische Vorstellungen  zu  dem  gleichen  Zwecke,  indem  er  z.  B.  das 
Staunen  des  in  den  Himmel  versetzten  Ganymed  zum  Gegenstand 
eines  Vergleiches  macht.  Es  sind  eben  auch  in  diesen  Fällen  nur 
die  persönlichen  Gefühle  für  ihn  mafsgebend;  das  Wonnegefühl 
der  Befreiung  mufs  nach  Ansicht  des  christlichen  Dichters  in  den 
aus  der  Hölle  Befreiten  den  höchsten  Grad  erreichen,  —  deshalb 
wählt  er  es  für  seinen  Vergleich;  ob  für  punische  Gefangene  das 
Bild  ganz  angemessen  ist,  kommt  daneben  wenig  in  Betracht 
Ebenso  ist  es  mit  der  Empfindung  des  plötzlich  in  den  Himmel 
versetzten  Ganymed. 

Bisweilen  gehen  denn  auch  beide  Vorstellungsarten  in  ein- 
ander über,  heidnisches  vmd  christliches  Wesen  vereinigt  sich.  So 
folgt  er  zwar  in  der  Schilderung  der  Scipionen  in  Buch  i  und  2 
in  manchen  Stellen  dem  Somnium  Scipionis,  namentlich  da,  wo  dieses 
Gedanken  enthält,  die  christlicher  Auffassung  sich  nähern.  Aber 
er  verbindet  damit  auch  ganz  zweifellose  Anspielungen  auf  das 
Neue  Testament;  so  z.  B.  Africa  I,  223  nennt  er  den  Himmel  der 
Scipionen:  ree  e  s  sum  lue  i  s  inaccessae  in  offenbarer  Anlehnung  an 
Timoth.  I,  6,  16  rex  regum  et  dominus  dominantium,  qui  solus  habet 
immortaliiaiem  ei  lucem  habitat  inaccessibilem,   vgl.  Africa  I,  219 


DIB  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PBTRÂREJIS  AFRICA.  4 1 

pura  dies^  quem  lux  aeterna  serenai.  Er  schildert  femer  die 
Seligen  in  diesem  Himmel:  A^ica  1,  500  als  eine  turba  venientum, 
nnd  I9  33  f.  als  gener osum  agmen,  als  ¿aeta  agmina;  sie  haben  fiam- 
mûntta  ¡umtna;  er  sagt  von  ihnen:  sidereoque  levis  ful  g  eh  at 
lumin  e  amie  tus.  Die  gleichen  Ausdrücke  wendet  die  Apocalypse 
von  den  Seligen  an:  7,  9  Post  haec  vidi  turbam  magnam,  quam 
dinumerare  nemo  poterai^  ...  amidi  stolis  albis  et  palmae  in 
manibus  eorum^  vgl.  7,  13 — 14  hi  qui  amidi  sunt  stolis  albis ^  qui 
sunt  et  unde  vener  unt?  u.a.  Ferner  besonders  Africa  I,  2 19  ff. 
Quam  nee  luctus  edax  nee  tristia  murmura  turbante  non 
odia  incendunt!  verglichen  mit  Apocalypse  7,  13 — 14  non  esurient 
ñeque  sitient  amplius  ñeque  cadet  super  eos  sol  neque  ullus  aestus!  — 
et  absterget  deus  omnem  lacrimam  ab  oculis  eorum  und  Apo- 
calypse 21,  4  ...  et  mors  ultra  non  erit  neque  luctus  neque 
clamor  neque  dolor  erit  ultra  quia  prima  abierunt. 

Es  ist  hier  nicht  der  Ort  nachzuweisen,  dafs  eine  solche  Ver- 
mischung und  ein  solches  Uebergehen  aus  dem  Gebiet  des  Heid- 
nischen in  das  Christliche  und  umgekehrt  auch  bei  Dichtern  vor 
Petrarka  sich  findet;^  wohl  aber  mufs  es  hervorgehoben  werden, 
dafs  er  in  diesem  Verfahren  durch  seinen  Einflufs  zum 
Vorbilde  der  späteren  Humanisten  und  endlich  der 
Renaissance  geworden  ist.  Denn  das  ist  doch  eben  eine 
besondere  Eigentümlichkeit  des  Humanismus  jener  Zeiten,  dafs  er 
das  Altertum  nicht  als  etwas  lediglich  Historisches,  sondern  als 
etwas  thatsächlich  Bestehendes  ansieht,  und  dafs  er  infolge  dessen 
Vorstellungen  und  Grundsätze,  Ausdrücke  und  Bilder  aus  dem 
Altertum  der  Heiden  in  die  christliche  Gegenwart  überträgt  und 
so  in  jener  Mischung  der  Ideen,  die  Petrarka  gelegentlich  in  seinem 
Epos  und  sonst  in  seinen  Werken  anwendet,  thatsächlich  lebt.  Was 
bei  Petrarka  oft  nur  rhetorischer  Schmuck  seiner  Briefe  und  Reden 
oder  poetischer  Schmuck  seiner  Verse  gewesen  war,  das  wurde  bei 
seinen  Nachfolgern  Grundsatz  und  Inhalt  des  Lebens;  ihr  Christen- 
tum durchsetzte  sich  mit  gebildetem  Heidentum,  sie  wollten  sogar 
lieber  feingeistige  Heiden  als  schlichte  Christen  sein.  Und  wenn 
noch  Petrarkas  Liebling  Giotto  (von  Simone  da  Siena  gar  nicht 
zu  reden)  nur  christliche  Gegenstände  bildnerisch  behandelt  hatte, 
so  war  doch  die  Zeit  nicht  fem,  wo  Maler  und  Bildhauer  mit  der 
gleichen  Begeisterung  und  mit  dem  gleichen  Geschick  den  Triumph 
der  Venus  oder  der  Galathea  oder  Amor  und  Psyche  oder  Gany- 
meds  Entführung  malten,  mit  denen  sie  eine  Madonna,  eine  Pietà, 
ein  jüngstes  Gericht,  einen  Christus,  einen  David  gemalt  oder  ge- 
meifselt  hatten. 

Nach  dem  Gesagten  können  wir  unsere  Ansicht  dahin  zu- 
sammenfassen, dafs  zwar  Petrarka  in  seinem  Bestreben,  das  mensch- 


*  Vgl.  besonders  in  dem  Gedichte  des  Laurentius  Veronensis  rerum  in 
Majorica  Pisanorum  die  Vorgänge  in  der  Unterwelt,  da  Cerberus,  Aeacus, 
MaJiomet  in  den  Flammen  der  gehenna  leben  u.  s.  w. 


42  F.  FRIEDERSDORFF, 

liehe  Seelenleben  in  seinen  Regungen  zu  betrachten  und  die  Em- 
pfindung des  Einzelnen  inmitten  grofser  Ereignisse  zum  Ausdruck 
zu  bringen,  sich  von  der  Antike  entfernt;  dafs  er  aber  eben  da- 
durch Bahnbrecher  und  Vorläufer  des  modernen  Empfindens  wird. 
Das  Streben  des  Individuums,  sich  selbst  und  seine  Persönlichkeit 
geltend  zu  machen,  das  Verlangen  der  Einzelnen,  nicht  mehr 
völlig  aufzugehen  in  der  Gliederung  nach  Klassen  und  Standen, 
die  das  Mittelalter  beherrscht  hatte,  der  Trieb  nach  Befreiung  von 
mittelalterlicher  Gebundenheit  liegt  seiner  Behandlung  der  mensch- 
lichen Natur  zu  Grunde  und  trat  mit  einer  Bestimmtheit  und  Deut- 
lichkeit auf,  die  bewies,  dafs  ein  so  starker  Zug  nach  geistiger 
Befreiung  zu  dem  erwünschten  Ziele  führen  mufste. 

Aber  Petrarka  ist  als  der  Vertreter  eines  modernen  Subjekti- 
vismus auch  einer  der  ersten  Vertreter  des  erwachenden  Natur- 
gefühls der  Neuzeit.  Man  pflegt  als  Beweis  dafür  Stellen  aus 
seinen  lyrischen  Gedichten  zu  citieren,  in  denen  sich  zeigt,  wie 
aus  seiner  Umgebung,  dem  Walde,  dem  Flusse,  der  ganzen  Land- 
schaft die  Stimmung  seines  Liedes  sich  ergiebt;  man  pflegt  seine 
Besteigung  des  Mont  Ventoux  anzuführen,  auf  dessen  Gipfel  die 
Gröfse  des  Anblickes  ihn  niederdrückt  und  doch  seine  Seele  zu 
Gott  erhebt,  und  auch  in  unserer  Untersuchung  sind  Stellen  aus 
den  poetischen  Briefen  angeführt  worden,  in  denen  eine  lebhafte 
Schilderung  den  Eindruck  wiederspiegelte,  welchen  die  schöne  Um- 
gebung von  Vaucluse  und  das  Treiben  der  Bewohner  des  Waldes 
auf  ihn  gemacht  hatte. 

Indessen  diese  rein  persönlichen  Empfindungen  waren  wenig 
geeignet,  in  einem  poetisdien  Vergleiche  der  Africa  verwendet  zu 
werden;  wollte  also  Petrarka  Vergleiche  aus  der  Natur  anwenden, 
so  mufste  er  entweder  auf  denselben  Bahnen  wie  das  Altertum 
bleiben,  oder  er  mufste  sein  subjektives  Fühlen  in  einer  neuen 
Weise  verwerten. 

Er  hat  Beides  gethan.  Er  hat  vor  allem  die  Behandlung  des 
Tieres  im  Vergleiche  wesentlich  umgestaltet.  Solche  Tiere,  die  er 
nur  wenig  kannte,  wie  namentlich  grofse  ausländische  Raubtiere, 
hat  er  nur  selten  verwendet;  häufiger  Tiere  aus  seiner  ländlichen 
Umgebung.  Diese  hatte  er  genau  beobachtet,  über  diese  hatte  er 
auch  Studien  gemacht,  soweit  dies  ihm  möglich  war,  in  Seneca  fw- 
iuraUs  quaestiones^  in  den  Gedichten  des  Virgil  und  bei  den  Fabel- 
dichtern. Aber  seine  Beobachtung  beschränkte  sich  nicht  auf  die 
Feststellung  der  Lebensweise  und  Handlungen  der  Tiere,  sondern 
er  legt  in  die  zu  Vergleichen  verwendeten  Tiere  die  Stimmung 
hinein,  welche  der  im  Epos  erzählte  Vorgang  mit  sich  zu  bringen 
schien,  und  hierin  geht  er  so  weit,  dafs  er  die  Tiere  behandelt, 
als  besäfsen  sie  ein  den  Menschen  völlig  gleiches  Seelenleben.  Das 
Raubtier  in  seiner  Begierde  des  Krampfes  und  des  Frafses  wird 
mit  Zügen  ausgestattet,  die  der  Phantasie  eines  von  Hafs  und 
Rachedurst  entflammten  Mörders  entsprechen;  war  die  Schlange 
schon   bei  Homer  ein  Symbol   tödlichen  Grimms,   so  wird  sie  bei 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETFARKAS  AFRICA.  43 

ihm  ZU  einer  Art  dämonischen  Wesens»  das  mit  Zaubersprüchen, 
gleich  dem  bösen  Geiste  selber,  der  es  sendet,  gebannt  werden 
kann,i  dem  Vogel  in  seiner  Hülflosigkeit,  in  seiner  Liebe  für  die 
Kleinen  werden  alle  Empfindungen  einer  zärtlichen  Mutter  bei- 
gelegt; der  Fisch  empfindet  bei  dem  Uebergange  aus  dem  salzigen 
Wasser  in  das  süfse  ein  ebenso  grofses  Behagen  wie  der  Mensch, 
der  nach  scharf  gesalzener  Speise  eine  süfse  zu  sich  nimmt. 

Ein  solches  Verfahren  Petrarkas  ist  jedoch  keineswegs  Willkür 
zu  nennen;  er  bildet  vielmehr  die  bereits  im  Altertum  hierfür  vor- 
handen gewesenen  Anfange  aus.  Es  war  oben  darauf  hingewiesen, 
dafs  von  Homer  an  jedes  Tier  seinen  feststehenden  Charakter  hat, 
von  dem  es  nicht  wohl  abweichen  kann  (Bd.  XXI,  S.  64),  und  dafs 
die  späteren  Dichter  an  diesem  Charakter  nur  wenig  ändern.  Auch 
die  Tierfabel  folgt  den  gleichen  Grundzügen;  indessen  was  bei 
Homer  allgemeine  Anlage  des  Charakters  gewesen  war,  wird  bei 
den  Fabeldichtern  zur  Individualität  ausgestaltet  und  zwar  zu  einer 
menschlichen  Individualität.  Abgesehen  von  der  äufseren  Erschei- 
liUDg  geht  das  Tierische  vollkommen  in  der  Fabel  verloren;  wir 
hören  Menschen  reden  und  sehen  Menschen  handeln.  Nachdem 
aber  der  Charakter  der  Tiere  eine  solche  Wandlung  durchgemacht 
hatte,  war  es  nur  noch  ein  Schritt  weiter  in  derselben  Richtung, 
wenn  Petrarka  nun  dem  Seelenleben  der  Tiere  eine  dem  mensch- 
lichen Seelenleben  ähnliche  Gestaltung  gab,  wenn  er  beiden  Seelen 
die  gleiche  psychologische  Analyse  zu  teil  werden  liefs.  Durch 
diese  Behandlung  aber  wurde  das  Tier  für  seine  auf  Darstellung 
von  Seelenzuständen  und  Seelenkämpfen  berechneten  poetischen 
Vergleiche  ein  ebenso  zu  Parallelen  geeigneter  Stoff  wie  der  Mensch, 
und  er  hat  sie,  wie  oben  gezeigt  (Bd.  XXI,  S.  68  ff.),  in  diesem 
Sinne  unterschiedslos  angewendet.  Jener  alte  kranke  Löwe  des 
Petrarka,  den  er  umbra  leonis  nennt,  der  aber  mit  seiner  Stimme 
alle  Tiere  noch  in  Furcht  hält,  ist  ohne  die  Tierfabel  gar  nicht 
denkbar.  Waren  aber  die  Tiere  einmal  in  dieser  Art  zu  Vergleichen 
verwendet,  war  das  rein  Tierische  an  ihnen  neben  der  Erörterung 
ihres  seelischen  Zustandes  in  den  Hintergrund  getreten,  so  schwanden 
noch  andere  Bedenken,  die  man  sonst  bei  ihrer  Verwendung  in 
einem  derartigen  Vergleiche  haben  könnte,  Bedenken,  über  die 
sich  Petrarka  freilich  auch  sonst  hinweg  gesetzt  hat.  Wenn  schon 
Achilles  gesagt  hatte,  er  habe  für  die  Griechen  gesorgt  wie  ein 
Vogel  für  seine  unbefiederten  Jungen,  so  will  er  damit  den  hohen 
Grad  seiner  aufopfernden  Fürsorge  an  einem  bekannten  Beispiele 
erläutern;  dagegen  bei  Petrarka  wird  uns  ein  Vogelweibchen  vor- 
geführt, das  um  die  Jungen  bangt,  die  der  Vernichtung  durch  die 
Schlange   ausgesetzt  sind;    die  Mutter    kann   sie   nicht   retten  und 

*  Africa  VI,  417 — 420: 

Haud  aliter  quam  carmina  noxia  serpens 
Et  magicum  murmur  cursumque  vetantia  verba 
Quando  audit,  rauca  violentus  sibilat*ore 
Et  sese  in  nodos  sinuoso  corpore  versât. 


44  ?•  FRIBDERSDORFF, 

ñíeht  mit  schmerzlichen  Klagen.  Der  Dichter  empfindet  wohl  mit 
einem  solchen  Vogelweibchen  das  gleiche  Mitleid  wie  mit  einer 
armen  Frau,  vielleicht  sogar  gröfseres.  Aber  dafs  unter  den 
Jungen  im  Neste  ein  schwerverwundeter  römischer  Konsul,  ein 
Held  von  echtem  Schrot  und  Korn,  L.  Aemilius  Paullus,  verstanden 
werden  soll,  und  dafs  die  in  Verzweifelung  und  Machtlosigkeit 
sich  selbst  rettende  Mutter  die  Vertreterin  eines  jungen,  kriegs- 
tüchtigen, gepanzerten  und  berittenen  eques  Romanus  ist,  der 
seinen  Konsul  nicht  retten  kann,  das  mutet  uns  eigentümlich  an 
und  beweist  aufs  neue,  dafs  Petrarka  in  gewissen  Vergleichen 
zwischen  Menschen  und  Tieren  in  der  Benutzung  keinen  Unter- 
schied machte,  dafs  er  bei  den  Tieren  ebenso  wie  bei  den  Menschen 
sich  über  Aeufserlichkeiten  hinwegsetzte,  wenn  nur  der  Zweck 
des  Vergleiches,  die  getreue  und  wirkungsvolle  Wieder- 
gabe eines  Gemütszustandes  erreicht  wurde. 

Die  unbelebte  Natur  dagegen,  der  eine  sich  selbstthätig  regende 
Seele  nicht  wohl  zugesprochen  werden  kann,  war  fur  Vergleiche 
in  dem  Sinne  Petrarkas  ein  völlig  ungeeigneter  Stoff.  Wohl  empfand 
er  die  Schönheit  und  Gröfse  dieser  Natur,  wohl  schildert  er  sie  in 
lyrischen  Gedichten  und  poetischen  Briefen,  aber  er  kann  seine 
Empfindung  nicht  ohne  weiteres  in  Gleichnissen  verwerten.  So 
geht  er  denn  in  diesem  Falle  nicht  selten  auf  denselben  Wegen 
wie  seine  Vorgänger  in  der  Antike;  die  Berge,  wie  Eryx  und  Atlas 
sind  Symbole  des  unerschütterlichen  Widerstandes;  der  fallende 
Hagel  giebt  das  Bild  der  auf  die  Schilde  prasselnden  Geschosse, 
das  Feuer  des  Aetna  ist  Bild  der  leidenschaftlichen  Liebe,  die 
Stürme  in  der  Luft  und  die  brausenden  Wellen  des  Meeres  ent- 
sprechen den  Kämpfen  und  Stürmen  der  Menschen  untereinander. 

Aber  er  geht  doch  auch  weiter  als  seine  Vorbilder.  Denn  er 
begnügt  sich  nicht  mit  der  Verwendung  der  Erscheinungen  und 
Kräfte  der  Natur  im  Bilde,  sondern  sucht  den  Menschen  mit 
diesen  Kräften  und  Erscheinungen  in  Beziehung  zu 
setzen;  seine  Gleichnisse  zeigen  ihre  Wirkungen  auf  den 
Menschen,  sie  zeigen  den  Menschen  im  Wüten  der  Ele- 
mente, im  Kampfe  mit  ihnen,  sich  vor  ihnen  rettend, 
ihnen  erliegend. 

So  kommen  denn  die  Gleichnisse  aus  der  unbelebten  Natur 
zuletzt  wieder  denen  nahe,  die  er  aus  der  gewerblichen  Thätigkeit 
und  dem  Menschenleben  im  allgemeinen  genommen  hatte;  dort 
zeigte  er  gerne  Schiffbrüchige  im  Kampfe  mit  den  Elementen,  — 
hier  zeigt  er  Wundererscheinungen  der  Natur  oder  Erdbeben  und 
Ueberschwemmungen ,  aber  er  fügt  als  wesentlichen  Bestandteil 
dem  Bilde  die  Menschen  ein,  die  den  Eindruck  dieser  Wunder 
erfahren,  die  aus  diesen  Wassersnöten  sich  zu  retten  suchen  u.  a. 
Wie  sehr  er  in  diesen  Bildern  sich  gleichsam  heimisch  fühlte,  zeigt 
die  Episiula  ad  se  tpsum  I,  20,  in  der  er  durch  zwei  Gleichnisse 
seine  Furcht  vor  den  Schrecken  der  Pest  des  Jahres  1348  und 
seine  Hoffnungslosigkeit  derselben  zu  entrinnen  ausmalt 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  45 

Sic  velut  in  dubiis  deprehensus  nauta  procellis, 
Cui  ferus  ante  ocolos  socias  absorbait  alnos 
Neptonus,  fragilemque  utero  crepuisse  carinam 
Sentit  et  illisos  scopulis  confligere  remos, 
At  procul  horribiles  clavum  videt  ire  per  nudas, 
Haereo  consilii  incertus,  certusque  perieli. 
Nee  secus,  annosas  ubi  sacra  incendia  furtim 
Corripuere  trabes  tabulataque  pinguia  Iambi t 
Fiamma  vorax,  surgit  subito  examinata  tumultu 
Turba,  domus  pater  ante  alios  ad  culmina  tecti 
Evolat  aspiciens  circum,  natumque  trementem 
Complexus  primum  ancipiti  subducere  pesti 
Cogitât  objectosque  oneratus  abire  per  ignés. 

(Nach  Rossetti,  Sezione  IV,  i.)  In  beiden  Gleichnissen  stehen  die 
entfesselten  Kräfte  der  Natur  neben  dem  von  ihnen  bedrohten 
Menschen,  in  beiden  Gleichnissen  sind  die  Natur  sowohl  als  die 
Menschen  zur  Hervorbringung  der  gesamten  Vorstellung  notwendig 
mit  einander  verbunden.  Auf  diese  Weise  dient  also  auch  die  un- 
belebte Natur  dazu,  eine  Stimmung  des  Gemütes,  einen  Seelen- 
zustand  zu  erläutern.  So  erläutert  ein  Gleichnis  von  der  Ruhe  und 
Heiterkeit  des  Himmels  den  ruhigen  Seelenzustand  des  Scipio  nach 
Beendigung  des  Kampfes;  so  erklärt  das  Wasser  im  Kessel,  welches 
bald  aufbraust,  bald  wieder  durch  kühlere  Zugiefsung  beruhigt 
wird,  den  erregten  und  schwankenden  Seelenzustand  des  Masinissa; 
so  wird  ein  plötzlicher  Schreck  durch  die  Wirkung  eines  plötzlichen 
Blitzes  veranschaulicht.  Immer  aber  ist  es  nicht  die  Betrachtung 
der  Natur  an  sich,  die  den  Gegenstand  des  Vergleiches  abgiebt, 
sondern  die  Wirkung  dieser  Natur  auf  den  Menschen. 

Wir  können  also  am  Schlufs  unserer  Betrachtung  wohl  die 
Behauptung  als  bewiesen  ansehen,  dafs  Petrarka  in  seiner  Africa 
und  in  seinen  Vergleichen  besonders  dadurch  von  anderen,  älteren 
Dichtem  sich  unterscheidet,  dafs  er  den  Menschen  in  den 
Mittelpunkt  des  Interesses  stellt.  Wohl  erzählt  er  grofse 
Thaten  und  kühne  Unternehmungen,  aber  nicht  eigentlich  um 
ihrer  selbst  willen  thut  er  dies;  diese  Ereignisse  bekommen  erst 
dann  für  ihn  das  rechte  Interesse,  wenn  er  sich  die  Menschen, 
die  sie  ausführen,  in  dem  Seelenzustande  vorstellt,  aus 
dem  heraus  sie  eben  ihre  grofse  That  vollbrachten.  Und 
was  von  den  grofsen  und  guten  Thaten  gilt,  das  gilt  ebenso  von 
den  schlechten,  das  gilt  aber  auch  von  den  Leiden  der  handelnden 
Personen.  So  durchzieht  sein  ganzes  Werk  ein  subjektiver  lyrischer 
Ton,  und  es  kann  bei  seinem  bedeutenden  lyrischen  Talente  denn 
nicht  ausbleiben,  dafs  uns  in  demselben  eben  diese  so  zu  sagen 
lyrischen  Stellen  am  meisten  ansprechen. 

Petrarka  giebt  damit  seinen  Menschen  etwas  von  seinem  eigenen 
Wesen,  sie  empfinden  und  denken  wie  er,  ja  sie  träumen  wie  er. 
Der  Traum  ist  ja  auch  im  homerischen  Epos  ein  notwendiges  Re- 


40  F.  FRIEDERSDORFF, 

quisit  der  Darstellung;  regelmäfsig  von  Gott  gesendet,  aber  bald 
mit  der  Absicht  den  Menschen  irre  zu  führen,  bald  mit  dem  Zwecke 
ihm  einen  richtigen  Weg  zu  weisen.  Bei  Petrarka  aber  sind  die 
Träume  der  sich  von  selbst  einstellende  Erfolg  einer  erregten 
Seelenstimmung;  in  dieser  Stimmung  erhebt  sich  die  im  Schlafe 
von  den  irdischen  Banden  anscheinend  gelöste  Seele  über  sich 
selbst  und  bekommt  eine  gewisse  Prophetengabe.  Biblische,  orien- 
talische Vorstellungen  liegen  der  Behandlung  des  Traumes  bei 
Petrarka  zu  Grunde,  wenn  er  auch  nicht  den  Traum  geradezu  als 
göttliche  Eingebung  bezeichnet  Aber  wie  ernst  er  darüber  dachte, 
wie  er  thatsächlich  höchst  merkwürdige,  bestimmte  Ereignisse  vor- 
aussagende Träume  gehabt  zu  haben  erklärt,  ist  bekannt  und  kann 
hier  nicht  ausgeführt  werden.  Ebenso  träumen  nun  seine  Helden, 
Ist  doch  der  Inhalt  des  ersten  und  zweiten  Buches  nicht  viel 
anderes  als  eine  Traumvision  des  älteren  Scipio,  zu  der  freilich 
das  Vorbild  im  Altertum  vorhanden  war,  die  aber  Petrarka  un- 
endlich erweitert  und  mit  neuen  Vorstellungen  angefüllt  hat  Kaum 
dürfte  jemals  ein  epischer  Dichter  von  einem  Traum  einen  so  aus- 
gedehnten Gebrauch  gemacht  haben.  Aber  es  träumt  auch  Sopho- 
nisbe,  Africa  V,  261  flf. 

.  .  .  Nee  somnia  laetum 
Portendere  aliquid.     Visa  est  sibi  nempe  secundo 
Rapta  viro,  sentire  minas  et  iurgia  primi, 
Et  tremuit,  sopita  licet.     Tum  vertice  montis 
Aerii  traducta  sedens,  subiecta  videbat 
Regna  sìbi  populosque  vagos;  monstrumque!  repente 
Concurrisse  alium  maiori  corpore  montem; 
Tum  vero  tremuisse  iugum,  cui  nixa  sedebat; 
Impulsuque  gravi  gélidos  de  vertice  fontes 
Discendìsse  duos;  montemque  abisse  minorem 
Inde  retro;  ast  illam  rapido  per  inania  lapsu 
Tartara  nigra  quidem  et  Stygiam  tetigisse  paludem. 

(Vgl.  die  Deutung  des  Traumes  bei  Corradini.)  Auch  Masinissa  nimmt 
sein  Leid  mit  in  den  Traum  hinein,  V,  690.  VI,  803  ff.  Und  wie  er 
sein  Werk  mit  einer  grofsartigen  Darstellung  eines  Traumes  begonnen 
hatte,  so  kehrt  dieselbe  auch  im  Schlüsse  des  Epos  wieder.  Sdpio 
hat  den  Krieg  beendet;  im  neunten  Buch  wird  seine  Heimfahrt 
und  sein  Triumph  erzählt.  In  der  nächtlichen  Stille  einer  ruhigen 
Seefahrt  unterhält  Ennius,  der  hier  zuerst  als  vertrauter  Freund  des 
Scipio  eingeführt  wird,  den  Feldherrn  Scipio  von  einem  Traume. 
Es  sind  die  somnia  Pythagorea  des  Ennius,  von  denen  Horaz  Epist. 
II,  I,  52  redet;  der  Traum,  in  dem  Homer  dem  Ennius  erschienen 
war  und  den  jener  im  Eingange  seiner  Annales  erzählt  hatte.  Dieser 
Unterhaltung  und  diesem  Traume  sind  gegen  300  Verse  gewidmet; 
aber  Petrarka  verbindet  auch  hier  antike  Vorstellungen  mit  seinen 
eigensten  Ideen.  Denn  Homer  prophezeit  hier  dem  Ennius  ganz 
eingehend  von  dem  Dichter,  der  einst  den  Scipio  besser  als  Ennius 


DIB  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA.  47 

verherrlichen  wird,  von  keinem  anderen  redet  er  als  —  von  Franz 

Petrarka  selbst     Africa  IX,  222: 

Agnosco  iuvenem,  sera  de  gente  nepotara, 

Quem     regio  Italiae  quemve  ultima  proferet  aetas. 

Hunc  tibi  Tusca  dabit  latis  Florentia  muris 

Romulea  radice  oriens,  urbs  inclita  quondam  (künftig) 

Nunc  nihil  (202  a.  Chr.);  utve  queas  ortus  conñnia  nosse, 

Divitis  exiguus  muros  interluet  urbis 

Amus,  in  Ausoniae  descendens  litora  Pisae. 

lUe  diu  profugas  revocabit  carmine  Musas 

Tempus  in  extremum,  veteresque  Helicone  sórores 

Restituct,  vario  quamvis  agitante  tumultu, 

Francisco  cui  nomen  erit,  qui  granäia  facta, 

Vidisti  quae  cuneta  oculis,  ceu  corpus  in  unum 

Stringet  et  Hispanas  acies  Libyaeque  labores 

Scipiadamque  tuum;  titulusque  poematis  Uli 

Africa 

Hic  tandem  ascendet  Capitolia  vestra;  nee  ipsum 
Mundus  iners  studiisque  aliis  tunc  ebria  turba 
Terrebit,  quin  insigni  fr ondentia  lauro 
Tempora  descendens  referai  comitante  senatu. 

So  prophezeit  der  Dichter,  von  dem  Ziele  seiner  Africa  sich  mehr 
und  mehr  entfernend,  seine  eigene  Gröfse  und  seine  Dichterkrönung. 
Wie  gehoben  er  sich  durch  diese  Betrachtungen  fühlte,  zeigt  die 
Bemerkung,  dafs  unter  dieser  Plauderei  mit  Ennius  die  Zeit  dem 
Scipio  unmerklich  verflogen  sei  (v.  292)  : 

Haud  aliter,  quam  qui  placidis  per  plana  quadrigis 
Vectus,  et  irriguo  perfusus  membra  sopore 
Non  sentit  transiré  diem,  longamque  repente 
Decrevisse  viam  stupet  et  vix  credulus  audit. 

Dieses  originelle,  sicher  aus  dem  Leben  des  vielgereisten  Dichters 
stammende  Gleichnis  zeigt  ihn  ganz  uns  selbst;  wie  manchmal  mag 
er  so,  seinen  ehrgeizigen  Träumereien  nachhängend  oder  mit  einem 
Freunde  von  ihnen  plaudernd,  durch  Galliens  und  Italiens  Fluren 
den  Weg  genommen  haben! 

Und  immer  mehr  tritt  seine  eigene  Person  in  den  Vorder- 
grund. Es  folgt  die  Erzählung  von  dem  Triumphe  des  Scipio; 
ihm  zur  Seite  geht  Laelius  auf  das  Kapitol  hinauf,  wie  einst  Petrarka 
an  der  Seite  des  edlen  Orso  dell' Anguillara  (v.  398  ff.): 

Ipse  coronatus  lauro  frondente  per  urbem 

Lactus  iit  totam,  Tarpeia  rupe  reversus. 

Ennius  ad  dextram  victoris,  tempora  fronde 

Substringens  parili,  studìorum  almaeque  poesis 

Egit  honoratum  sub  tanto  auctore  triumphum. 

Ipse  ego  ter  centum  labentibus  ordine  lustrìs 

Dumosam  tentare  viam  et  vestigia  rara 

Viribus  imparibus  ñdens,  utcunqne  peregi, 


48      FRIEDERSDORFF,  DIE  POET.  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS  AFRICA. 

Frondibus  at  que  loco  simal  et  cognomine  claro 
Heroum  veterum  tantos  imitatus  honores, 
Irrita  ne  Graii  fièrent  praesagia  vatis. 

Es  folgt  der  Schlufs,  der  völlig  das  Gebiet  des  Epos  verläfst  und 
in  schmerzlichen  Betrachtungen  über  den  Verlust  des  Königs 
Robert  von  Neapel  sich  ergeht.  Ihn,  den  Trinacrü  moderator 
maxime  regni,  hatte  der  Anfang  des  Werkes  gepriesen,  als  er  noch 
lebte;  folgerichtig  war  es  dem  Toten  am  Schlufs  ein  Denkmal  zu 
setzen. 

Wir  stehen  am  Ende  der  Africa  und  unserer  Betrachtung. 
Wenn  wir  die  Africa  eine  poetische  Verherrlichung  der  Gröfse  des 
Römervolkes  und  seines  bedeutendsten  Helden  nennen  können, 
eine  Verherrlichung,  deren  Stoff  aus'  Cicero  und  Livius  und  anderen 
Historikern  ohne  weiteres  entlehnt  ist,  so  wird  dieser  Stoff  in  einer 
neuen  Weise  von  Petrarka  durchdrungen  und  beseelt.  Er  stellt 
den  Menschen  in  seinem  Fühlen  und  Streben  in  den  Vordergrund 
der  Darstellung;  er  giebt  ihm  seine  eigenen  Empfindungen,  über- 
trägt auf  ihn  sein  eigenes  Seelenleben;  Petrarka  selbst  ist  es,  den 
wir  in  den  psychologisch  merkwürdigen  Teilen  der  Dichtung  heraus- 
erkennen. In  den  meisten  Fällen  bleibt  er  freilich  persönlich  ver- 
borgen, nur  seine  Gedanken  lassen  ihn  erkennen;  aber  zum  Schlufs 
giebt  er  diese  Zurückhaltung  auf  und  erscheint  als  ein  in  dem  Epos 
selbst  Mithandelnder.  So  entfernt  er  sich  zwar  von  der  altepischen, 
rein  objektiven  Darstellungsweise;  aber  er  wird  dem  Empfinden 
einer  neuen  Zeit  gerecht,  die  die  grofsen  Thaten  des  Altertums, 
die  Thaten  ihrer  eigenen  Vorfahren  mit  glühender  Seele  nach- 
empfand, der  Zeit  eines  Cola  di  Rienzi,  die  gleiche  Thaten  zu 
thun  begierig  war  und  aus  dem  politischen  Elend,  welches  das 
Mittelalter  über  sie  gebracht,  zur  Selbständigkeit  und  Kraft  zu  ge- 
langen begierig  trachtete,  ja  sogar  die  Herrschaft  der  Welt  als  ein 
ihr  gebührendes  Erbteil  ansah.  Indem  er  aber  selbst  in  seinem 
Denken  und  Fühlen  die  grofse  Zeit  der  Scipionen  miterlebte  und, 
da  er  Krieger  nicht  sein  konnte,  doch  der  Sänger  des  Krieges, 
ein  zweiter  Ennius,  zu  sein  wünschte,  ja  unmittelbar  auf  den  Spuren 
desselben  wandelte  und  sein  Leben  nachzuleben  versuchte,  gab  er 
für  alle  Humanisten  des  konmienden  Jahrhunderts  ein  immer  von 
neuem  mit  Begeisterung  befolgtes  Vorbild. 

F.  Friedersdokff. 


Eine  alt&anzösische  Bearbeitung  der  Parabel 
von  den  drei  Freunden. 

Von  dem  weiter  unten  folgenden  Gedichte,  das  mit  den  Worten 
beginnt  ,»Bien  deussons  essample  prendre",  habe  ich  trotz  eifrigen 
Nachforschens  keine  weitere  Handschrift  entdecken  können  als  die 
bereits  von  G.  Paris  (Alexiuslied  2 12, 9),  Windahl  (Vers  d.  1.  mort  VU)  ^ 
und  Naetebus  (Die  nicht -lyrischen  Strophenformen  des  Altfranzö- 
sischen S.  113,  17)  namhaft  gemachte  Hs.  12471  des  fonds  fr.  der 
Nationalbibliothek  zu  Paris.  £s  findet  sich  jedoch  ein  beträcht- 
licher Teil  des  Gedichtes,  freilich  in  eigentümlicher  Weise  umge- 
modelt, in  der  Hs.  1526  des  f.  fr.  wieder,  die  als  einziges  Werk 
die  Bible  des  .VII.  estaz  du  monde  des  Geiftoi  de  Paris  enthält 

Bereits  Bonnard  (Les  traductions  de  la  bible  en  vers  français 
au  moyen  âge  p.  42  flf.)  hatte  nachgewiesen,  dafs  Geffroi  de  Paris 
überhaupt  keine  Scheu  getragen  von  andern  Verfassern  herrührende 
Gedichte  für  sein  Werk  nutzbar  zu  machen,  z.  B.  eins  über  die 
Passion.  Er  hatte  jedoch  seiner  eigenen  Angabe  zufolge  nur  den 
beiden  ersten  Teilen  des  Textes  der  Hs.  152Ò  eine  nähere  Be- 
trachtung gewidmet;  sonst  wäre  es  ihm  sicher  nicht  entgangen, 
dafs  noch  zwei  weitere  und  zwar  häufig  genannte  Gedichte  von 
Geffroi  ausgebeutet  worden  sind,  nämlich  das  Dit  du  cors  und 
das  Gedicht  des  Roi  de  Cambrai,  das  beginnt:  „Oies  de  haute 
estore  Tuevre"  und  in  den  Handschriften  gewöhnlich  betitelt  ist 
„Li  regres  Nostre  Dame",  auch  „La  complainte  Nostre  Dame". 
Beide  Texte  sind  in  zahlreichen  Handschriften  vorhanden,  ersterer 
ist  auch  gedruckt; 2  beide  finden  sich  auch  in  der  Hs.  12471,  die, 
wie  schon  bemerkt,  das  Gedicht  „Bien  deussons  essample  prendre" 
enthält 

Dafs  Gefiroi  zunächst  aus  dem  Dit  du  cors  geschöpft  hat, 
ergiebt  sich  aus  folgender  Gegenüberstellung:  ^ 


^  Die  Zahl   der  Strophen    ist  dort    unrichtig  angegeben:    es   sind   58, 
nicht  56  Strophen. 

*  s.  Naetebus  a.  a.  O.  122,  41  bezw.  127,  54. 

*  Eine  Besserung  des   vielfach  verderbten  Textes  bei  Greffroi  habe  ich 
hier  und  im  Folgenden  nur  in  wenigen  Fällen  vorgenommen. 

ZeitBchr.  f  rom.  PfaiL  XXIL  j. 


50 


H.  ANDRESEN, 


Dit  du  cors. 

(Hs.  12471,  8r  Sp.  a) 
Cors,  cascan  jour  te  fais  parjure, 
Cors,  tu  te  plantes  en  usure, 
Cors,  tu  es  fel  et  enviex; 
Cors,  tu  pourcaces  la  luxure, 
Cors,  tu  fais  fause  ta  mesure, 

6  Cors,  tu  deviens  trop  desdaigneus; 
Cors,  tu  es  faus  et  couvoiteus, 
Cors,  pour  avoir  es  crgilleus, 
Cors,  ta  lange  de  Diu  trop  jure; 
Cors,  trop  vilains  est  tes  osteus. 
Cors,  avec  Tame  es  trop  cousteus: 

12  Tu  le  trais  en  maison  oscure. 

(9r  Sp.a) 
Cors,  par  cui  li  ame  est  destruite, 
Dius  ne  te  claimme  mie  quite, 
Mal  guerredon  en  avéras. 
Quides  tu  que  la  mors  t'aquite, 
Qui  a  tous  ciaus  del  siècle  luite? 

18  Nennil,  ja  mar  le  cuideras. 
Tout  autrement  le  comperras. 
Car  ja  mais  jour  ne  fìneras 
En  la  dolour  qui  t'est  estruite. 
Au  jugement  resambleras 
La  char  et  Tame  perderás; 

24  Issi  li  uns  pour  l'autre  afruite. 

(9^  Sp.a) 
Cors,  de  nient  viens  et  de  nient  vas. 
Cors,  vanités  est  de  tes  dras. 
De  ton  orguel  et  de  ta  ciere. 
Cors,  tu  te  fais  reont  et  eras: 
En  coupes  d'or  et  en  hanas 

30  Crois  plus  qu'en  Dieu  ne  en  S.  Piere. 
Cors,  trop  est  maie  ta  maniere; 
Peu  te  ramembre  de  la  bière 
Et  de  Tostel  u  tu  gerras. 
Pour  cou  est  la  mors  droituriere, 
Qu'ele  met  cou  devant  deriere, 

36  Ausi  le  haut  comme  le  bas. 

(10  r  Sp.  a) 
Cors,  tu  fais  Tame  grant  rancune, 
Tu  es  saouls,  ele  est  geune, 
Mais  la  mors  vient  toute  abrievee. 


Geffroi  de  Paris. 

(Hs.  1526,  176V  Sp.a) 
Cors,  chascun  jor  te  fet  parjure. 
Cors,  tu  te  plantes  en  asure. 
Cors,  tu  par  ies  trop  enaieus. 
Cors,  tu  par  ies  trop  desdaingniex  ; 
Cors,  tu  fes  fause  ta  mesure. 
Cors,  tu  pourchaces  la  luxure. 
Cors,  tu  ies  fox  et  covoitex; 
Cors,  pour  avoir  ies  orgueilliez; 
Foie  est  ta  langue  qui  tant  jure. 
Tu  t'ies  taint  en  meson  oscure. 
Cors,  trop  est  vilains  tes  ostez. 
Qui  a  l'ame  est  trop  costiex. 

(£79'  Sp.a) 
Cors,  par  cui  l'ame  iert  destruite, 
Dieu  ne  te  claimme  mie  quite; 
Moult  mal  guerredon  en  auras. 
Tout  autrement  le  comperras. 
Cuides  tu  que  la  mort  t'acuite. 
Qui  a  touz  ceus  del  siècle  laite? 
Nennil,  ja  mar  le  cuideras; 
Que  ja  mes  a  nul  jor  n'istras 
De  la  doleur  qui  t'est  estruite. 
Einsi  li  un  pour  l'autre  luite. 
Au  jugement  rasembleras 
La  char  o  tout  l'ame  pardras. 

(I78r  Sp.  b) 
Cors,  de  noient  viens  et  rêvas. 
Cors,  vanite  est  de  tes  dras. 
De  ton  orgueil  et  de  ta  chiere. 
Cors,  trop  est  maie  ta  maniere  ; 
Cors,  tu  te  fes  roons  et  gras 
En  coupes  d*or  et  en  enhas 
Plus  que  a  Dieu  nostre  sauvere. 
Pou  te  remembre  de  la  bière 
Et  de  Tostel  ou  tu  gerras. 
La  mort  prent  le  haut  et  le  bas; 
Pour  ce  est  elle  droituriere 
Qu'elle  met  ce  devant  derrière. 

(178 r  Sp.a) 
Cors,  tu  fes  l'ame  grant  rancune, 
Tu  ies  saoul,  ele  est  geune, 
Mes  la  mort  vient  toute  abrivee. 


18  le]  ne        21  t'est]  est        23  La  char]  Le  cors        26  est]  et 


AFRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.      5  I 


Qui  fìert  cascun  et  pais  cascune, 
Qui  fait  laissier  quantc'on  aune 

42  Et  I'orguel  et  le  grant  posnee, 
Que  tu  as  cascun  jor  menee. 
Tost  est  sa  cars  tainte  et  muee, 
Qui  de  mal  faire  estoit  commune; 
Ta  maisons  est  povre  et  quarree, 
Laiens  porris  geule  baee; 

48  Ja  n'i  verras  sole!  ne  lime. 

(10^  Sp.  a) 
Cors,  tu  te  fais  por  avoir  prince, 
Puis  t'enceust  on  en  une  cince, 
Mais  a  la  mort  es  ajoustes; 
Nus  ne  te  baigne  ne  recince 
Mais  quant  li  vers  te  mort  et  pince 

54  Es  oels,  es  bras  et  es  costes. 
Par  toi  ne  pues  estre  rostes; 
En  tel  ostel  es  acostes 
U  cascuns  os  en  ta  pel  crince; 
Tost  est  tes  orguels  amortes, 
Par  nului  n'es  reconfortes; 

60  On  ne  te  ploie  ne  espince. 

(lor  Sp.b) 
Cors,  quant  tu  es  aies  a  fìn, 
Adont  se  daiment  orphenin 
Ti  enfant  et  ta  feme  pleure. 
D'un  rice  drap  alixandrin 
Cuevrent  le  bière  ti  vosin 

66  Pour  le  siècle  ke  on  ouneure; 
La  crois  aportent  c'on  aeure. 
Adont  vauroient  sans  demeure 
Enfant  et  parent  et  cousin 
Qu'enfois  fusses  sans  demeure, 
Si  partiroient  en  es  l'eure 

72  Tout  ton  argent  et  ton  or  fìn. 


Qui  tout  l'orgueil  et  la  posnee. 
Qui  fìert  chascun  et  puis  chascune; 
Tout  fet  lessier  quantqu'en  aune. 
Quant  a  la  mort  est  amenée 
La  char,  tost  est  tainte  et  muée, 
Qui  de  mal  faire  estoit  commime; 
Puis  ne  verras  darte  ne  lime; 
Ta  meson  est  basse  et  quarree, 
Laiens  porrist  geule  baee. 

(lyyr  Sp.b) 
Li  bons  ce  fet  par  avoir  prince, 
Puis  le  coust  l'en  en  une  cince; 
Quant  a  la  mort  est  ajostez, 
En  tel  ostel  est  acostez. 
Ou  nus  ne  baingne  ne  ne  rince 
Mes  quant  li  ver  le  mort  et  pince 
Es  iex,  es  bras  et  es  costez; 
Ja  par  lui  ne  sera  ostez, 
Et  chascun  os  en  sa  pel  cince. 
Nus  ne  le  plaie  ne  ne  pince; 
Tost  est  ses  orgex  amortez; 
Par  nului  n'est  reconfortez. 

(177V  Sp.a) 
Hom,  quant  tu  ies  alez  a  fìn, 
Adone  se  claimment  orfelin 
Tuit  ti  enfant,  ta  fame  pleure. 
La  croiz  aportent  qu'en  aeure; 
D'un  riche  drap  alixandrin 
Ceuvrent  la  bière  ti  voisin 
Pour  ennorance  par  deseure. 
Adone  vendroient  sanz  demeure 
Enfanz,  parentes  et  cousin 
Pour  ton  argent  et  ton  or  fìn, 
Qu'enfouiz  fusses  en  es  l'eure, 
Si  partiroient  sanz  demeure. 


41  Qui  tost  fait  laissier  quan  c'on  aune  47  porris]  porroies  50  ten- 
teust;  cnceust  picard.  Form  54  cotes  56  ascostes  58  amortéis  68  vau- 
roies       70  fussies 


Aile  hier  angeführten  Strophen  des  Dit  du  cors  und  noch 
andere  desselben  Stückes  finden  sich  mit  geringen  Abweichungen 
im  Gedichte  des  Roi  de  Cambrai  wieder,  wie  letzteres  von  der 
Hs.  12471  geboten  wird  (vgl.  G.Paris  im  Alexius  S.  212,  8,  van 
Hamel,   Romans   de   Carite  XdU   Anm.  4    und   Naetebus  a.a.O. 

127.54. 


52 


H.  ANDRESBN, 


Dafs  Geffroî  aber  auch  den  zuletzt  genannten  Dichter  benutzt 
hat,  können  folgende  Parallelstellen  deutlich  machen  :i 


Li  Rois  de  Cambrai 
(32  V  Sp.a) 
Gens,   qui  ne  menés  vie  honeste, 
Qui  aves  fait  tante  moleste, 
Dont  Dius  est  vers  vos  couredes; 
En  paradis  est  grans  li  feste: 
En'  est  dont  faus  qui  ci  arreste, 
6  Qui  de  nul  mal  est  entecbies? 
Pules,  car  vous  esleecies, 
Vers  paradis  vous  adrecies 
Si  flourires  comme  geneste. 
Car  qui  ert  pris  en  lais  pedes 
n  ert  en  infer  trebucies 
12  Vilainnement  devers  le  teste. 

(ebd.) 
Par  droit  deust  estre  li  ame 
Del  cors  commanderesse  et  dame, 
Mais  de  poissance  n'i  a  gaire: 
1Á  cors  se  dore  et  si  s'estame. 
De  toutes  pars  ades  l'entame, 

i8  Sa  vie  en  est  prouvos  et  maire; 
Trop  a  ci  cruel  adversaire. 
E  las,  com  dolereuse  paire 
Puis  que  li  uns  l'autre  forsane! 
Li  cors  l'a  ciere  par  contraire. 
Mais  il  ne  puet  a  l'ame  plaire, 

24  L'uns  abat  l'autre  de  s'escame. 

(32  V  Sp.b) 
Li  cors  est  pere  et  Pâme  est  fìlle. 
Mais  la  cars  son  enfant  esdlle. 
Souvent  le  cancie  et  barate; 
Li  cors  n'en  donroit  une  cille, 
Car  il  moult  noblement  s'estille, 
30  Tous  les  déduis  quiert  et  acate; 
Li  cors  est  cas  et  l'ame  est  rate. 
Car  il  le  mort  et  pince  et  grate. 
Moût  le  conroie  d'aspre  estrille; 


Geffroi  de  Paris 
(178V  Sp.a) 
Cors,  qui  ne  mainnes  vie  honeste, 
Qui  avez  fait  tante  moleste, 
Dont  Diex  est  vers  vous  corrouciez, 
Qui  de  grant  mal  iestes  chargiez: 
Em  paradis  est  grant  la  feste. 
Donc  n'est  moult  fox  qui  ci  areste? 
Peuples,  quar  vous  esleesciez, 
Vers  paradis  vous  adreciez 
Si  flouriroiz  comme  geneste. 
Vilainnement  devers  la  teste 
Sera  en  enfer  trébuchiez 
Cil  qui  iert  pris  es  laiz  péchiez. 

(ebd.) 
Par  bon  droit  deust  estre  l'ame 
Del  cors  commanderesse  et  dame, 
Mes  de  puissance  n'i  a  gueires. 
He,  comme  dolereuse  pere! 
Le  cors  se  dore  et  estaime. 
De  toutes  parz  ades  l'entaime, 
Sa  vie  en  est  prevost  et  maire; 
Trop  i  a  cruel  aversaire 
Puis  que  li  uns  l'autre  seursame; 
L'un  abat  l'autre  de  s'eschame. 
Li  cors  l'a  chiere  pour  contraire, 
Mes  il  ne  puet  a  l'ame  plere. 

(178 V  Sp.b) 
Li  cors  est  pere,  l'ame  fille. 
Mes  la  char  son  enfant  essille, 
Sovent  la  conchie  et  barate; 
Touz  les  deduiz  quiert  et  achate. 
Li  cors  n'en  dorroit  une  bille, 
Que  il  moult  volentiers  s'atille. 
Li  cors  est  chaz  et  l'ame  rate. 
Que  il  la  mort  et  puce  et  grate, 
Moult  la  conroie  d'aspre  estrille; 


7  eslecies        9  flouries         16  Li  c.  s.  d.  et  li  estame        33  estille 

*  Von  dem  Gedichte  des  Roi  de  Cambrai  führe  ich  mit  Absicht  eine 
gröfsere  Anzahl  Strophen  zur  Vergleichung  an,  weil  dasselbe  zwar  schon 
wiederholt  als  durch  Inhalt  und  Form  bemerkenswert  gerühmt  worden  ist, 
aber  bis  zur  Stunde  noch  keinen  Herausgeber  gefunden  hat. 


AFRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.   5  I 


Qui  fiert  cascun  et  puis  cascune, 
Qui  fait  laissier  quantc'on  aune 

42  Et  l'orguel  et  le  grant  posnee. 
Que  tu  as  cascun  jor  menee. 
Tost  est  sa  cars  tainte  et  muee. 
Qui  de  mal  faire  estoit  commune; 
Ta  maisons  est  povre  et  quarree, 
Laiens  porris  geule  baee; 

48  Ja  n'i  verras  sole!  ne  lune. 

(lor  Sp.  a) 
Cors,  tu  te  fais  por  avoir  prince, 
Puis  t'enceust  on  en  une  cince. 
Mais  a  la  mort  es  ajoustes; 
Nus  ne  te  baigne  ne  recince 
Mais  quant  li  vers  te  mort  et  pince 

54  Es  oels,  es  bras  et  es  costes. 
Par  toi  ne  pues  estre  rostes; 
En  tel  ostel  es  acostes 
U  cascuns  os  en  ta  pel  crince; 
Tost  est  tes  orguels  amortes, 
Par  nului  n'es  reconfortes; 

60  On  ne  te  ploie  ne  espince. 

(lor  Sp.b) 
Cors,  quant  tu  es  aies  a  fin, 
Adont  se  claiment  orphenin 
Ti  enfant  et  ta  feme  pleure. 
D'un  rice  drap  alixandrin 
Cuevrent  le  bière  ti  vosin 

66  Pour  le  siècle  ke  on  ouneure; 
La  crois  aportent  c'on  aeure. 
Adont  vauroient  sans  demeure 
Enfant  et  parent  et  cousin 
Qu'enfois  fusses  sans  demeure, 
Si  partiroient  en  es  Peure 

72  Tout  ton  argent  et  ton  or  fin. 


Qui  tout  l'orgueil  et  la  posnee, 
Qui  fiert  chascun  et  puis  chascune; 
Tout  fet  lessier  quantqu'en  aune. 
Quant  a  la  mort  est  amenée 
La  char,  tost  est  tainte  et  muée, 
Qui  de  mal  faire  estoit  commune; 
Puis  ne  verras  darte  ne  lime; 
Ta  meson  est  basse  et  quarree, 
Laiens  porrist  geule  baee. 

(lyyr  Sp.b) 
Li  bons  ce  fet  par  avoir  prince. 
Puis  le  coust  l'en  en  une  cince; 
Quant  a  la  mort  est  ajostez. 
En  tel  ostel  est  acostez. 
Ou  nus  ne  baingne  ne  ne  rince 
Mes  quant  li  ver  le  mort  et  pince 
Es  iex,  es  bras  et  es  costez; 
Ja  par  lui  ne  sera  ostez. 
Et  chascim  os  en  sa  pel  cince. 
Nus  ne  le  plaie  ne  ne  pince; 
Tost  est  ses  orgex  amortez; 
Par  nului  n'est  reconfortez. 

(177V  Sp.a) 
Hom,  quant  tu  ies  alez  a  fin. 
Adone  se  claimment  orfelin 
Tuit  ti  enfant,  ta  fame  pleure. 
La  croiz  aportent  qu'en  aeure; 
D'un  riche  drap  alixandrin 
Ceuvrent  la  bière  ti  voisin 
Pour  ennorance  par  deseure. 
Adone  vendroient  sanz  demeure 
Enfanz,  parentes  et  cousin 
Pour  ton  argent  et  ton  or  fin, 
Qu'enfouiz  fusses  en  es  l'eure. 
Si  partiroient  sanz  demeure. 


41  Qui  tost  fait  laissier  quan  c'on  aune  47  porris]  porroies 
teust;  enceust  picard.  Form  54  cotes  56  ascostes  58  amortéis 
roies       70  fussies 


50  ten- 
68  vau- 


AUe  hier  angeführten  Strophen  des  Dit  du  cors  und  noch 
andere  desselben  Stückes  finden  sich  mit  geringen  Abweichungen 
im  Gedichte  des  Roi  de  Cambrai  wieder,  wie  letzteres  von  der 
Hs.  12471  geboten  wird  (vgl.  G.Paris  im  Alexius  S.  212,  8,  van 
Hamel ,   Romans   de   Caritè  Xdll   Anm.  4   und   Naetebus  a.  a.  O. 

127,  54. 


54 


H.  ANDRESEN, 


(35  '  Sp.  a) 
Las  se  puet  bien  damer  sans  faille 
Qui  en  infer  porte  se  taille. 
Car  il  i  est  mal  receus: 
Li  uns  le  fiert,  Pautre  le  maille, 
N'i  a  celui  qui  ne  l'asaille; 

78  Bien  est  hounis  et  deceus, 
Mais  a  tart  s'est  aperceus. 
Mar  i  a  les  déduis  eus, 
De  coi  li  ame  se  travaille. 
Lais  en  est  et  desconneus; 
Cascun  jour  art  et  flame  et  sus, 

84  Ja  n'iert  finee  la  bataille. 

(35  '  Sp.  b) 
Gens,  qui  entention  aves. 
Qui  par  Tescriture  saves 
Que  nus  ne  puet  avoec  Diu  vivre. 
S'il  n'est  espurgies  et  laves, 
Mauvaisement  vous  abreves 

90  Selonc  les  paroles  del  livre. 
Mais  li  dyables  vous  enivre, 
Qui   cascun  jour  vous  fait  grant 

quivre; 
Grant  mal  faites  qui  le  serves. 
Prendes  l'aignel,  laissies  la  wivre. 
Si  seres  de  celui  délivre 

96  Qui  plus  les  rices  fait  derves. 

(ebd.) 
Cil  deust  bien  penser  tondis 
A  la  joie  de  paradis. 
Qui  jue  es  vieus  pecies  et  baie, 
Car  lassus  est  grans  li  delis 
De  flours  de  roses  et  de  lis. 

102  £  Dius,  corn  gloriouse  sale, 
U  ims  ne  porte  coulour  pale! 
N'i  a  mestier  trésors  ne  maie, 
Car  nus  n'i  est  onques  mendis. 
Mais  cils  qui  en  infer  avale 
Endure  la  dolour  si  maie, 

108  Qu'il  ert  toustans  ars  et  boulis. 


(182V  Sp.  a) 
Fox  se  puet  bien  clamer  sanz  faille 
Qui  en  enfer  porte  sa  taille. 
Que  il  i  est  mal  receus; 
Bien  est  honniz  et  deceus: 
Li  uns  le  fiert,  l'autre  le  maille, 
N'i  a  mal  fez  qui  ne  l'asaille; 
Trop  c'est  a  tart  aparceuz. 
Mar  i  a  les  deduiz  eus. 
Par  quoi  si  l'ame  se  travaille. 
Ja  n'iert  finee  la  bataille: 
Chascun  l'art  et  flambe  desus; 
Lez  en  est  et  desconneuz. 

(175  V  Sp.b) 
Cors,  qui  entencion  avez, 
Qui  par  l'escreture  savez 
Selonc  les  paroles  del  livre. 
Que  nus  ne  puet  avec  Dieu  vivre. 
S'il  n'est  espurgiez  et  lavez, 
Mauvesement  i  entendez; 
Mes  H  deable  vous  enivre. 
Qui  chascun  jor  vous  fet  grant  cuivre; 

Grant  mal  faites  qui  le  servez. 
Que  les  plus  riches  fet  desvez. 
Pregniez  l'aingnel,  lessiez  la  guivre 
Si  seroiz  del  malfe  délivre. 

(182V  Sp.b) 
Cil  deust  bien  penser  toz  dis 
A  la  joie  de  paradis, 
Qui  es  viex  péchiez  june  et  baille. 
Ahi  com  glorieuse  salle! 
Que  lassus  est  li  granz  delis 
De  fleurs  de  roses  et  de  lis. 
Ne  nus  n'i  porte  coleur  pale; 
N'i  a  mestier  trésor  ne  maie. 
Que  nus  n'i  sera  ja  mendis. 
Mes  cil  sera  toz  tens  broiz 
Qui  en  enfer  vet  et  avale 
En  la  doleur  qui  tant  est  maie. 


(38  r  Sp.b)  (I77r  Sp.a) 

Li  hom  ne  se  doit  pas  déduire         Li  hom  ne  se  doit  pas  déduire 
En  faus  déduit  que  tost  ne  muire.     En  fol  deduist  que  tost  ne  muire. 


76  L'uns  77  s'asaille  N'i  a  malfe  (z»^/.  G.)  ist  besser  als  was  1247 1 
bietet  83  ist  hier  verderbt,  befriedigt  aber  auch  bei  G,  nicht  89  abreves] 
abrieves      91  vous]  nous       104  mestiers 


AFRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.      55 


Car  la  mors  vient  qui  pas  ne  muit. 
En  son  venir  ne  veut  pas  muire, 
Ains  fiert  si  coiement  sans  bruire 

114  Que  le  jour  fait  devenir  nuit. 
Drois  est  ke  cele  nuis  anuit. 
Prenge  cascuns  hom  tel  conduit 
Que  sauvement  le  puist  conduire, 
Que  li  clers  jors  ne  li  anuit; 
Que  cil  ierent  sans  fin  destruit 

120  Qui  le  clarté  ne  verront  luire. 

(39'-  Sp.b) 

Tost  est  outres  qui  la  mort  pile. 

Autresi  bien  s'aguille  enfile 

Al  plus  vaillant  come  au  plus  bas. 

N'i  a  mestier  mais  tours  ne  gilè; 

Ocis  en  a  plus  de  cent  mille 
126  Qui  fasoient  de  li  lor  gas. 

Tes  keust  par  cointise  ses  bras 

Qui  le  porte  desous  ses  dras; 

Tost  met  novel  signour  en  vile. 

Par  foi,  n'i  a  mestier  baras, 

Car  tost  iermes  pris  a  ses  las 
132  Si  com  la  nasse  prent  Panguile. 


(39  V  Sp.  b) 
A  cel  grant  jour  amer  et  fort 
Ierent  tout  amende  li  tort, 
Et  H  méfiait  vies  et  nouvel. 
Li  jugemens  iert  sans  confort. 
Tout  resusciteront  li  mort, 

138  Quant  il  oront  le  grant  apel; 
N'i  perderont  un  seul  cavel. 
N'i  ara  ladre  ne  mesel, 
Sourt  ne  muel,  contrait  ne  tort; 
La  n'ierent  pas  cil  damoisel. 
Qui  ci  demainnent  lor  revel; 

144  Cis  jugemens  iert  sans  deport. 

(ebd.) 
A  cele  cort  n'amenront  mie 
Li  haut  baron  lor  grant  maisnie, 
N'i  porteront  drap  de  samis; 


Que  la  mort  si  vient  a  un  bruit, 
Qui  le  jor  fait  devenir  nuit; 
En  son  venir  ne  veut  pas  nuire, 
Ainz  fiert  moult  coiement  sanz  bruire. 
Drois  est  que  cele  nuit  ennuit. 
Preingne  chascun  hom  tel  déduit 
Que  sauvement  le  puist  conduire. 
Qui  la  clarté  ne  verra  luire- 
n  sera  bien  sans  fin  destruiz; 
Li  cler  jor  leur  devendrá  nuiz. 

(182 r  Sp.b) 
Bien  est  outres  qui  la  mort  pile. 
Autresi  bien  s'aguille  enfile 
Au  plus  vaillant  coume  au  plus  bas. 
Diex  coust  par  cointise  ses  dras, 
Qui  la  ceuvre  desouz  sa  robe, 
La  ou  moult  est  cointes  et  gobe. 
Tost  met  nouveil  seingneur  en  mile. 
Si  com  la  nasse  prent  l'angille, 
Serons  trestouz  pris  a  ses  laz. 
Par  foi,  n'i  a  mestier  baraz, 
N'i  a  mestier  trestor  ne  gille; 
Occis  en  a  plus  de  cent  mile, 
Qui  fesoient  de  lui  leur  gas, 
Quant  il  estoient  sains  et  gras. 

(181 V  Sp.b) 
A  cel  grant  jor  amer  et  fort 
Seront  tuit  amende  11  tort. 
Et  li  mesfet  viez  et  nouvel. 
Quant  il  orront  le  grant  apel, 
Tuit  resusciteront  H  mort; 
Li  jugemenz  iert  sanz  deport. 
Ja  n'i  pardront  un  seul  cheveil. 
N'aura  malade  ne  mesel, 
Sourt  ne  muet,  contret  ne  tort. 
Cil  jugemenz  iert  sanz  deport. 
Que  feront  lors  li  damoisel 
Qui  ci  demainnent  tel  revel? 

(182  r  Sp.  a) 
A  celle  court  ne  mainront  mie 
Li  haut  baron  leur  grant  mesnie, 
N'i  porteront  dras  de  samis. 


113  Ausi  fiert  si  coiement  121  outre  mor  130  mestiers  131  iermens 
Der  Text  bei  Geffroi  ist  verderbt;  auch  sind  nicht  beide  Reime  durch- 
¿geführt  und  es  liegen  vierzehn  Zeilen  vor  statt  zwölf,  137  resussisteront 
138  aront       143  bei  G,  li]  si 


56 


H.  ANDRESEN, 


N'i  ara  mestier  baronnîe 
Ne  valor  de  cevalerie; 

150  Plus  tost  la  iert  arrière  mis 
Li  rices  horn  que  li  mendis; 
La  pour  parage  n'iert  ois 
De  raison  nule  ke  il  die. 
Moût  ert  dolans  et  amuis 
Qui  la  fera  de  paradis 

156  La  dolerouse  départie. 


Ne  veir  ne  harmine  ne  gris; 
N*i  aura  mestier  baronnie 
Ne  grant  pris  de  chevalerie; 
Plus  tost  seront  arrière  mis 
Li  riche  homme  que  li  mendis; 
Touz  en  soiez  seurs  et  fiz. 
Ja  par  parage  n'iert  oîz 
Li  riche  de  riens  que  il  die. 
Qui  la  dolente  départie 
Fera  ilec  de  paradis 
Moult  iert  dolenz  et  ennuis. 

(ebd.) 
Sa  droite  part  aura  chascuns, 
Ausi  li  blans  comme  H  bruns. 
Selonc  ce  qu'il  deservirá, 
Diex  a  chascun  son  droit  rendra. 
Li  jugemenz  sera  communs, 
Mes  assez  iert  pires  aus  uns. 


(40  r  Sp.  a) 

Sa  droite  part  ara  cascuns, 

Ausi  li  blans  comme  li  bruns 

Selonc  cou  qu'il  deservirá; 

Li  jugemens  sera  communs, 

Mais  asses  iert  pires  as  uns. 
162  Di  us  a  cascun  son  droit  donra. 

Ja  amparles  n'i  parlera. 

Droiturierement  jugera 

Les  desloiaus  et  les  enfruns; 

Et  sacies  bien  k'il  salverà 

Celui  qui  por  s'amor  ama 
168  Cels  qu'il  vit  povres  et  geuns. 

149  valors  150  \a  fehlt  152  ois]  jois  Auch  hier  ist  der  Text  hei 
G.  verderbt  und  er  bietet  wiederum  vierzehn  Zeilen,  157  pars  162  bei  G. 
chascuns  Auf  V,  162  folgt  hier  die  Bearbeitung  der  Verse  I2I — 132  des 
Roi  de  Cambrai,       163  amparlies 

Eine  Betrachtung  der  mitgeteilten  Parallelstellen  zeigt,  dafs 
G.  de  Paris  das  was  er  aus  dem  Dit  du  cors  und  dem  Regret 
Nostre  Dame  in  sein  Werk  aufgenommen,  nicht  in  derselben 
metrischen  Form  wiedergegeben  hat,  in  welcher  diese  beiden  Ge- 
dichte verfafst  sind.  £r  hat  nicht  die  bekannte  Form  aabaabbbabba 
angewandt,  sondern  die  Form  aabbaabbaabb.^  Dasselbe  gilt  im 
Ganzen  auch  von  seiner  Bearbeitung  des  Gedichtes  „Bien  deussons 
essample  prendre"  (s.  weiter  unten).    Doch  vgl.  dort  Strophe  V. 

Das  Verhältnis,  das  Genroi  zu  diesem  Gedichte  einnimmt,  ist 
im  Einzelnen  folgendes:  Bearbeitet  hat  er  die  Strophen  I — XL  (vgl. 
Hs.  1526  Bl.  171^  Sp.  a — Bl.  175^  Sp.  b),  sowie  die  Strophen  LI — 
LVU  (s.  ebd.  i8r  Sp.  a— 181^  Sp.b)  und  die  letzte  Strophe  LVIII 
(s.  ebd.  182^  Sp.a).  — 

Wenden  wir  uns  nun  dem  Inhalte  des  Gedichtes  „Bien  deus- 
sons essample  prendre"  zu,  so  ist  zunächst  zu  bemerken,    dafs  es 


^  Dieses  Schema   einer  zwölfzeiligen  Strophe  scheint  sonst  kaiun  vorzu- 
kommen.    Bei  Naetebus  fìndet  sich  kein  Beispiel  verzeichnet. 


A7RZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.   57 

im  Katalog  der  Natíonalbibliothek  und  in  der  Hs.  selbst  mit  Un- 
recht als  ein  Gedicht  über  den  Tod  (Li  ver  de  le  mort)  bezeichnet 
wird.  Es  ist  nämlich  keineswegs  wie  etwa  Helinands  berühmte 
und  die  von  Windahl  veröffentlichte  Dichtung  eine  eigentliche  Be- 
trachtung über  den  Tod,  sein  Inhalt  vielmehr  folgender:  Ein  reicher 
Mann  hatte  einen  Freund,  dem  er  alles  was  dieser  nur  begehren 
mochte  zukommen  liefs,  so  dafs  ein  Verwandter,  der  weit  eher 
hätte  berücksichtigt  werden  sollen,  darben  mufste.  Aufser  dem  ersten 
Freunde  besafs  er  noch  einen  zweiten,  den  er  gleichfalls  mit  Geld 
und  kostbaren  Kleidern  bedachte.  Ferner  liefs  er  einem  Armen, 
der  bettelnd  hin  und  wieder  in  sein  Haus  kam,  Freundlichkeiten 
erweisen;  indessen  hatte  er  diesen  letztern  durchaus  nicht  so  lieb 
wie  die  beiden  andern.  Er  selbst  hing  ab  von  einem  hohen  Ge- 
bieter, dem  er  über  die  Verwendung  seiner  Einnahmen  Rechen- 
schaft schuldete.  Als  nun  der  Tag  der  Abrechnung  wieder  heran- 
nahte, wo  er  vor  seinen  Gebieter  treten  sollte,  wurde  er  von 
grofser  Bangigkeit  erfafst,  denn  er  war  sich  wohl  bewufst  nicht 
redlich  gewirtschaftet  zu  haben.  Er  bittet  darauf  seinen  ersten 
Freund  statt  seiner  vor  dem  Gebieter  zu  erscheinen.  Derselbe 
weigert  sich  jedoch  den  Auftrag  zu  übernehmen.  Die  gleiche 
schlimme  Erfahrung  macht  er  beim  zweiten  Freunde,  der  sich  in- 
dessen bereit  erklärt,  ihn  mit  einem  Mantel  zu  versehen  und  bis 
zur  Thür  des  Gebieters  zu  begleiten.  Den  dritten  Freund  da- 
gegen, den  er  so  stiefmütterlich  behandelt  hat,  findet  er  nach 
kurzer  Unterredung  willig  ihn  vor  dem  Gebieter  zu  vertreten  und 
die  grofse  Schuld,  die  er  zu  bezahlen  hat,  für  ihn  abzutragen. 

Die  ganze  Erzählung  ist,  wie  wir  von  Str.  XXVllI  an  erfahren, 
eine  Allegorie.  Unter  dem  reichen  Mann  ist  der  reiche  Mann  der 
Schrift  zu  verstehen;  der  hohe  Gebieter  ist  Gott,  der  erste  Freund 
bedeutet  den  Leib,  mit  dem  zweiten  Freund  sind  Weib  und  Kind 
gemeint,  die  den  Reichen,  wenn  er  gestorben,  mit  einem  Tuch 
(der  Mantel  des  zweiten  Freundes)  bedecken;  der  dritte  Freund 
stellt  die  Mildthätigkeit  gegen  Arme  vor,  die  die  Seele  des  Menschen 
vom  ewigen  Verderben  rettet.  —  Nachdem  er  dann  noch  einmal 
den  Wert  des  Almosengebens  eindringlich  hervorgehoben,  klagt  der 
Dichter  von  Str.  XL  an  über  den  Mangel  an  Glauben  und  Gottes- 
furcht, der  in  der  Welt  herrsche  und  dem  es  zuzuschreiben  sei, 
dafs  Jerusalem  noch  immer  in  der  Gewalt  der  Ungläubigen  schmachte. 
Es  folgt  dann  von  Str.  XL  VI  an  noch  ein  Gebet,  sowie  Str.  LI  ÍF. 
eine  Betrachtung  über  das  Ende  der  Welt.  — 

Was  in  den  Strophen  II — XXXV  berichtet  wird,  ist  nun  dem 
Kern  nach  nichts  Andres  als  die  aus  Barlaam  und  Joasaph  bekannte 
Parabel  von  den  drei  Freunden.  In  der  umfassenden  Studie,  welche 
Ernst  Kuhn  dem  berühmten  Werke  gewidmet  hat,^  ist  von  ihr  S.  77 
die  Rede  (dazu  Nachtrag  S.  87). 


^  Abhandlungen  der  philosophisch  -  philologischen  Klasse   der  Königlich 
Bayerischen  Akademie  der  Wissenschaften,  20.  Band,  erste  Abteilung  (1894). 


53  H.  ANDRESEN, 

Abgesehen  von  der  vorher  angefahrten  kurzen  Erwähnung,  die 
unserm  Gedichte  zu  teil  geworden,  ist  dasselbe,  wie  es  scheint, 
unbekannt  geblieben.  Die  Bearbeitung  der  Parabel  schliefst  sich 
als  vierte  den  drei  andern  altfranzösischen  Bearbeitungen  an,  die 
bis  jetzt  veröffentlicht  sind,^  nämlich  der  des  Gui  de  Cambrai 
(Ausgabe  von  Zotenberg  und  P.  Meyer  S.  73 — 79;  236  achtsilbige 
Verse),  der  des  Jean  de  Conde  (Ausgabe  von  Scheler  HI,  1 1 1  flf.  ; 
154  achtsilbige  Verse)  und  der  Version,  die  in  die  dramatische 
Bearbeitung  der  Legende  übergegangen  ist  (gedruckt  im  Anhang  zum 
Gui  de  Cambrai;  s.  dort  S.  390;  sowie  in  den  Miracles  N.  D.  p.  p. 
G.  Paris  et  U.  Robert  t.  III;  s.  dort  p.  268;   65  achtsilbige  Verse). 

Strophe  XLV  (Vers  532)  wird  als  Verfasser  des  Gedichtes  Hues 
li  Rois  genannt.  Eüermit  ist  vermutlich  derselbe  Dichter  gemeint, 
von  dem  das  Regres  Nostre  Dame  herrührt  und  der  sich  dort  als 
Rois  de  Cambrai  bezeichnet.  Dies  darf  um  so  eher  angenommen 
werden,  als  letzteres  Stück  in  der  Hs.  12471  unserer  Dichtung 
unmittelbar  vorhergeht^ 

Strophe  XL  enthält  eine  Anspielung  auf  drei  Persönlichkeiten, 
die  lässig  seien  das  Kreuz  zu  nehmen.  Die  ganze  Hindeutung  ist 
jedoch  so  unbestimmt  gehalten,  dafs  kaum  eine  Vermutung  gewagt 
werden  kann  wer  gemeint  sein  mag.  Indessen  ist  es  doch  sehr 
merkwürdig,  dafs  unser  Stück  mit  dem  Dit  dou  vrai  aniel  darin 
übereinstimmt,  dafs  auch  in  diesem  gerade  auf  drei  Persönlichkeiten 
hingewiesen  wird,  durch  deren  thatkräftiges  Vorgehen  das  heilige 
Land  zurückerobert  werden  könnte.  Auf  Grund  dessen  was  der 
Dichter  von  diesen  Dreien  aussagt  ist  es  dem  Herausgeber  (s.  S.  X  fF. 
der  zweiten  Auflage)  gelungen  festzustellen,  dafs  unter  denselben 
König  Philipp  III.  von  Frankreich,  Graf  Robert  II.  von  Artois  und 
Graf  Guido  von  Dampierre  zu  verstehen  sind.  Es  handelt  sich  hier 
um  drei  Fürsten,  von  welchen  der  Dichter  nur  Gutes  zu  rühmen 
weifs  und  auf  die  er  gerade  deshalb  mit  Bezug  auf  die  Befreiung 
Jerusalems  die  gröfsten  Hoffnungen  setzt.  Der  Verfasser  unseres 
Stückes  sagt  dagegen  von  den  Dreien,  die  er  meint  (475  ff.): 
„Armut  hält  diese  drei  davon  zurück  (nämlich  ihre  Scheu  zu  über- 
winden das  Kreuz  zu  nehmen),  die  wahre  Heilige  sein  würden, 
wenn  ihre  Not  ganz  echt  wäre"  (d.  h.  wenn  sie  sich  wirklich  grofse 
Entbehrungen  auferlegen  müfsten.  Sie  übertreiben  aber).  Diese 
Worte  sind,  wie  gesagt,  so  unbestimmt  und  allgemein  gehalten, 
dafs  sich  aus  ihnen  nichts  Näheres  darüber  schliefsen  läfst  wen 
der  Dichter  etwa  im  Auge  hat 

*  * 


*  Chardry  hat  die  Parabeln  in  Barlaam  und  Joasaph  überhaupt  nicht 
bearbeitet 

3  Dafs  unter  den  drei  Bezeichnungen  Hues  li  Rois,  Li  Rois  de  Cambrai 
und  Hues  de  Cambrai  ein  und  derselbe  Dichter  zu  verstehen  sein  dürfte,  hat 
Söderhjelm  vor  kurzem  in  der  Romania  XXV  (1896),  449  if.  sehr  wahrschein- 
lich gemacht 


A7RZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.   59 

Der  Reim  des  Textes  ist  bis  auf  zwei  Stellen  (s.  Ânm.  zu  47 
und  190)  mit  Genauigkeit  durchgeführt.  —  Ein  Fall,  wo  unbe- 
tontes e  am  Ende  eines  mehrsilbigen  Wortes  im  Hiatus  steht,  kommt 
in  dem  Gedichte  nicht  vor.  In  Betreff  der  Elision  des  Vokals  ein- 
silbiger Wörter  sind  die  bekannten  Regeln  beobachtet.  Hervor- 
zuheben ist  hier  etwa,  dafs  Elision  bei  //,  dem  Sing.  mase,  des 
Artikels,  nirgends  begegnet  (dagegen  //  avoirs  240,  li  autres  399, 
U  horn  430,  li  escris  668),  sowie  der  Fall  von  Aphärese  qui^st  = 
cm  est  403.  Ungewöhnlich  ist  nur  die  Elision  bei  /w,  die  wir  133 
anzunehmen  haben.  Dieselbe  fällt  jedoch  deshalb  weniger  auf, 
weil  das  Gedicht,  wie  wir  sogleich  sehen  werden,  picardischen  Ur- 
sprungs ist  In  solchen  Werken  ist  sie  aber  auch  sonst  anzutreffen, 
wie  Tobler  zeigt,  Versbau^  55.  Enklitisch  finden  sich  nur  die 
Formen  des  Artikels  le  und  les  gebraucht,  d.  h.  del^  al  u.  s.  w.  ;  dazu 
jel  382,  nes  (Hs.  neí)  546.  —  Schwankend  verhält  sich  wie  in 
andern  altfr.  Dichtungen  nient.  Zweisilbig  steht  es  691,  einsilbig 
472,  dazu  noient  643.  Die  ursprünglich  nur  zweisilbigen  Endungen 
-iens  und  "tes  des  Imperfekts  bezw.  Konditionals  sind  an  den  beiden 
Stellen,  wo  sie  auftreten  (470  und  472),  gleichfalls  einsilbig  ge- 
braucht Richtig  steht  ^iens  einsilbig  601  in  der  i.  Plur.  Präs.  Konj. 
vdliens  (Hs.  vellens),  — 

Dais  unser  Gedicht  einen  Picarden  zum  Verfasser  hat,  geht 
ans  einer  Durchsicht  der  Reime  hervor,  die  Folgendes  als  picar- 
dische  Merkmale  ergiebt: 

i.  Es  sind  Strophe  VI  durch  den  Reim  verbunden  deus  :  lin- 
cens  :  cateus  :  osteus  :  desireus  :  couvöiieus.  Dieser  Reim  schliefst  sich 
denen  an,  die  Tobler  (Vrai  anieP  XXIX)  aus  picardischen  Werken 
anfuhrt:  deus  :  amour  eus  :  deus  :  tineus  :  morteus  :  seus. 

2.  Strophe  XVI  finden  sich  die  Formen  vignes,  devignes.  Dies 
i  im  ie  ist  namentlich  in  picardischen  Texten  anzutreffen;  vgl.  Neu- 
mann, Zur  Laut-  und  Flexionslehre  des  Altfr.  S.  56  ff.,  Foerster  im 
Chev.  as  .II.  espees  XXXVII,  Suchier  im  Aucassin  65,  28. 

3.  an  und  en  bleiben  im  Reime  getrennt;  vgl.  einerseits 
Strophe  XVII,  XXXIV,  XL,  LV,  anderseits  Strophe  I,  XXI,  XXXVU, 
XL  VII,  LU,  LVIIL  Die  Unterscheidung  tritt  besonders  deutlich 
Strophe  V  hervor,  wo  die  beiden  Reime  ant  und  ent  sich  ablösen. 
Dafs  der  Dichter  neben  dolant  (in  der  letzten  Zeile  dieser  Strophe) 
ebenso  wohl  dolent  im  Reime  verwendet  (XIX,  XXXVU,  XLVII), 
hat  nichts  Auffallendes,  da  das  Wort  sich  ja  schwankend  verhält. 
Dasselbe  gilt  von  couvenent  XIX,  das  von  couvent  beeinflufst  sein 
wird  (Foerster  in  Rieh.  1.  b.  XIX;  vgl.  Wamke,  Marie  de  France 
XXVni).  An  zwei  Stellen  ist  jedoch  auch  sonst  en  mit  an  ge- 
bunden: Strophe  XLV  reimt  toutans  (d.  h.  tous  tans)  und  Strophe  LVI 
ensiani  (urspr.  ensient)  mit  Wörtern  auf  ans  bezw.  ant.  —  ai  und  ei, 
die  sonst  auseinandergehalten  werden,  mischen  sich  vor  Nasal: 
daerains  :  plains  {planum)  :  vilains  :  mains  :  atains  :  plains  {plenum) 
LUI;  s.  femer  XrV,  XXXIX;  ebenso  maint  \  faint  {ïxa  feint)  u.  s.  w. 
XL,    graindre  :  destraindre   (fur   destreindre)  u.  s.  w.  XLI. 


6o  H.  ANDRESEN, 

4.  c  vor  ^,  ie^  ;,  die  aus  a  entstanden  sind,  behält  den  guttu- 
ralen Laut.  Derselbe  ist,  wie  gewöhnlich  im  Aucassin  (Suchier  57,  2) 
und  mehrere  Male  im  Chevalier  as  .IL  espees  (Foerster  LUI),  nicht 
durch  k  oder  qu^  sondern  durch  c  bezeichnet  Strophe  XXX VU  in 
rice  :  cice  :  afice  :  anice  :  afice.  Mit  diesen  Wörtern  ist  gebunden 
justice^  wo  urspr.  /  vor  /*  +  Vokal  vorliegt,  ein  Laut,  der  sonst  picar- 
disch  auch  durch  ch  ausgedruckt  wird  (s.  Suchier  a.a.O.  61,  11, 
Neumann  a.  a.  O.  78).  Derselbe  Fall  Strophe  XXXV.  Hier  reimen 
blance,  estance  mit  ramembrance,  demourance^  obliance^  demotis trance.  Solche 
Reime  sind  auch  in  andern  picardischen  Werken  nicht  selten;  vgL 
f ranee  :  France  (Tobler,  Vrai  aniel  2  XXI)  blanche  :  demourance\  place  : 
esrcue  im  Chev.  as  .11.  espees  (Foerster  LUI).  Vgl.  Neumann  a.a.  O.  76. 

5.  Strophe  XXV  bietet  durch  den  Reim  gesichert  die  Parti- 
cipialform  trau.  Formen  wie  diese,  wo  sich  isoliertes  /  im  Aus- 
laute erhalten  hat,  sind  aus  picardischen  Werken  bekannt;  s.  be- 
sonders Neumann  103.  Der  Aucassin  bietet  dies  /  nur  an  zwei 
Stellen  (Suchier  58,  4),  häufiger  Gui  de  Cambrai  (KruU  25)  und  zwei 
Handschriften  des  Julius  Cesar  hrsg.  von  Settegast;  s.  dort  XXIL 

6.  /  (i/)  +  j  im  Auslaute  wird  nicht  durch  z  wiedergegeben, 
sondern  durch  s.  Wie  im  Aucassin  (Suchier  62,  13)  kommt  auch 
in  unserm  Gedicht  z  überhaupt  gar  nicht  vor.  — 

Das  Gedicht  gehört  zu  denen,  bei  welchen  sich  aus  den 
Reimen  erweisen  läfst,  dafs  der  Verfasser  hinsichtlich  der  Regel 
vom  Flexions -j  sehr  genau  verfuhr,  da  eine  grofse  Anzahl  von 
Nominativen  Sing,  und  Plur.  mase,  als  Reimwörter  gebraucht  worden 
sind.  So  Sing,  amis  142,  argens  226,  tors  345,  esperis  364,  597, 
escus  384;  Adjektiv  und  Particip:  Überaus  201,  mus  373,  secans  399, 
esmaies  22g;  Plural  losengeour  305,  enfant  398,  vestement  438,  con^ 
frere  ^22^  tirant  669;  Adj.  und  Part.:  saint  476,  mescreu  508, 
grant  661.  —  Masculina,  denen  ursprünglich  kein  s  zukommt,  wie 
pere,  sire,  begegnen  im  Reim  an  vier  Stellen,  an  allen  vier  ohne  s\ 
sire  445,  pire  448,  gouverner  e  523,  pere  524.  —  Bei  den  Femin. 
dritter  latein.  Deklination  ist  das  s  gleichfalls  an  einer  Reihe  von 
Stellen  gesichert,  nämlich  in  mors  341,  maisons  406,  fains  462, 
mers  638;  Adj.  und  Part:  vaillans  531,  grans  534,  plaisans  536, 
pesans  653.  Ferner  steht  57,  auf  ein  Femin.  bezogen,  die  Form 
grant  (c.  obi.)  —  Weil  der  Dichter  im  Reime  korrekt  ist,  sind  auch 
die  Formen  im  Innern  des  Verses  rices,  damaiges  u.  a.,  die  hier 
vor  Vokal  stehen  (13,  25,  37,  49,  402,  483  u.  s.  w.)  als  beweis- 
kräftig zu  bezeichnen,  d.h.  es  darf  angenommen  werden,  dafs  das 
s  nicht  erst  auf  Rechnung  des  Schreibers  kommt  Da  sich  femer 
in  unserm  Gedichte  unter  derselben  Bedingung,  d.  h.  vor  Vokal, 
an  mehreren  Stellen  das  s  im  Nomin.  Sing.  mase,  auch  da  findet, 
wo  es  ursprünglich  kein  Recht  hat,  wie  in  povres  264,  autres  399, 
aigres  637  (aber  259  und  297  pafst  nur  sire  in  den  Vers),  solche 
Formen  aber,  wie  wir  sahen,  sich  durch  den  Reim  nicht  als  dem 
Verfasser  geläufig  erweisen  lassen,  so  wird  geurteilt  werden  müssen, 
dafs  er  in  diesem  Punkte,  wie  so  manche  andere  Dichter  der  besten 


AVRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.   6  I 

Zeit,  z.  B.  Chrétien  von  Troyes  (Foerster  im  Cliges  LXXV,  im  Yvain 
in  5370),  keine  Regel  beobachtete,  sire  z.  B.  kommt  auch  bei 
diesen  weit  häufiger  im  Reime  vor  als  sires^  allein  zunächst  wohl 
nur  deshalb,  weil  sich  zu  der  erstem  Form  bequeme  Reimwörter 
darbieten,  zur  letztem  weit  weniger.  —  Ein  Vokativ  kommt  in  dem 
Gedichte  im  Reim  nicht  vor.  Der  Nominativ  des  Eigennamens 
Jhesucrist  hat  das  s  (667). 

Was  die  Konjugation  anbetrifft,  so  ist  hervorzuheben,  dafs  die 
I.  Sing.  Prs.  Ind.  von  Verben  i.  Konjugation  ohne  e  an  vier  Stellen 
im  Reim  begegnet:  cont  37,  apresi  217,  presi  218,  pens  222,  — 

Aus  der  Silbenzählung  des  Verses  ergiebt  sich  fur  die  Sprache 
des  Dichters  noch  Folgendes: 

a)  Als  Nomin.  Sing,  des  weiblichen  Artikels  gebraucht  er  neben 
là  audi  //*.  Beweisend  sind  natürlich  nur  die  Stellen,  wo  //  vor 
Vokal  steht;  allein  die  Zahl  derselben  ist  nicht  ganz  unbeträchtlich: 
Ü  ame  394,  It  escriture  397,  409,  436,  li  autnosne  414,  li  eskiele  ^12. 
Ebenso  häufig  freilich  ist  /a,  dessen  a  elidiert  wird:  Pame  412, 
P escriture  609,  627,   Paumosne  ^22^  P ordure  6^2,  P aspre  mors  679. 

b)  Von  Adjektiven,  die  im  Lateinischen  für  Masculinum  und 
Femininum  dieselbe  Form  aufweisen,  gebraucht  der  Dichter,  was 
das  Femin.  anlangt,  gewöhnlich  nur  die  mit  dem  Mase,  gleich- 
lautende Form.  Dies  ist  aus  dem  verhältnismäfsig  sehr  häufigen 
Vorkommen  dieser  Form  zu  schliefsen:  vil  11,  1 10,  grant  80,  87 
97»  295,  350,  689,  tel  62,  226,  544,  fort  444;  Plural  grans  79» 
267,  389,  450,  566,  677,  cruels  558.  Daneben  ganz  vereinzelt 
grande  273,   Plur.  grandes  559. 

c)  Es  ist  wahrscheinfich,  dafs  dem  Verfasser  nicht  nostre^  vostre, 
sondern  nos,  vos  die  geläufigen  Formen  waren,  denn  ersteres  be- 
gegnet als  konjunktive  Form  nirgends,  letzteres  473,  482. 

d)  Er  wendet  von  Verben  der  2.  schwachen  und  der  starken 
Konjugation  im  Futurum  mit  Vorliebe  die  durch  Einschiebung 
eines  e  verlängerten  Formen  an:  entenderont  ^iS,  meteront  ^20,  per- 
derás 580,  mouveront  604,  arder  ont  605,  arderà  608,  641,  s'espan- 
dera  61 0  u.  s.  w.  Seltener  erscheinen  die  ursprünglichen  Formen: 
aprendres  11,   s'esmouvra  621. 

e)  Die  latein.  eram  einerseits,  ero  andrerseits  entsprechenden 
Formen  werden,  wie  ja  auch  sonst  kaum  je  in  einem  altfr.  Texte, 
in  dem  Gedichte  nicht  auseinandergehalten.  Eine  richtige  Imper- 
fektform ieres  {eras)  steht  264;  aber  in  der  dritten  Person  Sing, 
findet  sich  statt  ere  oder  iere  {erat)  durchgehends  ert  oder  ierti 
22,  351,  477,  gleichlautend  mit  der  Futurform  (114,  115,  194, 
240,  596  u.  s.  w.)  und  umgekehrt  in  der  i.  Sing.  Fut.  iere  (statt 
^^)  ^39»  239,  258.  An  der  letztem  Stelle  könnte  unbeschadet 
der  Richtigkeit  des  Verses  ier  eingesetzt  werden. 

Von  den  angeführten  Punkten  ist  der  unter  c  genannte  als 
weiteres  picardisches  Merkmal  anzusehen,  das  sich  den  aus  den 
Reimen  gewonnenen  anschliefst  — 


62  H.  ANDRESEN, 

Auch  der  Kopist,  der  uns  das  Gedicht  überliefert  hat,  war 
Picarde.  Zu  den  im  Reime  hervortretenden  picardischen  Merk- 
malen gesellen  sich,  was  das  Innere  des  Verses  anbetrifft,  noch 
folgende: 

a)  c  vor  urspr.  a  behält  seinen  lateinischen  Lautwert  (vgl. 
Suchier  im  Aucassin  57,  i):  cars  g,  camel  i^,  123,  escarsemeni  ^^, 
cateus  67,  car  ir  e  114,  caui  191,  205,  noncaloir  271,  carite  276,  por-» 
cacas  283,  cargies  295,  cavee  363,  acaioies  381,  caitives  555,  caroi" 
gnes  562,  pourcacent  568,  escaper  622,  cärues  626,  caes  662,  canteni 
692  u.  a.  m.    Der  Schreiber  verfahrt  hier  mit  gröfster  Genauigkeit. 

ß)  c  vor  e,  />,  /',  die  aus  a  entstanden  sind,  sowie  germa- 
nisches k  vor  urspr.  e  und  /  (s.  Suchier  ebd,  57,  2)  bleibt  guttural. 
Der  Kopist  hat  diesen  Laut  meistens  durch  c  ausgedruckt,  zuweilen 
durch  k^  ganz  vereinzelt  durch  qu\  couctes  10,  rices  13,  25,  37,  der 
45,  284,  cemise  66,  rekingnes  (von  kinan\  s.  Foerster,  Ztschr.  III,  265 
und  Yvain  zu  648)  186,  rede/  255,  meskief  258,  pedes  416,  584,  678, 
eskiele  512,  «(/"  520,  peceors  548,  esquiver  551  u.  s.  w.  Auch  hier 
bleibt  der  Kopist  konsequent  ;  daher  ist  chevaus  1 8  als  Schreibfehler 
anzusehen  und  in  cevaus  zu  ändern. 

y)  c  vor  e  oder  /"  sowie  /  vor  /  oder  e  +  Vokal  wird  durch  c 
ausgedruckt  (s.  Suchier  ebd.  61,  11):  recevoir  gg,  deceu  144,  ¿'/216, 
huscier  248,  reces  651.  So  auch  im  Auslaut:  doue,  doc  458,  537, 
iierc  50  (daneben  iiers  411). 

â)  Es  findet  sich  ai  für  ä,  wie  im  Chev.  as  JI.  espees  (Foerster 
XXXIII),  aber  seltener  als  dort  und  fast  nur  in  der  Fndung  age, 
s.  Strophe  IV,  XXVU,  aufserdem  in  montaignes  V.  656,  665.  Umge- 
kehrt steht  häufig,  gleichfalls  wie  in  dem  genannten  Werke  (s.  ebd.), 
a  für  ai\  so  in  qtäda  200,  osera  241,  vaura  304,  aquitera  307,  fasoie 
164,  pasdble  93,  grans  22^.  Foerster  hat  diesen  Gebrauch  a.a.O. 
eingehend  besprochen.  Zu  den  von  ihm  genannten  picardischen 
Denkmälern  kommen  u.  a.  der  Aucassin  (Suchier  65,  27)  und  der 
Julius  Cesar  (Settegast  XV). 

e)  d  ipi)  wird  in  unbetonter  Silbe  zu  /*,  vor  mouilliertem  /  auch 
zu  e  (vgl.  Chev.  as  .IL  espees  XXXIX,  Aucassin  65,  26,  Marienlob 
7,  9):  millor,  millour  36,  260,  signor  y  signour  76,  10 1,  128,  302, 
314  u.  s.  w.,  grignor  76,  consillier  131,  pissons  461,  diiens  (decanum) 
488,  travellie  507,  aparrellie  512,  velliens  601  (daneben  loiiens  ¿^go^ 
proier  553). 

g)  Die  YoxvDi  jou  ist  die  gewöhnliche:  145,  146,  182,  184,  190, 
217,  222  u.  s.  w.  (yV,  ge  37,  284).^     Dsgl.  begegnet  durchgehends 

r^  Diu,  Damediu:   151,  241,  292,  372,  femer  liu  506,  644. 

d)  Der  Accus.  Sing,  des  Artikels  Fem.  le  erscheint  neben  la 
(163,  326,  327,  383,  581)  häufig:  86,  164,  219,  260,  295,  303, 
371,    380,   444.     Auch    das   persönliche   Pronomen    lautet  le  156, 


^  Ebenso  kommt  in  dem  Gedichte  nur  cou  vor,  nicht  ce:  135,  166,  194, 
345»  396)  während  andere  picard.  Werke  daneben  ce  bieten,  z.  B.  Aucassin  2,  27 
{cou  20,  II),  Cesar  16,  il,  17,4  {cou  17,  13). 


AFRZ.  BBARBBITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.   63 

413,  425,  427,  429,    dagegen    das  Possessivum  ausschliefslich  ma, 
ta^  sa\  so  51,  65,  75,  88,  91,  273,  379,   nicht  me,  Ä?,  se. 

i)  Gutturales  g  vor  e,  i  wird  durch  blosses  g  ausgedrückt  in 
atges  605,  638.     Ebenso  im  Cesar  (Settegast  XXV). 

3c)  Isoliertes  /  im  Auslaut  steht  in  engigniet  293  (s.  oben  S.  60 
No.  5). 

¿)  Vereinfachung  der  Doppelkonsonanz  ist  nicht  selten  ein- 
getreten: possesion  82,  osâtes  230,  iere  82,  350,  631  {terre  362,  604, 
663),  porist  385  {pourris  365,  porrie  392,  porrira  437),  desnorist 
388.  Umgekehrt  hin  und  wieder  Doppelkonsonanz:  passible  93, 
procainnement  102,  vilainne  140,  159,  vilainnement  138,  144,  main- 
tient 600. 

li)  Die  dritte  Plur.  Perf.  des  starken  Verbums  remanoir  endigt 
auf  'sent'.  remesent  467.  Vgl.  traisent  Chevalier  as  .II.  espees  4676 
(s.  dort  LVni),  Aucassin  62,  15,  J.  Cesar  XXXI. 

V)  populum  wird  zu  pule  505,  eine  Form,  die  in  zwei  Hand- 
schriften des  Cesar  die  herrschende  ist  (s.  dort  XVIII),  dsgl.  im 
Aucassin  auftritt  (s.  63,  16). 

g)  Die  I.  Sing.  Prs.  Ind.  und  Perf.  geht  auf  c  aus  in  quic  206, 
vauc  244  (vgl.  Chev.  as  .IL  espees  LVII,  Aucassin  67,  35);  daneben 
commant  579. 

o)  Die  3.  Sing.  Perf.  von  devoir  lautet  deut  47,  wie  im  Chev. 
as  .IL  espees;  s.  dort  LVIII,  Tobler  zum  Vrai  aniel  ^  227. 

X)  Blofs  die  Form  infer  kommt  vor,  aber  dreimal:  383,  426, 
551.  Dieselbe  findet  sich  nach  Suchiers  Beobachtung  (Aue.  66  Anm.) 
fast  nur  bei  Picarden  und  Wallonen. 

Der  Kopist  steht,  was  die  Nominalflexion  anlangt,  auf  dem- 
selben Standpunkt  wie  der  Dichter.  Auch  er  verfahrt  im  Ganzen 
mit  Genauigkeit;  doch  befolgt  er  in  Betreff  einiger  Punkte  keine 
feste  Regel.  Gemeinsam  mit  dem  Dichter  schwankt  er  bei  dem 
Nomin.  Sing,  des  weiblichen  Artikels  zwischen  li  und  la\  ersteres 
9,  120,  462,  letzteres  (häufiger)  328,  336,  341,  495,  511,  534, 
653  u.  s.  w. 

Neben  hom  13,  25,  37,  49,  61,  85,  97  u.  s.  w.  findet  sich  homs, 
Ä^^  71»  73»  338;  neben  eil  169,  205,  229,  265,  309,  650  cils, 
dus,  eis  25,  37,  129,  188,  317;  neben  cars  9,  506,  maisons  69, 
reasons  187,  bontés  498,  dolors  653,  mors  679,  fois,  loiautes  478, 
desloiauies  345,  povretes  475,  grans  462  als  Nomin.  Sing,  moillier 
39^7  gf'<^l  154«  Dies  sind  wohl  Schreibfehler,  wie  auch  houmes 
658,  cascun  674,  683.  Dem  Kopisten  scheint  sires  geläufig  ge- 
wesen zu  sein;  er  setzt  es  352,  452,  femer  259,  297.  An  den 
beiden  letzten  Stellen  pafst  nur  sire  in  den  Vers.  Ein  Eigen- 
name mit  s  liegt  in  Hues  532  vor.  Als  Vokativ  gebraucht  der 
Schreiber  den  Nominativ  in  amis  124,  256,  gens  7;  zu  diesen  kommt 
der  Vokativ  pere  (nicht  peres)  577. 

Zu  erwähnen  ist  noch  das  Schwanken  in  der  Schreibung 
zwischen  cui  (324,  338,  348,  350,  354)   und   qui  266,    389,    400, 


64 


H.  ANDRESEN, 


das  jedoch  auch  in  manchen  andern  Texten  herrscht,  z.  B.  im  Chev. 
as  JI.  espees  (s.  dort  LVI).  — 

Das  nachfolgende  Gedicht  ist  an  mehreren  Stellen  verderbt, 
bezw.  lückenhaft;  diese  lassen  sich  jedoch  mit  Hülfe  der  Bearbeitung 
des  Geffroi  richtigstellen  bezw.  glücklich  ergänzen.*  Wie  die  Gegen- 
überstellung beider  Texte  deutlich  zeigen  kann,  bleibt  die  Be- 
arbeitung hinter  dem  Original  weit  zurück,  ist  auch  im  Reime  an 
manchen  Stellen  ungenau.^  Dies  hängt  zum  Teil  damit  zusammen, 
dafs  Gefíroi  gewisse  Reime  beibehielt,  die  nur  picardisch  sind,  wie 
mis  :  espris  :  pris  :  delis  :  hais  :  chieris  in  der  zweiten  Strophe;  hier 
muíste  er  seinem  Idiom  gemäfs  in  den  beiden  letzten  Wörtern  s  in 
z  verwandeln.    Vgl.  femer  Strophe  VII,  XIX,  XXXI  u.  s.  w. 


Geffroi  de  Paris.       (171^) 
Bien  deusson  essample  prendre 
A  nous  meismes  sanz  atendré, 
Que  chascan  jor  li  jorz  decline, 
Pour  Taspre  mort  qui  tout  afine. 
Nous  ne  nous  em  poons  desfendre, 
Ne  ne  voulons  riens  a  Dieu  rendre.     6 
Mauveise  gent,  foie  et  ferine, 
Chascun  gerra  teste  sovine; 
Mal  veut  chascun  son  sens  despendre. 
La  blanche  char  devendrá  cendre, 
Que  vous  couchiez  desouz  cortine. 
Mal  aprenez  la  vil  doctrine.  12 

^Uns  riches  hom  jadis  estoit 

Qui  un  charnel  ami  a  voit, 

En  qui  il  ot  tot  son  euer  mis; 

Si  estoit  de  s'amor  espris. 

Toutes  les  aises  li  queroit, 

Quanqu'il  el  mont  trover  pooit,       18 


10   cendre]   tendre  il    Qui 

*  Ueberschrift :  Del  riche  homme  qui 
fist  les  trois  amis  de  son  avoir. 
16  s'amor]  senmor 


^  Letzteres  gilt  vor  Allem  von  Strophe  XXXIX.  Hier  entstand  die 
Lücke  dadurch,  dafs  der  Abschreiber  466  für  463  hielt.  Beide  Verse  haben 
als  Schlufswort  mains.  Dann  auch  von  Strophe  LIV,  wo  die  zwölfte  Zelt 
fehlt.  Femer  ist  in  Strophe  XXXIV  die  achte  Zeile  ganz  verderbt:  der  Text 
bei  Geffroi  giebt  das  Richtige  an.  Dasselbe  ist  von  der  achten  Zeile  der 
XXVI.  Strophe  zu  sagen. 

*  Auch  sonst  vielfach  verderbt.  Vgl.  weiter  oben  S.  49  Anm.  3.  Ver- 
bessert habe  ich  darum  nur  Schreibfehler. 


I.  (41  ■•) 

Bien  deussons  essample  prendre 
A  nous  meisme  sans  atendré, 
Car  cascun  jour  li  mons  decline; 
Nous  ne  volons  a  Diu  entendre 
Et  si  ne  nos  poons  deffendre 
6  Vers  l'aspre  mort  qui  tout  afine. 
Mauvaise  gens,  foie  et  fraine,     (b) 
Cascuns  girra  teste  souvine. 
Li  blance  cars  deverra  cendre, 
Que  vous  coucies  desous  courtine  ; 
Mar  aprendres  la  vil  doctrine 
12  U  cascuns  veut  son  sens  despendre. 

n. 

Uns  rices  hom  jadis  estoit. 
Qui  im  camel  ami  avoit. 
En  qui  il  ot  tout  son  euer  mis; 
Toutes  les  aises  li  queroit 
Que  il  el  mont  trouver  pooit, 
18  Gamemens  et  cevaus  de  pris. 


18  chevaus 


AFRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREÍ  FREUNDEN.      65 


Boire,  mangier,  tous  les  delis; 
Si  estoit  de  s'amor  espris 
Que  cascun  jor  le  porsivoit. 
Uns  siens  procains  en  iert  hais, 
Qui  plus  deust  estre  cieris; 
24  Mais  pour  celui  Pentroublioit. 

in. 

Cis  rices  hom,  que  je  vous  di, 
N^amoit  mie  son  procain  si 
Et  si  le  deust  miels  amer; 
Mais  pour  celui  l'ot  relenqui 
Et  en  tel  point  mis  en  oubli 

30  Que  tout  le  laissoit  afamer. 
Pour  lui  faisoit  tout  enfremer, 
Ne  l'en  savoit  nus  tant  blasmer 
Qu'il  en  daignast  avoir  merci; 
Molt  le  trouvoit  sur  et  amer. 
Si  le  deust  plus  hounerer: 

36  Moût  i  eust  millor  ami. 

IV.  (4 IV) 

Cis  rices  hom,  dont  je  vous  cont, 
Avoit  un  autre  ami  secont, 
Cui  il  queroit  grant  iretaige; 
Pour  lui  drecoit  maint  rice  pont, 
Palais  et  sales  contremont, 

42  Mis  i  avoit  tout  son  coraige; 
A  maintes  gens  faisoit  damaige 
Pour  celui  donner  avantaige, 
Car  il  l'avoit  molt  cier  adont; 
Tant  mist  en  lui  tout  son  eaige 
Qu*estre  li  deut  torne  a  taige, 

48  Si  com  Tescriture  despont. 

V. 
Cis  rices  hom  fìst  son  vivant 
Un  üerc  ami,  qui  mendiant 
Aloit  sa  garison  souvent, 
Car  il  ne  l'amoit  mie  tant 
Con  les  autres  dont  vois  contant; 
54  Ne  li  doimoit  or  ne  argent; 
De  son  relief  escarsement 
Avoit  acoustumeement  ; 


39  Que  il       45  avoit      46  eage 
47  tage       49  Lis  rices  hom 


Zdttchr.  t  rom.  PhiL  XXIL 


Garnemenz  et  chevax  de  pris, 

Boivres,  mengiers,  touz  les  delis, 

Et  chascun  jor  le  porveoit;  (b) 

Mes  pour  celui  entroublioit 

Un  soen  prochain  et  ert  haiz, 

Qui  plus  deust  estre  chieriz.  24 


Cil  riches  bons,  donc  je  vous  di, 

N'amoit  mie  son  prochain  si 

Que  tout  le  lessoit  afamer; 

Et  si  le  deust  miex  amer; 

Mes  pour  celui  l'ot  relenqui 

Et  en  tel  point  mis  en  oubli.  30 

Pour  lui  fesoit  tout  enfermer, 

Ne  l'en  savoit  nus  tant  blasmer 

Qu'il  en  daingnast  avoir  merci. 

Il  i  eust  meillor  ami 

Si  le  deust  moult  honorer. 

Mes  moult  estoit  vers  lui  amer.      36 


*Cil  riches  hom,  donc  je  vous  cont, 
Avoit  un  autre  ami  segont, 
Qui  il  queroit  grant  heritage; 
Mis  i  avoit  tout  son  courage: 
Pour  lui  drecoit  maint  riche  pont, 
Pales  et  sales  contremont;  42 

A  mainte  gent  faisoit  damage 
Pour  celui  doner  avantage. 
Que  il  Tavoit  moult  chier  adone. 
Mes  si  com  h  escriz  despont. 
Tant  mist  en  lui  tout  son  aage 
Qu'estre  U  dut  tourne  a  rage.  48 

(I72r) 
**Cil  riches  hom  fist  son  vivant 
Un  autre  ami,   qui  mendiant 
Sa  guarison  souvent  aloit. 
Que  il  de  tant  mie  n'amoit 
Com  les  autres  ne  n'avoit  chier; 
Ne  li  donnoit  or  ne  denier;  54 

De  son  relief  escharsement 
Avoit  acostumeement. 


*  Ueberschrift:  Ci  parole  del 
secont  ami  que  li  riches  hom  fist. 
*♦  Ueberschrift:  Comment  le  (/.  li) 
riches  hom  fist  le  tiers  ami. 

5 


66 


H.  ANDRESEN, 


Devant  sa  porte  rice  et  grant 
Avoit  pris  son  herbegement, 
La  regretoit  molt  povrement: 
60  Souvent  avoit  le  euer  dolant. 

VI. 

Cis  rices  hom  a  desmesure 
N'ot  pas  del  povre  ami  tel  cure 
Com  il  avoit  des  autres  deus; 
Tout  li  dounoit  par  aventure 
Del  remanant  de  sa  peuture 

66  U  vies  cemise  u  vies  linceus; 

Ne  H  doimoit  autres  cateus,      (b) 
Moût  estoit  povres  ses  osteus 
Et  sa  maisons  gaste  et  oscure; 
De  tous  les  biens  iert  desireus, 
Car  li  rices  bons  couvoiteus 

72  Ne  li  faisoit  pas  sa  droiture. 

vn. 

Li  rices  boms,  d'avoir  garnis, 

Qui  fait  avoit  ces  trois  amis, 

Tenoit  sa  rice  garison 

D'un  haut  signour  de  grignor  pris, 

Qui  plus  estoit  poesteis; 
78  A  lui  devoit  rendre  raison 

Des  grans  rentes  de  sa  maison, 

S'en  estoit  en  grant  soupecon. 

Car  il  avoit  garde  mains  dis 

Sa  tere  et  sa  possesion: 

Dire  li  estera  raison 
84  U  il  les  preus  en  ara  mis. 

vm. 

Li  rices  bom  est  en  effroi 
Pour  le  paour  del  rice  roi. 
Qui  tant  par  a  ^ant  poeste 
Que  li  comanda  sour  sa  foi 
Grant  trésor:  cil  li  fìst  otroi 
90  Qu'il  garderoit  a  sauvete 
Son  avoir  et  sa  rícete. 
Li  ríces  rois  l'ot  ajourne 
A  un  grant  jour  passible  et  coi: 
Cil  n'ot  mie  bien  apreste 


Devant  sa  ncbe  manantie 
Avoit  cil  sa  herbergene, 
La  moult  povrement  se  vivôit; 
Sovent  son  euer  dolent  avoit 


60 


77  poestis     88  comanda  G."]  de- 
manda 


Cil  ríches  hom  a  desmesure 

N'ot  pas  del  povre  ami  tant  cure 

Comme  il  avoit  des  autres  deus; 

Moult  estoit  povres  ses  ostiex. 

Del  remanant  de  sa  pasture 

Tost  li  donnoit  par  aventure,  66 

Ou  chemises  ou  viez  linceus; 

Ne  li  donnoit  autres  chatiex. 

Ne  li  faisoit  pas  sa  droiture; 

Sa  meson  ert  gaste  et  oscure. 

De  touz  biens  estoit  desirreus, 

Et  li  riches  fu  couvoiteus.  72 

(b) 
'^Cil  riches  bons,  d'avoir  gamiz, 

Qui  fez  avoit  ces  trois  amis, 

Tenoit  sa  riche  garison, 

Sa  terre  et  sa  possession 

D'un  haut  seingneur  de  gregneiu*  pris, 

Qui  plus  estoit  poesteis.  78 

Si  en  iert  en  grant  soupecon. 

Qu'a  lui  devoit  rendre  reson 

Ou  il  les  preuz  en  avoit  mis; 

Que  il  avoit  garde  maint  dis 

Les  rentes  de  sa  region; 

Dire  li  couvenra  par  non.  84 

Li  riches  bons  est  en  esfroi 

Pour  la  paeur  del  riche  roi. 

Qui  tant  par  a  grant  poneste; 

Son  avoir  et  sa  richete 

Qu'il  li  commanda  seur  sa  foi 

Grant  trésor  si  li  fist  otroi  90 

Quel  garderoit  a  sauvete. 

Li  riches  hom  l'ot  atome 

A  un  grant  jor  paisible  et  quoi, 

Mes  cil  n'ot  mie  devers  soi 

68  autre  *  Uéberschrift:  Com- 
ment li  riches  hom  fu  ajóme  devant 
son  seignier  (/.  seigneur).  77  grcg- 
nieur  82  l'avoit  86  pueur  88 — 89 
verderbt 


AFRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.   67 


L'avoir  qu'il  li  ot  commande, 
96  N'en  avoit  gaires  devers  soi. 

IX.  (42  r) 

Li  rices  hom  a  grant  paour. 
Qui  ajournes  est  al  grant  jour 
U  Ton  veut  conte  recevoir. 
Car  n'a  mie  bien  son  atour 
Pour  aler  devant  son  signour, 

102  Qui  veut  procainnement  savoir 
Comment  il  a  fait  son  voloir 
Del  trésor  qu'il  deust  avoir; 
Et  s'il  Ta  mis  en  un  destour, 
Quant  a  preste  n'a  tout  l'avoir. 
Durement  s'en  cuide  doloir 

108  Ains  qu'il  se  soit  mis  el  retour. 

X. 

Li  rices  hom  qui  sa  ricoise 
Ot  emploie  en  vil  despoise 
Resoigne  molt  le  jour  et  l'eure, 
Quar  s'il  ne  puet  rendre  sans  noise 
Cel  avoir  dont  a  tart  li  poise 

114  En  tel  cartre  iert  mis  sans  demeure 
Dont  il  n'iert  ja  mais  au  deseure. 
Or  a  mestier  que  le  seceure 
Li  siens  amis,  qui  or  s'envoise 
De  cou  dont  il  souspire  et  pleure: 
Se  il  ne  Tajue  a  reskeure, 

120  Lî  fause  amors  Tengigne  et  boise. 

XI. 
Lues  est  entres  en  grant  esmai, 
A  celui  en  vient  sans  délai 
Qu'il  vaut  con  son  carnei  aidier. 
„Amis",  fait  il,  „voir  te  dirai: 
Jou  t'ai  aidie  de  fin  euer  vrai, 

126  Si  te  convient  aler  plaidier 

Pour  moi,  car  j'en  ai  grant  mestier,  (b) 
Devant  mon  signor  droiturier." 
Cius  li  respont:  „Jou  n'i  irai, 
Ne  m'ai  de  coi  aparellier; 
A  autrui  t'en  va  consillier, 

132  Car  ja  pour  toi  n'i  plaiderai." 


L'avoir  qu'il  li  ot  coumande; 

Ne  l'ot  mie  bien  apreste.  96 

(172V) 
*Li  rices  hom  a  grant  pior 
Qui  ajomez  est  al  grant  jor. 
Ou  l'en  veut  conte  recevoir 
Del  trésor  qu'il  soloit  avoir; 
Quer  n'a  mie  bien  son  ator 
Pour  aler  devant  son  seignor,        102 
Qui  veut  prochainnement  savoir 
Comme  il  en  a  fet  son  vouloir. 
Et  s'il  l'a  mis  en  nul  destor. 
Ainz  qu'il  se  soit  mis  el  retor. 
Durement  se  cuide  doloir. 
Quant  apreste  n'ot  tout  l'avoir.     108 

Li  riches  hom  qui  la  richoise 
Out  emploiee  en  vil  despoise. 
Donc  il  n'iert  james  au  deseiu'e, 
Resoingne  moult  le  jor  et  l'eure. 
Que  s'il  ne  puet  rendre  sanz  noise 
Cel  avoir,  dont  a  tart  li  poise,      114 
En  tel  chartre  iert  mis  sanz  demeure. 
Or  a  mestier  que  le  sequeure 
Li  siens  amis,  qui  si  s'envoise. 
La  fause  amor  l'enginne  et  boise. 
S'il  ne  li  aide  et  sequeure 
De  ce  dont  il  soupire  et  pleure.    120 

(b) 
♦♦Cil  est  entre  en  grant  esihai, 
A  celui  en  vint  sanz  délai 
Qu'il  vont  a  son  besoing  aidier. 
„J'ai",  fet  il,  „de  toi  grant  mestier. 
Amis,  vérité  te  dirai: 
Je  t'ai  aidie  de  euer  verai.  126 

Pour  moi  t'estuet  aler  plaidier 
Devant  mon  seigneur  droiturier." 
Cil  li  respont:  „Ja  n'i  irai 
Ne  ja  pour  toi  ne  plaiderai; 
A  autre  te  va  conseillier. 
Ne  m'ai  de  quoi  apareillier."         132 


95  qu'il  li  G,"]  que  il  98  jor 
99  Dont  veut  loi  signor  105  l'a  G."] 
a  108  se  G, "]  fehlt  lio  vil]  nul 
112  noise  G."]  leure  121  Lu  123 
Qui 


♦  Ueherschrift:  Comment  lî  riches 
hom  dut  rendre  conte  a  son  seignexu*. 
98  a  grant  jor  iio  vil]  vis  116 
mestiers  ♦♦  Ueherschrift:  Si  comme 
li  riches  homme  essaia  son  premier 
ami  a  son  besoing.       127  t'estudt 

5* 


68 


H.  ANDRESEN, 


»»' 


xn. 

,Coument?"  fait  il,  „t'as  receu 
Et  ades  mangie  et  beu 
Cou  que  j'ai  gaaignie  et  quis, 
Or  te  voi  vers  moi  recreu, 
Et  le  mien  que  tu  as  eu 

138  Trop  vilainnement  me  meris. 
Par  ton  forfait  iere  trais 
Et  en  vilainne  prison  mis; 
Or  m'as  si  tost  desconneu: 
Estre  deusses  mes  amis; 
Toustans  t'ai  quis  tous  les  delis; 

144  Vilainnement  m'as  deceu.*' 


xm. 

Cils  amis  respont:  ,Joa  n'iroie 
Por  home  certes  que  jou  voie 
Plaidier  a  cele  haute  cort." 
„Tu  gastas",  fait  il,  „ma  mounoie 
En  mangiers  et  en  dras  de  soie; 

150  De  coi  on  me  tenra  molt  cort, 
Se  Damedius  ne  me  secort." 
Cils  respondí:  „Dius  t'en  destort! 
Car  ja  aler  n'i  oseroie. 
Une  grant  maisnie  me  sort, 
Que  m'estuet  paistre  a  que  qu'il  tort 

156  Ne  déguerpir  ne  le  porroie.** 

XIV.  (42  V) 

„Certes",  fait  il,  „ne  me  doit  plaire. 
Quant  avoec  moi  ne  te  puis  traire, 
Trop  est  ta  deserte  vilainne; 
Bien  me  sens  le  mien  fourtraire, 
Maint  rice  drap  a  penne  vaire 

162  T'aquis  parmi  toute  ma  painne. 
Et  cascun  jor  de  la  semainne 
Te  fasoie  le  pance  plainne; 
Or  t'est  si  peu  de  mon  contraire. 
Mais  cou  est  cose  bien  certainne 
Cades  a  cil  mauvaise  estrainne, 

168  Qui  del  leu  veut  son  pastor  faire. 


ti 


133  t'a       135   gaaignie    6^.]   en- 
gignie  143    tai    quis    GJ]    t'aquis 

155  Qui      167  mauvais 


„Comment",  fet  cil,  „n'as  receu  ^ 

Et  ades  mengie  et  ben 

Ce  que  j'ai  gaaignie  toz  dis? 

Vilainnement  le  me  meris 

Le  mien  que  tu  as  receu 

Et  dedens  ta  baillie  eu.  138 

Par  ton  forfet  iere  traiz 

Et  en  vilainne  prison  mis. 

Or  m'as  si  tost  desconneu; 

Vilainnement  m'as  deceu 

Et  en  vilainne  prison  mis. 

Toz  tens  t'ai  quis  toz  tes  delis:     144 

Tu  me  deusses  bien  aidier; 

Je  t'ai  eu  moult  grant  mestier." 


Cil  amis  respont:  „Ge  n'iroie 
Pour  homme  certes  que  je  voie 
Plaidier  a  cele  haute  court; 
Bien  le  te  di  a  quoi  qu'il  tourt"       150 
„Tu  gastas",  fait  il,  „mamonnoie  (173'') 
En  mengiers  et  en  dras  de  soie, 
De  quoi  l'en  me  tendra  si  court." 
Cil  respondí:  „Diex  t'en  destourt! 
Que  je  aler  n'i  oseroie, 
Ne  déguerpir  je  ne  porroie  156 

Une  mesniee  qui  me  sourt; 
Bien  le  te  di  a  quoi  qu'il  tourt." 


„Certes",  fet  il,  „ne  me  doit  plere 
Quant  ovec  moi  ne  te  puis  trere; 
Trop  est  ta  deserte  vilainne. 
Moult  ai  en  toi  mise  grant  painne,  162 
Bien  me  sens  le  mien  hors  traire, 
Maint  drap  t'ai  quis  a  panne  vaire 
Et  chascun  jor  de  la  semainne 
Te  fesoie  la  pance  plainne: 
Or  t'est  si  pou  de  mon  contraire. 
Qui  del  lou  veut  son  pastor  fere,    168 
Ades  a  il  mauveise  estrainne; 
Ice  est  bien  chose  certainne." 


^  Diesâ  Strophe  hat  14  Zeilen, 


AFRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.       69 


XV. 

Cil  hom  De  set  que  deveoir. 
Dont  li  commence  a  souvenir 
De  l'autre  ami  que  il  a  fait: 
A  lui  en  vient  sans  retenir. 
„H  te  convient",  fait  il,  „venir 

174  Pour  moi  plaidier  a  cel  grant  plait 
Ajomes  sui  por  ton  fourfait 
Et  pour  l'avoir  que  j*ai  fortrait: 
A  toi  doit  bien  apartenir, 
Car  del  prendre  te  vi  entait.'* 
Cil  Ten  respont:   „paie  dehait 

180  Se  ja  en  vois  conte  tenir.* 


tt 


*Cil  hom  ne  set  que  devenir. 
Dont  li  commence  a  souvenir 
D'un  autre  ami  que  il  ot  fet 
De  l'avoir  qu'il  ot  tout  fortret;      174 
A  lui  en  vient  sanz  retenir.  (b) 

„n  te  convient**,  fet  il,  „venir 
Pour  moi  aidier  a  mon  grant  plet; 
Ajorne  sui  par  mon  forfet. 
A  toi  doit  bien  apartenir 
Que  en  voises  conte  tenir,  180 

Que  del  prendre  te  vi  en  rait.** 
Cil  respont:  „J'aie  donc  dahait.* 


« 


XVI. 
„Coument**,  fait  il,  „fauras  me  tu? 
Jou  t'ai  a  force  et  a  vertu 
Aquis  les  teres  et  les  vignes, 
Dont  jou  m'ai  del  tout  devestu; 
En  grant  anui  m'as  abatu, 

186  Et  or  me  hes  si  et  rekingnes. 

(b)     Bien  est  raisons  c'avec  moi  vignes.** 
Cis  respont  :  „Pour  noient  m'engignes, 
Car  tu  as  sour  froit  fer  batu. 
Jou  ai  asses  maisons  perines; 
Il  ne  me  caut  ke  tu  devignes, 

192  N'en  donroie  mais  un  festu.** 

XVII. 
„Par  foi**,  fait  il,  „se  tu  me  fans, 
Cou  iert  anuis  et  molt  grans  maus, 
Car  de  l'avoir  te  voi  tenant. 
Des  grans  palais,  des  grans  murs  haus 
Et  de  paites  et  de  cendaus, 

198  Que  jou  t'aquis  a  mon  vivant. 
Dont  on  me  va  ore  plaidant. 
Traire  t'en  quidai  a  garant. 
Jou  sui  trop  vers  toi  Überaus: 
Tant  com  tu  me  veis  poissant 
Me  fesis  tu  molt  bel  semblant, 

204  Or  me  guerpis  com  desloiaus.'* 


„Comment**,  fet  il,  „faudras  me  tu? 

Je  t'ai  a  force  et  a  vertu 

Conquis  meson  et  terre  et  vingnes. 

Et  or  me  hez  si  et  rechingnes.      186 

En  grant  avoir  t'ai  embatu. 

Donc  me  sui  del  tout  desvestu; 

Bien  est  reson  qu'ovec  moi  viengnes.** 

Cil  respont  :  „Pour  noient  me  guingnes. 

Que  tu  as  seur  froit  fer  batu; 

De  toi  ne  dorroie  un  festu:  192 

Je  ai  assez  mesons  perrines; 

Il  ne  me  chaut  que  tu  deviengnes.** 

„Par  foi",  fet  il,  „se  tu  me  faux. 

Ce  iert  ennuiz  et  moult  grant  maux, 

Que  de  l'avoir  te  voi  manant 

Que  je  t'ai  aquis  mon  vivant,        198 

Des  granz  palais  et  des  murs  haus 

Et  des  poiles  et  des  cendaus. 

Donc  l'en  me  vet  or  pleidoiant.   (173^) 

Trere  t'en  cuidai  a  garant. 

J'en  fui  vers  toi  trop  liberax; 

Or  me  guerpis  com  desloiax:         204 

Tant  com  tu  me  veis  puissant 

Me  feis  tu  moult  beau  senblant.** 


xvin. 

Ne  te  caut**,  fait  cil,  „d'esmaier,     „Ne  te  chaut**,  fet  cil,  „d'esmaier, 
Car  jou  te  quic  bien  apaier:  Que  je  te  cuit  bien  apaier: 


»» 


179  l'en]  les  187  moi]  mo  190 
perignes  192  donroies  194  mais 
196  haut     200  quida       202  poissans 


*  Ueherschrift:    Del    secont  ami 

au   riche   homme   qui  li   failli   a  son 

besoing.        173  amis       203  fu  204 
desloiaax 


70 


H.  ANDRESEN, 


Un  grant  mantel  t'afublerai; 
Dusqu'a  l'uis  f  ¡rai  convoicr, 
Mais  saces  bien  sans  delaier 

210  Qu'avant  ne  te  convoierai; 
Le  grant  mantel  raporterai; 
Bons  est,  mais  pas  ne  te  lairrai." 
„Bien  me  ses",  fait  dl,  „adaier! 
De  l'avoir  ke  jou  te  donnai 
Sui  mis  en  dolerous  esmai, 

216  Et  or  me  lais  ci  estraier/' 

XIX.  (43  r) 

,,Coumeuf  s  fail  il,  „se  jou  t'aprest 
Le  bon  mantel  et  je  te  prest 
Dusqu'a  le  porte  asses  de  gens, 
Enne  me  trueves  tu  moût  prest? 
N'ai  en  toi  gaires  de  conquest 

222  D'ore  en  avant,  si  com  jou  pens/' 
Cil  li  a  dit  grans  et  dolens: 
„Cou  me  dois  tu  par  couvenens; 
Ne  proises  gaires  mon  request 
En  tel  ferme  est  mis  mes  argens, 
Dont  cascun  jour  les  aises  sens, 

228  Et  mes  cuers  peureus  en  est." 

XX. 

Cil  est  durement  esmaies, 
Car  il  a  les  deus  asaies 
U  il  avoit  plus  del  sien  mis. 
Forment  en  est  contralies: 
Or  les  connoist  felons  et  gries 

234  Et  si  les  tient  com  anemis. 

„Certes",  dit  il,  „moût  sui  malmis  : 
Se  li  miens  autres  tiers  amis, 
Ki  povrement  fu  apaies 
Del  mien,  ki  est  si  mal  assis. 
Ne  m'ajue,  g'iere  trais, 

240  Ne  li  avoirs  n'iert  ja  paiies. 

XXL 

Dius,  oserai",  fait  cil,  „aler 
A  cel  mien  povre  ami  parler. 
Que  jou  aidai  si  povrement? 
Aine  ne  li  vauc  un  jour  donner 


Un  grant  mantel  t'afublerai. 

Mes  saches,  pas  nel  te  lerai;  210 

Jusqu'à  l'uis  t'irai  convoier. 

Mes  saches  bien  sanz  fausnoier 

Qu'avant  ne  te  convoiere. 

Le  grant  mantel  raportere." 

„Bien  me  sez",  fet  cil,  „aidier 

Qui  or  me  les  si  estraier;  216 

De  l'avoir  que  je  te  donnai 

Sui  mis  en  doulerex  esmai." 


„Comment?",  fet  cil,  „se  je  te  prest 
Le  bon  mantel  et  otoi  vest 
Jusqu'à  la  porte  assez  de  genz? 
D'ore  en  avant,  si  com  je  pens,     222 
N'a  en  toi  gueires  de  conquest. 
Et  ne  me  treuves  tu  moult  prest?" 
Cil  li  a  dit  griez  et  dolens: 
„Ce  me  doiz  tu  par  couvenanz; 
Ne  prises  gueires  mon  request. 
Et  mes  cors  poourex  en  est;  228 

En  tel  ferme  est  mis  mes  argenz. 
Dont  chascun  jor  les  aises  senz.* 


il 


(b) 
Cil  est  durement  esmaiez 
Que  il  a  les  deus  essaiez. 
Ou  il  avoit  plus  del  soen  mis; 
Mes  or  les  tient  a  anemis.  234 

Forment  en  est  contraliez; 
Or  les  a  com  felons  trovez. 
„Certes",  fet  il,  „moult  sui  malmis 
Del  mien  qui  si  est  mal  asis. 
Ne  li  avoirs  n'iert  ja  paiez, 
Se  cil  qui  en  fu  apaiez  240 

Povrement,  li  mien  vieu  amis, 
Ne  m'aide,  je  iere  trais. 

Diex,  osere",  fet  il,  „aler 

A  mon  tiers  autre  ami  palier. 

Que  je  aidai  si  povrement? 

Einz  de  moi  n'ot  beau  garnement,   246 


208  Tins  211  raporterai  6^.] 
t'aporterai  218  je]  jel  225  request 
6^.]  conquest  233  Or  les  con  felon 
et  mendis.  G.  ist  hier  gleichfalls  ver- 
derht      234  Et  sil       241  osera 


220  et  o  toi  ve(s)t  „und  mit  dir 
geht**  wird  zu  lesen  sein  227  prisies 
236  trovez  mangelhafter  Reim 


AFRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.   7  I 


Tant  seulement  un  bel  disner 
246  Ne  revestir  d'un  garnement; 

Si  Tescotoie  molt  souvent         (b) 
Huscier  l'aumosne  durement 
Et  par  besoigne  souspirer. 
Jou  li  fìs  bien  molt  foiblement; 
Ne  me  doit  faire  alegement 
252  S'il  me  pooit  nis  aquiter." 

XXII. 
En  si  pensis  et  irascus 
Est  a  son  povre  ami  venus 
Se  li  conta  tout  de  recief. 
,,Amis'S  fait  il,  „se  retenus 
Ne  sui  par  toi  et  secourus, 

258  Livres  en  iere  a  grant  meskief; 
Car  mes  grans  sire  a  mis  en  brief 
Le  rente  de  son  millour  fìef, 
Ne  puet  estre  contes  tenus. 
Trop  me  trouvas  cruel  et  grief, 
Ne  te  donnai  que  mon  relief, 

264  Quant  tu  ieres  povres  et  nus." 

xxra. 

Cil  li  demande:  „As  tu  este 
A  cels  qui  tu  as  apreste 
Les  grans  rikeces  et  l'avoir?" 
„Oje,  mais  il  m'ont  fors  bote; 
Il  n'en  veulent  avoir  pite." 

270  „Comment?    Tu  fesis  lor  voloir 
Et  moi  mesis  en  noncaloir 
Au  jour  que  tu  eus  pooir; 
Sens  ma  grande  povrcte: 
Cascun  jor  me  veis  doloir 
Et  devant  ta  porte  seoir; 

276  Peu  me  fesis  de  carite. 

XXIV.  (43^) 

Bien  sai",  fait  il,  „ke  me  donnas: 
De  ton  menu  pain  m'envoias, 
Que  tu  ne  daignoies  mangier. 
Et  de  tes  povres  linges  dras, 
Percies  as  costes  et  as  bras, 
282  Dont  jou  avoie  grant  mestier. 


Ainz  ne  H  weil  nul  jor  donner 

Entièrement  un  beau  disner; 

Si  l'escoutoie  moult  souvent 

Huchier  l'aumosne  durement 

Et  par  besoingne  soupirer. 

S'il  me  pooit  nis  aquiter,  252 

Ne  me  doit  fere  alegement; 

Je  H  fis  bien  moult  povrement." 


'^Einsi  pensis  et  irascuz 

Est  a  son  povre  ami  venuz 

Si  li  conta  tout  de  rechief. 

„Livre  sere  a  grant  meschief,        258 

Amis",  fet  il,  „se  retenuz  (174  0 

Ne  sui  par  toi  et  secouruz. 

Que  li  mien  sire  a  mis  en  brief 

Les  rentes  de  son  meilleur  fief; 

Ne  puet  estre  contes  tenuz. 

Quant  tu  ieres  povres  et  nuz,        264 

Trop  me  trouvas  cruel  et  grief, 

Ne  te  donnai  que  mon  relief." 


Cil  11  demande:  „As  tu  este 

A  cens  cui  tu  as  apreste 

Les  granz  richeces  et  l'avoir. 

Et  quels  tout  leur  estovoir?"         270 

,,Ouil,  mes  il  m'ont  hors  boute, 

Il  n'en  weulent  avoir  pite." 

„Comment?    Ne  feis  leur  vouloir 

Au  jor  que  tu  eus  pouoir? 

Sens  ma  grande  povrete, 

Pou  me  feis  de  charité:  276 

Chascun  jor  me  veis  doloir 

Et  devant  ta  porte  seoir. 


251 — 52  Ne  me  doit  mie  refuser 
Si  n'en  pooit  bien  aquiter  253  Ensis 
254  amis  259  sires  269  N'en  volent 
279  manguier 


Bien  sai",  fet  il,  „que  me  donnas. 
De  ton  menu  pain  m'envoias 
Que  tu  ne  daignoies  mengier. 
Dont  je  avoie  grant  mestier,  282 

Et  de  tes  povres  linges  dras. 
Perciez  aus  costez  et  aus  bras. 


♦  Ueber Schrift:  Del  tiers  ami 
au  riche  qui  bien  U  aida.  255  iracuz 
256  amis  263  estrés  272  pitie  284 
au  costez 


72 


H.  ANDRESE>í, 


Tu  me  porcacas  au  moustier; 
Encore  t'en  ai  ge  plus  cier 
Quant  tu  de  cou  me  confortas. 
Mais  cil  te  deussent  aidier 
Que  tu  fais  or  glorefier 
288  En  coupes  d'or  et  en  hanas." 

XXV. 
Cil  li  respont:  „Tu  as  voir  dit: 
Del  mien  eus  asses  petit, 
Tu  n'en  es  gaires  avancies; 
Or  me  repent,  se  Dius  m'ait. 
Cil  m'ont  engigniet  et  trait, 

294  Que  jou  ai  del  mien  essaucies. 
De  le  grant  déte  sui  cargîes, 
Dont  les  avoirs  ont  cngignies. 
Mes  sire  a  tout  en  son  escrit: 
Se  li  grans  avoirs  n'est  paies, 
J'esterai  a  la  mort  jugies; 

3CX)  Ja  n'i  aura  nul  escondit," 

XXVI. 
n  li  respont:  „N'aies  paour! 
G'irai  parler  a  ton  signour 
Et  le  grant  déte  paierai; 
Miels  t'i  vaurai  seus  a  cel  jour 
Que  li  doi  faus  loscngeour, 

306  Qui  te  deussent  estre  vrai. 

Et  des  mesfais  t'aquiterai,         (b) 
A  ton  signour  t'acorderai." 
Cil  li  respondí  par  amour: 
„Molt  petit  del  mien  te  donai. 
Si  m'est  avis  miels  l'emploiai 

312  Qu'en  ciaus  ki  m'ont  mis  en  dolour." 

XXVII. 
Cil  est  forment  reconfortes 
Por  c'al  signor  iert  aquites, 
De  oui  il  tient  son  iretaige. 
,, Certes",  fait  il,  „molt  buer  fui  nés! 

287  vielleicht  Que  tu  fesis  glore- 
fier 294  Qui  essauciet  297  Me 
sires  298  paies  ¿r.]  iugies  303 
paiera  304  vaura  307  t'aquitera 
308  Et  le  grant  déte  paierai ,  d.  h. 
V.  303  erscheint  noch  einmal.  Die 
Aenderung  auf  Grund  von  G,;  in- 
dessen sind  307  und  308  vielleicht 
umzustellen,  310  donrai  312  m'on 
315  De  que      316  fu 


Ta  me  pourchacas  au  mostier; 
Encore  t'en  ai  je  plus  chîer 
Quant  tu  de  ce  me  confortas; 
Mes  cil  qu'en  or  et  en  hannas      288 
Fesoies  si  glorefier,  (b) 

Cil  te  deussent  aidier." 


Cil  li  respont:  „Tu  as  voir  dit: 

Del  mien  eus  assez  petit. 

Tu  n'en  es  gueires  avanciez; 

Cil  ont  les  avoirs  enchauciez.         294 

Or  m'en  repent,  saches  de  fi, 

n  m'ont  engingnie  et  trahi, 

Que  jes  ai  del  mien  essauciez. 

De  la  grant  déte  sui  chargiez; 

Mes  sire  a  tout  en  son  escrit; 

Ja  n'i  aura  nul  contredit:  300 

Se  li  grant  avoir  n'est  paiez, 

Je  sere  a  la  mort  livrez." 

Cil  li  respont:  „N'aies  paour! 

G'irai  parler  a  ton  seignour 

Et  la  grant  déte  paierai 

Et  del  mesfet  t'aquiterai.  306 

Mieuz  te  vaudre  seul  a  ce  jor 

Que  li  dui  faus  losengeor 

Qui  te  deussent  estre  vrai; 

A  ton  seigneur  t'acorderai." 

Cil  li  respondí  par  amor: 

„Iceus  si  m'ont  mis  en  dolor;        312 

Moult  petit  del  mien  te  donnai. 

Si  m'est  vis  que  miex  l'emploai." 

Cil  est  forment  reconfortez 

Puis  qu'au  seignor  est  acordez, 

De  qui  il  tient  son  heritage 

De  ce  qu'il  donna  par  outrage.     318 

293  eis  gueires      298  deite  su 
299  Me  sire      305  deite 


AFRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.   73 


Cils  doit  bien  estre  amis  clames 
318  Qni  por  moi  soira  le  damaige, 
Dont  jou  fusse  tomes  a  raige, 
Que  jou  despendi  par  outraige 
Por  ciaus  ki  m'ont  les  dos  tomes. 
Jou  ne  t'ai  pas  trouve  volaige, 
Mais  cil  resont  sur  et  sauvaige 
324  Cui  j'ai  les  grans  avoirs  donnes." 


„Sire",  fet  il,  „moult  bien  sui  nez!  (174^) 
Cil  doit  bien  estre  amis  clamez 
Qui  pour  moi  soudra  le  damage, 
Donc  je  fusse  tornez  a  rage 
Par  ceus  qui  m'ont  les  dos  tornez. 
Cui  j'ai  les  granz  avoirs  donnez.    324 
Je  ne  t'ai  pas  trouve  ombrage. 
Mes  cil  me  sont  fol  et  sauvage." 


xxvin. 

Des  trois  amis  et  del  rice  home  ♦Des  trois  amis  et  del  riche  homme 

Vous  doi  jou  bien  conter  la  some,  Vous  doi  je  bien  conter  la  somme, 

La  vérité  de  l'escriture:  La  vérité  de  l'escriture; 

Cil  que  la  letre  rice  nome.  Bien  le  vous  di  tout  par  droiture:  330 

C'est  li  rices  horn  c'on  renome  Cil  que  la  leitre  riche  nomme, 

330  Pour  son  avoir  et  pour  s'usure,  C'est  li  riches  hom  qu'en  renomme 

Dont  il  se  paist  tant  com  il  dure.  Pour  son  avoir  et  pour  s'usure, 

Onques  n'en  velt  garder  mesure;  Donc  il  se  pest  par  aventure 

Envis  fait  les  commans  de  Rome,  Tant  que  la  mort  vient  qui  l'asomme. 

Avoir  quiert,  dras  et  vesteure,  Foi  que  doi  S.  Pere  de  Romme,  336 

N'a  de  nul  autre  bien  fait  cure  Avoir  quiert,  dras  et  vesteure, 

336  Tant  ke  la  mors  vient  ki  l'asome.  N'a  de  nul  autre  bien  fait  cure. 


XXIX.  (44  r) 

Li  premiers  amis  est  li  cors, 
Cui  li  horns  quiert  tous  ses  depors 
Et  les  déduis  k'il  puet  trouver, 
Les  viandes  et  les  vins  fors. 
Il  ne  cuide  ja  ke  la  mors 

342  Le  puist  de  nule  riens  grever; 
Si  se  veut  paistre  et  abeuvrer 
Qu'il  se  puist  ades  enivrer; 
Cou  est  desloiautes  et  tors: 
De  cou  qu'il  veut  sols  aliuer 
En  porroit  quatre  saouler 

348  A  cui  il  fiist  molt  grans  confors. 

XXX. 

Oies  qui  cil  haus  hom  estoit, 
De  cui  sa  grant  tere  tenoit 
Cils  hom  qui  si  ert  effrees: 
C'est  li  haus  sires  qui  tout  voit, 
Et  ki  nous  donne  caut  et  froit, 


Li  premier  amis  est  li  cors, 
Qui  li  bons  quiert  touz  ses  deporz 
Et  les  deduiz  qu'en  puet  trover. 
Qu'il  se  puist  ades  enivrer. 
Les  viandes  et  les  vins  forz; 
Il  ne  cuide  ja.  que  la  morz 
Le  puist  de  nule  riens  grever, 
Si  se  veut  pestre  et  abevrer; 
Ce  est  desloiautez  et  torz. 
A  pluseurs  autres  fust  conforz: 
De  ce  qu'il  veut  soi  alouer 
Em  pouist  quatre  saouler. 


Oez  qui  cil  grant  rois  estoit, 
De  qui  si  grant  rente  tenoit 
Cil  bons  qui  si  ert  esfreez. 
Qui  si  folement  s'est  menez: 
C'est  li  grant  sires  qui  tout  voit 


342 


(b) 


348 


354 


354  Par  cui  li  mons  est  gouvrenes;  Et  qui  nous  donne  chaut  et  froit. 


321  Par  328  Ci  qui  noume 
329  renoume  333  Romme  336  l'as- 
somme     354  Par  6^.]  Pour 


323  le  dos  *  Ueherschrift:  La 
seneñance  del  riche  homme  et  de  ses 
deus  (/.  trois)  amis.  332  renonme 
335  l'asonme 


74 


H.  ANDRESEN, 


Qui  pour  nous  fu  en  crois  penes, 
A  qui  cascuns  de  mere  nés 
Doit  rendre  service  par  droit. 
Bien  devra  estre  espoentes 
Cil  qui  n'iert  a  lui  aquites 
360  De  cele  déte  qu'il  li  doit, 

XXXI. 

Quant  li  rices  horn  est  fenis, 
Il  est  raolt  tost  en  terre  mis, 
En  estroite  maison  cavee. 
Dont  vient  a  lui  ses  esperis: 
„Diva",  fait  il,  „ki  ci  pourris 

366  En  cest  luisel  geule  baee! 

Lieve  tost  sus  sans  demouree   (b) 
Si  va  plaidier  teste  levée 
Des  grans  meifais  ke  tu  fesis. 
Tant  com  el  siècle  eus  durée! 
J'en  ai  le  maie  destinée; 

372  Li  tiens  cors  soit  de  Diu  maudis. 

xxxn. 

Coument'S  fait  il,  „es  tu  dont  mus 

Qui  soloies  avoir  vestus 

Les  rices  gamemens  de  soie? 

En'as  tu  les  fors  vins  beus 

Et  les  rices  mangiers  eus, 
378  Venisons  et  oisiaus  de  proie  .^ 

U  est  ta  bourse  et  ta  coroie? 

Cors,  or  n'as  tu  pas  le  monnoie 

Dont  t'acatoies  les  grans  lus. 

Jel  comperrai  ki  n'en  goustoie. 

D'infer  m'as  mis  devers  la  voie, 
384  Se  Damedius  n'est  mes  escus." 

xxxni. 

Li  cors  se  taist,  car  il  porist, 
Ne  respont  mot,  en  terre  gist. 
Or  parlerai  de  la  maisnie 
Qui  de  la  car  le  desnorist, 
Qui  il  si  grans  aises  aquist: 
390  Molt  est  de  lui  bien  asaisnie. 
Ce  sont  li  ver  ki  ont  envie 
De  cele  car  qui  est  porrie. 


360  qu'il]  qui  365  Diva  fait  il 
ki  ci  pourris  G."]  Di  moi  fait  il  ki 
pourris  372  Dius  373  es  tu  G."] 
estes  376  En  astu  380  nastu  383 
m'a  mis  devens 


Par  qui  eist  mons  est  govemez; 

A  qui  chascun  de  mere  nez 

Doit  rendre  service  par  droit 

De  cele  déte, qu'en  li  doit.  360 

Bien  devra  estre  espoventez 

Cil  qui  n'iert  a  lui  aquitez. 

Quant  li  riches  bons  est  feniz, 

Assez  tost  est  en  terre  mis, 

En  estroite  meson  chevee 

En  im  lincei  geule  baee.  366 

Donc  vient  a  lui  ses  esperiz: 

„Diva",  fet  il,  „qui  ci  porriz. 

Lieve  tost  sus  sanz  demoree, 

Si  va  plaidier  teste  levée 

Des  granz  mesfez  que  tu  feis. 

Cors,  tu  soies  de  Dieu  maudiz      372 

Tant  comme  au  siècle  eus  durée; 

J'en  ai  la  maie  destinée. 

(175') 
Comment",  fet  il,  „les  tu  donc  nuz 

Qui  souloies  avoir  vestuz 

Les  riches  gamemenz  de  soie, 

Ven  oisons  et  oisiaus  de  proie,       378 

Et  les  deintiez  donc  fies  peuz? 

Donc  as  tu  les  forz  vins  beuz. 

Ou  est  ta  borse  et  ta  couroie? 

Cors,  or  n'as  tu  point  de  monnoie 

Donc  achatóles  les  granz  lus. 

Se  Damediex  ne  m'est  escuz,         384 

D'enfer  m'as  mis  dedenz  la  voie; 

Jel  comperrai  qui  n'en  goustoie.** 

Li  cors  se  test,  quar  il  porrist, 

Ne  respont  mot,  en  terre  gist. 

Or  parlerai  de  la  maisniee: 

Moult  est  de  lui  bien  aeisiee,        390 

Que  de  la  char  le  desnorrist, 

Cui  il  les  granz  aises  aprist. 

Ce  sont  li  ver  qui  ont  envie 

De  tele  char  qui  est  porrie, 

366  lincei     379  deltiez    381  berce 
386  goutoie 


AFRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEÍ.  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.   75 


Qai  tant  de  mal  el  siede  dist; 
Li  ame  en  est  morte  et  traie, 
Qui  ne  l'a  mie  deservie, 
396  Qui  compere  cou  ke  il  fist. 

XXXrV.  (44  V) 

Li  escriture  va  glosant 
Que  li  moillier  et  li  enfant 
Est  li  autres  amis  secons, 
Qui  il  aquist  riceces  tant; 
Li  mantiaus,  c'om  li  va  prestant, 

402  Cou  est  li  dras  rices  et  bons, 

Qui'st  sor  la  bière  grans  et  Ions. 
Quant  li  cors  est  mis  en  escons, 
Raportes  est  li  dras  esrant; 
Tost  est  couverte  sa  maisons. 
Ne  font  pour  lui  gaires  de  dons 

408  Cil  ki  en  sont  rice  et  manant. 

XXXV. 

Li  escriture  nos  tesmoigne 
Que  vraie  aumosne  sans  cacoigne 
Fait  del  tiers  ami  ramembrance. 
Quant  Tame  les  pecies  resoigne, 
Et  que  diables  ne  le  poigne, 

414  Li  aumosne  sans  demourance 

Va  devant  Diu  flourie  et  blance, 
Tous  les  pecies  leve  et  estance; 
Bien  dit  por  l'ame  sa  besoigne, 
N'i  veut  riens  metre  en  obliance. 
De  tous  les  biens  fait  demoustrance, 

420  Que  li  cors  a  fait  sans  cacoigne. 

XXXVI. 

Bien  vous  os  dire  sans  mentir 
Que  Taumosne  sans  repentir 
Fait  l'ame  devant  Diu  aler; 
Bien  set  conduire  son  espir, 
Se  diables  le  velt  ravir 
426  Et  en  infer  o  lui  porter; 

Moût  le  set  bien  Diu  presenter   (b) 
Et  tous  les  biens  fais  raconter; 
Au  diable  le  fait  colir. 
Molt  doit  li  hom  Paumosne  amer, 


Qui  tant  de  mal  el  siècle  dist. 
Lors  compere  ce  qu'ele  fist 
L'ame  qui  est  morte  et  traie; 
A  toz  jorz  est  esbahie. 


396 


403  Vielleicht  besser  mit  G,:  Qui 
sor  la  bière  est  grans  et  Ions  404  en 
escoDs  G,"]  et  dras  bons  405  Ra- 
portes] K'aportes      417  dist 


L'escreture  si  va  glosant 

Que  la  moillier  et  li  enfant 

C'est  li  autres  amis  segons; 

Ne  font  pour  lui  gueres  de  dons  402 

Cil  qui  aquist  richeces  tant. 

Li  manteax,  qu'en  li  va  prestant, 

Ce  est  li  dras  riches  et  bons,         (b) 

Qui  seur  la  bière  est  granz  et  lous. 

Reporter  font  le  drap  errant 

Cil  qui  en  sont  riche  et  manant;   408 

Quant  li  cors  est  mis  en  esconz. 

Tost  est  coverte  sa  mesons. 


L'escreture  si  uous  tesmoingne: 
Veraie  amor  sanz  essoingne 
Fet  del  tierz  ami  remanbrance. 
L'aumosne  tout  sanz  demourance,  414 
Quant  l'ame  les  péchiez  resoingne. 
Et  que  deable  ne  la  poigne, 
Va  devant  Dieu  blanche  et  fleurie; 
Touz  les  péchiez  leve  et  nestie, 
Que  li  corz  a  iet  sanz  aloingne; 
Bien  dit  pour  l'ame  sa  besoingne,    420 
Ne  veut  riens  metre  en  oubliance. 
De  tous  les  biens  fet  demoustrance. 


Bien  vous  os  dire  sanz  mentir. 

Que  l'aumosne  tout  sanz  mentir 

Fet  l'ame  devant  Dieu  aler 

Et  touz  les  biens  fet  recovrer;       426 

Bien  fet  conduire  son  espir, 

Son  deable  li  fet  tolir. 

Qui  l'en  vouloit  o  lui  guier; 

Moult  la  fet  bien  Dieu  presenter. 

Bien  la  veut  en  gre  recueillir, 

Au  deable  la  fet  guerpir.  432 


398  zu  kurz.  Vielleicht  Et  a  toz 
jorz  iert  esbahie  412  amor  entstellt 
aus  aumosne  418  ne(s)tie  von  netier 
(netoier)      420  dist     421  mestre 


76  H.  ANDRESEN, 

(»75^ 
Qu'il  puet  al  voloir  Din  doner,         Moult  puet  li  hom  l'aumosne  amer 

432  Et  kil  veut  en  gre  recuellir.  Qu'il  puet  au  vouloir  Dieu  donner. 


XXXVII. 
Vous,  ki  el  siècle  manes  rice, 
Pour  qu'estes  vous  aver  ne  cice 
Des  aumosnes  faire  souvent? 
Li  escriture  nous  afíce: 
Tout  porrira  quanc'on  anice, 

438  Robes  et  drap  et  vestement. 
Si  vous  di  bien  certainnement 
Que  al  grant  jour  del  jugement 
N'i  ara  coupe  ne  afíce; 
On  n'i  ara  or  ne  argent. 
Cil  seront  mari  et  dolent 

444  Qui  douteront  le  fort  justice. 

XXXVIII. 
Gens,  quides  vous  que  nostre  sire 
Ne  sace  au  jugement  eslire 
Ses  bons  fors  de  tous  les  mavais? 
Il  sarà  bien  li  ques  est  pire, 
Ne  li  converrà  mie  dire. 

450  Les  grans  aumosnes  des  biens  fais 
Conduiront  ciaus  kis  aront  fais. 
Moût  est  li  sires  dous  et  vrais, 
Qui  se  laissa  pour  nous  ocire; 
De  son  coste  fu  li  sans  trais. 
£  las,  com  fu  par  nous  mesfais, 

456  Qu'il  endura  si  grief  martire! 

XXXIX.  (45  r) 

Bien  iert  hounis  qui  perderà 
Le  doc  signor  qui  soela 
Cinc  mile  houmes  enmi  uns  plains 
De  cinc  pains  d*orge  qu'il  saigna, 
De  deus  pissons  c'on  aporta. 

462  A  pluisors  estoit  grans  li  fains. 
Si  abonda  entre  lor  mains 
Que  cascuns  fu  saous  et  plains; 
Et  quant  on  le  relief  osta, 
Doze  corbellies  al  mains 
I  remesent  de  ces  cinc  pains. 

468  Sa  grant  poissance  i  demonstra. 


437  quanc'un  442  ni  argent 
451  kis  G."]  ki  460  qu'il  GJ]  qui 
463  abunda  464  —  ^bd  fehlen;  die 
Lücke  ùt  nach  G,  ergänzt,  467  res- 
mesent  des      468  i  G J\  fehlt 


Vous  qui  au  siècle  manes  riche, 

Pour  qui  este  vous  avers  ne  chiche 

Des  aumosnes  fere  sovent? 

Je  vous  di  bien  certainnement,      438 

L'escreture  si  nous  afiche: 

Tout  porrira  quantqu'en  anicfae, 

Robes  et  dras  et  vestement. 

Que  au  grant  jor  del  jugement 

N'aura  ne  coupe  ne  afíche; 

Moult  douteront  la  fort  justice;     444 

Ne  querrá  l'en  or  ne  argent. 

Li  pecheor  seront  dolent. 

Genz,  cuidez  vous  que  nostre  sire 
Ne  sache  au  jugement  eslire 
Ses  bons  amis  hors  des  mauves.' 
Moult  est  li  sires  douz  et  vrais;    450 
Il  saura  bien  li  quiex  est  pire, 
Ne  li  couvendra  mie  a  dire. 
La  grant  aumosne  et  U  bien  fez 
Conduiront  cens  quis  aront  fez. 
Diex  se  lessa  pour  nous  ocire 
Et  endura  si  grant  martire;  456 

De  son  coste  fu  li  sanz  trez. 
Ha  las,  ce  fu  pour  noz  mesfez! 

Bien  iert  honnis  cil  qui  perdra 
Le  douz  seigneur,  qui  saoula 
Cinc  mile  hommes  enmi  un  plain 
De  deus  poisons  et  de  cinc  pains  ;   462 
De  cinc  pains  d'orge  qu'il  seigna,    (b) 
De  deus  poissons  qu'en  aporta; 
Si  abonda  entre  leur  mains 
Que  chascuns  fu  saous  et  plains; 
Et  quant  l'en  le  relief  osta. 
Si  grant  puissance  i  demostra:      468 
Douze  corbeilliees  au  mains 
I  remcstrent  de  ces  cinc  pains. 

436  %u  lang:  Pour  qui  este  ent- 
stellt aus  Pour  qu'estes  443  asfíche 
454  ques  aront 


AFRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.   77 


XL. 
Jon  vous  di  bien  tost  a  fiance. 
Se  nous  aviens  ferme  creance 
Vers  le  signor  qui  lassus  maint, 
Pour  nient  seriens  en  esmaiance 
D'avoir  no  droite  soustenance  — 

474  Mais  cius  qui  vers  lui  trop  se  faint? 
Povretes  ces  trois  en  destraint, 
Qai  esteroient  vrai  cors  saint, 
Se  bien  iert  vraie  lor  souffrance  ; 
Mais  fois  et  loiautes  remaint, 
Par  le  mal  ki  le  bien  estaint 

480  N'avons  piente  ne  abondance. 


Je  vous  di  bien  tout  a  fiance: 
Se  avions  ferme  creance 
Vers  le  seignem*  qui  lassuz  maint, 
—  Mes  chascun  trop  vers  lui  se  faint — 
Ja  mar  aurions  esmaiance  475 

D'avoir  no  droite  sostenance. 
Povrete  tel  mil  en  destraint. 
Qui  seroient  verai  cors  saint, 
Se  veraie  estoit  leur  soufrance. 
Pour  quoi  n'avons  nous  habondance? 
Que  foiz  et  loiautez  remaint  481 

Par  le  mal  qui  le  bien  estaint. 


XLI. 
Jherusalem  se  doit  bien  plaindre 
De  no  creance  que  n'est  graindre, 
Car  li  damaiges  en  est  siens: 
Puis  ke  li  Turc  puent  destraindre 
Le  sépulcre,  dont  doit  estaindre 

486     La  grant  ciarte  des  crestiens.  (b) 

Ains  est  gardée  des  paiiens, 
N'i  est  ne  vesques  ne  diiens; 
Nus  hom  sacres  n'i  puei  remaindre. 
Quant  nous  n'avons  en  nos  loiiens 
La  crois  dont  li  mons  fu  raiens, 

492     Dius  ne  nous  doit  nul  bien  empaindre. 

XLU. 
Cil  ki  veut  sa  vie  amender. 
Ne  doit  pas  Ione  terme  agarder, 
Car  la  mors  cascun  jor  nous  gaite. 
Dius  ne  nous  cesse  demander, 
A  lui  nous  devons  commander, 

498     Car  sa  bontés  est  moût  entaite. 

Dius,  qui  veus  la  mors  fust  soustraite 
Au  jor  que  iustice  en  fu  faite. 
Fai  mon  coraige  si  monder 
Que  puisse  avoir  joie  parfaite! 
Car  cil  aront  molt  de  souffraite 

504     Qui  ne  se  veulent  amender. 

XLIU. 
Dius,  preste  a  ton  pule  vertu. 
Que  del  saint  liu,  u  ta  cars  fu 


469  Jou]  Se,  Je  G,      470  vous  avies  478  hei  G,  cor  saint 

474  dus]  ciaus 

482  qui  n'est  grainde        485  estraindre        489  n'i]  ne        490  no  loiiens 
495  gute]  garde      499  Dius  qui  neus  la  mort  sooiraite 


78  H.  ANDRESEN, 

Por  nous  pence  et  travellie, 
Soient  jete  li  mescreu, 
Qui  si  longement  ont  eu 

510    Le  vrai  sépulcre  en  lor  baillie! 
Or  vous  est  la  voie  establie 
Et  li  eskiele  aparrellie 
D'aler  au  rice  roi  Jhesu; 
Vous,  qui  menés  mauvaise  vie, 
Devenes  tost  de  sa  maisnie, 

516    Se  vous  voles  estre  absolu. 

XLIV. 
Dius  ajut  tous  ciaus  ki  oront 
Ces  vers  et  qui  entenderont 
La  sentence  de  la  matere, 
Et  qui  a  cief  les  meteront;  (45^) 

Cil  qui  entendent,  s*il  nel  font, 

522     Ne  sont  mie  bien  net  confrere. 
Dius,  qui  de  nous  est  gouvernere. 
Li  sains  espirs,  li  fils,  li  pere 
Nous  puist  releecier  el  mont 
De  la  crois,  u  la  mort  amere 
Endura,  quant  sa  douce  mere 

528     En  souspira  de  euer  parfont. 

XLV. 
Beneois  soit  cil  qui  ora 
Ces  vers  et  ki  les  pourlira, 
Car  moût  en  est  Puevre  vaillans. 
Hues  li  rois,  qui  la  traita, 
Sa  sience  i  renfortera; 

534    La  matere  est  de  Diu  si  grans 
Com  em  porroit  parler  cent  ans, 
Et  si  doit  moût  estre  plaisans 
Del  doue  signor,  qui  nous  cria; 
U  est  et  fu  et  iert  toutans. 
Bien  devons  faire  ses  commans, 

540     Quant  de  son  sane  nous  racata. 

XLVL 
Toutes  les  ames  trespassees, 
Qui  de  cest  siècle  sont  alees, 
De  coi  on  puet  Diu  apeler. 
Soient  en  tel  pais  reposées 
Qu'eles  ne  soient  tormentees, 
546     Ne  c'anemis  nés  puist  grever! 

509  Que         517  aront         526  mors         529  Benois 
539  ses]  ces       546  nés]  nel 


ara         532  traite 


ÂFRZ.  BEARBEITUNG  DFR  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.       79 

Dius,  qui  ton  cors  laissas  pener 
En  crois  pour  peceors  sauver. 
Quant  nos  ames  as  racatees, 
Fai  les  de  mort  resusciter  (b) 

Et  del  lait  infer  esquiver, 
552     Qu'eles  n'i  soient  ostelees! 

XLVn. 

Pour  ces  ames  devons  proier; 

Ausi  en  aront  grant  mestier 

Les  nostres  caitives  dolentes. 

Nous  ne  volons  les  maus  laissier, 

Si  nous  en  convenra  paier 
558     De  nos  ames  moût  cruels  rentes. 

Moût  ierent  grandes  nos  ententes 

Et  dolerouses  les  atentes, 

U  cascuns  ara  son  loier. 

Trop  faisons  les  caroignes  gentes, 

Que  la  mors  fera  si  pulientes 
564    Con  nés  daignera  aprochier. 

XLVni. 

Gens,  esgardes  ces  oisellons. 

Qui  n'ont  grans  sales  ne  doignons, 

Or  ne  argent,  ne  vair  ne  gris: 

n  pourcacent  lor  garisons 

Sans  usure,  sans  traisons, 
570    La  nuit  reviennent  a  lor  nis. 

Dius  lor  amenestre  tondis 

Lor  peuture,  ce  m*est  avis. 

Plus  a  droit  ke  nous  ne  Paions; 

Joie  en  demainnent  en  lor  cris, 

Et  ke  miels  nous  fait  Jhesucris, 
576    Mains  de  mérite  li  rendons. 

XLIX.  (46  r) 

Pere  des  ciels  qui  nous  crias 
Et  de  ton  sane  me  racatas, 
A  toi  commant  mon  esperit; 
Ja,  se  toi  plaist,  ne  perderás 
La  samblance  que  tu  formas. 
582    Fai  moi  que  jou  mete  en  despit 
Le  diable,  qui  sans  respit 
Met  mes  pecies  en  son  escrit 


547  laissa  549  as]  eus  551  esqiuer  553  Pour  les  ames  de  nous 
proier  555  Les  noes  560  atentes]  ententes  toü  559.  559 — 61  folgen 
aus  Versehen  noch  einmal.  563  fera]  sera  564  Con  nous  d.  a.  571  amou- 
neste      573  Plus]  Puis 


8o 


H.  ANDKËSiîN, 


Et  qni  me  veut  prendre  a  ses  las! 
Lai  moi  manoir  en  tel  abit 
Que  puisse  avoir  bien  euer  eslit 
588     A  faire  cou  que  tu  vauras! 

L. 

Fai  moi,  ke  ne  soie  esbais, 
De  garant  vers  mes  anemis 
M'ame,  qui  est  en  grant  paour! 
Car  ne  sai  les  jors  ne  les  dis, 
Que  mes  cors  doit  estre  fenis. 

594     Se  jou  ne  vieng  garnis  au  jour, 
Moût  arai  fait  mauvais  séjour, 
M'ame  ert  reprise  en  vil  destour. 
Or  m'otroit  li  sains  esperis 
Que  soie  espris  de  sa  suour, 
Dont  alume  sont  sans  dolour 

600    Cil  qui  mainnent  em  paradis. 


LI. 

Velliens  en  orisons  el  mont, 
Car  cil  ne  sevent  qui  i  sont 
Quant  li  jors  daerains  venra, 
Que  cils  et  terre  mouveront. 
Et  ke  les  aiges  arderont, 

606  Et  tous  li  mons  enflambera. 

Et  toute  riens  annera.  (b) 

Fors  iert  li  fus  qui  arderà. 
Si  com  l'escriture  despont; 
Par  tout  le  mont  s'espanderà. 
Ja  nule  riens  n*i  remanra, 

612  Ne  en  valee  ne  en  mont. 

LU. 

Cou  nous  dit  li  vrais  testamens 
Que  li  daerains  fínemens 
Iert  en  moût  poi  d'eure  venus. 
Petit  s'en  garderont  les  gens. 
Mains  en  aront  doute  et  porpens 
618  Qu'il  n'aient  or,  quant  H  grans  fus 
Sera  de  toutes  pars  creus. 
Par  coi  li  mons  iert  confondus. 
Tous  s'esmouvra  li  fìrmamens. 


596  vil]  viel  598  suor;  s.  Anm, 
601  Vellens  604  mouvera  613  dist 
615  mou      620  confundus 


Geffroi  de  Paris.       (181  r) 
"^^  Veillons  et  orrons  en  cest  mont. 
Que  nus  ne  set  de  ceus  qui  sont 
Quant  li  jor  derreain  vendra. 
Que  touz  li  monz  enflambera, 
Que  ciel  et  terre  se  mouvront 
Et  que  les  eves  arderont;  606 

Li  so  ule  us  entenebrira 
Et  la  lune  en  sane  muera, 
Si  com  Tescreture  despont. 
Ne  en  valee  ne  en  mont 
Ja  nule  riens  n*i  demorra; 
Sachiez  que  issi  avendrá. 

Ce  nous  dit  li  vrais  testamenz 
Que  li  derreniers  fìnemenz 
Iert  en  moult  pou  d'eure  venuz. 
Et  que  li  monz  iert  confonduz; 
Ne  s'en  prendront  garde  les  gens. 
Mains  en  auront  sens  et  porpens  618 
Qu'il  n'ont  ore  quant  11  granz  fus     (b) 
Sera  de  toutes  pars  venuz; 
Toz  se  mouvra  li  fìrmamenz; 

*  Ueber Schrift:  Des  signes  contre 
la  fm  del  monde  et  si  corn  li  mondes 
fenira  soudeement  60 1  orrons  wird 
verderbt  sein  aus  orons  von  oter 
613  dist  testament  614  finement 
618  Mais      621  firmament 


AFKZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.   8l 


Ja  n'en  porra  escaper  nus, 
N'iert  espargnies  ne  rois  ne  dus; 
624  Moût  iert  cribles  as  tormens. 

un. 

A  cel  jour  qui  iert  daerains 
lerent  les  cames  as  plains, 
Ce  nous  tesmoigne  Tescriture; 
Cil  que  nous  apelons  vilains 
Labouerront  a  lor  deus  mains, 

630  Les  bestes  ierent  em  pasture; 
Tost  devenra  la  tere  obscure, 
De  toutes  pars  venra  Tardure, 
Dont  cascuns  iert  mors  et  atains. 
Ceste  fìns  iert  cruel  et  sure; 
Dont  n'aront  H  rice  houme  cure 

636  De  lor  grans  ventres  faire  plains. 

LIV.  (46  V) 

Uns  fus  iert  aigres  et  amers, 
Puis  ke  les  aiges  et  la  mers 
En  arderont  a  tel  destroit; 
Li  solaus  n'iert  luisans  ne  clers. 
Tout  arderà,  murs  et  pilers, 

642  Vignes,  montaignes  quanc'om  voit; 
Pour  noient  nus  se  reponroit, 
Car  en  nul  liu  ne  gariroit. 
Cis  fus  ne  sera  mie  avers 
De  l'un  caut  faire  et  l'autre  froit  : 
Dius  le  départira  a  droit, 

648  A  trestoz  iert  egaus  et  pers. 

LV. 

Cil  qui  labouerront  as  cans, 
Quant  cil  tormens  venra  si  grans, 
A  lor  reces  tomer  vauront 
Pour  aidier  femes  et  enfans, 
Mais  la  dolors  iert  si  pesan  s 
654  Que  moût  tost  les  oublieront; 
Car  les  tempestes  toneront 
£t  les  grans  montaignes  brairont. 
Et  li  fus  iert  caus  et  boillans; 
Femes  et  houmes  ploueront; 


628  Cil  qui  629  a  lor  deus 
mains  6^.]  a  lor  mains  632  Tar- 
dare GJ]  l'ordure  634  craeul  643 
nus  se  reponroit  OJ]  ne  les  reponroit 
645  avers  G,"]  amers  647  adroit  648 
fehU;  ist  nach  G,  ergänU  649 
Cil  cui 

Zeitschr.  i.  rom  Phil.   XXIL 


Moult  iert  doutables  cil  tourmenz, 

Ja  n'en  porra  eschaper  nus; 

N'iert  espargniez  ne  rois  ne  dus.   624 

A  cel  jour  qui  est  derraains 
Seront  les  chames  as  plains 
Et  les  bestes  en  leur  pasture; 
Ce  nous  tesmoingne  l'escreture. 
Cil  que  nous  apelons  vilains 
Laboureront  a  leur  deus  mains.     630 
Tost  devendrá  la  terre  oscure; 
De  toutes  pars  vendra  l'ardure. 
Donc  chascun  iert  morz  et  estrainz. 
De  leur  granz  ventres  fere  plainz 
N'auront  lors  li  riche  homme  cure  ; 
Ceste  chose  ert  crueuse  et  dure.    636 

*Cist  feus  est  egres  et  amers, 
Puis  que  les  iaves  et  les  mers 
En  ardront  a  si  grant  destroit; 
Vingnes,  montaingnes,  quanqu'en  voit, 
Trestout  ardra,  murs  et  pilers, 
Li  souleus  n'iert  luisanz  ne  clers.    642 
Pour  noient  nus  se  repondroit. 
Que  en  nul  leu  ne  gariroit; 
A  trestouz  est  égaux  et  pers.    (181  v) 
Cil  feu  ne  sera  mie  avers 
D'eschaufer  tout,  n'auront  pas  froit; 
Cil  feus  iert  departiz  a  droit.         648 

Cil  qui  laboureront  aus  chans. 
Quant  li  tormenz  sera  si  granz, 
A  leur  ostiex  torner  voudront; 
Pour  voir  vous  di  qu'il  ne  porront 
Pour  aidier  fames  et  enfanz; 
Mes  la  doleur  iert  si  pesanz  654 

Que  moult  tost  les  oublieront, 
Quar  les  granz  montaingnes  brairont. 
Et  li  feu  iert  chauz  et  boillanz; 
Nel  sauroit  dire  homme  vivanz 


633  estraiot  *  Uéberschrift:  Ci 
parole  du  feu  qui  doit  venir  contre 
la  fìn  du  monde     643  se  respondroit 


82 


H.  ANDKESEN, 


La  grant  dolour  qu'il  demenront       La  grant  doleur  qu'il  demainront; 
660  Ne  set  dire  nus  horn  vivans.  Hommes  et  fames  pleureront.         660 


LVL 
Tuit  crieront  petit  et  grant: 
„Mont,  car  caes  sour  nous  errant, 
Terre,  car  nous  engloutes  vis! 
Ne  poons  mais  avoir  garant; 
Montaignes,  ales  acorant 

666  Nous  dolereus  et  nous  caitis!** 
Ensi  diront,  car  Jhesucris 
Le  dist,  cou  conte  li  escris,     (b) 
Au  jor  que  I'orent  pris  tirant, 
Ne  ja  fauses  n'en  iert  ses  dis. 
Tout  ensi  iert  li  mons  fenis; 

672  Sacies  le  bien  a  ensiant. 

LVII. 
Pour  cel  fort  jour,  qui  doit  venir. 
Se  deust  bien  cascun  garnir. 
Car  n'en  set  on  terme  ne  eure; 
Bien  nous  deussons  astenir 
De  grans  vanités  porsivir; 

678  Fols  est  qui  ses  pecies  ne  pleure, 
Ancois  que  l'aspre  mors  aceure. 
Qui  sans  merci  cort  cascun  seure. 
Cil  que  deus  mors  feront  morir 
N'en  venra  jamais  au  deseure; 
Si  se  doit  bien  cascun  resceure 

684  De  la  mort  ki  ne  puet  fenir. 

Lvra. 

Jou  vous  di  bien:  ki  samblera 
Celui  qui  mains  de  pain  ara 
Que  nus,  cil  nen  i  a  torment; 
Cil  qui  em  paradis  manra 
Tant  grant  doucour  i  sentira, 
690  Odour  de  basme  et  de  piument 
Envers  celui  ne  vaut  nient; 
Li  angle  i  cantent  doucement. 
Ja  cele  joie  ne  faura, 


*Tuit  crieront  petit  et  grant: 

„Mort,  quar  venez  seur  nous  courant. 

Terre,  quar  nous  engloutez  vis 

Nous  doulerex  et  nous  chaitis!'* 

Einsi  diront,  quar  Jhesucriz 

Le  dist,  ce  conte  li  escriz,  666 

Au  jor  que  l'orent  pris  tirant. 

Et  sachiez  bien  a  esdant. 

Ja  fause  n'en  sera  ses  diz, 

Que  issi  iert  li  monz  feniz. 


(b) 
♦♦A  cel  jor  fort,  qui  doit  venir. 
Se  deust  bien  chascun  garnir,        672 
Que  ne  savons  terme  ne  eure. 
Fox  est  qui  ses  péchiez  ne  pleure. 
Bien  nous  deussion  astenir 
Des  granz  vanitez  poursuivir, 
Aincois  que  l'aspre  mort  aqueure. 
Qui  sanz  merci  court  chascun  seure.  678 
A  la  mort  ne  puet  nus  faillir. 
Cil  que  deus  mors  feront  morir 
N'en  vendra  james  au  deseure. 
Si  se  doit  bien  chascun  resqueure. 

(182V) 
Je  vous  di  bien  qu'il  semblera 
Celui  qui  le  mains  en  aura,  684 

Que  nus  ne  seufre  tel  tourment. 
Et  ce  sera  sanz  finement; 
Moult  sera  dl  mal  eurez 
Qui  laiens  sera  ostelez. 


♦♦♦Cil  qui  en  paradis  sera 
Tant  grant  doucor  i  sentira, 


690 


659  qu'il  G.']  qui  661  Tuit  G,] 
Moût  680  sains  merci  681  que  GJ] 
qui  682  au  deseure  G,"]  au  deseuir 
683  rescuere  687  Que  nus  sil  non 
ni  ait  torment 


*  Düse  Strophe  hat  nur  IO  Zeilen 
**  Ueber Schrift:  Ci  parole  comment 
richece  (/.  richeces)  ne  vaudront  riens 
au  jugement.  675  atenir  683^. 
schliessen  sich  an  F.  84  5. 54  an,  sind 
aber  verderbt,  ♦*♦  Ueber schrift:  De 
la  joie  et  des  deliz  que  li  bon  auront 
en  paradis 


AFKZ.  UËÀKBKITUNG  DER  PAK  ABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.      83 

Qui  i  vit  glorieusement;  Oudeur  de  basme  et  de  piment 

Cascun  jour  voit  on  proprement        Envers  celui  ne  vaut  noient. 
696  I^  signour  ki  le  mont  cria.  Doucement  i  chantent  li  angre, 

Sainz  et  saintes  et  li  archangre; 
L'en  i  vit  glorieusement: 
Chascun  jor  voit  on  proprement  696 
Le  seigneur  qui  le  mont  cria; 
Ja  cele  joie  ne  faudra.^ 


695  bei  G,  vist  *  Hür  folgt  hei  G,  die  weiter  oben  S.  54  mügeteüte 

Strophe  Cil  deust  bien  penser  toz  dis  u,  s.  w. 

Anmerkungen. 

Seite  50  V.  1 1  cousteus  hier  wie  neufr.  précieux  in  der  Bedeutung  „klein- 
lich, genau**. 

Ebd.  V.  21  estruire  ,,aufbauen,  herrichten**  in  etwas  ungewöhnlicher  An- 
wendung. 

Ebd.  V.  22  Au  jugement  resambleras  La  char  „am  jüngsten  Gericht 
wirst  du  das  Fleisch,  deine  Gebeine  wieder  sammeln**,  du  wirst  wieder  die 
Gestalt  annehmen,  die  du  im  Leben  hattest. 

Ebd.  V.  24  afruitier  „fruchten,  nützlich  sein,  nützen'*.  Die  Stelle  ist 
ironisch  zu  fassen. 

Seite  51  V.  50  cince  „Lappen,  Lumpen".  Das  Wort  kommt  bekanntlich 
schon  im  Alexius  vor,  s.  G.  Paris  S.  183  zu  29<i,  der  bereits  zwei  der  jetzt 
von  Godefroy  verzeichneten  Stellen  anführt. 

Ebd.  V.  52.  Mit  recincier,  noch  neufr.  rechinser  „reinigen'*,  steht  crincier 
(V*  57)  i™  Reim  bei  Froissart,  Poésies  U,  1242  der  Ausgabe  von  Schcler,  wo 
jedoch  Verderbnis  vorzuliegen  scheint.  Im  Glossar  bringt  Scheler  wohl  richtig 
crincier  mit  grincer  „knirschen*'  zusammen. 

Ebd.  V.  55  rostes  von  roster  „wieder  herausnehmen,  wieder  herausholen**. 

Ebd.  V.  64  aiixandrin  „alexandrinisch ,  aus  Alexandrien**,  d.  h.  „kost- 
bar, prächtig**.  Das  Adjektiv  auch  im  Roman  de  Caritè  U,  209:  espeche 
aüxandrine  „Gewürz  aus  Alexandrien**. 

Seite  52  V.  5  EfC  =  En€\  s.  weiter  unten  S.  87  zu  220. 

Ebd.  V.  9  geneste,  auch  genestre  (über  die  Einschiebung  des  r  s.  Foerster, 
Ztschr.  II,  88)  ist  die  übliche  altfr.  Form.  Das  neufr.  genêt  bürgerte  sich 
vielleicht  unter  Einflufs  von  genet  „spanisches  Pferd**  ein.  Die  Wendung  Si 
fiourires  comme  geneste  „und  ihr  werdet  blühen  wie  Ginster**  hat  nichts  Auf- 
fallendes, da  die  Blüte  des  Ginsters  sich  durch  Schönheit  auszeichnet,  wie 
auch  O.  de  Serres  an  einer  von  Littré  (unter  genêt)  mitgeteilten  Stelle  her- 
vorhebt. 

Ebd.  V.  16  estamer,  neufr.  ¿tamer  „verzinnen**,  hier  in  allgemeinerer 
Bedeutung  „mit  einer  glänzenden  Hülle  umgeben**. 

Ebd.  V.  21.  Von  seursamer  ist  das  Partie.  Prät.  seursemé  sehr  üblich 
in  der  Bedeutung  „fleckig,  fìnnig,  aussätzig,  faul'*.  —  „Flecke  bekommen'* 
heifst  sorseimer  bei  Etienne  de  Fougièrcs  (Ausg.  und  Abhandl.  XXXIX. 
1887.  S.  141  V.  1247).  Ist  die  Lesart  bei  Geffroi  richtig,  so  bedeutet  es  au 
der  vorliegenden  Stelle  „fleckig,  aussätzig  machen**. 

6* 


84  H.  ANDRESEN, 

Ebd.  V.  22.  Der  Sinn  des  Verses  scheint  zu  sein  :  Der  Leib  hält  sie 
(die  Seele)  wert,  weil  sie  das  Gegenteil  von  ihm  ist,  indem  sie  ihm  gar  keine 
Last  macht. 

£bd.  V.  27  concur  {concacare)  im  figürlichen  Sinne  entspricht  unserm 
,,anschmieren". 

Ebd.  V.  28  diu  (prov.  cilla)  „Wimper"  neben  eil  bestehende  weib- 
liche Form. 

Ebd.  V.  30  atillier  (bei  GefFroi)  „aufputzen ,  schmuck  machen".  Das 
Wort  ist  bereits  von  Foerster,  Chev.  as  .II.  espees  zu  61 61  besprochen  worden. 
Wegen  der  Herleitung  vgl.  Meyer-Lübke,  Ztschr.  XV,  242.  —  s^estüU  beim 
Roi  de  Cambrai  V.  29  scheint  entstellt  zu  sein  aus  s^estriUe, 

Ebd.  V.  31.  „Der  Leib  ist  Katze  und  die  Seele  ist  Ratte",  d.h.  jener 
treibt  mit  dieser  sein  grausames  Spiel. 

Seite  53  V.  36.  „Der  Eine  spielt  mit  der  Andern  mit  der  Kugel  (oder 
dem  Ball)",  d.  h.  wenn  es  ihm  gefallt  rollt  oder  wirft  er  ihr  die  Kugel  zu, 
sonst  nicht.     Er  verfährt  mit  ihr  ganz  nach  Belieben. 

Ebd.  V.  38  descerner  „unterscheiden,  erkennen,  kenntlich  machen". 

Ebd.  V.  39  restorer  „Besserung  schaffen". 

Ebd.  V.  41  luiserne  „Licht,  Strahl",  s.  Foerster  zum  Cliges  734.  Da- 
gegen steht  das  Wort  in  der  Bedeutung  des  latcin.  lucerna  im  Arundel- 
Psalter,  Ztschr.  XI,  532. 

Ebd.  V.  42  ore  „Luft"  (latein.  aura)^  von  Geffroi  irrtümlich  als  latein. 
hora  aufgefafst. 

Ebd.  V.  47  asore  ist  unverständlich;  s'essore  bei  Greffroi  von  s* essorer 
,,sich  in  die  Lufl  schwingen"  wie  in  den  Vers  d.  1.  mort  hrsg.  von  Windahl 
Str.  LV:  Li  maus  fus  arde  Ces  f au  ses  treces  gui  gaillarde  Me  font  plus 
c^oisiaus  qui  spessore?  Raynouard  1.  r.  hat  saurar  in  der  Bedeutung  „blond 
machen ,  verjüngen"  ;  vielleicht  ist  darum  zu  lesen  Qui  puis  ne  se  vest  ne 
se  sore. 

Ebd.  V.  52  cresmes  (auch  z.  B.  im  Roman  de  Caritè  II,  252),  neufr.  chrême 
„das  bei  der  Taufe  u.  s.  w.  benutzte  Salböl".  Zu  der  vorliegenden  Stelle 
vgl.  die  Redensart  Cela  ferait  renier  chrême  et  baptême,  —  Altfr.  meist  gleich 
geschrieben  {cresme)  wird  neufr.  crème  „Rahm".  Zu  letzterm  s.  Meyer-Lubke, 
Ztschr.  XI,  253, 

Ebd.  V.  57  hresme^  neufr.  brème  „Brassen"  (niederd.  bressemo,  daraus 
die  fr.  Form;  s.  Weigand,  Kluge  u.a.;  engl,  bream),  gewöhnlich  Blei  genannt 
wegen  der  Farbe.     Der  Fisch  kommt  in  altfr.  Texten  häufig  vor. 

Ebd.  V.  59 — 60.  „Die  Gemächlichkeit  kann  Gott  nicht  gefallen,  mit  der 
du  oft  dein  Fleisch  abschätzest  (oder  beurteilst)".  Du  gicbst  dir  keine  ernst- 
liche Mühe  darüber  nachzudenken,  was  dein  Fleisch  (dein  sterblicher  Teil) 
im  Grunde  genommen  wert  ist. 

Ebd.  V.  64  „ihr  bestes  Werkzeug",  d.  h.  ihre  Seele. 


*  Unter  Einflufs  dieses  Wortes  wird  sich  brasme  gebildet  haben,  Name 
eines  Edelsteins  (s.  Godefroy),  der  auch  in  der  Karlsreise  381  vorzuliegen 
scheint.  Die  urspr.  Form  ist  prasme,  bei  Pannier,  Lapidaires  S.  61  V.  747, 
ital.  prasma,  plasma  und  piasma,  mittellat.  prassimus  (Du  Cange)  für  pra- 
sinus  ;  neufr.  prase,  der  Prasem.  Vgl.  Lexer  in  Grimms  Wörterbuch  7,  2070, 
wo  als  mhd.  und  md.  Form  auch  brasime  verzeichnet  ist. 


ÂFRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.       85 

Ebd.  V.  69  falsil  ist  vermutlich  identisch  mit  ncufr.  fraisil  »,Kohlen- 
asche*';  s.  Thomas  in  der  Romania  XXIII,  586  und  Tobler,  Ztschr.  XIX,  146. 

Seite  54  V.  85  entention  im  Sinne  von  entendement  „Verständnis". 

Ebd.  V.  89  ^abrever,  s*abeuvrer  343  (neufr.  s* abreuver)  „sich  voll  saufen". 

Ebd.  V.  90  ist  mit  le  livre  die  Bibel  gemeint. 

Ebd.  V.  92  quivre  „Bedrängnis,  Drangsal";  s.  Foerster  im  Chev.  as 
.IL  espees  zu  4905,  Bédier  im  Lai  de  L'Ombre  zu  V.  331,  wo  das  Wort 
{cuivre  geschr.)  in  homonymem  Reime   mit  cuivre  „Kupfer"  steht,  Godefroy. 

Seite  55  V.  112  muire  neben  muir  (neufr.  »fif^fr  Neubildung)  yn^  fuire 
neben  fuir\  vgl.  muire  :  destruiré  bei  Littré. 

Ebd.  V.  115  kommt  änuit  von  anuier  „belästigen",  V.  118  aber  von 
anuüier  „Nacht  werden".  Letzteres  heilst  auch  „mit  Nacht  bedecken",  so 
bei  Windahl,  Vers  d.  1.  mort  Str.  XXXI:  Mors  fait  tote  joie  ahregier  ;  Le 
plus  fort  et  le  plus  legier  Fait  anuitier,  quant  il  ajorne. 

Ebd.  V.  126  gobe  (bei  Geffroi)  „schmuck";    s.  Grodefroy. 

Ebd.  V.  127  keust  von  keudre  „nähen"  (picard.  Form).  —  bras  hier 
„Acrmel". 

S.  56  V.  152  Subjekt:  Li  rices  horn  (15 1). 

Ebd.  V.  154  amuis  „verstummt".  Das  Perf.  amui  im  Arundel-Psalter, 
Ztschr.  Xn,  34  und  35  (latein.  Text  ommutui). 

Ebd.  V.  168  geuns  (j'ejunus)  hier  in  der  Bedeutung  „an  Speise  und 
Trank  Mangel  leidend". 

Vers  7  fraine  Femin.  von  f rain  „bettelmönchisch,  armselig"  Vax  frarin, 
fr  arine,   wie  oft  empereiz  statt  empereriz, 

9  deverra,  449  converrà  aus  devenra^  convenra  (daneben  tenra  150, 
convenra  557,  devenra  63 1,  venra  632).  Diese  Art  Assimilation  ist,  abge- 
sehen von  den  allgemein  üblichen  dorrai  und  merrai  aus  donerai  und  menerai, 
sonst  altfr.  selten.  Gewöhnlich  entwickelt  sich  aus  nr  ndr;  so  auch  im  Fu- 
turum von  venir  und  tenir:  vendrai,  tendrai.  Die  Formen  verrai,  terrai 
sind  kaum  anders  als  in  picardlschen  Texten  anzutreffen. 

II — 12  „Zum  Unglück  werdet  ihr  die  verächtliche  Lehre  erlernen,  bei 
der  Jeder  seinen  Verstand  vergeuden  will."  Es  wird  euch  zum  Unglück  ge- 
reichen, dafs  ihr  der  verächtlichen  Lehre  (die  euch  heilst,  es  euch  auf 
Erden  möglichst  wohl  sein  zu  lassen)  Grehör  schenkt.  Leider  folgt  ihr  Jeder 
so  eifrig,  dais  er  ein  Thor  wird. 

22,  26  Procains  „Verwandter";  s.  Suchier,  Reimpredigt  zu  30c. 

47  taige  (Hs.  tage)  im  Reim  mit  iretaige,  coraige  u.  s.  w.  kann  kaum 
etwas  Andres  sein  als  tache.  So  oder  vielmehr  laiche  wird  auch  zu  lesen 
sein,  und  erstere  Form  auf  Rechnung  des  Schreibers  kommen.  Ein  gleicher 
ungenauer  Reim  scheint  im  Auberi  (Toblers  Mitteil.  a.  a.  Hss.  85,  22)  vorzuli^en, 
wenn  flaige  dasselbe  ist  wießaiche  =  flache,  flaque  (s.  die  Anm.  zu  der  Stelle). 
Derartige  Reime  sind  femer  sache  :  outrage,  cloche  :  reloge  bei  Rutebeuf 
(Jordan ,  Metrik  und  Sprache  Rutebeufs  S.  58)  ;  formaches  :  vaches  R.  de 
Renart  I,  48,  forma^he  :  saclie  ebd.  119,  sache  :  damage  ebd.  291.  Sie  be- 
gegnen auch  oft  in  der  Bibel  des  Jehan  Malkaraume;  s.  Bonnard,  Une  tra- 
duction de  Pyrame  et  Thisbé  p.  3.  In  Betreff  des  Schwankens  zwischen  g 
und  ch  s.  Foerster  im  Chev.  as  JI.  espees  LIV,  sovde  im  Yvain  zu  4656. 


86  H.  ANDRESEN, 

48   —  609. 

59  regreter  neutral  „klagen,  jammern"  wie  Alex.  88*»;  s.  G.Paris  zu 
26  e  seiner  Ausgabe. 

83  estera  aus  estevra,  esteura  wie  in  der  folgenden  Zeile  ara  aus 
avrà,  aura, 

93  ist  passible  =  paisible,  nicht  =  plaisibU;    vgl.  Ztschr.  XV,  529. 

96  devers  soi  „von  sich";  s.  Foerster  im  Chev.  as  .II.  espees  zu  811. 

105 — 6  „Und  wenn  er  es  auf  einen  Abweg  gebracht  hat  was  er  ent- 
liehen und  nicht  alles  Geld  hat" 

HO  despoise  im  figürlichen  Sinne  läfst  sich  gewöhnlich  mit  „Gehalt, 
Beschaffenheit"  wiedergeben;  s.  die  Stellen  bei  Tobler,  Vrai  aniel'  zu  153. 
Im  vorliegenden  Verse  kommt  die  eigentliche  Bedeutung  des  Wortes  „Speise, 
Mischung,  Leginmg"  noch  zum  Bewufstsein. 

115  „In  Betreff  dessen  er  niemals  oben  sein  wird",  d.h.  aus  dem  er 
nie  wieder  herauskommen  wird.  Er  wird  immer  tief  unten  im  Kerker  liegen. 
au  deseure  auch  682. 

121.  Statt  Z«[ij]  est  hat  die  Hs.  Lu  est;  ein  Beispiel  der  bekannten 
Nachlässigkeit  eines  Abschreibers. 

136.  Wegen  recreu  in  der  Bedeutung  von  recreant,  508  mescreu  „un- 
gläubig** s.  Tobler,  Ztschr.  V,  191  bezw.  190. 

155  a  que  qu*il  tort  „wie  es  ausfallen  möge*';  vgl.  Yvain  1303. 

159  ta  deserte  „dein  Lohn**,  d.  h.  der  Lohn,  den  du  mir  zu  Teil 
werden  lassest. 

161  Maint  rice  drap  a  penne  vaire  „manches  kostbare  Kleidungsstück 
mit  buntem  Pelzfutter**;  vgl.  Foerster  zum  Yvain  1885. 

168  Anspielung  auf  das  Sprichwort  „den  Wolf  zum  Hirten  machen**; 
s.  Manenlob  zu  475. 

172  satis  retenir  „ohne  aufgehalten  zu  werden,  ohne  zu  zögern**,  be- 
kannte altfr.  Kürze.  Vgl  Foerster  zu  Rieh.  1.  b.  3954;  Tobler,  Ztschr.  II,  406. 
Ein  proven zalisches  Beispiel  im  Jaufré  (Bartsch,  Chrest.^  258, 19):  Per  que  domna, 
se  s*amor  dona  Ses  querré,  non  es  tant  honrada  Con  es  cella  que  tCes  pre- 
gada „Weshalb  eine  Frau,  wenn  sie  ihre  Liebe  schenkt,  ohne  darum  an- 
gegangen zu  sein,  nicht  so  geehrt  ¡st  wie  die,  welche  darum  gebeten  wird**. 

178  entait  „eifrig  bedacht**;  vgl.  Scheler  zu  Watriquet  und  den  Trou- 
vères belges,  Marienl.  389.  Von  diesem  Wort,  das  zu  tai  gehört,  ist  das 
homonyme  entait  (intactum)  zu  trennen,  das  V.  498  begegnet.  Die  verschie- 
dene Bedeutung  beider  Wörter  hat  bereits  Scheler  klargestellt. 

189  Car  tu  as  sour  fr  oit  fer  batu  „denn  du  hast  auf  kaltes  Eisen  ge- 
schlagen'*, d.  h.  dich  umsonst  bemüht. 

190  maisons  perinés  „steinerne  Häuser**,  ñ  ist  in  perignes,  wie  die  Hs. 
hat,  etymologisch  nicht  berechtigt;  allein  es  tritt  im  Altfr.  vielfach  Mischung 
und  nicht  nur  in  der  Schreibung  zwischen  tl  und  n  ein.  Vgl.  z.  B.  die  Reime 
Ztschr.  n,  547. 

213  adaier  wird  bei  Godefroy  durch  mehrere  Stellen  belegt,  ohne  dafs 
jedoch  die  genaue  Bedeutung  des  Wortes  hervorträte.  Es  begegnet  dreimal 
bei  Froissart,  zweimal  in  den  Gedichten,  einmal  in  der  Chronik.  Im  Glossar 
zu  erstem  weist  Scheler  darauf  hin,  dafs  es  in  der  Chronik  mit  herier  {Marier) 
„aufreizen,  drängen"  (Diez,  E.W.)  verbunden  auftritt.    Damach  sdieint  es  mit 


AFRZ.  BEARBEITUNG  DER  PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.  Sj 

„argem**  wiedergegeben  werden  zu  können ,  eine  Bedeutung ,  die  an  der  Stelle 
unseres  Gredichtes  passen  würde. 

220  ^w  (en*  376;  vgl.  S.  52  V.  5)  „nicht,  denn  nicht",  ursprünglich  e(t) 
ne  (Diez,  E.  W.).  Vgl.  donne»  done,  dene,  den  für  don  ne;  s.  Foerster 
zum  Yvain  1488,   Ztschr.  XIII,  535,  542;     neqtiedent   fur   nequedont  (Burguy 

n,  385). 

223  grans  picard,  für  grains  „betrübt";  s.  62 i. 

226  ferme  „Verschlufs**.  En  tel  ferme  est  mis  mes  argens  „mein  Geld 
ist  so  untergebracht". 

248  huscier  Vaumosne   ^,nach   dem  Almosen   schreien,    laut   verlangen**, 
wie  das  häufige  huscier  Vewe, 

251—2  nach  dem  Text  bei  GefFroi  hergestellt:  „er  darf  mir  keine  Er- 
leichterung schaffen,  selbst  wenn  er  mich  frei  machen  könnte**. 

280.  Dafs  linge  altfr.  auch  adjektivisch  gebraucht  wird,  berührt  schon 
Diez,  E.  W.*  627.    Weitere  Belege  bei  Littré  und  Godefroy. 

295 — 6  „Mit  der  grofsen  Schuld  bin  ich  belastet,  deren  Beträge  sie  mit 
Libt  an  sich  gebracht,  erschlichen  haben.** 

314  heifst  por  que  (wofür  auch  por  quoi  sich  fìndet,  s.  Tobler,  Ztschr. 
V,  194)  nicht  „vorausgesetzt  dafs**  wie  Chev.  as  .II.  espees  7853,  Yvain  4784, 
sondern  „weil**.  In  ersterer  Bedeutung  pflegt  der  Konjunktiv  zu  folgen. 
434  bedeutet  es  „warum**. 

322  volaige  „leichtfertig,  flatterhaft,  unbeständig"  (Tobler,  Proverbe  au 
vilain  189  s). 

335  autre  steht  pleonastisch  :  Diez,  Gr.*  III,  84,  Tobler,  Ztschr.  XX,  61. 

395  ist  als  Objekt  zu  deservie  aus  dem  vorhergehenden  Verse  la  mort 
zu  entnehmen. 

404  escons  „Versteck**;   metre  en  escons  „bei  Seite  schaffen**. 

410  cacoigne,  von  Godefroy  mit  der  Bedeutung  querelle,  méchanceté  {}) 
angeführt,  wird  vermutlich  eine  Ableitung  vom  Stamme  cac  (daraus  neufr. 
caquet)  sein  und  wie  dieses  „eitles  Geschwätz,  Grofssprecherei'*  bedeuten. 
Bedenklich  ist  aber,  dafs  die  Wendung  sans  cacoigne  zweimal  in  der  Strophe 
auftritt.  Geffroi  bietet  das  erste  Mal  sanz  essoingne  „ohne  Bedenklichkeit, 
ohne  Hintergedanken",  das  zweite  Mal  sanz  aloingne  „ohne  Aufschub,  ohne 
Zögern**.    Vielleicht  ist  die  letztere  Lesart  in  den  Text  aufzunehmen. 

414  ff.,  421  ff.  Der  Gedanke  dafs  die  Sünden  durch  Almosengebcn  ge- 
tilgt werden  können,  kehrt  oft  in  Schenkungsurkunden  wieder:  Sicut  aqua 
extinguit  ignem,  ita  elemosina  extinguit  peccatum  (Recueil  des  chartes  de 
Pabbaye  de  Cluny  p.  p.  Bruel  I,  479;  Date  elemosinam  et  omnia  munda  sunt 
vobis  (ebd.),  femer  II,  36  ;  Eleemosyna  a  morte  libérât  et  non  patitur  animam 
ire  in  tenebras  (Cartulaire  de  Cormery  in  den  Mém.  de  la  soc.  archéol.  de 
Tourainc  XII,  103).  Vgl.  Chronik  v.  Floreffe  Ztschr.  XXI,  384.  Die  Stelle 
aus  Tobias,  die  dem  Verfasser  vor  Augen  schwebte,   steht  Cap.  4  V.  9—  1 2. 

437  anicier  „einnisten,  wie  in  einem  Neste  sicher  unterbringen**.  Das 
Wort  u.  a.  auch  im  Rom.  de  Caritè. 

449  le  neben  li  unterdrückt  nach  gewöhnlichem  altfr.  Sprachgebrauch. 

458  ff.  Lucas  9,  12 — 17. 

492  empaindre  „fortschleudern**,  hier  „hinwerfen,  zukommen  lassen**. 

498  wegen  entait  s.  zu  178. 


88  H.  ANDKESEN, 

508  tnescreu  ,,uDgläubig**  ;  vgl.  zu  136. 

517  aront,  529  ara  der  Hs.  sind  offenbar  zu  bessern  in  oront,  ora, 
picardisch  fur  orront,  orra;  s.  Seite  63.  Die  Vereinfachung  der  Doppel- 
konsonanz wird  das  Versehen  des  Abschreibers  verschuldet  haben. 

519  maUre '.  confrere  u.  s.  w.  schliefst  sich  den  zahlreichen  Reimen  an, 
wo  die  neben  matière  und  matire  bestehende,  nicht  volkstümliche  Bildung 
mater  e ,  wie  auch  mister  e ,  misere  u.  a.  mit  e  aus  latein.  a  gebunden  ist.  So 
auch  Bonnard,  Les  traductions  de  la  bible  p.  175  matere  :  menterre.  Vgl.  über 
diesen  Punkt  Foerster  im  Chev.  as  .11.  espees  XXXV,  sowie  Ztschr.  I,  561  und 
III,  502,  Krull,  Gui  de  Cambrai  S.  22. 

565  ff.  Vgl.  Matthäus  6,  26. 

571  1.  amenistre  {administrât)  „verabreicht**.     Die  Hs.  hat  amouneste, 

577»  696.  lieblicher  als  creer  (creare)  ist  altfr.  crier.  Daher  cria  :  cria 
bei  Bartsch-Homing,  Langue  et  1.  fr.  365  ;  crie  (Imperativ)  im  Arundel-Psalter, 
Ztschr.  Xn,  52;  vgl.  femer  R.  de  Renart  II,  157:  Sa  meson  sist  j'oste  un 
plessie    Qui  estoit  richement  garnie  De  tot  le  bien  que  terre  crie, 

598  ist  suour  wohl  in  doucour  zu  ändern. 

601  ff.  Vgl.  Lucas  21,  20  ff. 

609  =  48. 

617  avoir  doute  heifst  „Grund  zur  Furcht  haben";  s,  Tobler,  Proverbe 
au  vilain  S.  135,  wo  er  auf  seinen  Artikel  Ztschr.  X,  163  verweist. 

634  crueul  der  Hs.  durch  Verwechslimg  mit  crueus;  s.  Foerster,  Ztschr. 
III,  565  und  627. 

661  ff.  Vgl.  Lucas  23,  30. 

665  acorer  „das  Herz  treffen,  töten".  Das  Wort  begegnet  besonders 
oft  in  den  Dits  de  Tame;  s.  Ztschr.  XIII,  82  zu  12c ;  einmal  mit  coer  verbunden 
ebd.  60  Strophe  1 3  :  Hahay  amis,  plains  de  bonté.  Que  n*aves  men  coer  acore 
Pour  bien  sentir  f amour  divine? 

685 — 6.  „Wer  dem  gleichen  wird,  der  weniger  Brot  haben  wird  als 
irgend  Einer",  d.  h.  dem  ganz  Armen. 

694  „wenn  Einer  dort  selig  lebt",  für  den,  der  dort  selig  lebt. 


Glossar.^ 

♦s*»brevcr  Seite  54  Vers  89;  s'abeu-  ♦amenistrer  571. 

vrer  343.  amorter   „ertöten,   lahm  legen"   S.  51 
♦acorer  665.  V.58. 

acoster  „einreihen"  S.  51  V.  56.  amparle  „redegewandt"  S.  56  V.  163. 

♦adaier  213.  »amuir  S.  56  V.  154. 

♦afruitier  S.  50  V.  24.  ♦anicier  437. 

agarder  „zusehen,  überlegen"  494.  asaisnier    (aus    asaisonier)     „würzen, 
aliuer  „anbringen,  verwenden"  346.  schmackhaft  machen, mästen"  390. 

♦alixandrin  S.  51  V.  64.  *aüllier  S.  52  V.  30. 


*  Wo  keine  Seitenzahl  angegeben  ist,  fìndet  sich  das  betreffende  Wort 
im  Text  der  Parabel.  Ein  mit  Stern  versehenes  Wort  ist  in  den  Anmerkungen 
besprochen. 


AFRZ.  BEARBEITUNG  DUR  PAKABKL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN.   89 


*bras  S.  55  V.  127. 
♦bresme  S.  53  V.  57. 

'''Cacoigne  410,  420. 

catel  „Gut"  67. 

♦cülc  S.  52  V.  28. 

♦cince  S.  51  V.  50. 

colir  „entgleiten"  429. 

commanderesse  „Befehlshaberin,  Ge- 
bieterin" S.  52  V.  14. 

♦concier  S.  52  V.  27. 

conquest  „Erwerb,  Gewinn,  Vorteil" 
221. 

corbellie  „ein  Korb  voll"  466. 

♦cousteus  S.  50  V.u. 

♦cresme  S.  53  V.  52. 

♦crier  (creare)  577. 

♦crincier  S.  51  V.  57. 

♦  descemer  S.  53  V.  38. 

desnorir  „die  Nahrung  entziehen,  ent- 
blöisen"  388. 

♦despoise  11  o. 

despondre  „auseinandersetzen,  dar- 
legen" 48,  609. 

♦devers  96. 

♦avoir  doute  617. 

^aige  „Lebenszeit,  Leben"  46. 
♦empaindre  492. 
enceudre  „einnähen"  S.  5 1  V.  50. 
enfnim    „gierig,    unersättlich"    S.  56 

V.  165. 
♦enne  220. 
♦entait  178,  498. 
♦entention  S.  54  V.  85. 
♦escons  404. 
eskiele  „Leiter**  512. 
espincier  „putzen**  S.  5 1  V.  60. 
♦s'essorer  S.  53  V.  47. 
♦estamer  S.  52  V.  16. 
estraier  „umherirren**  216. 
estrille  „Striegel**  S.  52  V.  33. 
♦estruire  S.  50  V.  21. 

♦faisil  S.  53  V.69. 
♦ferme  226. 
♦frain  7. 


♦geneste  S.  52  V.  9. 
♦geun  S.  56  V.  168. 
♦gobe  S.  55  V.  126. 

♦husder  Taumosne  248. 

♦linge  280. 

luisel  „Sarg**  366. 

lues  „auf  der  Stelle,  sogleich**   121. 

♦luiserne  S.  53  V.  41. 

lus  „Hecht**  381. 

maillier  „mit  einem  Hammer  oder 
einer  Keule  schlagen**  S.  54  V.  76. 

male  „Felleisen**  S.  54  V.  104. 

♦mescreu  508. 

moleste  „Beschwerlichkeit,  Wider- 
wärtigkeit, Verdrufs*'   S.  52  V.  2. 

♦muire  S.  55  V.  112. 


*Ore  S.  53  V.  42. 
outraige    „Unmäfsigkeit ,     Uebermut 
320. 


« 


♦passible  93. 

♦penne  vaire  161. 

♦perin  190. 

peuture  „Nahrung**  65,  572. 

*por  que  314. 

preu  „Nutzen,  Zins"  84. 

*procain  22,  26. 

proprement  „eigentlich,  wirklich"  695. 

♦quivre  S.  54  V.  92. 

♦recincier  S.  51  V.  52. 
♦recreu  136. 
♦regreter  59. 

rekingnier  „keifend  anfahren,   schmä- 
len** 186. 
♦restorer  S.  53  V.  39. 
♦roster  S.  51  V.  55. 

♦seursamer  S.  52  V.  21. 

♦taige  47. 

taille  „Wuchs,  Gestalt*'  S.  54  V.  74. 

*Volaige  322. 

Wivre  „Schlange**  S.  54  V.  94. 


90 


H.  ANDRESEN,    PARABEL  VON  DEN  DREI  FREUNDEN. 


Reimtabelle. 


a  XXXIX,  XLV,  LI,  LVHI. 

ai  XI,  XVni,  XXVI. 

aige  IV,  XXVn. 

aindre  XLI. 

ainne  XFV. 

ains  XXXIX,  LIU. 

aint  XL. 

aire  XIV. 

ais  xxxvra. 

ait  XV. 

aite  XLn. 

ance  XXXV,  XL. 

ans  XLV,  LV. 

ant  V,  XVII,  XXXIV,  LVI. 

as  XXIV,  XLIX. 

aus  XVII. 

e  VIII,  XXIII. 

ee  XXXI. 

ees  XL  VI. 

endre  I. 

ens  XIX,  Ln. 

ent  V,  XXI,  XXXVII,  LVIU. 

entes  XLVH. 

er  III,  XXI,  XXIX,  XXXVI,  XLII, 

XLVI. 
ere  XLIV. 
ers  LIV. 

es  XXVII,  XXX. 
est  XIX. 
eure  X,  LVII. 
eus  VI. 


i  in. 

ice  xxxvn. 

ÍC  XXXm,  XLHL 

ief  XXII. 

iens  XLI. 

ier  XI,  XVIU,  XXIV,  XLVH. 

ies  XX,  XXV. 

ignes  XVI. 

ine  I. 

ir  XV,  XXXVI,  LVn. 

ire  XXXVm. 

is  n,  vn,  XII,  XX,  xxxi,  xLvra, 

L,  LVI. 

ist  xxxni. 

it  XXV,  XLDC. 
oi  VIII. 

oie  XIII,  xxxn. 

oigne  XXXV. 

oir  IX,  XXIII. 

oise  X. 

oit  II,  XXX,  LIV. 

ome  XXVHL 

on  VII. 

ons  XXXIV,  XLVm. 

ont  IV,  XLIV,  LI,  LV. 

ors  XXIX. 

ort  xm. 

our  IX,  XXVI,  I^ 

u  xn,  XVI,  xLin. 

ure  VI,  XXVin,  LUI. 

us  xxn,  XXXII,  LH. 


H.  Andresbn. 


VERMISCHTES. 


I.  Ans  Handschriften. 

Fragment  einer  Aliscanshandschrift 

In  einer  seit  kurzem  in  der  Cambridger  Universitätsbibliothek 
befindlichen  Sammlung  hebräischer  Handschriften  '  fand  der  mit  ihrer 
Durchmusterung  beschäftigte  Reader  in  Talmudic,  Herr  S.  Schechter, 
ein  einzelnes  mit  altfranzösischem  Text  beschriebenes  Pergament- 
blatt, auf  das  er  mich  aufmerksam  machte  und  das  sich  als  Frag- 
ment einer  Aliscanshandschrift  herausstellt.  Das  Blatt,  dessen  Schrift 
dem  dreizehnten  Jahrhundert  angehört,  mifst  8,8  cm  x  15,1  cm  und 
enthält,  in  einer  Kolumne,  auf  der  Vorderseite  25,  auf  der  Ruck- 
seite 24  Zeilen.  Ein  paar  Buchstaben  zu  Anfang  der  24.  und 
37.  Zeile  sind  verblafst  und  unleserlich  geworden.  Nach  Zeile  39 
hat  der  Schreiber  vermutlich  eine  Zeile  seiner  Vorlage  übersprungen. 
Die  Stelle  entspricht  w.  305  ff.  der  Guessardschen  und  vv.  330  ff. 
der  Rolinschen  Ausgabe.  Bemerkenswert  ist  das  Fehlen  der  Kurz- 
zeile am  Ende  der  Laissen. 

r**]  Parmi  ion  elme  roaif  n'enpire  .i.  feftv.  G,  305.  R,  330. 

Li  .V.  i  ont  molt  fier  eftor  rendv: 

Ocif  i  {on\.  .L.  mefcrev. 

De  ce  qt^  chaut  qant  ne  l'ont  fccorv? 
5     Q«^  de  pa¿fffj  ion\,  lot  li  champ  veftv. 

Molt  grani  damagef  lor  i  eft  auenu, 

Qar  tot  enfanble  ionX.  prtí  et  retenu 

Fori  vi'ui^n,  q«'tl  ont  a  mort  féru 

De  >vu.  efpieuf  el  corf  parmi  le  bu. 
10     Maif  ne  chiet  mie,  qar  ne  plaift  a  ih^^u. 

Ainf  f\ue  il  muire  lor  aura  ch^r  vendu. 

Diex,  qu^l  damage,  fî  hardif  hom  ne  fu.     6^.316.  ^.341. 
n  aleichanf  ot  m^rucllof  huitín.  6^.  318.  R,  342. 

Bertrán  en  mainent  pai>»  et  farrafin,  R,  343. 

15     Guichart  l'enfant,  ger^r  et  guielin,        6^.320.  ^.344.  345. 

Gautier  de  t^rmef  ont  lie  d'un  fein.     G,  322.  R,  346.  347. 


*  Ueber  diese  von  Herrn  Schechter  aus  Kairo  nach  Cambridge  gebrachte 
Sammlung  siehe  seinen  Aufsatz  in  der  Times,  3.  Au^.  1897,  A  Hoard  of 
Hebrew  Manuscripts, 


92 


VERMISCHTES.     H.  ZUR  EXEGESE. 


Dift  mnün:  bertran,  fire  cofín, 

Or  vus  en  roainent  paien  et  beduin, 

Girart  le  preu  et  guichart  le  mefchin. 

20     Lai,  vi  perdra  guülaumesiot  fon  lin. 
Diex,  por  coi  uif  qant  ne  voif  a  ma  fìn! 
Telf  .XV.  plaief  ai  el  cori  fof  l'ermin, 
De  la  menor  morroit  mif  barbarin. 
M  . .  f  par  Tapoftre  que  quieient  pèlerin, 

25     Puif  que  ui  voi  que  diev  ai  a  voifîn, 
*"]  N'en  menront  raie  paien  le  palalin, 

Si  fentiront  mon  bon  brant  acerin. 
N'ot  point  d'efcu  forf  l'aubère  doblentin 
jSt  Ton  uert  elme  qui  fu  faif  a  or  fin, 

30     Maif  moli  li  orent  debaíte  li  maftin. 
Il  reclama  le  baron  faint  martin, 
Saint  nicolai,  faint  pol  et  faint  domin 
£t  faint  h^rbert,  qui  maint  oltr<f  lerin, 
JEt  le  corf  faint  beneoit,  faint  fremi» 

35     Et  faint  michiel,  gabrtel,  feraphin, 

£t  le  faint  angele  c*on  claime  chérubin 
. .  le  maintiegne  uerf  la  gent  apollin 
Que  dant  guillaume  le  conte  palafìn 
Le  mioldr^  conte  qui  aine  beuft  de  uin. 

40  ant  uiufim  ot  dite  f'orifon, 

Lorf  fu  p\uf  fierf  que  liuparf  ne  lion. 
L'efpee  traite  u^rf  paienf  a  bandon, 
Fiert  le  neuev  al  roi  matefelon: 
Efc«y*  ne  elmef  ne  li  uaut  .i.  boton, 

45     Tot  le  porfent  enfreffi  qu'a  Varcon. 
Apref  rocift  fon  frère  falemon 
Et  agolafre  et  le  fier  glorion. 
Turf  ne  paien/  n'a  uerf  lui  ganfon. 
Tant  en  ocift  n'eft  fe  m^ruelle  non. 


^.  348. 
R,  349. 

R,  350. 


G.  330. 
6^.331. 


6^.336.  R.361. 

G'  338  (337.  339). 
G^  339. 


6^.340.  -^.362. 
.341.  -^.363. 

G,  343.  R.  364. 


G,  348.  R.  369. 
G,  350.  R.  372. 

0^.351  (350).  ^.373. 
{fehlt  G.),  R,  376. 
{/ehU  G,),  R,  378. 

E.  Braunholtz. 


n.   Zur  Exegese. 

Tandoret? 

Eine  Anmerkung,  in  welcher  Herr  Paul  Meyer  des  diesen 
Zeilen  vorangestellten,  auch  ihm  rätselhaft  gebliebenen  Namens 
gedenkt  (Notice  sur  un  manuscrit  ¿^Orléans  conienani  d^ anciens  mi" 
racles  de  la  Vierge  en  vers  français^  in  den  Notices  ei  extraits  des 
manuscrits  de  la  Bibl.  nationale  et  d* autres  bibliothèques t  T,  XXXIV^ 
2*  par  tie f  S.  35,  oder  S.  9  des  Sonderabdrucks)  bringt  mir  eine  Ver- 
mutung ins  Gedächtnis,  die  ich  vor  langen  Jahren  in  meinen  Vor- 
lesungen geäufsert  habe  und  heute  auch  älteren  Fachgenossen  vor- 


ADOLF  ÏOBLER,   TANDORET?  93 

legen  will,  da  Annehmbareres,  wie  es  scheint,  bisher  zur  Aufklärung 
der  Sache  nicht  gefunden  ist. 

Es  handelt  sich  um  die  Stelle,  wo  die  Leys  d* amors  (III  316) 
von  den  drei  im  wesentlichen  zusammenfallenden  Figuren  der 
prozopopetüy  faniazia  und  somoihopeya^  handeln.  Sie  sagen  zutreffend: 
/an  se  aquestas  figuras^  quant  otn  fenh  que  una  cauza  inanimada  0 
muda  parla^  coma  si  hom  fenhia  que  la  terra  parles  e  que  disshes  per 
aquesta  maniera:  yVeu  soy  governs  e  noyrimetis  Djerbas,  de  plantas  e 
dé  gens  y  Per  que  deg  esser  mot  amada  E  terra  may  res  apelada' y  o 
st  hom  fenhia  quel  solelhs  parles  e  que  disshes  per  aquesta  maniera: 
^Veu  /au  el  mon  /ructificar  E'is  aybres  fiorir  e  granar;  A  tot  lo  mon 
doni  ciar  tat  y  Per  que  deg  haver  principal  De  terra^  de  mar  e  de  Vayre^ 
E  tug  de  mi  devon  /ar  pay  re'.  D*  aquestas  figuras  usee  aquel  que  /e 
PIsop  el  Tandorety  quar  /enhic  que  las  bestias  et  autras  cauzas  a  las 
quais  non  es  donatz  parlar  s  par  lesso  entre  lor,  E  podón  se  réduire 
a  metha/ora, 

Gewifs  liegt  es  nahe,  in  dem  Tandoret  etwas  dem  Isop  nächst 
Verwandtes,  etwa  eine  andere  Tierfabelsammlung,  zu  vermuten; 
doch  näher  vielleicht  noch,  sich  unter  Werken  anderer  Art  umzu- 
sehn,  die  mit  der  Tierfabel  nur  die  Personifikation  des  in  Wirk- 
lichkeit Unpersönlichen  gemein  haben.  Und  da  scheint  mir  denn 
die  berühmte  Écloga  Theoduli  in  den  Zusammenhang  vortrefflich 
zu  passen.  Ist  von  den  drei  darin  ins  Gespräch  tretenden  Wesen, 
Pseustis,  Alithia  und  Phronesis  das  erste  zwar  schon  durch  seinen 
Namen  {ipBV0T7¡c)  als  Person  ganz  anders  hingestellt,  als  wenn  es 
etwa  ipEvôoq  hiefse,  so  erscheinen  doch  die  beiden  andern  unter 
Sachnamen,  und  selbst  das  erste  mochte  bei  dem  des  Griechischen 
wenig  kundigen  Mittelalter  mehr  als  »Lüge*  denn  als  , Lügner* 
gelten;  s.  z.  B.  in  der  Probe  aus  dem  Kommentar  der  Marburger 
Handschrift  bei  Beck  {Theoduli  Eclogam  .  .  recensuit  et  prolegomenis 
instruxit  August,  AemiL  Al/r,  Becky  Sangerhusiae  1836)  S.  20:  intro' 
duxit  pseustin  et  alathiam  i,  e,  /alsitatem  et  veritatem  more  pastorum  .  . 
iitígantium.  Was  aber  die  Namensform  Tandoret  betrifft,  die  mit 
Taudoret  zu  vertauschen  niemand  Bedenken  tragen  kann,  nach- 
dem er  einen  Blick  auf  das  von  Gatien-Amoult  gegebene  Fac- 
simile des  Anfangs  der  einzigen  Handschrift  geworfen  hat,  aus  der 
wir  bisher  die  Leys  d^ amors  kennen,  so  ist  einmal  zu  bedenken, 
dafs  die  Wiedergabe  des  tonlosen  lat.  eo  durch  prov.  au  durchaus 
regelmäfsig  ist  (vgl.  laupirt)y  ferner  dafs  neben  Theodulus  und  Theo- 
dosius  und  Theodorius  auch  Theodorus  als  Name  des  Verfassers  der 
Ekloge  überliefert  ist,  s.  z.  B.  bei  Beck  S.  6  Anm.  0,  wo  als  Schlufs- 
worte  des  Textes  in  der  Hs.  a  (14.  Jahrh.)  angegeben  wird  explicit 
liber  Theodoli  sive  Theodori^  und  aus  dem  Kommentar  der  Hs.  v 
(13.  Jahrh.)  die  Etymologien  für  die  Namen  Theodulus  und  Theodorus 

*  Dieselbe  Form  für  otayLaxonoda  nebst  mittelalterlicher  Etymologie 
des  Wortes  fíndet  man  auch  bei  Thurot,  Notices  et  extraits  de  divers  manu- 
scrits latins  pour  servir  à  l* histoire  des  doctrines  grammaticales  au  moyen 
âge  in  Not.  et  extraits  etc,  T.  XXII,  ^t partie  S.  476. 


94  VERMISCHTES.     IIL  ZUK  WOKTGESCHICHTE. 

mitgeteilt  sind,  und  eb.  S.  8  Anm.  e.  Die  Erweiterung  durch  das 
Deminutivsuffix  -et  endlich  ist  aus  altfranzösischen  Texten  für  den 
Namen  Theodulus  nicht  minder  erwiesen  als  für  die  mancher  anderen 
Schulautoren,  von  denen  heute  der  Isop^i  jedem  der  geläufigste 
ist.  Im  Departement  des  livres  bei  Méon  1  405  lesen  wir:  Et  mes 
doves  (1.  Dones)  est  a  Orliens  Et  nus  chacones  (1.  Chaionh^  a  Amiens^ 
A  Chartres  mes  Theodelb^^  A  Roen  mes  Aviones.  Und  in  der  Äz- 
taz7/e  des  VII  ars  (Œuvres  de  Henri  d^Atideli  p,p.  Héron)  S.  55,  339: 
La  por  toit  dans  Thëaudelbs  Une  laniere  ñipar  tie;  Toissue  i  fu  par 
grant  mestrie  Dans  Sextis  (=  Pseusiis)  percié  son  escu  Que  Alicia  ot 
vaincu^  Qui  painte  es  toit  de  l'autre  part  (s.  dazu  die  Anm.  S.  174), 
in  welchem  Gedichte  auch  Chatonez,  Aviones,  Panßlez,  Donaet  be- 
gegnen. Ja,  noch  Rabelais  I  14  führt  unter  den  Büchern,  aus 
denen  Gargantua  unterrichtet  wird,  neben  dem  Donat,  dem  FcueU 
dem  Alanus  auch  den  Theodolei  an. 

Habe  ich  mit  meiner  Vermutung  das  Richtige  getroffen,  dann 
haben  die  Leys  d'' amors  an  der  in  Rede  stehenden  Stelle  statt  auf 
ein  provenzalisches  Werk  sich  zu  beziehn  oder  auch  mit  selbst- 
gemachten Beispielen  sich  zu  begnügen,  wie  sie  sonst  gern  thun, 
sich  auf  ein  den  Schulen  wohl  bekanntes  lateinisches  Buch  be- 
rufen. Das  nämliche  ist  sicher  auch  111  138  geschehn,  wo  es  von 
der  Figura  der  br evieta t  heifst,  von  ihr  habe  Gebrauch  gemacht 
aquel  que  fe  e  versifiée  lo  libre  d' Alexandre,  can  iractet  de  la  penchura 
del  vas  de  la  mother  de  Dari\  denn  sicher  ¡st  damit  auf  des  Gautier 
von  Châtillon  Alexandreis  VII  404  ff.,  nicht  auf  eine  der  Dichtungen 
in  Volkssprache  hingewiesen,  da  diese  sich  der  Schildenmg  des 
Grabes  enthalten.  Leicht  könnte  auch  mit  PIsop  eine  der  latei- 
nischen Versifikationen  des  Romulus  gemeint  sein,  obgleich  be- 
kanntlich es  an  Spuren,  ja  an  Überbleibseln  provenzalischer  Tiei- 
fabel  nicht  ganz  fehlt.  ^^^^  Tobler. 


III.  Zur  Wortgeschiehte. 

X.  Empois. 
Diez  hat  EW.  1  v.  pegar  fr.  empeser,  empois  von  pix  abgeleitet. 
Dagegen  läfst  sich  Verschiedenes  einwenden:  Es  ist  unwahrschein- 
lich, dafs,  wie  Littré  ausführt,  empeser  (statt  empoiser)  einer  west- 
lichen Mundart  angehöre,  während  empois  francisch  wäre.  Die 
sogenannten  franco -provenzalischen  Mundarten,  die  bis  auf  den 
heutigen  Tag  den  Unterschied  zwischen  den  Verben  auf  -iVr  und 
-er  wahren,  sagen  im  Inf.  épèza  (in  Vionnaz),  inpèzâ  (in  Jujurieox, 
s.  Philipen,  Patois  de  la  Commune  de  J.,  S.  71,  dazu  inpèzo  »em- 
pois*); aus  altem  empeisier  wäre  aber  êpizç,  inpèz e  geworden,  Schliefs- 
lich  spricht  auch  die  Bedeutung  gegen  das  Diez*sche  Etymon:  Die 
Stärke  ist  kein  Pech,  und  es  wird  kein  Pech  zur  Herstellung  der- 
selben verwandt. 


A.  HORNING,   KMPOIS.  95 

Das  neben  empois  vorkommende  afr.  empoise  (s.  Littré  mid 
Godefroy)  fahrt  auf  lat.  im  pen  s  a.  Nach  dem  Wörterbuche  von 
Freund  bezeichnet  impensa  das  zu  irgend  einem  Zwecke  Ver- 
wendete, das  Material,  die  Ingredienz:  £s  wird  z.B.  gebraucht 
von  dem  Material  zum  Ausbessem  der  Wasserleitung,  von  der 
Füllung  der  Wurste  (man  vergleiche  bei  Du  Gange  und  De  VJt- 
ForcelHni  impensa  »farturae  seu  condimenti  species*);  die  Be- 
deutung , Mörtel*  ist  Archiv  f.  lat.  Lexic.  4,  421  nachgewiesen.  Em" 
paise  bezeichnet  demnach  das  zum  , Steifmachen*  (der  Wäsche,  der 
Hüte  u.  s.  w.)  aufgewendete  Material. 

Auch  das  Provenzalische  kennt  nach  Mistral  empeso  f.  und 
empes  m.  Ob  das  frz.  und  prov.  Masculinum  unmittelbar  auf  ein 
lat  impensum  zurückgeht  oder  Postverbal  ist,  wird  sich  kaum 
entscheiden  lassen.  Gestützt  wird  diese  Deutung  noch  durch  die 
Bemerkung  bei  Thurot,  De  la  Prononciation  française  1,  45,  dafs 
das  e  in  empeze  denselben  Klang  habe  wie  in  peze  (nach  Lanoue 
liegt  in  beiden  das  e  féminin  vor)  ;  ebendort  werden  neben  empeser^ 
empesé  auch  empoiser^  empoise  nachgewiesen.  Impensa  scheint  den 
andern  romanischen  Sprachen  zu  fehlen  und  ein  spezifisch  gallisches 
Wort  zu  sein;  amidon  ist  im  Französischen  Fremdwort. 

Godefroy  erwähnt  ein  zweites  empoise  mit  der  Bedeutung  ,Pech* 
ans  einem  Dichter  (e-boillant):  ob  dies  ein  von  picem  abgeleitetes, 
neben  empoise  impensa  übliches  Wort  oder  freie  Bildung  des 
Dichters  war,  lasse  ich  dahingestellt.  Möglicherweise  hat  in  der 
betreifenden  Stelle  empoise  gleichfalls  die  Bedeutung  , Stärke*. 

Körting  zweifelt  bereits  an  der  Richtigkeit  des  Diez'schen 
Etymons;  unter  No.  413 1  sagt  er,  empeser  »stärken*  ist  wohl  im  pen- 
sare »schwer  machen*  (es  giebt  indessen  nur  ein  impensare  , auf- 
wenden*), und  unter  No.  6120  findet  sich  die  Bemerkung,  dafs 
empeser  wohl  an  peser  , schwer  sein*  angelehnt  sei;  empois^  empoise 
bleiben  unerwähnt  ^  Horning. 


2.   Zu  Ztschr.  XXI,  454. 
Das  d"  von  dupe  ist  kein  prothetisches,  sondern  ein  onomato- 
poetisches;  s.  Ztschr.  XV,  99.  H.  Schüchardt. 


IT.  Znr  Grammatik. 

Die  afr.  i.  singul.  auf  -ois  in  den  heutigen  Mundarten. 

Meyer -Lûbke  bemerkt  Rom.  Gram.  II,  S.  172,  dafs  im  oberen 
Moselthale  in  der  i.  Pers.  singul.  Praes.  Indie,  alle  Verba  (mit  Aus- 
nahme von  avoir 9  être  und  vouloir)  auf  betontes  -/  ausgehen,  eèie 
(j'achète),  /eyç  (je  fais),  tné  (je  tiens),  u.  s.  w.  (vergi,  dazu  meine 
Ostfiranzösischen  Grenzdialekte  S.  93  und  Hingre,  Patois  de  la  Bresse, 


96  VERMISCHTES.      IV.  ZUR  GRAMMATIK. 

passim),  und  dafs  für  dieses  -e  eine  Erklärung  noch  nicht  gefunden 
sei.  Auf  S.  171  bemerkt  Meyer -Lübke,  dafs  die  im  Altfranzösischen 
in  Urkunden  aus  Besançon,  Montbéh'ard  und  der  Haute -Saône 
ziemlich  häufig  von  Verben  auf  -er  vorkonmiende  i.  sing,  auf  -ois^ 
ordenots,  jurois,  auch  ohne  i,  confirmoi^  approvai  aus  heutigen  Mund- 
arten noch  nicht  nachgewiesen  sei.  Es  läfst  sich  jetzt  der  Beweis 
erbringen,  dafs  wir  es  in  beiden  Fällen  mit  derselben  Erscheinung 
zu  thun  haben. 

Die  Existenz  jener  i.  sing,  stellte  ich  auch  im  nördlichen  Teile 
des  Schweizer  Jura  fest:  in  Tavannes  ist  der  betonte  Vokal  kurzes, 
offenes  a:  tsâidj  mdtrá,  madia  (je  mange),  in  Delémont  dagegen 
'fi  ì^f'  (j^aime),  ^ú?z;/ (lève).  Zu  bemerken  ist  jedoch,  dafs  in  der 
Schweiz  nur  die  regelmäfsigen  Verba  auf  ^er  und,  wie  es  scheint, 
auch  diejenigen  auf  -ir  (ich  hörte  drçmd  , schlafe*)  jenen  Ausgang 
zeigen,  nicht  aber  faire^  venir  y  pouvoir,  lire,  croire,  croître,  voir, 
aller,  u.  s.  w.  Auch  Zimmerli,  Die  Deutsch -Französische  Sprach- 
grenze in  der  Schweiz,  Teil  1,  Basel  1891,  giebt  auf  Tafel  XU  aus 
verschiedenen  Ortschaften  der  Nordschweiz  pervä,  prtiv§,  pruvf  ^ 
pruve  (=  lat.  probo).  Endlich  werden  in  der  Revue  de  Philol. 
française  et  provenç.  6,  147  aus  den  Südvogesen  Formen  auf  -ä 
mitgeteilt,  viezd^  und,  was  für  unsere  Frage  entscheidend  ist,  auch 
solche  auf  -0,  mezo  (je  mange),  räiro,  Sache  der  Lautlehre  ist  es, 
den  Wandel  des  afr.  -oi^s)  zu  e  zu  erklären,  während  der  Wandel 
von  oi  zu  a  und  0  im  Osten  keinerlei  Schwierigkeit  bietet:  Es  mag 
hier  nur  daran  erinnert  werden,  dafs  in  den  Südvogesen  auch  die 
Vertreter  der  altfrz.  Imperfektendungen  -wV,  ^oies,  -oit  sehr  auf- 
fallige lautliche  Verschiedenheiten  aufweisen.  Die  letzten  Zweifel 
werden  durch  die  Thatsache  gehoben,  dafs  das  Ausbreitungsgebiet 
des  afr.  -ois  sich  ungefähr  mit  der  geographischen  Ausbreitung  der 
besprochenen  Patoisformen  deckt.  —  An  Konjunktivformen  hörte 
ich  in  Tavannes  und  Montier  eine  2.  sing,  tsälo,  mçdzp  (mit  be- 
tontem 0),  dazu  eine  2.  plur.  ieäti,  mçdzi. 

A.  Horning. 


BESPRECHUNGEN. 


Obras  deliope  de  Vega  —  publicadas  por  la  Real  Academia  Española. 
Madrid,  Sucesores  de  Rivadeneyra.  —  VoL  I,  1890  [Nueva  Biografia  por 
D.  C.  A.  de  la  Barrera].  —  Vol.  n,  1892  [Autos  y  Coloquios].  —  Vol.  HC, 
1893  [Autos  y  Coloquios  (fin)  —  Comedias  de  asunto  de  la  sagrada 
escritura]. 

La  grande  opera  con  questi  volumi  iniziata  dalla  Real  Academia  con 
tanta  sapienza  d'  intelletto  e  tanto  splendore  d'  esecuzione,  è  ben  lungi  dal 
suo  fine.  Una  recensione  pertanto  sarebbe  affatto  intempestiva  se  qui  si 
▼olesser  dare  giudizii  sul  piano  generale,  sul  valore  complessivo  delle  pre- 
Êizioni,  e,  fino  a  un  certo  punto,  sul  metodo  critico  della  pubblicazione.  Non 
sarà  inutile  invece  portare  fin  d'  ora  qualche  contributo  per  quel  volume,  o 
quei  volumi,  di  Note,  Osservazioni  e  Bibliografia  che  dovranno  di  necessità 
completare  la  ponderosa  collezione.  Sarebbe  bene  che  molti,  e  di  me  più 
▼alenti,  dalle  varie  parti  d'  Europa,  facesser  altrettanto;  e  la  loro  fatica  sarebbe 
assai  proficua  e  grata  alla  Real  Academia:  la  quale  invece,  a  pubblicazione 
compiuta,  non  saprà  che  farsi  della  loro  critica  retrospettiva.  Per  vario  con- 
corso di  circostanze,  poco  meno  delle  migliori  d'  Europa,  la  Biblioteca  Palatina 
parmense  conserva  tesori  copiosi  per  1'  antico  Teatro  spagnuolo;  ed  io  ne 
astraggo  intanto  qualche  nota,  qualche  appunto,  che  potrà  meglio  in  successive 
recensioni,  precisarsi  o  ampliarsi. 

Del  primo  volume,  che  contiene  una  copiosa  biografia  di  Lope,  del  com- 
pianto Barrera,  non  si  può  parlare  a  luogo  né  pretendere  di  dir  cose  nuove. 
Le  notizie  raccolte  dalle  opere  di  Lope  stesso,  vuoi  con  sicurezza  vuoi  con 
ragionevoli  congetture,  son,  per  dir  cosi,  complete;  le  altre  che  emanano  dai 
documenti ,  qui  all'  estero  sono  insindacabili.  Quanto  fu  aggiunto  dagli  studi 
posteriori  all'  opera  del  Barrera  (che  è  del  1864)  è  riassunto  dal  Menéndez 
(p.  678 — 697).  n  Barrera  ha  sparso,  con  metodo  quasi  rigorosamente  crono- 
logico, nella  sua  opera  molte  preziose  indicazioni  bibliografiche.  Per  quanto 
riguarda  la  collezione  delle  Parti  di  sue  commedie,  bisognerà  nel  volume  della 
Bibliografica  drammatica  tener  conto  delle  aggiunte  e  note  eh'  io  pubblicai 
nel  1871  (Una  collezione  di  Commedie  di  Lope  d.  V.  —  Livorno,  Vigo  — 
p.  6 — II)*,  alle  quali  ora  nulla  ho  da  aggiungere.  Per  la  Bibliografia  non 
drammatica,  credo  che,  pur  riunendo  le  indicazioni  sparse  nel  volume  con 
quelle  che  il  Barrera  ci  dà  in  apposito  Apéndice  bibliográfico  (p.  590  —  611), 
rimarrà  agli  aficionados  à  Lope  un  buon  manipoletto  di  spigolature.  Intanto 
eccone  alcune.     A  pag.  377,  riportando  il  frontispizio  della  Circe,  nella  linea 


*  Alcuna  sfuggi  anche  alla  diligenza  del  prof.  Engelbert  Günthner  nei 
suoi  utili  Studien  zu  Lope  de  Vega.    Rottwñl  1895. 

Zeiuchr.  i.  rom.  Phil.  XXII.  7 


qS  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

„En  casa  de  la  binda  de  Alonso  pérez.   1624"   ci    deve    essere  una  svista  del 
Barrera;    Alonso    Perez    de    Montalvan,    padre    del    drammaturgo    Giovanni, 
sopravvisse   al   figliolo  morto  nel  1638!     Bastano  il  Graesse  (Trésor  du  öibL) 
o  il  Brunet  (Manuel  du  libr.)   a   correggere.     Ma   V  esemplare   parmense   mi 
mette  in  altri  dubbi.     È  leggermente  diversa,   da  quella  che  dà  il  Barrera,  la 
divisione    delle    linee:    „La    Circe  \  con  otras  rimas,  \  y  prosas»  \  Al  \  JExc^"^ 
Señor  I  Don  Gaspar  de  Guzman  \  Conde  de   Olibares.  \  De  \  Lope  de  Vega  \ 
Carpio,  I  En  Madrid,   En   casa   de  la  viuda  de  Alonso  Martin.  \  A  costa  de 
Alonso  Perez,  Año  de  1624";  e,  per  di  più,  tutto  questo  non  è  chiuso  dentro 
l' incisione  ad  arco  di  trionfo,  con  la  firma  dello  Schorquens,  e  quindi  non  ha 
lo  scudo  dei  Guzman  né  le  iscrizioni   né  i  simboli  cosi  minutamente  descritti 
dal  Barrera:    corre  invece   intorno  ai  4  lati  della  pagina  un  fregio,   in  legno, 
di   semplicissimo   ornato.     L'  esemplare  è  perfetto  e  quasi  nuovo  ;    sicché  non 
resta  che  un'  ipotesi  :  che  si  cominciasse  V  edizione  con  questo  semplice  fron- 
tispizio,  finché   avuto   il  rame  dello  Schorquens  la  si  proseguisse  con  quello, 
tanto   più   elegante   e  ricco.     La  2^  epistola  della  Circe  é  al  Tosantos  e  non 
Torantos  (p.  379  linea  29;   1'  errore  è  però  corretto  nell' /mfictf).     A  pag.  £49 
dà  il  Barrera   il   frontispizio   della  Jerusalem  conquistadas    V  esemplare  par- 
mense (conservatissimo)   finisce   con  la  linea:  {  Año  de  M.DC.IX."  e  manche- 
rebbe la  linea:  |  A  costa  de  Christoual  de  Loarte,  Librero  en  Toledo" \  invece 
(cosa  che  il  Barrera  non  avverte)  nel  foglio  seguente,    dopo   la  Tasd   e  la  Fe 
de  erratas,    e'  è  a  pié   di   pagina   in   tipi   più   appariscenti  questo  membretto: 
Tiene  esto   libro  138.  pliegos,    q  a  quatro   mrs   mon\ta   diez  y  seys   reales  y 
ocho  maravedis.     Védese  en  \  Toledo  en  casa  de  Christoual  de  Loarte  librero." 
Leggiera  trascuranza,  forse,  del  Barrera;  che  però,  in  cosi  autorevole  conosci- 
tore  di   stampe   lopiane,   dà   sempre  a  dubitare.     £  forse   altra  minima  svista 
(sebbene  il  Barrera  vi  abbia  messo  un  sic!  che  é  quasi  un  indizio  di  precisa 
attenzione)  é  anche  nella   lettura  (pag.  152  linea  io),   sempre  nella  Jerusalem, 
della  iscrizione  sottoposta  all'  elmo  di  Alfonso  Vili;    essa,   nel  mio  esemplare, 
è  precisamente  cosi:  „S.  PA.  Hie\rosolimit,  \  lope  de  ue\ga  capio.  d," 

Fra  le  edizioni  dell*  importante  libro  di  Lope,  1*  Arcadia  che  il  Barrera 
minutamente  descrive  (pag.  73,  593 — 96)  manca  una  matritense  di  cui  vidi  il 
prezioso  e  forse  unico  esemplare  alla  Marciana  di  Venezia.  Eccone  un  breve 
cenno:  „Arcadia,  \  Prosas,  y  \  Versos  de  Lope  de  \  Vega  Carpio,  Secretario 
del  I  Marques  de  Sarria.  \  Con  vna  exposición  de  \  los  nombres  Históricos,  y 
Poéticos.  I  A  Don  Pedro  Tellez  Gi\ron,  Duque  de  Osuna,  âr'c.  —  Stemma: 
Centauro  saettante  con  V  esergo  Salubris  sagita  a  Deo  missa  —  Con  licencia,  \ 
En  Madrid.  Por  Fernando  Correa  \  De  Montenegro,  Año  1620.  |  A  costa 
de  Alonso  Perez,  mercader  de  libros."  8<*  di  mm.  145  X  95.  Precedono 
8  fogli  non  numerati  che  contengono:  Licencia,  di  Martin  de  Segura,  Madrid 
5  ottobre  1620  —  Suma  de  la  licencia  id.  3 1  ottobre  —  Apr  ovación  di  fray 
Pedro  de  Padilla  id.  6  agosto  —  Fee  de  erratas  —  Dedica  a  D.  Pedro  Tellez 
—  Prologo  —  Soneto  de  Anfriso  ecc.  (come  1'  ediz.  del  1 605  descritta  dal 
Barrera^  a  pag.  594)  —  Segue  il  testo  in  250  folii  numerati.  Indi  segue  la 
Exposición  de  los  nombres  in  pagine  61  non  numerate. 


^  Il  Barrera  ha  ivi   un   errore  di  stampa;    Bernabé  de  la  Serena  leggi: 
de  la  Serna, 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  99 

Per  finire  con  queste  minuzie  bibliografiche,  ho  serbato  una  preziosa 
trouvcàUe  della  quale  il  compianto  Barrera  sarebbe  stato  ben  lieto. 

Come  ediùone  principe  delle  Rimas  di  Lope,  Nicolás  Antonio,  eviden- 
temente ingannato  dalla  data  della  Tassa  e  del  Privilegio  di  stampa,  cita 
un'edizione  di  Madrid  1602.  Ma  non  isfuggi  al  diligente  Barrera  (v.  pag.  107 — 109) 
che  nel  testo  medesimo  delle  Rimas  ó.  sono  prove  fortissime,  indiscutibili, 
che  la  prima  stampa  deve  essere  avvenuta  a  Siviglia  e  non  può  essere  ante- 
riore al  1603.  E  dopo  una  lunga  e  paziente  critica,  egli  concludeva  cosi: 
„Ahora  Iñen:  si  desechando  la  noticia  dada  por  D,  Nicolás  Antonio,  y  con' 
siderando  el  Privilegio  y  la  Tasa  de  1602  corno  expedidos  sólo  á  prevención, 
conjeturásemos  que  las  Rimas,  i<^  y  ifl parte  reunidas,  se  habian  impreso 
en  Sevilla  d  fines  de  1503  ó  principio  de  1604,  esta  conjetura  obviaría  todas 
las  dificultades  y  resolvería  todas  las  dudas.  Pero  no  encontramos  noticia 
alguna  que  pueda  acreditarla**.  Ho  avuto  la  fortuna  di  ritrovare,  nella  biblio- 
teca Comimale  di  Siena  [segnata  :  39.  Q.  V.],  questa  preziosa  stampa,  ed  essa, 
a  onore  del  Barrera,  è  precisamente  di  Siviglia  e  del  1604.^  Passo  a  descri- 
verla in  breve  ma  coi  riguardi  che  le  sono  dovuti: 

Formato  in  16^,  di  cm.  8x11, -  consta  di  XVI  fogli  di  preliminari  (com- 
preso il  frontispizio)  non  numerati  +192  fogli  numerati  con  cifra  arabica.  Al 
foL  192  verso  e' è  il  sonetto  col  titolo:  Natura  paucis  contenta,  e  sotto: 
Fin  De  Las  Rimas.  Legatura  del  tempo  in  pergam.,  esemplare  ben  con- 
servato. 

Frontispizio:  „RIMAS  |  DE  LOPE  DE  VEGA  |  CARPIO.  |  A  DON 
lUAN  DE  ARGVnO.**;  nel  mezzo  grande  Stemma  in  legno:  un  Centauro 
con  arco  sul  punto  di  saettare,  e  in  tomo:  Salubris  Sagita  A  Deo  Mis  sa. 
Sotto  lo  stemma  „EN  SEVILLA  |  Por  Clemente  Hidalgo.  1604."  Sul 
frontispizio  fu  scritto  a  penna,  pare  del  secolo  XYII,  quest'  indicazione:  Col- 
legij'  Soletani  Senen^ 

Fol.  II:  Suma  del  Previlegio.  Lope  de  V,  C,  tiene  prevüegio  para 
poder  imprimir  estas  Rimas  que  están  en  la  segunda  parte  de  su  Angelica, 
por  tiempo  de  diez  años.  Su  data  en  VaUedolid,  a  veynte  dias  del  mes  de 
Otubre,  de  mil  y  seyscientos  y  dos  años. 

Tassa:  ...  cada  pliego  ...  a  tres  maravedís  , . .  Antes  Francisco  Mar" 
tine*  jSscriuano  del  Rey  ...  30  noviembre  de  1 602. 

Fol.  n  verso.  Aprova cion:  Aprobó  estas  Runas  »»  *  y  las  demás  que 
van  en  la  primera  impression^  .  .  .  El  Doctor  Viana  —  Seguono  le  Erratas, 


^  Essa  è  pur  notata  nel  Catalogo  Senese  dell'Ilari  (1844,  voi.  I  p.  212), 
ma:  quis  legit  haecP  E  del  resto  V  Ilari,  non  sospettando  affatto  la  rarità 
del  libro,  dà  solo  P  indicazione  del  titolo  e  dell'  anno. 

'  Federico  Soleti,  senese,  fu  a  Roma  al  servizio  del  card.  Barberini  e 
vi  tenne  nobilissimi  uffici  fino  alla  sua  morte  nel  1645.  Lasciò,  annesso  allo 
Spedale  di  S.  Maria  della  Scala  in  Siena,  un  Seminario  Soletano  per  educare 
e  istruire  dodici  fra  i  più  intelligenti  giovinetti  esposti.  Esso  fu  soppresso  dal 
granduca  Pietro  Leopoldo  con  rescritto  15  dicembre  1783,  e  i  suoi  libri  con 
quelli  dello  Spedale  passarono  alla  Senense.  Debbo  questi  ragguagli  alla 
cortesia  dell'  egregio  bibliotecario  di  essa,  F.  Donati,  cui  porgo  qui  le  do- 
vute grazie. 

'  Duecento  sonetti  erano  stati  editi  insieme  con  la  Angelica  nel  1602. 
Vedi  più  oltre  il  Prologo,  e  al  fol.  104  verso. 


lOO  BESPRECHUNGEN.     À.  RESTORI, 

Nel  fol.  m  dedica  in  prosa  a  Don  Juan  de  Arguijo.  Fol.  IH  verso  c  IV  recto 
la  dedica  allo  stesso  in  versL  Fol.  IV  z^^rj^  e  'S  redox  £1  Prologo:  Ajui 
tienes  (Letor)  dos  centurias  de  Sonetos  aunque  impressos  otra  ve%  en  mi 
Angelica:  fero  van  (uompañados  de  las  Rimas  que  entonces  no  salieron  a 
luz,  porque  excedia  el  numero  alo  que  permite  un  libro  en  otavo  folio,  . . . 
Hallaras  tres  Églogas,  un  Dialogo,  dos  Epístolas,  algunas  Estancias,  So- 
netos,  y  Epitafios  fúnebres  y  dos  Romances,  que  no  me  puedo  persuadir  que 
desdigan  de  la  autoridad  de  las  Rimas  ^  . . .  Recibe  mi  desseo  .  .  .  etc.  Se- 
guono i  componimenti  laudativi:  fol.  V  verso  (sonetto):  De  Christoval  de  Vt- 
rues  —  Folii  VI  recto-verso,  VH  recto  :  De  Antonio  Ortiz  Melgarejo,  Canción 

—  Folii  Vn  verso,  VIII  recto  (sei  distici  latini)  :  Del  maestro  yuan  de  Aguilar 

—  Ancora  foL  Vm  recto  (sonetto):  De  Luys  Velez  de  Santander  —  Fol.  VIH 
verso  (id.):  De  Juan  de  Pina  —  Fol.  IX  recto  (id.):  De  Don  Baltasar  de 
Luzon  y  Bcbadüla  —  Fol.  DC  verso  (id.):  De  Cantila  Lucinda  —  Fol.  X 
recto  —  XVI  versoi  Tabla  de  los  Sonetos,  Églogas,  etc. 

Viene  poi  il  testo  a  fogli  numerati.  I  fogli  i — lOi  contengono  200  so- 
netti, uno  per  pagina.  Al  foglio  102  che  è  quasi  un  nuovo  frontispizio,  in  un 
beli'  ovale  in  legno  e'  è:  Segunda  |  Parte  |  De  las  Rimas.  Sotto  l'ovale: 
De  Lope  De  |  Vega  Carpio.  |  A  Doña  Angela  |  Vernegali.  H  verso 
è  bianco.  Fol.  103  recto  e  verso.  Lettera  dedicatoria  a  D«.  Angela,  e  nel 
104  recto  un  sonetto  alla  stessa.  Nel  verso,  questa  nota  a  grossi  caratteri; 
Estas  rimas  tienen  licencia,  y  privilegio,  aunque  no  se  imprimieron  con  las 
passadas  la  primera  vez,  por  no  hazer  tan  gran  volumen,  su  data  ut  supra, 

—  Seguono  queste  nuove  rime,  e  cioè 

fol.  105.  Églogas.    Albanio;   foL  122:    Eliso;   fol.  125:  Farmaceutria. 
„    132.  Dialogo.    Apolo, 
f,    137.  Epistola.    Alcina  a  Rugero. 
„    143.  Estancia.    Descripción  del  Abadia. 

156.  Romances.    Creadon  del  mundo  —  fol.  163:  A  la  muerte  del 

Rey  FiUpo  Segundo  El  Prudente, 
172.  Epistola.    A  Gaspar  de  Barrionuevo, 
„    181 — 190.  Epitafios, 
y,    191  e  192.  Soneto  (sic,  sono  4).* 
A  questa  prima  edizione,   tenne  dietro  (come  argomenta  il  Barrera,  p.  145)  la 
edizione   di  Toledo   del  1605.     Indi   quella   di  Lisbona  del  Crasbeeck  pure 
del  1605,   la  quale  dal  fol.  m  alla  fine  coincide  perfettamente  con  questa  di 
Siviglia,  che  le  ha  servito  di  modello  ^  Coincide  con  queste  due  V  edizione  di 


}> 


»> 


^  Il  seguito,  assai  importante  per  la  storia  del  Romance  è  riferito  dal 
Mila  nella  sua  Poesia  heróico'Popular ,  1874.  p.  9 — io. 

*  Li  noto  qui  perchè  nelle  descrizioni  del  Barrera  e'  è  qualche  parola 
che  può  parere  incerta.  Sono:  fol.  191  ♦*«««>  di  Antonio  Ortiz  Melgarejo  a 
Lope,  e  191  »«rw  la  risposta  di  Lope;  al  fol.  \k^2  recto  sonetto  di  Lope  che  co- 
mincia: Podra  ser  que  mirando  en  los  cabellos,  e  al  i^ivtrw  ü  sonetto  con 
la  già  citata  epigrafe:  Natura  paucis  contenta,  —  È  da  notare  che  per  errore 
di  stampa  (non  corretto  nelle  Erratas)  il  foglio  191  tanto  nella  Tabla  (fol.  XVI) 
quanto  nel  Testo  porta  la  dfra  173. 

^  È  certo  una  svista  del  Barrera  (o  degli  stampatori?)  il  dire  a  pag.  599, 
col.  2A  linea  penultima  :  Seis  disticos  latinos  del  Afro,  yuan  de  Pina,  Man- 
cano certamente  due  linee:  Seis  disticos  latinos  del  Afro,  [yuan  de  Aguilar. 


•  •!    •••  •••    •    - 


•  •     •     • 

•        •  • 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  IO  I 

Haesca,  Blason  1623.^  Invece  1'  edizione  suddetta  di  Toledo  portava  forse 
nel  foL  V  verso  invece  del  sonetto  del  Vîmes,  uno  di  Baltasar  Elisio  de  Medi- 
nola; seppnre  qnesta  non  è  innovazione  della  edizione  di  Madrid  161 3.  Per 
queste  edizioni,  v.  Barrera  (p.  599 — 601),  il  quale  ne  dà  una  minuta  e  dili- 
gente descrizione. 

Col  volume  II  incomincia  V  opera  diretta  e  attiva  del  Prof.  Menéndez  y 
Pelayo,  il  quale  (per  usar  parole  altrui)'  gegenwärtig  mit  Recht  als  der 
gründlichste  Kenner  des  Dichters  (Lope)  in  seinem  Vaterlande  gut.  E  non 
solo  del  teatro  di  Lope,  ma  di  quanto  nelle  letterature  straniere  ha  attinenza 
coli'  argomento,  egli  nelle  interessanti  Observaciones  preliminares  che  pre- 
cedono ogni  tomo  dimostra  conoscenza  larga  e  profonda;  sicché  non  sai  se 
più  ammirare  o  i  tesori  di  tanta  erudizione  o  la  meravigliosa  attività  che  per- 
mette a  im  solo  uomo,  già  impegnato  in  tanti  ofBcii,  di  condurre  innanzi  cosi 
colossale  intrapresa.  Io  spero  che  il  dotto  professore  di  Madrid,  che  mi  onora 
di  sua  amicizia,  non  vedrà  nelle  linee  che  seguono  se  non  il  desiderio  di  con- 
tribuire, per  pochissimo,  a  quel  monumento  che  egli  eleva  da  solo  e  con 
tanto  splendore  alla  memoria  della  Fenice  degli  ingegni, 

E  dapprima,  alcuni  modesti  desiderii  che  potrebbero  esser  subito  appagati 
nei  volumi  che  seguiranno.  All'  estero,  tranne  che  a  Londra,  non  e'  è  modo 
di  accertarsi  della  atUO'  o  non  auto-grafia  di  molti  mss.  di  commedie  lopiane,^ 
n  lusso  con  cui  è  edita  questa  Collezione  permetterebbe  di  certo,  come  fu 
riprodotto  il  magnifico  ritratto  di  Lope  del  Tristan,  di  riprodurre  alcuni  brani 
autografi  opportunamente  scelti  fra  i  suoi  più  antichi,  di  mezzo,  e  più  recenti  ; 
e  sarebbe  un  vero  servigio  per  Lope  e  pei  suoi  studiosi.  Di  più,  essendo 
questi  tomi  voluminosi  e  poco  maneggevoli,  gioverebbe  nei  singoli  Indici  finali 
porre  non  soltanto  la  cifra  arabica  della  pagina  a  cui  comincia  il  testo,  ma 
anche  la  cifra  romana  della  pagina  a  cui  si  trova  la  relativa  Osservaùone 
preliminare,  E  infine  ignoro  perché  il  Menéndez  non  ha  seguito  la  pratica 
di  tutti  i  recenti  editori  (Michaelis,  Morel-Fatío,  Fœrster,  Restori,  Rennert, 
etc)  di  commedie  spagnuole,  di  porre  di  5  in  5,  o  di  io  in  io  la  numera- 
zione dei  versi.  Questa  mancanza  è  oltremodo  penosa,  e  il  Menéndez  stesso 
se  ne  lamenterà  quando,  nella  parte  bibliografica,  dovrà  fare  frequenti  richiami 
ai  testi  impressi. 

I  metodi  critici  della  edizione,  per  opera  di  sua  natura  immensa,  esposti 
dall'  editore  (Il  p.  xv — xx)  d  sembrano  troppo  ragionevoli  per  dar  luogo  a 
discussione  ;    altro  è  pubblicare  una  commedia,   altro  l' intero  teatro  di  Lope. 


Soneto  de  Don  Luis  Vele%  de  Santander,  Idem  de  Don\  Juan  de  Pina, 
Idem,  etc. 

^  Sembra  dal  Barrera  (p.  601  col.  i»)  che  invece  di  4  abbia  soltanto 
2  sonetti  in  fine,  e  sieno  mancanti  quello  di  Melgarejo  e  la  risposta  di  Lope; 
non  so  se  ciò  sia  esatto.  Le  ediz.  1613  e  1623  hanno  di  più  1':  Arte  nuevo 
de  hacer  Comedias, 

*  Gûnthner,  op.  cit.  p.  40. 

'  La  edizione  fotozincografica  del  Bastardo  Mudarra  (Barrera,  NB.  187) 
è  assolutamente  irreperibile.  [Molto  tempo  dopo  scritte  queste  parole  ho  visto 
quest'  edizione  per  cortesia  del  prof.  Rennert  di  Filadelfia,  e  un  altro  breve 
fac-simile,  però  della  stessa  commedia,  inviatomi  dal  prof.  Teza  da  Padova. 
A  entrambi  grazie  cordiali.] 


I02  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

Qualche  rara  volta  essi  però  non  furono  applicati  con  rigore  uguale  in  tutte 
le  commedie;  di  alcune  varianti  o  aggiunte  poteva  farsi  nota  a  pie  di  pagina 
se  non  nel  testo.  Io  mi  propongo  ora  di  seguirlo  passo  passo,  notando  p^  le 
varie  produzioni,  quel  che  offrono  i  materiali,  quasi  tutti  inediti,  della  Palatina. 
Il  voi. n  contiene  dapprima,  con  le  loas  e  i  prologhi,  i  quattro  Autos 
che  Lope  stesso  pubblicò  nel  Peregrino  (1604).  Ben  fece  il  Menéndez  a  tener 
conto  anche  delle  reputate  edizioni  del  Sancha  (  Obras  sueltas  de  L,  de  V. 
1776)  e  del  Pedroso  {Autos  sacrami*  1865);  dalle  antiche  edizioni  anteriori 
qualcosa  poteva  prendersi.  Ho  sott'  occhio  V  edizione  di  Madrid,  Francisco 
Martinez  Abad  1733  (assai  ben  descritta  dal  Barrera,  NB.  602).  NelP  auto: 
El  viaje  del  alma  a  pag.  8.  i .  43  ^  leggo  EquinocicU  e  non  esquinoccial,  ove 
la  j  è  certamente  errore  di  stampa;  e  alla  stessa  pagina  invece  di  Bersabè 
dice  r  editore  (n».  i):  Bethsabe  se  lee  en  todas  las  ediciones  antiguas,  pero 
es  error  notorio;  \*  ediz.  1733  ha  invece  correttamente  Bersabè,  A  pag.  15.  2.  14 
dice  :  la  regocijada  Ciudad  (  Valencia)  e  doveva  dire  {Barcelona)  ;  il  Menéndez 
stesso  (p.  XXV)  aveva  corretto  già  quest'  errore  del  Pedroso.  Neil'  auto  :  Bodas 
entre  el  Alma  y  el  Amor  divino,  p.  23  nota  I,  P  editore  osserva  che  mancano 
a  una  quintilla  due  versi;  nell'  edizione  1733  essa  è  intera: 

Què  letrados  ha  engañado? 
Que  Molinos  de  Papel, 
Ha  inventado,  i  ocupado  P 
Que  Poetas  su  laurel 
Falso  Dios  idolatrado,; 

i  due  versi  aggiunti  (2  e  3),  forse  di  fantasia  dell'  editore,  potevano  andare 
in  nota. 

Neil'  auto   del   Hijo  pródigo,  V  italiano   del   Zanni   ijftiego)   è   davvero 
molto  strapazzato,  ma  il  senso  pertutto  chiaro.    Solo  a  p.  61.  i.  49  è  da  leggere: 

Si,  pregunta  di  malicia! 
Mi  piglio  gran  pesadumbre 
Si  quel  che  sono  saprà! 
A  Crolilea  mi  apUca, 
O  a  la  forca,  dove  dica  : 
Credo,  oimè,  credo!  era!  era! 

ove  sono  (qui  sempre  sonno)  e  forca  (qui  forma)  son  buone  varianti  dell'  ed. 
1733.  E  con  la  stessa  edizione  leggerei  a  p.  63.  2.  48.  Pofar  (non  Pófar) 
che  è  1'  esclamazione  Poffare  ;  e  a  p.  64.  i .  39.  è  da  accettare  -,  E  un  a  mi, 
caro  patron!  Anche  a  p.  66.  i.  4.  in  ogni  edizione  e'  è  poltron  ma  il  senso, 
credo,  vorrebbe  patron,^  L'  argomento  dell'  auto,  trattato  e  prima  e  dopo  di 
Lope,  è  discorso  assai  bene  dal  Menéndez  (p.  xli — XLVi);  il  quale  oltre  l'auto 
del  Valdivielso  (edito  1622)  poteva  accennare  quello  del  Vidal  y  Salvador, 
posteriore  d'  una  cinquantina  d'  anni ,  pur  citato  dal  Barrera.  Di  una  com> 
media  del  Hijo  prodigo  il  Menéndez  ricorda  un  ms.  della  Nazionale  di  Madrid, 


^  Indicherò  cosi  la  pagina  8  colonna  i^  linea  43;  e  conio  tutte  le  linee 
non  i  soli  versi. 

*  Anche  a  p.  64.  2.  1 2.  è  inutile  correggere  magnando  (forma  dialettale) 
in  mangiando,     Cfr.  66.  i.  33. 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  IO3 

ma  nulla  ne  dice  perché  essa  ninguna  relación  tiene  con  su  auto  (de  Lope), 
Ciò  è  vero;  ma  trattandosi  di  documenti  rarissimi,  di  cui  chissà  quando 
▼erra  altra  occasione  d'  occuparsi,  mi  si  permetta  di  dime  io  due  parole. 
£ssa  è  di  dae  autori,  i  due  primi  atti  di  un  anonimo,  il  terzo  del  Moreto; 
ed  è,  come  dissi  altrove,  la  sola  opera  del  Moreto  rimasta  inedita;  ciò  scusi 
la  digressione.^  La  commedia  non  ha  nulla  della  fattura  degli  Autos  benché 
il  soggetto  sia  lo  stesso  della  parabola  biblica;  nessun  personaggio  allegorico, 
però  i  nomi  sono  abbastanza  signi ñcati vi ,  come  può  vedersi  dal  seguente 
rapidissimo  sunto: 

I®  atto  —  Liberio  (da  libertà),  avuto  il  suo,  se  ne  va  con  Capricho  suo 
servo.  Invano  il  vecchio  padre  Prudencio,  il  fratello  Lidio  {lidiar,  litigioso?) 
e  la  cugina  Celia  {celos)  che  è  innamoratìssima  di  lui,  voglion  trattenerlo. 
Parte;  Celia  si  traveste  da  uomo  e  lo  segue  sconosciuta  fino  a  Roma,  ove 
Liberio  s' innamora  della  dama  Sirena, 

2^  —  In  Roma  Liberio  spende  pazzamente  con  Sirena,  che  per  criada 
ha  Desidia  e  per  dame  altre  con  nomi  appropriati.  Invano  la  sconosciuta 
Celia  1*  ammonisce;  per  estremo  rimedio  essa  gli  si  rivela;  ma  egli  non  si 
commuove  e  la  scaccia.  Celia  toma  in  patria.  Liberio  e  Capricho  in  poco 
tempo  si  riducono  in  miseria,  e  Sirena  e  le  degne  sue  amiche  li  deridono  e 
li  abbandonano  crudelmente. 

3®  —  In  mezzo  ai  boschi  paterni,  eh'  ei  non  riconosce,  è  Liberio,  stracciato 
e  senza  forze.  Capricho  ruba  un  mezzo  pane  a  un  villano,  ma  ciò  non  basta 
a  riconfortarli ,  e  son  ridotti  a  rosicchiare  le  ghiande.  Intanto  s'  ode  musica 
e  canti  nuziali  dì  contadini  e  pastori  ;  è  quello  il  giorno  messo  come  termine  da 
Celia  ad  accettar  la  mano  di  Lidio;  stan  per  celebrarsi  le  nozze,  a  Celia  però 
mal  gradite.  I  due  accattoni  Liberio  e  Capricho,  che  erano  fuggiti  al  romore, 
son  sorpresi  da  alcuni  contadini  in  una  vigna  a  rubar  un  poco  d'  uva,  e  tem- 
pestati di  colpi.  Liberio  insanguinato  viene  a  cader  svenuto  ai  piedi  di  Celia. 
Riconoscimento,  e  gioia  generale:  perché  anche  Lidio  si  persuade  a  cedere  al 
prodigo  ravveduto  la  mano  di  Celia,  e  van  dentro  tutti  lieti,  compreso  l' affa- 
mato Capricho. 

Dopo  due  colloqui  inediti ,  vengono  V  auto  Obras  son  amores  (che  non 
ha  nulla  a  che  fare  con  la  commedia  di  Lope  dello  stesso  titolo)  e  1'  auto 
del  Pastor  ingrato  che  col  titolo  Niño  pastor  è  il  decimo  nelle  Fiestas  del 
S.  Sacramento  edite  per  cura  dell'  Ortiz  y  Villena  nel  1644.  Anche  seguendosi 
il  buon  ms.  della  Nacional  anziché  il  testo  stampato,  poteva  quest'  auto  man- 
tenere il  suo  posto  nella  riproduzione  del  libro  anzidetto,  tanto  più  che  le 
varianti  della  stampa  sono  tutte  diligentemeute  notate. 

Di  queste  Fiestas  del  1644  e'  è  a  Parma  un  ms.  della  fine  del  secolo  XVII 
{parmense  183)  ma  esso  é  una  copia  del  libro  dell'  Ortiz  e  perciò  non  ha 
alcun  valore  per  noi;  però  di  alcuno  dei  dodid  suoi  autos  vi  sono  altri  esem- 


'  n  nome  del  Moreto  non  è  nel  ms.  di  Madrid;  ivi  si  dice  soltanto: 
De  tres  ingenios.  Ma  V  antico  ms.  parmense  merita  maggior  fede  per  varie 
circostanze  che  si  ricaveranno  dal  cenno  che  già  ne  feci  {Collezione  de  Di- 
ferentes Autores,  in  Studj  di  Filologia  romanza,  VI,  1893).  Mentre  ivi  ero 
incerto,  posso  ora  assicurare  che  la  commedia  dei  due  mss.  è  la  stessa;  e  ciò 
per  cortese  notizia  del  D.  Manuel  Tamayo  y  Baus,  della  Biblioteca  di  Madrid, 
che  qui  ringrazio. 


I04  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

plan.  Del  terzo  auto  Acreedores  del  hombre  il  Menendez  non  ricordò  un 
ms.  contemporaneo  di  Lope  che  segnalai  in  LVC.  p.  17^  ed  egli,  che  alle 
volte  nota  anche  le  varianti  delle  sueltas,  doveva  chiedermene  la  collazione. 
Rivedendolo  ora  con  più  attenzione  che  nel  1891,  invece  che  1'  accenno  un 
po'  vago  :  della  /»  metà  del  sec,  XVII  posso  dire  che  il  ms.  finisce  con  una 
preziosa  data:  finis  laus  deo  \  Jesus  Maria  Joseph  1620,  preziosa  anche  quando 
si  riferisca,  com'  è  probabile,  non  alla  composizione  ma  alla  data  della  copia. 
Questa  è  di  un  carattere  assai  corrente  (somiglia  alla  scrittura  di  Martínez  de 
Mora,*)  ma  tirata  giù  in  gran  fretta,  come  dimostrano  le  lacune'  e  le  frequenti 
sviste  di  penna.^  Ma  P  originale  da  cui  questa  copia  deriva  era  mig^ore  di 
quello  di  cui  si  giovò  1*  Ortiz  y  Villena,  perché  delle  varianti  molte  sono 
assai  buone.''  V  è  poi  una  serie  intera  che  mi  pare,  non  di  varianti,  ma  di 
proprie  e  necessarie  correzioni.     Per  esempio  (p.  205.  i.  56): 


^  Indicherò  cosi  il  citato  mio  studio  su  Lope  de  Vega  Carpio,  e  con 
DA.  quello  sui  Diferentes  Autores, 

*  Cfr.  LVC.  p.  21,  22,  25  ecc.     Menendez  H,  xv. 

>  Tra  le  note  e  il  testo,  la  collazione  del  ms.  parmense  è  qui  data  completa. 
Ecco  le  lacune:  pag.  203.  2.  i:  manca  Hoy  —  p.  205.  2. 40:  manca  voces  — 
^8—49:  due  vv.  mancanti  —  p.  207.  1.2:  manca  hoy  —  13:  manca   Vanse  y 

—  39:  manca  con  una  carta  —  1,\1\  Acuden  aeree, —  29:  Dando  tinta  — 
p.  208.  I.  29:  manca  Oh  —  2.  48:  manca  sois  —  id.  i  due  ultimi  versi  e 
p.  209.  I.  I  mancano  —  p.  209.  i.  19:  manca  sai  libre  —  55:  manca  De  amor 

—  2.  20:  manca  il  v.  De  que  tiene  ...  —  p.  210.  2.  7:  mancano  8  versi  En 
descuido  . . .  ìmen  fiador  —  38:  manca  de  —  p.  211.  2.  36:  mancan  due  versi 
Este  es  ....  ingrato   —   p.  212.  2.  13:   manca  1*  indicazione   Como  que  se  van 

—  51  :  manca  en  —  p.  213.  i.  17:  manca  estáis  —  2.23:  mancano  le  linee 
24 — 37:  De  un  ingrato Si  señor  —  p.  214.  i.  14:  manca  tuyo. 

*  Pure  sviste,  e  non  vere  varianti,  paionmi  le  seguenti:  p.  204.  i.  i:  lo 
que  —  9:  Fida  pues  —  23:  Ica  le  yo  —  2.  15:  debia  —  30:  bienes  tienes 
dados  —  p.  205.  1.3:  pagar  la  criatura  —  15:  muerte  en  vida  —  2.35:  O 
desconocéis  a  Dios  —  52:  por  el  suelo  —  p.  206.  i.ii:  Que  s  la  vida  — 
19:  Que  le  comiera  exceso  —  35:  , , . .  lo  creo!  Demonio:  Después  que 
trata  conmigo.  Misericordia,  ecc.  —  2.  19:  también  perdisteis  —  26:  Eso 
será  —  p.  208.  I. '35:  valor  —  47:  Assi  pues  no  hable  el  necio.  El  temor  — 
id.  ultima:  deudos  —  p.  209.  2.  27:  calle  —  37:  glorioso  soy  —  p.  210.  2.  26: 
Como  tal  es  el  —  29:  Por  el  crédito  consiste.  En  un  ynterior  —  p.  211.  I.  23: 
Descuido,  el  Amor  —  2.  5:  el  quien  —  15:  ohügado  —  31  :  ¿f  visoño  — 
p.  212.  I.  51  :  Dios  nos  ve  —  p.  213.  I.  7:  el  hombre  —  18:  Id  contento  — 
2.  15:  Enprendese  la  —  47:  Mirarades  lo  primero  —  p.  214.  2.  20:  Que  me 
dexan  —  32:  turbata  P  assonanza:  ..  tanta  pena.  Si  hasta  los  elementos. 
El  sol,  ecc  e  manca  il  v.  En  los  ejes  ecc.  —  id.  ultima:  Paga  Dios  — 
p.  215.  I.  38:  cresce  un  verso:  . . .  triunfo.    Y  su  gloria  verdadera, 

*  Eccole  tutte:  p.  203.  1.8:  A  mi  en  la  prisión  P  —  IO:  Que  no  hay 
guardar  ni  aun  respeto  {ni  aun  fu  aggiunto  dal  Rojas)  —  13:  aguardar  — 
15:  Por  todo  —  2.  16:  y  pagare  —  22:  Mentis,  que  no  puede  ser  — 
p.  204.  2.  3:  Aunque  para  —  \y,  es  pascído  —  26:  os  advenid  —  43:  Con 
que  div.  —  47:  Mas  de  quien  es  como  Dios  —  52:  Y  de  mis  bienes  dest,  — 
54:  Y  en  una  cárcel  me  cierran  —  p.  205.  I.  19:  la  culpa  mia  (e  senza  inter- 
rogativo) —  51  :  Tierra,  tu  me  has  engendrado  —  2.9:  quien  te  esp,  — 
II:  manca  Oh  —  25:  que  escucháis?  —  26:  Descúbrese  un  trono  tirando 
una  cortina  ecc.  —  43:  il  v.  Que  mejor  ecc.  lo  dice  la  Justicia  —  p.  206.  I.  9: 
Es  tem.  —  22:  Le  han  —  23:  A^í  con  —  30:  Descuéntese  mi  trabajo  — 
31:  terreno  —  2.35:  Al  tirano  de  la  tierra  —  46:  Esto  permites  Justicia? 

—  49:  debe  el  hombre  —  54:  Cerrad  —  p.  207.  I.  33:  Ay  que  no  (e  senza 
interrogativo)  —    2.5:    o  gran  —    22:  Que  aunque  vos  lo  sabéis  todo    Pero 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  IO5 

Dios  me  dio  por  alimento 
Tus  mares  y  tus  montañas  ; 

dove  il  testo  del  M.  ttís  montes  y  tus  montañas  è  una  tautologia.  A  p.  205.  2.  5  : 
il  M.  non  osservò  che  manca  alla  quintilla  il  primo  verso:  Antes  todos  te 
Servian,  Ya  todos  ..  ecc.  Io  accetterei  anche  a  p.  205. 2.  21:  has  de  ir; 
p.  206.  I.  I  :  sus  deleytes;   p.  206.  l.j:  y  mal  celo,  e  ib.  46: 

Sin  ti  no;  pero  si  el  hombre 
Se  fia  tanto  en  tu  pecho  ecc. 

cap.  206.  2.  8:  De  tu  justicia  esconderlos;   p.  207.  2.  31  :  Remedio  y  luz  por 

mi  maldad  perdida;    p.  209.  I.  15:  contenta;   e  ivi  39:  di  (il  M.  non  vide  che 

eUy  guastava  la  rima);  p.  210.  i.  i:  al  M.  è  sfuggito  che  manca  un  verso  alla 

quintilla  :  • 

principal  deudor. 

Aunque  vos  no  la  deveis, 

A  padecerlo;  y  seréis  . . . 

Demonio 
Hase  visto  tanto  amor! 

Justicia 
desde  aquí  . .  ecc.  ; 

e  così  a  p.  210.  2.  37:  Y  soy  descuido  en  que  he  dado;  e  ivi  46:  il  verso 
Seré  ejemplo  . .  lo  dice  la  Vanidad.  A  p.  212.  2.  ultima:  Hay  ingratitud 
mayor?  A  p.  214. 1.  29:  Ya  sin  de  que  tu  me  adviertas  —  Desde  que  vi 
padecer,     E  a  p.  215.  2.  49: 


también  —  26:  Lea  el  papel  —  32:  escribo  a  que  —  34:  el  seguir  — 
p.  208.  1.6:  quieres  —  13:  grande  siempre  —  20:  Llama  pues  —  24:  Que 
de  preso  tenga  él  —   2,  1^:  tu  por  bien  —    ij:  ti  si  en  ocasión    Dios  hiziese 

—  20:  dopo  supremo  indica:  Abrase  luego  —   35:  /?  ää  —  41  :  Soy  su  hijo 

—  53:  No  la  immensidad,  la  alteza  —  p.  209.  I.  46:  haré  —  2.  i  :  Suben 
los  dos  por  una  ynbencion  al  tribunal  donde  la  Justiùa  hace  ^  escriva  y  el 
principe  que  firma  y  lee  el  Demonio  —  48:  Dios  firmai  —  54*  ^^  ^^  estoy 
p.  210.  1. 30:  Ciérrase  la  apariencia  —  35:  manca  il  v.  Cielo  injusto  ... 
c  c*  è  invece:  Recíbeme  lago  Averno!  —  47:  sol  se  as,  —  2.4:  eras  — 
1%'.  se  me  dà   —   20:  y  bevo  —    2y.  en  su  oficio   —   p.  21 1.  1.4:  unas  telas 

famosas  . . .  las  lie  ... ,  vistosas  —  14:  rayos  —  41  :  servidas  . . .  recibidas 

—  61  :  Que  puede  hacer?  ya  —  2.  18:  Hay  mas  en  que  ya  me  —  5 1:  questo 
V.  {El  plazo  ecc.)  lo  àÀz^  Agradecimiento  —  p.  212.  1.4:  Pero  vos  sois  (senza 
interrogativo)  —  34:  hablar  se  atreve  —  2.  19:  Señor,  me  llevan  —  56:  Vanse 
los  dos  —  p.  213.  I.  14:  manca  el  —  24:  hicistes  fin  ha  sido,  Y  fin  ...  (e 
prima:  El  ques  fin,  poi  cancellato)  —  32:  non  e'  è  il  verso:  Y  no  sirve  de 
de  nada  el  oponeros  ;  prima  e*  era  :  Al  mundo  les  for  coso  al  fin  prenderos, 
poi  fu  cancellato  e  messo  in  margine:  Y  asi  ha  de  ser  forçoso  el  ofenderos 
53:  Que  ya  se  ve  mi  amor  —    2.  3:  vendido  —    5:  ejecución  notables  daños 

—  6:  la  deuda  —  io:  Que  quiero  ya  pagar —  p.  214. 1.2:  me  ha  —  34:  La 
cárcel.  Cuy  dado,  esesta  —  38:  llegarte  —  2.9:  i  versi:  Y  basta  que  tu  .... 
{descanso  tengas)  . . .  fìno  a  :  ya  vienen  por  mi,  son  messi  dopo  il  verso  :  A 
despedirme  de  ti  —  22:  verdad  eterna  —  p.  215.  1.6:  mancala  —  ij:  la 
Iglesia  —  25:  harán  —  39:  tunicela  encarnada  y  dos  angeles  que  le  traen 
una  cruz  —  52  :  ...  Principe  en  la  peña  con  los  dos  Angeles  y  tomando  la 
cruz  en  las  manos  se  sube  al  trono  —  2.38:  Yo  conozco  la  escritura  — 
39:  la  muestra  — 


I06  BESPRECHC7NGEN.     A.  RESTORI, 

Ah  quün  de  esa  boca  oyera 
{Pues  no  fué  menos  que  Dimas)  : 
Hoy  . . .  ecc. 

Se  non  tutte  accettabili ,  certo  queste  varianti  meritano  d'  esser  discusse.  Fu 
già  osservato  (LVC.  1 7)  che  questo  ms.  parmense  ha  segni  di  mano  del  Rojas. 
Il  quale  (come  il  Martinez  de  Mora)  ha  tanti  meriti  per  gli  studiosi  di  Lope, 
che  sarebbe  tempo  che  il  Menendez,  unico  che  possa  farlo,  ce  ne  dia  alla 
prima  occasione  qualche  notizia  succosa  e  attendibUe.  Il  Barrera,  per  questi 
due,  ha  ima  dimenticanza  e  una  confusione  strana. 

Nella  Fiesta  cuarta  segue  alla  loa  un  grazioso  Intermezzo  El  Robo  de 
Elena,  Un  praticante,  Paez,  fìnge  di  rappresentare  una  commedia  per  rapire 
al  suo  principale,  il  vecchietto  Dottor  Orégano,  la  figliola  e  qualche  sacchetto 
di  dobloni: 

Oviedo:     Y  qué  comedia  hacéis? 

Paez:  Pienso  que  es  buena, 

Oviedo:    Como? 

Paez:  £1  Robo  de  Elena 

Oviedo:    A  propósito  ha  sido!  ....  Quién  la  compuso? 

Paez:         De  un  poeta  nuevo 
Es  el  primero  huevo. 

Qui  ci  potrebbe  essere  qualche  allusione;  la  scena  che  poi  si  rappresenta 
(p.  224.  1.49 — 225.2.  18)  è  tutta  nello  stile  cosi  caratteristico  delle  conmiedie 
burlesche;  e  precisamente  deve  esser  stata  edita  suelta  una:  comedia  burlesca 
del  Robo  de  Elena,  (Barrera,  Catálogo  p.  578)  che  il  M.  poteva  ricordare  e 
confrontare.  Oltre  il  baile  col  titolo  Robo  de  Elena  citato  dal  Menéndez 
(p.  Lix)  e  la  nota  commedia  del  Monroy,  e'  è  un  Entremés  che  credo  sullo 
stesso  argomento,  edito  1646  (Barr.  Catál,  p.  617),  col  titolo  Destrucción  de 
Troya,  Questi  due  titoli  Robo  de  Elena  y  Destrucción  de  Troya  furon  spesso 
uniti,  come  in  quell'  auto  sacramentai  di  cui  citai  un  ms.  dei  primi  anni  del 
secolo  XVII  (DA.  n*».  558).  H  Barrera  (Cat,  343)  lo  dice  del  Rojas  Zorrilla, 
ma  nell'  Indice  (p.  599)  mette  un  punto  interrogativo.  £  infatti  ripugna  ere- 
dere  che  sia  di  cosi  distinto  poeta  un  cosi  strambo  pasticcio  allegorico,  greco- 
cattolico  come  quest'  auto  del  Róbo  de  Elena,  a  dar  idea  del  quale  basterà 
riferire  i  personaggi:  Paris  que  es  el  Demonio,  Troylo  =  el  Cuerpo,  Etor 
=  el  Mundo,  Aquiles  =  S,  Juan  Baptista,  e  infine  tre  bei  colmi  :  Sinon  que 
es  el  Amor  diuino,  Elena  =  el  Alma,  e  Menalao  que  es  Christo! 

U  auto  della  Fiesta  novena  è  la  Vuelta  de  Egipto,  cioè  il  ritorno  di 
Giuseppe  con  Maria  e  Gesù  bambino  dall'Egitto  a  Nazareth,  dopo  morto 
Erode.  Utili  indicazioni  sull'  argomento  dà  il  M.  a  pag.  Lxvm  e  LXIX.^ 
Aggiungerò  che  e'  è  un  altro  auto,  certo  posteriore  a  Lope,  che  svolge 
ampiamente  lo  stesso  argomento  e  può  aver  avuto  lo  stesso  tìtolo,  come  si 
ricava  dagli  ultimi  versi: 

Tirso:    A  mi  el  Autor  me  ha  encargado 
diga  al  Auditorio  nuestro 
que  a  la  Ida  y  Buelta  de  Egypto 


^  Per  errore  di  stampa  Lix. 


OKAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  IO7 

pong  fin,  no  a  los  deseos 
y  voluntad  de  serviros,  ecc. 

È  intitolato:  Mejor  Rey  de  los  Reyes  e  sebbene  si  dica  Auto  cU  Nacimiento 
è  una  vera  e  propria  commedia  in  tre  g-iornate,  e  di  una  trivialità  incon- 
cepìbile in  cose  sacre  (vedi  DA.  n*>.  777).  Sullo  stesso  argomento  della  Vuelta 
de  Bgipto  e  anzi  con  lo  stesso  titolo,  io  segnalai  un  altro  auto  (DA.  n^  723) 
che  il  M.  non  ricordò  e  che  è  molto  importante  per  la  storia  di  questo  auto 
di  Lope,  giacché  gli  è  certo  anteriore  e  gli  ha  servito  di  modello  in  modo 
cosi  stretto  che  fa  davvero  meraviglia,  non  essendo  Cx)pe  solito  ai  plagi, 
n  ms.  è  dei  primissimi  anni  del  sec.  XVn  o  forse  meglio  della  fine  del  pre- 
cedente. Nel  sunto  che  segue  metto  tra  parentesi  le  scene  parallele  dell'  auto 
di  Lope: 

[Scena  nella  bottega  di  Giuseppe.  Gli  Angeli  preparano,  per  ordine 
del  bambino  Gesù,  gli  stromenti  di  lavoro.  Entra  Maria;  si  rallegra  che  il 
bimbo  è  alzato;  Gesù  va  a  prendere  il  lavoro  di  Maria.  Entra  intanto 
Giuseppe.^]  Scena  in  bottega  di  Giuseppe;  egli  e  Fineo  parlano  di  lavori 
da  falegname.  Entra  Maria;  Giuseppe  chiede  ov'  è  il  bimbo:  Maria  alza  un 
velo  e  lo  si  vede  dormiente  sopra  un  legno  a  forma  di  croce: 

Maria:*  Veis  aqui  el  arbol,  hermoso 

niño,  a  cuya  sonòra  santa 
me  siento,  duermo  y  reposo: 
cuyo  fruto  a  mi  garganta 
es  por  estremo  sabroso. 

Es,  doncellas  de  Sion, 
rojo  y  blanco  mi  querido, 
uno  entre  mil  escojido  ; 
palmas  sus  cabellos  son, 
su  cabeça  oro  bruñido. 

Son  sus  ojos  de  palomas: 
sus  mejillas  son  de  arofnas  ; 
torneados  y  distintos 
sus  dedos,  de  oro  y  jacintos 
llenos,  si  sus  manos  tomas. 

Su  labio  es  lirio  oloroso 
que  destillase  de  çiros, 
mira  ques  licor  precioso! 

^  Giuseppe  saluta  Maria  con  5  belle  strofe,  di  cui  la  prima  (  Virgen  del 
sol  vestida.  Coronada  de  estrellas  . .  ecc.)  è  una  parafrasi  del  Petrarca:  Ver-- 
gine  bella  che  di  sol  vestita  ecc. 

*  È  una  traduzione,  più  che  parafrasi.  Cfr.  Cant,  Canticorum,  II,  3  :  Sicut 
malus  inter  Ugna  . . .  diùctus  meus  inter  filios.  Sub  umbra  ilUus  . . .  sedi, 
et  fructus  ejus  dulcis  gutturi  meo,  —  V,  IO:  Düectus  meus  candidus  et 
rubicundus,  electus  ex  miUibus,  II:  Comae  ejus  sicut  elatae  palmarum: 
caput  ejus  aurum  optimum  —  12:  Oculi  ejus  sicut  columbae  ..  13:  Genae 
iUius  sicut  areolae  aromatum  ...  14:  manus  illius  tornátiles  aureae,  plenae 
hyacinthis  —  13:  Labia  ejus  lilia  distillantia  myrrham  primam  . .  14:  venter 
ejus  eburneus,  distinctus  saphiris  —  15:  Crura  illius  columnae  marmoreae, 
quae  fundatae  sunt  super  bases  áureas  ...  16:  totus  desiderabilis,  —  Si  cfr. 
anche  versi  quasi  uguali  e  quel  che  ne  dice  il  M.  nel  voi.  m  p.  X. 


Io8  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTQRI, 

De  marfil  y  de  safiros 

es  echo  su  vientre  hermoso. 

Son  dos  colunas,  fundadas 
sobre  dos  basas  doradas, 
sus  piernas  de  un  marmol  raro; 
todo  amable,  hermoso  y  claro! 
Joseph:  Hasta  el  cielo  hablando  agradas! 

[Giuseppe  lavora  al  banco:  Maria  a  una  camicia  da  cucire,  Gesù  raccoglie  in 

un   cestino  le   scheggie;    intanto  per   passatempo  Gesù  favella   della  Essenza 

divina.]    Il  bambino  va  a  prendere  il  lavoro  di  Maria  (anche  qui  una  camicia) 

e  mentre  Criuseppe  lavora  al  banco,  ed  egli  raccoglie  le  scheggie,  parlano  per 

passatempo  della  Verginità: 

Sale  Jesus  con  la  almoadilla  de  nuestra  señora  y  el  cepello  y  la  cesta 

de  las  astillas: 

Maria:         Josef 

Jos.  que  os  maravilla P 

M*.  Pues,  tan  cargado? 

Je.  Mi  madre 

traygo  aqui  la  almoadilla, 

este  cepillo  a  mi  padre, 

y  para  mi  la  ce  stilla. 

El  trabaje  coged  vos, 

yo  cogeré  como  suelo 

las  astillejas  del  suelo 

M  a.  Haréis  estrellas,  mi  dios, 

las  rayas,  y  el  suelo  cielos 

Que  camisa  os  è  de  dar? 

Je.  Haiedla,  madre,  de  suerte 

que  no  se  pueda  rasgar, 

que  con  soberbia  arto  fuerte 

se  que  me  lan  de  quitar. 

Mi*.  Que  deçisP 

Je.  Aguardo  aqui 

las  astillas. 

M  a.  Que  haremos, 

Josef  trabajando  asi  F 

Jos.  De  virginidad  hablemos. 

{Diga  el  niño  mirando  a  la  virgen)'. 

Virgen,  que  mayor  que  en  ti 

esala,  limpia  açuçenaP 

Jos.  de  seis  ojas  conparada, 

de  granos  de  oro  llena; 

la  primera  es  ser  templada 

tanto  la  tenplança  ordena 

que  por  eso  lo  trocó.  (?) 

El  trabajo  es  la  segunda. 


1  Cfr.  p.  368.  1.8— 15. 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  IQÇ 

ecequiel  lo  mostrò 

que  en  la  hartura  y  ocio  funda 

lo  que  a  sodoma  abraso, 
Umildad  es  la  tercera, 

no  soberbia,  que  por  el 

no  siendo  a  su  dios  fiel 

goçaba  desta  manera 

los  moabitas  ysmael. 

La  cuerta  (ác)  es  guarda  divina 

de  la  vista  y  el  oyr  : 

ejemplo  es  yquen  ydigna  ^ 

La  quinta  es  saber  regir 

la  lengua  que  al  alma  ynclina. 
La  sesta,  huir  la  ocasión: 

bien  se  ve  en  Tamar  y  aman. 

Los  granos  de  oro  serán 

los  deseos  que  a  dios  dan 

el  alma  y  el  coraçon. 
Ma.  Bien  lo  abéis,  Josef,  conpuesto, 

Jos.  Todas  seis  ojas.  Maria, 

tiene  vuestro  pecho  onesto. 
Je.  Quien  como  vos,  madre  mia, 

en  quien  tanto  amor  è  puesto? 

[Entrano  donne  gitanas \  dialogo;  escono.  Giuseppe  s'  addormenta  e  un 
Angelo  gli  ordina  di  tornare  in  Palestina.  Scena  in  Gerusalemme  tra  re 
Archelao,  Sereno  e  soldati.  Si  toma  in  Egitto:  i  gitani  s'  accomiatano  dalla 
famigliola  di  Giuseppe,  e  una  predice  la  buonaventura  a  Gesù.  Altra  scena 
tra  Archelao  e  Sereno.  Ancora  al  Nilo;  in  presenza  di  Gesù  gli  idoli  egi- 
ziani rovinano,  e  il  Demonio  esce  a  dir  pochi  versi.  Arrivo  in  Galilea.] 
Tutto  più  semplice;  entrano  le  gitane,  e  una  di  esse,  Meroe,  prende  la 
manina  di  Gesù: 

Mostrad  la  mano,  os  dire 

la  buena  ventura,     A  fé 

questa  raya  de  la  vida 

es  bien  corta  y  perseguida! 

Dios  os  la  prospere  y  dé. 
Tendréis  muchos  enemigos 

que  os  an  de  matar  y  ager 

en  vos  notables  castigos, 

A  fé  que  os  a  de  vender 

uno  de  vuestros  amigos  I 
A  los  años  treynta  y  tres 

tendréis,  niño,  una  prisión 

por  gran  traycion  y  interés. 


*  Leggi:    Syquem  y  Dina,   per  le  cui  storie  v.  Migne,   Dictionnaire  de 
la  Bible, 


no  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORT, 

Todas  estas  rayas  son 

cruces  de  la  cruz  después, 
Pero  aquesta  no  entendida 

muestra  después  una  vida 

perdurable  y  senpiterna, 
Ar  sin  o:  Su  madre  està  un  poco  tierna 
Je.  No  Uoreis,  madre  querida! 

Uscite  le  gitane,  Giuseppe  s'  addormenta  e  un  Angelo  gli  dice  che  Erode  è 
morto  e  regna  Archelao  e  gli  ordina  di  tornare  in  patria.  Muta  la  scena  e 
siamo  all'  arrivo  in  Galilea. 

D'  ora  innanzi  il  parallelismo  non  è  più  turbato.  Compare  San  Gio- 
vanni, niño  vestido  de  pieles,  e  presente  la  venuta  di  Gesù  suo  cugino  e  ne 
parla  ai  pastori.  Lope  si  contenta  a  ciò;  nel  parmense  invece  avviene  l' in- 
contro e  un  affettuoso  dialogo  tra  i  due  benedetti  bambini.  Intanto  i  pastori 
si  affollano  festosi  intomo  ai  nuovi  arrivati,  ed  essendovi  tra  essi  alcuni 
parenti  di  Giuseppe  e  Maria,  offrono  loro  ospitalità  e  riposo: 

Ellos  vendrán  bien  cansados; 
en  nuestra  casa  podran 
descansar  bien  regalados. 
Adiós  Jesus, 

Adiós  yuan. 
Adiós  mis  tios  amados 

Adiós,  sobrino  bendito. 
Celebrad  cantad  pastores 
a  Jesus  dios  ynfinito, 
dando,  con  darle  mil  flores, 
fin  a  la  Vuelta  de  Egito. 

Che  ha  dunque  fatto  Lope?  Egli  ha  preso  intera,  fìno  ai  più  minati 
particolari,  la  tela  del  vecchio  auto  e  vi  ha  aggiunto  la  scena  i»  con  gii 
Angeli,^  le  2  scene  nella  reggia  di  Archelao,  e  la  caduta  degli  idoli  egiziani 
con  comparsa  del  Demonio.  Queste  quattro  scene  rendono  di  certo  più  spet- 
tacoloso 1'  auto  ma  non  giovano  punto  alla  verità  dramática;  si  vede  subito 
che  sono  appiccicate  e  che  interrompono  goffamente  V  unità  dell'  azione,  la 
quale  è  tutta  un  soave  idillio  pastorale  e  domestico.  Una  sola  scena  ha  tolto, 
r  incontro  dei  due  santi  fanciulli  Gesù  e  Giovanni  Battista,  e  anche  qui  fu  mal 
inspirato  :  la  scena,  con  le  grazie  dei  due  bimbi  e  con  le  oscure  allusioni  al  tre- 
mendo destino  che  entrambi  li  aspetta,  eccita  insieme  soavità  ed  angoscia,  e  fa 
ad  ogni  modo  una  potente  impressione.  Scendendo  ai  particolari,  li  ha  spesso 
peggiorati;  si  paragoni  la  semplice  descrizione  del  giglio  verginale  (scelsi 
apposta  questi  passi)  con  la  teologia  gonfìa  e  astrusa  che  Gesù  recita  per  diver- 
tire i  genitori!  (p.  368.  i.  36);  anche  fra  le  due  predizioni  delle  gitane  (p.  371.  2. 18) 
preferisco  quella  del  ms.  parmense,  tanto  più  semplice  e  più  affettuosa.  Sicché 
davvero  io  sarei  tentato  di  chiedermi:  quale  dei  due  autos  sarà  il  vero  di  Lope 
de  Vega?  Ma  il  dubbio  non  è  possibile;  oltre  la  testimonianza  dell'  Ortiz  y 
Villena,  abbiamo   quella  autorevolissima   di  F.  de  Roxas   che  scrisse  di  sua 


Parientes: 

Juan: 

Je. 

Jüan: 

Ma. 

Pastores: 

^  Com'  è  più  bella  la  semplicissima  scena  del  risveglio  del  bambino! 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  1 1  I 

mano  sul  primo  foglio  dell'  auto  parmense  :  diferente  de  otro  de  lope.  Ne 
condaderemo  piuttosto  che  ai  veri  poeti  non  giova  mai  il  seguire  appuntino 
1'  altrui  falsariga. 

Alle  Fiestas  dell*  Ortiz  segue  un  auto  al  Nacimiento  de  N.  S,  Jesucristo, 
che  il  M.  prende  dalle  Navidad  y  Corpus  Christi  . .  .  recogidos  por  Isidro 
de  Robles,  Madrid  1664.  In  una  suelta  di  poco  posteriore  {Valladolid»  Alonso 
del  Riego  \  cfr.  LVC.  p.  14)  porta  il  titolo,  del  resto  bene  appropriato,  di 
Nuevo  Oriente  del  Sol  y  Mas  dichoso  Portai.  Non  conoscendosi  manoscritti 
di  quest'  auto»  queste  due  stampe  sono  il  solo  soccorso  a  stabilire  il  testo; 
tanto  più  che  hanno  press'  a  poco  lo  stesso  valore  (Isidro  de  Robles  era  un 
collettore  molto  alla  carlona),  e  derivano  evidentemente  da  originali  ben 
distinti.  Perciò  fu  buon  pensiero  di  accompagnare  il  testo  del  Robles  con  lo 
spoglio,  a  pie  di  pagina,  delle  varianti  della  suelta  :  ma  questo  spoglio  di  certo 
non  fu  fatto  dal  Menendez,  perchè  se  ne  trascurò  una  buona  metà  e  non  delle 
più  insignifìcanti.^  Certo  anche  la  suelta  ha  molti  evidenti  errori  che  non  è 
forse  un  gran  male  V  aver  trascurato,^  ma  tra  le  varianti  non  citate  ve  ne 
sono   molte   che   erano   degnissime   d'  attenzione.^    E  fra  esse  ve  ne  sono  poi 


^  Che  la  suelta  vista  dall'  editore  non  fosse  questa  di  VaUadolid  ma 
nn'  altra  a  me  ignota?  Non  è  impossibile,  ma  parmi  estremamente  impro- 
babile perché  tutte  le  varianti  da  lui  notate  sono  talquali  in  questa  di 
A.  del  Riego. 

*  Però  allora  parecchi,  che  furon  notati,  non  dovevano  esserlo.  I  non 
notati  sono  questi:  p.  444.  1.41:  Tomo  per  Tome  —  p.  445*  i*  38:  Es  inefable 

—  p.  446.  1.37:  Crisoliros  —    2.  2i:   todo  cuydado  —    35:  Admira  el  suceso 

—  p.  447.  2.  49:  los  pitos  —  p.  452.  I.  47:  Ni  se  cansen  ni  se  c,  —  56;  ex- 
trañan  —  P-  453*  I*  5*  Q^^  ^^  virtud  —  2.  50'  âmbuelto  en  veneno  — 
p.  454.  1.9:  Abrasada  —  49:  duerma  —  2.48;  Pues  cantas —  54:  à  mis  — 
p.  455.  I.  43:  Esta  —   p.  460.  2.  6:  destierre  — 

•  Eccole  tutte,  p.  443.  2.  11  :  Y  de  las  Galias  al  Fr,  —  16:  Boecios 
Ç  Beodos  Ì)  —  18;  Al  de  Oriente  y  Occidente  —  21  :  dopo  questo  v.  Negro- 
pontos  y  Esp,  è  aggiunto  :  Al  Imperio  Israelita,  indi  mancano  29  versi,  e  ri- 
prende:   Y  a  todo  el  pueblo  judaico  ecc.  —    p.  444.  1.32:    Ysaias  y  Miqueas 

—  49  :  mancano  i  4  versi  ultimi  del  romance  —  2.  29  :  ^  firme  pens,  — 
p. 445.  I.  I:  Elisio  —  4:  sus  leyes  —  23:  sea  enhor,  —  25:  inescrutable  — 
30  :  Pues  si  lo  quiere,  sea  —  2.24:  Su  venta  y  él;  Silvia,  al  punto  Que 
cumpla  —  p.  446.  I.  17:  en  montes  levantados  —  52:  Ha  señores  —  2.  31: 
manca  ü  v.  Malos  años  ...  e  invece:  A  fé,  si  cojo  elpalancho!  —  p.  447.  1.2: 
ofendió  marido?  —  19:  Mas  que  dijo  —  1,1Q\  Julio,  que  me  causò  espanto 

—  54:  Miren  lo  que  han  levantado,  Y  fui  a  curar  una  prima  —  58:  Quedó 
libre  —  p.  448.  I.  l:  cuerdo  y  m,  —  6:  del  fregado  —  16:  Barrabas  lleve 
el  regalo  —  2.1:  dice  solo  :  Sale  Julio  como  espantando  moscas  —  7:  Hola 
Mujer  {cosa  rara!),    e   mancano   i  4  vv.  che   seguono:   riprende:   Mujer  ... 

—  19:  Votes  dais  desent,  (e  senza  interrogativo)  —  30 :  âio^o  premio  indica: 
Saca  un  palo  Silvia,  haze  que  espanta  al  moscón  y  amaga  a  Julio  — 
p.  449.  1. 40:  Negra,  floja,  fria  y  Jlaca  —  55:    Y  en  los  guisados  que  hazeis 

—  2.  8  :  Y  andáis  muy  acicalada ,  Con  afeytes  y  con  risos,  Y  en  ...  — 
13:  pesse  à  —  24:  il  segno  (i)  vuol  2  righe  più  giù  —  p>  450.  1. 14:  Toma 
Dorindo  su  garrote  y  sale  Silvia  con  dos  ecc.  —  2.  5 1  ;  Un  ojotuerto  he 
quedado  —  p.  451.  I.  17:  Vos  un  gran  borrachonazo  —  23:  Hola!  Justicia 
nos  sigue  —  28:  Entranse  riñendo  y:  manca  —  2.2:  eximir  de  duro  hierro 

—  22:  Y  mas  quando  el  sentim.  En  las  ecc.  —  p.  452.  1.6:  Que  esta  — 
16:  indica:  {Vase)  —  22:  indica:  (llama)  —  41:  Pues  la  mayor  —  2.6:  La 
acción  —  23:  ..  .  ^  passa  un  Angel  atravesando  el  Teatro  y  canta:  — 
30  :    il    segno  (3),    anche    giù   nelle   note,    vuol    portato    una   riga   più    su  — 


112  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

alcune  che  son  vere  correzioni,  o  assai  probabili  o  assolutamente  necessarie; 
e  sono  queste:  a  p.  443.  2.  4:  Francia  y  la  Persia\  leggasi  Tracia  y  la  P,\ 
la  Gallia  è  nominata  7  versi  più  giù.    A  p.  445.  i.  42: 

. . .  posada. 
Ha  de  casa! 
Julio:        •  Quien? 

Silvia  (445.  2.  nota):  Quien  llama? 

£  cosi  pure  a  p.  446.  1.53,  dove  sono  due  w.  sbagliati,  leggasi: 
Dorindo:  Quien? 
Corinda:  Quien  llama? 

Josef:  Salga  hermano, 

A  p.  450.  2.  17:  No  siendo  —  37: 

Julio:         Reparad  y  recibid 

Este  embite         (pégale) 
Dorindo:  Ya  reparo  ecc. 

A  p.  451. 1.40  :  Dejò  divino  —  2.8:  llenas  de  alegria  —  E  a  p>  453*  2.  47» 
l'assonanza  richiede  come  ha  \%  suelta:  Archimedes  —  p.  454.  I.  16:  visto 
ni  verán  —  2.  53:  Dormi  mas  —  P*  455*  !•  37 i  ^cos  sabrosos  Talia  — 
p.  457.  I.  13:  Dios  eterno  —  p>  459>  1.43:  Cuando  se  hallen  —   p.  460.  1. 12: 


p.  453. 1.42:  Id  alegres  Pastores  —  46:  De  un  portal  en  las  pajas  — 
2.  31:  portento  tiene  —  p.  454.  i.  38:  supiste  —  45:  En  el  ayre  un  Garçon 
hello  Mas  lindo  —  46:  dixo:  Amigo  Parte  luego  d.  —  2.8:  El  que  sin 
fé  à  —  16:  {Musica  dentro)  —  47:  De  migas  un  gran  cald,  —  p.  455.  1. 16: 
Doy  trasunto  soy  retrato  Del  fino  amante  M.  —  25  :  Que  a  mi  es  ociosa 
porfia  —  31  :  Esta  es  verdad  à  —  2.  3:  Su  cruel,  —  p.  456.  1. 1  :  Como  in- 
signe  —  2.  5  :  correggo  una  inesattezza  mia  {Bandolera  de  Flandes  nella  Ro^ 
manische  Bibliothek,  IX,  112  nota  ultima)  dove  questi  nueve  dé  la  fama  non 
devon  correggersi  in  doge.  Si  allude  non  ai  12  paladini,  ma  al  libro  e  meglio 
alla  traduzione  di  Antonio  Rodríguez  Portugal  :  Chronica  llamada  el  Triumpho 
de  los  nueve  mas  preciados  varones  de  la  Fama  o  come  dice  nella  tablai 
la  presente  obra  llamada  Los  Nueve  de  la  Fama  (Giosuè,  David,  Giuda 
Macabeo,  Alessandro,  Ettore,  G.  Cesare.  Artus,  Carlomagno,  GofiVedo  di 
Buglione)  Ho  visto  V  edizione  di  Alcalá  de  Henares,  Juan  Iñiguez  de  Leque- 
rica.  Año  1585  —  9:  inmortal  renombre  —  p«  457«  !•  12:  Parió  al  sacro  — 
15  :  Dad  tierno  —  Z^'»  yo  por  mi  labio  e  al  33  .  . .  quiero:  Niño  inmenso  y 
sabio  —  57:  yô  que  de  vos  —  2.  4:  {entran  todos  los  p,)  —  18:  Pues  a  T.  — 
21:  Mirad  este  Niño  Dios  A  quien  yo  por  tal  conf  —  44:  granado  y 
grueso  —  50:  linda  cosa  —  53:  haciendo  està  —  p.  458.  I.  9:  Yo  Miguel 
pastor  humilde  —  22:  Domingo  el  Zagal  —  2.  16:  Domingo:  Miguel  es 
el  mas  discreto  Zagal  del  valle;  pastora  No  hay,  que  en  común  no  le 
alabe  —  id.  nota  3«:  i  versi  Miguel,  pues  que  . . .  U  dice  Fi  lar  do.  Dopo 
celestial  Señora  s*  aggiunga:  Miguel:  Si  os  da  gusto,  alegre  y  grato  Obe- 
dezco  Domingo:  Va  de  historia/  Miguel:  De  un  admirable  rabino  ecc. 
—  P«  459-  2.  30:  Porque  fuera  —  p.  460.  i.  51  :  Se  dará  por  ley  —  p.  461. 1. 20: 
Nuevo  aliento  el  alma  —  31  :  il  segno  (3)  deve  esser  apposto  a  questo  verso, 
cui  seguitano  i  riferiti  in  nota,  e  si  riprende  al  v.  ^  vuestro  gusto  ecc.  — 
2.4:  Señores,  ay  en  el  mundo  —  53:  Porque  si  anda  —  56:  non  parla  la 
Virgen  ma  Domingo  —  p.  462.  i.  32:  os  dio  —  2. 17:  tiernos  pucherüos  — 
20:  alegre  el  —  29:  Natur  aleta  divina  —  46:  Y  que  Dios  —  50:  Da 
muestras  el  inmutable  —  p.  463.  I.  12:  non  la  Virgen  ma  Domingo  — 
19:  Pues  no  ay  que  admirarse  de  esto.  Porque  , , .  Tenemos  bravos  per^ 
genos  —  24  :  Hallara  en  mi  un  gran  —  39  :  Tendrá,  ni  tuvo,  ni  avrà 
En  los  ecc.  — 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA,  1 13 

madera  dt  Setím  e  meglio  sarebbe  Sethim,  il  noto  legno  dell'  Arca  santa 
(▼.  Sfigne,  Dictionn,  de  la  Bible)  —  16:  Limpia  Escala  de  Jacob  (v.  Grenesi 
XXVlll,  12)  —  A  p.  461.  1.3:  la  llevara  —  p.  463. 1.  26:  cuál  es  carnero  — 

Segue  poi  un  auto  del  Tirano  castigado  che  non  ha  nulla  di  comune 
con  la  commedia  di  Lope  dello  stesso  titolo.  Chiudono  il  volume  altri  nove 
autos,  finora  inediti,  di  vario  valore,  ma  che  in  complesso  arricchiscono  in 
modo  prezioso  1'  eredità  lasciataci  dal  gran  Lope. 

Il  volume  III  contiene  nella  sua  prima  parte  1 1  autos  più  uno  scritto  di 
Conceptos  divinos  al  SS,  Sacramento,  e  in  appendice  un  auto  dubbio  sulle 
Cortes  de  la  Muerte  \  e  cosi  rimane  completa  questa  prima  sezione  del  teatro 
religioso  di  Lope. 

Del  primo  auto,  pubblicato  da  un  cattivo  ms.  della  Nacional,  pensò  a 
ragione  il  M.  che  le  parole  De  dos  Ingenios  y  Esclavos  del  Santísimo  Sacra' 
mento  non  devono  essere  il  titolo,  ma  Y  indicazione  di  due  autori-collabora- 
tori; forse,  come  egli  dice,  Lope  e  Montalban  (p.  ix).  A  lui  è  sfuggito  un 
ms.  parmense,  molto  migliore  e  dei  primi  anni  del  sec.  XVH,  che  io,  non 
contenendo  esso  nessun  nome  d'  autore,  avevo  dovuto  mettere  tra  gli  Anonimi, 
pur  citandone  i  primi  e  gli  ultimi  versi  (DA.  n^.  736).  Questo  ms.  ci  dà  il  vero 
titolo  dell'  auto,  che  è  El  desengaño  del  Mundo;  gli  autori  si  vollero  dire 
esclavos  del  SS,  Sacramento  perché  quest'  auto  deve  essersi  rappresentato 
appunto  in  qualche  festa  data  dalla  Congregazione  degli  Schiavi  del  Sacra' 
fnento,  fondata  in  Madrid  nel  1608,  alla  quale  appartennero  anche  Lope  e 
Montalban.     Alcuni  versi  vi  accennano  espressamente  (p.  11. 1.34): 

Mayormente  agora  que  hacen 
Tan  santas  congregaciones 
Para  que  Esclavos  se  llamen 
Del  Pan  Santo  . .  .^ 

n  Barrera,  che  discorre  dottamente  di  questa  Congregazione  (NB.  p.  163), 
cita  fra  altri  un  libro,  per  me  irreperìbile,  di  José  Martinez  de  Grimaldo: 
Fundación  y  Fiestas  de  la  Hermandad  de  Esclavos  del  Santísimo  Sacra- 
mento,  celebrados  en  los  primeros  cincuenta  años,  Madnd  1657.  Ora  che  si 
conosce  il  vero  titolo  dell'  auto,  in  quel  libro  potrà  trovarsi  l' anno  della  rappre- 
sentazione e  forse  il  nome  degli  autori.  Quanto  al  testo,  sebbene  il  ms.  par- 
mense non  mi  sembri  autografo  per  certe  sviste  e  lacune  che  in  im  autografo 
difficilmente  si  spiegherebbero,*  esso,   e  per  il  tempo   e  per  la  correttezza  è 


^  Vedi  un  altro  accenno  a  pag.  12. 1. 17.  —  I  versi  surriferiti  pare  che 
alludano  proprio  alla  fondazione  della  Confraternita.  In  tal  caso  il  secondo 
collaboratore  non  può  essere  il  Montalban,  che  nel  1608  aveva  sei  anni. 

•A  p.  3.  2.  io:  Prebiertele  de  m,  —  p.  4. 1.6:  mancano  4  versi:  Si 
Dios  ....  engañalle  —  p.  7.  1. 19:  Es  la  Anbicion  —  2.  18:  Hay  Bersàbé  — 
p.  IO.  2.  26:  ci  sarebbe  un  verso  di  più:  Triste  de  aquel  que  vive  —  Mientras 
Dios  fuere  Dios,  en  pena  eterna  —  Pues  ninguna  rezibe  —  Que  exzeda  a 
ver  su  ara  senpiterna  —  Bueno:  Hombre  de  tal  manera  te  aperzibe  —  Por 
aqueste  ecc.  —  p.  II.  I.  50 :  Ay  Dios,  pagael  (sic)  qtte  escucho!  —  2.^1  Ay 
estrella  de  Jacob  —  30:  mancano  8  versi:  Vete  a  tu  profundo  , , .  en  penas 
tales  —  p.  12.  I.  ultimo:  manca  questo  v.  e  i  primi  ii  della  2&  colonna  — 
2.  28:  manca  4  versi:  Que  pude  hacer  . . .  sangre  querriá  —  p.  14.  2. 9:  qui 

Zdtschr.  £  rom.  PhU.  XXIi.  8 


114  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

senza    dubbio    ottimo   in    paragone    del   madrileno,    e    debbono,    credo,    esser 
accolte   tutte  le   sue   varianti.^     Qui   noterò   ancora  due  cose.    La  prima  che 


si  pone  1'  indicazione  Vanse  los  vicios  e  mancano,  dopo  il  25,  i  quattro  versi: 
Vamos  de  aquí  .  . . ,  y  tierra  — 

*  Eccole:  p.  3.  i.  I  :  prima  e*  era  Jenio  bt^eno.   Rojas  corresse  Angel  — 
2:  manca:   y  el  A,  Custodio   —    6:  piensas   regir P  —    2.  12:    Yo,  fuera  — 
15  :    Vaya  en  aquesta  —  v.  ultimo:  súfreme  a  mi —  p.  4.  i.  33:  guerra  dentro 
en  mi  —  49  :  Angeles,  dentro  —  v.  ultimo  :  esta  es  vana  —  2.  1 4  :  Esta  pUua 
es  del  Contento:    Del  Regalo   es   esta   calle  ;    Por  aquí  bajan   al  valle  Del 
dulce  ecc.  —    19:  Aquí  venden  verde  kedad  —    29:  ociosos,  y  aquí  Hablan 
de  otros  y  de  ti  —    41  :    /^o   le  enseñas  nobles  calles  P    Hombre:    Que  no 
es  .  ,  .  Bueno:  He  de  callar  la  verdad?   Calle  de  Santa  Maria,  La  de  San 
Pedro  y  Santiago  No  ay  aquí;  sino  de  Estrago,  de  Engaño  ecc.  —  50 :  cuya 
luz  vea   —    53:    Que  como  tu.   Genio  mio.   Apure  ecc.  —    p.  5. I. I:    Y  la  — 
3:  Ese  si  que  —    8:   siguiendo  yo  —    17:   Apareze  Babilonia   sentada   sobre 
un  dragon,   i  en   una   silla   con   un   vaso   clorado  en    la  mano  el  Apetito  de 
villano  y  Músicos  —  26  :  Hombre  bien  puedes  llegar  —  32  :  Sobre  las  aguas 
sentada  (v.  Apocalisse,  XVII,  i — 3)  —  44:  Blasfemias  escritas  ves!    Ape- 
tito:  Los  qtie  cantan   ecc.  —    54:   Guardate  de  hechizos!     Malo:   Bebe  — 
2.  12:  Ponte,  Apetito  ---16:  mis  Deleytes  —   33:  Enpezamos  la  jornada  De 
vida   que  para   en   nada!     Que  taies   sus  ecos  son!  —    43:  ^  hacer  Para 
rem  . . .   Que  si  aborr.  —    52:  Con  sangre  de  Dios  —   p.  6. 1.  6:  Si  a  la  fe 
—    28:    Hombre:     Oh    Cuidado!      Cuidado:     Descuidado    Vas    ecc.   — 
37:  Hombre:    Que  gritos  y  ruido  extraño!     Cuidado:   El  nombre  ecc.  — 
47:  Sale  el  M,  con  un  azote —  v.  ultimo:  han  de  hablar  —  2.4:  Avarizia: 
Qualq   desnudo  y  descalzo   ecc.    —    24:    no  deus   nada.    Que  mi  bolsón  — 
27:    non   Hombre   ma  Hermosura  —   35:  discurr,  las  casas  —  57:   a  los 
bienes:   Difíciles  pasos  trepa  —   p.  7.  1.28:   limosna  al  pobre  —   43:  Cuanto 
mas  que  pocos  medran  —  51:  montes  y  cuevas.  Tanto  que  en  los  ynozentes  — 
54:  questa,  c  tutte  le  altre  indicazioni  tra  parentesi,  delle  p.  7  e  8  mancano  — 
56:  Al  mismo  zielo  ponella  —   2.  12:  mis  venganzas  —  17:  No  estoy  en  ext,  — 
22  :    Matar   a    Siquen  y  Amon   (v.  Migne,  op.  dt.  sotto  Sichern  e  Amnovi)  — 
p.  8.  I.  I:    Juego:    Dos  reyes  no  te  contentan?    Amb.:    Ni  dos  mil,  que  la 
Anbicion    Mas  imagina   ecc.   —    52:   jE/  seys   —    7.,\%\   El  as  de  copas  — 
23:   beber  y  comer  —    32:   honras   atropella  —    p.  9.  I.  i:  Entren  dentro  — 
9:  vuélvame  —  il:  hacerte  —   13:  soltanto:  (Mételos)  —  24  e  28:  la  casa  — 
30:  a  tristezas  —  S^'.  la  Muerte  sobre  una  peaña  —  56:   Que  es  el  hombre 
....  su  valor?  —    2.25:    nos  enseña  la  muerte  Que  ecc.    —    34:    soltanto; 
{Cúbrese)  —    v.  ultimo:   Al  puerto  —    p.  IO.  1.8:   dopo   questo  v.  pongansi  i 
primi  della  2^  colonna:  Angel  dime  fino:  ^  el  hombre  se  espanta  —  13:  Prin- 
zipe  de  la  Paz  —    ig:  de  los  coros  —    26:  a  gozarte  —    30:  Deste  crisol,  y 
limpio    —    32:    Que   me  abrasas   de   amor!     Si  ya   llegase    De  ver  ...  El 
dia  ...  —  35  :  Que  un  punto  —  4 1  :  hombre  misero  desea  —  42  :  Ay  v.  hJ, 
Perdí  perdí  —   44:  Qui  comincia  la  strofa:    Por  una  ....  Que  a,  e,  cuando 
era  nada  ecc.  —    51  :    De  que   esta  pena   zese   etern,  —    2.  I  :  soltanto:  cu' 
brese   —    24:   crisol,  fénix  h.  —    37:   Audiencia   agora,  y   mira   antes  que 
mueras  —  46:    Yo  relator  —  49:  Pues  manca  —  p.  II.  1.4:  dopo  aggiungi: 
Que   niño    reuen   nacido   Comenzaste   a    verter  sangre.    Que  huíste  a  E,  — 
10:    Hasta   que,  como   el  lo   sabe.    Comenzaste  a  predicar,    Y  hacer  divinas 
señales.     Hócesele  cargo  mas  Sobre  aquesto     Christo:    que  repares  En  las 
penas   será   bien.     Demonio:    O  señor,   que  fueron   tales.    Que  si  yo  fuera 
ecc.  —    33:    Hijo  mucho  os  lo    —    45:    Pues  es  tu  yugo  suave    —    49:   Los 
Desengaños  le  traen  —    2.3:  Dulce  Hijo  —    \y.  Si  Señora,     Maria:  pues 
advierte    Que   la  palabra   as   de  darme   De  no  ofenderle  j'amas.     Hombre: 
Si,  doy.     M»:  Hij'o  perdonaide  ecc.  —   24:  Para  que  escribo   —   48:  Sueño 
acaso?  Estoy  despierto?  —  51  :  Muerto  estabas,  vtíelve  —  p.  12.  I.  i:  No  vas 
tu  con  el  también  ?  —  49  :  A  suave  yugo  obligo,  A  lo  que  puede  conmigo  — 
2.  12:  Pues  en  llegando  a  saber    Con  quantas  fuerzas  mi  amor   Me  puso  en 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA,  1 1 5 

quest'  auto  ia  forse  conosciuto  dai  vecchi  catalogisti  (Medel?  Huerta?)  perché 
il  Barrera  cita  un  anonimo  Desengaños  del  Mundo,  È  poi  osservabile  la 
trascuratezza  con  cui  i  vecchi  manoscritti  enumerano  i  personaggi;  nel  testo 
del  M.  si  indica  la  Castidad  che  poi  non  compare,  mentre  non  si  notano 
Cuidado,  Gula,  Envidia,  Soberbia  che  vi  han  parte.  Il  parmense  li  nota, 
ma  cita  la  Justùia  che  poi  non  e'  entra;  e  nessuno  dei  due  indica  la  Lascivia 
che  in  realtà  vi  figura.  Il  ms.  parmense  appartenne  al  Licenciado  F,  Rojas 
che  corresse  una  parola  in  principio,  e  appose  in  fine  di  suo  pugno  la 
parola  :  fin.  — 

Per  r  auto  del  Tuson  del  rey  del  cielo  di  cui  la  copia  è  del  1623,  sarà 
bene  correggere  il  Catàlogo  del  Barrera,  che  la  dice  del  1621  (pag.  457).  — 
Dell' a»/^:  Venta  de  la  zarzuela  dobbiamo  la  copia,  del  1615,  alla  casa  di 
Alonso  Carrillo  (v.  p.  xii)  ;  probabilmente  è  quel  Carrillo  commediante  che 
figura  in  questo  stesso  volume  (a  p.  311)  in  una  lista  di  comici  del  1610. 

Dell'  auto  che  segue,  Los  hijos  de  Maria  del  Rosario,  non  ricordò  il  M. 
un  antico  manoscritto  già  da  me  segnalato  (LVC.  p.  26).  Seguono  in  questo 
ms.  parmense  al  titolo  le  parole:  para  Matias  Martinez,  il  che  indica  che 
questa  copia  era  fatta  per  il  libraio  Martinez,  dal  quale  provengono  altri  mano- 
scritti parmensi  (DA.  ni  758,  831).  Ciò  non  ostante,  questa  copia  è  ben  cattiva, 
e  per  di  più  T  originale  donde  deriva  doveva  essere  quasi  identico  a  quello 
edito  dal  Menendez.  Sicché  io  reputo  inutile  riferire  una  lunga  serie  di  sviste, 
di  errori  evidenti,  o  di  insignificanti  mutazioni.  Ma  anche  il  testo  del  M.  é 
qua  e  là  scorretto  o  incompleto;  mi  limito  dunque  a  riferire  in  nota  i  luoghi 
pei  quali  il  ms.  parmense  o  corregge,  o  completa,  o  dà  varianti  che  posson 
meritare  d'  esser  discusse  anche  se  non  necessarie.^ 


tanto  rigor,  A  quien  no  puede  mover?  —  p.  13.  I.  4:  A  ejercitar  —  li:  cwil 
me  kan  parado/  —   36:  Llévale,  lávale  y  viste  —  ^g:  de  lagrimas  lavados 

—  2.  9:  Besaré  tus  —  39:  questo  v.  Haced  cuanta  ecc.  lo  dice  El  Malo  — 
46:  Al  trono  de  zafir  del  Jeova  eterno  —  50:  non  Ambición  ma  Envidia 

—  51:  fama  y  nombre  dura  —  57:  Para  que  no  os  conozca  —  p.  14.  i.  3: 
en  ese  bien  rep,  —  8:  esclavo  de  Dios  —  II :  non  Ambición  ma  Envidia 

—  12:  no  lo  digáis  —  31:  Que  parezieron  —  49:  Señores,  ropa  y  hac,  — 
2.  52:  soltanto:  Descúbrese  un  altar  con  rosas  y  el  Calti  en  medio  — 
p.  15.  I.  12:  En  las  sendas  —  20:  Y  paz  (anche  nei  due  identici  passi  più 
oltre). 

*  A  pag.  65. 2. 6:  La  segunda  Eva  sagr,  —  13:  Quiere  hacer  — 
p.  66.  I .  I  :  lo  merezemos  —  29  :  Pondré  . . .  Palmos,  tutto  interrogativo  — 
45:  .Sí  que  Dios  ...  à  los  sabios  leia,  lo  dice  S.  Pedro  e  risponde  Custo- 
dio: Ha  de  ecc.  —  2.9:  interrogativo,  poi  S.Pedro:  Sea  asi!  Entendido 
pues  ecc.  —  p»  67.  1.4:  La  hutnana  levantada  —  42:  sus  grandezas  — 
44:  intento  estas  proezas  —  2.  21  c  32:  non  S.  Pedro  ma  Dios  Padre  — 
p.  68.  I.  19:  Cuando  haya  de  leerse.  Os  —  24:  hombre,  y  si  —  2.  29:  non 
S.  Pedro  ma  Cristo  —  p.  69.  i.  24:  Mundi  capite  2  §  8  ^/  nono  et  decimo 
quinto  et  decimo  sexto  et  per  totum  caput,  et  e,  3  per  totum  —  35  :  Lege 
genesis  e.  3  dicta.  Liege"]  Eclesiasticum  e.  25.  30.  33.  L,  ad  Cor,  12  — 
46:  Joannes  Matheus  et  Lucas  en  (sic)  Evangeliis  lege,  et  Verbum  ecc.  — 
2.  21  :  exceptator  —  p.  70.  2.  44:  Soberana  Virgen  —  p.  71.  I.  13:  non  Frigia 
ma  Asia  —  22:  iglesias  d£  Asia  —  2.8:  Y  si  huviere  —  p.  72.  I.  15:  de 
que  doy  fé  —  2.  9:  Con  tan  grande  desc.  —  p.  73.  I,  5:  que  se  an  presen- 
tados —  57;  Pues  de  Christo  la  persona  Cual  veis  retratando  estoy;  Pues 
que  con  ecc.  —  p.  75.  I.  II :  parla  Maria:  Yo  para  mayor  ....  perdono  — 
In  fine  cfr.  alcune  correzioni  del  Rojas  in  LVC.  loc,  cit,  — 

8» 


Il6  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

Del  seguente  auto:  Triunfo  de  la  Iglesia,  dice  il  M.  (p. XV)  che  La 
Barrera  le  menciona  con  el  titulo  inexacto  de  £1  hijo  de  la  Iglesia,  pero 
con  el  suyo  verdadero  está  en  los  Catálogos  de  Medel  y  Huerta,  Questo  è 
un  curioso  lapsus  memoriae,  perché  i  due  autos  {Triunfo  de  la  Iglesia  e  Hijo 
de  la  Iglesia)  sono  ben  diversi  T  un  dall'  altro,  e  il  Barrera  li  dbtingue  netta- 
mente {Catál.  p.  457.  I  a  e  458.  2»  e  nell'  Indice  p.  596  e  600)  attribuendoli, 
com'  è  giusto,  a  Lope;  come  li  ha  distinti  il  M.  stesso  che  ne  ha  pubblicato 
uno  nel  2^  volume  (p.  529)  e  1*  altro  in  questo! 

Anche  un  altro  appunto  al  Barrera  è  inesatto;  àtW  auto:  La  Araucana 
dice  'Ú  "hlL  no  mencionado  por  La  Barrera  (p.  xvi)  ;  1'  auto  è  invece  citato 
mtM*  Indice  (p.  593)  ma  come  anonimo;  ciò  potrebbe  iai  suppore  che  sia  stato 
edito  in  qualche  suelta,  perché  i  vecchi  catalogisti,  checché  essi  dicano,  si 
basano  essenzialmente  sulle  produzioni  a  stampa. 

Nulla  posso  dire  su  gli  Autos  che  seguono.  Per  la  Loa  sacramental  de 
los  Titulos  de  Comedias,  alle  sei  edizioni  citate  dal  M.  è  da  aggiungere 
quella  da  me  notata  in  DA.  n^.  211.  È  una  suelta,  pessima  al  solito,  senza 
indicazioni,  ma  che  mi  pare  di  Madrid,  delle  più  antiche  di  Antonio  Sanz. 
Inutile  citarne  le  due  o  tre  varianti,  errori  manifesti.  Infine  il  M.  ricorda 
(p.  XIX)  quattro  autos  di  Lope  (o  per  Io  meno  attribuiti  a  lui),  citati  da  Medel 
e  Huerta,  che  li  videro  forse  manoscritti,  dei  quali  non  s'  ha  nessuna  notizia. 
Uno  di  questi ,  il  secondo,  Concepción  de  Nuestra  Señora,  credo  d'  averlo 
ritrovato  io  in  una  vecchia  suelta,  come  si  vedrà  poco  più  innanzi. 

Con  la  seconda  metà  del  volume  HI  incomincia  la  pubblicazione  delle 
Commedie  di  Lope,  e  precedono  quelle  tratte  da  argomenti  ìfibUci,  che 
sono  12  in  tutto. 

La  prima  è  La  Creación  del  mundo  y  primera  culpa  del  hombre,  della 
quale  abbiamo  a  Parma  due  sueltas.  Una,  senza  indicazioni,  non  numerata 
(fogli  A — D4)  che  mi  pare  im' antica  Madrileña  o  Siviglìana;  l'altra  è  di 
Antonio  Sanz,  Madrid  1744  (fogli  A — C  4).  Quest'ultima  pare  della  stessa 
famiglia  dell'  edizione  di  Amsterdam  1726  vista  dal  M.;  ha  la  stessa  disposi- 
zione dei  personaggi,  e  il  caratteristico  errore  Campañas  (a  p.  192);  contiene 
però  gli  ultimi  versi  della  2^  j ornada.  La  i^  ha  più  valore  e  non  credo  sia 
stata  vista  dal  Menendez.^  H  suo  testo,  non  tenendo  conto  degli  svarioni  di 
stampa  inevitabili  in  ogni  suelta,  è  identico  a  quello  del  M.  Soltanto  mi 
pare  buona  la  variante  a  p.  181.  2.  li:  Indutele  que  coma  y  no  repare;  ed  è 
necessario  accettare  a  p.  182.  1.24;  La  ocasión,  el  gusto,  y  apetito  perché 
nel  testo  del  M.  la  strofe  è  errata.  La  strofe  che  segue  (versi  28 — 33)  è 
pure  errata,  e  nelle  2  sueltas  parmensi  anche  peggio;  ma  il  confronto  dei 
testi  dà  sicura  la  correzione: 

Eva:         Tan  poco  te  he  obligado 

Esposo  mio? 
Ad.:  Temo  la  muerte  tuya, 

Eva:  Poco  amor  me  has  mostrado,  ecc.* 


^  Egli  dice  (p.  177  nota)  che  tutte  le  edizioni  da  lui  viste  hanno  Tubai 
e  non  Jubal-,  questa  antica  suelta  ha  correttamente  Jubal, 

'  A  p.  189  in  nota,  è  detto:  Dos  versos  sueltos.  Doveva  dire:  Falta 
un  verso  (-ado). 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  1 17 

Questa  antica  suelta  finisce  con  una  Loa  sacramental  a  2  personaggi,  di 
carattere  sacro,  che  comincia: 

En  el  instante  primero 

que  crió  el  Augusto  Cesar 

los  cortesanos  alados 

a  quien  dañó  la  sobervia,  . . . 

e  mostra  d'  esser  fatta  per  Siviglia,  perchè  contiene  sul  fine  questi  versi: 

La  Imperiai  Sevilla,  triunfo 
de  quantos  timbres  celebra 
el  Polo  que  arde  en  aromas 
y  el  Polo  que  armiños  yela, 
con  celebres  aparatos 
sus  afectos  manifiesta, 
costumbre  en  quien  dio  librança 
lo  amable  de  su  fineza. 
Con  este  carro  os  servimos 
de  la  mas  casta  açusena 
que  el  valle  de  perico 
produxo  por  dicha  nuestra,  ecc. 

La  commedia  che  segue,  El  Robo  de  Dina,  è  data  secondo  1'  unica  edizione 
di  Madrid  1638  (Parte  veinte  y  tres),  di  cui  e'  è  a  Parma  un  beli'  esemplare 
(cf.  LVC.  p.  io),  n  M.  a  pag.  214.  i.  51  ha  un  verso  di  Zelfa:  Si;  mas  del 
cielo  alcana,  e  in  nota  osserva  giustamente  :  falta  la  asonancia,  JJ  esemplare 
parmense  ha  invece  correttamente:  Si,  pero  del  cielo  alcança.  Come  ciò  si 
spieghi,  in  due  esemplari  della  stessa  e  unica  edizione,  io  non  saprei;  che 
abbian  corretto  l'errore  a  metà  tiratura?;  non  può  esserci  altra  spiegazione. 

Per  la  commedia  che  segue.  Trabajos  de  Jacob:  Símenos  hay  que  verdad 
son  (che  fu  erroneamente  data  a  Calderón  in  alcune  sueltas,  cf.  LVC.  p.  15) 
noterò  che  il  vero  auto  di  Calderón,  con  questo  stesso  titolo  Sueños  ay  ecc. 
è  nel  voi.  3<^  della  collezione  calderoniana,  (cf.  Barrera,  Catálogo  p.  57*2».), 
ed  ha  lo  stesso  argomento  della  commedia  di  Lope.  Invece  un  altro  auto 
falsamente  attribuito  a  Calderón,  che  porta  lo  stesso  titolo,  tratta  non  di  Giu- 
seppe vice -Faraone  d'  Egitto,  ma  di  Giuseppe  sposo  di  Maria  (v.  DA.  n®.  822). 

La  commedia  La  Madre  de  la  Mejor  è  qui  data  secondo  il  testo  della 
Parte  Dédmaséptima  Madrid  1622.  Ma  è  da  notare  che  di  questa  parte  ce 
ne  furono  due  tirature  nel  1621,  una  por  la  Viuda  de  Alonso  Martin  e  una 
por  Fernando  Correa  de  Montenegro;  nell'  anno  appresso,  1622,  ancora  altre 
due:  una  ancora  por  la  viuda  de  Alonso  Martin  e  1'  altra  por  la  viuda  de 
Fernando  Correa  (cf.  Barrera,  Catdl.  p.  445,  e  NB.  p.  364).  Quale  di  queste  due 
ultime  abbia  usato  il  M.  non  so,  e  avrebbe  fatto  bene  a  dirlo.  Certo  tra  queste 
varie  tirature  qualche  Ingiera  differenza  ci  deve  essere;  a  Parma  (nel  voi.  16  della 
collezione  LVC.)  e'  è  questa  commedia,  e  dì  sicuro  strappata  da  un  qualsiasi 
esemplare  della  Parte  XVII,^    Ora  tra  la  stampa  del  Menendez  e  questa  par- 


*  Infatti  questi  fogli  son  numerati  da  fol.  237  a  fol.  260,  e  nel  retro  del 
foL  260  e  nel  261  (ultimo  che  qui  rimane)  e'  è  la  lettera  dedicatoria  (a  Juan 
Pablo  Bonet)  del  Jorge  toledano,  che  nella  Parte  17».  vien  realmente  dopo  la 
Madre  de  la  Mejor, 


Il8  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

mense  ho  notato  alcune  leggiere  differenze.  Nel  testo  del  M.  alla  lista  dei  per- 
sonaggi, dopo  I sacar  sacerdote  manca  Ruben  escriba,  e  qui  la  parmense  ha 
ragione  perché  Ruben  figura  nella  commedia,  (entra  a  pag.  355)  ed  ha  più 
d'una  scena  (v.  p.  361).  Nella  stessa  lista  dei  personaggi,  il  M.  ha  Dos  judíos 
e  nella  entrata  di  costoro  (pag.  367)  Sale  un  rey  judio  e  cosi  sempre  per  tutte 
le  indicazioni  della  scena;  la  parmense  ha  Dos  Indios,  Sale  un  rey  Indio,  e  via 
di  seguito  ;  ed  ha  ragione,  perché,  naturalmente,  tutti  i  personaggi  della  com- 
media sono  judíos,  mentre  qui  si  tratta  di  festeggiamenti  di  stranieri  alla 
nascita  di  Maria,  e  infatti  dopo  gli  Indios  vengono  i  Negros  e  poi  i  Gitanos^ 
Ancora,  a  p.  356.  1.31,  io  leggo:  Por  qué  no  hablaste  à  Joaquin?,  il  testo 
del  M.  è  a  controsenso.'  E  a  pag.  373.  i.  50  una  brutta  disposizione  tipo- 
grafica della  antica  stampa  trasse  in  errore  il  M.  ma  il  testo  è: 

Min.     Cantan? 

Drag.  Si, 

Min.  Quien  siempre  llora 

Canta? 
Drag.  Querrá  que  lloremos! 

Questa  commedia,  La  Madre  de  la  Mejor,  osservò  per  primo  il  Chorley 
che  fu  ristampata  nella  Parte  260  extravagante,  Zaragoza  1645,  e  in  sueltas 
antiche,  col  titolo  El  nacimiento  del  alba  ;  e  dice  il  dotto  inglese  che  in  questa 
ristampa  las  jornadas  l<*  y  2^^  son  las  mismas,  omitidas  algunas  personas  y 
escenas.  La  3«  es  del  todo  diferente,  y  está  muy  bien  escrita.  La  notizia 
passò  al  Barrera  (NB.  p.  364  in  nota,  e  p.  453)  e  dal  Barrera,  quasi  con  le  stesse 
parole,  al  Menendez  (p.  Lxvi),  e  forse  senza  che  né  1*  uno  né  V  altro  si  curas- 
sero di  controllare  minutamente  V  asserzione  del  Chorley.  Di  questo  Nacimiento 
del  Alba  ho  sott*  occhio  un'  antica  suelta,  senza  indicazioni  né  numerazione, 
fogliata  A — D  4,  e  che  io  giudico  madrileña.'  Le  due  prime  giornate  sono  in- 
fatti le  stesse  della  Madre  de  la  Mejor,  ma  conciate  in  modo  orribile;  oltre 
omettere  scene  e  persone,  questi  editori  di  sueltas,  veri  briganti  di  tipografia, 
saltano  indicazioni,  guastano  i  versi,  e  perfino  per  dar  bell'aspetto  all'im- 
paginatura troncano  a  metà  sestine  e  ottave.  Venuto  alla  3»  giornata,  mi  accorsi 
subito  che  essa  non  ha  nulla  a  che  fare  con  la  Madre  de  la  Mejor  o  Noci- 
mùnto  del  alba.  La  commedia  di  Lope  verte  infatti  tutta  sulla  vita  domestica 
di  S.Gioachino  e  di  S.  Anna  (madre  de  la  mejor) \  la  quale  pareva  sterile,  ma 
è  narrato  poi  il  miracoloso  concepimento  di  lei,  e  la  nascita,  infine,  di  Maria 
{Alba  perché  generatrice  del  vero  Sole,  cioè  Cristo:  una  metafora  che  rioorre 
in  centinaia  di  autos).  Nel  3<^  atto  Maria  bambina  è  consacrata  al  tempio;  ì 
due  vecchi  suoi  genitori  tornano  a  casa  con  Giuseppe,  giovinetto  ancora,  che 
in  un  sogno  ha  una  rapida  visione  dei  ñiturí  destini.  Cosi  ha  il  suo  logico 
fine  la  commedia  su  S<^,  Anna  e  il  nascimento  di  Maria. 


^  Un  ballo  di  Indios  quasi  nella  stessa  circostanza  e  che  ricorda  assai 
questo,  è  nella  Limpieza  no  manchada.  Vol.  V  423. 

*  Un  errore  invece  dell'esemplare  parmense  è  a  p.  366. 2.  58:  Sahfe 
radix  sanata.  Ex  ecc. 

>  È  nella  collezione  LVC.  tomo  XXI  —  Barrera  (Catdl,  p.  566)  registra 
un'  anonima:  Nacimiento  del  Alba  para  que  naciese  el  Sol  che  dev'  essere,  in 
qualche  altra  suelta,  un  titolo  più  completo  di  questa  stessa  commedia.  Cfir.  gli 
ultimi  versi  della  3»  giornata  qui  a  pag.  121. 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  I  IQ 

Invece,  nella  3»  giornata  della  suelta,  si  sa  dai  primi  versi  detti  da  due 
pastori  che  S^.  Anna  e  S.  Gioachino  son  già  morti  da  molto  tempo,  e  che 
Maria,  dalla  cui  nascita  son  già  passati  più  di  14  anni,  è  già  sposa  del  cugino 
suo  Giuseppe.^  Entra  questi  pieno  di  tristezza  e  di  amari  dubbi  perchè  Maria 
è  incinta  mentre  entrambi  avevan  fatto  voto  di  castità;  appare  un  angelo  e 
gli  racconta  V  alto  mistero  della  incarnazione,  e  Giuseppe  ritorna  lieto  alla 
sua  Vergine  sposa.  Muta  la  scena:  in  una  notte  profonda  e  nevosa  sono 
riuniti  pastori  e  pastore  nella  capanna  di  Bato,  cuociono  cibi  rusticali,  e  par- 
lano dei  loro  defunti  padroni  Gioachino  e  Anna,  della  infanzia  di  Maria, 
dell'  imminente  parto  della  giovine  sposa.  Improvvisa  suona  una  musica 
celeste,  gli  Angeli  avvertono  che  è  nato  Cristo,  e  i  pastori  si  recano  con 
doni  alla  capanna  di  Betlemme,  mentre  la  terra  fiorisce  come  per  novella 
primavera.     Coli'  adorazione  dei  pastori  si  chiude  V  auto. 

Questo  è  infatti  un  vero  e  proprio  auto  al  Nacimiento,  il  cui  tema  è  la 
concezione  e  nascita  di  Cristo,  appiccicato  a  due  atti  di  commedia  coi  quali 
non  ha  alcuna  relazione.  Queste  sono  scene  obligatorie,  rituali,  direi  quasi, 
degli  autos  al  Nacimiento  e  son  qui  svolte  da  tal  poeta  che  io,  senza  esitazione, 
direi  essere  Lope.  Valga  un  brano  della  scena  notturna  fra  i  pastori  nella 
capanna  di  Bato: 

Floro:      Como  va  a  los  dos  parientes, 
que  aar  a  un  año  se  casaron? 
Raquela:    Un  año  no,  nueve  meses, 
si  por  Joseph  y  Maria 
lo  deus. 
Bato:  Los  dos  merezen 

llatnarse  los  Querubines, 
que  están  uno  de  otro  enfrente 
en  los  estremos  del  arca 
que  de  oro  puro  guarnecen. 
Eliud:       Yo  vi  nacer  a  Maria. 
Raq.  Y  yo  mas  de  quatro  meses 

la  tuve  en  aquestos  bracos, 
y  por  los  roxos  claveles 
le  di  sopas  abadas  (sic). 
Flo.  Era  muy  linda? 

Bato:  Detente 

que  te  la  quiero  pintar, 
si  bien  con  toscos  pinceles. 

O  que  placer  recibí 
de  meceüa  una  maña\ncL\\ 
nuessama  y  su  madre  Ana 
no  estava  entonces  allí. 

Senti  que  estava  Maria 
despierta,  entré  y  en  la  cuna 
gorgeando  hallé  a  la  luna 


*  D  tempo  era  fissato   da  Lope  p.  366.  1.51  e  seg.,   e  gli  aggiustatori  se 
ne  sono  ricordati. 


I20  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

conto  las  aves  al  dia. 

No  has  visto  al  amanecer 
una  calandria  suave  F 
pues  tal  estava  aquel  Ave, 
que  era  escucharla  placer: 

que  aunque  no  eran  mas  de  dos 
sus  años,  lo  que  desia 
la  Santissima  Maria 
eran  grandezas  de  Dios, 

Quitéle  a  la  hermosa  cara 
una  toca,  y  vi,  ...  que  vi? 
no  el  Sol,  porqué  el  Sol  allí 
sus  rayos  corrido  para! 

No  has  visto  abrirse  una  rosa 
con  el  aljófar,  y  perlas 
del  alva,  quando  a  cogerlas 
viene  la  aveja  amorosa? 

No  has  visto  en  cedros  enanos 
blanco  azar,  ò  por  la  puerta         (azahar) 
de  roxa  granada  abierta, 
assomandose  los  granos? 

No  has  visto  una  fuentecilla 
en  un  prado  con  sonoro 
ruido,  entre  arenas  de  oro 
bullir,  y  bañar  la  orilla? 

No  has  visto  lirios,  que  están 
como  si  cortara  el  cielo 
sus  hojas  de  terciopelo, 
de  raso  y  de  tafetán? 

Que  por  donde  està  peloso 
es  terciopelo,  y  lo  liso 
raso,  y  que  el  reverso  quiso 
hazer  tafetán  lustroso? 

No  has  visto  la  guarnición 
de  la  cadenilla  de  oro, 
que  le  da  tanto  decoro 
hermosura,  y  perfección? 

No  has  visto  blanca  açucena, 

y  cinamomo  Jlorido? 

No  has  visto  . .  . 
Raq.  Tu  vas  perdido! 

Bato:        Pues  piérdame  en  hora  buena, 

que  no  hallar  comparación 

para  pintar  a  Maria, 

antes  es  ganancia  mia 

y  engrandecer  mi  afición. 

Or  dunque  tra  gli  autos  di  Lope  creduti  smarriti,   non  può  non  venir  subito 
alla  mente   che   questo   sia  La   Concepción  de  Nuestra  Señora,     Questa  ere- 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  1 2 1 

denza,  fondata  sull'  esame  dei  caratteri  interni  dell'  auto,  diventa  certezza  per 
una  circostanza  esteriore  ma  che  ha  un  valore  fortissimo,  chi  ricordi  V  abitu- 
dine costante  dei  dramaturgi  spagnoli  dì  enunciare  negli  ultimi  versi  il  titolo 
della  produzione.    £  appunto  questa  sedicente  y^  jornada  finisce  cosi: 

Ruben:        O  principe  de  la  Paz! 
Floro:  O  Angel  del  gran  Consejo! 

Raquel  a:    No  hablas  Bato  F 
Bato:  No  sé, 

que  donde  enmudece  el  délo, 

como  ha  de  hablar  un  villano  F 
Raq.  Dile  siquiera  un  requiebro. 

Bato:        Niño,  niño,  niño,  niño, 
Raq.  No  le  dites  masF 

Bato:  No  acierto, 

aunque  en  llamar  hombre  a  Dios 

cifro  quanto  sabe  el  cielo. 

Recibid  de  nuestro  monte, 

no  los  regalos,  el  zelo; 

que  quien  coraçones  pide 

no  desechará  los  nuestros. 

Como  Divino  Gigante 

la  carrera  que  aveis  hecho 

vino  a  parar  en  ser  Niño  F 
Raq.  Que  soberanos  pucheros 

está  haziendo  con  el  frió  ! 

Virgen  allegadle  al  pecho, 

Y  nosotros,  que  no  es  justo 

que  le  impidamos  el  sueño, 

volvamos  a  nuestro  monte 

porque  tenga  fin,  volviendo, 

la  Concepción  de  Maria 

para  que  nadesse  el   Verbo, 

Non  mi  par  possibile  il  dubbio;  i  collettori  della  Parte  26<>  extravagante, 
che  ebbero  un  cosi  cattivo  originale  delle  2  prime  giornate,  o  non  avevano, 
o  era  troppo  malconcio,  il  testo  della  terza:  e  si  son  tratti  d' impiccio  con 
un  testo  di  Lope  che  o  bene  o  male  pareva  seguitare  1'  argomento  principale. 
Ma  nel  farlo  passare  da  auto  per  sé  stante,  a  30  giornata  di  commedia,  io 
credo  che  al  solito,  purtroppo,  ne  abbian  fatte  delle  loro.  Forse  mutati  i 
nomi  e  aggiustati  i  primi  versi  perché  meglio  convenissero  ai  due  atti  pre- 
cedenti; e  fin  qui  pazienza.  Ma  devono  aver  tagliato  parecchie  scene  verso 
il  mezzo;  il  passaggio  repentino  dalla  rivelazione  a  Giuseppe  del  divino  con- 
cepimento di  Maria,  alla  notte  del  parto  e  dell'  adorazion  dei  pastori  é 
illogico  e  impreparato;  mancano  almeno  due  scene  che  in  tutti  gli  autos  al 
Nacimiento  sono  o  toccate  in  breve,  o  talora  amplissimamente  svolte.  L'  una 
é  r  enunciazione  dell'  Editto  imperiale  del  censo  di  Palestina,  che  obbligò 
Giuseppe  e  Maria  a  recarsi  da  Nazareth  a  Betleem  ;  V  altra  è  V  arrivo  in  Betleem 
dei    due   stanchi  viandanti,    e  la  scena  pietosa   di  Giuseppe  che  dolente  per 


122  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

Mana,  sorpresa  dal  parto,  cerca  invano  in  varie  case  di  Betìeem  un  asilo, 
ed  è  costretto  a  ricoverarsi  in  un  portico  di  stalla.^  £  diffatti,  di  questa 
scena  tradizionale,  è  qui  rimasto  un  avanzo:  anche  qui  compare  un  mesonero 
(padrón  di  casa),  non  enunciato  nei  personaggi  della  commedia,  e  che  dice  in 
tutto  dieci  versi  scuciti,  che  neppur  si  capiscon  bene.  Entra  in  scena  quando 
già  Maria  è  ricoverata  nella  stalla,  e  dice  a  Giuseppe: 
Mesonero:   No  he  visto  rigor  igual! 

Que  nadie  posada  os  diesse  P 
Giuseppe   risponde  che   ormai   devono   per   forza   rimanere   li,   e  il  Mesonero 
dice  che  Betleem  è  piena  di  forestieri  e 

mientras  esta  gente  passa 

no  OS  puedo  dar  aposento, 
e  se  ne  va  !    È  una  cosa  illogica  e  fuor  di  posto  ;  la  vera  scena  è  stata  tagliata 
in   maniera   da  lasciarne   un  resto   inintelligibile.     Ad  ogni  modo,    se  non  si 
trova  un  testo  migliore,  io  credo  che  questa  y^  jornada  debba  riporsi  talquale 
come  sta,  e  senza  esitazione,  tra  gli  autos  di  Lope.* 

La  commedia  che  segue,  El  nacimiento  de  Cristo,  è  tolta  dalla  Parte  24 
perfeta,  U  esemplare  parmense  (LVC.  tomo  V),  là  dove  il  M.  nota  un  verso 
errato  (pag.  4CX)  n^.),  ha  correttamente  cosi: 

Lau.      Qué  es  aquesto? 
Ba.  Al  lobo,  presto, 

al  lobo! 
Pase.  Por  donde  va? 

ed  è  invece  errato,    anche  nel  M.,    il   verso   che   segue.    Forse  è  da  leggere: 
Por  donde  va  —  El  lobo?    Delia:  Ay  de  mi!  ecc. 

La  commedia  David  perseguido  è  qui  data  secondo  una  suelta  del 
Quìroga,  Madrid  1791;  io  ho  sott*  occhio  quella  di  Antonio  Sanz,  Madrid 
1745,  senza  numerazione,  fogliata  A — D  4.  Non  è  certo  più  corretta  dell'altra, 
ma  in  due  o  tre  passi  mi  pare  da  preferirsi.  A  pag.  488.  2.  42,  leggo:  Sirva 
a  tu  fama  de  espejo \  e  a  p.  507.  i.  dopo  il  v.  4  e'  è  punto  fermo,  indi: 

Por  haber  dejado  vivo 

Al  rey  de  Amalech,  metió 

En  tu  pecho,  d£  presidio 

Su  rabia  etc 
A  pag.  504.  1.42  ambedue  le  sueltas   errano:    la  rima   esige:    Llegar  seguro 
aunque  esté  Aquí  el  rey.     Una  rifusione  della  commedia  di  Lope  è  nei  Tra* 
bajos  de  David  del  Lozano. 


^  Cosi  nel  Sol  à  media  noche  del  Mira  de  Mescua,  nel  Mejores  pere- 
grinos  del  Rodríguez,  nel  Sol  à  media  noche  y  Estrellas  à  medio  dia  del 
Villegas,  nelP  anonimo  Rescate  de  el  Hombre  e  spesso  in  Lope  stesso:  V.  autos 
del  Nacimiento  de  Cristo,  II  452,  Tirano  castigado,  ib.  477,  commedia  del 
Nacimiento,  III  397,  e  certo  altrove.  Quanto  fosse  d'  obbligo  questa  scena 
lo  mostra  la  fìnta  rappresentazione  di  un  auto  neUa  commedia  Los  locos  por 
el  cielo,  IV  108. 

'  Se  quest'  auto  si  pubblicherà ,  1'  editore  tenga  presente  la  commedia 
Los  telos  de  San  Joseph  del  Monroy;  i  2  primi  atti  sembrano  essere  un  vero 
ampliamento  o  rifusione  di  questa  sedicente  y^  jornada\  il  3*^  atto  invece  passa 
all'  assunto  del  Niño  perdido,  cioè  la  sparizione  di  Gesù,  che  è  poi  trovato 
a  disputare  nel  Tempio. 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  1 23 

Di  due  commedie  dì  questo  volume  feci  io  la  copia  da  mss.  parmensi, 
e  avendole  riviste  ora,  non  ho  trovato  infedeltà  (  Vaso  de  Elección  >  —  Corona 
derribada^.  Di  una  terza,  El  Antecristo,  distratto  da  impellenti  cure,  affidai 
quasi  mezza  la  trascrizione  a  un  mio  bravo  discepolo.  Il  ms.  è  aspro,  e  par 
steso,  come  dice  il  M.,  da  un  imbecille;  sicché  i  tre  o  quattro  luoghi  che  il 
mio  alunno  non  lesse  bene,  non  rimediano  gran  fatto  al  pessimo  testo  della 
commedia.  Li  cito  qui  per  scrupolo  di  precisione:  p.  562. 2. 51:  Que  del 
Ganges  for  montes  despeñadas  De  flores  mira  amenas  {llenas  è  coir,  del  M.  ?)  ; 
p.  569.  2.  ultimo:  Con  pessadumbre  importunai  p.  573.  i.  IO:  El  sol  el  oro  que 
engendra;  ib.  32:  Y  la  luna  eclibsas;  ib.  nota  3^:  il  ms.  ha  cosi,  ma  correg- 
gerei: Senùramis  reyna  exipcia\  p>575.  2.  34:  Està  Valuin  (corr.  Baulin), 
Anche  debbo  avvertire  che  il  ms.  è  di  due  mani  differenti,  una  per  la  2»  gior- 
nata, r  altra  per  la  1^  e  3»,  e  questa  somiglia  tanto  alla  scrittura  del  Martínez 
de  Mora  che  la  direi  sua,  se  non  mi  ripugnasse  credere  che  una  tal  persona 
potesse,  per  quanto  avesse  fretta,  scrivere  coiü  scempiamente. 

(Fortsetzung  im  nächsten  Heft.) 

A.  Restori. 


Ouamerio,  Pier  Enea,  Pietro  Guglielmo  di  Lu  sema,  trovatore  italiano 
del  sec  XIII,  Genova  1896.  50  S.  8^.  (Estratto  dal  Giornale  della  Società 
di  letture  e  conversazioni  scientìfiche,  fascicolo  III,  1896.) 

Dieser  „primo  saggio  intomo  ai  trovatori  italiani  minori'*  enthält  eine 
mit  Anmerkungen  versehene  kritische  Ausgabe  der  fünf  von  G.  P.  de  L.  über- 
lieferten Gedichte  nach  allen  Hss.  Eine  prov.  Biographie  dieses  Troubadours 
ist  nicht  erhalten;  aus  G.'s  sorgfaltiger  Untersuchung  ergiebt  sich,  dafs  er  in 
der  ersten  Hälfte  des  13.  Jhdts.  lebte,  um  1226  am  Hofe  von  Azzo  VII.  von 
£ste,  um  1229  bei  Manfred  m.  von  Saluzzo  sich  aufhielt,  wenig  bemittelt 
und  vermutlich  von  geringer  Herkunft  war.  —  Da  es  sich  nur  um  wenige 
Lieder  handelt,  hat  G.  sämtliche  Varianten  angegeben  ;  so  finden  sich  2,  7  und 
34  zu  conoissema  die  Varianten  conoisensa,  conoisenza,  conoissensa,  conoichensa, 
2,  II  zu  taJen  —  talent,  i,  19  zu  quer  —  quier,  qier,  qer.  Das  scheint  mir 
ein  kaum  zu  billigendes  Verfahren,  denn  diese  Anhäufung  orthographischer 
Varianten  ist  nicht  nur  schwerlich  von  Nutzen,  sondern  erschwert  auch  das 
Erkennen  der  wichtigeren  Abweichungen. 

Zum  Texte  der  fünf  Gedichte  haben  Mussafia,  Rassegna  bibliogr.  della 
lett.  itaL  IV,  12  und  Paul  Meyer,  Romania  26,  96  und  154  wertvolle  Bemer- 
kungen gemacht.    Ein  paar  Kleinigkeiten  möchte  ich  mir  hinzuzufügen  erlauben. 

I,  4.  Car  hom  traba  lai  Qi  dinz  lo  cors  lo  corrai.  Ich  würde  lieber 
d*  im  schreiben.  —  Dafs  das  in  diesem  Liede  für  Luzema  bekundete  Inter- 
esse nicht  erklärlich  wäre,  wenn  man  nicht  L.  als  Heimat  des  Dichters  aner- 
kennt, wie  G.  S.  1 1  meint,  scheint  mir  doch  zu  viel  behauptet,  und  ebenso- 
wenig scheint  mir  das  Lied  zu  beweisen,  daEs  der  Troubadour  damals  die 
Dame  seines  Herzens  in  L.  hatte.    Ja,  mich  dünkt,  man  könnte  gerade  das 


^  Questo  dranmia  di  Lope  fu  seguito   molto  da  vicino  dal  Monroy,  nei 
suoi  Principes  de  la  Iglesia, 


124  BESPRECHUNGEN.     EMIL  LEVY, 

Gegenteil  aus  dem  Liede  entnehmen,  denn  wenn  die  Geliebte  in  Lnzema  ge- 
wesen wäre,  so  hätte  der  von  ihr  entfernte  Dichter  doch  wohl  sagen  müssen 
,,es  zieht  mich  nach  L.,  denn  dort  weilt  die,  die  mir  mein  Herz  geraubt  hat**; 
wenn  er  aber  sagt  „wer  nach  L.  geht,  lauft  Gefahr,  dais  ihm  dort  das  Herz 
geraubt  wird,  darum  werde  ich  hingehen,  denn  ich  habe  kein  Herz,  da  die 
Trefiflichste  es  mir  gestohlen  hat",  so  heifst  das  doch  in  anderen  Worten  „^t 
in  L.  lebende  Schöne  ist  mir  ungefährlich,  denn  ich  liebe  schon  eine  andere**. 

1,7.  In  der  in  der  Anmerkung  angeführten  Stelle:  Que  n^  escur  Say 
tan  c'a  la  fi  s*  aiur  M*  arma  lay  on  gaugz  s*  atura  soll  das  Verbom  an 
der  ersten  Stelle  „sia  sicura**,  an  der  zweiten  „risiede"  bedeuten«  Mir  ist 
se  aturar  in  der  Bedeutung  „esser  sicuro"  sonst  nicht  bekannt,  und  ich 
glaube,  es  liegt  kein  Grrund  vor,  hier  nicht  beide  Male  „sich  aufhalten,  weilen'* 
zu  übersetzen. 

n,  17.  Die  Form  dtu  als  i.Pers.  Sing,  statt  des  von  anderen  Hss.  ge- 
botenen dei  soll  nach  der  Anmerkung  eine  „anomalia  grammaticale  dovuta  al 
poeta  d' origine  non  provenzale"  sein.  Dafs  das  unmöglich  ist,  will  ich  nicht 
behaupten,  aber  wenn  die  richtige  Form  überliefert  ist,  darf  man  sie,  meine 
ich,  nicht  in  die  Varianten  verweisen. 

n,  24.  Zu  scienza  bemerkt  G.:  „trisillabo  pel  verso,  come  del  resto  in 
altri  esempi."     Es  giebt  m.W.  doch  gar  kein  zweisilbiges  scienza, 

II,  37.  Domna  sai  al  cor  plazenter.     Ich  würde  mit  CEjc  cors  lesen. 

III,  12.  E  si  desreia  Negus  vas  lei  ni  felneia  De  mon  bran  Saubra 
sis  tailla  ni  pleia.  Es  ist  Sabra  zu  ändern  und  mit  der  Hss.  (Studj  V,  525) 
nis  zu  lesen.  Vielleicht  ändert  man  auch  besser  sis  in  si\  in  der  Antworts- 
strophe (Studj  V,  526)  heifst  es:  Ben  sai  qe  vostres  branz  talla, 

ni,  13.  E  gell  mou  guerra  ni  lenza  Noi  cos  sei  â  an  en  Prœnza  D&mp^ 
neiar,    Korr.  quill, 

m,  9  Anm.  Für  die  Deutung  der  Stelle  aus  Gaue.  Faidit  vgl.  Suppl. 
Wb.  n,  166  s.v.  desrei, 

IV,  20 — 21.  Greu  er  gel  nous  deshondre  De  paraulas  ou  défais 
Schreibe  g*el  und  korr.  0, 

rV,  25.  Segen  gu*  e  l  poder  s  es.     Schreibe  quel, 

V,  I  ff.         Ai  vergena,  en  cui  ai  m*entendenza, 

E  ^  a  vos  platz  los  mieus  cars  precs  auzir, 

ya  mais  de  joi  entier  nom  cal  mar r ir; 

Car  vius  e  moríz  aurai  joi  ses  faillenza 

De  vos,  domna,  gue  das  joi  per  jasse, 
Rayn.,  der  Z.  2  und  3  im  Lex.  rom.  IV,  159  anführt,  übersetzt  „s'il  vous  platt 
ouïr  les  miennes  prières  chères,  jamais  de  joie  complète  il  ne  me  faut  cha- 
griner**. Ganz  anders  fafst  Guarnerio  die  Stelle  auf:  intendi  „non  temo  di 
sviarmi  da  gioia  perfetta**,  dove  nom  cai  vale  „non  mi  do  guardia**,  quindi 
„non  temo**.  Dafs  Guamerìo  mit  seiner  Auffassung  von- nom  cal  das  Ridit^ 
getroffen  hat,  glaube  ich  nicht  ;  sie  wird  auch  durch  den  Hinweis  auf  estar 
a  no  m*  en  cal  „sich  nicht  vorsehen ,  nicht  auf  der  Hut  sein**  nicht  gerecht- 
fertigt. Hat  nom  cal  die  gewöhnliche  Bedeutung  „ich  brauche  nicht",  lo 
kann  marrir  (oder  se  m,)  auch  nicht  „sviarsi"  bedeuten.  Da  das  Wort  in 
der  Bedeutung  „umherirren**  vorkommt:  e  regueri  Ihi  gue  lor  prestes  una 
petita  partida   de  Bretanha  per  habitar,  per  so  gue  no  lor  ccroengues  amar 


6UÂRNBRI0,   PIETRO  GUGLIELMO  DI  LUSERNA.  125 

fmarren  hnguamen  per  la  mar,  on  avio  estât  per  un  an  e  meh  Merv.  Irl. 
^3»  9f  so  könnte  man  vielleicht  an  unserer  Stelle  ,,suchend  umherirren"  über- 
setzen. Das  ist  aber  eine  blofse  Vermutung,  und  da  ich  keinen  anderen  genau 
entsprechenden  Beleg  („suchend  umherirren")  kenne,  so  schliefse  ich  mich 
in  der  Deutung  der  Stelle  Raynouard  an ,  nur  ist  cars  precs  „innige  Bitten" 
zu  übersetzen. 

V,  29  ff.       E  ge  s  non  V  er  tornatz  e  nonchalenza 

So  servùis;  vos  en  sovenra  be 

Lai  on  chascus  aura  paor  de  se. 

Aissi  lo  just\s'\  col  laires  V  estradiers. 

Can  si  fera  lo  jujamenz  derriers 

On  nuls  plaides  non  trobara  guirema, 
Z.  4  is\.  ju5i\s\  eine  Verschlimmbesserung;  die  handschriftliche  Ueberlieferung 
ist  zu  bewahren,  vgl.  Revue  des  Igs.  rom.  26,  117  zu  V.  58.  —  Zu  /'  estradiers 
beiist  es  in  der  Anmerkung:  1'  articolo  ha  qui  funzione  predicativa  „quello  da 
strada".  Wurde  in  diesem  Falle  nicht  der  Anschein  erweckt,  dafs  das  Ge- 
sagte  nur  von  dieser  Gattung  von  Dieben  zu  verstehen  sei,  und  wäre  daher 
nicht,  wenn  estradiers  überhaupt  Adjektiv  ist,  besser  der  Artikel  zu  tilgen? 
Ich  meine  aber,  dafs  mit  Rayn.  m,  224  estradiers  als  Substantiv  anzusehen 
und  dafs  mit  ihm  nach  laires  ein  Komma  zu  setzen  ist.  Estradiers  ist  hier 
y, Wegelagerer,  Straisenrauber",  ebenso  wie  im  zweiten  Beleg  bei  Rayn.,  Cour 
d'am.  1056  (Revue  d.  Igs.  rom.  20,  217):  Car  tost  passon  li  mercadier  Lo  pas 
»m  toma\n\  (Chabaneau  korr.  torno)  U  stradier ;  E  qan  son  en  via  segura, 
lU  van  beliament  I*  amblaüra.  Rayn.  deutet  „coureur  de  grands  chemins, 
batteur  d'estrade*'.  —  In  der  fünften  Zeile  ist  statt  fera  mit  Hs.  D^  farà  zu 
lesen.  —  Z.  6  wird  S.  21  mit  „dove  nessun  lamento  troverà  ascolto"  übersetzt. 
Aber  plaides  heiCst  nicht  „Klage",  sondern,  so  viel  ich  sehe,  nur  „Streiter, 
Zänker**  oder  „Verteidiger,  Advokat**,  und  ob  trobara  guirenza  durch  „troverà 
ascolto**  wiedergegeben  werden  darf,  scheint  mir  auch  nicht  sicher.  Fafst 
man  plaides  =  „Zänker,  Streiter**,  so  scheint  sich  mir  kein  guter  Sinn  zu 
ergeben.  Ich  möchte  also  plaides  „Verteidiger,  Advokat**  deuten  und  vor- 
schlagen portara  statt  trobara  zu  ändern  vgl.  Deux  Mss.  XXXVII,  20: 
Humümens  Vos  prec  quem  siat»  guirens  E  quem  portetz  tal  guirensa 
Qt^ieu  an  lay  ses  defalensa  On  gaugz  non  es  defalhens.  Für  plaides  „Ver- 
teidiger, Advokat*'  vgl.  Rayn.  IV,  548  und  Chabaneau,  Deux  Mss.  Gloss. 
plages,  und  Pet  Thal.  Montp.  S.  25  Z.  5  v.u.:  El  senhor  .  . .  deu  enquerre, 
si  en  son  poder  sia  negun  plages  que  non  aia  a  neguna  de  las  part*  donat 
cosselh  (=  lat.  jurisconsultus). 

S.  8  Anm.  i.   Da  in   si  coil  cavallier  doctor   das   Substantiv   im  Plural 
stdit,  kann  damit  nicht  eine  bestimmte  Persönlichkeit  gemeint  sein. 

Emil  Levy. 


JBnfanoee  Vivien,  chanson  de  geste  publiée  par  Carl  Wahlund  et 
Hugo  von  Feilitzen,  précédée  d'une  thèse,  servant  d'introduction,  par 
Alfred  Nordfelt     Upsala  et  Paris  1895. 

Eine  schöne  Gabe  ist  dieser  sinnreich  ausgestattete,  mit  peinlicher  Sorg- 
falt and  liebevoller  Hingabe   besorgte  diplomatische  Abdruck  der  Enfances 


120  BESPRECHUNGEN.     PH.  AUG.  BECKER, 

Vivien  nach  sämtlichen  Handschriften.  Wie  kaum  ein  anderes  eignete  sich 
dieses  Epos  wegen  seiner  eigentümlichen  handschriftlichen  Gestaltung  for  diese 
Art  der  Veröffentlichung.  Schön  ist  es  aber  nicht,  dafs  die  Verleger  die  Ab- 
nehmer der  1886  erschienenen  ersten  Bogen  zwingen,  noch  einmal  das  ganze 
Werk  zu  kaufen. 

I.  Wie  die  meisten  Epen  der  Wilhelmgeste  sind  die  Enfances  Finnen 
nur  in  den  bekannten  zyklischen  Hss.  auf  uns  gekommen.  Den  Stammbaum 
dieser  Hss.  hat  Nordfeit  einwandfrei  abgeleitet.  Auf  Widerspruch  stieCs  nur 
seine  Vermutung,  der  Schreiber  oder  Redaktor  der  Boulogner  Hs.  habe  eine 
zweite,  zur  Gruppe  d  gehörige  Vorlage  benutzt.  In  der  That  scheint  es  be- 
fremdlich, dais  der  Schreiber  die  fremde  Vorlage  nur  an  drei  oder  vier  ganz 
unbedeutenden  Stellen  zu  Rate  gezogen  hätte,  während  er  die  eingelegten 
Episoden,  die  sie  mehr  bot,  unbeachtet  liefs.  Uebrigens  handelt  es  sich  nur 
um  kleine,  durch  Sinn  und  Reim  bedingte  Einschiebsel  oder  leicht  erklärliche 
Auslassungen,  nirgends  um  wörtliche  Entlehnungen;  die  einzige  ernste  Schwierig- 
keit läfst  sich  dadurch  beheben,  dafs  man  annimmt,  die  beiden  Varianten  des 
V.  148  seien  neben  einander  im  Urtext  gestanden,  wegen  ihrer  fast  gleichen 
Gestalt  hätten  aber  die  einzelnen  Abschreiber  bald  den  einen ,  bald  den  andern 
Vers  übersprungen.  Für  den  Schlufs  der  Rainoart-Epen  und  den  Anfang  des 
Moniage  Guillaume  ist  die  Boulogner  Hs.  zweifellos  aus  einer  zweiten  Vor- 
lage ergänzt  worden  ;  als  solche  diente  aber  nicht  die  fragliche  ¿/-Hs.,  sondern 
eine  mit  der  Arsenalhs.  verwandte. 

II.  Was  die  Textüberlieferung  betrifft,  so  stehen  sich  zwei  Fassungen 
gegenüber,  die  der  Boulogner  Hs,  und  die  durch  die  übrigen  vertretene  Vul- 
gata. Der  Abstand  zwischen  beiden  ist  ziemlich  beträchtlich,  so  dafs  eine 
kritische  Ausgabe  auf  fast  unüberwindliche  Hindernisse  stofsen  würde;  ja  es 
ist  sogar  schwer  zu  entscheiden,  wie  die  Originalfassung  des  Liedes  ge- 
staltet war. 

Leicht  auszuscheiden  sind  einzelne  Einschiebsel  der  Vulgata,  die  den  Zu- 
sammenhang sichtlich  unterbrechen,  nämlich  Tir.  XVIII — XIX,  XLI — XLII  ; 
wahrscheinlich  gehören  auch  die  Erweiterungen  von  Tir.  XLIX  —  LI,  LUI  — 
LIV,  LXXV — LXXX  zur  jüngeren  Schicht;*  eingefügt  sind  ferner  die  Auf- 
zählungen von  Verwandten  z.  B.  v.  277.  933.  2362,  und  einige  Kleinigkeiten 
mehr.  —  Die  Boulogner  Fassung  läfst  ihrerseits  das  Bestreben  durchblicken 
Undeutlichkeiten  zu  verbessern;  so  giebt  sie  v.  103  an,  wie  Garin  zu  seinem 
Boten  kommt;  so  mufs  v.  224  auch  Vivien  hören,  wie  es  seinem  Vater  geht; 
so  wird  v.  670  der  Handel  um  Vivien  vorgeführt;  so  versöhnt  sich  v.  691 
Mirados  mit  Gormont,  damit  dieser  später  als  sein  Rächer  auftreten  kann« 
Jüngere  Einlage  dürfte  auch  Tir.  LVIU  sein,  in  der  Garin  umständlich  von 
Anseune  hergeholt  wird ,  u.  dgl.  m. 

Wichtiger  für  die  Gestaltung  des  Epos  sind  die  Unterschiede,  die  Anfang 
und  Schlufs  des  Liedes  aufweisen. 

Nach  der  Vulgata  gerät  Garin  in  der  Roncevauxschlacht  in  sarazenische 
Gefangenschaft.    Nach   der   ausführlichen   Schilderung  des  Boulogner  Textes 


^  Irrtümlicherweise   sind  in   der  Ausgabe  die  Verse  der  Boulogner  Hs. 
zu  Tir.  LXXII  statt  zu  Tir.  LXXXI  gestellt  worden. 


WAHLÜND  ET  FEILITZEN,   LES  ENFANAES  VIVIEN.  llj 

abetiallt  ihn  der  Heidenkönig  Mirados  auf  der  Jagd  in  der  Nähe  von  Anseune 
«nd  inhrt  ihn  gefangen  nach  Spanien.  G.  Paris  l^e  die  Vermutung  nahe, 
die  Hs.,  aus  der  die  Vulgata  flofs,  sei  im  Anfang  unseres  Liedes  schadhaft, 
und  der  Redaktor  habe  die  eingerissene  Lücke  notdürftig  ergänzt.  Man  kann 
aber  auch  mit  Nordfeit  annehmen,  dafs  die  Vulgata  den  ursprünglichen  An- 
fai^  gewahrt  hat  ;  denn  es  hält  nicht  schwer  die  triftigen  Gründe  zu  erkennen, 
die  zu  dessen  Umdichtung  reizten.  Der  Sprung  von  Roncevaux  bis  zur  Regie- 
mng  Ludwigs  ist  gar  zu  grofs;  es  liegt  der  gröfste  Teil  der  Regierungszeit 
Karls  dazwischen,  welche  die  epische  Phantasie  eher  zu  verlängern  liebte;  es 
fallen  die  Ereignisse  und  Wirren  bei  Ludwigs  Krönung  hinein;  vorauszusetzen 
sind  auch  die  wichtigsten  Vorfalle  aus  Wilhelms  Leben.  Diesen  Thatsachen 
Rechnung  tragend,  lassen  die  jüngeren  Aimeri-Epen  den  Stammvater  der 
Geste  als  jungen  Mann  am  spanischen  Feldzug  teilnehmen.  Dafs  dies  mit  der 
Beteiligung  Garins  unverträglich  ist,  leuchtet  ein.  Dem  Dichter  der  Enfances 
können  wir  aber  angesichts  seiner  spärlichen  Erfindungsgabe  und  der  mangel- 
haften zeitlichen,  örtlichen  und  sagengeschichtlichen  Anschauung,  die  sein 
Gedicht  im  allgemeinen  bekundet,  die  Ungereimtheit,  die  in  der  Anknüpfung 
der  Erzählung  an  Roncevaux  liegt,  schon  zumuten.  Nur  wird  sich  dann  die 
Annahme,  dais  dieses  Lied  im  Anschlufs  an  die  Aimeri-Epen  entstand ,  schwer- 
lich halten  lassen. 

Anderer  Natur  sind  die  Abweichungen,  die  der  Schlufs  der  Erzählung 
in  beiden  Fassungen  aufweist.  Vivien  hat  mit  den  Kaufleuten,  mit  denen  er 
aasgezogen  ist,  Mirados  Hauptstadt  in  seinen  Besitz  gebracht,  wird  aber  von 
Gormont  darin  belagert  und  arg  bedrängt.  Mit  vieler  Mühe  ist  Ludwig  be- 
wogen worden,  zu  seiner  Befreiung  nach  Spanien  zu  ziehen.  Nach  der  Vul- 
gata versuchen  mm  die  Heiden  die  Pyrenäenpässe  zu  sperren,  bei  Roncevaux 
kommt  es  zu  einem  Kampfe,  dessen  Held  Bertrán  ist;  die  Einnahme  von 
Lniseme  ist  daraufhin  nur  ein  Kinderspiel.  In  der  Boulogner  Fassung  findet 
der  Entscheidungskampf  unter  den  Mauern  der  Stadt,  in  der  Vivien  einge- 
schlossen ist,  statt,  und  der  Held  des  Liedes  nimmt  einen  angemessenen  An- 
teü  daran.  Dafs  es  sich  bei  diesen  Kämpfen  nicht  um  zwei  verschiedene 
Episoden,  sondern  um  zwei  Varianten  einer  und  derselben  Erzählung  handelt, 
zeigt  die  Uebereinstimmung  beider  in  der  Verwundung  Bemarts,  die  z.  T.  mit 
fast  gleichen  Worten  berichtet  wird  (cf.  3734  ss.  3758  ss.  und  4373  ss.  4386  ss.). 
Mir  scheint  hier  die  Boulogner  Fassung  den  Vorzug  zu  verdienen,  indem  die 
Entsdieidimg,  die  den  AbschluCs  der  Handlung  bilden  soll,  schwer  auf  einem 
Nebenschauplatz  und  ohne  Beteiligung  des  Haupthelden  zu  denken  ist.  Ronce- 
▼anx  mag  den  Bearbeiter  zur  Verlegung  des  Kampfes  angereizt  haben. 

Eine  selbständige  Abänderung  nahm  der  Boulogner  Redaktor  hingegen 
vor,  indem  er  im  ganzen  Liede  Luiserne  durch  Maldrane  ersetzte.  Vermutlich 
hatte  er  einen  solchen  Begriff  von  Luisemes  geographischer  Lage,  den  er  mit 
Spanien  als  Schauplatz  der  Handlung  nicht  vereinbaren  konnte.  Der  Laut- 
form  nach  könnte  Luiserne  sehr  wohl  Luzern  sein. 

Die  geringere  oder  gröfsere  Freiheit,  die  sich  die  Redaktoren  der  beiden 
ani  uns  gekommenen  Fassungen  der  Enfances  durch  Einschaltung  von  Epi- 
soden, Umarbeitung  gewisser  Teile  u.dgl.  erlaubt  haben,  bilden  selbstredend 
kein  Präjudiz  in  der  Frage,  welche  von  beiden  den  Wortlaut  des  Urtextes  in 
den  nicht  abgeänderten  Teilen  am  reinsten  bewahrt  hat. 


128  BESPRECHUNGEN.     PH.  AUG.  BECKER, 

m.  In  seiner  Dissertation  über  die  Enfances  Vivien  hat  Nordfeit  die 
Frage  aufgeworfen,  ob  die  tiradenschliefsenden  Sechssilber  gewisser  Epen  ein 
Anzeichen  hohen  Alters  sind  oder  nicht,  und  hat  sie  im  negativen  Sinne  be- 
antwortet. Die  Frage  in  ihrer  Allgemeinheit  auf  sich  beruhen  lassend,  habe 
ich  (Zeitschr.  XVIII,  II2 — 122)  darzuthun  versucht,  daXis  innerhalb  der  durch 
Denkmäler  belegten  Entwickelungsgeschichte  der  französischen  Heldendichtong 
die  Einführung  der  Tirade  mit  Kurzzeilenschlufs,  vom  Moniage  Guillaume 
ausgehend,  sich  durch  die  Vivien-Epengruppe  verbreitet  und  im  Aimeri-Zyklus 
ihre  grö£ste  künstlerische  Blüte  erreicht  zu  haben  scheint  Schon  auiserhalb 
der  zyklischen  Hss.  büfste  Aliscans  diesen  Zierrat  wieder  ein,  Moniage  Gull' 
laume  verlor  ihn  bei  der  bekannten  Umarbeitung,  so  dafs  bei  der  Kompilation 
des  Wilhelmzyklus  nur  Enfances  und  Chevalerie  Vivien,  (Foucon  de  Candie) 
und  die  Synagon-Episode  die  Kurzzeilen  noch  aufwiesen.  Auch  diesen  wurden 
sie  durch  den  Redaktor  der  Vulgata  genommen.  (Vgl.  meine  altfiranz.  Wilhelm- 
sage c.  XX.) 

In  einem  besondem  Anhang  sucht  nun  Nordfeit  mit  neuen  Grründen  za 
beweisen,  dafs  für  die  Enfances  Vivien  die  Version  ohne  Kurzzeile  die  ur- 
sprüngliche ist.  An  meiner  Theorie  festhaltend,  könnte  ich  das  ruhig  zugeben; 
ich  könnte,  ohne  meine  Meinung  im  allgemeinen  zu  ändern,  gelten  lassen, 
dafs  die  Enfances  ohne  Kurzzeilen  gedichtet  waren  und  dafs  der  Boulogner 
Redaktor  sie  damit  geschmückt  oder  verunstaltet  hat.  Den  Anstofs  dazu 
könnte  ihm  die  Umdichtung  des  Anfangs  gegeben  haben;  nur  muíste  ein  nahe- 
liegender Grund  fur  die  Wahl  dieser  Form  vorhanden  gewesen  sein,  und  als 
solcher  könnte  blofs  die  Rücksicht  auf  verwandte  Epen,  d.  h.  die  Chevalerie 
Vivien,  geltend  gemacht  werden;  denn  der  Aimeri-Zyklus  liegt  zu  fem. 

Aliein  die  von  Nordfeit  vorgebrachten  Grründe  scheinen  mir  nicht  über- 
zeugend; ich  sehe  keinen,  den  man  nicht  ebenso  gut  fur  die  entgegengesetzte 
Ansicht  zu  Felde  führen  könnte. 

Die  meisten  Argumente  gründen  sich  auf  die  Unwichtigkeit,  Gehaltleere 
der  Kurzzeilen.  Es  liegt  aber  in  ihrer  Natur  wenig  Inhalt  zu  bieten.  Sechs 
Silben  sind  zu  wenig  um  einen  Gedanken  zu  formulieren;  sie  eignen  sich  am 
besten  den  Satz  ausklingen  zu  lassen.  Zudem  ist  ihr  Charakter  hervorragend 
lyrisch,  und  leicht  gewinnt  eine  rein  stilische  Variante  des  voraufgehenden 
Gedankens  durch  die  rythmische  Wendung  des  Abgesangs  eine  gewisse  senti- 
mentale Bedeutung. 

Unter  solchen  Umständen  mufste  es  leicht  sein  eine  ganze  Reihe  von 
Kurzzeilen  durch  einen  einfachen  Federstrich  zu  tilgen.  Speziell  waren  solche 
Verse,  die  den  Gedanken  der  folgenden  Tirade  vorwegnahmen,  gar  bequem 
auszulassen.  Ungerecht  ist  es  hingegen  zu  verlangen,  dafs  die  Plus -Verse  der 
anderen  Fassung  eine  erweiternde  Ausführung  dieser  inhaltsleeren  Kurzzeilen 
sein  sollen. 

Wer  die  Grehaltlosigkeit  der  Tiradenschlüsse  als  ein  Aj-gument  gegen 
die  Originalität  der  Kurzverse  ansieht,  der  müfste  darüber  Aufschluis  geben, 
warum  gerade  in  den  Fällen,  wo  der  Kurzzeile  von  B  ein  inhaltlich  ent- 
sprechender Langvers  in  V  (Vulgata)  gegenübersteht,  wo  also  die  eine  oder 
andere  Lesart  für  das  Original  gesichert  ist,  hüben  wie  drüben  ganz  unbe- 
deutende Verse  stehen  (s.  Xin.  XVIH.  XXXIX.  LXV.  LXX);  ebenso  dort, 
wo  V  in  einem  Verse  zusammenfafst,  was  B  in  zweien  ausdrückt  (LIX.  LXT. 


WAHLÜND  ET  FEILITZEN,   LES  ENFANCES  VIVIEN.  1 29 

LXIX),    öder  auch  wo   der  Kurzzeile   ein  inhaltlich  verschiedener  Vers  ent- 

si»icht  (xxxxn.  XXXV.  Lxin.  Lxxm). 

Es  hieise  aber  Geschmacksachen  streiten ,  wollte  ich  die  Tiradenschlusse 
anfiñhren ,  die  mir  in  B  wegen  ihrer  Grefälligkeit  oder  markigen  Prägnanz  den 
Vorzug  zu  verdienen  scheinen  (z.B.  XI.  XII.  XXXI.  XXXHI),  und  ihnen 
die  Stellen  entgegenhalten,  wo  V  durch  Kürzung  den  Sinn  geschädigt  (LVI) 
oder  durch  Erweiterung  den  Zusammenhang  gestört  hat  (XVI.  XLIII),  oder 
wollte  ich  behaupten,  dafs  mir  die  epischen  Anticipationen  in  V  (XXm. 
T.XXTT.  LXXXIX)  gar  nicht  den  Eindruck  des  Ursprünglichen  machen.  In- 
dessen verdient  es  hervorgehoben  zu  werden,  wie  geschickt  und  einfach  die 
Einschaltung  der  Kurzzeilen  in  B  erfolgt  ist  —  wenn  sie  ihm  zugeschrieben 
werden  soll  — ,  ja  mitunter  bildet  der  Sechssilber  eine  so  knappe  und  präzise 
Ergänzung  des  Satzes  (s.  VI.  VII),  dafs  wahrlich  mehr  Kunstfertigkeit  dazu 
gehörte  ihn  einzusetzen,  als  um  ein  Dutzend  anderer  zu  streichen.  Eine 
greifbare  Thatsache  ist  auch  das  Enjambement  im  Schlufs  der  Tirade  LXIV, 
wo  B  und  V  nach  Verszahl  und  Inhalt  zu  einander  stimmen.^ 

Doch  gebe  ich  gern  alle  diese  Argumente  preis  und  halte  mich  an  eine 
Stelle,  die  vielleicht  einzig  ist  in  ihrer  Art.  Der  Schlufs  der  Tirade  XL VIII 
ist  nämlich  in  B  so  erweitert  worden,  dafs  derselbe  Vers  zweimal  zur  Ver- 
wendung   kam,    einmal   als   Zehn-    und    einmal    als   Sechssilber.     Die    Stelle 

lautet  in  V: 

deu  lou  garise  par  son  conmand^ment, 

in  B: 

diex  li  prest  force  par  son  digne  conmant 

il  heit  forment  sarrasin  et  persant 
se  il  vit  longes  par  le  mien  esciant 
en  maintes  terres  fera  paiens  dolant 
et  diex  li  en  prest  forche. 

Wäre  hier  der  Zehnsilber  acht,   so  sollte  man  in  B  und  V  die  gleiche 

Lesart  erwarten;  ist  hingegen   der  Sechssilber  ursprünglich,    so  begreift  man 

leicht,    wie    aus  demselben    zwei    verschiedene   Zehnsilber   gezogen   werden 
konnten. 

In  diesem  Dilemma  liegt  meines  Ermessens  die  Entscheidung  über  die 
Ursprunglichkeit  der  Kurzzeilen  für  die  Enfances  Vivian,  Im  übrigen  ist  es 
beinahe  zu  bedauern,  dafs  die  Erörterung  der  Frage  von  diesem  Liede  aus- 
gegangen ist  und  daran  haften  zu  bleiben  droht;  denn  die  hier  getroffene 
Entscheidung  ist  für  die  Lösung  des  Problems  im  allgemeinen  nicht  ausschlag- 
gebend. Einzusetzen  ist  bei  Aliscans  und  Montage  Guillaume,  weil  hier 
nicht  blofs  B  gegen  V  steht,  sondern  auch  die  aufserhalb  der  zyklischen  Hss. 
liegende  Ueberlieferung  mit  in  Betracht  kommt. 

IV.  Für  die  Sagengeschichte  endlich  haben  die  Enfances  Vivien  keine 
sehr  grofse  Bedeutung.  Die  ganze  Erzählung  ist  eine  junge  und  ziemlich 
unbeholfene  Phantasieschöpfung. 


^  Dais  B  indessen  hier  oder  dort  willkürlich  erweitert  hätte,  ist  nicht 
ausgeschlossen ,  so  z.  B.  Tir.  XIV;  doch  ist  das  angeführte  neue  Motiv  für 
Mirados'  Hafs  nur  eine  Konsequenz  des  Hauptmotivs,  und  die  Assonanz 
gaires  :  chertés  auch  sonst  sporadisch  anzutreffen. 

Zeittchr.  £  rom.  PhU-  XXIL  o 


130  BESPRECHUNGEN.     E.  HERZOG, 

Viviens  Heldengestalt  war  gegeben.  Mit  seinem  Tode  auf  dem  Archant 
schlofs  ein  altes  tragisches  Lied,  das  verloren  gegangen  ist  Wir  besitzen  nur 
noch  zwei  verschiedene  Fortsetzimgen  jenes  Liedes,  Aliscans  und  Foucon  eU 
Candie,  und,  als  Einleitung  zu  Aliscans,  die  Chevalerie  Vivien,  die  jetzt  das 
Mittelstück  dieser  Epengruppe  bildet  (vgl.  meine  altfranz.  Wilhelmsage  und 
A.  Jeanroy,  Romania  XXVI,  175  —  207).  Die  übrigen  Helden  dieses  alten 
Liedes  waren  vermutlich  Wilhelm  von  Orenge,  Garin  von  Anseune,  Gmischart, 
Bovon  von  Commarchis  mit  seinen  Söhnen  Gerart  und  Guion  oder  Giiielin, 
und  ein  weiterer  Vetter  Hunaut  von  Saintes. 

Sicher  kannte  der  Dichter  der  Enfances  das  Epos  Aliscans,  vielleicht 
auch  das  verlorene  alte  Lied,  doch  ist  mir  dies  nicht  gewiis.  Hingegen  ist 
es  unmöglich,  dafs  ihm  die  Chevalerie  Vivien  vorlag.  Von  den  übrigen 
Wilhelmepen  ist  keines  für  unsere  Dichtung  von  Bedeutung  gewesen,  höch- 
stens das  Couronnement  (vgl.  Tir.  XIV  der  Vulgata)  ;  die  Kenntnis  des  Aimeri- 
Zyklus  ist  gänzlich  ausgeschlossen. 

Was  der  Dichter  sonst  der  epischen  Rüstkammer  entnahm  ist  die  An- 
knüpfung an  Roncevaux ,  wenn  sie  ursprünglich  ist  ;  femer  Naimon  als  Uranlafs 
des  auf  Vivien  vererbten  Hasses  des  Heiden  Mirados,  und  Gormont  als 
Herrscher  der  afrikanischen  Heidenwelt,  stets  zur  Hand  mit  seiner  Heeres- 
macht. 

Mit  diesen  Elementen  hat  der  Dichter  der  Enfances  sein  Werk  zurecht- 
gefügt.  Seine  Erfindung  ist  die  ganze  Fabel,  wie  Vivien  in  Mirados'  Hände 
gerät  und  zufallig  daraus  erlöst  wird.  Der  Aufenthalt  Viviens  unter  den 
Kaufleuten  hat  eine  vollständige  Parallele  im  Hervis  de  Metz,  Die  Befreiung 
des  tollkühnen  Knaben  aus  dem  belagerten  Luiseme,  besonders  die  Art  und 
Weise,  wie  Ludwig  vermocht  wird  mitzuziehen,  ist  eine  freie  Nachahmung 
von  Aliscans,  Ob  bei  dieser  offenkundigen  Erfindungsarmut  imseres  Dichters 
die  Kaufmannsepisode  bei  ihm  Original  sein  mag,  scheint  mir  eher  zu  ver- 
neinen als  zu  bejahen. 

Vivien  ist  die  Hauptfigur  der  Enfances  \  sein  Vater  Garin  spielt  keine 
hervorragende  Rolle  darin,  auch  Wilhelm  und  König  Ludwig  treten  nicht 
kräftig  hervor,  etwas  besser  geht  es  Bemart;  am  meisten  ist  aber  Bertrán 
bevorzugt,  der  in  der  Vulgata  schliefslich  auf  dem  ersten  Plan  steht  Schwie- 
rig ist  es  zu  entscheiden,  welches  in  der  Originalfassung  die  zwei  jugend- 
lichen Helden  waren,  denen  es  gelang  sich  in  Luiserne  einzuschleichen,  um 
Vivien  Nachricht  von  der  Ankunft  des  Entsatzheeres  zu  geben.  Vielleicht 
waren  es  doch  die  beiden  Benjamine,  Gui  und  Guischart  (Lesart  von  c  und  </), 
obwohl  sie  kaum  das  Alter  hatten,  um  mit  nach  Spanien  zu  ziehen.  Die 
gröfste  innere  Wahrscheinlichkeit  spräche  für  Bertrán  und  Gerard  (Lesart 
von  B).  Auch  Bertrán  und  Guielin  wären  annehmbar,  weil  alsdann  die  ganze 
Sippe  Bemarts  im  Vordertreffen  stünde. 

Erfindungsgabe  und  Darstellungstalent  kann  man  dem  Dichter  der  En* 
fances  Vivien  nicht  in  besonderem  Mafse  nachrühmen.  Doch  finden  sich 
manche  anmutige  Züge  in  dem  Liede  verstreut.  Am  besten  sind  die  lyrischen 
Momente  gelungen ,  z.  B.  der  Schmerz  der  Mutter  bei  der  Trennung  von  ihrem 
Sohne  oder  Viviens  Sehnsucht  (v.  910  ff.)  u.dgl.  m. 

Ph.  Aug.  Becker. 


RÖTTGERS,   ALTFRANZ.  LAUTGESETZE  IN  TABELLEN.  I3I 

Die  altfiranzÖBiBcheii  Ijautgesetze  in  Tabellen.  Zur  Ergänzung  der  alt- 
iranzösischen  Grammatik .  Zusammengestellt  vonBennoRöttgers.  Leipzig, 
Rengersche  Buchhandlg.    1897.    3^  S.   8<*. 

Ob  es  prinzipiell  richtig  ist,   eine  tabellarische  Uebersicht  über  die  alt- 
französischen  Lautgesetze  zusammenzustellen  und  dabei  ausschliefslich  auf  den 
franzischen  Dialekt  Rücksicht  zu  nehmen,  mag  wohl  sehr  fraglich  erscheinen. 
Sie  läfst  uns  gerade  dort  im  Stich,   wo  wir  sie  am  nötigsten  brauchten,   beim 
Stadium   der   altfrz.  Schriftwerke,    von   denen  ja  nur  ein   verschwindend  ge- 
ringer und  unbedeutender  Bruchteil  in  dieser  Mundart  geschrieben  ist,  —  ab- 
gesehen  davon,    dafs   bei   der   geringen  Anzahl   genau  lokalisierbarer  Denk- 
mäler und   dem  Umstände,    dafs   durch  das  Ueberwiegen  der  normannischen, 
pikardischen,   champagnischen   Litteratur   selbst  in   diese   sich  Merkmale   der 
fremden  Dialekte  leicht  einschleichen  konnten,  es  bei  manchen  der  angeführten 
Formen  sehr  imsicher  ist,  dafs  sie  wirklich  franzisch  sind,  z.B.  (S.  26f.)  evâ, 
aillé  (aquila),   sivre.     Nun   ist  ja   das  Büchlein   allerdings  in  erster  Linie  für 
Anfanger  bestimmt,   und  es  hat  sich  einmal  die  Ansicht  eingebürgert,   dais  es 
vor  allem  darauf  ankäme,    ihnen   die  Uebergangsformen   zwischen   den  beiden 
ihnen    wohlbekannten    Sprachen,    der   lateinischen    und   neufranzösischen,    zu 
zeigen.     Aber   gerade   dem  Anfänger  würde  ich   die  Tabellen  am  allerwenig- 
sten in  die  Hand  geben.   Was  soll  er  sich  denken,  wenn  er  in  der  Uebersicht 
der  Vortonvokale  mirare  )>  mirer  und  drei  Zeilen  darunter  merabelja  )>  mer- 
veille liest?,    wenn  ihm   der  Satz,    dafs   vortoniges  î  unter  allen  Umständen 
bleibt,  durch  das  Beispiel  finire  "Sfinir  erläutert  wird  und  er  darauf  in  seiner 
Lektüre  immer  yjrwfr  findet?   Er  wird  in  Gefahr  geraten.  Formen  wie  pakibile 
S.  26,  ponktutu  S.  29   ebenso   gläubig  für   lateinisch  zu  halten ,    wie  er  nicht 
im  Stande  sein  wird   zahlreiche  falsche  Behauptungen  als  solche  zu  erkennen: 
z.  B.  dafs  lat.  au  im  Volkslat.  „in  einzelnen  Fällen"  zu  ^  wird   (als   Beispiel 
wird  ci^da  (!)  gegeben,   vgl.  ML.  I  53  und  die  dort  angeführte  Litteratur),  dafs 
a  zwischen  Palatalen  über  ^ai  zu  t  wird,    dafs  simpletja  langes  i  hat  (S.  16) 
u.  s.  w.  —   Auch   der  Vorgeschrittenere,    der   zur  Wiederholung   und   raschen 
Wiedereinprägung  zu  dieser  Arbeit  greift,   wird  enttäuscht,  hauptsächlich  des- 
halb,   weil  Verf.,    der   in   der  Einleitimg   erklärt,    in  Bezug   auf  die  Zeit  kein 
einheitliches  Prinzip   durchführen   zu   wollen,    diesen  Vorsatz  auch  getreulich 
ausführt.     Chronologie    ist    nun    aber    durchaus   nicht   zu  entbehren    und  der 
Mangel  diesbezüglicher  Kenntnisse  macht  sich  bitter  fühlbar:    Der  Vorschlag 
von  e  vor  j-f-K-ons.  wird  ins  10.  Jahrh.  versetzt;  intervokal,  v  aus  p»  b  und  v 
fallt  vor  o,  ü  (S.  24),  wobei  natürlich  wichtige  Fälle  wie  nevou,  savon,  savour 
unerklärt  bleiben.   Das  Richtige  wäre,  dafs  das  primäre  v  (aus  v  und  lat.  b)  vor 
o,  ü  bereits  gefallen  war,  als  aus  lat.  p  entstandenes  b  in  sekundäres  v  überging 
{sêu  nach  ëu\  vgl.  ML.  in  ZfS.  XV2  91.    Solche  Vorgänge  zu  erläutern  und  so 
recht   vor  Augen    zu   führen,    ist  ja  gerade  die   Hauptaufgabe   tabellarischer 
Ucbersichten.     Aus   diesem   Grunde   dürfte  Tabelle  IV  B  (das  Synkopierungs- 
gesetz)   die   brauchbarste   sein,   wo  Verf.  ziemlich  im  Anschlufs  an  die  Aus- 
führungen von  Meyer -Lübke   die  wichtigsten  Erscheinungen  übersichtlich  und 
kurz  nach  ihrer  Aufeinanderfolge  zusammenstellt,   wenn  auch   der  Grundsatz, 
dafs  „von  zwei  auf  den  Haupt-  oder  Nebentonvokal  folgenden  tonlosen  Vokalen 
stets   der   erstere   fällt"    für   die   wenigen  Fälle,    wo   dieser  erste  Vokal  a  ist, 

unrichtig  ist  (ML.  I  §  326).  E.  Herzog. 

9* 


132  BESPRECHUNGEN.     E.  HERZOG, 

Oesterreiòher,  Dr.  phi!.  Josef ,  Beiträge  zur  Geschichte  der  jadisch- 
französischen  Sprache  und  Literatur  im  Mittelalter.  Czemowitz 
b.  Pardini,  1896.    32  S.  S^. 

Aufschlüsse  über  jüdisch-franzosische  Schriftwerke  des  Mittelalters  sind 
immer  willkommen,  nicht  nur  weil  es  sich  um  ein  grofses,  wenig  durchforschtes 
Gebiet  der  romanischen  Philologie  handelt ,  sondern  auch  weil  sich  for  die 
Aussprache  des  Altfranzösischen  aus  der  Transkription  in  ein  vollständig 
fremdes  Schriftsystem  manches  gewinnen  läfst.  Freilich  nicht  so  viel  als  man 
beim  ersten  Anblick  glauben  möchte,  da  die  Texte  oft  entstellt,  die  hebräischen 
Schriftzeichen  vielfach  zweideutig  sind  und  man  manchmal  im  Zweifel  sein 
kann,  ob  man  es  mit  einer  allgemeinen  oder  spezifisch  dem  Juden-Französisch 
angehörigen  Erscheinung  zu  thun  hat. 

Der  erste  der  oben  erwähnten  Beiträge  hat  einen  altfranzösischen  teils  in 
Prosa  teils  in  sehr  unregelmäfsigen  Versen  geschriebenen  Traktat  über  die  Fieber 
aus  dem  Hebräischen  Ms.  Oct.  512  der  Hofbibliothek  in  Berlin  zum  Gegen- 
stand. Verfl  giebt  eine  Uebersicht  über  den  Inhalt,  Andeutungen  über  die 
Quellen,  ferner  Textproben:  zunächst  aus  den  gröisere  Kapitel  abschliefisenden 
Versen,  dann  Prosastücke  (S.  8.  9,  Fortsetzung  S.  3if.).  Grofses  Interesse 
bietet  der  2.  Abschnitt  —  ein  Auszug  aus  den  Glossen  Raschis:  hochalter- 
tümliche Formen  und  manches  seltene  und  unbekannte  Wort  (vgl.  S.  12  mala' 
veich  „eine  Art  Fieber*',  S.  14  limon  in  der  Bedeutung  „Sandbank"  u.  s.  w.). 
Ueber  manche  Punkte  wäre  nähere  Aufklärung  erwünscht:  so  finden  wir 
neben  teiU  (tela)  u.  ä.  Formen  berfroic  (befiroi),  koroüs  (corrigia),  sogar  avoire^ 
ment,  wohl  die  ältesten  Formen  für  ai  aus  ^,  wenn  dieses  wirklich  dem  Ver- 
fasser zuzuschreiben  ist  —  und  die  Erhaltung  des  intervokalischen  d  scheint 
zu  beweisen,  dafs  der  Schreiber  an  der  Vorlage  nichts  ändern  wollte,  da 
dieses  wohl  noch  viel  ungewöhnlicher  erscheinen  mufste  als  ei  für  <d  — 
interessant  ist  auch  der  bereits  eingetretene  Schwund  von  /  in  porias  (Piar, 
von  porel).  Der  3.  Teil  beschäftigt  sich  mit  dem  Basler  Glossar.  Die  Ab- 
fassungszeit, die  Darmesteter  in  seiner  Notiz  R.  I  166  unbekannt  war,  ist 
nach  einer  Stelle,  die  Verf.  aufweist,  1359.  Die  Punktation  weicht  vielfach 
vom  Text  ab,  und  Verf.  scheint  daraus,  dafs  vortoniges  ^  als  a  (mit  pathach) 
punktiert  ist  (namentlich  in  den  Futuren  auf  -era^  femer  in  Fällen  wie  kart' 
somamant)t  zu  schliefsen,  dafs  der  Punktator  ein  Südfiranzose  ist.  Da  aber 
auch  im  Texte  dieses  öfter  durch  aie/  ausgedrückt  wird  und  man  sich  über- 
haupt für  das  reduzierte  e  des  Auslautes  dieses  Zeichens  bediente  (S.  17,  vgl. 
auch  RSt.  I  205  und  neuestens  Rydberg,  Die  Entstehung  des  9-Lautes  66  f.), 
so  handelt  es  sich  wohl  nur  um  eine  spezielle  Art,  das  stumme  e  (vielleicht 
/(,  f)  zu  bezeichnen,  da  man  in  dem  vom  Verf.  angenommenen  Falle  auch 
manchmal  a  in  der  Infinitivendung  -er  erwarten  würde. 

Ob  man  wohl  von  einer  jüdisch  -  französischen  Sprache  wie  von  einem 
französischen  Dialekt  reden  kann?  Charakteristische  Merkmale  sind,  soweit 
man  bis  jetzt  sehen  kann,  selten.  Aufser  dem  bekannten  'i¿ier  für  -ificare 
finden  wir  öfter  Tönendwerden  der  Konsonanten  zwischen  Vokalen:  ta^es 
(S.  II),  pladon  (S.  13),  vgl.  dissiba,  rabine  RSt.  I  204,  wie  ja  die  Aussprache 
tönender  Konsonanten  an  Stelle  von  tonlosen  (z.  B.  bedit)  noch  heute  als 
Eigentümlichkeit  der  jüdischen  Aussprache  angesehen  wird.  Die  Angabe 
(S.  23)  „//  und  fl,  pr  und  fr  scheinen  im  Jüd.-Franz.  im  Anlaute  einander 
zu  vertreten*'  ist  in  dieser  Fassung  wohl  kaum  richtig;  es  giebt  allerdings  im 


OESTERRBICHER,   JÜDISCH-FRZ.  SPRACHE  ü.  LITERATUR  IM  MA.       I33 

Oxf.  Glossar,  auf  das  Verf.  hinweist,  zahlreiche  Wörter  mit  Muta  +  r  statt 
MnU  +  Z  (auch  er:  crartets,  kros  (clauses);  ^r:  groibes  (gladius)  und  nicht 
nnr  im  Anlaut:  apeubrant  (pacificans),  iubremant  u.a.);  der  umgekehrte  FaU 
aber  ist  sehr  vereinzelt  und  erklärt  sich  in  Fällen  wie  gluair  (RSt  I  186  n©  780) 
als  umgekehrte  Schreibung  oder  wahrscheinlich  als  gemeinfranz.  Dissimilation,  die 
zufällig  nirgends  anders  belegt  ist,  wie  sich  yi^flandolle  zu  dem  von  Verf.  a.  a.  O. 
tTK^XmXsxi  flandolara  auch  anderwärts  findet  (Gdfr.  s.  fraudóle).  In  gewissen 
Fällen  zeigt  sich  der  jüdische  Jargon  konservativ,  ein  Zug  der  auch  sonst  be- 
kannt ist;  er  kennt  noch  triticu  (tri^e),  ein  Wort  das  sonst  nur  im  Sp.-Port. 
(und  Prov.?)  erhalten  ist  Er  kennt  ein  Verb  antillier  (=  intelligere,  vgl.  den 
häufigen  Infiinitiv  coillier  fur  coülir)^  sonst  nur  im  Jonas -Fragment  begeg- 
nend. >  —  Verf.  verspricht  in  einer  zweiten  Abteilung  seiner  Beiträge  über 
Analogie  zu  sprechen,  die  nach  ihm  im  Jüd.-Franz.  eine  wichtige  Rolle  spielt. 
Das  Beispiel,  das  er  bringt  (S.  24),  rainbi  (p.  d.  zu  raimbre)^  beweist  wohl 
nicht  viel,  da  sich  Formen  wie  raembait  finden  und  ein  zufallig  nicht  belegtes 
raembi  sich  dazu  verhält  wie  etwa  plaindi  Froiss.  II  266  u.  s.  zu  plaindoit 
(piangere),  ardi  za  ardoä  u.  s.  w.  ^^  lüazoa. 


M.  Scherillo,   Alcuni    capitoli    della   biografia    di    Dante.     Torino, 
Ermanno  Loescher,  1896.    XX  und  529  S.    8^.    Lire  5. 

Scherillo  selbst  nennt  diese  Kapitel,  von  denen  einige  uns  bereits  be- 
kannt waren,  hier  aber  zum  Teil  bedeutend  überarbeitet  erscheinen,  Proben 
einer  neuen  Dan'tebiographie.  Es  würde  uns  eine  grofse  Freude  bereiten, 
wenn  der  eifrige  Gelehrte  bald  die  Zeit  fände,  das  versprochene  Werk  zu 
vollenden,  denn  nach  den  vorliegenden  Abschnitten  zu  urteilen  wird  es  an 
Gründlichkeit  und  Unbefangenheit  im  Urteil  seine  Vorgänger  weit  hinter  sich 
lassen.  Der  gelehrte  Apparat  wäre  freilich  bei  der  Gesamtdarstellung  zu  be- 
schneiden. 

I.  L*  anno  della  nascita  entscheidet  sich  mit  Recht  für  das  Jahr  1265 
als  Geburtsjahr  Dantes.  II.  La  madre  e  la  matrigna  zeigt  nochmals  end- 
giltig,  dais  wir  von  Dantes  Mutter  Bella  nichts  wissen,  dafs  sie  die  erste  Frau 
Alighieris  war  und  vielleicht  bei  Dantes  Geburt,  jedenfalls  wenige  Jahre 
später  starb.  Von  der  Stiefmutter  kennen  wir  auch  nur  den  Namen  und 
wissen,  daCs  sie  1332  noch  lebte.  III.  Das  dritte  Kapitel  //  nome  di  Dante 
stellt  durch  eine  Fülle  von  Material  aufser  allem  Zweifel  fest,  dafs  Dante  eine 
Znsammenziehung  aus  Durante  ist,  nur  läfst  sich  nicht  entscheiden,  ob  der 
Dichter  den  verkürzten  Namen  schon  in  der  Taufe  empfing.  S.  50  Anm.  4 
und  noch  deutlicher  S.  127  Anm.  erklärt  sich  Scherillo  mit  Unrecht  für  Reniers 
Aufstellung,  dafs  Durante  im  Fiore  nicht  der  wirkliche  Name  des  Dichters 
sei.  Auch  der  in  der  Anm.  2  S.  127  über  den  Detto  d'  Amore  ausgesprochenen 
Ansicht  kann  ich  ohne  Beweisführung  nicht  beistimmen.  IV.  //  cognome 
alighieri  ergiebt  mit  Sicherheit,  dais  die  lateinische  Form  von  Dantes  Namen 
Alagherii,    die   italienische  Alighieri  war.     Die  Herkunft  des   Namens   aus 


>  Nach  dem  von  Verf.  aufgewiesenen  antilla  (S.  31)  wird  man  wohl  das 
unverständliche  arisilyés  (intelligite)  RSt  I  217  n^  32  in  antiUes  bessern  dürfen. 
Gdfir.  kennt  das  Subst  entitlement  in  einem  Ms.,  das  die  von  einem  Juden 
verfertigte  Uebersetzung  der  Schriften  des  Aben-Esra  enthält. 


134  BESPRECHUNGEN.     B.WIESE, 

Ferrara  ist  durchaus  nicht  erwiesen.  Die  Familie  Aldighieri  hat  mit  der 
Familie  Alighieri  nichts  zu  thun.  V.  Geri  del  Bello  bestätigt,  dafs  Dantes 
Blutsverwandter  Gerì  von  einem  Sacchetti  getötet  wurde,  und  dafs  seine  Neffen, 
die  Söhne  seines  Bruders  Clone,  seinen  Tod  30  Jahre  später  rächten.  Sehr 
ansprechend  wird  dann  die  Begegnung  Dantes  mit  seinem  Onkel  und  der  viel- 
umstrittene Vers  Ed  in  ciò  m*  ha  fatto  a  sé  più  pio  erklärt,  wobei  feine  Aus- 
führungen zu  Dantes  Charakteristik  nicht  fehlen.  Sollten  die  Canzoni  pietrose 
wirklich  im  Grunde  nur  metrische  Uebungen  sein?  (so  S.  107  Anm.  i).  Jeden- 
falls müfste  es  bewiesen  werden.  Gegen  dieses  Kapitel  richtet  sich  übrigens 
neuerdings  Ireneo  Sanesi  im  Archivio  Storico,  Serie  V,  Vol.  XIX.  VI.  BrU' 
netto  Latini.  Zunächst  giebt  Schenllo  eine  kurze  Biographie,  welche  alle  be- 
glaubigten Daten  nochmals  zusammenfafst,  die  Frage  beantwortet,  wamm 
Dante  ihn  verdammt  und  sich  zwischendurch  eingehender  über  den  Tesoretto 
und  seine  Quelle  äufsert.  Anknüpfend  an  Villanis  Nekrolog  kommt  er  dann 
auf  die  Bedeutimg  Brunettos  for  Florenz  und  hebt  hervor,  dafs  die  Unter- 
redung mit  Dante  im  XV.  Gesänge  der  Hölle  politisch,  nicht  litterarisch  zu 
deuten  ist.  Eine  ganze  Anzahl  weiterer  Fragen  knüpfen  sich  lose  an  diese 
Auslegung.  So  zeigt  Scherillo  sehr  gut,  dafs  die  Stelle  Convivio  I  10 — ii, 
wo  Dante  von  den  gemeinen  Italienern  spricht,  welche  fremde  Sprachen  loben 
und  ihre  eigne  verachten,  auf  Brunetto  keinen  Bezug  hat.  Dalis  Dante  in 
Brunetto  aber  nicht  sowohl  den  Gelehrten  als  den  Politiker  schätzte,  glaubt 
Scherillo  auch  daraus  schliefsen  zu  müssen,  dafs  er  ihn  Virgil  nicht  vorstellt. 
Dies  geschah,  meint  er,  nur  deswegen  nicht,  weil  Brunetto  Virgils  Werke 
nicht  kannte.  Trotz  der  lehrreichen  Ausführungen  Scherillos  will  es  nur 
jedoch  scheinen,  dafs  hier,  wie  an  anderen  Stellen  der  Komödie,  die  sym- 
bolische Bedeutung  des  römischen  Dichters  ausschlaggebend  war.  Diese  Frage 
fuhrt  dazu  zu  untersuchen,  welche  von  den  lateinischen  Schriftstellern,  die  er 
anführt,  Bnmetto  wohl  aus  eigner  Lektüre  kannte.  Dabei  wird  der  Nach- 
weis geliefert,  dafs  Latino  mit  Virgils  Werken  nicht  vertraut  war  und  ihn 
überhaupt  nur  zweimal  anführt,  das  eine  Mal  dazu  ihn  mi  Csverstand.  Auch 
Ovid,  den  er  im  Tesoretto  zum  Führer  erwählt,  kennt  er  kaum  besser  und 
wohl  sicher  nicht  aus  direktem  Studium.  Die  klassische  Bildimg  Brunettes, 
besonders  in  Bezug  auf  die  Dichter,  konnte  Dante  also  nicht  sehr  befriedigen, 
geschweige  denn  ihm  ein  hohes  Lob  entlocken.  Zum  Schlufs  macht  Scherillo 
noch  die  Stellung  Latinos  und  Dantes  zur  Astrologie  zum  Gegenstande  einer 
Untersuchung  und  kommt  zu  dem  richtigen  Schlüsse,  dafs  die  Verse  XV  55  ff. 
nicht  in  astrologischem  Sinne  zu  deuten  sind.  Es  folgt  VII.  eine  Studie  aber 
die  Primi  Versi  Dantes,  worin  die  vor  der  Canzone  Donne  eh*  avete  intelletto 
d*  amore  entstandenen  Gedichte  der  Vita  Nuova  behandelt  werden.  Nament- 
lich wird  darauf  hingewiesen,  mit  welchen  zeitgenössischen  Dichtem  sie  D.  in 
Berührung  brachten,  und  was  in  ihnen  auf  provenzalischen  Einflufs  zurück- 
zuführen ist.  Nur  hier  und  dort  gestreift  sind  die  Fragen  nach  dem  etwaigen 
Einflüsse  italienischer  Dichter.  Ich  teile  die  Ansicht,  dais  die  Cino  da  Pistoia 
zugeschriebene  Antwort  auf  das  erste  Sonett  der  Vita  Nuova  nicht  von  ihm 
ist,  sehe  aber  keinen  Grund  daran  zu  zweifeln,  dafs  Dante  da  Majano  das 
Antwortsonett  verfafst  hat.  Nach  Barbis  Aufsatz  Un  Sonetto  ed  una  Ballata 
d^  amore,  dal  Canzoniere  di  Dante  (Firenze,  Laudi  1897,  P^**  iiozze  Barbi- 
Ciompi)  ist  es  mindestens  sehr  zweifelhaft,  ob  die  Frau  sul  numero  di  trenta 
die  Geliebte  Lapo  Giannis  ist  (zu  S.  291).     Einige  Ausführungen,  namentlich 


I 


SCHERILLO,   ALCUNI  CAPITOLI  DELLA  BIOGRAFIA  DI  DANTE.       I35 

in  VU.,  gehören  garnicht  her.  Eher  läist  man  sich  den  interessanten  Anhang 
Perchè  Dante  salva  Salomone  gefallen.  VUI.  La  morte  di  Beatrice  be- 
schäftigt sich  mit  den  Stellen  der  Vita  Nuova,  welche  auf  den  Tod  der  Ge- 
liebten Bezug  haben  und  enthält  eine  Fülle  anregender  und  treffender  Be- 
merkungen.    Die  oft  und  verschieden  erklärten  beiden  Verse: 

,^  che  dirà  neW  inferno  ai  malnati: 
Io  vidi  la  speranza  de*  beati," 

sucht  Scherillo,  wie  schon  früher,  für  später  an  Stelle  zweier  anderer  einge- 
schoben zu  erweisen.  Diese  Ansicht  wird  man  schwerlich  bei  der  Ueberein- 
stimmung  sämtlicher  Handschriften  teilen  können.  Vorzüglich  ist  aber  die 
Zurückweisung  der  Erklärung  D*  Anconas,  welche  merkwürdigerweise  immer 
allgemeinere  Annahme  fìndet.  Trotz  aller  auch  von  Scherillo  gemachten  Ein- 
wände finde  ich  in  den  beiden  Versen  eine  Hindeutung  auf  ein  Gedicht,  in 
welchem  von  einem  Besuche  der  Hölle  die  Rede  sein  sollte.  Beatrice  brauchte 
noch  nicht  tot,  und  Dante  brauchte  noch  nicht  vom  rechten  Wege  abgeirrt 
zu  sein,  um  den  Gedanken  zu  einem  solchen  Werke  zu  fassen,  das  ja  damals 
rein  allegorisch -lehrhaft  gedacht  sein  konnte.  Die  folgenden  Ausführungen 
über  das  Gesicht  Dantes  von  Beatricens  Tode  erinnern  teilweise  an  einige 
meisterhafte  Seiten  Zumbinis  über  die  BasvilUana.  Zum  neimten  Abschnitte, 
worin  die  Canzone  Morte  perch*  io  als  apokryph  nachgewiesen  wird,  waren 
die  bei  anderer  Gelegenheit  angezogenen  Studi  di  storia  letteraria  Flaminis 
S.  25  —  27  zu  erwähnen.  Die  principi  della  terra  werden  überzeugend  als 
„die  angesehensten  Leute  in  Florenz"  erklärt;  den  Schluiis  bildet  der  Nach- 
weis einer  Anzahl  Nachahmungen  aus  Jeremías.  IX.  /  Giganti  nella  Com- 
media.  Saggio  sulla  topografia  morale  deW  Inferno,  Die  Accidiosi  befinden 
sich  im  stygischeu  Sumpfe,  Neid  und  Stolz  werden  in  dem  gefrorenen  See 
zwischen  den  Giganten  und  Lucifer  bestraft.  Letzteren  Schlufs  teile  ich  nicht, 
sondern  nehme  mit  D'  Ovidio  an ,  dafs  Neid  und  Stolz  in  der  ganzen  Stadt 
des  Dis  bestraft  werden,  deren  Bewohner  durch  diese  beiden  zu  ihrem  Thun 
getrieben  wurden.     Die  Verse  im  Tesoretto: 

„E  sse  sotto  mantello  ^ 

Hai  orlato  V  cappello 
Ad  alcun  tuo  vicino 
Per  metterlo  al  dichino** 

bedeuten  sicher,  wie  auch  Scherillo  S.  415  Anm.  2  annimmt:  „Und  wenn  Du 
im  Stillen  gegen  einen  Nachbarn  etwas  im  Schilde  fuhrst  (nicht  geführt  hast), 
mn  ihn  zu  Fall  zu  bringen."  Italienisch  kann  ich  die  Phrase  leider  noch 
nicht  weiter  belegen;  sie  erinnert  aber  auffällig  an  die  niederdeutsche  Dro- 
hung: „Di  heww  ik  ne  kapp  tosneden**,  das  heifst,  bietet  sich  mir  die  Ge- 
legenheit, oder  fällst  Du  mir  in  die  Hände,  dann  geht  es  Dir  schlecht 
Italienisch  also  eigentlich:  „Du  hast  unter  dem  Mantel  den  Hut  fix  und 
fertig  (gesäumt)  für  ihn  in  Bereitschaft*'.  X.  /  primi  studi  endlich  untersucht 
sorgfaltig  in  Anknüpfung  an  den  bekannten  Ausspruch  Dantes  im  Convivio, 
welche  klassischen  Kenntnisse  sich  Dante  nach  Beatricens  Tode  erworben  hat. 
Nach  Scherillo  hätte  er  die  Geórgica  nicht  gekannt,  weil  er  nie  die  dort  zu 
lesende  herrliche  Darstellung  der  Orpheussage  berührt.  Moores  Bemerkung 
in  seinen  Studies  in  Dante  (S.  21)  scheint  aber  doch  zu  beweisen,  dafs  Dante 
gerade  diese  Stelle  gekannt  hat.  BERTHOLD  Wiese. 


136  BESPRECHUNGEN.     B.  WIESE» 

Giornale  Storico  della  Letteratura  Italiana.    Anno  XV,  Voi.  XXX, 
fase.  1  —  2. 

G.  Rossi,  //  codice  estense  X.  *.  34.  Eine  sorgfältige  Beschreibuiig 
des  Inhaltes  der  aus  dem  Ende  des  XV.  oder  aus  dem  Beginn  des  XVI.  Jahr- 
hunderts stammenden  Handschrift  mit  reichen  bibliographischen  und  bio- 
graphischen Nachweisen,  die  aufs  Neue  die  schon  erprobte  Kenntnis  des  Verf. 
auf  diesem  Gebiete  zeigen.  S.  8  Anm.  vermisse  ich  einen  Hinweis  auf  den 
Aufsatz  L.  Fratis  in  der  Rivista  critica  della  letteratura  italiana  IV  92  £f.,  der 
an  andrer  Stelle  angeführt  ist.  Dort  ist  auch  das  Sonett  Legno  agitato  schon 
gedruckt.  Zu  S.  13  Z.  5  konnte  auch  der  Abdruck  des  Sonetts  nach  Cappelli- 
Ferrari  in  der  Ausgabe  Renier  S.  1 5  erwähnt  werden.  S,  35  Anm.  2^  3  1.  Ri- 
vista critica.  Das  cervato  in  Z.  2  des  S.  47  gedruckten  Sonetts ,  welches  R. 
mit  einem  Fragezeichen  versieht,  seheint  mir  sicher  von  cervo  abgeleitet  zu 
sein  und  „hirschschnell"  zu  bedeuten.  Vgl.  das  occhio  eervero  des  Lorenzo 
il  Magnifico  in  der  Canzone  Quasi  raggio  di  sole, 

D.  Mantovani,  Le  opere  inedite  di  Ippolito  Nievo  handelt  über  den 
von  der  Familie  aufbewahrten  noch  unveröffentlichten  NachlaCs  des  Dichters, 
dessen  sympathische  Gestalt  jedem  Deutschen,  der  sich  mit  italienischer 
Litteratur  beschäftigt,  aus  Heyses  vorzüglichem,  von  Uebersetzungen  begleiteten 
Aufsatze  wohl  bekannt  ist  (abgedruckt  in  „Italienische  Dichter  seit  der  Mitte 
des  18  ten  Jahrhunderts*'  Bd.  IV  S.28ff.  Berlin,  Hertz  1889).  Es  fallen  dabei 
auch  einige  Bemerkungen  zu  dem  Leben  des  Dichters  ab,  das  schon  längst 
einmal  eine  eingehendere  Darstellung  verdient  hätte,  wie  sie  heutzutage  so 
manchem  Schriftsteller  minorum  gentium  zu  teil  wird.  Bei  M.  würde  sie  in 
guten  Händen  liegen.  Die  ungednickten  Sachen  bestehen  aus  zwei  Gedicht- 
sammlungen, einer  humoristischen  Erzählung,  vier  Komödien,  einem  Drama, 
zwei  Tragödien,  Uebersetzungen  aus  griechischen  Volksliedern  und  Heine, 
dem  Fragment  eines  Romans,  einer  Anzahl  verschiedener  Entwürfe  und  Briefen. 
M.  giebt  Analysen  und  Urteile.  Danach  scheinen  besonders  die  Briefe,  die 
beiden  Tragödien  und  das  Romanfiragment  der  Veröffentlichung  würdig  zu  sein« 

P.  Bellezza,  Note  Manzoniane.  /.  Della  antipatia  del  Manzoni  per 
il  Tasso,  Stellt  noch  einmal  alles  zusammen,  was  unumstöfslich  Manzonis 
Abneigung  gegen  Tasso  zeigt,  welche  Griannini  bezweifelt,  weil  er  ihn  vielfach 
benutzt  habe  (vgl.  Ztschft.  XIX,  302,  472),  und  andre  direkt  leugnen.  Be- 
stimmte Gründe  für  diese  Antipathie  lassen  sieh  nicht  feststellen,  sondern  nor 
vermuten.  //.  //  Byron  e  il  Manzoni  weist  die  wenigen  Stellen  nach,  die 
Manzoni  aus  Byron  benutzt  haben  könnte.  Sie  stammen  fast  ausschlíeíslich 
aus  dem  1821 — 23  erschienenen  Don  Juan  und  beweisen,  selbst  wenn  man 
die  Abhängigkeit  Manzonis  von  Byron  in  den  angeführten  Stellen  zugeben 
will,  in  ihrer  geringen  Anzahl  nur,  dafs  Manzoni  sich  dem  Einflüsse  des 
letzteren  entzogen  hat  —  und  das  wird  ihm  bei  seiner  ganz  anderen  Denkart 
nicht  schwer  geworden  sein. 

C.  De  Lollis,  Pro  Sor  dello  de  Godio  milite.  Polemische  Auseinander- 
setzung mit  Francesco  Torraea;  im  Anhang  Polemik  g^en  einzelne  Punkte 
von  Schultz-Goras  Besprechung  der  Ausgabe  des  Sordell  von  De  Lollis.   (Hrsg.) 

VARIETÀ. 

P.  Marchot,  Sur  le  „contrasto  de  Cielo  Dalcamo**,  Erklärungsvemiche 
zu  fünf  Stellen,  die  mir  durchaus  nicht  glücklich  scheinen  wollen.   In  Strophe  8» 


GIORNALE  STORICO  VOL.  XXX.  1 37 

meint  M.,  deutet  das  Madchen  auf  ein  Abenteuer  des  Spielmanns  am  Abend 
▼orher  hin.  Sie  hat  ihn  laufen  sehen,  was  er  konnte,  vielleicht  verfolgt  von 
dnem  unwilligen  Vater  oder  Bruder,  die  'ihn  bei  der  Greliebten  trafen.  Nun 
will  sie  ihn  nicht  erhören,  um  das  andre  Mädchen,  das  seinem  Versprechen 
traut,  nicht  in  den  Mund  der  Leute  zu  bringen,  wenn  der  Spielmann  es  um 
ihretwillen  verlafst  Hat  aber  die  Verfolgung  wirklich  stattgefimden ,  so  wird 
sie  doch  noch  von  anderen  als  der  Angebeteten  des  Spielmanns  bemerkt  sein, 
und  das  Mädchen  bildet  bereits  das  Gespräch  der  Leute.  Ueberdies  wurde 
in  solchem  Falle  der  Spielmann  schwerlich  das  Verhältnis  fortsetzen.  Viel 
natürlicher  ist  die  Auffassung:  „Gestern  bist  Du  hier  ja  eilends  vorbeigegangen 
und  hast  nicht  nach  mir  hingesehen  —  das  Mädchen  hat  also  schon  nach 
dem  stattlichen  Spielmann  ausgeschaut,  und  er  hat  ihr  wohl  gefallen,  was  ihr 
allmähliches  Nachgeben  gut  erklärt  — ,  so  bleibe  doch  dabei."  Sehr  gewagt 
scheint  es  auch ,  die  bona  f emina  auf  ein  Mädchen  zu  beziehen.  Es  ist  all- 
gemein: ,Jch  wünsche  nicht,  dafs  durch  einen  Fehltritt,  welchen  ich  begehe, 
die  guten  Frauen  mit  den  übrigen  schlecht  gemacht  werden."  Die  Erklärung 
des  çuanno  vo  fore  weicht  kaum  von  der  D'  Anconas  ab.  Nur  dafs  letzterer 
nicht  ausdrücklich  das  Hinausgehen  als  ein  den  Geschäften  Nachgehen  be- 
zeichnet. Mit  den  Worten  des  letzten  Verses  der  Strophe  XV  denkt  sich  M. 
einen  wirklichen  Angriff  auf  die  Ehre  des  Mädchens  verbunden.  Die  ruhige 
Antwort,  in  der  überdies  gesagt  ist:  „Prezo  le  tuo  paràbole  meno  che  cP  un 
ùtello",  schliefst  dies  völlig  aus.  Auch  die  Auffassung  der  Strophe  XXIV 
kann  ich  nicht  teilen.  Juda  lo  trailo  ist  nur  ein  Schimpfwort  wie  XXVI 
filgUo  di  Giudeo,  und  das  angebliche  Fehlen  der  Negation  in  Vers  3  braucht 
nicht  so  künstlich  erklärt  zu  werden.  Ich  fasse  die  Strophe  so  auf:  „Du 
Schwindler  behauptest  also,  Dich  in  mein  einfaches  Mieder  so  verliebt  zu 
haben,  als  ob  es  aus  Purpur,  Scharlach  oder  Samt  wäre!  Wenn  Du  mir  jetzt 
(nachdem  Du  mir  so  etwas  weis  zu  machen  versucht  hast)  selbst  aufs  Evan- 
gelium schwören  würdest,  mein  Mann  zu  werden,  kriegtest  Du  mich  nicht, 
denn  solchen  Schwindler  will  ich  nicht  haben!"  Nach  meiner  Ansicht  fehlt 
also  überhaupt  keine  Verneinungspartikel  im  dritten  Verse.  Endlich  verstehe 
ich  nicht,  wie  man  aus  den  Worten  ala  bon  ora  im  vorletzten  Verse  der 
letzten  Strophe  herauslesen  kann,  dafs  das  Mädchen  abergläubisch  ist;  sie  be- 
deuten doch  nicht  far  d^ heureux  auspices!»  sondern,  „wo  sich  uns  eine  so 
gute  Gelegenheit  bietet". 

S.  De  Chiara,  Cotona,  Noter  ella  Dantesca  tritt  hier  gegen  seine  1895 
geäufserte  Ansicht  für  Catona  als  die  richtige  Lesart  von  Par.  VIII  62  ein 
and  erweist  sie  zweifellos  als  echt.  Ich  begreife  überhaupt  nicht,  wie  man 
Crotona  ernstlich  verteidigen  konnte. 

E.  Sicardi,  DeW  „angelico  seno**  e  di  altri  luoghi  controversi  nella 
cantone  del  Petrarca  „Chiare,  fresche  e  dolci  acque**.  Eine  interessante  Dar- 
legung, deren  Ergebnisse  ich  aber  nur  teilweise  als  richtig  anerkennen  kann, 
trotz  des  wiederholt  mit  nicht  eben  bescheidenen  Worten  ausgedrückten  Sieges- 
bewuistseins  des  Verf.  (vgl.  S.  228  o.,  S.  258  o.,  S.  261  Absatz  i  und  2;  auch 
S.  249  u.,  wo  mit  Hinblick  auf  De  Sanctis  und  Carducci  gesagt  wird,  dafs  ihre 
Erklämngsweise  „dimostra  così  poca  cognizione  della  lingua  e  della  teorica 
delT  arte  degli  antichi  poeti**).  Für  erwiesen  halte  ich ,  dafs  die  in  Frage 
stehende  Canzone  ein  Abschiedsgedicht  an  Valchiusa  ist,  dafs  Petrarca  darin 
nicht  von  seinem  baldigen  Tode  spricht,  und  dafs  sie  mit  einer  Anzahl  anderer 


138  BESPRECHUNGEN.     B.  WIESE, 

voraufgehender  und  nachfolgender   Gedichte  in  innigem  G«dankenzusammen- 
hange  steht.    S.'s  Erklärung  über  die  chronologische  Anordnung  der  Gredichte 
S.  234  ff.  ist  etwas  unbestimmt  ausgedrückt,  und  vor  allem  ist  die  Anwendung 
dieser  Theorie  etwas  kautschukartig.     S.  vermutet  einen  Aufenthalt  des  Dich- 
ters  in  Valchiusa    im   Frühling  1344.     Petrarca   wäre    also   von  Neapel  erst 
nach  der  Provence  zurückgekehrt.     Dies  ist  natürlich  möglich,  laCst  sich  aber 
auch  nicht  erweisen,  will  man  nicht  den  Beweis  durch  die  Stellung  der  Can- 
zone in  der  Reihenfolge  der  Gedichte  und  ihre  Auffassung  als  Abschiedslied 
für  erbracht  anerkennen.     Nach  diesen  einleitenden  Ausführungen  geht  S.  zur 
Erklärung  einiger  Stellen  der  Canzone  über.    Carducéis  bekannte  Ansicht  über 
V.  I — 3  wird  als  unhaltbar  erwiesen  und   dann  ein  Vorstofs  gegen  D*  Ovidios 
Auslegung  gemacht,  um  für  die  eignen  Gedanken  die  Grundlage  zu  schafifen. 
Ove  V.  2  hat  für  S.  —  und  darin  stimme  ich  ihm  bei  —  die  gewöhnliche  Be- 
deutung wo,  in  deren  Nähe.    Für  S.  heifst  U  belle  membra  pose  aber  auch 
einfach  sich  aufhielt,    so  daCs  er  zu  dem  Sinn  kommt:    „Gegend  in  der 
Nähe  der  Sorgue,  wo  sich  Laura  aufzuhalten  pflegte".    Diese  Auf- 
fassung von  pose  le  membra   halte   ich  für  verkehrt.     Es  können  die  Worte 
sich  immer   nur   auf  eine   kürzere  Ruhe   beziehen  (die  auch  wiederholt  ge- 
dacht werden  kann,  was  hier  aber,  wie  wir  sehen  werden,  ausgeschlossen  ist). 
Das  Gegenteil  hat  S.  nicht  erwiesen.     Nach  ihm  bietet  allerdings  Petrarca 
selbst  die  „prova  palmare",  dafs  seine  Auffassung  die  einzig  richtige  ist,  näm- 
lich in  dem  Sonette  Sento  l*  aura  mia  antica,  wo  es  heifst  il  nido  in  eh*  ella 
giacque  und  nel  quai  io  vivo,   e  morto  giacer  volli.     Sicher  heifst  dies,   der 
Ort,  wo  sie  wohnte  u.  s.w.,  aber  —  und  das  hat  S.  übersehen  —  hier  ist 
der  Ausdruck  giacque  nur   eine  Folge  des  Bildes  nido,     Laura  hielt  sich  hier 
auf,  wie  das  junge  Vöglein  geschützt  in  seinem  Neste  liegt  u.s.w. 
Das  andre  mit  Mühe  herbeigebrachte  Beispiel  Gettan  le  membra  in  der  Can- 
zone Ne  la  stagion  spricht  aber  gerade  für  meine  Auffassung;   es  heilst,  sie 
legen  sich  zur  Ruhe  für  die  Nacht,   also  für  einige  Zeit.     S.  hat  daher  ganz 
recht,    wenn  er  S.  249  meint,    es   heifse   dasselbe   wie  pose  le  membra  —  nur 
nicht   in   seinem  Sinne.     Schon  aus  dieser  Auseinandersetzung   folgt  also,    da6 
ove  zwar  wo  bedeutet,   dafs   die  ganze  Phrase  v.  i — 3  aber  doch  nur  heifsen 
kann:    „Gewässer,    wo,    d.h.   in   deren   Nähe   oder   an  denen  Laura 
ruhte".     Dafs  letzteres  gemeint  ist,   zeigt  Strophe  4,    wie  wir  sehen  werden. 
S.  leugnet  nun  (S.  251)    die  Einheit   der  Situation   in  Strophe  i.     Er  meint, 
es  sei  viel  natürlicher,   dafs   der  Dichter  sich  im  Augenblicke  des  Abschiedes 
all  die  Male  in  die  Erinnerung  zurückruft,    wo  er  Laura  hier   bald  in  dieser, 
bald  in  jener  Stellung   gesehen  hat,    und   nur  in  lO — II  an  einen  bestimmten 
Tag  denkt.    Mir  scheint  das  Gegenteil  der  Fall.    Petrarca  denkt  nur  an  einen 
einzigen  Tag,    an   den,    wo  Laura  ihm  ihre  Liebe   zu   erkennen  gab.     Allen 
Zeugen  dieses  glücklichen  Tages  ruft  er  beim  Scheiden  ein  Lebewohl  zu,  den 
klaren  Wassern,   dem  Baume  unter  welchem  Laura  safs,  dem  Grase  und  den 
Blumen,  welche  sie  mit  ihrem  Gewände  deckte,  der  Luft,  welche  sie  umkoste. 
In  Anschlufs   daran  wird  der  Wunsch  ausgesprochen  (2 — 3)   bei  ihnen  ruhen 
zu   dürfen,    wann   auch   er  gestorben   sei,    und  endlich  (4 — 5)  steigt  der  Tag 
selbst    mit    dem    ganzen   Bilde    noch    einmal  in   der  Erinnerung  aufl     Es   ist 
daher  ganz  verkehrt,  wenn  S.  S.  252  meint,  Petrarca  habe  Laura  in  der  ersten 
Strophe   in   verschiedenen  Stellungen   zeichnen   wollen.    Nicht  Laura  soll  hier 
gezeichnet  werden  —  das  geschieht  Strophe  4 — 5  — ,  sondern  hier  werden  die 


GIORNALE  STORICO    VOL.  XXX,  1 39 

Zeugen   seines  Glückes  aufgerufen,    ein  jeder  mit  dem  charakteristischen  Zu- 
sätze, der  sein  Verhältnis  zu  Laura  an  jenem  unvergefslichen  Tage  ausdrückt, 
der  rechtfertigt,   weshalb  er  aufgerufen  wird.     Daher  mufs  ove  also  auch  am 
Rande  des  Flusses  heiCsen ,   wie  die  Schilderung  Str.  4  deutlich  zeigt.   Weiter 
müht  sich  S.  dann  ab  zu  beweisen ,  dafs  Str.  i  v.  9  seno  =  corpo  sei.     Trotz 
der   herausfordernden   Worte    S.  256  o.  mufs   ich    bescheidentlich    bekennen, 
nicht   überzeugt  zu   sein.     Für   mich   heifst    seno  Busen,    und  ich  übersetze: 
„Gras   und   Blumen,    welche   das   reizende   Gewand   barg,    zugleich   mit  dem 
engelhaften   Busen",     Gras  und   Blumen   werden   selig   gepriesen,    weil  ihnen 
die   Wonne    zu    teil   wurde,    von    demselben    Gewände    berührt    zu    werden, 
welches    Lauras    Busen    deckte.      Ich    kann    in    der    Ausdrucksweise    nichts 
Ueberflüssiges   ñnden  (S.  253)    und   ebenso   wenig   etwas   Unkeusches   (S.  253, 
256 — 57).     S.'s  Auffassung   erweckt   zudem   das  Bild   geknickter  Blumen  und 
niedergedrückten  Rasens  (vgl.  ihn  selbst  S.  256),  während  uns  diese  Vorstellung 
bei  meiner  Erklärung   erspart   bleibt,   wenn  wir   auch  auf  ästhetische  Gründe 
emgehen  wollen,    mit   denen   S.  vielfach   operiert.     Dafs   seno  hier  =  corpo 
will  S.  auch  durch  die  Stelle   des  Sonettes  Amor  ed  io  sì  pien  di  meraviglia 
beweisen,  in  der  es  heifst:   „preme  \  Col  suo  candido  seno  un  verde  cespo**. 
Da  möchte   ich    ihn   an   das   erinnern ,    was   er  selbst  S.  256  in  anderem  Zu- 
sanunenhange   sagt:    „II  tempo  in  cui  le  ninfe  erravano  ignude  pe'  boschi  era 
passato."     Oder   soll   man   sich  hier  das  Gewand  hinzudenken,   während  uns 
Petrarca  doch  nach  S.'s  Ansicht  in  den  Versen  6 — 9  der  i.  Strophe  der  Can- 
xone  noch   besonders   hat   sagen  wollen,    dafs  Laura  auch  ein  Kleid  anhatte 
(S.256  —  und  das  wäre  nicht  ein  überflüssiger  Zusatz,  vgl.  S.  253  o.).   Wenn 
es  dann  S.  257  zur  Unterstützung   der  Bedeutung   seno  =  corpo  heilst,   wenn 
seno  Busen   bedeute,    vermisse   man  die  Angabe,    wem  er  und  das  Kleid  ge- 
höre, während  das  nicht  der  Fall  sei,   wenn  es  Körper  bedeute,    so  verstehe 
ich  diese  Logik  nicht.    In  letzterem  Falle  fehlt  doch  dann  bei  Körper  eben- 
falls die  Bezeichnung,    wem   der  Körper  gehört;    denn  seno  kaim  doch  auch 
in  diesem  Falle   nicht   schlechterdings  Laura  bedeuten!     Die  Bezeichnung  der 
Zugehörigkeit  ist  überhaupt  überflüssig.     Die  dritte  und  letzte  Stelle,   welche 
S.  bei  Petrarca   fìndet,    wo   seno  Körper   bedeuten  könnte,    ist  Trionfo  della 

Morte  I  151 — 153: 

„Lo  spirto  per  partir  di  quel  bèi  seno 

Con  tutte  le  virtuti  in  sé  romito, 

Fatto  avea  in  quella  parte  il  ciel  sereno." 

Auch  hier  ist  die  Deutung  in  keiner  Weise  überzeugend.  An  der  Brust 
wird  das  Athmen  bemerkbar,  und  daher  ist  seno,  Busen  der  rechte  Ausdruck. 
Um  die  Synekdoche  einleuchtend  zu  machen,  führt  S.  aber  noch  weitere 
Truppen  ins  Feld.  In  dem  Sonette  Questa  fenice  soll  omeri  Körper  be- 
deuten. GewiCs!  Hier  hat  er  aber  wieder,  wie  schon  bei  dem  erwähnten 
giacque,  das  Bild  übersehen.  Laura  ist  mit  einem  Phoenix  verglichen,  und 
daher  ist  mit  Recht  gesagt: 

„Purpurea  vesta  d'  un  ceruleo  lembo 
Sparso  di  rose  i  belli  omeri  vela." 
Ein  Vogel  trägt  sein  Gewand  auf  den  Schultern.    Die  Beispiele  fianco  =  corpo, 
welche  darauf  angeführt  werden,  beweisen  ebenfalls  nichts.    Hier  hat  Petrarca 
einfach   das^  lateinische  latus  =  corpus  hinübergenommen.     Vgl.  z.  B.  Horaz: 
latus  fessum   longa   militia-,    Ovid:   latus  submitter  e  in  herha  etc.  etc.     Ich 


I40  BESPRECHUNGBN.     B.  WIESE» 

bin  übrigens  nicht  der  Ansicht  S.'s,  dais  auch  in  der  Canzone  Verdi  panni 
sangut^^ni  etc.  v.  44  fianco  Körper  bedeutet  und  scorse  von  scorgere  kommt. 
Er  möge  beachten,  dafs  in  allen  andern  Beispielen  fianco  nur  dann  Körper 
bedeutet,  wenn  der  Besitzer  dabei  angegeben  ist;  dies  ist  hier  nicht  der  Fall, 
und  daher  ist  diese  Bedeutung  ausgeschlossen.  Wie  kann  man  überhaupt 
annehmen,  dafs  fortunato  fianco  nicht  nur  Körper,  sondern  direkt  Lauras 
Mutter  bedeutet!  Aufserdem  ist  zu  deutlich  von  dem  EinfluTs  der  Gestirne 
in  der  Geburtsstunde  die  Rede.  Der  Ausdruck  scorse  wird  jedes  Unästhe- 
tischen entkleidet,  wenn  man  an  Petrarcas  Vorstellung  denkt,  dafs  Laura 
vom  Himmel  auf  die  Erde  herabkommt,  sie  ist  ein  Engel  und  wird  Mensch. 
Die  Erklärungen,  auf  welche  S.  das  Hauptgewicht  legt,  mufs  ich  also  leider 
als  völlig  verfehlt  zurückweisen.  Vielleicht  fìnde  ich  mich  dabei  trotz  aller 
vernichtenden  Worte  S.'s  in  guter  Gesellschaft. 

C.  S  i  mi  ani.  Due  componimenti  inediti  di  Nicolò  Franco,  Eine  ganz 
poesielose  Vita  di  Cristo  in  Terzinen,  die  überdies  schlecht  überliefert  ist  — 
nach  42  z.  B.  fehlen  thatsachlich  drei  Verse,  und  die  Reime  83,  85,  87  sind 
in  Unordnung  —  und  ein  unbedeutendes  Sonett  mit  der  Antwort  des  Dichters 
Giovanni  Campo.  Die  drei  Gedichte  stehen  in  einer  Hs.  der  städtischen 
Bibliothek  zu  Palermo  vom  Jahre  1667  und  über  den  Terzinen  liest  man  die 
Bezeichnung  Nicolò  Franco  erst  von  zweiter  Hand,  welche  auch  das  Gedicht 
durchkorngierte. 

RASSEGNA  BIBLIOGRAFICA: 

Gerini ,  GH  scrittori  pedagogici  italiani  del  secolo  decimoquinto. 
Woodward,  Vittorino  da  Feltre  and  other  humanist  educators:  essays 
and  versions  (Renier). —  Cian,  Italia  e  Spagna  nel  secolo  XVIII.  Giovane 
battista  Conti  e  alcune  relazioni  letterarie  fra  V  Italia  e  la  Spagna  nella 
seconda  metà  del  settecento  (Farinelli,  wie  immer  mit  vielen  wertvollen  und  ge- 
lehrten Bemerkungen).  —  Bertoldi  e  Mazzatinti,  Vincenzo  Monti,  Lettere 
inedite  e  sparse.   Voi,  I — //  (Roberti). 

BOLLETTINO  BIBLIOGRAFICO: 

Rajna,  Dante  Alighieri»  Il  trattato  „De  vulgari  eloquentia",  Cres- 
cini.  Di  una  data  importante  nella  storia  della  epopea  franco 'Veneta, 
Dorez,  Le  sac  de  Rome  (1527).  Relation  inédite  de  Jean  Cave,  Orléanais* 
Castellani,  Pietro  Bembo  bibliotecario  della  Libreria  di  S,  Marco  in  Venetia 
(1530 — 1543).  Mazzatinti,  La  biblioteca  dei  re  d*  Aragona  in  Napoli. 
Valmaggi,  G,  Parini.  Il  Giorno,  le  Odi,  il  Dialogo  della  Nobiltà,  eon 
introduzione  e  commento.  Parte  I.  Il  Giorno.  Scotti,  La  vita  e  le  opere 
di  Aurelio  Bertela,  con  documenti  inediti  in  appendice.  Croce,  Studi  storici 
stilla  rivoluzione  napoletana  del  1799.     Vivaldi,    Varia, 

ANNUNZI  ANALITICI,   PUBBLICAZIONI  NUZIALI. 

COMUNICAZIONI  ED  APPUNTI: 

G.  Boffito,  Antica  drammatica  piemontese.  Einige  wenige  Notizen  zu 
den  piemontesischen  Rappresentationen  im  15.  Jahrhundert,  nebst  einigen,  vor 
der  Hand  wegen  Mangels  an  Material  nicht  genügend  begründeten  Ver- 
mutungen, so  die  über  die  Aufführung  in  Cuneo  1424  S.  344  o.  Da  doch 
in  dem  Chronicon  Cunei  unzweifelhaft  auf  eine  Vorstellung  der  Drei  Könige 
aus  dem  Morgenlande  hingewiesen  wird ,  ist  vs  unklar,  wie  B.  S.  344  noch 
betonen  kann ,  dafs  es  sich  natürlich  nicht  um  die  von  D' Ancona  erwähnte 
Stella  handeln   könne.     Ueber  deren  Inhalt   konnte  er  sich  schon,    wenn  er 


GIORNALE  STORICO  VOL.  XXX.  I4I 

nicht  Gaspary  Band  II  nachlesen  wollte,  in  D'  Ancona'  I  S.  436  unterrichten, 
eine  Stelle,  die  er  übersehen  zu  haben  scheint.  P.  Toynbee,  The  coins  de- 
nominated  Santelene  by  Dante  (Conv,  IV,  II),  meint  mit  Du  Gange  sicher 
mit  Recht,  dafs  mit  Santelene  überhaupt  byzantinische  Münzen  gemeint  sind. 
Viele  von  ihnen  trugen  das  Zeichen  des  Kreuzes  und  erhielten  daher  ihren 
Namen  von  der  Auffinderin  des  Heiligen  Kreuzes,  der  Mutter  Konstantins, 
welcher  dann  verallgemeinert  wurde.  Derselbe,  Dante's  theory  as  to  the 
projection  of  the  shadow  of  the  earth  {Par.  IX»  118 — 119).  Sie  stammt  aus 
Alfìraganus  Liber  de  aggregatione  scientiae  stellarum.  Derselbe,  A  mis- 
reading-  in  recent  editions  of  Dante's  letter  to  Can  Grande  {Epist.  X,  22) 
weist  darauf  hin,  dafs  Ecclesiastici  (nicht  Ecclesiastes)  42  zu  lesen  ist. 
M«  Sappa,  Una  probàbile  fönte  delV  episodio  della  »»vergine  cuccia",  zeigt, 
dais  Parini  diese  Episode  wahrscheinlich  einer  Stelle  der  1764  aufgeführten 
Pitocchi  fortunati  Gozzis  entlehnt  hat.  N.  Tamassia,  /  nomi  dei*  bravi 
ne*  „Promessi  Sposi*'  weist  die  beiden  Namen  Sçuinternotto  und  Tanabuso  in 
öffentlichen  Bekanntmachungen  der  spanischen  Regierung  in  Mailand  nach. 

CRONACA: 

Periodici,  kurze  Mitteilungen,  neuerschienene  Bücher. 

Berthold  Wiese. 


TlOTliania  No.  loi,  Janvier  1897,  T.  XXVI. 

A.  Jeanroy,  Études  sur  le  cycle  de  Guillaume  au  court  nez  (suite). 
In  diesem  zweiten  Artikel  über  die  Bildung  des  Epencyclus  von  G,  au  c.  n, 
(zum  ersten  s.  hier  21,  307  f.)  erörtert  J.  das  Verhältnis  des  Charroi  de  Nismes 
und  der  Prise  d*  Orange  zu  Enfances  [und  Moniage  Guillaume,  erklärt  die 
letztere,  gegen  Becker,  für  jünger  und  ebenso  die  Enfances  für  späteren  Ur- 
sprungs als  die  beiden  andern  Gedichte,  für  die  ein  französischer  Spielmann 
die  Materialien  auf  der  Pilgerfahrt  nach  S.  Gilles  am  Ende  des  1 1 .  Jhs.  ge- 
sammelt hätte.  Sein  überarbeitet  und  unvollständig  auf  uns  gekommenes 
Credicht  hätte  noch  von  einer  Belagerung  von  Orange  und  der  Einnahme  von 
Tortosa  gehandelt,  worüber  Andeutungen  zu  machen  die  Verfasser  der  vita 
Wiüelmi,  die  sonst  von  der  chanson  de  ^^j/^- Dichtung  beeinflufst  worden 
sind,  selbst  in  der  Lage  waren,  da  sie  die  Ueberlieferungen  darüber  in  der 
Nähe  ihres  Klosters  vorfanden.  Auf  diesen  Ueberlieferungen  beruhe  auch  die 
nicht  vor  11 50  entstandene  Moniage  G.  Die  historische  Person,  aufweiche 
die  in  der  Prise  d*  Orange  behandelten  Vorgänge  übertragen  wurde,  ist  Wilhelm 
von  Toulouse,  mit  dem  nach  seinem  Tode  ältere  und  jüngere  Bekämpfer  der 
Sarazenen  zusammenflössen.  In  mehreren  wesentlichen  Punkten  berührt  sich 
diese  Auffassung  mit  der  von  mir  im  „Grundrifs  der  rom.  Phil.*'  II  i  S.  451; 
467  t  (im  Druck)  vorgetragenen  Ansicht,  worauf  ich  im  voraus  verweise.  Ob- 
gleich ich  von  jeher  in  imd  aufser  den  Vorlesungen  den  Standpunkt  vertreten 
habe,  dais  vor  der  Konstruktion  von  untergegangenen  Vorläufern  altfrz.  Epen- 
dichtungen  vor  allen  Dingen  versucht  werden  müsse,  die  zwischen  den  erhal- 
tenen Epen  etwa  bestehenden  litterarischen  Zusammenhänge  zu  ermitteln,  Dich- 
tung also  aus  Dichtung  abzuleiten,  und  die  Frage  der  Epenbildung  zunächst 
mit  Hilfe  der  handschriftlichen  Ueberlieferung  zu  beantworten,  kann  ich  Becker, 
der  diesen  Standpunkt  in  der  Guillaumefrage  scharfsinnig  und  vielfach  erfolg- 
reich verficht,  im  gegenwärtigen  Falle  nicht  zustimmen,  da  auch  für  mich  die 


142  BESPRECHUNGEN.     G.  G^ 

Guillaume-Epik  von  Wilhelm  von  Toulouse  ihren  Ausgangspunkt  nimmt  und 
hier  weit  zurückliegende  historische,  nicht  lediglich  litterarische  Ueberlieferung, 
wie  allerdings  bei  vielen  Branchen  des  Cyclus,  in  Frage  zu  koomien  scheint. 

P.  Rajna,  Contributi  alla  storia  dell*  epopea  e  del  romanzo  medievale. 
IX.  Altre  orme  antiche  deW  epopea  Carolingia  in  Italia,  R.  verfolgt  die 
Spuren  der  Bekanntschaft  Italiens  und  der  Verbreitung  der  chansons  de  geste 
in  Italien  von  den  gesta  Guiscardi  (um  iioo)  bis  in  die  zweite  Hälfte  des 
13.  Jhs.,  wo  noch  der  Jurist  Odofredus  Zeugnis  dafür  ablegt.  Sehr  sorgfältig 
wird  dabei  in  Erwägung  gezogen,  inwieweit  die  Andeutungen  der  Zeugen 
über  Epen  zu  den  uns  erhaltenen  chansons  de  geste  stimmen.  Mit  den  Be- 
merkungen Demaisons  {Mort  d^Aimeri,  Einl.)  kann  ich  ein  frz.  Gedicht  aber 
die  Gesandtenanekdoten  (s.  hier  5,  177;  dazu  Rajna  S.  45  Anm.)  so  wenig  wie 
durch  R.'s  Ausführungen  für  erwiesen  halten. 

A.  Morel-Fatio,  Version  napolitaine  d*un  texte  catalan  du  Secretufn 
secretorum  (mit  Lichtdrucktafel).  Die  ital.  Version  steht  in  Hs.  Paris,  BibL 
nat.  Ms.  ital.  No.  447  und  ist  1 479  von  dem  Neapolitaner  Cola  de  Jennaro 
im  Gefängnis  zu  Tunis,  in  dem  er  18  Jahre  verweilen  mu&te,  für  den  König 
Ferdinand  I.  von  Aragon  und  Neapel  geschrieben,  nachdem  ihm  die  catala- 
nische  Uebersetzung  des  Secretum  in  die  Hände  gefallen  war,  die  zuvor  ein 
in  Tunis  gestorbener  Spanier  besessen  hatte.  Ueber  Cola  de  Jennaro  und 
sein  Schicksal  ist  noch  nichts  ermittelt. 

MELANGES.  P.  M.,  Eloge  d'un  ¿pervier.  Aus  Hs.  Bibl.  nat.  12560; 
eine  Spalte,  der  einzige  Rest  eines  unbestimmbaren  Textes,  41  Verse,  £nde 
13.  Jhs.,  in  dem  der  Sperber  als  Jagdtier  gepriesen  wird.  Manches  ist  noch 
unverständlich. 

Ders.,  Le  fableau  du  héron  ou  la  fille  mal  gardée.  Ein  Seitenstâck 
zu  dem  obscönen  Fablel  Guerins  De  la  grue,  bei  Montaiglon  und  Raynaud 
No.  126,  nach  den  Sprachformen  England  angehörig,  Hs.  Ende  13.  Jhs. 

Ders.,  Couplets  sur  le  mariage,  Erwägungen  über  das  Für  und  Wider 
der  Heirat,  die  ein  leichtlebiger  Jerusalempilger,  den  der  Patriarch  von  seinen 
Sünden  freigesprochen  hat,  in  der  Weise  anstellt,  wie  es  in  damaligen  lai. 
Schmähgedichten  über  die  Frauen  üblich  war;  vgl.  Grundriis  der  rom.  PhiL 
II  I,  380 16 f-  u.a.  Die  Hs.,  ein  Blatt,  dem  der  erste  Vers  des  Gedichts  fi^t» 
das  in  einreimige  8 — 11  zeilige  Strophen  zerfällt  und  in  8  silb.  Versen  veria&t 
ist,  ist  im  Ausgang  des  13.  Jhs.  in  England  geschrieben.  Die  Erwähnung  des 
predigenden  Patriarchen  veranlafst  M.  zu  der  Vermutung,  dafs  das  Gredicht 
vor  1187  geschrieben  sein  könnte.  V.  35  statt  ovrage  vielleicht  orage.  Wind; 
V.  51  läfst  sich  auch  Taunt  devroie  estre  d'une  cert  schreiben;  v.  54  — i  1. 
et  me  desert  \  v.  55  1.  Femme  ke  a  home  a  ce  revert,  wegen  ke  mit  zu  eli- 
dierendem e  vgl.  V.  67,  76,  und  wegen  revertir  Godefroi  ;  v.  76  L  ^«  ceu 
munt;  v.  82  1.  eis;  zu  Strophe  II  vgl.  die  Ausführung  in  dem  satirischen  Ge- 
dicht bei  Stengel,  Cod.  Digby  S.  38  v.  109— 122;  v.  98  past  st.  pastur  = 
appât?;  s.  Godefroi,  freilich  ist  suivre  past  nicht  belegt;  v.  104  worauf  bezieht 
sich  la?  Offenbar  ist  die  Frau  gemeint;  daher  ist  im  Voraufgehenden  eine 
Zeile  ausgefallen,  wo  von  femme  die  Rede  war.  Demnach  zählen  nur  Str.  X 
(10  V.)  und  10  (II  V.)  nicht  nur  8  Verse.  In  Str.  i  ist  aber  v.  3  entbehrlich, 
V.  5  störend,  da  v.  6  Apposition  zu  de  deus  maus  in  v.  4  ist.  In  Str.  10  scheint 
die  Dunkelheit  behoben  zu  werden ,  wenn  der  mit  v.  79  gleichsinnige  (v^ 
auch  das  zweimalige  e  jo)  v.  81  und  v.  84  (wo  la  wohl  auf  das  entfernte  espouses 


ROMANIA   NO.  lOI.  143 

gehen  soll)  und  85  als  eingeschoben  beträchtet  werden  :  „Die  besten  Menschen 
hatten  Frauen,  (aber)  wenn  sie  alle  betrogen  worden  sind,  soll  denn  ich,  der 
ich  zu  den  Sündern  zahle,  auf  mich  nehmen,  was  sie  auf  sich  nahmen;  nie 
will  ich  darüber  erröten." 

Ders.,  Restitution  d^une  chanson  de  Peire  Guillem  de  Luserne,  im  An- 
schlufs  an  Guárnenos  Ausgabe  der  Lieder  des  Dichters. 

Ders.,  Les  jours  d"*  emprunt  diaprés  Alexandre  Neckatn.  P.M.  weist 
zu  der  verbreiteten  Erzählung  von  den  kalten  Tagen,  die  ein  Monat  dem 
andern  entleiht,  um  einen  Spötter  zu  strafen,  die  älteste  schriftliche  Fassung 
bei  Alex.  Neckam  de  naturis  rerum,  c.  191,  nach  und  vertritt  die  Ansicht, 
dais  die  Erzählung  eine  individuelle  Conception  darstelle. 

Ov.  Densusianu,  Roumain  spalare  =  laver,  von  *ex-pellare  {axLS pellis) 
orspr.  abhäuten;  dafs  ein  „vulgärlat."  pellare  bestanden  habe,  ist  nicht  wahr- 
scheinlich gemacht. 

COMPTES  RENDUS:  Mélanges  de  philologie  romane  dédiés  à  Cari 
Wahlund  à  F  occasion  du  cinquantième  anniversaire  de  sa  naissance  (G.  P.); 
Etudes  d*  histoire  du  moyen  âge  dédiées  à  Gabriel  Monod  (G.  P.);  G  ehrt, 
Zwei  altfrz.  Bruchstücke  des  Floovant  (G.  P.)  ;  R  a j  n  a ,  //  trattato  De  vul- 
gari  eloquentia  (per  cura  di  P.  R.;  Paget  Toynbee);  Cotarelo  y  Mori,  Don 
Enrique  de  Vülena;  su  vida  y  obras  (Morel-Fatio) ;  D.  Ciàmpoli,  /  codici 
francesi  della  R.  Biblioteca  nazionale  di  S.  Marco  in  Venezia  descritti  e 
illustrati  (P.  M.);  Recueil  d^anciens  inventaires  imprimés  sous  les  auspices 
du  comité cU s  travaux  historiques,  section  d'archéologie,  T.I  (P.  M.);  E.  Rol- 
land, Flore  populaire  ou  Histoire  naturelle  des  plantes  dans  leurs  rapports 
avec  la  linguistique  et  le  folk-lore.   T.  I  (A.  Beaunier). 

PERIODIQUES:    Zeitschrift  fur  rom.  Phil.  XX,  4  (P.M.,   G.  P.).*  — 


*  Gegen  meine  Bemerkung  (Zs.  20,  555)  zu  der  Abhandlung  P.  Meyers 
in  Romania  25,  529  ff.,  dafs  die  von  ihm  daselbst  festgestellte  Grenze  des 
ch\ß)  j(a)  und  c{a)  g{a)  -  Gebiets  „merkwürdigerweise  jenseits  der  BJione  unge- 
fähr mit  der  Grenze  zusammenfalle,  die  man  für  das  Iberer  gebiet  gegen 
Norden  ermittelt  zu  haben  glaubt,  während  diesseits  der  Rhone  das  Gebiet 
der  ehemaligen  ligurischen  Salluvier  (Provence)  ein  ta -Gebiet  gewesen  zu 
sein  scheine,  in  dessen  mittlerem  Teil  nur  (Basses  Alpes)  jetzt  auch  ch  auf- 
tritt**, erhebt  derselbe  1.  c.  S.  144  Anm.  i  den  Einwand,  i.  daCs  wir  Genaueres 
über  die  Ausdehnung  der  von  den  Iberern  und  Ligurern  zur  Zeit  der  römi- 
schen Eroberung  inne  gehabten  Gebiete  nicht  wissen;  2.  dafs  zur  Zeit,  wo  das 
Lateinische  an  die  Stelle  der  Sprache  der  Eingesessenen  trat,  ein  guter  Teil 
des  iberischen  und  ligurischen  Gebietes  der  Sprache  nach  keltisch  geworden 
war,  und  3.  daCs,  da  wir  von  der  Sprache  der  Iberer  und  Ligurer  zu  jener  Zeit 
nichts  wissen,  die  vermutete  Coincidenz  keinen  Schlufs  zu  ziehen  erlaube. 
GewiCs.  Wenn  es  nun  aber  doch  seine  Gründe  haben  mufs,  warum  ca  gegen 
Norden  an  bestimmter  Stelle  aufhört  imd  ch  eine  gewisse  Linie  nicht  über- 
schreitet, und  wenn  ch  nicht  der  nächste  Lautverwandte  zu  cat  sondern  der 
Endpunkt  einer  Entwicklungsreihe  ist,  in  der  sich  zwischen  ca  und  ch  Ueber- 
gange  wie  kj  tj  stellen ,  die  artikuliert  worden  sein  mufsten ,  bevor  ch  ent- 
stehen konnte,  die  aber  aus  einer  ebenfalls  aufzusuchenden  Ursache  auf  jenen 
Grenzlinien  untergegangen  wären,  obwohl  sie  den  Bewohnern  der  Grenze  des 
cha-  und  ta-Gebietes  das  gegenseitige  Verständnis  zu  erleichtern  geeignet 
waren,  so  ist  man  darauf  hingewiesen  ein  Verkehrshindernis  oder  eine  Verkehrs- 
stönmg  an  derselben  aufzusuchen,  die,  wofern  sie  nicht  eine  topographische 
war,  nur  von  nationaler  Art  gewesen  sein  kann.  Doch  gehe  ich  auf  die 
Frage,  bei  der  auch  wieder  in  Erwägung  zu  ziehen  ist,  ob  man  sich  die  Aus- 
breitang  der  lat.  Sprache   in   den   römischen   Provinzen   flutartig   von   einer 


144  BESPRECHUNGEN.     G.  G.,   ROMANIA  NO.  lOI. 

Romanische  Forschungen  Vili  No.  i.  2.  3.  4;  IX  i.  2.  3  (P.M.).  —  Revista 
critíca  de  historia  y  literatura  españolas,  portuguesas  é  hispano-americanas,  de 
Madrid.  März  1895  ^^^  Oktober  1896  (A.  M.-F.).  —  Revue  de  philologie  fran- 
çaise et  provençale  p.  p.  Clé  da  t,  T.  VIII  No.  i — 4. 

CHRONIQUE.  Nekrologe  (  J.  Child  ;  A.  Stíckney,  Biancho  Bianchi).  — 
Personalnachricht.  —  Bibliographische  Mitteilungen.  —  Kurze  Beurteilungen 
neuer  Bücher. 


Stelle  in  einem  heutigen  romanischen  Schriftsprachgebiet  aus  zu  denken  habe, 
wie  es  geschieht,  wenn  lediglich  „Lautgrenzen"  zugestanden  werden,  oder  ob 
die  historische  Ueberlieferung  fordere,  eine  Ausbreitung  des  Lateinischen  von 
verschiedenen  „Sprachcentren"  innerhalb  einer  Provinz  anzunehmen,  wobei 
dann  der  Bestand  von  und  die  Berichte  über  Mundarten  bei  den  Schrütstellem 
des  Mittelalters  ihre  Erklärung  fanden,  hier  nicht  ein.  Ich  bemerke  nur,  dafs 
das  angrenzende  Gallier-  und  Ligurergebiet  in  Norditalien,  Piémont  und  Li- 
gurien sich  hinsichtlich  des  cha  und  ca  ebenso  verhält  wie  der  Norden  und 
Süden  der  „Provincia"  ;  dafs  nach  Strabo  4  c.  2  in  Aquitanien  nur  die  Bituriges 
(Hptst.  Bordeaux)  an  der  Garonnemündung  Gallier  waren,  dais  in  der  Pro- 
vincia noch  unter  Cäsar  (I  c.  6)  unterjochte  Stamme  (z.  B.  die  Allobroger, 
Hptst.  Genf)  lebten,  die  sich  so  wenig  schon  romanisiert  hatten  wie  die 
Bundesgenossen  der  Römer,  die  Häduer,  die  im  Beginn  des  gallischen  Krieges 
der  Dolmetscher  (interpretes  I  c.  19)  bei  ihren  Unterhandlungen  mit  Cäsar  be- 
durften, und  die  mit  den  Römern  ebenfalls  verbündeten  Vocontier  (Dauphiné), 
die  in  der  Provincia  auch  zu  seiner  Zeit  nach  eignen  Gesetzen  lebten  (Qbar 
I  c.  10)  ;  femer,  dafs,  solange  die  Alten  von  Stämmen  wie  z.  B.  den  Ligurem, 
die  noch  Strabo  2,  128  stammverschieden  von  den  Galliern  nennt,  als  von 
Volksindividualitäten  sprechen,  mit  ihnen  als  solchen  zu  rechnen  ist,  mag 
auch  ein  noch  so  grofses  Gebiet  ihrer  einstmaligen  Herrschaft  an  ein  anderes 
Volk  übergegangen  sein.  Ob  und  wie  dadurch  die  Sprache  der  ersten  Herrscher 
berührt  worden  sei,  entzieht  sich  unserer  Kenntnis;  jedenfalls  aber  folgte  dem 
Wechsel  der  Herrschaft  nicht  ein  Wechsel  der  Sprache  auf  dem  Fufse.  Ana- 
logien lehren,  dafs  die  Sprache  eines  beherrschenden  fremden  Volkes  nur  im 
langsamen  Prozefs  von  Eingesessenen  übernommen  wird  und  dafs,  wo  von 
Celtiberern  und  Celtoligurern  gesprochen  wird,  es  nicht  notwendig  schon  eine 
celtiberische  und  celtoligurische  Mischsprache  gegeben  hat,  sondern  nur  ein 
politisches  Gebiet  gemeint  sein  kann,  auf  dem  die  Sprachen  der  beidoii  be- 
zeichneten Völker  gehört  wurden  und  Menschen  lebten,  die  entweder  nur 
die  eine  oder  die  andere  oder  beide  Sprachen  zugleich  redeten.  Doch  ist 
hier  nicht  die  Deutung  der  alten  Ueberliefenmgen  über  Völker  und  Sprachen 
Frankreichs  vorzunehmen.  Es  kommt  hier  lediglich  darauf  an  das  Vorhanden- 
sein eines  vielleicht  lösbaren  Problems  festzustellen  und  die  Richtung,  in  der 
es  der  Lösung  entgegengeführt  werden  kann,  anzuzeigen.  Wem  das  lokale  Zu- 
sammenstofsen  von  cha  und  ca  begreiflich  ist,   wird   die  Beschäftigung  damit 

natürlich  nicht  als  seine  Angelegenheit  betrachten. 

G.  G. 


üeber  Gaillaume  de  Machauts  Voir  Dit. 

Einleitung.     Litteratur. 

Mit  Guillaume  de  Machauts  Hauptwerk  Le  livre  du  voir  dit 
hat  sich  seit  seiner  Herausgabe  durch  P.  Paris  keine  Schrift  ein- 
gehender beschäftigt.  Man  glaubte,  durch  diesen  Gelehrten  seien 
alle  Schwierigkeiten,  die  dem  Verständnis  des  Gedichts  entgegen- 
stehen, beseitigt.  Die  Angaben  über  Litteratur  sind  daher  nicht 
umfangreich.  Was  in  früherer  Zeit  über  das  Buch  geschrieben  ist, 
wird  durch  P.  Paris  wertlos  gemacht.  Der  Titel  dieser  einzigen 
Ausgabe  lautet:  Le  livre  du  voir-dit  de  Guillaume  de  Machaut  où 
sont  contées  les  amours  de  Messire  Guillaume  de  Machaut  et  de 
Péronnelle  Dame  d'Armentières.  Avec  les  lettres  et  les  réponses, 
les  ballades,  lais  et  rondeaux  du  dit  Guillaume  et  de  la  dite  Péron- 
nelle. Paris  1875.  Die  Ausgabe  ist  nach  drei  Handschriften  der 
Pariser  Nationalbibliothek  gemacht,  die  aus  des  Dichters  Zeit  sind 
und  die  Nummern  1584,  9221  und  22545  tragen.  In  unserer  Ab- 
handlung sollen  sie  mit  A,  B,  C  bezeichnet  werden. 

Eine  Besprechung  der  Ausgabe  befindet  sich  in  der  Revue 
critique  d'histoire  et  de  littérature,  1875  No.  121,  von  Thamizey  de 
la  Roque  herrührend,  die  sich  aufs  äufserste  anerkennend  verhält 
und  die  von  P.  Paris  gefundenen  Resultate  als  unwiderlegbar  be- 
zeichnet 

Teile  des  Werkes  hat  Prosper  Tarbé  herausgegeben  in  der 
Collection  des  poètes  de  Champagne,  u.  zw.  1849  in  dem  Bande: 
Les  œuvres  de  Guillaume  de  Machaut,  wo  sich  u.  a.  Auszüge  aus 
30  Briefen  des  Voir  Dit  finden,  und  1856  in  der  Sonderausgabe: 
Poésies  d'Agnès  de  Navarre-Champagne,  Dame  de  Foix.  Paris  und 
Reims.  1856.  In  diesem  Bande  sind  die  Gedichte  zusammengestellt, 
die  angeblich  von  der  Dame  des  Dichters,  d.  h.  wie  Tarbé  an- 
nimmt, von  Agnes  von  Navarra,  sind.  In  der  sehr  ausführlichen 
Einleitung  wird  das  Leben  dieser  Prinzessin  behandelt  und  im 
Zusammenhang  damit  auch  eingehend  le  livre  du  voir-dit 

P.  Tarbé  nimmt  also  an,  die  Heldin  des  Gedichts  sei  Agnes 
von  Navarra.  Das  ist  eben  die  Hauptschwierigkeit  für  das  Ver- 
ständnis des  Werkes,  dafs  der  Dichter  keine  bestimmten  Namen 
angegeben  hat,  sondern  Orts-  und  Personennamen  vermeidet  und 
den  Leser  die  Hauptpersonen  nur  erraten  läfst. 

Zeitschr.  £  rom.  Pbil.  XXII.  XO 


146  G.  HANF, 

Tarbé  ist  nicht  der  erste,  welcher  auf  Agnes  von  Navarra  ge- 
kommen ist.  Er  ist  im  Gegenteil  zu  seiner  Meinung  durch  zwei 
Gelehrte  aus  dem  vorigen  Jahrhundert  gebracht  worden  und  hat 
deren  Ansicht  ohne  weiteres  zur  seinigen  gemacht.  Dafs  diese 
nicht  haltbar  ist,  hat  P.  Paris  in  der  Einleitung  seiner  Ausgabe  ge- 
zeigt. Tarbé  nimmt  als  Abfassungszeit  des  Gedichts  das  Jahr  1 348 
an,  während  vielmehr,  wie  P.  Paris  richtig  gezeigt  hat,  die  Jahre 
1363 — 65  als  solche  anzusetzen  sind.  —  Der  erste  der  beiden 
Forscher  des  vorigen  Jahrhunderts,  welcher  über  das  Voir  Dit 
spricht,  ist  der  Graf  Cay  lus  in  den  Mémoires  de  l'académie  des 
inscriptions  et  belles  -  lettres,  Bd.  XX:  Premier  Mémoire  sur  Guil- 
laume de  Machaut,  Poete  et  musicien  dans  le  quatorzième  siècle. 
Contenant  des  recherches  sur  sa  vie,  avec  une  notice  de  ses  prin- 
cipaux ouvrages.  Er  behandelt  das  Objekt  des  Buches  ausführ- 
licher mit  folgenden  Worten:  L'histoire,  les  romans  même  ne  four- 
nissent presque  point  d'exemples  d'un  amour  né  sans  avoir  vu, 
par  la  seule  estime  du  caractère,  ou  par  le  goût  pour  les  talens: 
mais  ce  qui  ajoute  encore  beaucoup  à  cette  singularité,  c'est 
qu'Agnès  de  Navarre,  la  Princesse  dont  il  s'agit  ici,  veuille  ab- 
solument que  les  détails  de  ses  amours,  les  lettres,  ses  faiblesses 
mêmes,  soient  rendues  publiques.  Je  conviens  qu'elle  n'est  point 
nommée;  mais  si  tout  la  désigne  encore  aujourd'hui,  ses  parens, 
ses  voyages,  son  pays,  combien  toutes  ces  choses  étoient-elles  plus 
frappantes  dans  le  temps  qu'elles  ont  paru?  . .  . 

In  gleicher  Weise  wird  in  dem  Essai  sur  la  musique  ancienne 
et  moderne  par  B.  de  Laborde  et  l'abbé  Roussier,  IV*  vol.,  be- 
hauptet, dafs  le  Voir  Dit  die  Liebe  des  Dichters  zu  der  Dame 
behandle,  der  das  Werk  gewidmet  sei,  und  das  sei  Agnes  von 
Navarra. 

Im  Gegensatz  dazu  glaubt  P.  Paris  die  Heldin  in  Péronnelle 
d' Armentieres  gefunden  zu  haben,  eine  Ansicht,  auf  die  wir  gleich 
zurückkommen  werden. 

Es  hat  indes  auch  nicht  an  Stimmen  gefehlt,  die  behaupten, 
das  ganze  Buch  schildere  nichts  wirklich  Geschehenes,  sondern 
alles  sei  vom  Dichter  erfunden.  Die  Berechtigung  solcher  Zweifel 
giebt  schon  Tarbé  in  der  Einleitung  zu  den  Poésies  d'Agnès  de 
Navarre  zu,  wenn  er  sagt  S.  XIV:  Si  par  hasard,  cet  original  rédt 
n'était  qu'un  badinage,  ce  serait  encore  le  premier  roman  d'amour 
dont  notre  poésie  n'aurait  pas  emprunté  le  sujet  au  monde  fan- 
tastique des  épopées  guerrières.  Quelques  doutes  sur  la  sincérité 
de  ce  récit  viendront  peut-être  au  lecteur.  La  lecture  attentive 
du  Voir-Dit  révèle  des  lacunes,  des  omissions  volontaires.  Doch 
weist  er  solche  Zweifel  damit  zurück,  dafs  er  fortfahrt:  Mais  de 
ce  que  l'auteur  n'a  pas  tout  dit,  il  ne  peut  s'ensuivre  que  ce  qu'il 
a  dit  soit  inexact  Machaut  proteste  lui-même  de  son  respect 
pour  la  vérité.  Un  peu  de  mystère  d'ailleurs,  n'embellit -il  pas  la 
vie  réelle? 

Mit   Entschiedenheit  hat   sich   Mas   Latrie  in   seiner  Vorrede 


UEBER  GUIIXAUME  DB  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 47 

zur  Prise  d'Alexandrie  dahin  ausgesprochen,  dais  nichts  thatsäch- 
lich  Geschehenes»  kein  wirkliches  Ereignis  aus  des  Dichters  Leben 
dem  im  Voir  Dit  Erzählten  zu  Grunde  liege,  obwohl  der  Dichter 
dieses  ausdrücklich  an  vielen  Stellen  behauptet.  M.  Latrie  setzt 
die  Abfassungszeit  des  Buchs  in  die  Jahre  1363/64  und  fährt  dann 
fort:  Cest  là  que  se  placerait  la  liaison  romanesque  dont  le  livre 
du  Voir-Dit,  composé  en  1363  à  1364  —  M.  Paulin  Paris  l'a  sa- 
vamment prouvé  —  renfermerait  la  véridique  histoire  et  les  monu- 
ments authentiques.  L*héroïne  de  l'aventure  est  une  jeune  fille  de 
dix-huit  à  vingt  ans.  Le  héros?  On  Pignore.  Et  peut-être  n'y 
a-t-il  pas  à  rechercher  les  noms  historiques  d'une  situation  très- 
vraisemblablement  imaginaire.  Mais  si  Ton  voulait  y  voir  absolu- 
ment Guillaume  de  Machault,  il  faudrait  se  résoudre  à  parler  d'un 
vieillard,  d'un  goutteux,  d'un  homme  de  75 — 77  ans!  La  discussion 
serait-elle  encore  possible  ou  nécessaire?  Nous  en  appelons  à  un 
nouvel  examen  du  savant  éditeur.  Pour  nous,  il  nous  est  im* 
possible  de  voir  dans  cette  correspondance  d'uniformité  de  rédaction 
surprenante  et  quelque  peu  monotone  autre  chose  qu'une  Nouvelle 
Héloïse  du  moyen-âge.  Gegen  diese  Ansicht  wendet  sich  aufs 
heftigste  G.  Paris  in  der  Revue  historique  IV,  215. 

P.  Paris  nimmt,  wie  erwähnt,  als  Heldin  die  Péronnelle  d^ Armen- 
Itères  an.    Zu  diesem  Ergebnis  ist  er  auf  folgende  Weise  gekommen. 

Im  Voir  Dit  befindet  sich  auf  S.  266  ein  Rondel,  das  den 
Namen  der  Dame  enthält.     Es  lautet: 

Dis  et  septy  cinc^  treize^  quatorze  et  quinze 
M^a  doucement  de  bien  amer  espris. 
Pris  a  en  moy  une  amoureuse  prinse 
Dis  et  sept,  cinc,  treize ,  quatorze  et  quinze. 
Pour  sa  bonté  que  chascun  loe  et  prinse 
Et  sa  biauté  qui  seur  toutes  ont  pris 
Dis  et  sept,  cinc,  treize,  quatorze  et  quinze 
M*a  doucement  de  bien  amer  espris. 

Die  Zahlen  drücken  die  Buchstaben  des  Alphabets  R  E  N  O  P  aus. 
Daraus  folgt  der  Name  Peronne  mit  Verdoppelung  des  n  und  e. 
Damit  ist  der  Vorname  der  Dame  gefunden.  Sodann  sollen  in 
dem  Anagramm  am  Schlufs  des  Gedichts  die  Namen  des  Dichters 
und  der  Dame  enthalten  sein  (S.  370)  : 

En  la  fin  de  ce  livre  prendre 
Vous  convendrá  le  vers  neuvisme 
Et  puis  huit  lettres  de  Vuitisme 
Qui  sont  droit  au  commencement, 
La  verrez  nos  noms  clerement. 

Diese  Verse  lauten  in  der  Ausgabe:  "^ 

Pour  U  changier  nule  autre  dame; 
Madame  le  .  .  » 

In  don  Handschriften  steht  aber  für  dame:  fame. 

IO* 


148  G.  HANF, 

Tarbé  hatte  die  Lösung  gefunden:  Guillaume  de  Machàult  et 
Agnès  de  Navarre^  d^Evreus,  de  Champaigne^  dame  de  Foi^  und  P.  París: 
Guillaume  de  Machaut  und  Perone  d^  Ar  manlier  e. 

Dafs  diese  Lösung,  welche  P.  Paris  giebt,  unmöglich  ist,  hat 
Suchier  gezeigt  in  Band  XXI  der  Zeitschrift  f.  r.  Ph.  S.  541  ff. 

P.  Paris  hat  allerdings  wichtige  Urkunden  entdeckt,  die  seine 
Sache  sehr  zu  stützen  scheinen,  in  den  Grands  Officiers  de  la 
couronne  in  der  Genealogie  des  Hauses  Conñans:  Le  4  novembre 
1362,  messire  Jean  de  Con  flans,  pour  sa  belle-fille  Péronnelle  d^Unchair, 
fit  aveu  de  la  seigneurie  d^ Armeniières  au  chapitre  de  Notre-Dame  de 
Soissons, 

Sonach  ist  im  Jahre  1362  ein  Fräulein  Peronne  d* Armentieres 
minderjährig,  was  mit  dem  im  Gedicht  angegebenen  Alter  von 
15 — 20  Jahren  übereinstimmt.  Indes,  so  sehr  beim  ersten  Anblick 
dieses  Zusammentreffen  überraschen  mag,  es  will  das  nicht  allzu 
viel  besagen,  wenn  P.  Paris  nach  langem  Suchen,  wie  er  selbst 
gesteht,  in  den  Urkunden  ein  junges  Fräulein  Namens  Peronne 
findet,  die  ihrem  Alter  nach  zu  den  Angaben  des  Buchs  pafst. 
Dafs  der  Familienname  auch  stimmen  kann,  ist  nur  durch  eine 
Vergewaltigung  des  Textes  möglich.  Wenn  man  bei  derartigen 
Anagrammen  Aenderungen  vornimmt,  kann  man  allerdings  viel 
heraus-  oder  vielmehr  hineinlesen. 

Um  die  Sache  noch  wahrscheinlicher  zu  machen  und  zugleich 
die  etwa  anzuführenden  Gründe  gegen  das  Unnatürliche  des  Ver- 
hältnisses wegen  des  verschiedenen  Alters  beider  zu  entkräften, 
.  führt  P.  P.  das  Verhältnis  Goethes  zu  Bettina  von  Arm'm  an.  In- 
dessen, mag  dies  auch  die  mögliche  Begeisterung  eines  jungen 
Mädchens  für  einen  alten  Dichter  erklären,  auch  hier  hat  die 
Forschung  erwiesen,  dafs  der  Briefwechsel  von  Bettina  gefälscht 
ist.  Warum  kann  hier  nicht  das  Umgekehrte  der  Fall  sein,  zumal 
dem  Dichter  dadurch  ein  spannender  Stoff  gegeben  wurde,  der  ihn 
interessant  machte  und  den  Leser  angenehm  unterhielt. 

Positive  Angaben  des  Dichters  über  den  Familiennamen  der 
Dame  liegen  also  nicht  vor.  Durch  Urkunden  können  wir  diese 
Frage  kaum  entscheiden.  Es  ist  daher  ein  anderer  Weg  einzu- 
schlagen, um  die  Schwierigkeit  zu  überwinden.  Aus  dem  Innern 
des  Buchs,  aus  der  Art  der  Abfassung,  dem  Stil,  sachlichen  An- 
gaben müssen  wir  zu  erfahren  suchen,  ob  Thatsachen  dem  Er- 
zählten zu  Grunde  liegen,  oder  ob  Mängel  und  Widersprüche  im 
Inhalt  und  der  Komposition,  vielleicht  noch  andere  Anzeichen  uns 
dahin  führen,  das  Ganze  für  reine  Dichtung  zu  halten.  Natürlich 
kann  nur  ein  Wahrscheinlichkeitsbeweis  geführt  werden.  Daher 
müssen  wir  zuerst  zusammenstellen,  welche  Angaben  über  den  Ver- 
lauf der  Liebesgeschichte,  über  die  Dame  und  ihre  Familie,  über 
sonstige  Personen,  Orts-  und  Zeitbestimmungen  sich  im  Voir  Dit 
finden. 


UEBBR  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  14g 

Der  Verlauf  der  Liebesgeschichte 

ist  folgender  nach  den  im  Gedicht  angegebenen  und  angedeuteten 
Thatsachen  und  Daten. 

Es  ¡st  im  Spätsommer  des  Jahres  1362.  In  dem  Garten  seines 
schönen  Besitztums  sitzt  der  Dichter  im  warmen  Sonnenschein, 
um  sich  von  schwerer  Krankheit  zu  erholen,  da  sein  altes  Leiden, 
die  Gicht,  ihn  wieder  hart  angegriffen  hat.  In  seiner  beschaulichen 
Mufse  denkt  er  über  einen  Gegenstand  nach,  der  sein  Dichterherz 
begeistern  und  zu  Liebesliedern  entflammen  könnte.  Doch  hat 
seit  sieben  Jahren  keine  Liebe  in  seinem  Herzen  Einzug  gehalten, 
er  trauerte  um  ein  verlornes  Lieb.  Da  wird  ihm  jetzt  durch  einen 
langjährigen  Freund,  Namens  Henri,  den  er  lange  nicht  gesehen 
hat,  ein  Rondel  von  einer  jungen,  schönen  und  vornehmen  Dame 
ûbersandt,  worin  diese  ihrer  Neigung  zu  Guillaume  Ausdruck  ver- 
leiht. Der  Dichter  ist  dadurch  aufs  höchste  beglückt,  wird  von 
seiner  Krankheit  ganz  geheilt  und  ist  sofort  bereit,  den  angebotenen 
brieflichen  Verkehr  mit  ihr  einzugehen.  Er  antwortet  mit  einem 
Rondeau;  bald  folgt  ein  Brief  von  der  Dame,  den  der  glückliche 
Dichter  sofort  envidert.  Da  der  Bote  aber  nicht  sogleich  zu  ihr 
zurückkehrt,  bleibt  der  Liebende  zwei  Monate,  bis  zum  Dezember, 
ohne  Nachricht,  was  —  wohl  im  Verein  mit  der  winterlichen 
Witterung  —  ihn  wieder  aufs  Krankenlager  wirft.  Neue  Kunde 
von  seiner  Dame  erweckt  ihn  aber  zum  zweiten  Male  vom  Tode  auf. 
Der  poetisch -briefliche  Verkehr  wird  fortgesetzt,  Briefe  und  Ge- 
dichte gehen  von  ihm  zu  ihr,  von  ihr  zu  ihm.  Der  Dichter  erhält 
von  dem  Fräulein  auf  seine  Bitten  ihr  Bild,  das  er  zu  Häupten 
seines  Bettes  aufhängt.  Er  verspricht  ihr,  sie  zu  besuchen,  nach- 
dem seine  Bedenken,  dafs  sein  Aeufseres  einen  ungünstigen  Ein- 
druck auf  sie  machen  könne,  von  ihr  durch  einen  liebenswürdigen 
Brief  zerstreut  sind.  Die  ursprünglich  zu  Ostern  beabsichtigte 
Reise  wird  bis  zur  Pfingstzeit  verschoben;  sie  wird  mit  einer  Pilger- 
fahrt verbunden,  die  M.*  in  die  Nähe  des  Aufenthaltsortes  der 
Dame  gelobt  hat.  Er  hätte  diese  Wallfahrt  noch  lange  nicht  unter- 
nommen, nun  dient  sie  ihm  dazu,  die  Reise  zum  Fräulein  zu  ver- 
bergen. Die  Dame  befindet  sich  mit  ihrer  Schwester  allem  An- 
schein nach  in  Paris,  wohin  sie  bei  Beginn  des  Winters  gegangen 
¡st  M.  tritt  (Anfang  Mai)  seine  Reise  an,  begleitet  von  seinem 
Sekretär  und  ein  paar  Dienern,  und  mietet  sich  in  seinem  Wall- 
fahrtsorte ein,  ein  paar  Stunden  von  dem  Orte  der  Dame,  der 
seine  Ankunft  natürlich  sofort  mitgeteilt  wird.  Der  Dichter 
gelobt  hier,  während  seiner  neuntägigen  Pilgerschaft  täglich  zu 
Ehren  der  Dame  ein  Gedicht  zu  machen.  Sein  Aufenthalt  wird 
aber  länger  als  er  ursprünglich  beabsichtigt  hat,  da  der  Dauphin 
ihn  vierzehn  Tage  nachher  zu  sich  nach  Crecy,  das  nicht  sehr 
weit   entfernt   liegt,    entboten  hat.     Dem  Liebenden  ist  diese  Ver- 


^  M.  =  Machaut. 


ISO  G.  HANF, 

längerung  durchaus  nicht  unangenehm.  Die  Dame  wünscht  dringend, 
ihn  zu  sehen.  So  begiebt  er  sich  denn  mit  seinem  Sekretär  zu 
ihr.  Anfangs  äufserst  erregt  und  bestürzt,  so  dafs  er  vor  Ver- 
wirrung nichts  sagen  kann,  überwindet  er  infolge  des  freundlichen 
Zuspruchs  und  der  Liebenswürdigkeit  der  Dame  endlich  seine 
Schüchternheit  Das  Zusammentreñen  findet  in  einem  Obstgarten 
statt  in  Beisein  des  Sekretärs  und  einer  Gesellschafterin  der  Dame, 
die  jedoch  die  beiden  Liebenden  nicht  stört.  Diese  Zusammen- 
künfte im  Garten  wiederholen  sich  öfter.  Der  Dichter  bleibt  in 
dem  Orte  der  Dame  acht  Tage.  Dann  beginnt  er  seine  neuvaine 
von  neuem.  Die  Dame  trifft  ihn  bei  einem  mit  mehreren  Freun- 
dinnen unternommenen  Ausflug,  wo  sie  vom  Regen  überrascht 
worden  sind,  in  seiner  Wallfahrtskirche.  Während  der  folgenden 
Tage  findet  ein  eifriger  Briefwechsel  statt  M.  will  nach  Beendigung 
seiner  newaine  wieder  zu  ihr  kommen.  Die  Dame  hat  gerade  an 
dem  Sonntag,  wo  er  wieder  in  ihren  Ort  kommt,  mit  ihrer  Schwester 
eine  dreitägige  Reise  in  die  Nachbarschaft  unternommen.  Der 
Liebhaber  ist  darüber  sehr  betrübt.  Nachdem  sie  zurückgekommen, 
wagt  er  erst  drei  Tage  lang  nicht  zu  ihr  zu  senden,  bis  er  end- 
lich durch  den  Sekretär  einen  Brief  an  sie  schickt,  worin  er  ihr 
schreibt,  er  glaube  ganz  von  ihr  vergessen  zu  sein.  Die  Dame 
läfst  ihn  sofort  zu  sich  kommen.  Er  bleibt  in  ihrer  Nähe  drei 
Tage;  dann  reist  er  zu  seinem  Herrn,  dem  Dauphin,  der  in  der 
Gegend  von  Crecy  mit  seinem  Gefolge  der  Jagd  obliegt  Er  wird 
sehr  ehrenvoll  und  freundlich  aufgenommen.  Erst  nach  vierzehn 
Tagen  erhält  er  wieder  Urlaub.  Dafs  in  der  Zwischenzeit  Briefe 
gewechselt  werden,  ist  selbstverständlich.  Vor  seiner  Rückkehr 
nach  Reims  will  der  Dichter  noch  einige  Tage  bei  der  Geliebten 
zubringen.  Am  ersten  Abend  haben  sie  eine  Zusammenkunft  in 
dem  Garten,  wo  sie  viel  über  ihre  Liebe  reden.  Hier  verabreden 
sie  für  den  folgenden  Tag  eine  Pilgerfahrt  nach  St  Denis,  wo 
gerade  der  Lendit,  der  grofse  Jahrmarkt,  stattfindet  Die  Dame 
wird  von  ihrer  Schwester  und  einer  Cousine,  Namens  Guillemette, 
begleitet  Nachdem  sie  dort  in  der  Kirche  ihr  Gelübde  erfüllt  hat, 
was  der  eigentliche  Zweck  der  Reise  war,  gehen  sie  durch  die 
Stadt  und  wollen  von  da  aus  nach  Paris  zurückkehren.  Sie  kommen 
durch  La  Chapelle,  wo  so  viele  Leute  sind,  dafs  nirgends  ein 
Unterkommen  zu  finden  ist  Das  Fräulein  ist  durch  die  Sonnen- 
glut sehr  müde  geworden  und  möchte  gern  ausruhen.  Da  finden 
sie  endlich  durch  Vermittlung  eines  angeheiterten  Sergeanten  ein 
Haus  am  Ende  der  Stadt,  wo  ihnen  ein  Zimmer  mit  zwei  Betten 
zur  Verfügung  gestellt  wird.  Die  Schwester  benutzt  sofort  das  eine. 
Der  Dichter  will  draufsen  warten;  doch  er  mufs  sich  trotz  seines 
Sträubens  in  das  andere  zwischen  die  Dame  und  deren  Cousine 
legen.  Nach  der  None  stehen  sie  auf.  Sie  treffen  sich  mit  Be- 
kannten in  einem  Konzertgarten,  wo  sie  den  Abend  mit  Spielen 
und  Anhören  der  Konzertgenüsse  hinbringen.  Die  Damen  werden 
schliefslich  mit  Fackeln  nach  Hause  gebracht.  Das  war  am  1 2.  Juni 


X7SBER  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  I51 

1363.  M.  bleibt  noch  sieben  Tage  in  Paris,  in  stetem  Verkehr 
mit  der  Dame.  Endlich  kommt  der  Tag,  wo  es  gilt  Abschied  von 
ihr  zu  nehmen.  Da  ihm  das  Scheiden  so  schwer  wird,  bescheidet 
die  Dame  ihn  noch  am  Morgen  seiner  Abreise  zu  sich,  empfängt 
ihn  in  ihrem  Schlafgemach  und  giebt  ihm  die  höchsten  Beweise 
ihrer  Liebe,  handigt  ihm  ein  goldenes  Schlüsselchen  zu  ihrem  trésor 
ein,  wahrend  er  ihr  einen  Ring  schenkt.  Dann  scheidet  er  endlich. 
Er  reitet  den  ganzen  Vormittag;  bevor  er  aber  zu  Mittag  ifst, 
schreibt  er  schon  an  die  Geliebte  und  wartet  hier  auch  die  Ant- 
wort ab.  Trotzdem  das  Land  unsicher  ist  von  Plünderern  und  sie 
in  grofser  Gefahr  sind,  da  eine  Bande  erscheint,  die  wohl  dem 
Erzpriester  mit  seinen  Bretonen,  der  damals  das  Land  unsicher 
machte,  angehörte,  gelangen  sie  (der  Dichter  und  seine  Begleiter) 
wohlbehalten  nach  Reims.  Hier  im  Schutze  der  starken  Mauern 
fühlt  sich  M.  erst  wieder  sicher  und  ist  froh,  sein  behagliches  Heim 
erreicht  zu  haben.  Nur  die  Sehnsucht  nach  ihr  und  der  Wunsch, 
so  schöne  Stunden  nochmals  zu  durchleben,  regt  ihn  auf  und  läfst 
ihn  Gedichte  schaffen  und  Briefe  schreiben,  die  von  der  Dame 
bald  erwidert  werden.  Sie  freut  sich  auch,  dafs  er  den  Gefahren 
glücklich  entgangen  ist.  Während  ihres  Zusammenseins  hat  er  mit 
ihr  verabredet,  die  Geschichte  ihrer  Liebe  in  einem  Gedichte  ganz 
nach  der  Wahrheit  zu  schreiben,  dabei  auch  alles,  was  sie  sich 
zugesandt  haben,  einzuñechten,  damit  ihre  Liebe  besonders  zum 
Ruhme  der  Dame  bekannt  werde.  In  seiner  stillen  Mufse  nun  be- 
ginnt er  mit  der  Verwirklichung  dieser  Idee  und  arbeitet  voll  Eifer, 
ihr  später  von  dem  Fortgang  des  Werkes  immer  berichtend,  auch 
Proben  übersendend.  Ihre  gemeinsame  Reise  ist  aber  nicht  unbe- 
merkt geblieben.  Bald  verbreitet  sich  unter  den  vornehmen  Kreisen 
die  Märe  von  der  Liebe  des  greisen  Dichters  zu  dem  siebzehn- 
jährigen Edelfräulein.  Das  ist  entschieden  interessant.  So  kommen 
denn  zu  dem  Klerikus  in  Reims  vornehme  Herren  und  fragen,  ob 
das  grofse  Glück  wahr  sei,  verlangen  auch  Briefe  und  ihr  Bild  zu 
sehen.  Ihr  Lob  ist  in  aller  Munde;  wohl  nicht  ohne  heimlichen 
Spott  preisen  sie  des  Dichters  hohes  Glück  durch  die  Liebe  zu 
der  herrlichen  Maid.  Die  Dame  freut  sich,  als  sie  das  erfährt, 
und  wünscht  selbst  Mitteilung  ihres  süfsen  Verhältnisses,  damit  alle 
Welt  davon  Kunde  erhalte.  Während  sie  bis  jetzt  immer  bei  ihrer 
Schwester  war,  wird  sie  nun  von  ihrem  Geliebten  gebeten,  nach 
Reims  zu  kommen  zur  St.  Nichaise,  da  er  vernommen,  dafs  die 
Schwester  dahin  eine  Wallfahrt  für  ihre  Kinder  machen  will.  Der 
Bruder  der  Dame,  Th.,  wird  sie  mit  ihm  zusammen  bei  der  Porte 
saint  Antoine  treffen.  Sie  will  auch  wirklich  Mitte  August  an  den 
vom  Boten  näher  bezeichneten  Ort  kommen;  doch  soll  er  nicht 
schreiben,  bevor  er  Nachricht  von  ihr  bekommen.  Denn  wegen 
einer  Epidemie  mufs  sie  und  ihre  Schwester  Paris  verlassen  und 
weifs  den  künftigen  Aufenthaltsort  noch  nicht  genau.  Des  Dichters 
Geduld  wird  auf  eine  harte  Probe  gestellt:  es  vergehen  mehrere 
Wochen,   nach   andern  Angaben    über  zwei  Monate,   ohne  dafs  er 


152  G.  HANF, 

etwas  von  der  Dame  hört.  Endlich  am  27.  September  kommt 
wieder  ein  Brief.  Sie  befand  sich  schon  seit  20.  August  an  dem 
neuen  Aufenthaltsorte,  den  sie  gewählt  hat  nach  Verlassen  von 
Paris.  Sie  hat  dann  ihres  Bruders  Güter  mit  der  Schwester  zu- 
sammen besucht,  ist  dort  vierzehn  Tage  geblieben  und  natürlich 
noch  in  der  Champagne.  Der  Bruder  der  Dame,  der  an  den 
Königshof  geht,  kehrt  am  Michaelistage  bei  Machaut  ein  und  wird 
sehr  ehrenvoll  bewirtet.  Die  Dame  ist  jetzt  vielleicht  in  Troyes 
oder  Chalons  (da  eine  Peterskirche  in  dem  Ort  ist,  an  deren 
Pfarrer  der  Dichter  seine  Briefe  senden  soll).  Es  ist  auffallend, 
dafs  die  Dame  ihre  Beziehungen  zu  dem  Geliebten  möglichst  ge- 
heim zu  halten  sucht,  vor  allem  auch  ihrem  Bruder  als  eine  harm- 
lose Korrespondenz  hinstellt.  In  Reims  ist  im  Oktober  der  König, 
so  dafs  aufserordentlich  reges  Leben  da  herrscht.  In  des  Dichters 
Hause  wohnt  der  Herzog  von  Bar,  so  dafs  der  Dichter  nicht  viel 
an  seinem  Buche  arbeiten  kann.  Wenn  die  Gegend  sicherer  ist, 
will  das  Fräulein,  die  jetzt  bei  ihrer  hier  zum  ersten  Mal  erwähnten 
Mutter  wohnt,  mit  ihm  zusammentreffen,  sie  schreibt  ihm,  dafs  er 
an  ihren  Aufenthaltsort  mit  dem  Sekretär  kommen  soll.  Alle  tren- 
nenden Hindemisse  sind  beseitigt,  doch  müssen  sie  sehr  vorsichtig 
sein.  Der  Dame  Gefährtin  Columbelle  soll  unter  Umständen  ins 
Vertrauen  gezogen  werden,  der  Sekretär  ist  auf  alle  Fälle  nötig. 
Der  Dichter,  der  Anfang  November  eine  Reise  nach  St.  Quentin 
und  zum  Herzog  der  Normandie  geplant,  aber  wegen  Kriegsgefahr 
nicht  unternommen  hat,  ist  bereit,  im  November  —  die  Dame 
schreibt  am  13.  —  zu  ihr  zu  gehen  und  ruft  deshalb  den  Sekretär, 
welcher  drei  Tagereisen  entfernt  ist,  schleunigst  zu  sich.  Es  herrscht 
in  diesen  Tagen  ein  furchtbarer  Sturm,  wie  er  seit  60  Jahren  nicht 
gewesen  ist;  der  Sekretär  weigert  sich,  bei  diesem  Unwetter,  zumal 
da  auch  durch  Banden  das  Land  unsicher  gemacht  sei,  mitzureisen 
und  warnt  seinen  Herrn  eindringlich.  Dieser  will  die  Reise  trotz 
alledem  antreten.  Während  sie  noch  zu  keinem  Entschiufs  ge- 
kommen sind,  kommt  ein  vornehmer  Herr,  wohl  ein  Baron  der 
Champagne,  und  teilt  dem  ihm  befreundeten  Dichter  mit,  dafs 
dieser  von  seiner  Dame  in  schändlicher  Weise  hintergangen  werde. 
Denn  diese  mache  sich  im  Kreise  einer  Menge  junger  Anbeter 
über  ihn  lustig  und  zeige  allen  seine  Briefe.  Der  Liebende  ist 
dadurch  aufs  tiefste  getroffen.  Schon  ein  anderer  Freund  hat  ihm 
geschrieben,  er  solle  ablassen  von  dieser  ungleichen  Liebe.  Der 
Sekretär  hält  nun  mit  seiner  Ansicht  auch  nicht  zurück,  so  dafs 
der  Dichter  endlich  die  Reise  aufgiebt  und  beschliefst,  das  Ver- 
hältnis aufzulösen,  doch  nicht  plötzlich,  da  er  sich  ihr  zu  grofsem 
Danke  verpflichtet  fühlt.  Tiefer  Gram  erfafst  ihn,  er  sagt  allen 
Freuden  Lebewohl,  mufs  auch  die  trübe  Erfahrung  machen,  beim 
Herzog,  zu  dem  er  später  reitet,  und  sogar  auf  der  Strafse  wegen 
seiner  getäuschten  Liebe  ausgelacht  und  verhöhnt  zu  werden.  Ganz 
verstört  reitet  er  heim;  ihm  wird  erzählt,  dafs  sie  ihn  vergessen 
habe    und    sich    mit   einem   andern    ergötze.     So  schreibt  er  nicht 


UEBER  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 53 

wieder  an  sie,  bleibt  den  ganzen  Winter  einsam  und  zurückgezogen 
•zu  Hause;  ihr  Bild  legt  er  in  eine  Truhe.  Jedoch  die  Dame  sucht 
wieder  anzuknüpfen;  den  Briefen  nach  zu  urteilen,  scheint  der 
Hauptgrund  die  Furcht  zu  sein,  dafs  dieser  plötzliche  Bruch  ein 
schlechtes  Licht  auf  sie  werfen  und  ihrem  Rufe  schaden  könne. 
Das  Buch,  welches  ihre  Liebe  schildert,  ist  allerdings  ziemlich 
vollendet;  es  soll  aber  doch  einen  guten  Abschlufs  finden.  So 
schreibt  sie,  wohl  im  Frühjahr  1364,  einen  Brief,  worin  sie  sich 
als  gekränkte  Unschuld  hinstellt,  ihm  Untreue  vorwirft  und  ihn 
dringend  bittet,  ihr  wieder  hold  zu  sein.  Der  Dichter  schreibt  ihr 
nichts  von  dem,  was  er  vernommen  hat.  Doch  endlich  wird  ihm 
dieser  Zustand  unerträglich.  Im  Juni  darauf  teilt  er  ihr  das  Ver- 
nommene mit,  wenn  auch  in  schonender  und  milder  Form.  Die 
Dame  ist  über  diesen  Brief  und  über  ein  Gedicht,  worin  er  ihre 
Veränderlichkeit  beklagt,  sehr  bestürzt.  Sie  beteuert  ihre  Unschuld 
und  schickt  später  sogar  einen  Priester,  dem  sie  alles  gebeichtet 
hat,  an  den  Freund,  damit  er  die  Beichte  letzterem  mitteile.  Der 
Priester,  welcher  ein  guter  Bekannter  des  Dichters  ist,  weifs  ihn 
von  der  Schuldlosigkeit  des  Fräuleins  zu  überzeugen  und  zu  der 
Ansicht  zu  bringen,  dafs  er  vorschnell  unwahrem  Gerede  geglaubt 
hat.  Infolge  dessen  ist  der  getreue  Liebhaber  wieder  versöhnt; 
alles  soll  vergessen  und  vergeben  sein.  Die  Dame,  welche  ihm 
durch  den  Sekretär  noch  ein  ganz  intimes  Liebesgeschenk  über- 
mittelt hat,  was  seine  höchste  Mifsbilligung  findet,  schreibt  zum 
Schlufs,  dafs  sie  sich  sehr  freue,  dafs  ihre  Freundschaft  in  der 
alten  Weise  wiederhergestellt  sei.  Indessen  wird  eine  Fortsetzung 
der  brieflichen  Beziehungen  in  der  bisherigen  Art  doch  nicht  ge- 
wünscht. Der  Dichter  schickt  die  clef  du  iresor  zurück;  das  Buch 
ist  vollendet. 

Hiermit  schliefst  die  Geschichte.  Der  Schlufs  deutet  darauf 
hin,  dafs  die  Dame  andere  Beziehungen  hat,  die  ihr  nicht  ge- 
statten, das  Verhältnis  mit  dem  Dichter  in  der  bisherigen  Weise 
fortzusetzen. 

Die  Dame  und  ihre  Familie. 

Aus  dem  Gedichte  erfahren  wir  etwa  Folgendes  über  die  Per- 
sönlichkeit der  Dame,  die  Machaut  verherrlicht,  über  ihre  Stellung 
und  ihre  Familienverhältnisse. 

Nach  dem  Rondel  auf  S.  266  ist  ihr  Name  Perenne.  Sie  ¡st 
15 — 20  Jahre  alt,  nach  S.  84: 

eile  oi  de  quinze  a  vint  ans 
doni  je  la  prise  mieux  vint  tans, 

Dafs  sie  aus  einer  vornehmen  Familie  stammt,  zeigt  das  zahl- 
reiche Gefolge,  das  sie  hat,  ferner  der  Umstand,  dafs  ihr  Bruder 
am  Hofe  des  Königs  verkehrt  und  viel  vornehmer  ist  als  Machaut, 
sodann    der  Vergleich    mit  Esperance  S.  181,    wo    der  Dichter  er- 


154  G-  HANF, 

zählt:    Esperance   estoil   une   st  noble  dame  el  aussi  il  me  souvint  plus 
ardenunenl  de  vous  pour  ce  qu^elle  estoil  dame  moult  noble. 

Ihr  Valer  ist  jedenfalls  tot,  da  er  nie  erwähnt  wird.  Die  Mutter 
wird  erst  S.  282  erwähnt:  envoiez  par  devers  moy  en  Vostel  de  ma 
mere  ...  Et  s^il  trouvoit  en  Vostel  de  ma  mere  aucune  personne  qui 
H  demandasi  dont  il  venoit  guUl  deist  qu^il  venist  de  ma  suer.  Bisher 
schien  es  immer,  als  sei  sie  unter  der  Obhut  ihrer  älteren  Schwester. 
Nur  diese  eine  Schwester  wird  erwähnt,  sie  ist  verheiratet  und  hat 
Kinder,  vgl.  S.  204. 

Die  Schwester  begleitet  die  Liebenden  auf  dem  Ausñuge  nach 
St.  Denis.  Sie  kennt  zwar  nicht  ganz  die  Art  des  Liebesverhält- 
nisses, doch  steht  sie  beiden  freundlich  gegenüber,  weifs  von  dem 
Briefwechsel  und  der  grofsen  Neigung  des  Dichters.  Bezeichnend 
ist  die  folgende  Stelle,  S.  208:  Ma  suer  se  recommande  a  vous  assez 
de  fois  et  vous  desire  moult  a  veoir.  Elle  vint  a  moy  quant  je  /aisaie 
ces  lettres  et  me  demanda  se  j'escrivoye  a  mon  amy^  et  je  lui  respondí 
qu'oïl;  et  elle  me  disi:  Recommendez  moy  a  lui  beaucoup  de  fois;  car 
je  le  veisse  volontiers. 

Ferner  wird  in  dem  Gedicht  an  verschiedenen  Stellen  ein 
Bruder  von  der  Dame  erwähnt,  zuerst  S.  48:  J^ai  receü  les  lettres 
que  vous  envoies  a  mon  frère,  (49)  aussi  mes  dis  frères  rCest  pas  cm 
paySf  car  il  se  parti  de  moi  le  huitième  jour  de  décembre^  pour  aler  en 
Avignon;  et^  ce  dit  jour,  lui  et  vostre  secretaire  dirent  nouvelles  de  vous. 
Weiter  finden  wir  den  Bruder  auf  S.  204  erwähnt:  T,,  vostre  frere, 
venra  avec  moy,  S.  233  sehen  wir,  dafs  er  Güter  besitzt  in  der 
Landschaft  Brie:  nous  partismes  pour  aler  en  Brie  pour  veoir  les 
maisons  de  mon  frère,  S.  235  wird  angeführt,  dafs  er  zum  König 
reist.  Dieser  Bruder,  der  mehrfach  mit  T.  oder  Th,  bezeichnet 
wird  und  jedenfalls  Thommas  heifst,  da  man  S.  268  f^ai  veu  ce  que 
vous  m'' avez  escript  de  Thommas  auf  ihn  beziehen  mufs,  ist  mit 
dem  Dichter  bekannt  und  kehrt  in  seinem  Hause  ein,  S.  240.  Er 
scheint  einerseits  über  das  Verhältnis  der  Dame  mit  Machaut  unter- 
richtet zu  sein,  da  er  Briefe  zwischen  beiden  vermittelt,  anderer- 
seits ist  in  einigen  Teilen  des  Gedichts  die  Dame  ängstlich  be- 
strebt, die  Sache  vor  ihm  als  einen  harmlosen  Briefwechsel  hinzu- 
stellen, S.  235:  ne  li  monstrez  pas  vostre  ymage  ,  ,  ,  Mais  je  vueU 
que  vous  li  dictes  un  po  et  non  pas  trop  que  vous  m^amez  et  pour  ce 
que  je  chante  volontiers. 

Die  Dame  wechselt  mehrmals  ihren  Wohnsitz;  längere  Zeit 
scheint  sie  in  Paris  zu  sein,  dann  wieder  auf  Gutem  in  der  Cham- 
pagne und  in  verschiedenen  Städten  dieser  Provinz.  —  Sie  hat 
grofscs  Interesse  an  der  Dichtkunst;  nicht  mit  Machaut  allein  steht 
sie  in  litterarischer  Verbindung,  vgl.  S.  207:  je  tien  vueil  nuls  chanter 
que  des  vos  tres;  et  st  m*  en  aporte  Ven  bien  souvent;  mais  je  ne  vueil 
mettre  peine  a  les  apenre^  car  il  niest  avis  que  tout  ce  que  les  autres 
font  ne  vault  riens  a  regarder  ce  qui  vient  de  vous,  Sie  dichtet  ja 
auch  selbst,  und  nach  den  Gedichten  im  Voir  Dit,  welche  von  ihr 
herrühren  —  nach  Angabe  des  Dichters  — ,  mufs  ihr  Talent  ziemlich 


UEBER  GUILLAUME  DE  MACHAU^fS  VOIR  DIT.  1 55 

bedeutend    sein.     Dabei    lernt    sie   sehr   leicht   auswendig    und  ist 
nach  S.  4 

la  mieulz  chantans 
Qui  fust  nee  depuis  cent  uns. 

An  dieser  Stelle  wird  sie  genauer  geschildert.  Nach  den  Worten 
des  Boten  mufs  sie  ein  liebreizendes  Geschöpf  sein: 

En  ce  roiaume  ha  une  dame^ 

Gente,  juene,  jolie  et  joincie. 

Longue^  droite,  faitice  et  cointe. 

Sage  de  euer  et  de  maniercy 

Tres  humble  et  de  tres  simple  chiere, 

Belle,  bonne  et  la  mieulz  chantans 

Qui  fust  nee  depuis  cent  ans; 

Mais  elle  danse  oultre  mesure; 

Et  s*est  si  douce  creature 

Que  toutes  autres  vainc  et  passe 

En  sens,  en  douçour  et  en  grace. 

Allerdings  wird  sie  auf  S.  301  als  sehr  kokett  und  gefallsüchtig, 
tändelnd  mit  einem  ganzen  ELreise  junger  Verehrer  hingestellt. 
Doch  trotzdem  tadelt  sie  der  Redende  im  allgemeinen  nicht: 

Car  elle  est  bonne  et  preude  femme. 
Sage,  honneste,  cointe  et  aperte 
Et  ti  est  ombrage  ne  couverte. 

Weitere  Angaben  über  sie  sind  nicht  gemacht.  Alles,  was  man 
sonst  dem  Gedichte  über  sie  entnehmen  wollte,  beruht  nur  auf 
Vermutung.  Trotzdem  aber  die  Dame  sehr  anschaulich  und  mit 
liebevoller  Wärme  geschildert  ist,  dürfte  es  aus  dem  oben  An- 
gegebenen doch  ziemlich  schwer  sein,  eine  bestimmte  Persönlich- 
keit, etwa  die  Peronne  von  Armentieres,  herauszufinden.  Auch  die 
sonstigen  Angaben  von  Personen  helfen  dazu  nichts. 

Personennamen. 

Die  im  Voir  Dit  vorkommenden  Personennamen  sind  nicht 
zahlreich;  meist  nur  kurze  Angaben  sind  über  die  genannten  Per- 
sönlichkeiten gemacht,  so  dafs  man  aus  ihnen  nicht  viel  entnehmen 
kann.    Wir  finden  folgende  Namen. 

1.  Henri,  Freund  Machau ts  und  der  Dame,  S.  3,  8,  195,  268, 
282,  314.  Dieser  nimmt  bei  der  Dame  die  Stellung  eines  Ver- 
trauten ein;  er  ist  es,  der  dem  Dichter  das  erste  Rondel  von  der 
Dame  bringt,  vgl.  S.  195:  Ä,  vostre  amis,  ha  esté  a  Paris,  il  se  re- 
commande a  vous  moult  de  fois,  si  a  grand  joie  de  vostre  bien  et  du 
mien  et  metter  oit  volontiers  peine  comment  nous  en  eussions  plus.  Et  ,  . 
nous  le  devons  amer,  car  cest  cils  par  quoy  nos  amours  furent  pre- 
miers commenciés, 

P.  Paris  nimmt  an,  nach  der  Schilderung  vom  Zusammentreffen 
des  Dichters   mit  dem  ersten  Boten  (S.  3 — 8,   lo),    dafs  dieser  an 


156  G.HANF, 

Rang  niedriger  steht.  Aber  Seite  314  schreibt  der  Poet:  Recoma 
mandes  moy  a  Ä,  quant  vous  le  verrez.  Et  certes^  se  il  me  povoit 
venir  guerre  je  ser  oie  honnorez  et  si  ser  oit  moult  la  pais  de  mon 
frère.  Das  spricht  wohl  nicht  fur  seine  Behauptung.  Wer  dieser 
Freund  ist,  wissen  wir  nicht:  vielleicht  ist  ihm  das  von  P.  Paris 
erwähnte  Gedicht  gewidmet,  wo  M.  über  die  Unbilden,  die  ihm 
in  Reims  widerfahren  sind,  klagt  Doch  bringt  uns  das  in  unserer 
Untersuchung  nicht  weiter. 

2.  Guillemcte,  Cousine  der  Dame,  S.  143,   146. 

3.  Colombelle,  S.  283,  314. 

4.  Bernart  de  Flour ent^  frère  du  curé  de  S,  Pierre^  S.  259,  262, 
eine  sonst  unbekannte  Person. 

5.  Le  duc  de  Bar^  S.  259,  262,  der  während  des  Aufenhalts 
des  Königs  in  Reims  beim  Dichter  gewohnt  hat. 

6.  Le  duc  de  Normandie^  der  Dauphin,  Machauts  Herr  und 
Gebieter,  der  ihm  sehr  gewogen  ist;  S.  71,  131,  132,  136,  139,  307. 

7.  Von  P.  Paris  wird  ein  Dichter  Thibaut  Paien  angeführt,  der 
mit  M.  einen  dichterischen  Wettstreit  gehabt  hat.  Die  beiden 
Streitgedichte  werden  der  Dame  zur  Begutachtung  vorgelegt,  damit 
sie  den  Schiedsspruch  fällt.  Tarbé  schreibt  das  eine  Gedicht,  das 
M.s  Gegner  gemacht  hat,  dem  Bruder  der  Dame,  Thommas^  zu^ 
S.  132  seiner  Ausgabe.  In  den  Handschriften  A  und  C  ist  dieses 
Gedicht  auch  mit  Thomas  überschrieben,  während  das  andere  den 
Verfassernamen  Machaut  trägt.  In  Hs.  B  ist  es  nur  mit  Balade 
überschrieben.  Ob  mit  diesem  Th,  nun  der  Bruder  der  Dame 
gemeint  ist,  was  Tarbé  wohl  aus  Brief  36  schliefst  :  fay  inen  veu 
ce  que  vous  ni  aves  escript  de  Thomas,  wo  es  sich  wirklich  um  den 
Bruder  der  Dame  handelt  —  indes  braucht  die  Stelle  nicht  auf 
das  Gedicht  sich  zu  beziehen  — ,  oder  ob  darunter  ein  anderer 
zu  verstehen  ist,  kann  man  schwerlich  entscheiden.  Der  Zusatz 
Paien  deutet  eher  auf  das  letztere  hin.  Warum  aber  P.  Paris  den 
Namen  Thibaut  einführte,  ist  nicht  ersichtlich.  Die  ganze  Stelle 
lautet  nach  S.  266:  fe  vous  envoie  la  balade  T  Paien,  et  la  response 
que  je  li  fais,  laquelle  je  fis  en  present;  mais  il  fist  devant  et  prist 
toute  la  graisse  du  pot  a  son  pooir,  et  la  jis  après:  si  en  jugerez,  sil 
vous  plaist.  Mais  vraiement  il  avoit  davantage  de  trop,  et  toutevois 
je  y  feray  chant, 

8.  Tarbé  führt  als  Personennamen  fehane  an,  der  in  einem 
Rondel  versteckt  enthalten  sei,  S.  170,  171  seiner  Ausgabe.  Er 
vermengt  indes  in  der  Lösung  das  2.  und  3.  angeführte  ,énigme', 
so  dafs  er  das  zweite,  das  S.  266  im  Voir  Dit  steht,  vergifst  und 
die  Lösung  des  dritten,  welches  nicht  im  Voir  Dit  ist,  zum  zweiten 
nimmt.     Demnach  fällt  dieser  Name  fort. 


Ortsangaben. 

Ebenso  wie   mit   den  Personennamen  verhält   es  sich  mit  den 
Ortsangaben,  sie  sind  mit  Absicht  gröfstenteils  fortgelassen  oder  so 


UEBEK  GUILLAUME  D£  MACUAUTS  VOIR  DIT.  1 57 

allgemein  und  unbestimint,  dafs  auch  damit  keine  wesentlichen 
Momente  für  die  Bestimmung  der  Dame  beigebracht  werden 
können. 

An  geographischen  Namen  finden  sich  folgende: 

1.  ConU  de  Fois  und  Lorraine^  S.  47. 

2.  Gascogne^  S.  51. 

3.  La  ville  de  Crecy^  S.  136. 

4.  Saint'DeniSy  S.  142  fF. 

5.  Sainie^Jame^  S.  143.^ 

6.  La  Chapelle^  S.  144. 

7.  Paris,  S.  144,   195  u.  a. 

8.  Saint^Nichaise  à  Reims,  S.  204.2 

9.  La  Brie^  S.  233. 

10.  Saint  Quentin^  S.  266. 

11.  ^¿2«  chastel,  S.  345. 

12.  Ein  Ort  wird  erwähnt,    in    dem    sich    eine  Peterskirche   be- 
findet, S.  250. 

Aus  I  und  2  könnte  man  schliefsen,  dafs  die  Dame,  deren 
Bote  von  Fois  nach  Lothringen  geht  (Je  vallei  de  Gascogne)  sich  in 
Südfrankreich  aufhält.  Nach  den  Angaben  der  Erzählung  wechselt 
sie  bei  Beginn  des  Winters  (1362/Ò3)  ihren  Aufenthalt.  In  dem 
Ort,  den  sie  jetzt  aufsucht,  bleibt  sie  bis  zur  Zusammenkunft  mit 
dem  Dichter  und  noch  länger.  Da  dieser  in  der  Nähe  von  Paris 
seinen  Wallfahrtsort  hat  (vgl.  Angaben  3 — 7)  und  die  Damen  nach 
dem  Lendit  auf  dem  Rückwege  von  St.  Denis  durch  La  Chapelle, 
das  zwischen  Paris  und  St.  Denis  liegt,  kommen,  am  Abend  Be- 
kannte treffen  und  noch  dieselbe  Nacht  an  ihren  gewöhnlichen 
Aufenthaltsort  zurückbegleitet  werden,  so  müssen  sie  in  Paris  wohnen. 
Vgl.  auch  S.  195,  wo  Henri  nach  Paris  gekommen  ist  und  der 
Dame  Grüfse  an  Machaut  aufgetragen  hat.  Die  Angaben  über 
die  Pest  stimmen  dazu  auch,  S.  211: 

eile  estoii  départie 
Pour  cause  de  Vepidimie, 
Dou  Heu  ou  fu  sa  demouree, 
Ains  ala  en  autre  contrée, 

Sie  ist  mit  ihrer  Schwester  in  die  östlicheren  Provinzen  gegangen, 
mehr  in  die  Nähe  von  Reims.  Ihr  Bruder  in  der  Brie  wird  auf 
seinen  Landgütern  besucht,  dann  hält  sich  die  Dame  an  einem 
Orte  auf,  in  dem  eine  Peterskirche  sich  befindet  (P.  Paris  meint, 
in  Châlons-sur-Marne  oder  Troyes).  Sie  verändert  den  Wohnsitz 
abermals,  S.  279,  Je  seray,  ou  vous  savez,  dedens  huit  jours  und  be- 
findet sich  dann  nach  S.  282  bei  ihrer  Mutter.  Die  Entfernung 
von  Reims  ist  nicht  grofs,  da  ein  Brief  binnen  zwei  Tagen  beant- 

*  Ein  Ort  Sainte-Gemme  liegt  in  der  Nähe  von  Reims.  Vgl.  die  Aus- 
gabe von  P.  Paris. 

*  Die  Kirche  St. -Nicaise  in  Reims  wurde  während  der  Revolution 
zerstört. 


158  G.  HANF, 

w ortet  ist  Im  Herbst  1363  wäre  sie  der  Angabe  auf  S.  345  nach 
in  Biau  chastel.  Nach  S.  3 1 3  wohnt  sie  noch  in  der  betreffenden 
Stadt,  von  wo  sie  früher  an  den  Geliebten  geschrieben  hatte.  Die 
übrigen  Ortsangaben  sind  unwesentlich.  Für  die  Datierung  der 
Briefe  und  die  Vergleichung  der  Zeitangaben  ist  es  aber  von 
Wichtigkeit,  den  Aufenthaltsort  der  Dame  wenigstens  ungefähr  zu 
kennen.  Das  ist  meines  Erachtens  nach  die  Hauptbedeutung  der 
Ortsangaben  für  das  Gedicht;  denn  etwas  Spezifisches,  was  nur  auf 
eine  bestimmte  Person  gedeutet  werden  könnte,  findet  man  sonst 
in  den  Angaben  nicht. 

Die  Zeitangaben  kommen  erst  in  zweiter  Linie  zur  Ermittlung 
der  Dame  in  Betracht,  sie  werden  in  anderm  Zusammenhang  be- 
handelt. —  Wir  sahen  bisher,  dafs  mit  den  im  Gedicht  gemachten 
Angaben  über  die  Dame  nichts  Gewisses  zu  ermitteln  ist.  Im 
Gegenteil  sind  die  Angaben  so  unsicher,  dafs  die  beigebrachten 
Urkunden  keinen  Beweis  für  P.  Paris'  Behauptung  liefern  können. 
Fehlen  uns  aber  äufsere  Handhaben,  so  sind  wir  auf  das  Gedicht 
allein  angewiesen  und  haben  aus  dem  Innern  heraus  zu  prüfen, 
ob  historische  Echtheit  des  Erzählten  und  der  Briefe  wahrschein- 
lich ist  oder  nicht.  Wir  müssen  dabei  Zeit  der  Abfassung,  Art 
der  Abfassung  und  etwa  in  Komposition,  Stil,  sachlichen  und  zeit- 
lichen Angaben  erscheinende  Besonderheiten  bezw.  Widersprüche 
betrachten. 

Abfassungszeit  des  Gedichtes. 

Um  das  Jahr  der  Abfassung  feststellen  zu  können,  hat  man 
verschiedene  historische  Angaben  aus  dem  Werke  heranzuziehen,  die 
in  der  lateinischen  Continuatio  der  Chronik  des  Guillaume  de 
Nangis  von  Jean  de  Venette  ihre  Bestätigung  finden.  P.  Paris  hat 
in  der  Vorrede  seiner  Ausgabe  gezeigt,  dafs  die  Abfassungszeit 
des  Voir  Dit  in  die  Jahre  1363 — 1365  fallt,  und  er  hat  die  An- 
sicht, dafs  das  Werk  1348  entstanden  sei,  die  Tarbé  ausspricht 
(vgl.  S.  145),  widerlegt.  Es  ist  überflüssig,  die  beweisenden  Steilen 
nochmals  aufzuführen.  Was  nun  das  genauere  Datum,  an  dem  die 
Arbeit  begonnen  wurde,  anbetrifft,  so  bin-  ich  zu  einem  etwas 
andern  Ergebnis  als  P.  P.  gekommen.  Mafsgebend  ist  nämlich  eine 
Stelle  des  Briefes  27,  der  laut  Datum  am  8.  August  (1363)  ge- 
schrieben ist.  Die  Stelle  lautet:  Je  vous  envoie  une  balade  qui  fu 
faite  au  bout  du  mois  que  je  me  parti  de  vous.  Et  puis  je  commençai 
vostre  livre,  M.  beginnt  also  mit  der  Abfassung  des  Buches,  nach- 
dem er  die  Ballade  komponiert  hat  Diese  ist,  wie  er  sagt,  einen 
Monat  nach  seiner  Abreise  von  der  Dame  gedichtet  Letztere  zu 
datieren  ist  nicht  schwer.  Wir  gehen  aus  von  dem  Lendit  zu 
St.  Denis,  dem  12.  Juni.  Nach  diesem  bleibt  der  Dichter  noch  sieben 
Tage  bei  der  Dame,  S.  151: 

La  demouray  sept  jours  en  route^ 
A  grant  déduit,  moy  et  ma  route. 


UEBER  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 59 

Sodann 

Finablemeni  li  termes  vint 
Que  de  ii  partir  me  convint. 

Er  dürfte  also  am  20.  Juni  abgereist  sein.  Die  Ballade  ist  gerade 
einen  Monat  später  gedichtet;  sie  beginnt  (S.  264): 

Hui  ha  un  mois  que  je  me  departi 
De  celle  en  qui  fay  toute  ma  cure. 

Man  kommt  also  ungefähr  auf  den  20.  Juli.  Das  stimmt  überein 
mit  zwei  Stellen  auf  S.  238  und  242,  wo  er  in  Bezug  auf  sein  Buch 
sagt:  fen  ay  plus  fait  depuis  la  Magdeleine  que  je  ne  cuidóle  faire  en 
un  an  entier.  Ohne  Grund  hat  er  diesen  Tag,  den  22.  Juli,  sicher 
nicht  genannt.  Vergleichen  wir  damit  den  Anfang  des  Buchs  S.  2  : 
II  rCa  pas  un  an  que  j^'esíoie  .  .  .,  so  kommen  wir  dort  auf  die 
Monate  August  oder  September,  was  ganz  gut  stimmt.  Dazu  kommt 
S.  191  folgende  Stelle:  me  suis  remis  a  faire  vostre  livre  en  quel  vous 
seres  loee  [et  honnouree  de  mon  petit  pooir.  In  nächsten  Brief  der 
Dame  wird  zum  ersten  Mal  darauf  Bezug  genommen  —  vorher 
spricht  diese  nie  von  dem  Werk  —  und  die  hohe  Freude  ausge- 
druckt, die  sie  darüber  hat  Dieser  Brief  ist  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  Ende  Juli  geschrieben.  Indes  steht  damit  S.  1 34  (Br.  1 7) 
in  Widerspruch  :  Toutefois^  je  fais  en  vostre  livre  ce  que  je  puis.  Auf 
Grund  dieser  Stelle  nimmt  P.  P.  an,  dafs  Machaut  schon  früher 
mit  dem  Werk  begonnen  hat  Er  will  obige  Stelle,  wo  M.  von 
seiner  Abreise  spricht,  damit  so  in  Einklang  bringen,  dafs  er  sagt, 
der  Dichter  habe  das  Buch  nach  seiner  ersten  Trennung  von  der 
Dame  begonnen,  als  er  zum  Herzog  ging.  Dann  mufs  man  sich 
aber  wundem,  dafs  er  die  in  Frage  kommende  Ballade  nach  seiner 
Rückkehr  nicht  selbst  übergiebt,  sondern  viel  später  sendet  Aufser- 
dem  stimmt  ihr  Ton  und  Inhalt  dazu  nicht.  Denn  rechnet  man 
von  dieser  ersten  Abreise  vier  Wochen  weiter,  so  findet  man  einen 
Zeitpunkt,  an  dem  er  wieder  bei  ihr  weilt,  also  hat  er  da  gar 
keinen  Grund  zu  einem  Klagelied,  dafs  sie  getrennt  sind;  hat  er 
doch  auch  versprochen,  bald  wieder  zurückzukehren.  Die  end- 
gültige Abreise  stimmt  aber  .zu  dem  Platze,  wo  das  Lied  steht, 
zu  dem  Anfang  der  Ballade  und  vor  allem  auch  zu  der  Schlufs- 
strophe,  die  lautet: 

Et  sans  doubtance  onques  puis  je  ne  vi 

Riens  qui  peilst  mettre  en  envoisure 

Moy  ne  mon  euer;  et  à  est  droit,  que  sans  H 

Ne  quier  avoir  nulle  bonne  aventure. 

Ne  joie,  n*alligement; 

Car  a  li  suis  donnés  si  ligement 

Que  je  ne  fis  onques  puis  chiere  lie. 

Tant  me  jist  mal  de  li  la  départie, 

M.  giebt  also  selbst  an,  er  habe  seitdem  keine  Freude  wieder  ge- 
habt; das  würde  doch  der  Wirklichkeit  nicht  entsprechen,  ebenso- 


1 6o  G.  HANF, 

wenig  wie  in  Str.  i  der  Anfang,  dafs  er  vier  Wochen  getrennt  ist, 
während  er  nach  wenigen  Tagen  schon  zurückkommt  Es  liegt 
hierin  ein  offenbarer  Widerspruch,  der  auch  keine  rechte  Erklärung 
findet,  wenn  man  zwischen  Entwurf  und  Ausarbeitung  unterscheidet. 
Die  oben  angeführten  Gründe  sprechen  aber  dafür,  dafs  der  Dichte 
das  Werk  Ende  Juli  1363  begonnen  hat  (nach  den  Angaben  im  V.  D.).^ 

Im  Anschlufs  daran  sei  auf  zwei  Stellen  aufmerksam  gemacht, 
S.  62  und  69,  wo  auch  schon  von  vostre  livre  und  mon  livre  die  Rede 
ist  Damit  kann  le  livre  du  voir  dit  nicht  gemeint  sein.  Die  Dame 
schreibt  nämlich  :  vueilliez  moi  envoier  vostre  livre  le  plustost  que  vous 
porr  es  ^  car  je  ne  pr en  plaisance  ne  eshatement  que  en  vous  et  en  vos  choses. 

Dazu  lautet  die  Antwort  auf  S.  69  :  je  vous  eusse  porté  mon  livre 
pour  vous  esbatre,  ou  toutes  les  choses  sont  que  je  jis  onques.  Mais  il 
est  en  plus  de  vingt  pieces;  car  je  Pay  fait  faire  pour  aucun  de  mes 
seigneurs;  si  que  je  le  fais  noter,  et  pour  ce  il  convient  que  il  soit  en 
pieces.  Er  sagt  also  ausdrücklich  selbst,  dafs  es  eine  Gesamtausgabe 
seiner  Werke  ist 

Fortschreitend  mit  der  Erzählung  schreitet  dann  auch  die 
Vollendung  des  Buches  vorwärts,  in  unmittelbarem  Zusammenhang 
mit  den  Ereignissen.  In  Brief  45,  der  vom  10.  April  —  es  ist  das 
im  vierten  Jahre  nach  Beginn  des  Liebesverhältnisses  —  datiert 
ist,  schreibt  der  Dichter,  das  Buch  werde  in  vierzehn  Tagen  fertig 
gestellt  Es  ist  sonach  im  Frühjahr  1365  zum  Abschlufs  gebracht, 
und  der  Dichter  hat  vom  Juli  1363  bis  zum  April  1365  daran  ge- 
arbeitet. 1 

Art  der  Abfassung.     Stil. 

Das  Buch  ist  in  paarweise  gereimten  Achtsilblem  abgefafst 
Dazwischen  eingefügt  sind  45  Briefe  in  Prosa  und  eine  Klage- 
epistel in  Versen,  2^  vom  Dichter,  23  von  der  Freundin;  aufser- 
dem  sind  eingefügt  29  Gedichte  Machau ts  an  die  Dame,  nämlich 
14  Rondels,  8  Balladen,  5  Chansons  baladées,  i  Lay,  i  Complainte. 
Von  der  Dame  sind  26  Gedichte  an  den  Freund  gesandt,  15  Ron- 
dels, 6  Balladen,  3  Chansons  baladées,  2  Complaintes.  Dazu  kommt 
ein  Gesang  des  Dichters  an  Venus,  'die  Antwort  auf  die  Ballade 
Th.s  und  die  Ballade  Th.s,  so  dafs  im  ganzen  58  Gedichte  im 
Voir  Dit  enthalten  sind. 

Der  Zweck  des  Werkes  ist  eine  Verherrlichung  der  Dame  (vgl. 
Brief  25)  und  ihrer  Liebe,  von  der  raan  noch  nach  hundert  Jahren 
reden  soll.  Ueber  die  leitenden  Motive  bei  der  Abfassung  spricht 
sich  der  Dichter  selbst  mehrfach  aus.  So  erklärt  er  auch  zuerst 
S.  17  den  Titel: 

Le   Voir  Dit  vueil  je  qiCon  appelle 

Ce  traictié  que  je  fais  pour  elle^ 

Pour  ce  que  ja  n*i  mentir ay 

^  Ob  diese  Angaben  der  wirklichen  Zeit  entsprechen,  wenn  das  ganze 
Gedicht  auf  Erfindung  beruht,  ist  eine  andere  Frage. 


USBER  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  l6l 

und  ebenso  S.  263:    Voir  Dit  ara  le  nom^  pour  ce  que  ja  ni  dai  ni 
vueii  mentir. 

£r  entschuldigt  sich  oft,  dafs  er  vielleicht  zu  viel  erzahle. 
S.  16  spricht  er  aus,  dafs  es  der  Befehl  der  Dame  sei,  alle  Briefe, 
sûTse  und  herbe,  wiederzugeben.  Ihren  Wunsch  muís  er  erfüllen. 
Manchem  könne  einiges  auffallend  und  anstöfsig  sein,  doch  ist 
ihm  das  gleichgültig.  Wenn  etwas  zweimal  gesagt  oder  geschrieben 
sei,  brauche  man  sich  nicht  zu  wundem;  denn  seine  Dame  wolle, 
dafs  alles  der  Wahrheit  gemafs  erzählt  werde.     So  S.  84/85  : 

Ce  tí  est  pas  trop  grant  villenie, 
S'en  ce  ¡iure  riens  mettre  fióse 
Qu'ainsi  comme  il  est,  et  sans  glose. 
Car  contre  son  commandement 
Feroie  du  faire  autrement: 
Et  puisqu'il  H  plaistf  il  m* agree 
S'obetray  a  sa  pensee. 
S.  128: 

Or  vous  diray  ce  qui  m'avint 
Et  a  quel  chief  cest  amour  vint; 
Car  ma  douce  dame  le  vuet; 
Quant  il  li  piaist,  faire  Vestuet. 

£r  stattet  der  Dame  in  den  einzelnen  Briefen  immer  Bericht  über 
das  Fortschreiten  seiner  Arbeit  ab,  so  S.  202  :  Vostres  livres  se  fait 
et  est  bien  avanciés;  car  fen  fais  tous  les  jours  cent  vers  et  y  par  m' ame, 
je  ne  me  porroie  tenir  du  faire,  tant  me  plaist  la  matere.  Die  Briefe, 
die  er  der  Dame  sendet,  läfst  er  sich  später  immer  zurückschicken, 
um  sie  gleich  dem  Buche  einzuverleiben.  Die  früheren  Sendungen 
nimmt  er  von  (St.  Denis)  Paris  aus  mit  nach  Reims,  trägt  sie  da 
in  das  Buch  ein  und  schickt  sie  dann  zurück,  vgl  S.  242  :  fe  vous 
envoie  la  laiette  que  vous  me  haillastes  au  partir  de  vous,  et  tout  et  qui 
est  dedens,  car  tout  est  mis  par  ordre  dedens  vostre  livre.  Da  indessen 
zuerst  das  Datum  nicht  beigefügt  war,  findet  er  schwer  das  Richtige 
zusammen,  S.  202/3:  y'oy  trop  a  quérir  les  lettres  qui  respondent  les 
unes  aus  autres.  Die  Dame  erhält  von  Zeit  zu  Zeit  das  Fertig- 
gestellte, damit  sie  es  liest  und  Verbesserungen  anbringt  Wenn 
sie  nun  einmal  etwas  auszusetzen  hat  —  im  allgemeinen  hat  sie 
grofse  Freude  am  Ganzen  — ,  so  schreibt  sie  es  doch  nicht  in  den 
Briefen,  sondern  sagt  stets,  sie  wolle  das  Betreffende  ihm  mündlich 
mitteilen.  Das  ist  inunerhin  etwas  sonderbar.  Einfacher  ist  es 
doch,  es  gleich  schriftlich  zu  thun.  Indes  würden  dann  die  Briefe 
die  zu  verbessernden  Stellen  eines  Buches  angeben,  in  das  sie 
selbst  eingefugt  werden  sollen,  und  würden  nicht  wohl  in  dieser 
Gestalt  ihren  Platz  darin  finden  können.  Man  sieht  hieraus,  dafs 
schon  bei  der  Abfassung  der  Briefe  weniger  die  natürliche  Em- 
pfindung als  der  Gedanke  vorherrschend  ist,  dafs  der  ganze  Brief- 
wechsel für  die  Oeffentlichkeit  bestimmt  ist,  wie  S.  263  der  Dichter 
schreibt,    er   müsse   alle   seine  Empfindungen   in  den  Briefen  aus- 

Zeitsdar.  l  rom.  Phfl.  XXII.  n 


102  G.  HANF, 

drücken,  da  diese  in  das  Buch  kommen  sollen  ;  denn  der  Titel  ver- 
lange das.  Seine  Empfindungen  und  sein  Denken  stehen  also  auch 
hier  unter  dem  Einflufs,  den  die  Rücksicht  auf  das  für  die  OefFent- 
lichkeit  bestimmte  Buch  auf  ihn  ausübt.  Das  ist  immerhin  be- 
denklich. 

Sehr  auffallend  ist  im  allgemeinen  an  den  Briefen  und  Ge- 
dichten, welche  der  Dame  zugeschrieben  sind,  die  grofse  Aehnlich- 
keit  des  Stils  mit  dem  Machauts.  In  den  Gedichten  kann  das  ja 
an  und  für  sich  nicht  so  sehr  zu  Tage  treten  als  in  den  Briefen, 
da  in  ersteren  dem  Dicher  durch  die  Reime  und  die  Silbenzahl 
Schranken  auferlegt  sind  und  er  sich  nicht  so  frei  mit  seinen  Aus- 
drücken und  Wendungen  bewegen  kann  wie  in  den  Briefen.  Be- 
sonders wird  ein  Vergleich  der  Gedichte  in  dieser  Hinsicht  noch 
dadurch  erschwert,  dafs  vielfach  Machaut  und  die  Dame  ausdrück- 
lich dieselben  Reime  und  dasselbe  Versmafs  anwenden.  Indes 
finden  sich  in  den  Gedichten  der  Dame  Anklänge  genug  an 
Machaut,  so  folgende: 

D.  (Dame)  S.  56.       .  .  suis  tousdis  en  grani  merencolìe, 
M.  (Machaut)  S.  65.  .  .  est  en  grant  merencolie, 

D.  56.     Dont  souvent  ay  estranglé  maint  souspir. 
M.  67.     Dont  maint  souspir  me  convient  estr angler, 

D.  56.     Qu^ après  ma  mort  nCame  vous  amera, 
M.  71.     Et  après  mort  mon  ame  V amera. 

D.  246.   T^amoie  plus  que  my  \  De  euer  entier, 
M.  37.     .  .  s'aim  de  fin  euer  entier. 

D.   119.  si  me  devez  tenir  pour  excusée 

M.   112.  que  vous  me  vueilliez  tenir  pour  excusé, 

D.  56.     Or  veuilliés  dont  entendre  ma  clamour  —  :  amour, 
M.   184.   Oy  de  ton  ami  la  clamour  :  amour, 

D.   1 66.  Merveille  fu  quant  mon  euer  ne  parti, 
M.  204.  Car  a  peine  que  mes  euer  s  ne  parti, 

D.    166.   Car  tel  dolour  onques  mais  ne  senti, 
M.  204.  Mais  onques  mais  mes  las  euer  s  ne  senti  \ 
Nulle  dolour  —  si  dure. 

D.  56.     Mes  dous  amis  a  vous  me  veuil  je  plaindre, 
Dou  mal  qui  fait  mon  euer  pâlir  et  taindre. 

M.  220.  Rois  y  je  m*  en  vieng  a  toy  complaindre 
Des  maus  d^ amour  qui  me  font  taindre, 

D.  56.     .  .  fait  mon  euer  polir  et  taindre. 
M.  237.  j^eus  le  euer  taint  et  pali. 

D.  242.  Car  je  Vaim  de  euer  si  parfait, 

M.  252.  Car  je  vous  aim^  dame,  de  euer  si  vray, 

D.  72.     .  .  laisse  pour  un  autre  amer 
M.  326.  .  .  laist  pour  un  autre  acointier. 


UEBBR  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 63 

D.  242.  Dottí  amùy  que  fai  je  meffaii?  —  :  fait. 

M.  327.  .  .  n*a  rien  meffaii  \  Daus  arm's,  que  vous  m'avez  fait. 

D.  56.     H  fi  est  biens  ne  joie  qtCil  ni  aporte, 

^  133«  ^l  ^^^i  ^¿?»^  ne  joie  (ne  confort)  qui  — . 

D.  119.  cui  j'ay  donné  m' amour. 

M.  159.  a  qui  j'ay  donné  m* amour, 

^-   ^53-  •  •  Ç^  vostre  euer  fait  en  moy  son  demour:  —  amour. 
M.   184.  .  .  qui  fait  en  mon  euer  son  demour:  —  amour. 

D.  242.    Voy  la  peine,  voy  le  labour. 
M.   185.    Voy  ma  peine,  voy  mon  labour. 

D.  246.  Car  en  toy  sont  tuit  mi  désir, 
M.  211.  .,  et  en  qui  sont  tuit  mi  désir. 

D.  208.  .  .  diray  a  chiere  lie. 
M.  217.  .  .  donner  a  chiere  lie. 

!)•  56.     .  .  je  suis  saoule  de  plourer, 
M.  306.  .  .  j'estoie  saous  de  plourer. 

D.  72.     .  .  pour  creature  nee  :  pensee. 

M.  20.     .  .  ne  a  creature  nee  ne  gehiray  ma  pensee, 

D.   114.  .  .  joie  et  pais  et  mercy. 
M.  316.  . .  joie,  pais  et  alligement. 

D.   187.  .  .  si  que  euer,  penser,  amour, 

Voloir,  espoir  et  désir,  • 

M.  252.  .  .  m^ esperance, 

Mon  euer,  m^amour,  mon  désir,  ma  plaisance. 

Tout  mon  penser, 

D.  36.     Si  n'ay  pas  corps  pour  tels  fais  endurer. 
M.   1 30.  .  .  je  n'ay  pas  corps  pour  tels  cops  endurer. 

Auffallender  noch  ist  die  Gleichartigkeit  des  Stils  in  den  Briefen, 
wo  man  sich  oft  erst  an  Ueber-  und  Unterschrift  überzeugen  mufs, 
von  wem  sie  geschrieben  und  an  wen  sie  gerichtet  sind.  Aller- 
dings muís  man  bedenken,  dafs  im  Briefstil  zu  Anfang  und  Schlufs 
in  den  Briefen  gewisse  Formen  und  formelhafte  Wendungen  auch 
bei  uns  angewandt  werden.  Indes  ist  die  Gleichförmigkeit  der 
Form  sowohl  als  des  Inhalts  bei  den  46  Briefen  zu  grofs,  als  dafs 
sie  lediglich  aus  diesem  Umstände  zu  erklären  wäre.  Bei  einem 
wirklichen  Briefwechsel  könnte  man  etwas  mehr  Abwechselung 
voraussetzen;  man  vermifst  diese  aber  in  Gedanken  wie  in  Aus- 
drucken. Die  Anordnung  ist  beinahe  schematisch.  Zu  Anfang  wird 
stets  mit  denselben  Wendungen  aus  vollem  Herzen  gedankt  für 
die  vorige  Sendung.  Beide  können  nicht  genug  ihre  Freude  aus- 
drücken, die  ihnen  die  Briefe  bereiten  und  die  Nachrichten  über 
den  Gesundheitszustand  der  oder  des  Geliebten.  So  erkundigt 
sich  der  Absender  auch  nach  dem  Befinden  des  Empfängers  und 
bittet  darüber  um  Nachricht.    Vgl.  folgende  Beispiele: 


104  G.  HANF, 

D.  S.  165.  .  .  y  ay  recen  vos  leur  es  et  ce  que  vous  m*  avez  envoie, 
de  quay  je  vous  merci  toni  ei  de  euer  comme  je  puis  plus  ;  et  par  especial 
de  la  bonne  diligence  que  vous  avés  eue  de  moy  faire  savoir  vostre  hon 
estai;  car  c'est  oit  le  plus  grant  désir  que  je  eusse  que  de  savoir  que 
vous  fussiés  en  bon  point. 

119.  j''ai  receu  vos  lettres^  en  queles  vous  me  faites  savoir  vostre 
bon  es  tat f  dont  j^ay  moult  grant  joie  plus  que  de  chose  qui  me  puist 
avenir, 

133.  j* envoie  par  devers  vous  pour  savoir  vostre  bon  estât,  le  quel 
je  desire  plus  a  savoir  que  nulle  riens  née,  ne  que  de  creature  qui  vive: 
et  du  mien^  s'il  vous  en  plaist  a  savoir,  j^estoie  en  estai  que  .  •  • 

47.  ,  ,  je  n^eus  longtemps  a  si  grant  joie  comme  je  eus  a  Veure 
que  je  les  (se.  lettres^  receus;  pour  ce  que  j'avoie  grant  désir  de  savoir 
nouvelles  de  vostre  bon  estai, 

Âehniiche  Anfange  finden  sich  bei  Machaut,  wie  folgende: 

S.  54.  vous  me  faites  savoir  vostre  bon  estai  dont  je  suis  moult 
liés.  Et  vraiemeni  ¿est  la  plus  grant  joie  que  je  puisse  avoir  que  d'en 
oïr  bonnes  nouvelles. 

201.  j*ai  receu  vos  lettres  es  queles  vous  me  faites  savoir  vostre 
bon  estai,  dont  j'ay  si  tresgrant  joie  que  plus  ne  puis, 

262.  . .  j'^ envoie  par  devers  vous  pour  savoir  vostre  bon  estai,  — 
car,  par  Dieu,  c'est  une  des  choses  de  ce  monde  que  je  plus  desire  que 
d'en  oïr  bonnes  nouvelles  et  vous  veoir  aussi.  Et  du  mien,  ^il  vous 
plaist  a'' savoir^  plaise  vous  savoir  que  —  nous  estions  en  bon  point. 

Derartige  Eingänge  finden  sich  in  Menge.  Formelhaft  ist  auch 
der  Schlufs  mit  der  fast  immer  wiederkehrenden  Wendung:  a  Dieu, 
mon  dous  euer  (cet),  qui  vous  doini  joie  et  honnour  de  quanque  vostre 
cuers  aime,  wofür  besondere  Belegstellen  wohl  überflüssig  sind. 
Ebenso  kommt  häufig  der  Wunsch  zum  Ausdruck,  sich  zu  sehen, 
und  die  Versicherung  ewiger  Treue,  so  z.  B.: 

D.  1 15.   ne  vueüliés  penser  ne  y  maginer  que  je  vous  puisse  laissier 

ne  oublier, 

D.  207.  l'amour  que  j*ay  a  vous  est  si  grans  que  nul  puet  plus  estre. 

D.  267.  ne  jour  de  ma  vie  ja  ne  vous  oblieray, 

M.  1 1 3.   .  .  par  y  celui  dieu   qui  me  fisi  il  ne  porroit  avenir  que 

je  vous  oubliasse, 

M.  164.    .  .  car  par  m' ame  je  ne  vous  porroie  ne  vorroie  oublier, 
M.  6 1 .    ...  que  j'aime  le  plus  et  en  cui  j^ay  plus  grani  fiance, 
D.  310.    moi  qui  vous  aime  plus  chier emeni  que  tous  les  hommes 

qui  sont  aujourd'hui  en  vie. 

M.  20 1.   vous  que  j*aime  plus  que  tout  le  monde  ,  ,  • 

D.  346.    .  .  si  dieu   m'avait   donné   un   seul  souhait  en  ce  monde 

je  ne  souhaideroie  riens  fors  vous  veoir, 

M.  20.   se  je  avoie   en    ce  monde   un   seul  souhait  je  souhaideroie 

que  je  peiisse  mon  euer  et  mes  yeux  saouler  de  vous  veoir  et  qyr, 

D.  207.    .  .  je  pense    tant  a    l'amour  qui  est  entre   vous  et  moy 

que  par  le  dieu  en  qui  je  croy  je  y  pense  plus  que  en  nulle  autre  chose. 


ÜSBSR  GUILLAUME  DE  BiACHAüTS  VOIR  DIT.  1 65 

M.  258.  .  .  en  l*anu  de  moy  en  tauf  le  siècle  je  tCay  pensee  que 
a  vous  ne  je  ne  potroie  ne  saroie  amer  autre  que  vous, 

I^- 344»  (j^^y  ^^^  ^^  lettres  dont  fay  moult  grant  joie).  Car 
après  vous  veoir  c^esioit  la  chose  du  monde  que  je  desiroie  le  plus. 

ÄL  13.  c'est  la  plus  grant  joie  —  que  de  oir  bonnes  nouvelles 
après  vous  veoir  que  je  désir  sur  toutes  choses  dou  monde. 

Dabd  wird  gebeten,  so  oft  als  möglich  zu  schreiben,  vgl. 

D.  58.  je  vous  pri  que  je  oie  nouvelles  de  vous  le  plus  souvent 
que  vous  porrés. 

M.  342.  Si  vous  supply  —  que  vous  le  {le  bon  estât)  me  vueillez 
faire  savoir  le  plus  souvent  que  vos  pourrez. 

Ferner  folgen  Entschuldigungen,  nicht  eher,  nicht  ausfuhrlich 
genug  oder  nicht  in  ganz  geziemender  Weise  geschrieben  zu  haben, 
so  z.  R: 

D.  280.  si  vous  escri  brief  ment  je  vous  pri  qu*il  ne  vous  vueille 
desplaire. 

M.  266.   Et  si  je  vous  escri  trop  brief  ment,  pardonnez  moi. 

D.  114.  fe  vous  pri  tant  doucement  que  je  puis  qt/il  ne  vous 
vueil  despicare  se  je  ne  vous  ay  escript. 

M.  112.  .  .  je  vous  prie  pour  Dieu  que  vous  me  vueilliez  tenir 
pour  excusé^  se  je  n'ay  envoie  vers  vous  .  .  mais,  par  m* ame,  je  ne 
Pay  peu  amender. 

D.  345.  Et  se  Je  vous  ay  escrit  un  pou  rudement  et  mal  sàige- 
ment,  par  m' ame,  je  ne  Vay  peu  amender. 

M.  54.  se  je  vous  ecri  plus  rudement,  nicetement  et  mal  sagement 
—  si  le  me  vuetUiés  pardonner. 

Ebenso  wird  beiderseitig  die  hohe  Befriedigung  ausgedruckt, 
die  ihnen  die  Liebe  gewährt,  eins  fühlt  sich  durch  die  Liebe  des 
andern  geehrt,  und  sie  suchen  sich  im  Ausdruck  ihrer  Gefühle  zu 
überbieten. 

D.  235.  .  .  quant  il  me  souvient  —  de  Vhonneur  et  dou  bien  que 
je  trouvay  en  vous  tous  li  euer  s  me  rejoisi. 

M.  258.  Et  se  Dieu  me  doint  joie  je  vous  aim  tant  et  poise  tant 
Ponneur  et  la  bonté  de  vous  qtiil  ne  me  puet  sembler  que  vous  ayez 
pareille. 

M.  258.  Mais  ainsi  ce  que  je  ne  suis  mie  digne  de  vous  amer 
me  donne  trop  de  pointures, 

D.  27.  .  .  et  si  ay  tant  enquis  de  vostre  estât,  que  se  je  estoie 
cent  fois  meilleurs  de  toutes  bontés  que  je  ne  suis  si  suis  je  certaine 
que  vous  estes  bien  souffisans  d'avoir  meilleur  que  je  ne  suis. 

M.  19.    .  .  se  je  estoie  li  plus  vaillans  —  et  vesquisse    cent  mille 

OTis,  je  ne  porr  oie  mi  desservir  la  mettre  partie  des  biens  que  vous  me 

faites.     Et  —  vous   dites   que   vous  prenés  grant  plaisance  en  ce  que 

je  vous  envoie;  je  doy  prenre   cent   mille  fois  plus  grant  plaisance  en 

ce  que  vous  nCenvoiez. 

D.  47.    BU  se  vous  prenés  grant  plaisir  a  veoir  et  a  tenir  ce  que 
je   vous   ay   envoie,  je  cuide   certainement  que  je  le  pren  plus  grant  a 
veoir  ce  que  vous  m^avez  envoie. 


1 66  G.  HANF, 

Der  Bau  der  Sätze  ist  durch  Häufung  gleichwertiger  Satzteile 
und  synonymer  Ausdrucke,  durch  Anaphern  u.  dergl.  übereinstim- 
mend, sowie  auch  gewisse  Wendungen  und  Uebergänge  an  ein- 
ander erinnern.  Solche  gleichwertige  Satzteile  finden  sich  in  allen 
Briefen,  z.  B.  bei  Machaut: 

19.  je  prens  joie^  plaisance  et  douce  nourriture. 
21.  je  vous   amer  ay  et  obetray,    doubter  ay,   servir  ay   tant  com  je 
vivray,  et  de  euer  loiaument  garderay  et  celeray, 

41.    ,  ,  ne  pourr oient  penser ,  imaginer  ne  considérer, 

53.  que  je  pren  en  penser,  en  parler  et  en  escrire, 

54.  souhaidier  ne  désirer» 

je  pren  joie  et  confort  et  vrai  esperance, 

113.  met  nCame^  mon  euer,  ma  vie  et  quanque  j^ay  en  vostre 
ordenance, 

189.    ne  tristesse  ne  dolour  ;  rendu  joie  et  santé, 

191.  je  vif  en  joie  et  en  revel, 

258.   escriray,  diray  ne  commander ay, 

265.  ma  mort  et  ma  w>,  mon  déduit  et  ma  joie,  ma  doleur  et 
ma  santé. 

Von  dergleichen  Wendungen  seien  aus  den  Briefen  der  Dame 
folgende  erwähnt: 

48.    le  bien  et  Vonneur, 

6 2,  je  ne  pren  plaisance,  comfort  ne  esbatement  que  en  vous, 

115.    .  .  penser  ne  y  maginer  que  je  vous  puisse  laissier  ne  oublier, 

165.    le  bien,  donneur  et  la  douceur, 

310.    n^en  dis  rCen  fais  rCen  pensee, 

bien  ne  joie^  confort  et  joie, 
312.    en  qui  j*ay  mis  euer,  pensee  et  amour. 

Ferner  erinnern  an  einander  folgende  Wendungen: 

D.  62.      a  vous  que  j^aim  plus  que  moi. 

M.  100.    a  vous  que  j*aim  trop  mieus  que  mi, 

D.  249.  Si  vous  prie  si  chier  corne  vous  avez  —  Vamaur  de 
moi  que  ,  .  . 

M.  258.    Mais  je  vous  pry  si  cher  que  vous  m^amez  que  . .  . 

M.  20.      et  vous  jure  et  promet  par  ma  foy  que  ,  ,  , 
D.  168.  je  vous  jur  et  promet  par  ma  foy  que  ,  ,  , 

D.  193  und  öfter,    que  je  porr  oie  ne  vorroie, 
M.  164  und  öfter,  je  ne  vous  vorroie  ne  porr  oie, 

D.  281.  je  suis  la  ou  vous  savez  en  tres  bon  point,  la  mercy 
Nostre  Seigneur  qui  ce  vous  ottroit, 

M.  278.  j'^estoie  en  bonne  santé  de  corps,  la  mercy  Nostre  Seigneur 
qui  ce  vous  ottroit, 

D.  368.    .  .  come  vous  amez  mon  bien,  ma  pais,  ma  joie  et  ma  vie, 
M.  362.    si  vous  amés  mon  bien,  ma  pais  et  ma  joie. 


UEBER  GUILLAUBfE  DE  MACHAütS  VOIR  DIT.  1 67 

D.  312.  Si  VOUS  prie  et  supply  si  humblement  et  si  chierement 
came  je  puis. 

M.  362.  Si  zH>us  pry  si  tres  chierement  et  si  humblement  come 
je  puis, 

D.  62.     je  vous  pri  sur  toute  P amour  que  vous  avez  a  mi  que  . . , 
M.  52.     je  vous  pri  pour  Dieu  et  sur  toute  l* amour  que  vous  avez 
a  moi  que  .  .  . 

Sodann  ist  beiden  eigentümlich,  von  demselben  Verbum  ver- 
schiedene Zeiten  neben  einander  des  Nachdrucks  halber  anzu- 
wenden, so  z.  B.  eile  nia  amendé  et  amende^  me  donnent  et  ont  donné, 
sui  et  seray  toute  ma  vie,  j'ay  et  aray,  il  n^i  a  que  bien  ne  nara  ja 
u.  dergl. 

Dazu  wenden  beide  gem  und  häufig  Beteuerungen  an. 

Auffällig  ist  auch,  dafs  in  den  Briefen  der  Dame,  die  doch 
ein  Bekanntwerden  ihrer  Beziehungen  wünscht,  ebenso  sorgfältig 
wie  bei  ihm  Angaben  von  Personen  oder  Orten  vermieden  sind. 
Sonderbar  ¡st  das  Verfahren,  in  den  Briefen  allgemeine  Redens- 
arten zu  machen  und  dann,  wenn  etwas  Bestimmtes  und  Wesent- 
liches für  Ort  und  Zeit  kommt,  zu  schreiben,  das  werde  der  Ueber- 
bringer  des  Briefes  mitteilen,  die  Hauptsache  also,  die  oft  geheim 
bleiben  soll,  dem  häufig  als  valet  bezeichneten  Boten  mündlich  an- 
zuvertrauen, diesen  also  mit  dem  wesentlichen  Inhalt  des  versiegelten 
Briefes  bekannt  zu  machen.  Man  bekommt  hier  beim  Lesen  das 
Gefühl,  als  mache  der  Dichter  deshalb  Phrasen  und  dunkle  An- 
deutimgen,  weil  er  sich  etwas  Klares  und  Bestimmtes  beim  Schreiben 
der  Briefe  selbst  nicht  vorstellt. 

Der  Stil  der  Briefe  ist  somit  sehr  auffällig;  die  Aehnlichkeit 
der  Form,  das  Andeutende  des  Inhalts  legen  den  Gedanken  nahe, 
dafs  der  ganze  Briefwechsel  blofs  erfunden  ist.  Natürlich  kann 
man  hieraus  allein  einen  bestimmten  Schlufs  nicht  ziehen,  wenn 
nicht  noch  andere  wesentliche  Momente  hinzukommen. 


Sachliche  Bemerkungen. 

In  sachlicher  Hinsicht  findet  man  manche  auffälligen,  zum 
Teil  sich  widersprechenden  Stellen. 

S.  36:  Machaut  sagt,  er  habe  vier  Gedichte  während  seiner 
Krankheit  gedichtet;  er  teilt  sie  uns  mit.  Von  ihnen  verdient  das 
dritte  und  das  vierte  erwähnt  zu  werden. 

In  Gedicht  3  spricht  er  davon,  dafs  er  keine  Sorgen  und 
Schmerzen  habe,  dafs  er  geheilt  sei  durch  seine  Dame.  Das 
widerspricht  sowohl  seinem  physischen  als  geistigen  Zustand  nach 
dem,  was  er  kurz  vorher  erzählt  hat  Denn  er  ist  in  seine  Krank- 
heit zurückgefallen  aus  Sehnsucht  nach  ihr,  weil  er  nichts  wieder 
von  ihr  gehört  hat.    Vgl.  S.  24: 


1 68  G.  HANF, 

St  devins  merencolieus  ; 

Car  vraiement  festoie  en  douhte 

De  perdre  ní esperance  ioute^ 

Ei  s^estoie  flebes  assis 

Et  de  maladie  lassés  .  .  . 

Hier  ist  also  sein  Zustand  ganz  anders  als  er  ihn  in  Gedicht  3 
darstellt. 

Das  4.  Gedicht,  eine  chanson  baladée,  behandelt  seine  Ge- 
danken darüber,  wie  er  sich  beim  ersten  Zusammentreffen  mit  ihr 
verhalten  wird. 

Certains  sui  que  pris  seray 

Si  fort  que  je  ne  sarqy 

A  li  parler 

Et  que  sans  froit  trambleray 

Et  sans  chalour  sueray 

Et  souspirer 

Me  faudra  et  resoper 

Mes  souspirs  pour  moi  celer, 

La  ne  saray 

Mot  sonner  .  . . 

Auf  S.  80  schildert  er  nun  diese  Zusammenkunft: 

.  .  ,  je  ne  Savoie 
Parler  a  H  ne  ou  festoie. 
Et  si  sentoie  une  froidure 
Entremellee  d'une  ardure 
Qui  faisait  fremir  et  suer 
Mon  corps  et  ma  colour  muer. 
La  parole  me  iremhloit 
Et  tous  H  corpsy  ce  me  semhloit. 

Die  Aehnlichkeit  der  beiden  Stellen  liegt  auf  der  Hand.  Der 
Dichter  muís  sich  zum  mindesten  sehr  gut  gekannt  haben,  wenn 
er  so  genau  schon  vorher  zu  schildern  weifs,  wie  er  sich  verhalten 
wird.  Die  beiden  Gedichte  haben  sonach  manches  Auffällige,  das 
eine  widerspricht  der  Situation,  in  der  es  gedichtet  sein  soll,  das 
andere  erregt  Zweifel  wegen  der  Aehnlichkeit  seines  Inhalts  mit 
dem  später  Erzählten. 

Folgende  Verse  auf  S.  1 1 1  sind  psychologisch  unwahrscheinlich: 

S'avoit  en  mon  euer 
bis       Comment  maintenir  me  dévoie. 

Man  mufs  bedenken,  dais  der  Dichter  nur  acht  Tage  ohne  die 
Dame  ist  und  dafs  diese  ihn  in  der  Zwischenzeit  noch  besucht 
Innerhalb  dieser  Zeit  von  nicht  ganz  acht  Tagen  werden  vier  Briefe 
(11. — 14.)  gewechselt.  So  ¡st  der  Anfang  von  Brief  11  eine  blofse 
Phrase:  me  vueilliez  tenir  pour  excusé^  se  je  n'ay  envoie  vers  vous 
puis  que  vous  partistes  de  moy.    Ebenso  entschuldigt  sich  in  Brief  1 2 


ÜEBER  GUILLAmCB  DB  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 69 

die  Dame,   dafs  sie  noch  nicht  geschrieben  hat,   m.  E.  ganz  ohne 
Grund. 

S.  163.  Zu  der  Angabe,  dafs  Brief  19  am  Tage  der  Abreise  des 
Dichters  geschrieben  sei,  steht  im  Widerspruch  der  Stil  des  Briefs 
und  der  ganze  psychologische  Zusammenhang.  Ebenso  ist  es  mit 
Brief  20,  S.  165,  den  wir  dem  Stil  nach  nicht  am  andern  Tage 
nach  der  Abreise  geschrieben  denken  können:  il  ne  fu  puis  jours 
a  celle  droite  heure  par  especial  que  il  ne  me  souvenisi  de  vous.  Damit 
kann  doch  nicht  nur  ein  einziger  Tag  gemeint  sein? 

S.  182.  .  .  pour  amende  tauxee  par  li  et  par  ses  gens,  de  ce  que  en 
ce  livre  ne  avoie  riens  fait  d*  especial  chose  qui  feist  a  conter  pour  //,  je 
feisse  un  lay  appelle  Lay  d* Esperance,  Diese  Stelle  könnte,  wenn 
eine,  zeigen,  dsifs  alles  vom  Dichter  erfunden  ist  Denn  nach  der 
Stelle,  die  der  betreffende  Brief  2 1  einnimmt,  und  nach  der  Zeit, 
in  der  er  den  Angaben  zufolge  geschrieben  ist,  ist  das  Buch  über- 
haupt noch  nicht  angefangen,  da  der  Brief  bald  nach  des  Dichters 
Heimkehr  geschrieben  sein  muís,  er  aber  erst  über  einen  Monat 
nach  seiner  Trennung  von  der  Dame,  wie  oben  gezeigt  ist,  mit 
der  Arbeit  beginnt.  Es  ist  unmöglich,  in  Brief  21  schon  von  dem 
Buche  als  einem  zum  Teil  fertig  vorliegenden  Ganzen,  wie  es  ge- 
schieht, zu  sprechen.  Man  sieht  indessen,  dafs  von  dem  Werk 
schon  ein  Teil  fertig  ist,  den  der  Dichter  überblickt  und  worin  er 
noch  nichts  von  Esperance  gedichtet  hat,  als  der  Brief  geschrieben 
wird.  In  dem  Briefe  sind  also  unwillkürlich  des  Dichters  Gedanken 
bei  der  Komposition  zum  Ausdruck  gebracht,  nicht  aber  die,  welche 
er  dem  Gang  der  Ereignisse  nach  haben  würde,  wenn  der  Brief- 
wechsel echt  wäre. 

S.  234.  Die  Dame  schreibt,  dafs  sie  in  der  Nacht  zum  hl.  Kreuz 
(am  8.  September)  einen  Traum  gehabt  hat  und  teilt  ihn  dem 
EHchter  in  dem  Briefe  29  mit.  Dieser  antwortet:  sachiez  certaine- 
ment  que  je  songay  environ  la  Sainte  Crois  und  erzählt  seinerseits 
den  Traum,  den  er  um  dieselbe  Zeit  gehabt  hat  Das  wäre  also 
auch  etwa  am  8.  September.  Sodann  aber  schreibt  er  S.  233,  dafs 
am  selben  Morgen,  nachdem  px  den  Traum  gehabt  hat,  ein  Bote 
von  der  Dame  mit  dem  betr.  Brief  (29)  kommt;  der  ist  aber  vom 
17.  September  datiert.  Er  müfste  danach  erst  nach  dem  17.  seinen 
Traum  gehabt  haben.  So  stimmen  zum  mindesten  die  beiden 
Daten  nicht. 

S.  243.  In  der  Complainte  der  Dame  ist  eine  Stelle  auffallend, 
die  trotz  ihrer  geringen  Bedeutung  für  die  Erzählung  geeignet 
ist,  bedeutenden  Zweifel  an  der  Echtheit  der  Complainte  als  eines 
Werkes  der  Dame  und  dann  an  der  des  ganzen  Briefwechsels 
überhaupt  hervorzurufen.  Die  Dame  erwähnt  nämlich  hier,  dafs 
der   Dichter   sie   mit  Semiramis    verglichen   habe.     Das   hat   er   in 


1 70  G.  HANF, 

dem  Werke  allerdings  vorher  gethan;  aber  es  ist  nicht  ersichtlich, 
wie  die  Dame  davon  wissen  kann.  Denn  in  den  Briefen  steht 
davon  nichts,  auch  kann  ihr  das  Buch  noch  nicht  soweit  vorgelegen 
haben,  da  es  noch  nicht  sehr  lange  begonnen  ist  und  er  nach 
S.  202  täglich  i<X)  Verse  macht.  Direkt  vorher  steht  der  Vergleich 
mit  Semiramis.  Dafs  er  das  Buch  der  Dame  noch  nicht  geschickt 
hat,  zeigt  Brief  34  und  35,  die  erst  nach  der  Complainte  geschrieben 
sind.  Woher  weifs  also  die  Dame,  die  das  Buch  noch  nicht  ge- 
sehen und  von  dem  Dichter  über  diesen  Punkt  keine  Mitteilungen 
erhalten  hat  —  abgesehen  davon  dafs  das  Werk  da  schon  sehr 
weit  vorgeschritten  wäre  — ,  woher  weifs  sie  also,  dafs  M.  diesen 
Vergleich  angewandt  hat?  Es  scheint  mir  hier  eine  Unachtsam- 
keit des  Dichters  vorzuliegen,  die  er  dann  bei  der  an  und  für  sidi 
geringen  Wichtigkeit  der  Sache  nicht  bemerkt  hat.  Er  hat  die 
Complainte  wohl  selbst  gedichtet. 

S.  308.  Dafs  der  Dichter  Seite  für  Seite  weiter  gearbeitet  hat, 
ohne  das  Vorhergehende  zu  vergleichen  und  entsprechend  zu 
ändern,  sieht  man  daraus,  dafs  er  S.  308,  wo  er  das  Bild  der 
Dame  herabnimn^^  und  in  die  Truhe  legt,  sagt: 

La  est  encore  et  y  sera 
N^a  piece  mais  rCen  partira. 

Später  erzählt  er  aber,  dafs  er  das  Bild  wieder  hervorholt  und  an 
dem  alten  Platze  aufhängt. 

lieber  die  Abfassung  des  Buchs  sind  in  den  letzten  Briefen 
verschiedene  Angaben  gemacht.  Von  Br.  39  ausgehend,  sehen  wir, 
dafs  der  Dichter  das  bisher  Fertige  der  Dame  gesandt  hat  Der 
Verkehr  ist  dann  abgebrochen.  Wie  hat  er  da  das  Buch  wieder 
erhalten,  das  sie  in  Br.  43  noch  einmal  haben  will?  —  In  Br.  42 
schreibt  er,  wegen  der  Aeufserungen  des  riche  ami  habe  er  puis 
Pasques  nichts  an  dem  Buche  gearbeitet,  wolle  auch  nicht  weiter 
arbeiten,  puisque  mater  e  me  fault,  und  doch  sendet  er  ihr  zugleich 
das,  was  er  depuis  de  vostre  livre  gethan  hat  In  Br.  45  ist  die 
baldige  Vollendung  in  Aussicht  gestellt,  nachdem:  fay  esté  lane 
temps  que  je  ny  ay  riens  fait. 

Unwichtigere  Stellen  mit  Widersprüchen  übergehe  ich. 

Die  Zeitangaben  im  allgemeinen. 

In  den  Zeitangaben  finden  wir  viele  Widersprüche,  weniger  in 
dem  ersten  Teile  des  Buches,  als  in  der  zweiten  Hälfte.  Besonders 
in  den  Daten  der  spätem  Briefe  sind  viele  Ungereimtheiten,  die 
sich  durch  Umstellung  einzelner  Briefe  nicht  alle  beseitigen  lassen. 
Diese  Widersprüche  sind  zum  Teil  sehr  auffallend.  Wir  wollen 
versuchen,  durch  Aenderungen  bzw.  Umstellungen  sie  zu  beseitigen 
und  so  Klarheit  in  den  Gang  der  Handlung  zu  bringen.    F.  Paris 


i\ 


UEBER  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 7  I 

hilft  sich  hierbei  damit,  dafs  er  sagt,  was  nicht  zusammenstimme 
and  falsch  sei,  habe  der  Dichter  mit  Absicht  so  gemacht,  damit 
man  schwerer  hinter  sein  Geheimnis  komme.  Das  ist  allerdings 
ein  bequemes  Âuskunftsmittel;  an  vielen  Stellen  ist  es  aber  nicht 
angebracht,  eine  absichtliche  Täuschung  anzunehmen,  da  sie  gar 
keinen  Zweck  hätte.  Gelingt  es  nun  weder  die  Widersprüche  zu 
beseitigen  noch  Gründe  dafür  zu  finden,  so  kann  man  dagegen 
durch  Nachweisung  solcher  auf  indirektem  Wege  das  Nichtwirk- 
liche des  Erzählten  nachweisen.  An  und  für  sich  können  ja  in 
jedem  Geschichtswerke  solche  sich  widersprechende  Angaben  vor- 
kommen; doch  kann  es  sich  dabei  nur  um  Versehen  und  Un- 
wesentliches handeln,  oder  der  Geschichtsschreiber  stützt  sich  auf 
falsche  Quellenangaben,  oder  er  hat,  wenn  er  eigene  Erlebnisse 
schildert,  infolge  davon,  dafs  sie  lange  vergangen  sind,  manches 
vergessen  und  kann  den  Zusammenhang  nicht  mehr  klar  kon- 
struieren, sieht  vielleicht  auch  manches  in  anderm  Lichte.  Das 
liegt  aber  bei  unserm  Werke  nicht  vor,  da  nach  des  Verfassers 
eigenen  Angaben  das  Buch  immer  in  unmittelbarem  Zusammenhang 
mit  den  Ereignissen  geschrieben  wird,  die  geschilderten  Vorgänge 
also  noch  in  lebhafter  Erinnerung  sind.  Widersprüche  sind  also 
hier  nicht  auf  mangelhaftes  Gedächtnis,  auch  nicht  auf  schlechte 
Ueberlieferung  aus  dem  Munde  anderer  zurückzuführen,  sondern 
auf  falsche  Kombinationen  und  Kompositionsfehler.  Bei  frei  er- 
dichtetem Stoflfe  ist  es  ja  allerdings  eher  möglich,  dafs  der  Autor 
bei  Zeit-  und  andern  Angaben  vergifst,  was  er  vorher  angab; 
natürlich  tritt  ihm  das  nicht  ins  Bewufstsein,  und  so  unterläfst  er 
den  sonst  möglichen  Vergleich  mit  dem  früher  Geschriebenen, 
zumal  wenn  die  Arbeit  rasch  gefordert  werden  soll.  Auch  geht  es 
leicht  an,  dafs  er  auf  Augenblicke  den  Standpunkt  der  Erzählung 
vergifst,  wie  das  auch  bei  den  Briefen  in  Bezug  auf  die  Zeit  des 
Absendens  möglich  ist,  und  dafs  er  von  seinem  Stand-  und  Zeit- 
punkte bei  der  Abfassung  des  Buches  ausgeht,  wie  das  z.  B.  in 
Brief  2 1   der  Fall  ist 

Ich  stelle  zunächst  die  Zeitangaben  in  der  Folge  des  Textes 
zosanmien,  um  sie  dann  zu  vergleichen  und  die  Richtigkeit  einzelner 
genauer  zu  untersuchen,  besonders  auch  auf  die  Daten  der  Briefe 
einzugehen.  Einige  Wiederholungen  lassen  sich  hierbei  allerdings 
kaum  vermeiden.     Man  vergleiche  hierzu  den  Inhalt 

Ausgehend  von  dem  oben  festgesetzten  Anfangstermin  der 
Abfassung  des  Buches,  Juli  1363,  kommen  wir  bei  Beginn  der  Er- 
zählung in  den  Spätsommer  des  Jahres  1362.     S.  2: 

//  n^a  pas,  un  an  que  festote 

En  un  lieu  ou  je  nCesbatoie, 

Si  nCesioie  couchiés  en  Vomhre 

Par  quoy  la  chaleur  du  soleil 

Ne  me  grevast  n^au  corps  n^a  VueiL 


172  G.HANF, 

Die  Jahreszeit  ist  also  noch  sehr  schön,  es  ist  warmes  Wetter, 
wir  können  annehmen  August  oder  September.  Der  Freund, 
welcher  die  erste  Nachricht  von  der  Dame  und  das  Rondel  ge- 
bracht hat,  reist  bald  wieder  ab,  um  der  Dame  des  Dichters  Ant- 
wort zu  bringen.  Eine  Zwischenzeit  ist  nicht  angegeben  bis  zur 
Ankunft  des  Boten  mit  dem  Briefe:  Ainsi  com  festoie  la  S.  13  ist 
alles»  was  gesagt  ist.  Doch  mufs  einige  Zeit  vergangen  sein.  Der 
Dichter  giebt  dem  Boten  Brief  2.     Dieser  erklärt  ihm,  S.  23, 

qt^il  tu  pooit  si  iost  aler 
Vers  ma  dame^  n'a  li  parler. 

Der  Liebende  bleibt  zwei  Monate  ohne  Nachricht,  also  Oktober 
und  November: 

Je  fui  deux  mois  tous  entiers 

Qííil  ne  fu  voie  ne  sentiers, 

Homme^  femme  ne  creature. 

Qui  de  ma  douce  dame  pure 

Me  deist  aucune  nouvelle. 

Der  Winter  ist  streng.     S.  24: 

Et  si  estoit  trop  grans  Vyvers 
Plains  de  gelee  et  pluvieus. 

Nach  Empfang  des  zweiten  Briefes  schreibt  die  Dame  sofort 
wieder,  S.  27: 

Car  en  Veure  me  volt  rescrire 

Ces  lettres  que  cy  orrés  lire, 

Machaut  seinerseits  antwortet  sofort  mit  Br.  4.  Diesen  hat  ut 
le  juedi  devant  Noël  erhalten  (S.  47).  Brief  3  und  4  sind  also  im 
Dezember  geschrieben. 

Von  der  Zeit  nach  Weihnacht  bis  zum  Frühling  wird  nichts 
berichtet;  der  Dichter  wird  merkwürdigerweise  nicht  wieder  ernst- 
lich krank,  als  Nachricht  von  ihr  nicht  gleich  eintrifft  In  Br.  3 
(S.  28)  hat  sie  ihm  mitgeteilt:  vueilliés  savoir  que  je  ne  me  partiray 
point  de  la  ou  je  suis  avant  Pasques.  Sie  ist  noch  in  derselben 
Stadt,  die  sie  bei  Beginn  des  Winters  aufgesucht  hat,  wie  wir  oben 
sahen  vermutlich  in  Paris. 

Der  Frühling  vertreibt  nun  den  Winter.  S.  42  :  Li  printemps 
vint  biaus  et  jolis.  Der  April  ist  herangekommen,  S.  43:  Ce  fu  droä 
au  mois  d*  avril.  Auf  S.  46  wird  die  Ankunft  des  Boten,  der  Briefs 
bringt,  mitgeteilt.  Dieser  Bote  kehrt  nach  S.  47  nicht  sofort  zur 
Dame  zurück,  sondern  geht  eine  Woche  nach  Lothringen: 

Je  suis  de  la  conté  de  Fois 

Et  m^en  vois  tout  en  droit  en  Lorraine: 

Si  revenray  Vautre  semaine. 

£r  kann  also,  wenn  er  Brief  6  auf  der  Rückreise  mitnimmt,  kaum 
vor  Mitte  April  wieder  in  Paris  bei  der  Dame  sein.  Der  Dichter 
schreibt   nun   in    Brief  7  (S.  53):   Se  je  puis  par  nulle  voie,  je  vous 


UEBER  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 73 

vtrray  environ  ceste  pasque.  Das  Osterfest  muíste  demnach  noch 
nicht  vorbei  sein.  Nach  den  Ostertabellen  ist  aber  das  Fest  im 
Jahre  1363  bereits  am  2.  April,  also  noch  vor  der  Ankmift  des 
Boten.  Der  Widerspruch  liegt  auf  der  Hand:  in  einem  nach  Ostern 
geschriebenen  Briefe  wird  das  Osterfest  als  künftig  bezeichnet  Will 
man  hier  eine  absichtliche  Täuschung  von  Seiten  des  Dichters  an- 
nehmen? Doch  wohl  schwerlich;  denn  diese  könnte  dann  doch 
erst  später  ausgeführt  sein,  nachdem  die  Dame  ihm  den  Brief 
zurückgegeben  hat,  da  sie  sonst  selbst  nicht  wissen  würde,  welche 
Zeit  gemeint  ist,  und  wenn  das,  so  wäre  der  Brief  nicht  in  seiner 
ursprünglichen,  wahren  Form  aufgenommen,  was  der  Dichter  doch 
gerade  wilL  Aufserdem  fällt  der  Widerspruch  beim  Lesen  gar 
nicht  auf,  erst  bei  genauer  Betrachtung  der  Zeitangaben  und  des 
wirklichen  Datums.  Ich  nehme  an,  dafs  dem  Dichter  das  ent- 
gangen und  nicht  mit  Absicht  geschrieben  ist  Aber  auch  ohne 
auf  das  wirkliche  Datum  zu  achten,  findet  man,  wenn  man  die 
Zeitangaben  unter  sich  vergleicht,  Widersprüche  heraus.  S.  68  ver- 
spricht er  der  Dame,  zu  Pfingsten  zu  kommen.  Berechnet  man 
nun  die  Zeit,  die  von  Br.  5  bis  zu  seiner  Reise  vergeht,  so  kommen 
wir  in  den  Anfang  des  Monat  Mai,  also  in  eine  Zeit,  wo  Pfingsten 
noch  nicht  fallen  kann.  Die  Dame  erhält  nämlich  Br.  6  Mitte 
April.  Die  Zwischenzeit  zwischen  Br.  6 — 10  ist  nicht  angegeben. 
Da  die  Entfernung  zwischen  Reims  und  Paris  doch  sicher  vier 
Tagereisen  betrug,  wenn  nicht  mehr,  so  müssen  wir  zur  Beförde- 
rung der  Briefe  immer  vier  Tage  annehmen.  Die  Antwort  ist 
jedenfalls  auch  nicht  immer  am  selben  Tage  abgeschickt,  vgl.  Br.  9 
und  10,  wo  von  einer  langem  Zwischenzeit  geredet  wird.  So 
konunt  eine  Zeit  von  mehr  als  20  Tagen  heraus.  Seine  Reise 
könnte  er  vor  dem  5. — 10.  Mai  hiernach  nicht  antreten.  Pfingsten 
ist  danach  allerdings  nicht  mehr  fem.  Wenn  wir  aber  die  folgenden 
Zeitangaben  des  Buches  zurückrechnen  von  dem  Termin,  den  wir 
immer  als  Ausgangspunkt  fur  die  Rechnung  nehmen  können,  dem 
Lendit  von  St  Denis,  12.  Juni,  so  bekommen  wir  einen  frühem 
Tag;  er  müfste  da  noch  im  April  reisen.  Allerdings  sind  die  An- 
gaben betreff  seiner  neuvaine  ziemlich  unklar.  Auch  P.  Paris  scheint 
sich  nicht  ganz  damit  zurechtgefunden  zu  haben.  In  Brief  10  teilt 
M.  der  Dame  mit,  dafs  er  zu  Pfingsten  kommen  werde.  S.  66,  wo 
er  le  printemps  vit  bel  et  joli,  beschliefst  er  die  Reise,  auf  S.  70  er- 
zählt er,  dafs  er  sie  antritt.  Wie  lange  Zeit  er  dazu  gebraucht, 
ist  nicht  angegeben.  In  seinem  Wallfahrtsort,  nahe  dem  Wohnsitz 
des  Fräuleins,  will  er  zuerst  neun  Tage  bleiben;  doch  verlängert 
sich  sein  Aufenthalt     Die  Stelle  lautet: 

.  .  .  c'estoit  mon  entention 

Que  fy  f tisse  ma  nuef vaine; 

Mais  fy  fui  près  d^une  quinzaine 

Pour  un  accident  qui  me  vint. 

Car  de  la  partir  me  convint 

Au  commendemmt  d^un  seigneur^ 


174  G.  HANF, 

Qu^m  France  tCa  point  de  greigneur 
Fors  un. 

Mais  ce  ne  me  desploisoit  mie. 
Car  faloie  veyr  nCamie. 

Mit  diesem  Herrn  ist  der  Dauphin,  Herzog  der  Normandie,  ge- 
meint, der  sich  damals  in  der  Stadt  Crecy  aufhielt,  wie  aus 
S.  136  hervorgeht: 

Je  receu  ceste  tetre  cy 

Droit  en  la  ville  de  Crecy, 

La  fu  le  duc  de  Normandie, 

Mon  droit  Seigneur, 

Obige  Stelle  besagt  also,  dafs  der  Dauphin  ihn  vierzehn  Tage 
nachher  zu  sich  entboten  hat.  Da  dieser  nun  in  der  Nähe  weilt^ 
beschliefst  der  Dichter,  nicht  erst  nach  Hause  zurückzukehren, 
sondern  an  seinem  jetzigen  Aufenthaltsorte  zu  bleiben,  bis  er  zum 
Herzog  gehe.  Der  längere  Aufenthalt  ist  ihm  nicht  unlieb,  da  er 
so  besser  Gelegenheit  hat,  seine  Freundin  zu  sehen.  Ob  in  der 
quinzaine  nun  die  neuvaine  inbegriffen  ist  oder  nicht,  ist  nicht  klar 
ausgedrückt.  Die  spätem  Angaben  zeigen  aber,  dafs  er  länger 
dableibt  als  vierzehn  Tage  im  ganzen.  P.  Paris  äufsert  in  diesem 
Punkte  zwei  verschiedene  Ansichten;  er  schreibt:  obligé  d'aller 
rejoindre,  à  quinze  jours  de  là,  le  duc  .  .  il  n'étoit  pas  retourné  ä 
Reims  aussitôt  sa  neuvaine  accomplie.  Damit  meint  er  doch,  dafs 
der  Dichter  aufser  den  neun  noch  vierzehn  Tage  blieb,  rechnet 
auch  unter  dem  Text  so.  In  der  Anmerkung  über  diese  Stelle 
am  Ende  des  Buches  schreibt  er  aber,  S.389:  II  devoit  au  mande- 
ment du  prince  la  facilité  de  rester  à  portée  de  voir  sa  dame  dnq 
ou  six  jours  de  plus.  £r  weifs  anscheinend  die  Zeitbestimmungen 
auch  nicht  recht  in  Einklang  zu  bringen.  Der  Dichter  vollendet 
seine  neuvaine  nicht;  denn  die  Dame  schreibt  ihm,  er  solle  eher 
zu  ihr  kommen: 

Ma  dame  nCescript  doucement 

Qtíelle  desiroit  durement 

Que  je  par  devers  H  alaisse^ 

Et  que  ma  neufvaine  laissasse. 

Demzufolge  macht  sich  der  Dichter  sofort  nach  dem  zwei  Stunden 
entfernten  Ort  des  Mädchens  auf.  Wie  lange  er  schon  an  seinem 
Wallfahrtsorte  war,  schreibt  er  nicht.  P.  Paris  nimmt  sieben  Tage 
an,  ohne  einen  bestimmten  Grund  dafür  anzugeben.  Nach  seinem 
Gelübde,  dafs  er  jeden  Tag  ein  Gedicht  zu  Ehren  der  Dame 
machen  will,  ist  er  nur  drei  Tage  hier,  da  drei  Gedichte  hier  an- 
geführt werden,  zu  jedem  allerdings  die  Antwort  der  Dame.  Bei 
ihr  bleibt  er  acht  Tage,  S.  98: 

La  demouray  huit  jours  entiers. 
Hierauf  kehrt  er  zur  Wallfahrtskirche  zurück: 

m\n  alay  bouter  en  cage 
Pour  faire  mon  pèlerinage. 


ÜEBER  GUILLAUME  DE  MACHAüTS  VOIR  DIT.  1 75 

Er  beginnt  seine  neuvame,   die   nicht   unterbrochen  werden    durfte, 
von  neuem  y  S.  108: 

La,  fait  neuf  jours  ma  demeure  ay. 

Von  hier  schreibt  er  Brief  11,  dem  die  Antwort  bald  folgt  Br.  13 
ist  wieder  sofort  geschrieben.  Die  Zeitangaben  in  Br.  12,  den  die 
Dame  schreibt,  sind  nicht  wesentlich,  S.  114:  J^ay  bien  veu  que 
vostre  nue/vaine  ne  sera  ce  prochain  dimenche  as  sevie;  et  celui  jour,  il 
convient  partir,  ma  suer  et  moy,  pour  aler  a  quatre  lieues  long;  et 
suis  certeinne  quii  sera  avant  le  lundi  le  soir  ou  le  mardi  ou  matin 
que  nous  retournions.  Merkwürdig  ist  die  Textänderung  von  P.  Paris 
in  seiner  Ausgabe:  ne  sera  assevie;  die  drei  Handschriften  haben 
das  ne  nicht.  Ein  Grund  zu  der  Aenderung  ist  nicht  einzusehen. 
Am  selben  Tag,  wo  sie  abreist,  kommt  der  Liebende  an  ihren  Ort. 
Er  hat  sie  vorher  in  Br.  13  nochmals  gebeten,  dazubleiben,  da  er 
nicht  lange  mehr  bleiben  kann;  denn  Monseigneur  m'a  mandé  par 
ses  lettres  que,  ma  neuvaine  faite^  je  voise  par  divers  lui.  Hier  betont 
er,  dafs  er  nach  Ablauf  der  neuvaine  kommen  soll.  Ob  er  neue 
lettres  bekommen  hat,  kann  man  nicht  wissen;  infolge  dessen  hilft 
diese  Stelle  nicht,  die  obige  Schwierigkeit  betreffs  der  neun  und 
vierzehn  Tage  zu  beseitigen.  Die  Dame  ist  aber  gezwungen,  zu 
reisen,  kann  seinen  Bitten  nicht  nachgeben  (Br.  14). 

Nachdem  er  nun  an  den  Ort  der  Geliebten  gekommen  ist, 
bleibt  er  zwei  bis  drei  Tage  in  Traurigkeit* allein.  Dann  kommt 
sie  zurück.  Er  wagt  zuerst  nicht,  zu  ihr  zu  schicken,  bekommt 
auch  keine  Botschaft:  Si  fui  longuement  en  ce  point.  Endlich  schickt 
er  Br.  15  (S.  122):  vous  porr  ¿s  savoir  que  je  vous  ay  a  tendu  trois 
jours  en  tel  estât  comme  Dieus  s  cet.  Er  hat  also  wieder  drei  Tage 
gewartet,  sechs  Tage  im  ganzen  in  diesem  Orte.  Die  Freundin 
entbietet  ihn  nun  zu  sich;  er  bleibt  hier  nach  S.  128  trois  jours  et 
trois  nuis.  Der  Aufenthalt  beträgt  hier  nun  neun  Tage,  dazu  kommt 
die  netwaine,  neun  Tage,  so  dafs  wir,  abgesehen  von  den  acht 
Tagen  vorher,  die  quinzaine  schon  überschritten  haben.  Selbst  ab- 
gesehen von  der  neuvaine  kommen  mehr  als  fünfzehn  Tage  heraus, 
nimmt  man  die  drei  bzw.  sieben  Tage  seines  Aufenthalts  in  dem 
Wallfahrtsort  hinzu,  die  er  vor  dem  Zusammentreffen  mit  der  Dame 
dort  verbrachte.  Nach  unserer  Rechnung  bekommen  wir,  ein- 
schliefslich  neuvaine,  29,  nach  der  von  P.  Paris  ^^  Tage  heraus. 
Ein  ganzer  Monat  ist  somit  vergangen  seit  seinem  Aufbruch  von 
Reims.  Nun  geht  er  zum  Herzog  der  Normandie,  schreibt  Br.  1 6, 
ehe  er  zu  Rofs  steigt  Bei  seinem  Herrn  bleibt  er  beinahe  vierzehn 
Tage,  S.  132:  La  demouray  près  de  quinsaine.  Jede  Woche  schickt 
er  mindestens  einmal  an  seine  Dame.  In  Brief  17  stellt  er  ihr  in 
Aussicht,  dafs  er  noch  auf  drei  bis  vier  Tage  zu  ihr  kommen 
werde,  S.  134:  je  demourray  trois  jours  ou  quatre  la  ou  vous  estes. 
Die  Dame  antwortet  sofort:  me  rescript  par  mon  message  et  sans 
attendre,  Brief  18.  So  nimmt  er  endlich  Urlaub  vom  Herzog, 
S.  139: 


176  G.HANF, 

J^alay  congìé  prendre; 

Mais  Monseigneur  me  fist  attendre 

Contre  mon  gré,  trois  jours  ou  quatre. 

Et  puis  me  parti. 

Er  reist  nun  wieder  an  den  Ort  der  Dame.  Der  Erzählung  nach 
zu  schliefsen  unternehmen  sie  die  Pilgerfahrt  nach  St.  Denis  gleich 
am  andern  Tage  nach  seiner  Ankunft,  S.  143: 

Le  jour  après  nous  en  alames, 
Son  pelerinc^e  paiames. 


Ce  fu  droit  le  jour  que  Pen  dit 
La  benéîsson  (hi  Lendit, 


Das  ist  der  1 2.  Juni,  das  erste  feste  Datum,  das  wir  in  dem  Buche 
bekommen.  Rechnen  wir  von  diesem  Zeitpunkte  zurück,  so  be- 
kommen wir  folgende  Daten: 

Am  12.  Juni  ist  er  in  St  Denis. 
„     II.     „     geht  er  zur  Dame  vom  Herzog. 

Bei  diesem  ist  er  vierzehn  Tage,  etwa  vom  27.  Mai  bis  11.  JonL 
Nach  der  neuvaine  ist  er  neun  Tage  am  Orte  der  Dame: 

18.  Mai  bis  27.  Mai.     Die  neuvaine  ist  dann 

9*    »>      »    ^^*    >» 
Acht  Tage   bleibt   er   nach   unterbrochener  neuvaine  zuerst  bei  der 
Dame:  i.  Mai  bis  9.  Mai.    Mindestens  drei  Tage  ist  er  vorher  am 
Wallfahrtsort,  27. — 30.  April.     Sonach   hat   er   die  Reise   noch  im 
April  angetreten.     Pfingsten  fiel  aber  1363  auf  den  22.  Mai. 

Nach  der  andern  Rechnung  beginnt  die  Reise  Anfang  MaL 
Somit  stimmen  diese  Zeitangaben  mit  dem  wirklichen  Datum  nicht 
überein,  was  man  bei  einer  historischen  Erzählung  doch  voraus- 
setzen sollte.  Nehmen  wir  hinzu,  dafs  beinahe  ein  Monat  zwisdien 
der  Absendung  von  Brief  5  und  des  Dichters  Abreise  vergangen 
ist,  so  stimmt  auch  der  Vers,  dafs  er  Br.  5  im  April  erhielt,  kaum« 
Die  Angaben  des  Dichters  widersprechen  sich  somit,  so  dafs  wir 
die  richtige  Zeit  nicht  genau  feststellen  können.  — 

Die  Wallfahrt  nach  St.  Denis  dauert  nur  einen  Tag,  dann 
kehren  die  Liebenden  an  den  bisherigen  Aufenthaltsort  zurück. 
Der  Dichter  bleibt  bei  der  Dame  noch  sieben  Tage,  S.  151: 

La  demouray  sept  jours  en  route^ 
A  grant  déduit^  moy  et  ma  route. 
Finablement  li  termes  vint 
Que  de  li  partir  me  convint. 

Die  Abreise  mûfste  sonach  am  20.  Juni  erfolgt  sein.  Der  Dichter 
reitet  zufolge  S.  163  den  ganzen  Vormittag  bis  zum  Mittagessen. 
An   demselben  Tage    schreibt   er  Brief  19    und  schickt  ihn  durch 


U£B£R  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 77 

einen  Boten  an  die  Dame.  Der  Bote  hat  also  eine  halbe  Tage- 
reise wieder  zurückzulegen.  Die  Dame  erhält  den  Brief  noch  am 
Abend  oder  am  nächsten  Tage,  schreibt  sofort  wieder,  am  21.  Juni, 
S.  164: 

elU  ne  fu  périlleuse 

De  rescrire  ne  mal  songneuse^ 

Ains  me  rescript  par  le  message. 

In  dem  Briefe  sind  aber  verschiedene  auffallige  Stellen,  wie  schon 
oben  kurz  berührt  wurde: 

J'ai  receu  vos  lettres  et  ce  que  vous  nCavez  envoie.  Et  ay  eu  plus 
de  bien  et  de  joie  au  jour  et  a  Peure  que  je  receus  vos  lettres  que  je 
n*avoie  eu  puis  que  vous  partistes. 

Weiter  en  vérité  il  ne  fu  puis  jours  a  celle  droite  heure  par 
especial  que  il  ne  me  souvenist. 

Si  rCos  onques  mais  deux  si  bons  jours  a  mon  gré. 
Danach  sieht  es  allerdings  nicht  so  aus,  als  ob  die  Dame  einen  Tag 
nach  der  Abreise  schon  wieder  geschrieben  hat.  Es  wird  ja  aus- 
drücklich von  mehr  als  zwei  Tagen  gesprochen.  Sonst  wären  die 
Stellen  ganz  sinnlos.  Der  Dichter  erwartet  nun  den  Boten  wieder 
an  dem  Orte,  wo  er  diniert  hat,  und  empfangt  da  ihre  Antwort 
Nach  obigen  Stellen  muíste  er  mehrere  Tage  hier  bleiben,  was  aber 
ganz  unwahrscheinlich  ist.     Die  betr.  Stelle  S.  166  lautet 

Quant  j'oy  sa  rescription  . .  . 
Si  m'en  alay  jolis  et  gais 

Auf  Schuld  des  Boten  kann  man  es  auch  nicht  schieben,  dafs  die 
Dame  den  Brief  vielleicht  viel  später  erhalten  hat,  und  dafs  da- 
durch obige  Stellen  zu  erklären  sind.  Denn  der  Bote  weifs,  dafs 
sein  Herr  auf  Antwort  wartet  Der  Widerspruch  läfst  sich  kaum 
lösen;  aufserdem  erzählt  der  Dichter  nichts  von  einem  langem 
Aufenthalt  an  dem  betreffenden  Ort.  £s  ist  zu  vermuten,  dafs  der 
Dichter  eine  Unaufmerksamkeit  begangen  und  nicht  sorgfältig  kom- 
poniert hat 

Wie  lange  überhaupt  die  Reise  dauert,  bis  er  wieder  in  Reims 
ankommt  (S.  171),  ist  nicht  gesagt  Eine  Woche  können  wir  für 
die  Reise  wohl  annehmen,  bedenkt  man  den  Weg  und  einen 
kurzem  Aufenthalt  unterwegs.  Anfang  Juli  ist  er  sicher  wieder  in 
Reims.  Brief  21 — 27  folgen  anscheinend  rasch  auf  einander.  Vgl. 
folgende  Stellen: 

Zu  22^  ma  dame  ne  jist  pas  mon  message  attendre;  ains  le  délivra 
sans  attendre, 

S.  184,  nach  der  Schilderung  seines  Zustandes  ist  zwischen 
Brief  22  und  23  einige  Zeit  zu  denken. 

S.  1 86,  zu  Brief  24,  Lors  ma  dame  de  rescrire  ne  fu  pas  lente, 

S.  189,  Br.  25    Si  que  sans  faire  long  detri 

Ceste  lettre  ci  li  escri. 
Eine  Zwischenzeit  zwischen  25  und  27  ist  nicht  angegeben.    Br.  27 
ist   nach    dem   diesem  Briefe  zum  ersten  Male  beigefügten  Datum 

Zeitachr.  f-  rom.  Phil.  XXII.  12 


178  G.  HANF, 

am  8.  August  geschrieben.  Die  Briefe  21 — 27  sind  also  alle  im 
Juli  und  Anfang  August  geschrieben.  Von  jetzt  an  ist  nach  dem 
vom  Dichter  in  Brief  27  ausgedruckten  Wunsche,  die  Briefe  zu 
datieren,  ohne  den  Ort  zu  nennen,  stets  das  Datum  hinzugefügt; 
scheinbar  erleichtert  uns  das  die  Feststellung  der  Zeit,  in  Wirk- 
lichkeit aber  nicht 

Die  Dame  erwidert  in  Brief  28  /?  diemenche  devant  la  mie  aausi, 
Sie  schreibt  darin,  der  Dichter  solle  an  den  bestimmten  Ort  kommen, 
wo  sie  zu  sein  gedenkt  dedens  Us  octaves  de  la  mi  aoust;  car  nous 
devons  partir  ce  lundi  prochain  venant^  pour  y  aler^  par  double  de  la 
mortalité.     Sobald  sie  da  ist,  will  sie  es  ihm  mitteilen. 

Vorher  verbietet  sie  ihm  zu  schreiben,  ehe  er  Nachricht  hat. 
Der  Dichter  bleibt  zwei  Monate  ohne  Botschaft,  S.  2 1 2  : 

Et  ce  fu  deux  mois  tous  entiers 
Et  aveuc  ce  y  entrai  en  tiers, 
Qu^onques  de  li  n^oy  nouvelle, 

221.  E  ha  près  de  neuf  semaines 
Que  de  H  nouvelles  certaines 
JSToy. 

Nach  diesen  beiden,  in  allen  drei  Handschriften  übereinstimmenden 
Angaben  müssen  wir  annehmen,  dafs  er  bis  Mitte  Oktober  ohne 
Nachricht  bleibt  Die  Daten  der  folgenden  Briefe  sind  aber  dann 
alle  falsch.  Denn  trotz  dieser  zwei  Monate  schreibt  die  Dame 
Brief  29  am  17.  September,  den  er  am  28.  September  beantwortet 
Das  Datum  von  Brief  2  9 — 33  stimmt  also  mit  obigen  Stellen  nicht 
überein.  Auch  die  Angaben  in  Brief  29  selbst  passen  nicht  zu 
dem  Datum  des  Briefes.     S.  233  schreibt  die  Dame 

1.  Je  suis  ou  vous  savez,  des  le  vingtième  jour  d^aust, 

2.  nous  partisnus   environ    diX'Sept  jours   après  que  nous  fusmes 
la  venus  pour  aler  en  Brie, 

3.  .  .  .  avons  la  demouré  quinze  jours  entiers. 

Rechnen  wir  das  zusammen,  so  bekommen  wir  den  21.  September. 
Dabei  ist  die  Reise  nicht  einmal  eingerechnet  Der  Brief  mufs 
denmach  nach  dem  21.  September  geschrieben  sein,  da  er  That- 
sachen,  die  bis  zu  ihm  reichen,  enthält  Erhalten  hat  ihn  Machaut, 
wie  er  S.  239  schreibt,  am  28.  September:  j^ay  receu  vos  lettres  la 
vigile  St,  Michiel,  Wie  das  Datum  zu  ändern  ist,  werden  wir  später 
sehen.  Brief  31  und  32  scheinen  sehr  bald  darauf  zu  folgen.  Do: 
Inhalt  von  32  pafst  zu  dem  von  31  und  33,  das  Datum  ist  der 
5.  Mai,  natürlich  falsch.  Von  nun  an  werden  die  Daten  vielfach 
widersprechend  und  ungenau.  £s  möge  daher  hier  eine  Zusammen- 
stellung von  ihnen  folgen,  von  Brief  27  an,  wo  das  erste  Datum 
steht,  bis  zum  letzten  Briefe  46. 

Brief  27  Absender  M.  (Machaut)  geschrieben  8.  August, 
„28  „  D.  (Dame)  geschr.  Sonntag  vor  Mitte  Aug^ 

„29  „  D.  „       am  17.  September, 

II  30,  3 1     „         M.  „       nach  dem  28.  Sept, 


USBER  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 79 

Brief  32  Absender  D.  geschrieben  5.  Mai, 
»•    33  w         M.  „  9.  Oktober, 

w      34  n  ^'  99  28.  „ 


34  w  ^'  w  28. 

35  ».  M.  „  17.        „ 

36  „  D.  „  28.        „ 

37  „  M.  „  3.  November, 


» 

)» 

»    3"  w  ^*  »  5*  >» 

».39  w  !)•  ..  13-  .» 

..    40  ».  ^'  ».  13«  >» 


40         ,•  D.  „  13. 

».    41  ».         M.  „  13.         „ 

Diese  Briefe  würden  ins  Jahr  1363  gehören. 

1364.  Brief  42  Absender  M.  Datum  16.  Juni, 

„    43  „         D.       „        IO.  Oktober, 

1 365-      w    44  ..         I^-       ».  8.  März, 

„    45  „         M.       „        IG.  April, 

„    46  „  D.  geschrieben  nach  dem  i.  Mai. 

Betrachten  wir  nun  weiter  die  Briefe  nach  der  Reihenfolge  in 
der  Erzählung  und  im  Zusammenhang  mit  den  übrigen  Zeitangaben. 
Brief  34  ist  dem  Datum  nach  von  der  Dame  am  28.  Oktober  ge- 
schrieben. Das  ist  natürlich  nicht  richtig  gegenüber  Brief  35,  der 
den  Vermerk  17.  Oktober  trägt  Nach  dem  vorhergehenden  Briefe 
st  35  nicht  sogleich  geschrieben,  wie  S.  261  zeigt: 

&'  me  tins  assez  longuemeni^ 
Que  rCamie  pas  P aisément 
ly  envoy  er  vers  sa  douce  face. 

Ebenso  steht  in  dem  Briefe  selbst:  se  je  n^ay  envoie  par  devers  vous 
si  tost  come  je  deüsse^  si  le  me  vueiliiez  pardonner.  Diese  Bemerkungen 
würden  überflüssig  sein,  wenn  er  binnen  acht  Tagen  einen  Äief 
schreibt,  einen  von  ihr  erhält  und  darauf  wieder  antwortet  In- 
dessen mufs  der  Brief  im  Oktober  geschrieben  sein,  da  in  ihm 
steht:  Je  pense  a  estre  a  ceste  Toussaint  a  Saint  Quentin,  d.  h.  am 
I.  November.  Dieser  ist  also  später.  Nun  kommt  Brief  36,  der 
wieder  wie  34  das  Datum  des  28.  Oktobers  trägt;  hier  wird  aus- 
drücklich gesagt:  Escript  le  jour  Saint  Symon  et  Saint  Jude  vingt- 
hmtiesme  jour  d^octembre.  Bemerkenswert  ist,  dafs  der  briefliche 
Verkehr  ein  sehr  reger  ist,  da  in  einem  Monat  sechs  Briefe  ge- 
wechselt sind;  das  ist  auch  im  November  der  Fall,  wo  man  die 
Daten  indes  sofort  als  unrichtig  erkennt  Ueber  die  Zwischenzeit 
bis  zu  Brief  37  ist  nichts  gesagt  Geschrieben  ist  dieser  am  3.  No- 
vember. Die  Dame  antwortet  an  demselben  Tage,  wo  sie  den  Brief 
erhält,  S.  278: 

Apres  ceste  lettre  presente 

Ne  fist  une  moult  longue  attente 

Ma  dame  bonne  et  belle  et  sage; 

Ainsois  délivra  mon  message 

Si  brief f  que  ce  fu  la  journée 

Que  ma  lettre  lui  fu  donne. 


1 8o  G.  HANF, 

Der  Brief  38  ist  verfafst  am  5.  November.  Sie  hat  den  seinigen 
demnach  nach  zwei  Tagen  erhalten.  S.  279  schreibt  sie,  sie  würde, 
um  eine  Zusammenkunft  zu  ermöglichen,  in  acht  Tagen  an  dem 
ihm  bekannten  Orte  sein.  Da  solle  er  sobald  als  möglich  gute 
Nachrichten  hören.     S.  280  heifst  es  weiter: 

Longuement  pas  ne  demoura 
Que  ma  dame  son  demour  a 
Mué  en  un  autre  manoir. 
Et  si  vous  jur,  qu*elle  nC escript. 

Nach  genau  acht  Tagen,  am  13.  November,  schreibt  sie  von  jenem 
Orte  aus  an  ihn  (Br.  39),  dafs  er  zu  ihr  kommen  und  seinen  Se- 
kretär mitbringen  möge.  Machaut  schickt  nach  seinem  Sekretär, 
der  drei  Tagereisen  entfernt  ist,  wohl  sofort;  dieser  kommt  auch 
sogleich,  S.  283: 

Si  n^ arresta  jour  ne  demy 

Jusqiiatant  qu'a  moy  fust  venus. 

Car  il  desiroit  plus  que  nuls 

A  savoir  que  je  li  voulòie. 

Qui  en  tel  haste  le  mandole. 

Nun  schreibt  Machaut  weiter: 

Ce  fu  droit  ou  mois  de  novembre 
Vingt'huitieme  jours,  bien  m^en  remembre. 

Die  Zeit  ist  danach  schon  etwas  lang,  wenn  der  Sekretär  und  sein 
Herr  so  grofse  Eile  haben. 

Nun  erfôhrt  der  Dichter  von  dem  Verhalten  der  Dame,  infolge 
dessen  beschliefst  er  nicht  zu  ihr  zu  reisen.  Die  nächsten  Angaben 
über  die  Zeit  stimmen  nun  gar  nicht  zusammen.  Man  ersieht  hier 
nicht,  ob  die  Erzählung  in  der  richtigen  Zeitfolge  weiter  geht  oder 
ob  Episoden  der  spätem  Zeit  voraufgenommen  sind.  Ist  ersteres 
der  Fall,  so  sind  die  Angaben  unter  sich  in  Widerspruch;  sowie 
wir  aber  letzteres  annehmen,  stehen  sie  nicht  im  Einklang  mit  den 
spätem  Briefen  und  den  Handlungen  Machauts.  Er  hat  also  be- 
schlossen, die  Dame  zu  meiden. 

S.  306  :    Apres  des  jours  plus  de  quarante 
Ou  environ,  que  je  ne  ptente, 

nach  40  Tagen  also,  teilt  ein  Bekannter  mit,  dafs  sie  einen  andern 
Liebhaber  habe,  der  seine  Sache  besser  vertrete.  Soll  das  nur 
beiläufig  bemerkt  sein?  Wenn  nicht,  so  kommen  wir  vom  28.  No- 
vember an  in  den  Anfang  Januar  1364.  Auf  derselben  Seite  sagt 
er  weiter: 

Apres  environ  trois  sepmaines 

Chevauchai  par  mons  et  plaines 

Pour  viseter  un  mien  seigneur. 

Allerdings  könnte  man  das  ja  vom  vorigen  Punkte,  Ende  November, 
an  rechnen.     Dann  wäre   er   im  Dezember  zum  Dauphin  geritten. 


UEBBR  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  l8l 

Besser  mufs  es  aber  zum  unmittelbar  Vorhergehenden  kommen; 
wir  bekommen  dann  den  Anfang  des  Februar  1364.  Beides  sind 
indessen  keine  geeigneten  Monate  zu  ^öfseren  Reisen  par  mons 
et  plainest  besonders  für  einen  Herrn  von  des  Dichters  Gesundheit 
und  Körperbau.  Es  wird  nun  erzählt,  dafs  er  hier  verspottet  wird 
wegen  seiner  Liebe.     Er  fahrt  dann  fort: 

St  vous  dir  ay  ce  que  je  fis. 
Bien  croy  que  ce  fu  mes  profis. 

Nun  erzählt  er,  dafs  er  ihr  Bild  eingeschlossen  hat  Er  beginnt, 
S.  308: 

Ce  fu  droit  en  mois  de  novembre 

Qt^on  fait  feu  en  sale  et  en  chambre. 

Si  demouray  en  ma  maison, 

fusqu*a  la  nouvelle  saison. 

Das  ist  doch  mit  dem  Vorigen  gar  nicht  übereinstimmend.  Min- 
destens wäre  nach  den  erwähnten  drei  Wochen  Dezember.  Vorher 
schliefst  er  das  Bild  nicht  ein,  ehe  er  die  trüben  Erfahrungen  am 
Hofe  macht.  Aufserdem  behauptet  er,  er  sei  bis  zur  neuen  Jahres- 
zeit, d.  h.  wohl  zum  Frühling,  zu  Hause  geblieben,  während  er 
doch  kurz  vorher  sagt,  er  sei  durch  Gebirge  und  Ebenen  geritten. 
Danach  ist  doch  anzunehmen,  dafs  er  den  Gang  der  Ereignisse, 
wie  sie  aufeinander  folgen,  schildern  will.  Zusammenreimen  lassen 
sich  die  obigen  Angaben  unmöglich.  Dafs  der  Text  verderbt  ist 
und  die  Zeilen  vielleicht  in  falscher  Reihenfolge  dastehen,  ist  kaum 
anzunehmen.  Später  werden  wir  versuchen,  Umstellungen  vorzu- 
nehmen, doch  bekommen  wir,  wie  gleich  bemerkt  sei,  nichts  Zu- 
friedenstellendes. Soll  man  aber  hier  wieder  eine  Absicht  des 
Dichters  annehmen?  Es  handelt  sich  hier  nicht  um  bestimmte 
Daten,  auch  nicht  um  notwendige  Angaben,  die  man  hätte  unbe- 
dingt einfügen  und,  damit  der  Leser  gröfsere  Schwierigkeiten  habe, 
verändern  müssen,  sondern  um  unwesentliche  Bestimmungen.  Dem 
Dichter  ist  es  darum  zu  thun,  die  Gröfse  seines  Leids  und  seiner 
Kränkung  uns  möglichst  eindringlich  und  lebendig  vorzutragen. 
Dabei  achtet  er  nicht  auf  diese  zufôiligen  Zeitangaben,  sondern 
schreibt  solche  hin,  wie  sie  ihm  in  den  Sinn  kommen. 

Auf  S.  309  nun,   nachdem   er   seine  Trauer   ausgedruckt  hat 
mid  all  das  Obige  vorausgegangen  ist,  fahrt  er  fort: 

Ne  demoura  pas  longuement^ 
Qi/uns  messages  soudeinnement 
Vint  a  moi  .  .  . 

Die  erste  Zeile  hat  hier  gar  keinen  Sinn.  Er  hat  die  oft  gebrauchte 
Anknûpfungsphrase  an  dieser  Stelle  zur  Unzeit  angewandt  Denn 
vorher  sagt  er  doch,  dafs  er  lange  zu  Hause  sitzt.  Es  auf  die 
Komposition  der  Ballade  S.  309  zu  beziehen,  hätte  gar  keinen 
Zwec^L  und  liegt  auch  nicht  in  der  Absicht  des  Dichters.  Der  hier 
erwähnte  Bote   bringt  von  der  Dame   Brief  40.     Dafs  das  Datum, 


1 82  G.  HANF, 

nach  A  und  C  der  13.,  nach  B  der  j  2.  November,  wieder  falsch 
ist,  bedarf  keines  Beweises,  zumal  auch  in  Bnef4i  zum  dritten 
Male  dieses  Datum  wiederkehrt  Die  Dame  schreibt,  dafs  sie  seit 
der  Lichtmesse,  la  Chandeleur^  d.  h.  dem  2.  Februar,  keine  Nach- 
richt von  ihm  hat.  Diese  Angabe  stimmt  natürlich  mit  dem  Datum 
auch  nicht  überein.  Aufserdem  ist  gar  nicht  ersichtlich,  wie  sie 
Anfang  Februar  Nachricht  von  ihm  bekommen  soll,  da  er  doch 
Ende  November  den  Verkehr  abgebrochen  hat  Sie  sagt  da  auch: 
et  st\  vous  ay  depuis  escript  et  daireinnement  par  vostre  secretaire ,  eine 
merkwürdige  Stelle,  auf  die  wir  noch  zurückkommen.  Wenn  Machaut 
dem  Wunsche  der  Dame  Folge  leistet,  dafs  er  par  ce  message 
schreiben  soll,  so  mufs  er  wohl  bald  antworten.  Wie  schon  er- 
wähnt, hat  auch  dieser  Brief  4 1  als  Datum  den  1 3.  November.  Im 
Inhalt  berührt  er  das  Vorgefallene  nicht.  Auf  S.  314  in  Brief  41 
sagt  der  Dichter,  er  werde  zu  ihr  kommen  la  saint  Andrieu  passé 
ou  plus  tost  se  je  puis.  St.  Andreas  ist  der  30.  November.  Die 
Dame  sagt  also,  seit  Anfang  Februar  habe  sie  nichts  von  ihm  ge- 
hört, er  antwortet  flugs,  Ende  November  wül  er  kommen!  —  Er 
sagt,  von  den  unangenehmen  Ereignissen  habe  er  ihr  nichts  mit- 
geteilt, um  ihr  keinen  Kummer  zu  bereiten,  auch  weil  dazu  später 
immer  noch  Zeit  war,  S.  3 1 5  : 

et  messages  trop  demourer 
Ne  puet,  ne  tart  hurler  a  porte. 
Qui  maises  nouvelles  apporte. 

Unangenehme  Nachrichten  kann  man  nie  spät  genug  mitteilen. 
Machaut  fahrt  dann  fort: 

Presque  toute  la  semaine 
M^endormi  a  moult  grant  peine, 
S.  315.    Plus  plouré  avoie  et  gemy 

Cent  fois  que  n* avoie  dormy. 

1st  er  jetzt  „die  ganze  Woche"  wieder  besonders  traurig,  oder  ist 
das  sein  gewöhnlicher  Zustand  seit  zwei  bis  drei  Monaten,  oder 
wird  jetzt  wieder  die  Zwischenzeit  vergessen  und  nun  angegeben, 
dafs  die  ganze  traurige  Sache  vor  einer  Woche  sich  abgespielt  und 
er  da  das  Bild  eingepackt  hat,  da  nun  wieder  von  diesem  die 
Rede  ist  und  er  es  endlich  hervorholt?  Diese  Fragen  kann  man 
kaum  entscheiden,  und  obige  Bemerkung  ist  unklar. 

Der  Dichter  erzählt  jetzt  eine  Menge  Sachen,  die  nicht  hier- 
her gehören,  füllt  damit  einen  grofsen  Raum  aus.  Wieviel  Zeit 
vergeht,  ist  nicht  angegeben,  S.  341: 

Toutevoie  finablement 
Je  m'avisay  que  nullement 
En  ce  point  vivre  ne  povoie; 
Que  tousdis  merencolioie  .  .  . 

Infolge  dessen  schreibt  er  Brief  42,  datiert  vom  16.  Juni.  Hierin 
steht,  er  habe  seit  Ostern  nichts  an  ihrem  Buche  gethan.    Im  all- 


UEBER  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 83 

gemeinen  kann  das  Datum  dieses  Briefes  richtig  sein.  In  dem- 
selben erzählt  er,  was  er  von  ihr  vernommen  hat  Die  Dame  wird 
darüber  ganz  traurig  und  erschreckt,  dichtet  eine  Ballade,  deren 
dritte  Strophe  sie  vor  Schmerz  nicht  vollenden  kann,  und  legt  diese 
dem  folgenden  Briefe  43  bei.  Danach  sollte  man  meinen,  sie  habe 
den  Brief  bald  geschrieben.  Indes  ist  das  Datum  der  10.  Oktober. 
Die  Dame  klagt  auch,  dafs  sie  sehr  lange  Zeit  keine  Nachricht 
von  ihm  hat  Er  habe  sie  doch  besuchen  wollen,  die  Wege  seien 
besser  als  je  seit  Ostern.  Danach  wird  hier  nicht  auf  Brief  42 
Rücksicht  genommen,  weiterhin  geschieht  es  aber.  P.  Paris  bemerkt 
erst  in  der  Fufsnote:  Nous  sommes  au  io.  octobre  1362,  verbessert 
das  aber  in  den  Anmerkungen  S.  405  in  1 363.  Doch  ist  auch  das 
noch  nicht  richtig.  Nach  den  verschiedenen  Daten  und  Zeit- 
bestimmungen mufs  es  bereits  1364  sein,  zumal  auf  Brief  33,  der 
gerade  ein  Jahr  vorher  geschrieben  sein  soll  —  geschrieben  ist 
dieser  am  9.  Oktober  1363  —  Bezug  genommen  wird. 

Nachdem  Machaut  den  Brief  erhalten  hat,  fahrt  er  fort,  S.  348: 

St  ne  demoura  pas  quinseinne 
Qt^en  un  lundi^  a  hon  esireinne 

Un  mien  amy  qui  estoit  prestres 

Vini  a  mqy. 

Diesem  hat  die  Dame  gebeichtet  und  die  Erlaubnis  gegeben,  die 
Beichte  Machaut  mitzuteilen.  Dazu  hat  er  einen  Beglaubigungs- 
bnef  (44)  mit  dem  Datum  8.  März.  Man  bedenke,  seit  dem  andern 
Brief  vom  Oktober  sind  vierzehn  Tage  vergangen.  Und  doch  soll 
der  Brief  im  März  geschrieben  sein.  Die  Rechnung  ist  eigentüm- 
lich. Den  Antwortbrief  (45)  für  die  Dame,  der  vom  10.  April 
datiert  ist,  giebt  Machaut  dem  Priester  mit  Die  Zwischenzeit 
zwischen  44  und  45  erscheint  zu  lang;  es  ist  nicht  angegeben, 
dafs  der  Priester  anderswo  gewesen  ¡st,  dafs  er  sich  lange  beim 
Dichter  aufhält,  oder  Aehnliches.  Mit  diesem  am  10.  April  ge- 
schriebenen Briefe  macht  er  sich  direkt  zur  Dame  auf,  S.  366: 

A  tant  se  departi  de  moy. 

Le  premier  jour  du  moy  de  Moy, 

Das  stimmt  wieder  nicht.  Vor  Ostern  ist  der  Brief  allerdings  ge- 
schrieben. Denn  S.  361  steht  environ  ceste  Pasque  je  metteray  tel 
peine  a  cuomplir,  —  Der  letzte  Brief  der  Dame  (46)  ist  ohne  Datum, 
er  wird  an  das  Vorhergehende  angeschlossen  mit  den  Worten: 

Vesci  la  lettre  qui  tesmongne 
U  effect  de  toute  la  besongne 
Que  mon  euer  et  ma  dame  chiere 
M^ escript  a  bonne  et  lie  chiere. 
Et  qui  a  la  mienne  respont. 
Qui  bien  Ventent  en  bien  Vespont, 

In  dem  Briefe  selbst  sind  keine  Zeitangaben  gemacht  Die  Daten 
der  letzten  Briefe  müssen  sich  auf  das  Jahr  1365  beziehen. 


184  G.  HANF, 

Die  Daten  der  Briefe. 

Die  Hauptschwierigkeit  bei  der  Untersuchung  und  Vergleichung 
der  Zeitangaben  machen  die  Daten  der  Briefe.  Wir  wollen  nun 
versuchen,  die  sich  widersprechenden  Daten  der  einzelnen  Briefe 
in  Einklang  zu  bringen.  Das  ist  entweder  möglich  durch  Um- 
stellung einzelner  und  Einordnung  nach  den  Daten  oder  durch 
Umänderung  der  Daten,  soweit  das  nicht  mit  der  Erzählung  in 
Widerspruch  kommt  Fragen  wir  zunächst,  wie  diese  offenbaren 
Irrtümer  in  das  Buch  hineinkommen  konnten,  und  fassen  wir  die 
möglichen  Fälle  einzeln  ins  Auge. 

Der  Irrtum  liegt  entweder  beim  Dichter  selbst  oder  beim 
Schreiber  oder  die  Ueberlieferung  ist  mangelhaft.  Er  kann  beab- 
sichtigt oder  unbeabsichtigt  sein.  Die  Möglichkeit,  die  Schuld  auf 
Ueberlieferung  oder  den  Schreiber  zu  schieben,  kann  folgende 
Fälle  ergeben: 

1.  Es  können  einzelne  Partieen  schlecht  und  undeutlich  ge- 
schrieben gewesen  sein,  spätere  Abschreiber  haben  das  Richtige 
nicht  herausgefunden  und  Konjekturen  gemacht 

2.  Einzelne  Teile  sind  durcheinander  geraten,  derart,  dafs  das 
Werk  zuerst  in  einzelnen  Heften  abgefafst,  dann  zusammengeschrieben 
wurde  und  dabei  Teile  an  falsche  Stellen  gekommen  sind.  Dabei 
ist  zu  beachten,  dafs  der  (erste)  Schreiber  vielleicht  manches  falsch 
gestellt  hat  und  dann  durch  Verweisungszeichen  in  der  Handschrift 
anders  ordnen  wollte. 

3.  Die  Briefe  sind  später  in  den  Text  eingefügt  in  Lücken, 
die  zu  diesem  Zweck  freigelassen  waren,  und  dabei  an  falsche 
Stellen  gekommen. 

4.  Der  Schreiber  hat  absichtlich  Fälschungen  vorgenommen. 

Eine  andere  Möglichkeit  wäre,  dem  Dichter  die  Schuld  zuzu- 
schieben. Hier  kann  dann  nachlässige  Verwechslimg  beim  Ein- 
tragen der  Briefe  oder  absichtlich  falsche  Angabe  der  Daten  an- 
genommen werden. 

Bei  vorliegendem  Werke  kann  aber  von  schlechter  Ueber- 
lieferung nicht  gesprochen  werden;  denn  es  liegt  in  drei  sehr  gut 
erhaltenen,  schön  und  sorgfaltig  geschriebenen  Handschriften  vor, 
die  aus  des  Dichters  Zeit  herrühren,  vielleicht  vom  Dichter  selbst 
durchgesehen  wurden.  Bei  Hs.  B  kann  man  das  wohl  sicher  an- 
nehmen, da  diese  ein  Prachtband  ist,  der  zum  Geschenk  für  den 
Herzog  von  Berry  bestimmt  war.  Ja,  Tarbé  nimmt  an,  dafs  diese 
des  Dichters  eigene  Handschrift  zeige,  da  die  Briefe  von  einer 
andern  Hand  in  den  Text  eingetragen  sind.  Auch  die  andern 
Handschriften  sind  sorgfaltig  ausgeführt,  von  Verweisungszeichen 
ist  nichts  zu  sehen.  Es  könnten  die  Briefe  nur  an  falsche  Stellen 
eingetragen  sein.  Bei  den  ersten  sechs  ist  das  auch  der  Fall. 
Nach  F.  Paris*  Ansicht  sind  sie  von  Machauts  Sekretär  falsch  ge- 
stellt (Pr.  IX).  Die  von  ihm  angenommene  Reihenfolge  dürfte  die 
richtige    sein.     Die    übrigen    Briefe   hat    er  in  der  vorgeñindenen 


ÜEBER  GUILT. AUME  DE  MACHAÜTS  VOIR  DIT.  1 85 

Reihenfolge  gelassen.  Es  handelte  sich  hier  also  nur  um  Briefe 
ohne  Daten.  Betreifs  der  Briefe  mit  zum  Teil  kaum  annehmbaren 
Daten  geht  seine  Ansicht  nun  dahin,  dafs  Machaut  die  Angaben 
absiditlich  falsch  gemacht  habe,  damit  die  Nachforschung  über  das 
geschilderte  Verhältnis  erschwert  werde,  und  zwar  habe  er  das  auf 
Wunsch  seiner  Freundin  gethan.  Es  wäre  das  ja  eine  ganz  an- 
nehmbare Erklärung,  wenn  man  sähe,  dafs  der  Dichter  mit  seinen 
Aenderungen  wirklich  etwas  erreicht  habe.  Doch  ist  dies  durchaus 
nicht  ersichtlich.  Und  wenn  diese  Annahme  auch  bei  den  Daten 
zuträfe,  so  doch  nicht  bei  den  Zeitangaben  im  Text  Man  mufs 
natürlich  nicht  den  heutigen  Standpunkt  dabei  einnehmen,  dafs  wir 
überhaupt  von  der  Sache  nichts  wissen,  sondern  Rücksicht  darauf 
nehmen,  dafs  die  Veröffentlichung  des  Werkes  natürlich  zu  vielen 
Fragen  und  Nachforschungen  seitens  der  Zeitgenossen  über  die 
Natur  des  Liebesverhältnisses  und  die  Hauptpersonen  Anlafs  gab. 
Indes  würde  auch  hier  eine  Aenderung  der  Daten  zu  nichts  führen, 
da  sie  für  diejenigen,  welche  die  Beziehungen  beider  kannten  — 
und  das  sind  nach  des  Dichters  Angaben  nicht  wenige  —  überflüssig 
sind  und  keine  Geheimnisse  verraten,  den  andern  aber,  die  die  in 
Frage  kommende  Dame  nicht  kennen,  durch  die  richtigen  Daten 
allein  kaum  ein  Mittel  gegeben  ist,  sie  ausfindig  zu  machen.  Zu- 
dem würden  für  diesen  Zweck  die  Aenderungen  wohl  in  solcher 
Weise  vorgenommen  sein,  dafs  man  nicht  sofort  das  Widersprechende 
bemerkt,  nicht  sofort  die  Absicht  zu  täuschen  erkennt,  sondern  in 
einer  Art,  die  den  Schein  des  Wahren  hätte  und  die  Nachforschungen 
auf  falsche  Spuren  leitete. 

Nehmen  wir  den  andern  Fall  an,  Eintragung  an  falschen  Stellen, 
so  ergiebt  sich  Folgendes.  Eine  Umstellung  der  Briefe  in  der  von 
den  Daten  geforderten  Reihenfolge  ist  unmöglich ,  da  dadurch  oifen- 
b>are  Widersprüche  neu  hineinkämen.  Der  Text  der  Erzählung,  wie 
er  vorliegt,  leidet  keine  Aenderungen.  Solche  wären  aber  unbe- 
dingt nötig,  wollte  man  die  Briefe  in  andrer  Weise  ordnen.  In 
^tracht  kämen  hier  Br.  32,  34,  35,  36.  Br.  32  trägt  das  Datum 
des  5.  Mai  und  steht  zwischen  September  und  Oktober,  er  müfste 
dann  nach  4 1  kommen.  Br.  34  und  35  müfsten  umgestellt  werden. 
Die  übrigen  (42 — 46)  zu  ändern,  geht  auch  nicht,  da  sie  offenbar 
aus  verschiedenen  Jahren  sind. 

Wir  können  also  in  dieser  Weise  keine  Umstellungen  vor- 
nehmen, sondern  müssen  prüfen,  ob  die  Reihenfolge  dem  Sinne 
nach  die  richtige  ist,  und  wenn,  wie  dann  die  hieraus  sich  als 
falsch  erweisenden  Daten  am  wahrscheinlichsten  abzuändern  sind. 
Wir  müssen  also  die  Reihenfolge  nach  dem  Sinne,  im  Zusammen- 
bang mit  der  Handlung  und  in  Vergleichiing  mit  den  andern 
Briefen  feststellen  und  etwa  hieraus  sich  nötig  machende  Um- 
stellungen vornehmen.  Können  wir  dadurch  ein  klares  Bild  des 
Geschichtsganges  gewinnen,  so  ist  eine  Abänderung  der  Daten 
vorzunehmen.  Die  Erklärung  der  falschen  Zahlen  steht  allerdings 
dann   noch    dahin.     Gelingt  es   aber  nicht,   die  Zeitangaben  nach 


1 86  6.  HANF, 

richtiger  Textstellung   in   Einklang   zu    bringen,    so    ist    auch    eine 
Aenderung  der  Daten  zwecklos. 

Für  diese  Untersuchung  kommen  nicht  in  Betracht  die  Briefe 
I — 26,  da  sie  keine  Daten  haben.  Ihre  Stellung  giebt  auch,  was 
den  Inhalt  anbetrifft,  zu  keinem  Bedenken  Anlafs,  nachdem  i — 6 
richtig  gestellt  sind.  Von  Wichtigkeit  sind  höchstens  19 — 26;  die 
andern  sind  vor  Machauts  Rückreise  nach  Reims  geschrieben.  Wir 
haben  also  zu  untersuchen,  ob  die  Briefe  immer  im  Zusammen- 
hang stehen,  d.  h.  wodurch  der  folgende  jedesmal  mit  dem  vor- 
hergehenden verbunden  ist  und  worauf  er  Bezug  nimmt  Man 
muís  also  den  Faden  finden,  der  den  einen  Brief  immer  mit  dem 
andern  verknüpft.  Geht  der  Zusammenhang  verloren,  so  ist  unter 
Umständen  eine  Umstellung  vorzunehmen,  wo  nicht,  so  ist  die 
Umstellung  ausgeschlossen.  Ich  gebe  hier  stets  eine  Hauptstelle, 
die  gerade  fur  den  Ort  des  betreffenden  Briefes  wichtig  ist. 

Brief  19  nimmt  Bezug  auf  Machauts  Abreise  (das  Wunder  der 
Göttin).  20  desgleichen.  2 1  Schilderung  der  Heimreise  des  Dich- 
ters, Zusammentreffen  mit  Esperance.  22  Freude  über  seine  glück- 
liche Heimkehr,  der  lA¡y  (¡''Esperance  gefällt  der  Dame  sehr. 

23  ist  ohne  Bezug  auf  22,  in  Form  eines  Klagelieds.  24  be- 
zieht sich  aber  darauf. 

In  25  entschuldigt  sich  M.^  betreffs  23,  es  thut  ihm  leid,  dafs 
sie  dadurch,  wie  in  24  steht,  gekränkt  ist  Mitteilung,  dafs  ver- 
schiedene Herren  von  ihrem  Briefwechsel  wissen. 

In  26  freut  sich  die  D.  über  das  Bekanntwerden  ihrer  Liebe; 
sie  bedauert,  dafs  sie  das  Verhältnis  nicht  eher  angeknüpft  hat 

Von  jetzt  an  wird  auf  Bitten  M.s  immer  das  Datum  hinzu- 
gefügt, da  sonst  die  Briefe  schwer  zu  ordnen  seien.  Br.  27  nimmt 
Bezug  auf  die  Stelle  in  26,  dafs  sie  ihre  Liebe  nicht  früher  be- 
gonnen haben.  M.  bittet  die  D.,  mit  ihrer  Schwester  nach  Reims 
zu  kommen.     Geschrieben  8.  August. 

28.  Die  D.  bittet  M.,  um  Mitte  August  an  einen  bestimmten 
Ort  zu  kommen.  In  27  ist  gesagt,  M.  wache  die  Nächte  bei  seiner 
Arbeit;  sie  sagt  nun,  sie  thue  das  auch  in  Gedanken  an  ihn. 
Geschr.  Sonntag  vor  Mitte  August  Er  soll  nicht  eher  schreiben 
als  bis  sie  ihm  wieder  Nachricht  giebt 

29.  Sie  hat  lange  nicht  geschrieben.  Seit  20.  August  ist  sie 
an  dem  bekannten  Orte.  Gegen  den  7.  September  hat  sie  einen 
Traum  gehabt,  den  sie  erzählt.     Geschr.  1 7.  Sept. 

30  und  31  gehören  zusammen,  30  ist  nicht  selbständig.  In 
31  wird  der  Traum  erwähnt  Frage,  warum  sie  solange  nicht  ge- 
schrieben hat     Laieite  erwähnt     Ohne  Datum. 

32.  Erwähnung  der  laiette,  Frage  von  31  beantwortet  Com" 
plainte  wegen  des  Inhalts  vom  30.  Sie  wünscht  das  Gedicht  Dueil 
qui  est  le  droit  archier  bald  zu  haben.     Geschr.  5.  Mai. 


^  Ich  nehme  der  Kürze  halber  wieder   für   den  Dichter  die  Bezddmang 
M.,  für  die  Dame  D. 


UEBBR  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  I  87 

33.  Er  will  ütuil  qui  est  mît  Noten  senden,  entschuldigt  sich 
wegen  Br.  30.     Er  sagt,  er  sei  nicht  würdig,  sie  zu  lieben. 

34.  Die  D.  nimmt  seine  Entschuldigung  an.  Darin  dafs  er 
glaube,  ihrer  nicht  würdig  zu  sein,  habe  er  ganz  Unrecht  Bittet  um 
Zusendung  des  Buches  durch  denselben  Boten.     Geschr.  28.  Okt. 

35.  M.  schickt  das  gewünschte  Buch.  Hier  und  in  33  wird 
die  Anwesenheit  des  Herzogs  von  Bar  in  M.s  Hause  erwähnt 
M.  will  am   I.  Nov.  nach  St  Quentin  reisen,     Geschr.  17.  Okt 

36.  Sie  hat  das  Buch  erhalten.  Wenn  er  nach  St.  Quentin 
gehe,  solle  er  ihrem  Bruder  Nachrichten  für  sie  geben.  Geschr. 
28.  Okt 

37.  Er  ist  nicht  nach  St  Quentin  gegangen.     Geschr.  3.  Nov. 

38.  Sie  freut  sich,  dafs  er  nicht  nach  St  Quentin  gegangen 
ist  In  acht  Tagen  will  sie  an  einem  Ort  sein,  wo  sie  sich  treffen 
wollen.     Geschr.  5.  Nov. 

39.  Sie  ist  an  den  betreffenden  Ort  gekommen.  Er  soll  dahin 
reisen.  Sie  giebt  Weisungen,  wie  er  sich  verhalten  soll.  Geschr. 
13.  Nov. 

Hierauf  wird  der  Bruch  M.s  mit  der  Dame  infolge  der  Er- 
zählung des  vornehmen  Freundes  mitgeteilt  Es  tritt  eine  grofse 
Pause  ein  in  dem  brieflichen  Verkehr. 

Es  folgt  Brief  40,  das  Datum  ist  wie  in  39,  der  13.  Nov.  Dem 
Inhalt  nach  ist  dieser  Brief  nach  dem  Bruch  anzusetzen,  da  die 
Dame  hierin  wieder  anzuknüpfen  sucht  Dafs  der  13.  Nov.  falsch 
ist,  ergiebt  der  Brief  selbst,  worin  sie  sagt,  sie  habe  seil  Februar 
keine  Nachricht  von  ihm.  Nach  der  Darstellung  des  Gedichts  fühlt 
sich  M.  veranlafst,  an  das  Fräulein  zu  schreiben,  aber  nichts  von 
dem  Verdacht  mitzuteilen.  Br.  41  enthält  davon  allerdings  auch 
nichts.  Er  bezieht  sich  unmittelbar  auf  39,  doch  so,  dafs  wir  trotz 
des  Dichters  Angabe  ihn  auf  keinen  Fall  hinter  40  lassen  können. 
Denn  der  Inhalt  und  ganze  Sinn  des  Br.  41  geht  unmittelbar  auf 
39  und  läfst  erkennen,  dafs  er  wohl  gleich  dem  Ueberbringer  von 
39  mitgegeben  wurde,  noch  ehe  M.  etwas  von  dem  Gerede  erfahren 
hatte.  Es  wäre  doch  sinnlos,  in  der  Weise,  wie  es  hier  nach  der 
jetzigen  Stellung  geschieht,  40  zu  ignorieren  und  39  zu  beantworten. 
Er  sagt:  fai  mandé  mon  secretaire.  Ich  verstehe  das  so,  dafs  er 
diesen,  der  drei  Tagereisen  entfernt  war,  zu  sich  entboten  hat,  dafs 
dieser  aber  noch  nicht  da  war.  Von  einer  gedrückten  Gemüts- 
stimmung ist  auch  gar  nichts  zu  merken.  Vom  psychologischen 
Standpunkte  aus  ist  die  Stellung  und  Absendung  von  41  unmittel- 
bar nach  39  die  einzig  gerechtfertigte,  obwohl  an  den  Handschriften 
äufserlich  nicht  zu  bemerken  ist,  dafs  etwas  falsch  stünde.  Es  fragt 
sich  dann  aber,  wie  der  Text  dazu  pafst.  Nach  diesem  müfste  für 
41  freilich  ein  anderer  Brief  eingesetzt  werden.  Ueberhaupt  sind, 
wie  oben  gezeigt,  die  Zeitangaben  hier  ganz  in  Widerspruch.  Der 
Zeit  nach  müfsten  die  hier  geschilderten  Vorgänge,  um  auch  nur 
einigermafsen  Ordnung  zu  schaffen,  sich  folgendermafsen  abspielen. 


1 88  G.  HANF, 

Nach  V.  7569  wäre  anzuschliefsen  V.  7616 — 7664,  dann  käme 
7570 — 7615,  dann  7665  und  Brief  40.  Man  könnte  sich  das  so 
denken,  dafs  der  Dichter  infolge  der  Erzählung  des  Freundes  den 
Winter  über  zu  Hause  bleibt  und  ihr  Bild  einschliefst.  Später  hört 
er  hier,  nach  sieben  Wochen,  dafs  sie  einen  andern  Liebhaber  hat 
Frühzeitig  noch  im  Frühling  reitet  er  zu  seinem  Herrn.  Mit  trau- 
rigem Gemüt  reitet  er  heim,  so  dafs  er  die  ganze  Woche  nicht 
schlafen  kann.  Dann  kommt  der  Bote  von  der  Dame  mit  Brief  40. 
Doch  können  wir  diese  Aenderungen,  welche  den  Text  in  Bezug 
auf  die  Zeitbestimmungen  in  Einklang  bringen  würden,  nicht  vor- 
nehmen, ohne  die  verbindenden  Verse  vor  Brief  41  zu  streichen, 
und  diesen  Gewaltstreich  darf  man  sich  doch  wohl  nicht  gestatten. 
Denn  nach  39  kann  man  diese  Verse  auch  nicht  setzen.  Die 
Widersprüche  lassen  sich  hier  auch  durch  Umstellung  nicht  völlig 
beseitigen.  Die  Dame  hat  in  Br.  40  so  grofse  Sehnsucht  nach  M. 
gezeigt,  dafs  es  auffallen  müfste,  wenn  sie  auf  Brief  41,  sei  es  wie 
er  hier  steht,  oder  auf  einen  neu  eingefügten,  nicht  geantwortet 
hätte.  Zwischen  Brief  40  und  42  liegt  ein  langer  Zwischenraum. 
M.  will  zuerst  gar  nicht  antworten,  bis  er  es  nicht  länger  ertragen 
kann  (S.  341)  und  an  sie  schreibt,  was  ihm  erzählt  worden  ist, 
Brief  42.  Dafs  sie  lange  keine  Nachricht  von  ihm  bekommen  hat, 
sagt  sie  selbst  in  Brief  43.  In  42  ist  entgegen  der  sonstigen  Ge- 
wohnheit nichts  von  Beantwortung  eines  früheren.  Dank  für  den- 
selben u.  s.  w.,  gesagt  Er  steht  also  allein.  Seine  Stellung  ist  der 
Erzählung  entsprechend.  Brief  43  der  Dame  schliefst  daran  an:  er 
soll  dem  Gerede  nicht  glauben.  Dieser  Brief  ist  sicher  nach  40 
geschrieben,  da  darauf  Bezug  genommen  wird  auf  S.  345,  Z.  2 — 7 
und  II — 12  von  unten.  In  43  wird  das  Gedicht  En  lieu  de  bim 
dame  vous  vesíez  vert  erwähnt,  das  er  in  seinem  Schmerz  gedichtet 
hat.  Dieses  Gedicht  giebt  Veranlassung,  den  Priester  an  M.  zu 
senden,  der  ihm  ihre  Beichte  mitteilen  soll.  Brief  44  ist  der  Be- 
glaubigungsbrief, steht  richtig.  45  bezieht  sich  auf  die  vernommene 
Beichte,  der  livre  du  Voir  Dil  ist  ziemlich  beendet.  Es  wird  von 
joiaus  gesprochen,  deren  Sendung  M.  entschieden  mifsbilligt.  M. 
versichert,  dafs  Frieden  imd  Freundschaft  fortan  zwischen  ihnen 
herrschen  sollen.  In  Brief  46  werden  die  joiaus  wieder  erwähnt; 
dieser  Brief  bildet  den  Abschlufs,  die  Dame  giebt  ihm  ebenfalls 
die  Versicherung  dauernder  Freundschaft 

Die  Untersuchung  hat  uns  gezeigt,  dafs  an  der  Reihenfolge 
der  Briefe  nichts  zu  ändern  ist,  aufser  dafs  40  und  41  umzustellen 
wären.  Ihr  innerer  Zusammenhang  dürfte  so  ziemlich  erwiesen  sein. 
Es  handelt  sich  also  zunächst  weiter  darum,  nachdem  die  Reihen- 
folge dem  Sinn  entsprechend  festgestellt  ist,  die  richtigen  Daten 
zu  finden,  bezw.  die  vorhandenen  zu  verändern.  Ob  dann  ein 
klares  Bild  gewonnen  wird,  mufs  sich  hieraus  ergeben.  Zu  be- 
handeln sind  insbesondere  noch  die  verschiedenen  dunklen  An- 
gaben   der   letzten   Briefe,    zugleich   auch   die  Frage,    ob    wir   an- 


U£B£R  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 89 

nehmen  müssen,  dais  einige  Briefe  mit  oder  ohne  Absicht  des 
Dichters  nicht  mitgeteilt  sind. 

Wir  haben  nun  nochmals  also  die  Briefe  von  27  an  in  Bezug 
auf  die  Daten  zu  betrachten.  Vergi,  dabei  die  Bemerkungen  über 
die  Zeitangaben  im  allgemeinen. 

Brief  27,  der  erste  mit  Datum,  ist  vom  8.  August.  Das  kann 
richtig  sein.     Ebenso  ist  Br.  28,  Sonntag  vor  Mitte  August,  richtig. 

Br.  29  ist  datiert  vom  17.  Sept.,  nach  Hs.  C  vom  27.  Sept. 
Dieses  Datum  wie  die  von  30 — ^^  stimmen  mit  den  Textangaben 
nicht  überein.  Denn  zweimal  ist  ausdrücklich  erwähnt,  dafs  M. 
über  zwei  Monate  keine  Nachricht  von  der  Dame  erhielt. 

S.  2 1 2    £t  ce  fu  deux  mois  tous  entiers 
Et  aveuc  ce  f  entrai  en  tiers. 

Eine  Aenderung  ist  hier  nicht  möglich,  etwa  aus  der  JL  der  Hand- 
schrift eine  J,  zu  machen,  da  das  tiers  durch  den  Reim  belegt  ist. 
Aufserdem  steht  auch  S.  221  il  ?ia  près  de  neuf  semaines.  Das 
Datum  des  Briefes  aber  so  zu  bestimmen,  dafs  B.  29  erst  nach 
Mitte  Oktober,  was  hiemach  das  Richtige  sein  würde,  zu  datieren 
wäre,  ist  wegen  sämtlicher  späteren  Angaben  unmöglich.  Es  bleibt 
hier  ein  Widerspruch,  der  sich  nicht  beseitigen  läfst.  Abgesehen 
von  der  historischen  Echtheit,  könnte  S.  2 1 2  als  unbewufste  Erinne- 
rung an  S.  24  vom  Dichter  geschrieben  sein: 

212   (a)   Et  ce  fu  deux  mois  tous  entiers, 
24  (b)   Car  ja  fu  deux  mois  tous  entiers. 

Weiter  a  ains  ala  en  autre  contrée 

Et  au  lieu  je  ne  cognoissoie  creature, 

b     pour  ce  qtielle  estoit  alee  demourer  en  autre  contrée,  —   Car 
personne  ne  cognoissoie  en  lieu. 

Auch  sonst  haben  beide  Stellen  in  der  Anlage  grofse  Aehnlickeit. 
Man  ist  versucht,  an  eine  Einwirkung  von  S.  24  auf  die  Kom- 
position von  212  zu  glauben.  Eine  Aenderung  mit  Brief  27  und  28 
vorzunehmen  ist  nicht  angängig,  wir  kämen  mit  diesen  Briefen  sonst 
in  die  erste  Julihälfte,  was  wegen  Br.  20 — 26  unbedingt  falsch  ist. 

In  Brief  29  liegen  also  zwei  verschiedene  Daten  vor,  der  17. 
und  27.  P.  Paris  hat  sich  für  das  erstere  entschieden.  Hierbei 
müssen  wir  die  Angaben  in  dem  Brief  selbst  verwenden.  Die  Dame 
schreibt,  seit  20.  Aug.  (A  und  B)  sei  sie  in  X.  Nach  17  Tagen 
(Hs.  B  hat  ,16  Tage*)  reist  sie  mit  ihrer  Schwester  zum  Bruder  in 
der  Brie.  Da  ist  sie  15  Tage,  bis  sie  an  den  Ort  reist,  von  wo 
sie  schreibt  20.  Aug.  +  17  +  15  ergiebt  den  21.  September.  Das 
würde  schon  über  das  Datum  des  17.  hinausgehen.  Hs.  C  hat 
aber  statt  20.  August  den  10.  Dann  kommen  wir  zum  11.  Sept.-|- 
Reise.  Danach  könnte  17.  richtig  sein.  Doch  möchte  ich  den  10. 
als  nicht  richtig  annehmen  in  Ansehimg  von  Brief  2^,  Dieser  ist, 
wie  erwähnt,  am  Sonntag  vor  Mitte  August  geschrieben.   Das  wäre 


I  go  G.  HANF, 

frühestens  der  9.  (wenn  erst  am  darauffolgenden  Sonnabend  der 
15.  wäre).  Die  Dame  schreibt,  sie  würden  ce  lundi  prochain  venant 
abreisen.  Ich  glaube,  dafs  damit  eher  der  18.  als  der  10.  gemeint 
ist,  da  sie  auch  in  den  Oktaven  von  mi-aoust  dort  sein  wollen. 
Wenn  sie  am  10.  abreisen,  so  würde  bei  der  Rechnung  für  die 
Reise  dann  keine  Zeit  bleiben;  denn  sie  sind  anscheinend  noch 
in  Paris,  so  dafs  sie  nicht  am  selbigen  Tage  nach  X.  kommen 
können.  Ich  möchte  also  als  Datum  von  Brief  29  den  27.  Sept 
setzen,  ebenso  aber  den  20.  August  beibehalten  gegenüber  dem  10. 
Der  27.  pafst  auch  zu  der  Angabe  Je  délivrai  son  messagier  ¡e  iende^ 
main  und  zu  der,  dafs  M.  den  Brief  an  der  vigile  Si,  Michiel,  dem 

28.  Sept.,  erhalten  hat. 

Brief  30  ist  nicht  abgesandt  worden,  er  war  in  der  Zwischen- 
zeit vor  29  geschrieben  und  31  beigelegt  In  31  ist  kein  Datmn 
angegeben.  Doch  wird  er  bald  geschrieben  sein,  S.  240:  Vostre 
fr  er  e  vint  a  moy  le  jour  SL  Michiel  au  matin.     Danach   ist   er  am 

29.  September  wohl  nicht  geschrieben,  der  Ausdrucksweise  halber, 
doch  bald  darauf.  Merkwürdig  ist,  dafs  das  Datum  fehlt,  nachdem 
M.  selbst  kurz  vorher  die  jedesmalige  Hinzufügung  gewünscht  hat 

Brief  32  ist  datiert  vom  5.  Mai.  Dafs  der  Monatsname  falsch 
ist,  sieht  man  sofort;  die  Stellung  des  Briefes  ist  aber  richtig.  Wir 
müssen  uns  fragen,  wie  dieser  ganz  unpassende  Monatsname  hier- 
herkommt. Mit  Absicht  ist  das  jedenfalls  nicht  geschehen.  Idi 
glaube,  der  Sekretär  oder  der  betreffende,  der  die  Briefe  mechanisch, 
ohne  zu  denken,  abschrieb,  konnte  den  Monatsnamen  nicht  lesen. 
Warum  er  nun  gerade  may  setzt,  ist  nicht  klar.  Oktober  war  viel- 
leicht abgekürzt  und  dazu  undeutlich,  so  entsprach  vielleicht  die 
Länge  des  mit  Ziffern  VIII^  geschriebenen  Monatsnamens  den  Buch- 
staben may,  Uebrigens  sind  in  den  Handschriften  die  Monats- 
namen stets  ganz  ausgeschrieben. 

Dafs  das  Datum  von  33,  der  9.  Oktober,  richtig  ist,  könnte 
man  aus  folgender  Erwägung  schliefsen,  vorausgesetzt  allerdings, 
dafs  das  Datum  von  43  richtig  ist  In  diesem  Briefe,  datiert  vom 
IG.  Oktober  1364,  steht  nämlich:  Einsi  me  promistes  vous,  il  a  un 
an  tout  droit  en  ce  mois^  quant  festoie  au  Biau  chastely  que  jamais  ne 
nCescririez  que  je  ne  fusse  vostre  bonne  et  leal  amie,  ne  diriez  chose 
dont  je  me  deusse  courrecier. 

In  Brief  33  sind  die  betreffenden  Stellen:  ne  vueilliez  penser 
nullement  que  je  vous  tiengne  pour  bonne  et  pour  leal.  Et  je  vous 
promet  et  jur  loyaument  que  se  jamais  vous  ne  m^escrisiez  ne  rCenooiez 
vers  moy  i  ne  se  jamais  je  ne  vous  veoie^  jamais  je  ne  vous  escriray^ 
diray  ne  commanderay  chose  dont  vous  dotez  courrecier  a  mon  povoir. 

Indessen  ist  das  nur  eine  relative  Bestimmung.  Hs.  A  zeigt 
,ix,  décembre;  das  ist  natürlich  falsch,  denn  auch  hier  sind  dann 
die  Oktoberdaten  vorhanden.  P.  Paris  glaubt,  für  9.  Okt  den  19. 
setzen  zu  sollen,  da  der  im  Briefe  erwähnte  duc  de  Bar,  wie  M. 
schreibt,  qui  a  geu  en  ma  maison,  mit  dem  Könige  noch  am  18.  in 
Reims  ist     Nach   der  Angabe  a  geu  wäre  er   abgereist     Wie  er 


UEBER  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  IQ  I 

aber  damit  die  Daten  der  nächsten  Briefe  in  Einklang  bringt,  sagt 
er  nicht  £r  muíste  doch  dann  auch  das  Datum  von  35  ändern. 
Aus  dem  von  P.  Paris  angeführten  Grunde  aliein  zu  ändern,  scheint 
mir  deshalb  nicht  ratsam.  Der  Herzog  könnte  ebenso  gut  vor 
dem  9.  abgereist  und  dann  zurückgekehrt  sein.  Bei  den  beiden 
nächsten  Daten  möchte  ich  aber  eine  Aenderung  vornehmen.  Dafs 
das  von  34  falsch  ist,  liegt  auf  der  Hand.  Dafür  ist  zu  setzen  der 
18.  Oktober,  in  35  der  27.  Dafs  zwischen  34  und  35  einige  Zeit 
liegt,  zeigt  S.  261:  St  me  tins  assez  longuement.  Beide  sind  aber 
sicher  vor  dem  28.  Oktober  geschrieben,  sie  liegen,  wie  oben  ge- 
zeigt, vor  Brief  36.  Denn  hier  ist  das  Datum  so  ausdrücklich  ge- 
nannt, dafs  man  da  kein  Versehen  oder  falsche  Schreibung  an- 
nehmen kann:  Escrtpt  le  jour  Saint  Symon  et  Saint  Jude,  vingts 
huitiestne  jour  (Poctembre,  Dafs  die  Briefe  schnell  nach  einander 
geschrieben  sind,  ist  möglich,  da  die  Dame  auch  in  der  Champagne 
sich  aufhält,  also  nicht  weit  von  Reims.  Vor  dem  i.  November 
müssen  diese  Briefe  sicher  liegen,  wegen  der  erwähnten  Reise  nach 
St  Quentin,  ebenso  wie  37  nach  dem  i.  November.  Da  er  datiert 
ist  vom  3.  November,  kann  man  das  Datum  wohl  als  richtig  an- 
nehmen. Brief  38  ist  sofort  wieder  geschrieben,  wie  ausdrücklich 
bemerkt  wird,  am  5.  November.  Auch  gegen  das  Datum  von  39, 
den  13.  November,  ist  nichts  einzuwenden. 

Durch  diese  Aenderungen  ist  die  Reihenfolge  der  Briefe  wenig- 
stens haltbar.  Ungelöst  bleibt  immerhin  die  Frage  betreffs  der  neun 
Wochen  vor  Brief  29. 

Für  die  sechs  letzten  Briefe  lassen  sich  jedoch  wirklich  an- 
nehmbare Vermutungen  kaum  aufstellen.  Zum  Teil  lassen  sich  die 
Widersprüche  gar  nicht  beseitigen,  bei  den  andern  können  wir  mit 
Bestimmtheit  über  die  Richtigkeit  der  Daten  überhaupt  nichts  aus- 
sagen. Brief  41  haben  wir  oben  vor  40  gesetzt.  Im  November  1363 
müfste  er  seinem  ganzen  Inhalte  nach  geschrieben  sein  ;  St.  Andreas, 
der  30.  Nov.,  liegt  später.  Wollte  man  das  Datum,  den  13.  Nov., 
beibehalten,  so  müfste  M.  am  selben  Tage,  wo  er  39  erhalten, 
wieder  geschrieben  und  dem  Boten  die  Antwort  gleich  mitgegeben 
haben.  Doch  möchte  man  einen  spätem  Tag  annehmen,  da  er 
in  dem  Briefe  schreibt,  er  habe  schon  seinen  Sekretär  zu  sich  ent- 
boten; dieser  kommt  in  gröfster  Eile,  am  28.  November.  Der  Weg 
beträgt  drei  Tagereisen.  So  könnte  man  als  wahrscheinliches  Datum 
vielleicht  den  23.  November  ansetzen. 

Nach  des  Dichters  Angabe  ist  der  Briefwechsel  den  ganzen 
Winter  unterbrochen.  Es  würde  demnächst  Brief  40  kommen,  der 
zum  dritten  Male  das  Datum  des  13.  Novembers  trägt  Wie  das 
dahin  gekommen,  ob  durch  Verwechslung  des  betreffenden,  der 
die  Briefe  eintrug  und  vielleicht  39  mit  vorliegen  hatte,  oder  auf 
welche  andere  Weise,  darüber  läfst  sich  nichts  feststellen.  Auf- 
fallend ist  es  sehr,  dafs  drei  Briefe  dasselbe  Datum  haben.  Dem 
Inhalte  nach  mufs  dieser  Brief  ins  Frühjahr  1364  gesetzt  werden 
and  nach  dem  2.  Februar  geschrieben  sein.    Darauf  habe  ich  noch 


192  G.  HANF, 

zurückzukommen.  Brief  42,  von  M.  abgesandt,  nachdem  er  diesen 
Zustand  nicht  länger  ertragen  kann,  trägt  den  Vermerk:  Escript  U 
seizième  jour  de  juing.  Nach  Ostern,  das  am  24.  März  1364  ist, 
ist  er  geschrieben,  vergi.  S.  342  Je  ne  fis  riens  en  vostre  livre  puis 
Pasques.  Betreffs  43  kann  man  keine  bestimmten  Vermutungen  auf- 
stellen; dem  gegenüber  stimmt  das  Datum  von  44  aber  nicht; 
ebenso  wenig  pafst  das  von  45  zu  43.  Bei  diesen  letzten  Briefen 
läfst  sich  eine  bestimmte  Zahl  nicht  feststellen.  Brief  44  ist  vielleicht 
an  sich  richtig,  im  Verhältnis  zu  43  ist  es  das  Datum  aber  nicht 
Der  ganze  Zeitraum  ist  auch  äufserst  ausgedehnt,  über  anderthalb 
Jahre  vergehen  zwischen  Brief  40 — 46  ;  die  definitive  Einigung  und 
der  Abschlufs  des  Zwistes  gehen  sehr  langsam  vor  sich  nach  den 
Zeitangaben,  ganz  entgegen  den  Schilderungen  über  die  Gemüts- 
und  Seelenzustände  der  beteiligten  Personen.  Man  vergleiche  hier- 
über die  Bemerkungen  am  Schlufs  des  Kapitels  „Zeitangaben  im 
allgemeinen". 

Wir  haben  so  gesehen,  dafs  wir  auch  durch  Aenderung  von 
Daten  nichts  erreichen,  dafs  es  oft  unmöglich  ist,  solche  vorzu- 
nehmen. 

Sind  etwa  Briefe  verloren  gegangen? 

Wir  haben  nun  noch  zu  untersuchen,  ob  etwa  ganze  Briefe 
verloren  gegangen  oder  absichtlich  nicht  eingetragen  sind.  Viel- 
leicht wären  gerade  diese  wesentlich  für  das  Verständnis  und  gäben 
uns  über  manches  Unklare  Aufschlufs.  Fassen  wir  daher  die  Stellen 
ins  Auge,  welche  auf  Briefe  Bezug  haben ,  die  nicht  in  dem  Buche 
stehen. 

1.  In  Brief  7,  S.  57  lautet  der  Anfang:  J*ai  receues  vos  lettres. 
Depuis  que  je  eus  ycelles  receues,  le  quatrième  jour  ensieuant,  je  receues 
ycelles  de  quoy  vous  m^avez  escript^  et  aussi  les  chansons. 

Die  Dame  hat  also  Brief  6  erhalten,  nachher  den  früher  ab- 
gesandten. Das  wäre  Brief  4  ;  dieser  ist  aber  schon  in  5  beant- 
wortet. £s  muíste  also  hier  auf  einen  Brief  Bezug  genommen  sein, 
der  nicht  überliefert  ist  Er  hat  aber  von  einem  nicht  beantworteten 
Briefe  nichts  geschrieben,  wie  zu  schliefsen  wäre  aus  der  Stelle: 
de  quoy  vous  nCavez  escript.  Demnach  müfsten  dieser  Angabe  nach 
gleich  zwei  Briefe  fehlen,  die  man  aber  gar  nicht  vermissen  würde, 
wäre  nicht  die  Bemerkung  in  Brief  7.  Nimmt  man  aber  an,  es  ist 
das  eine  vom  Dichter  selbst  geschriebene  Bemerkung,  auf  die  er 
kein  Gewicht  gelegt  hat,  so  konmit  man  über  diese  Schwierig- 
keit hinweg. 

2.  S.  59  spricht  M.  von  dem  Bilde  qt^en  sa  lettre  me  promettait. 
Er  schildert  den  Eindruck,  den  Brief  7  und  die  Nachricht,  dafs  er 
ihr  Bild  erhalten  solle,  auf  ihn  gemacht  hat  Aber  in  dem  vorher- 
gehenden Briefe  steht  davon  gar  nichts,  auch  in  Brief  5  ist  das 
Versprechen  nicht  gemacht.  Eine  Umstellung  wegen  dieser  einen 
Bemerkung  würde  uns  wieder  in  andere  Widersprüche  bringen,  so 


ÜEBER  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 93 

dais  man  obige  Angabe  entweder  auf  das  Fehlen  eines  Briefes, 
worin  das  gestanden  hätte,  oder  wieder  auf  eine  Unachtsamkeit 
des  Dichters  schieben  mufs. 

3.  In  Brief  40  schreibt  die  Dame  :  je  rCot  novelles  de  vous  depuis 
la  Chandeleur.  Ei  st\  vous  ay  depuis  escript  ei  daireinnemeni  par  vosire 
secretaire;  et  si  H  dis  pluseurs  choses  de  bouche  lesquelles  il  vous  ¿¿?- 
voit  dire. 

Hierbei  ist  Verschiedenes  auffällig.  Das  Verhältnis  wird  be- 
kanntlich nach  des  Dichters  Erzählung  im  November  abgebrochen 
und  ganz  ausdrücklich  hervorgehoben,  dafs  kein  Brief  in  der  ganzen 
Winterzeit  jusqiia  la  nouvelle  saison  geschrieben  ist.  Hier  behauptet 
die  Dame,  am  2.  Februar  von  ihm  Nachrichten  bekommen  zu  haben. 
Sie  hat  seitdem  geschrieben.  Dieser  ausdrücklich  erwähnte  Brief 
ist  nicht  vorhanden.  Der  Sekretär  mûfste  ihn  nicht  abgeliefert  haben. 
£s  wird  ja  auch  nichts  erwähnt,  dafs  er  ihre  Aufträge  ausgerichtet 
habe.  Man  mufs  hierbei  fragen,  was  der  Sekretär  bei  der  Dame 
gewollt  hat,  und  sich  wundern,  wenn  er  da  nichts  über  seines 
Herrn  veränderte  Gesinnung  mitgeteilt  hätte.  In  Brief  45  wird 
allerdings  erwähnt,  dafs  der  Sekretär  von  der  Dame  Geschenke 
und  Aufträge  übermittelt;  das  ist  aber  ein  Jahr  später,  und  die 
Verhältnisse  sind  wieder  andere  geworden.  Nach  alledem  erscheint 
es  mir  höchst  imwahrscheinlich,  dafs  diese  Angabe  in  Brief  40  auf 
Wahrheit  beruhe. 

4.  In  Brief  43  schreibt  die  Dame:  vueilliez  savoir  que  je  n*ay 
point  veu  le  vallei  que  vous  nCavez  escript  que  vous  nCenvoiastes  en  moi 
de  may  ne  n^en  ay  qy  nulles  nouvelles.  Hier  ist  es  ähnlich  wie  bei 
Brief  7.  Man  findet  in  keinem  Briefe  M.s  eine  Erwähnung  dieses 
valet \  sonach  wäre  der  betreffende  Brief  nicht  vorhanden;  aufser- 
dem  wäre  auch  der  verloren  gegangen,  den  er  im  Mai  abgesandt 
hätte.  Was  der  valet  aber  im  Mai  mit  einem  Brief  an  die  Dame 
sollte,  ist  gar  nicht  einzusehen;  denn  M.  schreibt  doch  erst  im 
Juni,  nachdem  er  den  bisherigen  Zustand  nicht  mehr  ertragen 
konnte.  Wir  mûfsten  denn  annehmen,  es  sei  das  ein  Antwortbrief 
auf  40  in  der  Art,  wie  er  im  livre  angiebt,  dafs  er  nämlich  noch 
nichts  von  dem  Gehörten  mitteilt,  sondern  allgemeine  Redensarten 
macht  Es  scheint  ja  nach  40,  nachdem  wir  41  vor  diesen  gestellt 
haben,  allerdings  ein  Brief  zu  fehlen,  der  den  Bemerkungen  M.s 
und  dem  verbindenden  Text  entspräche.  Dieser  Widerspruch  wäre 
ja  dann  beseitigt.  Indes  hat  M.  nach  folgender  Stelle,  für  die  ich 
eine  andere  Beziehung  nicht  finden  kann,  Brief  40  nicht  beant- 
wortet, sondern  thut  das  erst  mit  45  zusammen,  nämlich  S.  360: 

Elle  m^a,  long  temps  0,   tramis 
Une  lettre  si  que  j'ay  mis 
En  ces  presentes  la  response. 

Dem  Sinne  nach  kann  45  wohl  auf  40  mit  antworten.  Ein  Mangel 
in  der  Komposition  bleibt  immer  bestehen,  da  die  Einordnung  von 
41  mit  zugehörigem  Text  unterblieben  ist    Nehmen  wir  eine  Fiktion 

Zátachr.  t  rom.  Phil.  XXII.  I2 


194  G.  HANF, 

des  Ganzen  an,  so  ist  auf  die  Angabe  in  43  kein  Gewicht  zu 
legen;  nur  damit  das  Interesse  wachgehalten  und  Abwechslung  ge- 
schaffen wird,  ist  sie  gemacht.  M.  schreibt  nun,  er  wolle  Brief  40 
ignorieren,  nimmt  darum  39  wieder  vor,  als  er  41  schreiben  wfll, 
und  verfafst  einen  diesem  entsprechenden  Brief,  der  nachher  frei- 
lich mit  dem  Text  nicht  in  Einklang  steht. 

5.  In  Brief  46  schreibt  die  D.  von  unes  autres  lettres  doni  je 
ne  fis  onques  response.  Die  betreffende  Stelle,  wo  er  sagt,  sie  schreibe 
plus  obscurément^  plus  brief  ment  et  de  pieur  lettre^  befindet  sich  aber 
in  Brief  45,  den  sie  eben  beantwortet.  Weiter  findet  man  keine 
Erklärung  für  die  Stelle  :  Ne  je  ri  eus  de  vous  nouvelles  puisque  je  vous 
escris  par  vostre  vallet  daireinnement.  Das  könnte  höchstens  auf  43 
gehen.  £s  sind  das  aber  nur  Wendungen,  die  M  beim  Brief- 
schreiben gerade  in  den  Sinn  kommen. 

Wir  sehen,  dafs  man  aus  diesen  Stellen  kaum  auf  das  Vor- 
handensein nicht  eingetragener  Briefe  schliefsen  kann,  die  die 
Widersprüche  beseitigten.  Im  Gegenteil  werden  wir  gerade  durch 
diese  Stellen  mehr  und  mehr  dazu  gedrängt,  eine  freie  Erfindung 
des  Dichters  anzunehmen.  £ine  wirkliche  Klarheit  in  das  Ende 
der  Erzählung  zu  bringen  erscheint  nach  dem  Geäufserten  unmög- 
lich, da  es  sich  nicht  um  falsche  Schreibungen  und  äufsere  Ver- 
sehen handelt,  sondern  das  Widersprechende  in  der  ganzen  innem 
Anlage  liegt.  Der  Versuch,  durch  Umstellung  der  Briefe  oder 
Aenderung  der  Daten  die  sämtlichen  zeitlichen  Widersprüche  zu 
beseitigen,  ist  demnach  als  gescheitert  zu  betrachten.  Dafs  der 
Dichter  mit  Absicht  so  unklar  geschrieben  und  die  wirklichen  That- 
sachen  auf  ganz  zwecklose  Art  so  entstellt  habe,  ist  meiner  An- 
sicht nach  auch  ausgeschlossen. 

Es  bleibt  uns  demnach  die  eine  Erklärung,  die  Wahrheit  der 
ganzen  Erzählung  als  einer  Geschichte,  die  wirklich  so,  wie  sie 
vom  Dichter  geschildert  ist,  sich  abgespielt  hat,  und  die  Echtheit 
des  ganzen  brieflichen  Verkehrs  zu  verneinen,  worauf  uns  ja  schon 
sachliche  Bedenken  und  Widersprüche  und  der  Stil  gefuhrt  haben. 
Dieses  nun  im  Verein  mit  den  unlösbaren  Widersprüchen  in  den 
Zeitangaben,  wo  man  zum  Teil  klar  erkennt,  dafs  ganz  unbeab- 
sichtigte Fehler  vorliegen,  zumal  wenn  man  die  wirklichen  Oster- 
daten  zum  Vergleich  heranzieht,  auf  die  der  Dichter  keine  Rück- 
sicht genonmien  hat,  das  alles  berechtigt  zu  der  Annahme,  dafs 
wir  es  hier  mit  einem  erfundenen,  nicht  historischen  Stoff  zu  thun 
haben,  trotz  der  angeblichen  Urkunden  und  Beweise  von  P.  Paris. 
Denn  wie  Suchier  gezeigt  hat,  ist  der  Name  der  Perenne  d' Armen- 
tieres nicht  aus  dem  Anagramm  herauszulesen,  und  dann  helfen 
auch  die  Urkunden  nichts.  Vielleicht  ist  hier  die  geeignete  Stelle, 
um  das  letzte  Beweismittel,  das  P.  Paris  anfuhrt,  zu  streifen,  das 
Gedicht  von  £.  Deschamps.  Dieser  erwähnt  allerdings  den  Namen 
Peronne  in  Beziehung  zu  dem  verstorbenen  Machaut,  vgl.  Tarbé, 
Œuvres  inédites  d'Eustache  Deschamps,  1849,  Bd.  Ill,  26a     Doch 


UEBER  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT.  1 95 

beweist  das  nichts  für  die  Echtheit  der  Briefe.  Deschamps  könnte 
diesen  Namen  gerade  in  Bezugnahme  auf  das  Rondel  im  Livre  du 
Voir  Dit,  das  den  Namen  Peronne  zeigt,  gebraucht  und  damit 
Machauts  dichterisches  Ideal  gemeint  haben.  Dafs  ein  solcher 
Name  genannt  wird,  ist  noch  kein  Beweis  für  die  Echtheit  der 
Briefe.  Aufserdem  scheint  das  Verhältnis,  wie  es  am  Schlufs  des 
Voir  Dit  geschildert  wird,  nicht  mehr  derartig  zu  sein,  dafs  nach 
zwölf  Jahren  auf  Grund  dieses  Deschamps  zu  den  Versen  ein  Recht 
gehabt  hätte. 

Infolge  obiger  Ausführungen  bin  ich  geneigt.  Le  Livre  du  Voir 
Dit  for  eine  freie  Erfindung  des  Dichters  zu  halten.  Die  Briefe 
und  die  angeblich  von  der  Dame  verfafsten  Gedichte  sind  von 
Machaut  selbst  Dadurch  wird  nicht  etwa  der  Wert  der  Dichtung 
herabgesetzt;  es  macht  diese  eigenartige,  reizende  Komposition  im 
Gegenteil  dem  Dichter  von  Reims  alle  Ehre,  wenn  man  den  Plan 
des  Ganzen  betrachtet  und  von  einzelnen  kleinen  Mängeln  der 
Ausführung  absieht.  Man  beachte  auch,  dafs  man  an  den  Ge- 
dichten der  Dame  keine  geringere  Meisterschaft  im  Vergleich  zu 
denen  Machauts  entdecken  kann.  Ein  Dichtertalent  dieser  Art 
würde  auch  von  Zeitgenossen  sonst  erwähnt  sein  und  in  eigenen 
Werken  fortleben,  nicht  nur  in  gelegentlich  in  ein  anderes  Buch 
eingestreuten  Blüten  seine  Spur  hinterlassen.  Betrachten  wir  dazu 
den  Stil  und  die  Ausdrucksweise  der  Briefe,  so  findet  man  eine 
überraschende  Aehnlichkeit,  fast  völlige  Gleichförmigkeit,  nichts  von 
verschiedener  Individualität,  von  einem  Unterschied,  der  zeigte, 
dafs  die  Haine  der  Briefe  von  einem  gereiften  Mann  und  grofsen 
Dichter,  die  andere  von  einem  jungen  Mädchen  geschrieben  sei. 
Dazu  kommen  noch  die  Unklarheiten  in  den  Angaben  über  die 
Komposition  sowohl  als  betreffs  anderer  Dinge,  die  oft  das  Gefühl 
hervorrufen,  als  habe  dem  Dichter  etwas  Reales  nicht  vorgeschwebt 
und  als  seien  deshalb  die  Ausdrucke  so  schattenhaft  und  unklar. 

Das  Werk  besteht  aus  zwei  ungleichwertigen  Teilen.  Der 
Einschnitt  ist  nach  des  Dichters  Rückkehr  von  Paris  nach  Reims 
zu  setzen,  S.  163. 

Der  erste  Teil  ist  von  bedeutend  höherem  Werte  als  der 
zweite,  er  zeigt  viel  gröfsere  Gestaltungs-  und  Erfindungskraft  als 
dieser.  Es  ist  das  darauf  zurückgeführt  worden,  dafs  das  Verhält- 
nis an  Wärme  verloren  habe,  dafs  die  Dame  ihre  Gesinnung  dem 
alten  Dichter  gegenüber  geändert  habe  und  er  nun  nicht  viel 
Schönes  mehr  zu  berichten  wisse.  Man  kann  es  aber  auch  anders 
erklären.  In  der  ersten  Hälfte  nämlich  war  der  Dichter  von  seinem 
Stoff  voll  eingenonmien  und  führte  ihn  schaffensfreudig  und  in 
lebendiger  Darstellung  zu  einem  Höhepunkt.  Dann  erlahmte  das 
Interesse,  andere  Arbeiten  nahmen  ihn  vielleicht  in  Anspruch,  er 
suchte  nun  mit  Gewalt  einen  Abschlufs  herbeizuführen.  Damit  nun 
die  Erzählung  nicht  zu  einem  allzu  plötzlichen  Ende  kam,  auch 
der  zweite  Teil  an  Umfang  dem  ersten  entsprach,  wurden  die 
vielen  Erzählungen  aus  Ovid  u.  s.  w.  als  Füllmaterial  eingeschaltet. 

13» 


196  G.  HANF,  UEBBR  GUILLAUME  DE  MACHAUTS  VOIR  DIT. 

Sie  lagen  dem  Dichter  fertig  vor  und  machten  ihm  wenig  Mühe. 
Vielleicht  hat  ihn  auch  die  Phantasie  hier  verlassen;  denn  noch 
eine  Steigerung  herbeizuführen  oder  in  angemessener  Weise  die 
Sache  fortzusetzen,  war  schwer.  Hieraus  erklären  sich  auch  die 
vielen  Widersprüche  und  Irrtümer,  die  im  zweiten  Teile  im  Ver- 
hältnis zum  ersten  bedeutend  äber\viegen.  Der  erste  Teil  ist  sorg- 
faltiger durchgearbeitet,  Irrtümer  sind  nur  bei  genauer  Untersuchung 
zu  finden.  Hier  hat  ihm  die  Arbeit  Vergnügen  gemacht  Nachher 
hat  er  ohne  genaue  Prüfung,  ob  das  Folgende  im  Einklang  mit 
dem  Früheren  steht,  stückweise  weiter  gearbeitet  und  nur  das  Zu- 
nächstliegende berücksichtigt.  Er  hat  das  Werk  jedenfalls  sehr 
schnell  zum  Abschlufs  gebracht  und  offenbar  dann,  froh  damit  zu 
Ende  zu  sein,  nicht  nochmals  durchgearbeitet 

Georg  hanf. 


Nene  Beiträge  zur  Kenntnis  einiger  romanischer  Wörter 

deutscher  Herkann. 

Fortsetzung  (s.  Ztschr.  XXI,  213). 

Roba  it.  asp.,  apg.  rouba^  pr.  rauba^  fr.  robe  Kleid*,  Gerate, 
Kriegsbeute,  Raub  führte  man  früher  auf  das  mase.  ahd.  roub  {roup 
raup,  vgl.  sp.  ropa,  pg.  roupa  mit  p)  Beute,  spolia,  Raub  zurück. 
Aber  schon  Behaghel,  Germ.  XX,  2^^,  und  mit  ¡hm  Mackel  legen 
dem  romanischen  Worte  ein  durch  dieses  an  die  Hand  gegebenes 
fem.  rouba  zu  Grunde.  Diese  femin.  Bildung  läfst  sich  nun,  wie 
ich  glaube,  im  Ahd.  sogar  noch  nachweisen,  und  zwar  in  dem  in 
der  Lex  Bajuv.  18,  3  erwähnten  walu-raupa  Beraubung  der  oder 
Raub  an  den  auf  der  Walstatt  liegenden  Gefallenen,  gewaltsame 
Beraubung  bes.  Erschlagener  2,  welches  man  schon  nach  der  Be- 
deutung als  Singular  aufzufassen  geneigt  ist,  obwohl  es  formell  so- 
wohl als  st.  Fem.  als  auch  als  Plur.  von  einem  st.  M.  (s.  bei  Schade, 
Altd.  Wb.)  angesehen  werden  kann.  Dieselbe  Auffassung  ist  auch 
bei  *do  mahi  du  nu  aodlthho  —  in  sus  heremo  man  —  rauba  btrahenen* 
im  Hildebrandsliede  v.  53  sq.  möglich,  und  Hahn,  Ahd.  Gramm., 
citiert  auch  wirklich  auf  Grund  dieser  Stelle  ein  st.  Femin.  rauba 
Beute,  erbeutetes  Kleid  in  seinem  angefügten  Glossar,  und  ebenso 
führt  Schade  darnach  ein  st. Fem.  rauba  (*oder  rauba  V\,\,raub')  aller- 
dings zweifelnd  auf,  wie  er  später  unter  ahd.  roub^  mhd.  roup  st  M. 
ein  st.  Fem.  rouba  mit  einem  Fragezeichen  versehen  giebt.  Wenn 
nun  aber  das  roman,  roba  ebenfalls  gebieterisch  ein  femin.  germ. 
rauba  [b  aus  bh)  verlangt,  so  wird  sich  kaum  dagegen  etwas  sagen 


^  Hinsichtlich  der  Bed.  *  Kleid'  sei  darauf  hingewiesen,  dais  sie  schon 
im  as.  gûrôbi  Kleidung,  Gewänder  (=  ahd.  gi-roübi  Beraubung,  geraubte 
Beute,  vgl.  serb.  roh,  alban.  robi  und  ropi  Gefangener,  Sklave)  und  im  ags. 
redf  Kleid,  Bekleidung,  Decke  zu  belegen  ist.  Vgl.  Grimm,  D.Wb.  VIII,  211, 
Kluge,  Et.  Wb.  unter  raub  und  ten  Doornkaat  Koolmann,  Wb.  d.  Ostfries. 
Spr.  unter  ròf,  nach  dem  das  Wort  zuerst  ein  einem  Tiere  abgerissenes  und 
abgestreiftes  Fell  bezeichnet  haben  wird,  wie  ja  ein  Tierfell  das  erste  und 
ursprünglichste  Kleid  oder  Gewand  und  die  erste  Decke  aller  rohen  und  un- 
gebildeten Naturvölker  war.     Doch  sielji^  auch  Grimm,  Wb.  VIII,  211. 

*  Vgl.  auch  an.  valrauf  valrof  st.  N.  Plünderung  der  Erschlagenen  auf 
dem  Schlachtfelde,  ags.  välredf  st.  N.  Schlachtbeute,  mhd.  waltroup  (entstellt 
aus  walrup)  st.  M. 


iqS  th.  braune, 

lassen,  wenn  wir  auch  das  rai^a  des  Hildebrandsliedes  und  das 
walu-raupa  der  Lex  Bajuv.  als  Singular  und  Femininum  aufïassen.^ 

Für  robe  und  rober  findet  sich  auf  französischem  Gebiet  im 
Nordosten  nicht  selten  reube  und  reuber,  die  nach  Mackel  S.  27 
auf  roba  rpbon  für  älteres  raubha  raubhon  zurückgehen  mögen,  ob- 
wohl man  reuve,  reuver  erwarten  sollte.  Es  erscheint  nicht  mian- 
gebracht,  für  die  genannten  Formen  auf  das  as.  rôbi  in  gi^röht  und 
as.  rôbhon  in  bi-rôbhôn  zu  verweisen. 

Zu  den  roman.  Substantiven  treten  Verben,  wie  sp.  robar^  pg. 
roubar,  pr.  raubar,  afr.  rober  sowie  asp.  robir  und  it  rubare.  Von 
diesen  gehen  die  ersteren  augenscheinlich  auf  ahd.  rauben  rouBân 
{raupen  roupôn)  rauben,  plündern,  got  bt-raubôn  CvXav  zurück,  das 
asp.  robir  aber  (vgl.  auch  wal.  robi  einen  zum  Gefangenen  madien) 
verlangt  augenscheinlich  wegen  seiner  Endung  ein  *raub(h)janf  und 
für  dessen  Existenz  sprechen  das  an.  reyfa  {ey  =  Umlaut  des  au^ 
daneben  rau/a  aufbrechen,  aufreifsen,  öffnen,  auch  plündern)  und 
seh  wed.  rö/va  rauben  (neben  roffa  rauben,  plündern),  dän.  rifve, 
afries.  râtfj'a  (neben  râîfa),  mhd.  reuben  (s.  Grimm,  Wb.VIII,  2,  218, 
=  *  rauben}  eu  =  öu  :=  Umlaut  des  au,  neben  rouben)^  ags.  redfjan 
(neben  st  ags.  reófan  =  an.  rjúfa  zerreifsen,  auseinander  reifsen), 
zu  dem  als  Praetentum  allerdings  nur  reáfode  gilt,  und  engl,  reaoe 
in  be-reave. 

Auch  das  it.  rubare  (vgl.  auch  it  ruba  Raub  neben  roba  Rock, 
Kleid)  will  lautlich  nicht  zu  rauben  stimmen,  welches  wohl  roban 
ergeben  hätte.  Diez  entschuldigt  zwar  das  u  dieser  Bildung  wie 
in  buttare^  tuffare^  arrufare  und  bugiare  mit  dem  aus  lat  audire 
entstandenen  udire  und  meint,  Tonlosigkeit  habe  die  Kürzung  ver- 
anlafst  Wenn  aber,  wie  ich  Ztschr.  XIX,  352  nachzuweisen  ver- 
sucht habe,  buttare  auf  ein  altes  *butt6n  oder  buttan  (=  ostfries. 
butten)  und  nicht  auf  *bautan  =  an.  bauta,  ahd.  bâzen  zurückgeht,^ 
und  wenn  sich  das  it  zuff^a  zu  zupfen  (Diez  ^412,  Mackel  25),  ruffa 
zu  rupfen  (ib.),  cuffia  zu  kupphja,  stucco  zu  ahd.  stucchi^  as.  síukkt\ 
und  sturione  zu  ahd.  sturjo  (Mackel  25)  stellen,  so  erscheint  die  Er- 
klärung eines  it.  u  aus  deutschem  au  auch  in  den  übrigen  oben 
angeführten  Wörtern  zweifelhaft,  und  es  wird  verlohnen,  genauer 
nach  ihrem  Ursprung  zu  forschen. 

Das  got  bi'raubân  ist  aufs  nächste  mit  den  stVb.  ags.  rtófan 
(=  germ.  *riub?ian)  brechen,  zerreifsen,  zerstören  {bi^reöfan  be- 
rauben) und  2Ji,  rjúfa  zerreifsen,  auseinanderreifsen,  verwandt,  welche 
die  Ablautreihe  iu  :  au:  u  :  u  zeigen.  Wie  nun  bi-raubân  den  Diph- 
thong au  des  sg.  Praet.  des  stVb.  zeigt,  so  werden  wir  auch  Bfl- 


^  Für  unsere  Untersuchung  ist  es  ganz  gleichgültig,  ob  das  ahd.  mase 
roub  erst  aus  älterem  fem.  rauba  (vgl.  Behaghel,  Germ.  XX,  273  und  Mackel 
S.  120)  entstanden  ist  oder  nicht. 

'  Ich  ergreife  hier  gern  die#GeIegenhcit  zu  bemerken,  dafs  bereits 
Schuchardt,  was  mir  bei  der  Abfassung  meines  Artikels  entgangen  und  erst 
nachträglich  zu  meiner  Kenntnis  gekommen  ist,  in  dieser  Ztschr.  XV,  97 — 104 
ausführlicher  über  bottare  und  andre  verwandte  Bildungen  gehandelt  hat 


BEITRÄGE  ZUR  KENNTNIS   ROM.  WÖRTER.  IQQ 

duDgen  mit  ursprünglichem  u  vermuten  dürfen.  Eine  solche  liegt 
auch  vor  im  an.  ro/  st  N.  Rifs,  Bruch,  dem  das  bei  Graff,  Ahd. 
Sprachschatz,  erwähnte  ahd.  röo  spolia  lautlich  genau  entspricht 
Und  wie  nun  dem  sbst.  an.  ro/  ein  verb,  ro/a  aufbrechen,  '  zerreifsen  * 
zur  Seite  steht,  so  scheint  auch  neben  dem  ahd.  röb  Raub  ein  Vb. 
*rdbôn  bestanden  zu  haben,  dessen  Spuren  sich  bei  Dief.  453a 
*predare  rauben  rohen*  (vgl.  ib.  *  predator  rouber  rober*)  und  548  a 
^spoliare  rauben  roben^  finden.  Dieselbe  Bildung  scheint  auch  im 
mnd.  roven  (sbst  rover)  und  nd.  roven  (sbst  rover  rover,  vgl.  auch 
ostfiries.  rover  neben  rô/er  rover)  vorzuliegen.^  Wir  werden  somit 
unbedenklich  ein  solches  Verbum  neben  rauben  ansetzen  dürfen. 

Auf  ein  ahd.  *röban  kann  aber  das  it  rubare  nicht  zurück- 
gehen, obwohl  seine  Bedeutung  dazu  stimmen  würde,  es  mufs  von 
einem  entsprechenden  got.-langob.  *rub6n^^  welches  wir  auf  Grund 
des  an.  rofa  und  dt.  rohen  annehmen  dürfen,  stammen. 

Auch  das  zweite  von  Diez  angeführte  Wort,  das  it  tuffare 
eintauchen,  scheint  sein  u  nicht  aus  german.  au  ou  entwickelt  zu 
haben.  Es  will  formell  nicht  zum  ahd.  toufan  taufen,  stimmen,  zu- 
mal dieses  ursprünglich  ^toufjan  (=  got.  daupjan,  as.  dôpjan,  mhd. 
tôufen  neben  ioufen,  vgl.  Schade)  gelautet  zu  haben  scheint,  wenn 
auch  das  mhd.  Wort  ebenfalls  in  der  sinnlichen  Bedeutung  'unter- 
tauchen' nachweisbar  ist  Es  setzt  vielmehr  ein  ahd.  *tuphên  voraus, 
welches  auf  Grund  des  mnd.  dupen^  in  die  Tiefe  tauchen,  aus- 
üefen  (neben  dopen  taufen  =  as.  dôpjan)  erschlossen  werden  darf, 
und  welches  vielleicht  auch  im  nhd.  tupfen  neben  tupfen  leicht  und 
leise  berühren  vorliegt,  obwohl  dieses  mehr  als  spätere  Ableitung 
aus  nhd.  tupf  Punkt  erscheint^ 


1  Vgl.  auch  an.  rofna  zerbrechen,  zerreifsen  und  rofi  Brecher  in  eidh' 
roß,  sowie  ags.  ryft  velum. 

'  Daneben  bestehen  Bildungen  mit  Doppelkonsonanz  wie  meng],  robben, 
engl,  rob  (neben  be-reave  =  ags.  redfjan)  rauben,  plündern,  stehlen,  berauben 
(engl,  robber  Räuber,  neben  ags.  redfere,  engl,  robbery  Raub,  Räuberei)  und 
ostfries.  rubben  reifsen,  raufen,  zerren,  balgen,  dann  auch  reiben,  kratzen  (mit 
ostfries.  nd.  riiW^ri^'  wie  zerkratzt  oder  zerrissen,  nid.  mdartl.  rö^^^"/!]^).  Mit 
dem  letzteren  ist  verwandt  mengl.  rubben,  engl,  rub  reiben,  wischen,  schaben, 
abreiben,  necken,  plagen  etc.,  an.  isl.  rubba  manu  tractare,  fricare,  loco  movere 
(vgl.  isl.  rjúfaz  sich  fortbewegen,  aufbrechen),  norw.  rubba,  schwed.  rubba 
verrücken,  aus  der  Stelle  oder  Ordnung  rücken  oder  ziehen  etc. 

'  üeber  das  Verhältnis  des  ahd.  0  und  got.  u  vgl.  Streitberg,  Urgerm. 
Gramm.  §  71. 

*  Vgl.  auch  mnd.  dupe  dupede,  isl.  dypt  Tiefe,  schwed.  dop  Taufe  und 
doppa  tauchen,  tunken  (neben  dopa  taufen),  dän.  dop  Stift  (Gegenstand,  mit 
dem  man  eintunkt,  eindrückt?),  engl,  dopper  Wiedertäufer,  engl,  dopp  Ver- 
beugung, ags.  doppetan  mersarc,  ahd,  topho  punctum,  nota,  getopfòt  mit 
Punkten  versehen,  die  mit  ahd.  tiof,  as.  diop,  an.  diupr  tief  und  got.  ga^ 
diupjan  verwandt  sind. 

*  Die  Grundbedeutung  der  Wz.  dup  und  der  Schwesterwz.  dub  scheint 
'mit  5>chall  stofsen,  drücken  und  schlagen'  zu  sein  und  das  Geräusch  zu 
malen,  wie  es  z.B.  beim  Eintauchen  und  Niederdrücken  eines  Gegenstandes 
im  Wasser  oder  beim  Schlagen  selbst  laut  wird.  Vgl.  vom  Stamm  dub  ags. 
dyfan,  isL  dyfa  tauchen,  ostfries.  dufen  duven  stofsen,  drücken,  indufen  ein- 
st ofsen,  eindrücken,  ags.  du/an  mergcre,  deófan  mergi,  dän.  duve  hin  und  her- 


2CX>  TH.  BRAUNE, 

Was  it.  arrufare  das  Haar  verwirren,  zausen,  anbelangt,  so 
will  es  ebenfalls  nicht  zum  ahd.  rouf  an  (=  *roufjan^  got  raupjatiy 
mhd.  in  der  Form  rotfen  reufen)  stimmen,  und  es  würde  eher  aus 
dem  schon  von  Diez  zur  Wahl  gestellten  (vgl.  auch  Körting  Wb. 
No.  7035)  rupfen  ausreifsen,  zupfen,  veliere,  ahd.  *  rupfen  herzuleiten 
sein,  welches  im  Mhd.  rupfen  (=  *rupfên^  daneben  ropftn)  nach- 
weislich ähnlich  dem  it.  Worte  die  Bed.  *  Haare  u.  dgl.  ausreifsen, 
zausen  S  carpere'  (vgl.  auch  Grimm  VIII,  1530  unter  rupfen  la.  3 
und  ib.  1532  rupfhauhe  das  Haarraufen)  zeigt,  und  ebenso  würde 
sich  das  sbst.  it.  ruffa  Gedränge  von  Personen,  um  etwas  aufzuraffen 
(Gezause  um  etwas),  wie  schon  Diez  ^  S.  4 1 2  unter  zuffa  andeutet, 
zu  der  deutschen  Bildung  rupfe  (Grimm,  D.Wb.VIII,  1529)  stellen, 
die  in  der  allgemeinen  Bed.  'Handlung  des  Rupfens'  und  in  der 
spezielleren  'Schicht  Flachs^,  die  auf  einmal  um  den  Rocken  ge- 
wickelt wird'  ('das,  was  auf  einmal  ausgerupft  ist'  oder  'das,  an 
dem  man  rupft')  nachweisbar  ist  und  jedenfalls  aus  alter  Zeit^ 
stammt.  Stark  in  Mitbewerb  mit  rupfen  tritt  aber  eine  zu  einem 
mit  f  auslautenden  Stanmi  gehörige  Bildung ,  wie  das  schon  Diez 
andeutet,  wenn  er  arrufare  mit  dem  comask.  rufàsu  das  Gesicht 
zusammenziehen  (kraus  machen),  cat.  arrufar  kräuseln,  zusammen- 
ziehen, rauh  machen,  und  mit  sp.  rufo  kraushaarig  und  pr.  ruf 
rauh  etc.  zusammenstellt  und  dazu  engl,  ruff  Krause,  Falte  (auch 
Unordnung,  rauhe  Beschaffenheit)  und  ruffle  Krause,  Unruhe,  Auf- 
regung, nid.  ruyffel  bei  Kilian,  an.  rûfinn  struppig  und  aengl.  engl. 
ruff  rauh  anführt.  Zu  den  roman.  Verben  wäre  dann  speziell  noch 
zu  vergleichen  engl,  ruff  falten,  in  Falten  ziehen,  Gefieder  auf- 
sträuben, verwirren,  Flachs  durch  die  Grobhechel  ziehen,  rauh 
schleifen,  nd.  ruffen  plötzlich  stark  ziehen,  reifsen,  zerren, 
ostfries.  ruffen^  reifsen,  raffen*,  rauben,  raufen,  zausen,  rupfen, 
die  auf  ein  altes  *  ruffen  oder  auch  *hruffên  schliefsen  lassen,  falls 
diese  Bildungen  mit  ahd.  hruf  mhd.  ruf  an.  hrufa^  nid,  rof  Aussatz, 


schlagen  und  stofsen,  schwingen,  an.  äubba,  isl.  dubba  (dybba),  ags.  duòàan 
to  strike,  to  dub,  create,  percutare,  creare,  dubban  to  ridere  (daher  air.  adcber, 
it.  addobare),  engl,  dub  schlagen,  dubben  bei  Berghaus,  Sprachschatz  der  Sassen, 
schlagen,  stofsen,  puffen,  ein  lärmendes  Geräusch  machen,  ostfries,  duböen 
stofsen,  schlagen,  und  vom  Stamme  dup  cimbr.  tüffen  mit  der  Faust  schlagen« 
mhd.  tüften  tüf telen  schlagen  und  klopfen.  Zu  der  Bed.  des  nfr.  adouber  eine 
Figur  (im  Schachspiel)  berühren,  vgl.  die  Bed.,  wie  sie  in  dem  zum  Neben- 
stamm dup  gehörigen  nhd.  tupfen  leicht  und  leise  berühren  vorliegt 

*  Vgl.  mnld.  ruppen,  nd.  ruppen  roppen  zausen,  rupfen,  ostfries.  roppen 
rupfen,  raffen,  reifsen,  raufen,  balgen. 

*  Vgl.  rupf  Werg  bei  Gr.  VIII,  1529,   mhd.  rupfîn  aus  Werg. 

^  Vgl.  mnd.  rope  Pferderaufe,  daneben  mnd.  rop,  hd.  Schweiz,  rupf  das 
Rupfen,  Zupfen  am  Haar,  Rippenstofs. 

<  Vgl.  auch  cimbr.  ruffen  raufen,  rupfen,  zupfen  und  Iterativbildui^en 
wie  engl,  ruffle  falten,  kräuseln,  zerknittern,  in  Unordnung  bringen,  beun- 
ruhigen, aufregen,  ärgern,  rauh  und  ungestüm  werden  (vgl.  ^'^^n,  arrufarse 
sich  erzürnen),  toben,  lärmen,  ostfries.  ruffel{e)n  kräuseln,  fälteln,  auch  flächtig 
und  nur  obenhin  aus  dem  Rohen  arbeiten,  wie  nid.  roffelen,  ferner  nd.  ruffein 
Wäsche  in  Falten  plätten  =  altmärk.  rüffeln,  mnd.  rufelen  hin  und  herrntteln, 
reifsen,  hin  und  herrcifscn. 


BEITRÄGE  ZUR   KENNTNIS  ROM.  WÖRTER.  20I 

Schorf,  Rauhigkeit  und  ags.  hreöfl  aussätzig  verwandt  sind,  obwohl 
das  an.  rüfinn  und  rufa  (=  hrufa)  auch  einen  Nebenstamm  ruf 
ohne  anlautendes  h  mit  ähnlicher  Grundbedeutung  als  möglich  er- 
scheinen lassen. 

Läfst  sich  somit  auch  nicht  sicher  feststellen,  ob  arrufare  auf 
ein  deutsches  rupfen  (Stamm  rup)  oder  ruffen  (Stamm  ruf)  resp. 
hruffên  zurückgeht,  so  liegt  doch  nichts  im  Wege,  es  auf  jeden 
Fall  aus  einer  Bildung  mit  stammhaftem  u  zu  erklären. 

Auch  bei  it  bugiare  lügen  erscheint  die  Herkunft  des  u  aus 
au  zweifelhaft  Dem  it.  Worte  stehen  prov.  bauzar  und  afr.  hoisier 
hintergehen  gegenüber.  Von  diesen  beruht  bauzar  (s.  Mackel  119) 
wohl  auf  *bausôn  =  ahd.  bôsôn,  mhd.  bösen  lästern,  schlecht  werden 
oder  sein  ^  ebenso  wie  das  sbst  pr.  bauza  auf  ein  *bausa  =  ahd.  bôsa 
Schlechtigkeit,  Albernheit,  Possen  weist.  Das  afr.  boisier  hingegen 
scheint  auf  ein  germ.  Hausjan  zurückzugehen,  welches  Mackel  nur 
vermutet,  das  uns  aber  noch  offen  in  der  mhd.  Nebenform  zu  bösen, 
in  boesen  schlecht  werden  oder  sein,  nhd.  boesen  deteriorem  reddere, 
in  pejus  ruere  (vgl.  mhd.  ver-boesen  schlecht  machen,  verletzen,  ver- 
derben =  ahd.  *far'bôsjan)  vorliegt,  und  ebenso  dürften  die  sbst. 
fr.  boise  und  boisü  Trug,  Hinterlist  und  pr.  bausta,  welche  Mackel 
geneigt  ist  als  Verbalsubstantiva  aufzufassen,  von  einem  alten  Hausî*^ 
oder  *bausja  (vgl.  auch  Mackel),  das  noch  im  seltenen  nhd.  boese 
schw.  Fem.  malitia,  corruptio  vorliegt,  stammen. 

Dem  adj.  ahd.  bôsi  post  eitel,  schlecht,  gering,  wertlos,  unnütz, 
böse,  schlimm,  geizig,  mhd.  böse  boese^  nhd.  boese,  nid.  boos  böse 
schlecht,  zornig,  mnd.  bös  bös,  grimmig,  schlecht,  ostfries.  bös  böse, 
zornig,  schlecht,  schlimm  stehen  nun  aber  Nebenformen  zur  Seite, 
die  unläugbar  auf  älteres  u  hinweisen,  z.  B.  afries.  böse,  mnd.  böse 
nebst  boserich  schadhaft,  bosich  böse,  zornig  (neben  böslik\  mnld. 
böse  (allerdings  selten,  neben  boos),  und  ebenso  setzt  auch  das  eu 
des  nid.  beuze/en'^  (tändeln,  Possen,  Nichtigkeiten  treiben  oder  er- 
zählen, sich  mit  Kleinigkeiten  und  nichtsnutzigen  Dingen  beschäf- 
tigen, dummes  und  leeres  Zeug  schwatzen)  und  mnld.  beuselen^ 
(nugari,    tricari,   nugas  agere),^»   welches  der  Bedeutung   nach  dem 


*  Vgl.  bösen  (im  Chiemgäu,  s.  Schmeller  I,  293)  zornig  sein,  werden  und 
ahd.  ferbôsôn,  mhd.  verbôsen  und  er-bôsen  schlecht  werden,  verbôsen  (bei 
SchmeUer  I,  293)  in  schlechten,  unbrauchbaren  Zustand  versetzen,  beschä- 
digen, enervare,  emollire. 

'  Vgl.  auch  ahd.  sbst  ^i-bosi  gi-pösi  st.  N.  Albernheit,  nichtsnutziges 
Zeug,  adj.  gi-pòsi  gebôse  ineptus,  inutilis,  frivolus.  Das  sbst.  *baust  wäre  als 
Adjektivabstraktum  aufzufassen,  wie  ahd.  höht,  tiuft,  hreint,  frewt,  menigi, 
seit,  wiht  etc. 

'  Vgl.  auch  bösein  bei  Schütze,  Holst.  Idiot.,  liegen,  eigtl.  wohl  faul- 
lenzen, die  Zeit  vertrödeln,  tändeln. 

*  Vgl.  daneben  v\á, peuzelen  nachlässig,  träge  essen,  nagen,  tagedieben, 
tändeln,  faullenzen,  peuzeling  Nagen,  Kauen,  Zaudern,  peuzelgoed  Nasch-, 
Nippgut,  Naschwerk. 

*  Vgl.  noch  mnld.  beusel  nugae,  tricae,  gerrae,  nugamenta,  frivola,  mnld. 
beuseler  nugator,  frivolarius,  gerro,  nugigerulus  et  impostor,  nid.  beuzelaar  Pe- 


202  V  TH.  BRAUNE, 

ostíries.  allerdings  lautlich  zu  60s  ==  àôst  gehörigen  oöse/n  (foseln, 
dummes,  unsinniges,  gehaltloses  Zeug  schwatzen,  seine  Zeit  mit 
Nichtigkeiten  verbringen,  tändeln)  entspricht,  ein  kurzes  u  voraus, 
denn  das  mnld.  eu  fìndet  sich  zuweilen  statt  des  aus  organischem  u 
entspringenden  kurzen  0  (s.  Grimm,  Gr.  I,  479/480).  Wir  werden 
somit,  da  Bildungen  mit  ursprünglichem  u  noch  genügend  bezeugt 
sind,  auch  für  das  it.  augia  und  bugiare  mit  einiger  Berechtigung 
ein  sbst  Husja  und  vb.  *imsjan  ansetzen  dürfen. 

Sbrinzlar  chw.  erwähnt  Diez  unter  dem  it.  spratzare  sprizzare 
spruzzare  sbrizzare  benetzen,  zerbröckeln,  aber  ohne  nähere  Er- 
klärung dieser  Form.  Das  Wort  stellt  sich  aber  sicher  nicht  zum 
deutschen  spritzen  spratzen  sprützen^^  sondern  entspricht  mhd.  spHn^ 
zeitig  das  in  der  Bed.  'viel  umherspringen'  nachweisbar  ist,  dem 
wir  aber,  da  es  Iterativbildung  zum  ahd.  *sprinztny  mhd.  sprinzm 
springen,  aufspringen  oder  platzen,  bersten,  resp.  spritzen,  ist,  ähn- 
liche Bedeutung  zusprechen  dürfen. 

Was  den  Anlaut  sb  anbelangt,  so  findet  er  sich  bekanntlich 
vereinzelt  schon  im  Ahd.,  namentlich  häufiger  bei  Williram,  z.  B.  in 
sbrëchaUf  und  sporadisch  in  Glossen  (gesbaldenen,  sbritenda^  pisbrâchant^ 
vgl.  auch  wisbalôty  ensbannenero  eta  bei  Braune,  Ahd.  Gramm.  133 
A.  2  und  Grimm,  Gr.  I,  173  A.  2),  und  aus  einer  solchen  dialek- 
tischen Schreibung  würde  sich  bei  der  räumlichen  Nähe  des  ahd. 
und  chw.  Sprachgebiets  die  Form  des  chw.  sbrinzlar  erklären. 

In  ähnlicher  Weise  erklärt  sich  das  it.  sbrocco  neben  sproccOy 
das  man  durch  Verstärkung  im  Anlaut  aus  it  brocco  spitzes,  ab- 
gebrochenes Hölzchen,  Spröfschen,  parm.  broch  Ast,  afi*.  pic  ¿ror 
Spitze,  Spiefs,  entstehen  läfst.  Es  liegt  ihm  aber  wohl  sicher  ein 
ahd.  *spruk*^  zu  Grunde  (=  mnd.  sprock  cremium,  dürres  Reisig, 
dürres  Leseholz,  mnld.  spork,  daneben  sprocket). 


dant,  Zeitverschwender,  Tagedieb,  Tändler,  Schwätzer  (daneben  peuMeiaar 
Haarklanber,  Faullenzer),  mold,  beuselinghe  nugae,  nid.  heuieling  Gehaltkirig- 
kcit,  Narrheit,  Kleinigkeit,  Tand,  Posse,  mnld.  beuselerije  nugae,  futilia,  trice, 
gerre,  logi,  nid.  ¿^t/z^'/ari/' (daneben /^Ms^/ari/' Haarklauberei,  Tändelei),  beuMel" 
heid  Kleinigkeit,  Läpperei,  Leerheit,  Nichtswürdigkeit,  nid.  heutelkraam  Mär- 
chen-, Fossenkram,  Alfanzerei,  heuzelkramer  Schwätzer,  Staar,  LogenkriUner, 
beuzelgecst  Tändler,  Lugengeist,  beuseltaal  Narren-  oder  Lägensprache,  beuael' 
achtig  kindisch,  nichtig,  eitel,  leer,  gehaltlos,  gerinfogig,  kldnlich,  schwatxhalt, 
beutelwerk  Possen  etc.,  beuzelpraat  Lüge  bei  Kil.,  Gewäsch,  nutzloses  Gresprfich. 

^  Im  Bair.  fìndet  sich  noch  sprutzen  =  ahd.  *spruviôn  spritzen,  sprosien, 
eine  Bildung,  der  das  it.  spruzzare  sicherlich  näher  steht,  als  das  umgelaatete 
sprutzen. 

^  Im  Ablaut  dazu  steht  ags.  sprec  sarmentum,  Reis,  Zweig,  aengl.  sprec, 
an.  sprëk  ramentum  Ugni,  kleines  dünnes  Holzstück ,  Stock ,  ostfries.  sprik{ke), 
nd.  mnd.  nid.  sprik  sprikk  dünnes,  leicht  zerbrechliches  Reis,  abgebrochenes 
Zweiglein,  ferner  an.  sprâk  macula,  mhd.  sprëckel  sprëkel  macula  (vgL  zur 
Bed.  mhd.  sprinze  abgesprungenes  Stück  neben  mhd.  sprengen  spritiCD, 
sprengen,  gesprenkelt  machen,  bunt  ankleidend  putzen  und  mhd.  sprinté  Sper- 
ber, nach  der  sprenkligcn  Zeichnung  des  Gefieders,  s.  Weigand),  sowie  die 
Adj.  ostfries.  sprok  zerbrechlich,  spröde,  ganz  dürr,  nd.  nmd.  jAà,  sprock  sprûk, 
mnld.  sprock  sporck,  mfläm.  sproc  spore  fragilis,  ostfries.  spriksk  wie  ein  dürres 
Reis,    dürr,   leicht  zerbrechlich   etc.    Dais    der   Stamm   sprak  :  sprik  :  spruk 


BEITRÄGE   ZUR   KENNTNIS   ROM.  WÖRTER.  203 

Scaglia  it.,  ¿caille  fr.  Schuppe,  Rinde,  Schale.    Diez  setzt  da- 
für ein  ahd.  *scalja   auf  Grund   des  got.  skalja^   welches   allerdings 
nur    in    der    Bedeutung    ^ZiegeF    bezeugt    ist,    an    und    bemerkt, 
'Schuppen'  und  'Ziegel'   haben   das  Aehnliche,    dafs   sie   überein- 
ander liegen.    Das  got.  skalja  ist  mit  dem  ahd.  scala,  dem  es  laut- 
lich zwar  nicht  genau  entspricht,   aufs  engste  verwandt,   wie  denn 
das  langob.  scala  (s.  Haupts  Zeitschr.  I,  557)  sowohl  paiera  wie  later 
bedeutet     Aber  die   Aehnlichkeit   zwischen   Schuppen    und   Ziegel 
besteht  nicht  darin,   dafs  beide  übereinander  liegen,  wie  Diez  zur 
Erklärung  angiebt,   sondern  insofern  als  beide  ursprünglich  etwas 
Abgespaltenes  bedeuten.     Das  ahd.  scala  und  got  scalja  gehen 
nämlich   auf  den   reinen  Stanmi  skal  zurück,   der  sich  auch  sonst 
auf  indog.  Boden  findet  1    Das  Material,  mit  dem  man  die  Wohn- 
stätten  deckte,    bestand  wahrscheinlich  aus  dünnen  abgespaltenen 
Spänen  (Dachschindeln!)  oder   auch  aus  einem   Stück   Rinde   von 
einem    Baume.     So    kann    denn  das    germ,  skalja ,    auf   das    auch 
Mackel  écaille  zurückführt,  beide  Bedeutungen  'Rinde'  wie  'Ziegel' 
vereinigen.    Dem  got.  skalja  entsprechen  noch  in  anderen  Dialekten 
einige  Bildungen,  so  ein  mnld.  mnd.  nd.  aengl.  schelle  (neben  mnd. 
mnld.  schille^  nd.  schell,  an.  sket),  deren  e  durch  Umlaut  aus  a  ent- 
standen ist    Das  fr.  ¿cale  Nufs-  und  Eierschale  (pic.  ¿caler  aushülsen) 
ist  andrer  Herkunft   und  geht  lautlich  auf  eine  Bildung   wie   afrk. 
*skala  (s.  Mackel),  ahd.  scala  {scat),  amhd.  scale,    mhd«  schale  (schal, 
vgl.  nid.  schaal  Trinkschale,   Wagschale,   Nufs-,   Eierschale,    Baum- 
rinde),   langob.  scala,    ostfries.  schale  (neben   dem   gebräuchlicheren 
schille)  zurück. 

£scalin  sp.  pr.  fr.,  it  scellino,  leitet  Diez  vom  got.  skilliggs, 
ahd.  skilling,  nhd.  schilling  ab,  und  Mackel  stellt  das  pr.  afr.  Wort 
speziell  zum  ags.  skilling.  Die  sp.  pr.  fr.  Form  weist  aber  mit  ihrem 
a  wohl  auf  ein  älteres  ahd.  *skalling,  das  noch  mit  Umlaut  in 
scelHnc  (bei  GrafFVI,  477)  und  im  mnld.  Schelling h,  nid.  Schelling, 
ostfries.  scheUink  (neben  schilling)  vorliegt.  Skilling  stammt  wahr- 
scheinlich von  dem  ahd.  sc'éllan  schallen,  klingen,  lärmen,  an.  skjalla 
und  skella,  aengl.  schulen^  dem  ein  Faktitiv  ahd.  [scali jan\  scellan 
scellen  skellen,  mhd.  schellen  schallen  machen,  zu  dem  eben  skalling^ 
Schelling  gehören  würde,  zur  Seite  stand. 

auch  dem  Ahd.  nicht  fremd  war,  beweist  ahd.  sprehhan  loqui,  ags.  sprëcan, 
dessen  Urbedeutimg  nach  Grimm  schwerlich  loqui,  vielleicht  ramificare  ist 
(vgl.  an.  spraka  knistern,  knattern,  prasseln),  und  ahd.  sprâchuUâ  siliqua,  quis- 
quiliae,  ramentum,  neben  dem  kürzeren  Stamm  hràk  in  2\\à.praht  crepitus, 
an.  hrak  stridor,   got  brikan  brechen,  ahd.  brechan,  ahd.  pruh  fragmen  etc. 

'  Vgl.  gr.  axákXoí  axvXko)  xoaxvXfiáxia,  lat.  quisquiUae,  an.  skiljsküda 
trennen,  scheiden,  lit.  skìlti  sk¿lH  spalten,  skalà  ein  langer  abgespaltener  Kien- 
span  zum  Leuchten  etc.,  lett.  skaldit  spalten,  skala  Lichtspan,  schküa  Holz- 
scheit, schküas  Hüllen,  Puppen  von  Insekten,  Eierschalen,  asl.  skala  Stein, 
Felsstuck,  eig.  abgespaltenes  Stück  (vgl.  xCià.  schalie  Schiefer,  Schieferplatte, 
mnld.  schaelie  scandula,  lamina,  lamella,  tegula  tenuis),  russ.  skala  Fels,  ab- 
gerissene Birkenrinde  etc.,  gr.  axàXXeiv  scharren,  kratzen,  hacken,  axoXvnxeiv 
stutzen,  abschälen  etc. 


204  T^'  BRAUNE, 

Semaque  fr.  Flufsschiñ  stammt  wohl  nicht  von  der  nid.  Form 
smaky  engl,  smack,  welche  Diez  anführt,  sondern  von  der  längeren 
Form  mnid.  smacke,  ostfries.  smakke  (neben  smak),  dan.  smakke. 

Zu  dem  eingeschobenen  e  vergleiche  nir.  sépauley  das  als  Wied^- 
gabe  des  nhd.  spule  erscheint  (s.  Mackel  S.  34). 

Zum  it.  spola  spuola,  sp.  espolín  Weberschiffchen,  chw.  spoi^ 
limous.  espolo j  afr.  espolet  Spindel,  fuhrt  Diez  nur  das  mase.  ahd. 
spuolo  Spule  an.  Dem  letzteren  stehen  aber  Nebenformen  zur 
Seite,  so  ein  ahd.  spòla  sptwlâ^  Spule,  trama,  qualus,  dem  das 
it.  spuola  und  lothring.  ehpieule  lautlich  genau  entspricht  Hinsicht- 
lich der  Bedeutung  sei  darauf  aufmerksam  gemacht,  dafs  auch  im 
Deutschen,  z.  B.  im  Ostfries.  spole,  spôl  schon  'Gamspindel'  be- 
zeichnet, und  dafs  im  Ostfries.  spole  (auch  schit-spole),  im  Mnld. 
schüi'spoele  das  *  Weberschiffchen'  selbst  bedeutet  Hiemach  würde 
das  bei  Littré  verzeichnete  espole  espoule,  bei  dem  Mackel  wegen 
des  erhaltenen  s  Entlehnung  aus  dem  Italien,  annimmt,  als  Ent- 
lehnung aus  dem  Mnld.  anzusehen  sein. 

Stallo  it.,  afr.  pr.  estai  Stelle,  Aufenthalt,  nfr.  étal  Kram,  ent- 
sprechen dem  im  ahd.  stai  vorliegenden  germ.  Worte  stall.  Das 
fr.  ¿tau,  welches  neben  'Fleischbude'  auch  'Schraubstock*  bedeutet, 
wollte  Diez  aber,  weil  er  eine  Bedeutung  'Gestell'  bei  dem  deutschen 
Worte  nicht  nachweisen  konnte,  aus  dem  altnäm.  stael  Schaft, 
Stamm,  resp.  aus  lothr.  ettauque  (=  deutschem  stock)  herleiten.  In 
Wahrheit  hat  aber  ein  starkes  neutr.  ahd.  mhd.  stai,  welches  sich 
neben  dem  mase,  stai  (Stall,  Ort,  Raum,  Stelle)  findet,  diese  Be- 
deutung 'Gestell,  Stütze',  wie  beide  sidi  im  ^n.  stallr  (Stall,  Ge- 
stell), ags.  stall  sleali  (Stall,  Stelle,  Gestelle)  nebeneinander  nach- 
weisen lassen,  und  auf  dieses  ahd.  stai  könnte  man  somit  itau 
zurückführen.     Es  würde  aus  dem  Ende  des   1 2.  Jhd.  stammen. 

Stoppia  it.,  pr.  estolla,  afr.  estghle,  fr.  ¿touble  Stoppel,  ist  Diez 
geneigt  aus  einer  zum  lat  stipula  vorausgesetzten  Nebenform  *stu'' 
pula  zu  erklären;  er  bemerkt  dazu,  das  früh  vorkommende  und 
nach  seiner  Meinung  slus  stipula  entstellte  deutsche  stoppet  könne  auf 
die  reine  romanische  Form  eingewirkt  haben.  Mussafia  (Beitr.  57, 
Anm.)  läfst  aus  stipula  mit  Stellevertauschung  der  Vokale  erst  stti^ 
pila  stupla  und  dann  it  stoppia  entstehen.  Aber  die  versuchten  Er- 
klärungen leiden  immerhin  an  einer  gewissen  Unwahrscheinlichkeit 

Was  das  deutsche  stoppet,  ahd.  stupfilä  stuffalâ,  nid.  nd.  siappel(e) 
anbelangt,  das  Diez  als  Entlehnung  aus  dem  lat  stipula  ansieht, 
so  erscheint  es  wunderbar,  warum  hier  so  konsequent  nur  u  oder  0 
im  Stamme  auftritt;  es  müfste  doch  erst  ein  stupula  nachgewiesen 
werden ,  aus  dem  stupfilä  selbst  entlehnt  sein  könnte.  Wie  soll  man 
femer  das  mnd.  stoppe  Stoppel,  aus  dem  doch  erst  stoppet  abgeleitet 
scheint,  aus  dem  lat.  stipula  erklären?  Schon  Schade  (s.  auch  Kluge) 
bemerkt,  deutscher  Ursprung  des  ahd.  stupfilä  sei  wahrscheinlicher: 

*  Vgl.  mnd.  nd.  spole,  ostfries.  spole  spol,  aengl.  spôU,  ir.  spot,  ist  spola» 
norw.  spole  spôl  spolje,  schwcd.  dän.  spole. 


BEITRÄGE   ZUR  KENNTNIS   ROM.  WÖRTER.  205 

die  Stoi^ln  seien  vom  Stechen  beim  Treten  darauf  genannt  Er 
vergleicht  deshalb  ahd.  stuph  siupf^  ahd.  stopM  stopfâ  Stich,  Punkt, 
Tupf  1,  Spitze,  apex,  jota,  centrum,  stimulus,  mnd.  stoppe  Stoppel,  wie 
auch  das  mnd.  Stoppel  selbst  noch  in  einem  Citat  bei  Schiller  und 
Lûbben  neben  'Stoppel*  auch  'stimulus'  bezeichnet.  Nach  Schade 
stammt  stuph  von  einem  german.  Stamme  stup^  vorgerman.  stub,  £s 
scheint  aber  auch  auf  german.  Boden  selbst  ein  solcher  Stamm  stub 
erhalten  zu  sein;  so  fìndet  sich  im  Aengl.  stuhle  stubhil  stobul,  engl. 
stubble  Stoppel,  Stumpf,  und  dies  ist  augenscheinlich  verwandt  mit 
ags.  styb{b)  stub,  aengl.  stubbe  stob,  engl,  stub,  an.  isl.  stubbi  (stirps, 
truncus)^,  ostfries.  nd.  mnd.  stubbe,  nid.  mnid.  stobbe,  norw.  stubbe, 
seh  wed.  stubb\  welches  letztere  direkt  auch  'Stoppel-  und  Wurzel- 
ende von  Gras-  und  Kornhalmen*  bedeutet. 

Sollten  nun  nicht  die  roman.  Wörter  direkt  von  den  genannten 
Bildungen,  die  durchaus  deutschen  Ursprung  verraten,  entlehnt 
sein?  Stoppia  entspräche  einem  got.  *stupilâ,  pr.  esiobla,  fr.  étouble 
hingegen,  das  einzige  Wort,  in  dem  germ.  /  vor  /  in  ¿  umgesetzt 
wäre  (s.  Mackel  177),  einer  Seitenbildung  mit  stammhaftem  b,  wie 
ags.  *stubla  —  aengl.  stuble. 

Zum  it  stocco,  sp.  pg.  estoque,  pr.  afr.  estoc  Stock,  Stofsdegen, 
nfr.  ¿toc,  das  Diez  mit  Recht  vom  germ,  stock  ableitet,  bemerkt  er, 
das  sp.  und  altfr.  Wort  bedeute  auch  'Stamm'.  Diese  Bedeutung 
läfst  sich  schon  im  mhd.  stoc  truncus,  Baumstumpf,  Block  an  den 
Fûfsen  Gefangener,  nachweisen. 

Neben  it.  stormo,  chw.  stürm  steht  das  mit  n  auslautende 
pr.  estorn  =  altfr.  estor  Aufruhr,  Angriff,  während  das  zugehörige  Verb 
pr.  altfr.  estormir  in  Bewegung  geraten,  lautet  Bemerkenswert  er- 
scheint, dafs  auch  im  Deutschen  eine  Nebenbildung  mit  auslauten- 
dem n  auftritt,  so  im  Mhd.  sturn,  dem  das  pr.  estorn  lautlich  genau 
entspricht  Wenn  Waltemath  angiebt,  das  altfr.  Verb  stamme  ent- 
weder von  dem  frk.  *sturmjan  oder  sei  Neubildung  aus  dem  frz. 
estor  oder  estorn,  so  ist  er  hinsichtlich  des  letzteren  Teils  dieser 
Bemerkung  im  Unrecht.  Denn  aus  estor  estorn  konnte,  wenn  man 
nicht  als  ältere  Form  estorm  ansetzt,  nicht  mehr  estormir  werden. 

Stovigli,  stoviglie  it.  irdenes  Geschirr,  Kûchengeschirr,  leitete 
Muratori  vom  deutschen  stube  d.  i.  Küche  ab,  während  Diez  es 
eher  zum  ahd.  stouf  {stouph  stau/,  engl.  nid.  nd.  stoop,  ml.  stoupus 
staupus  stopus,  anfrk.  *  stäup  =  fr.  estoeuf  esteu  Becher),  an.  stäup, 
ags.  steáp  Becher,  Schale,  ahd.  Dimin.  stoufili  {staufili)  stellen  wollte. 

Dem  ahd.  stubâ  stupd  Badezimmer,  heizbares  Zimmer,  kleines 
Wohnhaus  entsprechen  aber  auf  nd.  Boden  Bildungen,  die  zum  Teil 
dieselbe  Bedeutung  wie  das  it  stovigli  zeigen.     So   bedeutet  im 


^  Vgl.  mnd.  mnld.  nd.  nid.  ostfnes.  sHp  Punkt,  Tüpfel  etc.  und  ahd. 
jtaph  stapf,  nd.  nid.  stap  Stapf,  Stapfe,  Tritt,  Schritt  etc. 

•  Vgl.  zur  Bedeutung  lat.  stipes,  welches  mit  sCiptUa  verwandt  erscheint. 

'  Vgl.  noch  tn^,  stub  ausreuten,  ausroden,  stofsen,  stolpern,  seh  wed. 
Jtuòòa  stutzen,  verstümmeln,  abhauen  (vgl.  stummein  von  stummel),  skr.  stup, 
^tumpati  stoisen,  verstümmeln,  gr.  axv(pt'klQüi, 


206  TH.  BRAUNE, 

Ostfries,  siofe^  gewöhnlicher  stove  Geschirr,  Kächengerät,  Gerät 
zum  Wärmen  oder  Erwärmen,  im  Nd.  Mnd.  sieve  neben  Badestube, 
Stube  auch  Wärmgerät,  im  Mnld.  stcve  hypocaustum  und  sedile 
pedes  fovens,  im  £ngl.  stove  neben  Badestube,  Ofen,  Treibhaus 
auch  Kohlentopf. 

Da  wir  dem  ahd.  stvhâ  ähnliche  Bedeutung  wie  den  ent- 
sprechenden nd.  Wörtern  zuschreiben  dürfen,  so  wird  man  sUnngli 
auf  ein  zu  stubd  gehöriges  Diminutiv  *stubtl  (=  mhd.  siübel^  da- 
neben stübelin)  zurückfahren  können. 

Zum  afr.  tar-i-er  reizen,  quälen,  verwies  Diez  auf  das  nd. 
targen,  nid.  tergerti  mit  gl.  Bed.,  mhd.  zergen  reifsen,  und  verglich 
ahd.  zerjan.  Mackel  meint,  das  dreisilbige  tarier  liefse  sich  schwer 
mit  an  frank.  *  tartan  (ahd.  zerjan)  oder  mit  andfränk.  *targjan  (ags. 
tergan^  engl,  tarry)  zusammenbringen.  Im  Aengl.  findet  sich  iergen 
neben  tirgen.  Dem  letzteren  steht  aber  nachweislich  im  Ags. 
tirigan  (tyrigati)  vexare,  exasperare,  exacerbare,  irritare  zur  Seite. 
Wie  nun  aengl.  tirgen  unzweifelhaft  aus  ags.  tirigan  hervorgegangen 
ist,  so  werden  wir  auch  für  das  daneben  hergehende  aengl.  tirgen^ 
ein  älteres  ursprünglicheres  ags.  *terigan^  und  nicht  umgelautet 
*tarigan  ansetzen  dürfen,  welches  das  Etymon  zum  afr.  iar^i-er  ab- 
geben könnte.  Das  bei  Diez  im  Anhang  aufgeführte  enierier  würde 
die  bereits  umgelautete  Form  repräsentieren. 

Auf  ähnliche  Weise  erklärt  sich  vielleicht  das  pr.  gual^i^ar 
hintergehen  (bei  Peire  d'Alvernhe,  Bartsch  Chrest.*  82,  14)  mit 
gal-i-art^  das  ebenfalls  zu  dem  germ.  *dwaljan  (ahd.  tUHtljan  twelUfi) 
nicht  recht  stimmen  will,  aus  einem  burg.-got  *dwaligôn^  das  aus 
dem  im  Ahd.  in  twâlîgo  morose  (twdllihho  suspense,  morose)  er- 
haltenen Adj.  twâlîg  (auch  twâllîh)  abgeleitet^  sein  könnte. 

Tique  fr.  ein  Insekt,  Holzbock,  leitete  Diez  wie  it.  zecca^  chw. 
zecc  zccla  auf  das  nd.  teke,  mhd.  zeche^  nhd.  zecke  zurück.  Mackel 
führt  es  auf  ein  auf  Grund  des  engl,  tick  angenommenes  mnd.  ^lick 
zurück.  Das  Aengl.  kennt  aber  wie  das  Engl,  ein  tikt  neben  tick^ 
wie  das  Ostfries,  tike  neben  ttk  in  gleicher  Bedeutung.  Wir  werden 
daher  das  fr.  tique  zu  einem  ags.  *tik{k)e  stellen  dürfen,  während 
tic  zu  der  kürzeren  Form  tick  gehört,  gerade  so  wie  diw.  zecc  m 
einem  neben  mhd.  zeche  vorauszusetzenden  ahd.  zeck  (=  bair.  zeck  m.). 
Das  chw.  zecla  entspricht  einer  Diminutivbildung  wie  bair.  zeckel  in 
zecke l-ieichete/aest  (bei  Schmeller  II,  1080). 

Tombolare  it.,  sp.  pr.  tumbar  (vgl.  auch  pr.  tumbador  Tänzer, 
Springer),  pg.  tombar ^  pg.  pr.  tombar  tumbar ^  fr.  tomber  (alt  auch 
tumber)  burzeln,  mit  dem  Kopfe  voranfallen  (sich  überschlagen, 
Purzelbaum  machen,  mit  dem  Kopie  vornüber  schlagen,  stolpern). 

^  Vgl.  auf  iadog.  Gebiet  russ.  dergati  zerrcifsen ,  slov.  dtrgunti  reiben, 
stofsen. 

•  Vgl.  ahd.  gi'heiligutit  leidakùn,  rostakên,  sêrakùn,  as.  bedrôragan,  aa. 
audhga,  helga  etc.,  die  von  Adjektiven  der  a^-Familie  stammen  (Grimm, 
D.  Gr.  II,  295.  296). 


BEITRÄGE  ZUR  KENNTNIS   ROM.  WÖRTER.  lOj 

Diez  bemerkt  dazu,  das  Wort  sei  genau  das  an.  /umòa  vor- 
wärts hinfallen  (cadere  praeceps,  praecipitari),  und  femer,  eine 
zweite  Form  mit  ausgefallenem  ò  sei  das  it.  iomare,  lothr.  ieumet\ 
diamp.  afr.  turner^  wovon  das  letztere  durch  das  ahd.  tumôn^  nhd. 
Umnuln^  mnld.  iumen  hervorgerufen  sein  könne.  Macke!  leitet  turner 
auf  das  ahd.  tümön  (wovon  iümalön  taumeln),  it.  tomare  aber  auf 
iümi^  (woher  tummeln)  zurück,  erklärt  aber  andrerseits  nicht  zu 
wissen,  wie  sich  hierzu  afr.  tomber  stelle. 

Bei  diesen  unbestimmten  Angaben  erscheint  es  angebracht, 
die  Sache  einer  erneuten  Besprechung  zu  unterziehen. 

Was  zimächst  die  Wörter  tumbar  tomber  etc.  anbelangt,  so  ent- 
sprechen sie  lautlich  und  begrifflich  genau  dem  an.  tumba.  Diese 
Bildung  ist  aber  noch  anderweitig  nachzuweisen;  so  giebt  es  ein 
ags.  tumbjaiu  aengl.  tumben  tomben  (saltare,  tanzen,  hüpfen,  springen, 
sich  im  Kreise  drehen  und  schwingend  hin-  und  herbewegen  oder 
gaukeln,  Seiltänzerkunststücke  und  Purzelbäume  machen).  Da- 
neben treten  als  Iterativbildungen ,  die  dem  it.  tombolare  entsprechen, 
auf  das  aengl.  tumblen  tomblen,  engl,  tumble  (vaccillare,  volutare,  bz. 
fiülen,  stürzen,  stolpern,  hinstürzen  etc.,  taumeln,  tummeln, 
sich  wälzen,  allerlei  Bewegungen  machen,  springen,  gaukeln  etc.) 
nebst  dem  sbst.  aengl.  tumbler  (saltator),  engl,  tumbler  Taumler,  Purzier, 
Gaukler. 

Der  Stamm  tumb^  der  sich  hier  zeigt,  ist  augenscheinlich  mit 
dem  kürzeren  Stamme  tum  aufs  engste  verwandt,  der  in  dem  von 
Diez  erwähnten  ahd.  tûmôn  i,  mhd.  turnen  (bei  Kluge  tÜmon  titmen) 
rotari,  drcumire,  sich  im  Kreise  herumbewegen,  sich  herumdrehen, 
sowie  im  mnld.  tümen  (saltare  bei  Grimm,  Gr.  I,  477)  und  im  ahd. 
túmad(í)  (vertigo  theatralis),  iumari^  (scurra,  histrio)  zu  Tage  tritt. 
Auch  hier  finden  sich  Iterativbildungen,  wie  ahd.  tûmilôn^  mhd. 
tûaulen  (bei  Kluge  tûmalôn^  tümeln)  sich  im  Kreise  drehen,  auf- 
brausen, aufwallen,  nd.  tummelen  tümeln^  nid.  tumelen,  mnd. /</- 
wulen  sich  im  Kreise  drehen,  springen,  tanzen,  taumeln,  mnld.  mfläm. 
iuymelem  tummelen  (volvere,  volutare,  circumagere,  rotare;  rotari,  volvi, 
petauristam  agere;  in  caput  volvi  manibus  pedibusque  adductis, 
praedpitari),  ostfries.  tûmel(i)n  taumeln,  hin-  und  herwanken,  sich 
hin-  und  herbewegen  und  drehen,  wälzen,  stolpern,  stürzen  etc., 
and  tummiln  tummeln,  springen,  lärmen,  sich  hin-  und  herbewegen, 
norw.  sdiwed.  tumla^  dän.  tumle  taumeln,  tummeln,  torkeln  etc.,^  nhd. 
Ummiht^  früher  auch  daumein  deumelen  precipitare. 


•  Vgl  auch  tiumôn  (Diut.  II,  327  »>,  1063). 

•  Vgl.  afr.  tumeresse  Gauklerin,  Tänzerin  etc.,  mhd.  tumerschtn  desgl. 

•  Vgl.  femnr  sbsL  nd.  tünuler  tümmler  Delphin,  Purieltaube,  Trink- 
becher, der  sich  von  selbst  wieder  aufrichtet,  mnd.  tumeler  Springer,  Equili- 
brist, Trinkbecher,  nid.  tuimelaar,  mnld.  tuymeUr  Taumler,  Purzeltaube,  Del- 
pbio,  Oitfries.  tmm{e)ier  tümler  Taumeler,  Delphin ,  Purzcltaube,  Wirbel  einer 
Kette,  sowie  mnd.  tumeUr  Schlcudermaschine,  Kugel,  mnld.  tuymeler»  mhd. 
tmmuiuere  tuimêltr  Schleudermaschine.  Gleicher  Herkunñ  ist  auch  (s.  Weigand) 
anhd. /«mm/ betäubender  Lärm,  Schall,  lärmende  Begung  (vgl.  oben  ostfries. 
tmmm^ütg  welches  auch  lärmen  bedeutet),   amhd.  getumele,    nd.  tümel  tummel. 


208  TH.  BRAUNE, 

Nach  unsrer  Auseinandersetzung  scheint  es  keinem  Zweifel  zu 
unterliegen,  dafs  man  bei  it.  tomare  etc.  nicht  von  einem  Ausfall 
eines  h  sprechen  kann.  Tomare  scheint  vielmehr  auf  eine  deutsche 
Bildung  wie  tûmôn  (s.  oben)  zurückzugehen,  während  das  fr.  turner 
wegen  seines  u  auf  eine  Bildung  mit  langem  û  (vgl.  mnid.  tûmen) 
weist;  das  sp.  tumbar  und  pr.  tumbar ^  resp.  tombar ^  fr.  tomber  ent- 
sprechen genau  einem  german.  *tumbôn  (an.  tumba^  ags.  tumbjan, 
aengl.  tumben  tomben),  und  das  it  tombo/are  weist  auf  die  Iterativ- 
bildung germ.  *tumbalôn  (aengl.  tumblen  tomblen). 

Zum  it.  torba,  sp.  turba,  afr.  tprbe^  fr.  tourbe  Torf,  führte  Diez 
nur  das  ahd.  zurf  (in  der  L.  Alam.),  ags.  turf  y  an.  torf  an,  das  sich 
bald  mit  o  bald  mit  t/,  oft  nebeneinander,  in  den  anderen  Dia- 
lekten findet.  Dazu  will  aber  die  Media  der  roman.  Wörter  nicht 
stimmen,  auch  findet  die  femininale  Endung  dabei  keine  Erklärung. 
Mackel  setzt,  wie  ich  sehe,  mit  Recht  ein  germ.  *turba  auf  Grund 
des  ahd.  zurba  f.  Rasen  (bei  Graff)  an.  Ich  möchte  dazu  nodi  be- 
merken, dafs  diese  fem.  Bildung  sich  auch  im  an.  tor/a^  norw.  torvOf 
schwed.  torfva  Rasenstück,  Torfscholle,  Schweiz,  turbe  (mit  nd.  Laut- 
stufe im  Anlaut)  nachweisen  läfst  Das  wallon,  troujf'  scheint  hin- 
gegen dem  kürzeren  *turf  =  ags.  tur/  seinen  Ursprung  zu  ver- 
danken. 

Zu  dem  pr.  trappa,  afr.  trape,  fr.  trappe  Falle,  Fallthüre,  ml. 
trappa,  führt  Diez  eine  Nebenform  sp.  trampa  nebst  dem  Vb. 
atrampar  auf,  aber  ohne  eine  nähere  Erklärung  derselben  zu  geben. 
Trappa  selbst  leitet  er  aus  einem  ahd.  trapo  Schlinge  (soll  wohl 
trapa  heifsen,  welches  Schade  allein  neben  trappa  anführt!)  ab» 
während  Mackel  S.  56  auf  ein  germ,  trappa  (vgl.  die  Ueberschrift 
zu  Nov.  185  der  Lex  Sal.  de  trappa)  zurückgeht.  In  dem  it  attrae 
pare,  sp.  pr.  atrapar,  fr.  ai  trapper,  afr.  atraper  erwischen,  sieht  Diez 
das  mnId.  trappen  (bei  Kilian)  ertappen,  das  sich  auch  im  Nd.  in 
dem  gleichen  Sinne,  sowie  im  ostfries.  be^tr appetì  erwischen,  neben 
betreten,  begehen,  belaufen,  engl,  trap  mit  einer  Falle  fangen,  er- 
tappen, trapan  fangen,  bestricken  *  (sbst.  Schlinge,  Falle)*  findet, 
so  dafs  wir  wohl  auch  ein  gemeingerman.  trapij>)ôn  ansetzen  dürfen. 

Das  deutsche  trappe  zeigt  aber  auch,  was  der  Bedeutung  des 
roman.  Wortes  wegen  bemerkt  zu  werden  verdient,  dialektisch  im 
Mnld.  Anld.  Ags.  Aengl.  und  Ostfries,  (hier  auch  traf)   neben  der 


mnd.  tummel  lärmende   Bewegung,    Getümmel,    Lärm,    nid.  tuimel,    ostfries. 
tümel  Taumel. 

^  Vgl.  zur  Bedeutung  nd.  duven  lilappen  fremde  Tauben  im  Tauben- 
schlage fangen  (in  Osnabrück)  und  einen  klappen  erwischen,  ertappen  (er" 
klappen)  im  Sachs.,  das  zu  ostfries.  klappe  Falle  gehört  wie  hekleppen  depre- 
henderé,  illaqueare,  in  einer  Falle,  Schlinge  fangen,  ahd.  bichUphan  opprimere 
zu  nid.  kleppe  decipulum,  transenna,  und  wozu  it.  chiappare  (=  altes  *klapp6m) 
stimmt,  femer  nid.  heklippen,  waldeck,  klippen  einfangen  neben  nid.  kUp,  innld« 
ostfries.  klippe,  nd.  ¿flippe  Falle. 

>  Vgl.  auch  das  im  Ablaut  stehende  engl,  trip  in  der  Bed.  'fangen', 
sowie  trepan  Falle,  Schlinge. 


BEITRÄGE   ZUR   KENNTNIS   ROM.  WÖRTER.  209 

im  Ahd.  ausschliefslich  bezeugten  Bedeutung  *  Schlinge*^  noch  die 
ins  Roman,  übernommene  'Falle',  wie  auch  das  engl,  trap  nicht 
nur  *  Schlinge',  sondern  auch  *  Falle,  Klappe*  bedeutet. 

,  Das  genannte  irapi^pe)  ist  augenscheinlich  derselben  Herkunft 
wie  das  nid.  mnld.  mfläm.  irap  Treppe,  Stiege,  Leiter,  nd.  treppe^ 
mnd.  trappe  treppe  troppe  Stufenstiege,  Treppe,  afries.  treppe^  schott. 
trap  hölzerne  Treppe,  an.  isl.  schwed.  trappa,  mhd.  trappe  treppe 
(nach  Weigand  und  Kluge  Entlehnung  aus  dem  Md.)  Stufe,  Treppe 
[trappen  bei  Schmeller  I,  672  Stufe,  Thürschwelle),  von  dem  Diez 
nach  Moraes  das  sp.  pg.  cat.  trepar  klettern,  herleitet,  indem  er  auf 
das  occit  escalo  Treppe,  escala  klettern,  und  lat.  gradus  Stufe,  fr. 
gravir^  verweist. 

Das  ostfries.  trap(pe)  zeigt  so  recht,  wie  sich  die  Bedeutung 
'Falle,  Fallthür'  und  'Schlinge*  entwickelt  hat.  Es  bedeutet  eigtl. 
'Trittbrett,  Stufe,  Stufenstiege,  Treppe*  und  dann  'Falle*  {/os- 
trap{pe),  rottentrappe),  'Diese  Art  Fallen',  sagt  ten  Doomkat-Kool- 
mann,  Wb.  d.  ostfries.  Spr.,  'sind  mit  einem  hölzernen  Trittbrett 
versehen,  welches  mit  einem  hölzernen  Pflöckchen  festgestellt  wird, 
das  sich  beim  Betreten  desselben  löst.*  Hiemach  ist,  wie  auch 
das  roman.  Wort  zeigt,  die  Bed.  'Falle'  wohl  älter  als  die  'Schlinge'. 

Wie  das  ostfries.  stap(j>e)  Falle  zum  Fangen  von  Ratten  etc., 
mnd.  stappe  Falle,  Schlinge,  das  auf  ganz  ähnlicher  Anschauung 
beruht,  zu  nd.  nid.  ostfries.  stappen  den  Fufs  auf  etwas  setzen,  stapfen, 
treten,  ahd.  staphôn  Stephan  gehört,  so  auch  trappe  zu  nd.  nid.  ost- 
fries. trappen^  isl.  norw.  trappa  mit  Druck  hart  und  stark  treten,  den 
Fufs  stofsend  niedersetzen,  engl,  to  trape  schlendern  etc.,  mit  der 
Iterativbildung  ostfries.  spätmd.  trappeln^  nid.  trappelen  mit  den  Fûfsen 
pochen,  trippeln,  trappeln  (treppein  trippeln)  bei  Schmeller  mit  kurzen, 
kleinen  Schritten  eilfertig  gehen,  einen  kurzen,  kleinen  Trott  reiten. 
Auch  zu  dieser  Iterativbildung  hat  es  substantive  Bildungen  ge- 
geben; es  läfst  sich  zwar  nur  noch  ein  trappäl  (bei  Schmeller 
I,  672)  Falle  nachweisen,  aber  nach  dem  it.  trappola,  chw.  trapla 
vermuten,  dafs  noch  andre  bestanden  haben. 

Dem  Stamme  trap  steht  nun  ein  Schwesterstamm  tramp  mit 
ganz  gleicher  Bed.  zur  Seite,  im  an.  trampa  conculcare  {tramp  con- 
culcado, trampr  equus  succussator),  schwed.  norw.  trampa  treten, 
trampeln  (sbst  schwed.  tramp  Tritt),  dän.  trampe  trampeln,  stampfen, 
mnd.  nd.  ostfries.  trampen  mit  Füfsen  treten,  stampfen  und  stofsen, 
hart  und  mit  Geräusch  auftreten  (sbst.  ostfries.  ge-tramp^  getrampe, 
getrampel  anhaltendes  hartes  Auftreten  mit  den  Füfsen),  aengl.  tram- 
pin,  schott.  engl,  tramp  treten  etc.  Und  wie  sich  das  deutsche 
trappe,  fr.  trappe^  pr.  trappa  zu  trappen  stellt,  so  werden  wir  auch 
unbedenklich  das  sp.  trampa  und  atrampar  zu  einem  alten  "^trampa 
und  *trampôn  stellen  dürfen.    Das  feminine  *trampa  würde  sich  zu 


*  Vgl.  auch  bei  Schmeller  I,  675  trappeln  Fufseisen ,  einem  d  trappäl 
Ugng  eine  Falle  legen,  sowie  das  bei  Zarncke  und  Müller  angefahrte  mhd. 
türtrappe,  das  in  einem  Glossar  mit  ventinellum  erklärt  wird. 

Zeitschr.  £  rom.  PbU.  XXII.  lA 


2  IO  TH.  BRAUNE, 

an.  tramp  conculcatio,  schwed.  Tritt,  engl,  trampt  ostfries.  ge-tramp 
Getrampel  verhalten,  wie  das  feminine  trappa,  deutsch,  trappe  (mit 
der  Nebenform  trap)  Falle,  zu  ostfries.  nid.  trap,  nd.  trapp  Tritt, 
Fufstritt,  Fufsspur,  altm.-plattd.  trapp  Fufsspur  (eyn  fmz  drap  1460 
bei  Weigand),  schott  trap  Fufstour. 

Eine  Iterativbildung  zu  trampen  ist  aengl.  trampelin^  engl,  trample 
trampeln,  mit  den  Füfsen  stofsen  und  stampfen,  nd.  nid.  ostfries. 
mhd.  (md.?)  trampelen^  altm.-plattd.  trampeln  mit  dem  sbst.  nhd. 
trampel^  ungeschickt  und  plump  auftretende  Person,  ostfries.  ge^ 
trampet  (neben  getramp(e)  und  ostfries.  getrappe(t)y  getrippel  Getrete, 
Getrappel,  geräuschvolles  Treten  und  Reiten)  anhaltendes  hartes 
Auftreten  und  Aufstofsen  mit  den  Füfsen,  ostfries.  trampet  Stofsstock 
zum  Reinigen  des  Pilugeisens.  Auf  eine  solche  Bildung  mit  ablei- 
tendem /,  wie  got.-Iangob.  iramp^uls,  geht  sicherlich  das  pr.  trampal 
Getrappel  und  it.  trampolo  (im  PI.  üblich)  Stelze,  zurück,  zu  dem 
schon  Diez  das  deutsche  Verbum  trampeln,  nord,  trampa,  anführt. 

Aehnlichen  Ursprungs  ist  seiner  Form  und  Bedeutung  nach 
das  fr.  tremplin^  it  tremplino  Springbreit.  Es  könnte  entweder  von 
einer  neben  trampel  herlaufenden  Bildung  wie  nd.  trempel  {e  =  Um- 
laut des  rt),  älterem  *trampil  *iremptl  stammen  oder  wahrscheinlicher 
von  einem  auf  Grund  des  fläm.  trimpeln  trippeln,  wiederholt  mit 
den  Füfsen  niedertreten,  zu  erschliefsenden  germ,  sbst  trempai,  got 
trimpul.  Dafür  spricht  auch,  dafs  das  einfachere  Vb.  got  trimpan 
(in  ana-trimpan  zudrängen,  auf  jemand  eindringen)  auch  die  Bed. 
*  springen,  hüpfen '^  gehabt  zu  haben  scheint,  nach  dem  fläm.  irimpen 
*mit  den  Füfsen  treten,  stampfen,  wiederholt  niedertreten,  hüpfeni 
springen'  zu  urteilen. 

Die  letztgenannte  deutsche  Bildung  giebt  vielleicht  die  Er- 
klärung für  das  pr.  trempar,  fr.  tremper  einweichen,  das  man  ge- 
wöhnlich unter  Annahme  der  Metathesis  des  r  aus  dem  lat  tempe^ 
rare  mäfsigen,  mildern,  ableitet,  obwohl  dessen  Bedeutung  dazu 
auch  nicht  stimmen  will.  Das  genannte  got  trimpan  ist^ons  als 
Simplex  nicht  mehr  bezeugt.  Möglicherweise  aber  könnte  es  die 
Bedeutung  'einweichen'  schon    gehabt    haben,    die   sich    aus    der 


1  Vgl.  das.  träppeiein,  trappet,  trappdl  (Schmeller  I,  672)  blödsiimig« 
Person,  neben  mhd.  trapp{e)  Taps,  Tropf,  kämt,  triap  trep  Tölpel,  fem.  triapa 
trepa  und  ablaut,  mnd.  trop(p)e  Tropf,  trumpf  (bei  Schmeller  I,  665)  Töl- 
pel, Klotz. 

^  Dieselbe  Bed.  zeigt  das  mnld.  trippen,  aengl.  trippen,  engl,  trip,  norw. 
schwed.  trippa,  dän.  trippe  wiederholt  mit  den  Füfsen  auf-  imd  niedertreten, 
hüpfen,  springen,  wozu  das  :Ax.treper  friper,  pr. /r<^r  hupfen,  springen, 
kymr.  tripio,  bret.  tripa  gehört.  Mackel  leitet  das  rom.  Wort  auf  ein  anfrink. 
*trippôn  zurück,  wozu  fr.  treper,  pr.  trepar  lautlich  stimmt.  Sollte  aber  nicht 
triper  wegen  des  nicht  umgelauletcn  e  späterer  Herkunft  sein?  —  Za  dem 
iterativen  mnld.  mfläm.  nid.  trippelen,  nd.  ostfries.  trippeln  stellt  sich  bekannt- 
lieh  auch  das  afr.  trepeüler  (=  tripüjan  ?),  pr.  trepeiar  zappeln ,  sowie  nach 
Schneller  (s.  Diez  Anhang)  das  tirol.  tripolar  mit  den  Füfsen  stampfen,  mail. 
tripillà,  com.  tripilà.  Daneben  fìndet  sich  ein  nfr.  trépig^ier  trappeln,  das 
nach  Diez  ein  Nomen  tripin  voraussetzt.  Sollte  ihm  nicht  ein  altes  *tr^fing 
(vgl.  ^n^,  tripping-  Trippeln,  Straucheln,  Fehlen)  zu  Grande  liegen? 


BEITRÄGE  ZUR   KENNTNIS   ROIL  WÖRTER.  211 

anderen  *mit  den  Füfsen  treten'  und  'eindringen'  (s.  ana-irimpan) 
ergeben  hätte.  In  alterer  Zeit  ¥mrden  ja  vielfach  gewisse  Mani- 
palationen  mit  den  Füfsen  vorgenommen,  wie  das  got  trudan,  ahd. 
troiôn  keltern  (sbst.  trutta  Kelter,  vgl.  got  ga-trudan  niedertreten, 
ahd.  irëtan  treten)  und  ahd.  dhriskan  threscan  dreschen,  dessen 
Grundbedeutung  nach  Diez  *mit  den  Füfsen  tappeln',  nach  Kluge 
^lärmend  stampfen,  treten'*  ist,  bezeugen.^  In  ähnlicher  Weise 
könnte  sich  auch  die  Bed.  'einweichen'  aus  der  Bed.  *mit  den 
Füfsen  treten'  entwickelt  haben.  Man  vgl.  dazu  unser  deutsches 
einweichen  selbst,  welches  zum  ahd.  wichan  weichen  (vom  ahd.  weicK) 
gehört,  sowie  waschen,  zu  dem  Kluge  das  kymi.  gwasgUj  u.faiscim 
drücken,  pressen,  stellt.  Von  der  got  Bedeutung  'eindringen'  wäre 
auch  speziell  bei  der  fr.  Wendung  tremper  une  harpe  eine  Harfe 
stimmen,  auszugehen,  da  hierbei  die  Wirbel  des  Instruments  in  die 
dazu  bestinmiten  Oeffaungen  eingedrängt  werden.^ 

Tromba  it,  sp.  pg.  trompa,  pr.  tromba  trompa,  fr.  trompe  ein 
Blasinstrument,  Maultronunel,  ist  Diez  geneigt  auf  das  lat  iuha, 
welches  im  Chw.  als  tiba  Alphorn  und  im  Wal.  als  tobf  Tronunel 
fortlebe,  zurückzuführen,  obwohl  auch  ihm  der  zwiefache  Finschub 
des  r  nach  /und  des  m  vor  dem  Labial  Bedenken  erregt  Im 
Italienischen  bedeutet  das  Wort  auch  'Wirbelwind,  Wasserröhre', 
im  Fr.  in  der  Form  trombe  {trompe  noch  bei  Nicot)  'Wasserhose', 
im  Span,  trompa  trompo  'Kreisel',  in  welcher  letzteren  Bedeutung 
es  aus  lat  turbo  Wirbel,  Kreisel,  entstanden  sein  soll. 

Schon  Kluge  und  (nach  ihm?)  Mackel  führen,  da  ein  ent- 
sprechendes lat  Etymon  fehlt,  die  ot)en  genannten  roman.  Wörter 
auf  das  ahd.  and.  trumba  trumpa  Trompete,  Posaune,  Trommel 
zurück,  dem  im  An.  ein  trumba  auch  in  der  Bedeutung  Pfeife, 
Röhre,  wie  das  it  tromba  Wasserröhre,  ziu"  Seite  steht.  Da  aber 
das  ahd.  tromba  mit  it  tromba  aus  triumphus  gedeutet  wird,  so  ver- 
lohnt es  sich  die  Herkunft  des  Wortes  genauer  zu  untersuchen  und 
es  als  echt  deutsch  zu  erweisen.  Im  Nd.  findet  sich  ein  trumme(í)^ 
mnd.  trumme,  nid.  trom  trommel,  ostfries.  trum  trumme{í)  Trommel 
a)  die  Trommel  als  Lärm  machendes  Instrument,  b)  ein  rundes 
blechernes  Hohlgefäfs  mit  verschliefsbarem  Deckel  zur  Auf- 
bewahrung von  allerhand  Sachen  (vgl.  auch  mhd.  trumme  neben 
irumbe).  Daneben  läfst  sich  aber  auch  ein  mit  p  resp.  b  erweitertes 
Wort  nachweisen,  aber  in  etwas  andrer  Bedeutung,  nämlich  ostfnes. 


^  Vgl.  das  biblische  Wort:  'Du  sollst  dem  Ochsen,  der  da  drischet, 
nicht  das  Maul  verbinden'. 

*  Man  vgl.  auch  ahd.  walkan  st.  Vb.,  nhd.  walken,  aengl.  walken  volvere, 
ambulare,  engl,  walk  gehen,  an.  valka  hin-  und  herbew^en,  auch  refi.,  norw. 
valka  volka  drücken,  kneten,  walken  etc.,  germ,  walkan  =  ii.  gualcare  und 
^ii.  gaucher  durch  Stampfen  bearbeiten,  dessen  dauph.  Nebenform  ^i>«rÄi>r  mir 
auf  eine  Bildung  *wulkjan  mit  stammhaftem  u  hinzuweisen  scheint,  wie  isl. 
norw.  volka,  ahd.  wulkfan  wulchan  constipare,  die  nach  Schade  auch  im  ahd. 
vwlian  und  wolkâ  Wolke,  eig.  zusammengeballte,  sich  wälzende  Dunstmasse, 

vorliegt. 

'  Vgl.  auch  engl,  wrest  drehen,  eindrehen,  drehend  stinmien. 


212  TH.  BRAUNE, 

irutnp{e),  nines,  trompe  Nabe  des  Wagenrades,  das  dicke,  runde  und 
röhrenförmige  Stück  Holz,  worin  die  Achse  sich  dreht,  seh  wed. 
fromp  Mündungs friese  einer  Kanone,  sowie  and.  trumha  tuba. 

Daneben  erscheinen  im  Deutschen  auch  Formen  mit  anlau- 
tendem d^  so  im  Wettcrauischen,  das  überhaupt  einen  eigenartigen 
alten  Lautbestand  zeigt,  (die)  dromm^  md.  drume  Trommel,  sowie 
drompel^  (bei  Diefenbach,  Gloss.  584*),  dessen  d  genau  dem  tíid. 
anlautenden  /  entspricht. 

Was  nun  die  kürzeren  Bildungen  wie  trum  irom  drume  anbe- 
langt, so  können  sie  unmöglich  aus  den  längeren  mit  p  oder  h 
entstanden  sein.  Ebenso  wie  z.  B.  das  mhd.  klam  Zusammenziehung, 
Krampf,  Beklemmung  (vgl.  auch  mnd.  klam-^  klem-vogel,  mnld.  klem' 
voghei)j  ags.  dam  Krampe,  packende  Hand,  Klaue,  Fessel,  Druck, 
das  sich  neben  ahd.  klamma,  mhd.  md.  klammer  ¡damper  findet,  nicht 
auf  einen  Stamm  klamm  oder  klamp  zurückgeführt  werden  kann, 
sondern  auf  einen  kürzeren  klam  zurückgeht,*  ebenso  verlangt  das 
nd.  trum  einen  aus  tram  geschwächten  Stamm  irum^  aus  dem  erst 
durch  Erweiterung  irumm,  irumb  und  irump  abgeleitet  sind. 

Die  Grundbedeutung  der  deutschen  Bildungen  wie  irum  irumme 
trumha  scheint  die  im  an.  trumba  Röhre,  und  ostfries.  trum{^m¿) 
trummel  (blechernes)  Hohlgefafs,  trumpe  Nabe  des  Wagenrades  zu 
sein,  aus  der  sich  alle  andern  ergeben. 

Was  die  Form  der  roman.  Bildungen  anbelangt,  so  würde  it 
pr.  tromba  sich  an  ein  got.-burg.  *irumba  (ahd.  trumba),  und  die 
Formen  mit  p  sich  lautlich  mehr  an  die  Nebenform  *trumpa^  die 
wir  im  ostfries.  trump{e)  und  auch  schwed.  trump  fanden,  anschliefsen. 

Trop  pr.  Herde,  fr.  pr.  nimis,  nimius,  hat  Storm  (Rom.  I,  490) 
schon  vor  Jahren  mit  dem  in  den  Leg.  Alam.  bezeugten  trùppus 
Herde  zu  dem  germ.  J^orp  (vgl.  an.  ]^orp^  schwed.  dan.  torp^  ahd. 
thorph  thorf  darf)  gestellt,  indem  er  die  Bed.  'Menge,  Trupp, 
Herde'  dafür  aus  den  skandin.  Dialekten  nachwies.  Diese  Etymo- 
logie hat  seitdem  viel  Anklang  gefunden  ,3  die  Sache  scheint  sich 
aber  noch  etwas  anders  zu  verhalten,  als  man  annimmt. 

Insgemein  glaubt  man,  dafs  die  Metathesis  des  r  erst  im  Franz. 
selbst  eingetreten  sei,  und  beruft  sich  auf  die  von  Diez  Gr.  I,  223 
angeführten  Fälle.  Nachweisbar  steht  aber  dem  germ,  ^orp  auf 
germanischem  Boden  eine  Nebenbildung  J^rop  zur  Seite,  und  diese 
wird  daher  als  das  wahre  Etymon  zu  trop  gelten  können,  zumal 
da  sie  aus  alter  Zeit  bis  in  die  neueste  sich  auf  einem  weit  aus- 
gedehnten Gebiet  nachweisen  läfst 

^  Einem  deutschen  drompe  entspricht  lautlich  direkt  das  gr.  ^QOfißoc 
geronnene  Masse,   d-cofißeiov  Klünipchen. 

*  Ebenso  setzt  das  mhd.  krim;  kram-vogel  Raubvogel,  an.  kremja, 
schwed.  kratna  drücken,  pressen,  engl,  to  cram  zwängen,  nid.  kram  (neben 
kramme  fibula)  einen  Stamm  kram  voraus  mit  den  Nebenbildungen  kramm 
(vgl.  ags.  crammjan  zwängen)  und  kramp  (vgl.  ahd.  chrampha  Haken,  aen^ 
cramp  Krämpfe,  Klammer  etc.). 

>  S.  Bugge,  Bezzenberg.  Beitr.  III,  112,  G.  Paris  Rom.  X,  60,  Joret  ib. 
588,  Mackel  Die  germ.  Eiern.  35. 


BEITRÄGE  ZUR  KENNTNIS  ROM.  WÖRTER.  213 

So  kennt  das  Angelsächsische  neben  ^orp^  (und  J^orpe)  auch 
^r¿>/2,  welches  auch  noch  im  Engl,  als  ihrop  neben  ihorp  und  dorp 
(alle  drei  Archaismen),  und  zwar  namentlich  in  Eigennamen,  fort- 
dauert.^ Und  dafs  dieses  ^rop  eine  eigene  ags.  Form  neben  J^orp 
ist  und  nicht  etwa  auf  Anlehnung  an  das  fr.  irop  beruht,  das  be- 
weist die  Nebenform  J^rep^  (vgl.  satl.  therp^  nordfries.  Urp,  afries. 
iherpe  iherp  terp  izerp),  die  mit  prop  unleugbar  verwandt  ist,  aber 
nicht  auf  afr.  trop  zurückgeführt  werden  kann. 

Die  nordischen  Sprachen  scheinen  nur  porp^  resp.  torp^  zu 
kennen,  wie  denn  zahlreiche  schwedische  Ortsnamen  nur  iorp^ 
nicht  trop  zeigen.  Was  läge  nun  näher  als  das  fr.  pr.  trop  nicht 
auf  diïi.porpy  sondern  direkt  auf  das  ags,  ßrop,  welches  ebenfalls 
eine  grofse  Reihe  von  Bedeutungen  (s.  unten  Anm.  2)  zeigt,  zurûck- 
zuleiten?  Vielleicht  aber  liegt  ihm  direkt  ein  altgerm.  Jiri?^,  worauf 
schon  das  ml  at.  troppus  der  Leg.  Alam.  deutet,  zu  Grunde. 

Wie  ich  schon  oben  bemerkte,  ist  nämlich  die  Bildung  ^rop 
nicht  auf  ein  einzelnes  german.  Gebiet  beschränkt  gewesen.  Sie 
scheint  auch  dem  Friesischen,  Sächsischen,  Niederfränkischen,  ja 
vielleicht  überhaupt  den  westgermanischen  Sprachen  eigen  gewesen 
zu  sein.  Zwar  läfst  sie  sich  in  schriftlichen  Quellen  aufser  in  dem 
angeführten  alemann,  troppus  (==  ¿roppusï)  nicht  mehr  nachweisen, 
dagegen  hat  sie  sich  im  Munde  des  Volkes,  wie  es  scheint,  in 
einer  Zone,  die  sich  von  den  dänischen  Inseln  und  der  Nordspitze 
Jütlands  über  Schleswig-Holstein  durch  Oldenburg,  einen  Teil  von 
Hannover,  Lippe,  den  Regierungsbezirk  Osnabrück  und  Ostfriesland, 
Westfalen  und  in  Spuren  bis  zur  nördlichen  Rheinprovinz  (also  in 
niederfränk.  Gebiet),  bis  Nordbrabant  und  Limburg  erstreckt,  in  den 
Formen  -drup^  -drop,    neben    denen    sich    -irup   und   -trop^  zeigen, 

*  Daneben  parp,  wie  as.  tharp  (neben  thorp)  und  nordfries.  tarep  (neben 
ihorp  torp  und  terp)  und  die  unten  Anm.  2  angeführten  Ortsuamen  auf  -t harpa. 

'  Kluge  führt  schon  dieses /)rfl»;>  unter  ¿för/ an.  Diefenbach  ci  tier  t  neben 
ags.  porpe  [vgl.  dazu  den  Ortsnamen  Thorpe  in  den  Grafschaften  Derby,  Nor- 
folk, Suffolk,  Essex  und  Lincoln,  femer  Thorpe  IVatervilie,  Th.  le  Soken, 
Grimsthorpe,  Skellingthorpe»  Frtdaythorpe,  Milnthorpe,  Kingsthorpe,  sowie 
die  deutschen  in  Urkunden  vorkommenden  Ortsnamen  Norththorpa  {Nortrup 
bei  Münster),  Castorpa  {Castrop  bei  Arnsberg),  sowie  mit  anderm  Vokal 
Marastharpa  {Mastrvp),  Hubbingtharpa  {Hüntrup)»  Kiedeningt harpa  {/Cen- 
trup),  Wersitharpa  {fVestrup)  etc.  und  den  schwed.  Ortsnamen  Torpa  sowie 
Torpes  (im  Dép.  Doubs,  sowie  Sa6ne-et-Loire)]  die  Nebenformen  prop  und 
Prep  villa,  pagus,  conventus,  Zusammenkunft,  Besuch,  und  aengl.  ihr  ope,  das 
sich  auch  in  Eigennamen  finde.  Stratmann  kennt  neben  ^gs.porpe  ebenfalls  ags. 
Prop  a  meeting  of  cross-ways,  a  country,  village,  compitum,  vicus,  und  aengl. 
throp  (vgl.  die  Ortsnamen  Heythrop  und  ì  Addle  strop  m  O-íioxü^  neben  thorp, 

>  Nach  Grimm,  Gr.  I,  225  ist  das  ags.  e  Umlaut  des  a  und  durch  ein  in 
der  Endung  befindliches  {ë  früher  i)  erzeugt,  welches  zuweilen  weggefallen  sei, 
vgl.  ags.  veb  =  an.  vefr,  ahd.  wappi  webbi  weppi,  nd.  webbe,  afries.  wob,  sat- 
länd.  nordfries.  webb  etc. 

*  Vgl.  Hundrup  (Seeland),  Öxendrup  Kvärndrup  (Fünen),  Tatndrup 
Vamdrup  (Jutland),  Hjerndrup  Andrup  Bramdrup  (Schleswig-Holstein),  An- 

drup  Addrup  (um  Osnabrück),  Geldrop  (Nordbrabant)  und  Vlodrop  (Limburg); 
ferner  —  Karstrup   Olstrup  Sludstrup  Tjustrup  (Seeland),  Peder strup  (Laa- 


214  TH.  BRAUNE, 

in  der  Bed.  *Dorf*  erhalten.  Von  diesen  entsprechen  nach  den 
strengen  Lautgesetzen  drup  und  drop  genau  dem  2i^.prop,  aengl. 
throp,  dessen  o  auf  älteres  u  zurückgeht  Drup  drop  etc.  scheint 
somit,  zumal  da  die  Eigennamen  ihre  ursprüngliche  Form  kon- 
sequenter gewahrt  haben,  die  fríes.,  niedersächs.  und  niederfränk. 
Form  des  auch  im  verwandten  Angelsächsischen  erhaltenen  ¿rop 
zu  sein,  die  im  Altfries.,  Altsächs.  und  Altniederfränk.  *ihrup  oder 
"^throp  gelautet  haben  wird. 

Spuren  dieses  alten  *thrup  oder  *throp  liegen  aber  auch  auf 
hochdeutschem  Gebiet  vor.  So  in  dem  Ortsnamen  Ohrdruf  (Dorf 
an  der  Ohra,  in  Sachsen-Gotha),  sowie  in  Wtlsdruff^  (bei  Dresden, 
vgl.  Wilstrup  in  Schleswig-Holstein,  Wilsdorfin  Weimar  und  Böhmen) 
und  wohl  auch  in  Mühltroff  (bei  Zwickau). 

Nehmen  wir  nun  noch  das  in  den  Leg.  Alam.  (5. — 7.  Jhd.) 
bezeugte  mlat  iroppus^  in  der  Bed.  'Herde'  hinzu,  welches  ein 
alemann,  throp^    wiedergeben    kann    und  aus   einer   Zeit  stammt. 


land),  Aastrup,  Eshüdstrup  Idestrup  (Falster),  Haastrup  Hoimstruf  PederS' 
trup  Stenstrup  (Fünen,  vgl.  dagegen  Stenstorp  in  Schweden),  Bodstrup 
(Langeland),  Astrup  Alstrup  KUitrup  Lönstruß  Stagstrup  Tolstrup  (Jutland), 
Achtrup  Döstrup  Fjelstrup  Haistrup  Hoptrup  ynsing-Hostrup  Humtrup 
Lintrup  Mangstrup  Mastrup  Moltrup  Rangstrup  Satrup  Schwenstrup  Tas' 
trup  Wilstrup  (Schleswig-Holstein),  Benstrup  Holtrup  Vestrup  (Oldenburg), 
Eystrup  Holtrup  (Hannover),  Bottrup  Oehtrup  Lastrup  Mentrup  Nortrup 
Suttrup  Schleptrup  Voxtrup  (Ostfnesland  und  Rgbz.  Osnabrück),  Barntrup 
Bentrup  Herrentrup  Hillentrup  Höntrup  Istrup  Schwelentrup  Varntrup 
Wellentrup  (Lippe),  Erpentrup  Istrup  Holtrup  Westrup  =  Werst  (FlnCs) 
-trup  (Rgbz.  Minden),  Hiltrup  Holtrup  Intrup  Oehtrup  Rottrup  Schach- 
trup  Veltrup  Waltrup  Wentrup  (Rgbz.  Münster);  —  Holttrop  (Rgbz.  Aurich), 
Bottrop  Löntrop  Waltrop  (Rgbz.  Münster),  Bentrop  Castrop  Finnentrop  Hat" 
trop  Höntrop  Herrentrop  Hiltrop  Hultrop  Küntrop  und  Freientrop  Oeven' 
trop  Stentrop  Suttrop  (Rgbz.  Arnsberg),  Hultrop  Frintrop  (Rgbz.  Dussel- 
dorf). —  Man  vgl.  auch  Familiennamen,  die  von  Ortsnamen  entlehnt  sind, 
wie  Wentrup  Wentrop,  Mintrop  Mentrop  und  Lastrop.  —  In  der  Provinz 
Preufsen,  die  mit  Niedersachsen  kolonisiert  ist,  findet  sich  ein  Ortsname 
Troop  (=  Tropi)  im  Rgbz.  Marienwerder.  In  den  Urkunden  des  9. — li.  Jhds. 
finden  sich  öfter  in  den  angeführten  Ortsnamen  auch  Varianten  in  der  Schrei- 
bung. So  heifst  Castrup  dort  Castor p  Ca  stör pa,  Voxtrup  1090  Voccasthorp, 
Werntrop  1072  Werdingthorp,  Bottrup  9.  Jhd.  Burgthorp,  Bentrup  9.  Jhd. 
Bennigthorp,  Waltrup  II 61  Walthorp,  10.  Jhd.  Walahdorf,  Nottrup  North- 
thorpa,  Lastrup  948  Laasdorp,  Hüntrup  1 1 .  Jhd.  Hubbingtharpa,  Westrupp 
Wersitharpa,  1070  Wersithorp»  Rottrup  Hrotraundingtharpa,  Guntrup  bei 
Münster  Gumocodingtharpa,  Mastrup  1 1 .  Jhd.  Marastharpa,  Kentrup  ¿Oiedt- 
ningtharpa.  Dies  darf  uns  aber,  da  für  das  Ags.  und  Aengl.  throp  als 
Nebenform  zu  thorp  feststeht,  nicht  hindern  fur  die  verwandten  Idiome  ^wn- 
falls  diese  Nebenform  in  älterer  Zeit  anzuerkennen.  Wahrscheinlich  war  trup 
und  trop  die  volkstümliche  Form,  während  unter  mehr  hochdeutschem  Einflofs 
die  gelehrten  Schreiber  bald  thorp  bald  thorpa  tharpa  etc.  gebrauchten. 

^  In   der  Nähe   von   Wilsdruff  liegt   eine  Ortschaft  Weisstropp  (nieder- 
sächsische Kolonie?). 

*  Besonders  häufig   findet    sich  /  statt  th  in  Urkunden ,   s.  W.  Braune, 
Althochd.  Gramm.  §  167,  A.  9. 

3  Das  Alemannische  vollzieht  den  Umsatz  des  th  zu  d  erst  in  der  zweites 
Hälfte  des  8.  Jhds.  ;   in  den  ältesten  alem.  Quellen   sind  noch  zahlreiche 
spiele  des  th  (dh)  erhalten.     S.  W.  Braune  §  167  und  das.  Anm.  3. 


BEITRÄGE  ZUR  KENNTNIS   ROM.  WÖRTER.  215 

WO  die  hd.  Lautverschiebung  noch  nicht  durchgedrungen  war,  so 
erscheint  es  nicht  zu  gewagt,  neben  dem  germ,  purp  (=  an.  ags. 
j^orpy  as.  ihorp  etc.)  ein  westgerm.  Jin^^  *  aufzustellen,  auf  welches 
eben  das  fr.  pr.  irop  selbst  zurückgehen  könnte. 

Vague  fr.  wird  von  Diez  auf  das  ahd.  wâc,  got.  vêgs,  mnld. 
waghe,  von  Mackel  auf  ndfränk.  oder  an.  väg-  (an.  vägr,  as.  wäg^ 
ags.  wcBg  st.  m.)  zurückgeleitet.  Ebenso  wie  Diez  auch  mnld.  waghe 
(sie)  anführte,  so  bemerkt  auch  Mackel  S.  184  fragend:  *an.  vag 
(oder  mnld.  wagheì)  —  fr.  vague\  Und  doch  kann  es  wohl  keinem 
Zweifel  unterliegen,  dafs  das  fem.  vague  auch  von  einer  fem.  germ. 
Bildung  stammt,  wie  sie  im  mnld.  wœghe  (nicht  waghe\  a  =  ahd.  ¿f) 
gurges,  ñuctus,  unda,  und  mit  kurzem  a  im  mnd.  wage  waghe,  ost- 
fries.  wage  wagge  (neben  wag)  das  bewegte  wogende  Wasser  =  ahd. 
waga,  mhd.  wage,  allerdings  nur  in  der  Bedeutung  'Bewegung' 
vorliegt 

Zum  afr.  vaguer  (bei  Littré  erst  aus  dem  1 6.  Jhd.  belegt,  stimmt 
genau  das  mnld.  wœghen,  mnd.  wagen  sich  bewegen,  schwanken, 
wogen,  wandern,  gehen,  =  ahd.  wagon,  mhd.  wagen  wogen,  in  Be- 
wegung sein,  schwanken,  sich  wiegen. 

Auf  wagon  führt  Diez  auch  das  it.  vogare,  sp.  hogar,  pg.  pr. 
vogar,  fr.  voguer  (bei  Littré  1 6.  Jhd.)  durch  Ruder  getrieben  fort- 
schwimmen, zurück  und  verweist  hinsichtlich  des  Wechsels  im  Vokal 
auf  unser  nhd.  wogen,  Dafs  diese  Nebenform  schon  älter  ist  wie 
man  meint,  dafür  spricht  der  Umstand,  dafs  z.B.  Luther  schon 
der  wog  und  die  woge  gebraucht  Wir  werden  deshalb  auch  vogare 
etc.  nicht  auf  wagon,  sondern  auf  ein  älteres,  wdgen  (Mackel  setzt 
dies  Wort  als  mhd.  an)  zurückfuhren  dürfen. 

Vautrer  fr.  (nur  reflexiv)  sich  wälzen,  wird  von  Diez  auf  das 
lat.  volvere  zurückgeführt  Das  Wort  zeigt  sich  aber  nur  auf  franz. 
Boden,  wir  dürfen  also  auf  germanischem  Gebiet  Umschau  halten. 
Und  da  bietet  sich  eine  deutsche  Bildung,  die  mit  ihren  vokalisch 
anders  ausgestalteten  Nebenformen  allen  Schreibungen  des  fr.  Wortes 
Genüge  zu  thun  scheint  Ich  meine  das  nd.  mnd.  waiier{e)n, 
w¿//er(e)n,  wolier(e)n,  satl.  walterje,  mnld.  weiteren,  ostfries.  wältern 
wehem,  aengl.  walterin  weltrin,  engl,  waiter  welter  walzen,  hin-  und 
herwälzeo,  rollen  etc. 

Andre  Bildungen  ähnlicher  Art  sind  mnd.  walte  waiter  Walze, 
welte^hlok  wolte^blok  wollensten  (=  walte),  Wolter ing e  Wälzung,  mhd. 
walzer  der  sich  dreht,    der  sich  walzenartig  bewegt,    und   ostfries. 


*  Das  germ,  ßrup  steht  nicht  ohne  Verwandtschaft  in  den  indogerman. 
Sprachen  da.  Wie  das  lat.  turba  Schar,  lärmende  Menge,  Masse,  Lärm,  gr. 
tvcßri  Verwirrung,  Getümmel,  Lärm,  und  lat.  turbare  mit  got  paúrp,  ags.  an. 
porp  etc.  sowie  an.  Pyrpaz  congre^jari,  eines  Ursprungs  ist,  so  scheint  auch  das 
ags.  prop  (und  Prep)  mit  lit.  trobà  Gebäude  und  ferner  mit  Wörtern  verwandt 
wie  kelt.  acymr.  treb  viais,  ncymr.  tre/,  abret.  treb  <  habitation,  subdivision  de 
la  plebs*,  acymr.  trebou  turmae,  gael.  atrab  Wohnung,  air.  atreba  habitat, 
dem  altgall.  Völkernamen  der  Atrebate/t,  osk.  trttöom  Momum*,  lat.  tribus 
und  trabs. 


2l6         TH.  BRAUNE,  BEITItÂGE  ZUR  KENNTNIS  ROM.  WÖRTER. 

Walter  mit  Stroh  umwundene  und  in  feuchtem  Lehm  umgewälzte 
Holzstange  oder  Latte  von  walzenförmiger  Gestalt  zum  Ausfüllen 
der  in  Fachwerk  gebauten  Wände  und  Balkenfelder  einer  Stuben- 
decke, nebst  einem  zweiten  davon  abgeleiteten  ostfries.  vb.  walkm 
eine  Wand  mit  solchen  Latten  ausfüllen  und  bekleiden,  sowie  das 
an.  valtr^  ags.  vealt  rollend,  wälzend,  wälzbar  und  die  Vb.  got  valtjan 
ejcißaXXeiVf  ags.  vealtjan^  ahd.  welzan,  ahd.  walzan  walzen,  sich 
wälzend  und  rollend  bewegen,  und  an.  velia  {pelt  vali  tätunt  olUttn) 
rollen,  sich  wälzen.  Dem  Stamme  vali  steht  ein  kürzerer  Stamm 
val  zur  Seite  im  ahd.  wellan  wälzen,  rollen,  wallon  wallen,  wandern, 
sich  umhertreiben,  ags.  vealljan  umherschweifen,  wandern,  mhd. 
wellen  rollen,  wälzen,  mnd.  wellen  (st.Vb.?)  rollen,  sich  wälzen,  ahd. 
wullôn  wtllôn^  md.  wollen  willen  Ekel  empfinden,  Uebelsein  haben, 
ahd.  wolla  Wolle  (die  gekräuselte!  nach  Schade,  vgl.  griech.  ovXoq 
kraus)  etc. 

Auch  aus  diesem  Stamme  sind  den  aus  dem  Stamme  vali  ab- 
geleiteten Bildungen  wie  waiter  und  waliern  entsprechende  abge- 
leitet, wie  ostfries.  weiter^  wangel.  willer  (=  waiter),  nd.  ostfries. 
wellern  (=  dem  zweiten  ostfries.  waliern),  mnd.  weiteren. 

Wir  haben  es  hier  somit  mit  einem  germ.  Stamme  und  seinen 
Erweiterungen  zu  thun,  die  nachweisbar  in  grofsem  Mafse  audi  im 
Ablaut  in  reichem  Mafse  vertreten  waren  und  sind.  Und  da,  wie 
schon  gesagt,  das  fr.  vautrer  sich  mit  seinen  Nebenformen  aus- 
schliefslich  auf  französ.,  d.  h.  dem  Deutschen  benachbartem  Gebiet 
findet,  so  werden  wir  für  dasselbe  auf  die  oben  angeführten  Neben* 
bildungen,  die  ihm  begrifflich  und  lautlich  genau  entsprechen, 
zurückgreifen  dürfen.  Vautrer  stammt  vielleicht  von  einem  germ. 
''^waliern,  voutrer  und  voltrer  von  ^wuliern  (=  mnd.  wolieren)  und 
viutrer,  das  bei  Diez  im  Anhange  angeführt  wird,  von  einem  ans 
an.  vèlia  (vgl.  wangel.  willer  =  ostfr.  weller),  resp.  mnd.  mnld.  weitem 
{^eitern})  zu  erschliefsenden  *wiliem.  Unklar  bleiben  nur  voiirer 
und  das  von  Scheler  im  Anhange  zu  Diez  angefahrte  se  vouier. 
Letzteres  könnte  aber  einer  Nebenbildung  zu  an.  velia  und  ahd. 
walzan,  wie  *voltan  (vgl.  mnd.  wolie-hlok,  wolie-siin)  entstammen. 

(Fortsetzung  folgt.) 

Th.  Braune. 


Neue  Belege  zn  rumän.  Wörtern  nichttürkiBcher  Herkunft. 

Im  Anschlufs  an  die  Band  17,  368  fF.  der  Zeitschrift  für  roman. 
Philologie  mitgeteilten  Belege  zu  türkischen  Lehnwörtern  folgen 
hier  die  a,  O.  374  versprochenen  Belege  zu  bisher  nicht  verzeich- 
neten Wörtern  oder  Bedeutungen  von  Wörtern  nichttürkischer  Her- 
kunft. Und  zwar,  da  wir  auf  Hasdeus  Wörterbuch  Rücksicht  ge- 
nommen haben,  mit  derselben  Beschränkung,  welche  dieses  sich 
auferlegt:  auf  geschichtliche  und  volkstümliche  Wörter.  Unter 
ersteren  sind  solche  verstanden,  welche  vor  1800  verfafsten  Schriften 
entnommen  sind;  letztere  sind  ebenso  fast *ausschliefslich  der  im 
Durchschnitt  kaum  weniger  alten  Volksdichtung  entnommen;  wollte 
man  das  hier  und  an  der  Sprachgrenze  überhaupt  herrschende 
Rotwelsch  verzeichnen,  so  müfste  man  einen  guten  Teil  des  unga- 
rischen, serbischen  u.  s.  w.  Wörterbuches  ausschreiben.  Eine  überaus 
lehrreiche  Probe  davon  bietet  die  Monsironomie  in  VulturuU  Grofs- 
wardein  1892,  Briefe  eines  rumänischen  Soldaten,  geschrieben  vom 
ungarischen  Regimentsschreiber  in  Bosnien,  dergleichen  man  den 
Leuten  auf  dem  Lande  oft  vorzulesen  hat. 

Ebenso  sind  die  zahlreichen,  besonders  französischen,  Wörter, 
welche  die  gemeinen  Leute  in  den  Städten  Rumäniens  von  ihren 
„Herrschaften"  aufgeschnappt  haben,  nicht  berücksichtigt,  so  er- 
götzlich sie  auch  zum  Teil  entstellt  sind  :  olevoal,  au  revoir.  Alecs.  T. 
und  sonst  überall,  leoorver  (so  übrigens  auch  ungarisch)  Carag.  T.  53, 
andrissant  Adressat  ebd.  252,  madepolon  Isp.  juc  72,  irainvan  Fam. 
ig,  295,  chelner{ifd)^  halbä  Fam.  und  in  jedem  Wirtshause,  sogar 
be^teluiesc  Conv.  lit.  17,  466.  Auch  die  zahlreichen  Wörter,  welche 
aus  der  deutschen  Heeressprache  in  Oesterreich- Ungarn  einge- 
drungen, sind  nur  dann  berücksichtigt,  wenn  sie  sich  im  Volks- 
liede  finden,  also  nicht  haptac!  habt  Acht!  Achtung!  forpost^  fürt, 
sttUgesc  u.  s.  w.  bei  V.  Rusu,  Suspinele  silvelor  99  fif.;  chert!  selbst 
Alees,  teatru  21. 

Ebenso  sind  fremde  Wörter  ausgelassen,  wenn  sie  sich  in 
ganzen  Sätzen  fìnden,  wie  Anfang  und  Ende  älterer  Erlasse  häufig 
slawisch  sind,  s.  Mag.  ist.  i,  126,  vgl.  den  slawischen  Ostergrufs 
Rev.  n.  2,  280. 

Schliefslich  sind  Sammlungen  seltener  Wörter  nicht  ausge- 
schrieben, doch  will  ich  die  mir  bekannten  hierher  stellen:  Tribuna 
6  nr.  121,  Conv.  lit  20,  1020,  Manliu,  Gramática  am  Ende  und 
sonst,  die  Farben  Mar.  crom.  50  f. 


2l8  W.  RUDOW, 

Wörter,  deren  Bedeutung  fehlt,  sind  nur  mundartlich,  und 
zwar  aus  den  rumänischen  Gegenden  aufserhalb  Ungarns.  Ich 
habe  mir  alle  mögliche  Mühe  gegeben  ihre  Bedeutung  zu  erfahren, 
jedoch  mit  nur  geringem  Erfolge.  Besonders  aus  Creangä  sind 
viele  unbekannt,  wie  von  den  verschiedensten  Seiten  versichert  wd. 
Vielleicht  gelingt  es  den  vereinten  Bemühungen  der  Leser  dieser 
Zeitschrift  hierüber  Klarheit  zu  erlangen. 

Wenn  das  Latein  und  das  Germanische  nur  nebenbei  be- 
handelt sind,  so  ist  dei'  Grund  der,  dafs  der  lateinische  Sprach- 
stoff schon  ziemlich  genügend  durchgearbeitet  ist;  die  nicht  nur 
für  den  Deutschen,  sondern  auch  für  die  Wissenschaft  überhaupt 
wertvollen  Ueberbleibsel  des  Deutschen  im  Südosten  sollen  später 
noch  besonders  behandelt  werden.  — 

Quellen  sind  aufser  den  a.  O.  376  genannten  hauptsächlich: 

An.  ac.  AnaleleU  Academiei  romtne,  Bucur. 

Biblioteca  pentru  top,  Bucur. 

Bogdan,  paventi,  laçi. 

Burada,  O  cäiatorü  în  Dohrogea,  laçi  1880. 

Columna  lui  Traían,  Bucur.  1 870  ÍF. 

Mangiuca,  Studii  limhistice»  Fam.  19,  188  if. 

Marian,  Cromatica  poporului  roman,  Bucur.  1882. 

„        Inmormentarea  la  Romàni,  Bucur.  Acad. 

„        Nascerea  la  Romàni,  Bucur.  Acad. 

„        Nunta  la  Romàni,  Bucur.  Acad. 

„         VrTiji,  farmece  |i  desf aceri,  Bucur.  Acad.  1893. 
Panfu,  Schife,  Braco  v. 
Se  vastos,  Cñlñtorii  prin  farà  romîneascS,  laçi  1888. 

„         Pove^ti,  laçi. 
Vlahu{ä,  In  vîltoare,  Tlrgu  Jiu  1896. 

„  Un  an  de  luptii,  Bucur.  1895. 

Anmerkung.  Mit  dem  Altslawischen  habe  ich  mich  bisher  nur  wenig 
beschäftigt,  ihm  kann  daher  sehr  wohl  manches  der  unten  als  russisch  u.s.w. 
bezeichneten  Wörter  entstammen.  Der  Unterschied  ist  jedoch  im  allgemeinen 
kaum  so  grofs  wie  der  zwischen  Mittel-  und  Neudeutsch,  vom  Altdeutsch 
nicht  zu  reden,  und  kommt  für  diese  Zeitschrift  um  so  weniger  in  Betracht, 
als  die  Slawen  selbst  noch  darüber  streiten,  welcher  ihrer  jetzigen  Sprachen 
oder  Mundarten  das  Altslawische  eigentlich  entspreche. 

Abaroca  Name  A  vestios.  Mar.  nasc,  31. 

abua  se  einschlafen ,  Mar.  nasc.  324;  s.  bua. 

abure  me   suche  hinaufzuklettern ,   Bogd,  pov  iTi\   s.  oburc;   auch 

klettere  hinauf, 
-äc  Bildungssilbe  des  Zeitwortes,  fehlt  bei  Hasdeu,  z.  R  sburäcesc, 

späläcesc,  cärpäcesc,  auch  cärpocesc 
a  car  gebogenes  Eisenstûck,   den  Haarknoten  zu  befestigen.  Mar. 

nun.  379.    Von  ac. 
acarni^te  bei  Hasdeu  gehört  vor  acarnifä. 


MBUE  BELEGE  ZU  RUMÄN.  WÖRTERN  NICHTTÜKK.  HERKUNFT.      2  IQ 

ach  i  lim  it  befriedigt,  behaglich  bei  Hasdeu,  offenbar  von  ungar. 
kellern  Annehmlichkeit;  wie  fr.  approvisionner  oder  amerindez 
gebildet. 

a  ci  e  Gewürz  oder  Heilmittel,  Conv,  HL  25,  608. 

a  ci  o  i  Bur,  Dohr.  206  =  acioaîe. 

acmi  ci  istrisch  =  acum,  Mar,  inmor,  130. 

adamo  s  t  Art  Most,  Mar,  nun,  827. 

adera  mr.  bauen,  Conv,  HL  IT ,  ^(^  und  iig;  bereiten  Mar,  tnmor. 
125  =  drege,  indem  -eg  als  die  Endung  angesehen  wurde. 
Nach  Miklosich  alb. 

a  dica  nämlich,  siehe,  nach  Hasdeu  aus  a  dica  vor  Gericht  durch 
den  Mittelbegriflf  des  Schliefsens:  also,  das  heifst.  Möglich, 
ja  wahrscheinlich,  obgleich  er  sich  nur  in  der  Uebersetzung 
ergo  des  alten  Wörterbuches  findet.  Da  jedoch  ôlxTj  im  Rum. 
sonst  nicht  bekannt,  nach  Viahuf ä  vi//,  71:  „un  dica"  selbst 
in  der  Bedeutung  (a)dicä  Abrechnung  als  fremd  empfunden 
wird,  scheint  hierin  das  dica  des  ungarländischen  Latein  zu 
stecken.  Mangiuca,  Daco-romanisphe  Sprach-  und  Geschichts- 
forschung I  S.  231  heifst  es  nämlich:  „Die  Valachi  exercituantes 
(waren  steuerfrei  und)  wenn  man  ihre  Rechte  angegriffen,  ein 
gewaltthätiges  Volk,  denn  seit  1557  hat  der  Landtag  .  .  .  durch 
mehr  als  40  Jahre  immer  beschliefsen  müssen,  dafs  auch  die 
Walachen  die  Dica-Steuer  zu  bezahlen  haben,  und  sie  haben 
doch  keine  Folge  geleistet."  —  „Sanguinem  et  vitam,  sed 
ävenam  non"  wollten  die  Ungarn  bekanntlich  für  ihren  Herr- 
scher opfern;  und  so  kann  sich  der  langwierige  Kampf  um 
die  dica,  wo  es  avenam  galt,  recht  gut  dem  Gedächtnisse  der 
Rumänen  eingeprägt  haben,  zunächst  der  ungarländischen. 
Lucrul,  vorba  vine  la  (a)dicä  heifst  also  eigentlich:  es  kommt 
zum  (Kampfe  um  das)  Steuerzahlen. 

a  dimante  Farn,  19,  170,  von  adamantem. 

ad  von    =    griech.  nartex,    Haupteil    der    byzant.  Kirchen,    Odoò. 

1,389  ff. 
Aftocrator  Selbstherrscher,  An.  ac,  2,  10,  2,  383;  griech. 

-äg  Ableitungssilbe  des  Zeitwortes,  fehlt  bei  Hasdeu.    Z.  B.  pisägesc, 

ciumpägesc,  vgl.  batogesc,  portug.  batucar, 
agapi    creçtini    Liebesmahle,   Odob,  i,  442;    scheint   nicht  richtig, 

obgleich  noch  vechii  davor  steht,  da  man  nicht  einsieht,  wie 

ayÓL3tr¡  männlichen  Geschlechtes  werden  soll, 
agimblu  ergreife  (von  Sehnsucht),  Farn,  31,  507. 
(de)  agi  relè  rings.  Con,  /i/,  17,  287;  von  giur. 
agramatos  ungebildet.  Rev,  n,  3,  218;  griech. 
aitura*  Gallert,  Mar.  nun.  àòg, 
-al  Ableitungssilbe,   fehlt   bei  Hasdeu.     Im  Zeitwort   ist  sie  ungar. 

Ursprungs:    házal  =  er  hausiert,    próbál,   rumän.  probaluesc 

^  Eigentlich  das  Gallert,  und  so  gewöhnlich  im  folgenden  a  statt  a,  weil 
der  Drucker  sonst  mit  diesem  nicht  ausreichte. 


220  W.  RUDOW, 

Ebenso  rätäluesc  retiñeren,  cerc(äl)uesc,  tmpäc(äl)uesc),  pre|- 
(äl)uesc;  dram(äl)uesc;  chef(äl)uesc.  Vgl.  nodi  bucätelesc  Zu 
Nennwörtern  tritt  es  nur  vor  verkleinernden  oder  vergröbernden 
Endungen  an:  dragala^,  mutäläu,  räzäläu  (davon  räzäluesc). 

ala,  ale  nach  Hasdeu  „die  Aloaden,  denn  es  springt  die  Aehn- 
lichkeit  dermafsen  in  die  Augen,  dafs  jeder,  der  das  Wort 
anders  erklären  will,  abgesehen  vom  Namen,  ebensoviele  Ver- 
gleichungspunkte in  der  Bedeutung  anführen  mufs".  Sehen 
wir  uns  diese  Punkte  näher  an,  so  fmden  wir  i.  märchenhafte 
Gestalten.  Das  ist  etwas  zu  allgemein.  2.  Männliches  Ge- 
schlecht. Wenn  die  alä  mit  einem  Drachen  verglichen  wird, 
so  ist  ihr  Geschlecht  damit  jedoch  noch  keineswegs  bestimmt, 
wenigstens  kann  das  nicht  die  Regel  umstofsen,  dafs  Wörter 
auf  ä,  Mehrzahl  e,  stets  weiblich  sind.  Aufserdem  aber  heifst 
es  Farn,  26,  67  von  den  hale,  vîlve  u.  s.  w.  pentru  cä  s6  ele 
se  sperie,  womit  sie  ausdrücklich  als  weiblich  bezeichnet  sind. 
3.  Immer  zwei.  Dem  widerspricht  S.  678:  wo  immer  zwei  sich 
begegnen,  fangen  sie  Streit  an.  Kann  man  sagen:  welches 
deutsche  Kaiserpaar  immer?  Ebensowenig,  wenn  es  nur  ein 
Paar  ale  gäbe,  könnte  man  sagen:  immer,  wenn  zwei  sich  be- 
gegnen. S.  u.  4.  Sie  vernichten  das  Korn.  Die  ale  ja,  aber 
die  Aloaden?  Homer  sagt  von  ihnen,  sie  wachsen  zu  Riesen 
heran,  das  Korn  des  Gefildes  essend.  Man  weifs  aber,  dafs 
„essend^*  hier  nur  malendes  Beiwort  ist  und  also  keineswegs 
bedeutet:  vernichtend,  sondern:  sie  wuchsen  von  der  Nahrung. 
5.  Sie  werfen  Steine.  Von  den  ale  heifst  es  S.  678:  sie  werfen 
alles  um,  wie  die  Aloaden  Berge  türmen.  Aber  das  ist  allen 
Sturmgeistem  eigen,  und  deren  giebt  es  unzählige,  männliche 
und  weibliche.  6.  Sie  sind  Alpe.  Auch  diesen  Zug  endlich 
teilen  die  ale  nicht  nur  mit  den  Aloaden,  sondern  auch  mit 
den  iele,  den  Schwarzelfen,  und  vielen  andern  Gestalten.  Also 
halten  wir  die  ale  für  dasselbe  wie  die  iele,  zumal  da  beides 
aus  illas  entstanden  ist  wie  les  und  elles  franz.  Auch  die 
(h)ale  erzeugen  Krankheiten  (Farn.  a.  O.),  womit  ein  weiterer 
Zug  festgestellt  ist,  den  sie  mit  den  iele  teilen  und  der  den 
Aloaden  fremd  ist  Aufserdem  ist  es  überhaupt  nicht  vrahr- 
scheinlich,  dafs  so  verhältnismäfsig  seltene  Gestalten  sich  aus 
dem  Altertum  bis  jetzt  erhalten  haben  sollten. 

al  bei  e  ein  Spiel,  ein  zerbrochenes  Holzstûck  werfen,  Mar.inmor, 
222,  £bd.  die  Beschreibungen  von  cristeii,  foii,  scroafa,  palma 
furata,  tum,  ciurul. 

alea  lui  ci  a  dorului!  Fam,  29,  535  wie  alili  ochii  mindrii  und  ähn- 
liche =  alelen. 

aleçuire  Verlockung,  Trih,  13,  926. 

A  Umóri  nicht  von  Lémures.     Alimonia?  (nach  Densuçian). 

Alimpeçti  S.  902  mûfste  S.  880  stehen  (bei  Hasdeu). 

al  i  pon  eine  Pflanze,  Trih,  6,  wohl  griech. 

al  i  si  da  Uhrkette,  Sn\  cäL  28.     Scheint  griechisch. 


NEUE  BELEGE  ZU  RÜMÄN.  WÖRTERN  NICHTTf^RK.  HERKUNFT.      221 

amalui,  hobot  ro§-,  roter  Brautschleier  (aus  Venedig),  Mar.  nun.  827. 

amathie  Ungelehrtheit,  Odoh,  i,  301;  griech. 

amenda  Geldstrafe,  Fam,  32,  340. 

am  boi  s  ele   bedenklich,   vorsichtig,   Rev,  er  iL  liter  ara  i,  53.     Slaw. 

boj  sja  fürchte  dich!  mit  der  Endung  le?  wie  altmintrele  u.a. 

Pafst  wenigstens  zur  Form  besser   als  Cihacs  invitare;    Cihacs 

Bedeutung  ist  zweifelhaft,  in  Ungarn  ist  das  Wort  nicht  bekannt, 
amie  für  prietin  Mar.  nun,  125. 
am  in    „Es   soll   also   geschehen"   ist   nur  eine  christlich -kirchliche 

Umschreibung;  genau  heifst  es:  wahrhaftig,  zuverlässig,  wie  im 

rum.  aman,  amanet  u.  s.  w. 

amuçuluesc  wittern,  die  Fährte  verfolgen,  erklärt  Hasdeu  aus 
ung.  messzelátni.  Aber  erstens  heifst  das  nicht  von  fem  em- 
pfinden, sondern  in  die  Feme  sehen,  zweitens  bedürfte  die 
Form  wenigstens  irgend  welcher  Erklärung.  Slowakisch  heifst 
mysliv-ec  Jäger,  eig.  Spürer,  Denker,  vom  gemeinslawischen 
mysli  Sinn,  Gedanke.  Der  Stamm  mysliv  (-ati)  ist  also  mit  vor- 
gesetztem a  fast  buchstäblich  a-muçulu-(esc). 

-an  Ableitungssilbe,  fehlt  bei  Hasdeu,  obgleich  sie  häufig  ist.  So 
bei  Zeitwörtern,  und  zwar  latein.:  derapän,  leagän,  tragan, 
tocänesc;  in  fremden:  grapän,  dragan,  (strädänuesc),  cräcänez. 
In  Beiwörtern,  die  nach  geamän  gebildet  sind  wie  die  vorigen 
nach  seaman  (semino):  oarzän,  boacän,  ^eapan,  morocänos.  In 
Dingwörtern:  jneapän  (juniperam),  leagän  u.a.  Hasdeu  hat 
nur  -äese,  wo  er  S.  22 11  auch  Beispiele  für  -änese  bringt 

äncherdisese  folosesc  me,  mr..  Mar,  nun,  307;  griech. 

anclicel.  Rev,  n,  2,  302,  s.  aglicel,  Hasdeu. 

andai  esc  fortführen,   auf  den  Weg  bringen,    Farn,  32,  212;    ung, 

indulni  aufbrechen. 
Andrei u.    In  diesem  Engel,  welcher  die  Erde  trägt,  sieht  Hasdeu 

den  altpersischen  Andra  (=  Indra).    Möglich,  aber  sehr  kühn, 
androc,  ondroc,  niederdeutsch  für  Unterrock,  doch  wohl  von  den 

Siebenbürger  Sachsen,  jedenfalls  nicht  älter. 

anghilest  ein  Kirchengesang,  Farn.  28,  207;  wohl  von  ayyeXo^, 

an  in  o  sa  Mar,  tnm,  549  —  anina,  se. 

anodin  unwichtig.  Rev,  n,  4,  228;  griech. 

Anfer  panier  hinter  riz  pariz,  za  tea  batea  medü^ului  çerpele  pocni, 
/^öw.  28,  42,  im  Anfange  eines  banater  Zauberspruches,  an- 
scheinend ohne  Sinn.    Vgl.  lan^ura  parjura,  Et,  m.  2973. 

a  o  ce   heifst   hier   in  Bihar  nicht  hier,    sondem  dort;    M.  Pompiliu 

hat  also  ganz  recht, 
a  palt  (selten,  doch  s.  Cihac)  fehlt  bei  Hasdeu. 
apichie  An,  ac,  2,  10,  Mem,  387  wird  als  Bienenkorb  erklärt     Ist 

natürlich  ajcoixia. 
aprobaluesc   Mag.  ist.  2,  255,   richtiger   als    aproväluesc   eb.  253, 

denn  es  heifst  dauern,  von  rass.  probavljatl  fortsetzen. 
aptru(  Hatzi;  Farn.  32,  376. 


222  W.  RUDOW, 

-är  Zwischensilbe  oder  Bildungssilbe,  fehlt  bei  Hasdeu.  In  Zeit- 
wörtern: copiläresc,  frunzaresc,  gustäresc,  die  wie  cuibäresc 
(von  cuibar)  gebildet  sind,  und  so  wohl  auch  ürmäresc,  nicht 
von  urmare.  Beiwörter:  copiiäresc,  lätäre^,  lungäret,  lau- 
daros u.  a. 

arädesc  Fam,  32, 381,  sonst  arädaesc,  ebd.  aräduesc,  setze  in 
Gang,   ung.  eredni  anfangen. 

aret  erklärt  Hasdeu  in  den  älteren  Stellen  mit  Herausforderung, 
um  es  mit  arët  zusammenbringen  zu  können.  Man  wird  aber 
in  dem  Worte  eher  das  gleichlautende  aret  Umgebung  sehen, 
welches  Hasdeu  aus  dem  ung.  erre'tt  hierher  erklärt  Wen- 
dungen wie:  wie  fìciorul  merge  in  aretul  fetei  lassen  jedoch 
noch  deutlich  genug  erkennen,  dafs  in  aret  eigentlich  heifst: 
im  Rücken,  hinter,  demnach  gleich  franz.  arrière  (von  adretro 
wie  inderei  von  in  de  retro).  Ebenso  frz.  après,  eigentlich 
nur:  nahe  bei,  also  der  umgekehrte  Uebergang.  Also  heifst 
aret  in  den  älteren  Stellen  Rückhalt,  Rückhut,  was  sehr  gut 
pafst. 

arhon(da)  von  ccqxoov,  nicht  von  ¿QXOÇt  wie  Hasdeu. 

arihnandä  tatnarä,  jüd.  Schimpfwort,  A/,  T.  19,  26. 

ariol  ein  Heilkraut  gegen  Geschwüre,  dessen  Blätter  auf  dem 
Rücken  rot  sind,  Farn,  29,  258. 

ariug,  ariuç  von  ung.  aljas  schlecht,  gering. 

arm  atúrese  bewaffnen.  Mar,  thmor.  125;  mr. 

armisti^iâ  Waffenstillstand,  Odoò.  1,  ^20, 

arc  Keule,  wohl  deutsch. 

arçin  (amici?)  weifser  Baumwollenstoff,  Sdv.  cäl,  96. 

artaraç  ein  Gewächs,  Bur,  Dobr,  255;  wohl  ar{ära§. 

a  r  vu  na  über  aQQaßwv  von  hebr.  ^erâbon. 

aspida  Schild,  Art.  ac,  2,  10,  2,  382;  griech.  ebenso. 

asträgaci  besser  von  eszter gavas  als  von  esztergázni.  Wahrschein- 
lich aber  sind  die  ung.  Wörter  dem  mm.  entsprungen,  da  das 
Grundwort  selbstverständlich  aoxQáyaXoq  ist 

asufla  anblasen.  Mar,  nun,  804. 

a^^  bei  Hasdeu,  unser  spöttisches:  ja  wohl!  hat  sich  was!  ist  viel- 
leicht ac  1  ich  möchte  ;  wie  wir  sagen  :  Das  möchtest  du  wohl  ! 
Besonders  spricht  hierfür  die  Wendung  te-aç,  wobei  nicht  du 
zu  ergänzen  ist,  sondern  vedea  =  ich  möchte  dich'  sehen, 
spöttisch  =  sehe  nichts,  keine  Spur,  wie  alle  Beispiele  H.s 
zeigen.  Doch  kann  man  ac  ^  auch  vom  gleichbedeutenden  nng. 
az!  (das!  zu  ergänzen:  wäre)  herleiten. 

-ät  Zwischensilbe  in  Zeitwörtern,  fehlt  bei  Hasdeu:  cäp(ät)iie8C9 
sbur(ät)äcesc,  schiop(ät)ez  u.  a.  Wie  die  entsprechenden  -Sc, 
-äg,  -äl,  -an,  -är  zeigen,  hat  auch  Hasdeu  die  Endungen  un- 
vollständig behandelt,  wie  vielmehr  seine  Vorgänger. 

atac^  (de  apoplexie)  ist  nichts  anderes  als  atac^  Angriff,  AnfìuL 
Wie  Hasdeu  es  mit  axrtxóg  zusammenbringen  kann,  verstdie 
ich  nicht. 


NXUB  BELEGE  ZU  RUMÄN.  WÖRTERN  NICHTTÜRK.  HERKUNFT.      22^ 

Atana,  Name  Avesti^s,  Mar.  nasc,  29.    Atanasia? 

alinea  aufhalten,  Farn.  3it  15;   a  se  — . 

and.  S.  21 12  berichtet  Hasdeu,  das  Volk  halte  den  Wolf  für 
schwerhörig  und  nenne  ihn  deshalb  n'aude.  Aber  trotz  ihm 
mid  Vulcan  Farn,  29,  496  ist  dies  n'  nicht  nu,  sondern  na, 
wie  das  folgende  na  vede,  auch  von  H.  n'avede  geschrieben, 
zeigt  Wenn  dies  noch  einer  Bestätigung  bedürfte,  bietet  sie 
Ar.  ard.  3  nr.  3,  wo  die  beiden  „Hunde"  Aude-bine  und  Vede- 
bine  heifsen,  wie  im  deutschen  Märchen  Hörgut  und  Sieh- 
scharf.    Also  gerade  das  Gegenteil  dessen,  was  H.  sagt. 

Avisuha,  Name  Avesti(as,  s.  Atana. 

avazame  mr.  Lack(leder),  Mar.  nunia  692. 

bSbärnge  ein  Gewächs,  Farn,  ^2^  320. 

baca,  a  da  —  fallen  (Kinderwort),  Äiar,  nasc,  340;  uiig.  bukni  das 
selbe.     Nach  Hasdeu  schallnachahmend. 

bacfon  siebenbûrg.  Art  Tombak;  Conv,  lit,  17,  188:  pacfon;  ung. 
pakfon  (fremd). 

baciu.  Obgleich  Hasdeu  Bd.  3  S.  XXX  das  Wort  noch  einmal  er- 
wähnt, hat  er  unsere  Berichtigung  unberücksichtigt  gelassen,  da- 
her wollen  wir  das  Zeitschr.  Bd.  19  S.  420  Gesagte  wenigstens 
kurz  begründen.  Hasdeus  Ableitung,  sehr  schwierig  wegen 
des  Tones  und  des  Nichtausfallens  des  c  vor  ci  (conacciu), 
wird  unmöglich  dadurch,  dafs  -gi  im  Türkischen  unmittelbar 
nur  an  Dingwörter  tritt,  an  Zeitwörter  nur,  indem  es  i  (y)  vor 
sich  nimmt.  Statt  des  nicht  vorhandenen  bakéi  hätte  er  also 
bagygy  voraus.setzen  müssen,  wovon  er  selbst  bad  nicht  wird 
ableiten  wollen.  —  Ebenso  abzulehnen  ist  seine  Behauptung, 
die  rumänischen  Hirten  gebrauchen  kein  ung.  Wort,  s.  olum. 
Also  kann  ebenso  baci  von  ung.  bácsi  herkommen,  das  in 
ganz  Ungarn,  wenigstens  soweit  Magyaren  wohnen,  sehr  be- 
liebt ist,  selbst  bei  vielen  Nichtmagyaren,  als  vertrauliche,  doch 
zugleidi  achtungsvolle  Anrede. 

badián,  sem!n^  de  — ,  semen  anisi  stellati,  Conv,  lit,  26,  459; 
anis  badiane. 

baba,  a  prinde  —  sich  unwillig  stellen,  Mag,  ist,  i,  408,  vgl.  4,  5; 
8.  blha. 

bahniç  sumpfige  Stelle,  Sev,  cäl.  99.  Hasdeu  zieht  hierzu  mit  Recht 
bählit.  Unter  Bahlui  fragt  er,  ob  dies  nicht  =  bälhui  sei, 
welche  Frage  gewifs  jeder  bejahen  wird.  Dennoch  erklärt  er 
unter  bälhui  oder  vielmehr  bälhac:  „Das  h  in  bahnä  kann 
das  in  bälhac  (wozu  er  bälhui  stellt)  nicht  erklären";  und  ver- 
weist auf  provenz.  bale 

bah  ti  se  sc  langweile,  nicht  von  osm.  bahtsyz  (Hasdeu),  sondern 
von  Bxax^iC^m  bin  beschwerlich. 

bäiade  (ofienbar  bäieze)  se  Bur,  Dobr,  38  —  scalde  se;  s.  bäiez, 
Et.  magn. 


224  W.  RUDOW, 

bai ba fir  Stoff,  Kleid  (Brautgeschenk),  Mar.  nun.  679;  s.  baçbafîr 
El  magn, 

bäibäräcar  Händler  mit  bäibärace,  Uric.  2,  41. 

baideraç  Schal,  Slav,  nov.  100,  von  baidir. 

bal  Ball,  Cron,  3,  339. 

bala  Ballen,  Cron.  3,  325. 

bälä  /a/72.  30,  19,  140  =  balaie;  bälu^  163;  ^  Ei.  magn. 

balabusta.     Die  Juden  sprechen  es  balabojt. 

bäläcesc  enthält  nichts,  was  an  „Geifer*'  erinnert  Da  neben 
b(ä)läcäresc  auch  b(a)lâtâresc  vorkommt,  wie  der  Wechsel 
zwischen  c  und  t  haufìg  ist,  s.  Seelmann,  Aussprache  des 
Latein.,  halten  wir  letzteres  für  ursprünglich  und  leiten  es  von 
slaw.  blato,  russ.  boloto  u.  s.  w.  ab,  =  Sumpf.  Denn  bäläcesc 
bedeutet  an  allen  Stellen:  im  Schmutze  plätschern;  dasselbe 
bezeugt  Laurian  ausdrücklich  für  bäläcäresc  Die  Bedeutung 
„schmutzige  Worte  reden"  ist  offenbar  übertragen.  Bei  bälä- 
tuçel  kann  man  eher  an  Geifern,  begeifert  (bälat)  denken,  da 
dies  recht  gut  auf  das  Kinn  pafst  In  andern  Rätseln  wie 
Liedern  kommen  noch  ganz  andere  Derbheiten  vor:  pula 
u.  dgl.  Vielleicht  aber  ist  das  sonst  unbekannte  Wort  verhört, 
verschrieben  oder  verdruckt  fur  pâmatuçel  Wattebüschel  zum 
Schminken,  womit  das  Kinn  recht  gut  verglichen  werden  kann, 
da  beide  weich  und  rundlich  sind. 

balamuc  auch  Irrenhaus,  Farn.  30,  236  und  oft 
bälänesc  me  saufe  mich  satt  (Ochsen),  banat,  Fam.  30,  19.   Von 
bälan,  einem  der  häufigsten  Ochsennamen? 

bälaur.  Nach  S.  2969  täun  von  tabanum  oder  von  tabonem? 
Vgl.  päun. 

bäldäbac  plumps!  Isp.  b.  385,  s.  Ei.  magn. 

bälmejuitor  Schwätzer,  Cron.  i,  iio;  balmuç. 

Báñate  Fürstentümer,  Fam.  28,  122,  weiterhin  dafür:  palate. 

banda  Fam.  29,  199  =  banta  Band. 

bänez  lebe,  mr.,  Mar.  nun.  305.    S.  Ei.  magn. 

bangäesc  summe,   Vuliurul  2,  I4>  i)  vgl.  boncäesc. 

bänuesc  bei  Cihac  von  bánni,  nicht  banni. 

bara  Pfütze,  banat.,  Fam.  ^2,  176;  s.  Ei.  magn. 

barâçt-,  barâtuiu  hindurchgehen,  scheint  ung.  beeredni  hineingehen 
(ins  Marktgedränge).  Das  ung.  Wort  liegt  um  so  näher,  als 
die  Motzen  fast  nur  auf  Märkten  mit  Ungarn  zusammenkommen. 
Wer  aber  in  eine  Bude  geht,  möchte  etwas  haben;  daher 
vielleicht  die  Bedeutung:  begehren.  Demnach  wäre  bärätuiu 
ursprünglicher  als  bärä^tuiu,  wie  dies  von  vornherein  wahr- 
scheinlich ist;  das  ç  wird  auf  Vermischung  mit  dem  Transitiv 
beereszteni  hinein(gehen)  lassen  zurückzuführen  sein.  Beeredni 
fehlt  in  den  Wörterbüchern,  ist  jedoch  in  der  Sprache  des 
gemeinen  Mannes  sehr  üblich,  wie  das  entsprechende  kieredni 
sich  hinausscheren,  Pesii  Hirlap  1897,  31.  Jänner:  Akinek  szfik 


NEUE  BELEGE  Zu  RUMÂN.  WÖRTERN  NICHTTÜRK.  HERKUNFT.      22$ 

a  kocsma,  eregygyön  ki!  Vgl.  Beeresztelek,  Magyarország  1897, 

7.  März  =  ich  lasse  dich  ein. 
barájese  schimpfe,  Bur.  Dohr,  i8ò;  nach  Et,  magn.  von  barito. 
barba  impëratului  lies  Császár  statt  Tsászár  bei  Hasdeu. 
bärbänoc  Immergrün,  Mar,  nun.  267,  760;  bräbänoc  Farn,  20,  1 1 1. 

Von  verbena. 

barbur  Tressen,  Coîw,  HL  22,  542;  s.  Ei,  magn, 
barca  Barke,  Cron.  3,  408. 

bardic  Streitaxt,  Cron,  i,  278,  über  niss.  berdysa  von  (Helle)barde. 
So  auch  barda;  bárd  (Ei,  magn,)  ist  höchstens  vermittelnd. 

Bardoçi  Eigenname  in  Bihar,  Bardoç  (Ei,  magn,  2528)  mid  ung.  -i. 
bar  is  feines  Kopftuch,  Alees,  teairu  486  (Fam,  30,  451  bariz);  franz. 

barège. 
barme  Mag,  isi,  2,  316:  in  coroanâ  ci  b.  Hermelin? 
bärnu^  Tnò,  6,  292  =  bämaci. 
barcón  (Samt)  Band,  Calendarul  Arad,  1890,  76. 
bäsädesc  rede,   Fam,  32,  416;    ung.  beszéd,  beszéini,   slawischen 

Ursprungs, 
bas  a  mac  Schnaps,  Rev,  n,  4,  340;  wie  Bassamanelka  ung.  baszam 

a  lelkedet  =  ich  habe  deine  Liebste  (eig.  Seele)  beschlafen, 
bascare^   wohl   Frosch,    Fam,  30,  342:    picioare    bäscäre^ele   (des 

Frosches).    Vgl.  broasca. 

basm  S.  2614  fehlt  bei  Hasdeu  die  im  Märchen  so  haufìge  Pfändung, 
bastara  verderbliches  Wetter;  vielleicht  vastare? 
baçte  in  der  Einzahl  s.  u.  bisca. 

bâtâtoresc  gehe  oft  (einen  Weg),  í?<ít/.  «.  3,  35;  s.  bat,  Cihac,  Vlah. 
an  de  l,  195. 

batea  Fam,  2^^  42;  s.  Ei,  magn, 

bätelicte  Tanzplalz,  Cr,  ammi,\  vitelor  Hürde,  Fam,  31,  484. 

batlog  Behälter  (für  Schnaps),  Bur,  Dohr,  72. 

bätuel  Stab,  Rute,  banal..  Mar,  tnmor,  81;  von  bat 

baur  ist  wohl  ein  neues  Wort;  die  Bergleute  des  Erzgebirges  sind 
meist  Deutsche  und  werden  die  Rumänen  als  Bauern  so  nennen. 
Aehnlich  kirvai  Hasdeu  2881  f.  u.  a.  Wenn  es  ebd.  heifst,  die 
Rumänen  vermischen  sich  nie  mit  den  Deutschen,  wie  sollen 
denn  dann  die  zahlreichen  einst  sächsischen  Dörfer  rumänisch 
geworden  sein?  —  Und  so  haben  Rumänen  und  Sachsen  vieles 
von  einander  entlehnt,  wie  es  bei  dem  engen  und  langen  Zu- 
sammenleben nicht  anders  möglich  ist.  —  Ung.  por  Bauer 
heifst  mehr:  arme  Leute.     S.  unten  päuri^a. 

b  den  i  e  Mag,  tsi,  4,  303  =  denie. 

bechi u  nichts  (mit  nu),  keinesfalls  osmanisch  birschâj,  wie  Cihac 
will,  sondern  wohl  ung.  betü,  da  k  und  t  gerade  in  Ungarn 
beständig  wechseln.  Also  nu  sdu  bechiu  =  weifs  keinen 
Buchstaben,  Laut;  bechiu  kommt  nur  in  dieser  Redensart  vor. 

be  ci;  berbeci  de  acii  beci.  Bur,  Dohr,  59.  Scheint  nur  die  letzte 
Silbe  von  berbeci  zu  sein,  die  öfter  wiederholt  wird. 

Zeiuchr.  l  rom.  Phil.  XXIL  I5 


226  W.  RUDOW, 

bedeñi  mr.  Pelze,  Mar,  nun.  725. 

behebe  Schaf,  Brazi  putr,  148;  pentru  behebe  vei  präpädi  ^\  pe 
mihobo  (Pferd).     Schall  nachahmend. 

bela  CO  sa   kostbarer  Stoff,  Odoh.\^^2\\    belecose  Mag.  ist  ¿^^  117. 

Italienisch, 
beibin  oc  Sev.  ca¿,  11^  =  bräbänoc,  bärbänoc, 
belceu  Wiege,  Mar,  nasc,  324,  Farn,  32,  367;  ung.  bolcsdí. 
bel  fer  doctor,  Bogdan.  pov.  2^%,  profesor,  /äw.  23,  40,    eigentlich 

jüdischer  Hilfslehrer  (Behelfer),  dann  Schulfuchs. 

benghiuça  Karren,  Protze,  Sev,  cäl.  85. 

berbant  kann  auch  aus  brigante  umgestellt  sein;  vgl.  Trede,  Das 
Heidentum  in  der  römischen  Kirche  2,  58,  wonach  ita!.  Mütter 
ihre  Kinder  liebkosen:  Mein  kleiner  sûfser  Brigant,  im  gleichen 
Sinne  wie  berbant.  Berbantlic  kann  für  die  türkische  Her- 
kunft nichts  beweisen;  vgl.  deputatile,  spionlîc  u.  a. 

b ertila  Fäm.  31,  416  neben  barta,  also  etwas  anderes. 

beçic  prügeln  (blasig),  Conv.  Iti,  18,  195. 

betâr  istrisch,  Mar.  inmor.  133  =  betrin. 

beteala  Rev.  n.  2,  216  =  peteala. 

betejune  Krankheit,  Mag.  ist.  2,  196,  von  beteag. 

beteçig  Farn.  32,  309  =  beteçug. 

bib  an  Rev.  n.  4,  325  ein  Edelfisch,  Perca  fluviatilis,  dmv.  ItL 

bibi linca  niedlich  (Weib),  Rev.  crii.  Hi.  i,  76,  =  pipilica. 

bicaçel  Farn.  19,  170,  von  bicaç. 

bica(i   präji^i   in   mustul  lor  Odob.  3,  38    Schnepfen,   bicá^t  becaf; 

vgl.  Bekassine, 
b  i  di  g  an  i  e   Conv.  lit,  2 ^^  ¿^21  =  dihanie.     bidigäi    (vom  Küchlein) 

Calend.  Arad.  1892,  90,  wohl  dasselbe. 

bîha,  a  pune  —  schmollen,  banat,  Trih.  13,  866.  Vgl.  serb.  buha 
Floh  und  unser  ähnlich  übertragenes:  einen  Floh  ins  Ohr 
setzen.  Besser  Hasdeus  befa,  obgleich  das  auch  noch  Zweifel 
läfst. 

bijbiesc  tappe,  Isp.  ¿.  129,  211;  s.  bizäesc. 

bina  Bühne,  Amicul  familiei  8,  238. 

biri§  Lohnarbeiter,  Farn.  31,  380;  ung.  bérés.  Biriçie,  birí^esc  für 
Lohn  arbeiten  ebd. 

birsa,  bir^a  Stuck  Holz  am  Pñuge,  Mar.  Desc.  54,  wo  bärsa  ver- 
glichen wird.  (?) 

bisca  Schaf,  Farn.  30,  327.     S.  Et.  magn. 

bitie  Schöpfung  (alt),  Farn.  28,  206,  russ.  bytija. 

bitoanc  Rev.  n.  3,  392  =  bitang. 

b  i  ton  g  uneheliches  Kind,  Mar.  nasc.  60;  das  vorige. 

bîvaç  störrisch  (Pferd),  Farn.  ^2f  176;  wohl  von  bîha. 

b  lago  ein  Bischof,  Rev.  n.  4,  340;  slaw. 

blana  Brett,  Bur.  Dobr.  181. 

blasgoina  Uric.  77,  s.  blazna. 

blegit  Odob.  ^f /\i  =  bieg. 


NBUE  BELEGE  ZU  RUMÂN.  WÖRTERN  NICHTTÜRK.  HERKUNFT.      227 

blehäesc  vgl.  blafien  =  kläffen. 

blictri  Kleinigkeit,  nichts;  ung.  ebenso.     Scheint  oberdeutsch. 

blidâçel  Schûsselchen,  Mar,  nasc.  153. 

blocioresc  Calend.  Arad.  1892,91  =  blotäcäresc. 

bloj  ein  Führer  der  Caluceni,  Farn,  26,  66;  nach  Mangiuca  nr.  50 

»^nutul";  vgl.  biejdesc,  oder  von  imblojesc  maskieren. 
boacän(ä)  derb,- arg.     Carag.  Ttatru  145:  prea  e  b.  Panfu  Lint^- 

tea   casei  169    dummer  Streich,    ung.  bökkenö  Anstofs,  Haken 

(bei  der  Sache),  haperig. 
boamba  banat  Pille,  Mar.  inmòr.  244. 
boasca  Traber,  Farn.  2g,  247. 
bobiner  it  Nachlese,  Kömer. 
bobocesc  schwellen  machen,  Farn.  28,  138. 
bocnä  eisstarr,   Creangä  amint.    Auch  boacna,  also  =  boacäna? 
boconcios  Fufssoldat  (in  Ungarn),   Vuliurul  i  nr.  17;  bocanca. 
b  o  dir  lau.     Cihacs  Erklärung   scheint    besser  als  die  Scheineanus. 

Odob.  I,  399. 
bodor  Ochsenname,  Farn.  }^2y  236,  auch  ungarisch:  kraus, 
bog  Gott,  Gaster  LH.  pop.  498;  slaw. 

boghet  Blässe  (Fleck  auf  der  Stirn),  Cr,  aminL)  vgl.  benghiu. 
bogonisesc  Odob.  i,  66  =  borborosesc. 

bogorodi^a  Gaster  Lit.pop.^^fì^  slaw.  Uebersetzung  von  ^foroxoç. 
boi  tar  Viehtreiber,  Slav.  nov.  297;  ung.  bojtár. 
boldaç  Farn.  31,  307  =  boltaç. 

Bolea  ein  Schreckgespenst  für  Elinder,  Mar.  nasc.  340. 
bolesne  Krankheit,  Odob.  3,  16,  Farn.  20,  326;  russ.  boljeznï. 
bol  fei  Holzstûcke  oder  Wurzeln,  Bur.  Dobr.  127. 
bolmojeala  Wirrwarr,  Clit.  17,463;  von  balmuç. 
bol  und  Narr,  bolunzesc  närrisch  werden,  Farn.  30,  284;    ung.  bo- 

lond,  von  blöde  oder  altsl.  bl£(dû. 
bombone  bomboan^e  Bonbon,  Rev.  n.  i,  108;  2,  301. 
bombos  körnig,  Farn.  31,  338;  von  bumb. 
bone  a  Levkoje,  Mar.  nasc.  280. 
bon  e  ta  Haube,  Mar.  nun.  Sia  f.;  frz.  bonnet, 
bongos  einfaltig,  Cr.  amint.]  ung.  banga. 
bon  goce  Spangen,  Rev.  n,  2,  299;  vgl.  ung.  bone  dasselbe.    Oder 

von  baug  Ring? 
bontëu  ein  Teil  der  Wassermühle,  vielleicht  Schleuse,  Gaz.  Trans. 

1896  nr.  160;   wohl  ung.  bontó,  eig.  trennend, 
bore  Krug,  nach  Mangiuca  nr.  40  auch  italienisch, 
bore  asa  Farn.  28,  26  scheint  boiereasa.     S.  boroi. 
borlote    russische    Kriegsschiffe,   An.  ac.  2,  10,  2,  385;    vgl.   russ. 

borotl  kämpfen, 
borniet  Conv.  lit.  22,  538,    in  Bihar  bornyeu,   Farn,  32,  224,   Tor- 
nister; von  ung.  borju  Kalb, 
boroi  heifst  der  Zigeuner  Bogdan  pov.  82;  von  boier. 
borsuna   Bodensatz   stehender  Gewässer,    zum  Färben   gebraucht. 

Mar.  crom,  10. 

15» 


228  W.  RUDOW, 

borçesc  me  auch:  schwelle  auf  (von  Leichen),  Farn.  31,  601. 
bor  za  Alp,  Mar,  Desc,  29;  vgl.  borzos. 

b  o  scardi  Siebensachen,  Alecs,  und  sonst  oft.  Aus  podgheaz  ent- 
stellt, wie  mocar  Jean  aus  mocan? 

bosconifa  Zauberin,  Mar,  tiasc,  394;  von  bosconesc. 
bosmachi  Schuhe,  Alees,  teat  ru  1 1 5 1  ;  s.  posmag. 
bo^ar  Melone,  Farn,  24,  3. 

botcänac  Büchse  (für  Salben),  Farn,  30,  440;  s.  botca. 
botia  Korn  (Mohn),  Mar,  nasc,  257. 

bo^,  se  pune  —  la  inimä,  Zeichen  des  nahen  Todes,  Mar,  tnmor,  24. 
bo^-chilimbo^  Cr,  Harap  alh\  s.  bo(  und  chilin. 
bo^urel  Farn,  31,  558,  von  bo{. 
bozu  banat.,  Fam,  2^2 y  176,  wohl  bozärie. 
brädan(ac)  Totentanne,  Mar,  inmor,  98. 

brânduça,  EJrokus  und  Herbstzeitlose  werden  als  br.  de  primävara 
und  br.  de  toamnä  oder  mor^ilor  unterschieden;  Mar,  crom,  9. 

braniçte  auch  Befestigung,  C.  ///.  17,  449;  serbisch.    Cihac  bringt 

statt  dessen  eine  Menge  anderer  Wörter, 
brata  Bruder,  C.  ///.  24,  1093;   slaw. 
brean  a  Fam,  29,  503  =  mreana. 

br  ebete  Art  Sperling,  Fam.  29,  247,  wohl  =  vräbiete. 
breciri   banat.   gestickter   Gurt,   Fam,  25,  603;    wie   bräcinar  von 

bracie. 
brizna  betrübt,  istr..  Mar,  inmor,  133. 
brojdii   de   curechiu   Sev,  cäL  26,   gehacktes  Fleisch  und  Reis   in 

Kohlblätter  gewickelt 
brotai  dummes  Kind,  Fam,  32,  350,  =  brotoc. 
bru  diu    einfältig,    Gaster  Lit,  pop,  319;    vgl.  poln.  brud  Schmutz, 

brzydki  häfslich. 

bruma  auch  (in)  Menge,  C,  lit,  18,  194. 
bru  sin  Mar,  crom,  10  =  borsuna. 

bru  stur  Klette,  vgl.  ung.  borosta  Bürste,  wegen  der  Stacheln, 
bua  Mar,  nasc,  321  if.  in  Wiegenliedern,   nach    den   ersten  Lauten 
der  Kinder  gebildet. 

buburuze  Krümchen,   Vlah,  vîlt.  15. 

bucea  £isenreif  in  der  Nabe,  nach  Rev,  n,  i,  41  lat.  buccella. 

bucheludeazla,  bucheri^azdra  slaw.  Buchstaben,  Cr,  amini. 

bucta  Jsp,  pilde  ^  =  butca. 

bucur  von  bucea,  das  in  îmbuc,  bucata  erhalten  ist,  über  baccalà 
Mûndchen.  Also  eigentlich  Mäulchen  machen,  vergnügt  sein, 
wie  maulen,  verdriefslich  sein  vom  grofsen,  häfslichen  Monde. 

budihacea  (delà  groapä)  Gespenst,  daher  auch  Wolf,  Cr,  omini. 
budulesc  më  schere  mich,  Fam,  ^2,  309;  ung.  bodorogi  schweifen. 
b ugnar  Amie,  fam,  8,  238  =  butnar. 
buh  an  a  Fam,  31,  547  =  buhna. 

bule  a  Semmel,  Mar,  nasc,  136,  inmor,  277.  Bulcu  häufig  als  Eigen- 
name.   Vgl.  platt  Bult(en)  =  Klump,  Kloiis. 


NEUE  BELEGE  ZU  RUMÂN.  WÖRTERN  NICHTTÖRK.  HERKUNFT.      22g 

buleandra  nicht  Fleck,  sondern  Plunder,  womit  es  zusammenzu- 
hängen scheint.  Doch  kann  es  auch  slaw.  Form  für  fleandära 
sein,  vgl.  poln.  barwa  Farbe.  Mangiuca  nr.  2  weist  es  auch 
im  Westromanischen  nach.     Hasdeu  hält  bul  für  den  Stamm. 

bum  acca  (von  einer  Banknote  gesagt),  Monitor,  unrv.  liier ar  i,  13. 
Russ.  bumaika  Papierchen. 

bumben,  a  durmi  b.  schlafen  wie  ein  Ratz,  Isp,  B,  377.  Von 
Bombe?  bombenfest?    Vgl.  bumbäesc,  Cihac. 

bumbiçor  oder  buba  in  cap.  Anthémis  tinctoria, 
bun  de  vaca,  bou  Farn,  29,  247,   geronnenes  Blut  im  Magen  (des 
Rindes),  Kennzeichen  guten  Milchviehes. 

buntuzuesc  verwirren,   aufstören  (Feuer),  Mar.  nasc,  2%y^   ungar. 

bontani 

bur  a   dichter  Nebel,    a  bura  fein  regnen.  Mangiuca  erklärt  diese 

Nr. 53  vom  ital.  borea,  bur  (buio);  ich  möchte  abur  vorziehen. 

busna  Sev.pov,  252  =  busta,  von  ung.  buzditni  aneifern, 
buç  Brocke  (Salz),  Farn,  28,  147,  banat 

butures^e,  norocul  sttns  b.  mit  Stumpf  und  Stiel,  Fam.  26,  66, 
s.  budur,  Cihac. 

buvnä  zusanmiengeknotetes  Tuch,  womit  der  geschlagen  wird,  der 
nicht  richtig  antwortet,  dann  das  Spiel  selbst,  Mar.  inmor.  198. 
S.  buina,  Cihaa 

buzdurä  de  cujit  C  lit,  24,  1093,  schlechtes  Messer.  Eig.  wohl 
Scheide,  ungar.  puzdra.  An  cu^it  angebildet  custurä,  Cihac, 
Farn,  19,  17 1. 

buzunar  von  franz.  poche?  Vgl.  ung.  puzsu  Muschel;  zur  Be- 
deutung unser:  Nische,  ursprûngl.  Muschel.  Gerade  in  Ungarn 
ist  puzunar  haufìg. 

cablucä  Haken,  Sev,  Cài,  16. 

cäcäläu  Haufen,  Isp.  B.  373,  eig.  Dreck,  voq  lat  caco. 
cädelni{ez  beweihräuchern,   Vlah,  an  de  lupiä  51. 
calamandros    (mit  Milchsatten)    Lärm?   Cr,  amint.     Die  Zigeuner 
sagen:  kalamandro!  im  Sinne  von:  Geh  zum  Henker! 

calärie  Reitpferd,   V,  Rusu  Susp,  104. 

caläu  Henker,  Zigeunerwort 

calcävurä  Tracht  Prügel,  AI.  T,  669,  11 76.     S.  calca,  Cihac. 

calcefaue  =  orcic,  s.  d. 

câldârar  auch  ein  Vogel,  Farn,  31,  486,  Gimpel  ebd.  535. 

cal  e  a  valea  schlecht  und  recht,  leidlich,  Farn,  und  sonst  oft. 

calothie  mr.  Heil,  Mar,  nun,  306,  griech. 

cal^aveta  von  beata  (vitta)  beeinflufst? 

câlugâraç  auch  ein  Vogel,  Mönch,  Gartengrasmäcke,  Farn.  31,  507. 

cälugerei  eine  hyacintenähnliche  Blume  mit  gelbem  Kelche,  fünf 
wagerecht  abstehenden  Blättern  und  fünf  schwarzen  Staub- 
faden.    Ungarn. 


230  W.  RUDOW, 

cal u ceri  vgl.  caluçel  Pferdchen,  calumar  Pferdeführer,  bândiger  «= 
Kunstreiter?  Vgl.  geambaz.  Nach  Mangiuca  Nr.  50  Collini 
Salii.  (!) 

cam  nicht  quam;  eher  quodammodo,  vgl.  cum  (quomodo). 

camila  auch  ein  Kinderspiel,  Mar,  tnmor.  206. 

canac(i)  Farn,  31,  380  entstellt  oder  verdruckt  aus  dem  folg. 

canaf  nicht  arab.,  Cron,  i,  453  cänafe  sau  säccori  de  lastra  (s.  d.). 
Also  nicht  (nur)  Franse. 

cananarchisesc  buchstabiere,  Ghica  Scr.  55.  Von  xavœv  CiQXf¡ 
Anfang  des  Kanons? 

canar,  puiçor  c.  Kanarienvogel,  Odob,  scr.  i,  290. 
cancelarie  Kanzlei,  Mar,  nun.  153  im  Volksliede. 
can  ci  Û   sburätura   (vom  Raben  gesagt),   Fant.  Bland,  1889,  20,' 6? 
Zigeunerwort 

canfor  Kamfer,  BihLpop.  7,  8. 

canonesc  quäle,  Braziputr.  181,  me  vom  Sterbenden,  ringe,  Mar. 
tnmor,  35. 

cantal ärie  Kanzlei,  Farn.  30,  175. 
can  uri  Farn.  28,  63,  Mar.  tnmor.  99,  Cr.  amint.  Hede, 
cäpäuca  Jagdhündin,  C.  Negruzzi  i,  194;  von  copou. 
cäpcän  Hundskopf,  ursprünglich  sicher  latein. 
capei ca  Kopeke,  Cron.  3,  44. 
capra  auch  ein  Spiel,  Mar.  inmor.  204. 
cäprior  Dachbalken,  Panfu  schife  77. 
cap  sa  Zündhütchen,  -kapsei,  Sev.  cäL  214. 
captar  Bienenkasten  ebd.  25. 
cäputätura  C.  lit.  17,  122,  s.  caputa. 

cäräbänesc  karre,  schleppe,  Bibl.  pop.  \i.  —  me  schere  mich, 
C.  lit.  17,  73. 

caracú  da  Rev.  n.  2,  320.    Soll  eine  Meerschnecke  sein,  frz.  caracole. 

c aramele  Zuckersachen,  C.  lit.  25,  567.     Franz.  Kandis. 

cärangele  =  cärugele,  Farn.  32,  332. 

carapace  Rev.  n.  4,  340  scheint  franz.,  obgleich  in  Volkserzählung. 

cärindar  Härtung,  Jänner,  Fam.  28,  205;  =  cäiindar. 

cärcäesc  =  cärcnesc,  Fam.  30,  566. 

cärlion^  wohl  wie  coluns. 

cárnacsí  geh  zum  Teufel!  Jessas!  (vor  Schreck),  AL  T.  1563. 

cärnic  Isp.  B.  329,  zu  cäm? 

carofealä  Narrheit,  Gura  satului  ij  Nr.  2. 

cärstel  Fam.  31,  484  =  cärstei. 

c  arto  for  Kartenspieler,  Rev.  crit.  lit.  i,  77  (als  volksüblich). 

cärugele  ein  Gewächs,  Fam.  ^2,  320. 

cäsac  auch  Hausgenosse,  Mar.  inmor.  19. 

cascaund  Dummkopf,  Maulaife,  Isp.  B.  22g.     S,  case 

cäsnat  häfslich,  Mar.  nun.  501,  eig.  gequält,  von  caznä. 

cacca  val  nach  Mangiuca  Nr.  15  Pferdekäse. 

cätäfes  Blaumeise,  Fam.  31,  486. 


NEUE  BELEGE  ZU  RUMÄN.  WÖRTERN  NICHTTÜRK.  HERKUNFT.      23 1 

catavasie  ein  Kirchengesang,  Farn.  28,  206,  s.  catavasier. 
cabálese  jungen  (von  der  Hündin,  cäfea),  /ö/w.  32,  368,  dann  sich 

verbreiten, 
ca^ie  Odob,  i,  422  =  cäfuie. 
cafip?  Dumitresco,  Cani,  na  f.  98. 
caulä  kleines  Boot,  Farn,  2X,  506. 
câusaç  Genosse,  AI.  T.  760. 
caznic  Sagapenum,  Conv.  lit.  26,  452;  slaw, 
ceasornic   aus  ceasovnic   wie   gherghir   aus    ghevghir,    nicht  weil 

oarä  unmöglich  wäre,  vgl.  chipotä  u.  a. 

ceferticat  Car,  7*.  12  =  çfertecat 

ceiuç  einer  der  caluceni,  s.  bloj. 

celäu  Betrüger,    C,  lit,  24,  1093:   cane  ci  e  Farn,  29,  491  Betrug. 

Ung.  esalò  Betrüger, 
celednic  Diener  ist  poln.,  nicht  ungar.,  Cr,  2,  221. 
celnic  Besitzer  von  Schafherden,  mr..  Mar,  inmor,  5. 
cerne (ia  Kinder,  Sprossen,  ung.  csemete,  Mag,  ist,  5,  13. 
cercala  Art  Sack,  Mar,  D,  165,  von  cere  Kreis, 
cetärez  auch  prügeln,  Bogdan  pov,  113. 
chele fs esc  auffordern,  Cron,  3,  327,  xbXbvö-, 
chemba  m  mr.  =  toacä,  BoL  Cài,  66. 
chembrica  cambray  (Stoff),  Isp,  Juc,  72. 

chenezat  Bezirk  des  cneaz.  Mag,  ist,  2,  246^  knezat  Bev,  n,  2, 103  f. 
cherapleç  Vogelscheuche  (Schimpfwort),  AI,  Z  518;  ung.  kereplés 

dasselbe,  eig.  Geklapper. 

chescheneu  C.  lit,  22,  535,  chischineu  Rîndunica  Hermannstadt 
I,  2,  16,  Tuch,  Binde,  ung.  kézken^. 

chezaçie  auch  Fafsunterlage,  -bettung,  Odob,  i,  84. 
chiag  Vermögen,    a  avea  —  vom   wohl  versehenen  Hause:    sicher 
stehen,  C,  lit,  18,  196. 

chibitca  russ.  Wagen,  Kibitke,  Bogdan  pov,  20, 

chi  che  sc  putzen,  schmücken,  C,  lit,  22, 1 1 13,  =  chitesc  Farn,  22,  4. 

chichirez  Kreisel,  Unruhe  im  Mühltrichter,  welche  das  Durchlaufen 
des  Kornes  regelt,  Mar,  nasc,  421,  sonst  pärpäri^a;  auch  Witz, 
Bibl,  p,  to(i  18,  72:  piesa  mai  förä  kikirez;  vgl.  chichinej. 

chichina  Wagenkclle  oder  dgl.,   C,  lit,  18,  202,    wohl  zu  chica  = 

Anhängsel, 
chichina  Schwierigkeit,  Rev,  er  it,  lit,  1,86;   zu  chichion. 
chicuta  eine  Krankheit,  C,  lit.  17,  119. 
chiegla  Kegel,  Rev,  n,  ^^  iii. 
chifla  Kipfel,  Mar,  nun,  379. 
chilänesc  Rev.  n,  3,  253  =  chilävesc. 
chi  lea  la  Alecs,  teatru  897  =  pileala. 
chille  nicht  cella,  sondern  griech.  xoiZla, 
chima  xvfia,  nicht  latein. 
chindesitura  Besatz,   Calicul  Hermannstadt  12,  212,  von  chindäu 

(C.  lit,  24,  1092). 


2^2  W.  RUDOW, 

chîndeaue  Art  Bahre,  Mar.  inmor,  251;  in  Ungarn  runder  Kamm 
oder  Knochenstûck,  worum  man  die  Zöpfe  wickelt 

chinoros  Kienrufs,  Farn,  29,  314.     C  //'/.  26,  452  chinorosa. 
chi  no  via  Rev.  n.  4,  209  =  chinoviu. 

chiomb  de  bätrin  alter  Knast,  C,  lit.  25,  442;  vgl.  cloamba. 
ch  io  tor  i  (de  afa)  Heftel  den  Mantel  zu  schliefsen.  Rev.  n.  i,  iio; 
aber  auch  casei.  Mar.  trad. pop.  i,  52. 

chipärefele;  secerele  cu  din^i  de  — ?  Burada  Dobr.  32. 
chiraleisa   kyie  eleison,    Cr.  atnint.     Anscheinend  auch  ein  böser 

Geist,  Alees,  t.  616,  vgl.  Gottseibeiuns.    So  rufen  die  Kolinden- 

gänger  nach  Mangiuca:  Die  Colinda. 

eh  i  randa  Mamsell,  Cr.  amint.^  von  xvQioq,  chir. 

ch  ir  chi  lit  betrunken,  vgl.  chileala. 

chir  fósala  (§i  ris)  KJchern?  Cr.  amint. 

ch  ironica  wohl  Bettlaken,  Bur.  Dohr.  66. 

chisälie  Elend,  Mar.  inmor.  125. 

chiscuesc  zwitschern,  Bogdan  pov.  241,  von  pise 

chi§biräu  Unter-,  Nebenrichter,  Fam.  31,  212;  ung.  kisbiró. 

chita;    acum  mi  i  —  jetzt  ist  es  mir  eins,   Brazi  put.  184;    wohl 

quitt, 
(tace)  chi  tic  Fam.  30,  50  =  pitie. 

chi  ti  lin,  lin  ci  — ,  Gaz.  Trans.  1896  nr.  143;  =  cätinel. 
chitiçoara  Mar.  nun.  744,    von   chita  =  pita,    weil   als   gogoaça 

erklärt. 

chitonag,  womit  man  Löcher  in  die  Erde  bohrt,  Sev.  cäl.  179. 
chinea  banat.  Kleidungsstück  der  Weiber,  /l7jw.  30,  31. 
chi^ibuç  auch  Ausflucht,  Kunstgriff,  Bogdan  pov.  166. 
chiù  ta,  a  face  cu  —  etwas  oft  oder  unabsichtlich  thun,  Cr.  amini, 
chiv  Saum,  Amie,  famil.  8,  99;  s.  tivesc. 
chivuclion  Schrein,  Cr  on.  3,  300,  von  chivot. 
ciacäu  Tschako,  Am.  famil.  8,  44. 
treti  ciac  nie  Fam.  15,  505;   für  crâçnic?  (ein  Titel), 
ci  au  na  heulen,  Calend.  Arad.  1892,  94. 
eie  Fam.  28,  123  banat.  =  cioc. 
cicalo  s  Bibl.  pop.  8,  39  =  ticälos,  banat 
cu  ciga-miga  leicht,  Fam.  28,  290;  ung.  csiga-biga  Schnecke, 
ciguri-miguri  Sack  und  Pack, 
cimea  =  çtim. 

cinaç  hübsch,  Fam.  31,  350;  ung.  csinos. 
cinchina  Mähne,  Bur.  Dohr.  55. 

cintila  Edelfink,  Fam.  31,  484,  535,   wo  auch  die  andern  Finken 
aufgezählt  werden. 

cinzeaca  Gaster  IM.  pop.  541   =  singeaca. 

cioara   nach  Mangiuca  nr.  9  von  corax,  jedoch  nicht  unmittelbar. 

Auch  ein  Spiel,  Mar.  inmor.  213. 
ci  o  bac  a  vgl.  Schebecke. 
cioc  auch  Kinnbart,    Calend.  buair.  1893,  34;    cioc,   ciocan  u.  s.w. 


NEUE  BELEGE  ZU  RÜMÄN.  WÖRTERN  NICHTTÖRK.  HERKUNFT.       233 

erklärt  Mangiuca  als  Schallnachahmnng,i  weil  der  Uebergang 
aus  poln.  dziub  nnmöglich  sei.  Der  Wechsel  des  Anlautes 
aber  ist  derselbe  in  ciuma  aus  dzuma.  Zum  Auslaut  vgl.  ciuc 
=  ciuf,  cimpesc  cinchesc  cintesc  u.  a. 

ciocärlie  erklärt  Mangiuca  nr.  gi  ebenso  als  Schallnachahmung. 
Eher  ist  es  noch  Mischform  aus  kroat.  skèrlac  (wie  ciovirta 
aus  çfert)  und  òavèrljuga. 

cioclovina  Spiefsgesell  Brazi  putr,  203,  von  cioclu. 
ciocorofleandura    ein   Schimpfwort,    Alees,  U  1330;    scheint    aus 
cotroñeandura,  cotroflanj  (s.  d.)  entstellt. 

c  io  cu  lese  schnäbeln,  unmittelbar  von  ung.  csókolni  küssen, 
ci  od  o  1  an  (pe  buturä)  Pfropfen,  Deckel?  Farn,  22^  T, 
ciohäesc  schwatzen?  Sàura  pav.  289,  =  cihäesc. 
ciondromänesc  streite,  Co/.  Trai.  7,  93;  von  cioandra. 
ciopata  Isp,  b.  343,  s.  ciosvîrta. 

cioplesc  erklärt  Mangiuca  nr.  8  aus  Wörtern,  die  auf  lat.  capu- 
lare  zurückweisen;  vgl.  cioara. 

ciopor  Haufe,   Vuliur.  2,  10,  14;  ung.  csoport. 

ciora-bora  Sev.pov,  216  =  ciorobor. 

cioreci  Art  Ungeziefer,  Arhiva  4,  75. 

ciorlopolog  Mar.desc,  198. 

cioropinä  Zigeuner,  Isp,  B,  203.    Vgl.  ciorobäesc. 

ciorovoiala  Farn,  30,  516  —  ciorobor. 

ciorpandel  Zigeuner,  Bogdan  pov,  62. 

ci  or  so  i  Männlein,  Kerlchen,  Rev,  n,  3,  254. 

ci  osca  cioasca  Frosch  (banat),  Farn,  28,  4. 

ciosvertä  =  sfert.  Rev.  n,  i,  9. 

cioçmolesc  me  säume,  halte  mich  auf.  Con,  lit,  io,  377. 

ciot  auch  Baumstumpf,  Farn.  32,  602;  s.  cloaca. 

ci  o  vi  e  ä  vgl.  noch  ung.  csóka  Dohle. 

circa  erklärt  Mangiuca  Nr.  74  aus  it.  car(i)ca. 

circe g(e)  Flasche,  banat.,  Fam,  28,  40. 

cirsi  e  (le  Saschei)  Col,  Trai,  1876,  360,  Berg  oder  Abhang? 

ci§-ceva  ein  wenig.  Mar,  inmor,  20. 

cite^  auch  Leser,  Cron,  3,  300,  vgl.  ëïtïcï. 

ciúblie  kleine  Töpfe,  Kochgeschirr,  Fam,  32,  344. 

ciuciuca  geduckt,  Panf,  Un,  cas,  164.     S.  cioica  Cihac. 

ciuciurau  Wasserbehälter,  Fam,  29,  535;  aus  cintura. 

e  inda  weist  Mangiuca  Nr.  11  dem  romagnol.  ciudar,  heftig  zûmen, 
zu.  Ob  dies  aber  echt  latein  ist,  bleibt  höchst  zweifelhaft. 
Dagegen  ist  der  Begriflfswechsel  nicht  unmöglich,  wie  Mang, 
meint;  auch  im  Deutschen  ist:  ich  mufs  mich  sehr  wundem 
ein  höflicher  Ausdruck  für:  bin  unzufrieden,  ärgerlich.  End- 
lich   ist   ciujdesc   so   offenbar   slawisch,    dafs  dieser  Ursprung 


*  Vgl.  cioc  boc  Ton  der  Axt,  Bur,  Dobr,  34,  Mar,  nun,  770;  boca  boca 
des  Holzes,  im  Gegensatze  zu  lipa  lipa  dem  des  Siebes,  Jspir,pild€  29. 


234  W.  RUDOW, 

wahrscheinlicher  ist.  Einmal  für  allemal  ist  daran  zu  erinDcm, 
dafs  das  Slaw.  sogar  in  die  Schriftsprache  der  Italiener  ein- 
gedrungen ist;  wieviel  mehr  ist  das  bei  den  Mundarten  mög- 
lich. Die  sl.  Bedeutung  Wunder  hat  ciudä  nodi  jetzt,  s.  Dani, 
Col.  28. 

ciuflesc  Farn,  30,  440  =  dufulesa 

ciuin,  rädäcina  de  —  radix  saponariae,  Conv,  ¡iL  26, 457  ss  dulin? 
ciumagiu  in  Ungarn,  Farn.  32,  405,  Wurm,  wohl  Regenwurm, 
ciumele  BihLpop,  16,  i   sa  dnel. 

ciump  wohl  vom  gleichbed.  Stumpf,  vgl.  altsl.  6uidl  und  ituidL 
ci  um  p  agit  (Zugvieh),  das  ermüdet  die  Beine  schleppt,  &9.  ^¿í/.Sq. 
ciumurluiesc  nicht  von  ciuma,  sondern  wie  durmulechiu. 
ciungesc  =-  ciuntesc.  Mar,  desc.  187. 
ciup  Haar,  Mar,nasc.^i^,  s.  duc  Cihac  (mold.), 
ciurat  (mit  Löchern)  gestickt,  Farn.  29,  511;  dur. 
ciurlos  mit  gesträubtem  Haar,  Farn.  27,  610. 
ciurmulechiu    eine  Krankhdt,    Farn.  32,  212;    ung.  csömör  dass., 
eig.  £kel.     £bd.  ciumu(r)lechiu,  368. 

ciuç  Schnabel  Isp.  Ptlde  38,  C.  Iti.  22,  5q6.  Vgl  doc 
ciuçte,  çiuçte,  (uccä  Tuch,  in  einen  Knoten  gebunden,  das  die 
im  Kreise  hockenden  Spieler  unter  den  Knieen  in  die  Runde 
gehen  lassen  und  womit  sie  den  in  der  Mitte  Knieenden,  der 
es  suchen  muís,  von  hinten  schlagen,  wobei  du  oder  duçti 
gerufen  wird;  dann  das  Spiel  selbst,  Mar.tnmor.  196.  Uebrigens 
ebenso  am  Harze  üblich.    S.  ciucca  Cihac    Auch  buvnä,  s.  d. 

ciuçti  (in  colo,  —  in  coace)  husch  (hin  und  her)  ebd.  bd  Marian. 

ci  vert  =  sfert,  Gaster  LU.  pop.  504. 

clâbe)  weifse  Ziegenfellmûtze,  Farn.  26,  66.  Vgl.  calpac;  ongar. 
kalap  Hut 

clacä  Frohndienst,  will  Mang.  Nr.  99  auf  ital.  calca  zurückfuhren, 
Gedränge,  Versammlung.  Da  aber  die  Sache  slawisch  ist,  wird 
es  auch  das  Wort  sein.  Die  Bedeutungen:  Versammlung  zu 
freiwilUger  Arbeit,  Spiel  oder  Geschwätz  könnte  man  eher  dem 
Latein,  zuweisen.  Gewisses  wird  sich  hierüber  (wie  vielfach) 
erst  sagen  lassen,  wenn  man  die  Geschichte  des  Wortes  kennt. 

cläpänesc  Panfu  schife  98  =  clämpänesc  Etym.  mágn.  2535. 
clap  äug   Hängohr,    Mar.  D.  66,    von  Klappohr,    slaw.  ucho  Ohr? 

S.  clapca. 
clapc  klapp!  schwapp!  Isp.  basme  sn.  106,  vom  folg. 
clapca    Falle,    Klappe,    Isp.  B.  12S,    tschechisch  klapka  Augenlid 

(eig.  Klappe), 
cleapça    Klaps,    Schlag    und    ein   Spiel    damit.    Mar.  tnmor,  204; 

clepçe  Prägel,  Mar.  /rad.  pop.  i,  60. 

clengesc  s.  clenciu,  Farn.  22,  257. 
den  od  Kleinod,  Trio.  6  Nr.  8,  auch  ungarisch. 
clep§esc  schlagen.  Mar.  tnmor.  204;  s.  cleapcä. 
eli  na  Abhang,  s.  inchin.  Rev.  n.  i,  171. 


_^.j'i. 


NEUE  BELEGE  ZU  KUMÂN.  WÖRTERN  NICHTTÜRK.  HERKUNFT.      235 

clintesc  leitet  Mangiuca  von  clin(it)are  her  (Nr.  95).  So  ganz 
zweifellos  ist  aber  auch  diese  Ableitung  nicht,  weil  cl  nicht 
unverändert  zu  bleiben  pflegt;  ebenso  sind:  neigen  und  ver- 
renken, verrücken  sehr  verschieden.  Dagegen  pafst  asl.  krs^titi 
(sc)  genau  zu  (s)crinti. 

dipese     Slaw,  klapati  u.  s.  w.  wohl  vom  deutschen  klappen. 

clisis  Neigung  für,  An,  ac,  2,  10,  2,  429.     Griechisch. 

dit  Schicht,  Lage,  Rev,  ».  2,  216,  Fam.  25,  505,  vgl.  clina. 

cloncänesc  C,  liL%  f^t  — s  croncänesc. 

dos  tei  Schilfwurzel,  Bur,  Dohr,  22, 

cloruri  Odoh.  i,  283  =  crosuri. 

clucsa  (ciucia?)  Falle,  An,  ac,  2,  10,  2,  392,  wie  clenciu. 

cluntä,  a  se  Itia  la  —  sich  in  die  Haare  geraten,  Farn,  32,  339; 
s.  coluns. 

CO  ab  a  will  Mangiuca  Nr.  88  von  cupio  herleiten,  was  nicht  mög- 
lich scheint. 

coate-goale  ganz  wörtlich  Schubbejack,  Car,  T,  7. 

cobernä  nach  Mang.  Nr.  44  von  caverna.     Mit  Koben  vermischt? 

cobäl^iez  erschüttern,  vgl.  kobolz? 

cobi  izan  ein  Schimpfwort,  langer  Tölpel,  Cr,  am, 

coc  Haarwulst,  Ghüa  conv,  ec,  315,  frz.  coque. 

cocina  Schweinestall,  nach  Mang.  Nr.  57  von  cot  (cubitus)  Winkel. 
Den  Uebergang  von  ti  in  ci  will  er  mit  näscocesc  begründen, 
das  jedoch  von  inascotere  höchstens  näscoate  gegeben  hätte. 
Indessen  wechseln  (  und  d  auch  sonst,  also  kann  man  die 
Erklärung  gelten  lassen.     S.  das  folg.  und  cote^ 

cocioaba  Hütte,  nach  Mangiuca  Nr.  56  ebenfalls  von  cot.  Dabei 
bleibt  aber  die  Endung  völlig  unerklärt.  Hasdeu,  Eléments 
turcs  u.  s.  w.  S.  1 5  erklärt  es  als  tschagatäisch  :  Himmelswohnung. 
Hierunter  aber  pflegt  man  etwas  andres  zu  verstehen.  Wohl 
wie  unser  Kabuz,  Kapuz,  Kabutsche  (Loch,  Winkel),  urspr. 
schlechte  Hutte,  wie  Kapelle  eine  zierliche  bedeutet. 

cocirlä  =  schimboaie,  s.  daselbst    Von  coc-oç? 

cocon  nach  Mang.  Nr.  14  wie  genues.  cuccun  =  cocco. 

co  dan  ac  (a)  Farn,  29,  572,  wohl  =  codaç. 

codirlä   auch   wer   im  Knöchelspiel  zuletzt  Bei  wirft,   Isp.juc,  79 
Von  coadä? 

codobatura,  ihre  Arten  s.  Farn,  31,  558. 

codoccä  de  babä  C ////.  1 1 ,  34,  etwa  Teufelshexe;  coada? 

cofär  (Cihac)  ist  wohl  Käufer. 

coftärie  kostbarer  Stoff",  bedrucktes  Zeug,  Bur.Dobr,  60;  s.  d.  folg. 

coftir  Art  Zeug,  Mag,  ist.  1,308,  4,337.    Von  coviltir? 

cogäl^  gluck  (beim  Schlucken),  C///.  17,  73.     S.  cocälf. 

CO  h  Trtb,  IG,  962,  Ungar,  koh  Hütte,  Schmelzofen.   Von  kochen. 

cojan  Kleinknecht,  Panfu,  Lin,  cas,  162,  Tölpel  eb.  107.  Russisch 
koian  Lederkittel?  Möglich,  vgl.  Blaujacke,  Teerjacke  u. s.w.; 
doch  kann  es  auch  osttûrk.  qòéan  Geselle  sein,  Zeitschrift  d. 
deutschen  morgenländ.  Gesellsch.  24,  255. 


236  W.  RUDOW, 

coläcime  Brauch,  den  Beistanden  nach  der  Hochzeit  Kringel  zu 

geben,  Mar,  nun,  766. 
coläesc  Gton,  Mthat  20  =  gälgäiesc. 
colcer(ijä)  Helfer  bei  der  Hochzeit,  Mar,  nun,  236  u.  vorher;  483 

coläcer  (colac). 
col  ce  a  g  scheint  eher  slaw,  als  osmanisch. 
coleghiu  oberste  Behörde  Kleinrufslands,  An,  ac.  2,  10,  2,  450. 
CO  li  ad  nie  Weihnachtsweissagung,  Gaster  LiLp,  5 14  f.  Slaw.  ebenso, 

jedoch  urspr.  wie  colinda  aus  dem  Rumän. 

colie  Farn,  30,  174  wohl  colilie. 
coin  a  re  Gabel  einer  Wurzel,  Mar,  nun,  501. 
colnici  banat  Fufskrankheit  der  Ziegen,  Farn,  28,  148. 
colop  Hut,  ung.  kalap,  Foata  de  dumin,  i  Nr.  11,  4. 
colmar  Sev,  cäL  96  =  dreptar,  Cihac. 
col  (un  auch  Wurst,  Bogdan  pov,  13. 

coluns  eine  Haartracht,   Cr  on,  i,  27,   ungar.  kolonc,  von  Klunker, 
ndd.  Klûnse(l),  im  Mist  verfìlzte  Haare  des  Rindviehes. 

com  ana  c  ist  ohne  Zweifel  aus  camilavca  entstellt 
comanda  Befehl,  An.  ac,  2,  10,  2,  440. 
comändäluesc  kommandiere,  An,  ac.  2,  10,  2,  410. 
comandarisesc  griech.  Form  des  vor.,  ebd.  439. 
coman daç  eb.  394,  Commandeur. 

comandir  Odoh,  i,  280,    comendir  An.  ac,  2,  10,  2,  406;    aus  dem 
Russ.  wie  das  vorige. 

comedie  Komödie,  C,  lit,  15,  9,  Farn,  26,  574. 
comer^om  Handel,  An,  ac.  2,  10,  2,  454. 
cómicos  Puppenspieler,  Pompiliu  Antol.  34.    Von  Komiker, 
com  in  a  auch  Trichter,  Farn,  28,  4,  serb.  komin.     (Banat). 
comisar  Mar.  inmor.  211. 

comornic  Schatzmeister  (Kämmerer?),  Cr  on.  i,  231.    S.  comoarä. 
conäcärie  Gesang  des  Brautführers,  Cr.  am,     S.  conäcar,  Cihac 
condoresc  (banat.)  betrauern  (Tote),  Mar.  inmor.  404. 
condra^ei  Ungeziefer,  Käfer  u.  dgl.,  Isp,  B,  398.     Vgl.  ung.  kan- 
dics  dasselbe,  eig.  schielend. 

cone^  Ausgang,  Ende,  An.  ac,  2,  10,  2,  383.     Slawisch, 
con  federa  t  verbündet  (in  Polen),  An.  ac,  2,  10,  2,  366,  383. 
confistator  Eroberer,  span,  conquistador,  ebd.  437. 
con  gres  ebd.  406. 

co  no  fait  bestäubt.  Mar.  desc,  294.     Griech.  xoviç, 
contoraç  Kûsterlein,  cantor,  Bihl.pop.  8,  15. 
contrac  in  Ungarn  Spieler  der  zweiten  Geige, 
controbon^  Contrebande,  Ghica  Conv.  ec.  290,  aus  dem  Ung. 
condii  Mitglied  des  Dorfvorstandes,  Fam,  2^^^  326. 
copae    Schale   (der  Muschel)    oder    ähnliches    (im  Rätsel),    Ispir. 
Bilde  22i.     Hinjescu,  Broverbele  rom.  38  Trog,  serb.  kopanj. 

copcä,  copee  Verbindung,  Haken,  nach  Mang.  Nr.  30  zu  copida, 
copar(%  spätlat.  für  copulare,  oder  zu  capere,  wie  agrafe,  das 


NEUE  BELEGE  ZU  RUMÄN.  WÖRTERN  NICUTTÜRK.  HERKUNFT.      237 

er  nach  Du  Gange  ebenfalls  für  latein.  hält,  obgleich  Greifer 
daneben  steht  Copea  ist  damit  freilich  nicht  erklärt;  man 
muíste  es  denn  als  falsch  gebildete  Einzahl  von  copee  (das 
allerdings  hàufìger  ist)  ansehen.  Â  se  duce  pe  copea  zum 
Teufel  gehen,  coptoresc  aushöhlen  haben  mit  vorstehenden 
aber  nicht  das  geringste  zu  thun.  Bulgar.  kopku  (rum.  copea) 
Loch  im  £ise  gehört  vielmehr  zum  altsl.  kopati  graben. 

CO  pi  {es  e  zertrete,  Farn.  29,  503;  s.  copita. 

cop  or  lie  Spaten,  Farn,  19,  294,  russ.  koporulja  dasselbe. 

corajie  Mut,  Rev.n.  2,  303,  zunächst  aus  dem  Deutschen:  Guraschi. 

cordiç,  a  cauta  e.  banat.,  Fam,  32,  344,  gleich  dem  folg. 

cordila  umschauen,  um  nicht  bemerkt  zu  werden,  ebd. 

cord  un  (uri)  Postenkette,  Kordon,  An.  ac.  2,20,  2,  392,  russ. 

corespondenfie  Erwiderung  (der  Freundschaft),  ebd.  418. 

corlar  Taucher,  Gazeta   Trans,  1890  Nr.  38.     S.  corla,  Cihac. 

cor  m  an  =  curmea  (s.  d.),  an  corhanä  angebildet? 

cornaci  wohl  Pflüger,  von  coarne  Pfluggriffe,  Bur,  Dohr,  58. 

cornalina   Odob,  i,  422  Koralle? 

coroapeä  Tragkorb,  Ren,  n,  2,  117.     S.  coropear,  Cihac. 

corpos  Heereskörper,  An,  ac,  2,  10,  2,  438,  corpus  gr. 

cortoroci^ä  Zeltzigeunerin,  Mar,  nasc,  334,  von  cort. 

c  o  s  e  ä  i  Raben,  Bu r,  Dobr,  1 1 4. 

costeliv  knochig,  Odob,  i,  436,  3,  157  und  öfter;  russ.  kostlivyî 
dasselbe. 

CO  tarifa  banat.  Korb,  Fam.  32,  344. 

cotarla  Vieh?  C,  lit,  10,  19. 

coteä  Ball,  Isp,  Juc,  4. 

cotet  schlechter,  kleiner  Stall,  Loch,  Gefängnis,  nach  Mang.  Nr.  55 
von  cot  wie  cocina.  Er  hätte  übrigens  angeben  sollen,  wo 
cot  die  Bedeutung  Mauerwinkel  hat;  für  gewöhnlich  heifst  es 
nur  Biegung  (des  Weges);  allerdings  vereinigen  auch  Ecke 
und  Winkel  beide  Bedeutungen. 

cotinä  Sumpf?  Ghica  Conv,ec,^\^, 

cotle{  Verschlingung  des  Fadens  (der  Stickerei),  Mar,  nun,  502. 

CO  tor  nach  Mangiuca  Nr.  58  von  cubitorium,  da  coto(n)iu  Geflügel- 
schenkel  heifst 

cotoroage  Gallert  von  Füfsen  (des  Schweins)  leitet  Mang.  Nr.  54 
ebenfalls  von  coturi  ab,  nach  ihm  „Gliedmafsen".  Hieraus 
entstünde  unser  Wort  durch  die  Endung  -og,  wie  jeder  Bauer 
einsähe.     Dafür  cotonoage,  Cuza  vers.  88. 

cotrean^a  Mar,desc,  158  =  sdreantä. 

cotrob  Höhle  (im  Baum),  Fam,  31,  265;  s.  cotropesc 

CO trof leant  Kartofîelpflanzer,  banat,  Fam,  32,  344,  Schimpfwort 
für  die  Deutschen. 

cotofleandura  dasselbe,  Ispir, 

cojunpoc  banat  Sack  und  Pack,  Fam,  32,  344.    Auch  (ocunpoc. 

coveltir  Rev,  n,  2,  287,  gewöhnlich  coviltir,  Farn,  23,489,  30,  441 
Decke,  frz.  couverture. 


238  W.  RUDOW, 

CO  Vir  gì  c  Besatz  von  weífsem  Lammfell,  Rev,n.  i,  iio,  von  covor. 
covifesc  quiecken  (vom  Ferkel),  Farn.  31,  535,  s.  gui^,  covi^esc. 
crab  le  (in  chipul  inimii),  also  ein  Medaillon,  Mag.  tsL  2,  316,  altsl. 
krabii,  s.  Cihac  coropcar. 

crac  banat  Fufs,  Farn,  32,  344,   wal.  Beinling  Farn.  ^2,  409. 

crache  Kreuzfahrerschiíf,  Cron.  i,  384.    Frz.  caraque. 

crai  auch  ein  Spiel,  Mar,  intnor,  204. 

craidon,   bäiat  c.   Cal,  bue,  1893,  32    Schuldenmacher,    LeichtfofSy 

von  crai, 
cräicor  (auriu)  ist  nach  Farn.  31,  486  Goldhähnchen. 
Grampus   Tratan  9,  1106  Knecht  Ruprecht,  Kinderschreck,  ungar. 

krampusz. 
crasis  Wesen?    A§a  mi  i  crasisul,  C  lit.  17,  253. 
crävai  Geschenk  für  die  Wöchnerin,  banat,  Äfar.  nasc,  136. 
eres  tat  auch  ein  dreieckiges  Gebäck,  Mar,  inmor,  166. 
cref  kraus  will  Mang.  nr.  19  entweder  aus  ital.  conrezzo  oder  aus 

cirrus   (cirtus,   cirtius,   cire^ius,   cretius)   oder   aus  ital.  grinzo 

erklären;  wir  bleiben  lieber  beim  Slaw.    Oder  *curvitius? 

creçtin  braucht  nicht  durch  das  Slaw.  gegangen  zu  sein,  wie  das 

Mr.  zeigt 
cremar  Kjreuzer,  Farn.  6,  211. 
crincen  grausam,  erbittert,  nach  Mangiuca  nr.  59  lat  cmentinus; 

auch  wohl  crunt  von  cruentus;  kroatisch  krut  kann  vom  Rum. 

beeinflufst  sein, 
crîngului    insofindu-se   fliehen   sie   (also    in   den  Wald)?   An.  ac, 

2,  IG,  2,  391. 
crinolin  (im  Volksliede)  Farn.  ^2,  236. 
crîsnic  Sev,  cäl,  80  =  cärstnic. 
crîçcadate   Erwerb,    umbla   în  —  Fam,  30,  91.     Ung.  keresked 

erwirbt 
crîçnic  =  cärsnic. 

crocmal  Conv.  liU  26,  453  =  crohmalä. 

ero  e  sc  heifst  auch  erfinden:  a  croi  minciuni,  vgl.  aufschneiden, 
cron^onesc  beifsen,   knirschen  (Zähne),  /¿zm.  30,  iii;   im  Ungar. 

gronfonesc,  vgl.  ron^äesc;  grunzen? 

crosurile  Cron,  3,  444,  croturile,  col(urile  441  (gestickte)  Kante 
der  Decke;  scheint  nicht  =  colf  Ecke.  Vgl.  russ.  kni2evco 
Spitze,  Kante,  Krause  (gestickte). 

cru  cerea  C.  lit.  9,  328:  Cruceroaea  lui  Çerban  in  codri  Ghengbii 
stand  un  an  .  .  în  Galani  cu  totul  vine,  Eigenname? 

e  rund  Mar.  D.  340  wohl  =  cre(. 

crucile  brazilor  Zweige?  Mar.  nun.  249. 

ctitor  nicht  xxîjzœQ,  sondern  xTitœç. 

cue  Kinderwort  =  culc.  Mar,  nasc,  324. 

cucéber    (tschechischer)   Händler,    Fam.  15,  164,    zunächst   ungar. 

kucséber,  das  auch  Schnaps  heifst,  Szabadság  20  nr.  3,  5. 
cuciu  Hündchen,  nach  Mangiuca  nr.  78  gleich  dem  ital.  caccio. 


NEUE  BELEGE  Zu  RUMÂN.  WÖRTERN  NICHTTÜRK.  HERKUNFT.      239 

cucumelci  banat  Schnecke,  Farn,  32,  176  (zigeun.). 

cu(t)curicu  Kikeriki,  nach  Mang.  nr.  47  Naturlaut. 

cudalb  weifsschwänzig,  Mar,  JD.  31,  von  coadâ. 

cucie(r)  Kutsche(r),  An.  ac,  2,  10,  2,  448  =  cocie. 

cuhnie  auch  ein  Wagen,  Mag.  ist,  i,  379. 

cu j ban  Kleidungsstück,  Bur,  Dohr,  142;  s.  cujba. 

culimaz  ung.  kulimáz,  slaw.  Radschmiere. 

cu  lo  pan  Windel,  Mar,  nun,  265  xœXojtavov  erklärt,  mr. 

pe  supt  cumpët  noaptea?  An,  ac,  2,  10,  2,  443. 

cüngiur  Farn,  28,  378  =  incungiur. 

cuniçoare  Farn,  28,  27  banat  =  cuiçoare. 

cuparane  mr.  Mantel,  Hasdeu  Isi,  l,  rom.  55. 

cupef  Käufer  wie  precupe{, 

cupir  Körperteil  des  Vogels,  Farn,  31,  535. 

cura  i  esc  Farn,  32,  381   in  Ungarn  =  croiesc. 

cura  toar  e  Eimer,  Gelte,  Sev,  cài.  89;  cura,  eig.  zum  Seihen. 

curm  nach  Mangiuca  nr.  5  von  conrimare. 

curmea  Pñugstange,  Mar,  desc,  53  «=  canna. 

curui  Odob,  1,  64  =  coroi. 

cu  surina  Base,  mr..  Mar,  inmor,  131. 

cuçer  koscher,  s.  trif. 

cu  tat  gefältelt.  Bur,  Dohr,  70;  von  cuta. 

cutropesc   nach  Mangiuca  nr.  66  auch   überwuchern,    daher   von 

trup  eigentlich  =  überkörpem.    Mr.  umgestellt,  Nädejde,  Ist, 

limhei  1 10:  lu  aputrushirâ. 

cu(a  (pin'  la  genuche)  Beinbekleidung,   Rev,  n,  i,  222,   vgl.  Kutzo- 
wlachen. 

cuvenfie  Konvention,  An,  ac.  2,  10,  2,  406. 
cu  vir  Art  Weissagung,  Gaster  Lit,  pop,  ^()%, 

a  da  in  buna  (zu  erg.  voie?)  ermuntern,  Pan  fu  schife  37. 
dabuçelea  kriechend,  Odob,  Mo  fi  Cur  cani  8  7  ;  ung.  busa  Schnecke, 
daca  latein.  da  quod?  gieb  (zu)  dafs,  vgl.  engl,  supposed, 
dädulcesc  sich  an  jmd.  machen,  Isp,  h,  337;  vgl.  dädäcesc,  unter 
dem  Einflufs  von  dulce  umgedeutet. 

dai  na  Farn,  30,  379  =  doina,  der  littauischen  Form  noch  näher, 
dal  a  use  Gebäck  aus  Nüssen  und  Honig,  Farn,  22,  14. 
dan  e  tac  Farn,  30,  351  =  contrac. 

dan  gat  (de  clopot)  Glockenläuten,  Cuza  vers.  27;  vgl.  dandana. 
da  nt  (uè  s  e)  Tanz(e),  Mar.  nun,  562. 
daçtina?  s.  samanie. 

dechemvrie  besser  unmittelbar  aus  dem  Griech. 
a  deciocâla  cárufa  die  Räder  vom  Wagen  nehmen,  C,  lit.  10,  376, 
von  ciocaläu. 

de  di  na  Mar.  crom.  30  =  da  tina. 

dedulce  Fleischspeisen;  Gegensatz  de  post.  Cal, pop,  1888,  85. 

dénie  auch  Schauspielergesellschaft,  Alecs,  t.  532. 


240  W.  RUDOW, 

députât  An.  ac,  2,  10,  2,  416,  im  Volke  dipotat. 
deputatile  ebd.  460  Abordnung, 
dercäci  Farn,  31,  484  =  cärstei. 
de  re  s  BihLpop,  8,  31   =  dres. 

desägäri^a  sammelnde  Nonne,  Clit,  10,  377;  von  desagi  Quersack, 
descebäluesc  me   finde  mich  heraus,   Panfu  Lin.  cas.  181.     Vgl. 
ung.  csavarúlni  drehen,  winden. 

descior  An.  ac.  2,  10,  2,  3Q4  öfter?  von  des? 

descotoresc  me  werde  los,  Cr.  am.  Von  cotpr  Band.  Cihac  hat 
diese  Bedeutung.  Mangiucas  Anklage  auf  Fälschung  ist  also 
wieder  grundlos. 

desmerd.  Auf  dies  Wort  hätte  Mangiuca  achten  sollen:  es  ist 
latein.  de-ex-merdo,  eig.  reinige  von  Schmutz  (merda),  vgl. 
desmaj,  desbrac  enthose;  also  wörtlich  entschmutze,  was  be- 
sonders bei  Tieren,  wenn  sie  ihre  Jungen  lecken,  soviel  ist 
wie  liebkosen.  Aehnlich  heiTst  sauber  auch  hübsch,  lieblich 
(vom  Mädchen).  Der  Uebergang  von  säubern  zu  liebkosen 
ist  keinesfalls  schwieriger  als  die  in  merg,  plec,  sosesc  u.  a. 

despotcovesc  më  verliere  das  Hufeisen,  Farn.  29,  558. 

destruca  Schachtel,  banat.  Farn,  i^y  258. 

deçugubinar  Ç.  IH.  17,  448  =  çugubinar.  S.  Hasdeu,  Din  istoria 
limh.  rom. 

de  ver  Brautführer,  vomie,  siebenb..  Mar.  nun.  215.  Serb.  Viele 
Nebenformen  ebd. 

diacri  sis  Scharfblick,  An.  ac.  2,  10,  2,  431,  griech. 

diafendepsesc  (Vorrechte)  geltend  machen  oder  einfacher  ver- 
teidigen. Volksableitung  von  lat.  defendo?  £bd.  426  diafen- 
defsesc;  wie  es  scheint,  einfach  von  efendL 

diapason  das  rum.  Wort  für  acord,  Ghica  Conv.  ec.lN'y  griech. 
dichici  Schustermesser,  C.  liU  15,  449.    S.  dichis  Cihac. 
die  i  an  Herr,  Bur.  Dohr.  27;  mold.  Wagen  mit  Leuchsen  (Rungen), 
Sev.  cài.  96. 

diclon  de  munte  lignum  visci  quercus,  Conv.  lit.  26,  453. 

die,  Verkürzung  aus  papadie,  Mar.  D.  133,  140. 

diefendefsis  Herrschaft,  griech.  An.  ac.  2, 10,  2,41 1;  besser  Schutz, 

s.  diefendepsesc. 
di  h  Mar.  D.  22¿^  wohl  russ.  dikiï  wild, 
dikeofilax    Rechtshüter,   Titel   Jenäki^ä  Väcärescus,    Odoh.  i,  310, 

326;  griech. 

dimandar  mr.  beauftragen.  Mar.  nun.  692. 

dimicat  brauchte  Cihac  auch  nicht  aus  dem  Slaw.  zu  holen. 

diorismos  Bestimmung,  An.  ac.  2,  10,  2,  431,  griech. 

diot  Rofshirt  mr.,  Mar.  inmor.  5,  griech.  ldi(DZî]ç. 

dir  geradezu,  Caknd.  1892,  93,  s.  dirä  Cihac. 

dir  Farn.  32,  309  =  drept  für.     Auch  dîrt  ebd.  332. 

dir  dala,  slugä  la  —    Viah.  vilt.  70.     S.  durdura. 

dirjala  Stiel  (Axt),  Farn.  28,  147.    Von  dirj  banat.;  s.  odärjcala. 


NEUE  BELEGE  ZU  RUMÂN.  WÖRTERN  NICHTrÖRK.  HERKUNFT.      24 1 

dirmon  Farn,  22,  70  =  dîrmoiu. 

discotorosesc  befreie,  Sev.  Pav,  255.   Von  cotor  Band, 
di  sin  dir  i  e  Ruhr,  Dysenterie,  wofür  lisindirie  offenbar  nur  verlesen 
ist,  An.  ac,  2,  10,  2,  375. 

disti  h ia  Unglück,  griech.  An,  ac.  2,  10,  2,  440. 

divizie  Division,  ebd.  444. 

di  vor  Mar.  nun.  721  =  dever. 

dobä  wird  wegen  toboçar  von  tuba  herstammen. 

doblicesc  Farn,  31,  350  =  oblicesç. 

dobru  gut,  Isp.  P.  38,  russ.  dobryï. 

doc  ein  Stoff,  Fam,  26,  107,  Docke? 

do(i)ni(ä  doch  sicher  eher  zu  don  als  zu  doicä. 

dosluçesc,  desi,  erklären  pafst  nicht  gut  zu  russ.  dosluéati  hören. 
Man  liest  auch  deslúcese;  wenn  dies  nicht  Volksableitung  ist, 
würde  es  auf  des-Iuceo  führen,  also  aufhellen. 

doxa  (la  cap)  Glatze,  eig.  Glanz,  griech.  hp.  snoave:  Mo§  Apec, 
dracila  ein  Unkraut,  Panfu  schtfe  19. 
dracuesc  beteufeln,  verzaubern,  Farn.  30,  427. 
dragai  at  Mar.  desc,  22S  wohl  dragala^, 
drägänesc  liebkosen,  Farn,  29,  339;  s.  drag, 
dragare  Balken,  Mar.  nun.  ^^1  im  Volksliede,   bukow.     Offenbar 
Träger,  wie  daneben  craisamt 

d ragia  (de  cal)  Mähre,  C.  ¡ù.  17,  106.  Eig.  ein  Brettchen  an  einer 
langen  Stange,  womit  man  die  Kohlen  aus  dem  Backofen  holt. 
Vgl.  russ.  drekolie  Kolben. 

drämäluesc  =  drämuesc,  Cr.  am. 

drehlä  ein  Pilz,  Stv.  cäl.  88. 

drejä  de  apa  Wasserpflanze,  Mar.  desc.  344. 

d  ri  mese  banat  zertrümmern,  Farn.  32,  344  =  därim. 

droaie  erklärt  Cihac  aus  drungus,  aber  ng  fallt  nicht  aus.  Serb, 
drolja  unsauberes  Weib  weist  auf  Drolle,  Trolle,  in  Hermann 
und  Dorothea:  Trulle.  Also  der  umgekehrte  Uebergang  wie 
in  Frauenzimmer,  Frauenvolk,  vom  Einzelnen  auf  eine  Mehrheit. 

drobi^ä  nach  Mar.  crom.  8  =  auch  Ginster; 

drobu^or  dagegen  Isatis  tinctoria,  ebd. 

drucuçari  =  näsälie  Bahre,  Mar.  inmor.  249,  drug. 

drug,  a  se  ^inea  drug  alles  aufbieten,  Sev.  P&v.  219.    Spindel  Bur. 

Dohr.  113. 
druzba  Brautführer,  Mar.  nun.  493;  s.  dru§ca  Cihac. 
dugliç  Cr,  am.y  faul,  stinkend,  auch  duhliç,  also  von  duhluesc 
du  culi  se  sich  ziemen.  Gaz.  Tr.  1896  nr.  155,  ung.  dukál. 
duhot  Haarsalbe,    Gura  Satului  i^  nr.  2.     Ungar,  dohat  dasselbe. 

S.  Cihac  dohot. 

dui  (uri)  Beulen,  Fam.  29,  258. 
dulämi^ä  von  dulama.  Rev.  n.  i,  iio. 

dulandragiu  Tagedieb?  C. ///.  20,  140;  doviloç  ai^(>?  Besser  von 
buleandrä  Lump,  vgl.  desmetic  und  besmetic 

Zeitschr.  t  rom.  PhiL  XXIL  l6 


242  W.  RUDOW,   RUMÂN.  WÖRTER  NICHTTÜRK.  HERKUNFT. 

du  mitrila  eine  Blume,  glückbringend,   Vàth.  tîlt.  68,  von  Demeter. 

du  ni  ha  Trib.  lo,  630,  ung.  dunna  (Daunen-)Bett 

dup  übersetzt  Cihac  mit  fossette,   während  es   nach  der  von  ihm 

angeführten  Stelle  Stock  heifst,  also  wohl  von  sl.  dubû  Eiche, 

dubina  Stock. 

dupäcesc  heifst  eigentlich  gerben,  vgl.  C /r'/.  9,  56  ^gâ  dupäcitä 
derber  (gepfefferter)  Spafs,  dann  prügeln,  wie  im  Deutschen, 

du  puro  s  von  dup,  also  nicht  hohl,  sondern  knotig,  knöchern« 
durdurä  derbes  Stück  (Arbeit),  C  ///.  11,  193.     S.  durd  Cihac. 
duriguçul,  te  dai  de  an  —  dollstr  hinunter,  Farn,  19,  171. 
durla  se  hinabsteigen,  DauL  CoL  25.    Vgl.  d'a  dura, 
duro  ri  eine  Krankheit,  Farn,  29,  247;  lat  dolor, 
duçnic  Luftloch  (am  Backofen),  Farn.  28,  iii.     Russisch  ebenso, 
dverä   Cron,  3,  300,   russ.  dverï  Thùr,   Farn.  32,  363  der  Eingang 
zum  Allerheiligsten. 

dvorbitor  aufwartend,  C,  lit  9,  333  f. 

dvoresc  warte  auf  (bei  Hofe),  Cron,  i,  139.  Russ.  dvorO  Hof, 
dvoryi  Hofmann  u.  s.  w. 

(Fortsetzung  folgt.) 

W.  Rudow. 

Beriohtigimg. 

S.  225.  Bechi  ist  nicht  betû,  sondern  ung.  pety  ein  sinnloser  Laut,  davon 
petyegni  lallen,  vgl.  pitye  Küchlein,  pityegni  piepen,  kety  Tick,  ketyegni 
ticken. 


à 


VERMISCHTES. 


I.   Zur  Litteraturgeschichte. 

Ein  neues  Artusdokument 

Das  eben  erschienene  Prachtwerk  von  Max  Gg.  Zimmermann: 
»,Oberitalische  Plastik  im  frühen  und  hohen  Mittelalter*'  (Leipzig, 
A.  G.  Liebeskind  1897),  dessen  hohe  Bedeutung  die  Fachleute  zu 
würdigen  haben,  bringt  auf  Seite  44  den  Romanisten  eine  eigen- 
artige Ueberraschung,  welche  das  Portal  an  der  nordöstlichen  Seite 
des  Domes  in  Modena  enthält  Hier  die  Beschreibung  des  Herrn 
Prof.  Zimmermann:  „kn  der  Umrahmung  des  Tympanon,  welche 
nach  innen  mit  Rosetten  in  Kassetten  verziert  ist,  befindet  sich 
nach  aufsen  eine  Darstellung  aus  der  Sage  vom  König  Artus. 
[Abb.  18  giebt  das  ganze  Tympanon  in  Lichtdruck,  und  ich  be- 
daure  überaus,  dieselbe  hier  nidit  bringen  zu  können.]  Es  handelt 
sich  um  die  Bestürmung  einer  Burg,  welche  die  Mitte  des  Rund- 
bogens einninmit.  In  ihren  Mauern  sind  zwei  Personen  WINLOGEE 
und  M  ARDO  C  sichtbar.  Links  schreitet  aus  der  Burg  ein  Mann 
BVRMAITVS  drei  Reitern  entgegen,  welche  hintereinander  auf 
die  Burg  zureiten.  £r  holt  mit  einer  Hacke  zum  Schlage  nach 
dem  vordersten  aus.  Dieser  ist  inschriftlich  als  ARTVS  DE  BRE- 
TANIA  bezeichnet;  der  zweite,  ISDERNVS,  sinkt  rücklings  vom 
Pferde;  der  letzte  Reiter  hat  keine  Namensbezeichnung.  Auf  der 
rechten  Seite  reitet  aus  der  Burg  ein  Ritter  CARRADO^  ihm 
kommen  ebenfalls  drei  Reiter  entgegen,  welche  durch  die  Bei- 
schrift GALVAGIN,   GALVARIVN  und  CHE  bezeichnet  sind.« i 


^  Hier  sei  noch  bemerkt,  dafs  auch  das  Architrav  desselben  Portals  eine 
bildliche,  uns  weiter  hier  nicht  beschäftigende  Reliefdarstellnng  und  zwar  aus 
dem  Gebiet  der  Tier  fa  bei  enthält  „Von  dçn  fünf  nebeneinander  stehenden 
Feldern  desselben  enthält  das  Mittelfeld  eine  aus  Schnuren  geflochtene  geo- 
metrische Figur.  Das  Feld  links  davon  zeigt  zwei  Hühner,  die  an  einer 
Stange  einen  toten  Fuchs  tragen.  (Dieselbe  Darstellung  öfters  in  Torcello 
und  Venedig.)  Links  davon  reitet  ein  nackter  Mensch  auf  einem  Seepferd. 
Rechts  von  dem  Mittelfeld  sind  zwei  Vögel  dargestellt,  von  denen  der  eine 
nach  einer  Schlange  pickt,  und  ein  Fuchs,  der  einem  Vogel  den  Kopf  abreiliBt, 
unter  dem  Fuchs  sitzt  ein  zweiter  kleinerer  Vogel;  es  ist  wahrscheinlich  die 
Fabel  vom  Fuchs,  der  einen  Knochen  verschluckt  haf  [Die  Lichtdrucktafel 
Ko.  1 8,  welche  das  Tympanon  enthält,  umfafst  auch  das  Architrav  mit  seinen 

16* 


244  VERMISCHTES.    I.  ZUR  LITTERATÜRGESCHICHTE. 

Der  Herr  Vf.  war  vor  zwei  Jahren  so  guúg,  mir  eine  Photographie 
des  Tympanons  mit  dem  Versuch  einer  Deutung  der  Namen  zuzu- 
senden, worauf  ich  ihm  damals  hlofs  folgende  Auskunft  darüber 
geben  konnte:  „i.  Winlogee  ist  sicher  eine  Dame,  in  französischer 
Namensform  die  bekannte  Guinlo'ie.  2.  Mardoc  kann  nicht,  wie 
angenommen  worden.  Mordred  sein.  3.  Burmaitus?  4.  Isdemos 
ist  der  wohlbekannte  Ritter  Ider;  es  giebt  vier  dieses  Namens. 
5.  Carrado  ist  der  berühmte,  seiner  Frau  so  treue  (eigentlich  „der 
durch  seine  treue  Frau  berühmte",  sollte  es  heifsen)  Ritter  Carradoc 
Briébraz.  6.  Galvagin  scheint  der  Ritter  bester,  Gal  vain,  zu  sein. 
7.  Galvariun?  8.  Che  ist  sicher  der  Seneschall  Quey,  frz.  Ke." 
Leider  kann  ich  auch  heute  viel  Neues  nicht  beibringen. 

Die  ungewöhnliche  Bedeutung  dieses  Artuszeugnisses  wird  aber 
erst  klar,  wenn  wir  über  das  Alter  des  Domes  in  Modena  und 
seines  Tympanons  unterrichtet  sind.  Der  Bau  ist  (s.  das  Nötige 
bei  Zimmermann)  im  J.  1099  begonnen  worden,  der  Baumeister 
heifst  Wilhelm.  Nun  ist  aber  klar,  dafs  der  Anfang  nicht  hindert, 
dafs  das  nordöstliche  Portal  bedeutend  später  gebaut  sein  kann, 
und  endlich,  dafs  das  Tympanon  erst  nachträglich  längst  nach 
fertiggestelltem  Bau  ausgehauen  sein  kann.  Herr  Kollege  Justi 
war  so  freundlich,  mir  folgende  Auskunft  zu  geben:  „Die  Zeit  des 
nordöstlichen  Portals  auf  dem  Tympanon  läfst  sich  nur  annähernd 
bestimmen.  Im  J.  1099  ist  der  Bau  der  Kathedrale  begonnen 
worden,  natürlich  am  Ostende;  1106  fand  die  Translation  des 
Korpus  des  h.  Geminianus  und  die  Weihe  durch  Paschalis  H.  statt. 
Diese  Weihe  bezieht  sich  auf  die  damals  vollendete  Krypta.  Die 
Weihe  des  ganzen  Baues  fand  11 84  statt  In  die  Zwischenzeit 
mufs  das  Portal  fallen.  Nach  der  Krypta  wird  zuerst  der  grofse 
dreischiffige  Chor  gebaut  sein,  und  danach  unser  nahe  dem  Chor 
befindliches  Portal,  also  frühestens  wohl  ca.  11 30.  Das  onserm 
Portal  gegenüberliegende  reiche  Südportal  mit  Vorhalle  setzt  der 
französische  Architekt  Dart  ein  in  seiner  Architecture  Lombarde  erst 
ins  Jahr  1209.  Die  Baugeschichte  im  einzelnen  ist  noch  nicht 
ordentlich  erforscht." 

Die  Fachleute  werden  vielleicht  annähernd  aus  der  Eigenart 
der  Skulptur  eine  Zeit  angeben  können. 

Ein  anderer  Versuch  kann  mit  der  Vergleichung  der  Rüstungen 
der  einzelnen  Ritter  auf  dem  Tympanon  gemacht  werden.  Ich 
habe  deshalb  Demay's  Le  costume  au  M.^A,  d'après  les  sceaux  ein- 
gesehen und  gebe  hier  das  Ergebnis  der  Vergleichung.  Freilich 
hätten  eigentlich  oberitalienische  Siegel  benutzt  werden  sollen.  Die 
Ritter  haben  alle,  bis  auf  Isdemus,  Maschenpanzer,  der  auch  den 
Kopf  bedeckt,  und  den  ältesten  Helm,  den  die  Siegel  aufweisen;  das- 


Feldern.]  In  der  Anmerkung  dazu  verweist  der  Vf.  auf  sechs  andere  Relief- 
darstellungen der  Tierfabel,  welche  sich  an  der  Fassade  der  Kirche  Ssn  Pietro 
aufserhalb  Spoleto's  befinden,  und  giebt  deren  Beschreibung.  „Diese  Relief 
sind  wahrscheinlich  Arbeiten  des  12.  Jahrhunderts  . . ." 


W.  FOERSTER,   NEUES  ARTÜSDOKÜMENT. 


245 


selbe  gilt  von  den  Schilden  und  den 
Sporen  (besonders  schön  bei  Galvagin 
zu  sehen;  man  beachte  noch  besonders 
die  Fahne  auf  der  Lanze  Artus')  — 
kurz,  alle  Zeichen  der  ältesten  Siegel 
stimmen.  Freilich  läfst  sich  dadurch 
auch  nichts  Sichereres  bestimmen  als 
die  ersten  Jahrzehnte  des  XII.  Jahrh. 

Wir  wollen  nun  das  Tympanon 
selbst  eingehender  untersuchen,  soweit 
es,  ohne  die  Photographie  vor  Augen 
zu  haben,  eben  geht  Ich  denke  mir 
das  halbkreisförmige  Tympanon  gerade 
gezogen  und  versuche  hier,  die  Grup- 
pierung der  Gestalten  auf  folgende  Weise 
zu  veranschaulichen. 

Wir  sehen  in  der  Mitte  eine  Burg, 
welche  links  und  rechts  von  je  einem 
Turm  {A  und  B)  flankiert  ist  Vor  dem 
Thor  des  linken  Turmes  (Äj  links  steht 
eine  verkrümmte  Gestalt,  die  eine  mäch- 
tige Doppelaxt  in  der  Rechten  über  den 
Kopf  gehoben  hat  (es  ist  Burmaitus), 
die  er  auf  den  gegen  ihn  mit  einge- 
setzter Lanze  anrennenden  Ritter  (Artus) 
niederfallen  lassen  will.  Hinter  Artus 
sitzt  Isdemus  (allein  ohne  Maschen- 
panzer) auf  dem  Pferd,  die  Lanze  nach 
unten  gesenkt,  und  Oberleib  und  Kopf 
nach  hinten  geneigt,  als  wenn  er  fallen 
sollte;  doch  ist  dieser  Teil  in  der  Photo- 
graphie recht  schlecht  ausgefallen,  noch 
schlechter  im  Lichtdruck;  hinter  ihm 
noch  ein  Ritter,  namenlos,  gleichfalls 
mit  gesenkter  Lanze. 

Rechts  vom  rechten  Turm  (B)  sieht 
man  die  vordere  Hälfte  eines  gehelmten 
Ritters,  Carrado,  die  Lanze  etwas  über 
die  Horizontale  (genau  wie  Artus)  ge- 
hoben, gerade  wie  er  aus  dem  Thor 
herausreitet  Gegen  ihn  reitet  mit  ebenso 
gehobener  Lanze  (sie  kreuzen  sich,  so 
dafs  die  Eisen  den  Rittern  an  die  Helme 
stofsen)  Galvagin,  hinter  ihm  ebenso 
Galvariun  und  zuletzt  Che. 

In  der  Burg  selbst  steht  links  über 
den  Zinnen  eine  verhüllte  Gestalt  (ob 
Mann  ob  Weib  ist  nicht  zu  sehen ,  auch 


i 


\ 


/ 


\ 


CA 

tri 

PO 


CA 

CO 
. 

tri 

IS 

•-3 


PO 


(Tunn) 


c 
c 

3  C 

S" 


p 

n 


O 


(Tunn) 


W 


i 


/ 


/ 


ä 


/ 


246  VERMISCHTES.    L  ZUR  LITTERATURGBSCHICHTE. 

kein  Gesicht),  offenbar  nach  links  gewendet,  sichtbar,  Winlogee. 
Dann  kommt  ein  Mittelturm  (C),  der  rechts  und  links  in  der  Mitte 
ein  Fenster  hat  (|  |  der  Figur),  zwischen  diesen  ein  herzartiger 
Gegenstand  (Q)»  den  ich  für  einen  auf  den  oberen  Zinnen  auf- 
gehängten Ritterschild  halte,  dessen  Gestalt  und  Gröfse  er  ganz 
genau  hat.  Rechts  von  C  steht  eine  nach  rechts  gewandte  Gestalt, 
Mardoc,  dem  Geschlecht  nach  nicht  scheidbar,  Gesicht  nicht  wahr- 
zunehmen, die  den  rechten  Arm  halb  gehoben  hat  und  darin  etwas 
wie  ein  Dreieck  V  hält,  dessen  linke  Spitze  ihr  Gesicht  berührt 
Die  Striche     \  /   deuten  die  Stellung  der  Personen  an. 

Und  jetzt  die  Frage:  Aus  welchem  Artusroman  ist  diese  Szene 
entlehnt  und  was  stellt  sie  dar? 

Burgen,  die  von  Artus  und  seinen  Rittern  belagert  werden, 
giebt  es  so  viele,  dafs  es  aussichtslos  wäre,  auf  diesem  Wege  etwas 
suchen  zu  wollen.  Ebenso  wenig  kann  man  mit  Namen,  wie  Artus, 
Gauvain,  Ke,  Ider,  etwas  erreichen;  selbst  Carradoc  allein  kann 
uns  nichts  lehren.  Dazu  kommt,  dafs  wir  Burmaitus,  Mardoc  und 
Galvariim  in  keinem  der  Romane,  weder  in  Prosa  noch  in  Reimen, 
antreffen.  Wenn  wir  es  nun  mit  Winlogee  versuchen,  so  nehme 
ich  vor  allem  an,  mit  meiner  Identifizierung  (Guinloie)  das  Richtige  ^ 
getroffen  zu  haben.  Dieselbe  ist  einmal  erwähnt  im  Ritter  mit 
den  zwei  Schwertern  88:  Puis  s'osisi  li  rois  Atnangons  De  Gran^ 
lande ^  ki  pere  es  toit,  Si  con  toute  la  cors  savoit.  Ma  damoisieie  Guin^ 
lote  y  Ki  loiaus  drue  et  fine  amie  A  mon  seignor  Gauvain  estait.  Da- 
mit erreichen  wir  nichts  anderes,  als  dafs  die  lange  Liste  der  Ge- 
liebten Gauvains  um  eine  neue  vermehrt  wird,  über  die  wir  sonst 
nichts  erfahren. 

Eine  andere  Guinloie  finden  wir  in  dem  noch  unedierten 
Ider,  von  dessen  9000  Zeilen  die  kurze  Inhaltsangabe  in  Hist  Litt 
XXX,  201 — 206  einige  Auskunft  giebt  Da  Guinloie  .die  Geliebte 
Ider's  ist,  so  brauchte  der  Umstand,  dafs  kein  einziger  der  unbe- 
kannten Namen  darin  vorkommt,  uns  nicht  zu  stören,  wenn  nur 
sonst  die  Situation  passen  würde.  Denn  in  späteren  Romanen  (und 
Ider  ist  ein  solcher),  in  denen  alte  Stoffe  umgearbeitet  werden, 
werden  die  Namen  der  Handelnden  meistens  auch  geändert,  so 
dafs,  wenn  wir  nur  Guinloie  irgendwo  in  einer  Burg  belagert  und 
berannt  sähen,  wir  uns  schon  zufrieden  geben  könnten.  Dies  aber 
darin  nicht  der  Fall. 

Wir  versuchen  also  unser  Glück  mit  dem  noch  übrigen,  uns 
bekannten  Namen,  nämlich  mit  Carradoc.  Der  bekannte  Caradoc 
Kurzarm  pafst  gar  nicht;  denn  aufser  der  langen  Episode  im  Per- 
ceval (das  Hommotiv  nebst  der  Schlangengeschichte)  und  dem 
Horn-  und  Mantel -Lai  wissen  wir  nichts  über  ihn,  wenn  er  audi 
sehr  oft  genannt  wird.  Ein  Caradoc  kommt  im  unedierten  latein. 
Meriador  (Hist.  Litt.  XXX,  245)  vor,  aber  pafst  ebenso  wenig.  Von 
einem  C,  König  von  Vannes,  wissen  wir  nur  den  Namen,  der  aneli 


1  Wegen  dieser  und  der  anderen  Namensformen  s.  weiter  unten. 


%i* 


W.  FOSRSTER,  NEUES  ARTUSDOKUMENT.  247 

sonst  noch  anderen  Persönlichkeiten  gegeben  wird.  Ein  letzter 
Caradoc  findet  sich  in  einem  Prosaroman ,  s.  P.  Paris,  Romans  de 
la  Table  Ronde,  IV.  Band.  Er  ist  ein  riesenhafter  Ritter,  Caradoc 
vom  Schmerzenturm  (ior  dolerose).  In  dieser  Burg  steht  in  der 
Mitte  ein  Turm,  in  dem  Gauvain  gefangen  sitzt.  Caradoc  hat 
ebendort  seine  Geliebte  (sie  heifst  blofs  damoisele  ohne  einen  Namen), 
die  ihn  aber  hafst  Lanzelot  und  andere  Artusritter  ziehen  hin, 
um  Gauvain  zu  befreien.  Auf  der  einen  Seite  greift  sie  Ivain  an, 
der  am  Hauptthor  (S.  310)  einen  Zwerg  mit  dem  Schwert  in  der 
Hand  findet.  Aber  ein  Kampf  findet  zwischen  beiden  nicht  statt: 
das  Thor  wird  geöffnet,  Ivain  findet  drin  zehn  Ritter,  mit  denen  er 
kämpfen  mufs  und  wobei  er  unterliegt.  Caradoc  war  inzwischen 
draufsen  und  kämpfte  gegen  das  Heer  Artus',  bis  er  zurückweicht 
und  sich  verstohlen  nach  seiner  Burg  zurückzieht.  Lanzelot  holt 
ihn  ein,  als  Caradoc  in  seine  Burg  eintreten  will,  und  klammert 
sich  an  ihn,  so  dafs  beide  hineinkommen.  Eine  gewisse  Aehnlich- 
keit  der  Lage  ist  offenbar:  Burmaitus  wäre  der  namenlose  Zwerg, 
der  freilich  Ivain  und  nicht  Artus  sich  gegenüber  hat  Am  andern 
Thor  ist  Caradoc  und  Lancelot  anstatt  Gauvains.  Auch  ist  ein 
Turm  in  der  Mitte;  Guinloïe  müfste  die  namenlose  damoisele  sein. 
Wir  wissen  freilich  nicht,  was  der  Schild  am  Mittelturm  soll  und 
warum  Ider  vom  Pferd  sinkt  oder  sich  vielleicht  nur  umwendet  — 
Man  sieht,  einiges  stimmt,  vielleicht  die  ganze  Situation;  aber  im 
einzelnen  giebt's  grofse  Abweichungen. 

Doch  bei  einiger  Ueberlegung  müssen  wir  uns  sagen,  dafs  es 
schon  a  priori  unwahrscheinlich  ist,  dafs  wir  in  einer  der  heutigen 
Fassungen  etwas  ganz  Entsprechendes  finden.  Man  bedenke,  dafs 
weit  über  hundert  Jahre  den  Prosaroman  von  dem  auf  dem  Tym- 
panon  dargestellten  Roman  trennen.  Welche  Aenderungen  müssen 
hier  eingetreten  sein!  Die  alten  Stoffe  werden  immer  wieder  um- 
gearbeitet, die  Episoden  und  Personen  wie  die  Figuren  des  Schach- 
bretts verschoben,  andere  eingeschoben,  so  dafs  sich  jede  spätere 
Redaktion  immer  mehr  von  der  alten  entfernt.  Wenn  hier  Lanzelot 
Gauvains  Platz  erhalten  hätte,  so  wäre  es  gar  nicht  wunderbar, 
da  derselbe  Lanzelot,  nachdem  auch  er  abgedroschen  geworden, 
seinen  Posten  Galaad  überlassen  mufste. 

Doch,  wahrscheinlich  existiert  die  Reliefepisode  überhaupt 
nicht  mehr  in  den  erhaltenen  Trümmern.  Vergessen  wir  nicht, 
dafs  uns  nur  ein  Bruchteil  der  Artuslitteratur  erhalten  sein  kann. 

Welchen  Schlufs  erlaubt  uns  nun  das  Relief  für  die  Entwicke- 
lungsgeschichte  des  Artüsstoffes?  Rajna's  Namenstudien  (Rom.  XVII) 
sicherten  den  Namen  Artus  für  11 22,  aber  so,  dafs  sein  Träger 
spätestens  1090  geboren  sein  mufste  (dies  das  älteste  Faktum,  an 
das  sich  dann  Artus  11 14,  sowie  Galvanus  für  spätere  Jahre  mit 
wenigen  anderen  Namen  anschliefst).  Es  mufs  also  Artus  in  Italien 
schon  Ende  des  XI.  Jahrh.  wohlbekannt,  verbreitet  und  volkstüm- 
lich geworden  sein  (mit  Rajna's  Ergebnis  also  zusammengehalten 
lehrt  uns  das  Tympanon  nichts  Neues)  —  was  natürlich  zum  Schlufs 


248  VERMISCHTES.    U.  AUS  HANDSCHRIFTEN. 

zwingt,  dafs  derselbe  Stoff  in  Frankreich  selbst  geraume  Zeit  vorher 
schon  so  berühmt  geworden  war,  dafs  er  die  Grenzen  des  Landes 
überschreiten  konnte.  Freilich,  ob  dieser  Stoff  schon  durch  litte- 
rarische Werke  oder  blofs  durch  die  fahrenden  französischen  oder 
auch  bretonischen  Spielleute  (wir  haben  Stellen  für  deren  Zwei- 
sprachigkeit; und  wie  hätten  sie  sich  ohne  Französisch  in  Frank- 
reich und  Italien  verständlich  machen  können?)  berühmt  geworden, 
wird  sich  schwerlich  mit  Sicherheit  entscheiden  lassen.  Jedenfalls 
sind  die  Artushelden  hier  in  dem  Relief  bereits  ihrer  Ausrüstung 
nach  als  französische  Ritter  aufgefafst  und  dargestellt  —  Ein 
Versuch  könnte  vielleicht  mit  den  Namensformen  des  Reliefs  ge- 
macht werden.  Bieten  sie  uns  die  keltischen  oder  die  franzö- 
sischen Namensformen  der  Litteraturwerke? 

Der  König  heifst  frz.  Artus,  nicht  Artur  (Nennius  und  Tys.)  oder 
Arturus  (G.  v.  Monmouth  und  W.  v.  Malmesbury),  also  wie  die  it 
Urkunden.  Gauvain  heifst  Gal  vagin,  während  G.  v.  M.  Walganos, 
Walguainus,  Walgainus  oder  Walganius  (s.  V.  L.)  hat,  W.  v.  M.  Wal- 
wenus,  Wace:  Wal  wein,  später  Galvain,  Gauvain,  Rajna:  Walwanus, 
Walguanus,  Galvagno,  Galvano,  Tys.  u.  s.  f.  das  rätselhafte  Gualch- 
mai  —  wohl  ein  Beweis,  dafs  die  kymrischen  Bearbeiter  des  kon- 
tinentalen Stofifes  den  ihnen  vollständig  unbekannten  Namen  ein- 
fach mit  einem  naheliegenden  kymrischen  ersetzten,  vgl.  ebenso  bei 
Erec.  Dasselbe  scheint  mit  frz.  Ke,  hier  in  it  Schreibung  Che, 
vorgefallen  zu  sein,  der  Chaidus  bei  G.  v.  M.  X,  13,  8  heifst,  wenn 
er  es  überhaupt  ist;  denn  DC,  11,92,  wo  er  sicher  gemeint  ist, 
heifst  er  Caitts^  d.  h.  der  den  Kymren  unbekannte  Name  wurde 
mit  dem  röm.  Caius  wiedergegeben,  während  er  Tys.  C«,  später  Cai 
heifst  Wir  erreichen  also  mit  Galva^n  die  älteste  Form,  wobei  man 
sich  nur  billig  über  das  ani.  g  wundert,  das  man  mindestens  als  gn 
erwartet  hätte;  vgl.  Winlogee.  Carrado  steht  wohl  statt  Çarrado\cus\ 
für  welch  letzte  Silbe  kaum  Platz  da  war,  da  Galvains  Helm  in  die 
Schriftzeile  voll  hineinragt.  Kein  anderer  Text  hat  die  zwei  r. 
Isdemus  lautet  G.  v.  M.  Hiderus,  frz.  Ider  oder  Idier,  Tys.  Edejnrn, 
Edem:  hier  stimmt  also  das  ;i,  aber  nicht  ani.  ;.  Das  s  hat  unser 
Relief  allein.  Winlogee,  nicht  Winlogeö,  wie  die  latinisierten 
Endungen  verlangen  würden  (auch  G.  v.  M.  hat  einen  ähnlichen 
Namen  auf  e:  Guendoloe),  also  sicher  frz.  Endung;  die  Form  hat 
altes  w  und  intervokales  g^  mithin  wieder  eine  ganz  alte  Foim. 
Mit  diesen  also  wenigstens  führt  uns  unser  Denkmal  weit  über 
alle  bisher  bekannten  in  eine  sehr  alte  Zeit  hinauf.  Zu  den  er- 
wähnten frz.  Formen  beachte  man  noch  Mardoc  ohne  -«x  (doch 
war  dafür  kein  Raum  vorhanden;  ist  es  Mardochäus?  Madoc, 
Madog,  Maduc,  Maruc,  Mador,  Marcon,  Madon,  Madas  u.  ä.  finden 
sich  in  den  Artustexten),  ebenso  Galvagin;  der  eine  Galvarûfn 
scheint  sogar  eine  norm.  Endung  zu  haben. 

Ich   behalte  mir  vor,   auf  das  Dokument   im  Zusammenhang 
der  ganzen  Artusfrage  zurückzukommen. 

W.  FOBRSTSR. 


B.  HBRLET,   PROV.  FRAGlfENT  AUF  DER  KCL.  BIBL.  Zu  BAÜBERG.      249 

n.  Aus  Handschriften. 

I.   Ein  provenzalisches  Fragment  auf  der  Kgl.  Bibliothek 

zu  Bamberg. 

Unsere  an  Schätzen  so  reiche,  mit  romanischen  Texten  aber 
nicht  eben  gesegnete  Bibliothek  besitzt  ein  provenzalisches  Frag- 
ment, auf  das  ich  durch  die  Güte  des  Herrn  Kgl.  Oberbibliothekars 
und  des  Herrn  Sekretärs  aufmerksam  gemacht  worden  bin. 

Dieses  Fragment  findet  sich  in  einer  Pergamenthandschriii,  die 
mit  Ed.  F.  1 1  bezeichnet  ist  und  deren  Inhalt  auf  dem  vorgeklebten 
Papierblatte  folgendermafsen  angegeben  wird: 

1 .  Beleih,  do.  doct  theol.  Paris,  a.  1 1 60 — 90,  rationale  div.  offi- 
ciorum,  quod  prodiit  cum  ¡Ilo  Durandi  Antverp.  1570,  Diling. 
1572  (Oudin  II  1589)  sive  Summa  Beleti  et 

2.  Provinciale,  s:  Series  omnium  Episcopaiuum  et  ordinum  totius 
Mundi,  verosimiliter  redacta  a  Tancredo  de  Cometo,  Bonon. 
archid.  a.  1240  mort.  (Joecher  IV  et  Oudin  III  90.  Savigny 
V  119.  Miraei  notitia  episcopatuum  per  Europam,  Asiam, 
Africam  etc.  Coloniae  16 19.  8.)  —  Auf  demselben  Blatte 
unten:  Ad  Bibliothecam  Reverendissimi  Capituli  Bamber- 
gensis. 

Die  beiden  Teile  des  Bandes  sind  rein  zufallig  zusammen- 
gebunden. Die  Summa  Beleti  ninmit  fol.  ir.  bis  32V.  ein,  und 
zwar  so,  dafs  ir.  bis  27  V.  und  wieder  3ir.  bis  32  V.  von  derselben 
Hand  in  kleiner,  sehr  deutlicher,  ausgezeichnet  schwarzer  Schrift 
mit  sehr  vielen  Abbreviaturen  kaum  später  als  im  13.  Jahrhundert 
geschrieben  sind,  während  die  Lücke  von  28r.  bis  30  v.  von  einer 
ganz  anderen,  sehr  flüchtigen  Hand  mit  weit  weniger  guter  Tinte 
jedenfalls  bedeutend  später  ausgefüllt  wurde,  wobei  28  v.  und  29  r. 
unbeschrieben  geblieben  sind.  Das  Provinciale,  welches  den  Raum 
von  33  r.  bis  46  V.  einninmit,  ist  eine  Handschrift  für  sich,  die  auch 
in  der  Schrift  mit  der  vorausgehenden  gar  nichts  gemein  hat. 

Am  Ende  der  Summa  Beleti  nun  war  eine  halbe  Seite  frei 
geblieben.  Diese  benutzte  ein  Schreiber,  dessen  Schrift  mit  keiner 
der  in  diesem  Bande  vorkommenden  irgendwelche  Aehnlichkeit 
hat,  dessen  Tinte  vor  allem  bei  weitem  die  schlechteste  der  hier 
verwendeten  war,  um  einen  Teil  von  Peire  de  Corbiac's  Can- 
zone an  die  Jungfrau  Maria  (abgedruckt  in  Bartsch's  Chrestomathie 
provençale),  wie  es  scheint,  aus  dem  Gedächtnisse  einzutragen. 
Das  Fragment,  dessen  Entzifferung  und  Identifizierung  erst  nach 
längerem  Bemühen  gelang,  nimmt  (mit  einer  übergeschriebenen 
Ergänzungszeile)  26  Zeilen  ein,  etwas  mehr  als  die  Hälfte  der  frei- 
gewesenen Spalte.  Der  Rest  derselben  wurde  von  anderen  zu 
mûfsigen  Kritzeleien  verwendet,  meist  in  lateinischer  Sprache,  von 
denen  der  gröfsere  (untere)  Teil  nicht  zu  entziffern  ist  Eine 
längere  Notiz  am  Fufse  der  Seite  ist  teilweise  abgeschabt,  um  Platz 
zu  gewinnen  für  die  Angabe,  dafs  in  der  Summa  Beleti  noch 
einiges  nachzutragen  ist 


250  VERMISCHTES.     II.   AUS  HANDSCHRIFTEN. 

Der  provenzalische  Text  möge  so,  wie  ihn  die  Handschrift 
bietet,  hier  folgen: 

Domna  dangeis  anima  esperansa^  des  |  crens  segnnt  que  roaunda  sens* 
de  uos  chant  lenga  romana  car  |  nul  om  i'  ni  pecaire  de  nos  laudar  nos  |  dion 
taire  quai  sos  cens  meil  lapareila  |  romas  o  lengua  latina.  Domna  rosa  |  sine 
spina  sor  totas  flors  ben  olens  uerga  |  seca  frut  fasens  terra  qi  cees  labor 
grana  |  estela  q  del  soleil  maire  noirisa  de  nostre  |  paire  el  mon  una  nup* 
semeila^  ni  logana  niuesina.  |  Domna  uerga  e  pura  e  fin  an  que  |  fus  lefan- 
tamét  edepres  tota  isamét  |  de  uos  traisit  chara  umana  iKn  z's  |  ñre  saluaire  si 
ë  ses  fractura  faire  uaj  |  eue  lo  rais  cant  soleila  p  lafenestra  ueinna.  |  Donma 
ioues  e  mesquina  fus  adeu  |  ubidiens  en  toz  sos  comandamët  p  so  |  ire*  gens 
crestiana  chant  uen  e  creden  |  lafaire  que  dis  langels  saludaire  cnn  |  sebnret 
p  laureila  deu  cuj  enfantas  |  uergena.  Domna  uos  es  laiglentina  |  que  trobet 
uert  moysens  aprer  las  |  flamroas  ardens  e  la  toisos  de  la  lana  qui  |  moUet  en 
la  sécha  aira  don  iedeon  fu  |  proaire  mas  nata  meranila  eu  remSsj  |  entérina. 

Es  ist  deutlich,  dais  sich  unser  Fragment  am  meisten  der 
Handschrift  nähert,  die  Bartsch  mit  /  bezeichnet  hat  Das  ergiebt 
sich  aus  una  statt  ntdha^  uos  iratsti,  /radura^  uaj  e  ue^  mesquma^ 
en  la  st  dtns  la,  mas  st  e,  entérina  st  intatzina]  auch  cunsehuret 
deutet  dahin. 

Einige  Züge  sprechen  dafür,  dafs  der  Schreiber  das  Fragment 
aus  dem  Gedächtnisse  reproduziert  hat;  doch  liefse  sich  auch 
einiges  dagegen  vorbringen. 

Bruno  Hbrlbt. 


2.  Neues  Fragment  der  Cambridger  Aliscanshandschrift. 

Das  folgende,  später  gefundene  Bruchstück,  bestehend  aus 
dem  unteren  Drittel  eines  Blattes  derselben  Handschrift,  von  der 
Ztschr.  XXII  S.  91  f.  die  Rede  war,  entspricht  w.  59  fi  und  w.  85  fL 
der  Guessardschen  und  w.  68  ff.  und  w.  94  £  der  Rolinschen 
Ausgabe. 

r»]        fef  b  .    .     .     .      6^.  59.  i?.  68. 

u  de  l'arch  .     .     .  6^.61.  i?.  69. 

va  del  cor[f]  chaant.  i?.  71. 

A  fef  .II.  mainf  le(f)  va  enf  rebot  .     . 
5     n  prtTt  l'ensegne  de  fon  espie  tranchant, 
Parmi  fef  flanf  fen  aloît  reftregnent 
Puif  fe  rafìche  de  defor  l'auOrrant, 


^  esperansa  scheint  vorzuliegen,  doch  sehr  undeutlich. 

'  segunt  . . .  Cans  waren  vergessen  und  sind  über  der  ersten  Zeile  nach- 
getragen. 

B  nup  oder  vielleicht  unp  steht  in  der  Handschrift  {p  ist  unzweifelhaft). 

*  semeila  und  das  vorausgehende  Wort  sind  ausgelassen  und  am  Rande 
nachgetragen. 

^  Es  ist  kaum  möglich ,  dafs  -ere  zu  lesen  wäre. 


■^.  4 


E.  BRAUNHOLTZy  NEUES  FRAGMENT  DER  CAMBR.  AUSCANSUS.      25 1 

Entre  patens  fe  va  àdemetant. 

Li  gentili  quení  tint  el  poing  nu  le  brant,      {/fait  G,  und  H,) 
10    Por  voir  vof  di:  qui  il  va  conñuíJit  (A^^  ^*  und  H.) 

V«]         .     .     .     af  fui  vnc  lance  ten  .     .  ^.  85.  ^.  94. 

Q  .  ant  deuan  .  lui  voit  .1 

ont  fot  il  bien,  paiTe  ot  connemnt. 
Li  gentili  quení  fareftut  maintenant. 
15     Veri  dameldiev  va  fa  colpe  clamant, 

De  sa  main  clofe  va  fon  pif  debatant,  i/ehli  I^.) 

*Diex,  moie  colpe,  qant  ia  ai  forfait  tant,  i?.  99. 

Ne  fui  maif  en  treítot  mon  uiuant  {/ehä  G.) 

Ja  <:<7nperront  paten  por  fol  itant.'  G,  92. 

20    Verf  leí  patens  fen  va  efp^ronant 

E.  Braunholtz. 


III.  Zur  Exegese. 

Zu  Sordel  ed.  de  Lollis. 

II,  5 — 8.   E  sei  (so  zu  lesen  statt  s^el)  co/p[s]  non  fo  de  mort, 

Sel  gel  penchenei  rCac  tori: 

Mas  el  al  cor  /an  umtl  e  tan  franc 

Q*el  prend  en  patz  totz  colps^  pois  not  [z^]^  sane. 

Dazu  die  Anmerkung:  „Intendi  che  se  Sordello  non  è  rimasto 
ferito  in  maniera  da  far  sangue  (cf.  v.  8),  lo  deve  al  parrucchiere 
che  affondo  poco  le  forbici  nella  capigliatura  di  lui".  Dieser  Er- 
klärung kann  ich  nicht  beistimmen.  Penchenar  ist  bildlich  zu  nehmen 
wie  das  dire  escac  bei  Guilh.  Figueira  10,  3  (siehe  Toblers  Bemer- 
kung zu  der  Stelle).  Es  ist  zu  deuten:  „Und  wenn  der  Schlag 
nicht  tödlich  war,  so  that  der,  der  ihn  (Sordel)  kämmte  (d.  h.  det 
lo  colp  en  las  cris),  daran  Unrecht;  aber  er  ist  von  so  demütiger 
und  so  edler  Gesinnung,  dafs  er  alle  Schläge  hinnimmt  (ruhig  ein- 
steckt), bei  denen  kein  Blut  fliefst'*.  Statt  \v\e  ist  vielleicht  besser 
mit  Tobler,  Romania  II,  241  a  zw  lesen. 

III,  6.  Das  CPom  der  Hs.  konnte  bewahrt  bleiben;  rasa  e 
zählen  als  drei  Silben. 

III,  8.  Trifft  die  Auffassung  des  Herausgebers  das  Richtige?  Ist 
nicht  zu  deuten  „damit  ihr  weniger  gut  emporsteigen  könnt**?  — 
Coniramon  ist  doch  nur  „empor**,  nicht  „assai  in  alto**. 

m,  56.    Korr.  amaria  statt  anuria. 

IV,  7  ff.     Qe  puois  om  es  desvergognatç 

Tan  que  diniç  son  coratge 

Non  tern  aunir,  desonraiç 

Val  trop  mentç  que  mortç  sotercUç, 

V.  9  ist  um  eine  Silbe  zu  kurz.  Es  fehlt  der  Gegensatz  zu  mortç 
V.  IG,  und  deshalb  möchte  ich  vorschlagen  Non  tem  a  viure  deson-^ 


252  VERMISCHTES,    m.  ZUR  EXEGESE. 

ratz  oder,  da  ich  iemer  a  nicht  nachweisen  kann,  Non  tema  v.  d, 
zu  lesen  und  hinter  desonrciç  ein  Komma  zu  setzen. 

IV,  1 1  flf.  Desonratç  .  .  . 

Viu  Uäc  homs,  puois  si  laisa  auntr 
Ni  deseritar  ses  clamor^ 
\E]  ses  demanes  contradir. 

Dazu  die  Anmerkung:  ,,Confesso  però  che  avevo  pensato  a  divi- 
dere così:  deman  escontradir  per  tradurre  ,,senza  contraddire  la  pre- 
tesa'*, ma  r  esistenza  d'  un  escontradir  non  mi  vien  confermata  per 
nessun'  altra  via".  Auch  wenn  ein  escontradir  existierte,  wäre  die 
Lesart  nicht  zulässig,  denn  einmal  dürfte  im  Prov.  der  Artikel  vor 
deman  ebenso  wenig  fehlen  wie  vor  pretesa  im  Italienischen,  und 
dann  handelt  es  sich  ja  nicht  um  eine  pretesa^  sondern  um  eine 
vollzogene  Beraubung.  Doch  aber,  glaube  ich,  ist  deman  das  Ur- 
sprüngliche, nur,  meine  ich,  ist  nicht,  wie  de  Lollis  und  schon 
Mahn  Ged.  1273  annehmen,  ein  \E'\  zu  Anfang  des  Verses  zu 
ergänzen,  sondern  es  ist  zu  bessern:  Ses  deman  e  s\es\  contradir. 
Vgl.  Prov.  Suppl.  Wb.  II,  73  deman  3). 

IV,  22,  Li  cons^  und  ebenso  V.  29  hätte  wenigstens  eine  An- 
merkung verdient,  aber  ich  bezweifle,  dafs  die  Form  überhaupt  zu- 
lässig ist  Ein  männl.  Artikel  Nom.  Sg.  li  ist  mir  sonst  aufser  in 
Gir.  de  Ross,  und  Alexander  durchaus  unbekannt;  da  das  Gedicht 
nur  in  Hs.  T  steht,  so  würde  ich  ohne  Bedenken  in  lo  ändern. 

IV,  27.  Der  Vers  ist  um  eine  Silbe  zu  lang;  korr.  queus  statt 
que  vos, 

IV,  34  ñ.  Mas  al  comte  la  fes  tenir 

Üautr'any  al  gran  pasagie 
De  tut  Tolsan,  per  que  rCes  seçatz, 

V.  36  ist  um  eine  Silbe  zu  lang.  Es  ist  gewifs  tut  zu  streichen 
und  Komma  nach  passagie  zu  setzen;  de  Tolsan  gehört  zu  al  comte 

V.  34. 

IV,  41.  Lo  desonor  hätte  eine  Anmerkung  verdient.  Männ- 
liches Geschlecht  ist  sehr  auffällig,  wenn  auch  bei  einem  Italiener 
nicht  unerhört,  vgl.  Poes,  rei..  Rev.  d.  Igs.  rom.  31,  177  No.  5.  Da 
aber  sonst  bei  Sordel  die  Subst.  auf  ^or  als  Feminina  erscheinen 
und  das  Gedicht  nur  Hs.  T  steht,  würde  ich  in  la  oder  lor  ändern. 

IV,  47  ist,  wenn  man  de  Lollis'  Deutung  zugiebt,  preçaiz  zu 
schreiben;  aber  die  Deutung  ist  doch  kaum  befriedigend.  Nach 
dem  vorhergehenden  „weil  ich  ihnen  ihre  Ehrlosigkeit  vorrücke, 
werde  ich  mir  den  Hafs  der  drei  Getadelten  zuziehen,  aber  wenn 
Gott  nur  meine  Dame  erhält"  mufs  doch  etwas  folgen  wie  „so 
mache  ich  mir  nichts  daraus"  oder  „so  mag  mich  noch  so  grofser 
Schaden  treffen".  Vielleicht  hat  Naetebus,  der  Herrigs  Archiv  98,  205 
statt  Demandan  der  Hs.  De  mon  dan  zu  ändern  vorschlägt,  den 
Weg  zur  richtigen  Auffassung  der  Stelle  erkannt,  nur  würde  sia 
prejaiz  nicht  recht  passen.  ïltwa  si^apensatzì  „Dann  will  ich,  dafs 
jeder,   der  mich  deswegen  hasse,   (immerhin)  auf  meinen  Schaden 


EMIL  LBVT,   ZU  SORDEL   BD.  DE  LOLUS.  253 

bedacht  sein  möge"?  Oder,  wenn  es  erlaubt  ist,  sich  so  weit  von  der 
Ueberliefening  zu  entfernen,  A  mon  dan  voigll sia getatzì  Vgl.  5, 43—4: 
Belh  Restaur^  sol  qtíah  vos  ptusca  trohar  merce,  A  mon  dan  met  (Var. 
gei)  quascun  que  per  amie  nom  te,  —  Mit  seiner  Auffassung  von 
Str.  2 — 4  scheint  mir  de  Lollis  schwerlich  das  Richtige  getroffen 
zu  haben.  Sordel  ruft  in  dem  Sirventes  den  drei  desereiatz  (V.  6) 
die  desonor  que  lur  fai  malves tatz  sufrir  (V.  41 — 42)  ins  Gedächt- 
nis, ehrlos  sind  aber  die,  die  ohne  Widerspruch  sich  ihres  Be- 
sitzes berauben  lassen  (V.  1 1  — 14).  Die  Strophen  müssen  also 
schwersten  und  schärfsten  Tadel  enthalten,  und  wenn  in  ihnen 
von  den  drei  Fürsten  Gutes  und  Schönes  gesagt  wird,  wenn  den 
Dichter  Lobenswertes  berichtet,  so  kann  das  nicht,  wie  de  Lollis 
S.  35  und  in  den  Anmerkungen  annimmt,  ernst  gemeint  und  der 
Tadel  zu  mildem  bestimmt  sein,  sondern  es  mufs  als  bitterer  Hohn 
aufgefafst  werden.  V.  19 — 20  sind  gewifs  ebenso  sehr  ironisch  zu 
nehmen,  wie  de  Lollis  selbst  es  für  geni  V.  1 7  annimmt,  und  wenn 
der  König  von  Aragon  Sordels  lengaige  entendet  (V.  15),  so  konnten 
V.  IQ — 20  für  ihn  nur  besagen  „Schmach  und  Schande  über  Euch, 
da  Ihr  Frieden  geschworen  habt".  Ebenso  kann  Str.  4  meines  Er- 
achtens  nichts  anderes  besagen,  als  dafs  der  Graf  von  Provence, 
als  der  Dichter  das  Sirventes  schrieb,  die  Einkünfte  des  Hafens 
von  Marseille  preisgegeben  hatte,  und  höhnend  sagt  Sordel,  sein 
Herr  habe  Ehre  davon,  den  Schaden  werde  er  leicht  wieder  gut 
machen,  d.h.  er  nimmt  seine  Schande  leicht  und  duckt  sich,  wie 
er  auch  der  Kirche  gegenüber  demütig  nachgegeben  habe(V.  39 — 40). 
Ob  auch  der  Anfang  von  Str.  3  ironisch  zu  nehmen  und  auf  eine 
Niederlage  zu  beziehen  ist,  die  der  Graf  von  Toulouse  bei  Beau- 
caire  erlitten,  kann  ich  nicht  entscheiden,  ich  weifs  auch  nicht,  ob 
dafür  eine  historische  Grundlage  vorhanden  ist,  und  mir  fehlen  die 
Hülfsmittel  das  zu  prüfen.  Aber  es  ist  auch  möglich,  dafs  für 
V.  21 — 24  de  LolhV  Annahme  richtig  ist,  und  sie  sich  auf  die 
tapferen  Thaten  des  Grafen  im  Jahre  1 2 1 6  beziehen  ;  dann  werden 
diese  aber  nur  angeführt,  um  durch  die  Erinnerung  an  die  ruhm- 
volle Vergangenheit  die  gegenwärtige  Schande  um  so  schärfer  her- 
vortreten zu  lassen.  Ob  damit  der  Verlust  des  Herzogtums  Nar- 
bonne  gemeint  ist,  wie  de  Lollis  S.  35  annimmt  (die  Anmerkung 
zu  V.  29,  auf  die  S.  35  AimL  3  verwiesen  wird,  fehlt),  scheint  mir 
nicht  ausgemacht;  V.  39  lautet  nicht  etwa  Mas  ar  es  perdutz  h 
dugaiz,  sondern  Mas  non  es  entiers  lo  comiatz,  was  doch  vermuten 
läfst,  dafs  Sordel  auf  den  Verlust  eines  Teils  der  Grafschaft  Pro- 
vence anspielt;  aber  auch  hier  mufs  ich,  wie  oben,  bemerken,  dafs 
ich  nicht  nachprüfen  kann,  ob  dafür  eine  historische  Grundlage  zu 
fìnden  ist.  Jedenfalls  scheint  mir  aber  der  Sinn  der  Strophe  nur 
sein  zu  können:  „Ihr  habt  gar  keinen  Grund  Euch  beim  Anblick 
von  Beaucaire  zu  freuen".  „Darum  sagen  auch  die  dortigen  Ein- 
wohner" (das  encar  ist  mir  nicht  klar),  „obgleich  es  Euch  mifsfallt", 
d.  h.  doch  „Euch  zum  Hohne:  Beus  sire,  per  queus  conoriaiç?*^. 
Dazu  hat  der  Graf  eben  keine  Veranlassung,  er  macht  es  wie  der 


254  VERMISCHTES,  m.  ZUR  EXEGESE. 

wilde  Mann  (ari  conort  del  salvaige)^  der  bei  schlechtem  Wetter  singt 
und  lacht;  er  ist  zufrieden  mit  einem  Zustande,  der  ihn  betrüben 
und  den  er  nicht  ruhig  ertragen  sollte,  er  setzt  sich  über  sein  Un- 
gemach leicht,  nach  des  Dichters  Meinung  augenscheinlich  zu 
leicht,  hinweg. 

V,  8.  Pueys  kann  hier,  und  ebenso  V.  14  und  18,  meiner  Mei- 
nung nach  nur  „dann"  bedeuten;  der  Zusammenhang  (e  qiitn 
manjol  baro  Que  znvon  descoral,  pueys  auran  de  cor  pro;  —  È  de^ 
seguenlre  luy  manfen  lo  reys  francés,  Pueys  cobrara  CasUUci)  verlangt 
so  notwendig  eine  derartige  Bestimmung,  dafs  man  sie  in  Ge- 
danken ergänzen  muíste,  auch  wenn  sie  nicht  durch  das  Wort  zum 
Ausdruck  gelangte. 

V,  20.    Setze  Komma  vor  guar. 

V,  34  Anm.  Das  bis  jetzt  m.  W.  nicht  belegte  Perfekt  von  soler 
findet  sich  zweimal  in  den  Livres  de  comptes  des  Frères  Bonis 
1,82  und  168:  M*  Johan  del  Pueg,  cápela  de  Monlalba,  cue  sole 
estar  a  V ostai  de  Razeire  und  M*  R.  de  la  Molinairia^  notari  real 
de  Montalba,  que  sole  estar  am  M*  /acmes  Azemar.  Ibid.  I,  192  und 
200  steht  que  sol  estar,   II,  390  que  solía  estar, 

V,  39.  Sitôt.  Es  ist  st  tot  zu  schreiben;  vgl.  aufser  den  Lit 
BI.  6,  506  zu  III,  33  angefahrten  Stellen  (Bartsch  Chr.  195, 16  und 
Suchier  Dkm.  I,  335  Z.  15)  noch  die  folgenden:  S*üu  tot  non  sat 
legtr,  Dieus  m*a  dat  isstent  En  aquesta  maneira  (die  Hs.  hat  E  süu 
tot  no  no)  Suchier  Dkm.  I,  248  V.  191;  E  s'a  merces  plagues  de  secors 
dar^  Non  0  pot  far^  se  il  tot  o  volgues,  Qe  ma  donna  noi  voi  Revue 
d.  Igs.  rom.  39,  196  V.  30  (P.  Milon). 

VI,  19  ist  días  Komma  zu  tilgen. 

VI,  25  ff.  Laich  se  dechai  dompna  ab  pretz  verUidier, 
Sil  fai  d^amor  nuill  semblan  plazentier 
Nis  pliu  en  lui:  ges  non  ve  be  ni  au: 
Car  negus  horn  non  \r\ama  ab  cor  entier^ 
Pois  en  amor  de  tal  fai  destorbier, 
Ar  n^ai  dig  pro  per  que  mas  denz  enclau. 
Wie  versteht  der  Herausgeber  V.  27?    Sind  die  Worte  ges  non  etc 
auf  die  Dame  zu  beziehen  und  zu  erklären:  sie  sieht  nicht,  welch 
ein  erbärmlicher  Mensch  er  ist,   und  hört  nicht,  wie  schlecht  die 
Menschen  über  ihn  urteilen?  —  Zu  ama  V.  28  bemerkt  de  Loliis: 
„Pres,  con  valore  di  futuro,  trattandosi  di  fatto  necessario*';  er  will 
also  wohl  Pama  „wird  sie  lieben"  verstanden  wissen.  Ist  das  richtig? 
Ist  nicht  vielmehr  die  Ueberlieferung  {ama  statt  Pama)  su  bewahren, 
und  sind  nicht  V.  28  und  29  die  Begründung  von  dem  V.  25 — 26 
Gesagten   und  zu   deuten:    „denn  kein  Mensch  liebt  mit  ganzem 
Herzen,  wenn  er  die  Verkehrtheit,  das  Unrecht  begeht,  einen  solchen 
Menschen  zu  lieben*'?     Die  Deutung  von  V.  29  ist  allerdings  sehr 
irei  und  vielleicht  zu  gewagt,   denn   destorbier  ist  doch  eigentlich 
„Störung,  Hindernis",  aber  ich  sehe  nicht,  was  der  Vers  sonst  be- 
sagen  sollte.    De  Loliis  äufsert  sich   darüber  nicht  —  V.  30  ist 
Komma  nach  pro  zu   setzen,    und   statt  enclau  würde  ich  m  ehm 


EMIL  LEVY,  ZU  SORDEL  ED.  DE  LOLUS.  255 

schreiben,  „darum  schliefse  ich  meine  Zähne  (meinen  Mund)  in 
Betreff  auf  ihn,  darum  will  ich  nichts  mehr  über  ihn  sagen". 

Vn,  4.    Sdireibe  desobre. 

Vni,  36  ff.  Die  Konstruktion  ist  auflallig,  wie  schon  Schultz- 
Gora  Zs.  21,  251  hervorgehoben  hat,  der  Enquar^  statt  E  guar  zu 
ändern  vorschlägt  Sollte  es,  ich  frage  das  mit  allem  Vorbehalt, 
nicht  möglich  sein,  Komma  nach  albir ^  Punkt  nach  enveltr  zu  setzen 
und  E  guar  bis  enveltr  zum  Vorhergehenden  zu  ziehen? 

XI,  3.  Deison,  Korr.  dison.  —  V.  7  E  far  no  lo'n  deurta,  Schultz- 
Gora  will  non  lo  deuria  bessern.  Kann  die  Ueberlieferung  nicht 
bewahrt  bleiben?  „S.  sagt  Uebles  von  mir,  aber  er  sollte  es  von 
mir  m'cht  thun ,  denn  ich  .  . .".  —  V.  8.  Es  fehlen  zwei  Silben, 
etwa  Qu^ieu  Pai  iengut  \en\  car  e  [/W]  onrat  tot  diai  Vgl.  XXI,  31.  — 
V.  1 1  ist  um  eine  Silbe  zu  lang.  Tüge  e  vor  enojosi  Auffallig  ist 
auch  das  tautologische  foils]  und  pknls]  de  follia.  Ist  fär  follia 
ein  anderes  Wort  einzusetzen?  Oder  ist  etwa  pos  statt  fol  zu 
ändern? 

XII,  12  verstehe  ich  nicht 

XIII,  8.  Ajosi  durfte  im  Nom.  Sg,  bleiben. 

XV,  5.  Korr.  mos  corls],  Ist  es  wirklich  =  corjmsi  —  V.  12. 
Ist  trajon  oder  eher  noch  mit  der  Hs.  traion  haltbar?  Es  ist  nir- 
gends belegt,  das  Gedicht  steht  nur  in  Hs.  T,  ich  würde  also 
trazan  ändern. 

XVI,  5.  Die  Hss.  PK^T  haben,  was  nicht  angegeben  wird, 
nicht  vendra,  sondern  venra^  und  so  ist  zu  schreiben. 

XVI,  38 — 40.  AI  rei  tranut  mon  sirvenfes  viatz, 

Cel  d* Aragon,  gtul  fais  lo  pltis  pesan 
Sosten  de  pretz,  per  gtul  ten  entre  man. 

Die  Schlufsworte  sind  mir  nicht  verständlich.  Man  kann,  da  es 
festes  n  haben  mufs,  nicht  manum  sein.  Dürfte  man  en  treman 
schreiben  und  ^  schwieriger  Lage,  unter  schwierigen  Verhält- 
nissen**  deuten?  Vgl.  Mistral  treman  {à),  traman  etc  „hors  de 
portée  de  la  main,  dans  une  mauvaise  situation,  de  difficile  accès**. 
Per  gue  wäre  dann  „da,  weil". 

XVII,  51.  Hs.  A  hat  esbaudiria,  und  so  ist  zu  schreiben.  — 
V.  56.  Ich  würde  gewifs  mit  Schultz-Gora  si*l  schreiben;  jedenfalls 
aber  durfte  das  ungewöhnliche  il  nicht  ohne  Anmerkung  bleiben.  — 
V.  57.  Schreibe  a  dreit  „mit  Recht". 

XVIII,  II — 12.  Kann  fora  in  einem  Wunschsatz  stehen?  Und 
was  bedeutet  nuls  V.  1 2  ?  Wie  der  ursprüngliche  Text  gelautet  hat, 
ist  bei  der  Divergenz  der  vier  Hss.  schwer  zu  sagen;  dafs  aber 
die  von  de  L.  hergestellte  Lesart,  die  fora  aus  MN,  ab  me  aus  E, 
pendutz  aus  NO  und  gue  nuls  aus  O  entnimmt,  das  Richtige  trifft, 
darf  immerhin  zweifelhaft  erscheinen.  Eine  Begründung  durfte 
nicht  fehlen.  —  V.  26.  Vos  soll  =  vous  =  vos  vos  sein.  Aber  ein 
votis  giebt  es  m.  W.  nicht  Die  Annahme  ist  auch  ganz  überflüssig, 
da  das  pronom.  Subjekt  ja  sehr  gut  fehlen  kann. 


256  VERMISCHTES.  III.  ZUR  EXEGESE. 

XXI  Str.  2.  Die  von  Mussafia  vorgeschlagenen  Verbesserungen 
treffen  nach  meiner  Meinung  zweifellos  das  Richtige.  Nur  würde 
ich  V.  13  con  que  tCan^  da  es  eben  überliefert  ist  und  auch  40,  1277 
com  que  an  sich  findet,  beibehalten  und  „wie  es  auch  damit  gehe** 
deuten.  Femer  würde  ich  nicht  nur  V.  12  qtiempren  ändern,  son- 
dern auch  V.  13  enpris  statt  en  pris  setzen,  das  auch  die  Hss.  IK 
als  ein  Wort  schreiben.  V.  14  scheint  es  mir  nicht  dem  geringsten 
Zweifel  zu  unterliegen,  dafs  mit  Mussafia  Que  desoiz  (so  statt  de  sotz 
bei  de  Lollis)  mi  n'an  domnas  tuit  Vaman  zu  lesen  und  domnas  als 
Accus,  zu  an  zu  betrachten  ist;  wie  es  V.  9  heifst:  Sobre  toh  am 
domna  pro  e  valen,  das  ja  auch  gewifs  nicht  heifst  „mehr  als  alle 
liebe  ich",  sondern  „höher  als  alle",  so  heifst  es  V.  14  „alle  andern 
Liebenden  haben  Herrinnen  unter  mir,  tiefer  als  ich",  d.  h.  alle 
andern  Damen  stehen  nicht  so  hoch  wie  die  meinige.  —  V.  20.  Nach 
meiner  Kopie  haben  IK  nien.  —  V.  17  ff.  Quan  in  Quan  hen 
ni  albir  . .  .,  Tant  Pam  als  quantum  aufzufassen,  wie  Mussafia  vor- 
schlägt, scheint  mir  nicht  wohl  anzugehen.  Sollte  nicht  zu  ver- 
stehen sein:  „Wenn  ich  überlege,  wer  sie  ist,  dann  liebe  ich  sie 
so  sehr,  dafs  ich  alle  anderen  für  nichts  achte,  weil  sie  die  an- 
mutigsten übertrifft  und  weil  ich  keine  so  trefifliche  in  der  Welt 
kenne,  von  der  .  .  ."?  —  V.  29.  Korr.  li  oill  el  {=  en  lo)  cori  — 
V.  41.  1st  resblan  für  r espían  haltbar?  —  V.  44.  Die  Korrektur  ses 
ist  zweifellos  richtig.  Die  in  der  Anmerkung  ausgesprochenen  Be- 
denken kann  ich  nicht  teilen.  Dafs  lei  sich  grammatisch  nur  auf 
die  erwähnte  Gräfin  beziehen  könne,  ist  gewifs  nicht  richtig.  Für 
den  Inhalt  vgl.  die  Tomada  von  Lied  XXVII,  deren  letzter  Vers 
meiner  Meinung  nach  nichts  anderes  bedeuten  kann  als  „unbe- 
schadet der  Ehre  derjenigen,  der  ich  mich  ergeben  habe". 

XXII,  3.  Wenn  de  Lollis'  Ansicht,  dafs  hier  ein  Senhal  vor- 
liegt, richtig  ist,  wäre  besser  Melker  mit  grofsem  Anfangsbuchstaben 
zu  schreiben.  Aber  ein  Versleckname  Melker  que  kom  pot  triar 
scheint  mir  doch  sehr  bedenklich.  Auch  kann  bei  dem  folgenden 
Relativsatz  doch  vorher  der  Artikel  schwer  entbehrt  werden.  Sollte 
nicht  statt  Quar  (die  Strophe  ist  nur  in  einer  Hs.  erhalten)  Quel 
zu  ändern  sein?  —  Die  Tornada  steht  nur  in  Hs.  H,  nicht  aber 
in  Hs.  C,  was  de  L.  nicht  angemerkt  hat 

XXIV,  47.  Alcus  genügt  doch  schwerlich.  Korr.  alques  oder 
al  cor  mit  Hs.  T? 

XXVI,  3.  Fai  ist  hier  doch  nicht  Verbum  vicarium.  —  V.  16. 
Korr.  mercejarai,  —  V.  43.  Q^ab  son  camjar  si  adiran  mi  fai  Amar 
qui  es  la  plus  plazens  q*eu  sai.  Die  Stelle,  die  Schultz -Gora  nicht 
verständlich  erscheint,  wenn  man  nicht  adiran  in  der  bisher  nicht 
belegten  Bedeutung  „hassenswert,  häfslich"  annehme,  scheint  mir 
zu  bedeuten  „sie  bewirkt,  dafs  ich,  sie  hassend,  die  anmutigste, 
die  ich  kenne,  liebe". 

XXVII,  35.  Darf  man  bei  Sordel  esiia  als  zweisilbig  zulassen? 
Ist  nicht  besser  mit  Hs.  R  esti  zu  schreiben?  —  V.  48  hat,  nadi 
meiner  Abschrift,  Hs.  C  ebenfalls  Quentre  nos. 


EMIL  LEVY,   ZU  SORDEL  ED.  DE  LOLUS.  257 

XXVIÜ,  II.  Ein  vulpig  giebt  es  nicht  Hs.  R  hat  volpilh,  IK 
vulpiglil\  es  ist  volpilh  zu  schreiben. 

XXXII,  10.  Un  ses  un*  scheint  mir  nicht  annehmbar.  Korr. 
l'un  ses  r  autrui 

XXXIII,  8.  Blandir  hat  hier  (ebenso  8, 3 1  und  40, 998),  und  das 
hätte  hervorgehoben  werden  müssen,  die  seltene  Bedeutung  „schätzen, 
sich  machen  aus".  —  V.  12.  Wegen  der  Bedeutung  von  aucir  vgl. 
Chabaneau,  Revue  d.  Igs.  rom.  ^2,  213  und  die  folgenden  Stellen: 
CPals  mais  aug  dir,  e  nom  platz^  Que  dompna  se  vol  aucir  Que  rie 
home  deigna  auzir  Lieder  hs.  A  No.  92,  3  (R.  d'Aur.);  E  tot  nafrat 
el  me  tene  près  Set  anz,  e  non  ere  gufane  vises  Mais  home  enaissi 
aucir  Jaufre  124%  6;  Dig  vos  ai  de  tiAlazais  . .  com  eng annet  Mira- 
vai  e  trai  àf  aucis  se  ineteissa  Chabaneau,  Biogr.  S.  69^  Z.  19. 

XXXIV,  1 3.  Non  voie  formar  heifst  nicht  „hätte  nicht  bilden 
können",  sondern  „hat  nicht  gebildet";  vgl.  Revue  d.  Igs.  rom. 
VIII,  232  zu  371,  12  und  XII,  ICI  zu  1366  und  Gröbers  Zs.  XIV, 
498  Anm.  I.  —  V.  15.  Die  von  Naetebus  vorgeschlagene  Aenderung 
ist  anzunehmen,  nur  ist  Qel  zu  bewahren.  —  V.  24.  Schreibe  mit 
Hs.  F  fassatZy  wie  auch  Hs.  H  V.  27  hat.  —  V.  32.  Die  Form  dopna 
halte  ich  überhaupt  für  unzulässig,  gewifs  aber  ist  es  nicht  erlaubt, 
in  demselben  Gedicht  ein  paar  Mal  dopna  und  ein  paar  Mal  dompna 
zu  schreiben.  Der  Schreiber  hat  bei  dopna  den  das  m  bezeich- 
nenden Strich  über  dem  0  fortgelassen.  —  V.  43 — 44.  Sollte  nicht 
doch  Umstellung  der  Verse  möglich  und  Pos  de  vos  nom  puose  estrar 
in  Parenthese  zu  setzen  sein?  Es  wäre  dann  sia  statt  stai  zu 
ändern.  —  V.  49  —  50.  E  si  vos  platz  qe  níausiatz^  Ja  Deu  mereei 
a  mon  fenir.  Die  einzige  Hs.  hat  Deus  0  mereei.  Ich  zweifle  nicht, 
dafs  Beus  0  m,  zu  ändern  ist,  vgl.  XXVI,  16  und  für  die  Kon- 
struktion von  mereejar  die  folgenden  Stellen:  E  pus  lo  eors  lo 
maltrag  vos  mereeya,  Si'l  dessetz  Joy,  gen  lo'us  saupra  grazir 
Prov.  Ined.  S.  92  V.  5;  Mercian  lur  lo  bon  aeulhimen  que  li 
avian  fag  Pet  Thal.  Montp.  S.  446  Z.  17. 

XXXVI,  3 — 4.  Sel  schwebt  in  der  Luft;  ich  meine  daher,  es 
wird  das  Semikolon  zu  tilgen  und  im  folgenden  Verse  Que  statt 
Car  zu  ändern  sein.  —  V.  4  ist  um  eine  Silbe  zu  lang;  Naetebus 
will  Uz  tilgen.  Sollte  nicht  eher  Que  vostre  horn  liges  a  vos  s* es  donaz 
zu  lesen  sein?  Nach  donaz  würde  ich  einen  Punkt  setzen  und  V.  5 
Merceis  vos  qer  lesen.  —  V.  8.  Sohlei  würde  ich  ohne  Bedenken  in 
soplei  ändern. 

XXXVUI,  8.  Ist  consello  etwa  i.  Pers.  Präs.  wie  isco  XXXIV,  36? 

XXXIX,  2^2^.  Korr.  qel  (so  Hs.  A)  statt  quels, 

XL,  161.  Setze  Komma  nach  passaz,  —  V.  202.  Korr.  Entréis,  — 
V.  2 1 1  und  1065.  Wegen  des  Artikels  Nom.  Sg.  li  siehe  oben  zu  IV,  22, 
—  V.  255.  Korr.  lotz  statt  tot,  —  V.  263.  Ist  nicht  una  zu  tilgen?  — 
y*2'jt,  360,  700,  710.  Entrame  tez.  Bis  jetzt  ist  m.W.  ^xow,  entra 
weder  allein  noch  in  Kompositis  belegt  —  V.  616  würde  ich  Punkt 
oder  Kolon  setzen.  —  V.  653.  Kon,  paucs,  —  V.  671.  Die  Form 
grat  (gradum)    ist   sehr   selten.     Aufser   an  der  von  Rayn.  III,  488 

Zeitachr.  f  rom.  Phü.  XXIL  IJ 


258  VERMISCHTES.     IV.  ZUR  GRAMMATIK. 

angeführten  Belegstelle,  Zorzi  8,  7,  habe  ich  sie  mir  nur  noch  zwei- 
mal notiert:  Dels  ries  crois,  manenz  rmegaiz^  Qu^eu  vei  en  Pausor 
g  rat  pojaiz  Ramb.  de  Buvalel  4,  17  und  Tota  persona  de  calque 
stai,  g  rat  o  condición  que  sie  Doc.  Arles,  Rev.  d.  Igs.  rom.  39,  271  l.Z. 
Wie  diese  Form  zu  erklären  ist,  ist  mir  jetzt  ebensowenig  klar  wie 
früher  (vgl.  Litt.  Bl.  9,  270).  Dafs  gra  vor  grat  im  Gebrauch  be- 
vorzugt worden  sei  „per  dissimilazione  da  grat  =  gratus",  ist  doch 
gewifs  nicht  haltbar,  denn  einmal  schreckt  das  Prov.  vor  Homo- 
nymen doch  gewifs  nicht  zurück,  und  dann  darf  gra  doch  nicht 
von  ni,  cru,  mo,  no  (ein  Beleg  bei  Rayn.  IV,  329,  ein  weiterer  bei 
R.  IV,  249  s.  V.  molieransa,  ein  dritter  im  Reim  :  fro  Auz.  cass.  1 280) 
getrennt  werden.  —  V.  706.  In  Quar  en  onrada  messio  An  obs  tres 
causas  per  razo  soll  per  razo  „per  necessità"  bedeuten.  Ist  es  nicht 
vielmehr  „vernunftgemäfs"?  —  V.  767 — 8.  Que  el  eis  fat  d* armas 
non  a  La  mietat  del  pretz  qu*el  n*aura.  Die  Verse  bedeuten,  meine 
ich  :  „denn  in  der  Waffenthat  selbst  ist  nicht  die  Hälfte  des  Ruhmes, 
den  er  davon  haben  wird",  d.  h.  er  wird  mehr  als  doppelt  so  viel 
Ruhm  davon  tragen,  als  ihm  für  seine  That  eigentlich  gebührte.  — 
V.  855 — 6.  Wie  passen  die  Verse  zum  Folgenden?  —  V.  880.  Ich 
denke,  es  ist  zu  ändern:  Egal  del  [fag"]  qu^empren  Deu  aver  cor,  — 
V.  930.  Ist  nicht  das  Kolon  zu  tilgen,  dafür  aber  ein  Komma  nach 
desastrucs  und  ebenso  V.  931  nach  desastre  zu  setzen?  —  V.  956. 
De  totz  bes  despuelha.  Korr.  tot\  bes  «=■  be  se.  —  V.  962.  I^ametres. 
Korr.  prametens,  vgl.  V.  979.  —  V.  971  Anm.  Suchiers  Korrektur 
hatte  die  Lesart  Palazzis  avia  zur  Voraussetzung.  —  V.  1017.  Korr. 
CiL  —  V.  1039.  Qaras  plaz  toz  mais,  e  toz  bes  Enueja  al  mais.  De 
Lollis  ändert  a/[j]  mais,  aber,  ich  denke,  al  m,  kann  bleiben.  Zu 
deuten  wäre  entweder  „meistens",  vgl.  Appel  Chr.  124,  43,  oder 
„den  meisten",  vgl.  S.  £nim.  769  (=  Bartsch  Dk.  237,  2):  Ccmf 
Enimia  ac  parlât.  Tot  lo  mai  cridet  ad  un  glat  E  prometen  a  la 
donzela  Que  tostcmps  remanran  ab  eia  .  .  .,  Mas  empero  de  tais  n*i  ac 
A  cui  lo  r  émaner  s  non  plac  und  Guir.  Riq.  26,  io:  Quar  baratz  a  lo 
pus  per  près.  Per  qel  mais  ne  va  galiatz.  —  V.  li  33  Anm.  BarerUes 
findet  sich  noch  Crois.  Alb.  4972  und  8984.  —  V.  1 149.  Schreibe 
«y.  —  V.  1 151.  Korr.  azautamen, 

Emil  Levy. 


IT.  Zur  Grammatik. 

Die  starken  Perfekta  auf  -c  im  Altprovenzalischen. 

Diez  (Gramm.  IP  212)  erklärte  die  im  Altprov.  an  Stelle  von 
lat.  —ui,  'Uisti  etc.  erscheinenden  starken  Perfektausgänge  -f,  -li/r/ 
{'uést)  etc.  daraus,  dafs  tonloses  vorvokalischen  |^  in  dieser  Ver- 
bindung behandelt  worden  sei  wie  das  ihm  lautlich  gleidiw^tige 
germanische  w,  also  z.  B.  calfiisti  :  calguist  =  z.  B.  wtsa  :  guisa.  Der 
Diez'schen  Annahme  hat  sich  Meyer -Lûbke  angeschlossen,  wenn 
er  (Gramm,  der  rom.  Spr.  II  §  283  S.  330)  sagt,  dafs  u  ^  diesen 


G.  KÖRTING,   DIE  STARKEN  PERFEKTA  AUF  -C  IM  ALTPROV,      259 

Perfekten  wie  german.  w  zu  g  wird  (genauer  hätte  gesagt  werden 
müssen  „zu  gu"),  —ruit  soll,  „bevor  der  Wandel  von  ^  zxi  g  ein- 
trat, zu  —reniti  -réuii  und  dann  zu  ^réc  geworden"  sein  (also  z.  B. 
pàruit  :  *páreuit  :  *paréuii  :  ''^pareg\uii\  :  parée)  — ,  eine  schwer  glaub- 
liche Entwickelung,  denn  warum  páruit  :  *páreuiii 

Dagegen  aber  ist  zu  bemerken:  i.  German.  w  wird  im  Prov. 
nur  anlautend,  nicht  auch  inlautend  durch  gji  vertreten,  vgl. 
Mackel,  Frz.  Stud.  VI  1 84  ;  ireuga  ist  keine  Ausnahme,  denn  es  geht 
nicht  auf  germ,  ireuway  sondern  wohl  auf  got.  iriggva  zurück.  Auch 
den  Eigennamen  Ermengaui  wird  man  schwerlich  als  Ausnahme 
geltend  machen  dürfen,  da  sein  -gaut  wohl  nur  scheinbar  dem 
germ,  -wald  (Irminwald)  entspricht  —  2.  Fälle,  in  denen  lat  v 
wie  germ,  w  behandelt  worden  ist  und  folglich  als  gu  sich  dar- 
stellt, sind  im  Prov.  sehr  selten  [guiay  g\u\asiar  etc.)  und  betreffen 
sämtlich  nur  den  Anlaut  Für  die  Entwickelung  eines  inlauten- 
den (vorvokalischen)  lat  u  zu  g\i  läfst  sich  meines  Wissens  kein 
einziges  provenzalisches  Beispiel  beibringen,  ja  überhaupt  kein 
romanisches.  Dadurch  wird  meines  Erachtens  die  Annahme  un- 
statthaft, dafs  z.  B.  ealui  ealjiisii  zu  i^calgui)  eale  ealguist  geworden 
sei.  —  3.  Wenn  die  Diez'sche  Erklärung  auf  habut  :  ae  angewandt 
werden  soll,  so  mufs  man  als  Vorstufen  von  cic  ansetzen  *águi 
*át4i  *ävut,  wie  aber  soll  aus  *ávuz'  ein  *dfit  entstanden  sein?  oder 
soll  man  etwa  gar  an  ein  *ávgut  glauben? 

Ich  möchte  daher  eine  andere  Erklärung  in  Vorschlag  bringen: 

Lat.  pláeui  plaeuisti  etc  ergeben  regelrecht  prov.  plae  piagnisi  etc, 
„     iáeni  iaenisii        „          „  „  „     tac  iagnisi        „ 

„    jácni  jaenisii        „  „  „  „    jae  jaguisi        „ 

„     nóeni  noenisti      „  „  „  „     noe  noguist       „ 

So  bildete  sich  ein  Stamm  vielgebrauchter  Perfekta  auf  -i,  und 
diese  wirkten  nun  analogisch  auf  andere  ursprüngliche  i/i-Perfekta 
ein,  zunächst  auf  solche,  welche  den  gleichen  Vokal  besafsen  (so 
zog  z.  B.  plae,  iae,  jae  ein  ae  nach  sich,  noe  ein  eonoe,  moe),  sodann 
auch  auf  solche  mit  verschiedenem  Vokale  (z.  B.  dee,  bee).  Endlich 
bildete  sich  das  Gefühl  aus,  dafs  -e  (bezw.  gu)  ein  Perfektsuffix 
sei,  welches  auch  auf  ursprünglich  nicht  zur  «/-Klasse  gehörige 
Perfekta  übertragen  werden  könne,  sogar  auf  schwache  (wie  z.  B. 
cazée  f.  "^cazéi^  ^cadéi,    vgl.  altital.  ecdä  neben  caddi,  parie  f.  sparii 

^-  ^''"')-  G.  Körting. 


Y.  Zur  Wortgeschiehte. 

I.  Zu  französischen  Wörtern. 

I.   emb lauer. 

In  dem  von  mir  zur  Herausgabe  vorbereiteten  Sone  de  Nausay 
bietet  Hermine,  die  Tochter  des  Herrn  von  Baruth  (Bairut),  dem 
Sohne  des  Sone,   Henri,   ihre  Hand   und  das  Reich  ihres  verstor- 

17* 


26o  VERMISCHTBS.     V.  ZUR  WORTGESCHICHTB. 

benen  Vaters  an,  wobei  sie  dem  wegen  seiner  Mittellosigkeit  sich 
Sträubenden  u.  a.  sagt: 

Terre  ne  vaut  qui  n'a  signour. 

On  a  d'un  preudomme  paour, 

Chilz  qui  viers  li  (die  Herrin  des  Landes)  mesprenderoit,  (mü/ste 

Se  preudons  en  son  lit  dormoit.  Furcht  haben). 

Se  ce  que  je  vous  ai  nommé, 

Estoit  a  mauvais  cors  donné, 

Emblaues  seroit  du  tenir 

Ne  n'en  poroit  a  chief  venir.  (Sone  20633  ff.) 

Godefroy  bat  s.  v.  tmblaer  die  Bedeutungen  'embarrasser,  occuper', 
denen  die  von  Sachs  fur  das  provinzielle  'emblaver'  angegebene 
'verwirren'  entsprechen  würde.  Für  unsere  Stelle  würde  die  Be- 
deutung 'unfähig'  (transitiv  unfähig  machen)  besser  passen.  Das 
Wort  geht  wohl  auf  eine  Nebenform  *blaupan  des  von  Kluge  s.  v. 
blöde  und  Mackel  S.  119  als  Grundwort  des  frz.  éblouir  aufgestellten 
*blaupjan  'kraftlos,  ungiltig  machen,  abschaffen'  zurück.  Auch  das 
prov.  emblauzir  =■  fr.  *emblqir  wird  davon  abgeleitet.  Dem  ent- 
sprechend ginge  auf  jene  Nebenform  *blaupan  *embloer  zurück, 
pik.  emblauer. 

2.   esclisire. 

In  dieser  Ztschr.  XX  366  nimmt  Braune  die  bereits  von  Diez 
(und  nach  ihm  von  Schade)  aufgestellte  Herleitung  von  engl.  glisUr 
an;  er  meint  aber,  dafs  neben  glister  eine  durch  s  im  Anlaut  ver- 
stärkte Bildung  *S'glister  bestanden  habe.  Der  Bedeutung  nach 
würde  ja  die  Etymologie  gut  passen;  denn  mhd.  ostfries.  ndl.  glinster 
hat  nach  Braune  neben  *  blendender,  plötzlich  aufleuchtender  Glanz' 
auch  die  Bedeutung  'Blitz',  und  nhd.  'glinstern'  bedeute  auch 
'blitzen*.  Wenn  auch  durch  Braunes  Vermutung  Diez'  Etymologie 
annehmbar  gemacht  wird,  so  scheint  er  mir  doch  zu  wenig  auf 
das  c  für  g  geachtet  zu  haben.  Ich  möchte  deshalb  noch  lieber 
das  Wort  von  *  s  lister  ableiten,  das  sich  zu  slUan  'spalten'  ver- 
hält wie  glister  :  glttan.  Wegen  des  esci  •<  si  vgl.  esclg  ans  slag  u.  a. 
(Mackel  S.  172).  Neben  esclistre  besteht  eine  Nebenform  escliste^ 
die  Godefroy  aus  Berte  22175  beibringt  und  die  nach  ihm  als 
édite  im  wallonischen  Dialekt  fortlebt  Diese  erklärt  sich  wie  hloste^ 
bleste  neben  blostre,  blesire  (Mackel  S.  188).  Was  nun  die  Bedeu- 
tung des  Wortes  anbelangt,  so  rühren  ja  im  allgemeinen  die  Be- 
nennungen des  Blitzes  vom  Leuchten  her  (z.  B.  fulgur,  ful(c)men 
zu  fulgere,  frz.  éclair  zu  clair  u.  a.)  ;  aber  auch  die  Zickzackbewegong 
des  Blitzes  hat  Einflufs  gehabt,  z.  B.  prz  nach  Gesenius,  Hebr. 
Handwörterbuch  (8.  Aun.)  S.  103*^  eigtl.  das  sich  Spalten,  ebenso 
rtn  von  ttn  'durchbohren'  ebd.  S.  262^ 

3.   garde,  garder,  garer,  garnir  u.  a. 

Die  Bedeutungen  von  garde,  garder  und  seinen  Kompositis 
sind  denen  des  germ.  Etymons  wardan  gleich.     Das  ahd.  war  Um 


M.  GOLDSCHMIDT,   Zu  FRANZÖSISCHEN  WÖRTERN.  26 1 

bedeutet  nach  Schade  *acht  haben,  ausschauen,  wahrnehmen'. 
Die  Bedeutung  'auf  der  Hut  sein'  hat  nach  Kluge  s.v.  warten 
nur  das  altsächs.  wardôn,  [Sonst  kommt  diese  Bedeutung  nur  dem 
Verbum  waren  zu  (s.  westföl.  he  wart  sich  wol  =  *er  nimmt  sich 
wohl  in  Acht'),  dem  fr.  garer  in  Bedeutung  und  Form  entspricht] 
Für   *auf  der  Hut  sein'   finden   wir   folgende  altfr.  Ausdrücke: 

1.  avoir  garde:  Puis  lía  garde  de  nule  chose  Cil  qui  Panel  an  son 
doi  a  (es  braucht  nicht  auf  der  Hut  zu  sein  etc.)  Yvain  1032;  vgl. 
auch  Chev.  U  esp.:  aoons  nous  garde  'haben  wir  Ursache  zur  Hut, 
sind  wir  in  Gefahr?'.  2.  garder:  garde,  biaus  mes,  ne  le  honir  tu 
ja  Anseïs  122,  s.  auch  Foerster  zu  Ajol  233.  3.  avoir  regart'.  Or 
est  Erec  an  grant  peril ,  Et  si  ne  cuide  avoir  regart  Erec  3431 
(Foerster:  *und  doch  glaubt  er  nicht  auf  der  Hut  sein  zu  sollen, 
hat  er  keine  Ahnung  von  der  Gefahr'). 

Für  'ausschauen'  sagte  man  i.  soi  doner  garde  de\  z.B.  Et 
com  il  plus  san  done  garde  y  Plus  Vaimme  et  plus  li  abelist  Yvain  14 18. 

2.  soi  doner  re  gart  de:  z.  B.  dame  Auberee,  Qui  de  H  se  donoit 
regart  Auberee  269  (s.  Ebeling).  3.  soi  prendre  regart  de:  z.  B. 
Mes  H  cuens  onques  ne  repose  De  regarder  de  r autre  part;  De  la 
dame  se  prist  regart  Erec  3286.  4.  es  g  arder  a  auc,  r.  Chev. 
II  esp.  710.  5.  estre  en  esgart  de  (Beispiele  bei  Ebeling  a.  a.  O.). 
6.  garder:  il  orent  partout  gardé  Sone  17492. 

Die  Bedeutung  'wahrnehmen'  hat  soi  prendre  garde  de 
z.  B.  Et  quant  le  voit  la  damoisielle,  A  grant  mierveille  le  regarde.  Si 
que  Richars  ne  s^en  prent  garde  (und  zwar  so,  dafs  es  R.  nicht 
wahrnimmt,  merkt)  Rieh.  1986. 

Die  Bedeutung  des  nfr.  garder  'hüten'  findet  sich  ebenfalls 
im  Germ.  (ahd.  wart  'Wächter,  Hüter';  war  ta  'Achthaben,  Beob- 
achtung'). Das  Afr.  hat  daneben  auch  die  Bedeutung  'Wache 
halten'  z.  B.  Chev.  II  esp.  2258. 

Auch  die  Bedeutungen  des  germ.  *  warn  jan  i.  warnen, 
2.  benachrichtigen,  3.  schützen  finden  sich  im  Afr.  i.  Bien 
vos  an  avoie  gami  Einçois  que  vos  venissiez  ci  Erec  5803.  2,  Li  citoien 
qui  de  sa  venue  furent  garni  issirent  de  la  vile  (s.  Godefroy).  3.  Car 
je  pris  plus  celui  qui  set  garnir  Ce  que  pris  a  si  quWl  le  puist  tenir 
Que  celui  qui  vait  aillors  conques  ter  Et  pert  ice  que  il  devroit  garder 
(s.  God.).  Dasselbe  Wort  refi.  =  se  défendre.  Die  gewöhnliche  Be- 
deutung von  garnir  'ausrüsten'  findet  sich  nicht  im  Germ.  Doch 
hat  Mackel  S.  70  mit  Recht  die  Bedeutung  'sich  versehen  mit'  für 
das  Germ,  angenommen. 

M.  Goldschmidt. 


2.  Afr.  astre,  aistre,  gemeinrom.  catastrum. 

i.  Der  Dictionnaire  Général  von  Hatzfeld  und  Darmesteter 
leitet  das  nfr.  aire  noch  vom  d.  estrich  her.  Nach  dem  Vorgang 
von  Miklosich  (Etym.  Wörterbuch  der  slav.  Sprachen  3.  v,  astrychü) 


202  VERMISCHTES.    V.  ZUR  WORTGESCHICHTE. 

hat  G.  Meyer  (Zur  neugriechischen  Grammatik  S.  4)  gezeigt,  dafs 
das  d.  esirich  wie  das  ital.  ìastric'ó  vielmehr  von  dem  mittellatein. 
astracum  =  gr.  oövcaxov  komme;  *  astracum  muíste  im  Gallischen 
zu  *a5trio  werden  wie  monacum  zu  *monio^  und  aus  dem  Einflufs 
des  /  erklärt  sich  die  Form  aisire]  dafs  daneben  astre  vorkommt, 
ist  leicht  begreiflich,  wenn  man  bedenkt,  dafs  der  'Umlaut'  nach 
einer  Gruppe  von  drei  Konsonanten  nicht  einzutreten  brauchte. 

2.  Ital.  catastro  f  sp.  catas  tre,  fr.  cadastre  leitet  Diez  (nach  dem 
Vorgang  von  Ménage)  von  einem  *capi'tastrum  her,  ohne  sich  über 
das  (vermeintliche)  Suffix  näher  auszusprechen;  Littré  und  Körting 
folgen  ihm;  das  Dictionnaire  Général  bezeichnet  den  Ursprung  als 
unsicher.  Nun  findet  sich  in  einem  Papyrus  (vor  Christo)  ein  Wort 
xaxavÖQa  (rœv  oœfiarœv)  in  Notices  et  extraits  des  manuscrits  de 
¡a  bibliothèque  impériale  XVUI  2,  p.  132  Papyrus  5,  col.  2,  Zeile  4.  6, 
wo  auch  noch  ein  weiterer  Beleg  beigebracht  ist  Auf  die  gleiche 
Weise  konnte  man  ein  Verzeichnis  der  Ländereien,  welche  zu  einem 
Hause  gehören,  oder  der  Steuern,  welche  darauf  liegen,  xaxóúXQa' 
xov  oder  catdstracum  nennen,  ein  Wort,  welches  dann  in  verstüm- 
melter Form  nach  dem  Abendland  kam. 

J.  Ulrich. 


3.  Ven.  turlon,  „Kuppel  des  Kirchturms". 

Dieses  Wort,  welches  in  der  einfachen  Form  tur  lo  mit  der 
Bed.  „Kuppe  (des  Kirchturms)",  aus  dem  15.  Jhrh.  bezeugt  ¡st,  ent- 
spricht dem  neugriech.  xQOvXXa,  rovgXa,  „Kuppel",  „Gipfel",  „Er- 
höhung", „(wulstartige)  '  Anfüllung  eines  Gefasses  bis  zum  Rande". 
G.  Meyer  Neugriechische  Studien  III,  66  f.  setzt  dafür  mit  DC.  trulla, 
„Schöpfkelle"  als  Grundwort  an.  Mussafia  Beitr.  S.  1 1 7  hatte  sich 
über  die  Herkunft  des  Wortes  nicht  entschieden;  ich  hatte  Ut 
Centralbl.  1874  Sp.  1627  an  Identität  mit  piem.  ti^rlo  „Pustel'*,  „Ge- 
schwulst" j  tdrulus  „Wulst"  gedacht.  Das  halte  ich  auch  jetzt  noch 
fest,  nur  dafs  ich  von  einer  andern  Deutung  des  deutschen  chnopscz 
in  jenem  Glossar  absehe;  „Wulst"  für  „Kuppe",  „Kuppel"  ist  ja 
sehr  begreiflich,  kommt  doch  torus  schon  bei  Vitruv  in  archi- 
tektonischem Sinne  („Wulst  einer  Säule")  vor.  Turlon  im  Sinne  von 
„Hautanschwellung"  (z.  B.  durch  einen  Insektenstich)  ist  auch  zu 
Rovigno  bekannt  (nach  A.  Ive).  Das  u  in  der  Tonsilbe  {furiti) 
würde  freilich  die  Einmischung  eines  andern  Wortes  voraussetzen; 
auf  "^  tur  rula  wies  schon  Mussafia  hin  (vgl.  auch  turille  DC),  und 
alban.  iurh  „Turm"  begünstigt  diese  Erklänmg.^ 


^  das  zunächst  'Boden',  dann  'Haus'  bedeutet. 

^  Indessen  hat,  wie  ich  nachträglich  sehe,  das  Sardische  túrulu  im  Sinne 
des  ital.  torlo  (Ascoli  Arch,  glott.  it.  XIV,  341  Anm.) 

H.   SCHÜCHARDT. 


W.  FOERSTER,   FRZ.  ETYMOLOGIBN.  263 

4.  Französische  Etymologien. 

Die  Herkunft  des  französischen  hihloty  bibelot^  bimbelot 
und  die  Verdopplung  in  der  Kindersprache.  —  brimho^ 
rion,  —  andare. —  Gironde. — joyau, —  deutsch  Juwel, — 

anglon.  medier.  —  engl,  bauble. 

Unter  den  französischen  Lexikographen  verzeichnet  m.  W.  zuerst 
Nicot  (1573)  unser  Wort  in  der  Form  bimbeloi  (ohne  jede  Erklä- 
rung), dieselbe  Form  findet  sich  allein  bei  Le  Duchat  (zitiert  in 
Ménage -Jault)  und  Trévoux.  Die  andere,  nicht  nasalierte  Form 
giebt  zuerst  Cotgrave:  bibelots^  huckle-bones;  or  the  play  ai  huckle- 
bones)  daneben  hat  er  \btmbloiier,  a  pauüric  pedler  (wohl  aus 
Rabelais)  und  \brimblotiery  das  ebenso  erklärt  wird.  Littré  hat 
bimbelot  (im  Sing.)  =  tout  jouet  d*  enfant  und  daneben  *  bibelots^ 
(im  Plur.,  eigens  als  plurale  tantum  bezeichnet)  =  nom  générique 
sous  lequel  on  désigne  un  ensemble  d^objeis  de  parade  qui  se  mettent 
sur  les  étage  res f  dans  un  salon,  dans  un  boudoir,  tels  que  les  chinoi" 
series  u.  s.  f.;  fig.  objets  de  peu  de  valeur.  Man  sieht,  dafs  er  die 
beiden  Wörter  begrifflich  scheidet  (i.  Kinderspielzeug,  2.  Nipp- 
sachen), wenn  er  auch  beiden  dieselbe  Ableitung  zuspricht  (Etym. 
bibelots  le  mime  mot  que  bimbeloi).  Ihm  folgt  sklavisch  Sachs,  der 
aber  gegen  Littré  unter  i.  irrtümlich  „Schnurrpfeifereien"  als  erste 
Bedeutung  angiebt.2 

Das  ausgezeichnete  Darmesteter-Thomas'sche  Wörterbuch  hat 
aber,  meines  Erachtens  richtig,  bibelot  (im  Sing.):  menu  objet  de 
curiosité,  généralement  destiné  à  être  mis  en  montre  dans  un  apparie- 
ment,  dann  bimbeloi:  même  mot  que  bibelot,  avec  intercalation  inex- 
pliquée de  la  nasale.  Vieilli:  jouet  cP  enfant.  Par  ex  t.  menu  objet 
de  tabletterie.  Die  französische  Akademie  hat  bibelot  erst  in  die 
letzten  Auflage  (1878)  aufgenommen,  während  bimbelot  sich  bereits 
in  dem  Wörterbuch  früher  befunden  hat.  Die  heute  allgemein 
übliche  Aussprache  biblot  (sing.)  verzeichnet  das  Sachs'sche  Sup- 
plement 

Eine  Ableitung  des  Wortes  versuchte  der  einzige  Le  Duchat 
(s.  bei  Ménage -Jault):  de  Vitalien  bambolo^  qui  signifie  tantôt  un 
enfant  et  tantôt  une  poupée.  Au  lieu  de  bambolo  les  Italiens  ont  aussi 
dit  bimbo  dans  la  même  signification,  et  c^est  proprement  de  ce  dernier 
que  nous  avons  fait  bimbelot.  Daher  erklärt  es  ebenso  Scheler 
in  der  ersten  Auflage  (und  wiederholt  in  der  dritten)  seines  etym. 
Wtb.,  wo  der  ganze  Absatz  lautet:  bimbelot^,  peut-être  pour  b  ambe  lot, 
petit  bambin,   e.  à  d.  poupée,   was  dann  Littré:   bimbelot^  sans  doute  de 


'  *  bedeutet,  dafs  es  in  der  vorletzten  Ausgabe  des  Akademiewörter- 
buches fehlt. 

'  Ich  würde  das  Wort  ganz  streichen,  da  das  an  letzter  Stelle  stehende 
„Kinkerlitzchen"  das  Littré'sche  »objets  de  peu  de  valeur*  genügend  wieder- 
giebt.    Wir  sagen  bei  uns  „Krimkram". 

3  bibelot  fehlt  bei  ihm,  da  es  ja  auch  in  dem  Akad,-Wtb,  damals  ge- 
fehlt hat. 


264  VERMISCHTES.     V.   ZUR  WORTGESCHICHTE. 

bimb  ou  h  amò  y    qui  se  trouve  dans  bambin  ^   wiederholt   und   was 
auch  Sachs,  der  „italienisch"  beisetzt,  meint 

Diese  Ableitung  mufs  bei  näherer  Betrachtung  berechtigte  Be- 
denken erwecken,  schon  aus  lautlichen  Gründen,  bimbeloi  ist  nicht 
b^mbeloi  und  bimbo  heifst  nie  „Puppe",  sondern  blofs  „Kind".  Femer 
muíste  dann  bambelot  die  ursprüngliche,  bibelot  die  später  ent- 
wickelte Form  sein:  allein  wenn  die  Einschiebung  eines  m  vor  b 
(ebenso  wenig  wie  die  eines  n  vor  Dental  und  Guttural)  nichts  Un- 
gewöhnliches ist  und  keine  Schwierigkeit  macht,  so  wäre  es  geradezu 
unerhört,  ein  solch  ursprüngliches  m  vor  b  einfach  verschwinden 
zu  sehen.  Man  wird  sich  daher  nicht  wundem,  wenn  die  so  vor- 
sichtigen und  scharfsinnigen  Verfasser  des  Darmeste ter'schen  Wörter- 
buches sich  mit  dem  blofsen:  Origine  incertaine  begnügen. 

Zwar  scheinen  dieselben,  wenn  ich  die  Worte:  avec  intercalation 
inexpliquée  de  la  nasale  richtig  versteh',  an  diesem  Einschub  An- 
stofs  zu  nehmen.  Es  ist  dies  dasselbe  bei  iat  sabucus  und  sam- 
bucuSf  labrusca  und  lambrusca,  it.  strambo  {strabus),  ZHimpo  {vafior)^ 
pr.  pipa  :  pimpa^  frz.  lambruche,  Sambre  {Sabis),  Embrun  (Ébrodunum), 
altfrz.  a/umbler,  dann  alt-  und  nfrz.  samedi,  altfrz.  sembadi^  sambbadi 
(für  dieses  s.  Littré  Hist.)  aus  *sambatum^  (vgl.  amedui  aus  ambedm), 
gingembre  aus  gingiber.  Und  wenn  wir  m  aus  b  finden,  so  muís 
doch  ein  Uebergang  durch  mb  angenommen  werden,  vgl.  it  gomito 
zu  mail,  gombed  aus  cubitus.  Der  Vorgang  beruht  auf  einem  Sprach- 
fehler, indem,  während  der  Lippenverschlufs  des  b  gebildet  wird, 
durch  Muskelschwäche  oder  sonst  einen  Vorgang  das  Gaumensegel 
herabfällt  und  sich  vom  Pharynx  ablöst  (ich  kenne  Individuen,  deren 
Gaumensegel  so  schlapp  ist,  dafs  es  fast  bei  sämtlichen  Artiku- 
lationen heranterfallt)  und  so  ein  Teil  des  Luftstromes  durch  die 
Choanen  und  die  Nase  entweichend  den  Nasal  m  bildet  So  lang 
noch  das  Sprachgefühl  ein  b  reklamiert,  haben  wir  ^b\  aber  im 
raschen  Sprechen  geschieht  das  Sprengen  des  Verschlusses,  bevor 
der  Gaumensegel  sich  wieder  an  die  Hinterwand  angedrückt  bat, 
und  wir  hören  dann  blofs  m.  Genau  derselbe  Vorgang  findet  sich 
bei  dentalem  n  vor  /,  indem  ebenso  im  Anfang  des  Verschlusses 
an  den  Alveolen  das  Gaumensegel  für  einen  Augenblick  heranter- 
fallt, und  ebenso  bei  gutturalem  n  vor  Velaren,  indem  dasselbe 
ebenso  beim  Verschlufsansatz  am  hinteren  Gaumen  geschieht  Dafs 
die  Zahl  der  Fälle  keine  grofse  ist,  beweist,  dafs  alle  die  zahl- 
losen Anläufe  oder  Ansätze  durch  spätere  Korrektur  (Schrift-  und 
Gebildetensprache)  ausgemerzt  worden  sind. 

Im  Grund  genommen  ist  der  Wandel  von  mm  zu  mb  und  von 
nn  zu  nd  etwas  Aehnliches,  indem  hier  das  Gaumensegel  durch 
einen  entgegengesetzten  Fehler  im  Verlauf  der  Artikulation  zu  fvuíá 
hinaufgezogen  und  angedrückt  wird,  daher  das  anfangs  richtig  arti- 


^  Eigentlich  ist  dieser  Fall  zwar  verwandt,  aber  nicht  identisch,  indem 
bei  sahhaium'^  sambaium  es  sich  um  urspr.  doppeltes  à  handelt^  in  den 
übrigen  Fällen  um  einfaches. 


W.  FOERSTER,   FRZ.  ETYMOLOGIEN.  265 

kulierte  m  (»)  plötzlich  als  ò  (d)  ausklingt^  So  erklärt  sich  natur- 
gemäfs  altfrz.  flambé  aus  fiamma^  it  gambero  aus  cammarus.  So  giebt 
columna  einmal  durch  *coIumma^  ein  altfrz.  colombe  (fehlt  bei 
Godefroy  —  steht  jetzt  im  Complément)  und  diu-ch  *colunna  ein 
altröra.y  sard,  colonda,  ebenso  fr.-prov.  So  gab  malannus  ein  malendos, 
danno  in  den  röm.  Laudi  dando  ^  sollenne  ein  sollende  y  vgl.  sp.  ptg. 
sandtUj  sandeu  aus  sañay  sanha^  ferner  sp.  ^tg,  pendola  aMspenna^  so- 
wie ptg.  sendos  aus  senos,  candado  aus  cañado.  Und  das  sp.  dandos 
aus  dadnos  durch  dandnos,  das  sich  auch  belegen  läfst.  Römisch 
(XIII./XIV.  Jhd.)  ende  =  In  illa  nur  durch  ^enne  erklärlich.  Germ. 
bannu  ergab  rom.  bando  u.  s.  f.  Selbst  ältere  lat.  Hss.  zeigen  aufser 
perendis  statt  perennis  Juvenc.  Ill,  14  sogar  ein  paginda  sXaXi  pagina, 
s.  Éranos  S.  124.  Der  lat.  Flufsname  Oronna  giebt  V  Ar  onde,  s.  Qui- 
cherat  S.  80.  Das  schönste  Beispiel  ist  laL  Garumna,  das  sowohl  Ga- 
ronne als  Gironde  ergab.  Denn  beide  Wörter  sind  dasselbe,  und 
die  Entwicklung  des  ga  zu  gi  neben  erhaltenem  ga  entspricht  der 
Lautlehre  der  Mundarten,  in  deren  Gebiet  der  Garonne  und  Gironde 
genannte  Teil  fliefst  Vgl.  noch  meine  Ausführungen,  die  m.  W. 
keinen  Widerspruch  gefunden  haben,  über  andare  aus  amnare  in 
dieser  Zeitschrift  XVI,  251  f.  im  Zusammenhang  mit  Schuchardt 
Rom.  XVII,  417,  ferner  Zts.  XIII,  528  und  Cornu  Rom.  XIX,  281  f., 
welch  letzterer  Aufsatz  mir  damals  leider  entgangen  war.  Denn 
eigentlich  ist  in  den  Hauptpunkten  die  Einigkeit  vorhanden;  wir 
gehen  nur  auseinander  in  der  Erklärung,  wie  i.  ambulare  zu  amnar 
geworden  ist  und  2.  woher  andare  zu  seinem  d  kommt.  Schuchardt 
(Rom.  XVII,  420)  will  ammularcy  "^amlare  zu  amnar  kommen  auf 
einem  Wege,  der  der  umgekehrte  ist  zu  friaul.  dumble  aus  dom(i)na. 
Cornu  (Rom.  XIX,  285)  kommt  dazu  entweder  aus  *ambunare  oder 
*ammunare  (wenn  nicht  eher  noch  *ambinare  oder  Camminare)  oder 
aus  Präs.  ambino.  —  Wir  sehen,  dafs  ammulare^  inschriftlich  geschützt 
ist,  und  es  scheint  mir,  wenn  durch  einen  lautlichen  Vorgang  das 
ursprüngliche  mh  ausgemerzt  ist,  es  nicht  durch  einen  sekundären 
wieder  hineingeschmuggelt  wird.  Es  mufste  daher  ammulare  einen 
anderen  Weg  gehen,  und  das  kann  nur  ammunare  sein,  indem  die 
vorhergehende  nasale  Artikulation  auch  auf  /  ausgedehnt  wurde: 
ammunare.    Darüber  hinaus  gehen  wir  ja  alle  denselben  Weg.    Für 


1  Analog  ist  zu  erklären  der  Wandel  des  //  in  ld{t)  oder  d{t)l  u.  ä.  So 
mufs  und  kann  auch  einzig  erklärt  werden  anglon.  dl  aus  sl,  indem  sl  sich 
zu  //  assimiliert,  und  dieses  U  durch  eine  geringe  Artikulationsvereinfachung 
zu  dl  wird  ;  ebenso  sn  durch  nn  zu  dn.  Meyer  -  Lübke  I,  447  erfindet  ein 
„ursprüngliches  d*'.  Hieher  fallen  also  die  bekannten  adne,  podnee,  medler, 
V adlet  u.  ä. 

*  Der  Lippenverschlufs  wird  noch  festgehalten,  während  n  artikuliert 
werden  soll.     Andere  erklären  es  falsch:  columna,  columòna,  columba. 

^  Diese  bis  jetzt  unbelegte  Durchgangsform  hat  Wölfflin,  dem  ich  fur 
seine  freundliche  Mitteilung  bestens  danke,  in  Insc.  Brit.  christ.  N.  94  ammu- 
lantibus   entdeckt.     Derselbe   fügt   hinzu:    „Wilmanns,  Ex.  inscr.  lat.  N.  565 

Cum  diu  I  ambula  \  reis  (= | |  — )  mufs  im  Vers  anibulareis  drei 

Längen  bilden," 


266  VERMISCHTBS.     V.  ZUR  WORTGESCHICHTB. 

2.  andare  hält  Schuchardt  (a.  a.  O.)  an  Gröbers  *ambiiare  fest,  wäh- 
rend Cornu  (a.  a.  O.  S.  284)  es  aus  lautlichen  Gründen  abweift  und 
zu  dem  d  gelangt  durch  ammu{i)lare  =  ammu{t)dareA  Er  läfst  also 
ammulare  sich  nach  zwei  Seiten  hin  spalten.  Ich  dagegen  leite 
diese  Form  aus  amnare^  indem  ich  den  mir  sonst  bekannten  Wandel 
von  nn  zu  nd  annehme  (s.  Zts.  XVI,  252  und  besonders  mein  scanä{u) 
aus  scamnum  nebst  den  eben  von  mir  beigebrachten  Fällen,  die 
ich  phonetisch  erklärt  habe)  als  einleuchtende  Analogie  hinstelle.  — 
Das  einzige,  was  in  meinem  damaligen  Aufsatz  zu  ändern  wäre, 
ist  S.  252  (Schlufs)  der  Ausdruck  „römischer  Zeit". 

Um  nach  dieser  Abschweifung  wieder  zu  unserm  Wort  zurück- 
zukehren, ist  zu  betonen,  dafs  die  Etymologen  des  Darmesteter- 
Thomas'schen  Wtb.  bibeloi  und  himhelot  nicht  nur  für  etymologisch 
identisch  (so  schon  Littré),  sondern  bibelot  richtig  für  ursprünglich 
halten. 

Wie  steht  es  mit  den  Belegen  des  Wortes  in  früherer,  beson- 
ders altfranzösischer  Zeit?  Der  erste,  der  das  Wort  im  Altihs. 
anführt  (es  fehlt  Lacombe,  Roquefort  und  Lacume),  ist  Hippeaa 
(1873),  natürlich  nach  der  Anlage  seines  Buches  ohne  Belegstelle 
(wir  werden  gleich  sehen,  woher  es  das  Wort  kannte),  während 
bei  dem  gleichzeitig  erschienenen  Littré  der  Absatz  Historique 
einfach  fehlt.  Bei  Hippeau  heifst  es  S.  60:  beubelei^  jcueU  joujou; 
V.  bobelet  Sucht  man  letzteres,  so  findet  man  es  nicht  an  seiner 
alphabetischen  Stelle,  sondern  unter  bobe^  plaisanterie^  bagatelle;  . . 
bo  be  let,  be  übe  let;  petit  cadeau.  Ich  bemerke  gleich  hier,  dafs  das 
Wort  bobelet  nicht  existiert  hat,  von  lüppeau  blofs  wegen  der  ver- 
muteten Abstammung  von  bobe  erfunden  worden  ist  und  dafs  letztere 
(pobe  heifst  „Betrug")  völlig  ausgeschlossen  ist. 

Während  die  Hippeau'sche  Erklärung:  jotut,  joujou^  die  in 
seiner  altfrz.  Belegstelle  gar  nicht  pafst,  vielleicht  vermuten  läfst, 
dafs  er  das  von  ihm  gefundene  beubelet  mit  bibelot  identifiziert  hat, 
äufsert  sich  Littrc  in  dem  1877  nachgefolgten  Supplement  also: 
Bibelots.  —  Etym,  ajoutez:  Sans  pouvoir  rattacher  les  deux 
mots  Pun  à  l'autre,  il  ti  est  pas  inutile  de  noter,  à  côté  des  bibelots, 
le  vieux  beubelez,  qui  signifiait  bijoux,  objets  d* ornement:  XII*  s. 
Dune  veïssiez  entre  eis  les  beubelez  doner,  e  les  chiens  enveier,  e  les 
oisels  porter.  Th.  le  Mart.  v.  3729,  éd.  Hippeau  (1853). 

Für  die  Identifizierung  von  beubelet  und  bibelot  sprechen  sich 
zögernd  die  Etymologen  des  Darmesteter'schen  Wörterbuches  (1891) 
aus:  On  trouve  au  Xlß  siècle  beubelet  s,  Thomas  3729  qui  paraît 
avoir  le  même  radical, 

Dafs  bibelot  und  beubelet  dasselbe  Wort  sein  mufs,  das  eine  Mal 
mit  'ittum,  das  andre  Mal  mit  "dttum  gebildet,  liegt  auf  der  Hand. 
Wie  noch  andre  altfrz.  Stellen,  die  gleich  beigebracht  werden  sollen, 
lehren,  ist  die  Bedeutung  dieselbe,  und  noch  Oudin  hat  òiàeleis, 
das  er  als  dem  Argot  angehörend  bezeichnet,  in  derselben  Bedeo- 

^  d  aus  /  ist  im  Romanischen  überaus  selten. 


W.  FOERSTER,  FRZ.  ETYMOLOGIEN.  267 

tung  („Würfel")  wie  Cotgrave  sein  bibelo/r.  Letzteres  Wort  findet 
sich  zudem  auch  im  XV.  Jhd.  belegt,  s.  Darmesteter's  Wtb.:  1432. 
Bibelos  qui  sont  choses  d*esiatn  en  mercerie  Baudet  Hérenc,  Doct.  de 
seconde  rhetor.  Ja,  es  reicht  noch  viel  höher  hinauf,  und  immer 
in  der  entsprechenden,  postulierten  Bedeutung.  Schon  Scheler^ 
bemerkt  am  Schlufs  seines  ¿liw^^/ö/- Artikels:  Dans  via  lexicographie 
latine  du  XII^  et  XIII^  siècle  (p.  135)  fai  consigné  L.  recula  {petite 
chose)  glosé  par  fr,  òenòeloz.  Die  Stelle  findet  sich  im  Jahrb.  VIII, 
S.  91  Anm.  13  und  29,  wo  recula  „Sächlein"  (s.  Georges  und  Du- 
cange)  einmal  mit  òeuòeloz  (so  ist  nämlich  zu  lesen),  das  andre  Mal 
mit  beyxbeloz  gueus  erklärt  wird,  welch  letzteres  Wort  Scheler,  wie 
er  dort  bekennt,  nicht  verstanden  hat.  Es  ist  einfach  =  juels  (die 
nördliche  Form,  s.  weiter  unten  eine  Stelle  in  Reclus'  Miserere), 
von  jo-elf^  das  heutige  joyau.  Dasselbe  hat  mit  gaudiellum  ebenso 
wenig  etwas  gemein  wie  mit  jocalis,  was  noch  Körting  lehrt  Es 
mufs  jo'çl  =  jok'ìllum  sein,  wie  die  altfrz.  Endung  in  ihren  ver- 
schiedenen, oft  im  Reim  stehenden  Varianten  {joiaus  wie  biaus) 
mit  Sicherheit  feststellt  Das  im  Wege  stehende  it  gioiello  u.  a.  ist 
frz.  Lehnwort 

Wenn  wir  im  Godefroy  nachschlagen,  so  finden  wir  unter  beubelet 
aufser  der  bereits  von  Littré  beigebrachten  Stelle  aus  Th.  Becket 
nur  noch  eine  zweite  aus  demselben  Text  (diese  mit  falschem  Zitat). 
Die  erste  ist  oben  in  dem  Zitat  aus  Littré's  Suppl.  angeführt  und 
steht  S.  133  der  Hippeau'schen  Ausgabe.  Die  zweite  findet  sich 
ebenda  S.  197  V.  5581:  (Sie  raubten  dem  Erzbischof  alle  möglichen 
Silber-  und  Goldsachen,  auch  bares  Geld)  E  tuz  ses  beubelez  qu'il 
ave  it  /et  guar  der  ^  E  qu^il  ne  voleit  pas  a  tote  genz  (so!)  mustrer.  Die 
Pariser  Hs.  hat  beide  Mal  beubelez^  die  Wolfenbüttler  ebenso  beau- 
belez,  der  Harleianus  belbelez  und  beaubelez,  der  Cotton,  hat  (die 
erste  Stelle  fehlt)  belbelez. 

Aufserdem  kenne  ich  das  Wort  nur  noch  aus  Angier's  Gregor- 
leben 1596:  JPues  redonot  as  ordenez^  as  enoinz  evesques  sacrez  e  als 
deacres  cardenaus  les  beubelez  e  les  juaus  d*or  ei  d^argent;  vgl.  dazu 
Rom.  XII,  204.2 

Es  ist  nun  einleuchtend,  dafs  unser  Wort  eine  Ableitung  mit 
dem  Suffix  -ittum  von  einem  Stammwort  belbel  (dieses  die  älteste 
nachgewiesene  Form,  aus  der  sich  alle  spätem:  beubelet,  beaubelet 
von  selbst  erklären)  sein  mufs. 

Existiert  dieses  erschlossene  belbel  und  was  ist  es?  Ich  fand 
es  vor  einigen  Jahren,  als  ich  nach  ihrem  Erscheinen  die  kostbare 


>  Im  Norden  entwickelte  sich  später  auch  juwet,  das  ins  Flämische  drang 
und  dort  über  das  Niederdeutsche  (1507  kölnisch  juToeel)  ins  Hochdeutsche 
später  eindrang.     Es  fehlt  bei  Kluge. 

^  Es  mufs  noch  irgendwo  ein  altfrz.  Zitat  für  imser  Wort  existieren,  da 
Littré  s.v.  habióle  ein  vieux  français  h  aube  let ,  jouet  zitiert,  das  ich  nir- 
gends finden  kann.  Merkwürdigerweise  giebt  keiner  unserer  Texte  diese  (sonst 
nicht  anzufechtende)  Form.   Woher  bat  er  es? 


268  VERMISCHTES.    V.  ZUR  WORTGBSCHICHTB» 

Chronik  Wilhelms  von  Pembroke  für  mein  altfrz.  Wörterbuch  aus- 
zog, daselbst  I,  S.  187  V.  5194: 

Quer  tsst  avieni  iote  veie, 

Quant  Vom  veli  home  a  sei  atrairey 

Qu* en  li  disi  tel  chose  por  plaire, 

Dunt  Vom  quide  qtiil  H  seit  bel. 

Si  com  Vem  mostre  le  bealbel 

A  V enfant  apaier  e  plaire, 

E  par  itant  si  le  font  taire. 

Später  hat  dazu  P.  Meyer  im  zweiten  Band  in  dem  angehängten 
Vocabulaire  dazu  bemerkt:  bealbel  =  jouet;  Godefroy,  BAU  BEL, 
et  le  diminutif  beubelei.  Dans  le  Miserere  du  Reclus  de  Molliens 
(LXXIV,  12),  plusieurs  mss.  ont  remplacé  ce  moi  par  juel,  (An  bibelot 
hat  derselbe  also  nicht  gedacht.)  Diese  letztere  Stelle  findet  sich 
S.  172  der  van  Hamel'schen  Ausgabe,  der  juel  in  den  Text  gesetzt 
hat,  wo  die  einen  Hss.  jouel,  jeuwel,  joiel^  jouiel  gegen  baubel,  babel 
andrer  bieten. 

Die  hier  angeführte  Ableitung  des  beubelei  von  bealbel  war 
schon  Godefroy  eingefallen,  der  am  Schlufs  seines  ¿^^/f/- Artikels 
auf  baubel  seines  Wörterbuchs  verweist  Daselbst  steht  auch  schon 
die  von  P.  Meyer  beigebrachte  Miserere-Stelle,  aufserdem:  Porter 
tieus  bahiaux  aus  J.  de  Meung,  Test  Vat  Chr.  367,  f.  23**  (ich  habe 
es  in  der  Méon'schen  Ausgabe  nicht  gefunden)  und  noch  eine 
Stelle  babeaulx  aus  La  Chasse  et  départ  d'amours  S.  167.*  Vielleicht 
steckt  dasselbe  Wort  noch  in  Godefroy 's  b  am  ban  x.  m.  faste:  On 
med  les  biens  en  bambans  et  luxure  aus  J.  Bouche t,  La  noble  Dame, 
f.  42r^  éd.  1536.  Die  Ausgabe  ist  mir  natürlich  unzugänglich,  und 
so  kann  ich  den  Zusammenhang  nicht  näher  einsehen.  Godefroy 
erklärt  es  als  Nebenform  von  bobant  „Pomp",  unter  welchem  Stich- 
wort er  ein  spätes  bonbant  zitiert,  das  sicher  aus  boubant  (so  oft) 
verlesen  ist  Ich  wenigstens  kenne  kein  altfrz.  bombant,  wiewohl 
a  priori  (s.  oben)  gegen  diese  nasalierte  Nebenform  nichts  einzu- 
wenden wäre  und  Amyot  (s.  Godef.  S.  667,  2.  Spalte,  Mitte)  ein 
bomban  in  diesem  Sinne  zu  haben  scheint  Vielleicht  war  er  un- 
bewufst  durch  lat  pompa  beeinflufst  —  Ich  meine  nun,  jenes  bam' 
bans  ist  verlesen  aus  baubaus,  das  der  Abschreiber  banbam  las  und 
das  erste  n,  weil  es  vor  b  steht,  gewohnheitsmäfsig  mit  m  wieder- 
gab. Für  baubaus,  PI.  von  baubel,  bäubeau,  baubau,  spricht  auch 
der  Plural.  —  Vgl.  noch  Ducange  s.  v.  baubella. 

Was  ist  nun  dieses  jetzt  wohl  ganz  sicher  gestellte  Grundwort 
babel,  baubel,  bealbefí  Der  einzige,  der  sich  darüber  äufserte,  ist 
Dr.  A.  Bos  in  seinem  mehr  als  bedenklichen  „Glossaire  de  la  langue 
d'oïl"  (i 891),   der   aus  dem  Godefroy'schen  Artikel  (dieser  erklärt 


*  Diese  Stelle  findet  sich  bereits  in  I^curne  s.v.  babeau,  s.  m,  fiU, 
cadeau»  wie  denn  Godefroy  seinen  Vorgänger,  wie  es  recht  ist,  genau  umge- 
zogen hat.    Eben  daher  dürfte  auch  Hippeau's  babeau  petit  cadeau 


W.  FOERSTER,   FRZ.  ETYMOLOGIEN.  269 

es  petit  cadeau^  petit  joyau^  babiole)  sein  babel  geholt  hat  und  Fol- 
gendes dazu  gesetzt  hat: 

BABELj  balbel  [dies  von  ihm  erfunden],  b  anbei  y  s.  m.  petit 
joy  au  J  babiole,  colifichet.  Et,?  probablement  d^une  racine  bab  que  Von 
retrouve  dans  *bábulus  {Apulée)  sot,  niais.  It,  babbeo,  id.  Prov,  bábáu^ 
id.  Anglais  babe.  Français  babiole,  Baubel  est  resté  en  anglais 
sous  la  forme  bauble,  bawble,^ 

Dazu  erfindet  er  noch  einen  eigenen  Artikel:  BAB  ELE  T, 
ballh,  baub'f  s.  m.  petit  bijou,  jouet ^  bagatelle^  babiole.  Et,  dim,  de 
babel,  —  Alle  diese  Formen  bis  auf  eine  existieren  nicht,  son- 
dern sind  erfundene  Verhunzungen  von  beubelet,  das  bei  Bos 
ganz  fehlt. 

Auf  die  englischen  und  anderen  Etymologen  jetzt  einzugehen, 
liegt  keine  Veranlassung  vor;  denn  da  die  älteste  frz.  Form  ein  / 
in  der  ersten  Silbe  sichert  {bealbel  bei  Pembroke),  welches  Wort 
sicher  die  regelmäfsige  lautliche  Fortentwickelung  von  älterem  belbel 
ist,  wie  durch  die  älteste  Form  belbelet  erwiesen  ist,  so  mufs  von 
dieser  ältesten  Form  belbel  unter  allen  Umständen  ausgegangen 
werden. 

Diese  ist  aber  nichts  anderes  als  die  Verdoppelung  von  ein- 
fachem bei  „schön",  wie  sie  der  französischen  Kindersprache 
eigen  ist.  Belbel  ist  ebenso  gebildet  wie  bonbon  von  bon.  Die  Be- 
deutung läfst  nichts  zu  wünschen  übrig:  „schön,  schön"  sagt  man 
dem  Kinde,  indem  man  ihm  sein  Spielzeug  lobt;  ebenso  wie  man 
ihm  „gut,  gut"  sagt,  wenn  man  ihm  Sûfsigkeiten  reicht. 

lieber  derartige  Bildungen  ist  mir  nur  die  Bemerkung  P.  Passy's 
in  seinen  „Changements  phonétiques"  §  451  (S.  189)  bekannt,  der 
y^dodo^  loh,  bébé,  joujou,  sesœur,  etc."  anführt,  dann  Papa,  Maman, 
Jeanjean,  Coco,  Mimi,  Popol  hinzusetzt.  Kurz  erwähnt  hat  diese 
Art  von  Verdoppelung  R.  Mowat  in  seinem  Aufsatz:  Les  noms  fa- 
miliers chez  les  Romains  (Mémoires  de  la  Soc.  de  Ling.  I),  wo  frz. 
Papa^  maman,  bébé,  fifi,  fanfan  (S.  300),  dann  lat.  tata,  pappas,  mamma, 
püpus  (S.  321.  322.  326.  330)  erwähnt  sind.  Ernst  Tappolet  mufste 
in  seiner  verdienstvollen  Dissertation  „Romanische  Verwandtschafts- 
namen" (Strafsburg  1895)  naturgemäfs  oft  auf  derlei  Bildungen  der 
Kindersprache  stofsen.  Nach  Anm.  i  der  S.  25  scheint  derselbe 
sich  mit  dem  Gegenstand  eingehender  beschäftigt  zu  haben.  £r 
fafst  die  Hauptsache  geschickt  so  zusammen:  „Jedes  Wort  nimmt 
im  Kindermund  eine  andere  Gestalt  an;  sein  Lautbestand  wird 
vereinfacht,  d.  h.  auf  einige  wenige  elementare  Kinderlaute  reduziert. 
Die  so  gekürzte  Form  wird  nun  meistens  —  gewissermafsen  um 
die  weggefallenen  Laute   quantitativ   zu   ersetzen  —  doppelt  ge- 


1  Diese  etym.  Gelehrsamkeit  stammt  aus  Diez  I  babbeo  und  Littré  ba- 
biole,  auf  denen  auch  Murray  bauble  und  Körting  968  beruhen.  Das  als 
Etymon  angegebene  it.  bdbboU  ist  dem  Gemeinitalienischen  sicher  fremd,  es 
fehlt  allen  Wörterbüchern  und  Diez  hat  es  aus  Valentini,  während  Darme- 
steter's  babboÜL  (s.  v.  babiole)  sicher  nicht  existiert.  Ich  werde  auf  frz.  babiole 
bei  anderer  Gelegenheit  näher  eingehen. 


270  VERMISCHTES.    V.   ZUR  WORTGESCHICHTE. 

setzt.  Diese  so  entstandenen  kindersprachlichen  Umbildungen  (nicht 
Neubildungen)  des  überlieferten  Wortmaterials  werden  häufig  von 
den  Erwachsenen,  die  sich,  wie  natürlich,  auch  ihrerseits  dem 
Kinde  sprachlich  anbequemen,  aufgenommen,  adoptiert,  und  finden 
so  schliefslich  definitiven  Eingang  in  den  eigentlichen  Wortschatz 
der  Sprache.  Dieser  Vorgang  läfst  sich  bei  Verwandtschaflsbegriffen 
besonders  häufig  beobachten  und  scheint  innerhalb  der  romanischen 
Sprachen  hauptsächlich  Frankreich  eigen  zu  sein.'' 

Ich  gebe  im  folgenden  eine  Liste  solcher  Bildungen,  welche 
ausschliefslich  der  Kindersprache  angehören,  aber  allgemein  ge- 
braucht sind  und  meist  auch  in  die  Litteratursprache  ^  Eingang 
gefunden  haben.  Ich  habe  sie  aus  Sachs  (Wörterbuch  und  Suppl.) 
gesammelt.  Unser  Lektor,  Herr  Dr.  Gaufinez,  gab  mir  wiederholt 
erwünschte  weitere  Auskunft.  Ich  habe  dazu  ein  paar  einschlägige, 
von  Tappolet  eingehend  behandelte  Reduplikationen  der  Verwandt- 
schaftsnamen beigefügt 

Eine  besondere  Untersuchung  der  frz.  Kindersprache  wäre  sehr 
anziehend  und  ebenso  für  die  Kenntnis  der  Sprachentwickelung 
lehrreich.  Wenn  eine  Reihe  so  vortrefflicher  Beobachtungen,  wie 
wir  deren  erst  eine  einzige  haben,  Noies  sur  le  développement  du 
langage  von  G.  Deville  (Rev.  de  Ling.  XXIII.  XXIV)  vorläge,  wäre 
sie  unschwer  zu  machen.  Ich  habe  das  Passende  daraus  heraus- 
gehoben. Wenn  bei  Deville  die  Zahl  solcher  Bildungen  eine  an- 
gewöhnlich geringe  ist,  so  erklärt  sich  dies  daraus,  dafs  in  seiner 
Familie  (vgl.  XXIV,  17  und  23)  die  Eltern  diese  Bildungen  (die 
bis  Ende  des  zweiten  Jahres  sich  trotzdem  behaupten)  nie  wieder- 
holt, sondern  stets  durch  das  richtige  Wort  gebessert  haben. 

Hier  sei  nur  bemerkt,  dafs  von  den  Vokalen  naturgemâfs 
e,  a,  o  überwiegen,  dann  u,  bis  i  und  ü  hinzutritt  Die  Konsonanten 
beschränken  sich  naturgemäfs  anfangs  auf  die  Lippenlaute,  beson- 
ders p  (seltener  b,  m\  dann  Zahnlaute  /,  seltener  ¿,  später  /,  r  très 
grasseyé,  endlich  s,  f  und  zuletzt  k.  Einsilbige  Worte  werden  mit 
Kons.  +  Vokal  wiedergegeben  und  diese  wiederholt:  pòi,  porte  > 
popo,  balle  >•  baba,  thé,  clef  >•  tété,  tasse,  canne^  café,  caca  >  tata. 
Zwei-  oder  mehrsilbige  Wörter  werden  ebenso  behandelt,  indem 
das  Kind  eine  einzige  Silbe,  natürlich  die  betonte,  heraushört  und 
nachzuahmen  versucht,   z.  B.  corset,   côtelette  >  tété,  omnibus  >  bubUf 


*  Es  ist  oft  nicht  möglich  zu  unterscheiden,  ob  etwas  wirklich  Kinder- 
sprache ist  oder  von  Erwachsenen  ihnen  nachgemacht,  dann  als  populaire  oder 
familier  oder  selbst  argot  gebraucht  ist  ;  z.  B.  soso  f.  sosoU  <^  sot,  baba  ^ 
ébahi,  bébete  <^  bête  im  Sinne  von  „dumm,  albern"  u.  ä.  Sicher  der  Kinder- 
sprache fremd  sind  Wörter  wie  flan-flan,  cancan»  pompon,  pùmpiou,  pépite, 
pipine,  »ouzou  u.  a.  Ein  merkwürdiges  Wort  ist  baba  „Formkuchen",  das  ndi 
ebenso  im  Russischen,  Polnischen,  Tschechischen  und  dann  im  österr.  Deotidi 
fìndet.  Fände  es  sich  erst  nach  der  ersten  Pariser  Weltausstellong,  so  wire 
es  durch  die  Wiener  Feinbäcker  hingekommen.  Aber  es  steht  schon  Acnd. 
1835,  fehlt  aber  Mozin  iSii.  Wäre  es  aber  wirkliches  Kinderwort,  dann  ist 
es  sicher  die  kindliche  Wiedergabe  von  gaga,  s.  weiter  unten. 


W.  FOERSTER,   FRZ.  ETYMOLOGIEN.  IJl 

chapeau  >  pôpô^  couteau  >  tôiô^  sécher  >  iétéy  canard  >  nana^  compote 
^  popo.     Soviel  aus  Devîlle. 

Die  allgemein  gebrauchten  Doppelwörter  der  Kindersprache 
könnte  man  in  folgende  Gruppen  einordnen: 

1.  Blofse  Wiederholung  des  ganzen  einsilbigen  Wortes  (nur 
bei  einfachen  Lauten  möglich):  altfrz.  belbel^  neufrz.  bonbon^  cri-cri^ 
crin-crin,  joujou  (wenn  es  vom  Imperativ  kommt;  sonst  ist  es  die 
betonte  Silbe  des  zweisilbigen  Wortes  nach  3.);  anders:  papa,  mama, 
caca,   später  maman  von  manman. 

2.  Auslautende  Konsonanten  fallen:  sœur  >  soso,  dors  (wenn 
von  dormir,  dann  nach  3.)  >•  dodo,  pire  >  pépe,  mère  >  même,  fille 
>"  fifi,    bouche  >•  boubouche,   poule  >•  poupoule,    ebenso  pipi.     Unser 

popo  (laL)  scheint  in  Frankreich  nicht  vorzukommen,  unser  pipi 
dorther  zu  stammen.  Später  lernt  das  Kind  bereits  pépìr,  mémèr, 
fifij',  bébé  ist  wohl  das  von  englischen  Ammen  und  Bonnen  impor- 
tierte baby,  wegen  bébete  „Tierchen",  „dumm"  s.  Anm.  oben. 

3.  Mehrsilbige  Wörter  behandeln  ebenso  die  betonte  Silbe: 
gâteau  >  goga^  gosier  >•  gogo,  nourrice  >  nounou  (wenn  es  nicht  mit 
nenaisy  nénet  zusammenhängt),  cocorico  >•  coco,  in  der  ersten  Zeit 
natürlich  toto  (bedeutet  sowohl  „Hahn",  „Henne",  „Huhn",  die  das 
Kind  anfangs  nicht  scheiden  kann,  als  auch  das  „Ei";  woher  coco 
„Schuh"  kommt,  ist  dunkel;  cordonnier  pafst  nicht).  Der  Analogie 
nach  wird  ein  fem.i  cocotte  „Henne"  und  „Papierspielzeug"  ge- 
bildet. —  potage  >  popote  ist  schon  höhere  Stufe,  menotte  >•  nonotte 
(„Hand"),  poupée  >  pépe. 

4.  Der  Vokal  wird  nicht  immer  getroffen  (lehrreiche  Bei- 
spiele bei  Deville)  :  lait  >  loto,  doigt  >  dédé,  freilich  nur  auf  der 
ersten  Stufe. 

5.  Andere  sind  onomatopöisch  zu  erklären:  toutou  und  loulou 
„Hund"  (auch  Deville's  Töchterchen,  das  solche  Worte  kaum  zu  hören 
bekam,  ahmte  das  Bellen  mit  ouo-ouo  nach  und  nannte  so  den 
Hund),  tin-tin,  ronron,  vielleicht  tonton  „Kreisel",  moumoute  (=  minet), 
kaum  tutu  „Hintere".^  Frou-frou,  flou-flou,  glou-glou  können  wegen 
der  Konsonanz  nicht  der  Kindersprache  angehören. 

Es  bleiben  einige  interessante  Fälle  übrig:  enfant^  fan  fan 
läfst  doppelte  Erklärung  zu,  entweder  nach  3.  oder  aber  das  Kind 
auf  höherer  Stufe  will  äfä  sagen  und,  indem  es  den  Konsonanten, 
der  Anstrengung  verlangt,  zu  früh  artikuliert:  f-äfä.  So  verspricht 
sich  Deville's  Töchterchen  sehr  oft,  z.  B.  oté  >  tote,  vgl.  oignon  > 
nonon.  So  hätte  ante  (amita)  verdoppelt  eigentlich  animant  geben 
sollen,  gab  aber  tentante,  daraus  tante;  aber  schon  einfaches  ante 
konnte  darnach  tante  geben,  auf  der  ersten  Stufe  schon  tata;  denn 


*  Eine  andere  Femininbildung  ist  bibi»  t.  hibiche.  Nini,  f.  Niniche,  Babi, 
Babiche  und  sogar  Babichon,  vgl.  dazu  Fanchon. 

•  Eher  kommt  es  von  cui  ]>  *cucu  >>  tutu,  wobei  die  allzu  durchsichtige 
Form  nicht  durchdrang.  Man  blieb  auf  der  früheren,  kindlicheren  Stufe, 
da  das  Kind  anfangs  die  Konsonanten  mit  /  {p,  n),  dann  mit  /  (d)  wieder- 
giebt,  ehe  es  die  richtige  Artikulation  trifft. 


272  VERMISCHTES.    V.  ZUR  WORTGESCHICHTE. 

kein  Wort  fängt  mit  Vokal  an.  Jedenfalls  hätte  Tappolet  a.  a.  0. 98 
das  sinnlose  t^anie  ganz  zurückweisen  müssen.  So  gab  oncle  im 
ersten  Stadium:  di  (wie  das  Kind  es  hört)  verdoppelt,  nicht  =  onion/, 
sondern  í-ifíd,  Tappolet  S.  99,  später,  wenn  es  bereits  k  artikulieren 
kann,  k-ifkif,  vgl.  ¿¿é^" Tappolet  a.  a.  O.  —  Vgl.  noch  Nana  >  Anna, 
Babet,  Babette  >•  Elisabeth,  it.  mimmo  >•  bimbo. 

Herkunft  unbekannt:  bibi  (wie  das  Kind  sich  selbst  bezeichnet, 
s=s  moiy  das  das  Kind  sehr  spät  lernt),  ////  „Fleisch**,  toto,  später 
coco  „Kind"  S  nénais  „Brüste",  bobo  „kleine  wunde  Stelle,  kl.  Weh",* 
und  das  ebenso  allgemein  gebrauchte  dada  „Pferd".  Kommt  es 
von  ga-loperi  £s  wäre  streng  lautlich,  da  in  einem  bestinmiten 
Stadium,  wie  ka  >  ta,  ga  stets  da  giebt  Nanan  „Sûfsigkeit"  (es 
soll  auch  gnagnan  lauten;  Sachs  kennt  es  aber  so  nicht)  versucht 
E.  Roland  Rom.  XXV,  592  (wenig  wahrscheinlich)  aus  maman  zu 
erklären. 

Ich  schliefse  mit  folgenden  Rufnamen:  Fiß,  Fifine  =  Joséphine', 
Mimi  =  Marie",  Nana  =  Anne;  Nini,  Niniche  =  Eugénie;  Lili  = 
Céa'le;  Titi,  J itine  =  Christine;  Dédé,  Dèdite  =  Adèle;  GngusU  — 
Auguste;  Loulou  =  Louis;  Tototte,  Lolotte  =  Charlotte;  Gogò  •-» 
Margot;  Popol  «=  Paul;  To  toi  =  Anatole;  Totor  =  Victor,  Chonchón 
==  Fanchon,  ebenso  Plonplon  =  Napoléon  u.  a.  —  Aber  nicht  hy^ 
kif,  das  arabisch  ist  und  hier  zu  erklären  nicht  nötig  ist 

Es  könnte  noch  die  Frage  aufgeworfen  werden,  ob  diese  Re- 
duplikation bereits  für  ein  so  hohes  Alter  wie  das  XIL  Jhd.  ange- 
nommen werden  kann.  Unser  belbel  sichert  ja  diese  Art  der  Bil- 
dung. Belehrend  ist  auch  das  (nicht  überall  verständliche)  Kinder- 
liedchen   Karls   von   Orléans    (éd.  Guichard   S.  274  =  d'Héricault 

II,  70): 

Quant  fi  ont  assez  fait  dodo^ 

Ces  petitz  enfanchonnés, 

Hz  portent  soubz  leurs  bonnes 

Visaiges  pleins  de  bobo, 

O  est  pitié  s^ilz  font  jojo 

Trop  matin,  les  doulcinés  .  .  . 

Mieux  amassent  à  gogo 
Gésir  sur  molz  coissinés, 
Car  Hz  sont  tant  poupines, 
Helas  l  che,  guoguo,  guoguo  .  .  . 

Auch  für  manche  andere  dieser  Bildungen,  die  ja  der  Natur  ihres 
Wesens  nach  nur  durch  einen  ganz  merkwürdigen  Zufall  in  alten 
Texten  vorkommen  können,  giebt  Darmesteter's  Wtb.  Belege  aus 
älterer  Zeit 


^  Vielleicht  identisch  mit  coco  „Huhn",  im  Sinne  von  „Hahnchen"  als 
Kosewort. 

*  Eine  sehr  miwahrscheinliche  Erklärung  (von  beau-beau,  schon  laatlich 
abzuweisen)  versucht  Le  Duchat,  s.  Ménage- Jault. 


W.  FOERSTBR,   FRZ.  ETYMOLOGIEN.  273 

Ich  schliefse  mit  der  Vermutung,  dafs  die  heute  allein  übrig 
gebliebene  Bedeutung  von  brimborion  (ursprünglich  bedeutete  es 
unverständlich  geplapperte  Gebetsworte  =  breviariuni)  als  Synonym 
von  biblot  ,^ippsache"i  entstanden  ist  durch  eine  Verwechselung 
desselben  mit  brimb(e)lot,  einstige  Nebenform  von  bimbeloi  (vgl.  die 
Ableitung  brimblotier  bei  Rabelais),  also  aus  einem  Mifsverständnis 
infolge  des  gleichen  Anlauts.  Möglich  dafs  bribe,  Nebenform 
brimbe,  mitgewirkt  hat 

Wir  sehen  also,  dafs  bibloi,  welches  heute  nur  noch  „Nipp- 
sache*' bedeutet  (bimbeloi  ist,  trotzdem  die  Akademie  1878  schweigt, 
veraltet),  folgenden  Weg  zurückgelegt  hat:  bei,  bel-bel,  belbeUi,  beu- 
belet  oder  bebelet  (die  Entwickelung  beaubelei^  baubelet,  babelei  hat 
in  Frankreich  bestanden,  aber  nicht  weitergelebt),  bibelet,  bibelot^ 
bimbeloi. 

Wenn  wir  nun,  um  alles  zu  erledigen,  zum  Schlufs  zu  dem 
engl,  bauble  zurückkehren,  so  ist  jede  Etymologie  solange  abzu- 
weisen, als  wir  die  älteren  Formen  des  Wortes  nicht  kennen. 
Murray's  Oxford  Dictionary  giebt  1320.  1393  babel^  1370.  1460 
babulle  und  belegt  sogar  beaubeletz  (Variante:  beawbelez)  aus  der 
(südlichen)  Ancren  Riwle,  die  um  1 200  geschrieben  ist(  also  genau 
die  Form  der  jungem  der  in  England  geschriebenen  Beckethand- 
schriften).  Herr  Kollege  Max  Foerster,  dem  ich  die  altfrz.  Formen 
mitgeteilt  hatte,  bemerkt  nun:  ,J)ie  me.  Form  mit  a  (babel)  geht 
auf  die  altfrz.  Nebenform  babel  zurück,  während  das  ne.  bauble  sich 
nur  aus  einem  daneben  stehenden,  zufällig  nicht  belegten,  aber 
auf  Grund  des  Neuengl.  [und  Altfrz.]  anzusetzenden  me.  *baubel 
erklären  läfst,  da  me.  babel  zu  ne.  bable  d.  i.  be^bl  hätte  werden 
müssen."  Wir  haben  so  mithin  auch  die  Herkunft  des  engl.  Wortes 
gefunden. 


^  Sachs  setzt  ein  ganz  unpassendes  „Lumperei,  Lappalie*'  an  die  Spitze. 

W.   FOBRSTER. 

Nachtrag. 

S.  264  Z.  20  I.  (s^,  amedui,  turner  aus  ambedui,  tumber)  und  das.  Z.  21 
1.  hinter  gingibev.  ta\tn^our,  regi\rn^er. 


Zeiurhr.  f  rnm    l»hil    XXII.  lg 


BESPRECHUNGEN. 


Obras  de  Lope  de  Vega  —  publicadas  por  la  Real  Academia  Espafiola. 
Madrid,  Sucesores  de  Rivadeneyra.  —  VoL  IV,  1894  [Comedías  de  Vidas 
de  Santos].  —  Vol.V,  1895  [Comedias  de  Vidas  de  Santos  y  Leyendas 
piadosas,  —  Comedias  pastoriles]. 

(S.  Ztschr.  XXn  97.) 

n  volume  IV  contiene  commedie  di  Vite  di  Santi.  Delle  16  qui  pubbli- 
cate soltanto  due  erano  inedile  (5.  Basilio  —  San  Scendo)  e  una  {Animai 
Profeta)  è  data  secondo  un  ms.  del  1631;  le  altre  furono  edite  nelle  Parlt 
genuine  o  extravaganti  della  collezione  di  Lope,  anzi  sette  di  esse  nei  volumi 
(dal  IX  al  XX)  curati  dall'  autore  stesso.  Sicché  mi  limiterò  a  poche  minu- 
ziose e  brevi  osservazioni,  perché  il  testo  qui  seguito  è  quasi  dappertutto  de- 
finitivo e  intangibile. 

L'  argomento  della  commedia  Fingido  verdadero,  la  storia  cioè  di 
S.  Ginesio,  fu  ripreso,  dice  il  M.  in  altre  due  commedie,  una  di  Cáncer, 
Rósete  e  Martinez,  V  altra  del  Ripoll  (p.  lui).  Credo  tratti  di  un  altro  santo 
la  anonima  col  titolo:  Comediante  mejor  S,  Ginés  de  Arles;  e  forse  anche  la 
commedia  dell'  Arboreda  :  Aurora  de  S.  Ginés  y  el  mas  divino  remedio. 

Della  commedia  Locos  por  el  cielo  (S.  Indes  e  S^  Domna;  e  credo  Lope 
il  solo  che  abbia  trattato  questo  assunto)  v'  è  a  Parma  un  ms.  che  è  copia  di 
qualche  testo  impresso,  perché  ha  tutti  gli  errori  notati  dal  M.;  ne  corregge 
però  uno  a  p.  99  dove  manca  un  v.  alla  quintilla  e  qui  è  restituito  cosi  : 

Éste  es  Indes  que  también 
Sirvió  al  César. 
In.  Oh  que  bien 

Indes^  llamarme  solía. 
Mas  ya  soy  desde  ecc. 

In  questa  commedia,  a  p.  83,  essendo  ripetuta  in  rima  la  stessa  parola  con» 
siente,  il  M.  osserva:  consonante  repetido.  Questa  osservazione  poteva  farsi 
anche  altre  volte,  e  prima  e  dopo  di  qui.  Certo  Lope  è  tra  i  poeti  che  pi& 
facile  e  copiosa  hanno  avuto  la  rima;  ma  appunto  perciò  si  sente  in  diritto  di 
ripeterla  quando  un'  altra  non  gli  viene  con  la  solita  prontezza.  Cfr.  Ili  71. 1. 19 
quiero  . . .  quiero;  ib.  504.  I.  41  puede  . . .  puede;  IV  335.  I.  54  famosa  • .  • 
famosa,  V  599.  2.  13:  visto  . . .  visto  ecc. 

Per  la  commedia  Prodigo  de  Etiopia,  il  suo  vero  argomento  è  il  negro 
Moyscs,  argomento  rifuso  dal  Claramonte  nel  suo  Negro  mas  prodigioso.  La 


OBRAS  DB  U3fn  DB  VBOA,  275 

storia  di  S»  Teodora  è  invece  trattata  nella  commedia  Pásaseme  el  sol  salíame 
la  luna  che  è  attribuita  ora  a  Lope  ora  al  Qaramonte.  H  Choriey  e  con  Ini 
il  Barrera  e  il  M.  la  danno  risolutamente  al  Claramonte,  ma  di  questa  sen- 
tenza sarebbe  bene  esporre  le  ragioni,  tanto  più  essendo  cosa  certa  che  Lc^e 
scrisse  una  commedia  su  S^  Teodora.  Molto  affine  al  Pusasemé  el  Sol  è  la 
commedia  sulla  stessa  santa  di  Cáncer  Moreto  e  Matos  intitolata  la  Adúltera 
penitente,  £  deve  trattare  lo  stesso  assunto  la  anonima  e  inedita  Famosa 
Teodora  Alejandrina  y  penitencia  vida  y  muerte  suya  che  per  una  nota  ap- 
postavi dal  Barrera  {Catdl,  p.  549)  doveva  essere  ricordata.  Del  Prodigio  de 
Etiopia  di  Lope,  ho  visto  una  suelta  antica  che  mi  pare  madrileña,  senza 
indicazioni  né  paginatura,  fogli  A — D  4  (nel  tomo  LVC.  XIV,  e  un  duplicato 
nel  XXI)  il  cui  testo  è  assai  buono;    esso  corregge  anzi  un  errore  notato 

dal  M.  a  p.  124. 2. 20: 

Conoces  esta  pintura? 

Teod.    Este  es  mi  retrato. 

Fil.  AsH 

Verás  que  es  antiguo  en  mi 

Adorar  esta  hermosura 
Teod.  Esclavo,  quien  ...  ecc. 

Sulla  vita  di  S.  Geronimo,  trattata  da  Lope  nel  Cardenal  de  Belen,  e*  è 
un'  altra  commedia  non  citata  dal  M.  intitolata  Et  Finix  de  la  Escritura,  glo» 
rioso  S.  Jerónimo,  la  quale  segue  molto  da  vicino  quella  di  Lope,  ma  è  più 
ordinata  e  meno  farraginosa,  saltando  parecchie  scene,  specialmente  le  allego* 
riche.  È  stampata  nella  Parte  qvarenta  de  Comedias  nuevas,  Madrid  1675 
(a  Parma  DA  tomo  44).  Nella  tabla  è  data  a  (xonzalez  de  Bustos,  e  perciò 
a  lui  soltanto  1'  attribuisce  il  Barrera;  ma  invece  essa  è  di  due  autori  indicati 
in  alto  delle  pagine,  la  i«  giornata  del  Gonzalez  de  Bustos,  le  altre  due  di 
Pedro  LaninL    Ciò  è  confermato  dai  versi  finali: 

El  Fénix  de  la  Escritura 
Que  os  ofrecen  dos  Ingenios, 
Una  suelta  di  Madrid,  Imprenta  de  la  Pkuuela  de  la  calle  de  la  PaM,  Año 
1729  (Parma  DA  vol.  Vu),  con  un  testo  orribilmente  storpio,  finisce:  Que  os 
ofrece  un  nuevo  Ingenio  e  infatti  la  dà  a  Francisco  de  Susto  (si<4;  ma  non 
ha  valore  di  fronte  alla  stampa  antica,  e  l' inganno  è  rivelato  dall'  epiteto 
nuevo  dato  al  Gonzalez  che  aveva  scritto  commedie  per  lo  meno  un  65  anni 
prima.  Un'  altra  commedia,  intitolata  San  yerónimo,  del  Matos,  non  ho 
potuto  vederla. 

La  vita  di  S.  Basilio,  olte  alla  Gran  columna  fogosa  di  Lope,  dette 
argomento  a  una  comedia  di  Pedro  Lanini,  El  Sol  del  Oriente.  Sono  see* 
neggiati  parecchi  degli  stessi  miracoli  trattati  da  Lope,  ma  in  complesio 
r  assunto  è  trattato  con  piena  indipendenza,  essendo  qui  fondamento  princi- 
pale (miracolo  di  Teodora  vedova)  qudlo  che  in  Lope  è  episodio  (scene  della 
vedova  Layda.    V.  p.  LXXXiY — Y  e  225 — 27). 

Più  trattoU  fu  la  vita  di  Sant'  Agostino.  Oltre  al  Diifino  Africano  di 
Lope,  e  al  San  Agustín  citato  dal  M.  (p.  zc)  attribuito  al  Ylllaysan,  e*  è  una 
commedia  anonima:  Dos  veces  madre  de  un  kifo,  Sß  Mànica  y  conversion  de 
San  Agustín,  che  non  ho  visto,  e  un'  altra:  Águila  de  la  Iglesia,  di  (jonzalez 
de  Bustos  e  Pedro  Lanini,   die  ho  letto  in  una  sueUa  di  SevUla,  Imprenta 

i8* 


2JÒ  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

Keal  s,  a„  36  pagine.     L'  argomento  è  trattato  con  molta  libertà,   e  in  poche 
scene  s' incontra  con  quella  di  Lope. 

Il  popolare  S.  Francesco  non  pare  molto  fortunato  sulle  scene  spagnuole. 
Oltre  il  Serafín  humano,  e*  è  una  Vida  de  S.  Francisco  del  Pacheco  in  tre 
distinte  commedie,  e  una  produzione  del  Manuel:  Tres  majores  prodigios 
del  humano  Serafín,  Un'  altra  del  Montero  e  De  Villegas,  Como  naciò 
S,  Francisco,  tratta  la  nota  leggenda  della  nascita  di  Francesco  in  un  pre- 
sepio, a  somiglianza  di  Cristo:  ma  il  Santo,  naturalmente,  non  piglia  parte 
all'  azione. 

La  commedia  S.  Nicolas  de  Tolentino  è  data  secondo  la  Parte  XXIV 
per f età.  Anche  qui  (dr.  più  sopra  \,Heft  p.  122)  V  esemplare  parmense  corregge 
un  errore  rilevato  dal  M.  in  nota  a  pag.  335.  Il  verso  è:  Traza  tú  Ruperto 
hermano.  Su  lo  stesso  santo  e'  è  una  commedia,  da  me  non  vista,  del  Grati 
y  Alava,  col  titolo  El  hijo  del  águila. 

Della  commedia  Santo  Negro  Rosambuco  e'  è  a  Parma  (LVC.  voi.  XVI) 
un  ms.  che  è  evidentemente  copia  di  stampa.  Esso  però  corregge  alcuno 
degli  errori  notati  dal  M.  e  cioè  a  pag.  374.  2.  22  :  Desde  hoy  ser  tu  amigo 
trazo,  Pag.  375.2. 1:  Y  está  en  tu  vientre,  ma  il  senso  è  sempre  difettoso. 
Pag.  376.  I.  42:  Vamo  huyendo,  ib.  2.  8:  No  habrás.  Sullo  stesso  argomento  il 
M.  cita  una  rifusione  del  Mira  de  Méscua,  El  negro  del  mejor  amo,  Madrid, 
Antonio  Sanz  1755,  di  cui  e'  è  a  Parma  (DA  voi.  15)  una  suelta  dello  stesso 
Sanz  ma  senz'  anno,  e  pare  più  antica.  Quella  di  Juan  Velez  de  Guevara 
(vedi  M.  pag.  cn)  non  è  notata  dal  Barrera,  e  deve  essere  un  errore  del  cata- 
logo Huerta.  Non  so  se  la  commedia  del  Cañizares,  El  Sol  del  Occidente 
San  Benito,  tratti  dello  stesso  santo. 

Ti^  Animai  prof  età  S.  Julian,  data  qui  secondo  un  ms.  del  1631  abba- 
stanza scorretto,  ho  visto  due  sueltas  s.  I,  n,  a,  del  secolo  scorso  (madrilène?) 
con  testo  anche  peggiore  (LVC.  voi.  21  e  22).  Due  altre  commedie,  citate 
dal  M.  hanno  molti  tratti  affini  a  questa  di  Lope,  El  marido  de  su  madre 
del  Matos  e  un'  anonima  El  mas  dichoso  prodigio.  Anche  in  questa,  che  ho 
visto  in  una  suelta  di  Sevilla^  viuda  de  Francisco  de  Leefdael  s,  a„  un  certo 
Montigre,  quasi  per  profetato  destino,  uccide  il  padre  ed  è  inconsapevole 
marito  della  madre,  e  finisce,  dopo  una  rivelazione  celeste  di  tanto  orrore,  la 
vita  in  aspra  penitenza.  Il  M.  (p.  evi)  la  dice  di  Tres  ingenios,  ma  il  Barrera 
e  questa  suelta  sivigliana  la  danno  a  un  Ingenio  soltanto. 

La  bella  commedia  su  San  Segundo  era  fìn  qui  inedita.  Non  ho  visto, 
e  sarebbe  un  confronto  interessante,  quella  non  ricordata  dal  M.  del  contem- 
poraneo di  Lope,  Don  Rodrigo  de  Herrera:  San  Segundo  obispo  de  Avila 
che  il  Barrera  dice  edita  suelta.  Per  la  commedia  di  Lope  ha  ona  notisU 
importante  il  Barrera  NB.  p.  271. 

Sopra  San  Ildefonso,  oltre  le  commedie  citate  dal  M.  (p.  cxix)  ce  n'  è 
una  del  Lanini ,  Nuestra  Señora  y  San  Ildefonso,  eh'  io  non  ho  visto,  e 
un'  altra  anonima  :  Defensor  de  Maria  y  Atlante  de  la  iglesia,  di  cui  e'  è 
a  Parma  un  buon  ms.  dei  primi  anni  del  sec.  XVIII;  potrebbe  esser  questa 
la  attribuita  al  Zarate  e  creduta  perduta.  È  una  commedia  assai  estesa,  che 
parafrasa  tutta  la  vita  del  Santo,  e  quindi  si  incontra  in  parecchie  scene  con 
quella  di  Lope,  finendo  anch'  essa  col  famoso  miracolo  della  casulla  regalatii 
a  Ildefonso  dalle  stesse  mani  della  Vergine  Maria. 


OBRAS  DE  LOPE  DB  VEGA»  277 

Il  volume  finisce  con  tre  commedie  che  sono  una  vera  trilogia  dramática 
sulla  vita  del  Santo  patrono  di  Madrid,  San  Isidro.  Oltre  queste,  vi  fu  una 
Vida  muerte  y  colocación  de  S.  Isidro  attribuita  a  seis  in^^enios,  ma  che  sarà 
forse  quella  del  Rósete  e  Cancer,  ed  un'  altra  del  Zamora:  El  lucero  de 
Madrid  y  divino  labrador  S.  Isidro,  edita  nel  tomo  secondo  delle  sue  Comedias, 
Il  Zamora  tratta  lo  stesso  assunto  del  Labrador  di  Lope,  e  non  se  ne 
stacca  molto  nella  tela  dell'  argomento,  ma  il  tutto  è  presentato  con  quelle 
innumerevoli  comparse  di  angeli  e  demoni,  con  quel  macchinario  spettacoloso 
e  fantastico  che  guasta  quasi  tutte  le  commedie  di  quest'  ingegnoso  autore. 

Il  volume  V  contiene  nella  sua  prima  parte  15  commedie  di  Vite  di 
Santi,  le  quali  non  potevano  entrare  nel  già  voluminoso  tomo  quarto.^  Con 
esse  sì  chiude  la  sezione  dei  drammi  di  Lope  di  argomento  sacro. 

n  testo  della  prima  commedia,  Vida  de  S,  Fedro  Nolasco,  è  qui  dato 
secondo  la  Parte  XXII  per f età  di  Madrid  1635.  L'  esemplare  parmense 
(LVC.  voi.  Vni)  della  stessa  unica  edizione,  corregge  V  errore  che  a  p.  8  il 
M.  rilevò  con  la  nota:   Verso  suelto;  qui  la  redondilla  è  intera: 

La  humildad  de  mi  bajeza? 
Rai  m.:     Yo  gusto  desto, 
Pedro:  Señor, 

Quedar  ase  este  favor 

En  vuestra  misma  grandeza. 

Come  ciò  accada  non  saprei  spiegare.  U  argomento  tratta  della  Fondazione 
deir  ordine  religioso  di  N^.  S».  della  Mercede  o  della  Redenzione,  di  che  il 
M.  cita  la  bella  commedia  del  Tárrega  (p.  xu).  Il  Barrera  cita  inoltre  due 
intitolate  Orden  de  la  Redención,  la  seconda  delle  quali  era,  in  un  ms.  del 
Holland,  attribuita  a  Lope  (Catál.  p.  SS*^»,  436.  2»,  570),  e  sarebbe  bene  che 
alcuno  vedesse  se  non  si  tratta  di  questa  stessa  commedia  (Cfr.  Menendez 
pag.  LVU,  ove  è  pure  citata  un'  altra  produzione  del  Villegas  e  Rojo:  Escla^ 
vitud  mas  dichosa  y  Virgen  de  los  Remedios),  Una  commedia  di  Francisco 
Rossell,  intitolata  Crisol  de  la  fineza  y  fundación  mercenaria  {Barcelona, 
Pablo  Campins  1742)  tratta  lo  stesso  argomento  e  protagonista  è  pure  S,  Pedro 
Nolasco,  ma  è  una  produzione  spettacolosa  e  macchinosa  che  nessuna  re- 
lazione ha  con  quella  di  Lope.  Più  interessante  è  una  anonima  Triunfos  del 
tnayor  Amor  y  Origen  de  la  Merced  {Murcia,  Joseph  Diaz  Cayuelas  s,  a, 
24  pag.  nume.)  che  sebbene  si  dica  Auto  comico  historial  è  una  vera  com- 
media che  svolge  lo  stesso  assunto  di  Lope,  con  sostenutezza  di  verso,  e  anche 
con  più  sobrietà  perché  tratta  la  prima  parte  soltanto  della  vita  di  S,  Pedro, 
fìno  a  quando  il  re  Jaime  approva  la  fondazione  della  Merced;  si  promette 
in  fine  una  2^  parte,  ma  non  consta  sia  stata  poi  scritta. 

La  vita  di  San  Diego  de  Alcalá,  oltre  la  commedia  di  Lope  dette  argo- 
mento ad  una  dì  Juan  Francisco  Manuel:  Canonizado  en  vida  y  milagroso 
en  su  muerte,  da  me  vista  in  una  suelta  antica,  senza  indicazioni,   di  40  pag. 


^  n  M.  dice  che  sono  14  (p.  ix)  ma  perché  la  copia  dell'  inedita  Truhán 
del  cielo  gli  giunse  tardi;  e  cosi  le  commedie  del  tomo  V  sono  20  e  non  19. 
Le  inedite  rimangono  però  4,  perché  la  Niñez  del  P,  Rojas,  come  avverti  poi 
lo  stesso  M.  (VI  pag.  cxl)  era  già  stata  stampata. 


278  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI» 

numerate.  L.*  argomento  ¿  svolto  più  sobriamente  che  non  facesse  Lope  ;  i 
due  primi  atti  svolgon  V  opera  del  beato  Diego  nelle  Canarie,  il  3^  il  sno 
ritomo  e  morte  in  Ispagna.  La  commedia  di  Lope  è  data  secondo  il  testo 
della  Parte  30  Comedias  nuevas,  Madrid  1653,  dove  occupa  il  penultimo 
posto  (M.  dice,  p.  xm,  1'  ultimo,  ma  v.  Barrera  Catdl,  p.  688).  Le  sueltas  del 
secolo  scorso  da  me  viste  (LVC.  voi.  14  e  21)  hanno  gli  stessi  errori  e  deri- 
vano evidentemente  da  quella  stessa  edizione. 

La  commedia  Mártires  de  Madrid  tratta  in  complesso  il  martirio  di 
Fendano,  dei  suoi  due  figli  Ricardo  ed  Enrique  e  della  costui  sposa  Flora, 
La  commedia,  che  il  M.  dice  diversa  anche  nell'  assunto,  intitolata  Dejar  un 
reino  por  otro  y  Mártires  de  Madrid,  ha  bensì  grandi  diversità  (luogo 
d'  azione,  nomi  degli  altri  personaggi,  e  sviluppo)  ma  i  martiri  sono  gli  stessi 
Questa  commedia  nella  Parte  XLIV  Comedias  nuevas  ¿  data  a  Cáncer, 
Moreto  e  Villaviciosa  ;  in  una  stuUa  di  Murcia  (DA  vfi,  1 35)  il  cui  testo  è 
orribilmente  storpiato,  al  solo  Moreto  ;  un'  altra  suelta  (DA  tomo  LXIX)  il 
cui  testo  è  assai  migliore,  la  dà  invece  a  Christoval  de  Monroy.  Si  ignora  il 
fondamento  storico  di  questa  leggenda,  ma  ha  da  essere  in  qualche  storia 
madrileña,  poiché  quest'  ultima  suelta  finisce  cosi  :  Y  aquí  la  comedia  acabe 
Cuya  verdadera  Historia  Refieren  nuestros  Anales» 

San  yuan  de  Dios  e  Anton  Martin,  oltre  alla  commedia  di  Lope, 
dettero  assunto  ad  altre.  Pare  dello  stesso  assunto  la  intitolata  Quitar  el 
cordel  del  cuello  del  Reinoso  y  Quiñones,  eh*  io  non  ho  visto.  Gli  stessi 
santi  figurano,  ma  con  piena  indipendenza  da  quella  di  Lope,  in  una  com- 
media intitolata  Mefor  padre  de  pobres.  Essa  nella  Parte  XV  Comedias 
nuevas,  1 66 1,  ö  data  al  Calderón  e  con  questo  nome  la  ho  vista  anche  in  una 
suelta  antica  (DA  n®.  504)  senza  indicazioni,  fogliata  A-  E  4  ;  ma  del  Calderón 
non  è  di  sicuro.  H  Barrera,  ignoro  con  che  fondamento,  V  attribuisce  risolu- 
tamente al  Montalban.  Ma  si  fa  innanzi  un  terzo  autore:  José  de  Arroyo. 
Della  sua  commedia,  col  titolo  Pobre  mas  poderoso  S.  yuan  de  Dios,  e'  è  a 
Parma  1'  autografo  (DA  n^,  42)  e  avendo  fatto  il  confronto,  ho  visto  che  la 
suelta  impressa  non  è  che  una  delle  solite  storpiature  e  mutilature,  con  differenze 
molte  che  alle  volte  danno  1'  apparenza  di  un  vera  rifusione  del  testo,  naa 
che  non  bastano  a  nascondere  la  identità  sostanziale  della  produzione.  José 
de  Arroyo  concorse,  con  altre  poesie,  alle  feste  per  la  canonicsadone  di 
S.  yuan  de  Dios  nel  1691,  e  appunto  in  quell'  anno  dette  alla  scena  la  sua 
commedia,  come  dimostrano  le  approvazioni  dei  censori  sull'  autografo  (DA  loc» 
cit.);  or  come  nel  1661  se  ne  pubblicò  un  testo  mutilato?  Bisogna  dire  die 
1'  avesse  scritta  moltissimi  anni  prima,  e  nel  '91  la  correggesse  e  ampliasse; 
benché  sembri  strano  che  per  cosi  solenne  occasione  si  limitasse  a  spolvenure 
roba  vecchia  di  più  che  trent'  anni.  Ma  tanto  meno  è  supponibile  che  in 
onore  del  Santo  esponesse  roba  rubata.  —  Della  commedia  di  Lope  e"  è 
(LVC.  voi.  XXXI)  un  ms.,  evidente  copia  di  una  stampa,  che  però  corregge 
un  errore  rilevato  dal  M.  in  nota  a  pagina  156: 

Si  es  ladrón  venga  un  verdugo, 

Juan:  Que  esto  a  mi  desdicha  plugo! 

Leonor:     Ladron  a  lo  pastoril 

Con  quien  te  has  aconsejado? 
A  quien  diste  el  cofre,  di? 

Juan:         Sabe  Dios  ...  ecc. 


OBRAS  DE  LOPB  DE  VBOA.  ZJ9 

La  vita  di  San  Giuliano  di  Alcalá,  oltre  che  da  Lope,  fu  trattata  in 
modo  affatto  indipendente,  da  Luis  Velez  de  Guevara  nel  suo  Le^^o  de  Meald 
(v.  Schaeffer,  I  302  —  A  Parma,  DA  n^  639  tolto  dalla  Parte  IV  Comedias 
nuevas).  La  commedia  di  Lope,  Saber  por  no  saber,  è  qui  data  secondo  la 
Parte  XXII I  Madrid  1638;  T  esemplare  parmense  anche  qni  (v.  x.Heft 
pag.  117)  corregge  i  seguenti  errori:  p.  215  in  nota: 

No  mùnta  ya  que  io  Òeie, 
Tom.  Tome  por  su  vida,  pruebe, 
Jul.       Deo  gracias  ecc. 

E  a  pag.  233.  2.  IO:  Padre,  pues  ya  no  podemos. 

Del  Rustico  del  cielo,  che  svolge  la  vita  umile  ma  scempiamente  ingenua 
del  frate  Francesco  d' Alcalá,  un  ms.  parmense,  copia  di  testo  stampato,  rad- 
drizza un  verso  (pag.  255  nota):  Tú  propia  tu  desventura.  Lo  stesso  argo- 
mento di  Lope  svolge  una  commedia  che  il  Barrera  cita  anonima  col  titolo 
Hermano  Francisco  de  Alcalá  e  che  in  un  ms.  antico  parmense  (DA  n®.  758) 
è  intitolata  El  hermano  Francisco,  L'  autore  o  gli  autori  (la  i^  giornata  è 
d'  una  mano,  la  2^  e  3a  di  un'  altra)  pare  che  non  si  sieno  proposti  altro 
scopo  che  di  rifare  la  versificazione,  quasi  non  piacesse  loro  quella  di  Lope; 
(che  sia  Lope  il  pedissequo  rifacitore  di  questa  non  mi  pare  ipotesi  degna  di 
lui  !).  Fatto  è  che  il  primo  atto  di  quest'  anonima  commedia  segue  scena  per 
scena,  pensiero  per  pensiero,  il  primo  di  Lope;  cosi  pure  il  2®  (nel  passo  che 
corrisponde  a  pag.  269. 1.  55  son  qui  nominati  e  figurano  sulla  scena  el  Rey 
Felipe  III  y  la  Reina  Margarita  de  Austria):  nel  3®,  pure  attenendosi  stret- 
tamente al  scenario  di  Lope,  vi  son  frammisti  nuovi  e  più  ampi  particolari; 
riman  però  sempre  V  identità  sostanziale.  Il  caso  di  un  rifacimento  tanto 
conforme  è  cod  singolare  che  mi  si  deve  permetterne  un  breve  esempio, 
anche  perché  si  tratta  di  testi  rarissimi  e  perché,  quanto  a  dizione  poetica, 
non  dirò  che  sia  migliorata  ma,  a  mio  avviso,  non  è  davvero  resa  p^;giore 
(V.  il  testo  di  Lope  da  pag.  240. 2. 14  a  pag.  242. 1. 16): 

Saca  dentro  a  francisco  como  enbelesado  sin  abrir  los  of  os: 

D  o  r  i  s  t  o  :     anda  francisco  acabemos. 
Silbano:     ea  que  ya  le  tenemos 

acá.    Mas  no^  a  despertado? 
Francisco,  haoi  ktììa!  amigo! 

despertadi    Por  demos  es 

no  mueve  manos  ni  pies. 
Dor.  ola  francisco  i  a  quien  digo? 

S  i  Ib.  Despierta  ya,  mentecato  i 

Dor.  sin  duda  que  arde  la  fragua. 

Silb*  echalde  un  poco  de  agua 

desa  fuente 
Dor.  que  ynsensatoì 

Silb.  e  aqui  el  agua,  pesia  a  mil 

con  ella  estarà  dispierto* 

ola,  francisco,  estas  muerto? 

dispierta! 
Francisco:  quien  està  ay  P 


28o  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

Dor.  ea  pues,  dexemos  ya 

de  dormir. 
Franc.  ay  madre  mia 

que  me  ahogo. 
Dor.  es  ya  de  dia. 

Silb.  bueno  dormido  se  está, 

Franc.  luego  yo  estaba  dormiendoP 

Fileno:    pues  que  estabades  velando? 
Franc.      que  digo?  estaba  soñando 

un  lindo  cuento. 
Feliz:  ya  entiendo 

que  nunca  tu  as  de  dexar 

los  sueños, 
Silb.  dinos  U  ya 

Franc.      dexame  volver  aUá 

acabar  le  he  de  soñar 
Silb.  el  dormir  es  su  consuelo! 

ven  acá  y,  ansi  yo  viva, 

que  soñabas? 
Franc.  que  me  yva 

por  medio  de  un  monte  al  cielo, 
que  en  el  mil  piedras  abia 

que  alumbravan  como  estrellas 

y  que  yo  era  una  délias 

y  a  los  cielos  me  subia, 
no  es  buen  cuento? 
Dor.  a  lo  divino! 

Franc.      ola  si  asi  a  de  pasar 

quiero  hartarme  de  soñar 

un  sueño  tan  peregrino. 
Dor.  quando  en  tu  rreyno  te  veas 

acuérdate  alla  de  mi. 
Franc.      dilo  como  el  otro  asi, 

pues  algo  en  ello  te  enpieas, 
Silb.  basta,  que  quiere  francisco 

yrse  a  los  cielos  soñando! 
File.         y  guai  es  que  caminando 

vaya  a  cortar  un  lantisco, 
que  ay  mucho  que  trabajar 

y  nos  r reñirá  \el'\  señor. 
Dor.  toma  santo  soñador, 

Franc.       no  es  mejor  yr  a  soñar 

y  después  trabajaremos? 
File.  haga  agora  lo  que  ynporte, 

y  desas  entinas  corte, 

que  los  dos  enpeçaremos 
por  este  lado,     Silbano 

vaya  por  esotro. 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  28 1 

Silb.  Voy, 

Franc.      agora  solito  estoy, 

y  con  la  hacha  en  la  mano. 

alto,  vamos  a  cortar; 
temo  que  no  e  de  saber, 
que  tan  jumento  e  de  ser 
que  a  nada  me  e  de  amañar, 

mucho  el  hacha  me  ynquieta, 
quiero  dexarla:  mas  no 
que  si  no  trabajo  yo, 
en  verdad  que  abrá  dieta; 

y  ansí  a  cortar  me  remito, 
hermanos  olmos  paciencia, 
perdonen  mi  deUgençia, 
que  yo  les  daré  pasito,     etc. 

La  commedia  che  segue,  Niñea  del  Padre  Rojas,  tratta  la  gioventù  di  questo 
virtuoso  confessore  di  Filippo  m.  Lope  promette,  in  fine,  una  2^  parte  che 
poi,  dice  il  M.  non  si  curò  dì  scrivere.  Il  Barrera  cita  un  ms.  della  Biblio- 
teca del  Duca  d'  Osuna  con  una  commedia  anonima  intitolata:  Amante  de 
Maria,  el  venerable  padre  Rojas;  sarebbe  conveniente  esaminare  se  per  avven- 
tura non  fosse  quésta  la  parte  seconda  promessa  da  Lope.  Il  testo  è  qui 
dato  secondo  V  autografo;  fu  poi  edita  assai  accuratamente  nella  Parte  XVIII 
Com.  nuevas  1662  donde  fu  strappato  1'  esemplare  che  ne  è  a  Parma  (LVC. 
voi.  41);  esso  correge  un  errore  rilevato  dal  M.  a  pag.  285  in  nota: 

Y  su  ...  su  ...  Madre  bendita 
La  ...  la  ...  mano  me  de  luego. 
Const.    La  mano  y  la  bendición»    etc. 

La  commedia  che  segue  svolge  la  pia  leggenda  della  Vergine  che  in  un 

monastero   assume  la   figura  e  gli  uffici  di  una  monaca  a  lei  devota,   mentre 

questa  è  fuggita  con  un  amante.  Neil'  autografo  del  1610  porta  in  epigrafe  il 

titolo   di  Encomienda  bien  guardada   mentre  V  ultimo   verso  l' intitola:   La 

buena  guarda.    Pubblicandola  nella  Parte  XV,  1621,  Lope  fece  a  rovescio: 

pose   cioè   nella   tabla   e  in   alto  dì   pagina  il   titolo  più  breve,   e  rifece  gli 

ultimi  versi  cosi: 

. . .  acaba 

Como  verdadera  historia 

La  Encomienda  bien  guardada. 

Ciò  per  quanto  osserva  il  M.  a  pag.  xxxv;  sicché  non  sappiamo  quale  titolo 
definitivamente  adottasse  Lope.  Il  testo  qui  seguito  è  1'  autografo,  perché  le 
varianti  della  stampa  non  sono  correzioni  spontanee  di  Lope,  ma  gli  furono 
imposte  dalla  censura;  esse  varianti  però  sono  opportunamente  registrate  a 
pie  di  pagina.  Alcune  tuttavia  sono  sfuggite  alla  diligenza  del  registratore  e 
sarà  bene  completarle:   A  pag.  322.  1.3:   no  hay  que  perder  —  ib.  nota  2»: 

manca  i  v.  alla  2»  redondilla  —  pag.  323.  2. 29,   manca  Entre à  prO' 

pósito,  e  invece:  Sale  doña  Clara  dama  gallarda  para  casarse  mas  a  pro» 
pósito  (sic)  vestida  de  recogimiento  —  pag.  326.  i.  nota  l^:  ...  recogida  vive. 
Por  que  lo  que  es  casarse  pongo  en  duda.  Casi  por  mi  ecc.  —  ìb.  2,  nota  I^: 


282  BESPRECHUNGEN.     A.  RBSTORI, 

al  V.  omesso  è  sostituito  questo:  [en]  No  querer  casarse  aunque  la  ruegas. 
Pues  por  su  ecc.  —  pag.  329.  2.  56:  Abrenuncio  —  pag,  330.  i.  nota  i»:  Re^ 
cados  de  en  dos  en  dos  —    pag.  336.  I.  35:   Ello  es  ya  tarde:  yo  quiero  — 

....  podéis  pasar, 
Clara:      Amor  no  suele  dudar. 

Muramos  juntos  los  dos. 

Vamos  a  qualquiera  parte, 
Felix:      Donde  quisieres  camina. 
Si  tu  recelo  imagina 
Que  tu  padre  ha  de  buscarte. 
Carrizo:        Las  muías  etc. 

pag.  348.  2.  14:  Assegurando  el  temor,  cfr.  nota  2»  —  pag.  352.  i.  35  manca,  e 
invece  :  DofiaClara:  Vencí,  vitoriosa  quedo.  No  pienses  etc.  —  pag.  354.  i .  3 1 
lo  dice  il  Platero,  e  senza  interrogativo  —  pag*  356.  i.  nota  i»:  ,,,  para 
casar.  Porque  la  quisiera  hablar,  (aparte)  Ay  Dios  que  vergüenza  siento  !  — 
ib.  2.  25  :    Vuelve  a  ocupar  tu  lugar  — 

La  Fianza  satisfecha,  che  segue  alla  precedente,  è  data  secondo  il  testo 
di  alcune  sueltas  qui  non  citate,  non  conoscendosene  mas.  né  altre  stampe 
migliori.  Anche  a  Parma  ce  n'  è  una  suelta  (LVC.  voi.  22),  Madrid,  Antonio 
Sdnz,  Año  de  1745,  il  cui  testo  è  forse  peggiore  di  quelle  viste  dal  M.  ma 
che,  pure  avendo  altri  errori  suoi  proprii,  ne  corregge  alcuno  di  quelli  qui 
notati.  Pag.  363  nelle  Personas  leggi:  Li  dora  mora  —  pag.  364.  2.  nota  l^: 
la  redondilla  è  intera:  .  .  estamos P  Ya  la  justicia  llamamos?  Declarada  etc. 
—  pag.  376  nota  i»:  , , .  es  justo,  A  quien  lo  que  debe  ignora^  Como  ya 
vuestro  etc.  —  pag.  387.  2.  12:  Según  de  las  razones  que  he  entendido, 

Santa  Brigida,  che  ñgura  nella  Limpieza  no  manchada,  dette  assunto  a 
un'  altra  sola  commedia.  Santa  Brigida,  del  Cañizares,  da  me  non  veduta. 
£  cosi  pure  la  storia  di  S^.  Isabella  d'  Ungheria,  che  è  argomento  principale 
dei  Terceros  de  San  Francisco  di  Lope,  fu  svolta  in  altre  due  commedie: 
un'  anonima  Vencer  con  humildad  el  ambición  del  poder  di  cui  il  Bftrreia 
cita  un  ms.  del  secolo  scorso,  e  in  quella  del  Matos:  Job  de  las  mugeres. 
Sa,  Isabel  (DA  n^  386)  ove  V  assunto  è  trattato  con  piena  indipendensa 
da  Lope. 

La  energica  riformatrice  dei  Carmelitani,  Santa  Teresa,  meritava  dal  teatro 
spagnuolo  qualche  cosa  di  meglio  e  di  più.  Oltre  la  commedia  del  Diamante 
(di  cui  il  M.  dà  un  giudizio,  mi  pare,  troppo  severo:  se  non  è  migliore  di 
quella  di  Lope,  non  è  neppur  peggiore)  ce  n'  è  una  del  Cafiizares:  A  cual 
mejor,  confesada  y  confesor,  in  cui  oltre  la  vita  di  S^.  Teresa  son  sceneggiati 
gli  ultimi  anni  e  la  morte  del  beato  Giovanni  della  Croce.  (Questi  entra  del 
resto  anche  nella  commedia  del  Diamante,  sebbene  il  testo  impresso,  Comedias 
de  Don  y.  B,  D,  Madrid  1674,  non  lo  annoveri  tra  i  personaggi).  L'  auten- 
ticità della  commedia  qui  impressa,  pareva  dubbia:  Lope  ha  scrìtto  di  certo 
una  Madre  Teresa  de  Jesus  (la  cita  lui  nel  Peregrino),  ma  questa  che  è 
presa  da  una  stampa  assai  rara  del  Martorell,  Tor  tosa  1638,  porta  ivi  il  nonie 
di^uìgi  Velez  de  Guevara.  Se  i  miei  occhi  non  s' ingannano,  un  ms.  par- 
mense deciderebbe  in  favor  di  Lope  (LVC.  voi.  41),  perché  alcuni  fogU  di 
esso  mi  paiono  autografi;  ma  la  quistione  non  è  cosi  semplice  come  ti  vedrà. 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VEGA.  283 

Il    ms.   (che    non    ha   nessun   nome    d' autore)    è    di  vane  mani  ;    eccone  un 
breve  sunto: 

Inatto:  Vida  y  muerte  de  x«.  Teresa  de  Jesus  —  [li  fogli,  carattere 
indubbiamente  del  sec.  XVIII,  largo  e  corrente]  La  Vanidad  e  la  Envidia; 
dialogo  tra  loro;  poi  entra  Teresa,  e  allora  esse  la  tengono  occupata  in  fri- 
vole cure  di  toeletta,  e  in  profane  letture  (si  citano:  Caballero  del  Febo,  Or- 
lando innamorato  e  Furioso,  Amadis  de  Gaula).  Entra  //  Amor  Divino  e 
pone  sugli  altri  libri  le  Confessioni  d'  Agostino  ;  Teresa  legge,  si  infiamma, 
e  brucia  gli  altri  profani:  fugg;ono  Envidia  e  Vanidad, 

[frammento  di  3  fogli  e  mezzo;  il  mezzo  era  attaccato  con  ostie  al 
fol.  iio  verso  —  la  scrittura  mi  pare  di  Lope;  certamente  è  del  primo  Seicento.] 
Vayanse  ¿a  Discreción  y  la  ynorancia;  Teresa  legge  le  epistole  di  San  Ge- 
ronimo, e  si  citano  quelle  ad  Eliodoro  (è  quella  De  laude  zntae  solùariae, 
la  prima)  e  ad  Eustochia  :  para  Eustochia  es  la  postrera,  Y  a  mi  servirme 
pudiera,  O  santa  virginidad!  (infatti  1'  epistola  tratta  De  custodia  virgini- 
tatis)  —  [Come  vedesi  il  frammento  continua  la  situazione  drammatica  ma 
non  può  essere  parte  organica  della  precedente]  Teresa  a  questa  lettura  pro- 
ponsi  di  condur  vita  claustrale  e,  entrando  allora  D.  Antonio  suo  fratello,  gli 
manifesta  questa  sua  decisione.  Egli  ne  è  meravigliato,  ma  non  le  contrasta 
perché  anche  la  vita  del  matrimonio  gli  pare  aspra  e  non  scevra  di  pericoli  : 

el  matritnonio  en  rigor 

da  cuidado,  da  temor 

con  pena  y  recelo  tanto, 

por  que  aunque  de  suyo  es  sanio 

tiene  mui  cerca  el  dolor, 
y  no  ay  en  el  casamiento, 

si  se  mira  como  es  justo, 

un  infiante,  un  pensamiento 

en  que  esté  seguro  el  gusto 

ni  iñva  cierto  el  contento, 
si  los  dos  se  quieren  mal 

es  pena  al  ynfierno  ygual, 

que  hater  del  gusto  dolor 

y  juntarse  sin  amor 

que  mas  pena,  que  mas  mal? 
si  el  uno  ama,  padeze, 

y  el  que  no  ama  tanbien, 

pues  vee  lo  que  no  apetece, 

que  el  ser  querido  no  es  bien 

quando  el  dueño  se  aborreze, 
pues  si  marido  y  muger 

se  quieren,  han  de  temer 

que  aquel  bien  se  ha  de  acabar, 

y  no  es  contento  gasar 

el  que  se  espera  perder» 
si  el  marido  es  jugador 

pierde  hacienda  y  calidad 

con  pobrewd  y  sin  onor. 


284  BESPRECHUNGEN.     A.  RBSTOKI, 

y  amor  con  rucesidad 
mas  es  tormento  que  amor, 

si  la  muger  no  es  hermosa 
y  con  los  celos  curiosa 
a  un  onbre  da  en  perseguir, 
como  se  puede  sufrir 
muger  fea  y  ser  zelosaP 

y  si  un  onbre  da  en  guardar 
una  muger  con  cuidado 
ella  se  sabe  vengar, 
porque  amar  desconfiado 
es  offender  y  no  amar, 

pues  si  en  trabajos  se  veri 
que  mayor  dolor  tanbien 
que  ver  a  un  onbre  perdido 
que  es  en  effeto  marido 
aun  que  no  se  quiera  bienP 

hasta  el  hijo  que  invia 
siendo  común  regouj'o 
tal  vez  disgustos  causò, 
pues  muchas  veces  un  hijo 
por  mal  del  padre  nadó, 

porque  enfin  no  ay  casamiento 
tan  rico  ygual  y  contento, 
si  todo  pudiera  ser, 
donde  no  falte  un  pUuer 
y  sobre  un  desabrimiento  f 
Teresa:         Parete,  hermano  querido, 

que  el  pecho  me  has  consultado  ; 
discreto  sermon  ha  sido! 

E  rimasla  sola,  Teresa  giura  a  Cristo  di  essere  per  sempre  sua: 

No  temáis  mi  dulce  esposo 
Vuestra  soy  hasta  morir. 

Huyendo  voy  tus  loaos  mundo  aleve 
que  tantos  a  la  entrada  me  pusiste 
de  mi  primera  edad,  que  siempre  fuiste 
largo  en  palabras  y  en  las  obras  breve, 

A  tu  desprecio  la  rason  me  mueve 
que  en  la  verdad  de  nuestra  Fee  consiste, 
tu  fuiste  nada  y  nada  al  fin  me  diste, 
pues  quien  recibe  nada,  que  te  deve? 

Que  bien  dixo  Agustin  que  tu  pintura 
era  hermosa  a  mirar,  mas  no  era  nada 
del  cielo  comparada  a  la  hermosura  I 

Por  que  la  tuya  es  breve  y  es  prestada, 
y  la  del  cielo  eternamente  dura 
porque  en  la  eternidad  está  fundada,        f  vayase. 


OBRAS  DE  LOPE  DE  VBGA.  285 

[altri  8  fogli,  certo  del  sec.  XV 111,  diversa  mano  dal  primo]  D  padre  e  il 
fratello  di  Teresa  parlano  della  sua  strana  decisione.  Viene  il  Demonio  in 
abito  d'  elegante  cavaliere  e  li  persuade  a  maritarla  con  D.  Bernardino  de 
Mendoza  innamorato  di  lei  ;  ma  Teresa  è  irremovibile  alle  loro  ragioni  e  pre- 
ghiere ed  entra  in  convento. 

Segunda  Jornada  de  la  \santa»  aggiunto  sopra,  dal  Rojas]  Madre 
Theresa  de  Jesus.  La  grafia  è  del  primo  Seicento  e  parrebbe  esser  tutta 
autografa  di  Lope,  ma  specialmente  gli  ultimi  4  fogli  cioè  dal  v.  pag.490.  2.  52 
alla  fine.  Il  testo  è  sostanzialmente  quello  del  2°  atto  stampato  dal  Menéndez. 
Le  varianti  però  sono  molte  e  importanti.  Per  comodità  tipografica  le  ras- 
segno tutte  quante  in'  nota.^    Di  alcune  (specialmente  ove  insiste  sulle  scem- 


^  Mancano  le  2  strofe  di  canzone  del  Angel  e  Teresa\  notisi  che  nella 
2»  mancano  nel  testo  del  M.  due  versi,  1*  8  e  il  —  Pag. 481.  i.  28:  Sale  fray 
Mariano  . . .  Petrona  y  la  madre  Priora  de  monjas  —  32:  manca  señora  — 
34 :  ,,,  de  un  hora.  Lo  que  en  estremo  me  fesa,  e  manca  36  —  37 :  Por 
cierto  gran  ynonja  era  —  41:  Al  fin  ya  la  —  47:  Un  accidente  Nacido  de 
una  pasión!  Pienso  ser  de  corazón.  Fray  Mar.  No  habla?  Priora:  Ni 
ve  ni  siente.     Fray  M°.  Que  tanto  a  que  le  dio  el  mal?  —   56  e  seg.: 

Fray  M®.         La  causa  que  pudo  ser? 
Priora:      Fue  pena  y  pena  mortal. 

Entendió  por  nueba  cierta 

Que  su  padre  muerto  eUfia; 

Desde  aquel  mismo  dia 

La  lloro  y  tengo  por  muerta 
Fray  M®.         Tanto  sintió  el  fin  postrero 

De  su  muerto  padre? 
Priora:  Tanto 

Como  e  dicho,  y  no  me  espanto. 

Que  era  un  noble  caballero. 
Fray  M°.         Remedios  no  se  le  han  hecho? 
Priora:      Todos  cuantos  han  podido, 

Pero  el  mal  tan  fuerte  ha  sido. 

Que  ninguno  es  de  provecho. 
Tres  doctores  la  visitan, 

Y  no  hay  remedio  . . .  ecc. 

Pag.  481.  2.  52:  vedla  penando  en  calma  —  59:  Tres  ha  que  està  de  esta 
suerte  —  p. 482.  1.2:  gran  compasión  —  7:  Fray  M •,  Madre,  encomen» 
dalda  a  Dios.  Priora:  Eso  .. —  12:  Mi  padre  por  ella  orad, —  14:  Mirad 
que  llega  su  hora.  En  ese  —  20:  Cerca  y  atiento  estaré  —  27:  Que  rasgan 
al  cielo  el  manto,  L\os'\  ayres  que  a  Dios  envia  —  32:  Que  dices?  Petr, 
Madre  direlo  —  ^w  El  que  al  cielo  el  manto  rompe  —  46:  La,  gantúa  de 
su  fe  —  54:  Mira  que  es  —  57:  Yo  no  creo  en  su  corona.  Priora:  7>«- 
gate  Dios  de  su  mano.  Diet  años  en  la  montaña  Con  aspereza  a  bufido 
Y  desde  Ytalia  a  venido  Guiado  de  dios  a  España  —  Tubo  allá  rebelación 
Que  el  y  und  santa  muger  Fundadores  an  de  ser  De  una  grande  religion. 
Petrona:  Madre  para  entre  los  dos  Priora:  Callû,,  Petrona:  Porque 
ha  de  ser  santo  ....  Y  el  corazón  abre  a  Dios?  —  pag.  482.  2.  13:  su  essen- 
eia  —  14:  Que  en  decir  —  15:  Del  cielo  que  enamoró,  Y  que  a  Dios  el 
pecho  abrió  Fué  decirte  —  19:  que  servia.  Disfrazarme  las  verdades?  No 
me  meta  entretenidades  (?)  Que  diré  —  25  :  K  cuidado  —  27  :  Ruega  — 
28:  ptiedes  —  29:  dice  invece:  Entrase  la  priora  y  queda  Petrona  detras 
de  la  cortina  de  suerte  que  no  la  vean  y  tiran  otra  cortina  donde  está  orando 
fray  Mariano  —  33:  hermosa.  Movido  de  mi  celo.  Guardad  —  48:  para  el 
alma  —  49:  dice  invece:  Tocan  una  trompeta  triste  y  descúbrese  en  lo  alto 
un  juicio   donde  estarà  la  justicia  y  la  misericordia  y  San  Miguel  con  un 


286  BESPRBCHÜNOKN.    A.  RESTORI, 

piaggini  della  monica  Petrona)  si  può  pensare  che  ne  sia  stata  cansa  la  Censura. 
Di  altre  forse  fu  cagione  il  voler  gli  editori  togliere  alcuni  particolari  che 


proiesso  y  en  lo  bajo  un  angel  y  un  demonio  y  al  tocar  la  trompeta  se 
estremecerá  el  cuerpo  de  la  santa  en  la  cama  —  p«  483*  I*?:  servirte  — 
io:  ..  hombre  justo.  Es  muerta  ja P  San  Miguel:  Señar  está  esperando. 
Just.  Pues  si  no  ha  muerto  désele  otro  termino»  Viva  quoi  antes  en  su 
cuerpo  el  alma  —  17  e  18:  invece:  No  mandes  que  este  faUo  se  dilaU,  No 
es  j'uego  de  niños  tu  decreto  —  22:  Quado  perdi  la  silla  —  31  e  32:  Manda 
que  muera;  tenga  efecto  al  punto.  La  sentenùa  que  tienes  dada  en  esto  — 
41:  Temo  que  si  inve  —  44:  Y  mas  que  tiene  el  Sol  —  55*  ^H^»  ^  de 
fuego.  Que  en  los  cóncavos  reynos  de  mi  abismo  —  61:  Calla  loco  i  —  2.9: 
invece:  De  lo  boxo  a  lo  alto  va  subiendo  por  un  artiftMio  una  silla  ardiendo 
sin  que  nadie  la  toque  —  12:  Justo  jue%  quiero  que  veas.  La  silla  ardiente 
, . .  nero  infierno  —  15  e  16:  mancano  —  17:  Porque  entiendas  a  quien  — 
18  manca  —  22:  ...  amoroso  pecho.  Que  como  siempre  tengo  abierto  el  mio. 
Cualquiera  pecador,  y  a  cualquier  hora.  Puede  , ,  (parola  illeggibile)  el  co* 
raçon  robarme.  Que  el  cor  agon  robó  de  su  dios  mismo,  Dem^.  Reniego  etc. 
—  29:  Asentad  —  31:  manca  —  35:  venturoso  —  40  e  seg.:  Siérrase  el 
audiencia  y  entrase  el  ángel,  y  el  demonio  se  ande  sentándose  en  la  silla  y 
salen  llamas,  y  sale  la  Priora: 

Teresa:  Ay  de  mi 

Fray  M°.  que  es  lo  que  e  visto? 

Priora:      Lleguemos  que  vuelve  en  si, 

lleguemos  padre 
Ter.  ay  de  mi 

Fray  M^.  Sin  duda  vuelve. 
Ter.  Ay  mi  Cristo, 

Fray  M®,         Señora  que  obeys  tenido? 
Ter.  Sábelo  mi  alma  y  dios, 

y  también  lo  sabéis  vos 

que  buen  testigo  abéis  sido, 
Ol  que  Dios  , , . 
Fray  M^  bien,  que  oísteis? 

Ter.  Vi  que  el  Angel    etc. 

p.  484.  1.25:  Quizá  porque  en  él  estuve  —  31:  que  es  desvario.  Querer 
referirlo  —  42:  Y  al  fin  por  no  hablar  mal  —  46:  un  trato  —  47:  os 
veré  —  56  :  invece  :  Entrase  fray  Mariano  y  tira  la  primera  cortina  para 
cobrir  la  cama  y  descubre  a  la  hermana  Petrona  que  está  dormida  y  ron* 
cando  —  2.8:  Hermana!  Petr.  Quien  me  a  llamado?  Priora:  Despierta, 
Petr.  Pues  que?  dormía?  —  17:  Que  estoy  velando  la  enferma.  Priora: 
Y  quando  estaba  roncando.  Era  menos  ^tc.  —  23  e  seg.  : 

Que  treinta  monjas  velando, 
soy  muger  que  sin  afán 

quando  era  mozuelo  ergida 

entre  deespierta  y  durmida 

amasé  una  hanega  de  pan, 
no  me  ocupa  el  sueño  a  mi 

en  lo  que  tengo  de  hazer. 
Priora:      Por  cierto  buena  muger, 
Petr.  Con  esta  gracia  nací. 

Priora:  Pues  la  gracia  del  roncar? 

Petr.  En  verano  es  gran  partido 

que  lai/]  chinche[s']  a  el  ruyéU) 

no  se  atreven  a  llegar 
Priora:  siempre  e  de  tener  mohínas 

por  este  sueño  pesado! 
Petr.  pues  a  fe  que  me  a  costado 


OBRAS  DE  LOPB  DE  VEGA.  287 

parvero  loro  indecorosi  per  la  Santa  (come  il  dolore  per  la  morte  del  padre, 

V  esser  Mariano  un  cavaliere  italiano)  mentre  invece  sono  rigorosamente  storici. 

3®  atto:    Vida  y  m^,  de  sao.  Teresa  de  Jesus  [è  tutto  della  stessa  mano, 

del    secolo   scorso;    essa  è  però   mano   diversa  dalle   due  pure   del  '700  che 


mas  de  treinta  detiplinas. 
Priora:  oy  las  llevará  dobladas, 

dos  diziplinas  serán, 
Petr.  madre  en  ...  no  están 

las  mataduras  pasadas 
Priora:  pues  tan  desctíidada  anduvo 

paciencia,  que  no  ay  disculpa, 
Petr.  no  e  tenido  yo  la  culpa, 

que  la  almendrada  la  tuvo. 
Priora:  nueva  culpa,  nueva  nota! 

Petr.  la  hermana  almendrada,  madre, 

en  el  nombre  de  dios  padre 

la  bebí  sin  dejar  gota, 

pudiera  un  muerto  bebella. 
Priora:  quiere  en  condition  ponerme? 
Petr.  quien  sin  almendrada  duerme, 

madre,  que  ha  de  hater  con  ella? 
luego  el  sueño  me  cargó, 

que  si  almendrada  no  hubiera 

yo  se  que  no  me  durmiera. 
Priora:     y  el  ayuno  quebrantó! 

quien  vio  tal  bellaqueria? 
Petr.  mejor  me  fuera  callar!  (a  parte) 

yo?  por  no  la  deramar 

que  lastima  se  me  haua. 
Priora:  quebrar éla,  que  no  es  Justo 

gran  monja  bien  dotrinada 
Petr.  madre  la  hermana  almendrada 

hiso  cosquichas  al  gusto. 
Priora:  pues  la  hermana  diuplina 

las  podrá  quitar 
Petr.  dexaldas, 

que  las  hermanas  espaldas 

reubiran  gran  maxina  (sic) 
Priora:  irán  la  diuplinando 

en  lo  que  ha  de  ha%er  desde  oy, 
Petr.  tan  dvùplinada  estoy 

que  no  se  por  donde  ando, 
mi  daño  está  bien  notorio 

y  mis  anotes  mortales 

pues  tengo  mas  cardenales 

que  roma  en  su  consistorio. 
Priora:  Hermana, 

Petr.  ya  no  ay  cosquillas 

que  haze  de  ermananearme  (sic) 

y  será  para  contarme 

con  un  ramal  las  costillas 
Priora:  Hermana  venga  conmigo 

Petr.  reniego  de  la  obediencia 

Priora:      que  dice? 
Petr.  madre  patencia 

que  meretco  gran  castigo, 
ya  madre  no  me  disculpo. 
Priora:     vamos  hermana  Petrona, 


388  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

scrìssero  i  citati  fogli  nel  inatto]  Teresa  ha  già  fondati  molti  conventi;   il 
fratello  di  lei  è  già  morto.    Dopo   sei  anni  di  assenza  torna  D.  Bernardino  di 


Petr.  con  azotes  me  sazona 

como  si  fuera  yo  pulpa. 
Entranse  y  sale  la  santa  y  fray  Mariano 
Teresa:     ya,  padre,  imena  me  siento    etc. 

37:  El  proviniial  superior.  Me  hizo  mucha  —  47:  Estraña  por  cierto  es 
esa  —  pag.  485. 1.5:  Temeranme por  el  nombre  —  7 — 16  mancano,  e  invece: 
Fray  M^.  En  tu  virtud  reforçada  Restaura  dios  al  Carmelo,  Pues  eres 
torre  en  el  suelo.  Contra  los  vicios  y  aumada  —  Lee  la  patente  —  20:  En- 
carnación del  Carmen  de  la  ciudad  de  Avila,  pare  que  por  su  misma  aucto- 
ridad  pueda  —  21:  de  reclusas  Descalzas  —  22:  Orden  del  Carmen  — 
23:  guardando  la  regla  —  idx  de  las  dichas  fundaciones  —  28:  que  su 
voluntad  fuere;  no  exediendo  con  el  breve  que  de  su  Santidad  tiene  para 
las  dichas  fundaciones,  y  mandamos  —  32  :  manca  la  data  —  Salazar,  Pro- 
vinziat»  —  35:  Que  dices?  —  39:  Que  os  den. —  50:  Teresa:  Del  Carmen 
soy  ....  Elias  mostrò  Profetico  y  santo  , . .  llamó.  Fray  M*.  Oj'ald  etc.  — 
2.4:  Por  mi  a  todo  me  —  II :  Fray  M®.  De  que?  Teresa:  De  mas  de 
un  convento  —  19:  crecido  —  20:  malparado  —  21:  reedificado  —  24:  Quien 
jamas  supo  mentir  —  33  :  Siéntase  fray  Mo,  y  la  santa  se  tiene  de  rodillas 
y  sale  un  demonio  y  se  pone  junto  a  la  monja  —  43  :  Otra  puesto  ...  Y 
otra  en  la  cruz  enclavado  —  47:  importa  este  dia!  —  53:  monja  engañaba 
(mancherebbe  la  rima)  —  pag.  486. 1. 1:  formas  mudò  —  7:  mudar  —  14:  Que 
huyáis  esas  ilusiones  —  18:  Huyd,  y  si  no  podréis  ...  haréis  —  26:  Porque 
no  os  perdais  lo  mando  . . .  oficio,  Teresa:  No  hay  . . .  ilusión?  —  36:  San 
Mauro  —  38:  ^»  el  yermo  —  40:  Y  en  el  monte  —  50:  que  hacer;  Ya 
entablé  mi  pretension  Fray  M**.  Cuando  ...  ilusión.  Huid  a  todo  correr, — 
2.  3:  segue  a  questo  v.  un  sonetto: 

Niño  jesús  regalo  de  Maria 
mi  dios,  mi  bien,  mi  grazia,  mi  consuelo 

(manca) 

de  tu  mano  me  venga  en  este  dia 

No  canse  tus  oidos  mi  porfia 
pues  que  conozes  mi  amoroso  zelo, 
y  no  me  falte  en  este  desconsuelo 
el  claro  norte  de  tu  cierta  guia. 

Tu  siervo  soy,  defiende  mi  partido 
que  al  siervo  el  buen  señor,  quando  lo  es  tanto, 
def endette  es  razón  de  qualquier  modo. 

Dudosa  estoy,  ya  aclara  mi  sentido, 
líbrame  niño  mio  de  este  encanto 
\y\  líbrame  de  mi  que  es  mas  que  todo, 

4:  Suena  musica,  descúbrese  un  niño  yesus  sobre  el  altar  de  la  capilla  y  la 
santa  se  espanta  y  huye  —  1 1  :  manca  me  —  1 5  :  dudas.  Dios,  Veo  que  me  — 
17:  Que  al  confesor  —  19:  Huya  la  santa  y  al  tiempo  que  se  va  a  entrar 
sale  San  Pablo  con  un  montante  desnudo  —  22:  Teresa:  Quien  eres? 
San  Pa.  San  Pablo  soy  —  28:  Y  pienso  en  todo  —  y):  Al  tiempo  que  se 
va  a  entrar  por  la  otra  puerta  sale  a  la  otra  parte  San  Pedro  con  un 
venablo  de  artifizio  que  echase  fuego  —  32:  Donde  huyes?  Ter.  Ay  de  nU! 
S.  Pe.  Vuelve  etc.  —  37:  serlo  aquí  —  42:  San  Pedro  soy  que  por  Dios, 
Estoy  guardando  —  45:  Válgame  Jesus,  —  pag*487. 1.  20:  mí  ordena  — 
28:  me  advirtió  —  30:  manca  os  —  31:  Que  las  —  32:  dopo  questo  v.  e'  ¿ 
la  redondilla:  Que  améis  ...  Pasión  —  34:  Cien  mil  —  35:  Que  por  — 
37:  tomaldas  —  42:  Pues  ya  en  eUa  me  salvasteis  —  50:  armas  son  éstas» 
Tiníendolas  vos  ya  puestas  Claro  estd  que  heis  de  estimarlas.  De  las  higas 
etc.  —    60  e  61:   Y  considerad  señor  A  quien  le  vendrán  mejor.   Que  a  un 


OBRAS  DB  LOPE  DB  VEGA.  289 

Mendoza,  ed  offre  il  suo  patrimonio  perché  Teresa  costruisca  un  convento  in 
Valladolid.     Entrano  la   Vanidad  e  la  Envidia  ;    esse  fanno  rovinare  il  con- 


niño  que  es  tan  hermoso  —  2.3:  Y  tal  hermosura  veo  —  4:  daros  mi  bien 
deseo  —  9:  son  para  vos  de  cristal —  12:  traigáis  —  17:  Higas  y  cruces  — 
21:  como  rey  —  22:  quiero  hater  —  26:  Bien  supiste  Obligarme.  Ter. 
Supe  amar  —  35:  Colgar  ¿la  en  el  —  38:  tan  bellas.  Toda  es  de  finos  dia- 
mantes;  Son  piedras  tan  reluzientes  (mancherebbe  la  rima)  —  54:  Y  lo  que 
pides  haré —  55:  Tocan  chirimías  y  va  subiendo  el  niño  arimado  al  teatro. 
Musica:  Aunque  mas  peligros  etc.  —  pag.  488.  1.6:  iman  en  —  8:  Por 
seguir  quedo  aliando,  A  Dios  que  me  està  llamando  (e  virgola  dopo  corazón) 
—  18:  Que  en  despertando  le  pesa  —  24:  podéis  volver  (sic)  —  32:  Tenerla. 
Ter.:  Por  qué  razón?  Priora:  Porque  ....  Muchos  estorbos  tenéis  — 
49:  Qué  canción?  Ter.  Esta  del  cielo.  D».  Ja.  Que  pierde  el  seso  rezelo 
Con  esta  su  fundación  —   2.4: 

Yo  sé  que  no  se  ha  caído. 
Petrona  sigúeme  oy 

y  ayúdame  a  postealla. 
Petr.  No  puedo  madre  ayudalla 

porque  deslomada  estoy. 
Priora:  Un  par  de  disciplinillas 

con  tanto  rigor  las  siente? 
Ter.  Quien  te  deslomó  (sic) 

Petr.  veynte  y  quatro  me  assentò 

en  las  hermanas  costillas. 
Ter.  no  aya  dios 

Petr.  bueno  es  esto 

si  un  año  madre  pasara 

sospecho  que  me  acordara 

de  mi  sangriento  sujeto. 

las  espaldas  por  mis  males 

todavía  están  sentidas 

que  de  las  grandes  heridas 

siempre  quedan  los  señales. 
Ter.  Las  paredes  malparadas  etc. 

6:  de  aderezar.  Petrona:  Mejor  fuera  de  ensebar  Mis  espaldas  azotadas  — 
27:  Toda  la  revolución  —  45:  mi  marido.  Teresa:  Que  esa  la  ocasión  a 
sido?  D».  Ja.  Este  es  etc.  —  55:  Dicen  —  60:  su  convento  —  611  de 
fuer  ça  —  63:  Dicen  —  pag.  489.  I.  3:  que  escucho?  D».  Ja.  Pienso  y  con 
razón,  hermana.  Que  la  fundación  se  quede.  Teresa:  Dios  es  quien  todo 
lo  puede,  Y  qualquier  peligro  allana.  Da.  Ja.  Aunque  ...es  tan  sabida. 
La  casa  en  tierra  —  9:  Cantan  otra  vez  el  villancico:  Aunque  mas  con- 
t  rar  io  —  20:  que  tenéis  —  23:  Bien  lo  entendéis  —  24: 

Priora:      Muestra  de  ello  me  habéis  dado. 
Teresa:  Vamos  hermana  y  haremos 

el  convento  aderezar 
Petrona:  Que  se  puede  reparar 

si  dineros  no  tenemos? 
Ter.  Vendré  un  par  de  diamantes 

de  los  cinco  de  esta  cruz. 
Petr.  Donde  están? 

Ter.  No  veis  la  luz 

de  sus  rayos  relumbrantes? 
Da.  Ja.  i/na  cruz  de  palo  veo. 

Ter.  Dios  permite,  sacra  cruz, 

que  yo  goze  de  tu  luz, 

y  esto  ha  sido  y  esto  creo. 
Petr.  Que  nuevo  antoxo  este  fué? 

Ter.  Diamantes  sin  duda  son 


Zeitschr.  t  rom.  Phil.  XXII. 


19 


290  BESPRECHUNGEN.     A.  RESTORI, 

vento  di  nuovo  fondato  [ripetizione  del  miracolo  già  esposto  nella  2^  giornata, 
il  che  è  nuova  prova  che  la  riunione  non  può  esser  che  capricciosa].     Sotto 


cue  labro  mi  comçon 

con  la  sangre  de  su  /e. 

Que  no  gozáis  desta  luz? 
Da.  Ja.        Dexad  eso,  hermana  mia. 
Ter.  Luz  pueden  prestar  al  dia 

los  diamantes  de  esta  cruz. 
Estas  ricas  piedras  bellas 

si  el  zielo  allá  las  tubiera 

cadaqual  pienso  que  fuera 

la  mexor  de  sus  estreUas, 
D*.  Ja.  Señora,  volved  en  vos; 

donde  está  vuestra  cordura? 
Ter.  Si  es  que  el  amor  es  locura 

loca  estoy  de  amor  de  dios. 
Reparar  su  casa  quiero, 

fiada  en  su  proveedor, 

que  pues  sirvo  a  buen  señor 

no  me  a  de  faltar  dinero. 
Priora.  Tratad  lo  que  mas  etc. 

35:  Yo  sus  pasos  también  sigo.  Señora,  Ter.  Vente  —  47:  con  palabras  y 
cadenas  —  50:  ^  templo  de  —  52:  Que  andando  el  tiempo  ha  de  ser  Rica 
aduana  —  2.4:  piedras  tan  —  6:  Mejorándolo  de  —  14:  Por  todo  que  tu 
lo  dices  —  21:  Confiad  que  —  26:  ...  cobra,  Ast  aro  t:  No  ay  contento 
sin  sozobra  —  30:  Que  tememos}     Dem.  Ay  de  mi!  —  41: 

Demonio:  Pues  yo  con  él  no  me  atrevo. 

Del  cielo  debe  de  ser. 

Hoy  en  mis  trazas  concluye. 

Nuestros  intentos  destruye. 
Ast.  Ya  empiezan  a  reparar. 

Dem.  No  tenemos  qi^  esperar. 

Huye  Astarot, 
Ast.  Luzbel,  huye, 

Vanse  los  demonios  y  sellen  D,  Diego  y  D,  Ramiro, 
Ram.  Una  pretension  llevamos. 

Die.  Todo  mi  amor  es  estremo. 

Ram.  Doña  Juana  es,  que  dudamos? 

Die.  Páreteme  que  la  hablemos. 

Ram.  Lleguemos  pues,  que  esperamos? 

Die.  Guárdete  el  cielo,  señora. 

De  quien  oy  la  blanca  aurora 

Quiso  imitar  las  colores 

Cuando  matiza  de  flores 

Las  esmeraldas  de  Flora, 
Da.  J«,  Perdonadme,     (quiere  yr) 

Die.  Óyeme  a  mi. 

Que  soy  quien  mas  de  los  dos 

Se  cobre  el  mirar  aquí 

Pues  tan  bella  te  h¿so  Dios 

que  te  perderás  por  tú 
Oy  te  podremos  partir. 
Ram.  Yo  por  no  contradezir 

La  fundaúon  que  deseas, 

mi  intento  quiero  que  veas 
Die.  Yo  mi  amor  puedo  deùr. 

Los  dos  somos  regidores 

y  mándanos  la  ciudad 


OBRAS  DB  ¿OPE  DE  VEGA.  2g  I 

le  macerie  rimane  ucciso  il  figlio  della  sorella  di  Teresa;  le  è  portato  e  lo 
risuscita.    Intanto   si   sa   che  Bernardino  de  Mendoza   è  morto;    ne  compare 

que  seamos  contradictores. 
Da.  Ja.        Aqui  está  mi  hermana,  entrad, 

vuestro  ofizio  haced  señores. 
Haced  la  contradizion 

y  estorbad  la  fundation 

si  no  la  te  fiéis  por  buena. 
Ram.  Yo  rezelo  darte  pena. 

Die.  Yo  temo  y  tengo  afizion. 

Ram.  Pues  oy  miraros  merezco 

por  que  no  contradiré  , . 
D  i  e.  Pues  yo  a  serviros  me  ofrezco 

porque  entendais  de  mi  fe 

que  por  la  vuestra  padezco. 
Da,  Ja.  La  merced  en  mucho  estimo. 

Die.  Llegad  le  serbicio{?) 

Da.  Ja.  Primo  .. 

Die.  Preziome  de  muy  cortes 

solo después 

que  ya  de  nuevo  me  animo. 
Vanse  D.  Ramiro  y  D,  Diego  ;  sale  Teresa  etc. 

pag.  490.  1.5:  obra  de  Dios  —  48:  öj  contradirán  —  51:  Quien P  Da.  Ja. 
Don  Ramiro  y  Don  Diego  —  58:  Que  por  oy  no  volverán  —  2.  13:  de 
pagar  la  obra?  (mancherebbe  la  rima)  —  16:  Proveer  alo  Dios  todo  — 
20:   Conmigo  en  tierra  cal  —   26: 

De  nuevo  me  siento  agora. 
Ter.  Sosiega  hermana,  que  sientes? 

Petr.  Madre  nuevos  atidentes 

con  dolores  mal  seguros, 

siento  los  azotes  duros 

como  si  fueran  rezientes, 
ciento  quarenta  esportillas 

e  sacado  oy  por  quenta 

y  alfin  ....  henchillas 

la  lier  mana  carga  se  asienta 

en  las  hermanas  costillas, 
Ter.  Que  todavía  te  dura? 

Petr.  no  me  a  de  hazer  enbarazo 

si  tengo  en  [^/]  espinazo 

dos  lonxas  de  matadura 
Ter.  A  nuestro  oficio  volvamos, 

este  edifizio  acabemos 
Petr.  Madre  etc. 

33:  manca  —  34:  por  Dios  esto  hacemos  —  38:  Fundado  en  divino  — 
39:  Querida  hermana  —  45:  Mi  señor  Diego  de  Ovalle  —  ¿^1',  El  corazón 
se  me  ufana  —  49:  de  mi  —  51  :  manca  —  53:  pecho  encendido.  Mas  que  — 
58:  vida,  mi  pal,  —  Pag.  491.  I.  14:  Mi  oydos  engañados  —  29:  Por  no 
ser  cruel  —  30:  estar?  —  32:  Y  claro  la  pienso  de  hablar  —  39:  Pá  scUe 
mi  lier  mana,  hablad.  Que  oy  os  —  47:  Por  hoy  —  50  :  manca  —  52:  pesar 
a  —  58:  Yo  tengo  dos  mil  reales  —  2.  10:  Sabéis  lo  que  —  12:  Ya  sé  de 
mi  hermana  el  gusto  —  13:  non  manca  nulla  —  15:  Sin  duda  mi  intento 
es  justo  —  23  :  Dios  sin  duda  anduvo  en  ella  —  27  :  pagad  los  obreros  — 
29  :  Dios  se  descuidó  —  35  :  Aqül  van  dos  mil  reales  —  40  :  Salen  los  ofi- 
ziales   con   tunizelas   blancas  tocando  los  estrumentos  y  cantando  este  xnllan' 

cico  —  44:  Razón  es  que  ayamos  sido  —  52:    Veis  hermana pagado? 

Da.  Ja.  ¿s  tanto  ya  lo  que  veo.  Que  me  turba  mi  alegría.  Ter.  Hermana 
el  que  en  Dios  confia.  Bien  negocia.  Da.  Ja.  Assi  lo  creo  —  Pag.  492.  I.  5: 
Lo  efetuasteis  vos  -^  xd;  lo  que  el  amor  me  —   29:  Z^  que  en  esto  se  tra- 

19* 


292  BESPRECHUNG£N.     A.  RBSTORI, 

V  anima  a  Teresa ,   liberata  dal  Purgatorio   a  di  lei   preghiera.    Dà  fine  alla 
commedia  la  morte  di  Santa  Teresa  in  Alba. 

Questo  sunto  non  può  lasciar  dubbio  che  si  tratti  di  una  vera  con- 
taminazione. Un  primo  e  un  terz'  atto  di  commedia  del  secolo  scorso  (forse 
opera  di  due  o  tre  Ingenios)  sono  stati  alla  meglio  completati  con  una  scena 
del  primo  atto  e  con  tutto  il  second'  atto  di  una  commedia  del  Seicento,  sia 
poi  essa  di  Lope  o  d'  altri.  Riman  però  da  osservare  che  la  commedia  del 
Settecento  era  perfettamente  sconosciuta  a  tutti  i  catalogisti.  Ma  il  più  strano 
è  che  mentre  il  secondo  atto,  in  sostanza,  concorda  col  testo  del  Menendez, 
di  quella  scena  del  i°  atto  da  me  in  parte  qui  edita,  e  che  indubbiamente 
faceva  parte  dello  stesso  ms.,  non  ce  ne  sia  nel  testo  impresso  la  minima 
traccia.^  Inutile  per  ora  accumulare  ipotesi,  tanto  più  che  non  posseggo  tutti 
i  documenti  del  processo;  il  Barrera  infatti  segnalò  un  ms.  di  questa  com- 
media di  Lope  {Catdl.  p.  435.  i^)  che  non  deve  essersi  perduto,  perché  era 
nella  biblioteca  Osuna.  Ad  esso  poteva  ricorrere  V  editore  per  correggere  gli 
errori  della  vecchia  e  non  buona  stampa  di  Tortosa,  ed  esso  forse  potrà 
rischiarare  i  dubbi  sollevati  da  questo  curioso  ms.  parmense. 

La  commedia  che  segue.  Mártires  del  Japón,  era  inedita  finora.  I  versi 
ultimi:  El  perdón  y  fin  se  deben  Al  suceso  del  Japón,  Del  año  que  estd  pre- 
sente,  danno  la  data  della  commedia.  I^  fervorosa  ma  imprudente  condotta 
del  padre  Alonso  de  Navarrete,  condusse  lui  e  i  suoi  compagni  al  martirio 
nell*  anno  161 7  (v.  Charlevoix,  Hist,  du  Japon,  Paris  1736,  II  222—25).  ^ 
strano  che  Lope  non  ricordasse  questa  commedia  al  pubblicare,  nel  febbraio 
1618,  la  sua  seconda  lista  del  Peregrino, 

Altra  commedia  pure  inedita  è  quella  del  Truhán  del  cielo  y  Loco  santo, 
che  è  frate  Ginepro  seguace  di  San  Francesco.  Io  non  credo  che  possa  ri- 
tenersi questa  commedia  per  la  i<^  parte  del  Serafin  humano,  non  tanto  per 
ciò  che  osserva  il  M.  (p.  LVi)  quanto  perché  questa  commedia  del  Truhán 
del  cielo  è  essa  stessa,  come  dichiarano  i  versi  finali,  una  primera  parte.  Il 
Serafin  humano  narra  la  prima  vita  e  fondazione  francescana  del  gran  Santo 
d'Assisi;  la  seconda  parte  doveva  narrarne  i  miracoli  e  le  glorie;  e  appunto 


tara  —  39:  Sin  reparar,  en  el  ruin  —  52:  fuera  puesto  en  razón  —  56:  £u 
prozeder  —  ^S:  Si  me  dierades  la  parte  —  2.3;  la  guise  —  6:  Que  es 
vuestro  intento  atrevido.  Don  Diego:  Htjo  de  un  pecho  doblado.  Vos 
sois  etc.  —  13:  Ya  cierro  el  labio.  Que  es  bien  que  quien  tiene  —  15:1^ 
acero,  (tneten  mano).  Ob  a  lie:  Yo  defiendo  lo  que  dixe,  D».  J».  Ay  de  mi 
triste  aflixida.  En  peligro  está  mi  vida.  Si  el  cielo  no  lo  corixe,  Teresa: 
Abajad  su  diferencia.  Mi  Cristo  aora  en  ¿I,  quando  ....  os  mando  Que  pare 
aquí  —  24:  amada.  Me  aparto  —  29:  No  puedo  tener  la  espada,  D*.  J». 
Hermano  venid  conmigo.  Que  Dios  nos  a  de  valer,  O  bal  le:  No  ay  peUgro 
que  temer  Pues  que  vuestra  sombra  sigo  —  47  :  Entranse  con  que  se  da  fin 
a  la  segunda  jornada, 

^  I  primi  fogli  dell'  atto  del  Settecento  hanno,  pare,  la  stessa  sittuuùone 
dramática  che  il  frammento  del  '600  ;  si  può  dunque  pensare  che  già  nell'  antica 
commedia  (di  Lope  o  d'  altri)  fossero  i  particolari,  per  verità  rigorosamente 
storici  ma  poco  riverenti  per  la  futura  Santa,  della  sua  cura  aUa  toeletta  e 
delle  sue  letture  di  romanzi  profani.  In  tal  caso  a  rifare  del  tutto  il  primo 
atto,  quale  lo  vediamo  nel  testo  seguito  dal  Menendez,  1'  autore  potrebbe 
essere  stato  costretto  dalla  Censura,  non  solo  per  avere  la  posteriore  licenza 
di  stampa,  ma  anche  prima  per  il  permesso  di  rappresentazione;  e  ooid  il  firam- 
mento  parmense  sarebbe  un  avanzo  della  primitiva  redazione. 


OBRAS  DE  LOPB  DS  VB6A.  293 

di  Lope  si  cita  una  commedia  (cataL  Huerta)  col  titolo  Gloria  de  San  Francisco, 
ma  pare  perduta.  Io  credo  pero  che  ne  possediamo  un  rifacimento  molto  pe- 
dissequo in  una  rara  commedia  intitolata  Milagros  del  Serafini  Essa  è  attri- 
buita a  un  Alonso  Osuna  di  cui  nulla  si  sa.  Varí  fatti  del  Seraftn  humano 
(come  il  taglio  del  piede  di  porco,  il  pericolo  di  fra  Ginepro  d'  essere  impiccato 
in  Viterbo)  son  qui  ricordati  come  già  avvenuti.  Ma  quanto  alla  forma  son  rari 
i  brani  che  potrebber  esser  di  Lope;  la  versificazione  deve  esser  stata  rifatta 
con  tendenze  culterane,  il  che  è  avvenuto,  come  rilevò  il  Menéndez,  per 
parecchie  altre  produzioni  di  Lope. 

Di  questa  sezione  di  vite  di  santi  e  leggende  pietose,  doveva  far  parte 
una  commedia  da  me  segnalata  (LVC.  p.  28)  col  titolo:  Bl  Negro  del  mejor 
amo.  Si  tratta  infatti  del  negro  Antiobo  che,  dopo  varie  avventure,  convertito 
al  cristianesimo,  difende  la  Sardegna  dai  Turchi,  vive  in  una  grotta  da  ere- 
mita e  morto  in  odore  di  santità  opera  miracoli.  Non  pare  potersi  dubitare 
della  attribuzione  a  Lope,  poiché  V  antico  ms.  parmense  appartenne  al  Martinez 
de  Mora  e  al  Rojas;  è  dunque  una  dimenticanza  che  bisognerà  riparare. 

A  pag.  LVi — Lvn  il  Menéndez  chiude  il  teatro  religioso  di  Lope  con  un 
breve  cenno  di  quei  suoi  drammi  sacri  che  sono  andati  perduti;  e  di  quelli 
che  portano  in  alcun  ms.  o  suelta  il  nome  di  Lope,  ma  senz'  altra  prova  intrin- 
seca o  estrinseca  che  ci  obblighi  a  tenerli  per  suoi.  Per  dir  subito  di  questi, 
parrebbe  veramente  che  il  portare  il  nome  di  Lope,  salvo  prova  in  contrario, 
sia  un  argomento  estrinseco  di  qualche  peso.'  Pur  potendosi  dubitare  della 
autenticità  di  alcuni  drammi  (Corona  derribada.  Anticristo,  Animai  prof  età. 
Santa  Teresa)  V  editore,  nel  dubbio,  saviamente  li  incluse;  bisogna  adunque 
dire  che  per  i  tralasciati  abbia  avuto  la  certena  che  non  eran  di  lK>pe.  £  di 
questa  certezza,  desunta  forse  dall'  esame  intrinseco  delle  produzioni,  si  poteva- 
no accennare  i  motivi.  Ciò  dicasi  per  il  Casamiento  por  Cristo  di  cui  e'  è  un 
ms.  della  biblioteca  Osuna,  e  per  la  Santa  Casilda  di  cui  il  Barrera  cita  un 
ms.  nella  stessa  biblioteca.  Il  M.  non  lo  cita,  e  anzi  per  questa  commedia 
chiede:  ¿Será  idéntica  con  los  Lagos  de  San  Vicente,  de  Tirso  de  Molina, 
publicada  en  la  parte  quinta  de  sus  comedias?  Questa  domanda  fa  supporre 
che  il  ms.  Osuna  sia  andato  perduto,  perché  se  no  il  confironto  era  facile. 
Per  conto  mio,  letti  i  Lagos  de  S,  Vicente,  ove  si  svolge  la  i^  parte  della 
vita  di  Sa.  Casilda,  li  ritengo  indubbiamente  di  Tirso.  In  modo  indipendente 
da  Tirso  trattò  la  vita  della  stessa  santa  l'anonimo  autore  dei  Valles  de 
Sopetran,  di  cui  e'  é  a  Parma  un  buon  ms.  [DA  n^  832].  È  possibile  (ma 
é  una  possibilità  e  nuli'  altro)  che  qui  sia  rifuso  1'  argomento  di  Lope;  nello 
stato  attuale  questa  produzione  però  é  di  certo  posteriore  a  Lope. 


1  Fu  edita  in  un  rarissimo  volume  (Barr.  Catdl.  686,  la)  intitolato 
Parie  XLI  de  Com.  varios  autores.  Valenza  (si  ignora  la  data,  ma  pare  tra 
il  1640 — 50).  A  Parma  (DA  voi.  54)  ce  n'  é  un  testo  molto  antico:  sembre- 
rebbe strappato  da  quel  volume,  ma  avendo  fogliatura  propria,  A — D  4,  e 
dopo  il  FIN  non  essendoci  in  basso  la  lettera  capoverso  dd  foglio  seguente, 
sarà  piuttosto  da  ritenere  un'  antica  suelta,  U  epigrafe  è:  Comedia  /àmosa,  \ 
Milagros  del  \  Serafín,  \  De  Alonso  de  Osvna,  \  Personas.  (I  personaggi  sono: 
Orado  Nicolas,  El  demonio.  Toruno  Labrador,  Bartola  su  muger,  Roberto, 
San  Francisco,  Junípero,  Christo,   Vn  pastor,  Gilberto  Ciudadano,) 

'  E  di  qualche  peso  é  anche  l' argomento  inverso,  che  cioè  questi 
drammi,  qui  attribuiti  a  Lope  de  Vega,  non  sieno  mai  stati  attribuiti  ad 
altro  autore. 


294  BESPRECHUNGRN.     A.  RESTORI, 

Quanto  alla  Orden  de  Redención  ho  già  esposto  il  sospetto  (pag.  377) 
che  si  tratti  di  un  2°  titolo  della   Vida  de  San  Pedro  Nolasco, 

La  commedia  La  Peña  de  Francia  è  proprio  di  Lope,  ma  non  doveva 
figurare  tra  queste  di  argomento  sacro,  ad  onta  che  Huerta,  seguendo  al  solito 
qualche  suelta,  la  cataloghi  col  titolo  Nuestra  Señora  de  la  Peña  de  Francia, 
Essa  non  è  altro  che  El  casamiento  en  la  muerte  y  hechos  de  Bernardo 
del  Carpio,  identità  già  constatata  dal  Barrera  {Catál.  533,  2»,  572,  I»  e  683,  3»). 
n  titolo  dello  Huerta,  fu  forse  suggerito  dal  fatto  che  una  sacra  immagine  della 
Vergine,  per  sfuggire  alle  mani  dei  Mori,  miracolosamente  si  nasconde  nel  seno 
di  un  macigno.  La  stessa  antica  leggenda,  e  il  miracoloso  ritrovamento  di 
essa  immagine,  fu  trattata  da  Tirso  nella  sua  Peña  de  Francia,  in  modo 
affatto  indipendente  da  Lope,  ed  anzi  pare  risalendo  a  fonti  differenti;  il 
nascondimento  della  immagine  è  avvenuto  secondo  Lope  ai  tempi  carolingi» 
secondo  Tirso  sotto  Roderigo  visigoto. 

Le  commedie  d'  argomento  sacro  che  Lope  stesso  citò  come  sue  nel 
Peregrino  e  che  paiono  perdute,  sono  tredici,  né  purtroppo  le  mie  ricerche 
han  potuto  con  certezza  diminuire  questo  numero.  Rimane  il  sospetto  che 
in  commedie  posteriori,  sviluppanti  gli  stessi  argomenti,  si  possa  avere  dei 
rifacimenti  o  rifusioni,  più  o  men  libere,  delle  commedie  di  Lope.  Qaesto 
sospetto  m'  è  nato,  per  esempio,  per  V  Angel  de  las  escuelas  del  Lanini,  che 
potrebbe  aver  rifatto  il  Santo  lomds  de  Aquino  di  Lope,  mettendoci  però 
molto  del  suo  ;  ^  assai  più  fòrte  è  questa  mia  credenza  per  i  Dos  prodigios 
de  Roma  del  Matos,  poiché  1'  autore  altre  volte  ha  rifuso  argomenti  lopiam, 
e  questa  commedia  ha  tutta  V  apparenza  di  un  rifacimento  del  San  Adrián  y 
Santa  Natalia,  Né  si  può  escludere  che  nel  Prodigio  de  los  Montes,  citato 
dal  M.  (p.  LVi),  o  neir  Arco  de  Paz  del  cielo  dell'  Arboreda  o  Arboleda 
(v.  DA  p.  1 7),  non  sia  rimasto  qualche  tratto  della  Bárbara  del  cielo  di  Lope  ; 
e  nelle  molte  commedie  su  Santa  Maddalena  qualche  tratto  della  Mejor 
enamorada,^  Ma  siffatte  probabilità,  pur  senza  perderle  di  vista,  non  posBono 
sic  rebus  stantibus  esser  oggetto  di  discussioni  seriamente  scientifiche.  Quanto 
al  San  Roque  potrebbe  essere  di  Lope  quell*  auto  da  me  segnalato,  la  cui 
grafia  è  forse  del  M.  de  Mora;  è  in  due  giornate,  e  ciò  può  avere  indotto  il 
Vega,  spesso  smemorato  delle  cose  sue,  a  citarlo  come  commedia;  ma  io» 
suU'  esame  dello  stile  e  della  versificazione  non  ardisco  affermare  più  in  là 
della  possibilità.*  Più  interessante  sarà  il  notare  che  sopra  Sanf  Antonio  di 
Padova  (titolo  di  una  produzione  di  Lope  or  smarrita)  corrono  sotto  uno 
stesso  titolo,  El  Divino  Portugués,  e  attribuite  perciò  a  un  unico  autore»  il 
Montalban,  due  commedie  affatto  distinte.  L'  una  è  edita  nel  Segundo  Tomo 
delle  commedie  del  Montalban  (qui  ho  visto  V  edizione  di  Valenza,  Macé  1652) 
e  non  può  esserci  dubbio  che  non  sia  sua;  i  versi  finali  di  essa  confermano 


>  Un  Angel  de  las  escuelas  del  Vidal  tratta  forse  lo  stesso  argomento» 
ma  io  non  1'  ho  visto. 

^  Errore  di  st.  nel  M.  Mujer  enam,  —  Sopra  S^.  Maddalena,  v.  nell'/ii- 
dice  del  Barrera:  Conversion  de  la  M.,  Gloriosa  M„  Magdalena  (due»  Ma- 
luenda  e  Velez),  Nueva  Aurora,  Sol  de  la  fé  en  Marsella,  —  Della  commedia 
(di  Lope?)  pare  ci  sia  un  ms.  anonimo  e  incompleto  in  possessione  del  sigr. 
Gayangos,  sul  quale  ms.  manca  ogni  notizia  (p.  LVi). 

*  Altre  comm.  su  San  Roque,  vedi  nell'  Indice  del  Barrera:  Estrella  do 

Mompeller,  Peregrino  en  su  patria. 


OBRAS  DB  LOPE  DB  VEGA.  2Q5 

il  tìtolo  di  Divino  portugués.  La  seconda  invece,  che  ho  visto  in  due  sueltas 
del  secolo  scorso,  è  del  tutto  diversa,  e  finisce  cosi: 

Aquí  Senado  discreto 

dà  fin  la  Historia  y  comedia 

del  Mas  tierno  portugués. 

No  ay  que  aguardar  mi  merienda,^ 

Questa  potrebb'  essere  la  20  parte  di  quella  del  Montalban  edita  nel  Segundo 
tomo  (la  quale  è  data  come  parte  primera)  sebbene  non  consti  che  questa 
2»  parte  sia  stata  poi  scritta:  come  anche  potrebbe  essere  quella  di  Lope 
creduta  smarrita  ;  senza  escludere  che  non  sia  né  una  cosa  né  1'  altra.  Comun- 
que, il  fatto  meritava  d'  essere  segnalato  agli  intendenti. 

Essendo  qui  finite  le  osservazioni  sul  teatro  religioso  di  Lope,  le  pro- 
porzioni prese  da  questa  recensione  consigliano  di  rimandare  ad  altro  fasci- 
colo gli  appunti  sulla  parte  già  edita  del  teatro  profano, 

(Fortsetzung  folgt.) 

A.  Rkstori. 


Giornale  Storico  della  Ijetteratura  Italiana.    Anno  XV,  Voi.  XXX, 
fase.  3. 

G.  Salvo-Cozzo,  Le  »»rime  sparse"  e  il  trionfo  delP eternità  di  Fran- 
Cesco  Petrarca  nei  codici  vaticani  latini  3195  e  3196.  Der  wichtige  Artikel 
ist  eine  Kritik  der  Ausgabe  Mesticas  und  berührt  sich  in  manchen  Punkten 
mit  Appels  vorzüglichen  Ausführungen  im  Literaturblatt  XVIII  (1897)  Sp.  20 
bis  28.  Nachdem  gezeigt,  dafs  die  Abschrift  des  cod.  vat.  3195  nicht  vor 
1366  und  nicht  später  als  1368  begonnen  wurde,  dafs  ein  Teil  des  cod.  vat.  3196 
seine  unmittelbare  Vorlage  ist,  und  dafs  er  nicht  zu  der  Ausgabe  von  1501 
benutzt  sein  kann,  da  er  erst  viel  spater  in  Bembos  Besitz  gelangte,  wird  eine 
eingehende  Nachprüfung  der  beiden  Handschriften  vorgenommen.  Der  Titel 
„Canzoniere"  gefällt  S.-C.  nicht,  sondern  er  will  dafür  „Rime  sparse"  ein- 
setzen, wie  Petrarca  seine  Gedichte  bezeichnete.  In  Bezug  auf  die  Reihen- 
folge der  Lieder  macht  er  darauf  aufmerksam,  dafs  bei  5  der  letzten  31  die 
Zahlen,  wenn  auch  noch  sichtbar,  wegradiert  sind,  ihr  endgiltiger  Platz  somit 
unbestimmt  bleibt  Mit  Recht  tadelt  er  dann  die  schwankende  Wiedergabe 
der  Schreibung  der  Handschrift  bei  Mestica  und  sein  eigenmächtiges  Aendem 
in  Formen.  Der  wichtigste  Nachtrag,  den  S.-C.  bringt,  sind  dann  aber  die 
Varianten,  die  der  cod.  gegenüber  Mesticas  Druck  aufweist,  seine  Vorschläge 
anderweitiger  Worttrennung,  die  Aufschlüsse  über  die  Interpunktion  in  der 
Handschrift  und  die  Nachvergleichung  des  cod.  3196.  Ich  verstehe  nicht,  wie 
in  der  Canzone  Lasso  me»  eh*  i*  non  so  in  qual  parte  pieghi  der  Vers  Altri 
ch^  io  stesso  e  7  desiar  soverchio  nach  richtig  gestellter  Interpunktion  eine 
Antwort  auf  die  drei  Fragen  der  voraufgehenden  Zeile  sein  kann;  ich  meine, 


*  Queste  duc  sueltas  sono  nei  volumi  parmensi  CC.  II.  28056,  l®  e  3®, 
Son  due  madrilène,  1'  una  di  Juan  Sanz  scnz'  anno,  1'  altra  di  Antonio  Sanz 
1743.  Ignoro  quale  di  queste  due  commedie  sia  la  stampata  a  Valencia  1646 
e  a  Saragoza  1652  {Catdl,  p.  708,  i^  e  687,  i^).  La  duplicità  era  già  stata 
notata  dallo  Schack  (I  Nachträge  60). 


2g6  BESPRECHUNGEN.    B.  WIESE, 

nur  auf  die  letzte  (S.  399).  Besondere  Genugthnung  empfinde  ich  über  die 
Verteidigung  von  Toblcrs  Interpunktion  der  Verse  20 — 23  in  der  Canzone 
Itaita  mia, 

VARIETÀ. 

E.  Bertana,  Intorno  al  sonetto  del  Parini  „Per  la  macchina  aero» 
statica"  handelt  mit  der  bekannten  Sachkenntnis  in  Anschlnfs  an  dies  Sonett, 
als  dessen  Entstehungszeit  das  Jahr  1784  erwiesen  wird,  von  der  Litteratnr, 
die  sich  mit  der  Erfindung  des  Luftballons  beschäftigt,  unter  anderem  des 
längeren  bei  Montis  Ode  AI  sig.  di  Montgolfier  verweilend. 

RASSEGNA  BIBLIOGRAFICA: 

Seherin  o,  Alcuni  capitoli  della  biografia  di  Dante  (Calograsso).  — 
Pircher,  Horaz  und  Vida;  Zaniboni,  Virgilio  e  V  Eneide  secondo  un 
critico  del  cinquecento  (Cotronei).  —  Gauthiez,  V Arilin  (Sicardi,  Richtige 
Würdigung  dieses  Machwerkes).  —  De  Gregorio,  Glottologia  (De  Lollis). 

BOLLETTINO  BIBLIOGRAFICO: 
Dob  e  Ili,  Studi  letterari.  Passerini,  Colletione  di  opuscoli  danteschi 
inediti  o  rari,  Disp,i^ — 43.  Za  noni,  La  mente  di  Francesco  Guicciardini 
nelle  opere  politiche  e  storiche.  Lisio,  Orazioni  scelte  del  sec,  XVI,  Se- 
rena, G,  Barelli,  La  frusta  letteraria,  illustrata  e  annotata,  Maurici, 
Storia  del  Cinque  maggio, 

PUBBLICAZIONI  NUZIALI. 

COMUNICAZIONI  ED  APPUNTI: 

R.  Truffi,  Le  „nuvole  d*  agosto"  erklärt  die  viel  gequälten  Verse 
Purg.  V  37 — 39  dahin  :  „io  non  vidi  mai  baleni  (i  baleni  del  caldo)  fendere 
di  prima  notte  il  cielo  con  tanta  velocita  né  (vidi  mai)  il  sole  tramontante 
fendere  si  rapidamente  le  nuvole  nel  mese  di  agosto"  und  stützt  seine  Ansicht 
durch  ein  Citat  aus  dem  Pome  del  Bel  Fioretto.  Ich  gebe  ihm  Recht  in 
seiner  Erklärung.  A.  Butti,  Bricciole  Leopardiane,  Bemerkungen  zu  fünf 
Stellen  des  Gedichtes  „Nelle  nozze  della  sorella  Paolina**,  die  klassische  Vor- 
bilder nachweisen.  Dafs  der  „Consalvo**  später  als  1821  anzusetzen  sei  nur 
aus  stilistischen  Gründen  schliefsen  zu  wollen,  halte  ich  für  ebenso  verfehlt 
wie  Valios  Ansicht,  in  der  Elvira  die  Paulina  Ranieri  zu  erblicken.  P.  Bel- 
lezza, Ancora  i  nomi  dé*  Brain  ne*  „Promessi  Sposi"  bringt  in  Anschlub 
an  Tamassias  Bemerkung  im  vorigen  Hefte  S.  352 — 3  eine  Stelle  aus  einem 
Briefe  Manzonis  zum  Abdrucke,  aus  der  hervorgeht,  dafs  die  Namen  der 
Bravi  zum  Teil  wenigstens  frei  erfunden  wurden. 

CRONACA: 

Periodici,  kurze  Mitteilungen,  neuerschienene  Bücher,  Nachrufe  für 
Jakob  Burckhardt  (R.),   Francesco  Ambrosi  (G.  Z.)   und  Griovanni  De  Castro. 

Berthold  Wiese. 


Romania  No.  102,  Avril  1897;  ^o.  103,  Juillet  1897,  '^*  XXVI. 

No.  102. 

Ph.  Lauer,  Louis  IV  d*  Outremer  et  le  fragment  d'Isembart  et  Gor» 
mont.  In  Flodoards  Annalen  und  in  Richers  Histor.  Libri  wird  eines  Kampfes 
gegen  einen  Renegaten  Turmod  und  einen  Piratenkönig  (Wikinger)  Setric  ge- 
dacht (943),  an  dem  Ludwig  d'outremer  persönlichen  Anteil  hatte;  er  selbst 
tötete  Turmod,  nachdem  er  von  ihm  verletzt  worden,   und  auch  Setric  fid. 


GIORNALE  STORICO  VOL.  XXX,  297 

in  einem  Busch  versteckt,  von  drei  Lanzen  durchbohrt;  Ludwig  starb  bald 
darauf.  Diese  Einzelheiten  berühren  sich  nahe  mit  dem  Bruchstück  von  Gor- 
mont  und  Isembart,  so  dafs  L.  mit  Grund  vermutet,  dafs  aufser  der  Erinne- 
rung an  Ludwig  m.  und  die  Schlacht  von  Saucourt  (881)  und  an  den  Nor- 
mannenfuhrer  Wurmo  auch  jene  jüngeren  Ereignisse  in  die  Dichtung  von 
Gormont  und  Isembart  hineinspielen  und  wesentliche  Bestandteile  derselben 
geworden  seien.  Die  Erhaltung  solcher  Einzelheiten  in  G.  u.  I.  zwingt  anzu- 
nehmen,  dafs  schon  im  10.  Jh.  über  den  Gregenstand  gedichtet  wurde. 

A.  Jeanroy,  Études  sur  le  cycle  de  Guillaume  au  court  net,  III.  Notes 
sur  la  légende  de  Vivien  (über  II.  s.  Zts.  22,  141;  über  I.  s.  das.  21,  307). 
J.  sucht  sich  ein  Bild  von  der  Grundlage  unseres  Covenant  Vivien  zu  machen, 
die  Figuren,  die  an  der  Handlung  beteiligt  waren,  und  den  Anteil  zu  er- 
kennen, den  der  Ueberarbeiter  von  AUscans,  der  den  Covenant  und  Aliscans 
mit  Guillaume  als  Hauptfigur  zusammenschlofs  (Viviens  Flucht,  Figur  Rai- 
nouart  u.  a.),  an  der  Umgestaltung  einer  älteren  Ueberlieferung  gehabt  hat. 
Die  primitivste  Form  der  Dichtung  über  Vivien  möchte  J.  in  einem  Bericht 
im  Leben  des  h.  Honorât  (Mitte  1 3.  Jh.)  erblicken ,  worin  von  einem  Krieger 
Vczian  erzählt  wird,  der  Karl  d.  Gr.  auf  seinem  Krönungszug  nach  Italien 
begleitete,  beim  Ueberschreiten  der  Alpen  erkrankte  und  in  Honorats  Kloster 
zu  Montargent  Aufnahme  fand;  er  starb  dann  bei  der  Belagerung  von  Arles, 
bei  der  er  den  aus  Italien  zurückgekehrten  Karl  unterstützte  ;  sein  Rächer  ist 
hier  Karl.  Trotz  der  Verschiedenheit  der  Namensform  (Vézian  :  Vivian,  Vivien) 
und  sonstigen  Abweichungen  (Guillaume  an  Stelle  Karls  d.  Gr.  u.  dgl.)  sind 
diese  Anklänge  an  Covenant  Vivien  und  einen  Teil  von  Aliscans  merkwürdig; 
es  scheint  nicht,  dafs  der  logische  Bericht  im  Honoratleben  aus  unserem 
Convenant  Vivien -\- Aliscans  des  12.  Jhs.  geflossen  ist.  Gern  würde  man  aber 
doch  genauer  erfahren,  als  es  bisher  möglich  war,  wie  der  Verf.  der  Vita  des 
Honorât  seine  Quellen  benutzt  hat,  um  diese  Möglichkeit  auszuschliefsen. 
J.s  Ausfahrungen  enthalten  nebenher  viele  wichtige  und  anregende  Bemer> 
kungen  zur  Frage  nach  der  Bildung  der  Epen  des  Wilhelmcyklus. 

J.  Ulrich,  Deux  traductions  en  haut  engadinois  du  id« siècle:  Ueber- 
setzung  von  Versen  aus  des  Sulpidus  de  Veroli  (2.  Hälfte  15.  Jh.)  carmen  de 
moribus  et  civilitate  puerorum  und  von  Versen  der  Disticha  Catonis  in  paar- 
weis gereimten  Zeilen,  Hs.  Chur.  Der  lat.  Text  ist  beigedruckt.  Am  Schlüsse 
Glossar. 

P.  Meyer,  Traités  en  vers  provençaux  sur  V astrologie  et  la  géomancie. 
Die  Hs.  Bibl.  nat.  fonds  lat.  7420  A  vom  Jahre  1332  oder  1333,  im  Süden, 
vielleicht  in  Montpellier  oder  Toulouse,  hergestellt,  enthält  unter  allerlei  lat. 
Lehrschriften  und  Versen  über  Teile  der  Artes,  über  Wahrsagerkunst  u.  a. 
ein  Gedicht  über  Astrologie  und  ein  zweites  über  Punktierkunst,  Géomancie, 
in  prov.  Sprache,  das  letztere  vielleicht  unvollständig  abgeschrieben ,  aber  ge- 
kannt und  benutzt  von  dem  Verfasser  des  ersteren,  der,  als  Meister  G,  be- 
zeichnet, „vermutlich  Guillem  geheifsen"  hat.  Als  seine  Quelle  nennt  G,  ein 
Buch  des  Ptolemäus  für  seine  Tochter  und  beruft  sich  auf  mehrere  andere 
Autoritäten,  von  denen  M.  alle  bis  auf  einen  als  sonst  bekannte  astrologische 
u.  dgl.  Schriftsteller  ermittelt  hat,  ohne  dafs  es  jedoch  gelungen  wäre,  die 
Quelle  G.s  selbst  schon  nachzuweisen.  Nach  S.  262  f.  kommt  das  Arcanum 
des  Ptolemäus  besonders  in  Betracht  Das  Gedicht,  von  dessen  1550  Acht- 
silbnem  M.  den  verständlicheren  ersten  Abschnitt  und  einige  weitere  Stücke, 


2gS  BESPRECHUNGEN.     O.  G.,  W.  MSYSR-LÜBKE, 

begleitet  von  Tabellen  und  einer  Seite  Hs.  in  Lichtdruck,  mitteilt,  beschreibt 
die  Konstruktion  der  12  Himmelshäuser,  giebt  die  Bedeutung  eines  jeden  an, 
handelt  von  dem  Einflufs  der  Gestirne,  wirft  astrologische  Fragen  auf  und 
leitet  zu  ihrer  Lösung  an.  Von  dem  zweiten  Gedicht  über  Punktierkuntt 
(3700  Achtsilbner)  gelangen  die  ersten  350  Verse  zum  Abdruck.  Den  litte- 
rarischen Wert  beider  Gedichte  veranschlagt  M.  gering. 

MELANGES.  G.  P.,  Fragment  du  Val/et  a  la  cote  mal  tailUee.  Ein 
Hs.-Blatt  in  einem  Sammelband  Bibl.  nat.  Nouv.  Acquis.  No.  934,  von  P.  Meyer 
abgeschrieben  und  nach  dieser  Abschrift  von  G.  P.  abgedruckt  ;  es  bietet  ein 
Stück  des  biographischen  Artusromans  von  Bruner  oder  dem  Vallet  a  la  cote 
mal  tailliée,  der  in  den  Prosatristan  übernommen  worden  ist.  V.  33  u.  35  lassen 
sich  vielleicht  mit  Tilgung  des  Punktes  in  V.  34  verbinden  („sie  hatten  ihm 
das  Pferd  bis  an  die  Schenkel  in  einen  Sumpf  getrieben;  margas  =  span. 
marjal);  V.  81  nach  aleure  Komma.  G.  G. 

C.  Salvioni,  tenser.  Gegen  Tobler  und  Suchier  und  für  G.  Paris,  der 
tenser  auf /^fijar^  zurückfuhrt,  sprechen  lomb.  tensd,  teissa,  engad.  tais  'Bann- 
wald', die  nur  auf  tensa  in  der  Bedeutung  *Zelt,  Unterkunft,  Schutz'  be- 
ruhen können. 

A.  Thomas,  Prov.  mnh  =  lat.  mj,  mbf  deutet  ansprechend  fremna 
Boetius  1 92  als  ungenaue,  aber  der  Praxis  des  Schreibers  entsprechende  Schrd- 
buDg  für  fremnha   und  weist  andere  provenzalische  Belege  für  mnh  nach. 

W.  Metbr-LObke. 

COMPTES  RENDUS:  Körting,  Neugriechisch  und  Romdmsch  (Ov. 
Densusianu);  Schofield,  Studies  on  the  Li  beaus  Desconus  i^,'P\í\\v^i)\ 
MenéndezPidal,  La  leyenda  de  los  Infantes  de  Lara  (Morel-Fatio);  La 
Divina  Commedia  di  D,  Alighieri  illustrata  nei  luoghi  e  nelle  persone  a  cura 
di  C.  Ricci  (Toynbee);  Amabile  di  Continentia,  romanzo  morale  del  sec,  XV, 
a  cura  di  A.  Cesari  (G.  P.). 

PERIODIQUES:  Zeitschrift  für  roman.  Phil.  XXI,  i  (G.  P.;  A.  M..F.; 
P.  M.).  —  Giornale  Dantesco,  anno  I — III  (Toynbee).  —  Bulletin  de  la  société 
des  anciens  textes  1896,  No.  i.  2.  —  Bibliothèque  de  l'Ecole  des  Chartes, 
LU,  1 896  (P.  M.).  —  Bulletin  de  la  Commission  archéologique  de  Narbonne, 
année  1897,  i"  semestre  (P.  M.). 

CHRONIQUE.  Nekrologe  (V.  Lespy,  f  20.  Febr.  1897;  Lecoy  de  la 
Marche,  +  22.  Febr.  1 897).  —  Bibliographische  Nachrichten.  —  Kurze  Beur- 
teilungen neuer  Bücher.  G.  G. 

No.  103. 

G.  Paris,  Le  Roman  de  Richard  Cœur  de  Uon,  G.  P.  erkennt,  nach 
Ausscheidung  der  aus  der  handschriillichen  Ueberlieferung  u.  s.  w.  ermittelten 
Interpolationen,  die  mehr  als  die  Hälfte  des  engl.  Romans  von  R.  betragen,  im 
Rest  der  Verse  die  Bearbeitung  eines  frz.  Gedichts  über  Richard  von  England 
imd  seinen  Kreuzzug,  das  direkt  vom  engl.  Bearbeiter  bezeichnet  wird,  wegen 
durchaus  franzosenfeindlicher  Gesinnung  aber  in  England  und  nicht  vor  1330 
geschrieben  wurde,  und  eine  Art  anglofrz.  Epopöe  darstellte  in  der  Form  der 
frz.  chansons  de  geste,  für  die  dem  Verfasser  der  Stoff  aus  Erzählungen  flois, 
die  über  Richards  Kreuzzug  umgingen  und  von  seinen  Begleitern  verbreitet 
worden  waren.  Demnach  kommt  dafür,  weder,  wie  man  bisher  meinte,  das 
Itinerarium  Ricardi,   noch   die  von  G.  P.  jetzt  herausgegebene  Quelle  des- 


ROMANIA  NO.  I02.  IO3.  299 

selben,  des  Ambroise  Estaire  de  ia  guerre  samU,  als  Voilage  in  Frage.  Dem 
frz.  Gedicht  schreibt  G.  P.  die  Bedeatong  ni,  dab  es  Richard  Löwenherz 
zum  Nationalhelden  En^nds  gemacht  habe,  wie  es  Karl  d.  Gr.  bei  den  Fran- 
zosen war,  und  stellt  weiterhin  die  Bedehangen  desselben  nnd  die  der  Chronik 
des  Peter  von  Langloft  zn  Robert  Mannyng  fest,  worüber  Jentsch  in  Engl. 
Studien  Bd.  15,  z.T.  noch  im  Unklaren  geblieben  war. 

A.  Piaget,  Le  Uvn  mêssir«  GtojfrH  de  Ckamy,  Der  in  der  Schlacht 
von  Poitiers  (1356),  die  frz.  Kriegsfahne  in  der  Hand,  gefallene  Edelmann 
und  Lebensretter  des  Königs  Johann,  Herr  von  Pierre- Perthub  etc.,  war  auch 
didaktischer  Dichter,  nicht  blois  Verfasser  des  von  Kervyn  von  Lettenhove 
veröffentlichten  Livrt  de  ChevoUrie  nnd  der  Demandes  pour  ia  jouU,  les 
tournois  et  la  guerre.  Sein  von  P.  in  einer  ziemlichen  Anzahl  Hss.  nach- 
gewiesenes Lehrgedicht*  zur  Unterweijrang  des  jungen  Ritters  in  der  öfter 
von  Rutebeuf  u.  a.  und  wohl  zuerst  im  Privilège  des  Bretons  und  in  JRieheut 
gebrauchten  Verbindung  von  achtsilb.  und  viersüb.  Venen  in  der  Reimfolge 
a«ab4b«b«C4C9C9  u. s.w.  beschreibt  die  An^ben,  die  Pflichten  und  die  Be- 
schwerden des  waffentragenden  Mannes  zu  Wasser  und  zu  Lande,  belehrt 
über  die  Eigenschaften ,  die  er  haben  mfisse  u.  dgL  m.  Die  Mangelhaftigkeit 
der  Dichtung  in  der  Anordnung,  dem  Ausdruck  und  Reim  wird  au%ewogen 
durch  Tbatsachen,  Gedanken  und  Stimmungen,  die  darin  bekannt  gegeben 
werden,  und  das  Gedicht  zu  einem  Dokument  der  Geistesverfassung  der  Zeit 
des  Verfassers  machen.  G.  G. 

A.Thomas,  Etymologies  françaises  et  provençales.  I.  Nprov.  of  aus 
*  Schlund,  Abgrund'  ans  IdX,  fox  (faux),  3.  frz.  arcanson  'Sddfispedi'  von 
dem  StSdtenamen  ^^aif^A^n,  3.  9Îrz,aufage  'Maurenaniûhrer'  und  fittschlich 
auch  *  fremdländisches  Pferd'  aus  arab.  alhachch,  4.  prov.  áresela  'Splitter' 
aus  aristula,  5.  prov.  bocel,  baciar,  woraus  frz.  bâcler,  aus  *baccellum,  baccu' 
lare  {bacellum,  baculare),  6.  biais  aus  *biasius  von  asa  (ansa),  7.  bouillie 
*Brei'  aus  bolarium  mit  Suffix  -m  statt  -ariu,  8.  afi«.  carroi  Theb.775,  wo 
der  Herausgeber  falschlich  correi  schreibt,  aus  çnodruvium,  9.  afrz.  dt  aus 
*civite  und  aprov.  ciu  aus  civis  im  Sinne  von  'Bürgerschaft',  ta  daälot  'Sfiger 
der  Stagsegel',  richtiger  day  au  aus  digitoHs,  11.  prov.  daureu  ans  *éuri' 
ßanus,  13.  douve  'Sumpfhahnenfuís'  'aus  lat  (gall.?)  doiva  bei  Eucherius, 
13.  ¿clairdr,  prov,  esclarMir  was  *clorÍMÍre,  14.  ^«/¡fr^/r  Ableitung  vony^rrrûr, 
afrz.  ferges,  15.  afrz.  enrièvre  aus  *i$ureprobus,  i6.  essaugue  durch  proven- 
zalische  Vermittlung  aus  arab.  chabaka,  17.  esseret  'Art  Bohrer',  richtiger 
heuceret  mit  demselben  Suffixe  wie  bauceret,  i^^ßetquiere  'Sdieubledi  am 
Mauleselgeschirr'  falcarla,  19.  gourgouran  'Art  Seidenstoff'  aus  en^  gro- 
gram,  das  seinerseits  auf  grosgrain  beruht,  20.  graite-boesse  'Art  Bärste', 
eine  provenzalische  Bildung  aus  dem  Impt.  von  graté  und  buissd  'bftrsten', 
2\.  j'amble  aus  chamula,  23.  afrz.  Idier  aus  germ,  lag/an,  33.  lavignon  'eine 
Mnschelart'  für  ütveillon  zu  lepas,  *lepadeilione,  34.  mantueUe,  früher  metio- 
velie  aus  manabella  zu  manibula,  wie  afrz.  verteveüe  ein  vertabeüa  neben 
vertümla  voraussetzt,  35.  ostade  'Art  Stoff'  nach  dem  englisdien  Ortsnamen 
Worsted,  26.  afrz.  panechier  'backen'  aus  *pamficare,  27.  pannequet  'Art 
Gebäck'  aus  engl,  pancake,    28.  parpamg  'Tragestein'  ans  ^perpagine,  gt» 


*  Von  einer  nachträglich  bekannt  gewordenen  Hs.  in  Madrid  giebt  G.  £• 
am  Schlüsse  des  Artikels  Kunde, 


300  BESPRECHUNGEN.     6.  O.,  W.  MKTBR-LÛBKB,  J.  CORNU» 

bildet  nach  compagine,  29.  panf arceau  'Netzpfahl'  enthält  im  zweiten  Teile 
*/urceUum,  30.  paveille  *  Halsband  aas  Binsen  und  Stroh'  wie  npto\,  paveUo 
zu  papyrus,  31.  nprov.  perno  auch  in  der  Bedeutung  von  'Haube',  zu  lat. 
per  na  gehörig,  32.  nprov.  pernd  'spalten'  aus  gr.  necoväv,  33.  perpigner 
ein  Schifferausdruck ,  Ableitung  von  parpaing,  34.  pu  'Parzelle,  Schlag', 
prov.  pea,  mlat.  feda,  postverbal  zu  einem  Verbum  Spedare  'nach  FuCwn 
messen,  35.  pleure,  iprov,  piedura  ein  Ackermafs,  *pUtura,  36.  tSti,  poistron 
*  Hinterer'  aus  posterione,  37.  polières  'Schwanzholzriemen'  ans  ^ov.  puilùro, 
Ableitung  von  poilo,  ital.  posola,  denen  ein  von  post  gebildetet  postula  za 
Grunde  liegt,  38.  wallon,  regon,  prov.  raón  'Roggen'  aus  dem  Deutschen, 
39.  /rav<7m/ 'Haspel'  aus  *traguculu,  40.  usine  aus  officina,  4t.  vilebrequin 
'Brustbohrer',  holl.  wimpelkin.  Wiederum  wird  man  den  meisten  dieser  Deu- 
tungen zustimmen ,  wird  sich  auch  mancher  hier  nicht  wiedergegebenen  Beob- 
achtung z.B.  über  das  Verhältnis  von  regon  und  raón  fieuen,  wird  freilich 
auch  einzelne  abweisen  oder  doch  des  Verf.s  Gedankengang  etwas  modi- 
ñzieren  dürfen,  beispielsweise  ist  statt  *postula  vielmehr  ^posula  anzusetzen, 
gebildet  von  dem  belegten  und  von  rum.  poi,  ital.  poi  geforderten  pos,  da 
^postula  im  Italienischen  postola  oder  ^poschia,  im  Provenzalischen  poscia 
lauten  würde.  —  Dafs  das  Verhältnis  zwischen  afrz.  dt  und  prov.  ciu  ein 
anderes  sei  als  das  zwischen  afrz.  vit  und  prov.  viu  oder  afrz.  dmt  und 
prov.  deu  wird  man  anzunehmen  sich  schwer  cntschlielsen  können,  und  ebenso 
bleibt  unzweifelhaft,  dafs  cit,  ciu  hauptsächlich  in  Proklise  erscheinen.  Dab 
man  mit  den  von  Tb.  angesetzten  Typen  auskomme,  glaube  ich  nicht.  Wenn 
cit  aus  civüe  durch  Arrai  aus  Atr abetes  gestützt  wird,  so  stehen  doch  dette, 
afrz.  coûte,  coude  u.  a.  gegenüber.  Th.  sagt  allerdings,  Ar  rag  als  Ortsname 
beweise  mehr  als  dette.  Aber  gesetzt,  bei  letzterem  sd  die  Synkope  linger 
unterblieben  unter  dem  Einflufs  von  debet,  debeam  u.  s.  w.,  weshalb  soll  cemtëp 
coude  weniger  ins  Gewicht  fallen  als  Arra%i  So  lange  diese  Verschiedenheit 
nicht  erklärt  ist,  kann  man  kaum  von  Arroz  auf  die  Behandlung  von  ^civite 
schliefsen,  ja  man  wird  vorsichtigerweise  sagen,  civile  stehe  einem  cúbüa  näher 
als  einem  Alrdbetes,  —  Die  Einwände,  die  gegen  meine  Erklärung  von  prov. 
esclarzir  gemacht  werden,  anerkenne  ich  ohne  weiteres,  die  Deutung,  daCi 
zu  den  Infinitiven  auf  -icare  schon  in  lateinischer  Zeit  solche  auf  'idre  ge- 
bildet worden  seien,  ist  mir  dagegen  wenig  einleuchtend,  da  ein  Vorbild  dalwr 
fehlt.  Zudem  scheint  die  Bildung  auf  Frankreich  beschränkt  zu  sein.  —  Da£i 
die  vorgeschlagene  Erklärung  von  laier  besser  sei  als  die  Rom.  Gramm.  II  §  335 
gegebene,  kann  ich  nicht  finden.  Formell  ist  sie  zweifellos  befriedigend,  aber 
die  begriffliche  Vermittlung  sucht  man  vergebens.  —  udne  aus  officina  iat 
wohl  richtig,  aber  die  Art,  wie  einzehie  lautliche  Zweifel  gelöst  werden,  be- 
friedigt nicht.  Ein  lat.  'oficina  ist  ganz  unmöglich,  auch  Zfidna  hat  keine 
Gewähr,  also  nur  oudne,  ouchine  ist  regelmäfsig.  Das  alte  uisine  aas  oucma 
über  ovidna,  oficina  erklären,  heifst  zwei  unmögUche  Formen  voranMctaen: 
/  statt  fft  Wandel  von  /  zu  v  schon  zu  einer  Zeit,  wo  ovi  noch  zu  ou  werden 

konnte.     Die  Störung  mufs  also  anderswoher  kommen. 

W.  Mbykr-LObks. 

P.Toynbee,  Dantes  seven  examples  of  munificence  in  the  Convimß 
(IV  2).  Von  den  drei  bisher  nicht  genauer  bestimmten  Personen,  die  Dmnte 
an  der  angeführten  Stelle  als  Beispiele  von  Edelsinn  und  Freigebigkeit  anfihrt» 
identifiziert  der  Verf.  den  buon  re  di  Casulla  mit  Alfons  VIH.  von  CastUks 


ROMANIA  NO.  IO3.  3OI 

(1 1 58 — 1 214),  den  àidûno  conte  di  Tolosa  mit  Raimund  V.  von  Toulouse,  den 
buono  marchese  di  Monferrato  mit  Bonifaz  IL  von  Montferrat  (1193— 1207); 
den  Zusatz  Imono  entnahm  Dante  den  Biographien  der  Trobadors,  in  denen 
bei  den  beiden  ersten  das  Attribut  zur  Bezeichnung  des  Gönners  der  Trouba- 
dours ebenfalls  steht  G.  G. 

COMPTES  RENDUS:  Schwan-Behrens,  Grammatik  des  Alt/ran- 
zâsischen  (M.Roques);  Haussen,  Sobre  id  formación  del  imperfecto  de  la 
ida  i  3«  conj\  castellana  en  las  poesias  de  G,  de  Berceo  und  andere  Arbeiten 
Hanssens  zur  altspan.  Grammatik  (£.  Porçbowicz).  Schweigen  ist  besser  als 
Reden,  wenn  man  das  zu  Besprechende  nicht  beherrscht.  Aus  den  Unter- 
suchungen Hanssens,  die  in  der  Weise  geführt  werden,  dais  der  Leser  sie 
leicht  kontrollieren  kann,  hätte  F.  sehr  viel  zu  lernen  vermocht  Er  hat 
jedoch  vorgezogen,  sichere  Ergebnisse  der  Forschungen  Hanssens,  die  geeignet 
sind  der  altspanischen  (xrammatik  festere  Grundlagen  als  die  bisherigen  zu 
geben,  in  abfalliger  Weise  zu  bekritteln,  ohne  zu  merken,  dafs  es  auch  Hiebe 
giebt  welche  den  Urheber  treffen.  Hier  sei  nur  Folgendes  erwähnt:  F.  be- 
zweifelt den  Nachweis  Hanssens,  dafs  das  Imperfektum  der  Konjugationen  in 
-er  und  -ir  bei  Gonçalo  de  Berceo  und  in  andern  altspanischen  Denkmälern 
'la  'iés  'ié  'iémos  -iédes  -Un  lautete,  und  dafs  wo  Abweichungen  von  dieser 
Abwandlung  vorkommen,  Verderbnisse  der  Abschreiber  vorliegen.  Vor  Jahren 
habe  ich  dieselbe  Untersuchung  gefuhrt  und  keine  anderen  Ergebnisse  gefunden 
als  Hanssen  selbst  Auch  Frosatezte  bestätigen  diese  Thatsache.  Man  muís 
somit  bedauern,  dais  die  Rezension  der  Arbeiten  Hanssens  in  die  Hände 
eines  Unkundigen  geraten  ist,  und  man  mufs  die  kurze  Abfertigung  Hanssens 
P.  gegenüber,  welche  er  seiner  Untersuchung  über  das  Possessivpronomen  in 
den  altspanischen  Dialekten,  Valparaiso  1897,  beigegeben  hat,^  vollkommen 
billigen.  J.  Cornu. 

Le  sermon  des  plaies  p.  p.  Ehrismann  (G.  P.);  King  Ponthus  and  the 
fair  Sidone  ed.  by  Mather  (G.  P.);  Deux  livres  de  raison  (1517— 155)  ••• 
p.  L.  de  Santi  et  Aug.  Vidal  (P.  M.). 

PERIODIQUES:  Revue  des  Langues  romanes,  4.sér.  tlX,  N«5— 12; 
t  X,  N«  1—5  (P.  M.).  —  Revue  hispanique  IV«  année  N»  11  (A.  M.-F.). 

CHRONIQUE.  Nekrologe  (Abbé  Albanés,  f  3.  März  1897;  Aqnilo  y 
Fuster);  Bibliographische  Nachrichten;  dabei  Angaben  von  F.  M.  über  franz. 
Wahrsagebücher  im  Brit.  Museum  und  die  Mitteilung,  dafs  Prof.  Tannery  vom 
Collège  de  France  eine  Untersuchung  über  die  antike  und  mittelalterliche 
Litteratur  der  Wahrsagungskunst  in  Angriff  genommen  hat  —  Kurze  Be- 
urteilungen neuer  Bûcher.  G.  G. 


Zu  Komaîiia  XXVI,  684  AnnuL 

In  dem  zuletzt  erschienenen  Hefte  der  Romania  wird  fiber  einen  Teil 
des  21.  Bandes  der  Zeitschrift  fur  romanische  Philologie  Beridit  erstattet. 
S.  584  heilst  es  daselbst  mit  Bezug  auf  meine  Bespredinng  von  de  LolUs' 


1  ,  J>er  Referent,  welcher  in  der  Romania  XXVI  S.  462 — 465  fiber  einige 
meiner  Arbeiten  berichtet,  hat  die  betreffenden  Aufsätze  zom  groisten  Tdl 
nicht  gelesen.  Was  er  gelesen  hat,  hat  er  mifsventanden.  Citate,  Namen 
und  Titel  sind  vielfach  unrichtig.  Seine  Einwfirfe  und  Vorwfirfe  erweisen  ihn 
in  jeder  Frage,  die  er  berührt,  als  sdilecht  unterrichtet  Eigenes  bringt  er  nicht*' 
Vgl.  auch  Hanssens  Brochure  „Notiaen**,  Va^Mniio  1898. 


302  o.  SCHULTZ-GORA, 

Ausgabe  des  Sordel:  très  long  article,  avec  un  grand  nombre  de  corrections 
de  détail  et  un  jugement  d? ensemble  peu  favorable,  und  hieran  wird  eine 
Anmerkung  angeschlossen  mit  folgendem  Wortlaute  :  M,  de  Louis  vient  de  r/- 
pondre  à  cette  critique  dans  le  „Giornale  storico**  (della  letteratura  italiana) 
XXX,  201 — 207,  et  a  montré  qu'elle  manquait  d"* impartialité  et  était  soU' 
vent  mal  fondée. 

Auf  die  Gegenbemerkungen  von  de  Lollis  zurückzukommen,  konnte  ur- 
sprünglich um  so  weniger  in  meiner  Absicht  liegen,  als  der  genannte  Herr 
nicht  nur  in  den  voraufgehenden  gegen  Torraca  gerichteten  Seiten,  die  gleich- 
falls eine  Antikritik  sein  sollen,  sondern  auch  mir  gegenüber  sich  in  einem 
Tone  bewegt,  der  eine  Erwiderung  von  selbst  verbietet  Wenn  ich  trotzdem 
darauf  eingehe  und  diese  Zeitschrift  mit  Dingen  in  Anspruch  nehme,  die  sidi 
jeder,  der  mit  einiger  Aufmerksamkeit  das  in  meiner  Besprechung  Gesagte 
gelesen  und  geprüft  hat,  selber  sagen  muís,  so  geschieht  es  lediglich  deshalb, 
weil  ich  die  Worte  des  Herrn  Rezensenten  in  der  Romania  nicät  ohne  Ant- 
wort lassen  kann  noch  darf. 

Folgendes  zunächst  als  Vorbemerkung  :  Herr  de  Lollis  hat  sich  nur  mit 
demjenigen  (weit  kürzeren)  Teile  meiner  Besprechung  befafst,  welche  sich  auf 
seine  Darstellung  der  Lebensverhältnisse  SordePs  bezieht,  so  dais  es  also  in 
der  Romania  zu  heiCsen  hatte:  réponse  à  une  partie  de  cette  critique \ 
weiterhin  hat  Herr  de  Lollis  aus  den  von  mir  in  jenem  ersten  Abschnitte 
gemachten  Ausstellungen  wiederum  nur  den  weitaus  kleineren  Teil  heraus- 
gehoben, mit  der  Begründung,  dafs  nur  dieser  die  Leser  seiner  an  die  Adresse 
von  Torraca  gerichteten  Elucubrationen  interessieren  konnte,^  so  dais  es  also 
in  der  Romania  zu  heifsen  hatte:  réponse  à  une  petite  partie  de  cette 
critique. 

Ich  gehe  jetzt  das  von  Herrn  de  Lollis  Vorgebrachte  Punkt  für  Punkt 
durch.  S.  238  hatte  ich  gesagt:  „Dafs  der  Name  Sordel  gleichsam  („quasi**) 
eine  Ableitung  von  den  prov.  Wortformen  sordeis  und  sordeiar  sein  könne 
(S.  i),  ist  ein  Gedanke,  der  einem  aus  nahe  liegenden  Gründen  nicht  so  leicht 
kommen  darf**;  darauf  bemerkt  de  L.:  „Lo  S.-G.  non  crede  (ma  non  dice 
perchè)  che  nella  denominazione  „lo  sordels**  dei  canzonieri  . .  s'  abbia  a  sentir 
qualcosa  degli  aggettivi  „sordeis**  e  „sordidus**.**  So  versteht  de  L.  meinen 
Text!  Als  ob  ich  nicht  von  einer  Ableitung  redete,  wie  ich  es  thun  muíste, 
da  er  es  gethan  hatte  (S.  i  :  nomignolo  derivato  da  forme  provenzali  quali 
„sordeis**  „sordejar**),  einer  Ableitung,  die  natürlich  niemand  vornehmen  kann, 
der  von  den  betreffenden  Gesetzen  etwas  weifs.  Und  nun  bezeichnet  er  gar 
sordeis  als  Adjektivum.  —  S.  238  hatte  ich  gesagt:  „Wenn  de  L.  S.  4  sagt, 
dafi  wir  Sordel  zuerst  in  Florenz  treffen,  so  fehlt  es  an  der  nötigen  â- 
gründung.**  Darauf  äufsert  sich  de  L.  mir  und  Torraca  gegenüber,  der  das 
Gleiche  bemerkt  hat,  wie  folgt:  „Non  so  proprio  se  possa  esser  fortuito  l'ac- 
cordo dello  S.-G.  col  Torraca,  eh'  egli  non  ricorda  qui  né  mai,  nel!'  attri- 
buirmi un'  assurdità  in  favor  della  quale  il  lettore  più  acutamente  malevolo 
non  saprebbe  alegare  una  frase,  una  parola,  del  mio  libro.'*  Dabei  steht  S.  4 
dieses  Buches:  „Ci  è  dato  incontrarlo  la  prima  volta  a  Firenze*',  und  diese 
Behauptung  gründet  sich  ausschliefslich  aiiif  die  Herstellung  einer  Verbindung 
zwischen  der  Cobla  des  Paves  und  den  Strophen  des  Figueira  and  A3rnieric, 
die  eben  unbegründet  ist  und  deren  Berechtigung  de  L.  erst  zu  zeigen  hat. 
Was  soll  man  weiter  dazu  sagen?  Schon  nach  diesen  beiden  Proben  kann 
der  Leser  sich  eine  Vorstellung  machen  von  der  Natur  des  von  de  L.  ferner 
Vorgebrachten;  man  möchte  einfach  die  Feder  aus  der  Hand  legen,  allein 
ich  bin  es  dem  Herrn  Rezensenten  in  der  Romania  schuldig,  audi  das  Fol- 
gende durchzugehen.  —  S.  239  hatte  ich  gesagt,  dafs  die  italienische  Herknnít 
von  Peire   Guillem  (de  Luzema)  keineswegs  auf  so  festen  Füfsen  stehe  als 

>  In  mehreren  meiner  Ausstellungen  bin  ich,  wie  das  ganz  natürlich  ist, 
mit  Torraca  zusammengetroffen,  von  dessen  Artikel  ich  erst  durch  die  Polemik 
des  Herrn  de  Lollis  etwas  erfahren  habe.  Statt  dafs  nun  aber  letzterer  ans 
dieser  völlig  unabhängigen  Uebereinstimmung  eine  Lehre  für  sich  gesogen 
hätte,  macht  er  Unterstellungen,  die  man,  ûdls  man  sie  beantworten  wollte, 
nur  mit  einem  unparlamentarischen  Ausdrucke  belegen  könnte. 


zu  ROMANIA  ZXVI,  584  ANM.  I.  3O3 

S.  22  Anm.  I  hingestellt  werde,  und  hatte  mn  eme  Erklärung  ersucht,  die 
Herrn  de  Lollis  vermutlich  den  Anlaís  gegeben  habe,  mit  Rücksicht  auf  jenen 
Trobador  von  „la  sua  Lusema"  zu  sprechen;  zu  letzterer  Vermutung  war 
ich  berechtigt,  da  de  L.  S.  22  Anm.  i  den  Cod.  H  n®202  angezogen  hatte, 
wo  sa  luserna  steht.  Darauf  de  L.:  „Non  nega  la  italianità  di  Peire  Guillem 
de  Lusema,  pure  esprimendo  qualche  riserva:  ma  mi  chiede  non  so  che  com- 
plicata spiegazione  per  la  mia  espressione  „la  sua  Luserna",  la  quale  riposa 
semplicemente  sul  fatto  che  Peire  Guillem  nomina  nelle  sue  cobbole  (cod.  H 
n0  20i)  Luserna,  che  si  potrà  dir  sua,  s'  egli  è  di  Luserna."  Aber  ich  habe 
ja  gerade  die  italienische  Herkunft  von  P.  Guillem  angezweifelt.^  Die  spiega- 
úone  der  betreffenden  Stelle  ist  freilich  nicht  leicht  (vgl.  jetzt  Jeanroy  in  der 
Revue  d.  lang.  rom.  XL,  393  unten),  allein  de  L.  hat,  wie  sich  nun  heraus- 
stellt, gar  nicht  n®  202  von  Cod.  H,  sondern  n^  201  im  Auge  gehabt;  hier 
nennt  P.  Guillem  gewifs  einen  Ort  Lusema,  und  freilich  wenn  dieser  Umstand 
bewiese,  dais  er  daher  stammte,  so  könnte  jemand  von  la  sua  Luserna  reden, 
aber  das  beweist  er  natürlich  nicht.  —  S.  239  hätte  ich  ausgeführt,  warum 
man  nicht  sagen  dürfe,  dafs  Sordel  von  Italien  in  das  Herz  des  Dauphiné 
gegangen  sei.  De  L.  verhält  sich  hierzu  nur  referierend  und  konstatiert  mein 
Zusammentreffen  mit  Torraca.  —  Dafs  Sordel  schon  vor  1230  in  Spanien  ge- 
wesen sei ,  hatte  ich  S.  239  als  wenig  wahrscheinlich  bezeichnet.  De  L.  er- 
kennt meinen  Grund  nicht  recht  an,  wie  ich  die  seinigen  nicht  anerkenne, 
und  da  ist  denn  glücklicherweise  nichts  weiter  zu  sagen.  Im  Uebrigen  wird 
wieder  meine  Uebereinstimmung  mit  Torraca  festgestellt  —  S.  239  hatte  ich 
gesagt  :  „Die  Stelle  bei  P.  Bremon  mas  no'tn  mand  ad  aquel  que  fo  sos  ene' 
mies,  que  la  mula  noä  dei,  dond  el  fo  tan  enics  (Cod.  A),  die  weit  getrennt 
ist  von  senhor  de  Leon,  kann  sich  auf  den  letzteren  beziehen,  sie  mufs  es 
aber  nicht,  wie  S.  27  Anm.  i  verlangt  Mdrd."  De  L.  teilt  mir  darauf  mit,  dafs 
it  dovere  auch  unserem  „können"  entspreche;  das  war  mir  nicht  ganz  unbe- 
kannt, aber  da  de  L.  sich  in  der  erwähnten  Anmerkung  besonders  bemüht, 
jene  Beziehung  wahrscheinlich  zu  machen,  so  glaubte  ich  sein  deve  als  „mufs" 
fassen  zu  sollen  ;  mit  einer  anderen  Wendung  hätte  er  die  Zweideutigkeit  ver- 
mieden. Er  betont  dann,  dafs  Sordel  jedenfalls  beim  Herrn  von  Leon  gewesen 
sei,  was  angesichts  der  tornada  des  betreffenden  Gedichtes  zu  bestreiten  mir 
niemals  in  den  Sinn  gekommen  ist. —  S.  240  hatte  ich  bemerkt:  „Dafs  ^^ra- 
diva  ein  senhal  für  Guida  war,  ist  allerdings  wahrscheinlich;  was  aber  legt 
es  nahe  zu  glauben,  dafs  die  dolaa  enemia  mit  der  Guida  identisch  sei,  wie 
S.  33  als  sicher  hingestellt  wird  ?  In  n^  XXII  deutet  nichts  darauf  hin,  auch 
nicht  per  via  di  bisticcio,  und  daher  ist  S.  32  Anm.  i  dementsprechend  zu 
ändern.  Ein  anderes  senhal.  Restaur  lautend,  soll  auch  auf  die  Guida  gehen, 
und  zwar  weil  in  dem  fraglichen  Liede  (der  so  vielen  Trobadors  eigene  Ge- 
meinplatz) salvan  s*onor  vorkomme,  welcher  Ausdruck  auch  in  unzweifelhaft 
an  Guida  gerichteten  Liedern  begegne."  Darauf  Herr  de  L.:  „Lo  S.-G.  scrìve: 
„Che  Agradiva  fosse  un  „segnale  per  Guida  è  del  tutto  probabile",  und 
fahrt  fort:  „e  questa  probabilità  riposerà  per  lui  come  per  me  sul  bisticcio 
„guia",  „guiar"  e  „Guia",  evidente  nella  canzone  XX,  dove,  in  fine  vien 
fuorì  il  segnale  N* Agradiva*^ \  dies  ist  gewifs  wenigstens  ein  Grund  für  meine 
Meinung,  denn  in  Str.  2  von  Lied  XX  kommt  in  drei  Zeilen  hinter  einander 
guit  =  „Führer",  guidar  =  ,/ühren"  und  guida  =  „führt"  mit  Bezug  auf 
die  gefeierte  Dame  vor.  Aber  nun  weiter:  „ma  dubita  forte  che  lo  stesso 
possa  dirsi  dell*  altro  dotta  enemia,  poiché  nel  XXU  nulla  vi  allude,  neppur 
per  via  di  bisticcio",  e  invece  si,  proprio  si,  al  v.  29  :  Quar  /is  amicx  no  ser 
ge¿  d* aitai  guia**.  Man  stelle  sich  vor:  hier  bedeutet  das  einmal  begeg- 
nende guia  „Art,  Weise";  das  Gedicht  hat  durchgehende  Reime  auf  -ia,  es 
ist   also   ganz  natürlich,    dafs  auch  guia  als  Reimwort  auftritt,   trotzdem  soll 

>  Die  Frage,  ob  P.  Gruillem  etwa  den  italienischen  Trobadors  zuzuzahlen 
sei,  erwog  ich  für  mich  schon  vor  Jahren,  als  ich  über  die  Lebensverhaltnisse 
der  letzteren  handelte,  ich  führte  ihn  aber  nicht  unter  diesen  auf,  weil  mir 
schon  damals  nicht  ausreichende  Anhaltspunkte  für  die  italienische  Abstam- 
mung vorzuliegen  schienen.  Was  sich  gegen  eine  solche  geltend  machen  läfst, 
hat  jetzt  Jeanroy  in  der  Revue  d.  lang,  rom,  XL,  392  geltend  gemacht. 


304  o.  SCHULTZ-GORAyZU  ROMANIA  XXVI  584   ANH.  I. 

die  doha  enemia  des  Geleites  auf  Guida  gehen.  Mit  solcher  Argumentatioii  kann 
man  ja  schliefslich  auch  iì9  XXXII  (Geleit)  mit  Reimen  auf  -ia  far  die  Gnida 
ansprechen.  Doch  weiter  :  „Dubita  anche  potersi  ritener  „Restaur**  per  segnale 
di  Guida  pel  solo  fatto  eh'  esso  appare  in  una  canzone  la  quale  ci  o£fre  il 
ricorso  della  frase  „salvan  s'onor'S  comune  a  quelle  indubbiamente  riferìbili  a 
Guida:  ma  non  dice  eh'  io  detti  la  cosa  per  assai  discutibile.'*  Also  de  L. 
will  die  Sache  als  zweifelhaft  und  diskutierbar  hingestellt  haben,  und  dabei 
steht  S.  33  klipp  und  klar:  „Restaur**  è  un  secondo  segnale  ancora  per  la 
stessa  dama**  (!).  Weiterhin  hatte  ich  es  unter  vorsichtigem  Ausdrucke  als 
etwas  auffallend  bezeichnet,  dafs  Sordel  in  n®  XIX  und  XXI  sagt:  la  com- 
tassa  . . .  cilh  da  Rodes  (die  letzteren  Worte  waren  gesperrt  gedruckt,  um 
den  Leser  auf  die,  ¥rie  es  scheint,  unterscheidende  Art  der  Bezeichnung  hin- 
zuweisen), während  die  eigentliche  Gräfin  von  Rodez  Isabean  (und  nicht  Guida) 
war  und  damals  in  ihrer  Blüte  stand.  De  L.  hat  dies  gar  nicht  verstanden, 
denn  was  erwidert  er:  „Or  non  dice  comte ssa  de  Rodes  Granet  nel  1241 
quella  per  cui  Sordello  dovrà  tondersi**?  Gewifs,  aber  er  sagt  eben  nur 
comtessa  de  Rodes  ;  nebenbei  bemerkt,  wird  durch  nichts  bewiesen,  dafs  dieses 
Gedicht  (Gr.  189,  4)  in  das  Jahr  1241  fallt,  indem  diese  Datierung  auf  einer 
unberechtigten  Zusammenkoppelung  von  Gr.  189,  4  mit  Gr.  189,  5  beruht, 
worin  Granet  vom  Antichrist  redet,  der  mit  den  Mongolen  identisch  sein 
soll.  —  S.  248  hatte  ich  die  Anhaltspunkte  dafür  zusammengestellt,  dafs  Gre- 
dicht  n*^  IV  i.  J.  1237  entstanden  sein  durfte.  Was  de  L.  dazu  bemerkt,  kann 
ich  leider  nicht  beantworten,  weil  es  mir  platterdings  unverständlich  ist  — 
Da  de  L.  von  der  Parodie  Bremon's  S.  42  gesagt  hatte:  „non  sembra  essere 
anteriore  al  1240**,  so  hatte  ich  mich  dementsprechend  nur  zurückhaltend 
ausgedrückt  und  S.  240  gesagt:  seine  Argumentation  durfte  doch  verschie- 
denen Bedenken  unterliegen.  Diese  Bedenken  hege  ich  nach  wie  vor.  Das 
zweite  derselben  hat  de  L.,  wie  er  sagt,  nicht  verstanden,  ich  mnfs  es  also, 
wenn  möglich  noch  deutlicher,  wiederholen.  Bei  Bremon  heifst  es:  E  Gui  de 
Guibelhet,  car  a  fin  preti  valen,  —  Garde  be  la  vertut  per  la  payana  gen,  — 
E  si'l  rey  s  d*Acre  y  ven,  lays  cobeüat  d^argen  etc.  Mit  dem  „Konige**  soll 
Theobald  von  Navarra  gemeint  sein  und  dieser  landete  den  i.Sept  1239  in 
Accon.  Wenn  nun  Bremon  sagt:  „und  wenn  der  König  dorthin  von  Accon 
aus  kommt**  u.  s.  w.,  so  sollte  man  doch  meinen,  dafs  das  Gredicht  vor  dem 
I.  Sept.  1239  entstanden  sein  müsse  und  nicht  erst  im  Herbste  1240,  wie  de  L. 
will.  —  S.  243  hatte  ich  bemerkt,  dafs,  wenn,  wie  de  L.  will,  der  Graf  der 
Provence  dem  Sordel  eine  Frau  erst  in  der  allerspätesten  Zeit  gegeben  haben 
soll,  dieser  damals  gegen  70  Jahre  alt  gewesen  sein  mufs.  Darauf  weifs  de  L. 
nichts  weiter  zu  sagen,  als  dafs  er  wieder  mein  Zusammentreffen  mit  Tonaca 
feststellt. 

Ich  bin  Punkt  für  Punkt  ^  die  sachlichen  Bemerkungen  von  Herrn  de 
Lollis  durchgegangen  ;  für  das  rein  Persönliche,  das  sich  schon  bis  &  206  ein- 
gestreut findet,  um  dann  ausschliefslich  S.  2oÌ5 — 7  zu  füllen,  bin  ich  nicht 
zu  haben. 

Nach  Obigem  wird  der  Leser  wissen,  was  es  mit  den  eingangs  ange« 
führten  Worten  in  der  Romania'  auf  sich  hat. 


^  Nur  S.  203  Anm.  i  und  die  letzte  Bemerkung  auf  S.  205  habe  ich  bei 
Seite  gelassen,  die  erste,  weil  sie  nicht  dahin  gehört  (übrigens  war  meine  Be- 
merkung deshalb  gemacht,  weil  de  L.  nur  „sp.**  und  „p.**  anstatt  „altspanisch** 
und  „altportugiesisch**  gesagt  hatt),  und  die  zweite,  weil  ich  in  dem  betreffen- 
den Punkte  de  L.  gar  nicht  entgegengetreten  bin. 

'  Ich  bin  in  der  Lage,  nachträglich  die  Thatsache  feststellen  zu  können, 
dafs  die  Anmerkung  in  der  Romania,  gegen  welche  Obiges  gerichtet  ist, 
nicht  von  Gaston  Paris  stammt. 

O.  SCHULTZ-GrORA. 


Dnickfehlerverbesserung 
zu  „GrundrÌBS  der  Romanisohen  Philologie«  Bd.  n,  1.  Äbth.  8.  Jjfg, 


Die  Revision  der  Druckbogen  dieses  Grundrissheftes  konnte  vor  Aus- 
gabe desselben  nur  bis  S.  553  geführt  werden;  s.  die  Verbesseningen  bis  dahin 
auf  dem  Umschlag  des  Heftes.  Die  nachträglich  vorgenommene  Revision  der 
übrigen  Bogen  hat  leider  noch  eine  weitere  Anzahl  Druckfehler  —  besonders 
waren  unerwartete  eigenmächtige  Verbesserungen  von  Eigennamen  durch  den 
Setzer  übersehen  worden  —  ergeben,  die  der  Verf.  nicht  versäumen  möchte 
den  Besitzern  des  ,,Grundriss"  zur  Kenntnis  zu  bringen,  weshalb  sie  zunächst 
an  dieser  zugänglichen  Stelle  verzeichnet  werden: 

S.  553  Z.  4  ff.  /.  Euriaut  u.  Oriaut  das.  Z.  19  u.  S.  657  Z.  26  /.  Anseune 
S.  561  Z.  I  /.  Agaie  S.  562  Z.  16  /.  Bour^^g-non  S.  571  Z.  I  /.  Novara 
S.  587  Z.  41  /.  metamorphosieren  S.  593  Z.  6  /.  Achtsilbner  S.  595  Z.  6  /. 
Verbreitetem  Volksglauben  g.  die  das.  Z.  41  /.  dous  S.  625  Z.  47  /.  *  das. 
Z.  49  /.  >  S.  626  Z.  18  /.  bestehende  S.  641  Z.  12  /.  eine  lat.  S.  642  Z.  21 
/.  )  in  S.  644  Z.  36  /.  Zosimas  S.  648  Z.  5  /.  den  h.  das.  Z.  16  /.  Angier 
das.  Anmkg.  '  /.  Romania  12,  145  S.  651  Z.  i  /.  DICHTUNG  S.  652  Z.  28 
/.  l'éc.  S.  654  Z.  42  /.  in  S.  662  Anmkg.  '  /.  Appel  st.  Schultz  S.  663 
Anmkg.  '  /.  (s.  u.)  S.  664  Z.  16  /.  nur  S.  667  Z.  30  /.  und  in  S.  670  Z.  50 
/.  2  [Str.]  S.  671  Z.  29  /.  1187)  S.  672  Z.  15  /.  zum  S.  673  Z.  43  /.  »  und 
S.  677  Z.  5  /.  wie  die  S.  679  Z,  22  /.  j'eus  partis  das.  Z.  48  /.  Andeli 
S.  680  Z.  29  /.  (Nr.  das.  Z.  48  /.  Dichters  S.  681  Z.  28  /.  Leichform  S.  686 
Z.  40  /.  bible  de. 


UBBER  WORTZUSAMMBNSKTZUNG.  307 

und  rudimentäre  Nebensätze  besessen  habe,  die  bei  der  Entstehung 
der  Composita  eine  Rolle  gespielt  hätten.  Ich  halte  mich  vorder- 
hand an  BrguL  U  18:  „Wir  sind  heute  durchaus  nicht  mehr  im 
Stande,  die  zahlreichen  Zusammensetzungsprocesse  selbst,  die  sich 
vor  dem  Ausgang  der  idg.  Urgemeinschaft  abgespielt  hatten,  zu 
controlieren,  sondern  können  nur  ihre  unmittelbaren  und  mittel- 
baren Nachwirkungen  als  gegebene  Thatsachen  hinnehmen."  Un- 
gelöst sind  dagegen  die  Probleme,  bei  deren  Lösung  auch  die 
Bedeutung  der  Composita  ein  gewichtiges  Wort  mitzusprechen 
hat,  und  zwar  3.  die  Frage  nach  dem  Wesen  der  Composition  und 
4.  infolge  dessen  auch  die  Frage  einer  einheitlichen,  alle  Com- 
posita umfassenden  Classification.  Ich  will  in  der  vorliegenden 
Abhandlung  den  Versuch  wagen,  diese  beiden  Fragen  ihrer  Lösung 
näher  zu  bringen. 

Was  zunächst  die  3.  Frage,  die  nach  dem  Wesen  der  Oom- 
position,  betrifft,  so  hängt  sie  aufs  engste  mit  der  ersten  zusammen. 
Die  Richtigkeit  des  Satzes:  „verschmilzt  ein  syntaktischer  Wort- 
complex  zu  einer  Worteinheit,  so  nennt  man  diese  ein  Compositum" 
(Brgm.  II  3,  Wilm.  II  2,  5;  ähnlich,  wenn  auch  nicht  ausdrücklich, 
Paul  274  ff.)  kann  gewifs  nicht  angezweifelt  werden;  er  ist  das  klare 
Resultat  einer  von  morphologischen  und  historischen  Gesichts- 
punkten aus  geführten  Untersuchung.  Nur  darf  man  aus  diesem 
Satze  nicht  Schlüsse  auf  die  Entstehung  der  Composition  ziehen. 
Thut  man  dies,  so  gelangt  man  sofort  dazu,  i.  den  syntaktischen 
Wortcomplex  als  den  Ausgangspunkt  der  Schöpfung  eines  Com- 
positums  und  2.  die  Worteinheit  als  den  unbedingt  zu  erreichenden 
Endpunkt  der  Entwicklung  anzusehen.  Diese  Folgerungen  sind 
denn  auch  in  der  That  gezogen  worden,  und  man  ist  infolge 
dessen  zu  dem  Schlüsse  gekommen,  dafs  es  3.  „auf  jeder  Stufe 
der  Sprachentwicklung  werdende  Composita  gebe,  und  es  ganz 
natürlich  sei,  dafs  man  oft  gar  nicht  entscheiden  kann,  hat  man 
es  schon  mit  einer  einheitlidien  Zusammensetzung  zu  thun  oder 
noch  mit  einer  syntaktischen  Wortverbindung'*  (Brgm.  II  4).  Sehen 
wir  nun  zu,  wie  es  sich  mit  der  Stichhaltigkeit  dieser  Folgerungen 
verhält. 

Dafs  man  mit  der  Annahme,  der  83niitaktische  Wortcomplex 
sei  der  Ausgangspunkt  bei  der  Schöpfung  eines  Compositums,  nicht 
auskommt,  mag  die  psychologische  Analyse  eines  Beispiels  zeigen: 

Gegeben  sei  die  Vorstellung  eines  sinnlich  wahrnehmbaren 
Gegenstandes  (z.  B.  einer  gewissen  Pflanze),  der  benannt  werden 
soll.  Wir  haben  nun  drei  Stadien  der  Namengebung  zu  unter- 
scheiden: I.Stadium:  Zahlreiche  Elemente  der  Gesamtvorstellung, 
die  dem  Gegenstande  entspricht  (ich  nenne  sie  im  folgenden  kurz- 
weg die  repräsentierende  Vorstellung,  abgekürzt  repr. Vorst),  z.B. 
das  Aufschiefsen  der  Aeste  gleich  vom  Boden  auf,  ohne  hohen 
Stamm,  die  Domen  an  den  Zweigen,  etc.,  treten  mit  den  ihnen 
gleichenden  Elementen  früherer  Vorstellungen  in  assimilierende 
Wechselwirkung,   und   die  so  assimilierten  Elemente  complider^i 


3o8  o.  DirrRiCH, 

sich  zu  einem  Vorstellungsgebilde,  das  vermöge  der  gemeinsamen 
Elemente  zugleich  als  zu  einer  Reihe  früherer  Vorstellungen  (d.  h. 
derjenigen,  aus  welchen  die  Elemente  stammen,  die  dem  neuen 
Eindruck  assimilierend  entgegenkommen)  gehörig  erkannt  wird; 
dieses  Vorstellungsgebilde  steht  seinerseits  wieder  in  Complication 
mit  einer  Wortvorstellung,  und  diese  Wortvorst.  wird  als  herr- 
schendes Element  der  letztern  Complication  appercipiert:  so  hat 
nun  der  erkannte  Gegenstand  seinen  Namen:  épine  (Domstrauch). 
Damit  ist  in  sehr  vielen  Fällen  (d.  h.  wenn  wir  den  Gegenstand 
z.  B.  nur  sehen,  ohne  ihn  genauer  zu  beobachten)  dem  Namen- 
gebungsbedürfnis  genügt,  und  die  nicht  assimilierten  Elemente 
der  repr.  Vorst.  bleiben  in  den  dunkleren  Regionen  des  Bewufst- 
seins,  von  wo  sie  sich  nur  als  ein  den  Vorgang  begleitendes  cha- 
rakteristisches Erkennungsgefühl  bemerkbar  machen.  Handelt  es 
sich  dagegen  aus  irgend  welchen  Gründen  darum,  aufser  den  Ele- 
menten, welche  die  repr.  Vorst.  mit  früheren  Vorstellungen  gemein 
hat  und  die  ihre  Aehnlichkeit  mit  jenen  herstellen,  auch  die  Ver- 
schiedenheiten der  repr.  Vorst.  von  den  früheren  zu  berücksichtigen, 
so  schliefst  sich  das  2.  Stadium  der  Namengebung  in  folgender 
Weise  an:  Die  repr.  Vorst.  wird  in  Beziehung  auf  die  nicht  assi- 
milierbaren, also  zur  Unterscheidung  geeigneten  Elemente  mit  einer, 
oder  wenn  dies  zu  keinem  befriedigenden  Resultate  führt,  successive 
mehreren  der  Vorstellungen  verglichen,  welche  durch  das  im 
I.  Stadium  gewonnene  Wort  (z.B.  épine)  mitbezeichnet  werden;  auf 
Grund  dieser  Vergleichung  wird  eines  von  den  nicht  assimilier- 
baren Elementen  der  repr.  Vorst,  z.  B.  die  Farbe  eines  Teiles  des 
Gegenstandes,  appercipiert,  und  bezüglich  dieses  Elementes  wieder- 
holt sich  der  unter  i.  geschilderte  Erkennungs Vorgang  (der  sich  in 
unserm  Falle  auf  eine  einfache  Assimilation  reduciert)  und  Apper- 
ceptions vor  gang,  als  dessen  Resultat  wieder  eine  Wortvorstellung 
erscheint:  blanche,  3.  Stadium:  Die  beiden  Wortvorstellungen,  die 
so  auf  successivem  Wege  aus  der  repr.  Vorst.  gewonnen  wurden, 
gehen,  wie  die  ihnen  entsprechenden  Gesichtsvorstellungen  in  der 
repr.  Gegenstandsvorst  sich  zu  einer  einheitlichen  Gesamtvorstellung 
complicieren ,  so  auch  ihrerseits  eine  engere  Verbindung  ein,  die 
als  Agglutination  zu  bezeichnen  ist,  weil  uns  innerhalb  der  neu- 
entstandenen  Gesamt(wort)vorst.  épine  blanche  (Weifsdom)  noch  die 
constituierenden  Teilvorstellungen  zum  Bewufstsein  kommen.  Damit 
ist  aus  dem  successiven  Gedankenprocefs  wieder  ein  simultaner 
Denkakt  geworden,  und  zugleich  ist  durch  die  sinnliche  Natur  der 
resultierenden  Wortvorst.  {pepine  blanche)  „der  psychologischen  For- 
derung entsprochen,  dafs  jeder  Denkakt  in  der  Form  bestimmter 
Einzelvorstellungen  unserm  Bewufstsein  gegeben  sein  müsse''  (WL. 

1 54). 

Man  sieht,  wie  viel  dem  gemeinhin  angenommenen  Anfangs- 
punkte der  Entwicklung  vorausliegt:  nicht  weniger  als  der  ganze 
Schöpfungsakt.  Was  nun  folgt,  ist  die  psychische  Geschichte 
des   neugeprägten  Wortes,   nichts  weiter.     Aus  der  Agglnti- 


UEBER  WORTZUSAMMENSETZUNG.  309 

nation,  bei  der  innerhalb  der  Gesamtvorst  noch  die  constituie- 
renden  Teil  Vorstellungen  appercipiert  werden,  kann  nämlich  im 
Laufe  der  Zeit  eine  Synthese  werden,  d.  h.  ein  Apperceptionsakt, 
bei  dem  die  Teile  der  Gesamtvorst.  nicht  mehr  in  den  Blickpunkt 
des  Bewufstseins  treten.  Ich  wähle  als  Beispiel  lat.  alba  spina, 
dessen  Schöpfung  mit  épine  blanche  genau  übereinstimmt.  Wiederum 
lassen  sich  drei  Stadien  der  Entwicklung  unterscheiden:  A)  Dem 
ersten  Schöpfer  des  Wortes  oder  einer  bei  der  Schöpfung  gegen- 
wärtig gewesenen  Person  trete  abermals  ein  Wei/sdorn  entgegen. 
Dann  sind  dieselben  Bedingungen  für  die  Benennung  der  Pflanze 
gegeben,  nur  tritt  noch  der  Umstand  hinzu,  dafs  die  Wort  Vorstellung 
alba  spina  bei  dem  früheren  Schöpfungsakt  eine  Complication  mit 
dem  Sinneseindruck  eingegangen  ist.  Infolge  dessen  stimmt  jetzt 
nur  das  i.  Stadium  der  Benennung  vollkommen  mit  dem  oben  be- 
schriebenen I.  Stadium  der  Wortschöpfung  überein,  und  das  Re- 
sultat ist  hier  wie  dort  spina]  im  2.  Stadium  dagegen  ist  die  Apper- 
ception nicht  mehr  in  so  hohem  Grade  aktiv  wie  bei  der  Schöpfung 
des  Wortes,  sondern  sie  wird  durch  die  agglutinativ  mit  spina  ver- 
bundene Wortvorst.  alba  im  Verein  mit  dem  Zwang  der  Sinnes- 
wahrnehmung, die  ebenfalls  in  Complication  mit  alba  steht,  fast 
eindeutig  bestimmt.  Das  Endresultat  ist  also  wieder  alba  spina, 
B)  a]  Je  öfter  sich  der  unter  A  geschilderte  Vorgang  wiederholt, 
desto  fester  wird  die  Complication  der  Gegenstandsvorst.  (Weifs- 
dorn)  mit  der  ihr  entsprechenden  Wortvorst.  alba  spina,  bis  endlich 
dasjenige  Element  der  Gegenstandsvorst,  welches  die  Wortvorst. 
alba  herbeigerufen  hat,  gar  nicht  mehr  vorhanden  zu  sein  braucht, 
und  die  Pflanze,  wenn  sie  auch  verblüht  imd  nur  an  andern  Merk- 
malen erkennbar  ist,  trotzdem  alba  spina  genannt  wird.  Auf  dieser 
Stufe  ist  zwar  bei  nachträglicher  Ueberlegung  die  Apperception 
der  Teilvorstellungen  innerhalb  der  Gesamtvorst.  noch  möglich,  bei 
der  Benennung  des  Gegenstandes  aber  ñndet  eine  solche  Apper- 
ception in  der  That  nicht  statt,  sondern  die  Gegenstandsvorst.  wird 
in  einem  Akt  appercipiert  und  die  mit  ihr  in  Complication  stehende 
Wortvorst.,  d.  h.  eben  alba  spina,  stellt  sich  ebenfalls  in  einem 
Apperceptionsakt  und  unmittelbar  ein.  Während  hier  das  Com- 
positum noch  nicht  von  fremden  Einflüssen  berührt  ist,  wird  es  im 
Stadium  b]  in  das  Schicksal  seiner  Teile  hineingezogen.  Beim 
Uebergang  aus  dem  Vulgärlat.  ins  Französische  ist  das  selbständige 
Adj.  albus  durch  blanc  verdrängt  Und  dadurch  der  erste  Teil  der 
Zusammensetzung  etymologisch  verdunkelt  worden;  für  die  Gene- 
rationen nach  dem  Aussterben  des  selbständigen  albus  ¡st  daher 
von  dem  lautlich  entwickelten  albespine,  aubépine  nur  noch  espine^ 
épine  mit  einer  entsprechenden  Gegenstandsvorstellung  verbindbar, 
alb-,  aub'  dagegen  nicht  einmal  mehr  Wort-,  sondern  nur  noch 
Schallvorstellung.  Es  leuchtet  ein,  dafs,  sofern  auch  ^ne  im  Franz. 
durch  ein  andres  Wort  für  Domstrauch  ersetzt  würde,  das  Stadium  C) 
eintreten  müfste,  wo  sich  mit  der  Gegenstandsvorst.  nur  noch  die 
einfache  Wortvorst.  aubépine  verbände,   innerhalb  deren  eine  Ap- 


3 IO  o.  DITTRICH, 

perception  der  Teilvorstellungen  nicht  mehr  möglich  und  die 
Agglutination  also  zur  Synthese,  das  Compositum  zum  Simplex 
geworden  wäre.    Bei  outarde  aus  avis  tarda  ist  dies  längst  geschehen. 

Aus  dem  Vorstehenden  ergiebt  sich  zugleich,  dafs  auch  die 
Worteinheit  kein  unbedingtes  Kriterium  für  das  Vorhandensein 
der  Composition  ist.^  Sie  ist  gewöhnliches  Erfordernis,  aber  auch 
unmittelbares  Ergebnis  nur  bei  solchen  Bildungen,  die  sich  nicht 
der  Syntax  ihrer  Entstehungszeit  bedienen,  und  diese  haben  als 
Analogiebildungen  mit  der  Frage  nach  der  Entstehung  der  Com- 
position nichts  zu  thun.  Und  auch  hier  begegnet  man  Bildungen 
wie  rue  Racine^  die,  wenigstens  graphisch,  überhaupt  nicht  zur 
Worteinheit  verschmelzen  können,  und  doch  gewifs  nicht  aus  der 
Zahl  der  Composita  ausgeschlossen  werden  dürfen.  Wie  weit  es 
führt,  wenn  man  unvorsichtige  Schlüsse  aus  der  Bedeutung  auf  die 
Form  oder  aus  der  Form  auf  die  Bedeutung  zieht,  ersieht  man 
aus  Schmidt  S.  38  f.,  der  école  normale,  art  militaire  und  alle  Ver- 
bindungen mit  Präpositionen,  darunter  also  z.  B.  pomme  de  terre  etc. 
als  „Wortbündel"  kurzweg  aus  der  Zahl  der  Composita  streicht, 
mit  einer  Begründung,  die  nach  dem  bisher  Ausgeführten  keiner 
weiteren  Widerlegung  bedarf:  „und  in  der  That  reifst  das  Da- 
zwischentreten des  Formwortes  jeden  lautlichen  und  logischen  Zu- 
sammenhang der  Glieder  auseinander  und  bewirkt,  dafs  uns  die 
Vorstellungen  jede  in  ihrer  Besonderheit  nacheinander  zugezahlt 
werden.  Nach  Apperception  dieser  Einzelvorstellungen  bleibt  es 
dann  dem  Verstände  überlassen,  aus  ihnen  eine  Gesamtvorstellung 
sich  zu  entwickeln,  d.  h.  nach  Eiiminierung  des  Formwortes  den 
von  ihm  abhängigen  Begriff  (als  Bestimmungswort)  dem  zuerst  ver- 
nommenen Begriffe  (als  Grundwort)  unterzuordnen."  Und  weiter 
S.  39f.:  „Bei  präpositionalen  Umschreibungen  tritt  zu  dem  schon 
an  und  für  sich  verständlichen  ersten  Worte,  das  der  Phantasie 
eine  fertige  Vorstellung  überliefert,  nur  zufallig  [!]  und  nachträglich 
eine  neue  Vorstellung  hinzu,  die  erst  vermittelst  der  Präposition 
mit  der  ersten  in  Beziehung  gesetzt  wird:  un  arc  {en  ciel),  un  ver 
{à  soiey^  Andere  waren  allerdings  vorsichtiger,  und  ich  kann 
Darmesteter  nur  Recht  geben,  wenn  er  MC.  13  sagt:  „Dans  pomme 
de  terre,  rien  n'indique  extérieurement  la  juxtaposition,  et  cepen- 
dant ce  mot[!]  est  bien  un  juxtaposé  ...  l'orthographe  est 
donc  indifférente  ici"  und  der  ganzen  grofsen  Klasse  der  Prâ- 
positionalbildungen  {sergent  de  ville,  ver  à  soie,  arc^en-ciel  etc.)  be- 
reitwillig Aufnahme  gewährt,  allerdings  auf  Grund  eines  weiteren 
Kriteriums,  bezüglich  dessen  ich  ihm  nicht  beistimmen  kann.   Und 


^  Diese  Ansiebt  äuisert,  wie  ich  nachträglich  sehe,  auch  Mätzner  Engl. 
Gr.  *l524f.:  „Die  Zusammensetzung  besteht  in  der  Vereinigung  zweier  fôr 
sich  erkennbarer  Wörter,  welche  zu  einer  begrifflichen  und  lautlichen  Einheit 
unter  einem  Hochton  zusammengefafst  werden  .  .  .  Die  unter  einem  Hoch- 
ton befafsten  Wörter  bilden  eigentlich  einen  Wortkörper,  und  sollten  dem- 
gemäfs  auch  als  solcher  durch  die  Schrift  dargestellt  werden.  Dies  geschieht 
jedoch  im  Englischen  keineswegs  überall  oder  gleichmafsig." 


ÜEBER  WORTZUSAMMENSETZUNG.  3 1 1 

dies  leitet  uns  zu  der  letzten  der  auf  S.  307  erwähnten  Folgerungen 
hinüber. 

Ich  setze,  um  einen  festen  Anhaltspunkt  für  die  folgende 
Untersuchung  zu  haben,  die  Stelle  aus  MN.  125  her,  die  alles  zu- 
nächst Wichtige  kurz  zusammenfafst:  „La  réduction  des  éléments 
composants  à  Tunité  est  Tœuvre  du  temps  et  de  l'usage.  Aussi  il 
arrive  que  des  expressions  flottent  entre  deux  états,  n'étant  pas 
assez  simples  pour  devenir  de  véritables  juxtaposés,  étant  trop 
simplifiées  pour  n*être  pas  considérées  comme  des  locutions  spé- 
ciales. Les  expressions  qui  présentent  cet  état  intermédiaire  peu- 
vent se  désigner  sous  le  nom  de  locutions  par  juxtaposition.  Les 
expressions  que  nous  allons  citer  [centre  droit,  libre-penseur,  chemin 
de  fer,  etc.]  ne  peuvent  être  considérées  que  comme  des  locutions 
par  juxtaposition;  car  il  est  difficile  que  des  juxtaposés  se  pro- 
duisent sous  nos  yeux,  puisque  leur  naissance  n'est  que  le  résultat 
de  lentes  modifications  antérieures."  Hier  ist  nun  zunächst  zu  be- 
merken, dafs  die  psychologischen  Grundlagen  dieser  Theorie,  wie 
sie  MC.  1 1  if.  gegeben  werden,  nicht  haltbar  sind.  Die  Wortvor- 
stellung, die  sich  infolge  der  Apperception  eines  Merkmales  des 
zu  benennenden  Gegenstandes  einstellte,  hat  nicht  zunächst  nur 
dieses  Merkmal  allein  bezeichnet  und  ist  nicht  erst  im  Laufe  der 
Zeit,  „le  sens  étymologique  se  perdant",  dazu  gelangt,  den  Gegen- 
stand in  seiner  Gänze  zu  bezeichnen;  davon  ist  nur  soviel  richtig, 
dafs,  solange  die  etymologische  Bedeutung  des  Merkmalnamens 
noch  lebendig  ist,  diese  bei  der  Reproduction  selbständig  erneuert 
und  gleichzeitig  mit  den  übrigen  Elementen  der  Gegenstandsvorst. 
appercipiert  wird;  in  Complication  mit  den  übrigen  Elementen  der 
Gegenstandsvorst.  hat  aber  die  Merkmalvorst.  schon  von  dem  Augen- 
blicke an  gestanden,  wo  dieses  Merkmal  zuerst  zum  Substrat  der 
Benennung  des  Gegenstandes  gemacht  wurde:  bei  dem  Worte 
Schneider  ist  gewifs  von  allem  Anfang  an  nicht  nur  an  die  Thätig- 
keit  des  Zuschneidens  gedacht  worden  und  wird  es  auch  heute 
nicht,  obwohl  das  Etymon  noch  sehr  klar  ist;  und  sollte  fluvius 
dem  Römer  nur  ce  qui  coule  gewesen  sein,  weil  es  durch  fluvidus 
in  etymologischem  Connex  mit  fluo  gehalten  wurde?  Flu/s  (erst 
nhd.  in  dieser  Bedeutung)  ist  trotz  des  klaren  Zusammenhanges 
mit  flie/sen  nur  „ein  gröfseres  fliefsendes  Wasser",  nicht  jeder  be- 
liebige Bach  oder  Strom,  und  auch  von  einem  Lavaflufs  wird  man 
nicht  leicht  reden.  Mufs  also  angenommen  werden,  dafs  von  dem 
Augenblicke  an,  wo  fliefsendes  Gewässer  als  Flu/s  bezeichnet  wurde, 
das  nomen  actionis  (mhd.y/««  bedeutet  nur  Flie/sen)  in  ein  nomen 
actoris  übergetreten  ist,  und  ihm,  ebenfalls  von  jenem  Augenblicke 
an,  auch  alle  andern  Merkmale  des  actor  auszudrücken  obliegt,  so 
kann  von  einem  allmählichen  Schwinden  der  etymologischen  Be- 
deutung als  mafsgebendem  Faktor  bei  der  Namengebung  selbst- 
verständlich nicht  mehr  die  Rede  sein.  Und  was  eben  vom  Sim- 
plex gesagt  wurde,  das  gilt  mutatis  mutandis  auch  vom  Compositum. 
Es  geht  nicht  an,  die  Existenz  des  Compositums,  d.h.  seine 


312  o.  DITTRICH, 

Fähigkeit,  aufser  den  durch  die  agglutinierten  Wortvorstellungen 
(z.  B.  alba  spina)  ausgedrückten  Merkmalen  auch  noch  die  übrigen 
Merkmale  des  Gegenstandes  mitauszudrücken ,  erst  von  dem 
Augenblicke  an  gelten  zu  lassen,  wo  das  etymologische 
Bewufstsein  der  Teile  des  Compositums  geschwunden  ist 
Hier  ganz  ebenso  wie  beim  Simplex  sind  die  im  Compositum  zu- 
sammengefafsten  Wortvorstellungen  von  allem  Anfang  an  fähig,  die 
ganze  Gegenstandsvorst.  zu  bezeichnen  S  und  es  kann  nicht  zu- 
gegeben werden,  dafs  das  Compositum,  bevor  es  ins  Leben  tritt, 
eine  lange,  allmähliche  Entwicklung  von  der  syntaktischen  Ver- 
bindung durch  die  „locution  par  juxtaposition"  zum  „juxtaposé" 
durchzumachen  habe.  Wie  wäre  es  denkbar,  dafs  z.  B.  pomme  de 
terre  zuerst  nur  „(fruit  semblable  à  une)  pomme  recueillie  dans  la 
terre"  bedeutet  hätte,  um  erst  nach  und  nach  in  die  „image  simple 
et  une  du  tubercule  connu  sous  ce  nom"  hinûberzugleiten  (MC.  13)? 
Wenn  Tusage  et  le  temps"  die  „seules  forces"  sind,  die  die  locu- 
tions par  juxtaposition  aus  dem  Zustande  der  locution  zum  juxta- 
posé hinüberführen  (MC.  13),  so  fragt  man  sich  vergeblich,  wie 
denn  dies  möglich  sein  soll.  Bezeichnen  pomme  und  de  terre  an- 
fänglich nur  zwei  „qualités  saillantes"  des  Gegenstandes,  so  ist 
es  nötig,  dafs  sie  auch  bei  jedem  nächsten  Entgegentreten  des 
Gegenstandes  wieder  aus  ihm  herausgeholt  werden  (eine  Repro- 
duction ohne  neuen  Sinneseindruck  ist  dann  natürlich  ganz  aus- 
geschlossen): wir  hätten  somit  eine  unaufhörliche  Wiederholung 
der  ersten  Analyse  vor  uns.  Wie  sich  unter  diesen  Umständen 
die  etymologische  Bedeutung  von  pomme  und  de  terre  verlieren  und 
die  „double  idée  qui  se  présentait  à  Tesprit"  sich  „graduellement 
devant  une  idée  supérieure  qui  est  celle  de  l'objet  dans  toute 
rétendue  de  ses  qualités"  verflüchtigen  soll  (MC.  11  f.),  ist  absolut 
nicht  zu  verstehen.  Der  wirkliche  Sachverhalt  ist  oben  S.  309  f. 
geschildert,  und  es  bedarf  wohl  hier  nur  der  Andeutung,  dafs  man 
in  den  locutions  par  juxtaposition  der  Bedeutung  nach  das  Com- 
positum als  im  Stadium  A  seiner  Entwicklung  zum  Simplex  befind- 
lich, der  Form  nach  als  eine  syntaktische  Verbindung  mit  Com- 
positumsbedeutung  anzusehen  hat;  mit  der  Schöpfung  des  Com- 
positums haben  sie  nichts  zu  schaffen. 

Kann  somit  weder  i.  die  Composition  aus  der  Syntax  abge- 
leitet, noch  2.  die  Worteinheit  als  ein  notwendiges  Kriterium  für 
das  Vorhandensein  eines  Compositums  angesehen  werden;  ver- 
wandelt  sich    femer   3.  das  „werdende"  Compositum  in  eine  Ent- 


^  D.  h.,  um  mich  genauer  auszudrücken ,  es  bezeichnet  z.  B.  spina  alle 
mit  Elementen  früherer  ähnhcher  Vorstellungen  assimilierbaren  Elemente  der 
zu  benennenden  Pflanze,  alba  dagegen  das  herrschende  Element,  welches  ftus 
der  Zahl  der  nicht  assimilierbaren  Elemente  appercipiert  wurde;  durch  die 
Apperception  von  alba  ist  aber  auch  die  Hemmung  überwunden,  die  sich 
vorher  noch  der  Assimilation  gewisser  Elemente  entgegenstellte,  imd  diese 
geben  nun,  indem  sie  jetzt  ebenfalls  der  Assimilation  unterliegen,  in  der  Ge- 
samtvorstellung alba  Spina  auf. 


ÜEBER  WORTZUSAMMENSETZUNG.  3 1 3 

Wicklungsphase  des  psychisch  bereits  vorhandenen  Compositums,  so 
folgt  daraus,  dafs  morphologische  und  historische  Untersuchungen 
wohl  als  wichtige  Hülfen  bei  der  Lösung  der  Frage  nach  dem 
Wesen  der  Composition  benutzt,  die  Lösung  selbst  aber  auf  diesem 
Wege  nicht  erreicht  werden,  und  dafs  der  Satz:  „verschmilzt  ein 
syntaktischer  Wortcomplex  zur  Worteinheit,  so  nennt  man  diese 
ein  Compositum**  nur  als  der  Ausdruck  einer  möglichen  Form- 
entwicklung, nicht  aber  als  das  Gesetz  der  Composition  in  den 
idg.  Sprachen  anerkannt  werden  kann.  Es  bleibt  also  nichts  übrig, 
als  die  Bedeutung  streng  von  der  Form  zu  trennen  und  die  psycho- 
logischen Vorgänge,  die  zur  Schöpfung  des  Compositums  führen, 
zum  Ausgangspunkt  der  Untersuchung  zu  machen.  Dies  ist  im 
Vorstehenden  versucht  worden,  und  ich  glaube,  als  vorläufiges  Re- 
sultat folgenden  Leitsatz  aufstellen  zu  dürfen: 

Die  Composition  ist  weder  eine  analytische,  noch 
eine  synthetische,  sondern  eine  analytisch-synthetische* 
Function.  Ein  Compositum  entsteht  dadurch,  dafs  aus 
einer  gegebenen  Gesamtvorstellung  mehrere  (in  der  Regel 
zwei)  Elemente  appercipiert  und  die  sich  auf  diese  Weise 
successive  ergebenden  Wortvorstellungen  agglutiniert 
werden,  so  dafs  das  Resultat  eine  der  gegebenen  Ge- 
samtvorstellung entsprechende  Gesamt-Wortvorstellung 
ist  Die  Existenz  des  Compositums  datiert  also  von  dem 
Momente,  wo  die  Agglutination  eingetreten  ist;  das  Wort 
bleibt  solange  für  das  Sprachgefühl  als  Compositum  be- 
stehen, als  es  möglich  ist,  wenigstens  eine  der  Teilvor- 
stellungen noch  innerhalb  der  Gesamtvorstellung  zu  ap- 
percipieren;  ist  dies  nicht  mehr  möglich,  so  wird  es  zum 
Simplex,  d.  h.  die  Agglutination  ist  zur  Synthese  ge- 
worden. 

Nimmt  man  diese  Grundanschauung  an,  so  ¡st  die  Rolle, 
welche  die  Syntax  bei  der  Composition  spielt,  sofort  klargelegt: 
sie  ist  einfach  die  Form,  in  welche  sich  die  aus  der  Gegenstands- 
vorstellung gewonnenen  Wortvorstellungen  fügen,  sofern  die  syn- 
taktischen Verbindungen  ihrem  Bedeutungsinhalt  gemäfs  fähig  sind, 
die  Beziehungen  auszudrücken,  die  zwischen  den  agglutinierten 
Wortvorstellungen  oder  vielmehr  ihren  entsprechenden  Realvor- 
stellungen durch  den  Akt  der  Composition  statuiert  worden  sind. 
So  besteht  fürs  Lateinische  kein  Bedenken,  die  Verbindung  „Gegen- 
stand +  Eigenschaft**  in  die  Form  alba  spina  (also  Adj.  +  Subst) 
zu  kleiden,  oder  auch  spina  alba,  weil  ja  die  Stellung  des  Adj.  im 
Lat.  frei  ist.  Aber  man  würde  doch  irren,  wenn  man  gerade  aus 
diesem  letztern  Umstände  schliefsen  wollte,  man  habe  es  hier  mit 


*  Es  bedarf  wohl  kaum  der  Bemerkung,  dafs  die  hier  gemeinte  Syn- 
these von  der  Z.  29  gemeinten  grundverschieden  ist  und  sich  nur  auf  Z.  20  f. 
bezieht,  da  ja  die  Agglutination  auch  ein  Zusammenfassen  der  Vorstel- 
lungen ist. 


314  o.  DITTRICH, 

einer  gewöhnlichen  syntaktischen  Verbindung  zu  thun,  deren  Teile 
sich  nach  Aussprechen  des  Satzes  wieder  trennen  und  ihr  geson- 
dertes Dasein  führen,  bis  sie  der  Zufall  wieder  zusammen  bringt. 
Man  vergleiche  nur  zwei  Sätze  wie  videme  albam  sptnam  quae  est 
Ulk?  und  alba  spina  est  planta  quae  .  . .,  und  man  wird  sich  des 
Unterschiedes  bewufst  werden:  dort  hat  aJba  nur  den  Zweck,  den 
Angeredeten  auf  die  Farbe  der  Blüten  aufmerksam  zu  machen,  mn 
ihn  den  gemeinten  Strauch  von  andern  etwa  daneben  befindlichen 
unterscheiden  zu  lassen;  hier  ist  mit  der  Beilegung  des  Attributes 
alba  der  Zweck  der  Namengebung  verbunden,  und  alba  bleibt 
mit  Spina  in  der  Seele  des  Angeredeten  agglutiniert,  wodurch  die 
S*  309  f.  geschilderte  Entwicklung  ermöglicht  wird.  Ich  kann  daher 
MLGr.  II  577  nicht  beistimmen,  finde  vielmehr  gerade  in  rum.  ban 
it.  domenica  den  Beweis,  dafs  lunae  dies^  dies  dominica  keine  gewöhn- 
lichen Wortgefüge  waren;  wie  würde  sich,  wenn  keine  Agglutination 
vorläge,  der  spätere  Wegfall  eines  Teils  ohne  Schädigung  des  Sinns 
erklären?  1  —  Ist  dagegen  die  Syntax  aufser  stände,  die  zwischen 
den  Teilvorstellungen  bestehenden  Beziehungen  kurz  und  bündig 
auszudrücken,  dann  werden  gewifs  auch  in  der  Ursprache  die  ein- 
fach nebeneinander  gestellten  Wurzeln  oder  Stämme  nicht  den 
Eindruck  einer  gewöhnlichen  syntaktischen  Verbindung  gemacht 
haben;  jüngere  Sprachperioden  haben  in  diesem  Falle  das  bequeme 
Auskunftsmittel,  auf  eine  frühere  Syntax  zurückgreifen  zu  können* 
die  in  den  aus  ihrer  Lebenszeit  herübergeretteten  Compositis  formell 
fortlebt,  aber  ihren  Bedeutungsinhalt  verloren  hat,  so  dafs  also  in 
die  nunmehr  erstehenden  Analogiebildungen  auch  Beziehungen 
hineingelegt  werden  können,  welche  die  lebende  Sprache  in  ihrer 
Syntax  nur  durch  langatmige  Umschreibungen  auszudrücken  ver- 
möchte. —  Was  die  Worteinheit  angeht,  so  kann  ich  auf  das 
S.  310  Gesagte  verweisen  und  möchte  nur  noch  hinzufügen,  dafs 
sie  bei  Bildungen,  die  sich  der  Syntax  ihrer  Entstehungszeit  be- 
dienen, allerhöchstens  im  Stadium  Ba  (vgl.  S.  309),  gewöhnlich 
aber  erst  in  B¿  eintreten  kann,  aber  nicht  mufs,  d.  h.  graphisdi» 
während  wir  phonetisch  z.  B.  chemin  de  fer  sehr  wahrscheinlich  von 
allem  Anfang  als  §m}t/^r  anzusetzen  haben.^  —  Bezüglich  der  so- 
genannten werdenden  Composita  ist  oben  S.  311  f.  alles  Nötige 
gesagt  worden. 

Der  S.  3 1 3  aufgestellte  Leitsatz   soll   im   zweiten  Teile  dieser 
Abhandlung  im  einzelnen  nachgewiesen  werden;  bevor  dies  jedoch 


^  Vgl.  dazu  die  reiche  Beispielsammlung  bei  Schulze,  „Ueber  Wortver* 
Schmelzung  etc." 

^  Ich  vermag  auch  das  Auftreten  der  Binnenflexion  nicht  als  ein  Kri« 
terium  dafür  anzuerkennen,  dafs  Composita,  wo  sie  sich  findet,  noch  keine 
,, richtigen"  Composita  seien;  in  neufranzösischen  Bildungen  vnt  chemin  de  fer 
vollends  hat  sie  ja  von  allem  Anfang  an  nur  auf  dem  Papiere  bestanden 
{chemina  defer),  während  phonetisch  das  Pluralzeichen  im  Artikel  liegt:  If, 
de  imfi/fr.  Die  phonetische  Syntax  ist  ja  überhaupt  eine  ganz  andre  alt  die 
graphische. 


ÜEBER  WORTZÜS AÄIMENSETZUNG.  3 1 5 

geschehen  kann,  müssen  wir  der  Frage  einer  einheitlichen  Classi- 
floation  aller  Composita  vom  Standpunkte  der  Bedeutung  näher 
treten.  Die  bisherigen  Einteilungsversuche  gehen  mit  geringen 
Ausnahmen  (Tobler,  Brgm.  II  84)  von  der  Form  der  Composita 
aus  und  behandeln  die  Bedeutung  innerhalb  der  Formkategorien. 
In  welcher  Weise  dies  geschieht,  mag  die  folgende  Uebersicht 
zeigen,  die  keinen  Anspruch  auf  absolute  Vollständigkeit  erhebt, 
vielmehr  nur  die  wichtigsten  hier  in  Betracht  kommenden  Ein- 
teilungen kurz  zusammenfafst: 

L  Oberster  Einteilungsgrund  ist  entweder  a)  die  histo- 
risch-syntaktische Beziehung  der  Compositionsglieder  zu  ein- 
ander ^  oder  Ò)  die  Wortart  des  ganzen  Compositums,  wobei  nur 
die  Nominalzusammensetzung  in  Betracht  gezogen  ist^,  oder  c)  die 
logische  Beziehung  der  Compositionsglieder  zu  einander^.  — 
2.  Die  Unterteilungen  werden  überall  nach  grammatischen 
und  logischen  Gesichtspunkten  gemacht,  wobei  bald  diese  jenen*, 
bald  jene  diesen*  untergeordnet  und  die  alten  indischen  Klassen 
der  Dvandva,  Tatpurusa  etc.,  die  bei  Bopp,  obwohl  eines  einheit- 
lichen Einteilungsprincipes  ermangelnd,  noch  als  Hauptkategorien 
auftreten,  in  der  verschiedensten  Weise  untergebracht  werden.  Da- 
bei gewinnt  die  Determinationsbeziehung  zwischen  den  Com- 
positionsgliedem  ein  solches  Uebergewicht,  dafs  sie  von  den  meisten 
als  ein  notwendiges  Merkmal  der  Zusammensetzung  hingestellt  wird; 
dies  führt  bei  Tobler  und  Schmidt*  zur  Ausscheidung  der  Dvandva, 
während  Mätzn.  Gr.  306  (trotz  Gr.  292)  diese  einfach  als  Unter- 
abteilung der  Determinativa  aufführt.  Brgm.  II  83  weist  mit  Recht 
alle  logischen  Unterteilungen  als  zu  subtil  ab.  —  3.  Die  Partikel- 
composita (d.  h.  die  mit  Partikel  im  i.  Glied)  erhalten  überall  eine 
Sonderstellung  insofern,  als  bei  ihnen  nur  uneigentliche  Zuss.  mög- 
lich ist  und  die  Unterteilungen  anders  ausfallen  "';  die  Bedeutungs- 
kategorien werden  in  der  Regel  bei  den  einzelnen  alphabetisch 
geordneten  Partikeln  abgehandelt  —  4.  Die  sogen.  Imperativ- 
composita werden  teilst  in   den  Hauptkategonen   i  untergebracht, 

^  Grimms  eigentl.  und  imeigentL  Zuss.  =  Diez-Mätzn.-Schmidts  echte  und 
unechte;  Mikl.'s  Composita  u.  Zusammenruckungen ;  Brgm.  11  22,  der  aber 
Form  und  Bedeutung  consequent  scheidet  und  ausdrücklich  bemerkt,  seine 
4  Kategorien  statuierten  keine  principiellen  Unterschiede,  sie  sollten  zunächst 
nur  die  Uebersicht  erleichtern;  i  u.  4  Brgm.'s  =  Grrimms  cig.  u.  uneig.  Zuss. 

*  Schroed.,  Skutsch,  Brgm.  II  84.  87:  immutierte  u.  mutierte  Zuss.;  und 
früher  Justis  niedere  und  höhere,  Mikl. -Whitneys  primäre  u.  secundare  Zuss. 
(von  Mikl.  nur  zur  Unterteilung  seiner  „Compp."  verwendet). 

'  Tobler,  Brgm.  II  84  :  beiordnende  u.  unterordnende  Zuss. 

*  Grimm,  Diez,  Mätzn.,  Mikl.,  Schroed.,  Wilm. 
5  Tobi.,  Skutsch,  Whitney. 

*  Schmidt  S.  II:  „Da  es  zur  Herstellung  einer  Begriffseinheit  notwendig 
ist,  dafs  der  eine  zum  Glied  der  Zusammensetzung  gewordene  Begriff  als  der 
bestimmende  Teil  sich  dem  andern  als  dem  Grundwort  unterordne,  so  mufs 
zunächst  jedes  Abweichen  von  diesem  Verhältnisse  logischer  Unterordnung 
von  wirklicher  Zusammensetzung  ausgeschlossen  werden." 

'  Grimm  etc.  ;  Brgm.  II  22,  2.  u.  3.  Gruppe. 
'  Mätzn.,  Mikl.,  Schmidt 


3l6  o.  DITTRICH, 

teils  1  erhalten  sie  eine  Sonderstellung  als  „Zuss.  von  Phrasen",  teils 
werden  sie  überhaupt  nicht  erwähnt  (Tobler).  —  5.  Die  Para- 
syntheta  werden  ebenfalls  entweder  innerhalb  der  Kategorien  i 
und  2  behandelt^,  oder  ausgeschlossen^.  —  6.  Die  Doppelungen 
werden  teils  ausgeschlossen*,  teils  aufgenommene —  7.  Eine  Sonder- 
stellung, die  auch  zu  einer  gesonderten  und  ausführlicheren  Be- 
handlung nötigt,  nimmt  Darmesteters  Einteilung  (MC,  MN., 
CdGr.)  ein,  die  auch  von  Meyer -Lûbke  in  seine  RGr.  herûber- 
genommen  ist.  Bekanntlich  unterscheidet  Da.  zunächst  Juxta- 
posita  und  Composita,  und  zwar  erklärt  er  i.  (MC.  8)  jene  nur 
für  eine  „simple  réunion  de  termes  rapprochés  par  les  hasards  de 
Tusage,  (MC.  lO:)  sans  ellipse^\  diese  für  eine  ^^unton  intime  de 
mots  dont  le  rapprochement  a  sa  raison  d'être  dans  Vellipse^*.  Und 
weiter  2.  „la  juxtaposition  isole  les  idées,  indique,  quand  il  y  a 
lieu,  les  rapports  à  Faide  de  particules,  et  recourt  à  Vanalyse\  la 
composition  groupe  dans  une  unité  simple  des  idées  qui  se  pré- 
sentaient naturellement  séparées,  et  procède  par  voie  de  synthèse." 
Hätte  nun  Da.  dieses  letztere  Princip,  mit  dem  ich  übrigens  nicht 
übereinzustimmen  vermag  (vgl.  oben,  bes.  S.  313),  auch  für  die 
Unterteilungen  festgehalten,  so  hätte  sich  unter  Berücksichtigung 
von  MC.  3  :  „l'on  peut  voir  dans  la  composition  non  pas  une  com- 
binaison de  mots  (substantifs  et  subst,  subst  et  adj.,  subst  et 
verbes,  etc.),  mais  une  combinaison  d'idées  rendue  visible  par  celle 
des  mots"  etwa  folgendes  ergeben:  A)  die  repr.  Vorst  wird  auf- 
gelöst in  I.  Gegenstand^  u.  Eigenschaft:  plafond^  coffre^fort^  htm" 
fait\  hei  esprit,  aigue-marine,  hon-chrétìen\  2.  Gegenst.  u.  Beziehung 
u.  Gegenst:  chef ^d* œuvre,  arc-en^ciel,  lundi,  arts  et  métiers,  point  {et) 
virgule;  oouton-d'or,  harhe-de^houc,  pied-à-terre;  3.  Thätigkeit  u.  deren 
Objekt:  lieutenant,  savoirs/aire,  ouï-dire;  4.  Eigenschaft  u.  deren 
Modification:  bienheureux,  etc.;  B)  es  werden  in  eine  Vorstellung 
vereinigt:  5.  Gegenst.  u.  Eigenschaft:  chou-fleur;  6.  [Richtung  u. 
Ziel:  aloi,  pourboire^,  7.  Gegenst.  u.  Eigenschaft:  arrière 'Caur; 
8.  Gegenst.  u.  Gegenst.:  banlieue^  timbre-poste;  9.  Thätigkeit  u.  deren 
Mittel:  colporter;  10.  Thätigkeit  u.  deren  Objekt:  portefeuille,  re- 
gardez-moi, bat-à-bourre,  couvre-feu;  11.  Thätigkeit  u.  deren  Subj: 
marchepied;  12,  Thätigkeit  u.  That:  cache-cache.  Eine  genauere 
psychologische  Analyse,  wie  sie  Da.  allerdings  für  10 — 12  vor- 
nimmt, hätte  wahrscheinlich  zu  einer  einheitlichen  Classification 
nach  psychologischen  Gesichtspunkten  geführt,  in  die  auch  die 
Partikelcomposita,    denen   Da.   eine   besondere   Stelle  anweist, 


^  Grimm,  Diez,  Wilm. 

^  Grimm,  Mätzn.;    Diez  (mit  dem  Vorbehalt,  dafs  sie  eigentlich  Ablei- 
tungen seien);  Mikl.,  Schroed.;  Brgm.  (mit  Vorbehalt  II  29);  Wilm. 

*  Schmidt. 

*  Grimm,  Mikl.,  Tobi,  etc. 

*  Mätzn.,  Brgm. 

^  Ich  gebrauche  hier  der  Kürze  wegen  anstatt  Ge^enstanäsvorst,  etc, 
den  Ausdruck  Gegenstand  etc. 


UEBER  WORTZUSAMMENSETZUNG.  317 

hätten  einbezogen  werden  können.  Aber  der  Verfolgung  dieses 
Gedankenganges  trat  der  Umstand  hindernd  entgegen,  dafs  auch 
Da.  die  Composition  aus  der  Syntax  ableitet:  „sa  théorie  rentre 
tout  entière  dans  celle  de  la  construction  de  la  phrase"  (MC.  5). 
Und  von  hier  aus  muíste  er  allerdings  mit  logischer  Consequenz 
zu  seinen  „juxtaposés"  und  „composés"  gelangen,  und  zwar  zu 
den  letztern  durch  Annahme  einer  Ellipse.  Die  Einreihung  von 
portefeuille,  pourboire  etc.,  die  an  sich  ganz  richtige  syntaktische 
Verbindungen  sind,  in  die  „composés",  von  hei  esprit,  aigtie-marim^ 
barbe-de-bouc  etc.  (obwohl  auch  bei  diesen  die  Annahme  einer 
Ellipse,  wenn  man  sie  überhaupt  gelten  läfst,  trotz  MC.  59  nicht 
zu  umgehen  ist)  in  die  „juxtaposés"  scheint  mir  die  Vermutung 
zu  rechtfertigen,  dafs  Da.  so  gefolgert  hat:  1st  ein  zusammen- 
gesetztes Wort  so  beschaffen,  dafs  es,  in  einen  Satz  eingefügt,  die 
Satzconstruction  nicht  unterbricht,  sondern  sie  in  der  Weise  fort- 
setzt, wie  es  nach  dem  bereits  ausgesprochenen  Teile  des  Satzes 
zu  erwarten  war,  so  hat  man  ein  Juxtapositum  vor  sich,  z.  B.  le 
joaillier  m  avait  dit  que  c* était  une  (erwartet:  Subst.:)  aigue^marine 
(auch  das  Adj.  schliefst  sich  syntaktisch  normal  an);  tritt  dagegen 
an  Stelle  der  erwarteten  syntaktischen  Verbindung  eine  andre,  so 
wird  die  Satzconstruction  unterbrochen,  und  die  Wörter,  die  sie 
unterbrechen,  schliefsen  sich  durch  diese  „Ellipse"  zu  einem  Ganzen 
zusammen;  z.  B.  donne -lui  donc  un  (subst.  Objekt  erwartet,  statt 
dessen  Präp.  +  Inf.  :)  pourboire,  während  pourboire  am  Anfang  eines 
Satzes  oder  in  c'est  pour  boire  als  gewöhnliche  syntaktische  Ver- 
bindung erscheint  und  auch  eine  solche  bleibt  ^  Die  Vermutung, 
dafs  Da.  diesen  Gedankengang  verfolgt  habe,  erhält  eine  weitere 
Stütze  durch  MC.  59  :  „ceux-ci  [d.  h.  les  composés]  sont  formés  par 
l'ellipse  d'un  ou  plusieurs  mots  qui  seraient  nécessaires  pour  la 
correction  de  la  construction"  und  insbesondere  CdGr.  Ill  6:  „dans 
timbre-poste,  il  y  a  ellipse  d'une  préposition:  timbre  de  la  poste  ou 
pour  la  poste\  dans  arrière-cour,  d'une  proposition:  cour  qui  est  en 
arrière)  dans  portefeuille,  d'une  phrase  entière:  ce  qui  porte  les 
feuilles^  ou  plus  exactement,  à  Timpératif,  porte,  va  porter  les  feuilles^\ 
wogegen  die  Juxtaposition  in  der  „réunion  de  deux  ou  plusieurs 
termes  groupés  d'après  les  lois  ordinaires  de  la  langue,  sans  vio- 
lence faite  à  la  syntaxe,  sans  ellipse"  bestehen  soll.  Man 
sieht   ohne    weiteres,    in   welchem  Sinne   die   Ellipse   hier   gefafst 


'  Hier  ist,  beiläufig  bemerkt,  ebenfalls  ein  Ausgangspunkt  der  Theorie, 
nach  welcher  ein  Juxtapositum  erst  längere  Zeit  als  gewöhnliche  syntaktische 
Verbindung  leben  müfsle,  bevor  sich  die  „unité  de  l'image"  einstellen  könnte. 
Damit  es  zu  dieser  gelangen  könne,  ist  es  nach  dieser  Theorie  nötig,  dafs  die 
syntaktische  Verbindung  gegenüber  den  übrigen  Teilen  des  Satzes  isoliert  werde, 
und  dies  kann,  solange  sich  die  Syntax  nicht  ändert,  nur  dadurch  zu  stände 
kommen,  dafs  entweder  eines  der  Glieder  dieser  Verbindung  formell  oder  der 
Bedeutung  nach  keines  selbständigen  Lebens  mehr  iahig  sei,  oder  dafs  die 
Etymologie  der  einzelnen  Glieder  bei  der  Reproduction  nicht  mehr  zum  Be- 
wufstsein  komme  und  sie  sich  dadurch  in  Eins  zusammenschliefsen  ;  alles 
natürlich  eine  Frage  der  Zeit.    Vgl.  dazu  oben  S.  3iif.,  bes.  S.  312. 


31 8  o.  DITTRICH, 

wird:  Vorhandensein  einer  Lücke  in  der  von  vornherein  zu  erwar- 
tenden Continuität  der  Satzconstruction.  Hier  ist  nun  zunächst  zu 
unterscheiden  zwischen  Bildungen  wie  timbre^posU,  arrière^cour  etc., 
wo  diese  Lücke  zwischen  den  Gh'edcm  des  Compositums,  und 
Bildungen  wie  portefeuille,  contr empoison,  pourboire,  wo  sie  zum  Teil 
auch  vor  dem  Compositum  läge.  Was  timbre-poste  etc.  betrifit,  so 
mufsten  diese  Composita  Da.,  der  unter  Syntax  die  „Syntax  einer 
Flexionssprache"  versteht  und  das  Vorhandensein  einer  andern  Art 
Syntax  nur  erst  als  möglich,  nicht  aber  als  gewifs  ansieht  (MC  7), 
allerdings  als  elliptisch  erscheinen,  weil  die  Beziehung  zwischen 
den  Compositionsgliedern  nicht  in  den  Formen  der  ñexionaien 
Syntax  ausgedrückt  ist,  und  er  stellt  sie  in  dieser  Hinsicht  ganz 
mit  Recht  auf  eine  Stufe  mit  der  thematischen  Composition  der 
alten  Sprachen.  Bedenkt  man  aber,  dafs  diese  thematische  Com- 
position, wie  heute  allgemein  anerkannt  ist,  in  der  vorflexivischen 
Zeit  der  idg.  Sprachen  ebenfalls  einer  syntaktischen  Construction 
entsprach,  so  mufs  man  auch  zugeben,  dafs  jene  alte  Construction 
die  adäquate  Form  eines  Bedeutungsinhaltes  gewesen  sei,  soweit 
überhaupt  eine  solche  Correspondenz  von  Inhalt  und  Form  denk- 
bar ist.  Dann  verschwindet  aber  die  Ellipse  in  dem  von  Da. 
angenommenen  Sinne:  das  Thema  war  eben  dazu  im  stände,  andre, 
viel  allgemeinere  und  mannigfaltigere  Beziehungen  in  sich  aufzu- 
nehmen, als  die  ñexivische  Wortform,  und  es  ist  gar  nicht  wunder- 
bar, dafs  sich  die  Sprache  in  ihrer  flexionalen  Periode  das  Recht 
bewahrte,  im  Falle  des  Bedarfs  auf  jene  alten  Constructionen  zu- 
rückzugreifen (vgl.  oben  S.  314).  Nun  leugnet  zwar  Da.  MC.  6  fürs 
Franz.  (abgesehen  von  gelehrten  Bildungen)  die  Stammcomposition, 
aber,  wie  ich  glaube,  mit  Unrecht:  denn  poste  in  timbre-poste  1st  ja 
weder  Nom.  noch  Acc,  was  es  der  Form  nach  sein  könnte,  noch 
Gen.  oder  Dat.,  was  es  schon  der  Form  nach  nicht  sein  kann 
(man  müfste  denn  mit  Da.  CdGr.  III  43  f.  annehmen ,  dafs  ein 
neuer  Genitiv  nur  in  Compositis  in  der  Bildung  begriffen  sei,  eine 
Annahme,  die  sich  durch  nichts  stützen  läfst  und  die  aufserdem 
consequenterweise  die  „composés  avec  un  génitif"  aus  den  „com- 
posés" ausschlösse);  was  bleibt  also  übrig  als  die  Stammform,  die 
durch  die  Bedeutung  allein  gerechtfertigt  wird?  Was  ¡st  formell 
für  ein  Unterschied  zwischen  timbre-poste  und  Postkarte!  Ueber 
arrière-cour  bedarf  es  nach  dem  vorstehend  über  die  Syntax  Gesagten 
nur  noch  der  Bemerkung,  dafs  zu  allen  Zeiten  auch  die  einfache 
Nebeneinanderstellung  von  Wörtern  (Stämmen,  Wurzeln)  als  sjnii- 
taktische  Form  genügt  hat,  wenn  der  gewollte  Bedeutungsinhalt 
einer  Wortgruppe  oder  eines  sich  dieser  Form  bedienenden  Wortes 
durch  dieses  einfache  Mittel  ausdrückbar  war;  dafs  diese  Möglich- 
keit bei  arrière-cour  vorlag,  dürfte  kaum  jemand  bezweifeln;  von 
einer  Ellipse  kann  also  auch  hier  keine  Rede  sein;  ich  halte  über- 
haupt bis  auf  weiteres  an  der  Ansicht  fest,  dafs  es  am  besten  sei, 
den  Begriff  der  Ellipse  auf  die  Fälle  einzuschränken,  wo  wirklich 
im  Laufe  der  Zeit  Wörter  ausgefallen  sind,  so  wenn  es  z.  B.  früher 


UEBER  :WORTZ0SAMMENSETZUNG.  3 1 9 

lunette  de  longue  cue  hiefs  und  jetzt  longue  vue  heifst.  —  Betrachten 
wir  nun  portefeuille^  conire^poison^  pourboire  etc.  etwas  näher,  so  er- 
giebt  sich,  dafs  hier  die  Annahme  einer  Ellipse  in  dem  S.  318 
Z.  I  f.  ersvähnten  Sinne  voraussetzen  würde,  es  sei  beim  Aussprechen 
des  Satzes,  in  dem  das  Compositum  zum  ersten  Male  vorkam,  die 
Continuität  der  Construction  aus  irgend  welchem  unbekannten 
Grunde  verletzt  worden.  Dies  ist  nun  aber  durchaus  nicht  der 
Fall.  Um  bei  dem  Beispiele  von  S.  317  zu  bleiben:  beim  Aus- 
sprechen des  Satzes  donne-lui  donc  un  pourboire  wird  hinter  un  nur 
der  lautliche  Ausdruck  einer  Gegenslandsvorstellung  vom  Sprechen- 
den beabsichtigt  und  vom  Hörenden  erwartet.  So  gut  nun  der 
Deutsche  durch  seine  Apperception  zunächst  des  ganzen  Gegen- 
standes, sodann  des  Zwecks  des  ganzen  Gegenstandes  zu  seinem 
Worte  Trinkgeld  gelangt,  das  mit  seinem  substantivischen  zweiten 
Compositionsglied  auch  die  syntaktische  Erwartung  des  nachträg- 
lich analysierenden  Grammatikers  erfüllt,  ebenso  gut  konnte  der 
Franzose  nur  den  Zweck  des  Gegenstandes  ausdrücken  und  so 
zu  einem  Worte  gelangen,  das  die  Gegenstandsvorstellung  durch 
Präp.  +  Inf.  wiedergiebt  {pour  boire)  und  die  syntaktische  Erwartung 
des  in  seiner  Analyse  zu  weit  gehenden  Grammatikers  nicht  erfüllt. 
Denn  das  ist  entschieden  zu  weit  gegangen,  wenn  man  annimmt, 
dafs  die  syntaktische  Verbindung,  die  man  durch  Auflösung  des 
Compositums  in  seine  Teile  erhält,  sich  als  solche  „eigentlich"  in 
den  Satz  einfügen  müfste,  ohne  dessen  Continuität  zu  stören,  und 
dafs  man  es  in  allen  Fällen,  wo  dies  nicht  geschieht,  mit  einer 
„violence  faite  à  la  syntaxe"  zu  thun  habe.  Von  einer  solchen 
kann  gar  keine  Rede  sein,  weil  pourboire  durch  un  als  Subst.,  durch 
die  Stellung  als  Objekt  deutlich  markiert  und  damit  den  syntak- 
tischen Forderungen,  die  an  den  vorliegenden  Satz  gestellt  werden 
können.  Genüge  geleistet  ist;  woraus  pourboire  besteht,  ist  also  für 
den  Satz,  in  dem  es  vorkommt,  völlig  gleichgültig,  und  für  sich 
betrachtet,  bietet  es  als  ganz  legitime  syntaktische  Verbindung 
ebenso  wenig  Anlafs  zu  Bemerkungen,  wie  portefeuille  und  contre- 
poison, Lafst  sich  also  die  Annahme  einer  Ellipse  im  Sinne  einer 
Lücke  in  der  Satzconstruction  einerseits  nur  aufrecht  erhalten,  wenn 
man  die  flexional  e  Syntax  als  Norm  aufstellt,  ein  Verfahren,  das 
nach  dem  heutigen  Stande  der  Wissenschaft  keine  Berechtigung 
mehr  hat,  und  fallt  anderseits  eine  solche  Ellipse  bei  Bildungen 
wie  pourboire  etc.  überhaupt  weg,  so  ist  die  Ellipse  in  diesem  Sinne 
auch  kein  geeigneter  Einteilungsgrund  mehr  für  eine  Qassifìcation 
der  Composita.  Eine  andere  Frage  ist  es,  ob  man  mit  einer 
andern  Art  Ellipse,  wie  sie  Da.  MC.  7  andeutet,  nicht  weiter  konmit: 
„la  composition  [romane],  pour  se  modifier  dans  sa  forme  ex- 
térieure, n'en  reste  pas  moins  ce  qu'elle  était  dans  les  langues 
anciennes,  une  expression  synthétique,  éveillant  dans  la  pensée  plus 
d'idées  que  les  parties  qui  la  forment  n'en  peuvent  fournir,  prises 
chacune  en  elle-même.  L'ellipse  y  reste  toujours  le  caractère  fon- 
damental,  bien  plus,   le  caractère  unique."     Hält  man  damit  Paul 


320  o.  DITTRICH,    ^ 

263  f.  zusammen:  ,,man  mûfste  den  Begriff  der  Ellipse  in  viel  aus- 
gedehnterem Mafse  anwenden,  als  es  jetzt  üblich  ist;  man  muíste 
zugeben,  dafs  es  zum  Wesen  des  sprachlichen  Ausdrucks  gehört 
elliptisch  zu  sein,  niemals  dem  vollen  Inhalt  des  Vorgestellten  ad- 
äquat, so  dafs  also  in  Bezug  auf  Ellipse  nur  ein  Gradunterschied 
zwischen  den  verschiedenen  Ausdrucksweisen  besteht",  dann  bedarf 
es  einfach  der  Ersetzung  des  negativen  Ausdruckes  „Ellipse"  durch 
den  positiven  „Apperception  gewisser  Elemente  aus  einer  Gesamt- 
vorstellung", und  man  ist  auf  dem  Standpunkte  angelangt,  den  ich 
oben  S.  313  vertreten  habe.  Damit  dehnt  sich  aber  die  „Ellipse" 
auch  über  die  Juxtaposita  aus,  die  „idée  nouvelle  que  l'on  ne 
pourrait  retrouver  dans  les  éléments  pris  à  part"  ist  nicht  mehr 
blofs  in  pourboire  zu  fìnden,  sondern  ebenso  gut  auch  in  pied^a- 
terre  y  denn  dieses  bedeutet  nicht  „Fufs- zur -Erde",  sondern  den 
„Ort,  wo  man  den  Fufs  zur  Erde  setzt",  alle  „juxtaposés  avec  syn- 
ecdoque, métaphore  et  métonymie"  rücken  in  die  Reihe  der  „com- 
posés" ein;  und  bedenkt  man,  dafs  aubépine  auch  kein  „weifser 
Domstrauch"  schlechthin,  sondern  ein  ganz  besonderer  „Dornstrauch 
mit  weifsen  Blüten"  ist,  und  dafs  pomme  in  der  Bedeutung  „apfel- 
ähnliche Frucht"  nicht  selbständig  vorkommt,  so  bleibt  von  den 
„juxtaposés",  die  der  Analyse  „pas  plus  d'idées  que  chacun  des 
termes  qui  les  composent"  (MC.  8)  bieten  sollen,  überhaupt  nichts 
mehr  übrig.  —  Kehren  wir  nun  zu  Darmesteters  Einteilung  zurück, 
so  ist  nur  noch  zu  sagen,  dafs  er  der  Partikelcomposition  eine 
gesonderte  Stellung  zwischen  den  „juxtaposés"  und  „composés" 
anweist,  und  zwar  mit  Rücksicht  auf  die  Parasyntheta,  denn  die 
übrigen  Partikelcomposita  liefsen  sich,  wie  Da.  selbst  zugiebt,  in 
die  Juxtap.  und  Composita  aufteilen,  was  er  bei  einzelnen  {arrière^ 
cour  y  pourboire  etc.;  bienheureux  etc.)  auch  thut  (warum?);  den 
Schlufs  der  „composés"  bilden  „composés  irréguliers",  die  sehr 
Verschiedenartiges,  u.  a.  auch  die  Doppelungen  umfassen;  die 
mots  savants  und  Lehnwörter  sind  ganz  getrennt  behandelt 
und  nach  Sprachen  (lat.,  griech.,  etc.)  eingeteilt;  nur  bei  den  it. 
sp.  pg.  Lehnwörtern  wird  auf  den  ersten  Teil,  der  die  populären 
Bildungen  nach  den  obigen  Gesichtspunkten  eingeteilt  bringt,  ver- 
wiesen. Dafs  die  Unterteilungen  der  Juxtaposita  und  Com- 
posita bei  der  Annahme  eines  verschiedenen  Blldungsprincipes 
für  jede  dieser  Hauptklassen  und  infolge  des  Wegfalls  der  syn- 
taktischen Ellipse  bei  den  Juxtapositis  nicht  gleichmäfsig  ausfallen 
konnten,  ist  selbstverständlich,  und  ich  möchte  darum  mit  Da.  nicht 
so  strenge  ins  Gericht  gehen,  wie  es  Koschwitz  in  seiner  Recension 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  15,  232  f.  thut. 

Eine  kurze  zusammenfassende  Kritik  der  S.  3 1 5  f.  erwähnten 
andern  Einteilungsversuche  wird  uns  deren  Wert  für  die  Erkennt- 
nis des  Wesens  der  Composition  zeigen  und  zugleich  den  Weg 
weisen,  auf  dem  man  zu  einer  natürlichen  Classification  der 
Composita  gelangen  kann.  Denn  dafs  die  bisherigen  Systeme, 
wenigstens   was   die  Bedeutungskategorien  betrifft,   als  künstliche 


UEBER  WORTZUSAMMENSETZUNG.  321 

bezeichnet  werden  müssen,  ist  aufser  Zweifel.)  £s  ist  aber  auch 
ganz  erklärlich,  dafs  künstliche  Systeme  entstehen  müssen,  solange 
man  von  einer  Vergleichung  der  fertigen  Objekte  ausgeht  und 
von  hier  aus  vorwärtsschreitend,  an  die  Stelle  der  reconstructiven 
Genese,  die  bei  Erfahrungsobjekten  immer  gefordert  wird,  eine 
constructive  Genese  setzt.  „Enthält  nun  auch  die  äufserlich  und 
zum  Teil  künstlich  angewandte  genetische  Form  überall  einen  Hin- 
weis auf  die  wirkliche  Entwicklung  der  Objekte,  und  bahnen  çben 
darum  die  auf  solche  Weise  entstandenen  Einteilungen  den  wahren 
genetischen  Systemen  den  Weg"  (WL.  II  58),  so  ist  doch  ander- 
seits nicht  in  Abrede  zu  stellen,  dafs  unter  Umständen  eine  rein 
descriptive  Einteilung  einer  künstlichen  genetischen  vorzuziehen  ist; 
denn  die  rein  descriptive  Einteilung  verzichtet  auf  die  Einsicht  in 
die  wechselseitigen  Beziehungen  der  Elemente  des  einzuteilenden 
Begriffs,  während  die  künstliche  genetische  Classification  solche 
Beziehungen  construiert  So  wurde  oben  S.  307  gezeigt,  wie  aus 
der  Vergleichung  von  Zusammensetzungen  verschiedenen  Alters  die 
Genesis  der  Composition  abstrahiert  und  nun  auf  Grund  von  Fol- 
gerungen, die  zu  einer  irrtümlichen  Auffassung  der  Stellung  geführt 
haben,  welche  der  Syntax  bei  der  Schöpfung  eines  Compositums 
zukommt,  die  „werdenden"  Composita  aus  der  Zahl  der  Zusammen- 
setzungen ausgeschlossen  wurden.  Während  es  aber  hier  genügt, 
eine  irrtümlich  statuierte  Beziehung  zwischen  wirklichen  Elementen 
des  einzuteilenden  Begriffs  zu  berichtigen,  worauf  als  höchst  wert- 
volles Resultat  die  ganze  mögliche  Geschichte  des  fertigen  Com- 
positums zurückbleibt  (vgl.  S.  3 1 2  f.),  vermag  das  willkürliche  Hinein- 
tragen fremder  Elemente  in  den  Begriff  die  Erkenntnis  der  wirk- 
lichen Genesis  für  lange  Zeit  zu  trüben,  ohne,  wenn  diese  Elemente 
nachher  eliminiert  werden,  irgend  einen  nutzbaren  Rest  zurückzu- 
lassen. Eine  solche,  ich  möchte  sagen,  unglückliche  Rolle  haben 
in  der  bisherigen  Geschichte  des  Begriffes  „Composition"  gewisse 
logische  Begriffe  gespielt:  die  Determinationsbeziehung,  das  Ver- 
hältnis der  Beiordnung  oder  Unterordnung,  der  Gattung  und  Art, 
mittelst  deren  die  Bedeutung  der  Zusammensetzungen  erklärt  wurde. 
Die  auf  die  Annahme  einer  Determinationsbeziehung  bei  allen 
Compositis  gegründete  Theorie  vom  Grund-  und  Bestimmungswort 
führt  entweder  zur  Ausschliefsung  ganzer  Klassen  von  Zusammen- 
setzungen (vgl.  oben  S.  315,  bes.  Anm.  6),  oder  sie  läfst  diese  Bil- 
dungen, wenn  sie  inconsequenterweise  doch  geduldet  werden,  un- 
erklärt.^    Bleibt   hier  noch   ein  Zweifel,   ob   man  nicht   doch  die 


^  Die  Formkategorien  der  eigentl.  u.  uneigen tl.  etc.  Composita,  die  uns 
hier  nicht  weiter  beschäftigen,  stehen  und  fallen  mit  der  Agglutinationshypo- 
these, und  erscheinen  als  natürliche,  solange  diese  in  Kraft  bleibt;  nur 
würde  es  sich  empfehlen,  die  nicht  mehr  zeitgemäfsen  Ausdrücke  „eigentl." 
u.  „uneigentl."  etwa  durch  „vorflexivisch"  u.  „flexivisch"  zu  ersetzen,  oder 
von  Stamm-  und  Wortcomposition  zu  reden. 

'  Auf  eine  Erklärung  mufs  diese  Theorie  allerdings  auch  bei  so  manchem 
wirklichen  „Determinativum"  verzichten;   so  vermag  sie  z.B.  keine  Rechen- 

Zeitschr.  L  rom.  PhiL  XXIL  21 


322  O.  DITTRICH, 

Absicht  der  Determination  als  bei  der  Schöpfung  wenigstens  einer 
gewissen  Klasse  von  Compositis  mitwirkend  anzusehen  habe,  so 
fällt  dieser  Zweifel  bezüglich  des  Verhältnisses  der  Beiordnung  und 
Unterordnung,  in  dem  die  Glieder  des  Compositums  zu  einander 
stehen  sollen  (vollends  in  dem  Sinne,  wie  Schmidt  an  der  oben 
S.  3 1 5  Anm.  6  citierten  Stelle  und  Brgm.  II  84  die  Unterordnung 
auffassen),  gewifs  weg.  Hier  wie  bei  der  Statuierung  eines  Ver- 
hältnisses von  Gattung  und  Art  zwischen  dem  Grundwort  und  dem 
ganzen  Compositum  ist  es  ganz  klar,  dafs  die  auf  solchen  £in- 
teilungsgründen  aufgebaute  Classification  eine  künstliche  ist  Als 
solche  wird  sie  denn  auch  von  Tobler  S.  206  ausdrücklich  zuge- 
geben. Mag  aber  Tobler  a.  a.  O.  noch  so  eindringlich  versichern, 
dafs  sich  in  seinem  Falle  „die  Herbeiziehung  der  Logik  auf  ihre 
Dienste  zum  Zweck  einer  übersichtlichen  Einteilung  der  vorliegen- 
den Thatsachen"  beschränke,  „womit  der  psychologische  Ursprung 
und  Wert  derselben  noch  gar  nicht  berührt  werde",  und  dafs  „da- 
bei nicht  die  Meinung  und  Absicht  walte,  die  sprachlichen  Pro- 
dukte hinterher  gewaltsam  unter  die  Gesetze  dieses  [d.  h.  des  logisch 
richtigen]  Denkens  zu  beugen  oder  diese  in  ihnen  als  wirksam  ge- 
wesenes Princip  vorauszusetzen";  die  Natur  der  so  als  Kategorien 
verwendeten  Begriffe  läfst  doch  unwillkürlich  die  Meinung  auf- 
kommen, als  wäre  bei  der  Schöpfung  des  Wortes  wirklich  an  Bei- 
oder Unterordnung,  Gattung  und  Art  gedacht  worden;  und  dafs 
Tobler  selbst  sich  dieser  Vorstellung  nicht  erwehren  konnte,  zeigt 
die  Stelle  Zs.  f.  Völkerps.  5,  213  deutlich  genug:  „Zweitens:  Das 
zweite  Wort  wird  im  Verhältnis  zum  Ganzen  als  Gattung  be- 
trachtet. Solche  Betrachtung  kann  allerdings  schon  bei  der 
I.  Art  stattfinden,  weil  alle  unterordnende  Zusammensetzung 
schliefslich  nur  in  ein  Verhältnis  wie  das  zwischen  Gattung  und 
Art  auslaufen  kann;  aber  dort  ist  sie  durchaus  nicht  nötig,  sondern 
blofs  accidentiell,  oder  sie  versteht  sich  von  selbst;  hier  dagegen 
ist  sie  wesentlich,  constitutiv  und  mufs  hinzukommen  als  das 
Einzige,  was  die  Verbindung  überhaupt  zusammenhält.  Hier  be- 
treten wir  das  viel  weitere  Gebiet  blofser  Anschauungsweise, 
und  wenn  irgendwo,  so  zeigt  sich  hier,  dafs  die  Sprache  nicht 
blofs  Gedanken  über  vorhandene  Dinge  und  Verhältnisse  aus- 
drückt, sondern  ganz  neue  Dinge  und  Verhältnisse  frei  schafft ..." 
Nur  das  ist  zuzugeben,  dafs  bei  einer  verhältnismäfsig  ganz  gering- 
fügigen Anzahl  von  Compositis  ein  Verhältnis  der  Gattung  und 
Art  zwischen  den  Gliedern  des  Compositums  besteht  (vgl.  cerise^ 
guigne  und  umgekehrt  [?]  choléra-viorbm);  im  übrigen  aber 
reichen  die  allgemeinen  apperceptiven  Functionen  der 
Beziehung  und  Vergleichung  (Feststellung  von  Uebereinstim- 


schaft  davon  za  geben,  warum  bas-mât,  avant-bras  nur  einen  Teil  des  mât, 
bras  bedeuten ,  oder  warum  der  sous-préfet  keine  Art  des  préfet  ist,  was  er 
nach  MC.  153  sein  muíste.  Hier  hilft  die  „figure  de  pensée**  (MC.  151)  nicht 
über  die  Schwierigkeit  hinweg. 


UEBER  WORTZUSAMMENSETZUNG.  323 

mungen  und  Unterschieden)  sowie  Analyse  und  Synthese,  die 
aller  Verstandes-  und  Phantasiethätigkeit  zu  Grunde  liegen,  zu- 
sammen mit  den  Associationen ^  die  die  Grundlagen  der 
Beziehung  etc.  bilden,  vollkommen  zur  Erklärung  aller  VVort- 
bildungserscheinungen  aus.  Vorausgesetzt  ist  dabei  allerdings, 
dafs  man  als  Objekt  der  Wortbildungslehre  nur  den  Schöpfungsakt 
des  Wortes,  sowohl  was  die  Bedeutung  als  was  die  Form  betrifft, 
im  Auge  habe,  und  alles,  was  darüber  hinausgeht,  der  Wort- 
geschichte und  dem  Bedeutungswandel  zuweise.  Eine  solche  Schei- 
dung zwischen  Entstehung  und  Geschichte  des  Composi tums  war, 
wie  mich  dünkt,  durch  die  Einführung  der  Kategorien  „Mutata" 
und  „Immutata"  (primäre  und  secundare  etc.  Composita,  s.  oben 
S.  315  Anm.  2)  angebahnt,  ist  aber  nachher  durch  die  rein  histo- 
rische Betrachtungsweise,  wie  sie  in  Paul  305,  Brgm.  II  87  ff.  zum 
Ausdruck  kommt,  wieder  zurückgedrängt  worden.  Diese  Kategorien 
sind  aus  der  Betrachtung  des  Verhältnisses  erwachsen,  in  dem  das 
fertige,  bereits  geformte  Wort  zu  der  Vorstellung  steht,  die  es  be- 
zeichnet; der  Endpunkt,  und  von  hier  aus  rückwärts  schreitend, 
der  Anfangspunkt  des  Wortschöpfungsprocesses  ist  damit  richtig 
angegeben.  An  die  Stelle  dieses  Verhältnisses  setzte  nun  die  rein 
historische  Betrachtung  ein  anderes:  die  Mutata  sollen  durch  Be- 
deutungsentwickung  aus  den  Immutatis  hervorgegangen  sein.  Dem 
widersetzt  sich  aber  gerade  das  Wort,  auf  das  man  sich  zum  Be- 
weise dieser  Annahme  zumeist  beruft:  QoâoâàxrvXoç:  ein  Subst.  *q, 
ist  nicht  vorhanden,  die  Verbindung  ç.  fícíg  kann  sehr  wohl  aus 
einer  Zeit  stammen,  wo  die  Motion  des  Adjektivs  noch  nicht  durch- 
geführt war;  dafs  kein  besonderes  Adjektivsuffix  angefügt  wurde, 
erklärt  sich  daraus,  dafs  -o-  auch  als  solches  brauchbar  war,  wie 
sich  ja  überhaupt  im  Idg.  keine  scharfe  Scheidung  zwischen  Subst- 
und  Adjektivform  durchführen  läfst;  der  Accent  kann  hier  auch 
nichts  beweisen,  weil  er  uns  wieder  auf  eine  hypothetische  Form 
*(5odo-().  führt;  die  Parallele  mit  Dickkopf  ist  nicht  stichhaltig,  weil 
dieses  und  ähnliche  Wörter  nicht  als  attributive  Adjectiva  verwendet 
werden.  So  wichtig  und  häufig  der  Kategorienwandel  als  Wort- 
bildungsmittel beim  Simplex  sein  mag  (vgl.  Paul  S.  303  ff.),  so  wenig 
läfst  er  sich  beim  Compositum  sicher  nachweisen,  weil  man  hier 
immer  mit  der  Möglichkeit  rechnen  mufs,  dafs  man  es  mit  einer 
nur  zufällig  der  Form  nach  mit  einem  vorhandenen  Compositum 
übereinstimmenden  spontanen  Neubildung  zu  thun  habe;  für  die 
letztere  Annahme  spricht  z.  B.  im  Frz.  die  grofse  Zahl  von  Bü- 
dungen  des  Typus  pourboire^  denen  keine  entsprechende  locut.  adv. 
zur  Seite  steht,  und  bezüglich  einiger,  die  Da.  MC.  147  als  aus 
solchen  hervorgegangen  betrachtet,  ergiebt  die  Bedeutung,  dafs 
dies   nicht   möglich   ist:    amont,   avcd  bedeuten   als  Adv.  „vers   la 


^  Diese  allein  als  Erklärungs-  und  Einteilungspriucip  zu  benatzen,  wie 
es  Tobler  S.  220  ff.  für  möglich  hält,  ist  nach  dem  heatigen  Stande  imseres 
psychologischen  Wissens  nicht  mehr  angängig. 

21* 


324  o.  DITTRICH, 

partie  haute,  basse",  als  Subst.  „la  partie  supérieure,  inférieure*'; 
in  dem  einen  Falle  liegt  also  eine  Richtungs-,  im  andern  Falle 
eine  Lagevorstellung  zu  Grunde,  und  dies  beweist  die  Unab- 
hängigkeit des  Subst.  vom  Adv.  Gestützt  auf  die  vorstehenden 
Erwägungen  glaube  ich  bis  auf  weiteres  auch  QodoóáxzvXoc  etc. 
als  ursprüngliche  Adj.  ansehen  zu  dürfen,  und  ihre  Entstehung  ist 
dann  wiederum  nicht  das  Resultat  einer  allmählichen  historischen 
Entwicklung,  sondern  eines  rasch  ablaufenden  occasionellen 
Schöpfungsaktes. 

Die  Grenzen,  in  welche  dieser  Schöpfungsakt  eingeschlossen 
ist,  sind  oben  S.  308  Z.  47  ff.,  die  Art,  wie  er  in  einem  einzelnen 
Falle  verläuft,  oben  S.  307  f.  angegeben  worden;  die  Schilderung 
S.  307  f.  giebt  zugleich  eine  genetische  Erklärung  des  resultie- 
renden Objekts  und  erfüllt  so  die  Vorbedingung,  an  die  jede  wahre 
genetische  Definition,  wie  ich  sie  S.  3 1 3  gegeben  zu  haben  glaube, 
gebunden  ist  Behandelt  man  die  einzelnen  Objekte,  in  unserm 
Falle  also  die  einzelnen  Composita,  in  dieser  Weise,  so  ergiebt 
sich  zuletzt  eine  natürliche  Classification  aller  Composita.  Die 
Methode  der  Einzel  Untersuchungen  ist  klar  vorgezeichnet:  ausgehend 
von  dem  fertigen,  im  Satze  auftretenden  Worte  ist  die  Gesamtvor- 
stellung zu  reconstruieren,  deren  Ausdruck  das  Wort  ist;  sodann 
mufs  die  Stichhaltigkeit  dieser  Reconstruction  durch  Verfolgung 
des  Weges  von  der  auszudrückenden  Gesamtvorstellung  zum  Worte 
geprüft  werden,  wobei  sich  die  Elemente  ergeben,  welche  aus  jener 
Gesamtvorstellung  appercipiert  und  als  deren  Repräsentanten  für 
künftige  Reproductionen  gewählt  worden  sind;  also,  um  bei  dem 
obigen  Beispiele  zu  bleiben:  i.  Reconstruction:  a/òa  spina  ist  Sub- 
jektswort, Subst.,  Ausdruck  einer  Gegenstandsvorstellung;  2.  Probe 
und  Genesis:  Gegenstandsvorstellung  Dornstrauch  (mit)  weifs(en 
Blüten),  also  Apperception  des  Ganzen  und  der  Eigenschaft  eines 
Teiles  —  Subst  u.  Adj.  —  Subst.  —  Subjektswort  alòa  spina.  Unter 
Anwendung  dieser  Methode  erhalte  ich  folgendes  Schema: 

I.  Subjekt  s  Wörter*:  i)  Substantiva:  a)  Gegenstandsvorstel- 
lungen: à)  Erkennungsnamen,  ß)  Erinnerungsnamen 2;  b)  Eigen- 
schaftsvorstellungen 3:    A,  B;    c)  Zustandsvorstellungen:    A,  B.  — 


^  Selbstverständlich  soll  damit  nicht  gesagt  sein,  dafs  das  Wort  zum 
ersten  Male  wirklich  als  Subjekt(bestimm)wort  auftreten  müTste;  es  genügt, 
wenn  es,  ohne  seine  Wortart  zu  ändern,  auch  als  Subjekt(bestiinm)wort 
verwendbar  wäre  ;  so  kann  z.  B.  aus  dem  Satze  Câtt^  plante  est  une  aubépine 
oder  les  fleurs  de  V aubépine  sont  blanches  das  Wort  aubépine  ohne  weiteres, 
ohne  einer  kategorialen  Verschiebung  zu  bedürfen,  in  V aubépine  est  une  piante 
als  Subjekt  verwendet  werden,  während  rouge  aus  ce  drap  est  rouge  erst 
durch  Categoriale  Verschiebung  als  Subjektswort  in  le  rouge  de  ce  drap  ne 
me  plaît  guère  tanglich  wird,  dagegen  ohne  weiteres  als  Subjektsbestimmung 
z.  B.  in  ce  drap  rouge  .  .  .  brauchbar  ist.  Das  Gleiche  gilt  mutatis  mutandis 
auch  von  Klasse  IH — VI. 

*  Die  Bedeutung  dieser  techn.  Ausdrücke  wird  später  erklärt;  im  obigen 
Schema  setze  ich  der  Kürze  halber  einfach  A,  B. 

^  Eigenschaft  ist  hier  wie  II  i  im  weitesten  Sinne  des  Wortes  gefaist. 


UEBER  WORTZUSAMMENSETZUNG.  325 

2)  Infinitive:  Zustandsvorstellungen:  A,  B.  —  3)  Subst.  Pronomina: 
Beziehungsvorstellungen:  A,  B.  —  n.  Subjektbestimmwörter: 
i)  Adjectiva  u.  adj.  Numeralia:  Eigenschaftsvorstellungen:  A,  B.  — 
2)  Adj.  Participia:  Zustandsvorstellungen:  A,  B.  —  3)  Adj.  Pro- 
nomina: Beziehungsvorstellungen:  A,  B.  —  ECL  Prädikat  s  Wörter: 
Verba*:  Zustandsvorstellungen:  A,  B. —  IV.  Prädikatbestimm- 
wörter: i)  Adverbia:  Beziehungsvorstellungen:  A,  B. —  2)  Adverbia 
u.  adv.  Adj.:  Eigenschaftsvorstellungen:  A,  B.  —  V.  Verbindungs- 
wörter: i)  Präpositionen:  Beziehungsvorstellungen:  A,  B. —  2)  Con- 
junctionen:  Beziehungsvorstellungen:  A,  B. —  VI.  Interjectionen: 
Gefühle,  Affecte:  A,  B. 

Die  Unterteilungen  von  A  und  B  erfolgen  nach  rein  psycho- 
logischen Gesichtspunkten  und  können  hier  wegen  ihrer  Mannig- 
faltigkeit nicht  näher  ausgeführt  werden;  man  vergleiche  hierüber 
den  zweiten  Teil  der  Abhandlung.  An  dieser  Stelle  ist  nur  noch 
ein  Wort  über  die  grammatischen,  d.  h.  Formkategorien  zu  sagen, 
die  in  der  obigen  Einteilung  verwendet  worden  sind  und  scheinbar 
in  einer  Classification  nach  der  Bedeutung  keine  Berechtigung 
haben.  Dem  ist  aber  nur  scheinbar  so;  in  der  That  kann  die 
Formgebung  nur  durch  logische  Abstraction  von  dem  Schöpfungsakt 
getrennt  werden  und  ist  in  Wirklichkeit  eng  mit  ihm  verwachsen. 
Da  es  sich  aber  für  uns,  wie  bereits  S.  324  Z.  ig  ff.  angedeutet, 
um  eine  Reconstruction  der  wirklichen  Entwicklung  handelt,  so 
können  diese  Formkategorien  nicht  vernachlässigt  werden.  Das 
Lautgebilde,  welches  der  auszudrückenden  Vorstellung  entspricht, 
wird  erst  dadurch  zum  Wort,  dafs  es  beim  Eintritt  in  den  Satz  in 
gewisse  Verbindungen  gebracht  wird,  die  ihm  den  character  in- 
delebilis  als  Subjektswort,  Subst. ,  Subjektbestimm  wort.  Adj.,  etc., 
verleihen,  direkt,  oder,  in  der  S.  324  Anm.  i  angedeuteten  Weise, 
auch  indirekt.  Die  Kategorien,  die  es  so  empfängt,  bleiben  aber, 
und  dies  ist  von  höchster  Wichtigkeit,  auch  aufserhalb  des  Satzes 
an  ihm  haften:  es  sind  ihm  beim  Wiedereintritt  in  einen  (andern) 
Satz  nur  ganz  bestimmte  grammatische  Beziehungen  gestattet;  da- 
durch scheidet  sich  das  indogermanische  Wort  z.  B.  von  der  chi- 
nesischen Wurzel,  die  „für  sich  grammatisch  unbestimmt,  gramma- 
tische Bestimmung  nur  im  Satze  und  ...  für  den  jeweiligen  Fall 
erfahrt"  (Steinth.-Misteli  11  166)  und  aufser  dem  Satze  weder  Subst. 
noch  Adj.  noch  Verbum  etc.  ist.  Die  grammatischen  Beziehungen 
des  indogerm.  Wortes  werden,  solange  die  Sprache  noch  eine  reiche 
Flexion  besitzt,  an  den  flectierbaren  Wörtern  selbst  ausgedrückt; 
so  erscheint  z.  B.  \dLÌ.  pairem  in  jeder  Stellung  als  Objekt  (nur  im 
acc.  cum  inf.  später  als  Subj.)  und  Subst.;  in  dem  Mafse  aber,  wie 
die  Flexion  reduciert  wird,  treten  andere  Mittel  ein,   um  die  syn- 


also  qualitative,  intensive,  räumliche,  zeitliche  Eigenschaften  sowie  das  Nume- 
rale umspannend. 

^  Gemeint  ist  hier  natürlich  das  Verbum  fìnitum,  wenn  auch  in  einer 
systematischen  Darstellung  wie  im  Lexikon  die  Nominalform  des  Infinitivs  als 
Repräsentant  des  Verbums  aufgeführt  zu  werden  pflegt. 


326  o.  DITTRICH, 

taktische  und  Wortkategorie  zu  markieren:  so  vor  allem  die  Wort- 
stellung und  gewisse  Beziehungen  ausdrückende  Verbindungswörter, 
z.  B.  de^  ày  of  oder  von\  le  pire  wird  nur  durch  die  Stellung  im 
Satze  als  Subj.  oder  Obj.,  du  père  nur  durch  du  als  attributiv  fun- 
gierend erkannt;  le  in  le  pire  ist  nicht  Träger  einer  grammatischen 
Beziehung,  sondern  Ausdruck  der  Determination,  also  in  seinem 
ursprünglichen  Sinne  als  Demonstrativum  verwendet;  eines  lautlichen 
Ausdrucks,  dafs  pire  Subst.  ist,  bedarf  es  m'cht,  da  es  von  seinen 
Homonymen  perd  und  pair(e),  auch  wenn  es  ohne  Artikel  steht, 
durch  negative  Markierung  seiner  grammatischen  Kategorie^  ge- 
nügend geschieden  wird:  so  ist  es  z.  B.  unmöglich,  p^r  in  il  f  (est) 
p^r  anders  denn  als  Subst.  (in  der  Bedeutung  Valer  oder  Pair) 
zu  fassen,  weil  sonst  il  f  keinen  Sinn  gäbe,  da  p^r  Adj.  nicht  ab- 
solut vorkommen  kann;  umgekehrt  geht  es  nicht  an,  p^r  in  il  b 
p^r  als  Subst,  h  als  Artikel  anzusehen,  sondern  nur  als  Verb,  fin., 
bezw.  Acc.  des  Pron.  pers.,  weil  sonst  il  in  der  Luft  hienge.  Die 
erwähnten  positiven  und  negativen  Mittel,  die  der  Sprache  zur 
kategorialen  Bestimmung  des  Wortes  dienen,  wirken  nun  auf  ein 
in   den  Satz   eintretendes  neues  Wort  in  der  Weise,   dafs  sie  ihm 

1.  eine   ganz   bestimmte  grammatische  Stellung  anweisen   und  ihm 

2.  dadurch  gewisse  Schranken  ziehen,  die  beim  spätem  Eintritt  in 
andre  Sätze  dadurch  offenbar  werden,  dafs  bei  Durchbrechung 
dieser  Schranken  das  resultierende  Lautgebilde  nicht  mehr  als  neue 
Anwendung  des  früheren  Wortes,  sondern  als  neues  Wort  erscheint 
So  empfängt  z.  B.  ein  neugebildetes  rouge^gorge  beim  Eintritt  in 
den  Satz  le  rouge^gorge  est  un  oiseau  die  Kategorie  als  Subjektswort 
und  Subst;  es  ist  in  künftigen  Sätzen  wieder  der  Anwendung  als 
Subjektswort,  aber  auch  als  Objektswort,  nominales  Prädikatswort, 
mit  de  als  Attributswort  fähig,  es  kann  einen  Plural  bilden,  etc.; 
verwehrt  aber  ist  ihm  die  Verwendung  als  Prädikatswort,  weil  es 
dann,  im  Gegensatz  zu  den  bisherigen  Fällen,  seine  Kategorie  als 
Subst.  aufgeben  müfste:  *cet  oiseau  rouge^gorge  i^ singt  wie  ein  Rot» 
kehlchen,  ähnelt  einem  R.,  oder  gar  ist  ein  R,)  würde  rouge-'gorge 
als  neues  Wort  mit  verbalen  Formdispositionen  {*rouge'gorgeait, 
-ant,  "é  etc)  erscheinen  lassen,  und  zwar  als  Ableitung  von  rouge» 
gorge  Subst;  von  dem  Falle,  dafs  ein  neues  ^rouge-gorge  mit  der 
Bedeutung  *hat  eine  rote  Kehle  entstünde,  mufs  hier  natürlich  ab- 
gesehen werden,  da  dieses  mit  dem  früheren  Subst  gar  nichts  zu 
thun  hätte.  Die  eben  besprochene  Gebundenheit  des  indogerm. 
Wortes  an  gewisse  grammatische  Kategorien  (Subjektswort,  Subst» 
etc.)  erweist  sich  also  thatsächlich  als  zum  Wesen  des  Wortes  ge- 
hörig und  haftet  ihm  auch  aufserhalb  des  Satzes  an;  damit  redit- 


>  Vgl.  dazu  SteÍDth.-Mist.  II  597,  wo  aus  Whitney,  Language  and  the 
study  of  language,  das  hübsche  Beispiel  fish  like  water  gegeben  wird,  ein 
Satz,  der  „näher  betrachtet,  gar  nicht  so  formlos  ist,  wie  er  beim  ersten  An- 
blick erscheint:  fish  ist  Nom.  nach  seiner  Stellung  und  Plur.,  weil  es  nicht 
likes  heifst;  water  ist  Acc.  nach  seiner  Stellung  und  Einzahl,  weil  es  das  s 
entbehrt;  like  ist  prädicatives  Verb  im  Plural  und  Präsens". 


UEBER  WORTZUSAMMENSETZUNG.  327 

fertigt  sich  die  Verwendung  dieser  Kategonen  in  dem  S.  324  f. 
aufgestellten  Schema  von  selbst,  während  andre  Formkategorien, 
die  nämlich,  welche  sich  auf  die  Glieder  des  Compositums  be- 
ziehen ,  darin  keine  Stelle  finden ,  aus  Gründen ,  die  ich  hier  nicht 
weiter  auszuführen  brauche. 

Bevor  ich  nun  daran  gehe,  im  Rahmen  der  S.  324  f.  ange- 
deuteten Classification  das  S.  3 1 3  aufgestellte  Princip  der  Com- 
position auf  seine  mannigfachen  Erscheinungsformen  anzuwenden 
und  dadurch  im  einzelnen  zu  begründen,  will  ich  noch  kurz  das 
Gebiet  abstecken,  das  ich  in  dieser  Weise  zu  behandeln  gedenke: 

Das  Substrat  der  folgenden  Untersuchung  bilden  die  Com- 
posita des  Neufranzösischen.  Die  Wahl  dieser  Sprache  als 
einer  verhältnismäfsig  composi tionsarmen  mag  im  ersten  Moment 
befremden;  bei  näherer  Betrachtung  jedoch  ergiebt  sich,  dafs  sie 
ein  geeigneteres  Untersuchungsobjekt  ist  als  etwa  eine  germanische 
Sprache,  und  zwar  hauptsächlich  deshalb,  weil  in  ihr  die  sogenannte 
„uneigentliche"  Composition  einen  viel  breiteren  Raum  einnimmt 
als  in  den  die  thematische  Composition  bevorzugenden  germa- 
nischen, slavischen,  klassischen  etc.  Sprachen;  und  gerade  von 
diesen  jüngeren  Formen  ist  ja,  wie  sich  bereits  ¡m  Verlaufe  der 
bisherigen  Darstellung  gezeigt  hat,  die  Auffassung  der  Bildungs- 
processe,  die  den  einzelnen  Compositis  zu  Grunde  liegen,  in  hohem 
Grade  abhängig.  Aufserdem  aber  fehlt  im  Nfr.,  wenn  man  nicht 
nur  die  populären,  sondern  auch  die  gelehrten  und  Lehnwörter  in 
Betracht  zieht,  keine  der  verschiedenen  Bildungs weisen,  die  sich 
in  andern  Sprachen  finden,  und  es  erweist  sich  also  wohl  geeignet, 
als  Mittelpunkt  für  eine  Darstellung  der  indogerm.  Composition  ^ 
zu  dienen,  obwohl  es  eine  junge  Sprache  ist,  oder  vielleicht  (vgl. 
oben  Z.  19  ff.)  gerade  darum.  Und  endlich,  was  ja  von  mehr 
praktischer,  aber  doch  gewifs  nicht  zu  unterschätzender  Bedeutung, 
ist  das  Nfr.  gerade  was  die  Composition  betrifft,  seit  Darmesteters 
grundlegenden  Arbeiten  und  dem  Erscheinen  des  Dictionnaire 
général  weitaus  am  besten  erforscht,  und  es  liegt  auch  in  den 
MC.  und  MN.  eine  allen  billigen  Ansprüchen  genügende  Beispiel- 
sammlung   vor,   über   die    man    nicht  allzu  oft  hinauszugreifen  ge- 


>  Nur  als  solchen  habe  ich,  wie  ich  ausdrücklich  betone,  das  Nfr.  im 
Auge;  welche  Bildungs  formen  es  gegenüber  dem  Lateinischen  bevorzugt,  das 
hat  Darmesteter,  abgesehen  davon,  dafs  er  dem  Franz.  die  thematische  Com- 
position abspricht,  in  den  MC  etc.  vollkommen  befriedigend  dargestellt;  be- 
züglich der  thematischen  Composition  bin  ich  nun  allerdings,  wie  bereits  S.  318 
angedeutet,  der  Ansicht,  dafs  sie  im  Nfr.  in  populären  Wörtern,  wenn  auch 
nur  erst  im  Keime,  in  der  Wiederentwicklung  begriffen  sei,  und  ich  stimme 
auch  MLGr.  II  576  völlig  bei,  wenn  er  sagt,  dafs  in  Neubildungen  nach  dem 
Typus  perce-neige  das  erste  Glied  heutzutage  als  Verbalstamm  gefühlt  werde. 
Wenn  ich  trotzdem  gelehrte  und  Lehnwörter  überall  als  solche  auszeichne, 
so  geschieht  es  darum,  weil  sich  diese  Scheidung  bei  einer  späteren  Unter- 
suchung über  das  Verhältnis  von  Form  und  Bedeutung  der  Composita 
als  fruchtbar  erweisen  wird;  vorderhand  berücksichtige  ich  nur  die  Be- 
deutungs  kategorien. 


328  o.  DITTRICH, 

nötigt  ist.  Allerdings  mufs  dabei  leider  von  den  Personen-  und 
Ortsnamen  abgesehen  werden,  deren  volle  Berücksichtigung  übrigens 
in  der  vorliegenden  Untersuchung,  die  auch  von  den  Appellativen 
nur  eine  Auswahl  von  typischen  Beispielen  bringen  kann,  schon 
aus  Raumrûcksichten  nicht  möglich  gewesen  wäre;  der  Schaden 
ist  aber  glücklicherweise  nicht  allzu  grofs,  da,  soweit  ich  bis  jetzt 
sehen  kann,  auch  diese  beiden  Klassen  von  Wörtern  nicht  andern 
Bildungsgesetzen  unterliegen  als  die  Appellativa.  Der  Mangel  an 
ausreichenden  Vorarbeiten  ist  es  auch,  der  mich  vorläufig  von  den 
Dialekten  absehen  und  mich  auf  die  Schriftsprache  beschränken 
heifst,  obwohl  gerade  aus  den  Dialekten  so  mancher  treffende  Be- 
leg zu  holen  wäre. 

Ist  so  das  zu  behandelnde  Gebiet  umgrenzt,  so  bleibt  nur 
noch  übrig,  innerhalb  dieses  Gebietes  einige  Ausscheidungen  vor- 
zunehmen. Abgesehen  von  etymologisch  unklaren  Wörtern,  die 
(wie  z.  B.  g^  catacombe,  bagout,  estragon,  g  adultère,  etc.)  vorläufig 
aufser  Betracht  bleiben  müssen,  von  gewöhnlichen  syntaktischen 
Verbindungen  wie  robe  lilas,  habit  marron,  soie  puce,  des  manures 
Régence,  etc.,  von  Wort  form  en  wie  chanterai,  je  suis  tombée  etc., 
die,  da  ich  nur  die  Composition  als  Wortbildungserscheinung, 
nicht  als  allgemeines  formatives  Princip  der  indogerm.  Sprachen 
betrachte,  in  dieser  Abhandlung  keine  Stelle  finden;  abgesehen  von 
volksetymologisch  umgestalteten  Derivaten  [court'bouton,  orpailleur, 
etc.),  von  Wörtern,  die  sich  später  als  Ableitungen  von  Simplidbus 
erwiesen  haben  [mörtaille,  beset,  bluette,  échantillon,  beside,  bébé,  hydro- 
pique\  vgl.  zu  allen  DHT.  s.v.;  bécharu,  vgl.  Thomas  Rom.  23, 460 ff.) 
oder  als  entlehnte  Simplicia  (hampe,  écharde,  s.  DHT.  s.  v.),  —  ab- 
gesehen von  diesen  Wörtern  sind  es  drei  Klassen  von  Bildungen, 
die  Darmesteter  in  den  MC.  etc.  als  Composita  hat  gelten  lassen, 
die  aber  zufolge  meinen  bisherigen  Ausfahrungen  von  der  folgenden 
Darstellung  ausgeschlossen  bleiben  müssen,  weil  es  sich  bei  ihnen 
nicht  um  wirklich  neugebildete  Composita,  sondern  um  Entwick- 
lungsphasen bereits  früher  gebildeter  Composita  handelt  Ganz 
klar  ist  dies  i.  bei  den  zahlreichen  Ableitungen  von  Com- 
posi ti  s,   von  denen  ich  in  der  Anmerkung  ^  eine  Reihe  typischer 


^  So  zeichne  ich  die  gelehrten  Wörter  aus. 

'  g  lt.  hydropicus,  vâçiuTtixoç  von  vâçwtp  Wassersucht. 

^1.  Substantiva:  a)  von  Verben:  maudisson  (maudire  nach  male- 
dictionem),  envergure  (-er),  rançon  (redempiionem),  contre-dégagement  (-er), 
contre-hachure  (-er),  g  déalbation  (-are),  g  rémission  (-io  von  remittere),  g  j/» 
lection  (-io  v.  seligere),  g  condition  (-io  v.  condere),  g  rétrocession  (-io  v.  -ce- 
dere), g  circumvolution  (-volutus),  g  transit  (-us),  g  profit  (-fectus  v.  -ficere)  ; 
coutume  (consuetudinem  v.  -suescere);  g  obsèques  (-iae  v.  obsequi);  g  méta" 
thèse  {fiStad'SaiÇ  v.  -rid'tjfii;  die  lat.  Zwischenformen  lasse  ich  hier  und  im 
Folgenden  der  Kürze  halber  weg),  g  métamorphose  {/ista/ÂOççùfaïc  v.  -fioÇ' 
<p6(ü)f  g  métalepse  {fiezalTjipic  v.  -kafxßavw),  g  catachrèse  (xaxoxcr¡CiC  v. 
'Xcáofiat);  g  paralysie  (naçaXvatç  v. -Xvw -\- -ic),  g  paraphrase  (naçaipçaaiç 
V. -^()aÇû>),  gparapléxie,  -plégie  {naoanXTj^ia,  -y la  v.  -nXi^aaio),  g  pratose 
(nçôxaaiç  v.  -rtivw),  g  prostase  {nçoaraaiç  v.  nçotatrj/Âi,  nicht  zu  nQOC^, 
wie  MC.  260),  g  echase  {txßaaic  v.  -ßaivu)),  g  synagogue  (avvayaiyij  v.  ^àym); 


X7BBER  WORTZUSAMMENSETZUNG.  329 

Beispiele  gebe;  hier  spielt  das  Compositum  einfach  die  Rolle  des 
Etymons  wie  ein  Simplex;  ebenso  können  2.  Flexions  formen 
von  Compositis  füglich  nicht  als  ursprüngliche  Bildungen  ange- 
sehen werden  *  ;  principiell  klar,  aber  im  einzelnen  Falle  nicht  immer 
sicher   durchzuführen   ist  dagegen    3.  die  Ausscheidung  der  durch 


parole,  g  parabole  (vit.  ^paraulam,  nacaßoli]  v.  -ßaXXo))  ;  g  apostaste  (ötto- 
Gxaala  v.  àipiatafÂai),  g  Epiphanie  CEniqìaveia  v.  initpaivofiai);  euphraise, 
euf raise  (evtpçaala  v.  ev(pçalva));  g  diarthrose  {âiaçS-Qwaiç  v.  -où));  g  en- 
thousiasme (ivd'ovaiaafioç  v.  -¿Ça;);  g  syncrétisme  {avyxçrjtiafioç  v.  -iÇû;); 
g  palinodie  {naXiv(póta  v.  -éw);  g  paragraphe  {naçdyçaçoç  v.  -yça^xo); 
g  épode  {èntpâôç  v.  ináóo));  g  symbole  {avfiißoXov  v.  -ßakku));  g  périple  {neçl- 
TiXovç  V.  -TiXéo));  g  diadème  {óiáar¡fÁa  v.  -óétíf)^  g  emblème  {efißkij/uta  v.  i^- 
ßaX?.(o),  g  diaphragme  {ôiaçQayfia  v.  -(pcayvvfii)',  chaire,  chaise  (xad-éâça 
V.  xa&êLfOfxai);  boutique  {dnod-ijxTj  v,  -tid-ijfÂi);  g  ¿lytre  {eXvtçov  v.  iXvœ); 
g  refuge  (-ium  v.  -ere),  Vi  g  déluge  (diluvium  v.  diluere);  malfaiteur  (g  male- 
factor V.  -faceré,  unter  Eínfluís  von  faire)^  g  adducteur  (-ductor  v.  ducere); 
g  anachorète  {avaxtoçTjZi^ç  v.  -;ifcü()€ü>);  g  cataracte  {xara^çaxtTjç  v.  -a^- 
¿áaao}),  g  prostate  {nçoaratrjç  v.  nçotatrjfjiiy  nicht  zu  nçoç-,  wie  MC.  260), 
g  diabète  {aiaßiJTtjc  v.  -ßaivu});  ancêtre  (antecessor  v.  -cedere),  gfidéjusseur 
(fidejussor  v.  -jubere);  avorton  (-er);  abandon  (-ner),  ennui  (-yer),  about  (-er), 
aguet  (afr.  agueter),  faufil  (-er),  encroix  (-croiser),  antidate  (-er),  etc.  etc., 
also  alle  sogenannten  Postverbalia;  —  b)  von  Adjektiven:  g  rébellion 
(rebellio  v.  -is),  g  commodité  (-itas  v.  -us),  g  protubérance  (-ant),  g  intercadence 
(-ent);  g  discorde  (-¡a  v.  discors),  g  bénéfice  (beneficium  v.  -ficus);  g  agro- 
nomie (-e);  eupepsie  (svnsxpía  v.  evTtSTiTOç),  g  dyschroie  (ovarçoia  v.  -xçooç), 
g  onomatopée  {ovofiatoTtoita  v.  -noioç);  église  {¿xxXijaue  v.  txxXi]Toç); 
g  paroisse  (s.  DHT.);  g  sympathie  {avfiTtádsia  v.  -na^ç);  g  énergie  {ivéc- 
y  eia  v.  -oç);  g  enchondrome  (v.  6y;fov(f()oç);  —  o)  von  Substantiven:  g  col- 
lège (-legium  V.  -lega);  vice-amirauté  (-amiral);  cligne-musette  (afr.  -musse); 
g  antipapiste  (-pape),  contrapontiste  (it.  contrappuntista  v.  -punto);  g  aristo- 
crate (-ie);  charcuitier  (char  cuite);  lamaneur  (afr.  laman,  fläm.  lotman).  — 
2.  Adjectival  a)  von  Verben:  mécontent  (-er);  g  reprehensible  (reprehen- 
sibiJis  V.  -ndere);  g  adventice  (-icius  v.  -venire);  g  perspectif  {-{vyxs  v.  perspi- 
cere),  g  adjectif  {-ïy us  v.  adicere);  g  rÉ^/roi^raúíí  (retrograd us  v.  -gradi);  g  super- 
flu i-us  V.  -ere);  g  diaphane  {ôia(pavr/Ç  v.  -çalvù));  g  cat  hé  retique  (xad^aiçe- 
Ttxoç  y.  -éù)),  g  éclectique  {ixlextixéç  v.  -Xéyù)),  g  catalectique  {xazaXTjxti" 
x6ç  V.  -A»Jyö>),  etc.  —  b)  von  Adjektiven  :  g  coéternel  (coaetemus)  ;  g  palim- 
bacchique  (-ius);  —  o)  von  Substantiven:  g  bissextile  (-ilis  v.  -sextus);  mal- 
heureux (-heur);  malaisé  (-aise);  contre-révolutionnaire  (-ion);  g  méthylique 
(méthyle);  g  cynégétique  ^xvvr¡ytxix6<;  v.  -jyyeriyç);  g  catagmatique  (xáta- 
yfia)f  etc. 

^  1.  Substantiva:  a)  subst  Verbal  formen  :  contre-boutant  (-er);  g  cir- 
constance (drcumstantia  v.  -stare),  g  circonférence  (circumferentia  v.  -ferre), 
g  substance  (substantia  v.  stare);  g  hypoténuse  (vTtOxeîvovaa  v.  •teívct));  pré- 
vôt (praepositum),  g  ablégat  (-legatus  v.  -are);  g  energumène  {iveçyovfievoç 
v.  ¿veçyéù));  g  antidote  avxlôoxov  y,  -010(0 fi i);  g  fidéicommis  (fideicommissnm 
V.  -mittere);  bienfait  (benefactum  v.  -faceré,  unter  Einfluís  von  bien  m.  fait); 
g  prétérit  (praeteritiim  v.  -ire);  g  postscriptum  (v.  -scribere);  e  abscisse  (-a 
V.  -scindere);  pourpoint  (-poindre);  g  dialecte  [iôiaXsxxoq  v.  -Xfyw);  enceinte 
(-ceindre);  g  épacte  (epactae,  inaxxal  se.  ^fièçai,  v.  inâyœ);  corvée  (cor- 
rogata  V.  -are);  —  b)  subst.  Adjektivformen:  g  expectative  (-if);  g  subjonctif 
(-junctivus  V.  -jüngere);  apôtre  {dnoaxoXoç  v.  -axeXXw),  etc.  —  2.  Adj ce- 
ti va  (adj.  Verbal  formen):  g  transcendant  (zu  -ere);  méchant  (-oir);  g  adhérent 
(-haerens  v.  -ere);  malfaisant  (-faire);  g  diligent  (-ens  v.  -ere);  g  adjacent 
(-ens  V.  -ere);  bifurqué  (-er);  g  emèrite  (emeritus  v.  emerere);  g  occulte  (-us 
V.  occulere);  g  abstrus  í-us  v.  -trudere);  maudit  (-ire);  g  secret  (-us  v.  secer- 
nere);   g  apocryphe  {dnoxçvtpoç  v.  -xçvnxw). 


330  o.  DITTRICH,   UEBER  WORTZUSAMMENSETZUNG. 

Bedeutungswandel  von  Compositis  zu  stände  gekommenen 
Bildungen;  so  kommt  zwar  z.  B.  héjaune^  bouton  d^or^  bouton  ¿^argent 
auch  in  eigentlicher  Bedeutung  „bec  des  jeunes  oiseaux  encore 
couvert  d'une  petite  peau  jaune",  „Gold-,  Silberknopf**  vor,  mid 
die  Bedeutungen  „Gelbschnabel**,  „Butterblume**,  „akonitblâttrîger 
Hahnenfufs^'  erscheinen  so  deutlich  als  Bedeutungsentwicklungen; 
bei  andern  dagegen,  z.  B.  cornes  iPAmmon,  griffe  du  diable  (Muschel), 
ist  es  zum  mindesten  zweifelhaft,  ob  sie  in  ihrer  eigentlichen  Be* 
deutung  als  Composita  anzusehen  seien.  Diese  Scheidungen  hat 
Darmesteter  MC.  62  zwar  als  notwendig  erkannt,  aber  nicht  streng 
durchgeführt  (vgl.  MC.  55  a.  E.). 

(Fortsetzung  folgt.) 

O.  DiTTRICH. 


Due  leggende  tragiche  ed  alcuni  riscontri 
col  teatro  dello  Schiller. 

Uno  studio  diligente  del  Solerti*  ha  sparso  nuova  luce  sulla 
tragedia,  che  il  21  maggio  1425,  funestava  la  corte  di  Ferrara.  Il 
marchese  Nicolò  d*  Este,  succeduto  al  padre  Alberto,  nella  domi- 
nazione di  quello  stato  (1393),  sposava,  in  prime  nozze,  Giliola, 
fìglia  di  Francesco  da  Carrara,  alla  quale  erasi  fidanzato  a  tredici 
anni  e  poi,  morta  costei  e  con  V  intervallo  di  pochi  mesi  (14 16), 
s'  univa  a  quella  Parisina,  di  cui  la  sventura  e  la  poesia  dovevano 
eternare  il  nome.  £ra  Parisina  fìglia  di  Andrea  Malatesta,  signore 
di  Cesena  e  di  Lucrezia  degli  Ordelaffi  di  Forlì  e  toccava  appena 
il  quindicesimo  anno,  allorché  giunse  a  Ferrara,  accolta  con  splen- 
didi festeggiamenti  e  con  dimostrazioni  di  universale  giubilo.  La 
giovinetta  ebbe  però  presto  a  provare  una  di  quelle  delusioni,  cui 
le  spose  dei  principi  sono  più  specialmente  esposte,  giacché  Nicolò, 
pur  avendo  raggiunto  V  età  del  senno,  continuava  a  menare  la 
solita  vita  licenziosissima.  Di  questa  fanno  fede  i  varí  cronisti,  i 
quali  s*  accordano  nel  popolare  la  corte  dell*  Estense  di  figli  natu- 
rali e  neir  aggiungere  che  fra  essi  Nicolò  prediligeva  Ugo,  natogli 
nel  1405  da  Stella  dei  Tolomei  ed  il  quale,  in  mancanza  di  discen- 
denti legittimi,  avrebbe  potuto  aspirare  alla  successione  del  mar- 
chesato. Pare  che  il  giovinetto,  sebbene  in  tenerissima  età,  facesse 
il  viso  deir  arme  alla  nuova  sposa  del  padre  suo,  che,  coi  figli 
venturi,  poteva  contendergli  il  trono  ed  infatti  Parisina  non  tardò 
a  divenire  madre  di  Ginevra  e  Lucia,  gemelle,  e  di  Alberto  Carlo. 
La  giovane  sposa  non  divideva,  del  resto,  1*  antipatia  di  Ugo  ed 
anzi,  pare,  che  con  mille  premure  delicate,  cercasse  di  cattivarsene 
r  animo,  in  ciò  aiutata  da  Nicolò,  che  desiderava  regnasse  il  più 
perfetto  accordo  nella  sua  multiforme  famiglia.  Raccontasi  come 
il  Marchese,  traendo  occasione  da  una  sua  breve  assenza,  inducesse 
Ugo  a  vivere  colla  matrigna,  in  istretta  dimestichezza;  egli  sperava, 
in  tal  guisa,  di  dissipare  la  lieve  nube  sorta  sul  suo  tranquillo 
orizzonte  e  non  s*  accorgeva  della  terribile  procella,  che  impruden- 
temente veniva  preparando.  In  quale  tempo  avesse  luogo  il  viaggio 
dell'  Estense  non  può  determinarsi  esattamente.  Si  sa  eh'  egli  non 
mancava,    di  tempo   in  tempo,    di  lasciare  Ferrara  o  per  visitare  i 


*  Solerti  —   [/^o  e  Parisina  in  Nuova  Ani,  15  giugno  e  i  luglio  '93. 


332  PIETRO  TOLDO, 

principi  vicini  o  per  percorrere  i  suoi  non  vasti  dominii,  anzi,  a 
questo  proposito,  gioverà  notare,  come  da  giovanetto,  nel  1402  e 
cioè  alla  morte  di  Giovan  Galeazzo  Visconti,  egli  fosse  stato  fatto 
da  papa  Bonifacio  IX,  capitano  generale  della  Chiesa  e  si  fosse 
distinto  in  imprese  guerresche.  L  questo  un  particolare  di  cui 
avremo  occasione  di  ricordarci  in  seguito.  Che  alla  partenza  di 
Nicolò  debba  ñssarsi  la  data  trasmessaci  dal  Bandello,  non  pare  al 
Solerti  conveniente  per  buone  ragioni,  giacché  in  quel  tempo  Parisina 
avea  soltanto  diciasettc  anni  ed  Ugo  era  appena  sedicenne.  Può 
credersi  piuttosto  che  ciò  avvenisse  a  poca  distanza  dall'  anno 
terribile  della  catastrofe  e  che  in  Ugo  il  passaggio  dall*  antipatta 
air  amore  si  manifestasse,  repentinamente,  come  una  follia.  Nel- 
l'  assenza  di  Nicolò,  Ugo  e  Parisina  contrassero  quella  relazione 
colpevole,  che  doveva  condurli  alla  morte  e  1'  Estense  venne  a 
conoscenza  della  sua  vergogna  in  un  modo  che  non  lasciava  adito 
al  dubbio.  Per  dissipare  i  sospetti  e  per  facilitare  gli  amorosi  con- 
vegni, sembra  che  Ugo  si  rivolgesse  a  certo  Rangoni  suo  con- 
fidente e  che  Parisina  aprisse  I'  animo  suo  ad  una  donzella  del 
suo  seguito.  Costei,  per  vendicarsi  della  Marchesa,  da  cui  era 
stata  battuta,  rivelò  la  tresca  a  un  tal  Giacomo  Rubino,  detto  Zoese, 
suo  amante  e  questi  non  lasciò  sfuggire  V  occasione  di  fare  la  sua 
fortuna,  affrettandosi  a  renderne  edotto  il  Signore.  Un  particolare 
ripetuto  da  vari  cronisti  è  quello  che  il  Zoese,  per  essere  sicuro 
del  fatto  suo,  spiasse  quanto  accadeva  fra  i  due  innamorati,  da 
certo  foro  praticato  nel  sofñtto  e  che  il  Marchese  si  giovasse  della 
stessa  apertura  per  convincersi  del  tradimento.  La  storiella  dello 
specchio  delatore,  che  ancora  mostrasi  a  Ferrara  e  che  riferiscesi 
pure  al  Tasso  ed  a  Leonora,  non  è  accennata  dalle  memorie  del 
tempo;  tuttavia  la  leggenda  popolare  dovette  giovarsene  e  noi  la 
troveremo  ricordata,  nei  secoli  seguenti.  Quale  fosse  V  animo  di 
Nicolò,  atteso  la  gravità  dell'  offesa  e  la  ferocia  dei  tempi,  può 
facilmente  indovinarsi,  e  ad  indovinare  il  modo  con  cui  venne 
preparandosi  e  con  cui  s'  esegui  la  terribile  punizione  siamo  anche 
costretti  dal  fatto  che  V  Archivio  Estense,  per  ragioni  facili  a  com- 
prendersi, non  presenta  alcun  documento  di  quel  disgraziatissimo 
anno.  Consta,  dalle  memorie  successive,  che  i  due  amanti  furono 
decapitati  per  ordine  del  Marchese  e  che  il  confidente  Rangoni 
espiò  pure,  colla  morte,  la  parte  avuta  nella  colpevole  relazione. 
Dicesi  che  Nicolò  assai  si  dolesse  della  perdita  del  figlio  e  forse 
se  i  ministri  non  ne  avessero  affrettata  la  fine,  Ugo  avrebbe  potuto 
ottenere  dal  padre  una  men  lagrimevole  punizione.  Per  Parisina 
appare  invece  che  il  Marchese  non  mostrasse  alcuna  angoscia;  a  lei 
maggiore  d'  un  anno  dell'  infelice  amante  s'  ascrisse  la  parte  prin- 
cipale della  colpa  e  neanche  i  Malatesta  lasciarono  scorgere,  almeno 
in  apparenza,  di  troppo  dolersi  per  la  perduta  figlia.  Nel  1428, 
Galeotto  Malatesta  impalmava  Margherita  figlia  di  Nicolò,  cui  veniva 
assegnata  in  dote  quella  medesima  Torre  di  Gualdo,  che  Parisina 
avea    recato  alP  Estense.     Però  la  vendetta,   se  pur   può  chiamarsi 


DUE  LEGGENDE  TRAGICHE  ECC.  E  SCHILLER«  333 

con  tal  nome,  non  si  fece  attendere.  Un  nuovo  matrimonio  con- 
traevasi  nel  1433  fra  Sigismondo  Malatesta  e  Ginevra  fìglia  di 
Parisina  e  di  Nicolò»  matrimonio  esso  pure  festeggiatissimo,  ma 
che  doveva  fìnire  in  una  non  meno  terribile  tragedia.  Il  Malatesta, 
perduto  neu*  amore  d'  altra  donna,  avvelenò  Ginevra,  la  quale  cosi 
venne  ad  espiare,  vittima  innocente,  la  punizione  data  dall'  Estense 
alla  madre  sua.  Il  marchese  Nicolò  passò  poi  a  nuove  nozze,  ri- 
compensando largamente  il  Zoese  della  fatale  rivelazione  e  la  ñne 
d'  Ugo  e  di  Parisina  sarebbesi  confusa  e  dimenticata  fra  le  tante 
lugubri  storie  delle  signorie  italiane  se  il  popolo  non  fosse  stato 
tratto  a  distinguerla  ed  a  ricordarla,  per  quanto  essa  presentava, 
negli  amori  d*  una  matrigna  pel  figliastro  e  nello  scorno  di  cosi 
potente  signore,  di  veramente  singolare.  Poco  più  di  trent'  anni 
prima,  nel  1391,  era  accaduta  in  Mantova  un'  altra  tragedia  prin- 
cipesca, determinata  essa  pure  dall'  accusa  d'  adulterio.  Ne  fu  vit- 
tima, come  è  noto,  Agnese  figlia  di  Bernabò  Visconti,  sebbene 
paia  probabile  che  il  marito  Gianfrancesco  la  facesse  decapitare, 
piuttosto  per  sospetto  eh'  essa  volesse  avvelenarlo,  a  fine  di  vendi- 
carsi della  lega  da  lui  contratta  con  Gian  Galeazzo  Visconti,  spo- 
gli atore  di  Barnabò.  Nella  stessa  corte  di  Mantova  avea  avuto 
luogo,  nel  1376,  una  grave  congiura  di  Federico  contro  il  nipote 
Luigi,  che  teneva  la  signoria  e  la  congiura  vene  rivelata  da  una 
donna  di  facili  costumi.  Tutti  questi  avvenimenti  della  corte 
vicina  possono  essersi  assimilati  alla  tradizione  popolare  di  Parisina, 
almeno  a  giudicarne  da  quanto  vedremo  in  seguito.  Certo  la  lut- 
tuosa storia  dei  due  amanti  Estensi  giunse  al  secolo  successivo, 
con  alterazioni  di  particolari,  che  divennero  sempre  più  sensibili, 
quanlo  più  essa  veniva  allontanandosi  dal  tempo  in  cui  era  acca- 
duta e  dal  luogo  in  cui  erasi  svolta. 

Primo  a  narrarla,  con  intendimenti  d'  arte,  fu  il  Bandelle,  il 
quale  traeva  della  storia  V  argomento  di  parecchie  sue  novelle.  ^ 
Egli,  dedicandola  al  Castiglione,  dice  d'  averla  intesa  dalla  „signora 
Bianca  da  Este,  già  consorte  del  signor  Amerigo  Sanseverino**  e 
la  famiglia  cui  Bianca  apparteneva  dovea  assicurare  il  lettore  della 
veradicità  dell'  esposizione.  Pur  tuttavia  s'  hanno  cambiamenti  di 
qualche  importanza  e  che  non  s'  accordano  col  vero.  Ugo  è  fatto 
figlio  di  Giliola,  e  Bianca  combatte  V  opinione  di  coloro  i  quali 
reputano  „che  lo  sfortunato  conte  non  fosse  figliuolo  della  prima 
moglie  del  marchese  Nicolò,  ma  che  fosse  il  primo  figliuolo  bastardo 
che  avesse:  ma  essi  forte  s'  ingannano,  perchè  fu  legittimo,  ed  era 
conte  di  Rovigo,  come  più  volte  ho  sentito  dire  alla  buona  memoria 
del  signor  mio  padre."  Nicolò  conduceva  vita  dissoluta  e  Bianca, 
che  non  ha  1'  aria  di  scandalizzarsene,  racconta  come  egli  „essendo 
giovine  e  pacifico  nello  stato,  ad  altro  non  attendeva  che  a  darsi 
piacere;    onde   tanta   turba   di   figliuoli   bastardi   gli   nacque,    che 


^  È  la  nov.  43^  della  parte  prima,   che  venne  pubblicata,   per  la  prima 
volta,  nel  1554,  coi  tipi  del  Busdrago  (Ú  Lucca.. 


334  PIETRO  TOLDO, 

avrebbe  fatto  di  loro  un  esercito.  £  per  questo  sul  Feirarese 
ancora  si  costuma  di  dire:  dietro  al  fiume  del  Po  trecento  figliuoli 
del  marchese  Nicolò  hanno  tirata  V  altana  delle  navi/'  Passato  a 
seconde  nozze  con  Parisina,  il  Marchese  continuò  nelle  sue  vecchie 
abitudini.  „Era  la  sposa  fanciuUetta ,  perchè  non  passava  ancora 
quindici  anni,  bella  e  vezzosa  molto.  Venne  a  Ferrara  accom- 
pagnata onoratissimamente  da  Marchegiani  e  Romagnuoli,  e  fu  dal 
marchese  Nicolò  molto  pomposamente  ricevuta.  Essa  non  stette 
troppo  col  Marchese,  che  s'  avvide  come  egli  era  il  gallo  di  Fer- 
rara, di  modo  che  ella  ne  perdeva  assai;  e  in  effetto  il  Marchese 
era  il  più  feminil  uomo  che  a  quei  tempi  si  ritrovasse;  che  quante 
donne  vedeva,  tante  ne  voleva.  Non  si  seppe  però  che  ad 
alcuna  da  lui  fosse  fatta  violenza  già  mai.  Ora  veggendo  la  Mar- 
chesana che  il  suo  consorte  era  di  cotal  natura,  che  per  logorar 
quello  di  fuori,  risparmiava  il  suo,  deliberò  anch'  ella  di  non  star 
con  le  mani  a  cintola  e  consumar  la  sua  giovinezza  indarno;  onde 
considerati  i  modi  e  costumi  degli  uomini  di  corte,  le  vennero  par 
mala  sorte  gettati  gli  occhi  adosso  al  suo  figliastro  il  conte  Ugo; 
il  quale  nel  vero  era  belassimo  e  di  leggiadri  costumi  ornato.'^ 
Con  leggiero  anacronismo  la  narratrice  dà  ad  Ugo  qualche  anno 
di  più  del  vero  e  inoltre  non  manca  d'  attribuire  a  Parisina  la 
parte  odiosa  di  seduttrice.  Profittando  delP  assenza  del  marito, 
eh'  erasi  recato  a  Milano  dal  duca  Filippo  Visconti,  Parisina  chiamò 
a  sé,  continua  Bianca,  V  innocentissimo  giovane  ed  ai  vezzi  della 
persona  ed  ai  caldi  accenti  dell'  amore  aggiunse,  per  vincerne  le 
titubanze,  gravissime  accuse  contro  Nicolò,  colpevole  di  trascurarla 
per  correr  dietro  a  volgari  amori,  dai  quali  avrebbe  forse  avuto 
qualche  bastardo,  cui,  piuttosto  che  ad  Ugo,  sarebbe  stata  con- 
cessa r  eredità  di  Ferrara.  E  qui  Parisina  accenna  ad  un  fatto 
degno  di  tutta  la  considerazione  dei  nostri  lettori  e  che  trovasi 
pure  in  altre  memorie,  cioè  che  prima  di  sposarla  a  Nicolò  si  fosse 
pensato  al  suo  matrimonio  con  Ugo.  „Avesse  pur  voluto  Iddio 
che  di  me  quello  fosse  avvenuto  che  io  già  sperai!  Imperciocché 
quando  primieramente  il  signor  mio  padre  mi  ragionò  di  maritarmi 
in  Ferrara,  egli  mi  disse  eh'  io  dovevo  sposarmi  con  voi,  e  non 
con  vostro  padre;  né  so  io  come  poi  il  fatto  si  mutasse,  che  Dio 
perdoni  a  chi  di  cotal  baratto  fu  cagione.''  Ugo  vinto  dalle  arti 
della  malvagia  donna  cadde  ben  presto  alle  sue  ginocchia  e  la 
tresca  continuò  per  due  anni,  coli'  aiuto  d'  una  fantesca  fidatissima. 
Oltre  air  aspetto  poco  gradito  con  cui  Parisina  ci  viene  rappre- 
sentata è  da  notarsi  il  fatto  che,  secondo  il  Bandello,  non  ci  fu 
tradimento  alcuno  da  parte  della  confidente.  Il  segreto  venne 
scoperto  da  un  famigliare  del  Marchese,  nel  modo  trasmessoci  dai 
cronisti  e  cioè  spiandoli  da  un  foro  e  Nicolò  ordinò,  senza  alcuna 
titubanza,  che  ai  colpevoli  venisse  troncata  la  testa.  Parisina  sostenne, 
con  animo  imperterrito  la  morte  e  dopo  aver  tentato  d'  addossarsi 
tutta  la  colpa,  per  salvare  l'  amante,  spirò,  col  nome  suo  sulle 
labbra.    Ugo  invece  si  penti  e  chiese  perdono  al  genitore,  il  quale, 


DUE  LEGGENDE  TRAGICHE  ECC.  E  SCHILLER.  335 

compiuta  la  punizione  dei  colpevoli,  non  infìerì  più  oltre  ed  anzi 
diede  ordine,  che  i  due  corpi  venissero  prima  esposti,  poi  composti 
nella  stessa  tomba  ed  onorati  di  ,,pompa  funerale*'.  NelP  ultima 
parte  delia  narrazione,  è  evidente  che  la  fantasia  di  chi  narra  o 
di  chi  scrive  e'  entra  parecchio.  Oltre  che  V  esposizione  dei  de- 
capitati non  risulta  da  alcuna  memoria  storica,  pare  anche  poco 
attendibile  che  il  marchese  volesse  onorati  ed  uniti  in  morte,  coloro 
eh'  egli  uccideva  per  essersi  uniti  in  vita.  Neil'  assieme  però  la 
narrazione  del  Bandello  non  modifica  il  fatto  storico,  con  cam- 
biamenti sostanziali,  nò  V  autore  tace  le  terze  nozze  di  Nicolò  „con 
la  signora  Ricciarda  figliuola  del  marchese  di  Saluzzo''. 

Che  la  novella  del  Bandello  siasi  diffusa  in  Europa  non  e'  è 
da  meravigliarsi:  V  autore  visse,  ceme  è  noto,  in  dimestichezza  coi 
più  cospicui  personaggi  d' Italia  e  di  Francia  e  più  d'  una  volta, 
alla  corte  di  Navarra,  eransi  udite,  con  tremiti  di  paura  o  fra  gio- 
conde risate,  le  libere  o  lugubri  narrazioni  dell'  arguto  Vescovo. 
Però  la  diffusione  del  tragico  avvenimento  è  dovuta  certo  e  più 
specialmente  ai  mille  e  reconditi  meandri  della  tradizione  orale 
ed  a  questa,  ben  più  che  al  Bandello,  s' inspirò  il  più  grande 
drammaturgo  di  Spagna.  £7  castigo  sin  venganza  di  Lope  de  Vega 
svolge,  per  1'  appunto,  con  mutati  nomi,  le  tristi  vicende  di  Ugo 
e  di  Parisina.  È  questo  un  fatto  sfuggito  al  Solerti,  ma  di  tale 
ommissione  mi  guarderò  bene  dal  fargli  un  addebito,  considerate 
le  condizioni,  in  cui  ancora  trovansi  da  noi  (e  non  da  noi  sol- 
tanto) gli  studi  comparativi  delle  letterature  moderne.  Il  dramma 
del  Vega,  che  chiamiamo  dramma,  perchè  ha  veramente  tutti  in 
caratteri  di  quello  che  i  romantici  di  Germania  e  di  Francia 
inlesero  poi  d'  indicare,  con  tal  nome,  è  degno  d*  attento  esame, 
non  solo  perchè  esso  rappresenta  la  diffusione  in  Occidente  d'  una 
pagina  della  nostra  storia,  non  meno  lacrimevole  di  quella  di 
Giulietta  e  Romeo,  ma  inoltre  e  più  specialmente  perchè,  come 
quest'  ultima,  mise  capo  ad  opera  d'  arte  eletta.  Anche  il  Vega, 
come  il  Bandello,  chiedeva  alla  storia  buona  parte  delle  sue  ispi- 
razioni e  fra  gli  argomenti  tratti  dalle  leggende  cristiane  o  dalla 
bibbia,  fra  le  commedie  d'  intrigo  rapido  e  brioso,  ci  si  presentano 
i  drammi  storici,  cui  l' Italia  è  chiamata  in  vari  casi  a  dare  il  suo 
contributo.  Potrà  sembrare  sospetta  la  data  che  il  Lope  fìssa  ai 
Castigo^  cioè  il  i^  agosto  1631,  ove  si  pensi  ch'egli  già  toccava 
allora  il  sessantanovesimo  anno,  mentre  la  produzione  sua  è  ani- 
mata dal  caldo  entusiasmo  della  primavera  della  vita  e  presenta 
passioni  e  situazioni,  che  paiono  meglio  convenirsi  al  pennello 
d'  un  giovane,  che  a  quello  d*  un  vecchio  sacerdote.  E  lecita 
quindi  T  ipotesi,  eh'  egli  sia  tornato  in  tarda  età  su  una  delle  in- 
numerevoli composizioni  dei  suoi  giovani  anni;    certo  è  però,  che 


"  Cfr.  Obras  cU  Lopa  de  Vega  publicadas  par  la  real  Accademia  espa- 
noia-,  prefaz.  voi.  I  pag.  434,  458  sgg.,  486,  585.  Questo  dramma  fu  stampato 
Dell'  edìz.  di  Barcelona  del  1634  e  successivamente  a  Madrid  (1635)  ed  altrove. 


330  PIETRO  TOLDO, 

soltanto  e  per  una  sola  volta  il  Castigo  venne  rappresentato  da- 
vanti alla  corte. 

I  nomi  e  i  personaggi  di  questo  dramma  in  parte  nascondono 
i  veri  della  tradizione  storica  e  in  parte  sono  scaturiti  della  fan- 
tasia dello  scrittore: 

//  duca  di  Ferrara,  Floro. 

Febo         )  gentiluomini  //  marchese  Gonzaga. 

Riccardo  \     del  Duca  Rutilio. 

Federico,  Aurora, 

Baiino,  scudiere  di  Federico.       Cassandra,  duchessa  di  Ferrara. 

Lucindo,  Lucrezia, 

Albano,  Ciniia, 

11  primo  atto  s'  apre  con  una  di  quelle  scene  co^  care  agli  scrit- 
tori romantici  e  che  trova  più  d'  una  corrispondenza  nel  teatro 
deir  Hugo.  E  notte,  la  luna  (questa  pallida  amica  dei  nuovi  vati) 
rischiara  le  silenti  e  tortuose  vie  d'  una  Ferrara,  creata  dall'  autore 
a  suo  piacimento,  perchè  e  pel  modo  con  cui  svolgesi  T  azione 
e  pel  carattere  e  i  costumi  dei  personaggi,  non  e'  è  da  prendere 
abbaglio,  noi  ci  troviamo  indubbiamente  in  territorio  spagnnolo. 
Il  duca  di  Ferrara,  travestito  e  seguito  da  due  cortigiani,  percorre 
le  vie  della  città,  in  cerca  di  facili  avventure  e  con  tutta  la  spen- 
sierata allegrezza  del  protagonista  del  Roi  s^amuse,  £  una  scena 
che  per  essere  illustrata,  avrebbe  bisogno  della  musica  leggera  del 
RigoleitOf  in  cui  risuonasse,  il  ritornello  del  principe  lib^tino: 

„Souvent  femme  varie; 
Bien  fol  est  qui  s*y  fie." 

E  quella  veramente  una  ben  strana  preparazione  al  matrimonio 
che  il  Duca  deve  contrarre,  nel  giorno  seguente,  con  la  giovane 
Cassandra,  fìglia  del  signore  di  Mantova  e  la  cortigiana  Cintia, 
chiamata  alla  finestra,  dall'  allegra  brigata,  s' incarica  di  dirlo,  a 
chiare  note.  Una  cortigiana  che  ad  un  principe  di  quello  stampo 
parla  di  virtù  e  di  dovere,  può  parere  antitesi  bizarra,  ma  non 
è  il  caso  di  meravigliarsene  perchè  tal  genere  di  contrasti  di  cor- 
tigiane virtuose  e  di  masnadieri  generosi  era  già  cosa  vecchia  in 
Ispagna,  allorché  T  Hugo,  con  Marion  Delorme  e  con  V  Hemani^ 
r  introduceva  in  Francia,  quale  nuovissima  manifestazione  dell'  arte. 
Con  uno  di  quei  bruschi  cambiamenti  di  scena  tanto  comuni 
al  teatro  spagnuolo,  noi  lasciamo  il  duca  di  Ferrara  per  trovarci 
in  presenza  del  conte  Federico,  suo  figlio  primogenito  e  naturale, 
che,  seguito  dal  gracioso  Batino,  muove  incontro  alla  matrigna. 
Federico  è  in  preda  al  più  vivo  dolore,  pensando  che  Cassandra 
lo  minaccia,  con  la  sua  discendenza,  di  togliergli  la  corona  di 
Ferrara  e  il  gracioso  lo  conforta,  colla  vecchia  sentenza  di  far  buon 
viso  a  cattiva  sorte.  D'  improvviso  risuonano  grida  di  donna,  che 
invocano  soccorso.  Federico  s'  affretta  d'  accorrere,  con  tutta  la 
cavalleresca  generosità  spagnuola,  mentre  Batino,  il  quale  invece 
appartiene  alla  razza  di  Sancio  Pancia,   gli   predica   invano  che  il 


DUB  LEGGENDE  TRAGICHE  ECC.  E  SCHILLER.  J37 

vero  valore  consiste  nelF  evitare  i  pericolL  U  avventura  è  bella, 
quale  può  sospirarla  un  giovane  galante.  Una  dama  seguita  da 
una  sua  donzella  è  sul  punto  d' annegarsi;  Federico  la  salva  e  Batino 
s'  incarica  della  compagna  pur  facendo  la  maligna  osservazione 
che,  per  esser  donna,  essa  è  tutt'  altro  che  leggiera.  Federico  invece 
si  sente  felice.  Quegli  occhi  bellissimi,  nel  loro  smarrimento,  gli 
parlano  di  gratitudine  e  di  simpatia,  ma  è  questa  un'  estasi,  che 
dura  ben  poco,  perchè  altri  cavalieri  accorrono,  preceduti  dal 
marchese  Gonzaga  e  la  dama  si  rivela  come  sposa  del  padre  suo. 
Ora  non  è  più  un  sentimento  di  gelosa  antipatia  quello  che  in- 
fiamma r  animo  del  giovane;  la  bella  donna,  eh'  egli  ha  stretto, 
per  un  istante,  fra  le  sue  braccia,  sembra  essere  divenuta  per  lui 
come  una  specie  di  cara  conquista,  eh'  egli  ha  strappato,  col  suo 
valore,  all'  acque  del  torrente  e  Cassandra  sospira  essa  pure,  perchè 
in  colui,  che  dovrà  d'  ora  innanzi  chiamare  col  duro  nome  di 
figliastro,  ha  ravvisato  un'  anima  generosa  e  gentile,  che  avrebbe 
trovato  dolce  corrispondenza  nella  sua.  Tutto  questo  non  im- 
pedisce che  i  due  interlocutori  si  ricambino,  con  tutto  il  sussiego 
spagnuolo,  i  complimenti  di  circostanza;  però  Cassandra  rìvolgesi 
alla  sua  confidente  Lucrezia  (che  non  ha  l'  aria  d'  esser  quella  di 
Roma,  come  osserva  Batino),  per  domandarle  cosa  pensi  del 
giovane: 

„Lucrezia  —  Se  me  lo  concedete,  signora,  vi  dirò  fisicamente  qaello 
che  penso. 

Cassandra  —  Credo  d' indovinarti,  tuttavia  paila  pure. 

Lucrezia  —  Lo  volete? 

Cassandra  —  Si. 

Lucrezia  —  Ebbene,  io  vi  dirò  che  vi  reputerei  più  felice  se  potesse  aver 
luogo  uno  scambio. 

Cassandra  —  Tu  dici  il  vero  ed  io  devo  maledire  la  mia  stella,  ma  ormai 
quello  che  è  fatto,  è  fatto.  Se  io  mi  decidessi,  fingendo  qualche  pre- 
testo, di  ritornare  a  Mantova,  mio  padre  m'  ucciderebbe,  ne  sono  sicura 
ed  io  diventerei,  per  la  mia  imprudenza,  la  fiivola  di  tutta  Italia.  D' al- 
tronde come  potrei  io  sposar  Federico?  No,  io  non  posso  fax  ritorno 
a  Mantova,  bisogna  che  mi  rechi  a  Ferrara  dove  m'  attende  questo 
Duca,  che  m'  è  assai  sospetto  per  le  notizie  ricevute  dei  suoi  liberi 
costumi." 

D'  altra  parte  un  dialogo  simile  ha  luogo  fra  Federico  e  Ratino: 
„Non  sarebbe  stato  meglio  fra  le  vostre  mani  —  esclama  quest'  ul- 
timo quel  bel  garofano  nascente,  quel  beli'  arancio  fiorito?'  e  poi, 
con  triste  presentimento,  non  nasconde  eh'  egli  avrebbe  preferito, 
che  il  suo  giovane  signore  l'  avesse  trovata  brutta.  Cod  l'  azione 
si  delínea  e  lo  spettatore  già  comprende,  con  quale  animo,  Federico 
assisterà  alla  presentazione  della  sposa  al  Duca. 

È  alla  presenza  di  questo  e  nel  suo  palazzo,  che  svolgonsi 
le  ultime  scene  del  primo  atto.  Aurora,  nipote  del  Duca  e  cugina 
di  Federico,   non  nasconde  al  suo  signore  1'  amore  eh'  essa  nutre 

Zdtschr.  t  rom.  PhiL  XXIL  23 


330  PÍBtRO  tOLDÔ, 

pel  fìglio  suo,  amore  corrisposto  già  da  lungo  tempo  e  che  potrebbe 
ridare  al  giovane  quella  pace,  che  le  nozze  del  padre,  hanno  tur- 
bata.   Essa  è  infatti  ricca  di  terre  e  di  beni  e  Federico  potrà  cosi 
formarsi  uno   stato,   senza  esser  costretto  a  guardare,   con  occfaio 
invidioso,  quello  che  i  futuri  fratelli  verranno  a  contendergli  H  Duca» 
che  ama  Federico  ed  è  dolente  di  vederlo  di  malanimo,  acconsente 
alla  proposta  e  ben  presto   ha   ragione   di  credersi  felice  quando 
giunge  la  bellissima  sposa,   che  il  fìglio  ha  salvata  da  tanto  grave 
perìcolo.     Federico   china  il  ginocchio  davanti  alla  nuova  signora 
di  Ferrara,  che  lo  stringe  affettuosamente  fra  le  braccia  e  il  Doca 
può  lusingarsi  che  la  pace  più  profonda  regnerà  oramai  nella  soa 
famiglia.     Ahimè!  un  nuovo  e  pii^  grave  sentimento  di  gelosia  sTè 
impadronito  dell'  animo  del  Conte;   egli  osserva   con  angoscia  di- 
venire  di  suo   padre,    V  adorata  fanciulla   che  in   nn  istante  vide 
amò   e  perdette.     Cassandra,    alla   sua  volta,   non  è  certo  felice* 
Come  essa  lo  manifesta  alla  fida  Lucrezia,  il  Duca  non  sente  per 
lei  alcun  affetto  e  dopo  una  breve  notte,  s'  è  sottratto  per  sempre 
alle   sue  carezze,   ritornando  all'  antica  vita.     „Federico  non  deve 
temere  eh'  io  possa   dare  un  erede   al  trono  di  Ferrara,   esclama 
essa,   e  può  bandire   ogni   tristezza.**     £  infatti  la  melanconia  da 
cui  il  conte  è  invaso  non  è  più   un  mistero  per  alcuno.     I  corti- 
giani  e  il  padre   ne  sono    dolorosamente  impressionati  e   questi 
(se.  Il)  cerca  di  sollevarne  V  animo,  col  proporgli  di  sposare  Âorora« 
Federico  si  confonde,   sta  per  tradirsi,   giacché  egli  non  potrebbe 
senza  sollevare  gravi  sospetti,  rifiutare  colei,  per  cui  ha  sino  allora 
mostrato  il   più   tenero   affetto.     Fortunatamente  egli  ha  osservato 
come  il  marchese  Gonzaga  mostri  viva  premura  per  la  fandolla  e 
sebbene  il  pretesto  paia  alquanto  specioso,  pur  tuttavia,  in  mancania 
di  meglio,  egli  se  ne  giova  per  respingere  V  offerta,  ricadendo  pt 
nelle   sue   tetre   fantasticherie,   dalle  quali  invano  V  ameno  Batino 
cerca   di   distorglielo.     V  espediente  di  Federico  non  può  iilndeie 
r  occhio  vigile  d'  una  donna,  che  ama.    Aurora  non  vi  presta  fede, 
giacché  da  quando  Cassandra  ha  messo  il  piede  nel  palazzo  ducale, 
essa  ha  osservato  uno  strano  cambiamente  nel  giovane  e  senza  che 
abbia  ancora  potuto  penetrarne  il  segreto,  è  però  in  preda  a  mille 
vaghi  e  indeterminati  sospetti.    La  Duchessa  s'  ofire  di  scandagliare 
r  animo  di  Federico  e  cosi  viene  a  svolgersi  una  situazione  delica- 
tissima, perchè  mentre  Cassandra  perora  la  causa  della  fonciulla,  viene 
a  scoprire  la  passione,  che  essa  stessa  ha  inspirato  al  conte.  £  la  scena 
è  abilissima.    Cassandra  vedendo  il  giovane  cosi  triste  e  pensando 
che  ne  sia  causa  il  timore  di  perdere  la  corona,  cerca  di  togliergli 
ogni  preoccupazione   a  questo   proposito  e  le  parla  della  sua  vita 
col  marito.     Ma  V  emozione  al  pensiero   dell'  infelice  stato,  in  coi 
si  trova,  finisce  col  commuoverla;  essa  dice  ben  più  che  non  vor- 
rebbe e  i  singhiozzi  e  le  lagrime  ne  interrompono  la  parola.     Fe- 
derico al  vedere  infelice  colei,   per  cui  spargerebbe  volentieri  sino 
all'  ultima   goccia   del  suo  sangue  e  al  vedere  rejetta  e  vilipesa  la 
dolcissima  fanciulla,  cui  egli  avrebbe  cosparsa  la  vita  di  fiorii  fineme^ 


DUB  LEGGENDE  TRAGICHE  ECC.  E  ÔCHILLSÎL  33$ 

si  sdegna  e  già  il  terribile  segreto  gli  sale  alle  labbra.  Cassandra» 
inconsapevole  ed  insieme  appassionata,  insiste  per  scoprire  la  ragione 
del  continuo  turbamento  del  giovane.  „Io  muoio,  esclama  egli, 
senza  rimedio  e  la  mia  vita  va  estìnguendosi  come  la  fiamma 
d'  una  fiaccola.''  £d  è  d'  amore  eh'  egli  muore;  non  già  per 
Aurora,  di  cui  dichiara  di  non  curarsi  affatto;  il  suo  amore 
mira  in  alto  e  non  può  confortarsi  d'  alcuna  speranza.    »^Cassandra 

—  Sei  tu  dunque  innamorato  di  qualche  statua  di  bronzo,  d'  una 
ninfa  o  d'  una  dea,  scolpita  nell'  alabastro?  U  anima  femminile 
non  è  rivestita  di  ghiacciato  diaspro  e  un  velo  leggero,  copre  ogni 
umano  pensiero.  Mai  amore  accompagnato  da  tanto  merito  non 
ha  colpito  il  cuore  d'  una  donna,  che  V  anima  sua  non  abbia  ri- 
sposto: „Eccomi,  entrate  dolcemente."  Rivelagli  il  tuo  amore, 
qualunque  esso  sia,  che,  non  senza  ragione,  i  Greci  rappresentarono 
Venere  ai  piedi  d'  un  fauno  ....  Segui  il  mio  consiglio,  o  Conte, 
perchè  il  più  casto  edificio  non  ha  che  una  porta  di  cera;  parla 
e  non  morire  tacendo."  £  Federico  non  risponde  direttamente  al 
dolce  invito,  ma  le  sue  parole  misteriose,  1'  accenno  ad  un  fatale 
destino  e  ad  una  irremediabile  sventura,  lasciano  la  Duchessa  im- 
mersa in  strane  riflessioni.  Il  disprezzo  del  marito,  la  grazia 
appassionata  del  giovane,  e  la  sentenza  di  Dante,  che  s'  affaccia, 
con  altre  parole,  alla  sua  mente,  le  danno  una  terribile  battaglia. 
Però  Cassandra  lotta  colla  sua  passione;  ella  intrawede  tutto  V  or- 
rore deir  abisso,  in  cui  sta  per  precipitare,  invoca  il  cielo,  che 
venga  in  suo  aiuto  e  come  Federico  vuol  respingere  i  lusinghieri 
fantasmi:  „il  questo  un  colpevole  pensiero  e  dietro  la  persona 
eh'  io  amo,  veggo  già  scintillare  una  spada." 

Ormai  la  coppa  è  piena,  traboccante,  e  1'  occasione  alla  colpa 
si  presenta  subito,  giacché  il  Duca  è  proprio,  in  quei  giorni,  chia- 
mato dal  Pontefice  a  difenderne  le  terre.  Cosi  egli  lascia  il  campo 
libero  agli  amanti  e  questi  vengono  preparandosi  al  mal  passo,  non 
senza  una  lotta  viva  e  continua  contro  la  passione,  che  li  acceca. 

„Che  cerchi  tu  pensiero  temerario?  che  vuoi  tu  da  me?  Dove 
mi  spingi?  Perchè  togliermi  la  vita?  perchè  questi  fremiti  im- 
petuosi? Modera  il  tuo  corso  sfìrenato  perchè  tu  prepari  la  morte 
d'  entrambi  (Federico,  se.  V)."  £  Cassandra,  trascinata  a  un  se- 
condo colloquio,  con  colui  da  cui  vorrebbe  fuggire,  senza  avere 
la  forza  di  farlo,  ormai  è  ridotta  a  mendicare  vane  scuse  al  suo 
fallo:  ,Jh^on  e*  è  tradimento  laddove  e*  è  amore  e  se,  nella  mia 
disperazione,  io  cedo  a  tanti  meriti,  non  sarò  la  prima,  che  abbia 
fatto  parlare  di  sé  per  la  sua  passione  o  pel  suo  tradimento"  (se.  VI). 
Ormai  V  amore  del  giovane  non  si  nasconde  più  timidamente:  „Si 

—  dice  egli  a  Cassandra  —  io  sono  giunto  a  tal  punto,  che  perdo 
ogni  riverenza  per  Dio  e  pel  Duca,  mio  padre  e  questo  amore 
assurdo  m'  annega  nella  disperazione."  Invano  la  Duchessa  lo 
supplica,  con  calda  parola,  d'  abbandonarla:  »«Se  può  esservi  un 
rimedio,  questo  consiste  nel  fuggire  V  occasione  di  vederci  e  di 
parlarci,   perchè   non  vedendoci  e  non  parlandoci  o  finirà  la  vita 

22* 


54Ô  PIETkO  TOLDO, 

O  r  amore  sarà  vinto.     Fuggimi   dunque,    perchè  ormai  non  so  se 
io  stessa  potrò  fuggirti/'     Cosi  i  due  giovani,  al  finire  dell'  atto  si 
separano,  ma  già  s' indovina,  eh'  essi  si  rivedranno  ben  presto,  per 
congiungersi   in  eterno  e  disperato  amore:     „Cassandra  —  Io  me 
ne   vado   morente   per   te.     Federico  —  Io  no,   perchè   da  lungo 
tempo,  non  vivo  pii^.'*     Qual  è  intanto  I'  animo  d'  Aurora,  che  si 
vede  disprezzata  da  colui,  eh'  essa  ha  messo  in  cima  ai  suoi  pen- 
sieri?    Invano,  fingendo  di  corrispondere  all'  amore  del  Marchese, 
essa  ha  tentato  d'  eccitarne  la  gelosia.    Federico  non  mostra  nep- 
pure  d'  avvedersene   e   la   Duchessa   V  allontana   da   lei   con   noueü 
celata  freddezza.     La  gelosia  trasforma  la  mite  fanciulla  in  impla- 
cabile vendicatrice  e  poiché  essa  ha  potuto  convincersi  della  tresca, 
che  nella  terza  giornata  non  appare  più  dubbia,   in  un  momento 
di  disperato  abbandono,   concede  il  suo  amore  al  marchese  Gon- 
zaga, in  cui  troverà  consiglio  ed  aiuto  per  compiere  lo  sdaguiato 
divisamento.    Si  noti  che  lo  specchio  traditore  della  leggenda  fer- 
rarese rivela  anche  qui  gli  amorì  di  Cassandra  e  di  Federico.    Il 
momento  è  propizio  alla  vendetta  ;  il  Duca  divenuto  capitano  gene- 
rale   della   Chiesa,    è  sul    punto    di    far    ritorno  ed  il  Conte  che 
intravvede   il   pericolo   da  cui  è  minacciato,    tenta  di  scongiurarlo, 
ma  invano,  col  guadagnarsi  V  animo  d'  Aurora.   Costei  lo  respinge; 
però  Federico,  confidando  che  si  tratti  di  passeggiero  dispetto,  non 
dispera   di  vincerne   la   resistenza   e   s' apre,    a   questo   proposito, 
colla  Duchessa.     A  questo   punto   i  caratteri  dei   due   amanti   si 
delineano  pii^   nettamente.     Federico,  poiché  il   furore   della  pas- 
sione   s'  è   venuto    calmando,    vorrebbe   conciliare   il    passato    col 
futuro   e  sposando  Aurora,   mettersi   al  coperto  da  ogni  sospetto. 
In  tal  guisa  quel  giovane   che   la  leggenda  italiana  ha  contornato 
d'  un'  aureola  di  generosità,  viene,  nel  dramma  spagnuolo,  a  rive- 
larsi,  rìnessivo,   prudente  e  abbastanza  egoista,   mentre  la  moglie 
dell'  Estense,   avvilita  dal  Bandello  al  punto  da  fame  una  volgare 
seduttrice  di  minorenni,  qui  s'  eleva,  nel  disperato  suo  amore,  alla 
sublimità. 

Cassandra   (respingendo  T  ignominiosa  proposta) :   „Ammogliarti,   Conte? 

Vi  pensi  tu? 
Federico  =  Il  comune  pericolo  1'  esige. 
Cassandra  =  Come,  viva  Dio!  oseresti  tu  beffarti  di  me,  dopo  esier  stata 

la  causa  prima  di  questa  sciagura?    Ah!  tu  mi  conosci  mftle;   griderò 

piuttosto,  ad  alta  voce,  il  tuo  delitto  ed  il  mio  tradimento. 
Federico  =  Signora  .  .  . 
Cassandra  =  Lasciamo  questi  discorsi. 
Federico  =  Ma  vi  sentiranno  .  . 
Cassandra  =  E  che  importa?   Il  Duca  può  togliermi  mille  volte  la  vita» 

ma  tu  non  ti  ammoglierai." 

Una  nuova  situazione  sa  pure  trovare  il  Vega,  al  ritomo  del  Duca. 
I  trionfi  militari,  i  suoi  colloqui  col  Pontefice,  che  al  dramma- 
turgo e  sacerdote  spagnuolo   doveano   parere   fonte  d' ogni  virtù. 


DUS  LEGGENDE  TRAGICHE  ECC.  E  SCHILLER.  34 1 

nonché  la  dignità  conseguita ,  I'  hanno  persuaso  die  la  vìa  da  Ini 
battuta  sino  allora,  non  era  certo  la  più  diritta  per  giungere  al 
cielo.  È  per  questo  eh'  egli  s*  è  proposto  di  tenere  pel  futuro  una 
condotta  che  serva  d'  esempio  alla  Corte  ed  al  popolo  e  mentre  a 
Cassandra  egli  dedicherà  tutto  il  suo  amore,  le  notti  già  vegliate  nella 
dissipazione,  saranno  sacre  oramai  alle  cure  dello  stato.  ,,Insomma, 
dice  uno  dei  cortigiani,  il  nostro  signore  è  divenuto  un  vero  santo.*' 
Con  questi  buoni  propositi,  egli  fa  alla  moglie  ed  al  figlio  un'  acco- 
glienza, che  viene  dal  cuore,  e  questa  deve  risvegliare  nel  loro 
animo  il  rimorso  e  togliere  alla  figura  dell'  Estense  tutto  quello 
che  poteva  aver  prima  d'  antipatico.  Licenziata  la  famiglia  e  mentre 
tutti  possono  riposare  nella  quiete  della  notte,  il  Duca,  fedele  ai 
suoi  propositi,  si  mette  al  tavolo  e  trascorre  le  molte  carte  pre- 
sentategli: „coloro,  che  governano  devono  tale  cura  all'  adempi- 
mento del  loro  dovere'^  Passano  sotto  i  suoi  occhi  suppliche  di 
vario  genere,  quando  un  foglio,  consegnatogli  da  uno  sconosciuto 
attira  la  sua  attenzione.  L'  apre,  lo  percorre,  la  mano  gli  trema 
e  un  grido  d' indignazione  prorompegli  dal  petto: 

„O  figlio  perfido!  Ciò  può  essere  vero?  È  mai  possibile  che  un  uomo 
Dato  da  un  altro  uomo  possa  commettere  un  cosà  nero  delitto?  Ma  se  tu 
m'  hai  offeso,  ah,  vorrei,  dopo  averti  ucciso,  poter  ridarti  la  vita  per  ucciderti* 
quante  volte  io  t*  avessi  dato  nuova  vita  :  . . .  Come  potrò  conoscere  con  pru- 
denza la  verità,  senza  disonorarmi  coi  testimoni,  che  sarò  costretto  ad  in- 
vocare? .  .  .  Ma  chi  oserebbe  raccontarmi  una  tanto  infiime  storia,  se  questa 
vera  non  fosse?  Non  si  sarebbe  potuto  inventare  ciò  d' un  figlio,  se  non 
fosse  vero  ...  né  occorre  che  il  delitto,  il  quale  strugge  il  nostro  onore  sia 
veramente  commesso,  basta  che  si  supponga  e  che  se  ne  parli." 

Però,  dopo  il  primo  impeto,  egli  riflette,  dubita,  spera,  e  a 
dissipargli  la  certezza,  se  non  il  sospetto,  contribuisce  la  visita,  die 
Federico  viene  a  fargli,  nella  notte.  Davanti  al  figlio,  il  padre  re- 
prime lo  sdegno  e  dissimula,  ma  poi  1'  animo  quasi  s'  apre  alla 
fiducia  quando  il  Conte  gli  annuncia  il  suo  fermo  proposito  di 
sposare  Aurora  e  finge  di  nutrire  viva  antipatia  per  la  Duchessa. 
£  forse  V  astuzia  del  giovane  riuscirebbe  a  stornare  il  perìcolo, 
ove  Cassandra  fosse  donna  da  contentarsi  di  cosi  miserabili  espe- 
dienti. Essa  stessa,  con  sdegnosa  alterìgia,  sventa  l' inganno  ordito 
dal  timoroso  e  ormai  tepido  amante  e  1'  assale,  con  una  foga,  che 
ad  entrambi  riesce  fatale. 

„Cassandra  —  Con  quale  infame  tranquillità,  osi  tu,  o  traditore,  appa- 
rire al  mio  cospetto,  dopo  aver  chiesto  la  mano  d'Aurora? 

Federico  —  Silenzio,  signora!   Pensate  al  perìcolo  cui  v'esponete. 

Cassandra  —  Qual  pericolo,  miserabile,  quando  io  non  sono  più  'pa- 
drona di  me? 

Federico  —  Come  voi  non  temete  di  alzare  tanto  la  voce? 

Cassandra  —  Esiste  forse  in  questo  mondo,  un  uomo  coA  vile  da  abban- 
donarmi, dopo  ch'io  ho  sacrificato  il  mio  onore  ai  suoi  desideri,  al 
prezzo  di  tante  angoscie? 


¿4^  PIETRO  TOLDO, 

Federico  —  Non  sono  ancora  ammogliato,  Signora.  Ho  Volato  soltanto 
prevenire  i  sospetti  del  Duca,  e  dare,  nel  tempo  stesso,  qualche  sien- 
ressa  alla  nostra  vita,  che  non  può  durare  sempre  cosi.  O  Cassandra,  il 
Duca  non  è  uomo  di  basso  stato,  né  potrebbe  soffrire  di  vedere  il  suo 
nome  illustre  in  preda  all'  obbrobrio.  Abbastanxa  e  troppo  fummo  en- 
trambi accecati  dall'  amore. 

Cassandra  —  Ah!  Tile,  cuore  senza  nobiltà,  queste  lagrime,  queste  pre* 
ghiere  ripetute  sino  a  renderci  pazzi  e  per  cui  perdemmo  1'  onore,  osi 
tu  chiamarle  tradimenti?    Io  mi  sento  morire,  lasciami,  miserabile." 

n  Duca,  che  tormentato  dal  terrìbile  sospetto,  aggìravasi  in  cerca 
di  prove,  attratto  dalla  voce  di  Cassandra,  s*  è  avvicinato  alla  porta. 
Ahunè,  il  colloquio  dei  due  giovani  non  gli  lascia  più  alcun  dubbio 
e  r  espiazione  sarà  feroce,  inesorabile,  non  meno  dell'  ofiesa.  Però 
a  che  gioverebbe  divulgare  la  propria  vergogna?  Con  la  dissimu- 
lazione, cui  da  lungo  tempo  ha  informato  la  sua  vita,  egli  invol- 
terà un  qualsiasi  pretesto  per  compiere  quella  eh'  egli  chiama  non 
vendetta,  ma  punizione.  U  pensiero  dell'  amor  figliale,  contrasta 
un  momento  coi  suoi  tetri  pensieri,  ma  egli  subito  lo  discaccia; 
quando  a  Cassandra,  per  cui  mai  nutrì  amore,  egli  non  prova  il 
menomo  rimorso.  £  1'  espediente  da  lui  trovato  è  invero  degno 
della  più  crudele  imaginazione.  In  una  scena  terribile,  die  però 
il  Vega  non  espone  agli  occhi  del  pubblico,  il  terribile  Signore 
atterra  la  Duchessa,  le  lega  mani  e  piedi,  le  copre  il  volto,  la 
rinchiude  in  altra  stanza,  poi  chiama  Federico  e,  con  volto  sereno, 
finge  d' invocarne  V  aiuto,  in  una  grave  contingenza.  Ho  scoperto, 
die'  egli,  come  un  nobile  di  Ferrara  tramasse  contro  di  me;  1*  ho 
chiamato,  mi  sono  impadronito  di  lui  ed  egli  è  di  là,  legato  e  col 
viso  coperto,  che  attende  de  te  la  morte.  Cosi,  soggiunge,  il 
terribile  segreto  resterà  sepolto  nelle  nostre  coscienze.  Federico, 
sfodera  la  spada,  s*  awanza  verso  il  gabinetto,  ma  üb  triste  pre- 
sentimento pare  ne  arresti  i  passi.  L*  Estense,  dalla  porta,  gli  h, 
animo,  lo  vede  titubare,  poi  avvicinarsi  alla  vittima  e  colpirla,  allora» 
con  voce  poderosa,  fa  accorrere  tutti  i  cortigiani,  e  con  essi  il  mar- 
chese Gonzaga  ed  Aurora  e  dice  loro  come  Federico,  Sapendo  die 
la  matrigna  recava  nel  grembo  il  futuro  erede  di  Ferrara,  1*  abbia 
uccisa  per  cupidigia  di  regno.  Federico  esce  dal  gabinetto,  strav- 
volto;  egli  ha  voluto  vedere  in  viso  la  persona  caduta  sotto  i  suoi 
colpi  e  lo  spettacolo  di  Cassandra,  da  lui  stesso  sacrificata,  gli  ha 
gelato  il  sangue  nelle  vene.  È  questa  una  visione  lugubre,  stra- 
ziante, simile  a  quella  che  turberà  un  giorno  il  buffone  dell'  Hugo, 
quando  nel  sacco,  in  cui  crede  di  trovare  il  cadavere  dd  suo 
sovrano,  troverà  invece  quello  della  figlia,  da  lui  &tta  pugnalare, 
per  fatale  equivoco.  Tutte  la  spade  sono  levate  contro  Federico, 
che  esce  mal  difendendosi  da  tanti  nemici;  Aurora  resta  muta 
spettatrice  del  doppio  eccidio,  di  cui  essa  è  causa,  né  sa  trovare 
risposta  al  Marchese,  che  la  supplica  di  seguirla  a  Ferrara.  I  cada- 
veri dei  due  amanti  vengono  poi  esposti,  conformemente  alla  ver- 
sione  del  Bandello   e  il  gracioso  conclude:   Qui  finisoe^   o  signori, 


DUB  LEGGBNDS  TRAGICHS  ECC.  E  SCHILLER^  343 

la  tragedia  del  Castigo  senza  vendetta.    Dopo  aver  fatto  lo  spavento 
d'  Italia,  eh'  essa  serva  oggi  d'  esempio  alla  Spagna.'* 

Che  r  opera  del  Vega  discenda  dalla  leggenda  italiana  e  più 
da  questa,  che  dalla  novella  del  Bandelle,  risulta  evidente  dall'  analisi. 
Federico  è  figlio  naturale,  lo  specchio  rivela  T  incestuoso  amore, 
il  Duca  (leggero  anacronismo,  che  seguendo  il  novelliere  italiano, 
avrebbe  evitato  *)  è  fatto  capitano  della  Chiesa  e  il  Principe,  prima 
d'  amare  la  matrigna,  prova  per  lei  antipatia  ed  odio,  temendo 
eh'  essa  possa  togliergli  lo  stato.  Tutto  questo  non  trovasi  nel  Ban- 
delle ed  è  materia  della  tradizione  orale.  Cosi  si  spiega  la  strana 
confusione  di  nomi;  Parisina  divenuta  Cassandra  e  per  di  più  man- 
tovana ;  Ugo  trasformato  in  Federico  ;  V  intervento  del  Gonzaga, 
cambiamenti,  tutti  che  possono  trovare  spiegazione  nelF  ipotesi 
d'  una  sovrapposizione  della  leggenda  mantovana  alla  ferrarese.  Si 
osservi  che  Federico  è  per  V  appunto  il  nome  del  principe  ribelle, 
di  cui  già  tenemmo  parola.  Ma  altri  elementi  si  presentano  pure, 
di  cui  la  tradizione  orale  e  le  cronache  italiane  non  oñrono  traccia 
e  che  devono  attribuirsi  o  alla  fantasia  dello  scrittore  od  alle 
modificazioni  ed  alle  aggiunte,  che  ricevette  la  storia  di  Parisina, 
per  opera  popolare,  al  di  là  del  F  Alpi  e  dei  Pirenei.  L'  accenno 
alla  fantesca  che,  per  esser  percossa  dalla  Signora,  da  confidente 
si  fa  délatrice  è  venuto  crescendo  e  trasformandosi  si  da  divenire 
elemento  caratteristico  dell'  opera.  Aurora  non  è  né  confidente, 
né  di  povero  stato;  essa,  dopo  la  Duchessa,  occupa  il  primo  posto 
alla  corte  di  Ferrara  e  la  denunda,  cui  si  toglie  ogni  volgarità, 
trova  scusa  nell'  amore.  Cassandra  ha  spezzato  i  dolci  sogni  di 
vergine  della  fanciulla;  Federico,  dopo  tante  promesse,  la  dimen- 
tica e  P  offende  con  queir  indifferenza  che,  per  chi  ama,  è  la  più 
grave  delle  ingiurie  ed  Aurora  trova  nuove  ragioni  di  sdegno, 
allorché  il  volubile  conte  vorrebbe  riawicinarsi  a  lei,  per  scon- 
giurare il  pericolo  che  lo  minaccia.  La  figura  d*  Aurora  ha  notevole 
importanza  ed  é  creazione  felicissima  del  Vega;  quanto  al  marchese 
Gonzaga,  che  s' innamora  pazzamente  della  giovane  rifiutata  dal 
principe  e  diviene,  in  qualche  modo,  istrumento  dell*  atroce  vendetta, 
é  personaggio  secondario,  ma  delineato  esso  pure  finamente.  L'amico 
fedele  di  Ugo,  che  muore  per  lui  e  che  la  cronaca  ferrarese  ricorda 
col  nome  di  Rangoni,  non  trova  posto  nelle  scene  spagnuole.  Ma 
tutto  quello  che  domina  il  dramma  é  il  carattere  di  Cassandra,  donna 
appassionata,  che  nobilita  il  suo  fallo  coli'  intensità  dell'  amore  e 
che  af&onta  piuttosto  la  morte,  che  la  vergogna  degli  ignominiosi 
espedienti  offertigli  dal  timido  amante.  Cosi  Cassandra  ha  già 
spezzato  il  suo  fatale  sogno,  prima  che  Federico,  da  lei  ormai 
sprezzato  e  abboirito,  la  faccia  cadere  sotto  i  suoi  colpi,  diversa 
in  questo  dalla  marchesa  del  Bandelle,  che  vorrebbe  sopra  sé 
sola  convergere  tutto  il  furore  del  marito  e  die  qdra  benedicendo 
la  causa  della  sua  morte« 


1  Fu  solo  nel  145a  che  |^  I 
peratore  Federico  m. 


344  PIETRO  TOLDO, 

Da  tale  situazione  trasse  invece  largo  profitto  lord  Byron,  che 
s'  attenne  ben  da  vicino  al  racconto  del  Bandello.  La  stes^  allu- 
sione al  matrimonio  stabilito  antecedentemente  fra  Ugo  e  Parisina 
e  che  parve  al  Solerti  attinta  ad  altra  fonte,  s*  ispira  al  novelliere 
italiano. 

„And  for  a  brief  delay  demands 

His  father's  ear 

Tis  true  that  I  have  done  thee  wrong  — 

Bat  wrong  for  wrong:  —  this  deem  'd  thy  bride, 

The  other  victim  of  thy  pride, 

Thon  know  'st  for  me  was  destined  long. 

Thou  saw  'st,  and  coveted  'st  her  charms.*'  — 

Ugo  è  fatto  però  figlio  naturale  di  Bianca  ed  in  una  situazione 
arditissima,  rimprovera  il  padre  di  tradimento  verso  la  madre  sua 
e  la  vergogna,  di  cui  ha  cosparsa  la  sua  illegittima  nascita.  Il 
poeta  inglese  contempla  le  sventure  dei  due  giovani  amanti« 
coir  occhio  pietoso,  con  cui  già  Dante  avea  scorto  Paolo  e  Fran- 
cesca stretti,  contro  V  infernal  bufera,  in  disperato  amplesso.  E 
certo  con  la  storia  pietosa  eternata  dall'  Alighieri,  non  meno  che 
con  quella  d' Ippolito  e  di  Fedra,  la  leggenda  ferrarese  offire  qualche 
analogia.  Lord  Byron,  al  pari  del  Vega,  lascia  libero  sfogo  alla 
fantasia  inventiva  dei  particolari  ed  altera  i  nomi,  sicché  1'  Estense 
trasformasi  in  Azo.  È  nel  sonno,  quando  il  signore  di  Ferrara 
crede  che  per  lui  solo  palpiti  la  bellissima  sposa,  che  questa  pro- 
ferisce il  nome  di  Ugo  e  quel  nome  risuona,  terrìbile  rivelazione, 
nelP  animo  del  sire.  Ugo  è  dannato  a  morte,  ma  non  per  ciò 
si  spaventa  il  valoroso  guerriero,  avvezzo  ad  affrontarla  impavido 
sui  campi  di  battaglia  ed  in  faccia  al  padre  sostiene,  quel  che 
mai  avrebbe  osato  il  protagonista  dell'  ecclesiastico  spagnuolo,  la 
difesa  del  suo  amore.  Né  Parisina  trema  un  solo  momento  per 
sé:  distrutto  V  incanto  della  fatale  passione,  che  le  importerebbe 
ormai  la  vita,  non  pii^  confortata  dai  baci  dell'  amante?  E  questo 
essa  vorrebbe  salvare,  assumendosi  tutta  la  responsabilità  della  colpa 
ed  é,  con  raffinata  crudeltà,  che  al  supplizio  di  lui  é  costretta  ad 
assistere,  dal  crudele  signore.  Quando  il  capo  del  giovane  cade 
sotto  alla  mannaia,  s'  ode  risuonare  un  terribile  grido: 

It  was  a  woman^s  shriek  —  and  ne'er 
In  madlier  accents  rose  despair; 
And  those  who  heard  it,  as  it  pass'd. 
In  mercy  wisk'd  it  were  the  last. 

La  fine  di  Parisina  é  avvolta  dal  poeta  in  spaventoso  mistero* 
Forse  essa  finì  in  un  chiostro,  forse  di  veleno.  Qual  fosse  il  suo 
destino: 

None  knew,  and  none  can  ever  know; 
But  whatsoe  'er  its  end  belon. 
Her  life  began  and  closed  in  woe! 


DUB  LEGGENDE  TRAGICHE  ECC.  E  SCHILLER.  345 

£  inariditi  y  come  d'  albero  percosso  da  folgore,  passano  pure  gli 
ultimi  anni  dell*  Estense,  che  invano  a  nuove  nozze,  richiede  la 
felicità,  per  sempre,  perduta.  La  riabilitazione  degli  infelici  amanti 
è  completa  nel  poeta  inglese. 

La  storia  di  Ugo  e  di  Parisina  ofire  una  strana  analogia  colla 
leggenda,  che  vennesi  formando,  nel  XVII®  sec.,  intomo  ai  nomi 
di  Filippo  n,  d' Isabella  di  Valois  e  di  Don  Carlos.  Il  Saint  Real, 
che  è  V  autore  del  romanzetto  famoso,  cui  attinsero  i  poeti  del 
ciclo  tragico  di  Don  Carlos  ha  veramente  la  pretesa  di  contarci 
un  fatto  storico  e  cita  gran  numero  di  fonti,  le  quali  sono  però 
lontane  dal  contenere  gli  elementi  di  fatto  della  sua  esposizione.^ 
Don  Carlos  ed  Isabella  erano,  racconta  egli,  fidanzati,  senza  co- 
noscersi allorché  Filippo  II  pensò  di  sposare  colei,  che  prima  aveva 
destinata  al  figlio,  a  un  dipresso  come  Nicolò,  secondo  la  narra- 
zione del  Bandello.  Questo  primo  riscontro  non  deve  tuttavia  sor- 
prenderci. Il  fatto  è  storico  e  la  combinazione  sembrerebbe  quindi 
fortuita,  ove  un  avvenimento  cosi  comune  in  quei  tempi  non  divenisse 
anche  per  lo  scrittore  fìrancese,  il  punto  iniziale  della  fatale  passione. 
V  Infante  è  inviato  dal  padre  incontro  alla  matrigna  ed  appena  si 
veggono,  r  amore  s' impadronisce  dei  loro  cuori.  La  Regina  sviene, 
don  Carlos  fa  forza  a  sé  stesso  ed  il  cerimoniale  di  prammatica 
è  poi  osservato  da  ambo  le  parti,  con  tutto  il  sussiego  spagnuolo. 
Il  giovane,  dopo  aver  condotto  Isabella  nella  reggia  patema,  non 
sa  darsi  pace  del  cambio  cradele  e  cerca  tutti  i  pretesti  per  avvici- 
narla. La  Regina  divide  i  sentimenti  del  figliaistro,  però  sa  im- 
porre un  fireno  a  sé  ed  a  lui,  quel  freno,  che  la  disgraziata  Pari- 
sina, dimentica  cosi  presto.  Tuttavia  non  é  da  credersi  che  Isabella 
respinga  risolutamente  il  giovane  amante;  fra  loro  v'  è  sempre  una 
tenera  corrispondenza,  quel  vincolo  confidente  e  casto,  cui  gli 
scrittori  dei  nostri  tempi  diedero,  più  a  torto  che  a  ragione,  il 
nome  d'  amore  platonico.  V  Infante  trova  un  confidente  della  sua 
passione  nel  marchese  di  Posa,  che  mostrandosi  troppo  assiduo  presso 
la  Regina,  cade  in  sospetto  del  sovrano  ed  é  da  questo  ucciso, 
fatto  che  ricorda  la  fine  del  Rangoni  alla  corte  estense.  A  svelare 
il  segreto  dei  giovani  congiura  una  dama  d'  altissima  nascita,  la 
principessa  d'  Eboli,  moglie  di  Ruy -Gomez,  governatore  del  prin- 
cipe, donna  di  facili  costumi,  che  finisce  fra  le  braccia  di  don 
Giovanni  d'  Austria.  Filippo,  avuto  notizia  della  dolce  corrispon- 
denza, che  ai  suoi  occhi,  per  le  informazioni  dell'  Eboli,  del  duca 
d'  Alba  e  del  Gomez,  assume  V  aspetto  d'  una  vera  tresca,  giura 
di  vendicarsi,  colla  morte  d'  entrambi,  però,  egli  pure,  come 
r  Estense,  cercherà  un  pretesto,  per  nascondere  al  pubblico  quella 
che  reputa  sua  vergogna.  E  il  pretesto  é  dato  dalle  relazioni  di 
Don  Carlos,  cogli  insorti  delle  Fiandre,  nonché  da  certi  dubbi, 
che  sorgono,  sulla  sua  fede  cattolica.   H  consiglio  dell'  Inquisizione 

1  Saint  Real  —  Traitéi  historiques.  167a. 


346  PIETRO  TOLDOy 

chiamato  a  giudicare  il  Principe,  dopo  averne  ordinato  1'  arresto, 
per  impedirne  la  fuga,  s'  accorda  col  sovrano,  per  spegnere  segre* 
tamente  V  infelice  giovane.  Il  veleno  non  avendo  avuto  il  desi- 
derato effetto,  i  carcerieri  impongono  a  Don  Carlos  di  schliere 
quel  genere  di  morte,  che  gli  paia  meno  orribile  e  questi,  dopo 
avere,  in  un  colloquio  vivacissimo,  rinfacciato  al  padre  V  inaudita 
crudeltà,  muore  facendosi  segare  le  vene  in  un  bagno  e  stringendo 
teneramente  il  ritratto  d' Isabella.  La  Regina,  che  ha  protestato 
con  tutta  la  forza  di  cui  era  capace,  contro  il  supplizio  del  figliastro» 
è  spenta  alla  sua  volta,  con  un  veleno  datole,  qual  medicina,  dal 
crudele  signore,  il  quale  ben  presto  (ed  anche  questa  è  combina- 
zione storica)  passa  a  nuove  nozze,  che  non  lo  rendono  felice. 
Si  noti  che  i  due  sovrani,  V  italiano  e  lo  spagnuolo,  non  fanno 
nulla  per  cattivarsi  V  animo  delle  loro  auguste  spose,  le  quali  sono 
spinte  alla  simpatia  pei  loro  figliastri,  anche  da  questa  suprema 
ingiuria  dell'  indifferenza  maritale.  Â  dubitare  che  rassomiglianza 
delle  due  leggende  sia  determinata  soltanto  da  mera  combinazione, 
sono  tratto  da  due  considerazioni  e  cioè,  che  il  racconto  di  Don 
Carlos  cosi  come  V  abbiamo  esposto,  non  trovasi  raccontato  da 
altri  antecedentemente  al  Saint  Real  e  che  questi,  scrittore  di 
novelle,  potea  ben  facilmente  conoscere  un  suo  predecessore  in 
tale  materia,  quel  Bandello  diffuso  e  tradotto  nella  patria  sua. 
Dovendo  cercare  elementi  per  dar  corpo  alla  sua  fantasia,  il  Saint 
Real  può  essersi  àssimitati,  consciamente  od  inconsciamente,  i  tratti 
fondamentali  della  leggenda  italiana,  sia  desumendola  dal  novelliere, 
sia  traendola  da  quanto  la  tradizione  orale  avea  portato,  d' oltr*  alpi, 
al  suo  orecchio.  Né  questo  sistema,  cosi  poco  conforme  al  metodo 
storico  d'  oggidì,  deve  meravigliarci  gran  fatto:  non  altrimenti  pro- 
cedeva il  Brantôme  nel  mettere  assieme  i  ritratti  dei  grandi  perso- 
naggi del  suo  tempo,  cui  egli  attribuisce  avventure  e  storielle,  delle 
quali  la  novellistica  ha  rintracciato  V  origine  diversa  e  remota. 

Gli  studiosi  dei  nostri  giorni  hanno,  su  documenti  sicuri,  ri- 
costruita la  storia  dell*  infelice  principe  spagnuolo,  e  la  leggenda 
dei  suoi  incestuosi  amori  e  della  patema  vendetta  è  sfatata  per 
sempre.  Don  Carlos  era  più  che  della  corona,  erede  della  tristis- 
sima malattia,  che  la  madre  dell'  avo  suo,  Carlo  V,  avea  trasmessa 
alla  reale  famiglia.  Gli  ambasciatori  delle  corti  europee,  ce  lo 
dipingono  stravagante,  collerico,  impetuoso  e  crudele.  Nella  sua 
insofferenza  d'  ogni  freno,  egli  concepiva  odii  terribili,  per  quanti 
circondavano  il  trono  del  padre;  Ruy-Gomez,  il  duca  d'  Alba,  lo 
zio  Giovanni  d'  Austria  erano  stati,  più  d'  una  volta,  esposti  alle 
sue  minaccie  e  senza  farsi  paladino  delle  libere  aspirazioni  dei 
cittadini  dei  Paesi  Bassi,  è  provato,  eh'  egli  manteneva  con  essi 
quelle  relazioni,  con  cui  promettevasi  di  strappare,  se  non  a  Fi- 
lippo II, ^    certo  ai  personaggi   che  V  attorniavano,    le  redini  dello 

'  Senza  esporre  qui  la  ricchissima  bibliografía  che  riguarda  Filippo  II 
e  il  disgraziato  suo  figlio,  ricorderò  gli  scritti  piii  notevoli  sull'  argomento: 


DUE  LEGGENDE  TRAGICHE  ECC.  E  SCHILLER.  347 

Stato.  Don  Carlos  era  veramente  stato  fidanzato  ad  Isabella  di 
Francia,  figlia  di  £nrico  U,  ma  trattavasi  d'  una  promessa  corsa 
fra  ragazzi;  basti  rammentare  come  nei  1560,  quando  cioè  la 
principessa  francese,  invece  di  lui,  sposava  Filippo  II,  l' Infante 
aveva  appena  raggiunto  il  quattordicesimo  anno,  Isabella  n'  avea 
quindici  (proprio  V  età  di  Parisina!)  ed  il  Re  trenta  tré,  per  cui  la 
storiella  dei  suoi  bianchi  capelli,  che  sorpresero  e  addolorarono  la 
Regina  deve  rigettarsi  con  V  altre  fiabe. 

Non  consta  che  il  Delfino  fosse  in  condizioni  tali  da  ofirire 
alla  matrigna  un  aspetto  seducente.  Fisicamente  era  assai  mal 
costrutto,  esile,  con  una  spalla  sporgente  e  il  dorso  ricurvo;  man- 
giatore sfrenato  e  giocatore,  pare  anche  che  cercasse  facili  avven- 
ture, sebbene  (sia  per  sua  natura,  sia  per  eccessi  in  troppo  tenera 
età)  si  spargesse  la  voce,  ripetuta,  concordemente,  da  molti, 
eh'  egli  non  fosse  atto  a  contrarre  vincoli  matrimoniali.  Malgrado 
questo,  il  principe  insisteva  perchè  il  padre  V  ammogliasse  e  cor- 
sero lunghe  e  minute  trattative,  per  trovargli  una  sposa  degna 
della  corona  spagnuola,  nelle  corti  più  potenti  d'  Europa.  £ 
noto  come  Filippo  II,  alla  morte  d'  Isabella,  sposasse  quelP  Anna 
di  Boemia,  che  per  un  momento,  erasi  pensato  di  destinare  a 
don  Carlos,  sicché  può  dirsi  che  fosse  destino  del  monarca  di 
Spagna,  di  sostituire  il  figlio,  nei  matrimoni  per  lui  combinati. 
Mano  mano  che  don  Carlos  passava  dall'  adolescenza  alla  gio- 
vinezza, gli  eccessi  di  morboso  furore  divenivano  sempre  pii^ 
inquietanti,  talché  il  Re  era  costretto  a  farlo  sorvegliare  da  vi- 
cino. Nulla  vi  fu  fra  il  Principe  ed  Isabella,  che  potesse  ai  molti 
e  vigili  occhi  dei  cortigiani,  dar  pure  un  lontanissimo  sospetto 
d'  intelligenza.  L'  ambasciatore  di  Francia,  che  per  la  sua  posizione 
era  tratto  a  quelle  indagini  delicate  ed  intelligenti,  in  cui  1  rappre- 
sentanti della  repubblica  Veneta  distinguevansi,  con  sì  commende- 
vole zelo,  non  scrive  una  sola  parola,  che  ci  lasci  dubbi  in  pro- 
posito. Isabella  nutriva  per  V  infelice  la  compassione,  che  ogni 
anima  gentile  prova  per  le  umane  miserie  e  Don  Carlos  1'  avea  messa 
in  testa  di  quella  nota  da  lui  scritta  delle  persone  che  amava, 
come  neir  altra,  contenente  quelli  da  lui  odiati,  trovavansi  il  padre, 
r  Alba,  Ruy -Gomez  e  la  prindpessa  d'  Eboli,  quest'  ultima  certo 
perchè  moglie  di  quel  governatore,  da  cui  V  Infante  credevasi,  forse 


Brantôme  —  Mémoires  Vol.  i^  e  2<>  (Filippo  II  ed  Elisabetta  di  Francia). 
Cabrera  —  Relatio  vitae  mortisqoe  Caroli,  Filippi  Filii. 
Ferreras  (Juan  de)  —  Historia  d' Espana  (1758). 
Mercier  —  Portrait  de  Philippe  II  (1785). 
Ranke  —  Geschichte  Don  Carlos'. 
Prescott  —  History  of  the  Reign  of  Philip  II. 
M.  Mignet  —  Antonio  Perez  et  Philippe  U.    1854. 
Gachard  —  Don  Carlos  et  Philippe  II. 

Charles  de  Moûy  —  Don  Carlos  et  Philippe  11  (ult.  ediz.  Parigi,  1888). 
Max  Biidinger  —  Don  Carlos'  Haft  und  Tod  (Vienna,  1891;. 
Giovanni  Boglietti  —  Don  Carlos   e   la   sua   prigionia,   secondi   recenti 
pubblicazioni.    (Nuova  Antol.  maggio,  1892.) 


348  PIETRO  TOLDO, 

a  ragione,  spiato  ed  avversato.  Nemmeno  risulta  che  il  Prìncipe 
si  mostrasse  inclinato  a  novità  religiose,  anzi  del  suo  fervore  catto- 
lico e  della  serietà,  con  cui  ne  compieva  le  pratiche,  s'  hanno 
parecchie  prove.  Per  aver  concepito  odio  feroce  contro  il  padre 
suo,  egli  stette  una  Pasqua  senza  comunicarsi,  supplicando,  che, 
per  non  dare  scandalo  alla  corte,  gli  venisse  data  un'  ostia  scon- 
sacrata e  nei  suoi  ultimi  momenti  egli  disperavasi  perchè  i  con- 
tinui vomiti  gli  impedivano  di  ricevere  il  viatico.  Che  il  suo  odio 
contro  il  padre  fosse  consciente  o  non  piuttosto  un  fantasma  della 
sua  mente  esaltata,  non  potrebbe  asserirsi;  certo  è  eh'  egli  con- 
siderava Filippo,  come  suo  nemico,  tanto  da  mettere  per  capolista 
il  suo  nome,  in  queir  altra  memoria  da  lui  lasciata,  delle  persone 
eh'  egli  abboniva.  Dalle  ricerche  del  Bûdinger  risulta  anche  quanto 
fosse  profonda  questa  avversione,  né  può  escludersi,  eh'  egli,  in 
uno  dei  deliri  della  sua  riscaldata  fantasia,  ne  meditasse  la  morte. 
Quanto  riguarda  le  intelligenze  coi  ribelli  delle  Fiandre  ed  il  suo 
magnanimo  amore  per  la  libertà,  è  pura  invenzione  dei  novellieri 
della  storia.  I  fiamminghi  non  presero  mai  sul  serio  l' infelice 
principe  ed  anzi  avevano  compreso,  che  s'  egli  si  fosse  recato  nei 
Paesi  Bassi  avrebbe  piuttosto  nuociuto,  anziché  giovato  alla  loro  causai 
Qualche  relazione  egli  ebbe,  è  vero,  col  Montìgny,  ma  si  capisce 
che  per  don  Carlos  quello  fosse  un  espediente  per  sottrarsi  al  giogo 
paterno.  Il  tentativo  della  sua  fuga,  svelato  al  Re,  a  quanto  pare, 
da  quel  Don  Giovanni,  che  il  disgraziato,  nella  sua  ingenuità,  avea 
preso  per  confidente,  precipitò  la  catastrofe,  alla  quale,  del  resto, 
sarebbesi  andato  incontro  in  tempo  più  o  meno  prossimo.  Il  pro- 
getto della  fuga  era  incerto,  campato  in  aria,  come  tutti  quelli 
della  sua  instabile  mente,  ma  il  Re  dovea  pur  añrettarsi  ad  im- 
pedirlo, non  solo  per  reprimere  la  grave  offesa  fatta  alla  sua  auto- 
rità di  sovrano  e  di  padre,  ma  anche  perchè  da  una  corsa  sfrenata 
del  Principe  attraverso  i  domin!  dell'  Italia  e  del  Nord,  chi  sa 
quali  danni  avrebbero  potuto  derivare  al  governo  spagnuolol  Don 
Carlos  arrestato  e  custodito  severamente  poco  sopravvisse  alla  sua 
sventura,  che  malaticcio  com'  era  ed  abbandonatosi  a  vari  eccessi, 
senza  che  alcun  affetto  lo  sorreggesse,  la  catastrofe  dovea  esseme, 
come  fu,  rapidissima.  La  morte  d' Isabella  avvenuta  pochi  med 
dopo,  quando  essa  era  di  parto,  aumentò  la  tristezza,  che  già  in- 
combeva suir  Escurìale,  ma  fra  le  due  sventure  non  corsero  che 
relazioni  casuali.  In  qual  modo  dunque  venne  formandosi  la  leg- 
genda di  Don  Carlos  e  d' Isabella?  In  parte  essa  dovette  trarre 
origine  da  quanto  i  fatti  stessi  presentavano  di  misterioso.  Il 
carattere  tetro  e  chiuso  di  Filippo  II,  che  tutti  ben  sapevano,  anche 
per  le  rivelazioni  d'  Antonio  Perez,  inclinato  alle  più  atroci  vendette, 
il  mistero  serbato  cosi  scrupolosamente  dal  Re  e  dai  suoi  fidi  sulle 
cause  della  prigionia  del  Principe,  la  morte  rapida  di  questo,  avve- 
nuta in  una  stanza  trasformata  in  prigione  ed  alla  quale  nessuno 
avrebbe  osato  avvicinarsi  e  V  altra  fine,  pur  essa  a  cosi  breve  distanxa, 
della  Regina,  dovettero   formare   il  substratum   su  cui  la  leggenda 


DUE  LEGGBNDB  TRAGICHB  ECC  E  SCHILLER.  349 

cominciò  a  mettere  le  rígogliose  radici.  D'  altra  parte  Filippo  avea 
molti  e  implacabili  avversari  disposti  a  giudicare  sinistramente  quanto 
avveniva  intomo  a  lui  e  fra  essi  i  sovrani  di  Francia,  col  loro 
seguito  ed  il  principe  d'  Orange,  coi  suoi  compagni  di  rivolta. 
Quest'  ultimo  nella  sua  Apologia^  che  corse  F  Europa  producendo 
dovunque  vivissima  impressione,  formulò  nettamente  T  accusa  che 
Don  Carlos  ed  Isabella  fossero  state  vittime  della  spietata  politica 
di  Filippo,  il  quale,  colla  loro  morte,  avrebbe  raggiunto  l' intento 
di  sposare  la  nipote  Anna,  figlia  dell'  imperatore  Massimiliano. 
Venne  poi  T  istoriografo  di  Enrico  IV,  Pietro  Mathieu,  ü  quale 
facendosi  eco  dello  sdegno  del  proprio  sovrano  contro  il  Re  di 
Spagna,  almanaccò  che  Don  Carlos,  fosse  fatto  strangolare  dalla 
Inquisizione,  perchè  convinto  di  cospirazione  contro  la  vita  del 
padre  suo  e  perchè  se  T  intendeva  coi  protestanti  delle  Fiandre. 
A  tale  ipotesi  accolta  poi  dal  Leti,  dal  de  Thou  e  da  altri  storici 
s'  aggiunsero  le  supposizioni  fabbricate  dal  Brantôme,  il  quale,  non 
meno  dei  precedenti,  avverso  alla  Spagna,  poteva  credersi  degno 
di  qualche  fede,  per  aver  visitato  alla  corte  di  Madrid,  Isabella  e 
Don  Carlos.  È  con  questo  curioso  e  tutt*  altro  che  fido  raccogli- 
tore degli  awem'menti  del  tempo  suo,  che  la  leggenda  comincia 
a  delinearsi  più  nettamente.  Ricorda  il  Brantôme  come  un  sonetto 
d'  allora  dicesse  di  Filippo  che  „Il  fit  mourir  sa  femme,  il  tua  son 
enfant"  ed  assodando  le  due  morti,  egli  pensa  che  fra  esse  possa 
esservi  qualche  relazione.  „Je  ne  veux  pas  entreprendre  —  dice 
il  facile  scrittore  —  de  dire  toutes  les  raisons  pourquoi  ce  prince 
don  Carlos  mourut,  car  elle  me  sont  inconnues,  et  puis  on  en 
parle  fort  diversement  Bien  dit-on  qu'il  y  en  avait  de  très  justes 
et  de  très  pertinentes,  et  au  nombre  de  trente-deux,  dont  la 
moindre  estoit  qu'il  avoit  voulu  ñdre  mourir  son  père,  car  cela  se 
disoit  pour  lors  en  nostre  cour  de  France,  mais  c'estoit  en  risée." 
Nulla  qui  dunque  di  nuovo  se  non  il  sospetto,  divenuto  ormai 
certezza,  che  don  Carlos  fosse  fatto  uccidere  dal  padre  e  Brantôme 
racconta  come  „un  matin  on  le  trouva  en  la  prison  estouffé  d'un 
linge".  Tuttavia  1'  asserzione  dell'  assassinio  non  è  ancora  esplicita» 
ma  non  tarderanno  molti  anni,  eh'  essa  non  darà  piti  luogo  ad 
alcun  dubbio.  „Parmy  les  injures  et  poûilles  qu'u  (don  Carlos) 
dit  de  son  père  —  continua  il  Brantôme  —  après  sa  sentence, 
fut  qu'il  luy  reprocha  qu'il  luy  avoit  soustrait  et  ravy  sa  femme 
Doña  Elisabeth  de  France,  qui  justement  luy  avoit  esté  donnée 
par  accord  en  faisant  la  paix,  et  qu'elle  luy  estoit  deuê,  ce  qui 
luy  desplaisoit  fort;  car  il  l'ayma  tousjours  et  l'honora  jusques  à 
mort,  comme  certes  elle  estoit  une  des  plus  aymables  Princesses 
du  monde;  et  il  luy  faschoit  fort  qu'on  la  luy  avoit  ostée.^  Quanto 
ai  costumi  del  Principe,  che  viene  rappresentato  con  abbastanza 
fedeltà  storica,  scioperato,  prepotente,  feioce,  il  Brantôme  ne  rac- 
conta delle  curiose.  Le  notti  egli  percorreva  le  vie  di  Madrid, 
oltraggiando  le  donne,  che  incontrava,  con  vituperose  parole,  anzi 
per  le  donne  tutte  mostrava  una  strana  antipatia  „fors  de  la  Reyne, 


350  PIETRO  TOLDO, 

que  j'ay  ven  qu'il  honoroit  fort  et  la  respectoit;  car  estant  devrât 
elle,  il  changeoit  du  tout  d'humeur  et  de  naturel,  voire  de  cooleim^. 
Air  £boli  accenna  il  Brantôme  per  dire,  ch'  essa  avea  relaiiom 
galanti  col  Re,  ma  delle  relazioni  sue  con  V  Infente  non  n  ft 
parola. 

Siamo,  con  tutto  questo,  ben  lontani  dal  romanzetto  del  Stilli 
Real  e  non  e'  è  modo  di  sottrarsi  al  dilemma  seguente:  o  il  no* 
velliere  francese  inventò  col  suo  cervello  la  parte  aggiunta»  o  la 
trasse,  in  qualche  modo,  dalla  leggenda  analoga  degli  amanti  di 
Ferrara.  Questa  seconda  ipotesi  non  panni  priva  di  qualche  pro» 
habilita.  In  Ispagna  non  sembra  che  si  fabbricasse  intomo  all'  Infante 
alcun  romanzo  di  simil  genere.  Circa  cinquant'  anni  dopo  la  ana 
morte  (1621),  Don  Diego  da  Enciso,  ne  fece  il  protagonista  d'  un 
suo  dramma  El  principe  Dm  Carlos^  in  cui  non  trattasi  menoma- 
mente della  sua  passione  per  la  Regina.  Eccone  V  aigomento 
quale  è  dato  dallo  Schaeffer.^ 

Un'  educazione  sbagliata  fece  di  Don  Carlos  un  giovinetto  oati- 
nato,  impertinente,  che  non  rispetta  suo  padre  ed  è  tormentato  da 
indomabile  ambizione  di  governare  i  Paesi  BassL  Ogni  ammonlriona 
del  severo  genitore  riesce  vana,  si  che  questi  si  vede  costr^o  a 
dargli  un  esempio  efficace  facendo  strozzare  il  Barone  dì  Montigny» 
gentiluomo  fiammingo,  col  quale  il  prindpe  aveva  combinato  di 
fuggire  dalla  Spagna.  Allorché,  restato  senza  fiotto  anche  quest'  esein^ 
pio.  Don  Carlos  ardisce  sguainare  la  spada,  senza  motivo,  contro 
il  cardinale,  il  presidente  Espinosa  e  il  duca  d'  Alba,  al  re  soqppa 
la  pazienza.  Da  padre  egli  si  muta  in  giudice  e  fa  custodire  il 
principe  come  prigioniero,  ne^  suoi  propri  appartamenti.  L'  agitazione 
causata  al  giovine  caparbio  e  indebolito  da  molti  eccessi  da  questa 
misura,  produce  la  sua  morte,  avvenimento  che  —  come  il  re 
stesso  ad  onta  del  suo  dolore  deve  convenire  —  per  le  Spagne 
significa  liberazione  da  molti  mali  futuri.  Gli  episodi  sono,  una 
avventura  amorosa  del  prìncipe,  alcune  scene  finamente  comidie  tra 
Filippo  II  e  il  suo  spiritoso  fiavorito  Don  Diego  de  Cordoba,  e 
nulla  v'  è  che  si  riferisca  ad  Isabella.  Secondo  una  redazicme 
anteriore,  il  lavoro  finisce  con  un'  apparente  resipiscenza  morale 
del  principe. 

E  neppure  undici  anni  dopo  la  leggenda  dei  colpevoli  amori 
del  figlio  di  Filippo  doveva  essersi  formata,  se  noi  vediamo  U  Lope 
far  rappresentare,  davanti  alla  Corte,  una  storia  che  con  questa 
leggenda  avrebbe  cosi  notevoli  punti  di  contatto.  Sarebbe  stata 
una  indiscrezione  davvero  imperdonabile!  Vero  è  che  logeai  nel 
prologo  deir  Autore  „Señor  lector,  esta  Tragedia  se  hiso  en  la 
Corte  sólo  un  dia,  per  causas  que  à  V.  m.  le  importan  poco^,  ma 
le  ragioni  per  cui  i  sovrani  non  V  aggradirono  sono,  come  ricor- 
dano i  commentatori,  da  ricercarsi  nella  natura  stessa  di  quello 
spettacolo,  in  cui  s'  esponevano  i  delitti  e  i  dolori  d'  una  famiglia  già 


^  Gesch.  des  spanischen  Nationaldramas.  Lipsia,  1890,  p.  399,  400. 


DUE  LEGGENDE  TRAGICHE  ECC  E  SCHILLER.  35 1 

regnante,  al  cospetto  di  principi  ad  essa  legati  da  antichi  vìncoli.  ^ 
È  dunque  soltanto  dopo  il  Saint  Real  che  Don  Carlos  appare  sulla 
scena  giovane,  di  svegliato  ingegno,  di  persona  gentile  e  innamo- 
rato della  Regina,  chiamata  a  sostenere,  alla  sua  volta,  in  teatro 
una  parte  cosi  poco  conforme  alla  vita  sua. 

Tra  i  vari  dnunmi  del  ciclo  dì  Don  Carlos  corrono  soltanto 
quelle  relazioni,  che  devono  trovarsi  necessariamente  fra  opere 
surte  tutte  dalla  stessa  traccia,  altre  assomiglianze  che  possano  far 
credere  ad  una  dipendenza  determinata  dalla  loro  cronologìa,  io 
non  ho  davvero  saputo  trovare,  né  so  come  altri  V  abbia  fatto.^ 

In  Inghilterra  Tommaso  Otway  (1676),  seguace  del  Dryden, 
in  Francia  Campistron  (1685),  imitatore  del  Racine,  ed  in  Italia 
Vittorio  Alfieri  {1783),  svolsero,  prima  dello  Schiller  {1787),  lo  stesso 
tema.  Nella  sua  tragedia,  V  Otway  ricorda,  oltre  alla  lettura  del 
Saint  Real,  quella  dello  Shakespeare  e  supera  il  suo  grande  con- 
cittadino, nelle  scene  lugubri  e  ferocL  Basti  dire  che  alla  fine  del 
V  atto  vedesi  la  regina  Isabella  in  preda  agli  spasimi  del  veleno 
e  Don  Carlos,  dopo  essersi  segate  nel  bagno  le  vene,  trova  ancor 
tanta  forza  da  presentarsi  alla  matrigna  ed  al  padre,  tenendo  loro 
uno  di  quei  discorsi,  che,  come  osservava  in  caso  analogo  Sancio 
Panda,  sono  troppo  lunghi  per  un  moribondo.  Ruy-Gomez  è  cal- 
cato su  Jago;  la  principessa  d'  £boli  è  una  specie  di  Messalina, 
che  mossa  dall'  ambizione  aspira  a  Don  Carlos,  mentre  concede 
i  suoi  favori  a  Don  Giovanni  e  il  marito  di  lei  (nota  comica,  non 
certo  ricercata  dall'  autore),  mentre  s'  afiatica  per  rintracciare  le 
prove  della  colpabilità  della  moglie  di  Filippo  II,  finisce  col  trovare, 
quelle  della  sua.  Né  il  duca  d'  Alba,  né  V  Inquisizione  vengono 
ricordate;  il  marchese  di  Posa  appare  di  sfuggita  e  dì  lui  si  sa, 
che  il  Re  V  ha  fatto  uccidere  e  che  gli  hanno  trovato  indosso 
delie  lettere,  che  provano  la  tentata  fuga  del  Principe  e  le  sue 
intelligenze  cogli  insorti  delle  Fiandre.  La  Regina  prova  per  l' In- 
fante una  tenera  sollecitudine  ed  un  affetto,  che  non  scende  alla 
colpa  e  r  autore  aggiunge  dì  sana  pianta,  al  racconto  francese, 
r  episodio  dell'  Eboli,  che  avvelenata  dal  geloso  marito,  viene  a 
raccontare  al  Re,  come  don  Carlos  ed  Isabella  sieno  vìttime  della 
sua  calunnia  e  di  quella  del  suo  ministro.  Disgraziatamente  la 
confessione  é  troppo  tarda  e  ad  altro  non  serve,  che  a  riempiere 
r  animo  di  Filippo  dì  profondo  rimorso. 

La  tragedia  del  Campistron  presenta  un  fatto  singolare.    L' au- 


^  Solo  dal  12  genn.  1598  lo  stato  di  Ferrara  era  passato  alla  Chiesa, 
per  opera  del  pontefice  Clemente  Vjjjl 

*  Cfir.  Heller  —  Die  Quellen  des  Schillerschen  Don  Carlos  in  Archiv 
für  das  Studium  der  neueren  Sprachen  und  Litteraturen  Vol.  XXV.  Veggansi 
pure,  a  questo  proposito,  le  opere,  che  più  specialmente,  riferìsconsi  al  Don 
Carlos  dello  Schiller  dalle  Erläuterungen  del  Duntzer  (Don  Carlos,  Lipsia, 
1886)  agli  studi  del  Minor  (Schiller,  sein  Leben  und  seine  Werke,  Berlino, 
1890,  no  vol.)  ed  a  quelli  del  Br  ahm  (Berlino,  1888—1892,  Ho  vol.  p.  48)  del 
Tellermann  (Schiller  als  Dramatiker)  ecc. 


352  PIETRO  TOLDO, 

tore,  che  avrebbe  creduto  di  far  torto  alla  scuola  classica  francese, 
trattando  un  argomento  storico*,  pressoché  contemporaneo,  trasporta 
la  favola  ed  i  personaggi  sotto  il  più  caldo  cielo  di  Bisanzio.  U 
cambiamento  è  del  resto  piuttosto  apparente  che  reale;  i  perso- 
naggi, con  nomi  ed  abiti  greci,  l' imperatore  Colojean-Paleologue, 
sua  moglie  Irene,  fìglia  dell'  imperatore  di  Trebisonda,  Andronico 
erede  del  trono  e  figlio  di  Colojean,  Léonce  „envoyé  des  Bulgares 
auprès  de  1'  Empereur'',  e  i  ministri  Léon  e  Marcel,  parlano  e 
agiscono,  con  quello  stile  incolore,  che  può  adattarsi  ad  ogni 
tempo  e  ad  ogni  luogo.  Bastava  agli  scrittori  di  quel  pseudo- 
classicismo  r  indicare  o  col  titolo,  o  colla  decorazione  scenica,  che 
s'  era  in  Grecia  o  a  Roma;  un  cambiamento  di  titolo  o  di  de- 
corazione, avrebbe  concesso  alla  favola  od  ai  personaggi  di  tro- 
varsi perfettamente  a  posto  sulle  rive  della  Senna  o  del  Manzanares. 
I  bulgari  sostituiscono  gli  eroi  dei  Paesi  Bassi;  Léonce  è  un  mar- 
chese di  Posa,  sotto  mentite  spoglie,  che  cade  sotto  i  colpi  dell'  Im- 
peratore, due  cortigiani  assumono  la  parte  odiosa  del  duca  d' Alba 
e  di  Ruy-Gomez  ;  Andronico  tenta  di  fuggire,  consigliato  da  Irene, 
aiutato  dagli  insorti,  ma  è  scoperto  e  muore  svenato  nel  solito 
bagno,  inventato  dal  Saint  Real.  Andronico  non  si  trascina  però 
sulla  scena,  insanguinandola  come  V  eroe  dell'  Otway;  le  regole 
del  teatro  classico  francese  vietavano  V  esposizione  di  tali  orrori, 
ma  poiché  esse,  nei  casi  contemplati,  non  comprendevano  i  morenti 
per  veleno,  V  Imperatrice  può  terrorizzare  il  pubblico,  colle  viscere 
dilaniate,  dalla  fatale  bevanda.  Qui  1'  Eboli  non  e'  entra  affatto  e 
l' Imperatrice,  pnma  di  sposare  Colojean,  appare  fidanzata  al  gio- 
vanetto Andronico.  Con  V  Alfieri  il  personaggio  principale  è,  si 
capisce,  il  tiranno;  quel  tiranno  convenzionale  del  suo  teatro,  che 
passa  la  vita  fra  pugnali  affilati  e  nappi  di  veleno,  tipo  rappre- 
sentato piuttosto  con  intenti  politici  che  letterari  Perchè  il  Filippo 
deir  Alfieri  uccida  il  figlio,  io  non  so  comprendere;  per  tentato 
parricidio,  no,  perchè  il  parricidio  è  sua  invenzione,  per  trovare 
un  pretesto  alla  condanna;  per  relazioni  colpevoli  colla  Regina 
nemmeno,  perchè  le  prove  di  queste,  sono  troppo  lievi,  per  cod 
grave  provvedimento.  La  famosa  scena  deir  „Udisti?  —  Udii  — 
Vedesti?  —  Io  vidi  —  Oh  rabbia!"  che  ha  luogo  fra  Filippo  e 
Gomez,  ha  ben  poca  ragione  d'  essere,  perchè  Gomez  nulla  ha 
udito,  nulla  ha  veduto,  che  possa  dar  sospetto,  neppur  lontana- 
mente di  colpevoli  relazioni  fra  i  due  giovani.  L' intrigo  ordito 
dal  Re,  d'  accordo  col  suo  ministro,  perchè  la  Regina  abbia  a 
trovarsi  coir  Infante,  non  può  nemmeno  ascriversi  a  colpa  di  questi 
Ultimi,  talché  ci  troviamo  davanti  a  un  tiranno  crudele,  che  ai 
suoi  delitti  non  sa  trovare  ragioni  né  buone  né  cattive.  In  tali 
condizioni,  Filippo  piuttosto  che  alla  famiglia  dei  tiranni,  potrebbe 
ascriversi  a  quella  degli  irresponsabili.  Questo  però  non  toglie, 
che  vi  sieno  pagine  degne  della  penna  deir  insigne  Astigiano. 
Ricorderò,  per  esempio,  i  nobili  sensi  di  libertà,  che  infiammano 
r  animo   generoso   del  principe,   la  scena  in  cui  la  Regina,  getta 


DUE  LEGGENDE  TRAGICHE  ÈCC  E  SCHILLER.  353 

in  faccia  al  tiranno  fremente  il  suo  amore  per  Don  Carlos  (V.  3) 
e  Taltra  in  cui  questi,  nei  momento  deli'  arresto,  rimprovera  al 
padre  i  delitti,  che  ne  macchiano  il  trono.  „Il  tuo  regnar,  giorno 
per  giorno,  in  note  Atre  di  sangue  è  scritto  .  . ." 

Perez,  riabilitato,  non  certo  conformemente  alla  verità  storica, 
sostituisce  il  Posa,  nell'  amicizia  vivissima  per  Don  Carlos  della 
quale  è  vittima.  U  Eboli  scompare  completamente  e  nello  sciogli- 
mento, r  A.  s*  allontana  dal  racconto  del  Saint  Real.  Don  Carlos, 
fra  il  pugnale  e  il  veleno  offertigli  dal  Re,  sceglie  il  primo,  che 
gronda  ancora  del  sangue  di  Perez,  e  collo  stesso  pugnale  anche 
la  Regina  tronca  la  sua  vita,  che  Filippo  volea  far  trascorrere  in 
continuo  pianto.  Si  noti  che  Filippo  tenta  di  nascondere,  che  la 
morte  del  figlio  sia  cagionata  dalle  sua  colpevole  passione  per 
Isabella;  il  supposto  tentativo  di  parricidio,  le  accoglienze  festose 
da  lui  fatte  agli  ambasciatori  fiamminghi,  V  animo  insofferente  del- 
l' autorità  ecclesiastica,  sono  ragioni  sufficienti  ai  ministri  del  so- 
vrano, per  consigliarne  la  morte. 

Ben  più  ampio  svolgimento  concede  lo  Schiller  all'  intrigo 
politico.  Se  r  autore  tedesco  ha  preso  per  base  dell'  opera  sua 
la  novella  del  Saint  Real,  egli  non  s'  è  peraltro  limitato  alla  super- 
ficiale conoscenza  dei  personaggi  e  dei  fatti  ed  ha  attinto  a  quante 
fonti  storiche  poteva  aver  fra  le  manL  II  marchese  di  Posa  è 
il  vero  protagonista  del  dramma;  l'  amore  del  Principe  e  della 
Regina  resta  per  cosi  dire,  soffocato  da  quello  per  la  libertà  dei 
popoli  oppressi.  Posa,  cittadino  dell'  universo,  appartiene,  per 
confessione  del  suo  stesso  autore  „ai  secoli  venturi*'  e  senza  essere 
un  sognatore  di  Repubbliche,  sarebbe  stato  però  dichiarato  filosofo 
nel  secolo  di  Voltaire  e  di  Rousseau.  Don  Carlos  vicino  a  lui 
diviene  una  ben  povera  cosa;  la  Regina  e  lo  stesso  Filippo  sono 
o  commossi  o  riverenti  davanti  a  quella  grande  figura  e  un  breve 
colloquio  avuto  col  Re  (non  certo  verosimile,  ma  nella  rappresen- 
tazione del  marchese  schilleriano  non  s'  ha  da  cercare  la  verosimi- 
glianza), basta  per  anteporlo  all'  Alba  ed  al  confessore.  La  parte 
che  il  confessore  del  Re  s'  assume  d'  intermediario  galante  fra  il  suo 
penitente  e  l'  £boli  e  le  sante  citazioni,  con  cui  vuol  persuadere  alla 
fanciulla  „qu'il  y  a  des  accomodements  avec  le  ciel",  ci  fanno  uscire 
un  pò  fuor  dalla  strada  segnata  dal  novelliere  francese.  Né  su  questa 
ci  riconducono  certo  V  ombra  di  Carlo  V  finta  dal  nipote  e  inspirata 
dalla  Shakespeare,  o  la  figura  terribile  deir  Inquisitore,  che  a  Filippo 
rivolge  ben  dure  parole,  in  una  scena  alquanto  enigmatica.  Del 
resto  non  è  un  esame  della  tragedia  dello  Schiller,  eh'  io  intendo 
qui  fare;  le  analisi  del  teatro  schilleriano  sono  state  fatte  e  rifatte, 
con  r  illustrazione  e  1'  analisi  dei  menomi  particolari.  Quello  che 
ora  mi  preme  di  stabilire  si  è  che  neir  assieme  la  trama  del  dramma 
tedesco  è  pur  sempre  quella  che  ha  servita  all'  Otway,  al  Campistron, 
all'  Alfieri,  ma  che  in  esso  campeggiano  inoltre  le  poderose  figure 
del  Posa,  dell'  Alba,  di  Domingo,  dell'  Eboli  ed  in  ultimo,  come 
un  sinistro  baleno  di  pugnale,  quella  dell'  Inquisitore.    Laddove  lo 

Zeittchr.  L  rom.  Phü.  XXIL  23 


354  PIETRO  TOLDO, 

Schiller  s*  allontana  dal  Saint  Real,  sarebbe  vano  il  ricercare 
traccie  di  quelli  che  lo  precedettero  in  tale  argomento.  E  un  esame 
eh'  io  ho  fatto  coscienziosamente,  senza  averne  che  un  risultato 
negativo.  Piuttosto  —  ove  si  faccia  astrazione  dalla  parte  politica 
deir  opera  —  qualche  riscontro,  qualche  analogia  ed  anche  una 
cerf  aria  di  famiglia  potrebbe  trovarsi  col  dramma  in  cui  il  Vega 
rimaneggiò  la  storia  sventurata  d'  Ugo  e  di  Parisina.  Queste  asso- 
miglianze più  che  neir  orditura  generale  dell'  opera  dello  Schiller, 
appaiono  in  taluni  particolari.  Don  Carlos,  e  Federico,  dominati 
dalla  passione,  mostransi  in  preda  a  tale  melanconia,  da  destare 
sorpresa  in  quanti  li  circondano  (D.  C.  i.  i)  e  tale  melanconia  ofifire 
alle  matrigne  V  occasione  di  chiederne  la  ragione  e  di  mostrarsi 
compassionevoli.  Il  Posa  si  giova  d'  una  novella  per  spiegare  alla 
Regina  1*  animo  dell'  Infante  e  nel  Vega  la  Duchessa  ricorre  allo 
stesso  espediente,  per  indurre  Federico  ad  aperta  confessione.  Più 
notevole  è  il  fatto  che  don  Carlos,  per  nascondere  ai  cortigiani  il 
colpevole  amore,  finga  di  supporre  che  la  matrigna  possa  dispu- 
targli r affetto  paterno  e  menomargli,  in  tal  guisa,  il  potere  (D.C  1. 1), 
pretesto  che  nel  dramma  tedesco  ha  ben  poco  fondamento,  mentre 
la  condizione  cosi  diversa  di  Federico,  figlio  naturale,  può  spiegare 
benissimo  tale  stato  d'  animo.  Nulla  vi  sarebbe  di  notevole  nel 
tradimento  dell' Eboli,  che  tanto  ricorda  quello  d'Aurora,  perchè 
r  ispirazione  dello  Schiller  può  rintracciarsi,  senz'  altro,  nel  Saint 
Real,  tuttavia  va  osservato  come  V  Eboli  del  novelliere  francese  sia 
donna  ambiziosa  e  leggiera  di  costumi,  né  certo  innamorata  dell'  In- 
fante, mentre  nel  don  Carlos  tedesco,  ci  troviamo  in  presenza  d' una 
fanciulla,  appasionata,  gentile,  degnissima  del  cuore  del  giovane, 
non  meno  di  Aurora.  Lo  Schiller,  malgrado  la  storia,  eh'  egli 
ben  conosceva,  ci  presenta  V  Eboli  fanciulla  e  non  già  maritata 
ed  essa  come  Aurora,  vedendosi  respinta  dal  principe,  che  ama, 
per  sdegno  e  per  avere  aiuto  nella  vendetta,  si  dà  in  braccio  a 
colui,  che  prima  avea  rifiutato.  Aurora  diviene  pertanto  la  fidan- 
zata del  marchese  Gonzaga  e  1'  Eboli  la  ganza  del  Re.  Non 
diversamente,  nei  due  drammi,  s'  ha  un  tentativo  in  Federico  e  in 
don  Carlos  di  riguadagnare  il  cuore  delle  fanciulle,  allorché  s'  ac- 
corgono del  grave  pericolo,  che  solo  dalla  generosità  di  queste 
potrebbe  venire  dissipato.  Federico  é  spinto  a  tale  passo  più  spe- 
cialmente da  un  sentimento  egoistico  e  da  un  calcolo  odioso  e 
arriva  al  punto  di  fare  ad  Aurora  proposte  di  matrimonio;  Don 
Carlos,  preoccupato  non  di  sé  ma  della  Regina,  cede  piuttosto  a 
uno  slancio  del  suo  animo  generoso  e  tenta  di  rimediare  all'  offesa, 
recata  air  Eboli,  rivolgendole  tenerissime  parole  (D.  C.  IV.  15).  Tale 
tentativo  riesce,  nei  due  drammi,  perfettamente  inutile.  Ed  un 
altro  particolare  va  pure  notato.  La  scena  notturna  in  cui  Filippo 
veglia  (III.  i),  preoccupato  dalle  cure  di  Principe,  mentre  tutti  in- 
torno a  lui  sono  immersi  in  placida  quiete,  ricorda  V  altra  veglia 
del  duca  di  Ferrara.  Cosi,  fra  le  carte  che  passano  in  quelle  ore 
silenziose   sotto   gli   occhi   dei   due   sovrani,    vi   sono  quelle,   cbe 


DUE  LEGGENDE  TRAGICHE  ECC.  E  SCHILLER.  355 

possono  dar  sospetto  della  reità  delle  loro  spose  e  nella  tranquillità 
della  notte  e  del  luogo  risuona  più  alto  e  più  disperato  il  grido 
di  furore,  che  improvvisamente  li  invade.  Devesi  però  notare  che 
mentre  nel  Castigo  ci  troviamo  davanti  all'  artifìcio  volgare  d'  una 
lettera  anonima,  nel  Don  Carlos  trattasi  invece  di  carte  involate 
alla  Regina.  L'  indifferenza  di  Filippo  per  la  bellissima  moglie  è 
nello  Schiller  in  aperto  contrasto  colla  narrazione  del  Saint  Real 
e  coi  drammi  dell*  Otway  et  del  Campistron,  mentre  s'  accorda 
pienamente  con  quella  dell'  Estense,  quale  ce  la  rappresentano  la 
tradizione  ed  il  Vega.  E  Filippo  II  non  è  meno  vizioso  del  duca 
di  Ferrara  e  se  Cassandra  ha  ragione  di  sdegnarsi  della  vita  liber- 
tina del  suo  Signore,  quale  deve  essere  1'  animo  d' Isabella,  allorché 
scopre  nel  marito  il  seduttore  d'  una  sua  dama?  Inñne  anche 
nelle  due  catastrofi  trovasi  qualche  riscontro.  Don  Carlos,  come 
Federico,  esce  dalla  scena  mal  difendendosi,  colla  sua,  dalle  spade 
dei  cortigiani  che  1'  assalgono  e  la  morte  dei  due  disgraziati  prin- 
cipi è  per  tal  modo  sottratta  agli  occhi  degli  spettatori. 


A  questo  punto  si  presenta  naturalmente  la  domanda  se  l'  opera 
del  Vega  abbia  potuto,  in  qualche  modo,  influire  su  quella  dello 
Schiller.  Comincierò  dal  premettere  che  i  riscontri  fra  i  due  drammi 
non  sono  di  natura  tale  da  far  credere  ad  una  necessaria  imita- 
zione; nulla  v'  è  di  letterale  e  nulla  di  così  particolare,  che  s'  abbia 
proprio  a  supporre  che  V  autore  tedesco,  non  potesse  trovarlo  nella 
sua  mente.  S'  aggiunga  che  dalla  bibliografia  del  Dorer  non  ri- 
sulta in  alcun  modo  esser  stato  tradotto  il  Castigo  in  tedesco  prima 
deir  opera  dello  Schiller,  fatto  questo  di  capitale  importanza.  Tutto 
quello  che  potremo  asserire  a  questo  riguardo  si  è  che  il  Vega  era 
conosciuto  e  diffuso  in  Francia  in  quel  tempo  e  che  se  imitazione 
vi  fu,  questa  deve  aver  avuto  luogo  su  una  traduzione  francese. 

Non  credo  che  si  possa  negare  che  il  teatro  dello  Schiller,  certo 
in  più  discreta  misura  di  quello  dell'  Hugo,  non  presenti  un  aspetto 
alquanto  spagnolesco.  Il  linguaggio  enfatico  ed  immaginoso  dei 
personaggi,  la  complicazione  fantastica  dell'  intreccio,  le  situazioni, 
che  impressionano,  i  colpi  di  scena  che  le  risolvono,  i  continui 
cambiamenti  di  luogo,  le  fughe,  le  scalate,  i  travestimenti  e  quelle 
spade,    che  per  ogni  nonnulla  guizzano  subito  fuori  del  fodero,  lo 


*  Dorer  —  Lope  -  Literatur  in  Deutschland;  cfr.  anche  i  vari  studi 
del  Farinelli  intorno  alla  letteratiura  spagnuola  in  Germania,  dai  quali  risulta 
solo  che  due  volumi  del  teatro  del  Vega  erano  stati  volti  in  tedesco,  su  una 
traduzione  francese,  ma  1'  A.  non  dice  quali  produzioni  essi  contenessero.  Cfr. 
Arturo  Farinelli  —  Grillparzer  und  Lope  de  Vega.  Berlin,  1894.  Cfr. 
Goethe  und  Schiller  pag.  25  e  dello  stesso:  Die  Beziehungen  zwischen 
Spanien  und  Deutschland  ecc.  Inaugural  -  Dissertation  zur  Erlangung  der 
Doctorwürde.  Berlin  1892.  —  Spanier  und  spanische  Litteratur  im  Lichte  der 
deutschen  Kritik  und  Poesie.  Berlin  1892. —  Deutschlands  und  Spaniens  litte- 
rarische Beziehungen  in  Zeitschrift  für  vergleichende  Litteraturgeschichte.  1895 
Weimar. 

23* 


356  PIETRO  TOLt)0, 

spirito  avventui:ìero  e  cavalleresco  e  più  specialmente  le  continue 
rivolte  alla  legge  ed  ai  suoi  rappresentanti,  tutto  questo  altro  è 
non  che  la  parte  costituiva  del  teatro  del  Vega,  del  Calderón, 
del  Moreto  e  via  dicendo.  Cosi  quello  che  i  romantici  presenta- 
rono alla  fìne  del  passato  od  all'  alba  del  nostro  secolo,  come 
peregrina  rinnovazione  dell'  arte  drammatica,  era  un  genere  di  già 
stravecchio  al  di  là  dei  Pirenei.  Sin  qui  nel  teatro  nuovo  molto 
s'  è  ricercato  io  Shakespeare:  sarà  utile  ormai  V  investigarvi,  con 
uguale  cura,  gli  elementi  spagnuoli. 

Oltre  tale  assomiglianza  generale,  il  teatro  dello  Schiller 
presenta,  particolarmente,  taluni  punti  di  contatto  con  diversi 
drammi  del  Calderón,  del  Moreto  e  del  Coello.  Non  trattasi,  in 
alcun  caso,  di  evidenti  derivazioni  e  qualunque  affermazione  in 
proposito  mi  sembrerebbe  arrischiata.  Limitiamoci  dunque,  per 
ora,  a  semplici  constatazioni,  cui  uno  studio  più  diligente  del  teatro 
di  Spagna  potrà  forse  aggiungere  un  giorno  nuovi  elementi  Solo 
da  un  esame  amplio  ed  accurato  si  potrà  dedurre  quella  con- 
clusione affermativa  o  negativa,  alla  quale  i  pochi  dati,  di  cui 
disponiamo,  non  ci  permettono  per  ora  di  mettere  capo. 

I  Räuber  furono  messi  in  stretta  relazione  con  una  novella  dello 
Schubart,  nella  quale  però  il  protagonista  non  diviene  punto  masna- 
diere. Questa  caratteristica  si  ricercò  quindi  ili  altre  composizioni 
antecedenti,  dello  Shakespeare,  del  Cervantes  e  persino  nel  Grr- 
touche  del  de  Grand.  Qualcosa  che  arieggi  Carlo  Moor  non  tro- 
vasi tuttavia  che  nel  La  Roque  dell'  autore  del  Don  Chisciotte: 
v'  è  in  questo  brigante  una  certa  generosità  da  gran  signore  che 
lo  distingue  senza  dubbio  dalla  schiera  dei  volgari  assassini,  ma 
è  un  semplice  episodio  del  romanzo  famoso,  una  delle  tante  figure 
disegnate  in  fretta  ed  a  brevi  tratti. 

Però  La  Roque  discende  da  numerosa  famiglia  spagnuola  e 
lasciando  da  parte  i  romanzi  detti  picareschi,  egli  può  vantare 
una  genealogia  gloriosa  nel  teatro  stesso  della  sua  patria.  Sono 
suoi  antecessori  Don  Fernando  Ramirez,  protagonista  del  Tessitore 
di  Segovia  tragedia  di  Gabriele  Tellez  (Tirso  de  Molina),  Luigi 
Perez  di  Galizia  del  dramma  omonimo  del  Calderón  ed  Eusebio, 
r  eroe  protetto  dal  cielo,  nella  divozione  delia  Croce  dello  stesso. 
Altri  masnadieri  appaiono  in  altre  opere  teatrali,  ma  sono  figure 
di  secondaria  importanza.  Don  Fernando  Ramirez  gentiluomo  della 
corte  del  re  Alfonso,  dopo  che  il  padre  gli  è  ucciso,  la  sorella 
rapita  ed  egli  stesso  vedesi  minacciato  di  morte,  avendo  tentato 
invano  di  nascondersi  sotto  1'  umile  veste  di  tessitore,  si  mette  alla 
testa  dei  prigionieri,  eh'  egli  libera  e  vive  con  essi  di  rapina,  in 
aperta  rivolta  alle  leggi.  Falliscono  i  vari  tentativi  per  impadro- 
nirsi del  gentiluomo  divenuto  masnadiero  e  il  Re,  che  ha  cercato 
indarno  di  dargli  la  morte,  deve  rallegrarsi  poi  eh'  egli  viva  allor- 
quando Ramirez,  intervenendo,  deus  ex  machina^  nella  sua  lotta  coi 
mori,  trattiene  le  schiere  dei  fuggenti  cristiani  e  dà  ad  essi  la 
vittoria.    Non  occorre  dire  quanto  il  prode  cavaliere  venga  festeg- 


DUE  LEGGENDE  TRAGICHE  ECC.  E  SCHILLER.  357 

giato;  un  cortigiano  morente  confessa  d'  averne  calunniata  la  fami- 
glia, sicché  il  Re  non  solo  ricompensa  il  valore  di  Fernando,  ma 
deve  chiedergli  scusa  della  grave  ingiustizia  commessa  a  suo  danno. 
Il  personaggio  del  Molina  non  perde  mai  il  proprio  carattere  di 
gentiluomo  leale,  coraggioso  e  generoso;  i  suoi  compagni  di  bri- 
gantaggio lo  venerano  come  un  principe  ed  egli,  fra  le  selve,  con- 
serva la  dignità  del  grado  e  del  nome.  Da  questo  dramma 
spagnuolo  panni  probabile  che  discenda  quel  „Lelio  bandito"  di 
G.  B.  Andreini  (1620),  cui  Vittorio  Imbriani  alluse,  con  molta  leg- 
gerezza, dicendolo  fonte  dell'  opera  dello  Schiller. ^  Lelio  viene  a 
trovarsi  nelle  stesse  condizioni  di  Femardo  per  essergli  stata  rapita 
e  violata  la  sorella  da  un  nemico  della  famiglia,  che  gli  fa  tale 
affronto,  non  già  per  amore  che  n'  abbia,  ma  unicamente  per  in- 
famare il  nome  di  coloro,  che  odia.  Tale  incidente,  che  trovasi 
tal  quale,  nel  dramma  spagnuolo,  non  può  supporsi  provenga  qui 
da  semplice  casualità.  Uguale  è  pure  V  altro  episodio  della  gentil 
fanciulla  d'  alti  natali,  che  abbandona  gli  splendori  del  suo  palazzo, 
per  raggiungere  nelle  selve,  il  glorioso  bandito,  cui  essa  ha  con- 
cesso il  suo  cuore.  Simile  è  pure  il  modo  con  cui  viene  ritrovata 
la  sorella,  alla  quale  è  fatto  sposare  1'  offensore.  Si  noti  però  che 
nel  dramma  spagnuolo  quest*  ultimo  viene  ucciso,  mentre  nella 
„tragicomedia  boschereccia"  dell'  Andreini,  il  matrimonio  fra  V  offesa 
e  r  offensore  diviene  rimedio  ad  ogni  male.  U  autore  italiano  non 
manca  di  tessere  i  più  caldi  elogi  del  suo  protagonista,  e  questi 
piuttosto  che  il  flagello,  può  dirsi  il  benefattore  delle  popolazioni, 
eh'  egli  visita,  non  facendo  sentir  le  sue  strette  che  alle  borse  ben 
guemite  dei  ricchi.  E  qui,  più  ancora  che  nelP  opera  del  Molina, 
si  convive  per  cinque  atti  fra  ogni  genere  di  masnadieri,  rappre- 
sentati con  caratteri  piuttosto  simpatici,  allegri,  di  buon  animo  e 
fra  essi  trovasi  V  immancabile  pedante  della  commedia  italiana  di 
quel  tempo,  divenuto  bandito,  senza  dimenticare,  per  questo,  il 
suo  noiosissimo  linguaggio  latineggiante.  La  scena  è  animata  da 
diversi  incidenti  ed  al  pubblico  doveano  fare  impressione  i  colpi 
d'  archibugio  e  gli  attacchi  dei  soldati  napoletani,  condotti  dal 
generale  Riniero.  In  Luù  Perez  il  Calderón  ci  presenta  la  rivolta 
di  tre  amici  (tutti  gentiluomini),  contro  la  giustizia.  Costretti,  dalla 
necessità,  a  darsi  alla  campagna,  essi  divengono  i  più  generosi, 
mansueti  e  rispettosi  masnadieri,  che  si  possano  immaginare;  basti 
il  dire,  che  mai  usano  violenza  e  chiedono  a  quelli  che  arrestano 
se  sono  disposti  a  beneficarli,  in  caso  contrario  restituendo  loro 
la  preda,  con  tutta  la  più  buona  grazia  di  questo  mondo.  Nella 
divozione  della  Croce^  V  argomento  è  quanto  mai  fantastico  e  fondasi 
su  una  nota  leggenda  religiosa.  Un  marito  geloso,  vuole  senza  ragione, 


^  L'  Imbriani  ne  parla  per  incidenza  in  una  recensione  contenuta  nella 
Nuova  Ant.  del  Maggio  '71  ed  esce  in  queste  parole,  in  verità,  troppo  arri- 
schiate: „Lelio  Bandito,  prototipo  dei  Briganti  dello  Schiller  e  superiore  in 
molti  punti  alla  copia  fattane  dal  giovane  tedesco;  era  destino  dell' Andreim 
d'  essere  rubato  a  man  salva.** 


358  PIETRO  TOLDO, 

uccidere  la  moglie,  che  trovasi  in  istato  interessante.  La  poveretta 
si  ricovera  al  piò  d'  una  croce,  la  quale  la  protegge  sì  da  render 
vani  i  colpi  feroci  dello  sposo.  Ed  ò  sotto  alla  croce,  eh*  essa 
dà  alla  luce  due  gemelli  una  femmina  ed  un  maschio,  i  quali 
hanno  entrambi  segnato  il  petto  dal  segno  della  redenzione,  il 
maschio,  dopo  molte  vicende,  che  qui  non  occorre  esporre  ed  in 
cui  prova  sempre  1'  efficace  protezione  della  croce,  è  tratto  (Giora. 
Il  e  III)  a  mettersi  alla  testa  di  masnadieri,  dopo  che  gli  venne 
tolta  Giulia,  la  fanciulla  eh'  egli  ama.  Nella  sua  banda,  Eusebio 
(tale  è  il  nome  del  protagonista),  ha  raccolto  i  rifiuti  peggiori  della 
società;  ladri,  non  occorre  dirlo,  incendiari,  stupratori;  eppure  fra 
questi  pessimi  elementi  corrono  vincoli  d'  affetto  ed  il  capitano  ha 
sotto  di  sé  uomini  fidi,  che  non  temono  d'  affrontare  per  lui  la 
morte.  Eusebio  è  davvero  un  capo  bandito  d*  un  genere  curioso; 
sulle  tombe  di  quelli  che  uccide  egli  fa  alzare  il  simbolo  del 
cristianesimo  e  lascia  libero  un  eremita,  perchè  possessore  d'  un 
libro  in  cui  narransi  le  glorie  della  croce.  Spinto  dalla  passione, 
r  ardito  masnadiero  dà  la  scalata  al  convento,  ove  Giulia  stassi 
rinchiusa.  Solo  egli  s'  aggira  per  quei  silenziosi  corridoi,  non  vo- 
lendo permettere  ai  compagni  di  contaminare  il  sacro  asilo.  Alfine 
trova  Giulia  e  coi  più  caldi  accenti  della  passione  la  supplica  di 
seguirlo.  La  fanciulla  titubante  rifiuta,  cerca  di  respingere  il  teme- 
rario amante,  ma  ogni  sua  resistenza  sarebbe  vana,  se  questi  non 
scorgesse  sul  seno  di  lei,  il  segno  della  croce.  A  tal  vista  Eusebio 
si  turba,  indietreggia,  fugge;  egli  non  potrà  mai  far  sua  colei  che 
reca  impresso  il  sacro  simbolo.  Cosi,  raggiunti  i  compagni,  ritoma 
alla  vita  del  masnadiero,  e  ben  presto  i  soldati  li  circondano,  li 
insegnono  e  finiscono  col  farne  macello.  Eusebio  moribondo  ri- 
conosce nel  capo  dei  suoi  nemici  il  padre  suo  ed  in  Giulia,  che 
mossa  da  fatale  passione  è  fuggita  dal  convento,  per  seguirlo,  colei 
che  la  madre  gli  avea  data  a  gemella,  in  queir  ora  fatale  d'  angoscia, 
in  cui  abbracciava  la  croce  salvatrice. 

Anche  Maria  Stuart  dello  Schiller  trovasi  in  relazione  con 
drammi  spagnuoH.  Ricorderò  che  la  famosa  scena  in  cui  il  Lei- 
ceister,  sul  punto  di  venire  arrestato,  libera  sé  accusando  come 
congiurato  il  Mortimer,  il  quale  ha  indosso  le  prove  del  tradimento 
comune,  ò  a  un  dipresso  quella  che  fonna  il  prologo  del  Tessitore 
di  Segovia^  che  abbiamo  testò  citato.  Qui  il  marchese  Suero  Pelaez, 
che  se  V  intende  coi  mori,  in  danno  del  proprio  sovrano,  teme 
d'  esser  scoperto  dal  vecchio  Bertrando  Ramirez  (padre  di  don 
Fernando),  che  ha  indosso  la  sua  corrispondenza  pericolosa  coi 
mori.  Nel  colmo  dell'  imbarazzo  e  della  agitazione  il  Marchese, 
vedendosi  perduto,  non  trova  altro  rimedio,  fuorché  quello  di  far 
arrestare  il  vecchio  Ramirez,  accusandolo  del  tradimento,  di  cui 
egli  ò  invece  colpevole  e  per  questo,  Bertrando  viene  ucciso  e 
lo  sleale  cortigiano  riguadagna  tutta  la  fiducia  del  Re.  E  un  altro 
riscontro  e'  ò  offerto  dalla  conclusione  del  Cornac  d^Essex^  dramma 
attribuito  a  Filippo  IV,   ma  che,   a  quanto  pare,  riconosce  invece. 


DUE  LEGGENDE  TRAGICHE  ECC  E  SCHILLER.  359 

per  autore  il  Suello.  In  esso  Maria  Stuart  non  e'  entra  aiFatto, 
ma  però  sono  messi  in  iscena  il  conte  Leicester  ed  Elisabetta 
d*  Inghilterra,  di  cui  V  azione  svolge,  per  V  appunto,  gli  amori. 
Elisabetta,  per  varie  ragioni,  comincia  a  sospettare  che  il  Conte 
appartenga  a  quei  congiurati,  che  hanno  stabilito  di  darle  la  morte, 
per  vendicare  quella  della  Stuart  Per  equivoci  dolorosi  il  Conte 
e  arrestato,  processato,  decapitato  e  la  morte  sua  avviene  precisa- 
mente in  queir  istante  stesso,  in  cui  la  Regina  riceveva  le  inaspet- 
tate e  sicure  prove  della  sua  innocenza.  Per  questo  Elisabetta  si 
dispera  ed  impreca  ai  ministri,  che  furono  troppo  solleciti  esecutori 
d*  una  sentenza  strappatale  in  un  momento  d*  agitazione  e  tale  è, 
come  i  lettori  sanno,  la  parte  assunta  della  Regina  d'  Inghilterra, 
alla  fine  del  dramma  schilleriano.  Fra  i  personaggi  del  Coello  figura 
anche  quel  Duca  d*  Alençon,  che  trovasi  pure  nella  Maria  Stuart  e 
la  ragione  della  sua  venuta  alla  corte  inglese  è  sempre  la  stessa, 
quella  cioè  di  chiedere  la  mano  d*  Elisabetta  per  il  re  di  Francia. 
Si  noti  che  il  Comde  d^  Essex  era  stato  di  recente  tradotto  in 
tedesco,  allorché  lo  Schiller  s'  accingeva  a  comporre  V  opera  sua. 
Sarà  anche  qui  il  caso  di  concludere  che  trattisi  soltanto  d'  un 
casuale  incontro  di  fantasie  artistiche?  La  risposta  la  lasciamo  a 
chi  ci  legge. 

Pietro  Toldo. 


Le  rime  di  un  ignoto  umanista  del  secolo  XY. 

(Francesco   Quercentc,   protonotario   apostolico.) 

II  Burckhardt  nella  magistrale  sua  opera  La  cmltà  del  secalo 
del  rinascitnenio  in  Italia:  saggio  tradotto  sulla  seconda  edizione  tedesca 
dal  prof .  D,  Valbusa^  scrive:  „Pio  li  non  si  mostra  invero  troppo 
largo  verso  la  scienza,  e  i  poeti  che  rallegrano  la  sua  corte,  sono 
in  numero  abbastanza  ristretto;  ma  in  compenso  egli  stesso  per- 
sonalmente sta  a  capo  della  repubblica  letteraria ,  e  si  compiace 
di  questa  gloria  al  tutto  profana.  Soltanto  sotto  Paolo  IL  comin- 
ciarono i  sospetti  e  le  diffidenze  contro  la  cultura  umanistica  dei 
secretali  apostolici,  e  i  suoi  tre  successori,  Sisto,  Innocenzo  ed 
Alessandro  accettarono  bensì  qualche  dedica,  e  si  lasciarono  esaltare 
dai  poeti  senza  misura  ....  ma  ebbero  in  generale  ben  altre  pre- 
occupazioni e  cercarono  appoggi  più  solidi,  che  non  fossero  le 
servili  adulazioni  dei  poeti  filologi  . . .  .*'. 

Non  è  qui  il  luogo  di  accennare  alle  condizioni  della  cultura 
umanistica  nel  periodo  di  tempo  che  intercede  dalla  assunzione 
alla  tiara  di  Pio  II  alla  morte  d' Innocenzo  Vili;  ma  non  posso 
accogliere  V  opinione  del  Burckhardt  che  sotto  il  pontificato  di 
Sisto  IV  2  —  alla  corte  del  quale  visse  pure  il  nostro  poeta  — 
gli  umanisti  fossero  tenuti  in  cosi  poco  conto,  siccome  egli  afferma 
sulla  fede  di  ciò  che  di  Teodoro  Gaza  dice  il  Valeriano*.  Per 
citare,  del  resto,  solo  alcuni  fra  gli  autori  che  più  ampiamente 
discorrono  dell*  argomento,  e  cioè:  il  Voigt*,  il  Pastor*,  il  Muntz* 
e  lo  Zeller'',  è  noto  come  a  ben  diverse  conclusioni  essi  giungano. 
Ed  ò  oggimai   indiscusso   come  a  quel  pontefice  si  debba:    i®:  la 


^  Firenze,  G.  C.  Sansoni,  1876,  I,  293 — 4. 

^  Francesco  della  Rovere,  nato  ad  Albissola,  presso  Savona,  a'  21  luglio 
14 14,  sali  alla  cattedra  pontifìcia,  assumendo  il  nome  di  Sisto  IV,  il  9  agosto 
1471,  e  mori  il  13  agosto  1484. 

^  De  in/elicitate  litter atorum,  Lipsiae,  1707,  p.  370 — i. 

*  Die  Wiederbelebung  des  classischen  Alterthums  oder  das  erste  yahr» 
hundert  des  Humanismus»  Berlin,  Georg  Reimer,  1893,  II',  208  e  segi* 

^  Histoire  des  papes  depuis  la  fin  du  moyen  age,  trad,  de  V allemand 
par  Furcy  Raynaud,  Paris,  E.  Pion,  Nourrit  et  Oe,  1892,  IV,  401  e  seg»- 

*  Un  Mécène  italien  au  XVc  siècle  —  Les  lettres  et  les  arts  à  Romu 
pendant  le  règne  de  Sixte  IV  {Revue  des  deux  mondes,  i«r  novembre  1881, 
p.  154  e  segi). 

'  Italie  et  renaissance  —  politique  —  lettres  —  arts.  Nouvelle  édition 
refondue,  Paris,  Didier  et  0*=,  1883,  I,  49. 


LE  RIME  DI  UN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SEC.  XV.  36 1 

riorganizzazione  della  Biblioteca  Vaticana,  messa  da  lui  a  disposi- 
zione degli  studiosi;  2^:  V  ospitalità  larghissima  concessa,  tra  gli 
altri,  a  Francesco  Filelfo  e  Pomponio  Leto,  a  Bartolomeo  Platina, 
succeduto  a  Gian  Andrea  Bussi  nella  direzione  di  quella  biblio- 
teca, a  Matteo  Palmieri,  ad  Aurelio  Brandolini  e  Luca  Pacioli, 
senza  contare  gli  scienziati  e  letterati  d*  oltre  monte,  tra  i  quali 
eccellono  Giovanni  Müller  di  Königsberg  in  Franconia  (il  Regio- 
montano),  Giovanni  Wessel  di  Groninga,  Lorenzo  Behaim  di  Norim- 
berga e  Giovanni  Reuchlin. 

Per  gli  accenni  che  intomo  a  Francesco  Quercente  si  hanno 
in  alcuni  sonetti  in  morte  di  lui,  delF  umanista,  di  cui  mi  accingo 
a  studiare  i  componimenti,  si  sa:  i^:  che  egli  fu  protonotario  apo- 
stolico ^  come  si  desume  dalle  didascalie  dei  due  codici  estensi 
(cfr.  appendice);  2^:  che  fu  legato  da'  vincoli  della  più  stretta  ami- 
cizia con  Antonio  Tebaldeo  e  Girolamo  Casio  de'  Medici,  i  quali 
ne  piansero  la  morte:  il  primo  in  tre  sonetti  dettati  in  elogio  di 
lui,  in  cinque  il  secondo  (cfr.  pure  appendici),  E  notevole,  fra  gli 
altri,  il  seguente  passo  di  uno  dei  sonetti  del  poeta  ferrarese, 
poiché  da  esso  desumesi,  che  il  Quercente  premorì  al  pontefice 
suo  protettore.  Scrivendo  infatti  il  Tebaldeo:  „Perso  hai  Sixto 
un  fratello  et  io  un  signore",  è  agevole  argomentarne  la  data  della 
morte  del  poeta,   che  non  può  essere  avvenuta  oltre  1'  anno  1484. 

Non  pochi,  per  verità,  sono  i  codici  contenenti  rime  di  lui; 
ma  di  essi  il  più  completo  è  il  lucchese  2 11 7,  che  io  mi  pro- 
pongo di  dare  primamente  in  luce.  Questo  pregevole  ms.  mem- 
branaceo, di  cm.  I7*/2X  13,  di  ce.  27  n.  n.  (il  verso  della  e.  27  ò 
bianco),  del  secolo  XVI,  legato  in  tutta  pergamena,  coi  titoli  della 
maggior  parte  dei  componimenti  in  rosso  (quelli  senza  designazione 
particolare  sono  in  inchiostro  nero)  offre  al  retto  della  prima  carta 


*  n  Du  Gange  {Glossarium  mediae  et  infimae  latinitatis»  s.  v.  notarius) 
nota:  ,,Protonotarius  Apostólicas  sic  descrìbit  Christoph.  Marcellus  in  Coere- 
moniali  Romano  lib.  3  pag.  317:  Protonotarii  officium  est  notare  ea,  quae  in 
publicis  Consistoriis  geruntur,  cum  rogantur  a  Procuratore  fiscali,  cum  opus 
fuerent,  in  publicam  redigere  formam.  Ideo  oportet  eos  interesse  publicis  con- 
sistoriis, etc.  Et  pag.  328  :  De  protonotarìis,  scirous  decretum  fuisse  a  Pio  II 
in  Conventu  Mantuano,  quod  deinceps  non  praecederent  Episcopos  aut  supe- 
riores, et  ita  servatur.  Idem  lib.  I  cap.  13  ait  Protonotarìos  participantes  ante 
Abbates,  non  participantes  post  Abbates  sedere".  Riguardo  all'  opera,  da 
cui  il  Du  Gange  ha  tratto  i  passi  sopra  riferiti,  gioverà  ricordare  ciò  che  scrive 
il  Bnmet  {Manuel  du  libraire.  III*,  1396):  „Cet  ouvrage  est  d'Augustin  Patrice 
Piccolomini,  évêque  de  Faenza;  il  fut  entreprise  vers  1'  année  1488,  par  ordre 
du  pape  Innocent  VIII.  Plus  tard  Christophe  Marcellus,  évêque  de  Corcyre, 
le  publia  sans  en  nommer  Tauteur,  mais  après  avoir  fait  au  texte  du  manuscrit 
des  falsifications  qui  éveillèrent  l'attention  des  cardinaux,  et  furent  déférées 
au  pape  Léon  X,  lequel  ordonna  la  suppression  du  livre  dénoncé,  ce  qui  en 
a  rendu  les  exemplaires  rares".  Il  Graesse  {Trésor  des  livres  rares  et  pré- 
cieux, IV,  382)  ripete  V  errore  del  Brunet,  che  fa  il  Piccolomini  vescovo  di 
Faenza;  mentre  da  ciò  che  ne  dice  il  Mabillon  {Museum  italicum,  Lutetiae 
Parisiorum,  apud  Montalant,  1724,  II,  V — vni,  587  —  592)  risulta  che  il  Pic- 
colomini fu  invece  vescovo  di  Pienza  (cfr.  anche  Reusch,  Index  der  ver- 
botenen  Bücher,  Bonn,  Max  Cohen  u.  Sohn,  I,  64 — 65  e  w.). 


362  VITTORIO  FINZI, 

la  seguente  annotazione,  che  fedelmente  qui  riproduco:  „A,  D, 
M.D.L11:  Vene:^^  Frane:*  M:*  Taliafer:"*"!.  —  „Questo  libro  di 
Poesie  Antiche  che  a'  nostri  giorni  sembrano  cose  ridicole  atesa 
r  elleuaccione  delli  Spiriti  che  dallo  esempio  di  tanti  Poeti  antichi 
hanno  imparato  e  dato  spinto  alle  fatiche  altrui  facendole  parere 
suoi  parti  è  la  pura  Istoria  d'  Ariana  lasciata  da  Teseo  in  aban- 
dono sul  lito  la  quale  è  rapresentata  da  questo  antico  poeta  con 
parole  e  concetti  antichi  che  poscia  da  altri  sogetti  più  elleuati  è 
stata  con  stile  più  soleuato  tradotta  in  Musica". 

Al  verso  della  carta  suddetta  si  trova  una  miniatura  dì 
cm.  8  X  II :  su  fondo  marrone,  inquadrato  in  oro,  reca  a  lettere 
maiuscole  di  colore  argenteo  (la  tinta  ne  ò  oggidì  alquanto  sbia- 
dita) la  seguente  iscrizione:  „Quercentis  |  Diuturna  |  et  graui  |  immi 
ti  I  s  I  Augustae  cura.  |  Ne  quicquam  flajgrantis  mi|serabile  |  car 
men  |  n."  Nel  margine  superiore  della  stessa  carta  leggesi:  „Caroli 
Francisci  Zampiccoli^  eiusdem  muñere  Foroliuij  1732":  nel  centro 
deir  inferiore  ò  ripetuta  la  data:  1552,  cioè  quella  stessa  della 
lettera  del  Tagliaferri.  Una  seconda  miniatura  di  cm.  8*/j  x  iO*/j 
offre  il  codice  lucchese  a  e.  26^,  raffigurante  un  cumulo  di  sassi 
su  fondo  celeste:  il  tutto  inquadrato  in  oro:  in  cima  e  fra  gli 
interstizi  della  roccia  alcune  pianticelle:  sotto  vi  si  legge  una  iscri- 
zione latina  a  suo  luogo  riportata.  Al  retío  della  a  2  comincia 
il  testo. 

Il  manoscritto  rimase  ignoto  anche  al  prof.  Giorgio  Rossi,  che 
in  un  recente  suo  studio,  tuttodì  in  corso  di  stampa,  nel  quale 
(là  anche  la  bibliografia  delle  rime  di  Francesco  Quercente',  ne 
tace  affatto.  Del  resto,  a  complemento  e  rettifica  delle  notizie 
date  dal  R.  sul  nostro  poeta,  gioverà  avvertire  ancora:  P:  che  nel 
codice  magliabechiano  II.  11.  75  a  e.  146^  e  seg*.  non  uno,  ma  sei 
sonetti  del  Quercente  vi  si  leggono*.  Il  primo  com.:  Vago  uccellin 
eh  alla  finestra  canti,  e  fin.:  Potesse  io  teco  el  mie  destin  mutare; 
il  secondo  com.:  Tu  se  uscito  pur  di  tanto  stento,  e  fin.:  Quando 
uscirò  di  questo  aspro  diserto;   il  terzo  com.:  Che  ti  giova  cmdel 


^  £  sciogliendo  le  abbreviature  „. .  .  Venetiis:  Franciscus  Maria  Talia- 
ferrus".     Questi  fu  verosimilmente  il  primo  possessore  del  codice. 

'  Donde  si  può  concludere  che  fra  i  possessori  del  codice  sia  da  anno- 
verare Io  Zampìccoli,  dal  quale  il  ms.  fu  donato  alla  biblioteca  di  Lucca.  A 
pag.  265  dell'opera:  ^^Memorie  storiche  deW  antica  ed  insigne  Accademàa 
de*  Filergiti  della  città  di  Forlì  .  .  .  raccolte  dal  Bali  Giorgio  Viviano  Mar- 
chesi Buonaccorsi  (Forlì,  per  Antonio  Barbiani,  1741)  sotto  1'  anno  1708  cod 
leggesi  di  lui:  „Carlo  Francesco  Zampiccoli  Dottor  di  Leggi". 

3  Rossi  Giorgio,  //  codice  estense  -X"*  34  (Giornale  storico  delia  Utté' 
ratura  italiatia»  voi.  XXX,  fase.  I — 2,  Anno  XV,  fase  88 — 89,  pag.  40  e  11. 
Anche  in  questo  codice  si  legge  un  sonetto  del  Quercente  (del  quale  U  R.  dà 
la  didascalia,  1'  incipit  e  1*  explicit)  che  sarà  pubblicato  in  appendice» 

*  I  manoscritti  italiani  della  Biblioteca  Nazionale  di  Firenu  descritti 
da  una  società  di  studiosi  sotto  la  direzione  del  prof.  Adolfo  BartoU,  Firenze^ 
tip.  Carnesecchi,  1881,  II,  154.  Riguardo  al  sonetto  del  cit.  cod.  maglia- 
bechiano, che  coni.:  „Vago  uccellin  etc.'*  veggasi  pure  ciò  che  ne  dice  il 
Rossi,  £>/.  e  loc,  cit. 


LE  RIME  DI  ÜN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SEC.  XV.  363 

innanzi  iddio,  e  fin.:  Occupato  riman  che  non  t  ascolta;  il  quarto 
com.:  I  ti  son  servo  et  d  altri  esser  non  voglio,  e  fin.:  Che  1 
mondo  di  mal  dir  sol  si  nutricha;  il  quinto  com.:  Se  mai  fu  lieto 
alcuno  o  nero  felice,  e  fin.:  Che  1  mie  dolore  e  molto  et  il  tempo 
e  pocho;  il  sesto  com.:  Crudel  come  me  chiami  sanza  fide,  e  fin.: 
Vedrai  eh  i  fu  fedele  et  più  leale";  II^:  che  nel  codice  della  pala- 
tina di  Parma,  segnato  HH.  IX.  201,  cart,  del  sec.  XV,  di  ce.  2^^, 
più  tre  in  principio  e  tre  in  fine  bianche,  di  mill.  204x134  (la 
e.  70  è  pure  bianca)  si  trovano  a  e.  65  r  e  z;  due  sonetti  che  al 
Quercente  sembrano  appartenere*.  In  un  elenco  manoscritto,  di 
mano  recente,  degli  autori  delle  poesie  che  si  contengono  nel 
codice,  il  nome  dell'  autore  dei  due  sonetti  trovasi  indicato  cosi: 
„Protonotario  (perche  Ant^.  Quercenti?  e  non  Stefano  Protonotario 
da  Messina?  V'.  Crescimbeni,  Comm.  T.  2)  65".  Al  predetto  ms. 
va  unito  anche  un  elenco  delle  poesie,  V  autore  delle  quali  è 
tuttodì  da  stabilire:  ed  ò  altresì  da  notare  che  non  tutte  le  rime, 
anche  quelle  delle  quali  in  detto  elenco  è  dichiarato  l'  autore, 
portano  in  testa  il  suo  nome:  e  questo  dicasi  anche  dei  due 
sonetti  attribuiti  al  Quercente.  Nulla  sappiamo,  per  verità,  di  An- 
tonio Quercenti  protonotario:  del  secondo  ci  consta,  per  ciò  che 
ne  dice  il  Crescimbeni  (Commeniari  intorno  alla  sua  istoria  della 
volgar  poesia  y  vol.  II,  p.  II,  p.  40 — 42,  Venezia,  presso  Lorenzo 
Basegio,  1730),  che  fiorì  circa  il  1250,  e  che  le  poesie  di  lui  sono 
tutte  ripiene  di  provenzalismi  2.  Non  è  dunque  egli  V  autore  delle 
poesie  contenute  nel  codice  parmense  3. 

Un  sonetto  di  Francesco  Quercente,  che  si  legge  nel  codice 
estense  X  *  34  a  e.  70^  colla  seguente  didascalia  „D.  Francisci 
Quercentis  proth.  ad  Virginem"  sarà  pure  da  me  dato  in  luce  in 
appendice^, 

^  n  eh.  prof.  Lionello  Modena,  sottoconservatore  di  manoscritti  in  quella 
Biblioteca,  da  me  richiesto  d' informazioni,  annuendo  cortesemente  al  mio  de- 
siderio, m' inviava  una  compiuta  descrizione  del  codice,  nonché  la  copia  dei 
due  sonetti  adespoti,  tratti  dal  ms.  Parmense,  e  che  al  Quercente  si  possono 
con  molta  probabilità  assej^nare.     Pubblico  anche  questi  in  appendice. 

*  Si  può  vedere  in  proposito  anche  il  Quadrio,  Della  Storia  e  della 
ragione  d*  ogni  poesia,  11,  159;  e  per  la  bibliografìa  delle  rime  di  Stefano 
(benché  non  immune  da  mende,  né  completa)  la  Bibliografia  siciliana  del  Mira, 
Palermo,  1881,  II,  p.  253  (s.v.  Protonotario,  Stefano).  Avvertirò  inñne  che 
del  siculo  poeta  due  canzoni  si  leggono  nel  cod.  lucchese  1487  (codd.  Moiicke,  2), 
la  prima  delle  quali  si  legge  a  f.  8i'  —  82 r,  e  com.:  „Assai  mi  plagerea",  la 
seconda  a  f.  159^ — 160 "■,  e  com.:  „Amore,  da  cui  move  tuctora  e  vene". 

3  L'  Affò,  il  quale  si  valse  anche  del  cit.  cod.  parmense  per  la  sua  edi- 
zione iS.ft\C  Orfeo  del  Poliziano  (Venezia,  appresso  Giovanni  Vitto,  1776,  p.  13) 
così  ne  scrive:  ,,....  Portò  il  caso,  che  quasi  nel  tempo  stesso  [nel  quale, 
cioè,  curava  il  testo  dell*  Orfeo"]  il  Sig.  Dott.  Buonafede  Vitali  di  Busseto  . . . 
fece  acquisto  d'  un  altro  codice  antico,  nel  quale  hanno  rime  Jacopo  Corsi  . . . 
il  Protonotario,  forse  Niccolò  Quercente,  chiamato  comunemente  il  Proto- 
notario . . ."  Evidentemente  il  nome  Niccolò  é  erroneo:  o  almeno  di  im 
poeta  di  tal  nome  nulla  ci  é  pervenuto.  Aggiungerò  che  tale  ms.  fu  poi 
acquistato  per  la  biblioteca  di  Parma  da  Angelo  Pezzana,  che  ne  fa  cenno 
nella  sua    Vita  del  p.  Ireneo  Affò  (p.  353). 

^  Per  più  ampie  notizie  sul  cit.  cod.  estense  rimando  alla  ricordata  mono- 


364  VITTORIO  FINZI, 

Riguardo  poi  ai  sonetti  in  morte  del  Quércente,  editi  in 
appendice  dopo  quelli  a  lui  spettanti,  avvertirò  che  alcuni,  cioè 
quelli  del  Casio,  mi  furono  procurati  dalla  squisita  cortesia  del  cav. 
Luigi  Frati,  bibliotecario  della  biblioteca  municipale  di  Bologna; 
per  gli  altri,  quelli,  voglio  dire,  del  Tebaldeo,  mi  giovai  di  due 
pregevoli  stampe,  cioè  la  modenese  del  1499  e  la  veneta  del  15 13 
(la  veneta  del  1500,  di  cui  si  valse  il  Rossi,  op.  e  loc,ciL,  mi  fa 
inaccessibile). 

Ciò  premesso,  ecco  il  testo  del  cod.  lucchese  2 11 7,  più  sopra 
descritto: 

[e.  2  «■]       Et  primo  uisä  ferrariam,  diufque  August^  teda 

Quercens  \in  rosso] 

Salue  dininis,  Ferraría,  culta  poëtis, 

Amnis  olorifera  quam  Padus  ambit  aqua.^ 
Salue  formosas  nutris  quae  sola  puellas. 

Quae  facis  aspectu  saxa  tepere  tuo. 
Te  repeto  noscoque  libens,  cupidusque  reuiso. 

Et  festos  tecum  laetor  habere  dies. 
Tu  modo  redde  meos,  mereor  si  dignus,  amores, 

Redde  cupidineis  oscula  piena  iocis. 
Illam  redde,  precor,  cui  nomina  clara  secundus 

Aethereo  Caesar  misit  abusque  polo. 
Hçc  animum  poterit  tristem  recreare,  fouebit 

Hec  mea  blanditiis  pectora  fessa  suis, 
[e.  2v]      Sim  licet  indoctus,  dabit  haec  in  carmine  uires. 

Si  uolet:  et  cedes,  docte  Catulle,  mihi.' 
Si  uolet  haec,  totum  quatiet  cum  Jupiter  orbem, 

Aufcret  irato  tela  trisulca  Joui. 
O  fortunatum,  cui  dulcis  amica  renidet. 

Et  cui  securo  fas  sit  amore  frui. 
Hunc  ego  pertulerim  cunctis,  ex  ordine,  gemmis, 

Himc  ego  diuitiis  aurifer  haec  me  tuis.' 


grafìa  del  Rossi,  che  del  sonetto  del  Q.  dà  la  didascalia,  V  incipit  e  V  explicit. 
Di  questo  stesso  sonetto,  avendo  potuto  ottenerne  copia  mercè  la  cortesia 
del  cav.  prof.  Michele  Caputo  bibliotecario  dell'  estense,  darò  il  testo  in 
appendice,  insieme  con  quello  di  un  altro  sonetto  in  morte  del  poeta,  che 
leggesi  a  e  44  v  del  ms.  estense  X  *  30. 

^  Verosimilmente  il  poeta  s' inspirò  ai  noti  versi  di  Claudiano,  Spisi, 
ad  Serenam,  Il — 12: 

„Fractaque  nobilium  ramis  electra  sororum 
Cycnus  oloriferi  vexit  ab  amne  Padi." 

^  „ . . . .  il  genere,  nel  quale  i  poeti  filologi  s'  accostarono,  piti  che  in 
qualsiasi  altro  all'  antichità,  è  la  lirica,  e  in  modo  speciale  poi  1'  elegìa  .... 
Nel  genere  leggero  Catullo  esercitò  un  vero  fascino  sugli  Italiani  ....'*  (Burck- 
hardt, La  civiltà  dei  secolo  del  rinascimento  in  Italia:  saggio  tradotto  sulia 
seconda  edizione  tedesca  dal  prof,  D,  Vaibusa,   Firenze,  G.  C.  Sansoni,  1876, 

I»  354). 

3  li  verso  è  evidentemente  corrottq. 


LE  RIME  DI  UN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SEC.  XV.  365 

Huic  ego  caesareos  nolim  conferre*  trìumphos, 

Et  Capitolini  cuneta  trophea  iugi. 
Hoc  Paris  (hoc  Helenae  sentit  Leander'  et  ardens 

Hellespontiacae  uictima  factus  aquç): 
[e.  3  r]      Hoc  sentit  claro  quisquis  de  sanguine  natus 

Ingenuae  quicquam  nobilitatis  habet. 

Conqueritur  de  uano  ipsius  amore  [in  rosso] 

Heu  miser  urgenti  magnç  quam  pondere  molis 

Opprímor,  hic  ubi  sunt  uota  caduca  nimis, 
Hic  ubi  non  audit  nostros  lenire  dolores 

Quae  ualet,  o  uotis  impia  fata  meis. 
Non  ne  foret  melius  quam  nasci  rumpere  fìlam, 

Jam  quae  transisset  nunc  ubi  poena  manet. 
Non  ne  gustasset  fallacis  exurere  amorisque^ 

Cor  nimium  promptum  quam  mens,  neque  eliam  simul 
[c.  3  V]      Non  mea  sic  Iristis  uexaret  pectora  languor/ 

Nee  mea  clausa  grani  carcere  membra  forent. 
Aut  si  forte  libet  misero  mihi  cernere,  non  haec 

Exitium  semper  lumina  uisa  darent. 
Aut  liceat  tandem  nobis  concurrere  fatis: 

Nam  semel  est  mors  haec  gratior,  haud  toties^ 
Fuñera  maiores  augerent  tristia  flammas, 

Vitaque  continuis  fletibus  ipsa  foret. 
Quid  faciam  tamdem,  nec  possum  dicere  neutrum^ 

Displicet  in  paribus  morsque  salusque  modis 
Nescio:  si  nostris  non  flet  illa  querelisi 

Quae  poterit  solo  soluere  pensa  modo. 
[e.  4  r]      Tigrides  indomitç  uincuntur  carmine  dulci, 

Humanis  elephas  gaudet  et  ipse  uiris, 
Prostratoque  homini  parcit  truculentior  ursus, 

Et  plaçant  magnum  thura  sabea  Jouem. 
Ista  pio  duros  duxit  quae  a  sanguine  amores 

Mitior  ista  placet,  mitior  ista  placet.* 
Mistior  ista  mihi  si  non  est,  ulla  uoluptas 

Non  ualet  hoc  nostris*  rumpere  posse  gelu. 


*  Il  ms.  conférera.     Sotto  la  seconda  e  il  punctum  delens, 

^  Allusione  poetica  ai  notissimi  miti  di  Paride  ed  Elena,  Leandro 
ed  Ero. 

^  Il  predetto  verso,  nonché  il  seguente,  sono  quasi  illeggibili,  per  essere 
scritti  su  rasura. 

*  H  ms.  lang  or* 

*  Il  ms.  totiens. 

^  Il  ms.  neuter',  sotto  la  seconda  e  il  punctum  delens:  dopo  r  un  segno 
abbreviativo  di  dubbio  signiiìcato  (cosi  raiBgurato:  f):  segno  che  forse  il  co- 
pista ha  usato  impropriamente  per  ^  =  rum:  e  cosi  lo  interpreto. 

'  Il  ms.  quereÙis, 

*  Così  il  ms. 

*->  Il  ms.  nostri  seguito  da  un  segno  abbreviativo  capriccioso,  che  inter- 
preto per  s  (poiché   cosi  sembrami  voglia  il  contesto)  se  pure  non  è  il  noto 


306  VITTORIO  FINZI, 

Quare,  age,  sollicito  tristes  e  pectore  curas 
Pelle,  precor,  nostro,  dulcis  amica,  precor. 

Ipsa  uelis  stygias  poteris  me  trudere  ad  undas. 
Ipsa  uelis  miscrum  soluere  sola  potes. 

finis. 

[e.  4^]  Discedens  a  Ferraría  \in  rosso\ 

Quid  coluisse  tuos  prodest  mihi,  phoebe,  poetas, 

Quid  magnis  toties^  thura  dedisse  deis? 
Quid  pietas?  quid  sancta  fìdes?  quid  carmina  prosunt? 

A  Domina  tristis  cogor  abire  mea. 
Quid  uia  longa  mihi  prodest?  quid  uota  precesque? 

A  Domina  tristis  cogor  abire  mea. 
Immitcs  si  tanta  dei  suspiria  rident, 

Mortales  casus  uos,  rogo,  flete  meos. 
Num  tristis  lugcrc  uoles,  Ferraría,  mccum. 

Quam  madidis  cogor  deseruisse  genis. 
Eridane,  adriacas  multo  qui  percutis  undas 

Ore,  uoles  semi  non  memor  esse  tui? 
[e.  5  r]     Jam  age,  carpe  uiam,  dilectaque  moenia  linque. 

Cru  del  es  postquam  sic  uolucre  dei 
In  proprios  refcrre*  lares,  sub  sole  calcnli, 

Heu  miser  a  gemina  sic  perimere  face. 
Tamen  omnino  me  spes  non  linquit  amantem 

llaec  facit  ut  miseri  uiuere  dulce  putent. 
Interea  teneri  pro  te,  mea  uita,  libelli 

Solamcn  durç  conditionis  erunt. 

Ad  libellum  \in  rossó\ 

Vanne  libretto  sconsolato  e  mesto 
A  quella  che  sentir  tanto  desia 
[e.  5v]  Per  te  lugubre  1  aspra  morte  mia 

Qual  se  non  mancha  amor  temo  sia  presto. 

Fa  pur  che  sij  fra  tutte  genti  desto: 

Non  te  increschan  parole,  o  longa  uia. 
Per  dimostrar  mia  sorte  oue  che  sia. 
Non  tornando  mai  più  doue  hor  qui  resto. 

Ma  poi  che  dimorato  alquanto  fìj 

Con  quella  che  è  cagion  del  mio  destino, 
Ne  le  sue  braccia  inuer  gli  elisij  campi 

Verranne,  che  ancho  lei  per  tal  camino 
Conuien  che  passi,  e  poi  li  sempre  stij. 
Per  arder  meco  in  più  cocenti  uampi. 


segno  I  =  ^/.  —  Del  resto  il  menante  si  rivela  assai  inesperto  dell*  uso  delle 
abbreviature:  e  talora  è  malagevole  scioglierle  con  esattezza. 

*  Il  ms.  toiiens, 

*  Il  ms.  refer  ere.  Ho  emendato  il  testo,  proponendo  re/erre,  benché 
sotto  quella  voce  manchi,  certo  per  una  svista  dell'  amanuense,  ogni  segno 
di  espunzione. 


LE  RIME  DI  UN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SEC.  XV.  367 

[e.  6«"]      Ciaschun  mio  capei  ner  già  par  se  imbianchi 

Auanti  gli  anni  suoi,  pur  lo  aspro  strale 

Se  arruota,  a  stimular  gli  afHicti  fianchi. 
Ciaschun  uile  animai  certo  si  uale 

Di  la  sua  pocha  forza,  una  qual  uolta, 

Et  io  sol  mi  diffendo  in  luso*  male. 
Ciaschun  che  pecca  il  Ciel  più  mite  ascolta 

Che  me  non  fa  chi  può  darme  soccorso, 

E  sempre  al  mio  destin  la  ruota  è  suolta. 
O  stolto  che  con  lacrime  il  fiero  orso* 

Cerco  de  mitigare,  il  pardo  e  il  tygre 

M*  ingegno  de  rilrar  da  1*  empio  corso: 
[e.  6v]     Più  presto  diuerran  callide  e  nigre 

Le  dense  neue  e  senza  mar  fia  il  scoglio, 

E  le  onde  al  nauigar'  solide  e  pigre. 
Prima  sera  il  mio  cuor  priuo  de  orgoglio, 

E  la  mia  fronte  monstrarassi  lieta, 

Ch  io  sia  fuor  dil  feruor,  donde  arder  soglio. 
Tornará  pria  la  mia  fortuna  quieta, 

El  pianto  in  cui  mi  sto  mutrasse  in  noce 

Jocunda,  che  Vulcan  si  muoua  a  pietà. 
Piata  mi  fìa  se  in  la  sua  caua  foce 

Mi  condurrà  per  chuor  scarsa  misura 

Dil  telo*  a  rinouar  donde  mi  coce. 
[e.  7  «■]      Dhé  muta  il  lento  passo,  e  intento  cura, 

Dolce  Vulcan,  per  trouar  foggie  noue 

A  darmi  sorte  più  che  ogne  altra  dura. 
Ogni  furia  si  muova,  hormai  di  Joue 

Ciaschuna  spera  e  tutti  gli  elementi 

Facian  contra  di  me  le  extreme  pruoue. 
Tutte  Stelle  mi  sian  dardi  cocenti. 

Per  me  si  firme  ogni  curso  celeste, 

Stian  ne  1*  aria,  in  la  terra,  e  in  mar  serpenti. 
Venga  nel  mondo  tutto  mortai  peste, 

E  non  si  ueda  più  né  ciel,  né  terra. 

Vengan  le  gente  a  1'  una  e  a  1*  altra  infeste, 
[e.  yv]      Rouini  ciò  che  sotto  il  ciel  si  serra 

E  lui  possato  sia  sopra  mie  spalle, 

E  ciaschun  sempre  gridi:  o  morte,  o  guerra. 
Gli  horridi  monti  ne  le  infíme  ualle 

Submergano,  e  per  forza  lo  aere  scoppie, 

El  mar  si  mute  in  uno  extremo  calle. 
Joue  cum  pluto  in  nel  fondo  se  acoppie: 


*  Così  il  ms.;  ma  forse  si  dovrà  leggere  inluso, 

*  Il  verso  è  dodecasillabo. 

'  Il  ms.  nauigare'.  sotto  e  il  punctum  deUns. 

*  Il  ms.  tello:  sotto  la  seconda  /  il  punctum  dclens. 


368  VITTORIO  FINZI, 

Neptuno  se  gli  ingole  ambì  per  rabbia, 

£  de  ciò  pianga  ogn'  huom  che  fan  le  pioppie.^ 

Sentassi  un  mormorar  di  denti  e  labbia 
Per  ciascun  luocho  e  tal  furor  di  marte, 
Che  paura  tutto  1*  aere,  e  il  centro  ne  habbia. 
[e.  8^]     Rompasse  in  mar  ciaschuno  arboro  o  sarte, 
E  fìacchesi  fra  porti  ciaschun  legno. 
Del  nauigar  più  non  se  trotti  charte. 

Altro  non  regni  in  ciel  se  non  isdegno: 

U  amico  1'  un  con  V  altro  e  a  viso  a  viso 
Non  si  conoschan  più  mediante  il  pegno. 

Il  patre  dal  più  char  fìgliuol  sia  occiso: 
Cussi  i  fratelli  e  tutti  i  più  congionti, 
E  giù  a  lo  inferno  scenda  il  paradiso. 

Puniti  sian  color  che  sonno  insonti, 
E  come  me  ciaschun  insto  rimanga: 
Forza,  rason  fuor'  di  la  terra  sponti, 
[e.  8v]     Ciaschun  de  gli  elementi  in  frotta  pianga. 
Puzza  mortai,  tempesta,  e  nebbia  bruna 
Tutte  le  genti  in  sino  a  morte  afiranga. 

Rouini  il  ciel,  le  stelle,  il  sol,  la  luna, 

ìJ  aria,  la  terra,  le  acque  e  il  crudo  fuocho. 
Che  mi  fa  star  senza  speranza  alcuna. 

Ciaschun  disia  piacer,  delitie  e  giocho. 
Io  sol  vorria  veder  pianti  e  singulti. 
Gli  altri  la  vita,  io  sol  la. morte  inuocho. 

Ama  ciaschun  gli  luochi  ameni  e  culti: 
Io  sol  le  tetre  fosse,  e  le  caueme. 
Gli  lagi,  le  alte  riue  e  i  boschi  inculti, 
[e.  çr]     Chi  fronde,  dolci  fructi,  e  chi  fìor  cerne, 
Chi  le  onde  uaghe,  e  chi  gli  prati  cole, 
Io  secchi  sterpi  in  queste  ualle  inferné. 

Io  sol  lontano  sto  dal  uiuo  sole. 

Mentre  che  un  altro  cercha  la  frescha  ombra. 
Chi  1'  aura  suaue  fra  fronde  e  viole. 

Ciascun  le  cure  sue  del  pecto  sgombra, 

Chi  sotto  arbor  col  suon  soi  passi  termina: 
Me  lasso  ogne  dolor  più  ardente  ingombra. 

Sino  a  la  terra  i  dolci  fìeti'  or  germina. 
Et  dà  delizie  a  pastorelli  in  copia: 


^  Dal  sost.  pioppa  :  qui  evidentemente  per  la  rima  il  poeta  ha  ^ioppie» 
in  luogo  di  pioppi, 

'^  Il  ras.  furor  :  sotto  la  prima  r  il  punctum  delens. 

^  Cosi  il  ras.  Forse  il  copista  ha  voluto  scrivere  frutti.  In  ogni  cmso 
la  parola  fitto  ha  ben  altro  signiiìcato.  Il  Fanfani  nel  suo  Vocabolario  deW  uso 
toscano  (I,  386,  s.  v.  fiéto)  scrìve:  ,,È  voce  senese  che  vale  odor  non  buono« 
come  di  vasi,  di  botti,  o  simili;  o  di  carni  o  d*  altro  che  sia  vicino  a 
putrefarsi." 


LE  RIME  Dl  UN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SEC.  XV.  369 

Ogne  piacer  nel  mio  pecto  si  exlermina. 
[e.  9V]     Chi  canta  sopra  il  fonte  di  cecropia, ^ 

Chi  de  Apollo  secundo  il  suo  stil  vario. 

Venuta  è  la  mia  musa  a  summa  inopia. 
A  chi  gioua  sentir  pianger  de  Hysmario 

La  uccella  nana  col  suo  membro  lacero.' 

Per  non  udir  io  penso  al  duol  contrario. 
Io  qua  propinquo  sotto  ombra  de  un  acero, 

Non  ritrouando  più  quella  de  il  rouere, 

Gli  sensi,  e  il  corpo  mio  cim  1'  alma  lacero. 
Sotto  questa  conuien  eh'  io  me  rìcouere, 

Sentendo  tolto  a  me  quello  im  rimedio 

Che  fa  le  uoglie  mie  de  ogni  ben  pouere. 
[e.  lor]     Aime  eh  io  son  già  posto  in  tanto  assedio 

E  pur  mi  duol  di  miei  fati  che  tacciano. 

Al  fin  sol  quei  mi  porran  trahar  di  tedio. 
Aime  per  che  dil  mondo  non  mi  scacciano: 

Dhé  per  che  non  rinuoua  hormai  mezentio,^ 

Ouer  doi  rei  Neron  che  non  mi  amazano. 
La  vita  amara  me  è  più  che  uno  assenzio, 

Essendo  io  posto  in  questo  stato  flebile, 

Né  posso  al  pianger  mio  poner  silentio. 


^  Plinio  (Historia  naturalis,  lib.  VII,  cap.  57)  scrive:  „Oppidum  Cecrops 
a  se  appellavit  Cecropiam,  quae  nunc  est  arx  Athenis**.  E  nel  lib.  IV  cap.  XI: 
„In  Attica  fontes,  Cephissia,  Larine,  Callirhoe  Enneacrunos''.  A  quale  delle 
tre  fonti  alluderà  il  poeta?  Pausania  (Descriptio  Graeciae,  Parisiis,  Firmin 
Didot,  1845,  lib.  I,  cap.  28)  parla  di  un  fonte  vicino  al  tempio  di  Apollo  e  di 
Pane.  Il  passo  suona  così  :  „Karaßaai  ah  ovx  iç  tnv  xax(û  nóXiv,  «AA*  ocov 
ini)  rà  nçoTivXaiay  nT¡yT¡  xe  voaxóq  iati  xaì  nkr^alov  ^AnôXXœvoç  leçhv 
tv  anijkaítí)  xaì  Uavóq**.  Ma  il  luogo  è  molto  indeterminato,  né  forse 
basterebbero  a  chiarirlo  le  citazioni  che  potrei  fare  di  altri  autori  antichi  e 
moderni,  e  che  in  una  rivista  consacrata  agli  studi  di  filologia  romanza  devo 
necessariamente  omettere.     L'  avvertimento  valga  anche  pei  versi  successivi. 

'  Igino  {Fabularum  liber)  dice  Ismaro  essere  un  fiume:  ma  sotto  quel 
nome  si  designa  invece  un  monte,  una  città  o  una  palude.  Emendisi  dunque 
il  passo  d' Igino,  ed  accettisi  1'  opinione  di  coloro,  che  vogliono  (si  omettono 
per  brevità  più  ampie  citazioni)  si  legga  Ismenio;  donde  fu  detto  Ismenio 
r  oracolo  d' Apollo,  chiamato  anche  Ismenio,  e  il  tempio  allo  stesso  nume 
eretto.  A  lui  si  dice  da  Erodoto  {Hist,,  lib.  I,  cap.  92)  che  re  Creso  dedicasse 
un  tripode  d'  oro.  Ammesso  dunque  che  il  poeta  sia  caduto  nello  stesso  errore, 
nel  quale  è  incorso  Igino,  evidentemente  col  verso  „la  uccella  vana  col  suo 
membro  lacero"  ha  voluto  accennare  al  costume  degli  antichi  di  pascere  nei 
templi  gli  uccelli  sacri.  Cosi  a  Griunone  erano  sacre  le  oche,  e  ad  Apollo 
gli  sparvieri.  —  Eliano  (De  natura  animaUum,  lib.  XII,  cap.  4)  scrive  infatti 
a  tale  proposilo:  „Nsve/jujvrai  ah  [iéçaxsç]  xaì  anexçi^aavd-eoîç  ttoA- 
?.oJi;'  ò  fxìv  necòixo^ì'iQaq  xaì  cixvmsçoç  A7tóX),ù)vóc  iati  ^tçanwv,  <paol' 
(fTJvrjv  ah  xaì  ai)nr¡v  Ä^va  nçoavé/ÂOvaiv  . . .  ."  —  „Acdpitrum  vox  acuta 
ut  piurimum  et  clamosa  est.  'Quum  quidem  Gracci  ut  apud  PoUucem  legere 
est,  verbo  çv^siv  per  onomatopaeiam ,  ut  volunt,  conficto,  exprimunt,  Latini 
vero  pipare  accipitres  dicunt  ....**  (Aldrovandi,  OrnùÀolo^iae  hoc  est  de 
avibus  historiae  lib.  XI J,  Bononiae,  apud  N.  Tebaldinnm,  1646,  p.  288). 

^  Di  Mesenzio,  crudelissimo  re  d'  Etruiia,  parla  Virgilio. 

Zeitschr.  f  rom.  PhU.  XXU.  24 


37Ô  virroRio  finzi, 

Che  non  te  muoui  hormai,  o  parcha  horrebile, 
Per  riportarmi:  io  sería  già  venuto 
Se  non  mi  ntrouasse  stanco  e  debile. 
[e.  lov]     Io  mi  vorria  veder  trastul  di  pluto, 

A  Sisipho^  portando  il  graue  sasso 
In  cima  dil  fallace  colle  acuto, 

Essendo  a  Joue  pria  stato  turchasso, 
Si  come  photon  sul  fiume  nostro,' 
Posto  poi  seco  in  nel  luoco  più  basso. 

Anch'  io  nona  che  puoi  minasse  il  chiostro 
Del  cielo,  el  mare:  e  tutto  il  suol  de  Dite 
Tinto  di  nube,  caligene,  e  inchiostro. 

E  un  altra  uolta  fusser  restituite 

Le  ombre  infelice  et  io  primo  fra  quelle 
Potesse  nnouarme  a  cento  ulte, 
[e.  1 1  r]     Et  se  possibel  fusse  che  le  stelle 

Ad  una  ad  una  il  mio  cuor  abrusasseno 
Sempre  cresciendo  a  lui  più  uiua  pelle. 

Tutti  gli  stygii  can  poi  sei  mangiasseno, 
De  hydra  i  serpenti,  e  1'  auoltor  de  tido,' 
E  già  di  roder  quel  mai  si  sacciassino. 

Poi  che  fugito  se  è  da  un  dolce  exitio, 
Da  una  suaue  pena,  e  car  martire, 
Per  rìtrouarssi  in  maggior  precipitio. 

Quanto  me  increscie  il  non  poter  morire, 
Essendo  a  me  la  mia  ulta  lontana. 
Gommo  è  possibil  mai  che  io  il  possa  dire? 
[e.  iiv]     Comm  e  possibel  che  natura  humana 

Sostener  uoglia  un  huom  che  è  senza  spirto, 
Una  imagine  ficta  ^  e  una  ombra  vana. 

Nul  si  trouò  già  mai  cynto  di  myrto 


^  Sisifo,  figliuolo  d'  Eolo,  fu  ucciso  da  Teseo  pei  suoi  ladronecci.  Fin- 
gono i  poeti,  che  sia  condannato  nell'  inferno,  a  volgere  per  sempre  un  sasso 
di  grandissima  mole. 

'  Di  Fetonte,  figliuolo  del  Sole  Egizio  e  di  Olimene,  dicesi  che  avendo 
avuto  dal  padre  licenza  di  reggere  per  im  giorno  il  carro  del  Sole,  né  avendo 
forze  bastami  da  governare  i  cavalli,  si  smarrì  nel  vedere  il  segno  dello  Scor- 
pione, e  abbandonò  le  redini.  I  cavalli,  lasciando  il  solito  corso,  ora  vetso 
il  cielo  montando,  ora  verso  la  terra  scendendo,  tutto  quel  tratto  arsero  del 
cielo,  e  quasi  tutta  la  terra,  seccando  molti  fiumi  e  fonti.  Il  perchè  fu  da 
Giove  fulminato,  e  cadde  nel  Po. 

^  Tizio,  celebre  gigante,  secondo  ciò  che  ne  dice  Apollodoro,  STendo 
incontrato  Latona  nelle  deliziose  campagne  di  Panope,  presso  di  Pilo,  invaghi- 
tosene, tentò  di  sedurla.  I  figli  di  lei,  Apollo  e  Diana,  accorsi  in  suo  aiuto* 
uccisero  il  gigante,  e  lo  precipitarono  nel  Tartaro.  Lucrezio,  Virgilio,  Ovidio 
ed  altri  poeti  dicono  che  le  interiora  di  lui,  incessantemente  rinascenti,  erano 
divorate  da  un  avoltoio;  Omero,  ApoUodoro  ed  altri  favoleggiano  di  due. 
E  bastino  queste  brevi  note. 

*  n  ms.  /incia  :   sotto  n  il  punctum  deUns. 


LE  RIME  Dl  UN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SEC.  XV.  3/  I 

Che  habbia  cantato  un  si  stipcntc^  caso 

Che  ría  battaglia  o  ñaue  rotta  in  syrto! 
Dir  mi  potrai  di  phçbo  il  tardo  occaso, 

Varij  corsi  di  cieli  e  gran  meraculi 

Dil  uecchio  elya  e  di  giouhan  rimaso, 
Di  molte  prophétie  de  gli  altri  oraculi, 

Stupide  morte  de  amanti  infelici, 

(Che  ancor  me  di  sua  piagha  o  Dio  non  maculi) 
[e.  1 2  r]     E  molte  euersion  di  terre  et  vici, 

Innumerabil  peste  e  destini  agri, 

Diuerse  occisión  fra  chari  amici: 
Tu  me  dirai  de  li  ambi  Meleagri' 

Io  so  el  sicundo,  et  primo  in  sorte  tale, 

Afilicto  oltra  ciaschun  che  in  amor  flagri. 
Ma  non  trouasti  mai  fra  tanto  male 

Un  uom  morto  qual  me  star  sempre  in  pianto 

Sopra  ciaschun  ma  a  tutti  gli  altri  cquale. 
Doue  si  trouò  mai  che  un  corpo  affranto 

Da  lo  nimico,  poi  eh'  esso  1*  ha  morto, 

Non  fusse  almen  lasciato  star  da  canto? 
[e.  I2v]     O  mondo  ciecho,  perìglióso  e  corto. 

Mondo  crudel  sotto  lasciua  uista, 

Mondo  d'  ogni  fallacia  e  inganno  porto. 
Tu  dai  sotto  il  piacer  la  pena  mista: 

£1  corpo,  e  V  alma  alfin  conduci  a  un  zero. 

Vedete  hor  quel  che  per  amor  se  accquista. 
O  dio  che  in  morte  io  uiuo  e  in  vita  pero. 

Ciaschuno  allo  suo  fine  è  destinato, 

Io  son'  di  me  né  son  sotto  altrui  impero. 
Refìutamc  pluton,  torno  schacciato 

Da  Joue,  e  non  mi  uuol  terra  né  mare, 

Nò  durar  posso  sotto  il  ciecho  ^  alato. 
[e.  1 3  r]     Aimè  eh*  io  non  so  più  doue  tornare: 

Prouocato  ho  ciaschun  già  per  nimicho: 

Crcdaio  che  il  ciel  mi  uora  perdonare. 

*  Cosi  il  ms.  ;  ma  forse  è  errore  del  copista:  e  dovrà  leggersi  stupente 
(part.  près,  di  stupire)  (cfr.  i  noti  lessici  del  Tommaseo  e  del  Tramater  sotto 
tale  voce). 

'  Sotto  tale  nome  gli  storici  e  i  mitografi  designano  i  seguenti  perso- 
naggi :  I  ^.  Meleagro,  figliuolo  di  Ocneo,  re  di  Calidone  nell*  Etolia,  e  di 
Altea,  figlia  di  Testio,  re  di  Pleurone;  2^.  Meleagro  generale,  il  quale  sostenne 
Arideo,  fratello  di  Alessandro  il  Macedone,  e  successore  di  lui  al  trono  di 
Macedonia;  3^.  Meleagro,  fratello  di  Tolomeo,  eletto  re  di  Macedonia  V  anno 
i8o  a.  C.  ;  4".  Meleagro,  poeta  greco,  che  fiori  sotto  il  regno  di  Seleuco,  ultimo 
principe  della  casa  dei  Seleucidi,  cioè  nella  CLXX  Olimpiade,  raccolse  quanti 
epi>;raninii  potè  da  quarantasei  scrittori  dell'  antichità,  chiamando  la  sua  col- 
lazione ¿.'itipavos;  iniycafiftárcji'. 

'  Il  copista  pare  volesse  scrivere  non  :  ma,  avvedutosi  dell*  errore,  tracciò 
solo  la  prima  curva  della  n,  espungendola  poi  nella  solita  forma. 

*  Il  ms.  cieccho'.  sotto  la  seconda  e  il  punctum  deiens. 


37 ¿  VITTORIO  FINZt, 

Poss'  io  creder  eh  ci  mio  Signore  anticho 

Non  me  debbia  excusare:  il  duol  m'  abbaglia, 
Il  dolore  è  cagion  di  quel  eh  io  dico: 

Pharétra  tanto  gli  son  stato  e  maglia, 

Sempre  patiente  ad  ogni  extrema  uoglia, 
Degg'  io  creder  eh  el  mio  mal  non  gli  caglia? 

Ecco  che  V  alma,  il  corpo  e  ogni  mia  spoglia 
Li  rendo,  sei  gli  piace,  h'or  n'  habbia  cura, 
O  ueramente  me  dal  mondo  toglia: 
[e.  13V]     Ma  ben  gli  pregho  a  la  mia  sorte  obscura 
Faccia  nanti  al  suo  fin  cotanta  gratia 
Ch  io  sol  veda  colici  che  il  cor  mi  fura. 

Allbor  con  el  mio  pecto  pien  de  audatia 
Non  temerò  finir  1  ultimo  corso. 
Per  fugir  questo  mondo  e  mia  dìsgratia 

Sperando  una  qual  uolta  hauer  soccorso. 

Sonetto, 

Vanne,  Canzon  mia  disperata  e  mesta, 

A  quella  ch  el  mio  cuor  riserra  e  chiude 
Sotto  le  chiane  tanto  rozze  e  crude 
E  primamente  inchinerai  la  testa, 
[e.  141*]     Guardati  non  turbar  soi  giocchi  o  festa, 

Ma  chetamente  a  le  sue  man  te  inchiude, 
Quando  nel  lecto  sian  distese  e  ignude, 
E  che  qualche  sospir  per  me  la  infesta. 

Se  ella  dice  che  vuol  dir  tanto  male 

Digli:  cagion  de  amor,  Madonna,  è  vostra, 
Che  amor  lo  afflige  essendo  noi  lontana. 

E  se  per  questo  cruccio  alcun  lo  assale, 
Riuogli  carta,  e  più  mite  ti  mostra: 
Fa  che  sappi  esser  dispietata  e  humana. 

Sonetto, 

O  Dio  que  bei  crin  d  oro,  o  luce  sante, 
O  boccha  che  de  amomo  unta  respiri, 
[e.  14V]  O  fronte  altiera,  mentre  che  ti  giri 

Tremar  mi  fai  sino  alle  extreme  piante. 

O  lacrime  mie  sparte  ó  tante  tante, 
O  Calamita  che  si  dolce  tiri 
Dal  fondo  de  esto  pecto  i  gran  suspiri, 
O  cuor  di  ferro  armato  di  adamante. 

O  candida  mia  man  cui  sol  mi  fido, 
O  pensier  amoroso,  o  focho  ardente, 
O  sorte  ch  ci  mio  mal  sempre  distina. 

Dhé  non  più  crudeltà,  dolce  mio  nido: 
Il  Ciel  perdona  a  ciaschun  che  se  pente. 
Perdonna  donque  a  me  se  sei  diuina. 


LE  RIME  DI  UN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SEC.  XV.  373 

[c.  IS^]  De  etus  discessu  ad  amtcam  \in  rosso]. 

Non  fa  si  trista  al  dipartir  di  Enea 

Dido,^  che  già  cun  la  sua  propria  mano 

Fuor  d'  ogni  speme  si  die  morte  rea, 
Né  a  phylli'  m^sta  parue  tanto  istrano, 

Vedendosi'  lassar  da  Demoophonte, 

Qual  ritener  cercò  più  uolte  in  vano, 
Quanto^  hora  incresde  a  me  dal  tuo  bel  fronte 

Farmi  lontano,  e  da  quel  dolce  aspecto 

Nel  cui  mirar  son  qual  Narciso^  al  fonte. 
Si  eh  io  non  spero  mai  trouar  dilecto, 

E  tutto  il  breue  tempo  che  me  auanza 

Fornire  sol  in  sospiri  e  in  pianti  expecto. 
[e.  15V]     C^co  chi  in  cosa  fral  ferma  speranza. 

Ecco,  come  in  un  punto  il  tempo  ho  perso: 

Questa  de  amor  crudel  sempre  fu  usanza. 
Ma  la  colpa  è  del  cielo  empio  e  peruerso,^ 

Il  qual  m'  ha  destinato  a  pianger  sempre: 

Ma  tanto  ho  pianto  homai  eh  io  son  sommerso. 
Vorrai,  Fortuna,  mai  cangiar  tue  tempre? 

A  che  contra  de  un  huom  cotanta  guerra? 

Dhe  fa  che  alquanto  il  tuo  voler  si  tempre. 
Se  pur  disposta  sei  al  tutto  in  terra 

Mandar  questo  mio  corpo  aiHicto  e  stancho, 

Hor  mai  1'  ultimo  colpo  in  me  disserra, 
[e.  l6r]     Già  morte  col  suo  spron  mi  pongie  il  fiancho. 

Già  la  parcha  crudele  il  mio  fyl  spezza. 

Già  come  neue  al  sol  languendo  io  mancho. 
Hor  cun  qual  stil  si  colmo  di  dolcezza 

Potrò  dolermi  verso  di  Fortuna. 

Ch'  io  plachi  alquanto  la  sua  gran  durezza. 
Credo  che  il  Sole  inseme  cun  la  luna 

Prendan  pietà  sentendo  lamentarme, 

E  tutte  le  aspre  fìere  ad  una  ad  una. 
Sol  questa  alma  crudel  di  lacerarme 

Mai  non  si  pente,  e  ognhor  si  fa  più  dura: 


'  È  fama  che  Didone,  figliuola  di  Belo,  re  di  Tiro,  s'  uccidesse  per 
amor  di  Enea,  dal  quale  si  vide  abbandonata. 

'  Filli,  figlia  di  Licurgo,  re  di  Tracia,  impaziente  perchè  non  giungeva 
il  suo  sposo  Demofoonte,  s' impiccò:  per  compassione  degli  dei  fu  cangiata  in 
mandorlo. 

'  n  ms.  vedendossix  sotto  la  prima  s  il  punctum  delens, 

*  n  ms.  Canio, 

*  Favoleggiano  i  poeti  di  Narciso,  che  stanco  un  giorno  per  la  fatica 
della  caccia,  si  ritirò  in  una  valletta  fresca  ed  amena:  chinatosi  per  bere  a  un 
chiaro  e  limpido  fonte,  e  vedutavi  riflessa  la  propria  imagine,  che  egli  stimò 
essere  quella  di  una  ninfa  del  fonte,  tanto  di  lei  s'  accese,  che  di  sé  medesimo 
■cordatosi,  dopo  lunghi  lamenti  ivi  morì. 

*  Il  ms.  prèuerso',  sotto  re  i  due  punti,  come  segni  di  espunzione. 


374  vixroKio  finzí, 

Per  più  mio  male  amor  gli  ha  date  1'  arme, 
[e.  i6v]     Dhc  comme  pote  mai  coprir  natura 

Sotto  sì  bella  uista  im  cor  si  crudo 
Una  che  sol  di  sé,  d'  altri  non  cura, 

Una  che  può  spezzare  ogne  dur  scudo 

Col  suo  fíer  sguardo  che  infiammar  pò  i  sassi, 
Per  cui  rimasto  son  coecato  e  nudo. 

Il  tempo  del  partir  propinguo  fassi, 

£1  tempo  che  cagion  fia  de  mia  morte, 
El  tempo  che  mi  tolle  il  senso,  e  i  passi. 

Pregho  più  presto  il  mio  dextrier  mi  porte 
A  ruinar,  che  mai  Fortuna  giocho 
Prenda  di  mia  spietata  e  iniqua  sorte, 
[e.  ijr]     Hor  resta  in  pace  auenturato  luocho. 
Nido  di  quella  dolce  alma  phenicc. 
Che  già  gran  tempo  mi  nutrica  in  faocho. 

Io  speraua  con  te  uiuer  felice: 

Non  uuole  il  Ciel  che  mi  contrasta  a  torto, 
E  contro  il  Ciel  contender  non  me  lice. 

L'  alma  ti  lascio,  e  il  corpo  a  pena  porto: 
Quella  te  aricommando  in  sin  eh'  io  torno, 
Se  io  potrò  pur  tornar  uiuo,  e  non  morto. 

Ch'  io  temo  questo  fia  1'  ultimo  giorno  : 
Perhò  mi  gioua  il  ragionar  cun  teco, 
Non  sperando  mai  più  qui  far  ritomo, 
[e.  17V]     Cussi  priuo  dil  spirto  e  al  tutto  coeco, 
lacrimando  mi  parto,  e  pur  uorrei 
Dirte  altre  cose  che  io  ho  formate  meco. 

Ma  r  aspra  pena,  e  i  mártir  grani  e  rei 
Mi  togliono  la  noce  e  la  parole, 
Né  posso  ben  narrarte  i  dolor  mei. 

Et  tu,  mia  Dina,  che  sei  in  terra  un  Sole, 
Potrai  tenir ^  le  lacrime  e  i  sospiri? 
Come  non  mostri  che  di  me  ti  dole? 

Sofferti  ho  già  per  te  tanti  martiri, 

E  se  ben  pensi  al  mio  longo  seruitio. 
Spero  che  a  usar  pietade  amor  te  tiri. 
[e.  iS**]     Non  refiuto  patire  ogni  supplitio. 

Pur  che  non  manchi  la  promessa  fede. 
La  fede  che  mi  tiene  in  tanto  exitio. 

Dhe  guarda  come  sta  suspenso  il  pede, 
Che  partir  non  si  sa  da  toa  presenza: 
Pártese  spesso  e  nel  partir  poi  rede. 

Ma  poi  che  destinata  é  la  partenza, 

Porgi  eme  almancho  quella  man  gentile. 
Che  sola  mi  può  dar  grata  licenza. 


'  H  ms.  tenire  :  sotto  la  seconda  e  il  punctum  delens. 


LE  RIME  DI  UN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SBC.  XV.  375 

Fa  te  ricordi  del  tuo  Seruo  humile, 

Qaal  te  sola  ama,  e  di  te  penso  ognhora, 

Ben  che  egli  apresso  ti  sia  cosa  uile. 
[e.  i8v]     £  se  auien  che  da  te  lontano  io  mora 

Te  arìcommando  il  cuor  che  teco  resta, 

Il  cuor  che  del  mio  pecto  hai  tracto  fuora. 
Ecco  che  V  hora  già  tarda  me  infesta: 

Adio  ti  lasso,  adio  remante  in  pace: 

Cussi  vuol  mia  fortuna  aspra  e  molesta. 
Oltra  1'  usato  drento  arde  la  face: 

Già  consumato  è  ciaschun  neruo  et  osso. 

Donna,  se  per  dolor  la  lingua  tace, 
El  cuor  te  dira  quel  che  io  dir  non  posso 

[e.  içr]  Sonetto, 

Restate  in  pace  adio  ferma  speranza 

Dil  seruo  e  non  ti  scordi  che  già  tanto 

Pianse  ei  per  te  qual  hora  in  magior  pianto 

Si  troua  quanto  più  fuggie  tua  istanza. 
E  tutto  il  pocho  tempo  che  gli  auanza 

Certo  sotto  contrario,  e  lieto  manto 

Priuo  di  feste,  giochi,  risi  e  canto 

Propone  al  fin  guidar  cnn  tale  usanza: 
O  dio  che  nuoua  legge  amore  ha  facta 

Che  1'  homo,  quanto  più  ^  longe  dal  focho 

Si  troua,  tanto  più  fra  quel  se  inuolue. 
Donque  se  1'  alma  fuor  del  corpo  tracta 
[e.  19V]  Debba  sentir  de  amor  più  fiero  il  giocho, 

Che  non  dissolui,  amor,  suo  corpo  in  polue? 

Sonetto, 

O  candido  hermelin,  pura  colomba, 

Exemplo  de  natura  e  degli  dei, 

Donna,  che  piacere  hai  de  i  dolor  mei. 

Per  darmi  presto  alla  tartarea  tomba. 
Già  mai  non  cessaro  de  esserti  tromba 

A  darti  lode  quanto  degna  sei, 

Ben  che  gli  tuoi  costumi  accerbi  e  rei 

Frauden  la  fanmia  tua  che  si  ribomba. 
Perho  se  ornata  sei  di  tal  bellezza 
[e.  20  r]  Dhe  non  uoler  che  un  puocho  de  ira  e  sdegno 

Corrumpan  gli  ampli  ben  eh  ai  da  natura. 
Non  si  conuene  a  te  tanta  dureza 

Che  nata  sei  sopra  il  celeste  regno, 

Ma  debbi  amar  chi  te  ama,  e  di  te  cura. 


*  Il  ms.  guanto  è  fiù:  sotto  è  il  punctum  deUns, 


376  VITTORIO  PINZI, 

De  eodem  discessu  \in  rosso\. 

Quae  fera  sic  nostros  dispensât  parcha  labores 

Quç  Fortuna  meum  dira  rotauit  opus. 
Omine  quo  natus?  quo  sunt  mea  fata  sub  axe? 

Quç  datar  haec  ceptis  tam  uaga  moeta  meis? 
Nunc  ubi  sunt  menses:  ubi  sunt  nunc  tempus  et  anni, 

En  ubi  sunt  nullo  nunc  sine  fine  dies? 
[e.  20 v]     Est  ubi  continuo  demissus  gutture  planctus, 

Est  ubi  nunc  tanta  sub  face  noster  amor. 
Retia  quid  prodest  fabas  spanasse  per  auras 

(Collige  sic  nulla  est  preda  trahenda*  miser) 
Postquam  dicit  Amor,  postqnam  mea  uisccra  lassus 

Deseror:  arbustis  dilanianda  dedi. 
Quid  mihi  sponte  iuuat  falsis  cecidisse  sub  armis, 

Me  postquam  lacerum  sic  lacerare  cupit, 
Me  lacerare  cupit  puer  et  sine  lumine  coechus 

Gaudet,  et  hic  nostris  improbus  usque  malis, 
Tantorum  infiçlix  iam  iam  suspiria  amantum 

Optatum  ciñeres  ante  habuere  suum. 
[e.  21  r]     Quisque  semel  missi  detondet  semina  fructus, 

Cuique  semel  messis  premia  donat  ager. 
Me  solum  sic  ridet  Amor,  me  concitat  et  me 

Deserit  ingratus,  me  fouet,  ipse  fugat: 
Sic  modo  longa  quatit  posita  tentigine  telum 

Signa:  modo  extemplo  prelia  tollit'  amor. 
Me  tamen  baec  fault  longo  sub  tempore  longa 

Spes  fuit  haec  nostris,  sic  medicina  malis. 
Nunc  spes  omnis  abit,  nunc  insanabile  vulnus 

Efücitur  quantum  est  haec  via  flenda  mihi. 
Haec  uia  mors  nobis,  haec  est  mihi  meta  dolorum, 

Heu  causa  haec  morbi  est,  haec  mihi  tetra  lues, 
[e.  2iv]     Hac  poterò  grati  contingere  carbasa  fluctus, 

Et  tandem  stygii'  castra  subire  Jouis, 
Hac  poterò  nigras  circum  uolitare  paludes, 

Hac  poterò  manes  jüngere  saepe  meos. 
En  ego  nocte  cocler  pergam  penetrare  fenestras 

Attollens  miris  ora  cruenta  modis. 
Sic  ego  quod  uiuus  cupiens  tentare  nequiui 

Saepe  licet  frustra  id  tangere  tunc  veniam, 
Tuque,  o  delidae,  pollens  mea  ulta  deorum 

Sic  suiFusa  mihi  tunc  placida  esse  uoles. 
Tunc  dabitur  cautum  disiuncto  conjuge  tempus 

Tunc  dabitur  nobis  quod  male  soepe  deest. 


^  Il  ms.  traenda, 
*  Il  ms.  tolit, 
'  Il  ms.  stinti. 


LE  RIME  DI  UN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SEC.  XV.  377 

[c.  22r]     Non  tarnen  ipsa  tuum  poteris  compiere  furorem 

Ctunque  tua  expandes  brachia  fummus  ero. 
Hcu  male  quam  strìctum  dispensant  tempora  tempus 

Lubrica  quam  vario  preterit  ora  gradu. 
Faustus  eram:  quondam  me  spes  modo  lubrica  alebat: 

Lubrica  me  fallit  spes»  ncque  faustus  ego 
lam  iam  sperabam  multos  post  ipse  labores 

Et  requiem  et  votis  muñera^  grata  mcis. 
Nunc  sperare  nihil  restât,  nisi  forte  medela 

Nos  curet  tandem  mors  truculenta  sua, 
Cui  nihil  in  nostris  obstat  (modo  leua)  feretris 

Acceleret  uasto  falce  minante  gradu. 
[e.  22  v]     Spiritus  Augusta  est,  miseros  haec  sterneret  artus 

Si  uellet,  miserum  reddere  sola  potest. 
Haec  mea  fessa  regit  splendenti  pectora  fronte 

Pectora  candenti  frigidiora  niue. 
Illius  heu  dulds  tantum  presenti  a  pascit 

Me  miserum  sine  qua  dicor  et  esse  nihil. 
Ergo  ne  suppremis'  poterunt  ferventia  flammis 

Hac  sine  iam  manco  uiscera  stare  pede. 
Non  poterunt:  cogor  pia  menia  linquere  cogor, 

Cogor  iam  mundi  linquere  seda  simul. 
Tollere  nec  prodcst  nostros  super  astra  precatus 

Quae  sunt  a  superis  hic  quoque  firma  mancnt, 
[e.  23  r]     Quae  statuunt  qui  cuneta  parant  ea  semper  ubique 

Seruantur  certo  certa  futura  die. 
Quare  si  coelum  est  precibus  graue  flectere  nostris 

Et  lacrimas  potius  fondere,  amica,  nocet, 
Ad  te  nunc  statui  pacatam  uertere  carmen, 

Et  breuibus  tandem  soluere  vincla  sonis! 
Dulcis  amica,  uale,  nostri  pia  pignoris  urna, 

Quam  penes  est  animç  pars  preciosa  meae. 
Da  mihi,  dina,  precor,  gracilem  tibi  tangere  leuam, 

Tam  seni  partem  leniet  illa  mali. 
Da  fronti  tremula,  ut  saltem  post  dicere  posbim, 

Basia,  longeuus  ecce  superstes  amor, 
[e.  23  v]     Ut  possim  siccus  medias  ululare  fauillas 

Inter:  s^ua  semel  mitis  amica  fuit. 

Sonetto, 

Io  uedo  hor  mai  che  spando  gli  mei  uersi 
Ad  una  ñera  nutricata  in  sassi, 
Ben  uedo  che  il  pensiero,  el  tempo  e  i  passi 
In  un  momento  senza  fructo  ho  persi. 


^  n  ros.  müa  :  ho  sciolto  1'  abbreviatura  nel  modo  sovra  indicato,  perché 
cosi  parvenu  esigesse  il  contesto. 

*  Il  ms.  tu  in  suppremis:  sotto  in  i  punti  di  espunzione. 


378  vrrroRio  finzi, 

Ma  ripensando  quanto  già  soffersi 

Per  amor  che  mei  preghi  ad  uno  ha  cassi: 
Dolente  torno  a  lui:  lui  crudo  fassi, 
Quanto  più  uede  i  mei  spirti  sommersL 

Già  crisi'  che  amor  fusse  cecho  e  foscho 
[e.  24  <*]  Fanciullo,  e  nudo,  come  se  dipinge 

Cum  1'  ale,  1'  aspra  face,  e  la  pharétra. 

Hor  certo  altri  diffecti  in  lui  cognosco 

(Se  forse  a  la  mia  noce  ei  non  se  infìnge) 
Che  gli  è  più  sordo  e  immobil  che  una  pietra. 

Sonetto, 

Io  me  ne  vo  se  resta  altro  da  dire. 

Augusta,  parla  mentre  io  son  presente, 

Che  mai  più  uederai  el  tuo  quercente: 

Questo  da  te  fìa  V  ultimo  partire. 
Vorrei  dinanti  a  te  poter  morire 

Per  far  le  uoglie  tue  liete  e  contente, 
[e.  24V]  Poi  che  la  tua  spietata  e  crudel  mente 

Mai  non  se  sazia  del  mio  gran  martire. 
Io  parlo,  e  1'  hora  passa,  e  '1  tempo  é  corto: 

Saciar  non  si  puon  gli  occhi  di  guardarte. 

O  fìer  distin  che  mi  fa  tanto  torto! 
Preghoti  almen  se  mai  per  nuntio  o  charte. 

Augusta,  udirai  dir:  quercente  è  morto, 

D'  un  sol  sospir  ti  piaccia  farmi  parte. 

Excusatio  ad  phoebum  de  uesana  Imprec<Uione  \in  ro5So\ 

Poplite  curuato,  candenti  ueste  recinctus, 

Aethernas  aras,  templa  tremenda  peto, 
[e.  25  r]     Colla  iacent  sponte  hac  torta  circumdata  zona: 

Do  iugulum  et  sacris  caetera  membra  deis. 
Ecce  mihi  dupplices  opus  est  modo  iungere  palmas, 

Et  pro  criminibus  praemia  ferre  meis. 
Vesano  magnos  contu  vexSure  penates 

Ausus,  et  ingrato  pandare  labra  sono 
Quid  nolui?  miserum  forti  uincere  cathena 

Me,  ut  possem  rupta  conpede  uaná  sequi. 
Quid  tantum  patrare  nefas  ^  promisit  amoris 

Me  nostri  lassum  debilis  interitus. 
Me  furor  insanus  diuorum  in  claustra  coegit 

Imiti  exanimem  tunc  blaterare  lyra. 


'  Crisi  =  credetti.  Nella  Storia  Aquüana  di  Boezio  di  Rainaldo  (Baccio 
di  Ranallo),  edita  dal  Muratori  nelle  Antiquifates  italicae  meda  aevi»  VI, 
col.  556,  n.  190,  si  legge:  „Io  mi  crisi  punirli  dellu  loro  peccato*'  (cfr.  Naa* 
nucci,  Analisi  critica  dei  verbi  italiani  investigati  nella  loro  primitiva  ari* 
ginct  Firenze,  Felice  Le  Mounier,  1843,  p.  544). 

'  U  ms.  nephas. 


LE  RIME  DI  UN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SEC  XV.  379 

[e.  25  v]     O  scelus,  o  nostri  tanta  haec  incuria  amoris 

Pagina  flagranti  sola  cremanda  &ce. 
Perfida  lingua  loqoax,  clausa  est  haec  aggere  bino 

Ausa  est  in  superos  soluere  uinda  tarnen. 
Ah  fiiror  ah  dhemens  ueneri  subiecta  Juuentus 

Semper  in  ezitium  libera  musa  meum. 
Non  haec  in  superos  dizerunt  nerba  gigantes, 

Vertere  sidéreos  cum  voluere  polos. 
Troius  Aeneas,  saeuis  tot  fluctibus  actus, 

Noluit  in  patrios  nerba  mouere  lares. 
£t  tu  flagranti  stimulo  modo  concita  lingua, 

Monisti  in  sacros  nerba  nefanda^  déos, 
[e.  261*]     Sed  rigidus  cogit  saeuis  amor  omnia  telis: 

Haec  faciunt  animi  uertere  saepe  modum. 
Vani  igitur  si  quid  nano  stat  Carmine,  phoebe. 

Non  credas  nostram  haec  concinuisse  lyram. 
Sum  lyra,  pulsat  amor,  plectro  mea  carmina  amoris 

Proueniunt,  uires  datque  rapitque  mihi. 
Hic  me  semianimem  torquet,  mihi  cjrnthius  adslt. 

Nam  me  iam  miserum  mors  uiolenta  trahit* 
lam  si  qua  est  pietas  mortalibus,  ultima  nobis 

Thura  ferant,  oculos  claudat  amica  manus. 
Sic  mea  membra  grani  seruentur  condita  saxo. 

Ut  sub  quo  uitam,  sic  quoque  fata  traham.' 

[e  26  v]     l^Soíío  la  seconda  miniatura,  a  suo  luogo  descritta, 

si  leggono  i  versi  seguenti]; 

Quisquis  ad  hos  uertis  tétricos  uestigia  montes 

Haec  lege  flebilibus  saxa  notata  modis. 
Hic  tegor  Augustae  Quercens  consumptus  amore, 

Fortunae  tumulus  conuenit  iste  meae. 
Si  sapis  exemplo  miseri  tu  cautus  amantis, 

Faemineos,  lector,  disce  cauere  dolos. 

[e.  27  r]  [/ineingrafo.'\ 

Adio  adio  già  poco  tempo  fa 

Ti  dissi,  o  signor  mio,  eh'  io  me  ne  vo, 

Volse  fortuna  eh'  io  restasse  pò. 

Per  reaccendere  la  fiamma  che  arso  me  ha, 
Hor  è  ragionta  1'  hora  che  mi  dà 

Si  gran  passion  che  lingua  dir  noi  può: 

Dunque,  dolce  signore,  io  me  ne  andrò. 

Tu  restarai  doue  anche  el  mio  cuor  sta. 
Quel  che  dicto  ¿,  non  bisogna  dir  più: 


^  n  ms.  nephanda, 
'  Il  ms.  trhait, 
'  Il  ms.  trhakam. 


38o  VITTORIO  FINZI, 

Ben  puoi  tu  hauer  compresa  la  mia  fé: 
Quercente  a  te  sera  qual  sempre  fu. 
E  se  fortuna  mai  doglia  mi  de, 
Io  gli!  perdono  che  la  seruitù 
Per  te  solo,  mio  ben,  graue  non  me  ¿. 

Appendice. 
Sonetti  di  Francesco  Quercente, 
Dal  codice  estense  X  *  34. 
[e.  70  v]  Z>.  Francisci  Quercentis  proth,  ad  uir^inem. 

Madre  del  patre  tuo:  figlia  del  figlio. 
Columba  amica,  e  sua  sposa  diletta 
Virgine  inanci  al  parto,  e  in  parto  eletta, 
E  dopo  il  parto,  immaculato  àglio. 

Tu  uedi  in  quante  angustie  in  qual  perìglio 
Sia  la  mia  frale,  e  picola  barchetta 
Ne  e  e  chi  in  porto  la  conduca  e  metta 
Ch  io  sum  nouo  nocchiere  d  arte  e  consiglio. 

Se  non  e  secco  in  te  Virgine  bella 
El  fonte  di  pietà  porgime  aita 
Soccorri  questa  perssa  Nauicella. 

Drezata  e  uolta  ho  la  mia  calamita 
À  te  uerace  e  matutina  stella 
Trami  a  terra  di  mar:  di  morte  a  ulta. 


Dal  codice  Parmense  HH.  IX.  201 
[adespoto  e  anepigrafô\* 

[e.  65  r]     Ch  io  sia  tuo  seruo  dona  io  so  chel  saj 
Stul  saj  che  tender  sempr'  nouj  lacj 
Tu  mardj,  tu  mi  strugi  tu  mi  giacj 
£poi  che  sia  il  so  tu  mocidraj. 

Se  pur  mocidj,  del  morir  che  haraj 

Che  quando  sero  I  polve,  I  fumo,  o  stracj 
Spesso  diraj  fra  te  eh"  n9  me  amazi  (sic) 
Hor  che  mi  tene  esi  tj  pëtiraj. 

Limpio  spietato  liusto  e  fiero  herod" 
Più  volte  si  trovo  dj  sangue  satio 
Ne  desser  crudo  sempr*  sylla  gode. 

E  tu  dona  crudel  che  n9  hai  ma  spatio 

Che  sempr".  tu  pur  crescj  e  pene  e  fraud" 
Gloria  non  e  far  di  mj  pregio  più  stratio. 
[Adespoto  e  anepigrafo^ 

[e.  65  v]     Quanto  pò  far  il  ciel  osar  natura 

Condo  che  pò  suplir  arte,  ne  ingegno 
Per  diuin  descendente  o  daltro  segno 
Meso  equa  più  I  nobil  creatura 


LE  RIME  DI  UN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SEC.  XV.  38 1 

Et  cnduta  in  questa  forma  para 

Di  costej  che  nel  cor  p  dona  tegno 

Laquai  rende  splendor  si  chiaro  edegno 

Che  vener  nO  che  altri  na  paura. 
Le  sue  belleze  pelegrine,  e  noue 

£  li  habitj  e  lomamenti,  eia  favella 

Fareber  arder  diana,  nO  eh'  iove. 
£  corno  il  sol  I  ciel  uencj  (sic)  ogni  stella 

Cussi  costej  quando  i  bel  occhi  move 

AdObra  ogni  altra  cosa  al  mOdo  bella. 


Sonetti  in  morte  di  Francesco  Quercente, 
Dal  cod.  estense  X  *  30 
[e.  44  v]     Pro  Reuerendissimo  protonotario  Francisco  Quer  centi, 

m 

Veggio  fuor  d'  una  querza  ombrosa  e  lieta  ^ 
Uscire  un  tener  ramo,  che  già  spande 
Le  fronde  insino  al  Cielo,  &  e  si  grande 
Che  moue  a  dir  di  se  ciascun  poeta. 

E  se  fortuna  vagabunda  e  inquieta 

Non  guasta  le  sue  dolce  e  belle  glande 

Vedrem  tornare  a  1  antiche  viuande 

Il  mondo,  e  in  Ciel  regnar  miglior  pianeta. 

Et  è  si  grata  a  phoebo  questa  pianta 
Che  più  non  cura  de  1  amato  aloro 
£  sol  a  l  ombra  sua  si  posa  e  canta. 

Perche  1  exalto,  reverisco,  e  honoro 
Ne  le  mie  rime  come  cosa  santa 
Che  in  lei  risorger  sento  una  età  d  oro. 

Dagli  Epitaß  del  Casio.' 

[e.  6v]  Per   Monsignor   Quercente 

So.  XV. 

Hor  hai  morte  crudel  ogni  contento 

Poi  che  del  buon  Quercente  porti  palma, 
La  Terra  il  corpo  cuopre,  &  il  Ciel  lalma 
Ove  si  gode  col  diuin  concento. 

Non  hai  del  suo  gran  nome  dramma  spento 
Che  su  nel  Ciel  ognhor  più  si  rimpalma, 


^  Il  predetto  sonetto  fa  parte  di  un  volume  miscellaneo,  contenente  fogli 
di  vario  formato  e  scritti  da  mani  diverse.     Il  cod.  è  del  scc.  XVI. 

'  Il  titolo  esatto  dell'  opera,  la  quale  manoscritta  conservasi  nella  biblio- 
teca municipale  di  Bologna,  è  il  seguente:  „Libro  |  intitolato  Cronica.  I  Oue 
si  tratta  di  |  EPITAPHII  —  |  di  Amore,  e  di  |  Virtute,  |  Composto  per  il 
Ma-|gnifico  Hieronimo  |  Casio  de  Medici  |  Caualiero  |  Laurea  |  to  |  £t  del  Fel- 
sineo Studio  I  Reformato- 1  re.  |  M.D.XXV."  —  U  primo  sonetto  del  Casio 
segue  immediatamente  altro  sonetto  „Per  il  Cardinale  de'  Rossi'f. 


382  VITTORIO  FINZI, 

Et  come  Vite  qui  fra  noi  si  incalma 
Che  già  patir  non  pò  da  te  tormento. 

Maggior  gloria  acquistar  già  non  ti  resta 
Spietata  Morte,  hor  dimmi  che  farai, 
Forsi  ti  coprirai  di  negra  uesta. 

Se  il  pentir  tuo  giouasse,  pentirai, 

Che  doppo  il  fatto  la  Conscientia  desta 
Gli  animi  pel  mal  far  a  pene,  e  guai. 

[e.  7  r]  Per  il  medemo 

So.  XVI. 

Inuida,  atroce,  &  implacabil  Morte 

Qual  impia  voglia,  o  quai  aspra  uendetta 
Te  ha  induto  ha  disserar  1  aspra  Saetta 
Contro  il  Quercente,  e  contro  alla  sua  corte. 

Natura,  Caso,  Fato,  Influsso,  e  Sorte, 
Superato  hai,  che  sempre  si  diletta 
Troncar  quella  radice,  oue  si  aspetta 
Chel  frutto  saglia  alle  Celesti  porte. 

Come  la  Querce  in  quella  Etade  antica 
Coi  frutti  suoi  cibaua  ogni  mortale, 
Cosi  questo  era  a  questa  etade  amica. 

Non  morto  restara,  anzi  immortale 
Fama  di  se  lassando  alma,  e  pudica 
E  sia  per  lopre  sue  coi  Santi  eguale. 

Per  il  medemo 

So.xvn. 

O  caro  albergo,  o  uago  Musiano^ 

Doue  già  il  mio  Signor  lieto  si  staua, 
Ameno  sito,  oue  egli  imaginaua 
Diuine  cose  oltra  al  saper  humano. 

Ombroso  Monte,  e  diletteuol  piano 

Oue  egli  a  spasso  pur  taluolta  andana, 
Beato  il  loco  oue  il  bel  pie  calcaua 
Che  mai  più  produra  suo  frutto  in  uano. 

Piangi  che  a  te  conuien  lagrime,  e  pianto, 
Poi  che  Morte  nha  tolto  il  tuo  Signore 
Che  seco  di  Uirtu  ne  porta  il  uanto. 

Pianga  con  teco  ogni  Virtuoso  core 

Che  hoggi  sepolto,  e  con  la  Cethra  il  canto 
Et  priuo  questa  Età  del  suo  splendore. 


*  \J  Kxcì?l\\  {Dizionario  corografico  deW  Italia,  V,  502 — 3)  scriTe:  „Mn- 
siano,  frazione  del  comune  di  Pianoro,  prova,  di  Bologna.  Questo  vllUggio 
è  abbastanza  bene  fabbricato  ;  la  sua  chiesa  parrocchiale  è  bella  e  grandiosa«  e 
vi  si  conserva  un  vaso  antichissimo  di  bianco  alabastro,  lavorato  con  lo  stOe 
della  primiera  e  migliore  scollura  greca.  Tale  vaso  venne  spacciato 
di  quelli  che  servirono  nelle  mense  delle  miracolose  nozze  di  Cana". 


LE  RIME  DI  UN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SBC  XV.  383 

[e.  yv]  Per  il  medemo 

So.  XVn  (sic). 

Non  più  indura  Misen  gli  animi  a  guerra 

Ecco  tornato  il  tempo  di  Ottauiano, 

Non  aprirà  sue  porte  hora  più  Giano 

Anzi  chiuse  staran  sopra  la  terra. 
Non  più  Vulcan  dalla  Fucina  sferra 

Gli  acuti  dardi  oltra  il  poter  humano, 

Ne  gli  aspri  Thoni  insieme  da  lontano 

Che  lun  con  laltro  a  morte  si  disserra. 
Mentre  si  sta  nel  Cielo,  e  più  non  sprona 

Le  fulgenti  sue  squadre  alla  pendice 

Di  sangue  auara,  anzi  pace  gli  dona. 
Poiché  alla  Querce  tronco  ha  la  radice 

Morte  crudel,  che  sol  la  sua  Corona 

Faceua  al  uincitor  nia  più  felice. 

Per  il  medemo 
Son.  IX  (sic). 

Non  ho  di  Morte  già  maggior  nimico 

Da  poi  che  a  ogni  mio  ben  dato  ha  di  piglio, 

E  a  lei  mi  uolgo  a  dimandar  consiglio. 

Hor  uedi  come  io  sto,  se  io  son  mendico. 
Io  taccio  il  mio  dolor,  tacendo  il  dico, 

Chel  cor  si  uede  in  lun,  e  laltro  ciglio, 

And  già  non  si  uede,  che  in  essiglio 

Morte  il  mando,  col  suo  signor  antico. 
Chi  ueder  uuole  in  terra  un  corpo  uiuo 

Senza  il  suo  cor,  lo  afflitto  Casio  miri. 

Poi  che  restato,  e,  del  Quercente  priuo. 
Di  pianto  gli  occhi,  e  il  petto  di  sospiri 

Colmo  ha  sempre  di  poi  chel  spirto  diuo 

Sali  con  Gioue  nelli  eccelsi  giri. 

Dalle  rime  di  Antonio  Tebaldeo 
(Modena,   1499).^ 
I. 
[e.  43  v]     Che  più  debbo  sperar  misero  e  lasso 
In  questa  vita  lubrica  e  fallace? 
Se  de  doppio  thesoro  e  doppia  pace 
Rimango  a  un  punto  sol  spogliato  e  casso. 
Manca  un  signor',  e  una  madonna,  e  al  basso 


>  Il  titolo  esatto  dell'  opera  è  il  seguente  :  „Opere  poetiche  di  Messer 
Antonio  Thebaldeo*'.  {In  fine)  \  Impresso  in  Modena  per  Dionysio  Bertocho  | 
ne  lanno  de  la  Rederoptione  humana  MccccLXXXXvnn  |  adi  13  di  Magio. 
Imperante  lo  sapientissimo  Hercule  |  duca  di  Ferrara,  Modena,  Regio.  — ;  in-4*. 

^  Nell'edizione  veneta  del  15 13  il  verso  suona:  „Ha vea  un  Signore,  e 
ima  madonna,  e  al  basso'*.     Le  due  edizioni  non  offrono  altre  varianti  note* 


384        ^'  FINZI,   LE  RIME  DI  UN  IGNOTO  UMANISTA  DEL  SEC  XV. 

L'  un  per  morte  crudel  sepolto  giace  : 

A  V  altra  il  mio  servir  già  piacque,  hor  spiace 

Onde  hormai  satio  ogni  speranza  lasso: 

Ben  mi  potea  aveder  del  danno  greue, 
Uedendo  vecchio  in  giouentù  quercente, 
E  conoscendo  che  ogni  dona  e  leue: 

D'  ambidui  passion  1'  alma  mia  sente, 
Ma  de  flavia  magior  doglia  riceue 
Che  abandonarme  lei:  non  lui  consente. 

n. 

Vanne  quercente  mio  lieto  e  felice 

Fuor  di  questa  miseria  a  1  altro  riuo: 
Ch  io  te  reputo  più  che  prima  uiuo, 
Non  morto,  come  il  vulgo  ignaro  dice: 

Non  mi  vo  contristar:  ch  el  non  me  lice, 
Che  se  in  terra  di  te  rimango  priao, 
Dinanti  a  quel  signor  superno  e  diuo 
Haro  r  alma  mia  sancta  a  me  fautrice: 

Era  un  caduco  ben  breue  e  mortale 

Quel  che  da  te  expectauo  in  questa  vita: 
Quel  che  hora  expecto  e  stabile  e  immortale: 

Sola  una  cosa  a  lacrymar  me  inuita 
Ch  io  non  te  vidi:  ne  potei  dir  vale 
Quando  il  tuo  spirto  fé  de  qui  partita. 

m. 

[e.  44 r]     Vorei  porger  conforto  al  tuo  dolore^ 

Ma  a  me  simile  officio  e  duro  e  forte: 

Bisogno  e  che  altri  il  Thebaldeo  conforte 

Che  non  men  tristo  e  il  mio  che  sia  il  tuo  core. 

Perso  hai  Sixto  un  fratello,  et  io  un  signore, 
Piangamo  adonque  insieme  nostra  sorte, 
E  se  credi  che  a  me  sua  cruda  morte 
Non  doglia  quanto  a  te,  tu  prendi  errore. 

Che  se  a  1'  antiche  historie  porrai  mente 
Trouerai  che  talhora  ha  tanto  amato 
Un  servo  il  suo  signor  quanto  un  parente: 

Ma  spier  che  il  dolor  nostro  sia  acquietato. 
Se  pensarem  che  glie  vino  quercente, 
E  che  morendo  qual  phenice  e  nato. 


voli.  Come  già  dissi  precedentemente,  il  Rossi  si  giovò  della  veneta  del  1500, 
che  non  mi  fu  dato  procurarmi.  In  quest'  ultima  edizione  il  4*^  verso  della 
i^  quartina  del  3^  sonetto  offre  la  lezione  „Che  non  me  tristo  e  il  mio  che  lia 
il  tuo  core'*,  lezione  evidentemente  erronea.  Emendo  tm  con  men,  come  hanno 
del  resto  le  due  stampe  da  me  prese  in  esame,  e  il  senso  ne  è  cosi  chiarito. 
^  Il  Rossi  dubita  che  il  predetto  sonetto  sia  del  Tebaldeo.  —  NelT  edi- 
zione veneta  (1500)  manca  il  i^  sonetto:  il  2*^  e  il  3*^  sono  segnati  coi  M*  CLXVIII 
e  CLXIX. 

Vittorio  Finzl 


Das  Uturgische  Drama  von  den  fünf  klagen  und  den 

fünf  thörichten  Jong&auen. 

(Sponsus.) 

Die  Erklärung  eines  liturgischen  Dramas  hat  vor  allem  auf 
den  Wortlaut  des  biblischen  Textes  zurückzugehen,  dessen  In- 
szenierung es  ist.  £ine  genaue  Vergleichung  von  Bibeltext  und 
Drama  ist  die  Grundlage  der  richtigen  Erkenntnis.  Das  Drama 
setzt  den  biblischen  Bericht  in  Aktion. 

So  wenig  diese  Wahrheit  neu  ist,  so  wenig  scheint  sie  bislang 
bei  der  Interpretation  des  ehrwürdigen  Sponsus  beachtet  worden 
zu  sein. 

Ohne  die  bisherigen  Deutungsversuche,  die  zum  Teil  sehr 
gewaltsam  und  sehr  voraussetzungslos  mit  der  Ueberlieferung  um- 
gehen, auf  ihre  Stichhaltigkeit  im  Einzelnen  zu  prüfen,  teile  ich 
hier  mit,  was  sich  mir  zwanglos  aus  den  Thatsachen  ergiebt.  Statt 
den  alten  Text  zu  schulmeistern,  suche  ich  von  ihm  zu  lernen, 
von  der  Ueberzeugung  erfüllt,  dafs  derjenige,  der  ihn  im  XII.  Jahr- 
hundert, leider  flüchtig,  niederschrieb,  etwas  vor  uns  allen  voraus 
hatte:  die  lebendige  Anschauung  des  liturgischen  Dramas. 

I. 

Die  Gegenüberstellung  des  Evangeliums  (Matth.  25,  i — 12) 
und  des  Dramas  zeigt  zur  Evidenz,  dafs  die  a chtund vierzig 
lateinischen  Verse  für  sich  allein  das  lückenlose  litur- 
gische Stück  bilden.  Wie  üblich,  geben  diese  lateinischen 
Verse  die  erweiterte  Umschreibung  der  dialogischen  Partien  des 
heiligen  Textes,  während  die  erzählenden  Teile  des  Evan- 
geliums die  Grundlage  der  Inszenierung  bilden  und  ge- 
radezu als  die  Didaskalien  des  Dramas  betrachtet  werden 
müssen.  Das  vom  Evangelium  blofs  Erzählte  wird  gespielt 
(pantomimisch);  das  darin  Gesprochene  wird  in  der  Paraphrase 
der  Verse  gesungen. 

Das  Evangelium  ist  nicht  das  Textbuch,  wohl  aber  das  Regie- 
buch des  liturgischen  Dramas. 

Darnach  hat  der  Sponsus  folgendes  Aussehen: 

1.  Tunc  erit  simile  regnum  cœlorum  éUcem  virgifUbus,  quœ  sumptis 
lampadibus  suis  exierunt  in  occur  sum  Spensi, 

2.  Quinqué  autem  ex  eis  er  ant  prudentes  et  quinqué  faiuee, 
Zeiuchr.  t  rom.  Phil.  XXIL  25 


386  H.  MORF, 

3.  QucB  erant  fatua,   sumptis  lampadihus  suis,   non   ceperant   oleum 
secum  : 

4.  Prudentes  vero  ceperant  oleum  in  vasis   suis  una  cum  suis  lam- 
padibus. 

5.  Morante  autem  Sponso,  nictarunt  omnes  ac  dormierunt, 

6.  Media  vero  nocte  clamor  ortus  est  dicentium: 

Ecce  Sponsus  venit,  exite  Adcst  Sponsus,  qui  est  Christus,  vigilate 

in  occur  sum  eius!  virgines! 

Pro    adventu    cuius    gaudent   et   gaudebunt 

homines. 
Venit  enim  liberare  gentium  origines, 
Quas  per  primam   sibi  matrem  subiaganmt 

daemones. 
5  Hie  est  Adam,  qui  secundus  per  prophetam 

dicitnr. 
Per  quern  scelus  primi  Adae  a  nobis  dilaitor. 
Hie  pependit  ut  cœlesti  patriae  nos  redderet, 
Ac  de  parte  inimici  Hberos  nos  traheret. 
Venit  Sponsus  qui  nostrorum  scelerum  pia- 

cula 
10  Morte  lavit  atque  cruds  sustulit  patibola. 

7.  Tunc  surrexerunt  omnes  ilia  virgines  et  adornarunt  lampades  suas» 

Fatuse: 

8.  Fatua  vero  prüden-        Nos  virgines  quae  ad  vos  venimus, 
tibus  dixerunt:  Date  nobis  ex        Ut  ad  illas  quibus  nos  credimus, 
oleo    vestro ,    quia    lampades         (Ad)  vos  orare,  sórores,  cupimus: 
nostra  extinguuntur,  Negl  igen  ter  oleum  fudimus.^ 

15  Nos  comités  huius  itineris 
Et  sórores  eiusdem  generis, 
Quamvis  male  contigit  miseris 
Potestis  nos  reddere  superis. 

Partimini  lumen  lampadibus! 
20  Pise  sitis  insipientibus  ! 

Pulsae  ne  nos  simus  a  foribus. 
Cum  vos  Sponsus  vocet  in  sedibus. 

9.  Responder unt  autem  Prudentes: 
prudentes   illa  dicentes:    Ne-        Nos  precari,  precamur,  amplius 
guaguam,     ne    nos    sufficiat         Desinitc,  sórores,  ocius! 

nobis  et  vobis.     Ite  vero  pò-  25  Vobis  enim  nil  erit  melius 

tìus  ad  iltos  gui  vendunt  et        Dare  preces  pro  hoc  ulterius. 

ipsa  vobis  e  mit  e!  a  ^  •*  •*        1    •* 

^  At  Ite  nunc,  ite  celenter, 

Ac  vendentes  rogate  dulciter, 

Ut  oleum  vcstris  lampadibus 

30  Dent  equidem  vobis  inertibus. 

^  Die  Verse  12,  13  und  14  bietet  die  Hs.  in  der  Reihenfolge:  14,  13,  12. 


VON  D.  FÜNF  KLUGEN  U.  D.  FÖNF  TUÖRICHTBN  JUN6FRAU£N.      387 

10.  Cum  autem  abirent  emptum, 

[Fatue:] 
A,  misene,  nos  hic  quid  ácimos? 
Vigilare  numqnid  potuimiis? 
Hanc  laborem  quem  nunc  perferimus 
Nobis  nosmet  [ipse]  contulimus! 

35  At  det  nobis  mercator  ocius 
Quas  habeat  merces,  quas  socius. 
Oleum  nunc  quserere  venimus, 
Negligente!  quod  nosmet  fndimus. 

A,  miseree,  nos  ad  quid  venimus? 
40  Nil  est  enim  illud  quod  querimus! 
Patatum  est  et  nos  vldebimus: 
Ad  nuptias  nunquam  intrabimus! 
(Modo  veniat  Sponsus.) 
venit  Spofisus  et  qua  parata  erant  introierunt  cum  eo  ad  nuptias  et 
clausum  est  ostium, 

11,  Postea  vero  veniunt  et  reliqua  virgines 

dicentes:    Domine,    domine,  Audi,  Sponsus,  voces  plangentium! 

aperi    nobis!  Aperìre  fac  nobis  ostium! 

45  Cum  sociis  ad  dulce  prandium 
Nostrse  culpse  praebe  remedium. 
(Modo  veniat  Sponsus.) 

12.  Ipse  vero  respondens  Christus: 

ait:    Amen    dico    vobis,    non        Amen  dico,  vos  ignosco,  nam  caretis  lumine. 
novi  vos.  Quod    qui  perdunt,   procul   pergunt,   huius 

aulse  limine. 
(Modo  aodpiant  eas  daemones  et  prse- 
cipitentur  in  infemum.) 

In  dieser  Form  zeigt  das  Drama  gegenüber  dem  Wortlaut  der 
Bibel  eine  Abweichung  und  eine  Erweiterung. 

Die  Erweiterung  besteht  in  der  Darstellung  des  Ganges  zu 
den  Händlern.  Das  Evangelium  sagt  nichts  über  den  Erfolg  dieses 
Ganges,  sondern  konstatiert  ihn  blofs  mit  zwei  Worten:  abierunt 
emptum.  Das  Drama  zeigt,  seiner  Aufgabe  zu  veranschaulichen  ge- 
mäfs,  zwei  Händler,  die  indessen  nicht  sprechen,  sondern  augen- 
scheinlich mit  Geberden  die  Jungfrauen  abweisen.  Es  liegt  in 
dem  abierunt  emptum  der  Keim  einer  eigentlichen  Szene.  Derselbe 
hat  bereits  zu  wachsen  begonnen.  Doch  hat  er  die  Hülle  des 
liturgischen  Textes  noch  nicht  gänzlich  gesprengt,  indem  von  den 
beiden  spielenden  Parteien  {Faiuœ  und  Mercaiores)  nur  die  liturgisch 
legitimierte  spricht:  die  in  dem  emphttn  verborgenen  Mercatoret 
sind  zwar  sichtbar  geworden,  aber  noch  nicht  aus  ihrem  biblischen 
Schweigen  herausgetreten. 

Die  Abweichung  bezieht  sich  auf  Vers  3 — 5  des  Evange- 
liums,  denen    zufolge   die  Thörichten  Od  mitzunehmen  veigessen 

as* 


388  H.  MORF, 

haben.  Im  Drama  haben  sie  ihr  Oel  vielmehr  nachlässig  ver- 
schüttet (Vers  14;  38).  Und  dies  ist  augenscheinlich  während  des 
Schlafes  geschehen,  den  sie  sich  selbst  zum  Vorwurf  machen  (32). 

Der  Schlaf  der  Fatuœ  wird  in  den  Worten  des  Dramas  so 
nachdrücklich  als  das  Zeichen  ihrer  Nachlässigkeit  und  die  Ur- 
sache ihres  Mifsgeschicks  hervorgehoben,  dafs  man  sich  die  /Vii- 
denies  im  Gegensatz  dazu  als  die  Wachenden  vorzustellen  veran- 
lafst  sieht.  £s  ist  damit  ein  grundlegender  Kontrast  in  das  Spiel 
hineingetragen,  den  das  Gleichnis  des  Evangeliums  nicht  kennt 
(riiciarunt  omnes  ac  dormieruni\  den  der  heilige  Text  aber  mit  ver- 
anlafst  hat,  indem  er  die  Lehre  des  Gleichnisses  (Vers  13)  in  die 
Worte  fafst:  Vigilate  i  taque  quia  ñeque  ilium  diem  ñeque  ilìam  horam 
scitis  qua  Filius  hominis  veniet.  In  der  Aufführung  mochte  sich  die 
Sache  so  gestalten,  dafs  die  Prudentes  beim  Rufe:  Adesi  Sponsus  .  .  . 
vigilate  virginesl  erwachten  und  sich  rüsteten,  während  die  Fatuœ 
sorglos  weiter  schliefen  bis  zum  Schlufs  des  Gesanges. 

Demnach  wird  das  Spiel  etwa  so  verlaufen  sein:  Die  zehn 
Jungfrauen  treten  mit  ihren  Lampen  und  Oelkrügen  auf  und  setzen 
sich,  fünf  zur  Rechten,  fünf  zur  Linken,  im  Chor.  Sie  entschlafen 
alle.  Dann  hebt  der  Gesang  Adest  Sponsus  (i  — 10)  an.  Bei  den 
ersten  Worten  erwachen  die  Klugen  und  bereiten  ihre  Lampen. 
Die  Thörichten  schlafen  weiter  und  aus  ihren  Krügen  ñiefst  das 
Oel.  Endlich  schrecken  auch  sie  auf  und  wollen,  wie  die  Weisen, 
ihre  Lampen  bereit  machen.  Da  fehlt  ihnen  das  Oel.  Sie  nähern 
sich  hierauf  im  Bittgesang  den  Klugen  (11 — 22).  Diese  weisen 
sie  ab  und  zu  den  Händlern  (23 — 30).  Die  Thörichten  jammern 
über  ihr  Mifsgeschick  (31 — 34),  nehmen  den  Weg  zu  den  zwei 
seitab  postierten  Händlern  (35 — 38),  wo  sie  aber  ebenfalls  abge- 
wiesen werden,  was  sie  zu  neuen  Klagen  veranlafst  (39 — 42). 
Während  ihrer  Abwesenheit  erscheint  der  Sponsus  und  führt  die 
Klugen  mit  sich,  etwa  in  die  Sakristei,  deren  Thür  sich  schliefst 
Die  Thörichten  kehren  zurück  und  klopfen  bittend  an  (43 — 46). 
Der  Sponsus  erscheint  von  Neuem  unter  der  Thür  und  weist  sie 
zurück  (47  f.).t 

II. 

Zum  lateinischen  Text  des  liturgischen  Dramas  gesellt  sich 
mit  der  Zeit  der  romanische.^ 

Er  hat  den  Charakter  und  Zweck  einer  Glosse  (/arcime9t)\  er 
soll  dem  Laien  den  Sinn  des  lateinischen  Spiels  verdeutlichen. 

Diese  romanische  (ilosse  bedient  sich  dreier  Formen: 

1.  Sie  formuliert  das  Redethema  in  Kehrreime; 

2.  Sie  fügt  zur  lateinischen  Rede    die   freie  lehrhafte  Ueber- 
setzung; 

^  Dafs  die  Teufel  erscheinen  und  sie  fortschleppen  ist  dem  altem  litnr* 
{{ischen  Drama  fremd. 

'  Ich  verweise  im  Folgenden  auf  den  freilich  ungeschickten  Abdruck  in 
Bartsch -Horning's  Chrestomathie  als  den  verbreitetsten  (B.-H.) 


VON  D.  FÜNF  KLUGEN  ü.  D.  FÖNF  THÖRICHTEN  JUNGFRAUEN.   389 

3.  Sie  erweitert  das  Spiel   und  veranschaulicht  es  über  den 
Rahmen  der  Liturgie  hinaus. 

Unser  Drama  zeigt  in  der  Niederschrift  des  Xu.  Jahrhunderts 
alle  drei  Formen. 

1.  Der  Refrain,  die  älteste  Art  der  vulgären  dramatischen 
Glosse,  ist  im  Sponsus  fur  das  strophische  Mittel-  und  Hauptstück, 
die  Worte  der  Jungfrauen,  durchgeführt:  DoieniaSy  chaitroas!  Trop 
i  avet  {avem)  dormii!  Durch  diese  resümierende  Wendung  wird 
nachdrücklich  bezeugt,  dafs  die  Fatuœ  mehr  geschlafen  haben  als 
die  Prudentes  und  dafs  das  Drama  darin  ihre  Schuld  und  ihr 
Unglück  sieht.  Die  Geschichte  des  liturgischen  Dramas  erlaubt 
uns,  anzunehmen,  dafs  es  zunächst  bei  dieser  bescheidenen  Roma- 
nisierung  sein  Bewenden  hatte. 

2.  Dann  wurde  die  Verdeutlichung  der  noch  unkommentierten 
Teile,  des  Anfangs-  und  des  Schlufsgesanges,  in  Form  einer  freien 
romanischen  Wiedergabe  unternommen  und  den  lateinischen  Versen 
angehängt.!  Im  Versmafs  schliefsen  sich  die  beiden  Uebersetzungs- 
stûcke  den  strophischen  Teilen  (Couplets)  des  lateinischen  Dramas 
an.  Die  Musik  ist  in  der  Handschrift  für  das  Schlufsstûck  leider 
nicht  notiert,  wohl  aber  für  die  Couplets  des  romanischen  Anfangs- 
gesanges. Sie  haben  eine  von  den  folgenden  lateinischen  Strophen 
verschiedene  Melodie.  Die  Uebersetzung  ist  also  musikalisch 
selbständig  (cf.  ZfrPh,  XI,  470).  —  Für  den  Geist  der  freien  roma- 
nischen Umschreibung  der  liturgischen  Gesänge  ist  besonders  die 
Schlufsrede  des  Sponsus  bezeichnend,  die  so  viel  rauher  und  drasti- 
scher ist  als  der  lateinische  Wortlaut:  erst  die  Vulgärsprache  fuhrt 
Hölle  und  Teufel  ins  liturgische  Drama  ein. 

3.  £s  Hegt  in  der  Natur  der  Sache,  dafs  die  romanische 
Glossierung  sich  endlich  jenes  dramatischen  Keims  bemächtigte, 
der  im  Geberdenspiel  der  Mercatores  lag.  Es  wurde  die  ab- 
weisende Haltung  der  Händler  in  die  Worte  zweier  romanischer 
Strophen  gefafst  (B.-H.  Spalte  16).  Schon  dadurch,  dafs  die  Me- 
lodie dieser  Strophen  nur  eine  Wiederholung  der  vorangehenden 
lateinischen  (23 — 30)  ist,  erweist  sich  die  Rede  der  Händler  als 
ein  jüngerer  Zusatz. 

Aus  diesem  sekundären  romanischen  Kern  konnte  sich  offen- 
bar mit  der  Zeit  eine  vollständig  romanische  Szene  zwischen  den 
Fatuœ  und  den  Mercatores  entwickeln,  die  dann  auch  die  Roma- 
nisierung  des  Dialogs  der  Fatuœ  und  der  Prudentes  mit  sich  brachte. 
Von  dieser  weitem  Entwickelung  ist  uns  nur  ein  Fragment  von 
drei  Versen  aus  der  Rede  der  Prudentes  (B.-H.  15,  36ffl)  erhalten. 
Dasselbe  liegt  ungeschlacht,  wie  ein  erratischer  Block,  in  dem  sonst 
so  ungestörten  Flufs  der  dramatischen  Rede.     Sei  es   dafs  der  ur- 


^  Da  der  Uebersetzer  den  Engel  Gabriel  —  den  Engel  der  Verkün- 
digung —  das  sprechen  läfst,  was  das  Evangelium  als  clamor  ...  dicenHum 
bezeichnet,  so  legte  er  wohl  die  Worte:  Adest  Sponsus  etc.  nicht  einem  Chor, 

sondern  diesem  Engel  in  den  Mund. 


390  H.  MORF, 

sprüngliche  Uebcrsetzer  seine  Arbeit  überhaupt  nur  eben  begonnen 
hat,  sei  es  dafs  die  Ungunst  der  schriftlichen  Ueberlieferung  die 
vollendete  Arbeit  bis  auf  diese  Trümmer  zerstört  hat:  jedenfalls 
ist  von  einem  ungeschickten  Kopisten  hier  zwischen  die  lateinische 
Rede  der  Fatuœ  und  die  romanische  der  Mercatores  etwas  einge- 
fügt worden,  was  nicht  hierher  gehört. 

Ein  moderner  Herausgeber  des  Sponsus  wird  sich  zu  begnngen 
haben,  diese  Verse  einzuklammern.  Dadurch,  dafs  er  sie,  wie 
z.  B.  Cloetta  {Romania  XXII,  227),  umstellt  (zu  B.-H.  15,  21),  er- 
reicht er  zwar  eine  äufserliche,  glatte  Lesbarkeit,^  aber  er  stellt 
einen  Zustand  des  Textes  her,  der  nie  bestanden  hat  und  der 
sich  nicht  einmal  auf  die  Autorität  eines  Kopisten  des  XU.  Jahrb. 
berufen  kann.  — 

So  ist  der  Sponsus  entwickelungsgeschichtlich  von  besonderem 
Interesse:  er  zeigt  uns,  in  der  einzigen  Niederschrift,  die  wir  be- 
sitzen, die  drei  verschiedenen  Formen  der  Romanisierung  des  litur- 
gischen Dramas  über  einander  geschoben:  den  Refrain,  die 
Uebersetzung,   die  Erweiterung. 

m. 

Der  Sponsus  wird  von  allen  Erklärem  als  Weihnachtsdrama 
bezeichnet. 

Zunächst  mag  indessen  darauf  hingewiesen  werden ,  dafs  der 
Wortlaut  von  Matth.  25,  i — 12  keine  Beziehung  zum  Mysterium 
der  Inkarnation  hat,  sondern  eschatologischen  Inhalts  ist 

Als  Lectio  dienten  eschatologische  Texte  vorzüglich  am  Schlafs 
des  Kirchenjahrs.  Unter  den  Lutherischen  Perlkopen  erscheint 
Maiih.  25,  I — 12  am  27.  Sonntag  nach  Trinitatis,  d.  h.  am  letzten 
Sonntag  vor  der  Adventszeit.  In  der  römischen  Liturgie  aber  hat 
der  Text  nicht  eine  solche  bestimmte  Stelle.  Er  gehört  zu  den 
in  communi  virginum  benutzten  Bibelabschnitten  und  wird  also  nach 
Wahl  in  die  gottesdienstliche  Feier  verschiedener  jungfräulicher 
Heiligen  (/«  natali  virginum)  eingefügt.  So  hat  Matth,  25,  l  — 12 
keinerlei  liturgische  Beziehung  zum  Weihnachtsoffizium. 

Prüfen  wir  den  lateinischen  Text  unseres  Sponsus,  so  finden 
wir  allerdings  in  den  einleitenden  Septenaren  einige  Ausdrücke, 
die  an  die  Weihnachtsfeier  gemahnen: 

Christus  .  .  .  Pro  ad  ven  tu    cuius  gaudent  et  gaudehunt  homines  .  .  . 
Hic  est  Adam,  qui  secundtis  per  prophetam  dicitur  .  .  . 

Aber  diese  doch  recht  vage  Beziehung  hält  nicht  Stand  ange- 
sichts des  Wortlautes  der  romanischen  Umschreibung:  die  Rede 
des  Engel  Gabriel  gipfelt  in  der  Erklärung:  E  resors  es! 

Es  heifst:  Venit  en  terra  — fo  net  — fo  batut  —  sus  eia 
crot  levet  ,  ,  ,  eu  monumen  pauset^  im  Tempus  der  Vergangenheit,  und 


^  Die  Symmetrie  des  im  Uebrigen   so  symmetrischen  Baues  des 
ist  nach  wie  vor  zerstört. 


VON  D.  FÜNF  KLUGEN  ü.  D.  FÜNF  THÖRICHTEN  JUNGFRAUEN.   39 1 

am  Schlufs:  E  resors  es!  im  Tempus  der  Gegenwart:  Christ  ist 
erstanden! 

Für  den  romanischen  Uebersetzer  ist  der  Sponsus  ein  Auf- 
erstehungsdrama. Das  Stück  ist  zur  Osterfeier  gezogen  worden, 
auch  wenn  es  ursprünglich  liturgisch  zu  einer  andern  Feier  gehört 
haben  sollte.* 

Das  Mysterium  der  Fleischwerdung  wird  nicht ,  wie  im  Pro- 
phetendrama, als  bevorstehend  verkündet,  sondern  als  vergangen 
berichtet.    Verkündet  wird  das  Mysterium  der  Auferstehung. 

Dazu  erwäge  man  nun  den  Zusammenhang  der  handschrift- 
lichen Ueberlieferung.  Es  gehen  dem  Sponsus  eine  Reihe  latei- 
nischer Tropen  voraus.  Die  meisten  haben  auf  das  Weihnachtsfest 
Bezug;  einer  (Senescente  mundano  filio)  ist  eschatologischen  Inhalts. 
Dann  folgt,  dem  Sponsus  unmittelbar  vorangehend: 

Hoc  est  de  mulieribus, 

1.  „¿73/   est  Christus  meus  dominus  et  filius  excel  sus?     Eamus 
•oidere  sepulcrum.^^ 

2.  ttQuem  quœritis  in  sepulcro^  0  christicolœ?^^ 

3.  \jjesum  Nazarmum  crucifixum^  0  caeiicolœ**^ 

4.  jiNon  est  hie;  surrexit^  sicut  prœdixerat,    ItCy  nuntiate  disci- 
pulis  eius  quia  prœcedit  vos  in  Galileam^ 

5.  ^^Vere  surrexit  dominus  de  sepukro,  cum  gloria.    Alleluia.^* 
Der   aus   den  Berichten   des  Matthseus-,   Marcus-  und  Lucas- 

evaugelium  zusammengefügte  Prosadialog  der  drei  Marien  und  der 
Engel,  die  das  leere  Grab  Jesu  bewachen,  ist  bekanntlich  die 
älteste,  in's  X.  Jahrhundert  zurückgehende  Form  der  dramatischen 
Osterfeier.2  Der  Kern  dieser  Grabesszene  hat  sich  dann  ent- 
wickelt, indem  weitere  Worte  und  Szenen  aus  den  Auferstehungs- 
texten angefügt  wurden,  so  der  Wettlauf  der  beiden  Apostel 
(Joh,  20)  und  die  Erscheinung  Christi  vor  Maria  Magdalena  (li^.) 
im  XII.  Jahrhundert. 

Eine  ähnliche  Erweiterung  des  alten  Osterspiels  durch  eine 
Erscheinungsszene  scheint  mir  im  Sponsus  vorzuliegen. 

Sein  romanischer  Wortlaut  sowie  seine  handschriftliche  Stellung 
als  Folge  der  alten  Grabesszene  geben  ihn  in  gleicher  Weise  als 
Osterfeier  zu  erkennen. 


*  Solche  Verschiebungen  kommen  vor:  so  ist  der  Adam  zur  Weihnachts- 
feier gezogen  und  mit  dem  Prophetendrama  verbunden  worden,  obschon  der 
Sündenfall  als  Lectio  dem  Sonn¿g  Septuagésima  zugewiesen  war. 

'  Der  Text  der  Handschrift  ist  einerseits  unvollständig ,  da  Satz  3  fehlt 
und  andrerseits  gegenüber  der  ursprünglichen  Form  durch  ättz  i  sowie  durch 
andere  dem  Ritual  entnommene  Worte  erweitert.  (Cf.  Lange,  Die  latnmscken 
Osterf eiern,  München  1887,  SS.  22.  31  fif.  und  die  zusammenfassende  Dar- 
steUung  Gröber's  im  Grundrifs  11  a  S.  423.) 

H.  MORF. 


VERMISCHTES. 


I.  Zur  Lltteratnrgeschichte. 

Nachtrag  zu  Ztschr.  XXI,  73 — loi. 

Zu  meinem  Aufsatz  über  Duodas  Handbuch  habe  ich  fol- 
gende Nachträge  zu  machen: 

S.  74  Anm.  I  Schlufs  ist  Bischof  von  Uzes  und  zu  streichen» 
cf.  Manuel  53,  4.  —  S.  82  Anm.  i  cf.  Ps.  138, 16.  —  S.  84  s.  Die 
Vision  ist  thatsächlich ,  wie  G.  Paris  vermutete,  den  Viiae  liitrum 
VI,  III,  16  (Migne  73,  ICI 3)  entnommen,  aber  erst  durch  Duoda 
mit  der  Parabel  vom  schlechten  Reichen  (Luc.  16)  verquickt  worden. 
—  S.  88.  Der  erste  Teil  des  Handbuchs  scheint  teilweise  dardi 
Alkuins  auch  Manuale  genannte  Confessio  fidei  inspiriert  zu  sein; 
speziell  fìnde  ich  dort  I,  10  (Migne  lOi,  1034)  die  Aeusserung  über 
die  zwei  Silben  und  vier  Buchstaben  von  deus  und  das  qui  dütiur 
deus  (Manuel  c.  V)  wieder,  desgleichen  I,  1 9  die  Bemerkung  über 
Gott  als  interior  und  exterior,  die  aus  Gregor,  Moralia  II,  16  stammt; 
das  superior  und  inferior  (Manuel  p.  69)  scheint  Zugabe  Duodas.  — 
S.  90.  Die  Synonyma  sind,  wie  G.  Paris,  Romania  XXVI,  326  nach- 
wies, das  bekannte  Werk  Isidors,  I,  7  (Migne  83,  82g).  —  S.  91. 
Das  Citat  Manuel  p.  45  entspricht  De  conflictu  vitiorum  ei  virtuium 
79:  O  quam  parva  est  concubitus  hora,  qua  perditur  vita  aeierna 
(Migne  83,  II 45).  Man  könnte  versucht  sein,  die  von  Duoda  be- 
liebten Anführungen  mit  Paulus  praedicator  egregias  (Manuel  p.  73), 
per  quendam  sapientem,  u.  s.  w.  auf  diesen  Traktat  zurückzuführen, 
wenn  sie  für  dessen  Verfasser  und  für  Ambrosius  Antpertus  cha- 
rakteristisch wären,  wie  die  Benediktiner  meinten;  sie  sind  aber 
auch  Gregor  geläufig,  cf.  Reg.  past,  II,  7.  U,  14.  III,  27.  —  Ibid. 
Das  Citat  Manuel  p.  161  =  Prov.  28,  27.  —  S.  92.  Zu  Duodas  Ge- 
danken über  das  in  qua  parte  ceciderit  {^IdLnxìaì  p.  172)  vgl.  Gregor, 
i1/örö//'ö  VIII,  15,  30.  XII,  4,  5.  —  Ibid.  Die  Ermahnung  Manuel 
p.  200  frequenter  debes  legere,  frequenter  orare  entstammt  Alkuin,  de 
virtutibus  et  vitiis  7.  —  S.  94.  Zur  Zahlensymbolik  ist  nachzutragen: 
die  fünf  klugen  fungfrauen;  6.  die  sechs  Welialier  und  die  sechs 
Krüge  von  Kana, 

Ph.  Aug.  Beckbr. 


H.  SCHUCHARDTy  ITAL.  FROGE.  393 

n.  Zur  Wortgescliiehte. 

I.    ltn,\,  /rogé. 

Meyer-Lûbke  übersieht  bei  seinen  Bemerkungen  Ztschr.  XXII,  2  f. 
dafs  ich  die  meinigen  Ztschr.  XXI,  200  f.,  wie  ausdrücklich  da  steht, 
nicht  gemacht  habe  um  eine  vor  langen  Jahren  in  zwei  Zeilen 
gegebene  Ableitung  zu  verteidigen,  sondern  nur  mich  selbst,  gegen 
einen  sowohl  absolut  wie  relativ  ungerechtfertigten  Vorwurf,  und 
ich  denke  dafs  auch  jetzt  noch  nicht  „fur  die  Kundigen  die  Gründe 
auf  der  Hand  liegen''  wegen  deren  ich  geziehen  werden  durfte 
„die  Grenzen  des  Erlaubten"  überschritten  zu  haben.  Ich  verzichte 
aber  auf  eine  Duplik,  da  Positives  dabei  nicht  herauskommt  Ich 
bemerke  nur  dafs  die  Frage  ob  caballus  ein  Lehnwort  ist,  als  offene 
betrachtet  werden  mufs,  und  dafs,  wenn  die  Vermutung  seines 
keltischen  Ursprungs  auch  einen  noch  so  geringen  Anhalt  hat 
—  die  Schwierigkeiten  welche  die  entsprechenden  keltischen  Wort- 
formen in  sich  schliefsen,  sind  bekannt  — ,  sie  immer  noch  gröfsem 
Anhalt  hat  als  die  Vermutung  seines  illyrischen  oder  venetischen 
Ursprungs,  da  hier  gar  keine  entsprechenden  Wörter  vorliegen. 

Femer  übersieht  Meyer-Lübke  dafs  meine  Bemerkungen  a.  a.  O. 
S.  204  f.  in  durchaus  keinem  Zusammenhang  mit  jener  kelto -roma- 
nischen Gleichung  stehen,  sondern  sich  gegen  die  Kritik  wenden 
die  er  im  Jahresbericht  an  einer  ganz  andern  Darlegung  von  mir 
(„Romano-magyarisches")  geübt  hatte,  und  zwar  —  ich  mufs  seinen 
letzten  Worten  (S.  4)  widersprechen  —  wenn  auch  vielleicht  nicht 
an  dem  „Erklärungsprinzip"  selbst,  so  jedenfalls  an  „dessen  sehr 
ausgiebiger  Anwendung**. 

In  Bezug  auf  froge  besteht  zwischen  Meyer-Lübke  und  mir 
keine  wesentliche  Meinungsverschiedenheit,  da  ich  auf  meiner  kel- 
tischen Etymologie  nicht  beharre  und  er  keine  andere  vorzubringen 
vveifs.  Wenn  wir  über  den  Umfang  des  Vorkommens  von  diesem 
Worte  und  über  die  Nuancen  seiner  Gestalt  und  Bedeutung  an 
den  verschiedenen  Orten  unterrichtet  wären,  so  würde  uns  wahr- 
scheinlich sein  Ursprung  klar  werden.  Es  ist  zu  bedauern  dafs 
wir  für  derlei  Dinge,  zu  deren  Feststellung  keine  besonders  ge- 
schulten Kräfte  nötig  wären,  kein  römisches  Auskunftsbüreau  haben: 
Heise  sich  nicht  Papantis  Idee  in  dem  Sinne  einer  festen  Einrichtung 
(wenn  auch  mit  weniger  zahlreichen  Beobachtungsstationen)  ausge- 
stalten? Inzwischen  erbarmt  sich  vielleicht  unsres  Wortes  und  unser 
selbst  ein  italienischer  Freund;  ich  will  hier  nur  aus  den  gedruckten 
Quellen  noch  Einiges  darüber  anführen.  Das  0  der  abruzzischen 
Form  froscia  (davon  fruscine,  „chi  ha  le  pinne  del  naso  aperte,  e, 
tuttavia,  voce  nasale**,  frusciuie,  „dalle  larghe  narici**,  „vigoroso**, 
„fojoso'*)  ist  nach  Finamore  und  Pansa  geschlossen,  wälurend  es 
in  der  romagnischen,  der  toskanischen  und  der  römischen  Form 
offen  ist.  Das  Wort  wird  aufserdem  bezeugt  für  Ancona:  sfroge  PI. 
(Toschi),  für  Rieti:  fr(fcia  {frqscia  nach  anderer  Schreibung)  mit 
den  Abll.  nf rocía,   „fiutar  tabacco**,   nfrociasse^  »^battersi  focda  a 


394  VERMISCHTES.     U.  ZUR  WORrGSSCHICHT& 

faccia",  sfrociaiuy  „dal  naso  rincagnato",  frocione^  „dalle  larghe 
froge",  frocinu^  „dalle  froge  strette",  „dalla  voce  nasale"  (Campa- 
nelli), für  Teramo:  frqscç^  auch  metaph.  „arditezza",  davon /r«- 
sciuiç,  „ardito",  „presuntuoso"  (Savini),  für  Agnone  (Prov.  Mo&se): 
fruscjeutôy  „chi  ha  le  froge  molto  aperte",  sfrusciuoUy  s/rusctaUf 
„sfrogiato,  chi  ha  larghe  le  froge  ed  un  po'  depresse",  „chi  riportò 
lacerazioni  o  contusioni  al  naso"  (Cremonese).  Für  Neapel  liegt 
(als  PL)  bei  d'  Ambra  nicht  blofs  forge,  sondern  auch  froce  vor; 
Galiani  sagt,  das  letztere  (oder  /rosee)  sei  gewöhnlicher  als  forge^ 
und  er  leitet  es  (irrigerweise)  von  nfrocere  ab;  anderseits  bieten 
Puoti  und  Andreoli  nur  forge^  ebenso  Nittoli  (Dialetti  irpini):  forge 
de  lu  naso  (vom  Menschen  und  vom  Pferd).  Von  diesem  weib- 
lichen S.  ist  ein  männliches  abgeleitet  zur  Bezeichnung  eines  Men- 
schen: Töm,  frgscio,  „Deutscher**  Belli  (1896)  I,  68.  io8.  11,62.^ 
Zu  den  beiden  letzten  Stellen  merkt  Morandi  an:  „uomo  con  le 
froge  grosse;  ma  si  applica  solo  a' settentrionali,  e  particolarmente 
ai  Tedeschi  e  agli  Austriaci**.  Auf  die  Deutschen,  insbesondere 
ihre  Hartnäckigkeit,  bezieht  sich  der  Ausdruck  wohl  auch  in  dieser 
Stelle  einer  römischen  Komödie:  „Io  so  peggio  de  li  frûct\  quanno 
me  so  messa  in  testa  na  cosa,  fo  arreto  te  e  muro**.  Doch  finde 
ich  in  einem  altem  römischen  Texte:  „alla  modsi  froscia^*  im  Sinne 
von  francese  und  ebendaselbst  Froscesco  für  Francesco,  D'  Ambra 
giebt:  froscio,  „straniero**,  „forestiere**,  „chi  non  parla  nel  dialetto^, 
welches  sich  an  frostier  o,  „forestiere**  anlehnt  Traina:  frociu^ 
„uomo  scimunito**,  „baggeo**:  „baccellone**,  „moccicone'*.  —  Es 
wäre  erwünscht  zu  wissen  ob  noch  heute  zu  Rom  f roseto  fur 
„Deutscher**  gang  und  gäbe  ist;  zu  Ende  der  sechziger  Jahre  schien 
mir  diese  Bezeichnung  schon  veraltet  zu  sein;  vierzig  Jahre  früher 
herrschte  sie  allgemein.  W.  Waiblinger  (f  1830)  sagt  in  seinem: 
„Die  Britten  in  Rom**  (S.  85  Reel.):  „Wer  armselig  gekleidet  geht, 
den  nennt  man  hier  zu  Lande  einen  Deutschen,  und  man  be- 
zeichnet uns  nur  mit  dem  vertrackten  , Frosch*  und  ,Trink*  es 
Wein!" 

2.    Astur,  caho'i 

Ascoli  sagt  Arch.  gl.  it.  XIII,  295  und  wiederholt  es  XIV,  336 
dafs  der  Schlüssel  zu  ital.  capar ano^  caporale  bisher  vergebens  ge- 
sucht worden  sei.  Ich  hatte  geglaubt  dafs  wie  sich  nach  corpo  : 
corpora^  tempo  :  tempora  u.  s.  w.  in  Mittel-  und  Sûditalien  capo  :  ca^ 
pora^  nerbo  :  ne  r  hora  ^  nodo  :  nodora,  ramo  :  r amor  a  u.  s.  w.  gebildet 
haben,  auch  caporale,  caporano,  nerbo  ruto  ^  nodoroso  noderoso,  ramoruio 
auf  der  Analogie  von  corporale^  corporutOy  temporale  u.  s.  w.  beruhen, 
und  dafs  diese  Ansicht  allgemein  angenommen  sei.  Wenigstens 
fìnde  ich  bei  Zambaldi  Voc.  etim.  ital.  (1889)  Sp.  236  £:  „Probab. 

^  Die  Ausgabe  von  1865  I,  366  hat  hier  tosti,  ebenfalls  als  „tedeschi** 
erklärt.  Umgekehrt  todesco,  „testardo'^  Belli'  I,  156.  In  einer  mundartlichen 
Dichtung  : 

£  tosti,  tosti  come  li  Todeschi, 


:-^ 


H.  SCHÜCHARDT,  ASTÜR.  CABO.  395 

da  un  pi.  pop.  capota  e  per  analogia  con  generale  è  formato  capo- 
rále.^^  Meyer -Lübke  Rom.  Formenl.  §  353  spricht  allerdings  nicht 
davon;  er  meint  dafs  ramoruio  vielleicht  ein  Neutrum  *ramus  ^ra' 
morís  erschliefsen  lasse.  Und  nun  führt  auch  Ascoli  caporano^ 
caporale  auf  einen  Singular  *cápor,  *cápore  zurück,  den  er  keines- 
wegs als  eine  späte  Rückbildung  aus  capora  betrachtet  (vgl.  sttóro, 
pugnar 0  Meyer-Lûbke  a.  o.  O.  §  38),  sondern  von  dem  er  fragt  ob 
es  nicht  aus  einem  andern  altitalischcn  Idiom  ins  Vulgärlatein  ein- 
gedrungen sei.  Dabei  hatte  er  anfanglich  sich  auf  ein  astur,  cavo, 
nicht  cavu  oder,  wie  XIII,  292  besser  geschrieben  ist,  cabo,  nicht 
cabu  bezogen.  Dieses  cabo,  dessen  Vereinzeltheit  auch  bei  Ascoli 
Befremden  erregt,  ist  mir  vom  ersten  Augenblick  an  verdächtig 
vorgekommen.  Zunächst  nicht  die  Wortform  selbst;  denn  Meyer- 
Lübke,  auf  dessen  Autorität  hin  Ascoli  sie  anführt,  äufsert  sich 
mit  zu  grofser  Bestimmtheit  darüber.  Nachdem  er  Rom.  Laut!.  §  308 
von  der  Scheidung  zwischen  -o  und  -«  im  Logudoroschen  und  Mittel- 
italienischen gesprochen  hat,  fährt  er  fort:  „Ebenso  im  Asturischen 
1 .  S^,  0,  N.  Plur.  oSf  komo^  kresiendo,  kuando^  sedo,  solo  aber  Sing.  «, 
Adj.  mask.  «,  Ntr.  0,  femer  cabo  :  ud,  ut  gesellt  sich  zu  0."  Und 
dieses  cabo  j  caput  verwendet  er  dann  bei  weiteren  Kombinationen 
(Rom.  Laut!.  §  643.  Rom.  Formenl.  §  9.  Ztschr.  XIX,  141).  Ich  ver- 
mag mir  gar  nicht  vorzustellen  wie  ein  aus  caput  hervorgegangenes 
cabo  der  Anziehungskraft  der  sämtlichen  andern  im  Asturischen 
auf  -tt  ausgehenden  Maskuline  bis  auf  den  heutigen  Tag  wider- 
standen hätte,  wenn  es  nicht  durch  die  begriffliche  Assoziation 
mit  irgend  einer  andern  Gruppe  von  Wörtern  auf  -0  gehalten 
wurde.  Und  zwar  treten  mir  zwei  Möglichkeiten  entgegen:  ent- 
weder cabo  ist  gar  nicht  das  Substantiv,  sondern  die  viel  häufigere 
Präposition,  oder  cabo  ist  ein  Castellanismus.  Um  darüber  ins 
Klare  zu  kommen,  nehme  ich  die  Quellen  vor  die  mir  zu  Gebote 
stehen.  Es  giebt  in  Asturien  Gebiete  welche  die  Unterscheidung 
von  '0  und  -u  überhaupt  nicht  kennen,  sondern  beide  entweder 
in  '0  oder  in  -u  zusammenfallen  lassen  (s.  Caveda  in  der  Oviedoer 
Gedichtsammlung  von  1 839  S.  39).  So  herrscht  in  der  Gegend 
von  Carreño  und  Gozon  nach  Caveda  a.  a.  O.  S.  (i)  -ö;  in  dem 
von  M  un  the  untersuchten  Teile  Westasturiens  -«.  Aber  nach  La- 
verdc  Ruiz  Ilustración  gallega  y  asturiana  vom  30.  April  1879 
Sp.  136*^  gerade  im  Westasturischen  überhaupt  -0;  „diferenciase, 
tanto  del  central  como  del  oriental,  en  conservar  la  o  castellana 
sin  reemplazarla  nunca  con  la  »."  Jedenfalls  teilen  sich  im  Mittel- 
as turisch  en  '0  und  'U  in  die  Herrschaft,  und  zwar  unterstehen  dem 
letztern  die  Substantive  und  männlichen  Adjektive,  wie  das  von 
Laverde  Ruiz  ebenda  und  von  Caveda  a.  a.  O.  S.  58  ausdrück- 
lich gesagt  wird.  Ich  habe  diese  Regel  aufs  Genaueste  befi 
gesehen  in  demjenigen  asturischen  Texte  welcher«  da  ihn  der  F 
L.  L.  Bonaparte    nicht  nur   herausgegeben,   ;    idem  i 

mitgearbeitet  hat,  in  derlei  Dingen  das  gröf      1 
nämlich   in    der   Uebersetzung   des  Matt! 


396  VERMISCHTES.    II.   ZUR  WORTGESCHICHTB. 

1861),  und  ich  glaube  mich  nun  auch  in  den  Punkten  darauf  ver- 
lassen zu  können  welche  jene  Regel  zunächst  noch  im  Dunkeln 
läfst.  Es  kann  nämlich  erstens  gefragt  werden:  wie  steht  es  mit 
dem  Partizip  des  Passivs  beim  Hûlfszeitwort?  Und  zweitens:  wie 
steht  es  mit  den  von  Substantiven  abgeleiteten  Adverbien?  Anf 
die  erste  Frage  ist  zu  erwidern  dafs  das  Partizip  bei  dem  in- 
transitiven Hûlfszeitwort  mit  dem  Subjekt  kongruiert,  ab^  bei 
dem  transitiven  mit  dem  Objekt  nicht  kongruiert,  wie  überhaupt 
im  Spanischen,  also  hier  immer  in  der  neutralen  Form  auftritt:  hi 
había  eniregáo  gegenüber  elli  está  entregan.  Auf  die  zweite  Frage 
läfst  sich ,  wegen  des  beschränkten  Materials,  nur  eine  etwas  weniger 
sichere  Antwort  geben.  Das  ursprüngliche  Substantiv  behält  wohl 
für  immer  sein  'U\  wie  wir  el  cabu  haben  {al  cahu  XI,  9.  XIII,  40. 
XXIII,  1 1  ;  fasta  7  cabu  XXVIII,  20),  so  auch  cabu^  „neben"  (V,  i. 
XIII,  4.  19.  XV,  10.  XVIII,  2).  Das  Adjektiv  (oder  Partizip)  kann 
auch  im  neutralen  Sinn  mit  dem  männlichen  Artikel  verbunden 
werden:  pel  prontu  (XIII,  20);  ohne  Artikel  tritt  es  in  neutraler 
Form  auf:  abaxo,  dafecho  {perda/echo)^  während  wir  z.  B.  in  dem 
span,  de  hecho  =  de  facto  geneigt  sein  werden  ein  substantiviertes 
Partizip  zu  erblicken  (welches  im  Asturischen  fechu  lautet).  Es  ist 
unleugbar  dafs  sich  in  diesem  asturischen  -(?  und  -»  ein  laut* 
lieber  Unterschied  des  Vulgärlateins  fortgesetzt  hat,  aber  ebenso 
unleugbar  dafs  die  Abgrenzung  in  der  er  heute  besteht,  durch 
begriffliche  Motive  bestimmt  ist.  Fructus,  manus  ergeben  frtäu^ 
mano,  weil  jenes  männlich,  dies  weiblich  geblieben  ist  Ge- 
legentlich der  asturischen  „Ausnahme"  cabo  hatte  Ascoli  an  die 
logudorosche  domo  erinnert,  und  dieser  auch  sero  angeschlossen. 
Beide  sind  weiblich,  und  man  könnte  das  -^  hierauf  gegründet 
sehen.  Aber  im  Logudoroschen  giebt  es  einerseits  Feminine  auf 
-«,  wie  at'scu,  figUy  manu,  anderseits  Maskuline  auf  -i>,  wie  coro,  oro, 
tesoro.  In  diesen,  wie  in  domo,  nimmt  Meyer-Lübke  Ztschr.  XIX,  14 1 
Einflufs  des  Inlauts  auf  den  Auslaut  an,  fragt  aber  wann  betontes 
-¿?-  ein  -0  statt  -u  nach  sich  ziehe.  Ich  vermute,  wenn  es  offen 
ist  (vielleicht  überoffen,  vor  r)  ;  dem  cqro,  „Herz",  qro,  „Gold",  tesoro 
stehen  cpru,  „Chor",  oru,  „Saum"  gegenüber.  Vorderhand  ¡st  eme 
Analogie  zwischen  dem  Sardischen  und  Asturischen  bezüglich  dieses 
Punktes  nicht  nachzuweisen.  Die  andern  asturischen  Texte  welche 
ich  einsehen  konnte,  stimmen  mit  dem  ßonaparteschen  im  Wesent- 
lichen überein;  wenn  sie  von  ihm  abweichen,  scheint  Nachlässig- 
keit zu  Grunde  zu  liegen,  die  ja  schon  an  und  für  sich  aus  den 
vielen  Doppelschreibungen  derselben  Worte  ersichtlich  ist  Manches 
freilich  wofür  das  Matthäusevangelium  überhaupt  nicht  angezogen 
werden  kann,  mag  noch  der  Entscheidung  harren.  So  ist  es  kaum 
als  Zufall  anzusehen  dafs  der  Name  der  Hauptstadt  fast  immer 
Uviedo  oder  Uviéo  geschrieben  wird  {Uvtedu  1839  S.  loi);  vielleicht 
liegen  hier  und  in  Personennamen  wie  Rodrigo,  Diego,  Berico  o.  s.  w. 
Castellanismen  vor.  Häufig  ist  die  Schreibung  oro,  der  man  wegen 
des  logud.  oro  Bedeutung  beimessen  könnte;  es  kommt  aber  auch 


H.  SCHUCK ARDT,   ITAL.  TOCCARE  U.S. W.  397 

oru  vor.  Ein  substantivisches  cabo  ist  mir  nicht  aufgestofsen  (al 
cabu  1839  S.  168,  cabu  ebd.  S.  276);  als  Präposition  wird  das  Wort 
allerdings  öfter  mit  -o  als  mit  -«  geschrieben  (letzteres  1839  S.  10 1; 
di  cabu  d*  ellos  ebd.  S.  1 11).  Demnach  darf  ich  wohl  fragen:  welche 
Zeugnisse  giebt  es  für  dies  asturische  Substantiv  cabo,  dem  man 
doch  eine  nicht  unwichtige  Rolle  zugeteilt  hat? 

3.    Ital.  toccare  u.  s.  w. 

Wie  Nigra  (Arch.  gl.  it.  XIV,  337),  so  widerstrebe  auch  ich 
dtr  Hcrleitung  dieses  Wortes  aus  dem  Deutschen.  Aber  vor  Allem 
deshalb  weil  sich  gar  nicht  absehen  läfst  wie  die  Romanen  für 
einen  derartigen  Begriff  einen  fremden  Ausdruck  entlehnt  haben 
sollten.  Nun  stellt  Nigra,  unter  Ascolis  Beistimmung,  *tudüare 
als  Grundwort  auf;  wenn  er  aber  meint  dafs  Niemand  vor  ihm 
daran  gedacht  habe,  so  täuscht  er  sich:  Boucherie  hat  in  der 
Revue  des  langues  romanes  V  (1874),  350 — 351  loucher  auf  "^ludi- 
care  zurückgeführt  und  dabei  auf  das  ludiculare  Varros  verwiesen. 
Ich  bin  damit  ganz  einverstanden  dafs  die  ursprüngliche  Bedeu- 
tung des  romanischen  Verbs  „klopfen",  „pochen"  ist;  diese  aber 
weist  mich  —  und  hat  schon  Andere  gewiesen  (so  Scheler)  — 
unmittelbar  auf  die  entsprechende  Interjektion,  wie  man  ja  auch 
für  das  deutsche  „pochen"  eine  onomatopoetische  Wurzel  ansetzt. 
Valentini  —  ich  mufs  ihn  anführen,  da  mich  die  italienisch-italie- 
nischen Wörterbücher  im  Stich  lassen  —  hat:  „/^f,  Iqcl  voce  imi- 
tativa, „poch,  poch"!:  A  pena  eramo  in  letto,  ed  ecco  un  furioso 
loc  toc  iocl  Voglio  ad  ogni  modo  sapere  che  cosa  voglia  da  me 
quella  donna:  ioc  toc  loc!  „ich  wollte  durchaus  wissen,  was  die  Frau 
von  mir  wolle,  daher  klopfte  ich  an  die  Thür".  Littré  giebt  für 
franz.  ioc  ioc  ganz  übereinstimmende  Beispiele;  Sachs  verzeichnet 
faire  ioc,  „anklopfen".  Und  damit  sollte  prov.  tocar  a  la  porta 
Nichts  zu  thun  haben?  Und  Nichts  franz.  le  comr  me  loque^  cette 
montre  ne  toque  plus  (Jaubert)?  Toquer  wird  als  Nebenform  von 
toucher  angegeben;  das  ist  richtig  insofern  als  dieses  die  Fort- 
bildung von  jenem  ist.  Rum.  ioca^  „hacken"  (Fleisch),  „schlagen" 
(das  Klopfbrett)  hat  man  als  Entlehnung  aus  dem  Italienischen  be- 
trachten wollen;  das  ist,  wenn  man  die  Verbreitung  dieses  Wortes 
und  seiner  Ableitungen  erwägt,  ganz  unzulässig.  Es  setzt,  wie  die 
andern  romanischen  Verben,  ein  vulgärlat.  ^toccare  fort,  oder  hat 
sich  selbständig  auf  derselben  interjektionellen  Grundlage  entwickelt; 
vgl.  rum.  täc^  „ticktack!",  täcäi^  „klopfen"  (vom  Herzen).  Man  wird 
gegen  diese  Deutung  von  toccare  u.  s.  w.  einwenden  dafs  ital.  tocca 
(3.  P.  S.)  geschlossenes  o  habe;  ich  kann  gegen  die  andere  Deu- 
tung einwenden  dafs  prov.  tqca  (heute  toco^  tocho)  offenes  0  hat, 
indem  ich  das  siz.  und  sard,  tocca  beiseite  lasse.  Wie  toquer  (und 
toucher)  zu  toc  toc,  so  steht  das  in  den  franz.  Mdd.  verbreitete 
taquer  (und  tâcher)  zu  tac  tac;  und  um  dieses  willen  kann  ich  auch 
das  von  Ascoli  für  taccare  angesetzte  *tagicare  nicht  annehmen  — 
zwischen  beiden  besteht  nur  Urverwandtschaft 


39^  VERMISCHTES.    II.  ZUR  W0RT6B5CHICBTK. 

4.   Bol.  cuslir  U.S.W.  \coc(h)learium. 

In  dem  -x/-  ¡  -cl-  dieses  Wortes  vermutet  Ascoli  Arch.  gl.  iL 
XIV,  352  eine  Spur  umbrischen  Lautwandels;  ist  aber  s  hier  nicht, 
wie  in  amisiàf  (piem.)  maslè,  (mail.)  masnà  u.  s.  w.  aus  -a-  (-«-)  ent- 
standen? Wenn  coculea  als  Nebenform  von  cochlea  bezeugt  ist,  so 
läfst  sich  zunächst  für  cochlearium  ein  *cocuIearium  ansetzen;  und 
hierfür  wieder,  sobald  -le-  zu  -//-  oder  -Ij"  geworden  war,  ^cociljaròim 
(mit  Einmischung  etwa  von  ^cochyliuni),  <^  irühiliniwui  fur  triclinium* 
Es  läfst  sich  aber  auch  Metathese  annehmen:  cochilarmm\  vgL 
tnchila  =  iridia,  *Confulentia  (V.  d.  V.  11,424.  III,  292)  |  ConflumUa. 

5.    Ambulare  u.  s.  w. 
Zu  Ztschr.  XXII,  265  f. 

Förster  betrachtet  ammulare  als  „inschriftlich  geschützt^  und 
merkt  dazu  an:  „Diese  bis  jetzt  unbelegte  Durchgangsform  hat 
Wölinin  in  Insc.  Brit.  christ.  N.  94  ammulaniihus  entdeckt*'  Dieses 
ammulantihus  hatte  ich  aber  schon  vor  dreifsig  Jahren  in  einer  fur 
uns  Deutsche  ziemlich  entlegenen  Quelle,  der  Archaeologia  Cam- 
brensis,  aufgestöbert  (V.  d.  V.  III,  318),  und  es  in  meinen  Aeafse- 
rungen  über  die  Gleichung  ambular e\  aller  Ztschr. VI,  423  angefclhrt 
Auf  diese  Stelle  habe  ich  mich  wiederum  an  der  von  Förster  zitierten 
Rom.  XVII,  420  bezogen,  wo  ich  ammulare  nicht  ohne  Absicht  nn- 
besternt  gelassen  habe.  Daran  habe  ich  jedoch  Unrecht  gethan; 
denn  die  berührte  Form  ist  einem  Kymren  des  9.  Jhrhs.  anf  Rech- 
nung zu  setzen,  der  das  für  ihn  gewifs  tote  Latein  mit  den  Lant- 
eigentümlichkeiten  seiner  Muttersprache  sprach;  es  liegt  uns  hier 
ein  Beleg  nicht  für  romanisches,  sondern  für  kymrisches  mh  \ 
vor.  Aus  *  ammulare  läfst  Förster  *ammunare  werden;  ich 
Camminare  vor  (so  auch  Meyer-Lûbke  Rom.  Fonnenl.  %22t)^  indem 
ich  einen  lautlich  bedingten  Suffixwandel  wie  in  fumidus  \  ^^/umulus^ 
tepidus  \  ^tepulus  u.  s.  w.  annehme,  und  eine  vermittelnde  Form  ^am^ 
munare  ist  mir  ebenso  wahrscheinlich  oder  unwahrscheinlich  wie 
*fumudus^  *iepudus.  Das  Suffix  -itiare  ist  zwar  im  Lateinischen  nicht 
allzuhäufig,  aber  doch  noch  im  Romanischen  lebendig  (besonders 
nach  "C"  wegen  lat.  -clnari),  und  zwar  meistens  um  andere  Suffixe 
zu  vertreten  :  so  span,  graznar  j  crocitare  -{-  gracula  (vgl.  ital.  graci^ 
da  re)  y  voznar  ¡  vociiare,  ital.  ceniinare  ¡  *cinciulare.  Nach  -«-  ist  •Miare 
oder  -ilare  mit  -ìnare^  vertauscht  worden  in  rum.  semana ^  dem 
burg,  semnai  entspricht,  und  weiterhin  das  senni^  sané,  soné^  Sùumé 
ost-  und  nord  französischer  Mundarten.  Die  Bedeutung  dieser 
Formen  für  die  Erklärung  von  ambulare  \  amnar  \  annar^  anar  hat 
Vilh.  Thomsen  in  seiner  Untersuchung  f^anJare  —  andar  —  anar 
—  a/ler**   1879  gewürdigt;    er  hat  überhaupt  zuerst  den  richtigen 

^  Man  darf  hier  vielleicht  auch  an  das  berrysche  tremitur  enimani,  ob- 
wohl es  ein  ^treminare  (vgl.  pleuviner,  piétiner  u.  a.)  für  *tremuiare  danfedk; 
vyl.  langued.  tremoun  neben  tremoul  ¡  tremulus  Subst. 


H.  SCHÜCHARDT,    AMBULARE  U.  S.  W.  399 

Weg  eingeschlagen,  indem  er  ambulare  als  einzig  mögliches  Stamm- 
wort für  die  genannten  romanischen  Wörter  hinstellte  und  deren 
lautliche  Entwickelung  daraus  begründete  (in  demselben  Jahre  war 
übrigens  auch  Wölfflin,  vom  Standpunkt  des  Latinisten  aus,  zu 
dem  f>gebnis  gelangt  dafs  in  aller  nur  ambulare  stecken  könne). 
Ich  habe  kein  andres  Verdienst  als  das  Zutreffende  der  Thomsen- 
schen  Ausführungen,  die  anderswo  auf  Widerspruch  stiefsen,  an- 
erkannt zu  haben  (Ztschr.VI,  423);  nur  beging  ich  den  Fehler  bei 
der  Bildung  von  aller  einen  keltischen  Einflufs  vorauszusetzen. 
Dafs  im  Französischen  aus  ambulare  allein  etwas  Anderes  als  ambler 
werden  konnte,  leuchtete  mir  so  wenig  wie  Andern  ein.  Später 
dachte  ich  (wie  Gartner)  an  einen  Abfall  der  ersten  Silben:  Jare, 
und  daraus  mit  Einmischung  der  stammbetonten  Formen  ^alare, 
oder  (wie  Förster)  an  eine  Dissimilation  von  ^anemus  oder  ^amlemus 
zu  ^aleffius.^  Ich  bin  jetzt  andrer  Ansicht  Wölfflin  hatte  ein  altfranz. 
amier  angeführt,  und  man  hatte  ihn  belehrt  dafs  eine  solche  Wort- 
form nicht  existiere.  Aber  wenn  nicht  ^amler,  so  würde  sich  für  / 
das  Altfranzösische  neben  ambler  doch  ein  *anler  ansetzen  lassen,  / 
wie    hier   neben   sembler  ein   mundartliches  sanier  bezeugt  ist,    das  j  ^.( 

durch    wall,  sortie  bestätigt  wird.     Und  dasselbe  Wallonische  bietet  (         Vn^*^^ 
ironie  \  *iremulare.    Sogar  für  den  Uebergang  des  nasalen  Vokals  in  '  ^,,  v\     \ 
den  oralen:   aler  \  ^âler  läfst  sich  aus  demselben  Gebiete  eine  Ana»  ;  ^        "^ 
logie  beibringen  :  strale  (Remade)  j  sironlé  \  slrangulare.   Wir  dürften  /        ^,^. 
also  geradezu  von  der  „lautgesetzlichen"  Entstehung  des  aller  aus     y        \v^  Ji 
ambulare  reden;    nur  hat  sich  diese  Form,    dank  ihrer  Kürze,   dief^  (S^*^     ^^ 
bei  einem  so  unendlich  häufigen  Worte  von  grofser  Bedeutung  ist^^t^      ^^ 
weit  über  die  ursprünglichen  Grenzen  ausgebreitet    Ist  denn  allek  ^    ^ 
neben  sembler^  trembler  befremdlicher  als  anar  neben  semblar,  trem^  L»  ^ 

3/i/r?     Wie   übrigens    neben    dem   wall.  sonU  erwähntermafsen  eiit      cV^ 
sonê^  pik.  sané  steht,   so  auch  neben  Ironie,  stronlé  ein  troné,  sironél  ^    Ir^ 

pik.  írattéy  strane.     Danach  würden   wir,   von   der  oben  gegebenen  t  j^^^^^^ 

Erklärung  abweichend,  anzunehmen  haben  dafs  wenigstens  in  diesen^.  ^À^(^         .j 
Gegenden  -«-  (-;;«-)  nicht  aus  -mn-  sondern  aus  -w/-,   bez.  */  her-  •  -j^^    • 

vorgegangen    ist;    auch    das  Burgundische   hat  brannai  für  branler,  ■.     (v^       _. 
und  doch  wird  die  Deutung  von  bürg,  sannat  aus  sanier  durch  die  '  x^jt^ 

Nebenform  semnat  zweifelhaft  gemacht     Dies  alles  näher  zu  unter-   CaJ^  \ 

suchen    überlasse  ich  denen    welche    die   nördlichen   und  östlichen  ^*4     '^ 

Mdd.  Frankreichs  zum  Gegenstand  ihres  besondern  Studiums  gemacht   ^^  ^V 

habtin.     Auch    über   das  Verhältnis    von    andare  zu  anar  kann  ich  >A 

mich  augenblicklich  nicht  eingehend  äufsern.     Gegen  Försters  An-    X^^^  ^       -^ 
nähme    dafs    hier   -fid-  aus  -;/;/-   entstanden  sei,    regt  sich  mir  ein      y%X^"* 
doppeltes    Bedenken.     Erstens   beruht   dieser  Uebergang    entweder  /\*s^  ' 

auf   der  Umkehrung    von  -««-  aus  -;/(/-  (in    solchen  Formen   alter     i\n^    ^ 

'  Es  ist  zu  bemerken,  wenn  auch  nicht  zu  überschätzen  dafs  wo  im 
Romanischen  ^^anemus  und  ^^alemus  nebeneinander  stehen,  nicht  dieses  aus 
jenem  durch  Dissimilation,  sondern  jenes  aus  diesem  durch  Assimilation  ent- 
standen ist. 


400  VERMISCHTES.     HI.  ZUR  GRAMMATIK. 

Denkmäler  liegen  uns  oft  nur  umgekehrte  Schreibungen  vor)  oder 
auf  Analogie,  sei  es  einer  besondern,  sei  es  einer  allgemeinem^ 
oder  endlich  auf  der  Beschaffenheit  der  lautlichen  Umgebung. 
Kurz,  es  scheint  immer  ein  besonderer  Anstofs  im  Spiel  zu  sein, 
und  einen  solchen  kann  ich  mir  bei  andar  \  annar  nicht  recht  denken 
(etwa  Einmischung  von  vaderei).  Und  zweitens  geht  die  lautliche 
Èntwickelung  von  ambulare,  der  Gebrauchshäufigkeit  entsprechend, 
stets  in  der  Richtung  auf  das  Einfachere  vor  sich;  coionda  u.  dgl. 
gewähren  daher  für  andare  keine  feste  Stütze.  Ich  bleibe  vorder- 
hand bei  der  Herleitung  von  andare  aus  amòùare;  Diez  hatte  sie 
fallen  lassen,  ich  (Lit  Centralbl.  1873  Sp.  434)  wieder  aufgenommen, 
später  Gröber  sie  nachdrücklich  verteidigt  Der  einheitliche  Ur- 
sprung der  in  Frage  stehenden  romanischen  Verben  wird  dadurch 
nicht  berührt;  ich  betrachte  *ambiiare  als  aus  ambulare  durch  eiue 
Suffíxvertauschung  hervorgegangen,  wie  sie  an  und  für  sich  nicht 
unwahrscheinlich  ist  (vgl.  das  oben  angesetzte  *amb'ùutre),  aber 
jedenfalls  wahrscheinlicher  als  eine  der  Lautdiiferenziernngen  zu 
denen  man  sonst  die  Zuñucht  nehmen  mufs.  An  einer  Stelle 
welche  Förster  wohl  übersehen  hat  nämlich  Ztschr.  XV,  118,  habe 
ich  einige  Parallelen  zu  *ombiiare  =  ambulare  beigebracht;  die  Be- 
ziehung des  erstem  auf  ambire  wäre  zu  unterdrücken  gewesen. 
Dafs  andar(e)  sich  auf  einem  Teil  des  Gebiets  das  ihm  eignet, 
nicht  „lautgesetzlich"  aus  *ambüare  erklären  läfst  gebe  ich  zu;  dafs 
aber  darauf  kein  ernstliches  Bedenken  zu  gründen  ist,  ist  schon 
aus  dem  oben  Gesagten  ersichtlich.  So  viel  darf  man  jetzt  als 
erfreuliche  Thatsache  verzeichnen  dafs  wir  nun  endlich  doch  nadi 
mancherlei  Irrwegen  im  Gestrüpp  uns  auf  der  Blöfse  zusammen- 
gefunden haben;  was  noch  zu  erledigen  ist,  wird  verhältnismäTsig 
geringe  Schwierigkeiten  darbieten. 

H.  SCUUCHARDT. 


III.  Zur  Grammatik. 

I.   Zum  Schicksal  des  freien  o  im  Französischen. 

I.  Wenn  ich  die  Reime  Robert's  von  Blois  (um  1250)  in 
seinem  kleinen  Roman  ^^Flori  und  Liriopé^*  überblicke,  welche  zur 
Aufklärung  dieser  schwierigen  Frage  beilragen  könnten,  finde  ich: 

1.  p  in  offener  Silbe  reimt  mit  sich  selbst: 

a)  puor  :  flor  81.  82.1  valor  :  amor  295.  296.  trous  ijoious  155. 
156.  orguillouse  :  saverouse  96.  97. 

b)  savours  :  flors  283.  284.    aliar  s  :  amor  s  503.  504. 

II.  /;  in  geschlossener  Silbe  reimt  mit  sich  selbst: 
jor  :  sejor  431.  432. 

111.  g  in  offener  Silbe  reimt  mit  0  in  geschlossener  Silbe: 
^  Ich  eitlere  natürlich  nach  meiner  Ausgabe  und  meine  die  Hi.  B. 


J.  ULRICH,  ZUM  SCHICKSAL  DBS  FREIEN  O  Di  FRANZÖS.  4OI 

a)  puor  :  mtor  92.  93.  entor  :  doiour  647.  648.  <üor  :  dousor 
395*  396*  amori  jor  1693.  1694.  dauz  :  saverous  1029. 1030. 
pardesous  ;  hidaus  95.  96. 

b)  ybrj  :  ^örj  1509.  15 10. 

2.  ö  in  offener  Silbe  giebt  ein  nfr.  w,  0  in  geschlossener  Silbe 
ow,  valeur,  fleur \  jour^  séjour.  Wie  kommt  es  nun,  dafs  freies  und 
geschütztes  o  mit  einander  reimen,  deren  Ergebnisse  in  einer  spä- 
tem Epoche  so  ganz  verschiedene  sind?  Doch  gewifs  dadurch, 
dafs  die  flexibeln  Wörter  bald  ein  freies,  bald  ein  offenes  0,  d.  h. 
bald  eu,  bald  ou  hatten.  So  stellt  sich  also  die  Deklination  von 
amor\is\t  flor\ii\,  irosus,  irosa  folgendermafsen  dar: 

N.  S.  amours  ñours  irons  iretíse 

A.  S.  ámeur  fleur  ireus  ireuse 

N.  P.  amours  ñours  ireus  ireuses 

A.  P.  amours  flours  trous  ireuses. 

Durch  Ausgleichung  ergab  sich  (ameur)  —  amours  und  {fleur)  — 
fleurs,  {savourous)  —  savoureus  und  {Jaleus)  — jalous.  Ailleurs  scheint 
eine  Kreuzung  von  aliosum  >  ailleus  und  aliorsum  >  aiUours  zu  sein. 

3.  Diese  Erklärung  des  Verhältnisses  von  ou  zm  eu  erhält  eine 
willkommene  Stütze  durch  die  engadinischen  Formen:  florem  >  flur^ 
cur  sum  >  cuors,  flores  >  fluors.  Das  Nebeneinanderbestehen  von 
flur  —  fluors  ist  natürlich  den  Engadiner  Schulmeistern  so  unklar 
wie  das  von  frêr  und  frars  (frairem  —  fraires\  weswegen  die- 
selben in  den  Schulen  flur  —  flurs  vorschreiben;  so  entscheidet 
sich  Pallioppi  für  frêr  — frêr  s  ^  máíi  frars,  ^€úfrar  dem  Unter- 
engadinischen  eigne.t 

4.  Auch  in  der  Konjugation  konnte  der  Unterschied  zwischen 
freiem  und  geschlossenem  g  sich  fühlbar  machen:  ptörem  ergab 
pleur,  plores,  plôret  dagegen  plours^  plourL  Darauf  hin  möge  ein 
Anderer  eine  Anzahl  Texte  untersuchen. 

5.  G.  Paris  hat  Rom.  X  45  amour,  ventouse  u.  s.  w.  durch  Ein- 
flufs  der  Ableitungen  erklärt  und  W.  Meyer-Lûbke  ist  ihm  darin 
gefolgt  Rom.  Gram.  I  127. 

Eine  andere  plausible  Erklärung  ist  mir  bis  jetzt  nicht  be- 
«"«"S""*-  J.  Ulrich. 


2.  Feent  du  »Jonas". 

On  ne  trouve  la  forme  feent ^  de  *facunt,  que  dans  le  Jonas. 
Elle  continue  à  vivre  en  territoire  wallon,  là  où  l'analogie  ne  Ta 
pas   détruite:   par  ex.  à  Braine-L'Alleud  (Brabant)   ^fHnaient^  (Re- 

»  Natiidich  ist  das  Verhältnis  von  flur  — fluors  Ascoli  nicht  ent- 
gangen (Arch,  glott.  I  178),  der  auch  tmuoss  =  Hmcsus  oder  Hmosos  anfahrt. 
Pallioppi  reimt  chaluors  :  cuors  (Ulrich,  Rätor.  Chrestom.  H,  13b,  26.  28). 

Zeitschr.  L  rom.  Phil.  XXU.  26 


402  VERMISCHTES.     III.   ZUR  GRAMMATIK. 

nard,  Aventures  de  Jean  d^Nwelles,  3* éd.,  Bruxelles  1890,  p.  24  1. 1 1), 
à  Jodoigne  (Brabant)  y,faienei*^  (Etíenne,  On  pia  dins  U  stremre^ 
Namur  1890,  p.  144  fìn),  à  Namur  ^^faie-ntà*^  (Berthalor,  Owamgî  ei 
médecin,  Couillet  1890,  p.  93  I.  11),  à  Dînant  „fêinv^  (CoUard,  L£ 
tindrie  à  P amourette.  Dînant  1890,  p.  42  fin).  Dans  l'Oaest  waHon^ 
feeni  au  XIII^  siècle  était  devenu  feenent,  feene^  voy.  Romania^ 
XIX,  84.* 


>  Dans  les  gloses  de  Dannstadt,  diene  37,  57  =  dien n t. 

Paul  Marchot. 


BESPRECHUNGEN. 


Charles  Roussey,  Glossaire  du  Parler  de  Bournois.    Paris  H. Welter 
et  chez  l'auteur.    1S94.     LXIX-415  p.   8<>. 

Charles  Roussey,   Contes  populaires  recueillis  à  Bournois.    Paris, 
H.  Welter  et  chez  l'auteur.    1894.    XI -303  p.   8<». 

Bournois  est  une  petite  commune  d'environ  400  âmes,  située  à  peu  près 
à  mi-chemin  entre  Montbéliard  et  Baume4es-Dames.  Par  suite  de  son  isole- 
ment, cette  localité  avait  conservé  passablement  intacts  jusqu'à  ces  dernières 
années  des  mœurs  et  un  patois  très  originaux.  Mais  les  voies  de  communi- 
cation nouvelles,  l'école  et  le  service  militaire  obligatoires  n'ont  pas  tardé  a 
exercer  ici  comme  partout  leur  action  nivellatrice  et  on  peut  prévoir  le  jour 
où  il  ne  restera  plus  rien  du  langage  et  des  coutumes  d'autrefois.  Heureuse- 
ment, grâce  aux  travaux  de  M.  Roussey,  l'essentiel  en  est  maintenant  fixé  d'une 
façon  durable  et  le  patois  de  Bournois  peut  compter  désormais  parmi  les 
mieux  connus  de  France. 

Le  Glossaire  du  Parler  de  Bournois  mériterait  déjà  d'  attirer  tout  par- 
ticulièrement l'attention  par  le  seul  fait  qu'il  est  la  première^  publication  de 
ce  genre  élaborée  sur  un  plan  et  d'après  des  principes  de  nature  à  pleine- 
ment satisfaire  les  exigences  de  la  philologie  romane.  Il  constitue  le  premier 
volume  d'une  Bibliothèque  des  Parlers  de  France,  publiée  sous  les  auspices 
de  la  Société  des  Parlers  de  France.  L'auteur,  actuellement  instituteur  à 
Paris,  n'est  pas  proprement  philologue,  mais  il  a  pu  bénéficier  des  enseigne- 
ments et  des  directions  des  spécialistes  les  plus  éminenfs.  Personne  ne  songera 
à  contester  sa  compétence  à  dresser  l'inventaire  lexicologique  du  parler  de 
son  village  natal,  puisqu'il  n'a  pour  ainsi  dire  pas  parlé  d'autre  langue  jusqu'à 
l'âge  de  18  ans  et  joint  à  cet  avantage  celui  de  posséder  une  connaissance 
exacte  de  tous  les  travaux  de  la  campagne,  qu'il  a  longtemps  pratiqués. 
M.  Roussey  n'a  d'ailleurs  rien  négligé  pour  contrôler  et  compléter  ses  sou- 
venirs personnels,  de  sorte  que  ses  matériaux  offrent  à  cet  égard  les  plus 
sérieuses  garanties  d'authenticité. 


>  Tout  au  moins  la  première  qui  ait  été  achevée.  M.  £.  Edmont  avait 
commencé  déjà  antérieurement  à  publier  dans  la  Revue  des  Patois  Grallo- 
Romans  un  Glossaire  Saint-Polois,  établi  sur  des  bases  non  moins  scienti- 
fiques et  d'une  exécution  plus  soignée  que  celui  de  Bournois.  La  publication 
a  cessé  avec  la  disparition  de  la  Revue,  et  l'ouvrage  complet  n'a  paru  que 
tout  récemment. 

26» 


404  BESPRECHUNGEN.  J.  JEANJAQUET, 

Le  plan  de  l'ouvrage  est  excellent  II  débute  par  une  introduction 
(pp.  I — XXn)  qui  donne  sur  Bournois,  ses  mœurs  et  son  histoire,  sur  l'auteur, 
sa  famille  et  ses  collaborateurs,  tous  les  renseignements  désirables.  IL  IC  a 
cependant  oublié  d'indiquer  son  propre  âge.  Viennent  ensuite  l'exposé  des 
sons  et  du  système  graphique  (pp.  XXIII — XXV)  et  de  copieuses  NùUs 
grammaticales  (pp.  XXVI — LXIX),  qui  sont  en  réalité  une  esquisse  assez 
complète  de  la  morphologie  du  patois  de  6.  L'auteur  y  procède  d'une  façon 
purement  descriptive,  mais  son  exposé  est  fait  avec  intelligence  et  méthode. 
Remarquons  seulement  que  dans  la  liste  des  mots  qui  sont  fém.  en  patois  et 
mase,  en  français  (pp.  XXVI — XXVII)  ne  devraient  pas  figurer  ^iïfi,  òSiiSt» 
rwfdzöt,  qui  ne  correspondent  naturellement  pas  à  <auget',  'bottUon'  et  'me- 
lampyrum  arvense'(!),  mais  à  des  formations  féminines  en  -ette.  Une  large 
place  a  été  accordée  avec  raison  au  chapitre  du  verbe,  où  l'on  trouve,  à  c6t6 
des  paradigmes  des  verbes  réguliers,  ceux  de  tous  les  plus  usités  des  verbes 
dits  irréguliers;  voir  manque  cependant.  C'est  un  exemple  qui  devrait  tou- 
jours être  suivi  dans  les  ouvrages  similaires,  car  la  conjugaison  des  verbes 
forts  n'est  pas  seulement  intéressante  au  point  de  vue  morphologique,  mais 
elle  fournit  aussi  à  la  phonétique  nombre  de  formes  importantes  à  connaître. 
Les  renseignements  phonétiques  relatifs  au  verbe  devraient  encore  être  com- 
plétés par  l'indication  dans  le  glossaire  de  la  3«  pers.  du  prés.  ind.  à  c6t6  de 
l'infinitif,  toutes  les  fois  que  la  voyelle  radicale  n'est  pas  la  même  dans  ces 
deux  formes.  Pag.  LU,  sufrí  appartient  à  la  classe  précédente  des  verbes 
inchoatifs. 

Le  glossaire  (pp.  i — 332),  dont  deux  longs  suppléments  (pp.  333 — 400) 
compliquent  malheureusement  l'usage,  est  suivi  d'une  Table  des  matières 
(pp.  401 — 415),  qui  constitue  une  innovation  qui  mérite  également  de  trouver 
des  imitateurs.  Elle  renferme  sous  un  certain  nombre  de  rubriques:  animans, 
croyances,  dictons,  injures,  jeux,  maladies,  etc.  l'énumération  des  mots  du 
glossaire  relatifs  à  chacune  de  ces  catégories.  L'utilité  de  pareils  classements 
est  évidente,  et  leur  intérêt  s'accroîtra  encore  quand  on  pourra  les  comparer 
avec  d'autres,  établis  sur  le  même  plan.  Nous  n'aurions  pas  rangé  au  milieu 
de  ces  listes  celle  des  „Mots  se  prononçant  de  plusieurs  manières'%  qui  ne 
concerne  que  la  phonétique  et  n'a  par  conséquent  rien  de  commun  avec  les 
autres.  Elle  aurait  été  mieux  placée  dans  l' introduction ,  et  pour  la  rendre 
vraiment  utile,  il  aurait  fallu  citer  dans  la  Ibte  même  les  diverses  variantes 
de  prononciation,  qu'on  est  obligé  actuellement  de  chercher  chaque  fois  dans 
le  glossaire.  On  aurait  obtenu  ainsi  un  tableau  très  instructif,  donnant  surtout 
un  intéressant  aperçu  de  la  lutte  d'influences  entre  le  patois  et  le  français, 
et  de  ses  effets  sur  la  phonétique. 

La  question  du  système  de  transcription  à  suivre  ne  se  posait  pas  pour 
M.  R.,  puisque  une  publication  de  la  Soc.  des  P.  de  France  devait  natnrdle* 
ment  adopter  le  système  de  cette  Société,  qui  n'est  autre  que  celui  de  la 
Revue  des  Patois  Gallo-Romans  disparue.^  On  peut  se  demander  s'il  y  a 
lieu  de  s'en  féliciter.  Ce  système  a  été  qualifié  par  un  phonéticien  de  ,,dé* 
fectueux  à  tous  les  points  de  vue*'  (P.  Passy,  MF  1894  P*  ^S^)»   ^^  *i^ns  être 


^  Nous  l'avons  remplacé   dans  nos  citations  par  celui  généralement 
usage  dans  la  présente  revue. 


ROUSSEY,  GLOSSAIRE  DU  PARLER  DB  SOURNOIS.  405 

aussi  absolu,  on  peut  au  moins  regretter  qu'avant  de  donner  au  système 
une  extension  nouvelle  on  n'ait  rien  tenté  pour  remédier  aux  principales 
lacunes  et  imperfections  signalées  lors  de  sa  première  apparition  (Voir  en 
particulier  Morf,  Gott.  geL  Anz.  1889  n^  i  et  Litbl.  1888  n<>  ii;  Homing, 
Zeitschr.  XII  p.  577;  P.  Meyer,  Rom.  XVII  p.  322,  XVIII  p.  332).  L'appli- 
cation rigoureuse  d'une  graphie  unique,  tenant  compte  de  nuances  délicates, 
à  des  patois  aussi  variés  que  le  sont  les  patois  gallo-romans  ne  va  pas  dans 
la  pratique  sans  des  inconvénients  sérieux.  Elle  nécessite  l'emploi  de  nom- 
breux signes  diacritiques,  qui  rendent  la  lecture  difficile  et  fatigante,  et  il  y 
aurait  lieu  d'examiner  si  pour  des  ouvrages  de  longue  baleine,  ne  concernant 
qu'un  seul  patois  ou  un  groupe  de  patois  analogues,  il  ne  serait  pas  plus 
sage  de  se  diriger  pour  les  détails  de  l'alphabet  d'après  les  circonstances 
locales,  de  façon  à  obtenir  la  plus  grande  simplicité  possible,  quitte  à  donner 
dans  l'introduction  une  description  complète  et  détaillée  des  sons  et  de  leurs 
rapports  avec  la  graphie.  De  tontes  façons,  le  problème  de  la  transcription 
mériterait  d'être  encore  sérieusement  étudié  par  la  Soc.  des  P.  de  France. 
Non  seulement  la  question  de  l'alphabet  scientifique  ne  peut  pas  être  con- 
sidérée comme  résolue  d'une  façon  pleinement  satisfaisante,  mais  il  convien- 
drait de  prendre  en  considération  celle  de  la  création  à  côté  de  cet  alphabet 
d'un  système  moins  rigoureux,  mais  plus  á  la  portée  des  profanes,  n'exigeant 
pas  l'emploi  de  caractères  spéciaux  et  faisant  aux  habitudes  orthographiques 
traditionneUes  les  plus  larges  concessions  possibles.  Une  création  de  ce  genre 
nous  parait  nécessaire  si  l'on  veut  un  peu  populariser  l'étude^  des  patois  et 
réaliser  les  projets  de  carte  linguistique  et  de  vastes  enquêtes  inscrites  au 
programme  de  la  Société.  On  pourrait  aussi  de  cette  façon  obtenir  des  folk- 
loristes  une  participation  sur  laquelle  il  est  sans  cela  difficile  de  compter.  On 
a  beau  dire  en  effet  que  c'est  une  chose  bien  simple  d'apprendre  à  connaître 
et  à  manier  l'alphabet  de  la  R.  d.  P.  G.-R.  ;  il  n'en  reste  pas  moins  certain 
qu'une  page  en  transcription  fait  sur  les  gens  qui  ne  sont  pas  du  métier  l'im- 
pression d'un  grimoire  indéchiffrable,  et  que  ce  seul  aspect  suffit  pour  rebuter 
bien  des  amateurs  qui  pourraient  devenir  de  bons  collaborateurs  et  rendre 
d'excellents  services,  même  si  on  ne  les  initiait  pas  à  toutes  les  finesses  d'un 
alphabet  rigoureusement  scientifique.  Il  ne  faut  pas  oublier  d'ailleurs  qu'il 
ne  suffit  pas  de  mettre  entre  les  mains  d'un  amateur  de  bonne  volonté  un 
système  de  transcription  très  nuancé  pour  en  faire  un  phonéticien  consommé. 
L'observation  phonétique  exige  des  études  spéciales  et  demande  un  sérieux 
apprentissage:  avec  une  préparation  insuffisante,  les  inexactitudes  croissent  en 
raison  même  de  la  délicatesse  du  système  employé. 

M.  Roussey  ayant  été  l'élève  de  MM.  Roosselot  et  Gilliéron  s'est  natn- 
rellement  trouvé  dans  une  situation  particulièrement  favorisée.  Et  cependant, 
même  dans  son  trop  sommaire  exposé  phonétique,  on  pourrait  relever  plus  d'an 
point  prêtant  à  la  critique.  Ainsi  on  y  lit  que  3  représente  un  a  bref  et 
moyen  „comme  Va  de  Paris**,  Mais  dans  la  prononciation  normale  (pari- 
sienne) du  français,  l'a  de  Paris  n'est  pas  moyen,  mais  palatal,  c'est-à-dire 
ouvert,  selon  la  terminologie  de  la  Revue.  Il  est  vrai  qne  M.  Roosselot 
(Modif.  phon.  p.  34)  établit  une  distinction  qualitative  entre  l'a  de  partir 
{a  ouvert)  et  celui  de  Paris.  Mais  même  si  cette  distinction,  qui  nous  paraît 
bien   subtile,  est  justifiée,  on  ne  saurait  en  tout  cas  identifier  l'a  parisieii 


406  BESPRECHUNGEN.     J.  JBANJAQUBT, 

de  Paris  avec  ce  qu'on  appelle  généralement  a  moyen  (ital.  podré),  M.  R. 
remarque  d'autre  part  à  propos  de  Va  long  et  fermé  de  pâte  qn'à  Botimois 
„cet  a  se  prononce  avec  la  langue  étendue  sur  le  plancher  de  la  boudie  et 
non  retirée  en  arrière".  Comme  ce  retrait  en  arrière  de  la  langue  est  jmte- 
ment  ce  qui  caractérise  l'articulation  de  Va  fermé  (vélaire)  et  le  (Ufférencie  de 
Va  moyen  (ital.  padre),  il  est  assez  probable  que  Bouraois  ne  possède  ni  a 
vélaire  ni  a  palatal  bien  marqués.  Le  même  fait  a  déjà  été  observé  dans 
l'Est  et  ailleurs  (voy.  H.  Hagelin ,  Stomatoskopiska  undersokningar  af  franska 
sprâkljud.  Stockholm  1889,  P*^)»  ^^^^  la  Suisse  romande,  les  deux  a  diffèrent 
aussi  assez  peu  en  qualité  et  se  rapprochent  d'un  a  moyen.  Quant  à  l'a  »flong 
et  très  ouvert,  déjà  en  voie  de  devenir  f<S  donné  comme  troisième  yariété,  il 
semble  plutôt  devoir  être  considéré  comme  un  f  très  ouvert,  poisqoe  M.  R. 
l'emploie  comme  équivalent  de  deux  {  consécutifs:  àvû  pour  (  'Mi,  Contes 
P«  203, 13;  çtavû  pour  ftf  ifvû,  p.  250, 20,  etc.  Le  même  â  représente  aussi 
souvent  Ve  long  ouvert  français  dans  les  mots  d'emprunt  tels  que  mâtr,  'mètre'; 
intvirsàr,  <  anniversaire ',  etc.  Au  point  de  vue  qualitatif,  on  ne  voit  pas 
trop  en  quoi  ce  son  peut  différer  du  second  élément  de  la  diphtongue  wf» 
qui,  d'après  M.  R.,  est  un  „^  très  ouvert,  presque  a<<;  si  les  deux  sons  ne 
se  distinguent  que  par  la  quantité,  il  eût  fallu  les  noter  par  le  même  signe. 
La  remarque   que  f   de  w{  est  moins  ouvert  que  3  est  incompréhensible. 

Il  est  regrettable  que  M.  R.  n'ait  pas  cru  devoir  distinguer  graphiquement 
les  deux  variétés  d'âf,  dont  l'une,  dit-il,  répond  au  latin  an  et  l'autre  au  latin 
en.  Cette  distinction  est  trop  importante  au  point  de  vue  historique  pour 
pouvoir  être  négligée.  La  description  que  donne  l'auteur  de  la  seconde  variétév 
comme  étant  „plus  brève  et  produite  par  un  courant  d'air  qui  s'échappe  ra» 
pidement  par  le  nez*S  ne  permet  absolument  pas  de  se  faire  une  idée  un  peu 
précise  du  son  en  question. 

La  remarque  concernant  les  consonnes  d,  t,  l,  n,  ñ  „pour  lesquelles  la 
langue  vient  frapper  entre  les  dents**  demanderait  aussi  à  être  prècnèe.  H 
est  vrai  que  le  tableau  de  transcription  du  Bulletin  de  la  Soc.  d.  P.  d.  F.  n'eit 
pas  plus  clair  lorsqu'il  parle  de  m  (!),  r,  t,  T,  ñ  „prononcés  la  langue  entre 
les  dents**. 

Conformément  aux  principes  de  la  R.  d.  P.  G.-R.,  M.  Ronssey  indique 
la  quantité  de  chaque  voyelle  en  distinguant  entre  voyelles  longues,  moyennea 
et  brèves.  Nous  pensons  qu'ici  aussi  le  mieux  est  l'ennemi  du  bien  et  qu'il 
y  aurait  tout  avantage  à  se  contenter  dans  la  règle  de  deux  degrés  et  à  noter 
seulement  les  voyelles  longues.  En  se  servant  à  cet  effet  du  point  placé  après 
la  voyelle  on  déchargerait  complètement  les  caractères  de  ces  innombrables 
signes  de  quantité,  qui  contribuent  plus  que  toute  autre  chose  à  donner  aux 
textes  de  la  Revue  leur  aspect  hérissé.  Le  fait  que,  grâce  à  une  dispositUm 
dont  nous  parlerons  plus  loin,  il  a  pu  arriver  plusieurs  fois  à  M.  R«  d'en* 
registrer  le  même  mot  à  deux  endroits  avec  un  signe  de  quantité  difiïrent 
(butèd,  p.  44  =  bûtio,  p.  47;  bui  y  à»  p.  43  =  buHya,  p.  45;  kuk,  kutâ,  Jhniä 
reparaissent  p.  187  avec  u;  b^tû,  p.  47  devient  biítü.  Contes  p.  65, 23)  montre 
combien  en  cette  matière  les  distinctions  subtiles  sont  sujettes  à  caution. 

Une  particularité  remarquable  du  patois  de  Boumois,  qui,  si  elle  est 
exacte,  aurait  rendu  possible  une  simplification  considérable  de  la  graplüe» 
c'est  la   fixité   absolue   et  constante  des  rapports  de  la  quantité  des  ToycOct 


ROUSSETy  GLOSSAIRE  DU  PARLER  DE  SOURNOIS.  407 

avec  leur  qualité.  Toutes  les  voyelles  fennées  sont  toujours  longues  et  toutes 
les  voyelles  moyennes  on  ouvertes  toujours  brèves,  quelle  que  soit  du  reste 
leur  position  dans  le  mot  ou  la  phrase  et  la  nature  des  sons  environnants, 
n  en  résulte  parfois  des  conditions  si  peu  conformes  aux  habitudes  françaises, 
comme  la  différence  quantitative  considérable  des  finales  selon  qu'elles  sont 
ouvertes  ou  fermées,  la  longueur  constante  des  atones  Us,  des,  mes,  tes  etc., 
la  prononciation  brève  devant  r  final  (dîr,  'dire';  r^,  'rire';  dfifkör,  'désac- 
cord'; kfstdr,  'castor',  etc.),  qu'on  peut  se  demander  si  M.  R.,  entraîné  par 
ime  coïncidence  fréquente,  n'a  pas  fini  par  généraliser  l'emploi  des  signes 
?,  ô,  f,  d,  etc.  comme  représentants  des  variétés  qualitatives,  sans  trop  tenir 
compte  de  la  quantité  réelle.  Il  est  en  tout  cas  singulier  que  dans  le  conte 
du  Renard  (Contes,  p.  14  —  38),  qui  doit  appartenir  aux  premiers  essais  de 
transcription  de  M.  R.,^  cette  fixité  quantitative  d'  un  timbre  donné  n'  appa- 
raisse pas  encore  comme  si  rigoureuse;  e  fermé  y  est  souvent  noté  comme 
bref,  tandis  que  dans  le  reste  du  volume  ainsi  que  dans  le  glossaire  il  est 
invariablement  long. 

Un  trait  par  lequel  le  Glossaire  de  Boumois  diffère  notablement  de  ses 
congénères,  c'est  la  richesse  de  son  vocabulaire.  En  effet,  tandis  que  ces 
derniers  se  bornent  en  général  à  enregistrer  ce  qui  paraît  le  plus  caracté- 
ristique pour  le  patois  et  négligent  notamment  les  mots  évidemment  empruntés 
au  français  à  une  époque  récente,  le  Gl.  de  B.  ne  fait  aucun  choix  et  veut 
être  l'inventaire  de  tous  les  mots  usités  actuellement  par  ceux  qui  parlent 
patois.  Les  matériaux  ainsi  obtenus  sont  naturellement  de  valeur  très  diverse» 
mais  ce  serait  une  erreur  profonde  de  croire  que  seules  les  formes  héritées 
directement  du  latin  méritent  d'attirer  l'attention  du  philologue.  Conduite 
avec  la  circonspection  voulue,  l'étude  des  déformations  subies  par  les  mots 
dits  savants  peut  devenir  une  source  très  féconde  de  renseignements  précieux 
pour  l'histoire  de  l'évolution  d'un  patois.  Rien  n'est  plus  propre  que  cette 
élude  à  donner  une  idée  de  la  complexité  des  facteurs  qui  peuvent  déterminer 
les  changements  phonétiques  et  à  faire  comprendre  combien  est  sonmiaire  et 
insuffisante  la  division  traditionnelle  en  mots  savants  et  poptilaires.  Toutefois, 
si  on  ne  veut  pas  grossir  outre  mesure  et  sans  grand  profit  le  volume  d'un 
glossaire  patois,  il  y  aurait  lieu  de  s'imposer  quelque  réserve  dans  l'adoption 
des  mots  savants  empruntés  au  français;  il  est  superflu  d'insérer  des  termes 
qui  ne  sont  connus  que  d'une  minorité  restreinte  et  dont  la  forme  reste  le 
plus  souvent  intacte.  A  cet  égard  le  GL  de  B.  nous  semble  offrir  plutôt 
trop  que  trop  peu,  et  l'exagération  devient  évidente  quand  M.  R.  consacre 
une  vingtaine  de  lignes  (p.  336)  à  exposer  longuement  les  circonstances  grftœ 
auxquelles  il  apprit  par  hasard,  en  1871,  que  ààràë  signifie  'assez'  en  arabe. 
Après  cela,  on  s'étonne  que  malgré  les  deux  suppléments  il  y  ait  tant  d'omis- 
sions à  constater  dans  le  Gl.  de  B.  Sans  nous  être  le  moins  dn  monde 
astreint  à  des  recherches  minutieuses,  nous  avons  relevé  seulement  dans  les 
1 60  premières  pages  des  Contes  une  cinquantaine  de  mots  qui  font  défiiut  an 
glossaire  et  dont  l'absence  est  d'autant  plus  regrettable  qu'il  s'agit  la  plupart 


>  I  et  tf  brefs,  qui  d'après  l'exposé  de  M.  R.  lont  tonjonrs  moyens,  y 
sont  constamment  notés  comme  ouverts;  on  rencontre  aussi  plosieurs  fois  «3 
au  lieu  de  wf,  sans  parler  de  bon  nombre  d'inadvertaiices. 


408  BESPRECHUNGEN.     J.  JEANJAQÜBT» 

du  temps  d'excellents  mots  patois.  H  n'y  a  du  reste  pas  besoin  de  feidlleler 
bien  longtemps  le  Glossaire  lui-même  pour  y  remarquer  des  lacunes;  on  y 
cherche  en  vain  bon  nombre  de  mots  qu'il  cite  ou  auxquels  il  renvoie«  p.  ex. 
tr9kt  (cité  sous  dwiyt),  bytSÏf  (sous  çfyoiï),  krâtr  (sous  kraUt^,  mmfii¿ 
(sous  mwfènOi),  päsyZ  (sous  fütä),  rÜhtä  (sous  ûïû),  vyä  (sous  vflS^  tflrf 
(sous  Tfîrû), 

L'emploi  de  caractères  étrangers  à  l'alphabet  courant  rend  nécetsmire  on 
ordre  alphabétique  particulier,  qu'il  aurait  été  bon  d'indiquer  an  commence- 
ment ou  à  la  fin  du  volume.  Celui  qu'a  adopté  M.  R.  pourrait  certainement 
être  plus  logique,  mais  on  reprochera  surtout  à  l'auteur  de  ne  pas  l'avoir  ob- 
servé partout  avec  assez  de  rigueur.  Ainsi  la  succession  9\  Œ,  ïï,  admise  à 
l'initiale,  est  soumise  dans  le  corps  des  mots  à  de  continuelles  variatioiis;  on 
a  09-,  bôS;  bSF'  (p.  23 — 26);  d9;  dŒ-,  di^  (p.  55);  r9;  r«-,  r/-  (p.  256);  t9u 
tat-,  tZ'  (p.  305)  etc.;  mais  g9-,  gZ-,  gŒ-  (p.  142);  *^-,  JO-,  kœ-  (p.  i6i);  m^ 
mi-,  ma-  (p.  283)  etc.  et  gra-,  gr9',  gr^-  (p.  147);  p.  364  on  trouve  même  iv« 
fia,  n(Jè,  et  p.  375  59-,  sç-,  sf-,  sB;  g'  est  placé  à  l'initiale  après  d^  p.  258 
après  g 'y  n  ti  ñ  sont  mélangés  p.  211  et  230;  w  et  w  p.  188;  grf'  et  grf^ 
p.  148;  dans  les  suppléments  k  et  k'  (p.  360),  m  et  m  (p.  378),  v  et  w  (p.  380), 
a  et  a  (p.  383),  n  ti  ñ  (p.  390),  v  ti  w  (p.  399)  sont  également  mélangés  sans 
que  le  second  des  sons  soit  jamais  indiqué  en  tête  des  divisions  respectives. 
En  outre,  une  quantité  de  mots  isolés  ou  de  groupes  de  deux  on  trois  mots 
ne  se  trouvent  pas  à  leur  ordre  alphabétique  ;  de  mftnf  à  mftilò  (p.  206 — 7) 
règne  un  désordre  complet. 

Les  mots  sont  rangés  de  telle  sorte  que  les  différentes  nuances  voca- 
liques  constituent  autant  de  séries  alphabétiques  distinctes;  ce  système  conduit  • 
déjà  à  de  nombreuses  subdivisions  rien  que  pour  les  timbres  différents»  qosnd 
on  distingue  des  nuances  aussi  voisines  que  ü  ou  u  fermés  et  les  sons  moyens 
correspondants.  Mais  M.  R.  va  plus  loin  encore  et,  si  le  cas  se  présente,  U 
établit  des  séries  à  part  pour  chaque  variété  quantitative  d'un  même  son; 
ainsi  il  ne  se  contentera  pas  de  sòpaier  les  mots  commençant  par  Mî-  (fermé) 
de  ceux  qui  ont  bU'  (moyen),  mais  ces  derniers  formeront  à  leur  tour  deux 
séries  successives,  la  première  en  bu-  ',  et  la  seconde  en  bu-  (p.  43 — 44).  Nons 
ne  saurions  en  aucune  façon  approuver  cette  façon  de  procéder,  qui  complique 
inutilement  les  recherches  et  ne  peut  que  faciliter  les  erreurs. 

Pour  la  division  en  articles,  il  y  a  manque  complet  de  méthode.  Sou- 
vent un  article  unique  englobe  tous  les  équivalents  d'une  forme  patoiie  donnée, 
quelle  que  puisse  être  leur  origine;  ainsi  on  aura  pw{,  *poil';  —  'poids'; 
—  *pois';  —  'poix'.  Ce  système  permet  d'économiser  beaucoup  de  place  et 
nous  n'avons  rien  à  objecter  à  son  adoption:  nous  recommanderions  seulement 
pour  plus  de  clarté,  de  faire  précéder  les  mots  différents  d'un  antre  signe 
typographique  que  les  différents  sens  d'un  même  mot;  mais  ce  qui  est  singn- 
lier,  c'est  qu'il  ait  été  appliqué  d'une  façon  si  capricieuse;  on  rencontre  en 
effet  à  chaque  instant   des  mots   qui,    sans   raison  appréciable,   sont  pourvus 


^  Contrairement  au  système  primitif  de  la  Revue,  M.  R.  emploie  le  même 
signe  pour  eu  ouvert  et  Vf  dit  muet. 

'  Notons   d'ailleurs   que   d'après   le  tableau   des  sons  donné  en  tête  du 
volume,  il  n'existe  pas  à  6.  d'»  de  qualité  et  quantité  moyennes,  mais 
ment  un  y  (long  et  fermé)  et  un  m  (bref  et  moyen). 


ROUSSET,  GLOSSAIRE  DU  PARLER  DE  SOURNOIS.  4O9 

de  deux  ou  trois  articles;  àr  en  a  même  dnq,  et  h^  sept.  Les  mots  com- 
posés sont  placés  tantôt  avant  le  premier  composant,  tantôt  à  l'ordre  alpha- 
bétique du  mot  entier:  hyä^midit  précède  hyä,  hya^Vôk  le  suit  On 
est  étonné  de  voir  des  locutions  telles  que:  di^  fî  n^  ^Vi,  'des  fin  mieux'), 
sä  si  s  ('sans  cesse  *),  d  l{  ta  (litt.  Me  la  tant'),  f  n  a  mwfyi  (litt,  'il  n'est 
moyen'),  (  pö  prd  (*à  peu  près')  constituer  des  articles  spéciaux,  placés  les 
deux  premiers  avant  dd  et  sä,  les  autres  à  l'endroit  assigné  par  les  premières 
lettres  de  l'ensemble.  Avant  l'adj.  bJft  on  a  un  article  à  part  pour  indiquer 
que  le  mot  s'accorde  dans  safî  bd;  avant  bfl,  un  autre  pour  la  locution  d  iffl, 
avant  drw{ ,  un  troisième  pour  tvwf  drwf,  et  ainsi  de  suite.  La  plus 
grande  partie  (ici  encore  rien  de  régulier)  des  verbes  de  la  \^  et  de  la  2^^  con- 
jugaison sont  suivis  ou  précédés  d'un  article  tout  à  fait  superflu  pour  le  par- 
ticipe passé,  dont  la  forme  est  absolument  la  même  que  celle  de  l'infinitif. 

L'aménagement  des  articles  eux-mêmes  est  parfois  bien  défectueux  et  n'a 
rien  de  fixe;  l'indication  du  féminin  des  adjectifs,  en  particulier,  donne  lieu 
aux  traitements  les  plus  divers.  Tantôt  l'auteur  traite  le  masculin  et  le  féminin 
comme  deux  mots  complètement  indépendants,  qu'il  indique  chacun  à  sa  place 
alphabétique,  sans  aucun  renvoi  de  l'un  à  l'autre:  p.  26  bd,  'beau',  et  une 
page  plus  loin  bfl,  'belle';  p.  48  byä,  'blanc',  p.  49  byäti,  'blanche';  p.  290 
sd,  'sec',  p*  294  swfti,  'sèche';  tantôt  il  suit  le  même  système,  mais  ajoute 
un  renvoi  du  fém.  au  mase:  /Öti,  'forte'.  Voy. /jí;  /ÔI,  'folle'.  Voy. /5; 
ou  bien  du  mase,  au  fém.:  Ífvar,  'avare'.  Voy.  ifvfrd;  so,  'fatigué'.  Voy. 
sol;  enfin  le  plus  souvent  mase,  et  fém.  sont  réunis  dans  le  même  article: 
fra,  iè,  'frais,  fraîche';   sd,  t,  'sot,  te';   b^,  à,  'bas,  sse'. 

D'une  manière  générale  les  renvois  sont  faits  d'une  façon  très  impar- 
faite et  manquent  souvent  On  trouve  p.  ex.  p.  76  un  premier  article  dm9rä 
ou  dmwfrä  et  plus  loin  un  nouvel  article  dmwfrä  sans  renvoi  au  premier; 
de  méme^pour  skûr  et  skwa,  kd  et  k^l;  ailleurs  des  variantes  telles  que  Jfkü 
de  akû,  k}rtd  de  kÎi/sS,  mäid  de  mÔtJf,  vfls  de  vçs,  etc.  ne  sont  pas  indiquées 
à  leur  rang  alphabétique. 

Les  fautes  d'impression  sont  très  nombreuses  et  se  répètent  parfois  avec 
une  insistance  déconcertante  ;  ainsi  p.  74  on  a  six  mots  de  suite  qui  com- 
mencent par  djii-  au  lieu  de  djH'*,  p.  76 — 77  huit  mots  consécutifs  en  ^-  au 
lieu  de  do-;  p.  78  quatre  fois  drç-  pour  drö-',  un  mot  caractéristique  est  aussi 
celui  cité  s.  V.  ^yü,  d'abord  sous  la  forme  urna,  qui  devient  deux  lignes  plus 
loin  urna  et  p.  172  urna;  on  cherchera  d'ailleurs  en  vain  toutes  les  trois 
formes  à  leur  ordre  alphabétique,  aussi  bien  dans  le  glossaire  que  dans  ses 
deux  suppléments. 

Si  l'on  ajoute  à  ce  qui  précède  que  certains  exemples  ne  se  trouvent 
pas  sous  les  mots  auxquels  ils  appartiennent  (v.  p.  ex.  sous  ¿IdÇsur,  äti, 
äisipy,  dito,  ^Ifvrî,  krir),  qu'à  côté  des  omissions  on  trouve  des  mots  ré- 
pétés textuellement  ou  en  termes  un  peu  difiérents  (kfdäfr;  pusâ;  räkuiä; 
rfyür  et  ceux  cités  plus  haut),  qu'enfin  les  petites  négligences  de  tonte  nature 
abondent,  on  sera  bien  obligé  d'avouer  que  le  Glossaire  de  Boumois  n'a  pas 
été  rédigé  avec  le  soin  et  la  méthode  qui  conviennent  à  une  œuvre  vraiment 
scientifique. 

M.  R.  s'était,  paratt-il,  proposé  à  l'origine  de  donner  l'étymologie  de 
chaque  mot  patois.    Il  a  sagement  renoncé  à  ce  projet,   pour  la  réalisation 


4 IO  BESPRECHUNGEN.    J.  JEANJAQUET, 

duquel  la  préparation  nécessaire  lui  faisait  défaut,  ainsi  que  suffisent  à  le 
montrer  les  quelques  indications  étymologiques  qu'on  rencontre  çà  et  là  dans 
l'ouvrage.  L'auteur  aurait  pu  supprimer  aussi  sans  inconvénient  aucun  une 
bonne  partie  des  traductions  françaises  littérales  et  des  indications  de  dérivation 
ou  de  composition  dont  il  a  fait  suivre  nombre  de  mots.  Que  dans  certains 
cas  plus  ou  moins  remarquables  des  renseignements  de  ce  genre  soient  par- 
faitement en  place,  nous  en  convenons  parfaitement;  mais  à  quoi  bon  des 
indications  telles  que  grô-kô  (litt.  *  gros-cou'),  r^s  ?  bâtd  d^xXX.  'rose  à  bftton*), 
väträ  (litt  '  ventrer  '),  d'emula  (de  mu/â),  vänür  (de  vänä^,  käs^müt  (de  k^sá^ 
'casser'  et  de  mut,  *  motte'),  etc.?  S^sd  (litt,  'suçoir')  est  de  plus  inexact, 
'd  correspondant  à  une  forme  diminutive  française  en  *et. 

L'auteur  assure  (préf,  p.  XIV)  qu'il  a  mis  le  plus  grand  scmpnle  à 
donner  nettement  le  sens  des  mots,  et  nous  l'en  croyons  volontiers.  Noos  ne 
pouvons  pourtant  pas  dire  qu'il  y  ait  complètement  réussi.  D  semble  que 
M.  R.  soit  si  profondément  pénétré  de  son  patois  qu'il  éprouve  une  réelle 
difficulté  à  rendre  sa  pensée  en  français.  De  là  certaines  définitions  insuffi- 
santes, gauches  et  peu  précises,  de  là  aussi  cette  prédilection  mtlhenrense 
pour  la  simple  transcription  littérale  des  mots  patois,  qui  est  nn  des  ffdSiàm 
défauts  de  l'ouvrage.  Les  mots  patois  et  français  qui  se  correspondent  pour 
la  forme  extérieure  sont  loin  de  le  faire  toujours  exactement  pour  ce  qui  est 
du  reste.  Il  y  a  souvent  des  différences  plus  ou  moins  marquées  de  signi- 
fication, des  nuances  dans  l'emploi,  qu'un  glossaire  bien  fait  doit  s'appliquer 
à  faire  connaître.  Au  lieu  de  cela,  M.  R.  semble  être  préoccupé  avant  tout 
de  trouver  l'équivalent  français  littéral  de  la  forme  patoise;  cela  fait,  il  croit 
pouvoir  se  dispenser  d'en  dire  davantage.  Il  en  résulte  qu'au  lieu  d'expli- 
cations nettes  et  compréhensibles,  on  ne  rencontre  que  trop  souvent  des  termes 
vieillis  et  inusités  ou  des  provincialismes  qui  sont  lettre  morte  pour  quiconque 
n'est  pas  du  pays  de  l'auteur.  Des  articles  tels  que  kdr,  'coudre'  (pour 
noisetier);  bind,  *blaudc';  läv,  'lave'  (il  doit  s'agir  de  pierres  plates  employées 
à  la  couverture  des  maisons);  tal,  *  talle'  (doit  signifier  meurtrissure),  ne  sau- 
raient être  d'aucun  profit  à  la  grande  majorité  des  lecteurs.  Mais  l'incon- 
vénient est  encore  plus  grand  quand  M.  K.,  par  amour  de  la  traduction  littérale» 
se  sert  de  mots  français  qui  ne  rendent  pas  ou  ne  rendent  qu'incomplètement 
l'idée  exprimée  par  le  mot  patois.  Ainsi  il  traduit  rälä  par  'râler',  tandis 
que  les  exemples  et  la  comparaison  avec  d'autres  patois  indiquent  que  le 
sens  est  'brailler';  il  est  d'ailleurs  fort  douteux  que  rälä  et  'râler'  se  cor- 
respondent même  étymologiquement;  rfmçdz,  *  ramage',  semble  d'après  Contes 
p.  72, 4  devoir  signifier  'ramassis,  cohue';  le  texte  des  contes  et  d'antres 
parlers  de  la  région  montrent  que  pftèi  correspond  essentiellement  à  'sortir' 
et  non  à  'partir',  diçpà  à  'aboyer'  et  non  à  'japper',  kr^lä  a  'tremblery 
vaciller'  et  non  à  'crouler';  cependant  ces  premières  significations  ne  sont  pas 
même  indiquées  dans  le  Glossaire.  Bûk{  est  rendu  seulement  par  *  bouquet*» 
alors  que  l'article  suivant  bük(  by<^,  'bleuet'  fait  supposer  que,  comme  ailleurs 
dans  l'Est,  Imkf  a  aussi  ici  le  sens  de  'fleur';  sous  byà'tnidif,  'blanc-msnger*, 
l'exemple:  „c'est  le  blanc-manger  qui  sauve  les  pauvres  gens"  laisse  soup- 
çonner que  le  mot  ne  doit  pas  être  pris  dans  son  sens  français,  et  œ  soupçon 
est  pleinement  confirmé  par  ce  qui  se  lit  sous  gäd.  En  dehors  des  inexacti- 
tudes de  ce   genre,   qui  malheureusement  peuvent  être  fréquentes  sans  qu'on 


ROUSSET,   GLOSSAIRE  DU  PARLER  DE  BOURNOIS.  4  1 1 

s'en  doute,  le  Glossaire  de  Boumois  mérite  toute  coilfìance,  comme  nous 
Tavons  déjà  fait  observer  plus  haut.  Nous  avons  toutefois  peine  à  admettre 
que  „tout  fait  ventre,  hormis  ce  qui  y  entre"  soit  bien  la  traduction  de  „tu 
fà  vätr,  mZ  k  y  ätr"  (s.  v.  w^;  ce  dicton  n'aurait  guère  de  sens  et  il  est 
difficile  de  ne  pas  voir  dans  m?  h?  l'ancien  'mais  que  •=■  pourvu  que';  mäia 
(*maishui')  serait  sans  doute  aussi  mieux  rendu  par  'désormais,  dès  mainte- 
nant', que  par  'maintenant'  tout  seul. 

Toutes  les  citations  patoises,  même  les  plus  simples,  sont  traduites  tout 
au  long  dans  le  Gl.  de  B.  ;  nous  pensons  qu'on  pourrait  restreindre  et  abréger 
beaucoup  ces  traductions  et  augmenter  d'autant  le  nombre  des  exemples, 
qui  permettent  souvent  beaucoup  mieux  que  les  définitions  de  se  faire  une 
idée  exacte  de  la  valeur  des  mots.  D'ailleurs  les  traductions  de  M.  R.  ont 
aussi  le  défaut  de  ne  pas  être  assez  explicatives  et  de  se  borner  à  franciser 
les  mots  patois. 

La  dialectologie  et  le  folklore  sont  des  études  qui  se  complètent  mu- 
tuellement et  doivent  sans  cesse  avoir  recours  l'une  à  l'autre.  Il  n'est  donc 
pas  étonnant  que  les  sociétés  créées  pour  Tétude  des  patois  aient  fréquemment 
admis  le  folklore  dans  leur  programme  et  s'en  soient  bien  trouvées.  Les 
publications  de  la  Société  des  Parlers  suédois,  p.  ex.,  montre  fort  bien  à  quels 
excellents  résultats  peut  aboutir  une  semblable  collaboration.  La  Soc.  des  P. 
de  Fr.  eût  peut-être  été  bien  inspirée  en  suivant  cet  exemple,  ou  du  moins 
en  cherchant  à  s'associer  à  une  des  sociétés  de  folklore  déjà  existantes.  Par 
ce  moyen,  il  lui  aurait  certainement  été  plus  facile  de  trouver  dans  le  pays 
l'appui  dont  elle  a  besoin  et  qui  jusqu'à  présent  paraît  lui  faire  passablement 
défaut.  Quoi  qu'il  en  soit,  on  ne  peut  que  se  féliciter  de  voir  le  folklore 
occuper  une  place  si  importante  dans  le  Gl.  de  B.;  M.  R.  n'a  négligé  aucune 
des  occasions  que  lui  offrait  le  vocabulaire  pour  nous  renseigner  sur  les  cou- 
tumes et  croyances,  les  jeux,  la  médecine  populaire  et  pour  nous  faire  con- 
naître les  refrains,  devinettes,  proverbes  et  dictons.  On  approuvera  aussi 
pleinement  l'admission  dans  le  glossaire  des  noms  de  lieux,  des  noms  de 
famille  et  des  lieux-dits;  seulement  il  serait  certainement  préférable  qu'ils 
fussent  réunis  en  un  appendice  spécial  et  non  épars  parmi  les  autres  mots; 
la  partie  générale  n'aurait  à  prendre  note  que  des  appellatifs  conservés  uni- 
quement dans  certains  noms  locaux. 

Le  glossaire  le  plus  copieux  ne  saurait  donner  une  idée  complète  d'un 
dialecte;  pour  cela  des  textes  sont  absolument  nécessaires,  et  quelques  mor- 
ceaux suivis  devraient  toujours  rentrer  dans  le  plan  d'un  lexique  patois.  Mais 
M.  R.  a  fait  plus  et  mieux  en  nous  donnant  tout  un  volume  de  contes  popu- 
laires transcrits  d'après  le  système  adopté  pour  le  glossaire.  C'est  non  seule- 
ment une  précieuse  contribution  à  la  littérature  des  contes,  mais  une  excellente 
publication  dialectale,  qui  permet  de  faire  à  distance  une  étude  approfondie 
du  patois  de  Bournois;  bien  peu  d'autres  patois  sont  représentés  par  une  telle 
abondance  de  textes  scientifiquement  utilisables. 

La  collection  se  compose  de  47  morceaux,  qui,  d'après  M.  R.,  consti- 
tuent avec  la  Barbe  Bleue  et  le  Petit  Poucet  le  répertoire  complet  de  tout 
ce  qui  se  raconte  à  Bournois.  Pour  les  20  derniers,  qui  rentrent  dans  la 
catégorie  des  xçvnxaôia,  M.  R.  donne  le  texte  seul;  mais  tous  les  autres 
sont   imprimés  avec  la  traduction   en  regard.     Le  principe  d'imitation  servile 


412  BESPRECHUNGEN.     H.  SABERSKY, 

du  patois,  que  nous  avons  déjà  déploré  dans  le  glossaire,  est  malheureitie* 
ment  appliqué  ici  sur  une  vaste  échelle  et  s'étend  jusqu'à  la  morphologie; 
on  rencontre  dans  cette  prétendue  traduction  des  formes  telles  qae  vons 
(allons),  ons  (avons),  fuyèrent  (fuirent),  partissait  (partait),  servissant  (ser- 
viable),  clovit  (passé  déf.  de  clore),  bleuse  (bleue),  etc.  En  dépit  des  tour- 
nures baroques  et  des  inexactitudes  qui  en  résultent,  les  mots  sont  pris  sou- 
vent dans  un  sens  absolument  étranger  au  français  actuel.  Qosnd  le  voc»- 
bulaire  français  n'offre  pas  de  forme  correspondante,  M.  R.  en  ûibriqae  ov 
bien  se  borne  à  transporter  le  mot  tel  quel,  en  transcription  phonétique,  dm 
texte  dans  la  traduction.  Cette  façon  de  traduire  aboutit  à  on  jargon  com- 
préhensible tout  au  plus  pour  ceux  qui  savent  le  patois  et  dont  par  con- 
séquent nous  ne  voyons  guère  l'utilité. 

La  séparation  des  mots  patois  est  très  inconséquente  et  les  fautes  d'im- 
pression beaucoup  trop  nombreuses.  Quant  aux  contes  en  eux-mêmes,  malgré 
leur  localisation  très  précise,  ce  ne  sont  pour  la  plupart,  comme  on  devait 
s'y  attendre,  que  des  variantes  de  thèmes  connus.  On  remarquera  l'absence 
presque  totale  de  l'élément  merveilleux,  du  conte  de  fée  proprement  dit:  à 
côté  des  randonnées,  des  contes  d'animaux  et  des  aventures  de  Jean  Bête, 
ne  rencontre  guère  que  d'épaisses  facéties  rabelaisiennes  et  des  récits  d*i 
rare  obscénité.  Les  habitants  de  Boumois  ne  sont  évidemment  pas  des 
natures  poétiques,  mais  on  ne  leur  refusera  pas  une  certaine  verve  dans  la 
narration.  Quant  au  langage,  il  a  été  scrupuleusement  respecté,  et  personne 
ne  soupçonnera  M.  R.  d'en  avoir  atténué  la  crudité  native. 

Jules  Jbanjaquxt. 


Heoker,  Dr.  Oskar,  Die  Italienische  Umgangssprache  in  systema- 
tischer Anordnung  und  mit  Aussprachehilfen.  Braimscbweigi 
Georg  Westermann.  1897.    XX,  312  S.    8».     Geb.  M.  4. 

Immer  und  immer  wieder  hört  man  solche,  die  Italien  zum  ersten  Mala 
bereist  haben,  lebhaft  klagen,  sie  hätten  sich  trotz  des  Bewufstseins,  der  ita^ 
Henischen  Grammatik  „Paragraphos  wohl  einstudiert'*  zu  haben,  nur  mâhseUlg 
verstandlich  machen,  andere  aber  fast  gar  nicht  verstehen  können,  ^^ftrlifr 
glaubte  nun  gar  ein  Uebriges  zu  tbun,  wenn  er  nach  abgethaner  Grammatik 
wöchentlich  noch  ein  paar  Stunden  für  Konversation  „mit  einem  geborenen 
Italiener"  opferte,  um  „das  Ohr  an  die  fremden  Laute  zu  gewöhnen",  liat 
aber  keine  besseren  Erfahrungen  gemacht  und  mufste  gar  bald  einsehen,  dad 
er  im  Lande  der  Maccaroni  ein  Italienisch  zum  besten  gab,  das  sich  im 
günstigen  Falle  zum  echten  kaum  anders  verhielt,  als  das  Maccaronilatein  svm 
klassischen  des  Cicero. 

Einen  Einblick  in  die  schier  unübersehliche  Menge  von  Redewendungen, 
die  dem  Italienischen  eigentümlich  sind,  gewährte  allerdings  eine  ganxe  Ansahl 
von  Phraseologien  und  Konversationsbüchem.  Da  aber  deren  einzelne  Ab- 
schnitte nur  nach  äufserer,  zufälliger,  dem  jeweiligen  Bedürfnis  entsprecbender» 
nicht  nach  innerer,  grammatischer  Zusammengehörigkeit  gruppiert  waren,  so 
mögen  sie  —  namentlich  die  reichhaltigen  —  für  den  Notfall  aosgeboUen 
haben;    im   allgemeinen   aber   boten   sie   zur   Bekämpfung   des   angedentetoi 


HECKER,   DIB  ITAL.  UMGANGSSPRACHE  IN  SYSTEM.  ANORDNUNG.      413 

Uebels  nur  eine  die  Blöfsen  spärlich  bedeckende,  leicht  abfallende  Hülle, 
nicht  aber  ein  Heilmittel. 

Hier  ist  nnn  Hecker  helfend  eingesprungen.  Er  hat  es  unternommen, 
die  Lösung  der  schwierigen  Aa%abe  vom  Standpunkt  der  Grammatik  aus 
anzufassen.  Sein  feines  Unterscheidungsvermögen  fur  sprachliche  Eigentüm- 
lichkeiten ,  das  sich  auf  jeder  Seite  des  Buches  offenbart,  und  die  reichen  Er- 
fahrungen, die  er  während  jahrelangen  Aufenthaltes  im  sprachepflegenden 
Toskana  aufspeichern  konnte,  befähigten  ihn  besonders,  das  Werk  zu  wagen. 

Es  ist  anzuerkennen,  dafs  der  Verfasser  bezüglich  der  genaueren  Anord- 
nung des  Stoffes  Bernhard  Schmitz'  deutsch  -  französische  Phraseologie  zum 
Vorbild  gewählt  hat,  deren  Vortrefflichkeit  längst  anerkannt  ist  und  auch 
durch  die  Anzahl  ihrer  Auflagen  (nächstens  erscheint  die  zwölfte)  bezeugt 
wird.  Selbstverständlich  sind  nur  die  Ghrundzüge  des  Schmitz*schen  Planes 
beibehalten;  wo  der  Geist  der  Sprache  Aendernngen  erforderte,  wurde  ihm 
gewissenhaft  sein  Recht. 

So  darf  schon  hier  gesagt  werden,  dais  es  dem  Verfasser  gelungen  ist, 
seine  Sache  glänzend  durchzufahren,  und  dafs  er  damit  einem  Bedürfnis  ab- 
geholfen hat,  dessen  sich  Lehrende  und  Lernende  bisher  sehr  empfindlich  be- 
wufst  waren. 

Zur  Einübung  mustergültiger  Aussprache  werden  offenes  und  geschlossenes 
e  und  0^  tönendes  und  tonloses  s  und  s  durch  die  Schrift  auseinandergehalten. 

Ueberall,  wo  durch  die  enge  lautliche  Verbindung  eines  betonten  (in  ge- 
wissen Fällen  halbbetonten)  aaslautenden  Vokals  mit  einem  anlautenden  Kon- 
sonanten eine  Verdoppelung  des  letzteren  eintritt,  hat  es  H.  in  der  Schrift 
durch  ein  Verbindungszeichen  (J)  unter  der  Zeile  angezeigt.  Es  ist  sein  Ver- 
dienst, die  Veranschaulichung  dieses  Lautgesetzes  in  deutschen  Lehrbüchern 
eingeführt  zu  haben.  Von  Petrocchi  war  in  seiner  Grammatica  della  lingua 
italiana  (i.Aufl.  1887)  S.  44  im  Kapitel  „Del  legame"  nur  andeutungsweise 
auf  das  Gesetz  hingewiesen  worden.  D'Ovidio  und  Meyer  hatten  in  Groebers 
„Grundrifs**  S.  496  die  Bedingungen ,  unter  denen  die  Verdoppelung  im  An- 
laut eintritt,  aufgezählt  und  die  örtlichen  Grenzen  ihrer  Erscheinung  im  allge- 
meinen angegeben.  Auch  hatten  sie  in  der  phonetischen  Transskription  der 
beigefügten  Sprachprobe  zwar  die  Verdoppelung  des  Konsonanten  durch  Typen 
dargestellt,  nicht  aber,  wie  H.  es  thut,  die  enge  Zosammengehörigkeit  mit  dem 
auslautenden  Vokal. 

Der  reiche  Inhalt  ist  in  eine  grammatische  und  eine  rhetorische 
Abteilung  gesondert  worden. 

Die  Zeitwörter  mit  mannigfaltiger  Bedeutung  bilden  den  ersten  Abschnitt. 
Was  man  sonst  aus  den  grofsen  Wörterbüchern  von  Petrocchi,  Rigatini  e 
Fanfani,  Tommaseo  e  Bellini,  oder  aus  dem  Vocabolario  degH  Accademici 
della  Crusca  (um  nur  die  erstklassigen  zu  nennen)  mühevoll  hervorgräbt,  findet 
sich  hier  schon,  übersichtlich  geordnet,  auf  57  Seiten  zusammengestellt.  Da 
sind  in  den  Abteilungen  für  andare,  avere,  dare,  dire,  essere,  fare,  mettere, 
passare,  portare,  prendere,  stare,  tenere,  vedere,  venire,  volere  in  knappen 
Sätzen  die  gebräuchlichsten  Verwendangsformen  dieser  Zeitwörter  vorgeführt. 
Aber  auch  ihre  deutschen  Entsprechungen,  deren  idiomatischer  Gebrauch  be- 
kanntlich dem  das  Deutsche  lernenden  Italiener  nicht  geringere  Schwierigkeiten 
bereitet,  sind  in  gleicher  Weise  behandelt  worden. 


414  BESPRECHUNGEN.  H.  SABERSKY, 

Es  folgen  in  dieser  Abteilung  noch  32  Abschnitte,  deren  lehrreichen 
Inhalt  auch  die  Sprachgewandten  gerne  wiederholt  lesen  und  zn  Rat  stehen 
werden.  Die  belangreichsten  darunter  sind:  X.  Ital.  Participial  •Wendungen; 
XI.  Eigenartiger  Gebrauch  des  italienischen  Imperativs;  XIII.  Deutsche  Haupt- 
wörter, für  die  im  Ital.  andere  Wortarten  eintreten;  XV.  Die  Mehrzahl  im 
Italienischen,  wo  im  Deutschen  die  Einzahl  steht;  XVI.  Der  bestimmte  Artikel 
im  Italienischen;  XXII.  Ital.  Fürwörter;  XX  VII.  Präpositionen  ;  XXXI.  Inter* 
jektionen;   XXXIII.  Stimmen  der  unbelebten  Natur. 

Einen  hervorstechenden  Zug  der  ital.  Umgangssprache,  das  Ffirwort  ia 
beziehungslos  zu  gebrauchen,  hat  H.,  wo  immer  er  ihn  nur  an&pñren  konnte, 
gewissenhaft  vorgemerkt  und  im  Abschn.  XXin  zur  Anschauung  gebracht. 
Er  hat  darin  eine  Sammlung  von  nicht  weniger  als  56  damit  ausgestattetem 
Redeweisen  vereinigt.  Hierdiu-ch  allein  schon  hat  sich  der  Ver£  den  Video 
zu  Dank  verpflichtet,  die  bisher  vergeblich  nach  einer  derartigen  Zusammen* 
Stellung  Umschau  hielten. 

Die  zwanzig  Abschnitte  der  rhetorischen  Abteilung  werden  nament- 
lich denen,  die  schon  tiefer  in  die  Kenntnis  des  Italienischen  eingedrungen 
sind,  Anregung  und  Genufs  bieten.  Zweifelsohne  sind  sie  die  Frudit  jahre- 
langen Sammeins  und  Sichtens  und  unausgesetzten  scharfen  Vergleichens  ita- 
lienischer Rede  mit  deutscher.  Der  hier  verfugbare  Raum  gestattet  leider 
nur  wieder  die  Inhaltsangabe  der  hervorragendsten  anzuführen  :  I.  Anknüpfende 
und  überleitende  Redewendungen;  II.  Eingeschaltete  Redenssuten  im  Ital.; 
V.  Vergleiche;  VI.  Deutsche  bildliche  Ausdrücke,  für  die  im  Ital.  ein  Gegen- 
bild vorhanden  ist;  VIII.  Ital.  bildliche  Redensarten,  für  die  im  Dentsdien 
ein  Gegenbild  fehlt;  X.  Ironische  Ausdrücke;  XIV.  Verhüllende  Ausdrucks- 
weisen;  XVIII — XX.  Ital.  und  deutsche  Sprichwörter  in  Form  und  Wesen 
einander  gegenüber  gestellt. 

Auch  aus  der  rhethorischen  Abteilung  sei  ein  Abschnitt  (IX.  Deutsche 
Redensarten,  die  in  gleicher  oder  ähnlicher  Form  auch  im  Ital.  voikommen) 
etwas  näher  betrachtet  Die  stattliche  Anzahl  von  1 82  hierher  gehörigen  Bei- 
spielen hat  der  Verf.  zusammengetragen.  Es  liegt  die  auf  den  ersten  Blick 
rätselhafle  Erscheinung  vor,  dafs  zwei  in  ihren  Gewohnheiten  und  An- 
schauungen verschiedene  Nationen  zur  treffenden  Bezeichnung  eines  Gedankens 
aus  vielen  sich  bietenden  Bildern  ganz  das  nämliche,  oft  weit  her  geholte, 
herausgreifen  und  es  dann  durch  häufigen  Gebrauch  zur  gangbaren  liSnse 
umwandeln,  deren  Prägung  bezüglich  des  Bildes,  ganz  wie  bei  der  wirklichen 
Münze,  kaum  noch  beachtet  wird. 

So  z.  B.  S.  226, 1 1  :  Sie  haben  ihm  einen  Floh  ins  Ohr  gesetzt  GH 
hanno  messo  una  pulce  in  un*  orecchio,  S.  225,  6:  Das  Herz  blutet  einem, 
wenn  man  sieht  ...  Ti  sanguina  il  cuore  a  vedere  come  ...  S.  224, 7  :  Da 
hast  wohl  eine  poetische  Ader?  Hai  una  vena  di  poeta,  eh?  u.a.m.  Dieser 
Abschnitt  allein  birgt  in  seiner  Fülle  unmittelbar  belehrenden  Stoffes,  gewisser*. 
mafsen  als  Nebenerzeugnis,  zugleich  eine  Fundgrube  für  solche,  die  Deutsch 
und  Italienisch  von  dem  bezeichneten  Gesichtspunkt  aus  untersuchen. 

In  einem  Anhang  sind  noch  Briefadressen,  Briefschlüsse  und  Proben 
des  vertraulichen  Briefstils  beigegeben,  die  zum  Teil  dem  Epistolario  Ton 
Andrea  Bertoli  entnommen  und  mit  einer  tadellosen  Uebersetzung  versehen 
sind.     Die   letzten  20  Seiten   enthalten  Gespräche   aus  dem  taglidien  Leben» 


HECKER,   DIE  IT  AL.  UMGANGSSPRACHE  IN  SYSTEM.  ANORDNUNG.       415 

die  sich  nicht  wesentlich  von  den  in  andern  Konversationsbüchern  enthaltenen 
unterscheiden.  Nur  sind  von  Hecker  ausnahmsweise  einmal  Berliner  Ver- 
hältnisse zum  Gegenstande  der  Unterhaltung  gewählt,  was  wohl  als  ein  Zu- 
geständnis für  Italiener  betrachtet  werden  kann,  die  sich  der  deutschen  Sprache 
befleifsigen  wollen. 

Ein  reichhaltiges  Verzeichnis  aller  deutschen  Wörter  des  Textes  (nicht 
des  Anhangs),  die  im  Ital.  auf  besondere  Weise  wiederzugeben  sind,  erleichtert 
das  Nachschlagen. 

Auf  die  äufsere  Ausstattung,  sowie  auf  den  Druck  und  die  Mittel  zum 
schnellen  Zurechtfinden  ist  besondere  Sorgfalt  verwendet  worden. 

Einzelnes  veranlagst  zu  folgenden  Bemerkungen: 

H.  hat  nicht  nur  das  Idiomatische  des  Ital.,  nach  grammatischen  Begriffs- 
fachern  geordnet,  vorgeführt,  sondern  auch  das  Idiomatische  des  Deutschen, 
soweit  es  vom  Ital.  abweicht.  Das  Buch  kann  daher  auch  Italienern  zur  Er- 
lernung der  deutschen  Umgangssprache  dienen.  Im  Hinblick  hierauf  wäre  es 
ratsam  gewesen,  wenn  der  Verf.  dem  Lernenden  die  ohnehin  grofse  Schwierig- 
keit hier  und  da  erleichtert  hätte.  Es  giebt  nämlich  in  dem  Buche  eine  ganze 
Anzahl  deutscher  Redeweisen,  in  denen  kein  Wort  an  die  gegenüberstehende 
italienische  Entsprechung  erinnert,  die  aber,  ohne  dafs  man  der  Sprache  Ge- 
walt anzuthun  brauchte,  in  mehr  wörtliche  Uebereinstimmung  mit  dem  Ital. 
gebracht  werden  könnten.  Wo  dies  zulässig  war,  konnte  eine  zweite  Ueber- 
tragung  in  Klammern  beigefügt  werden.  Hieran  hätten  zugleich  die  Deutschen 
lernen  können,  in  welchen  Fällen  eine  Erleichterung  möglich  ist.     Z.B.: 

S.  10,  15.  Das  machte  ihn  stutzig  Questo  gli  dude  da  pensare.  Es 
konnte  beigefügt  werden:  (Das  gab  ihm  zu  denken). 

S.  1 6,  3.  Lassen  wir  die  Vergangenheit  ruhen  Quel  che  è  stato  è  stato, 
E.  k.  b.  w.:  (Was  vorbei  ist,  ist  vorbei). 

S.  17,2.  Du  sollst  mich  kennen  lernen  Tifare  vedere  chi  sono.  E,  k. 
b.  w.:  (Ich  werde  dir  (schon)  zeigen,  wer  ich  bin). 

S.  56,  13.  Es  sieht  nach  Regen  aus  Par  che  voglia  piovere,  E.  k.  b.  w.: 
(Es  scheint,  dafs  es  regnen  wolle). 

S.  62,  7.  Du  kannst  ja  auch  mal  dein  Heil  versuchen  Prova  un  fo^  tu  se 
ti  riesce.     E.  k.  b.  w.:  (Versuche  du  auch  mal,  ob  es  dir  gelingt). 

Ferner  noch:  S.  22,  9,  10;  S.  33,  12;  S.  37,  21  ;  S.  48,  12;  S.  51,  14; 
S.  56,3,6;  S.66,2;  S.  84,15;  S.95,22;  S.  101,9;  S.  113,24;  S.  129,  21,23; 
S.  135,  8;  u.  a.  m. 

Ebenso  konnten  einzelnen  italienischen  Sätzen  gleichwertige  andere  in 
Parenthese  beigegeben  werden,  die  sich  den  deutschen  Entsprechungen  dem 
Wortlaut  nach  besser  anpassen. 

Manchmal  hat  der  Verf.  Redensarten ,  deren  Eigentümkeit  die  Aufnahme 
in  mehreren  Abschnitten  verlangt,  nur  einmal  aufgeführt.  Z.B.  steht  im 
Abschnitt  „Gehen**,   fehlt  aber  bei  „Dare"', 

Das  Schlafzimmer  geht  nach  der  Strafse  hinaus  La  camera  dà  sulla 
strada.     Es  befindet  sich  unter  „Stellen",  nicht  aber  unter  „Dare", 

Jemandem  ein  Bein  stellen  Dare  un  gambetto  a  uno. 

Eine  nochmalige  Durchsicht  nach  dieser  Richtimg  hin  wäre  erspriefs- 
lich  gewesen.  Namentlich  hätte  der  Abschnitt  6  „Fare"  dadurch  einen  er- 
freulichen Zuwachs  erhalten. 


4l6  BESPRECHUNGEN.     H.  SABERSKT, 

Vermifst  wurden  folgende  Redewendangen  und  Ausdrucke: 

Bei  I,  3  (Dare).  Sie  liefsen  ihn  Platz  nehmen  Gä  diedero  a  sedere* 
Sie  läuteten  die  Glocken  Diedero  neUe  campane. 

Bei  XIV,  4  (Es  dient  eine  andere  Präposition  als  di  zur  Verbindm^  der 
Hauptwörter).    Die  Kameliendame  La  Signora  dalie  CatmeUe» 

Bei  XXI  (Farben).     Der  schwarze  Mann  //  lupo. 
Er  sieht  leichenblafs  aus  Fa  il  viso  bianco. 
Das  graue  Altertum  La  lontana  antichità. 
Das  geht  ins  Aschgraue  Questo  passa  la  misura. 
Darüber  will  ich  mir  keine  grauen  Haare  wachsen  lassen  Questo 

non  mi  vale  molto. 
Dies  ist  das  bevorzugte  Kind  Questo  bambino  hä  il  ßl  rosso. 

Hier  wäre  es  eine  verlockende  Aufgabe  gewesen,  deutsche  zasammen- 
gesetzte,  eine  Farbenbezeichnung  enthaltende  Hauptwörter  anzuschlielsen,  deren 
Entsprechungen  im  Ital.  eine  solche  nicht  nachweben  :  z.  B.  der  Weilsbinder 
il  bottajo't  die  Weifsbuche  il  carpine  \  der  Grünspan  il  rame  acetato  ;  der 
G^lbgieíser  /*  ottonajo  ;  der  Rotfuchs  il  cavallo  sauro  ;  der  RotgîeTser  Ü  fon* 
ditore  in  rame;  der  Rotlauf  la  risipola\  die  Blausäure  P accido  prussico; 
die  Blaumeise  la  cingallegra;  der  Blaustrumpf  la  saccentona  (übrigens  an 
anderer  Stelle,  S.  206, 4  angeführt)  ;  die  Braunkohle  P  antracite  u.  a.  m. 

Bei  XXVII,  6  {in  gewöhnlich  „in**,  jedoch:) 

Von  Tag  zu  Tage  Di  giorno  in  giorno. 

Womit  kann  ich  Ihnen  dienen?   In  che  posso  servirla? 

Er  kam  ihm  zu  Hilfe  Egli  venne  in  suo  ajuto. 
Es  fehlt:  {sopra  gewöhnlich  „über**,  jedoch:) 

Machen  Sie  es  nach  diesem  Maise  Lo  faccia  sopra  questa  misura. 
Bei  XXVII,  9  {su  gewöhnlich  „auf*,  jedoch:) 

Am  Anfang  Sulle  prime. 
Zur  rhetorischen  Abteilung  III  (Elliptische  Ausdrücke  im  Ital.): 

Er  nimmt  die  Sorge  auf  sich  Se  la  piglia. 

Der  Abschnitt  V,  S.  181  (Vergleiche,  die  in  beiden  Sprachen  denselben 
Gedanken  ausdrücken)  hätte  an  Uebersichtlichkeit  gewonnen,  wenn  er  in  zwei 
Abteilungen  zerlegt  worden  wäre,  deren  erste  solche  Vergleiche  enthalten 
hätte,  die  in  beiden  Sprachen  wörtlich  übereinstimmen,  wie  z.B.  SchUn  wie 
ein  Fuchs  Astuto  come  una  volpe,  und  deren  zweite  diejenigen  aufgenommen 
hätte,  bei  denen  eine  Uebereinstimmung  nur  teilweise  zutrifft,  wie  z.  B.  Arbeiten 
wie  ein  Pferd  Lavorare  come  un  cane.  Hiernach  gehörten  74  zur  ersten  Reibe 
und  folgende  39  zur  zweiten:  181,  15,  17^  19,  21  ;  182,  i,  8,  I4,  17,  18,  24; 
183,  I,  5»  10,  12,  14,  21,  ¿3;  184,5,8,10,13,14,15,16,22,23;  185,4,7,9, 
IG,  II,  13,  14,  15,  16,  19;     186,  I,  2,  4. 

Bei  VIII,  S.  214  (Ital.  bildliche  Redensarten,  für  die  im  Deutschen  ein 
Gegenbild  fehlt)  wäre  noch  einzuschalten  :  Er  ist  hungrig  Sta  a  bocca  asciutiam 
Das  Pferd  jagte  durch  die  Straise  //  cavallo  divorava  la  strada,  £r  ver« 
abschiedete  sich  nur  so  obenhin  von  ihm  Gli  disse  addio  a  fior  di  Mèra, 
In  den  ersten  Tagen  war  ich  öfter  daran,  die  Geduld  zu  verlieren  ASn'  prùmi 
giorni  fui  più  volte  sulle  undici  once  di  perder  la  paùenna,  £r  betrügt  Fa 
la  libbra  d*  undici  once. 


HECKER,   DIE  ITAL.  UMGANGSSPRACHE  IN  SYSTEM.  ANORDNUNG.      417 

So  auch  bei  XII  (Hyperbolische  Ausdrücke  nur  im  Ital.).  Er  übertreibt 
Dice  una  bomba. 

Bei  XVII  (Deutsche  Sprichwörter  und  sprichwörtl.  Redensarten,  die  im 
Ital.  in  gleicher  oder  ähnlicher  Fassung  vorkommen)  kämen  noch  hinzu:  Wer 
sich  zum  Schafe  macht,  den  fressen  die  Wolfe  Chi  pecora  si  fa,  lupo  la 
mangia.  Es  ist  dieses  Sprichwort  unter  XIX  (Ital.  Sprichw.,  die  im  Dtschn. 
nicht  vorkommen)  verzeichnet.  Sein  Vorhandensein  wird  in  Grimm's  Wtbch. 
Bd.  8  S.  196  bezeugt. 

Ebenso  könnte  in  VIII  S.  215  (Ital.  bildliche  Redensarten,  fiir  die  im 
Dtschn.  ein  Gegenbild  fehlt)  „Er  durchschaut  einen  sofort  Ha  gli  occhi  d*  Argo** 
fortfallen,  da  „Er  hat  Argusaugen"  ganz  gebräuchlich  ist.  Es  könnte  dem 
Abschnitt  V  einverleibt  werden. 

Nicht  allgemein  übliche  Redewendungen  und  Wörter  sind: 
S.  5 1 ,  15  Auf  die  Dauer  wird  einem  alles  „über". 
S.  60,  25  Thu,  „was  du  lustig  bist". 
S.  116,  21  Zu  so  „ausgefallener"  Stunde. 
S.  118,  28  Ein  „freigiebiger^*  Mensch. 
Schlieislich  sei  noch  eine  Bitte  an  den  Herrn  Verfasser  gerichtet.   Viele 
werden  ihm  Dank   wissen,   wenn  er  der  nächsten  Auflage  eine  Seite  Erläu- 
terungen für  Redeweisen  beifügte,   deren  Fassung  die  Lernenden  unmittelbar 
zur  Frage  auffordert.     Beispielsweise  seien  angefahrt: 

S.  189,20  Unglaublich  einfaltig  Tondo  come  VO  di  Giotto, 

S.  193,  20  In  einer  Erzählung  bei  der  Erschafifung  der  Welt  anfangen 

Rifarsi  dalle  cave  di  Fiesole, 
S.  196,  2  Hier  liegt  der  Hand  begraben  Qui  giace  Nocco, 
S.  203,  1 9  Er  hat  Knigge's  „Umgang  mit  Menschen"   nicht  gelesen 

Non  conosce  il  Galateo, 
S.  215,  20  Nachgerade  habe  ich  die  Geschichte  satt  È  diventata  la 

camicia  di  Meo, 

S.  216, 16  Sie   sind   spät  gekommen   Son  arrivati  colla  caroua  del 

Negri. 

Die  Wünsche,   die  im  Vorstehenden  bezüglich  einiger  Zusätze,  Aende- 

rungen   und  Verbesserungen   niedergelegt  wurden,    können  dem  Werte,   man 

darf  sagen   der  Unentbehrlichkeit,   des  Buches  nichts  anhaben.     Es  wird  für 

lange  Zeit  hinaus  einen  notwendigen  und  gern  hervorgeholten  Bestandteil  der 

Handbibliothek  eines  jeden  bilden,  der  sich  mit  dem  Italienischen  beschäftigt. 

Ein  „Herzliches  Willkommen!"  sei  ihm  entgegengerufen. 

H.  Sabe&sky. 


La  Prise  de  Ck)rdre8  et  de  Sebille»  chanson  de  geste  du  XU«  siècle, 
publiée  d'après  le  manuscrit  imique  de  la  Bibliothèque  Nationale  par  Ovide 
Densusianu.     (Société  des  anciens  textes  français.)    Paris  1896. 

Das  nur  in  einer  Handschrift  erhaltene  Epos,  la  Prise  de  Cordres  et  de 
Sebille,  ist  eine  Fortsetzung  des  Guibert  d*Andrenas.  Dieses  Lied  erzählte, 
wie  Aimeri  von  Narbonne  eines  Tages  beschliefst,  Land  und  Leute  seinem 
Patenkinde  Aimeriet  zuzuwenden  und  dafür  seinem  jüngsten  Sohne  eine  Ent- 
schädigung in  Spanien  zu  verschaffen.  Mit  seinen  Söhnen  and  Enkeln  erobert 
Zeiuchr.  t  rom.  PhU    XXIL  27 


4l8  BESPRECHUNGEN.     PH.  AUG.  BECKER, 

er  in  der  That  die  Städte  Balesguez  und  Andrenas;  entere  wird  den  Fran- 
zosen durch  den  König  Baudus  überliefert,  den  Aimeriet  znm  Creûmgenen 
gemacht  hat,  die  andere  erobern  sie  dank  der  Tollkühnheit  Aimerís,  der  durch 
einen  Wortwechsel  mit  Wilhelm  gereizt,  allein  vor  die  feindlichen  VorpcMten 
reitet,  ergriffen  und  in  die  Burg  geschleppt  wird,  aber  im  Einverständnis  mit 
Gaieté,  die  Guibert  liebt,  sich  des  Turmes  bemächtigt  und  so  den  Christen 
die  Einnahme  der  Stadt  ermöglicht.  Baudus,  zum  zweiten  Mal  unterlegen, 
empfangt  die  Taufe;  der  König  ludas  läfst  sich  im  thörichten  Vertrauen  auf 
Muhamed  von  den  Zinnen  eines  Turmes  herabfallen  und  bleibt  zerschmettert 
liegen.* 

Um  seine  Fortsetzung  anzubringen,  hat  der  Nachdichter  an  den  ge- 
gebenen Voraussetzungen  nur  wenig  zu  ändern  gebraucht;  er  lÜst  Indas  am 
Leben  bleiben  und  verlegt  die  Hochzeitsfeier  etwas  willkfiriich  nach  Salerie; 
aufserdem  fahrt  er  eine  Reihe  neuer  Figuren  ein  und  giebt  den  alten  teüweiae 
andere  Bestimmungen. 

In  Salerie,^  so  erzählt  die  Prise  de  Cordres  et  de  SdnUe,  hat  Torpin 
die  Ehe  Guiberts  mit  Agaiete  eingesegnet;  auf  der  Baumwiese  feiern  die  Fran- 
zosen das  Hochzeitsfest.  Durch  einen  Späher  benachrichtigt,  überfallen  die 
noch  in  der  Nähe  lagernden  Sarazenen  die  Arglosen  und  fuhren  Wilhelm, 
Bertrán,  Hernaut  und  Guibert  als  Beute  von  dannen.  Die  Franzosen  setaen 
ihnen  nach;  beim  Ueberschreiten  eines  Flusses  besteht  Aimer*  den  König 
Butor  von  Aufrique,  der  den  Rückzug  deckt,  im  Einzelkampf  und  macht  ihn 
zum  Gefangenen;  auf  die  weitere  Verfolgung  der  Heiden  muís  aber  verxichtet 
werden.  Butor  trotzt  dem  Zorne  Agaietes,  deren  Freier  er  froher  war,  er 
lehnt  es  ab  sich  loszukaufen,  und  verlangt  Gruibert  gegenübergestellt  sn  werden, 
um  ihre  beiderseitigen  Ansprüche  mit  dem  Schwerte  zu  entscheiden,  was  vor- 


^  Die  genauere  Kenntnis  des  Guibert  d* Andrenas  verdanke  ich  der 
Freundlichkeit  Herrn  Professor  Cloettas,  der  mir  seine  Abschrift  nach  der  Hs. 
Bibl.  nat.  24369  in  liebenswürdigster  Weise  zur  Verfügung  gestellt  hat 

>  In  Guibert  d^ Andrenas  werden  die  porz  de  Salorie  auf  dem  Weg 
zwischen  Balesguez  und  Andrenas  erwähnt  (ms.  B.  N.  24369  f^  163  a): 

La  nuit  passèrent  les  porz  de  Salorie, 
Les  puys  de  Dor  et  les  vaux  de  Surie, 
Sezile  (Sebille?)  voient  à  senestre  partie, 
Puis  voient  Cordes  la  fort  dté  garnie 
El  d'autre  part  les  vaus  de  Comenie 
Ou  li  Comain  ont  leur  herbergerie  .  .  . 
Andrenas  voient  suz  la  roche  naye. 

Später,    wie  Aimeri   ausreitet,    um   die  feindliche  Vorhut  anzugreifen,   heifst 
es  (i**  165  c): 

La  nuit  passa  les  porz  de  Salorie, 

Les  puis  de  Dor  et  lez  vaux  de  Sorie. 

Hier  befindet  sich  Salorie  zwischen  dem  Lager  der  Franzosen  und  den  feind- 
lichen Vorposten,  also  in  unmittelbarer  Nähe  von  Andrenas,  etwa  wie  Saint- 
Germain-des-Prés  vor  Paris.  Der  Fortsetzer  dürfte  durch  diese  Stelle  bestimmt 
worden  sein,  die  Hochzeit  in  Salerie,  d.  h.  in  einem  Vorort  der  Stadt  feiern 
zu  lassen.  Salorie  dürfte  schwerlich  mit  Lérida  gleichzusetzen  sein,  welches 
der  Dichter  des  Guibert  d* Andrenas  unter  der  gewöhnlichen  Namensform 
f**  158a  erwähnt:  Leride  et  Balesguez.  Die  puiz  de  Dor  und  vaus  de  Sorie 
ersdieinen  f^  157  c  abermals,  aber  im  Zusammenhang  mit  Tudele. 
*  V.  193  ist  unbedingt  Aimer  zu  lesen. 


DENSUSIANU,  LA  PRISE  DB  CORDRBS  BT  DB  SBBILLB.  419 

läung  unmöglich  ist.  Die  heimkehrenden  Heiden  teilen  ihre  Beate;  Konig 
ludas,  Agaietes  Vater,  fahrt  Gaibert  nach  Sebille,  wo  er  ihn  in  freier  Haft 
behält;  der  Almassor  von  Cordres  lafst  die  drei  andern  in  seinen  Kerker 
werfen.  Zum  Glück  hat  seine  Tochter  Nubie  die  Schönheit  Bertrans  bemerkt 
und  sich  in  ihn  verliebt;  sie  läfst  sich  vom  Kerkermeister  Baníumé,  der  heim- 
lich zum  Christentum  neigt,  das  Verlieís  Öffnen,  steigt  hinunter  und  verlobt  sich 
mit  Bertrán.  Auf  den  Abend  betäubt  sie  die  Heiden  beim  Festgelage,  indem 
sie  den  Wein  mit  Kräutern  mischt,  befreit  die  Gefangenen  und  entflieht  mit 
ihnen  und  Baufumé,  reiche  Schätze  und  den  bewulstlosen  Almassor  mit  sich 
fortführend.  Beim  Tagesanbruch  stofsen  die  Flüchtigen  auf  Gralerien  von 
Persien,  den  der  Wunsch  um  Nubies  Hand  anzuhalten  herbeiführte;^  von  der 
andern  Seite  durch  die  Schaarwacht  von  Cordres  bedrängt,  suchen  sie  Zu- 
flucht in  einer  verlassenen  Burg;  trotz  ihrer  tapferen  Verteidigung  legen  die 
Heiden  Bresche  in  die  Mauer,  ergreifen  Baufumé  und  befreien  den  Almassor. 
Allein  die  Hülfe  ist  nahe;  die  Franzosen  sind  vor  Cordres  gerückt,  und  eben 
erscheint  die  Schaar  der  jüngeren  Krieger  von  Bandas  angeführt  auf  dem 
Plan,  als  Wilhelm,  Hernaut  und  Bertrán  sich  anschidcen  auszufallen,  um  Bau- 
fumé vor  dem  Galgen  zu  retten.  Im  Handgemenge  geraten  auch  Vivien  und 
Bertrán  aneinander,  Naimon  mufs  sie  trennen.  Triumphierend  kehren  die 
Franzosen  nach  Salerie  zurück,  wo  Bertrán  seine  Vermählung  mit  Nubie  feiert 
und  der  Almassor  sich  taufen  läfst  Nun  zieht  Aimeri  selbst  mit  den  Seinigen 
vor  Cordres,  das  sich  ergiebt,  und  alsbald  vor  Sebille,  wo  Baudus  und  Bertrán 
in  die  Stadt  geschickt  werden,  um  mit  König  ludas  den  Zweikampf  zwischen 
Guibert  und  Butor  zu  verabreden.  Wilhelm,  Bovon,  Garin,  Bemart,  Aimer, 
Bertrán  und  Vivien'  stellen  sich  als  Geiseln;  ludas  kommt  selbst  in  das  Lager 
der  Franzosen,  um  dem  Kampfe  beizuwohnen.  Mit  gröfstem  Ingrimm  fechten 
Butor  und  Guibert;  der  Sieg  mufs  aber  auf  Seiten  der  Christen  bleiben.  — 
Hier  bricht  das  Lied  ab.  Der  Schlufs  mochte  sein,  dais  ludas  seinem  ge- 
gebenen Worte  gemäis  das  Christentum  annahm  und  SebUle  den  Franzosen 
überlieferte. 

Die  Prise  de  Cordres  et  de  SebiUe  ist  verhältnismäisig  kurz,  sie  ist  in 
assonierenden  Zehnsilbertiraden  mit  schlieisenden  Sechssilbem  geschrieben  und 
wird  nicht  viel  mehr  als  3000  Verse  gezählt  haben.  Die  Erzählung  ist  wohl- 
geordnet und  schreitet  munter  vorwärts.  Schlachten,  Belagerungen,  überhaupt 
Massenwirkungen  versucht  der  Dichter  ^  nicht  zu  beschreiben.  Der  Hinter- 
grund bleibt  verschwommen,  so  dais  die  Sippe  der  Aimeriden  ohne  besondere 
Kunst  deutlich  hervortritt.  Die  Figuren  der  Helden  sind  alle  sympatisch  an- 
gehaucht, ohne  tiefere  Auffassung,  ohne  prägnante  Charakterzeichnnng.*    Im 


>  In  Guibert  d'Andrenas  wird  Galerien  l'anfage  als  einer  der  Fürsten 
genannt,  die  ludas  entbietet  (f^  lói^i^a). 

*  So  lese  ich  v.  2442  statt  Guielin,  der  hier  mit  Unrecht  genannt  wird, 
da  er  ja  kämpfen  soll  und  nicht  Geisel  sein  kann.  Vivien  ist  von  den  jüngeren 
Helden  der  einzige,  der  mehr  hervortritt.  V.  2642  sqq.  werden  nur  Wilhelm« 
Bovon,  Garin  und  A'imer  (so  ist  statt  Aimeri  zu  lesen)  angeführt. 

>  Finen  kleinen  Anstrich  von  Komik  hat  Hernaut  erhalten  (Tirade  XXV). 
Der  Ton,  in  dem  A'imer  mit  seinem  Vater  spricht  (Tirade  VIH),  ist  einer 
ähnlichen  Scene  des  Guibert  d^Andrenas  (Hist,  litt  XXII,  500)  nachgemacht. 
An  der  Sarazenin,  der  „damoiselle  Nable"  ist  kaom  etwas  Besonderes  henror« 

27* 


420  BESPRECHUNGEN.     PH.  AUG.  BECKER, 

ganzen  Liede  herrscht  ein  Ton  höfischer  Ritterlichkeit,  die  auch  dem  Feîode 
gegenüber  ihr  Recht  behält.  Tiefere  Leidenschaften  werden  nicht  angeregt; 
auch  die  religiöse  Begeisterung  ist  eher  gedämpft,  wenn  schon  der  Glaube  an 
den  unvermeidlichen  schliefslichen  Sieg  des  Christentums  ungeschwScht  bleibt. 
Mit  Vorliebe  werden  die  jüngeren  Mitglieder  der  Familie  in  den  Vordergrund 
gestellt,  und  zu  diesen  scheint  der  Dichter  auch  Aïmer  zu  rechnen.  Beachtens- 
wert ist  es,  dafs  Turpin  und  Naimon  in  die  Gesellschaft  der  Narbonner  ge- 
raten sind.^  Der  Umstand,  dafs  das  Gedicht  Fortsetzung  des  Guibert  íTAn" 
drenas  ist,  macht  sich  darin  geltend,  dafs  Guibert  bis  zum  Schluis  Gegenstand 
des  Interesses  bleibt,  während  der  Zweck  der  Erzählung  der  ist,  Bertrán  ein 
Lehen  auf  spanischem  Boden  und  eine  Frau  zu  verschaffen.  In  dieser  Hin- 
sicht ist  die  Prise  de  Cordres  et  de  SehÜle  ein  Seitenstfick  zu  Foucon  d£ 
Candie,  Siège  de  Barbastre  und  Guibert  d'Andrenas  selbst,  Lieder,  deren 
klassisches  Voibild  die  Prise  d^Orenge  ist.'  Wie  Wilhelm  Nimes  und  Orange 
eroberte  und  Orable  zur  Frau  gewann,  haben  nach  und  nach  fast  alle  seine 
noch  nicht  vergebenen  Verwandten  sich  einen  Stammsitz  mit  dem  Schwert 
errungen  und  Heidinnen  geheiratet. 

Der  Sprache  nach  hat  man  die  Prise  de  Cordres  et  de  Seville  dem 
Osten  der  Champagne  und  der  Wende  des  12.  Jahrhunderts  zugewiesen.*  Auf 
alle  Fälle  ist  sie  jünger  als  Guibert  d* Aftdrenas,  zu  dem  sie  die  Fortsetzung  ist^ 

Während  nun  Guibert  d*Andrenas  zu  einem  integrierenden  Bestandteil 
des  Aimerizyklus  geworden  ist^  und  daher  in  vier  Abschriften  vorliegt,  hat 
die  Prise  de  Cordres  et  de  Sebille  nur  zufällig  einen  Platz  in  der  Hs.  BibL 
nat.  1448  erhalten.  Dieser  Handschrift,  die  sonst  Aimerilieder  mit  Wilhelm- 
liedem  vereinigt,  fehlte  gerade  der  Guibert  d'Andrenas;^  ihr  Redaktor,  der 


zuheben  als  ihr  resolutes  Wesen;  die  Gaieté  des  Guibert  d'Andrenas  ist  aber 
noch  schwächer  gezeichnet,  sie  tritt  gar  nicht  hervor. 

*  Was  in  Guibert  d'Andrenas  nicht  der  Fall  ist. 

*  Die  Enfances  Vivien  schlieCsen  ohne  Heirat 

»  Densusianu  1.  c.  CXXIX— CCXXXIX.  CXLIH  sq.  CX— CXXIV,  cC 
Rohde,  Rom.  Forsch.  VI,  57 — 88.  Charakteristische  Züge  sind:  Bindung  von 
ai  mit  a  und  mit  f  in  männl.  wie  weibL  Assonanz;  Bindung  von  at  mit 
al  -f  cons.  ;  Vermischung  von  an  mit  en  und  Bindung  derselben  mit  den  Pro- 
dukten von  ianus  und  a  -|-  n\  vereinzelte  Vermengung  von  ^  und  ¿r;  Bindung 
von  nasalem  0  mit  oralem,  von  freiem  0  mit  gedecktem,  von  ms  mit  u\  Wandel 
von  ?+i  zu  t;  Erhaltung  von  iée\  r  +  ^+^'  =  <^'^ï  f'^  ^  mSnnlicher 
Assonanz;  i.  pl.  -omnes;  sons  =  sumus;  2.  pl.  fut.  -ez  und  -où;  Perf.  auf  •</; 
art.  fem.  /i;    pron.  poss.  no;   pron.  dem.  ous  =  illos. 

*  Unbegründet  scheint  mir  die  Annahme  einer  andern  Version  des  Gm» 
bert  d*Andrenas,  Denn  dafs  der  Veifasscr  der  Prise  de  Cordres  die  Schiais- 
ergebnisse  dieses  Liedes  dahin  abänderte,  dafs  er  ludas  am  Leben  liefs  and 
die  Hochzeitsfeier  nach  Salerie  verlegte,  ist  kein  hinlänglicher  Beweis.  Die 
Anspielungen ,  auf  die  sich  Densusianu  1.  c.  CXLHI  beruft,  stimmen  ganz  sor 
Erzählung  des  erhalten  gebliebenen  Guibert  d* Andrenas,  cf.  ms.  BibL  nat. 
24369  f*i68a.  165c— i66d. 

B  In  meiner  altfranz.  Wilhelmsage  (Halle  1896)  habe  ich  die  Meinonf 
ausgesprochen,  dafs  Guibert  d'Andrenas  zum  Narbonner-Epenkreis  Bertrandi 
von  Bar-sur-Aube  gehört  (p.  61  und  Anm.  2).  Es  ist  ein  Irrtum,  der  dnreh 
eine  Verwechslung  entstanden  ist. 

"  Dieses  Epos  und  mehrere  andere,  die  sonst  zum  Zyklus  gehören,  fehlen 
in  der  Hs.  B.  N.  1448;  ebenso  einige  Wìlhelmlieder.  Entweder  sind  dt  wdbaa 
in  der  Vorlage  der  Hs.  nicht  aufgenommen  worden,  oder  die  Voilage  war 


DENSUSIANU,   LA  PRISE  DE  CORDRES  ET  DE  SEBILLE.  42 1 

die  Prise  de  Corares  irgendwo  unterbringen  mufste,  fand  es  für  gut,  sie  dem 
Siège  de  Barhastre  anzuhängen.  Um  die  Verbindung  zwischen  beiden  herzu- 
stellen, dichtete  er  436  Verse  hinzu,  in  welchen  er  berichtet,  wie  der  Amirant 
von  Spanien  nach  seiner  Niederlage  zu  König  ludas  von  Sebille  flüchtet  und 
mit  seiner  Hülfe  den  Christen  die  eben  gemachten  Eroberungen  wieder  ent- 
reifst.* Da  der  Siège  de  Barbastre  in  Alexandrinern  geschrieben  ist,  ge- 
brauchte der  zum  Dichter  improvisierte  Redaktor  das  gleiche  Versmais,  und 
da,  wie  wir  sahen,  der  Schlufs  der  Prise  de  Cordres  fehlte,  machte  er  den 
Versuch  ihn  zu  ergänzen ,  kam  aber  über  den  27.  Vers  nicht  hinaus.'  Zu 
dieser  Ergänzungsarbeit  hatte  er  Blätter  leer  gelassen,  imd  zwar  mehr,  als  er 
nachher  benutzte;  das  beweist  deutlich,  dafs  die  Prise  de  Cordres  erst  in  der 
Hs.  Bibl.  nat.  1448,  nicht  etwa  schon  in  ihrer  Vorlage  in  die  Liedersammlung 
aufgenommen  wurde.* 

In  seiner  Einleitung  hat  O.  Densusianu  versucht,  über  den  Ursprung  des 
epischen  Aimeri  und  die  Entstehung  der  Aimeriepen  eine  neue  Theorie  zur 
Geltung  zu  bringen.  Er  bestreitet  nicht  nur  ältere  Lieder  und  Ueberlieferungen 
über  diesen  Helden  und  die  Eroberung  von  Narbonne,  sondern  stellt  über- 
haupt das  Vorkommen  seines  Namens  in  den  älteren  Denkmälern  des  Zyklus 
in  Abrede.  Nach  ihm  ist  Aimeri  erst  diu-ch  die  Mort  d^ Aimeri  in  die  Helden- 
dichlung  eingeführt  worden,  und  dieses  Lied  beruht  angeblich  auf  historischer 
Grundlage,  indem  es  die  Niederlage  der  Christen  bei  Fraga  (i  134),  wo  Aimeri 
der  n.  von  Narbonne  den  Tod  fand,  verewigt. 

Im  ersten  Punkte  stimme  ich  bei:  es  ist  nicht  erwiesen,  dais  die  Erobe- 
rung von  Narbonne  durch  Karl  den  Grofsen  und  Aimeri  Gegenstand  beson- 
derer Lieder  war.^     Hingegen  ist  es  verwegen,   das  Vorkommen  des  Namens 

schadhaft  geworden;  dies  letztere  halte  ich  für  das  wahrscheinlichere.  Die 
Prüfung  anderer  Bestandteile  der  Hs.  scheint  thatsächlich  eingerissene  Lücken 
zu  ergeben  ;  so  fehlt  z.  B.  die  ganze  mittlere  Partie  des  Couronnement  de  Louis, 

*  Bei  dieser  Arbeit  galt  es  namentlich  auch,  Helden,  die  in  dem  ersten 
Liede  Hauptrollen  spielten,  auszuschalten,  andere,  die  im  neuen  Lied  auftreten 
sollten,  einzuführen;  so  mufste  z.B.  der  Amirant  von  Spanien  durch  Tod  ab- 
gehen, weil  er  in  der  Prise  de  Cordres  keinen  Platz  hat. 

'-*  Dieses  Flickstück  (gedruckt  im  Anhang  I  v.  357 — 793  der  Ausgabe  von 
Densusianu)  ist  nicht  durchweg  reingereimt,  auch  fehlen  gegen  Schluis  die 
Kurzzeilen;  die  eingestreuten  Zehnsilber  sind  ziemlich  zahlreich,  was  dafür 
spricht,  dafs  dem  Redaktor  der  Zehnsilber  geläuflg  war,  und  dafs  er  nur  mit 
Rücksicht  auf  den  Siège  de  Barbastre  den  Zwölfsilber  wählte;  denn  es  ist 
nicht  richtig,  dafs  die  Vermischung  der  beiden  Vermafse  eine  Eigentümlich- 
keit der  Wilhelmepen  ist  (cf.  Densusianu  1.  c.  CXXV).  Man  sollte  erwarten, 
dafs  zur  Ergänzung  der  verstümmelten  Prise  de  Cordres  der  Zehnsilber  ge- 
wählt worden  wäre;  vermutlich  hatte  der  Redaktor  von  seiner  ersten  Flick- 
arbeit her  den  Alexandriner  noch  im  Griff. 

3  Auch  nach  einigen  anderen  Epen  sind  nach  Densusianu  1.  c.  CIX  sq. 
Blätter  leer  geblieben,  nämlich  f^  40.  99  und  109.  Die  Schlüsse,  die  D.  daraus 
zieht,  stehen  mit  der  sonstigen  handschriftlichen  Ueberlieferung  im  Widerspruch. 
Die  leer  gelassenen  Seiten  erklären  sich  am  einfachsten  dahin,  dafs  der  Re- 
daktor an  den  betreffenden  Stellen  seine  Vorlage  schadhaft  fand  und  eine 
Ergänzung  für  nötig  hielt.  Denn  der  Umstand,  dafs  die  Aimerilieder  und 
Wilhelmlieder  sich  in  demselben  schadhaften  Zustand  befinden,  zeigt,  dafs  die 
zwei  Liederzyklen  schon  in  der  Vorlage  vereinigt  waren. 

*  Siehe  meine  Besprechung  von  F.  Ed.  Schneegans,  Ueber  die  Gesta 
Karoli  Magni  ad  Carcassonam  et  Narbonam,  Halle  1897,  ^™  Literaturblatt  für 
germ.  u.  rom.  Phil.  1898  S.  144  sqq. 


422  BESPRECHUNGEN.     PH.  AUG.  BECKER, 

Aimeris  in  den  frühesten  Epen  unseres  Sagenkreises  zu  leugnen.  Theoretisch 
läfst  sich  gar  kein  begründeter  Einwand  dagegen  erheben.  Wamm  soliteli  nidit 
alte  Lieder  einen  Vater  Wilhelms  oder  seiner  epischen  Brñder  erwShnt  und 
mit  dem  Namen  Aimeri  oder  gar  Aimeri  de  Narbonne  belegt  haben?  Denn 
es  handelt  sich  nicht  darum,  ob  einer  der  Vizgrafen  von  Narbonne  cnm  Epen- 
helden  geworden  ist,  sondern  lun  den  zufälligen  Umstand,  daís  eine  Neben- 
figur eines  alten  Heldengedichtes  einen  Namen  fuhrt,  den  wir  um  die  Wende 
des  II.  Jahrhunderts  geschichtlich  nachweisen  können.  In  vielen  sltfiranso- 
sischen  Nationalepen  finden  wir  unter  den  Nebenfiguren  nicht  wenige  Namen 
und  Prädikate,  die  im  ii.und  12.  Jahrhundert  urkundlich  belegt  sind;  dalor 
sind  die  Lothringerepen  ein  typisches  Beispiel.  Und  nichts  ist  natürlicher  ab 
das.  Denn  der  an  die  Schranken  der  Wahrscheinlichkeit  gebundene  Epen- 
dichter  mufs  Namen  und  Lehensprädikate  aus  dem  zeitgenössischen  oder  histo- 
rischen Namenschatz  und  aus  der  gegebenen  Fendalgeographie  des  Reiches 
entnehmen;  wie  natürlich,  dafs  er  sich  zumeist  nach  der  nächstliegenden,  all- 
gemein bekannten  Wirklichkeit  richtet!^  Ist  nun  theoretisch  gegen  das  Vor- 
kommen eines  Aimeri  de  Narbonne  in  den  alten  Wilhelmepen  nichts  einzu- 
wenden, so  mufs  man  triftige  Grunde  verlangen,  um  das  Zeugnis  des  Pèlermagt 
oder  des  Couronnement  als  ungültig  anzusehen;  und  die  sind  von  Densnsiann 
m,  E.  nicht  geliefert  worden.* 

Uebrigens  würde  der  Umstand,  dafs  Aimeri  von  Narbonne  schon  in  den 
älteren  Wilhelmepen  als  Nebenfigur  vorkommt,  Densusianus  Theorie  nicht  be- 
einträchtigen; im  Gegenteil  würde  sie  die  gewifs  aufifallige  Erscheinung,  dais 
die  stehenden  Figuren  der  Wilhelmsage  in  ein  historisches,  die  Schlacht  bei 
Fraga  und  den  Tod  Aimeris  des  II.  besingendes  Epos  eingeführt  worden, 
in  plausibler  Weise  erklären.    Allein  gewichtige  Gründe  stehen  ihr  entgegen. 

Zunächst  dürfte  es  schwer  halten,  glaubhaft  zu  machen,  dafs  die  M»rt 


^  In  unserem  Falle  sind  drei  Möglichkeiten  denkbar,  da  uns  die  Denk- 
mäler kein  sicheres  Datum  für  das  erste  Vorkommen  Aimeris  im  Liede  an 
die  Hand  geben.  Entweder  ist  der  epische  Aimeri  älter  als  der  geschicht- 
liche, dann  dürfte  die  Heldendichtung  auf  die  Namengebung  in  der  vizgrif- 
lichen  Familie  Einflufs  geübt  haben;  oder  der  epische  Name  ist  jünger  und 
könnte  mithin  eine  Entlehnung  aus  der  Wirklichkeit  sein;  endlich  ist  es  auch 
denkbar,  dafs  der  Name  Aimeri  im  Liede  alt,  das  Prädikat  von  Narbonne 
hingegen  erst  später  unter  der  Einwirkung  der  Geschichte  hinzngekonunen  ist 

>  Das  schwerwiegendste  Zeugnis  ist  das  des  Pèlerinage,  das  Densnsiann 
in  der  Romania  XXV,  481  sqp.  zu  entkräften  suchte.  Die  vollgültigen  Ein- 
wände sind  von  G.  Paris  1.  c.  496  erhoben  worden.  Das  Zeugnis  des  Ccm^ 
ronnement  leidet  darunter,  dafs  die  Leichtigkeit  der  Interpolation  die  Beweis- 
kraft vereinzelter,  durch  den  Zusammenhang  nicht  festgesicherter  Verse  sehr 
herabmindert,  wenigstens  in  Fällen,  wo  wir  die  Epen  nur  in  jüngeren  zyk- 
lischen Sammelhandschriften  kennen.  Wenn  ich  mich  früher  dahin  Suiserte, 
dafs  die  betreifenden  Verse  des  Couronnement  augenscheinlich  interpoUeit 
sind  (Wilhelmsage  p.  61),  so  möchte  ich  heute  nur  noch  sagen:  mSgUchtr' 
weise.  Hierin  bestimmen  mich  folgende  Erwägungen:  Angenommen  —  was 
ja  möglich  ist  — ,  dafs  Aimeri  zuerst  der  Sippe  des  Haager  Fragments  ange- 
hörte, so  könnte  er  wie  Wilhelm  selbst  und  sein  Neffe  Bertrán  durch  das 
Couronnement  jener  Sippe  entlehnt  sein.  Ferner  ist  zu  beachten,  dais  im 
Couronnement  dem  Geschlcchte  der  königstreuen  Aimeriden  das  durch  die 
Normannen  Richard  und  Ascelin  vertretene  Geschlecht  Aloris  gegenüber- 
gestellt wird. 


DENSUSIANÜ,  LA  PRISB  DE  CORDRBS  ST  DB  SEBILLE.  423 

èPAimeri  ein  historisches  Lied  ist,  wo  mit  Ausnahme  von  Aimeri,  der  eben 
in  Frage  steht,  auch  nicht  ein  einziger  halbwegs  historischer  Name  oder  irgend 
ein  an  die  geschichtlichen  Thatsachen  erinnernder  Zug  darin  vorkommt»  ja 
nicht  der  blasseste  Schatten  davon.^  Wenn  irgend  ein  Epos  den  Charakter 
romantischer  Erfindung  an  sich  tragt,  so  ist  es  dieses  Gedicht,  das  sich  zur 
ausdrücklichen  Aufgabe  stellt,  das  Absterben  des  ruhmvollen  Heldengeschlechts 
zu  schildern,  und  das  durch  die  Einführung  der  klassischen  Märchenwelt  der 
Amazonen*  und  Kentauren  ein  Haschen  nach  dem  Wunderbaren  und  noch 
nicht  Dagewesenen  bekundet,  das  Erzeugnissen  der  epischen  Blutezeit  fremd 
ist.  Natürlich  wird  nach  berühmten  Mustern  der  Versuch  gemacht,  das  vor- 
liegende Gedicht  beiseite  zu  schieben  und  eine  verlorene  Version  an  dessen 
Stelle  zu  setzen.  Es  soll  nämlich  ein  schreiender  Widerspruch  darin  liegen, 
dafs  die  Kentauren  als  Heiden  und  Ungläubige  gelten,  während  Wilhelm  im 
Vorgefühl  der  Schwere  des  bevorstehenden  Kampfes  ausruft:  Es  sind  nicht 
Heiden  und  Sarazenen,  gegen  die  wir  ziehen,  sondern  Sagittarii! 

Ce  ne  sont  pas  paien  ne  Sarrazin, 
Mes  sajetaire  à  qui  ja  dieus  n'ait  (v.  3355  sq.) 
Jeder  unbefangene  Leser  fühlt,  daís  diese  Worte  nichts  anderes  bedeuten  als 
das,  dafs  der  Kampf  nicht  wie  gewöhnlich  spanischen  Mauren  und  sterb- 
lichen Menschen,  sondern  fabelhaften  Ungeheuern  gilt.  Idi  wüíste  nidit,  mit 
welchen  andern  Worten  der  altfiranzösische  Dichter  diesen  einfachen  nnd  nahe 
liegenden  Gedanken  ausdrücken  sollte.  Oder  hätte  er  etwa  die  Kentauren  als 
Christen  ansehen  sollen?  Mit  solchen  Beweismitteln  eine  ältere  Fassung  eines 
Epos  nachweisen  wollen,  wo  von  dem  Nachweis  das  Stehen  oder  Fallen  der 
ganzen  Theorie  abhängt,  scheint  mir  ein  Einfall,  den  man  überrascht  ist  in 
einem  ernsthaften,  wissenschaftlichen  Buche  zu  finden. 

Bei  dem  in  Frage  stehenden  sagengeschichtichen  Problem  handelt  es 
sich  aber  nicht  um  Aimeri  allein,  sondern  um  die  ganze  Sippe  der  Aimeriden. 
Wilhelms  epische  Brüder  und  Neffen  bilden  nämlich  kein  ursprünglich  ge- 
gebenes, einheitliches  Ganze,  sie  sind  erst  mit  der  Zeit  zusammengekommen; 
die  Sippe  der  Aimeriden  umfafst  mehrere  Heldengruppen  verschiedenen  Ur- 
sprungs. Alt  ist  Wilhelm  selbst,  der  eine  eigene,  hochinteressante  Werde- 
geschichte hat;  noch  älter  sind  vielleicht  die  Helden,  die  wir  aus  dem  Haager 
Fragment  und  dem  Pèlerinage  kennen;  jung  hingegen  ist  die  Garin -Bovon- 
Gruppe,  von  denen  die  ältere  Sage  noch  nichts  weils;  noch  jünger  ist  Guibert 
d'Andrenas,  der  auch  nicht  zum  alten  Familienbestande  gehört;  die  älteren 
Wilhelmepen  kennen  diesen  jüngsten  Bruder  nicht.  Dem  Wibelinus  des  Haager 
Fragments  scheint  Guielin  zu  entsprechen,  der  nach  dem  Charroi  de  Nîmes 
Bemarts  Sohn  und  Bertrans  Bruder  ist;  später  wurde  dieser  Guielin  durch 
Guion,  Bovons  Sohn,  —  Koseform  Guielin  —  in  den  Schatten  gestellt;  unser 
Guibert  hingegen  wurde  neu  erfunden,  um  die  l^ebenzahl  der  Brüder  voll  zu 
machen.    Endlich  fehlt  der  älteren  Sage  Aimeris  Gemahlin  Hermenjart;   sie 


>  Wohl  gemerkt,  sollen  kaum  40  oder  50  Jahre  das  Ereigiiis  von  seiner 
poetischen  Verherrlichung  trennen,  und  wenn  wir  gar  eine  ältere  Version  an- 
nehmen, so  würden  es  kaum  20  oder  25  sein  dürfen. 

^  Es  ist  nur  eine  Vermutung,  dafs  in  den  dames  de  Femetae  eine  dunkle 
Erinnerung  an  die  Amazonen  vorliegen.  Eine  andere  klasnidie  Erinnenmg 
scheint  der  Hinweis  auf  die  Verbrennung  der  Toten  su  sein  (v,  2732). 


424  BESPRECHUNGEN.     PH.  AUG.  BBCKBR, 

wird  kaum  vor  Mitte  des  1 2.  Jahrhunderts  in  die  Dichtung  eingeführt  worden 
sein;  nur  so  erklärt  sich  das  seltsame  Zusammentreffen  der  Sage  mit  der 
Geschichte;  denn  Aimeri  der  II.  von  Narbonne  hatte  eine  Fran,  die  eben 
diesen  Namen  trug. 

Die  älteren  Wilhelmepen  zeichnen  sich  nun  dadurch  aus,  dais  sie  ent- 
weder wie  das  Couronnement  eine  ganz  eigenartige  Heldenverwandtschaft  mnf- 
weisen,  oder  nur  die  Heldenschaar  des  Haager  Fragments  und  Pelerina¿^, 
d.h.  Bemart,  Bertrán,  Guielin,  Emaut  und  Aïmer,  kennen.  Erst  Aliscans 
hat  hier  Wandel  geschaffen,  und  darin  scheint  mir  gerade  die  hervorragende 
sagengescbichtliche  Bedeutung  dieses  Gedichtes  zu  liegen,  dafs  es  zum  ersten 
Mal  und  in  einer  für  die  Folgezeit  mafsgebenden  Webe,  Aimeris  Helden- 
familie in  ihrer  vollen  Ausgestaltung  aufgeführt  hat.  Foucon  de  Candie,  be- 
kanntlich eine  Paralleldichtung  zu  Altscans,  kennt  nur  die  Helden,  die  in  den 
alten  Wilhelmepen  vorkommen;  Ernaut  und  Aïmer,  die  in  denselben  nicht 
auftreten,  sind  ihm  unbekannt,  und  ebenso  Guibert. ^ 

Der  Hauptgrund,  der  mich  bewegt,  Aliscans  als  das  Gedicht  anxn- 
sehen,  das  die  Verschmelzung  der  verschiedeneu  Heldengruppen  zu  einer  Sippe 
vollzogen  hat,  ist  der  Umstand,  dafs  Aliscans  eine  Fortsetzung  jenes,  jetxt 
verlorenen  Liedes  ist,  durch  welches  die  Grarin  -  Bovon  -  Gmppe  in  den  Kreis 
der  Wilhelmsage  eingeführt  wurde.  Die  jüngeren  Wilhelmlieder  nnd  die 
Aimerilieder  insgesamt  beruhen  augenscheinlich  auf  der  durch  AOscans  ge- 
schaffenen sagengeschichtlichen  Grundlage;  soweit  ich  sie  kenne  mid  mein 
Urteil  über  sie  richtig  ist,  reihen  sie  sich  zeitlich  und  genetisdi  an  AUscams 
an;  offenkundig  ist  dies  fur  Enfances  und  Chevalerie  Vivien  nnd  Enfances 
Guillaume,  Und  in  der  That  eignete  sich  keines  von  unseren  Wilhelm-  nnd 
Aimeriepen  vermöge  seiner  Popularität,  seines  poetischen  Wertes,  seiner 
strotzenden  Ueberfülle  an  Gestalten  und  Handlung  und  seines  hervorragenden 
Platzes  im  Zyklus  in  gleichem  Mafse  dazu,  das  Muster  und  die  Grnmdlage 
für  die  zahlreichen  Epigonen -Rhapsodien  zu  werden,  wie  jenes.  Beweisen 
kann  ich  es  nicht,  aber  ich  glaube  der  Beistimmung  vieler  Kenner  unseres 
Epenkreises  sicher  zu  sein,  wenn  ich  es  ausspreche,  dafs  AUscans  far  die 
Weiterentwicklung  der  meridionalen  Geste  eine  epochemachende  Erscheinung 
war,  welche  die  Dichtung  neu  befruchtet  und  ihr  neue  Wege  eröflbet  hAt. 

Es  braucht  nicht  bewiesen  zu  werden,  dafs  Bertrand  von  Bar-sur-Aube, 
der  Verfasser  der  Narbonner-Epen ,  Girart  de  Vienne,  Aimeri  de  Narbonne, 
Département  des  enfants  d* Aimeri  und  Siè^^e  de  Narbonne,  neben  den  fibrigeii 
Wilhelmepen  auch  Aliscans  gekannt  hat. 

Schwer  ist  es,  der  Mort  d* Aimeri  einen  bestimmten  Platz  im  Sagen- 
kreise anzuweisen;  denn  die  sagengeschichtlichen  Voraussetsungen  dieses  Liedes 


1  Aïmer  und  Ernaut  sind  auch  alte  Helden,  sie  treten  aber  weder  im 
Couronnement  noch  im  Charroi  de  Nimes  und  Prise  d^Orenge  auf.  AUscans 
mufs  sie  dem  für  uns  verloren  gegangenen  Liede  entnommen  haben,  das  als 
Vorlage  des  Haager  Fragments  und  als  Quelle  des  Pèlerinage  diente,  das- 
selbe Lied,  aus  dem  Bernart,  Bertrán  und  Guielin  in  Charroi  de  Nimes  nnd 
Prise  d*  Or  enge  übergingen.  Foucon  de  Candie  kannte  oder  berncksicfatigte 
jenes  Lied  eben  nicht.  Die  Verse  dieses  Liedes,  welche  den  Tod  Aimers, 
Ernauts,  Garins  und  Guiberts  andeuten  (cf.  Densusianu  1.  c.  LXII),  sind 
mutlich  interpoliert,  um  d^s  Nichtauftretcn  dieser  Helden  zu  erklaren. 


DENSUSIÂNU,   LA  PRISE  DE  CORDRES  ET  DE  SEBILLE.  425 

sind  die  denkbar  allgemeinsten.'  Wahrscheinlich  ist  es  von  Bertrands  Nar- 
bonner-Epen  unabhängig,  denn  es  macht  über  die  Erobenmg  von  Narbonne 
total  verschiedene  Angaben.'  Hingegen  dürfte  es  jünger  sein  als  Aliscans, 
wofern  die  Annahme  richtig  ist,  dafs  dieses  Epos  die  Söhne  Aimeris  auf  ihre 
volle  Zahl  gebracht  und  das  Muster  zu  jenem  vielverwendeten  Schema  ge- 
geben hat,  nach  welchem  bei  jeder  Gefahr  oder  zu  jedem  Unternehmen  gleich 
die  ganze  Sippe  der  Aimeriden  und  gegebenen  Falls  König  Ludwig  in  eigener 
Person  aufgeboten  wird,  wie  dies  in  Enfances  Vivün,  Guibert  d'Andrenas, 
Siège  de  Barhastre,  Siège  de  Narbonne  und  in  unserem  Gedichte  geschieht.^ 
Unverkennbar,  wenn  auch  unbedeutend  sind  gewisse  verwandte  Züge  in  Mort 
d*Aimeri  und  Guibert  d* Andre nas.  In  beiden  spielt  Guibert  eine  bevorzugte 
Rolle  und  füllt  seine  Mufsezeit  mit  Beutezügen  nach  Spanien  aus,  hier  hat  er 
Tudela  geplündert,  dort  ist  er  gegen  ludas  nach  den  porz  d'Ossau  gezogen;^ 
ludas  heifst  bekanntlich  auch  der  König  von  Andrenas;  es  läfst  sich  femer 
die  Einnahme  von  Narbonne  mit  der  von  Balesguez  vergleichen,  indem  Hermen- 
jart  unvorsichtigerweise  die  Thore  öfifhet,  um  Aimeri  vor  dem  Feuertode  zu 
retten,  gerade  wie  Baudus  zum  Scheiterhaufen  geführt  wird,  um  seine  Frau 
zur  Uebergabe  der  Stadt  zu  bewegen.  Hiermit  sind  die  Aehnlichkeiten  er- 
schöpft; viel  ist  es  nicht,  zum  Nachweis  direkter  Nachahmung  zu  wenig  und 
meines  Erachtens  kaum  ausreichend,  um  die  Prioritatsfrage  zu  entscheiden. 

Zwischen  Guibert  d* Andrenas  und  Aliscans  bestehen  in  gewissen  Stücken 
so  enge  Beziehungen,  dafs  eines  von  beiden  als  Nachahmung  des  anderen 
anzusehen  ist.  Jene  Versammlung  der  Brüder  Wilhelms  vor  Orenge  zur  Ver- 
geltungsschlacht  auf  dem  Archant  fìndet  ihr  genaues  Gegenstück  im  Aufzug 
der  Söhne  und  Enkel  Aimeris  vor  Narbonne  zur  Fahrt  nach  Spanien.^  Es 
wird  wohl  kein  Zufall  sein,  dafs  in  beiden  Dichtungen  ein  Heidenfürst,  der 
sich  nach  seiner  Niederlage  zum  Christentum  bekennt,  den  Namen  Baudus 
führt.^    Auch  in  der  Ausgestaltung  der  Narbonner  Heldensippe  stimmen  die 


^  Alle  bestimmteren  Voraussetzungen  sind  vom  Gesichtspunkt  des  süd- 
französischen Sagenkreises  neu ,  z.  B.  die  Bedrängnis  des  Königs  durch  Huon 
Chapet,  der  Zug  Guiberts  gegen  ludas  bei  den  porz  d'Ossau,  der  Tod  Aimers 
bei  Portpaillart,  u.  s.  w.  Traditionell  sind  eigentlich  nur  die  Namen  der  ein- 
zelnen Familienmitglieder  und  ihre  Stammsitze. 

»  Mort  d'Aimeri  ed.  J.  Couraye  du  Parc  v.  589.  1535.  3032. 

3  Nebenbei  bemerkt,  könnten  Joceaume  und  Guinemant  aus  Aliscans 
stammen,  und  vielleicht  hat  auch  dieses  Gedicht  (cf.  v.  5705  ed.  Guessard)  den 
Gedanken  an  die  Einführung  der  Kentauren  einem  Dichter,  der  übrigens  diese 
Wundergeschöpfe  schon  aus  anderer  Quelle  kannte,  nahegelegt.  —  Den  Be- 
weis, dafs  Faucon  de  Candie  die  Mort  d* Aimeri  kannte  (Densusianu  1.  c.  LXII), 
halte  ich  für  ganz  verfehlt;  denn  in  letzterer  sterben  Aimeri,  Bemart  und 
Garin;  der  Tod  Aimers  wird  vorausgesetzt.  Es  ist  leicht  sich  über  derartige 
Widersprüche  durch  Annahme  anderer  Versionen  hinwegzusetzen. 

*  Guibert  d'Andrenas  ms.  B.  N.  24369  f*  157  c.    Mort  d' Aimeri  p.VIII. 

*  Die  Aehnlichkeit  der  beiden  Scenen  (Aliscans  cd.  Guessard  p.  124 — 29. 
Guibcrt  d' Andrenas  ms.  B.  N.  24369  f<*  159  c — i6oa)  ist  so  anflfallig,  dafs  eine 
andere  Auslegung  nicht  möglich  ist;  selbst  einige  Verse  sind  wörtlich  wieder- 
holt: was  bei  solchen  freien  Nachbildungen  nicht  häufig  der  Fall  ist,  da  der 
Dichter  durch  Wahl  anderer  Assonazen  sein  Plagiat  leicht  vertuscht. 

*  Im  Guibert  d* Andrenas  ist  Baudus  König  von  Balesguez,  in  Aliscans 
eine  unbestimmte  Figur.     Cf,  cd,  Guessard  p.  206 — 24.  244 — 46. 


426  BESPRECHUNGEN.     PH.  AUG.  BBGUR, 

beiden  Lieder  im  allgemeinen  zusammen.^  Demgemaís  mnb  entweder  der 
Dichter  von  Altscans  den  Guibert  d^Andrenas  gekannt  and  in  den  angedeu- 
teten Stücken  nachgeahmt  haben,  oder  Guibert  d'Andrenas  ist  durch  gewisse, 
von  Aliscdns  ausgehende  Anregungen  ins  Leben  gerufen  worden. 

Für  die  Jugend  des  Guibert  d^Andrenas  spricht  entschieden  der  Um- 
stand, dafs  er  gleich  Enfances  Vivien  und  Siège  de  Barbastre  ein  Epos  ist, 
das  sich  zur  Aufgabe  stellt,  über  ein  minder  bekanntes  Mitglied  der  Familie 
genauere  Auskunft  zu  geben.  Solche  Epen  behandeln  natürlich  nur  Helden, 
die  schon  gegeben  sind;  Guibcrt  d'Andrenas  gehört  aber,  wie  gesagt,  nicht 
zum  älteren  Familienbestande,  er  ist  nur  erfunden,  um  die  Zahl  der  Brader 
zu  vervollständigen.  Und  aus  den  oben  angeführten  Grründen  glaabe  ich,  da& 
wir  Aliscans  als  das  Epos  zu  betrachten  haben,  das  der  Sippe  die  endgflti^ 
Ausgestaltung  gab.  Die  einzige  Schwierigkeit,  die  dieser  AafFassang  ent- 
gegensteht, ist  die  eigentümliche  Bezeichnung  qui  rois  ert  d'Andrenas,  mit 
der  Aliscans  (ed.  Gucssard  v.  4215)  Guibert  einführt.  Nicht  an  dem  Pridikat 
von  Andrenas  werden  wir  Anstofs  nehmen;  denn  die  eigenartige  Genesb 
der  Geste  brachte  es  mit  sich,  dafs  jeder  Bruder  ein  anderes  Lehen  und  an 
allen  Enden  von  Frankreich  hatte,  dieser  Brubant,  jener  Gironde,  der  dritte 
Commarcis,  der  vierte  Anséune:  es  lag  also  nahe,  auch  den  Jüngsten  Shnlich 
zu  versehen.  Seltsam  ist  aber  die  Bezeichnung  als  König;  nur  will  mir 
scheinen,  dafs  auch  der  Vollzug  der  Krönung,  wie  er  im  Guibert  d*Andrênas 
erfolgt,  kein  gewöhnlicher  Vorgang  ist,  und  ich  möchte  glanben,  dala  der 
Dichter  den  Königstitel  eben  deshalb  mit  solchem  Nachdruck  betont,  weil 
er  ihm  selbst  als  etwas  Aufserordentliches  vorkam,  d.h.  weil  er  die  Aus- 
zeichnung nicht  selbst  ersonnen,  sondern  als  etwas  Gegebenes  vorfand.  In  der 
Vermutimg,  dafs  die  Bezeichnung  als  König  von  Andrenas  älter  ist  als  die 
ausführliche  Erzählung,  die  sie  begründen  soll,  bestärkt  mich  der  phantastisdie 
geographische  Charakter,  den  Andrenas  in  den  jüngeren  Liedern  hat.  Es  ist 
kaum  denkbar,  dais  der  erste  Ependichter,  der  von  Andrenas  sprach,  gleich 
eine  fabelhafte  Stadt  in  Spanien  im  Sinne  hatte  ;  vermutlich  sdiwebte  ihm  eine 
wirklich  existierende  Oertlichkeit  vor,  etwa  Andernach  am  Rhein;  der  Nach- 
dichter  aber,  dem  Andrenas  ein  nichtssagender  Name  war,  verlegte  die  Ort- 
schaft kühn  an  die  jenseitige  Küste  von  Spanien. 

Ist  nun  Guibert  d'' Andrenas  jünger  als  Aliscans»  so  werden  wir  ihn 
dem  letzten  Viertel  des  1 2.  Jahrhunderts  zuweisen  dürfen.  Zwar  hat  Bertrand 
von  Bar-sur-Aube  unser  Gedicht  nicht  gekannt,  das  kann  aber  Zufall  sein. 
Wolfram  von  Eschenbach  hatte  vielleicht  Kenntnis  davon,  doch  lag  es  nahe, 
da  nach  Aliscans,  Wolframs  Quelle,  jeder  Aimeride  sein  eigenes  Lehen  hatten 


1  Im  Guibert  d* Andrenas  stehen  Aimeri,  Hermenjart,  Guibert  und  der 
nur  hier  vorkommende  Aimeriet  im  Vordergrund;  Wilhelm  tritt  kr&fUg  her- 
vor ;  auf  dem  zweiten  Plan  bewegen  sich  Ernaut  de  Gironde,  Aimer  le  chétif, 
Bertrán,  Gautier  de  Termes,  Girart  de  Blaie  und  Gui  ;  Garin  wird  nnr  genannt. 
Die  anderen  Namen,  die  gelegentlich  angefahrt  werden,  wie  Huon  de  Florin- 
ville,  Foucon  de  Candies  Vater,  Fouquerct,  der  Tibaut  ein  kostbares  Pferd 
entwendet  haben  soll,  und  Girbert  de  Terrascone  stammen  aus  Bertranda 
Narbonncr  -  Epen  (?)  ;  die  Verse,  die  sie  namhaft  machen ,  sowie  die,  welche 
Guiberts  Kreuzigung  erwähnen,  sind  fraglos  Einschiebsel. 


DENSUSIANU,   LA  PRISE  DB  CORDRES  BT  DB  SBBILLE.  427 

den  Schlufs  zu  ziehen ,  dais  Narbonne  nicht  auf  einen  der  Söhne,  sondern  auf 
einen  Femerstehenden ,  z.  B.  ein  Patenkind ,  überging.^ 

Von  den  jüngeren  Wilhelmepen  und  von  den  Aimeriepen  überhaupt  hat 
kein  einziges  Anspruch  darauf,  als  historisches  Lied  angesehen  zu  werden. 
Kein  einziges  ist  die  poetische  Verherrlichung  irgend  einer  nachweisbaren 
geschichtlichen  Begebenheit,  sie  gehören  samt  und  sonders  in  die  Kategorie 
der  romanhaften  Erfindung.  Und  doch  spiegeln  sie  ein  Stück  Zeitgeschichte 
wieder,  aber  nur  in  seinen  allgemeinen  Zügen.  Die  reiche  Entfaltung  des 
südfranzösischen  Sagenkreises  und  sein  Erfolg,  den  die  zahlreichen  Hand- 
schriften bezeugen,  sie  haben  ihren  Grund  in  der  Begeisterung,  mit  der  Frank- 
reich die  Fortschritte  des  Kreuzes  im  Kampf  mit  dem  Islam  auf  der  iberischen 
Halbinsel  begleitete,  und  die  nicht  selten  Schaaren  französischer  Ritter  und 
Söldner  über  die  Pyrenäen  führte.  Dieser  Zug  der  Zeit  speiste  die  Er- 
findungslust der  Sänger,  von  denen  indessen  keiner  den  Ereignissen  nahe  ge- 
standen hat;  sie  lauschten  nur  von  fem  dem  Wiederhall  der  Kämpfe,  in 
denen  andere  ihr  Blut  vergossen  oder  neue  Herrschaften  gründeten  ;  sie  merkten 
sich  die  Namen  von  Städten  wie  Barbastro,  Lucena,  Gándia,  Tortosa,  Bala- 
guer,  Tudela,  Barcelona,  Cordova,  Sevilla,  und  den  Erfolg  der  alten  und 
neueren  Wilhelmlieder  ausnützend,  dichtete  jeder  nach  seinen  Kenntnissen 
und  Dichtergaben  ein  neues  Lied  hinzu,  und  bereicherte  auf  solche  Weise 
die  Epenlitteratur,  führte  sie  aber  zugleich  ihrem  Verfall  entgegen. 

Diese  Bemerkung  halte  ich  am  Schlufs  dieser  etwas  lang  ausgefallenen 

Besprechung   für  nötig,    weil  Densusianus  schwungsvoll  stilisierte  Einleitung 

leicht    den   Schein    erwecken    könnte,    als    hätten   jene   Kampfe    des  12.  und 

13.  Jahrhunderts    um    den    Besitz    der   spanischen   Erde    Schlag   auf  Schlag 

Volkssagen   und  Heldenlieder  geweckt:    was   nicht   der  Fall  ist.     Foucon  de 

Candie,    Enfances    Vivien»    Mort  d*Aimeri,    Guibert  d'Andrenas,    Prise  de 

Cordres  et  de  SebilU  und   Bertrands  Narbonner  -  Epen   sind   rein   litterarische 

Erzeugnisse  und  verhalten  sich  zu  den  spanischen  Zeitereignissen  wie  Led  er - 

strumpf  zur  Geschichte  der  Kolonisation  Amerikas,   mit  dem  Unterschiede, 

dafs   die   altfranzösischen  Dichter   alle   ihre  Erfindungen   in   das  karolingische 

Heldenzeitalter  zurückversetzen  und  den  Ruhm  der  besungenen  Thaten  einem 

gegebenen  Heldengeschlechte  zuwenden. 

pH.  Aug.  Becker. 


£j.  Monaci,  Crestomazia  italiana  dei  primi  secoli  con  prospetti 
delle  flessioni  grammaticali  et  glossario,  fascicolo  secondo, 
S.  185 — 520  (Città  di  Castello  1897,  L^pi  editore). 

In   dem   zweiten  Teile   sollte   der  Rest  der  Texte,    die  aus  der  Zeit  bis 
1300  (mit  Ausschlufs  von  Dante)  ausgewählt  worden  waren,  nebst  dem  gram- 


^  Ohne  Bedeutung  ist  es,  wenn  in  den  jüngeren  Epen  weder  Vivien 
noch  Rainoart  vorkommen.  Vivien  ist  in  der  Blüte  der  Jugend  auf  dem 
Archant  gefallen,  und  konnte  deshalb  nur  als  Kind  in  den  Enfances  verherr- 
licht werden.  Rainoarts  polternde  Persönlichkeit  nahm  aber  zu  viel  Raum 
in  Anspruch,  um  jedem  Nachdichter  genehm  zu  sein.  Uebrigens  lieis  ihn 
sein  Schöpfer,  der  Dichter  von  Aliscans,  zum  Schlüsse  ebenso  rasch  ver- 
schwinden, als  er  plötzlich  aufgetaucht  war. 


428  BESPRECHUNGEN.     G.  GRÖBER, 

malischen  und  lexikalischen  Beiwerk  zum  Abdruck  kommen;  das  Textmaieiial 
ist  Monaci  unter  der  Hand  aber  so  gewachsen,  dafs  es  in  dem  zweiten,  Cut 
doppelt  so  starken  Heft  als  das  erste  (vom  Jahre  1889)  noch  nicht  bewÜtigt 
werden  kounte;  es  schliefst  mit  einer  Canzone  Guido  Cavalcantis;  ein  drittes 
Heft  mit  dem  Rest  der  Texte,  Anmerkungen  und  Verbesserungen,  Grammatik 
und  Glossar  ist  im  Druck.  Vers  und  Prosa,  Lyrik,  Didaktik  nnd  Epik  sind 
in  fase.  2  vertreten;  unter  den  Lyrikern  auch  weniger  bekannte;  neben  So- 
netten und  Canzonen  auch  Tenzonen,  von  Brunetto  Latini  neben  Dichtung 
auch  Prosa  (Uebersetzung  aus  Ciceros  de  inventione),  Stacke  ans  einem 
Bestiarius,  aus  Albertano  von  Brescia,  aus  Tristan,  dem  NoTellino;  Dia- 
lektisches von  Bonvesin  da  Riva,  aus  Genua  und  Francovenetianisches,  da- 
tierte Testamente  u.  s.  w.  Wo  mehrere  Hss.  zur  Verfügung  waren,  wird  die 
varia  lectio  mitgeteilt,  und  jedes  Stück  wird  mit  einer  litterarischen  Notiz 
eingeleitet.  Das  Buch  vermittelt  bei  der  Mannigfaltigkeit  in  der  Auswahl  der 
Texte,  der  Heranziehung  in  erster  Linie  des  Charakteristisdien  und  des  zeit- 
lich Bestimmbaren  in  vorzüglicher  Weise  die  Bekanntschaft  mit  der  italie- 
nischen Litteratur  mittelalterlichen  Stils  und  reicht  wohl  aus,  um  davon  eine 
deutliche  Anschauung  zu  gewähren,  wie  sie  der  durch  den  Litteraturgeschichts- 
Vortrag  gewonnenen  Kenntnis  zur  Seite  stehen  soll. 

G.  Gröber. 


M.  Ghrammont,  La  dissimilation  consonantique   dans  les  Langues 
indo-européennes    et  dans  les  langues  romanes.     1895  l^ijon«    8*. 

215  S. 

Die  scharfsinnige  Untersuchung  bezweckt  eine  genauere  Bestimmung  des 
Begriffes  der  Dissimilation ,  d.  i.  Beseitigung  eines  oder  einiger  der  gemein- 
samen Bestandteile  zweier  Artikulationen  in  einem  Worte,  und  unterscheidet 
20  Fälle  solch  regressiver  oder  progressiver,  von  der  Tonsilbe  oder  der  unbe- 
tonten Silbe  ausgehender  Dissimilation,  die  teils  in  den  romanischen,  teils  in 
den  indogermanischen  Sprachen  oder  in  beiden  Sprachgruppen  auftreten.  In- 
dem der  Verf.  den  wahren  psychologischen  oder  artikulatorischen  Grund  ein« 
in  den  Kreis  seiner  Betrachtung  fallenden  Lautveränderung  festzustellen  ver- 
sucht, berichtigt  er  vielfach  bisherige  Erklärungen  für  romanischen  Laut- 
wechsel.  Die  20  Fälle  von  Dissimilation  belegt  er  in  dem  ersten  Teile  des 
Buches,  von  den  „lois  de  la  dissimilation",  in  einem  Kommentar  zu  jedem 
Falle  seine  Auffassung  rechtfertigend;  im  zweiten  Teile,  „mêmes  causes,  effets 
différents",  werden  diejenigen  Wörter  betrachtet,  in  denen  nach  Andern  Dis- 
similation, nach  dem  Verf.  eine  anders  zu  erklärende  Lautveranderung  statt- 
gefunden hat;  im  dritten  Teile,  „la  reduplication",  zeigt  er,  in  welchen  Filien 
von  Unterdrückung  ähnlicher  Silben  in  einem  Worte  die  Rede  sein  kann 
(folgt  Wortindex).  Mit  dem  Begriff  „Gesetz"  ist  es  dem  Verf.  Ernst;  denn 
er  erstrebt  den  Nachweis,  dafs  zu  derselben  Zeit  in  einer  Sprache  die  gemein- 
samen Bestandteile  zweier  Artikulationen  eines  Wortes  immer  in  derselben 
Richtung  dissimiliert  wurden  (z.B.  r — r  zu  r — /  zu  andrer  Zeit  als  r — r  an 
r — n).  In  gelehrten  Wörtern  können  daher  andere  Dissimilationen  auftreten 
als  in  Erbwörtern  ;  in  Erbwörtern  kann  statt  durch  Dissimilation  durdL  Ana- 


GRAMMONT,   DISSIMILATION  CX>NSONANTIQU£.  429 

logisierung  eine  gleichartige  LautverändeniDg  hervorgerufen  werden  (z.  B.  it. 
albero  st.  arbero  =  arbor  unter  dem  Einflofs  von  albo  ?)  ;  oder  die  Dissimilation 
kann  unterbleiben  in  mit  produktiven  Suffixen  gebildeten  Wörtern,  weil  das 
Suffix  nur  unter  der  Voraussetzung  die  Bedeutimgsmodifikation  eines  Wortstammes 
bewirkt,  dafs  es  lautlich  mit  den  ebenso  abgeleiteten  Wörtern  in  Ueberein- 
stimmung  bleibt  u.  s.  w.  Wie  mir  scheint,  ist  die  Begründung  für  das  Er- 
scheinen eines  Lautes  für  einen  andern  überzeugend  ;  z.  B.  für  das  /  in  frz. 
alberge  für  hexibexga,  und  das  d  bei  it.  rado  proda  =  rarus  prora;  d  war 
im  dersten  Falle  in  der  ersten  Silbe  von  *ar\>erge  unmöglich,  und  fur  rado 
konnte  wohl  r<Ao  (span.)  gesagt  werden,  näher  aber  lag  für  linguales  r  die 
Entähnlichung  in  den  zugehörigen  Explosivlaut.  Ebenso  lautphysiologisch  er- 
klärbar ist  alma  und  arma  für  an^ma  (anima);  der  näher  liegende  Explosiv- 
laut für  n  war  vor  m  nicht  möglich,  da  die  Artikulation  dm  den  betr.  Sprachen 
fehlt,  daher  die  beiden  andern  möglichen  Substitutionen  /  und  r.  Unter  den 
neuen  Deutungen  mag  frz.  sanglant  aus  sanginantem  erwähnt  werden;  in  der 
That  fehlt  altfrz.  sanglent;  in  rossignol  etc.  möchte  Gr.  das  r  aus  dem  r  in 
dem  begriffsverwandten  hirondelle  herleiten;  mir  scheint  hier  das  Zusammen- 
treffen des  ani.  /  mit  dem  /  des  best.  Artikels,  von  dem  das  Wort  doch  ge- 
wöhnhch  begleitet  ist,  die  „Dissimilation"  bewirkt  zu  haben;  Gr.  tritt  S.  125 
für  frz.  cheville,  it.  cavicchia  ein,  wie  ich  ( WölfBin,  Archiv  i ,  543  und  D'Ovidio, 
Grundrifs  i,  506)  gethan,  während,  nach  G.  Paris,  Romania  5,  382,  Körting, 
Lat.-rom.Wtb.  mit  Behrens  capitula  besser  findet;  aber  itaL  entstand  daraus 

capecchia  und  intervok.  /  giebt  im  Ital  nicht  v, 

G.  Gröber. 


G.  Weigand,  Dritter  Jahresbericht  des  Instituts  für  rumänische 
Sprache  (rumänisches  Seminar)  zu  Leipzig.  Leipzig,  J.  A.  Barth 
1896.     332,  XI  S. 

Desgleichen  Vierter  Jahresbericht  .  .  .    1897.     33^»  IX  S. 

Da  ich  mich  dieses  Mal  mit  der  Besprechung  des  dritten  Jahresberichtes 
etwas  verspätet  habe,  so  will  ich  zugleich  auch  den  Inhalt  des  vierten 
zur  Kenntnis  der  geehrten  Leser  der  Zeitschrift  bringen.  Eine  Arbeit  von 
St.  Stinghe,  die  Anwendung  von  pre  als  Accusativzeichen  findet  sich  ohne- 
hin in  beiden  Bänden  (III  183—197,  IV  228— 249).  Sonst  bilden  den  sehr 
mannigfaltigen  und  reichen  Inhalt  folgende  Aufsätze  der  Mitglieder  des  Semi- 
nars: Arthur  Byhan,  die  Entwickelung  von  e  vor  Nasalen  in  den  latei- 
nischen Elementen  des  Rumänischen  (III  i — 70),  Ernst  Bacmeister,  die 
Kasusbildung  des  Singulars  im  Rumänischen  (IV  i — 81),  Hermann  Thal- 
mann, der  heutige  Stand  der  Pluralbildung  im  Dako-Rumän.  (IV  82 — 135), 
Kurt  Schladebach,  der  Stil  der  aromunischen  Volkslieder  (III  71 — 138), 
Ion  Papp,  Beiträge  zum  Studium  des  Altrumän.  (III  170—182),  G.  Çaïakdîi, 
aromunische  Texte  aus  Monastir,  übersetzt  von  G.  Weigand  (III  162 — 169). 

Es  läfst  sich  nicht  leugnen,  dafs  alle  diese  Arbeiten  recht  interessant 
sind  und  manche  Belehrung  bieten.  Wenn  dabei  mitunter  etwas  auszusetzen 
ist,  sowohl  was  die  Methode  selbst  als  auch  Einzelheiten  betrifft,  so  ist  dabei 
zu   berücksichtigen,    dafs   es   meistens   Erstlingsarbeiten  sind  und  dafs  es. an 


430  BESPRECHUNGEN.     J.  U.  JARnIk, 

ähnlichen  Vorarbeiten  gebricht  Es  bleibt  späteren  Untersuchungen  fiber- 
lassen, auf  Grund  eines  gründlichen  Studiums  der  Texte  die  Richtigkeit  der 
Resultate  von  Arbeiten,  wie  dies  die  von  Thalmann  ist,  zu  pialen. 

Am  interessantesten  sind  die  Beiträge  des  Herausgebers  sdhil 
dais  er  die  Resultate  seiner  Studienreisen  mitteilt  (der  Banater 
in  198  —  332,  Körösch-  und  Marosch- Dialekte  IV  250 — 336),  oder  in  der 
Veröffentlichung  des  so  wichtigen  aromunischen  Kodexes  Dimonie  (lY  136 
bis  227)  fortfahrt  oder  sich  an  die  Erklärung  einer  viel  umstrittenen  Form 
macht;  es  ist  dies  das  Imperfektum  Futuri  (Konditionalis,  Optativos)  im  Ro- 
manischen (in  139 — 161).  Es  möge  der  Hauptinhalt  des  wichtigen  Artikds 
hier  kurz  angedeutet  werden.  Diese  Form  wbd  durch  die  Zusammensetzung 
des  Imperf.  Ind.  desselben  Hilfsverbs  a  vrea,  a  voi  mit  dem  Infinitiv  des  be- 
treffenden Zeitwortes  gebildet,  dessen  Präsens  zur  Bildung  des  Futurums  ver- 
verwendet wird.  Nun  ist  im  Dakorum.  auffallend,  daiis  vor  dem  Infinitiv  die 
Form  etwas  anders  lautet  als  nach  demselben,  so  in  der  l.  PI.  am  làuda 
oder  läuda-ream.  Die  letztere  Form  wird  allerdings  in  der  Regel  iäudareHum 
geschrieben,  wobei  laudare  als  der  ursprüngliche  unverkürzte  Infinitiv  mu^e- 
faist  wird.  W.  beruft  sich,  um  die  Unrichtigkeit  dieser  Auffassung  zu  be- 
weisen, auf  die  dialektischen  Formen  besonders  im  Banat  und  auf  die  Thmt- 
sache,  dafs  im  Futurum  die  Vor-  oder  Nachsetzung  des  Hilfsverbs  auf  die 
Gestaltung  des  Infinitivs  gar  keinen  Einflufs  ausübt  Zugleich  macht  er  den 
Versuch  das  auslautende  ^t  der  i.  Sg.  und  r  der  3.  Sg.  und  PI.  zu  deuten: 
das  erstere  erklärt  er  als  eine  Verschmelzung  des  konzessiven  ff  mit  der  regel- 
mäCsigen  ursprünglichen  Form  des  Hilfsverbs,  während  er  in  r  eine  Spar 
des  ursprünglichen  einfachen  Konditionals  sieht.  Es  könnte  hier  auch  des 
vielleicht  halb  konsonantischen  u  gedacht  werden,  das  in  einigen  volkstüm- 
lichen Texten  zwischen  den  verkürzten  Infinitiv  und  das  nachgesetzte  Hil£iverb 
eingeschoben  wird,  so  Cezätoarea  11 136  n®2io  da-u^ar  nicht  nur  mit  der  Er- 
gänzung ceafì,  wo  das  u  anders  gedeutet  werden  könnte,  sondern  much  mit 
vînt  und  foc,  so  auch  ibid.  145.  8  lucra^u-ai,  33  da'U-aï,  noch  anffiülender 
ibid.  146.  9  bei  muri-u-ai. 

Dazu  einige  wenige  Einzelheiten,  zunächst  zu  m.  Auf  S.  vi  fehlt  du 
Wort  nemernic  178. 15  (pribeag  Fremdling),  es  gehört  in  die  H.  Grrappe; 
51.  22  doch  nicht  inf.  incaica  st  tncìilecà,  das  erstere  ist  ein  ganz  anderes  Wort; 
ibid.  29  und  52.  20  st.  inclinerà  1.  inclinare',  IV  19. 16  trdndntoare  (trébm- 
toare),  27. 12  oare  (soare),  creditneioascei  {crediîncioaseei),  55.  19  entre  (autré^ 
108.9  sfintenie  (sßnfenie,  vgl.  auch  109.  12  bätäuUoare),  I2I.  18  Liut  (Lmfl^ 
124.24  chemar  (chenar),  239.22  und  240.27  haben  sich  unrichtige  Beispide 
verirrt,  da  hier  das  pe  keineswegs  zur  Bildung  des  Accusativa  dienL  Noch 
einmal  zu  III  S.  vu;  dort  wird  durorile  als  ein  jetzt  ungebrauchHcber  Pfaind 
zu  dor  erklärt,  gewifs  ein  Versehen.  Denn  wenn  der  Accent  auf  dem  Stamm- 
vokal geblieben  wäre,  wie  könnte  da  ^  in  »  übergehen?  Betont  ist  hier 
jedoch  die  drittletzte  Silbe,  wie  173. 22  ausdrücklich  gedruckt  ist.  Es  ist 
eben  kein  Plur.  zu  dor,  welcher  dórurile  lautet,  sondern  zu  dem  altrua« 
dur  oare,  das  ich  vorderhand  wenigstens  in  Cipariu's  Analecta  S.  122  Z.  2 
nachweisen  kann;  es  kommt  daselbst  auch  S.  136  Z.  i  vor,  jedoch  im  Plorai» 
der  eben  W.  auf  den  falschen  Weg  brachte,  ja  ich  finde  das  Wort  auch  im 
Hinfescu's  Proverbele  Romäniloru  53.  7 — 8  :  Cin£  simte  vr'o  duroare»  Pomrtìi 


WEIGAND,  m.,  IV.  JAHRBSBER.  D.  INSTITUTS  F.  EUll»  SE&ACBS.      43I 

floare  *n  le^ìitoare,  Durarl  ab  FLt.  aeheint  sich  in  der  jetzigen  Volks- 
sprache in  dem  Sinne  Ton  Rheumatismus  gerade  so  spezialisiert  zu  haben, 
wie  nngoarê^  btngeare  im  Sinne  von  Typhus,  Siehe  das  Wort  bei  Çaineanu 
und  besonders  bei  Damé,  der  yon  dem  altrum.  Plural  auch  ein  Beispiel  aus 
Moza  citiert.  j^^^^  ^^^^^^  j^^^ 


Bamón  Menéndez  Fidai»   La  Leyenda  de  los  Infantes  de  Lara.  — 
Madrid  1896. 

Aus  dem  reichen  Sagen-  und  Romanzenschatz  der  Spanier  eine  beson- 
dere Gruppe  herausnehmen  y  dieselbe  in  allen  verschiedenen  Spielarten  auf 
das  Genaueste  untersuchen,  spätere  Ueberwucherungen  abschälen  oder  mit- 
unter wohl  auch  Ausmerzungen  konstatieren,  um  schlieislich  durch  steten 
Vergleich  mit  den  Prosadarstellungen  der  Chronisten,  wo  die  alte  poetische 
Form  noch  halb  durchschimmert,  auf  die  ursprüngliche  Fassung  der  Sage 
zurückzugelangen:  das  ist  es  was  der  Verfasser  hier  gethan  hat,  und  zwar  mit 
einer  Scharfsicht  und  Beharrlichkeit,  die  vor  keiner  noch  so  ermüdenden 
Schwierigkeit  zurückschrickt  Das  Buch  ist  in  sechs  Kapitel  geteilt,  von 
welchen  das  erste  die  Sage  nach  den  Cantares  de  Gesta,  das  zweite  die 
Chroniken  und  Geschichten,  das  dritte  die  Romanzen,  das  vierte  das  Theater, 
das  fünfte  die  letzten  Manifestationen  der  Sage,  und  das  letzte  die  Oertlich- 
keiten  und  ihre  Traditionen  behandelt;  dazu  konunt  noch  eine  zweite  Ab- 
teilung mit  Fragmenten  aus  den  bezuglichen  Chroniken,  Exkursen  über  die 
verschiedenen  Redaktionen  der  General,  etc.  Man  ersieht  gleich  hieraus, 
dafs  der  Plan  so  erschöpfend  war,  dais  fur  einen  künftigen  Aehrenleser  keine 
grofse  Ernte  zu  hoffen  ist. 

Der  Inhalt  der  Sage  darf  wohl  als  bekannt  vorausgesetzt  werden,  da 
nicht  nur  Duran  in  seinem  Romancero  General  (I,  439 — 457)  dreilsig,  sondern 
auch  Hofmann  und  Wolf  in  ihrer  Primavera  y  Flor  de  Romances  (I,  61 — 91) 
die  acht  berühmtesten  von  den  betreffenden  Romanzen  aufnehmen.  Der  histo- 
rische Kern  nun  all  dieser  poetischen  Herrlichkeit,  giebt  es  überhaupt  einen 
solchen,  und  wie  ist  er  beschaffen?  Freilich  giebt  es  einen,  aber  er  vergleicht 
sich  füglich  dem  biblischen  Senfkorn,  „welches  das  kleineste  ist  anter  allem 
Samen,  wenn  es  aber  erwächst,  so  ist  es  das  gröfseste  unter  dem  Kohl**.  Der- 
selbe ist  eben  so  winzig  klein,  dais  er  auf  die  einzige  Person  des  Gronzak> 
Gustioz  zusammenschrumpft,  dessen  Existenz  durch  Namensunterschriften  auf 
Diplomen  aus  den  Jahren  963 — 992  beglaubigt  ist;  wahrscheinlich  ist  sie  für 
Rodrigo  Velasquez,  dessen  Name  in  einer  Urkunde  von  988  vorkommt,  und 
vielleicht  für  sein  Weib,  da,  wie  Verf.  meint,  die  poetisdie  dofia  Lambra 
auch  eine  historische  Persönlichkeit  sein  muis,  wenn  schon  er  sie  mit  keiner 
von  den  Frauen  hat  identiüzieren  können,  die  im  X.  Jahrh.  den  damals  sehr 
gewöhnlichen  Namen  donna  Flámula  führten.  Ueber  die  Begebenheiten  herrscht 
ein  Dunkel,  das  wohl  nie  aufgehellt  werden  dürfte»  obgleich  anzunehmen  ist, 
dais  der  Sage  etwas  zu  Grunde  liegt,  das  die  Volksphantaaie  mächtig  erregt 
habe  und  von  ihr  dann  wieder  und  wieder  ausgeschmückt  worden  seL  Jeden- 
falls wird  man  dem  Verf.  vollkonunen  beistimmen,  wenn  er  tagt,  dais  in  der 
Darstellung  der  General  Spuren  barbarischer  Sitten,   wilder  und  einer  or- 


432  BESPRECHUNGEN.     E.  UDFORSS. 

sprünglichen  Epoche  zuständiger  Gesinnung,  unbändiger,  in  der  Brost  Jihre 
hindurch  liebevoll  gepflegter  Leidenschaften  sich  offenbaren;  daís  aber  unter 
dieser  rohen  Einkleidung  sogar  in  der  kurzen  Prosa-Erzählung  Situatkmen  aich 
vorfinden  von  hohem  poetischen  Wert  und  grofser  tragischer  Kraft,  die  mit 
den  einfachen  Mitteln  eines  goldnen  Zeitalters  der  heroischen  Poesie  geschaffen 
sind  und  die,  wenn  unser  Gedicht  in  seiner  wahren  und  ersten  Grestaltnng 
noch  vorhanden  wäre,  es  wert  machen  wurden  an  der  Seite  der  N^btng^en 
und  des  Garin  U  Loherain,  dieser  Meisterwerke  der  blutigen  Epopöe  der 
Rache,  einen  Platz  einzunehmen. 

Im  grofsen  und  ganzen  nun  war  seinerseits  auch  Baist  schon  (Groben 
Grundrifs  II,  2  S.  394, 2)  zu  demselben  Resultate  wie  Herr  Pidal  gdcommen, 
nur  dafs  die  der  Art  jenes  Werkes  gemäis  knappe  Form  eben  nur  die  Kon* 
statierung  der  Thatsachen  gestattete,  während  Herr  Pidal  den  Leser  die  £e* 
naue  Untersuchung  mitmachen  läfst,  was  naturlich  im  Detail  viel  Interessante« 
darbietet  und  mitunter  über  die  gesamte  mittelalterliche  Heldendichtung  Spaniens 
Licht  verbreitet.  Beispielsweise  mag  nur  auf  das  hingewiesen  werden,  was 
Verf.  über  die  Ursachen  des  Schwindens  der  alten  Dichtungen  und  die  De* 
kadenz  der  epischen  Poesie  sagt,  auf  die  besonders  wichtige  Prnfang  der 
verwickelten  Frage  von  dem  relativen  Werte  der  Handschriften  der  Crán» 
General,  auf  den  Exkurs  über  die  Reste  von  Versifikation ,  die  sich  in  den 
Chroniken  noch  entdecken  lassen ,  u.  a.  m.  Der  Verfasser  stellt  in  Auasidit 
einen  Abdruck  der  Cidgeschichte  nach  dem  Ms.  Escurial  X-i-4,  dem  er  den 
Vorzug  zuerkennt,  und  gewifs  könnte  nichts  willkommner  sein. 

Kurz,  das  in  Frage  stehende  Buch  verdient  die  beste  Empfehlung  —  die 
ihm  übrigens  schon  von  andrer  Seite  zu  teil  geworden  ist  — ,  und  man  kann 
mit  Recht  sagen,  dafs  auf  diesem  Gebiete  seit  Milá's  schönem  Werke  fiber 
die  Poesia  HerôicO'Popular  Castellana  kein  anderes  in  Spanien  erschienen 
ist,  das  Herrn  Pidais  Leyenda  de  los  Infantes  de  Lara  an  Bedeutung  nnd 
Wert  den  Rang  streitig  machen  könnte. 

E.  LiDFORSS. 


A.Bello-R.J.  Cuervo,  Gramática  de  la  Lengua  Castellana,  destinada 
al  uso  de  los  Americanos.     Sexta  edición.    Paris  1898. 

Fünf  frühere  Ausgaben   sind  ein   gutes  Zeugnis  für  diese  Sprachlehre, 

und  doch  darf  nicht  verschwiegen  werden,  dafs  sie  an  viel  unnützem  Ballast 

leidet,  was  indessen  keine  besondere  Rüge  für  sie  ist,  denn  dieselbe  trifft  im 

allgemeinen   die  meisten   der  von  Eingeborenen  verfaCsten  Grammatiken  flircr 

resp.  Muttersprachen,    und   es  stand  seiner  Zeit  ebenso  mit  Salvá's  sonst  so 

verdienstlichem  Werke.   Ob  nun  vor  diesem  dem  Buche  Bello's  ein  bestimmter 

Vorzug  gebühre,  darüber  zu  entscheiden  mochte  so  leicht  nidit  sein;  aber  diese 

sechste  Auflage   erhält  einen   solchen  durch  die  Zugabe  von  Cuervo's  Noten, 

die  nicht  weniger  als  134  Seiten  füllen,  eine  Menge  von  feinen  Beobachtnngen 

enthalten  und  gute  Kenntnis  von  den  Forschungen  der  europäischen  Wissen* 

Schaft  verraten.    Für  die  landläufige  Reichs-  und  Litteratursprache,  anch  mit 

Hinblick  auf  den  altern  Sprachbestand,  dürfte  somit  Bello*s  Grammatik  in  ihrer 

neuen  Gestalt  eine  geeignete  Führerin  abgeben. 

£.  L1DFORS8. 


REVUE  DES  LANGUES  ROMANES  XXXV — ^XXXVn.  433 

Revue  des  langues  romanes.    Tome  XXXV.   Janvier— décembre  1891. 

S.  23  —  88.  A.  Blanc,  Vocabulaire  provençal 'latin.  Untersuchmig  der 
beiden  schon  Littré  und  Bartsch  bekannten  and  nicht  unwichtigen  Glossare 
Bibl.  nat.  7657  (B)  und  7685  (À),  von  denen  wahrscheinlich  gemacht  wird, 
dais  sie  Kopieen  eines  Originals  sind,  welches  frühestens  in  das  Ende  des 
14.  Jahrhunderts  zu  setzen  sei.  Es  folgt  eine  längere  Liste  von  Wörtern,  die 
bei  Raynouard  ganz  oder  in  besonderer  Form  oder  Bedeutung  fehlen,  wobei 
denn  die  Aufführung  von  so  belanglosen  Schriflvarianten  wie  z.B.  vayssel 
(Rayn.  :  vaissel)  wohl  nicht  nötig  gewesen  wäre  (verdejar  steht  übrigens  auch 
in  dieser  Form  bei  Raynouard).  Nicht  wenige  Druckfehler  werden  in  den 
Errata  S.  319 — 20  verbessert.  Die  Hss.  scheinen  nicht  gleichmäfsig  genau  ge- 
lesen worden  zu  sein. 

S.  88  —  94.  C.  Chabaneau,  Fragment  d*uH  chansonnier  provençal, 
Ueberrest  einer  verlorenen  sehr  umfangreichen  Liederhandschrift  des  14.  Jahr- 
hunderts in  Gestalt  eines  Doppel-Pergamentblattes,  das  Herr  Pierre  Vidal, 
Bibliothekar  in  Perpignan,  gefunden  hat.  Das  Blatt  enthält  in  der  ersten 
Hälfte  raws  zu  Liedern  des  Gaucelm  Faidit,  in  der  zweiten  Hälfte  desselben 
Trobadors  Mout  a  poignat.  Chant  e  deport  und  fast  die  ganze  erste  Strophe 
von  Si  anc  nuls  horn.  Jene  Anordnung  von  ra%os  nämlich,  dafs  sie  alle 
hinter  einander  vor  den  Liedern  stehen,  findet  sich,  wie  Ch.  bemerkt,  in  keiner 
anderen  Handschrift. 

S.  95 — 127.  W.  Sode rj heim,  La  dama  santa  mercede,  version  ita* 
Henne  du  Poème  d'Alain  Chartier. 

S.  166.  Bibliographie.  L.  Constans,  Les  grands  historiens  du  moyen 
âge,  notices  et  extraits  (E.  Rigai). 

S.  169 — 260.  J.Camus,  Notices  et  extraits  des  manuscrits  français 
de  Modène,  Die  von  guter  Kenntnis  des  einschlägigen  Materials  zeugende 
Arbeit  war  schon  i.  J.  1890  in  italienischer  Sprache  erschienen.  S.  237  fi. 
steht  ein  Verzeichnis  der  altfranzösischen  Lieder,  unter  denen  fünfzehn  als 
Unica  angemerkt  werden.  Sechs  von  diesen  gelangen  zum  Abdrucke,  doch 
war  schon  eines  derselben  (  Quant  noif  remaint)  von  Bartsch ,  Rom.  u.  Past. 
I,  43  und  ein  anderes  {Oez  com  je  sui  bestornez)  von  P.  Meyer  in  der  Romania 
XIX,  IO  publiziert.  Text  und  Interpunktion  der  sechs  Gedichte,  unter  denen 
sich  zwei  interessante  Sirventesen  befinden,  ist  recht  besseningsbedüritig,  und 
zwar  liegen  viele  der  vorzunehmenden  Korrekturen  auf  der  Hand:  ein  sorg- 
faltiger diplomatischer  Abdruck  wäre  erwünschter  gewesen.  S.  250  fi*,  wird 
über  die  Handschrift  fonds  latin  568  berichtet,  welche  67  lyrische  Stücke  ent- 
hält (ballades,  lais,  virelais),  die  freilich  der  Mehrzahl  nach  unvollständig  sind. 

S.  287 — 295.     Variétés. 

S.  296  —  306.  A.Blanc,  A  propos  de  V expédition  en  Sardaigne  de 
Guillaume  II,  vicomte  de  Narbonne.  Dem  Philologen  bieten  die  hier  aus 
dem  Archiv  von  Narbonne  veröficntlichten  Rechnungen  in  der  Volkssprache 
z.  J.  14 10  einiges  Interesse. 

S.  307  —  316.  F.  Castets,  „//  Fiore"  et  ses  critiques.  C.  erörtert, 
ohne  dafs  man  ihm  zustimmen  könnte,  gegenüber  Mazzatinti  und  Gorra  noch 
einmal  die  Frage,  ob  man  nicht  in  dem  Verfasser  des  „Fiore",  des  italienischen 
rifacimento  vom  Rosenroman  Dante  zu  sehen  habe. 

S.  3 1 6 — 3 1 8.     Chronique, 
Zeiuchr.  l  rom.  PhU.  XXII.  28 


434  BESPRECHUNGEN.     SCHULTZ-GORÂ, 

S.  379 — 430.  C.  Chabaneau,  La  langue  et  la  littérature  du  Limausm. 
Dankenswerte  Zusammenstellung  der  Litteraturdenkmäler  des  Limoiisinischen. 
Wenn  es  S.  384  mit  Bezug  auf  Gaucelm  Faidit  heifst:  on  ¿prouve  un  réel 
plaisir  à  ^entendre,  au  retour  de  la  4«  croisade,  où  il  avait  accompagné  ie 
marquis  de  Montferrat,  remercier  Dieu,  so  scheint  mir  damit  auf  Grrund  des 
Liedes  Del  gran  golfe,  das  C.  offenbar  im  Auge  hat,  zu  viel  gesagt  m  sein. 
Dem  Artikel  sind  zwei  Appendices  von  Leroux  angeschlossen,  deren  zweiter 
verschiedene  limousinische  Texte  von  1208 — 1490  darbietet 

S.  438 — 441.     P.  Marchot,  Etymologies  liégoises  (Fortsetzung). 

S.  453  —  477.  Bibliographie.  F.Mistral,  La  reine  Jeanne»  tragédie 
provençale  (Adelphe  Espagne).  —  Notices  et  extraits  des  mss,  de  la  BM» 
nat,  et  des  autres  bibliothèques  /.  XXXIII  2^  partie  1889  (C  Chabanean). 
Wertvolle  Bemerkungen  zu  Langlois'  Notices  des  manuscrits  français  et  pro^ 
vençaux  de  Rome  antérieurs  au  XVI^  siècle,  S.  477 — 480.  PériodiqmeSn 
Revue  historique,  scientifique  et  littéraire  du  département  du  Tarn.  Mars  — 
avril  1891  (C.  C).  —  Journal  des  Savants,  octobre  1891  (Berthelot,  Sur 
quelques  écrits  alchimiques  en  langue  provençale,  se  rattachant  à  Véeoiê  de 
Raymond  Lulle). 

S.  480.     Chronique. 

S.  481 — 502.  F.  No  vati,  Nouvelles  recherches  sur  le  roman  de  Fiori" 
mont  giebt  erwünschte  zuverlässige  Nachricht  über  den  Monzesischen  Kodex 
des  Florimont,  dessen  Anfang  mitgeteilt  wird,  um  dann  auf  die  schwierigen 
Fragen  einzutreten,  die  sich  an  diesen  knüpfen,  und  die  Meinung  von  P.  Paris, 
die  übrigens  Risop  nicht  ohne  weiteres  verworfen  hatte,  zu  verteidigen,  dais 
man  in  dem  Aselge,  das  die  Hss.  AM  [und  auch  die  Handschrift  von  Tonn» 
s.  Risop  in  dieser  Zeitschrift  XVIII,  308]  bieten,  den  Flufs  Asergnes  im 
lyonnesischen  Gebiete  zu  erkennen  habe,  so  dafs  also  das  Chastühn  «s  Cha* 
tillon  d*Azergues  sei.  Darin  wird  man  ihm  beistimme  können,  weniger  in 
der  Ansicht,  dafs  Anailui,  welches  in  dieser  Form  von  keiner  Handschrift 
gebracht  wird  (s.  Risop  a.  a.  O.)  ein  Anagramm  von  Juliana  sei.  Die  Um- 
stellung von  Romadanaple  (von  N.  wird  mit  Unrecht  ^Romanäapie  angeseCst) 
zu  plena  d*amor  nimmt  schon  die  Königstochter  selber  in  der  Dichtimg  tot, 
s.  Risop  a.a.O.  S.  311. 

S.  604  —  611.  A.  Blanc,  Le  groupe  et  de  sanctus  dans  les  noms  do 
saints  en  provençal.  Es  handelt  sich  um  Fälle  wie  Saint^Chamant  {Sanctus 
Amantius),  wo  auslautendes  ch  zum  folgenden  Worte  gezogen  wurde.  Bei 
der  Liste  solcher  Ortsnamen,  die  aus  dem  Süden  Frankreichs  angefahrt 
werden,  hätte  man  gerne  mehr  Urkimdenmaterial  verwertet  gesdien. 

S.  612 — 618.  Variétés.  L.  Constans,  A  propos  d*un  compte  rendu  do 
I* édition  critique  du  Roman  de  Thèbes.  Abwehr  gegen  P.Meyer.  -—  Pé« 
lissier,  Manuscrits  provençaux  de  Marseille. 

S.  618 — 623.  Bibliographie.  Arsène  Darmesteter,  Cours  éU  gramo^ 
maire  historique  de  la  langue  française.  Première  partie:  Phênétifue 
(P.  Marchot).  —  A.  Roque-Ferrier,  Le  Midi  de  la  France,  ses  poètes  oi 
ses  lettrés  de  1874  a  1890  (Pélissier). 

Tome  XXXVI.   Janvier — décembre  1892. 

S.  I — 143.  F.  Cas  têts,  Maugis  à^  Aigremont.  Ausgabe  des  mehr  als 
9000  Alexaudi  iner  zählenden  Epos,  welches  in  drei  Handschriften  (Cambridge, 


REVUE  DES  LANGUES  ROMANES  XXXV — XXXVII.  435 

Paris,  Montpellier)  erhalteD  ist.  C.  bietet  den  Text  der  Cambridger  Hs.  {Petâr^ 
house)  dar;  die  Art  wie  die  beiden  anderen  Hss.  herangezogen  worden  sind 
erregt  Bedenken  und  ist  anfechtbar.  Die  Anmerkungen  bestehen  zum  groCsen 
Teile  aus  Varianten.  Maugis  mit  Rajna  als  forme  dérivée  von  deutschem 
Madalger  zu  bezeichnen  (S.  12)  geht  nicht  an:  das  Etymon  ist  Amalgts,  wie 
denn  auch  die  Form  Atnàugis  oft  genug  begegnet. 

S.  417 — 487.  F.  Ca  stets,  Iter  Hierosolymitanum  ou  voyage  de  Charle- 
magne  à  Jérusalem  et  à  Constantinople,  Texte  latin  diaprés  le  ms,  de  Mont- 
pellier.  Dem  Abdrucke  des  in  drei  Hss.  überlieferten  und  im  Speculum 
historíale  des  Vincenz  von  Beauvais  resümierten  Iter  geht  eine  Beschreibung 
der  Hs.  von  Montpellier  H  280  voran  sowie  eine  solche  der  Pariser  Hs.  (Bibl. 
nat.  127 10).  Bezüglich  der  letzteren  Version  wird  wahrscheinlich  gemacht, 
dafs  sie  jünger  ist  als  der  Pseudo-Turpin. 

S.  496 — 523.  E.-G.  Ledos,  Frottola  del  re  de  Franza,  chanson  popu- 
laire  contre  Louis  XII,  Vorliegende  frottola,  in  Florenz  gedruckt  (Bibl. 
nat.  zu  Paris  Yd  réserve  622)  ist  1512  oder  15 13  und,  nach  der  Sprache  zu 
urteilen,  im  Venetianischen  entstanden.  Eine  Untersuchung  über  Form  und 
Inhalt  átr  frottola  und  barzelletta  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts 
sowie  gute  erklärende  Anmerkungen  erhöhen  den  Wert  der  Publikation. 

S.  573 — 585.  A.  Solerti,  Le  voyage  du  Tasse  en  France,  S.  586 — 589. 
Variétés, 

S.  589  —  598.  Bulletin  bibliographique,  C.  Appel,  Zur  Entwickelung 
italienischer  Dichtungen  Petrarkas  (L.  G.).  —  Pélissier,  Manuscrits  proven- 
çaux d'Avignon.  —  S.  599  —  602.  Périodiques,  Zeitschrift  für  romanische- 
Philologie  XV  (L.  Constans). 

S.  602 — 603.    Chronique, 

Tome  XXX Vn.    1893  — 1894. 

S.  5 — 58.  D.  Grand,  V image  du  monde,  Klassifikation  von  32  Hand- 
schriften der  ersten  Redaktion  der  Image  du  monde,  welche  aus  d.  J.  1245 
stammt  (der  Artikel  hat  bis  jetzt  keine  Fortsetzung  erfahren). 

S.  146 — 147.  P.  Marchot,  Andare  etc.  Von  neuem  versuchte  Her- 
leitung von  andare,  annar,  aller  ^ambulare, 

S.  147 — 148.    Chronique, 

S.  182 — 183.  P.  Marchot,  Note  sur  le  traitement  de  -orium  en  franco- 
provençal, 

S.  186  —  190.  Bibliographie,  S.  190 — 196.  Chronique,  Es  wird  Mit- 
teilung gemacht  von  der  nunmehr  eintretenden  Aenderung  in  dem  Charakter 
und  in  der  Art  des  Erscheinens  der  Revue,  —   S.  235  —  238.   Variétés, 

S.  238 — 244.     Chronique, 

S.  245 — 250.  A.  Jeanroy,  Nouveau  texte  d'une  prière  à  la  vierge  du 
XIV^  siècle,  Abdruck  des  schon  von  Bartsch,  Denkmäler  S.  63  ff.  aus  zwei 
Pariser  Handschriften  publizierten  Gedichtes  nach  einer  in  Siena  befindlichen 
Handschrift.  Es  wird  auf  das  berühmte  Sirventes  Figueira's  als  gleichen  Bau 
habend  hingewiesen  und  als  Vorbild  für  beide  G.  Faidit's  Ab  cossirier  pianh 
bezeichnet, 

S.  251  —  267.  F.  Gabotto,  Les  légendes  carolingiennes  dans  le  Chro- 
nicon  Ymaginis  Mundi  de  Frate  Jacopo  d^ Acqui  (erster  Artikel).    Bemerkens- 

38* 


436  BESPRECHUNGEN,     a  WIESE, 

wert  ist  die  Meinung  von  G.,  dafs  der  OHnel  auf  einer  piemontesisclien  Tra- 
dition  fuise.  —  S.  271— 282.  Variétés.  S.  281.  Bericht  aber  einen  Vortrag 
von  Gazier  über  P.  Cardinal's  Fabel,  deren  Stoff  schon  in  einer  Homilie  des 
Chrysostomus  begegnet. 

S.  282— -292.  Bibliographie,  Zeitschrift  for  romanische  Philologie  XVI 
— XVn  (L.  ConsUns). 

S.  293 — 301.  Eugène  Muntz,  Quelques  points  de  vue  sur  la  latera- 
ture  ilalienne  du  XVI^  siècle, 

S.  302  — 318.  Maurice  Raimbault,  Inventari  dou  castèu  éP lèro  en 
1431  enthält  einige  interessante  Wörter  mit  nützlichen  SacherklSrungen  des 
Herausgebers,  der  freilich  im  Altprovenzaliachen  nicht  recht  zu  Hanse  zu 
sein  scheint. 

S.  319 — 322.  A.  Jeanroy,  Un  nouveau  manuscrit  du  glossaire  pro- 
vençal'italien  d'Onorato  Drago,  Bericht  über  eine  sienesische  Handschrift 
des  aus  dem  16.  Jahrhundert  stammenden  Glossars.  Die  Abweichungen  von 
der  Mailänder  Handschrift,  über  welche  Rajna  gehandelt  hat,  sind  sehr  gering. 

S.  329 — 338.  Bibliographie,  G.  Bapst,  Essai  sur  l* histoire  du  théâtre 
(E.  Rigai).  —  Romania  XXIII,  i  (L.  Constans). 

S.  355 — 373.  F.  Gab  otto,  Les  légendes  carolingiennes  dans  le  Chro- 
nicon  Ymaginis  mundi  de  Frate  Jacopo  d* Acqui  (Fortsetzung  und  Schlnfs).  — 
S.  428 — 433.  Variétés,  Ch.  Marelle,  La  prononciation  française  et  les  néo^ 
philologues  allemands  (Abdruck  aus  Le  Temps  21  Juni  1894). 

S.  433—436.     Chronique, 

S.  437 — 442.  Ch.  Joret,  Liste  des  plantes  envoyées  par  Peiresc  à 
Clusius  (enthält  provenzalische  Pflanzennamen).  —   S.  469—477.    Variétés, 

S.  478 — 484.  Bibliographie,  Mystères  provençaux  du  XV^  siècle  p,p, 
Jeanroy  et  Teulié  (C.  Chabaneau).    Wertvolle  Besprechung. 

S.  485 — 489.  A.Blanc,  Sens  du  terme  ethnique  „Provincialis"  au 
XII*  siècle.  Nach  Feststellung  der  Thatsache,  dafs  Gotia  nicht,  wie  P.  Meyer 
{Annales  du  Midi  I)  meinte,  Aquitanien,  sondern  das  alte  Septîmanien  be- 
zeichnet hat,  wird  ausgeführt,  dafs  Provincialis  einmal  fur  die  Bewohner  des 
südlichen  Galliens  überhaupt  gebraucht  worden  sei,  und  dann  für  die  Be- 
wohner der  zwischen  Rhône  und  Alpen  liegenden  Gegend. 

S.  490 — 492.  A.  Roque -Ferrier,  Études  sur  la  langue  d'oc,  I.:  Le 
„t**  final  du  sous-dialecte  montpeüiérain  au  XV*  et  au  XIX*  siècles,  — 
S.  520—522.    Variétés, 

S.  528  —  532.  Bibliographie,  C.  de  Lollis,  Trattato  provençale  di 
Penitenta  in  Studj  di  filologia  romanza  V  (C.  Chabaneau).  Zu  den  zahl- 
reichen von  Levy  im  Litteraturblatt  XII  Sp.  87 — 90  gemachten  Bemerkungen 
kommen  neue  lehrreiche  hinzu. 

S.  532.     Chronique, 

S.  533  —  541.  Ch.  Codorniu,  Des  Origines  de  la  langue  et  de  la 
littérature  espagnoles  (erster  Artikel).    Ohne  Bedeutung. 

S.  571 — 575.  L.  Constans,  Un  nouveau  manuscrit  fragmentaire  du 
Roman  de  Troie,  Versuch  die  Stellung  des  Bruchstückes  (21  Blatter,  jetzt  auf 
der  Bibl.  nat„  Nouv,  acq,  franc,  6534)  innerhalb  der  übrigen  Handschriften 
zu  bestimmen. 

S.  575  — 578.    Chronique,  O.  SCHULTZ-GORA. 


GIORNALE  STORICO   VOL.  XXXL  437 

Giornale  Btorioo  della  Iietteratura  Italiana.  Anno  XVI,  Voi.  XXXI, 
fase.  I. 

A.  Galletti,  Fra  Giordano  da  Pisa  predicatore  del  secolo  XIV,  Dieser 
erster  Teil  der  Arbeit  sichtet  die  Lebeosnachrichten  über  Bruder  Giordano 
und  bespricht  dann  die  aberlieferte  Form  seiner  Predigten,  die  von  verschie- 
denen Leuten  gesammelt  wurden ,  wie  es  ihm  nachzuweisen  gelingt.  S.  25 
Anm.  I  hätte  man  gern  Cavalcantis  Sonett  citiert  gesehen. 

VARIETÀ. 

V.  Gian,  Per  Bernardo  Bembo.  Le  relàûoni  letterarie,  i  codici  e  gli 
scruti.  Lettera  2«  al  Prof.  Rodolfo  Renier.  Im  XXVm.  Bande  des  Giornale 
S.  348  ff.  hatte  Gian  in  einem  Briefe  über  die  Beziehungen  Bernardo  Bembos 
zu  den  Medici  gesprochen  (vgl.  Ztschr.  XXI  S.  151).  In  einem  zweiten  Briefe 
stellt  er  hier  zusammen,  was  über  seine  Beziehungen  zu  andern  Männern 
seiner  Zeit,  über  die  in  seinem  Besitze  gewesenen  Handschriften  und  über 
teine  eigenen  litterarischen  Leistungen  bekannt  ist.  Somit  hat  er  einem  künf- 
tigen Biographen  dieses  bedeutenden  venezianischen  Patriziers  die  Wege  er- 
heblich geebnet. 

G.  Giannini,  H  „Principe"  e  ü „Giovine  signore",  Parini  war,  jeden- 
falls durch  Rousseaus  Ausführungen  im  Contrat  social  überzeugt,  der  Ansicht, 
dafs  Machiavellis  Forst  von  Anfang  bis  zu  Ende  ironisch  aufzufassen  sei,  und 
äuiserte  das  in  seinen  principa  delle  belle  lettere.  Giannini  hält  es  nun  nicht 
fur  unmöglich,  dafs  dies  Vorbild  Parini  veranlafst  habe,  in  ähnlicher  Weise 
wie  nach  seiner  Auffassung  Machiavelli  die  Tyrannen  des  16.  Jahrhunderts 
bloft  gestellt  hatte,  das  würdelose  Treiben  des  lombardischcn  Adels  seiner 
Zeit  zu  geifseln.  Er  pfropfte  das  Reis  der  Ironie  auf  das  beliebte  Lehrgedicht 
und  schnf  die  satirische  Epopöe.    Diese  Möglichkeit  ist  zuzugestehen. 

A.  Bassermann,  Catona  o  Cr  otoña?  Vergeblicher  Versuch  gegen 
De  Chiara,  Giornale  XXX  214  ff.  einen  verlorenen  Posten  zu  verteidigen  (vgL 
Ztschr.  XXII  S.  137),  wenngleich  er  ihm  einige  Verschen  nachweist. 

RASSEGNA  BIBUOGR AFIC A  : 

Biadene,  Indice  delle  canzoni  italiane  del  secolo  XIII  (Foresti,  sorg- 
fältige und  nützliche  Nachprüfung  der  mühevollen  Arbeit).  —  Melodia,  Difesa 
di  Francesco  Petrarca  (Scar ano).  —  Carducci,  Su  V  Aminta  di  T.  Tasso 
(V.  Rossi  ;  wichtige  Bemerkungen  zur  Entwicklung  des  Pastoraldramas).  — 
Po  metti,  I  Martirano  (Croce,  viele  Zusätze). —  Re  forgiato,  V  umorismo 
nei  „Promessi  Sposi"  di  A,  Manzoni  (Bellezza). 

BOLLETTINO  BIBLIOGRAFICO  : 

Calori  Cesis,  Giovanni  Pico  della  Mirandola  detto  la  fenice  degli  in- 
gegni. Dorez  et  Thuasne,  Pie  de  Mirandole  en  France.  Del  Lungo, 
Fhrentia.  Uomini  e  cose  del  Quattrocento,  G  e  ri  ni.  Gli  scrittori  pedagogici 
italiani  del  secolo  decimosesto.  Calzini,  Urbino  e  i  suoi  monumenti.  Scotti, 
Bergamo  nel  seicento.  Brocchi,  Un  novelliere  del  secolo  XVII;  Gerolamo 
Brusoni,  Curcio  Bufardoci,  La  reazione  contro  il  seicento  nelle  satire  di 
Salvator  Rosa  e  Benedetto  Menuni,  M  e  n  g  h  i  n  i ,  Scritti  di  Giuseppe  Barelli 
scelti  e  annotati.  Mandarini,  I  codici  manoscritti  della  Biblioteca  Orato- 
riana  di  Napoli  illustrati, 

ANNUNZI  ANALITICI,   PUBBLICAZIONI  NUZIALI. 

COMUNICAZIONI  ED  APPUNTI: 

R«  Renier,  Un  poeta  m4>rto  che  si  difende.    In  seinem  1706  erschie- 


433  BESPRECHUNGEN.     G.  G.,  W.  MBTBR-LÜBKB, 

nenen  Werke  Della  perfetta  poesia  italiana  hatte  Muratori  unter  anderen 
Schriílstellem  auch  Tebaldeo  recht  schlecht  wegkommen  lassen.  Das  ver- 
anlafste  den  Ferraresen  Gerolamo  Barnffaldi  eine  anonyme,  dem  beleidigten 
Dichter  in  den  Mund  gelegte  Verteidigung  lossulassen,  die  1709  erschien. 
Renier  analysiert  die  kaum  auffindbare  Schrift  und  hebt  som  Schluls  ans  der 
Korrespondenz  zwischen  Muratori  und  Baruffaldi  das  Hergehörige  heraus. 
letzterer  leugnet  darin,  der  Urheber  des  Briefes  zu  sein,  worüber  aber  doch 
kein  Zweifel  aufkommen  kann.  G.  Rossi,  //  codice  dantesco  deli* Universi- 
taria di  Cagliari  zeigt  aus  zwei  Briefen  Amaris  an  Spano,  dafs  letzterer  den 
dritten  Gesang  der  Hölle  aus  dieser  Handschrift,  soweit  er  darin  vorhanden 
ist,  für  Witte  kollationierte  und  macht  dann  noch  auf  eine  Variante  tu 
HI  124 — 126  von  der  Hand  des  Korrektors  der  Handschrift  aafinerk- 
sam,  mittelst  derer  es  möglich  wäre,  das  Manuskript  aufzufinden,  nach  dem 
dieser  verbesserte.  Man  hätte  gerne  erfahren,  ob  die  am  Schlüsse  Inferno 
XXI  und  XXin  hinzugefügten  Terzinen  von  der  Hand  des  Schreibers  oder 
von  der  des  Korrektors  sind.  Vgl.  Witte,  Danteforschnngen  II  S.  492.  Dieter 
Aufsatz  Wittes  zeigt  übrigens  nicht,  wie  man  aus  Rossis  Anmerkung  6  S.  176 
entnehmen  könnte,  dafs  Witte  die  Handschrift  fur  den  dritten  Gesang  der 
Hölle  hat  vergleichen  lassen,  und  ist  jedenfalls  gleich  nach  der  im  ersten 
Briefe  Amaris  erwähnten  Unterredung  geschrieben.  Dafs  Spano  sich  beeilt 
habe,  Amaris  Wunsch  nach  der  Kollation  zu  erfüllen,  wie  Rossi  sagt«  kann 
ich  nicht  finden:  die  Bitte  war  am  2.  Oktober  1868  ausgesprochen,  und  ent 
am  21.  Januar  1869,  also  nach  vollen  3Vs  Monaten,  ist  Amari  im  Besitse  des 
Gewünschten.  Nach  Wittes  Aufsatz  S.  488  fehlen  die  ersten  106  Verse  von 
Inferno  HI  in  der  Handschrift,  nach  Rossi  S.  177  aber  116.  Was  ist  richtig? 
C.  Salvioni,  Una  rappresentaúone  del  contrasto  tra  la  quaresima  e  il  carne* 
vale  bringt  die  interessante  Nachricht,  dafs  vor  noch  nicht  vielen  Jahren  in 
Menzonio  im  Valle  Maggia  meist  am  letzten  Donnerstag  im  Karneval  ein 
solcher  Kontrast  öffentlich  aufgeführt  wurde.  Leider  ist  von  dem  Inhalte 
kaum  etwas  bekannt. 

CRONACA: 

Periodici,    kurze    Mitteilungen,    neuerschienene   Bucher,    Nachrufe   fir 

Carlo  Castellani  (G.  B.),    Jacopo  Bernardi  (G.  B.),  Léon  Gautier,    Luigi  Tosti, 

Franz  Xaver  Wegele,  Giovan  Battista  Cavalcasene. 

Berthold  Wisse. 


Romania  No.  104,  Octobre  1897,  T.  XXVL 

F.  Lot,  Notes  sur  le  Moniage  Guillaume,  /.  Tombe  Issoire  ou  Tombe 
Isoré.  £s  handelt  sich  um  die  Isoré  -  Episode  im  Moniage  Guillaume,  um 
Guillaume's  Kampf  mit  dem  Heiden  Isoré  bei  Paris,  und  seine  Beziehung  sn 
einem  auffallig  grofsen  Grabmal  unter  dem  Namen  Tombe  Isoré  auf  einer  alten 
Begräbnisstätte  bei  Paris,  das  schon  Gervasius  von  Tilbury,  wie  zuletzt  Schllger 
in  Herrigs  Archiv  98,  41  nachwies,  so  benennt  (sepulcrum  Isoreti,  Otia  impc- 
rialia)  unter  der  Angabe,  dafs  der  h.  Wilhelm  Isoré's  Besieger  (im  Kampf  um 
Paris)  gewesen  sei.  L.  wiederholt,  dais  Isoré  in  Wilhelms  Mönchtum  wahr- 
scheinlich die  Stelle  Kaiser  Ottos  IT.,  der  Paris  978  belagerte,  ein  in  sagen- 
hafter Entstellung  in  der  mittelalterlichen  Chronik  wiederholt  berichtetes  Er- 
eignis,  einnimmt  (Rom.  19,  377  ff.)   und  ist,   da  er  das  Lothringcrepoi  mit 


ROMANIA   NO.  IO4.  439 

seinem  Isoré  spät  ansetzen  möchte,  augenscheinlich  geneigt,  den  Namen  Tombe 
Isoré  für  älter  zu  halten  als  den  Montage  Guillaume.  Doch  ist  um  so  weniger 
auszuschliefsen,  dafs  sich  der  Name  für  das  Wahrzeichen  auf  der  Gräberstätte 
bei  Paris  vom  Verfasser  des  Moniage  herschreibt,  als  auch  Grervasius  Isoré 
nur  im  Zusammenhang  mit  dem  epischen  Wilhelm  kennt.  II.  Vépisode  des 
ronces  weist  auf  die  auffällige  Uebereinstimmung  hin,  die  zwischen  Moniage 
Guillaume  an  der  Stelle,  wo  Wilhelm  dem  Gesandten  Anseis  durch  das  Aus- 
reifsen  nützlicher  und  edler  Gewächse  in  seinem  Garten  und  durch  das  Einpflanzen 
von  Unkraut  eine  symbolische  Antwort  giebt,  und  dem  Mönch  von  S.  Gallen 
II  c.  1 2  besteht,  der,  in  Nachahmung  antiker  Ueberlieferung,  eine  ähnliche  Ant- 
wort einem  Gesandten  Karls  d.  Gr.  von  dem  in  S.  Gallen  festgehaltenen  Pipin 
erteilen  läfst,  der  nur  umgekehrt  dabei  das  Unkraut  aus  dem  Garten  ausrauft 

G.  Hu  et,  Sur  la  rédaction  néerlandaise  de  Maugis  d*Atgremont,  suivi 
de  fragments  inédits.  Die  neuen  Bruchstücke  des  niederländischen  Maugis 
(Bibl.  nat.  Paris)  gehören  einer  neuen,  fünften  Hs.  der  niederl.  Dichtung  an; 
nur  ein  Teil  der  Verse  dieser  Bruchstücke  deckt  sich  mit  bisher  veröffent- 
lichten Fragmenten  der  niederl.  Bearbeitung  der  franz.  Enfances  Maugis,  und 
auch  die  weiteren  inzwischen  bekannt  gemachten  neuen  Bruchstücke  des 
niederl.  Romans  (Tijdschrift  voor  Nederl.  taal-  en  letterkunde,  Bd.  15,  und 
Journal  of  Germanic  Philology,  Bd.  I)  bieten  ihnen  nichts  Entsprechendes,  wie 
H.  am  Ende  seiner  Abhandlung  mitteilt,  die  das  Werk  des  Niederländers 
mit  dem  niederl.  Prosaroman,  der  deutschen  Nachdichtung  und  der  franz. 
Grundlage  vergleicht  und  eine  einleuchtende  Konstruktion  der  aus  mancherlei 
andern  erzählenden  Dichtungen  schöpfenden  niederl.  Dichtung  mit  Hilfe  der 
Fragmente  unternimmt. 

A.  Jeanroy,  Les  chansons  de  Philippe  de  Beaumanoir.  II  oder  wenig- 
stens 10  Lieder,  darunter  ein  Marienlied,  des  Verfassers  des  Romans  von 
Blonde  d^Oxford  und  der  Manekine,  von  J.  entdeckt  in  der  vielbenutzten  Hs. 
Bibl.  nat.  24406,  zwei  davon  den  Namen  Philipps  (von  Remi)  selbst  enthal- 
tend, sämtlich  (bis  auf  das  zweifelhafte  10.)  nur  in  dieser  Hs.  und  darin  hinter 
einander  überliefert,  durch  Sprache,  Ausdruck,  Vers,  Strophe  u.  dgL  den  ge- 
meinsamen Verfasser  verratend,  und,  wie  J,  vermutet,  wohl  Jugendwerke  (vor 
1280)  Philipps;  —  wenigstens  huldigt  er  in  dem  anmutigen  9.  Lied  einem 
Mädchen  von  1 5  Jahren ,  das  er  „heiraten"  möchte.  Vom  gewöhnlichen  seuf- 
zenden Minnelied  weicht  noch  das  Gespräch  mit  Amor,  No.  ii,  ab.  J.  hat  mit 
kundiger  Hand  Schäden  und  Mängel  der  handschrifU.  Ueberlieferung  gebessert. 

P.  Toynbee,  Dantes  obligations  to  the  Magnae  derivationes  of  Uguc- 
done  da  Pisa.  Die  Stelle  im  Convito  IV,  wo  Dante  sich  für  eine  Ableitung 
des  Wortes  auctor  auf  die  Derivationes  des  als  Bischof  von  Ferrera  gestorbenen 
(12 IG)  Rechtslehrers  Hugotio  von  Pisa  beruft,  hat  den  gelehrten  Danteforscher 
veranlafst  in  den  ungedrucklen,  z.T.  aus  Isidor,  z.T.  aus  Papias  geschöpften 
Magnae  Derivationes  nach  weiteren  Fällen  von  Benutzung  derselben  durch 
Dante  zu  forschen  ;  es  ergiebt  sich  aus  T.'s  Nachweisen,  dafs  Dantes  Graecismen 
durchaus  aus  dieser  Quelle  stammen,  und  Dante  auch  Belehrungen  über  andere 
Wörter  dem  im  Mittelalter  sehr  geschätzten  Buche  entnommen  hat.      G.  G. 

C.  Nigra,  Note  etimologiche  e  lessicali,  ItaL  biondo,  frz.  blond  von 
*albundus,  vgl.  rubicundus;  ital.  balena  von  *albênus  nach  serenus;  frz. 
borgne,  prov.  órlio,  lim.  borii  aus  orbulus;  frz.  borne,  prov.  bola,  botola  aus 
oblula  zu  obelus;    frz.  ornière  aus  *orbïlaria  von  orbile  *Radaiii£uig';   piem« 


440  BESPRECHUNGEN.     W.  MEYER-LÜBKB,  G.  G. 

rubati  *  Walze'  aus  *orbattu  zu  orbis;  dial.  frz.  tupin  'Topf  für  poHn;  frt. 
amadou  zu  amygdala;  piem.  sambur,  afr.  seur  von  *sabuc€us.  Fehlt  meh- 
reren dieser  Zusammenstellungen  das  auf  den  ersten  Blick  Einleuchtende  und 
Bestechende,  so  hat  doch  der  Verf.  durch  eingehende  Darlegung  der  lantlkhen 
und  begrifflichen  Entwickelung  die  meisten  recht  ansprechend  gemachL  Ab- 
lehnen möchte  ich  nur  *orbïlaria  und  bei  dem  alten  von  Diez  verbreteofin 
*oraüarta  bleiben.  Einmal  decken  sich  oròtta  und  omüre  vollständig  in 
der  Bedeutung,  was  von  oriñle  nicht  gilt,  und  schon  deshalb  wird  mmn, 
wenn  es  geht,  bei  orbita  bleiben.  Sodann  giebt  afr.  ordiere  ganz  genan 
*orbitaria  wieder,  wogegen  *orbilaria  nur  orlière,  olUère  lauten  wurde,  weiter 
ist  wall,  orbîre  nur  mit  ^orbitaria  nicht  mit  *oriñlaria  vereinbar.  Ornière 
aus  ordière  erklart  sich  am  ehesten  durch  Anlehnung  an  orne  'Reihe'.  Eine 
Dissimilation  von  sich  berührendem  rl  zu  rd  scheint  mir  im  Französischen 
undenkbar,  müfste  jedenfalls  erst  durch  ein  sicheres  Beispiel  gestutzt  werden. 
Gar  nichts  gewonnen  ist  mit  Foersters  orme  (Zs.  Ill  i6l).  Er  setzt  ein  im 
Französischen  nicht  vorhandenes  Wort  voraus,  um  eine  Grundlage  zu  gewinnen» 
die  zu  keiner  der  französischen  Formen  pafst,  mufs  also  zunächst  sn  dem 
Wandel  von  rm  zu  rn,  der  im  Französischen  in  der  Art  sonst  gar  nicht  vor- 
kommt, seine  Zuflucht  nehmen.  W.  Meter -LObkb. 

MELANGES.  F.  Lot,  Le  Charroi  de  Nîmes.  Die  List,  die  znr  Ein- 
nahme der  Stadt  Nîmes  in  der  gleichnamigen  Chanson  de  geste  verhilft,  weist 
Lot  I.  noch  im  persischen  Schah-Nameh  und  zwar  in  der  Besonderheit  nach» 
dafs  hier  wie  dort  der  Salzhandel  das  Mittel  finden  läist  in  dne  Stadt  ein- 
zudringen, 2.  in  dem  franz.  Bericht  eines  Bürgers  von  Paris  und  Monstrdets 
über  die  Einnahme  von  Chartres  durch  die  Franzosen  im  Jahre  1432.  Die 
historische  Einnahme  und  Zerstörurg  von  Nîmes  durch  Karl  Martell,  738,  anf 
die  in  einem  älteren  Gedicht  wenigstens  angespielt  sein  konnte,  und  jene  der 
Volkssage  bereits  geläufig  gewordene,  bei  Eroberung  von  Städten  sogar  ange- 
wendete List,  in  Verbindung  mit  der  Rolle,  die  Wilhelm  von  Orange  in  Süd- 
frankreich  vor  Abfassung  des  Charroi  in  der  franz.  Epik  spielte,  erscheinen  L.» 
mit  Recht,  genügend ,  das  Zustandekommen  des  Charroi  de  Nîmes  zu  erkliren. 

F.  Lot,  Bègues,  Die  geschichtlichen  Data  über  zwei  Träger  dieses 
Namens  der  Lothringergeste,  den  Grafen  Bego  von  Paris  unter  Karl  dU  Gr. 
und  Ludwig  d.  Fr.,  f  816,  und  einen  Herzog  Bego  von  Aquitanien  im  9*  Jh.» 
über  den  die  Chronik  von  Nantes  (zwischen  1050—59)  vielleicht  nach  filteren 
Annalen  berichtet,  und  der,  wie  der  epische  Begue,  mit  Aquitanien  belehnt 
gewesen  wäre,  hebt  L.  aus  den  Quellen  aus. 

COMPTES  RENDUS:  Bou  r  dill  on,  ToU  listoire  de  France  (G.  P.); 
Van  Borkum,  De  mnd,  Bewerking  van  den  Partfionopeus^Roman  (G.  P.); 
Arffert,  Das  Motiv  der  untergeschobenen  Braut  (G.  P.);  //  traitaio  De 
Vulgar  i  Eloquentia  di  Dante  Alighieri  p.  e.  di  P.  Rajna,  ediz.  min.  (Toyn* 
bee);   Mazzatinti,  Zai  Biblioteca  dei  re  d^ Aragona  in  Napoli  (P.M.). 

PERIODIQUES:  Zeitschrift  f.  rom.  PhU.  XXI,  2;  3  (G.  P.;  P.M.).  — 
Lileraturblatt  f.  Germ.  u.  Rom.  Phil.  1892  Juli  — 1897  Juni  (E.  M.).  —  Gior- 
nale storico  della  letteratura  italiana  No.  70— 78,  t  XXIV— XXVI  (P.M.). 

CHRONIQUE.  Nekrologe  (M.  Aquiló  y  Fuster;  J.  M.  GnardU;  Léon 
Gautier;  W.  Wattenbach  ;  Frédéric  Godefroy;  Pascual  de  Gayangos). —  Utie- 
rarische  Nachrichten.  —  Kurze  Besprechungen  neuer  Bücher.  G.  G. 


lieber  Wortzasammeiisetzaiigi 

auf  Grund  der  neufranzösischen  Sohriftspraohe. 

Zweiter  Teil. 
Erste  Klasse:  Subjektswörter. 

Erste  Ordnung:  Substantiva. 

Erste  Familie: 
Gegenstandsvorstellungen. 

Das  S.  307  f.  analysierte  Wort  épine  blanche  ist  typisch  für  eine 
grofse  Klasse  von  Zusammensetzungen,  die  ich,  weil  bei  ihnen  fürs 
erste  Stadium  der  Namengebung  ein  Erkennüngsvorgang  charakte- 
ristisch ist,  Erkennungsnamen  nenne*.  Bei  einer  zweiten  Klasse, 
als  deren  Vertreter  vorläufig  cerf-volant  gelten  mag,  verläuft  das 
erste  Stadium  der  Namengebung  ganz  anders.  Während  nämlich 
bei  den  Erkennungsnamen  die  Wortvorstellung  (z.  B.  épine\  im  un- 
mittelbaren Anschlufs  an  den  Assimilationsprocefs  appercipiert  wird, 
vermöge  dessen  die  repr.  Vorst  als  zu  einer  Reihe  unbestimmt 
vieler  früherer  Vorstellungen  gehörig  erkannt  wurde,  schiebt  sich 
bei  den  Bildungen,  deren  Typus  cerf  ^volant  ist,  zwischen  den  Assi- 
milationsprocefs, der  auch  hier  den  Schöpfungsakt  einleitet,  und 
die  Apperception  der  ersten  Wortvorstellung  (cerf)  ein  Erinnerungs- 
vorgang ein,  weshalb  ich  diese  Bildungen  als  Erinnerungsnamen 
bezeichne.  Eine  Analyse  des  Beispiels  cerf-volant  wird  das  eben 
Gesagte  verdeutlichen.  Gegeben  ist  die  Vorstellung  eines  gewissen 
Käfers.  1.  Stadium:  a)  der  Assimilationsprocefs  in  seiner  gewöhn- 
lichen, auf  unbestimmt  viele  assimilierende  Vorstellungen  sich  er- 
streckenden Form  wird  vollzogen,  die  repr.  Vorst.  wird  auch  als  zu 
einer  Reihe  früherer  Vorstellungen  (derjenigen  nämlich,  aus  denen 
die  meisten  sich  mit  dem  gegenwärtigen  Eindruck  verbindenden 
Elemente  stammen)  gehörig  erkannt,  aber  die  Wortvorstellüng, 
welche  in  Complication  mit  diesen  Vorstellungen  steht,  wird  nicht 
appercipiert,  sondern  es  wird  b)  aus  der  Menge  der  Vorstellungen, 
welche  assimilierend  gewirkt  haben,  eine  einzelne  als  schon  früher 
dagewesen  aufgefafst,  und  im  Anschlufs  an  diese  die  mit  ihr  in 
Complication  stehende  Wortvorstellung  appercipiert:  cerf    Zugleich 


^  Vgl.   zu    der   folgenden   Darstellung   Wundt,   Vorlesungen   über   die 
Menschen-  und  Tierscele,  '  S.  337  ff.,  bes.  S.  346  f. 

Zeiuchr.  l  rom.  PhiL  XXII^  29 


442  o.  DITTRICH, 

mit  der  Apperception  dieser  E  rinn  e  rungs  Vorstellung  und  der 
zugehörigen  Wortvorstellung  oder  vielmehr  im  unmittelbaren  An- 
schlufs  daran  wird  auch  gewissermafsen  die  Summe  aus  dem  bisher 
abgelaufenen  Vorstellungsprocesse  gezogen,  insofern  nun  auch  die- 
jenigen Elemente  der  repr.  Vorst.  klar  vergegenwärtigt  werden, 
welche  die  Vorstellung  cerf  herbeigerufen  haben  i:  die  Gestalt  da: 
Oberkiefer  des  Käfers  gegenüber  der  Gestalt  des  Hirschgeweihes. 
Ist  auf  solche  Weise  dem  Namengeber  das  Verhältnis  der  repr. 
Vorst.  zu  den  durch  das  Wort  cerf  gewöhnlich  mitausgedrûckten 
Vorstellungen  klar  geworden,  so  kann  cerf  obwohl  die  zu  ihm 
gehörigen  Realvorstellungen  von  der  repr.  Vorst  in  den  allermeisten 
Beziehungen  abweichen,  zwar  als  Name  der  repr.  Vorst.  verwendet 
werden  (vgl.  Sa.  s.  v.  Hirsch  3:  „Ä,  fliegender  Ä,  ein  Käfer";  man 
spricht  dann  bekanntlich  von  einer  übertragenen  Bedeutung  des 
Wortes  Hirsch),  in  dem  vorliegenden  Falle  aber  hat  es  der  Namen- 
geber vorgezogen,  ein  2.  Stadium  der  Namengebung  folgen  zu 
lassen,  das  analog  dem  S.  308  geschilderten  verläuft:  von  den  im 
I .  Stadium  nicht  der  Assimilation  unterlegenen  Elementen  der  repr. 
Vorst,  welche  also  geeignet  sind,  diese  von  den  durch  das  Wort 
cerf  gewöhnlich  bezeichneten  Vorstellungen  zu  unterscheiden,  wird 
eines  appercipiert,  z.  B.  eine  Thätigkeit  der  repr.  Vorst,  und  be- 
züglich dieses  Elementes  tritt  der  S.  308  Z.  28  ff.  erwähnte  Er- 
kenn ungs-  und  Apperceptionsvorgang  ein,  als  dessen  Resultat  die 
zweite  Wortvorstellung  erscheint:  volant.  Das  8.  Stadium  stimmt 
ganz  mit  dem  S.  308  geschilderten  überein,  und  als  Schlufsresultat 
erhalten  wir  cerfvolant  (Hirschkäfer).  —  In  der  ganzen  folgenden 
Darstellung  bezeichne  ich  die  aus  dem  1.  Stadium  der  Namen- 
gebung  resultierende  Wortvorstellung  kurz  als  i.  Element,  die  ans 
dem  2.  Stadium  resultierende  als  2.  Element  und  zeichne  letzteres, 
wenn  es  im  Compositum  nicht  an  zweiter  Stelle  aufhitt,  durch 
stehende  Schrift  aus  (z.  B.  aub^i'/i^),  während  ich  sonst  das  ganze 
Wort  in  CursivschriTt  gebe  (z.  B.  cerf'volant). 

Erste  Gattung:   Erkennungsnamen. 

Die  Abarten  dieser  Wörter  ergeben  sich  aus  dem  Elemente 
oder  den  Elementen  der  repr.  Vorst.,  welche  im  2.  Stadium  des 
Schöpfungsprocesses  appercipiert  werden.  Vorderhand  aber  beachte 
man  Folgendes:  Das  2.  Stadium  der  Namengebung  setzt  nadi 
S.  308  mit  einer  Vergleichung  ein,  deren  Objekte  auf  der  einen 
Seite  die  repr.  Vorst.,  auf  der  andern  Seite  eine  oder  successive 
mehrere  derjenigen  Vorstellungen  sind,  welche  durch  das  im 
I.  Stadium  gewonnene  Wort  mit  bezeichnet  werden.  Das  nächste 
Resultat  dieser  Vergleichung  ist,  dafs  die  Vergleichsobjekte  in  irgend 
einer  Beziehung  voneinander  verschieden  sind;  die  nun  folgende 

^  Wo  ich  im  Folgenden  Veranlassung  habe,  von  ErinnemngsvorgingeB 
zu  reden,  bezeichne  ich  diese  Elemente  kurz  als  das  „Bindeglied**  bei  der 
Herbeirufung  der  Erinnerungsvorstellung« 


UBBEK  WORTZUSAMMSNSETZÜNG.  443 

Unterscheidung  kann  aber  ein  doppeltes  Resultat  haben ,  indem 
entweder  i.  ein  bestimmtes  Merkmal  oder  {jR)^  mehrere  bestimmte 
Merkmale  der  repr.  Vorst  als  unterscheidend  herausgehoben  werden, 
oder  2.  nur  im  allgemeinen  die  Abweichung  der  repr.  Vorst  von 
den  durch  das  erste  Element  mitbezeichneten  VorsteUungen  ange- 
deutet wird.  Ich  nenne  den  ersteren  Procefs  kurz  „bestimmte 
Unterscheidung^,  den  zweiten  „unbestimmte  Unterscheidung'*, 

1.  Art:  Bestimmte  TJntersoheidung.  Die  repr.  Vorst 
kann  sich  von  den  durch  das  erste  Element  mitbezeichneten  Vor- 
stellungen unterscheiden  i.  durch  eine  Eigenschaft,  die  ihr  an- 
haftet, 2.  durch  einen  Zustand,  dessen  Gegenstand  (d.  h.  Subjekt 
oder  Objekt)  sie  ist,  3.  durch  andere  Wahrnehmungs-  oder 
Denkinhalte,  zu  denen  sie  in  Beziehung  steht  »  gestanden  hat 
oder  gebracht  wird. 

1.  Unterart:  Eigensohaften  der  repr.  Verst.  Hier  müssen 
vor  allem  geschieden  werden:  i.  Eigenschaften  »  welche  der  repr. 
Vorst  auf  Grund  der  Vorstel  lungs  processe  zugeschrieben  werden, 
welche  sie  im  Beobachter  (der  zugleich  Wortschöpfer  ist)  hervor- 
ruft, abgesehen  von  den  diese  Processe  begleitenden  Gefühlen; 
und  2.  Eigenschaften,  welche  der  repr.  Vorst  auf  Grund  der  Ge- 
fûhlsprocesse  zugeschrieben  werden,  welche  sie  im  Beobachter 
hervorruft.  Ich  bezeichne  die  erstem  Eigenschaften  kurz  als  Vor- 
stellungselemente,  die  zweiten  als  Gefûhlselemente  der 
repr.  Vorst. 

I)  Vorstellungselemente  der  repr.  Vorst  Darunter  sind 
diejenigen  Eigenschaften  zu  verstehen ,  welche  wir  den  Gegen- 
ständen auf  Grund  von  peripheren  und  centralen  Empfindungs- 
reizen und  den  sich  daranschliefsenden,  oft  sehr  compliderten 
psychischen  (insbesondere  apperceptiven)  Processen  zuschreiben, 
sobald  wir  von  den  alle  diese  Processe  begleitenden  Gefühlen  ab- 
sehen. Da  aber  alle  diese  Bestimmungen  nicht  nur  den  Vor- 
stellungen von  Eigenschaften,  sondern  auch  denen  von  Zu- 
ständen zukommen,  so  bedarf  es  noch  einer  genaueren  Fest- 
stellung dessen,  wodurch  sich  die  Eigenschaft  vom  Zustande 
unterscheidet  Dieses  Merkmal  liegt  in  der  relativen  Constanz  der 
Eigenschaften,  die  uns  während  der  Dauer  der  Beobachtung  nicht 
an  den  Wechsel  denken  läfst,  dem  die  repr.  Vorst  auch  in  Be- 
ziehung auf  die  eben  ins  Auge  gefafste  Eigenschaft  später  einmal 
ausgesetzt  sein  könnte;  so  ist  ja  z.B.  ttfet/s  in  Weifsdom  gewiis 
keine  dem  Gegenstand  dauernd  zukommende,  sondern  nur  eine 
periodisch  (zur  Zeit  der  Blüte)  wiederkehrende  Eigenschaft;  aber 
an  diese  Periodicität  wird  zur  Zeit  der  Beobachtung  und  Namen- 
gebung  nicht  gedacht,  während  im  Gegenteil  ein  Zustand  der 
repr.  Vorst  dem  Beobachter  nur  dann  als  diarakteristisches  Merk- 
mal geeignet  erscheint,  wenn  sidi  mit  der  Vorstellung  des  Zu- 
Standes  der  Eindruck  verbindet,   dafs  sich  dieser  Zustand  an  dem 


^  Vgl.  unten  S.444  Z.4ff. 

29# 


444  ^'  DITTRICHy 

Gegenstande  periodisch   wiederhole  (vgl.  z.B.  pince  cot^Hxnie 
zange;  Brumm/í/>¿^^,  -kretseí). 

Bevor  ich  nun  ins  Einzelne  gehe,  bitte  ich  noch  folgende 
Leitsätze  festzuhalten:  A)  £s  ist  jederzeit  möglich,  dafs  im 
2.  Stadium  der  Namengebung  an  Stelle  des  Erkennnngs- 
vorganges,  infolge  dessen  directe  Eigenschaftsbezeichnungen  wie 
wet/s  etc.  erscheinen,  ein  Erinnerungsvorgang ^  trete»  wie  z.B. 
in  carion-pierre  (Stein-,  Dachpappe),  wo  eine  Eigenschaft  des  carioHt 
seine  Härte,  das  Bindeglied  bei  der  Herbeirufung  der  Vorstellang 
pürre  abgab  und  pierre  also  nur  (wie  Stein  in  Siempappe)  den  Sinn 
steinhart  hat;  dies  ist  insbesondere  dann  immer  der  Fall,  wo  die 
repr.  Vorst.  aufser  mit  den  durch  das  i .  Element  mitbezeichneten 
Vorstellungen  auch  mit  einer  andern  in  mehreren  Eigenschaften 
übereinstimmt:  vgl.  unten  S.  451  die  Anmerkung  zu  aigU^^auimtr. 
Ich  bezeichne  solche  Bildungen  mit  R  (recordari),  während  ich  die 
mit  Erkennungsvorgang  im  2.  Stadium  nicht  weiter  auszeichne.  — 
B)  Auch  mit  den  durch  das  i.  Element  mitbezeichneten 
Vorstellungen  in  Associationsbeziehung  stehende  andere 
Vorstellungen  können  im  2.  Stadium  bei  der  Schöpfung 
des  Compositums  mitwirken:  vgl.  conixa-fracture  (fracture  pro- 
duite par  contre-coup,  wo  contre  aus  contre^caup  stammt),  le  bas- 
allemand  (Basse  Allemagne);  dies  ist  insbesondere  dann  der 
Fall,  wenn  das  i.  Element  eine  Vorstellung  herbeizu- 
führen vermag,  die  mit  der  repr.  Vorst  in  contrârem 
Gegensatz  e  steht:  so  ist  es  z.  B.  sicher,  dafs  h^&'fùnd  (Untiefe) 
in  Beziehung  auf  ha,ui-/ond  (ebenfalls  Untief e^  aber  ersteres  JovÀ, 
voisin  de  la  surface  de  l'eau",  letzteres  „fond  à  fleur  d'eau")  ge- 
bildet ist,  da  die  Bedeutung  „in  geringer  (also  den  Schifien  ge- 
fahrlicher) Entfernung  von  der  Oberfläche"  aus  hos  allein  nidit 
hervorginge;  in  der  Bedeutung  Niederung  ist  es  natürlich  direkte 
Bildung.  Auch  das  ist  möglich,  dafs  ein  andres  Composi- 
tum bereits  als  Ganzes  im  Bewufstsein  des  Wortschöpfers 
ist,  bevor  er  zur  Bildung  des  neuen  Wortes  schreitet; 
auch  dann  muís  natürlich  angenommen  werden,  dafs  das 
neue  Wort  in  Beziehung  auf  jenes  alte  Wort  gebildet 
wurde;  vgl.  z.  B.  franc-yf/fi/r  (Drückeberger,  Ausreifser),  das  nach 
ixdiViC'tireur  (Freischärler)  gebildet  ist.  Ich  zeichne  alle  diese  Bil- 
dungen, weil  hier  wieder  ein  Krinnerungsvorgang  vorliegt,  durch  ç 
aus.  —  C)  Es  ist  jederzeit  möglich  und  meist  sogar  nötig, 
aus  den  wirklichen  psychischen  Erfahrungsinhalten»  die 
uns  ja  stets  als  Complexe  von  Empfìndungs-  und  Gefuhlselementen 
gegeben  sind,  einzelne  dieser  Elemente  loszulösen  und  ge- 
sondert vorzustellen  oder  mit  andern  Vorstellungen  in 
Verbindung  zu  bringen.  Auf  dieser  Möglichkeit  beruht,  um 
sie  zunächst  auf  das  unmittelbar  vor  uns  Liegende  anzuwenden» 
1.  die  gesonderte  Apperception   und  sprachliche  Bezeichnung  der 

1  Vgl.  S.  441  Z.  31  ff. 


ÜBBBR  WORTZUSAMMENSETZUNG.  445 

Elemente  einer  Eigenschaft.  Sieht  man  nämlich  von  deren  Ge- 
fûhlselementen  ab  und  appercipiert  nur  ihre  Empfindungsbestand- 
teile, so  bieten  sich  diese  der  weiteren  Analyse  als  eine  Vorstellung 
dar,  die  aufser  der  „reinen'*  Empfindung,  deren  Bestimmungen  das 
Quale  und  die  Intensität  sind,  auch  noch  die  räumliche  und 
zeitliche  Ordnung  der  Empfindungselemente  enthält  Von  diesen 
Elementen  der  Eigenschaflsvorstellung  kann  nun  wieder  jedes  ge- 
sondert appercipiert  und  zu  einer  neuen  Eigenschaft  gestempelt 
werden,  die  natürlich  wiederum  die  obigen  Elemente  des  Quale  etc. 
enthält,  und  so  in  infinitum.  Daraus  ergeben  sich  sprachliche  Be- 
zeichnungen für  a)  qualitative,  b)  intensive,  c)  räumliche,  und 
d)  zeitliche  Eigenschaften,  deren  jede  als  Characteristicum  anderer 
Vorstellungen  dienen  kann,  (lieber  die  Zahl  s.  unten  S.  452  ff.)  — 
2.  Diese  Fähigkeit  der  Eigenschaften,  im  Bedarfsfalle 
den  verschiedensten  Vorstellungscomplexen  anzugehören, 
bleibt  nicht  ohne  Einflufs  auf  den  Bedeutungsinhalt  des 
Wortes,  durch  welches  die  Eigenschaft  ausgedrückt  wird. 
So  kann  grand,  nachdem  es  einmal  in  die  Verbindung  grande  pro^ 
priité  (Grofsgrundbesitz)  eingetreten  ist,  auch  in  grand  propriétaire 
(Grofsgrundbesitzer)  eintreten;  während  es  in  der  ersten  Verbindung 
noch  seinen  räumlichen  Sinn  bewahrt,  ist  das  räumliche  Element 
in  der  zweiten  Verbindung  eliminiert  und  der  Bedeutungsinhalt 
auf  ,,das  gewöhnliche  Mafs  in  irgend  einer  (nicht  blofs  räumlichen) 
Beziehung  überschreitend**  erweitert;  dieser  neue  Inhalt  macht  das 
Wort  nun  zum  Eintritt  in  die  verschiedensten  Verbindungen  fähig 
(grand  homme ^  grande  âme^  grands  seniimenis^  grand  fou^  grand  jour 
etc)  und  damit  zur  Bezeichnung  der  mannigfaltigsten  Rang-,  In- 
tensitäts-  etc.  Verhältnisse.  Ich  bezeichne  diese  bekanntlich  soge- 
nannten „übertragenen**  Bedeutungen  im  Folgenden  mit  Ü.  Und 
nun  zum  Einzelnen: 

A)  Qualitative  Eigenschaften:  1)  vermittelt  durch  peri- 
pherische^ Reizung  der  Sinnesorgane  und  die  sich  daran  schliefsen- 
den psychischen  Processe:  a)  Empfindungen  des  allgemeinen 
Sinnes:    g  %^hxosarcome\    g  malaco/r'/^^;  fer^chaud^^   bière  chaude 


^  Selbstverständlich  ist  es  auch  nicht  ausgeschlossen,  dais  bei  der  Schöpfong 
so  und  so  vieler  von  mir  hieher  gestellter  Wörter  keine  peripherische  Reizung 
den  Anlafs  zur  Einleitung  der  psychischen  Processe  gegeben  hat,  weder  was 
das  I.  noch  was  das  2.  Element  des  Wortes  betrifit;  dies  ist  insbetondere 
überall  da  denkbar,  wo  es  sich  um  erzeugbare  Dinge  handelt;  so  kann 
z.B.  angenommen  werden,  dafs  der  Erfinder  eines  Gregenstandes  seine  Er- 
findung bereits  benennt,  wenn  ihm  nur  erst  das  Bild  des  noch  nicht  erseogten 
Dinges  vor  der  Seele  steht;  dann  haben  wir  es  natürlich  mit  durch  centrale 
Reize  hervorgerufenen  Phantasievorstellungen  zu  thun;  da  aber  niemals 
zu  constatieren  ist,  ob  der  eine  oder  der  andre  Fall  (peripherischer  oder  cen- 
traler Reiz)  vorliegt,  und  abgesehen  von  dieser  Veradiiedenheit  des  Anfangs 
der  SchöpfuDgsprocess  in  beiden  Fällen  ganz  gleich  verläuft,  so  halte  ich  eine 
Scheidung  der  beiden  Möglichkeiten  für  praktisch  wertlos.  —  '  Hartes  Fleisch- 
gewächs {aácxíofza,  úxXijqóc),  —  •  Malakolith  {U^ç,  fiaXastoç).  —  *  DHT,: 
corps  brûlant  qu'on  emploie  en  médecine  pour  désorganiser  un  tiaiu  orga- 
nique. 


446  o.  DITTRICH, 

Warmbier,  soupe  froide  Kaltschale;  R  (vgl.  S.  444,  Z.  4ff.)  carien' 
pierre  Stein-,  Dachpappe;  b)  GehorsempfìnduDgen:  die  Qualitäten 
der  Tonempfìndungen  ergeben  sich  aus  der  Einreihung  in  die  Ton- 
reihe, also  durch  Uebertragung  von  räumlichen  Beziehungen:  haut- 
hois^y  contre'basse,  -basson^;  oder  durch  Vorstellungen  iron  Dingen, 
die  einen  ähnlichen  Schall  von  sich  geben  wie  die  repr.  Vorst: 
7?  oiseau'/rompeUe^;  c)  Geruchs-  und  Geschmacksempfindungen: 
vinaigre,  choucroute^]  saindoux^;  càillot'rosal^\  d)  Gesichtsempfin- 
dungen: a)  farblose:  (z.B.  Glanz:)  R  carie^rcelaùu'^^  papùriyûm^^ 
ß)  Farbenempfìndungen  :  Farbe  des  Ganzen  oder  eines  Tdles*: 
hianC'bois^^,  -manger,  -òec^\  fer  blanc,  passe-bleu^^  papier-bieu^^  bine* 
lias^^,  cordon  bleu^^,  béjaune^\  chou  rouge^"^;  aub^^i»^^^  piverU  ner- 
od.  noii^r«»!«;  R\  oxpimenß^,  g  dárysohihe^^,  g  dtaysanMme,  — 
2)  Qualit.  Eigensch.  vermittelt  durch  centrale  Reizung  im  Grefaim. 
Die  hieher  gehörigen  Erscheinungen  sind  sehr  zahlreich  und 
mannigfaltig,  und  es  ist  nicht  möglich,  von  vornherein  eine  er- 
schöpfende Aufzählung  aller  in  Betracht  kommenden  Unterarten  eq 
geben.  Das  Gleiche  gilt  auch  von  der  ganzen  folgenden  Dar* 
Stellung:  Vollständigkeit  a  priori  ist  nirgends  erstrebt  und  wäre 
auch  vom  Uebel;  eine  auf  ausgedehnteres  Beweismaterial  gegrün- 
dete oder  von  einer  andern  Sprache  als  dem  Nfr.  ausgehende 
Untersuchung  wird  hier  gar  manche  Unterkategorie  einzuschieben 
für  nötig  finden.  —  Um  nun  wieder  zum  Nächstliegenden  lurûck- 
zukehren,  so  ergeben  sich  die  zur  Unterscheidung  der  repr.  Vorst 
von  den  durch  das  erste  Element  mitbezeichneten  Vorstellungen 
dienlichen  Eigenschaften  aus  dem  nach  S.  308  Z.  20  iL  das  zweite 


^  Hoboe;  L.:  bois  (flûte)  dont  le  ton  est  haut.  —  *  Der  Tonbereichs- 
anfang des  basson  ist  von  dem  des  conirC'òasson  durch  ein  Intervall  getrennt^ 
an  dessen  unterem  Ende  der  Tonbereich  des  conire-basson  beginnt;  der  tiefste 
Ton  des  letzteren  ist  also  in  Beziehung  auf  dieses  Intervall  dem  tiefirten  Tone 
des  basson  entgegengesetzt  {contre),  und  diese  Differenz  läuft  durch  alle  Töne 
der  beiden  Instrumente,  so  dafs  sie  in  der  That  bezüglich  der  Tonhöhe  als 
einander  entgegengesetzt  bezeichnet  werden  können.  Analog  contre-^wx^.  — 
3  Gr.:  ä  cause  du  bruit  sourd  qu'il  fait  entendre  sans  ouvrir  le  bec.  —  *  Be- 
kanntlich volksetymol.  aus  Sünerkraut;  ich  gehe  hier  wie  überall  bei  volks- 
etymol.  Bildungen  auf  die  ursprüngliche  Gestalt  des  Wortes  zurück.  —  *  Schweine- 
fett; afr.  sat'n  (sagîmen),  nfr.  nach  S.  nur  noch  in  der  Bedeutung  »Fett  der 
Jagdliere".  —  ^  Die  Et}'mol.  von  caillot  geht  uns  hier  nicht  an;  vgl.  darüber 
DHT.  s.  V.  und  God.  s.  v.  chaillouel\  rosai:  DHT.:  dont  Parome  rappelle 
Podeur  de  la  rose.  —  '  Glasierte  Visitenkarte.  —  •  Hier  war  vielleicht  aadi 
die  Farbe  für  die  Herbeirufung  von  vélin  mafsgebend,  vgL  oben  S.444  Z.  li  ff. — 
^  Hierher  zähle  ich  auch  schwarz,  grau,  weijs,  weil  diese,  obwohl  keine  Farben, 
vom  Volke  doch  zu  diesen  gerechnet  werden;  ich  suche  überhaupt  von  der 
Vorstellung,  die  sich  der  naive  Realismus  von  den  Dingen  macht,  so  wenig 
als  möglich  abzuweichen.  —  ^°  Weifsholz,  wertloses  Holz.  —  '^^  DHT.:  bouche 
qui  n'a  pas  encore  de  moustaches.  —  ^*  Blauer  sperlingsartiger  VogeL  — 
^3  Packpapier.  —  "  L.  :  couche  de  l'étage  inférieur  des  terrains  jurassiques  .  •  • 
en  Angleterre,  woher  auch  das  Wort;  bläulich.  —  ^  Das  blaue  Buid  (des 
heil.  Geist-Ordens).  —  "  DHT.:  bec  des  jeunes  oiseaux  encore  convert  d'une 
petite  peau  jaune.  —  "  Rot^öA/.  —  "  Vgl.  S.  307  ff.  :  ¿pine  bianche.  — 
"  Wegedorn;  wegen  der  schwarzen  Beeren.  —  *>  Nach  wxápigmentum;  weil 
goldgelb.  —  **  iqvoòXi^oq  Topas. 


ÜEBER  WORTZUSAMMENSETZUNG.  447 

Stadium  der  Namengebung  einleitenden  Vergleiche.  Auf  Grund 
dieses  Vergleiches  kann  die  repr.  Vorst  von  den  durch  das  erste 
Paiement  raitausgedrückten  Vorstellungen  unterschieden  werden: 
a)  durch  die  (weder  räumlichen  noch  zeitlichen)  Beziehungen,  in 
denen  sie  zu  diesen  Vorstellungen  selbst  steht,  b)  durch  die  Be- 
ziehungen, in  denen  sie  zu  mit  ihr  associativ  verbundenen  andern 
Vorstellungen  steht,  und  c)  durch  die  Beziehungen,  die  zwischen 
den  mit  ihr  associativ  verbundenen  andern  Vorstellungen  und 
denjenigen  Vorstellungen  bestehen,  welche  durch  gleichartige  As- 
sociation mit  den  durch  das  erste  Element  ausgedruckten  Vor- 
stellungen verbunden  sind.  Also:  a)  —  0)  Ü^  von  räumlichen 
Ortsbeziehungen:  anitre' garant  ^;  arnèr  e -pensée^;  insbesondere 
die  Verwandtschaftsnamen  arrière-««;«/,  'grand -oncle,  'Petit-fils, 
die  dadurch  entstehen,  dafs  in  der  Descendenten-  oder  Ascen- 
dentenreihe  von  einem  X  ausgegangen  und  X  —  frère  —  neveu 
—  SLTUÒTe- neveu  etc.  geordnet  wird;  vgl.  noch  arrière -/^/î/j-«i- 
fanis\  —  |9)  ¿7  von  räumlichem  Zusammensein^:  g  coitati,  con- 
/rère%  cohéritier^  còpariageani,  cosignataire \  EUnzukommen:  g  épi- 
cycie"^'^  suTcens^,  suvpoids^;  —  /)  die  verschiedenen  Rangbezeich- 
nungen: I.  Û  von  räumlicher  Lage:  basse-fwr  ^®,  bas(-)(?^aVr ^ ^ 
basse-//ö^(? *2^  bas-/a//«,  ^grec^^;  sous^ai/e^^  sous-zwaf/r^,  -locataire^^\ 
g  sous-j^/i^  -acétate  ^"^'t  sons-ferme^^;  arrière-wwa/i®,  'fie/^^;  haute- 
cour*^^,  suT-aròitre^^;  contre-maître^^f  -arnira/^^;  2.  ¿7  von  räumlicher 


1  Vgl.  S.  445  Z.  14  ff.  —  *  PWb.:  „Rûckbûrge  heifst  derjenige,  der  einem 
Bürgen  für  den  aus  der  Bürgschaft  entstehenden  Schaden  Ersatz  zu  leisten  hat''; 
er  steht  also  j;leichsam  hinter  dem  Bürgen ,  um  ihn  zu  schützen.  —  ■  Vgl.  das 
Beisp.  bei  Sa.  :  Auch  sie  hatte  noch  eine  hintere  Reihe  von  Gedanken  [Absicht 
im  Hinterhalt,  Hìniergedanken']. —  *  Vgl.  Sa.:  zusammen,  dem  Zustand  des 
Seins  entsprechend,  bei-  und  miteinander,  so  dafs  bei-sammen  zunächst  nur 
örtliche  Nähe,  zu-s.  zugleich  eine  Gemeinschaft  der  Beziehungen,  ein  Ver- 
bundensein bezeichnet.  —  ^  DHT.:  état,  pays  considéré  par  rapport  à  un 
autre  avec  lequel  il  partage  la  souveraineté.  —  •  DHT.  :  mit.  con/rater,  devenu 
con/rère  sous  Tinfluence  de  frère\  chacun  des  membres  d'un  même  corps 
(corporation  professionelle,  compagnie  savante,  etc.)  considéré  par  rapport  aux 
autres. —  'DHT.:  \\..  G^xcyclus,  inlxvxkoc;  petit  cercle  qu'on  supposait  par- 
courir la  circonférence  d'un  autre  cercle  plus  grand,  pour  rendre  compte  des 
irrégularités  apparentes  qu'on  découvrait  dans  le  mouvement  des  astres.  — 
^  L.:  rente  seigneuriale  dont  un  héritage  était  chargé  par-dessus  le  cens.  — 
•  Vgl.  \Jthtx gewicht,  —  *o  DHT.:  cour  destinée  aux  écuries,  par  opp.  à  la 
cour  d'honneur;  hier  leuchtet  die  räumliche  Grundbedeutung  noch  klar  durch. — 
Í»  DHT.:  officier  subalterne.  —  »  S.:  stark  mit  Blei  versetztes  Zinn;  DHT. 
étoffe:  mélange  d'étain  et  de  plomb.  —  **  DHT.  basi  qui  est  en  décadence.  — 
**  Be.:  bas  côtés  ou  nefs  latérales  d'une  église.  —  "*  Vgl.  Aftermieter.  — 
^^  Be.:  nom  généralement  donné  aux  sels  qui  contiennent  un  excès  de  base.  — 
*'  Be.:  acótate  qui  contient  plusieurs  équivalents  de  base  pour  un  équivalent 
d'acide.  —  **  Be.  :  sous-baü,  convention  par  laquelle  un  fermier  général  ou  prin- 
cipal cède  la  totalité  ou  une  partie  d'une  terre,  d'une  métairie.  —  ^^  DHT.: 
vassal  d'un  seigneur  qui  lui-même  relevait  d'un  autre  seigneur.  —  **  DHT.  :  fief 
relevant  d'un  autre  fief.  —  '*  L.:  tribunal  exceptionnel  de  haute  justice.  — 
"  Vgl.  Ohtr Schiedsrichter.  —  *'  Be.:  troisième  officier-marinier  de  manœuvre, 
qui  est  au-dessus  du  maître  et  du  second  maître  d'équipage;  also  in  der  Reihe 
der  maîtres  dem  maître  xax*  ¿§.  entgegengesetzt.  —  ^^  Admirai  —  Vicc- 
admiral  —  Contreadmiral, 


44 B  o.  DITTRICH, 

G  r  ö  f  S  e  :  grand  cordon  *;  haute  paie  ^  ;  tamhdur'major  ',  sergeni-major^^ 
petite-z;/r(?/^^;  ^eiìi-maìtre^)  grand^père'^,  -mère'';  p*  (?)  peut-ßlSf 
petite-///^,  etc.,  ^ieXits-en/anís^;  3.  mit  Einführung  von  Zahl angabcsn 
(vgl.  S.  452  Z.  32fF.):  g  pTotomédean^^f  g  -òromure^^;  tiers  //«/"; 
g  semi-prebende^^;  4.  der  Rang  ausgedruckt  durch  eine  Thätig- 
keit  der  repr.  Vorst.:  g  archîif/r^ ^^,  g  suchi/ecU^^,  g  -diacre^^  etc, 
-abòé^'^t  g  -mme^^t  -duc,  -mt/honnatre;  SLVchi/rave^^  -voite^;  durch  den 
Ursprung  der  repr.  Vorst:  geniTÜÍhomme^^;  und  endlich  J?^^  durch 
andre  Vorstellungen,  die  das  Element  des  Ranges  in  sich  schlieísen: 
maitre  clerc^\  tambour  maìire^^;  maître-a«/^/**,  -hau^^  mAÎtresse- 
pièce^'^t  m.  ancre;  chef-heu^^y  abbaye-c^e/  d'ordre^^;  —  <î)  Wir- 
kungsbeziehungen (¿7  von  räumlichen  Lagebeziehungen):  contre- 
ÄÄ/30,  ^ordre^^,'mine^\  -potds^\  -Uttre^^  -pariie^^;  —  b)  (vgl.  S.  447 
Z.  5fF.):     a)    Ü  von    räumlichen    Ortsbeziehungen:    sui^ftf'*;   — 


^  DHT.:  porté  par  les  grands-croix  de  l'ordre  du  Saint-Esprit,  de  la 
Légion  d'honneur;  le  grand-croix  ist  Bedeutungsentwicklang  von  la  grand- 
croix,  insigne  du  grade  le  plus  élevé  d'un  ordre.  —  '  L.:  solde  pins  foito 
que  la  solde  ordinaire.  —  '  L.:  qui  dirige  les  tambours  d'un  régiment;  v;^. 
trompette-major  qui  dirige  les  trompettes,  chirurgien-major  chimrgien  en 
chef  d'un  régiment.  —  *  L.:  le  premier  sous-officier  d'une  compagnie.  — 
^  L. :  opp.  ^osse-véroU  (vérole,  nom  donné  autrefois  à  la  variole;  pins  tard, 
vérole  perdit  le  sens  de  variole,  et  on  distingua  la  petite  vérole  et  la  grosse 
vérole),  —  ^  DHT.:  les  petits-maf/r^j,  nom  donné,  sous  la  Fronde,  à  la  ca- 
bale des  princes  (Condé,  Conti,  etc.),  qui  visaient  à  être  les  maîtres  de  l'état; 
spöttische  Bezeichnung  durch  die  Gegenpartei.  —  *  Der,  die  den  phre^  die 
mère  an  Descendenten  überragt,  —  ®  Vgl.  S.  444  Z.  17  ff.  —  •  Vielleicht  nach 
grand-/^rtf  etc.,  grands  parents  gebildet.  —  ^°  Be.  :  premier  médecin  d'un  roi, 
d'un  prince,  d'une  ville.  —  ^^  Be.:  premier  degré  de  combinaison  d'un  corps 
simple  avec  le  brome.  —  **  Vgl.  der  dritte  Stand,  —  *■  Be.:  prébende  d'un 
moindre  (vgl.  S.  454  Z.  31  ff.)  revenu  que  la  prébende  ordinaire.  —  **  DHT.: 
àçx^f^'^QOç  médecin  en  chef;  olqx^  fuhren,  àçxi-  führend,  herrschend,  Ober-.  — 
**  DHT.:  lt.  SLTchitecton,  àQ^itéxiiov  maître  constructeur.  —  *•  DHT.:  It, 
2LXch\diaconus ,  le  plus  ancien  et  le  premier  des  diacres  d'une  église.  — 
^^  NLar.:  titre  que  portait  l'abbé  de  Cluny,  parce  que  cette  communauté, 
quoique  ayant  plus  de  deux  mille  maisons,  n'avait  qu'un  abbé.  A  la  tête  de 
chacune  de  ces  maisons  étaient  des  prieurs  ayant  fonctions  d'abbés.  —  ^*  NLar.  : 
chez  les  Romains,  acteur  qui  remplissait  les  premiers  rôles  dans  les  drames 
mimiques;  ¿çxifiifioç  Plut.  —  1®  DHT.:  proprt.  maîtresse  poutre.  —  *  DHT.: 
it.  archivolto,  —  *i  DHT.:  gentil,  du  lat.  gentilem,  de  race,  de  famille,  par 
ext.,  de  bonne  race,  de  noble  famille.  —  **  Vgl.  S.  444  Z.  4flf.  —  ••  DHT.: 
le  premier  des  clercs  dans  une  étude  de  notaire,  d'avoué;  vgl.  maitre  com- 
pagnon,  m.  garçon»  etc.  —  **  DHT.:  qui  dirige  les  tambours.  —  *  Vgl. 
Haupta//flr.  —  ^  DHT.:  poutre  qui  supporte  le  premier  pont  à  l'endroit  de 
la  plus  grande  largeur  du  navire.  —  "  DHT.:  la  pièce  principale  d"iin 
ouvrage.  —  **  L.:  autrefois,  le  principal  manoir  d'un  seigneur.  —  *•  L.:  la 
principale  maison  d'un  ordre,  celle  dont  les  autres  dépendent.  —  •*  DHT.: 
édit  qui  est  en  opposition  avec  un  autre  édit.  —  '*  DHT.  :  ordre  qui  va  contre 
un  ordre  précédemment  donné.  —  ^  DHT.:  ouvrage  souterrain  destiné  à 
éventer,  à  détruire  une  mine  creusée  par  l'ennemi.  —  "•  DHT.:  poids  qoi 
fait  équilibre  à  un  poids,  à  une  force  donnée,  pour  en  neutraliser  on  en 
modérer  l'action;  vgl.  conire-cltarge  pierre  attachée  au  bout  de  la  corde 
des  contre-poids,  dans  un  métier  de  rubanier.  —  '*  DHT.:  acte  secret  modi- 
fiant les  dispositions  que  présente  un  acte  ostensible.  —  "  DHT.:  partie 
qui  s'oppose  à  une  autre.  —  ^  Be.:  ce  qui  est  au  delà  d'une  certaine  quan- 
tité, d'un  certain  prix. 


X7EBKR  WORTZÜSAMlfBNSBTZÜNO.  449 

ß)  Ü  von  räumlichem  (Nicht)zusammensein:  íranc-/rrMfr^  q  "fi" 
leur\  franc  archer^  îrknofief^  franc-a//(ff^^  g  onagre^;  Wechsel- 
beziehung, gegenseitíge  Ergänzung:  contre-j»^/^,  ~noíe%  "cauiton^ 
conirôle^^]  —  y)  Wirkungsbeziehungen:  i.  Wirkung,  die  die 
repr.  Vorst.  (an  andern  Gegenständen)  hervorzubringen  vermag: 
ssi%Q'f€mme^^\  sain¿(?í>'2;  main-^forte^^  eau-forie^^'^  msLTsau/t^^,  R 
coq-héron^  -/atsan^^;  capital  morí^"^,  morte^eau^^,  mort-^ibm^^  mor- 
fii^^f  morie^sáison^^ ;  2,  Verhalten  der  repr.  Vorst  in  Beziehung  auf 
die  Wirkung»  die  andere  Gegenstände  auf  sie  auszuüben  vermögen: 
coffreybr/2^;  con\iÇi'garde'^\  "vallaiion^^)  libre-/«w«^r**,  q  libre- 
pens¿e^^\  pont-levts^'\  moxi'bois^^\  R  \)0\ïchèvre^^\  —  o)  vgl.  S.  447 
Z.  7fli.):  o)  Beziehungen  der  Teile  der  repr.  Vorst  zu  den  Teilen 
der  durch  das  erste  Element  mitausgedrûckten  Vorstellungen: 
contre-épreuve^^  -/ruü^^;  -empreinle^^; —  ß)  Beziehungen  der  Ent- 
stehungsbedingungen der  repr.  Vorst  zu  denen  der  durchs 
erste  Element  mitbezeichneten  Vorstellungen:  ç  contce^/racture^^ 
g  coxitTQ-'tndtcation^K 

^  DHT.:  corps  de  irnjics'tireurs,  corps  formé  de  volontaires  en  dehors 
de  l'armée  régulière.  —  *  Vgl.  S.  444  Z.  36  f.  —  ■  DHT.  :  soldat  qne  chaque 
paroisse  devait  fournir  tout  équipé,  et  qui  était  exempt  de  la  taille.  — 
*  DHT.:  exempt  d'impositions.  —  *  DHT.:  terre  libre.  —  •  JS.:  ovayQoq 
spät  für  OV0Ç  ayçioç  Waldesel;  Sa.:  wild  von  Tieren:  frei  und  unabh&igig 
vom  Menschen.  —  "^  DHT.  :  mot  par  lequel  on  doit  répondre  au  mot  d'ordre.  — 
"  DHT.:  note  diplomatique  par  laquelle  une  puissance  répond  à  une  note 
envoyée  par  une  autre  puissance.  —  *  DHT.:  seconde  caution  qui  répond 
de  la  première.  —  ^^  DHT.:  registre  qu'on  tenait  double  dans  certaines  ad- 
ministrations pour  que  l'un  servit  à  vérifier  l'autre.  —  '*  MC.  30:  sa^e  habile, 
savant.  —  "  L.:  à  cause  de  l'emploi  médical  qu'on  en  fait.  —  "  DHT.: 
main  armée.  —  ^*  DHT.  :  dont  le  graveur  se  sert  pour  faire  mordre  la  planche 
de  cuivre.  —  *^  DHT.:  mzxsaux.  It.  marem  salicem,  proprt  saule  mâle,  — 
"  Vgl.  ViíMhenne,  wo  aber  Henne  das  i.  Eiern,  ist  —  "  DHT.:  qui  ne 
rapporte  rien.  —  ^^  DHT.:  nom  donné  aux  plus  basses  marées.  —  ^*  L.: 
m.  plain  et  m.  pelin  ;  S.  :  (Kalkgrube  mit)  totem  (d.  h.  kraiUos  gewordenem) 
Kalk  Wasser  {pelin).  —  ^  DHT.:  lamette  tenue  du  bord  d'un  tranchant  trop 
vif,  qui  se  plie  ou  s'ébrèche  si  on  ne  l'use  sur  la  pierre  douce.  —  *>  Die 
keinen  Gewinn  zu  bringen  vermag.  —  "  Feuerfester  und  diebssicherer  Geld- 
schrank. —  ^  DHT.:  ouvrage  de  terre  ou  de  maçonnerie  construit  en  avant 
d'un  bastion,  d'une  demi^lune,  parallèlement  à  ses  faces,  pour  les  couvrir  contre 
le  feu  des  batteries  de  brèche.  —  '^  DHT.:  fossé  et  retranchements  faits  par 
les  assiégeants  pour  se  couvrir  contre  les  sorties  de  l'assiégé.  —  **  PWb.: 
frei',  subjektive  Nichtberücksichtigung  eines  Zwanges:  freie  Meinung,  FreiMti/, 
-sinn,  'geist,  -denker.  —  *•  Herr.  Arch.  66,  400;  die  Freidenker,  Freidenker- 
tum.  —  *'  DHT.:  levis  ancicnnemt.  pour  levets,  dérivé  de  lever;  fehlt  God.; 
^levaticius,  das  Kört.  N  4765  b  ansetzt,  ist  gemSis  dem  Suifix  hebbar,  — 
^  DHT.:  bois  qu'on  ne  peut  employer  à  aucun  ouvrage,  comme  épines, 
ronces,  etc.  —  *•  MC  141:  et  hoMC-chèvre',  dialekt  chèvre  stérile.  —  •*  Die 
links  zeigt,  was  auf  der  ¿preuve  rechts  ist,  und  umgekehrt,  weil  sie  eine 
épreuve  faite  sur  une  autre  épreuve  ist  —  '^  DHT.:  Mode  de  construction 
d'un  mur  dont  le  dehors  est  à  plomb  et  dont  le  dedans  forme  tains. 
Fruit  ist  die  „diminution  que  l'on  fait  sur  l'épaisseur  d'un  mur,  sans  en 
compromettre  la  solidité,  de  façon  que  le  dedans  soit  d'aplomb  et  le  de- 
hors en  talus".  —  88  DHT.:  matière  qui  s'est  moulée  en  relief  dans  l'em- 
preinte en  creux  qu'un  fossile  avait  laissée  dans  une  roche. —  **Vgl.  S. 444 
Z.  20  i.  —  *^  DHT.  :  indication  contraire  à  celle  que  donnaient  les  premiers 
symptômes  observés- 


450  o.  DITTRICH, 

B)  Intensive  Eigenschaften  der  repr.  Vontellang.  Ich 
wüfste  hier  nur  bière  double  Doppelbier,  encre  double  (veratäikte^ 
schwärzeste  Tinte)  und  g  hy pere ri/içue  (Erzkrittler)  zu  nennen. 

C)  Räumliche  Eigenschaften.  In  Beziehung  auf  seme 
räumliche  Beschaffenheit  kann  ein  Gegenstand  von  ihm  ähnlichen 
andern  unterschieden  werden  a)  durch  den  Ort,  wo  er  sich  befindet, 
b)  seine  Richtung  im  Räume,  c)  seine  Gröfse,  d)  seine  durch  die 
Elemente  a — c  bestimmte  Gestalt,  e)  sein  räumliches  (Nicht)zusammffli- 
sein  mit  andern  Gegenständen.  —  1)  Ort  des  Gegenstandes  a)  mit 
Bezug  auf  einen  aufserhalb  des  Gegenstandes  gelegenen  Orientierungs- 
punkt. Dieser  kann  sein:  a)  ein  Gegenstand  von  der  Art  der  dutch 
das  I.Element  mitbezeichneten  Gegenstände:  sur^andautUer^f  "/ace, 
g  superfine^  surdenf;  bdisse-vergue,  'Wt'Ie;  haut-,  ç  bsíS-/<md(vgL  8.444 
Z.  25ff.);  arriòre-p/an;  avant-cour^,  ^/ossé, -mur;  BJxtkJütmore^;  oontx^" 
allée^,  coTìtre-seing,  contrescarpe,  contres/errasse^,  -càfodure'^;  "fata^ 
"bande,  -barre ^;  contre-courbure^,  -scei^^;  contre-porte,  ^châsns^^*,  -^pt^t 
'dé/ense^^;  -claveiie^^',  'mur^^\  —  ß)  ein  andrer  Gegenstand:  soua- 
garde^^;  hasse'/osse;  havo/e/^^;  avani-propos,  g  prologue;  anièie- 
/igne^'^;  arrière-,  awant'bec^^;  arrihre-garde^  -propos',  avant-ibfîfy  -^^1*% 
chan/a//^iö;  g  amp\i\théátre'^^\  contxe-fiche^^  -forO^*,  —  b)  Ort  in 
Beziehung  auf  einen  durch  Endpunkte,  Umfangslinie  oder  -fläche 
begrenzten  Raum:  vûMieu',  recoin^'^',  ia\xbourg^^\  entre -/¡wfZSr^i 
-bande^\  —  2)  Richtung:  a)  mit  Bezug  auf  andre  mögtiche 
Richtungen  im  Räume:  g  cercle  verticál^'^,  g  parallaxe  horàtoniaìe^; 
barre  transversale^^]  profil  en  travers^^,  coulisse  de  trazfers^^;  pud  de 


^  Eisspnefsel  (am  Hirschgeweih  das  nächste  Ende  über  den  Augensprossen, 
andouülers).  —  ^  Im  Gegensatz  zu  den  znattn  faces,  —  ■  DHT.:  qui  pré- 
cède la  cour  d'honneur.  —  *  Nach  it.  nutìcamera,  —  '^  DHX.:  paiâUèie  à 
l'allée  principale.  —  ^  DHT.:  formant  étage  avec  une  antre  terrasse  de  niveau 
différent.  —  ^  DHT.:  seconde  civadière  hissée  sur  le  boute-hors  da  m&t  de 
beaupré.  —  ^  DHT.:  (Herald.):  /asce  etc.  considérée  par  opposition  à  celle 
qui  lui  correspond.  —  ^  DHT.  :  dans  un  arc  . . .,  la  courbure  supérienre  op- 
posée à  la  courbure  inférieure  qui  commence  Tare.  —  ^^  DHT.:  Second  Kera, 
plus  petit,  qu'on  appliquait  sur  le  tiret  qui  fermait  les  lettres  de  chancellerie, 
au  revers  du  grand  sceau,  pour  empêcher  qu'on  ne  le  transportât  sur  no 
acte  faux.  —  "  Doppclthiir,  -fenstcr.  —  "  DHT.:  digue  etc.  mise  en  avant 
d'une  autre  pour  la  renforcer.  —  ^^  Gegenkeil,  der  dem  Keil  mehr  Halt 
giebt.  —  '^  DHT.:  petit  mur  construit  pour  soutenir,  pour  protéger  nn  nrar 
citoyen,  etc.,  contre  lequel  il  s'appuie.  —  ^  L.:  assemblage  des  pièces  md 
sont  placées  sous  le  bois  d'un  fusil  à  hauteur  de  la  platine.  —  ^  Halb* 
Schleier  (der  Bauernmädchen);  DHT.:  volet  qui  est  en  bas  de  la  tête.  — 
"  NLar.:  ligne  placée  en  arrière  de  l'armée.  —  **  DHT.:  l'angle  d'nne  pile 
de  pont  du  côté  de  l'aval,  d'amont.  —  ^^  DHT.:  chant  {côté),  latU:  planchette 
en  biseau  qui  porte  le  dernier  rang  de  tuiles,  d'ardoises  d'un  comble.  — 
*ö  Rings  um  die  Bühne.  —  ^i  DHT.:  pièce  de  charpente  placée  contre  one 
pièce  verticale  pour  la  contre  -  bouter.  —  ^*  Strebepfeiler.  —  ■•  Innenter 
Winkel.  —  2»  ^^g  forsbourg,  bourg  en  dehors  de  la  ville.  —  *  Be.:  non 
des  feuilles  secondaires  qui  poussent  à  l'aisselle  des  feuilles  déjà  développées.  — 
'^^  Sahlleiste,  -band  (Webekantc  aus  stärkeren,  andersfarbigen  Kettenflden  an 
beiden  Seiten  der  Gewebe).  —  *'  Meridiankreis.  —  *•  ^<iris<m/a/panUaxe.  — 
'*  Buchdr.  :  Schrägstrich  zu  Bruchziffern.  —  ^  L.  :  section  faite  transvenalcflMnt 
à  la  direction  générale  d'un  ouvrage.  —  '^  Querschlitten  (an  einer  MaMliinie)i 


UEBER  WORTZUSAMMENSETZUNG.  45 1 

travers^)  —  b)  mît  Bezug  auf  andre  Gegenstande:  ra/7,  voie  paral- 
lèW^,  —  3)  Gröfse:  grand-ZiVr^*;  double-^/fjwi»^,  -chaloupe ^\  petit 
páié^\  les  Petites-Afawöwj;  petit -¿^rw*;  g  XDL\(:xoco5me\  demì-òol/e'^t 
'òosse^;  áemi'oal/oír^,  -autour ^^^  -ceint ^^\  R  ois^dM-mouche^^]  court- 
bdton^^y  courte-lettre^^;  {tirer  à  la)  courte-paille;  couite-épée^^;  hcmf 
gras^^;  R  châle-tapis^' \  serre-fine ^^]  hsMio-futaie^^^  ha,ui-/ourneau^^; 
b3LS- relie/;  R  carte- portrait ^^;  R  aigle- autour ^'^.  —  4)  Gestalt: 
a)  des  ganzen  Gegenstandes:  òécarre^^;  pì^t-òord;  pìate-òande'^^; 
g  trachée-artère^^;  R  papier  maroquiné;  R  paletot-sac^  home- fontaine ^ 
animaux  plantes^  oiseau-chameau'^^,  poisson-serpent^"^;  —  b)  eines  Teiles 
des  Gegenstandes:  plate -/ow¿^í 28 j  j^i  chou  cabus'^\  chou  pommé'^^, 
oiseau-lyre^^y  òetterave^^,  chou-rave^\  épine-vinette^^,  busaigle^^;  insbe- 
sondere der  Zeichnung  der  Oberfläche:  R:  papier-lambris,  -ara- 
besque, -damas,  -granit,  -marbre^\  —  5)  (Ni  cht)  zusammen  se  in 
des  Gegenstandes  mit  andern  gewöhnlich  mit  ihm  oder  Dingen 
seiner  Art  verbundenen  Gegenständen.  Ich  finde  nur  Beispiele  von 
NichtZusammensein:  terre  /ranche ^\  franc-filin,  -funin^'^,  g  gymno- 
sophiste^^. 


^  Be.:  se  dit  du  pied  du  cheval  lorsqu'il  est  tourné  en  dedans  ou  en 
dehors.  —  '  (Eisenbahn-)  Parallelschiene,  -weg.  —  ■  Hauptbuch.  —  *  Doppel- 
schnepfe, -Schaluppe;  double  DHT. :  dont  la  nature  passe  l'ordinaire,  hier 
also  mit  Bezug  auf  die  GrrÖCse.  —  ^  L.  :  sorte  de  petite  pâtisserie  renfermant 
un  peu  de  viande.  —  •  Graues  Eichhörnchen.  —  '  Halbstiefel.  —  ®  DHT.: 
sculpture  dont  la  saillie  est  intermédiaire  entre  le  bas  et  le  haut  relief.  — 
*  Kleine  Schlagrakete  (zum  Ballspiel).  —  *o  YiíXhhabicht\  DHT.:  de  moyenne 
candeur.  —  ^^  DHT.:  ceinture  étroite.  —  **  Art  Kolibri;  Gr.:  à  cause  de 
leur  petitesse  et  parce  qu'ils  volent  sans  cesse  sur  les  fleurs.  —  *•  DHT.: 
bâton  pour  donner  la  bastonnade.  —  **  Unterschnittener  Buchstabe.  — 
1*  Dolch  etc.  —  ^^  Faschingsochs.  —  "  Be.  :  châle  de  laine  très  fort,  et  dont 
les  dessins  sont  ordinairement  colorés.  —  *"  Art  Pincette.  —  *•  Hochwald.  — 
'^  DHT.:  muni  d'un  haut  tuyau  de  cheminée.  —  '^  Be.:  portrait  photogra- 
phique de  la  dimension  d'une  carte  de  visite;  on  dit  pluiôt portrait-carte. — 
"  Habichts<2i//6'r  ;  Be.  :  genre  d'oiseaux  de  proie  qui  répond  à  celui  de  spizaète, 
et  fait  partie  des  falconidées  et  des  accipitrinées.  Ce  nom  â*atgte-auiour  con- 
vient d'autant  mieux  à  ce  genre,  qu'il  offre  des  rapports  évidents  avec  les 
deux  genres:  à  la  forme  du  bec,  aux  tarses  emplumes  des  aigles,  ils  joignent 
la  hauteur  des  pattes,  la  brièveté  des  rémiges  et  la  longueur  de  queue  des 
autours;  also  Dimensionen  von  Teilen  der  repr,  Vorst.  —  '•^  DHT.:  it.  A^- 
gudJrû.  bécarre,  signe  de  musique,  ainsi  dit  à  cause  de  sa  forme.  —  **  L.: 
(Scrrur.)  toute  bande  mince  dont  on  garnit  le  dessus  des  traverses  des  rampes 
d'escalier,  etc.  —  ^  l^.:  îî  cause  que  les  plus  anciens  anatomistes,  qui  croyaient 
les  artères  pleines  d'air,  assimilant  à  une  artère  le  conduit  qui  va  du  larynx 
au  poumon ,  le  nommèrent  raboteux  [xçaxfloi,  knorrig]  en  raison  des  anneaux 
qui  le  composent.  —  ^  Straufs.  —  "  Muräne,  —  *•  L.  :  aplatie  dans  la  moitié 
de  son  étendue,  sert  à  maintenir  les  animaux  debout  ou  couchés,  etc.  — 
^^  Kopfkohl;  DHT.:  à  tête  pommée  (cabus,  prov.  Deriv.  v.  cap  Kopf).  — 
^  Leierschwanz.  —  ^^  DHT.:  espèce  de  bette  à  racine  pivotante  comme  la 
rave.  —  ^^  DHT.:  dont  la  tige  s'épaissit  en  forme  de  grosse  rave. —  "•  Ber- 
beritze; DHT.:  villette  pour  vignette,  dimin.  de  vigne,  parce  que  les  baies 
de  cette  plante  ont  l'aspect  de  grappes  de  raisin.  —  ■'  DHT.:  variété  du 
genre  buse,  à  tarse  emplumé  comme  les  aigles.  —  •*  Pannel-,  Arabesken-  etc. 
Papier  oder  -Tapete;  zu  dem  obigen  Merkmal  kommt  hier  (vgl.  S.  444  Z.  ii  ff.) 
noch  Farbe,  Glanz  etc.  hinzu.  —  ^  Blumenerde;  DHT.:  terre  végétale  qui 
n'offre  ni  sable  ni  cailloux.  —  ^'  DHT,  :  cordage  non  gondronnè.  —  ••  PvfÂVO' 


452  o.  DITTRTCH, 

D)  Zeitliche  Eigenschaften  können  nach  Analogìe  der 
räumlichen  aufgefafst  werden:  1)  Zeitort:  a)  in  Beziehnng  auf 
andre  Zeitpunkte  oder  -räume:  le  wiewn'/rancats^;  moyen-^g^^  mesKO- 
termine-\  arriere-jöWi?«*;  i^xmtemp5\  —  b)  in  Beziehung  auf  den 
Zeitpunkt,  zu  welchem  andre  Gegenstände  von  der  Art  des  durch 
das  I.  Elem.  ausgedrückten  Gegenstandes  in  die  Existenz  (a)  oder 
in  eine  neue  Existenzphase  {ß)  treten  oder  zu  treten  pflegen: 
o)  g  protp^j/(f*,  g  "plasma^  g  -my ces ^j  g  -mariyr^;  ß)  Bymi-fiêche'^: 
entremets  ^;  aniòre'/atx^;  ¡fleur  d*  onze  heures  ^^\  vioUtU  de  février  ^K  — 
2)  Zeitgröfse  (Dauer):  a)  in  Beziehung  auf  andre  Zeitgröisen: 
g  mouche^  fleur  éphémère^^\  —  b)  in  Beziehung  auf  die  jeweilige 
Gegenwart  als  Endpunkt:  Pont^Neuf  ^'^\  jeune  homme\  rAnden,  le 
Nouveau  Testament,  —  Andre  Beispiele,  auch  fur  andre  Formen 
des  zeitlichen  Verlaufs,  werden  sich  im  Folgenden  da  finden,  wo 
von  Zuständen  der  repr.  Vorst.  die  Rede  ist 

E)  Zahl.  Werden  aufeinander  folgende  einzelne  Denkakte  so 
miteinander  verbunden,  dafs  vom  Inhalt  dieser  Denkakte  völlig  ab- 
strahiert wird,  so  entsteht  die  Zahl,  die  mithin  als  die  successive 
Verbindung  von  Einheiten  (einer  extensiven  discreten  Mannig^ 
faltigkeit)  zu  einem  Ganzen  definiert  werden  kann.  So  ergiebt 
sich  z.  B.  1)  die  positive  ganze  Zahl  (2,  3  etc.)  auf  die  Weise, 
dafs  man  innerhalb  einer  Gesamtheit  von  Gegenständen  diese  suc- 
cessive einzeln  auffafst,  von  ihren  Merkmalen  absieht  und  die  so 
gewonnenen  Einheiten  zu  einer  Gesamtvorstellung  zusammenfaist» 
innerhalb  deren  aber  die  einzeln  appercipierten  Elemente  (Ein- 
heiten) als  getrennt  bewufst  bleiben.  Die  Einheit  (i),  von  welcher 
der  ganze  Procefs  ausgeht,  gehört  natürlich  auch  zu  der  sich  so 
entwickelnden  Zahlenreihe.  In  cent  gardes  **  ist  gardes  die  Gesamt- 
heit, innerhalb  deren  vom  ersten  bis  zum  letzten  Manne  unter 
Auffassung  jedes  Mannes  als  Einheit  fortgeschritten  und  diese  ein- 
zelnen Denkakte  als  cent  zusammengefafst  wurden.  Vgl.  Cent- 
Suisses^K —  2)  Ordnungszahlen  entstehen,  wenn  aufser  der  Zu- 
sammenfassung von  Einheiten  zu  einem  Ganzen  auch  der  Ort  an- 
gegeben werden  soll,  welchen  eine  bestimmte  Einheit  gegenüber 
den  andern  Einheiten   der  Reihe  einnimmt:    tiers-/<?i>f/i*;   g  quint- 

oo<piOTtjç;  DUT.:  philosophe  d'une  ancienne  secte  indienne  qui  ne  portnit 
pas  de  vêtements,  etc.  —  ^  J..:  vüux:  qui  est  hors  d'usage;  der  Zeitnam, 
der  zur  Orientierung  mitgedacht  wird,  ist  also  der  seit  dem  Ende  der  afr. 
Periode  verflossene.  —  *  DHÏ.:  it.  mezzotermine,  moyen  terme  proposé  dans 
un  litige.  —  '  SpatA<fr¿jí.  —  *  Be.:  premier  lait  (yaAcf)  que  fournit  le  sein 
d'une  femme  nouvellement  accouchée.  —  ^  Be.:  champignons  de  la  structure 
la  plus  simple  (/tvxtjç,  't¡TOc  Pilz).  —  ^  Be.:  nom  qu'on  donne  quelquefois 
à  Saint  Etienne,  regardé  comme  le  plus  ancien  des  martyrs.  —  *  L.:  qui 
mûrit  avant  les  autres.  —  ^  DHT.:  ce  qui  se  sert  dans  un  repas  après  le  rdti 
et  avant  le  dessert.  —  ®  Nachgeburt.  —  *o  l^.  nommée  ainsi  parce  qne  c'eit 
vers  cette  heure  que  sa  fleur  s'ouvre.  —  "  Homungsblume  ;  blüht  im  Fe- 
bruar. —  **  Eintagsfliege,  -blume.  —  *•  L.  :  pont  ä  Paris  bâti  par  Henri  IV.  — 
"  L.:  troupe  instituée  par  l'empereur  Napoléon  III.  —  **  L.:  sorte  de  troupe 
qui  était  de  la  garde  du  roi  [seit  1660].  —  *^  L.:  point  de  section  an  sommet 
d'un  triangle  equilateral. 


•Í 


U£BER  WORTZUSAMMENSETZUNO.  453 

essence^;  tñdt\  Man  sieht  schon  aus  diesen  Beispielen,  wie  sich 
mit  der  rein  numeralen  Ordnung  die  raumliche  und  zeitliche  Ord- 
nung verquickt,  und  so  ist  denn  auch  die  Ordinalzahl  ein  sehr 
bequemes,  oft  angewandtes  Mittel  zur  exakten  Angabe  der  Lage 
in  räumlichen,  zeitlichen,  Rang-,  Intensitäts-  etc.  Reihen;  Beispiele 
stehen  S.  448  Z.  4,  Z.  452  Z.  8.  —  8)  Wiederholungszahlen: 
Wird  sich  der  Zählende  des  Fortschreitens  von  einer  Einheit  zur 
andern  bewufst,  so  erscheint  ihm  jede  folgende  Einheit  als  eine 
Erneuerung  der  früheren,  und  das  Resultat  ist,  dafs  nicht  die  als 
Einheit  aufgefafsten  Vorstellungen,  sondern  die  verschiedenen  „Male" 
gezählt  werden,  zu  denen  sie  sich  während  des  Zahlprocesses  im 
Bewufstsein  erneuert  haben.  Wir  sagen  dann,  ein  Vorgang  habe 
sich  ew'j  zwet'j  dreimal  abgespielt,  ein  Gegenstand  sei  ein-^  «weimal 
dagewesen.  Solche  Zahlen  heifsen  Wiederholungszahlen.  Ursprüng- 
lich nur  auf  Zustände  anwendbar,  können  sie  durch  Vermittlung 
solcher  auch  Gegenständen  scheinbar  direkt  zugeschrieben  werden: 
double  carU^;  triple  droù^\  während  es  sich  aber  in  diesen  beiden 
Fällen  bezüglich  carte  und  droit  um  die  Erneuerung  einer  und  der- 
selben Gegenstandsvorst  im  Bewufstsein,  also  um  einen  Wieder- 
erkennungsvorgang  handelt,  nimmt  daubU  in  double-a»¿f>r^  einen 
etwas  andern  Sinn  dadurch  an,  dafs  der  auf  die  unten  (Anm.  5) 
geschilderte  Art  entstandene  „doppelte  Splint*'  nicht  mit  dem  eigent- 
lichen Splint  identisch  ist,  sondern  nur  von  der  gleichen  Art  mit 
ihm,  was  seine  Benennung  durch  das  i.  Element  aubier  rechtfertigt; 
double  drückt  also  hier  aus,  dafs  der  áoiihX^auÍner  gleichsam 
eine  Wiederholung  des  ersten  aubier  seL  —  4)  Wird  die  That- 
sache,  dafs  die  repr.  Vorst  eine  discrete,  d.  h.  aus  so  und  so  vielen 
Teilen  zusammengesetzte  Mannigfaltigkeit  sei,  in  der  Zahlangabe 
zum  Ausdruck  gebracht,  so  erhält  man  Vielfältigkeitszahlen 
(zwei't  drei/ach,  -/alt,  -faltig).  Die  Teile,  auf  welche  sich  solche 
Zahlenangaben  beziehen,  können  nun  in  unserem  Falle  sein: 
a)  Gegenstände  von  der  Art  der  durch  das  i.  Element  mitbezeich- 
neten, aus  denen  sich  die  repr.  Vorst.  zusammensetzt:  leUre  double  \ 
étoile  doubW^^  sei  double^ \  b)  andere  Gegenstände,  welche  beim  Zu- 
standekommen der  repr.  Vorst  mitwirken:  double  quatuùr^^  double 

^  L.:  bas-lat.  quinta  essentia,  parce  qtre,  selon  les  anciens,  il  y  avait 
quatre  éléments  contenus  dans  leurs  sphères  respectives,  la  terre,  Pean,  l'air 
et  le  feu;  et,  au-dessus  de  la  sphère  du  feu,  une  substance  plos  pure  et  pins 
subtile  encore  qui  n'avait  pas  de  nom  propre,  et  qu'on  appelaîit  la  qointe 
essence  (5«  substance).  —  >  L.  :  le  troisième  jour  de  la  décade  républicaine.  — 
3  L.  :  [im  Landsknechtspiel]  celle  qui  est  déjà  venue  deux  fois.  —  ^  Be.: 
(Jur.)  Droit  payé  trois  fois. —  ^DHT.:  couche  d*aubier  qui  se  produit  entre 
deux  couches  de  bois  parfait,  dans  certaines  lésions  des  arbres  (doppelter, 
falscher  Splint).  —  ^  DHT.  :  réunion,  dans  un  mot,  de  deux  lettres  semblables 
qui  se  suivent  (comme  U)  et,  p.  ext.,  lettre  composée  de  deux  antres  (comme 
œ)  ou  ayant  la  valeur  de  deux  autres  (comme  x).  —  ^  DHT.:  qui  paraît 
simple  à  Tceil  nu  et  que  le  télescope  montre  formée  de  deux  étoUes  dont  l'one 
tourne  autour  de  l'autre.  —  >  DHT.:  qui  résulte  de  la  combinaison  de  deux 
autres  sels.  —  *  DHT.  :  réunion  de  deux  premiers  violons,  de  deux  seconds 
violons,  de  deux  altos  et  de  deux  violoncelles. 


454  ^'  DITTRICH, 

fugiu^\  mansire  triple^]  triple  alliance,  quadruple  alltanc€^\  mesure 
sextuple^',  o)  quantitative  Bestimmungen  der  repr.  Vorst  im  Ver- 
gleich mit  solchen  Bestimmungen  der  durch  das  i.  Element  mit- 
ausgedrückten Gegenstände:  double  louts^,  double  denier ^\  double 
droiP,  Da  die  exakte  Messung,  welche  erst  dazu  berechtigt»  eine 
Zahl  in  die  quantitative  Bestimmung  einzufahren,  oft  áoxdá  eine 
ungefähre  Schätzung  ersetzt  wird,  so  verliert  die  Zahl»  wenn  sie 
in  solchen  Fällen  dennoch  Anwendung  findet,  ihre  exakte  Beden- 
deutung  und  geht  in  eine  ungefähre  quantitative  Bestimmung  über: 
fleur  double^  intervalle  double^',  vgl.  oben  S.  451  Z.  2,  —  Wird 
nicht  von  der  Gesamt  Vorstellung,  in  welche  die  Teile  eingehen, 
sondern  von  den  Teilen  ausgegangen,  so  erscheint  die  Gesamt- 
vorstellung, vorausgesetzt  dafs  die  Teile  gleichartig  sind,  als  eine 
Vervielfältigung  eines  dieser  Teile,  und  die  Zahlen,  welche  dieses 
Verhältnis  ausdrucken,  sind  Vervielfältigungszahlen;  diese 
kommen  für  uns  vorläufig  nicht  in  Betracht;  ihre  spradilicfaen 
Bezeichnungen  fallen  mit  denen  für  die  Vielfaltigkeitszahlen  zu- 
sammen. Auch  die  6)  Bruchzahlen  mûfsten  eigentlich  erst  später 
behandelt  werden,  ich  bespreche  sie  aber  der  bequemeren  lieber- 
sieht  halber  schon  hier^®:  Bei  den  Bruchzahlen  werden  bestinmite 
Einheiten  in  Teile  von  je  nach  Bedürfnis  wechselnder  Menge  zer- 
legt gedacht,  indem  der  Zähler  des  Bruchs  die  Anzahl  der  Teile 
enthält,  die  zusammengefafst  werden  sollen,  während  der  Nenner 
die  Menge  der  Teile  angiebt,  die  in  der  Einheit  enthalten  sind; 
die  Bruchzahl  drückt  aber  nicht  blofs  eine  durch  Zahlen  meTsbare 
Gröfse,  sondern  zugleich  das  Verhältnis  aus,  in  welchem  das  Ganze 
und  der  Teil  zu  einander  stehen i^;  so  sagt  z.  B.  der  Bruch  '/i, 
es  solle  eine  Zahl  gedacht  werden,  die  durch  Zusammenfuguig 
von  drei  Einheiten  (Teilen)  entstehe,  deren  jede  durch  4malige 
Teilung  einer  ursprünglichen  Einheit  erzeugt  worden  seL  Aach 
hier  ist,  wie  bei  den  Vielfaltigkeitszahlen,  eine  ungenaue  Anffossmig 
des  Verhältnisses  zwischen  Ganzem  und  Teil  möglich;  wird  trots- 
dem  die  Zahlbezeichnung  angewendet,  so  verliert  sie  auch  hier 
von  ihrer  exakten  Bedeutung  und  drückt  nur  eine  ungefähre  quan- 
titative Bestimmung  aus  ;  Beispiele  s.  oben  S.  448  Z.  5,  S.  45 1 
Z.  3  f.  u.  ö.  —  6)  Die  unbestimmten  Zahlen  (0//,  gesamt^  vül  etc) 
werden  an  ihrer  Stelle  zur  Besprechung  kommen. 

n)    Gefühlselemente   der  repr.  Vorst.   (vgl.  oben  S.  443 


^  L. :  fugue  à  deux  sujets.  —  '  Be.:  monstre  fonné  de  U  réonioir  de 
trois  individus.  —  ^  Yqq  ^^  ^  Mächten.  —  *  Be.  :  (Mus.)  mesure  à  deux  tempt 
composée  de  six  notes  égales,  dont  trois  pour  chaque  temps.  —  •  OHT.: 
valant  deux  louis.  —  *  DHT.:  qui  valait  deux  deniers.  —  '  DHT.:  droit  ... 
qu'on  doit  payer  deux  fois  la  valeur,  faute  de  l'avoir  acquitté  dans  le  délai 
légal.  —  ^  Gefüllte  Blume;  DHT.:  dont  la  corolle  est  comme  donUée  par 
la  transformation  des  étamines,  des  pistils,  en  pétales,  produite  natureUemeat 
ou  par  l'action  de  la  culture.  —  ^  L.  :  intervalle  qui  excède  retendue  dHme 
octave.  —  !<*  Mit  geringen  Aenderungen  im  Wortlaut  nach  WL.  II  14I  f.  — 
'^  Vgl.  quote-/ar/  (L.:  la  part  que  chacun  doit  payer  ou  recevoir  dans  la  re- 
partition d'une  somme). 


UEBSR  WORTZUSABfMENSETZUNG.  455 

Z.  2ofF.):  1)  nach  Mafsgabe  der  allgemeinen  Gefûhlsrich- 
t  un  gen  (Lust  und  Unlust,  Erregung  und  Beruhigung,  Spannung 
und  Lösung) Í:  hedm-chasseur^;  revenàni-bon^\  opéra-bouffe^)  mdMôie^', 
bsiTOouçue/^;    ca,/tmande'^;    male¿//^*;    i?  ver-coquin^ \    faux-^wj^®;  — 

2)  Aesthetische  Gefühle:  belles-/^//r^j;  bois-genttV^\  coUmaçon^^\  — 

3)  Ethische  Gefühle:  honhomme^^\  beau-yi/r*^,  -frère,  belle-yí//^, 
-mère,  etc.;  í'dwia-tttnom^^i  idMX-propheie,  g  \>se\xáo-prophete^^,  faux- 
saurtí'er^';  g  pseudo-médecin^^,  -ca/ko/içue^^,  -pape^^,  -dïè/e^^,  -mar- 
tyr'^'^\  fausse-r/^-Z^a^  monnaie',  —  4)  Religiöse  Gefühle:  Terre 
Sainie\    Saint  Sépulcre',    saint-ö//if^24;    Saint  Sacrement)    Saint  Siège", 

corps- JÄW/ 25. 


^  Wobei  zu  bemerken  ist,  dafs  jedes  einzelne  Gefühl,  sobald  es 
einen  gewissen  Grad  von  Intensität  erreicht,  in  einen  Affekt 
übergebt;  dies  gilt  auch  von  den  unter  i — 4  erwähnten  Gefühlen;  aufser- 
dem  halte  man  fest,  dafs  die  einzelnen  Gefühle  in  weitaus  den  meisten 
Fällen  nicht  einfache,  sondern  complicierte  psychische  Gebilde 
sind,  vgl.  Anm.  2.  —  ^  L.:  chien  qui  crie  bien  dans  la  voie  et  qui  marche 
toujours  la  queue  dans  l'air  (was  einen  schönen  Anblick  gewährt).  —  '  L.: 
los  deniers  qui  restent  à  un  comptable  après  qu'il  a  rendu  ses  comptes.  — 
♦  DHT.  :  dont  l'action  est  comique.  —  ^  DHT.:  tnal{e)  adj.  u.  afr.  tolte  (im- 
pôt): impôt  extraordinaire.  —  "  DHT.:  bar  péjor.  u,  bouquet  (Deriv.  v.  bouque, 
norm.-pik.  Hît  bouche)',  dartre  qui  attaque  le  museau  des  bêtes  à  laine;  bouquet 
hat  dieselbe  Bedeutung,  weshalb  ich  annehmen  zu  können  glaube,  dafs  die 
Bed.  „petit  bouton  ou  écorchure  aux  lèvres"  von  jener  abgeleitet  sei;  ist  es 
in  der  Bed.  „petit  bouton  etc.**  Bedeutungsentwicklung  von  afr.  barbouquet 
„coup  sous  le  menton"  (vgl.  God.  s.  v.  barbouchet:  Icellui  Pierre  feri  le  dit 
Robert  un  petit  cop  de  la  main  souz  le  menton,  lequel  cop  est  appelle  au 
pais  parbouquet),  so  ist  es  in  dieser  Bed.  fürs  Nfr.  ganz  zu  streichen  und  in 
einer  Darstellung  der  afr.  Composition  unter  die  „Erinnerungsnamen"  zu 
stellen.  —  '  MC.  131:  espèce  de  limande  moins  estimée.  —  ^DHT.:  méchante 
bête.  —  ^  L.  :  nom  vulgaire  des  larves  de  divers  insectes  qui  font  beaucoup 
de  tort  aux  bourgeons  des  vignes.  —  *^  L.  :  (Jard.)  branches  qui  ne  peuvent 
donner  de  fruit,  ni  servir  à  l'ornement.  —  *^  Seidelbast;  L.:  arbrisseau  d'un 
aspect  agréable;  heifst  auch  bois  joli.  —  "  Weinbergschenke;  cal  péj.  (weil 
sie  unansehnlich  ist)  u.  limaçon.  —  ^'  DHT.:  qui  a  une  simplicité  familière, 
aimable.  —  **  L. :  beau  est  id  un  terme  d'affection  qui,  se  disant  très  sou- 
vent dans  le  moyen  âge  quand  on  s'adressait  à  des  personnes  qu'on  aimait, 
bêle  suer,  bêle  amie,  biaus  dous  fils,  etc.,  s'est  attaché,  dans  la  langue  nou- 
velle, aux  termes  de  parenté  par  alliance.  Saint  Louis  disait  à  son  fils:  Biau 
fìlz,  la  premiere  chose  que  je  t'enseigne,  c'est  que  tu  mettes  ton  euer  en  amer 
Dieu  (Joinv.  ;  mehr  Beispiele  s.  MC.  26).  L'ancienne  langue  disait  fiUastre 
pour  beau-fils,  mar  astre  pour  belle-mère,  parastre  pour  beau-père;  mais  la 
finale  astre  ayant  pris  décidément  un  sens  péjoratif,  la  langue  s  est  sentie  in- 
clince  à  chercher  une  périphrase,  et  elle  l'a  trouvée  dans  l'usage  ancien  qui 
faisait  de  beau  un  terme  d'affection,  surtout  entre  parents. —  ^  DHT.: /aux: 
qui  n'est  pas  vrai  par  tromperie;  hier  wie  bei  den  folgenden  liegt  die  Absicht 
der  Täuschung  vor,  und  zwar  einer  ethisch  zu  mifsbilligenden  Täuschung.  — 
**  L.:  celui  qui  se  dit  prophète,  sans  avoir  l'inspiration  divine.  —  >'  L.: 
celui  qui  faisait  la  contrebande  du  sel  entre  les  différentes  provinces  de 
France  et  le  vendait  en  fraude.  —  "  Be.:  médicastre,  charlatan. —  >*Bc.: 
celui,  celle  qui  feint  d'adhérer  aux  principes  du  catholicisme. —  ^  Be.:  faux 
pape  ou  antipape;  nicht  rechtmäfsig.  —  *•  Be.:  diète  assemblée  illégalement.  — 
"  Be.:  celui  qui  est  martyrisé  pour  une  mauvaise  cause.  —  **  DHT.:  clef 
fabriquée  à  l'aide  d'une  empreinte  prise  sur  la  serrure,  dans  un  but  illicite.  — 
'^  L.:  la  congrégation  de  l'inquisition  établie  à  Rome.  —  *^  Leichnam  eines 
Heiligen. 


456  o.  DITTRICH, 

2.  Unterart:  Zustände,  deren  Gegenstand  die  repr.Vorst 
ist:  Ich  bitte  zunächst  S.  443  Z.  32  ff.  und  bezüglich  der  i?-Bil- 
dungen  S.  444  Z.  4  ff.  nachzulesen.  Die  Abarten  ergeben  sidi, 
jenachdem  die  repr.  Vorst.  Subjekt  oder  Objekt  des  Zustandes  (ge- 
wesen) ist  —  1)  Die  repr.  Vorst  Subjekt  des  Zustandes:  a)  moré' 
chai  ferrant^)  arc-bou/aní^;  chenap««*;  grippe -iw»w»í/*;  gratta 
òoesse  *  ;  hsAe-croc  *  ;  ch&uche'òranche  '^  ;  commis^oyageur^^  comnUstairt' 
prtseur^,  huissier  ^priseur,  mar  fin- chasseur  ^^,  le  Roi-Prophète^^f  ad- 
]\iaàni-souS'0/ficier^*^\  battant-brocheur ^^^  baiteur-éplucheur^^  »/iaUttr^^'j 
papier  buvard ^^;  —  b)  i?:  tambaur-mattre^'^,  sergant-fourriert  oùeatt- 
abeille  ^\  taiupe-grillott^^t  bateau-mouche^^,  ñibot^^,  tram-éciair^^, /eu 
follet^^,  Jìlle-mère^^,  mère  branche^\  langue  mère,  mère  montagne^, 
eau  mère-'^,  mère  patrie^\  baleau-citerne*^^,  coton-poudre^,  g  fulmi- 
coton^^.  —  2)  Die  repr.  Vorst.  ist  Objekt  des  Zustandes  (d.h. 
fremder  Thätigkeit)  gewesen:  courtepointe^^,  rosbi/^^,  òauts^rimés^f 
eau  bénite,  (juger  à)  huis  clos,  guet-apens^;  arrière-/ö»l/5^ 


*  DHT.  :  artisan  qui  ferre  les  chevaux.  —  *  Bouter  fur  buter.  —  •  Vau- 
rien; Lehnw.  SchnappÂaA»  ;  vgl.  Götz  v.  Berlichingens  Lebensbeschr.:  „àwM 
ist  der  rechten  Hahnen  einer",  mit  der  Anm.  ,,d.  i.  Schnapphahnen,  die  ach 
ins  Gebüsch  legen  und  ...  die  Reisenden  wegschnappen"  ;  PWB.  :  Schnapp 
in  der  Bed.  Strafsenraub  schon  im  16.  Jh.  belegt  —  *  MC.  175:  le  chat 
s'appelle  (grippe-)minaud  ;  ¿gripper  saisir  avec  les  griflfes.  —  •  Boesse  dial.  H 
brosse,  —  ^  DHT.:  croc  à  haler  à  bord  le  gros  poisson.  —  '  DHT.:  (proprt. 
branche  qui  chauche,  qui  presse);  Hebel  fur  schwere  Lasten.  —  *  Diese  und 
die  folgenden  5  Bildungen  widersprechen  nicht  der  oben  S.  443  Z.  32  fil  ge- 
gebenen Darstellung,  da  das  Element  des  „Vorübergehens"  aus  dem  Zustande 
schon  bei  der  Bildung  der  Substantiva  voyageur  etc.  eliminiert  wurde;  da- 
gegen würde  für  brocheur,  éplucheur,  étaúur,  falls  sie  erst  für  die  Zusammen- 
setzung gebildet  sein  sollten»  anzunehmen  sein,  dafs  die  Eliminierung  des 
zeitlichen  Elementes  in  der  subst.  Form  ihren  Ausdruck  gefunden  habe;  wahr- 
scheinlicher ist  es  allerdings  auch  hier,  dafs  wir  es  mit  einer  Anwendung  von 
brocheur  Goldwirker,  etc.,  zu  thun  haben,  da  die  Maschine  die  Thätigkeit 
dieser  Arbeiter  zu  ersetzen  bestimmt  ist.  —  '  Auctionscommissar;  L.:  priseuri 
celui  qui  fait  la  prisée,  l'estimation.  —  ^^  (Art)  Eisvogel  ;  dieser  heilst  martin- 
pêcheur  und  ist  Erinnenmgsname.  —  *^  David;  auch  le  Roi'Poète,  —  *■  DHT.: 
s.-o.  qui  seconde  dans  ses  fonctions  un  officier  de  grade  supérieur.  —  ^  DHT.: 
métier  perfectionné  pour  le  tissage  des  étoffes  brochées.  —  '*  DHT.:  nuchine 
à  éplucher  le  coton.  —  1*  DHT.:  appareil  servant  à  compléter  le  nettoyage 
des  laines  et  des  cotons.  —  *^  Z^'j^rÂpapier.  —  '^  L.  :  /.•>».  ou  Biattre  tambour, 
celui  qui  dans  un  régiment  apprend  aux  autres  tambours  à  battre  la  caisse.  — 
^^  Art  Kolibri;  sie  schwirren  wie  Bienen  um  die  Blüten,  von  deren  Honig 
sie  sich  nähren.  —  *^  Maulwurfs^ri//^  ;  lebt  unterirdisch  in  selbstgegrahenen 
Gängen.  —  ^^  DHT.:  ä  évolutions  rapides;  par  analogie  avec  le  vol  de  la 
mouche.  —  **  DHT.:  engl,  ñy-boat;  petit  navire  ...  qu'on  employait  autrefois 
pour  faire  la  course.  —  ^  Bliizzu^^.  —  ^a  dhT.  :  fot/et  v.  /ou  ;  fig.  qui  vol- 
tige de  côté  et  de  l'autre.  —  2*  DHT.  :  qui  a  eu  un  enfant  sans  être  mariée.  — 
^  DHT.:  grosse  branche  d'où  naissent  d'autres  branches.  —  ■•  Haupt- 
gebirge,  —  ^^  Mutter/a</^^;  DHT.:  eau  saline  tellement  saturée  qu'elle  ne 
laisse  plus  cristalliser  le  sel  qu'elle  contient.  —  *•  Mutter/am/.  —  ■•  Boot« 
das  Trinkwasser  führt.  —  ^  Schiefsbaumwolle;  DHT.:  qui  détonne  comme 
de  la  poudre  de  guerre.  —  '^  DHT.:  altération  de  coûte  (afr.  couverture)  et 
pointe  (piquée  v.  poindre),  —  8*  Engl,  roast-dr^r/l  —  *•  Gegebene  Endreime.  — 
**  DHT.:  tiré  de  Tafr.  guet  apensé,  proprt.  „aguet  prémédité".  —  "  DHT.: 
point  de  couture  qui  reprend  le  point  précédent;   on  dit  plus  habituelleme&t 


UEBBR  WORTZUSAMMENSETZUNG.  457 

S.  Unterart:  Andere  WahmelunungB-  oder  Denldnhalte, 

zu  denen  die  repr.Vorst.  in  Beziehung  steht,  gestanden  hat  oder 
gebracht  wird.  £s  kommt  zunächst  darauf  an,  ob  a)  die  Ver- 
bindung der  durch  das  2.  Element  ausgedruckten  Vorstellung  mit 
der  durch  das  i.  £1.  ausgedrückten  auf  Grund  von  Vorstellungs- 
processen  erfolgt,  die  sich  im  Namengeber  vollziehen,  oder  b)  auf 
Grund  von  Gefûhlsprocessen.  Ich  nenne  die  auf  die  erste  Weise 
zustandegekommenen  Verbindungen  kurz  Vor  st  eilung  s  Verbin- 
dungen, die  auf  die  zweite  Art  erhaltenen  Gefühls  Verbindungen. 

I)  Vorstellungsverbindungen.  Welche  Vorstellung  sich 
als  2.  Element  einstellt,  hängt  davon  ab,  in  welcher  Weise  die 
repr.Vorst.  infolge  der  Vergleichung  mit  den  durch  das  i.El.  mit- 
bezeichneten Vorstellungen  aufgefafst  wird  :  als  Ding  im  Räume,  als 
Ort  einer  Thätigkeit,  etc.  Je  nach  der  Art  dieser  Auffassung 
richten  sich  dann  auch  die  Beziehungen  zwischen  der  repr.Vorst 
und  andern  Wabrnehmungs-  und  Denkinhalten,  insofern  jeweilig 
die  räumlichen,  (räumlich-) zeitlichen  oder  Bedingungsbeziehungen 
zur  Apperception  gelangen.  Es  empfiehlt  sich,  die  hier  in  Be- 
tracht kommenden  Bildungen  zunädist  nach  diesen  Beziehungs- 
formen zu  ordnen: 

A)  Die  repr.Vorst  in  (gleichsam i)  räumlicher  Beziehung 
zu  andern  Vorstellungen.  Hier  liegt  stets  die  Auffassung  der 
repr.  Vorst  als  Ding  im  Räume  zugrunde;  als  solches  kann 
sie  von  den  durch  das  i.  Element  mitbezeichneten  Vorstellungen 
unterschieden  werden:  1)  durch  den  Raum,  innerhalb  dessen  sie 
sich  befindet:  arc^en^ciel,  chrisie  marine\  pinne  marine^ \  über  den 
sie  sich  ausbreitet:  g  ^o\yclmtque^\  innerhalb  dessen  sie  sich  be- 
thätigt:  g  SLeroftäu/e,  sergent  de  viUe^  und  mit  Uebertragung  auf  das 
Unräumliche:  bachelier  es  lettres^  h.  es  sciences^  maître  es  artSy  docteur 
en  droite  etc.;  —  2)  durch  das  Ganze,  dem  die  repr.Vorst  als 
Teil  angehört:  g  Q¡moplate^\  corps  de  logis^\  hec^'^rosse'^\  hcnti" 
de^chausseSf  bas- de ' chausses^;  /aux ' du ' corps ^;    queue  de  rat^^;    mit 


point  arrière]  hier  kommt  also  in  arrière  die  Richtung  der  Bewegung  zum 
Ausdruck,  die  den  point  erzeugt  bat;  vgl.  oben  S.  444  Z.  39  ff.  —  ^  Dies  be- 
zieht sich  auf  die  oben  Z.  28  ff.  und  S.  458  Z.  7  ff.  angeführten  Uebertragungen 
vom  Räumlichen  aufs  Unräumliche.  —  *  Meerfenchel ,  auch  fenouil  de  mer 
genannt.  —  '  Seidenmuschel.  —  *■  Umdeutung  von  l^^^clinique  Stadtklinik, 
wo  die  Patienten  in  ihren  Wohnungen  behandelt  wurden.  —  *  ^lAonXaxri 
Schulter¿^//;  nXáir¡  Platte.  —  '  DHT.:  corpsx  la  partie  principale  d'une 
chose.  —  ^  L.  :  sorte  de  bec  qui  fait  partie  de  la  crosse  du  fusil  d'infanterie.  — 
*  DHT.  :  haut,  bas,  la  partie  haute,  basse  de  qqch.  —  *  DHT.  :  fur  faud'du' 
corps,  wobei  faud  =  Biegungort,  v.  fauder  plier,  daher  l'endroit  oii  le  ooip« 
se  plie.  —  ^^  Ratten j^Aivans;  in  den  von  Sachs  gegebenen  Bedeutungen 
,,dûnner  Haarzopf;  wenig  behaarter  Pferdeschwanz;  Pferd  mit  solchem;  Krank- 
heit des  Pferdeschwanzes;  dünne  Cigarre;  Falte  im  firisierten  Tnch'S  etc.  hat 
hat  man  nach  S.  330  Z.  i  ff.  Bedeutungsentwicklungen  von  queue  de  rat  zu 
sehen  (die  Schreibung  queue-äe-rat  flllt  dabei  ganz  aufser  Betracht);  das 
Gleiche  gilt  von  queue^de-paon  (L.:  nom  donné  par  les  mineurs  au  cuivre 
panaché  ou  sulfure  de  cuivre  irisé),  cœur-de-àûtu/  (DHT.:  le  fruit  du  cacbi- 
mentier),   bouton-de-camisole  (DHT.:  coquille  du  genre  toupie),  deni-de^hien 

Zeitschr.  £  rom.  PhiL  XXIL  JO 


458  o.  DITTRICH, 

¿71  :  g  cosmopo/ùe^;  8)  durch  einen  Teil,  zu  dem  die  repr.Vorst 
im  Verhältnis  des  Ganzen  steht ^i  char-à-bancSy  fil  à  piomba  labU 
à  tiroir^  etc.,  canne  à  épée^\  papier  de  paille^ \  cornemuse'^ ^  claven)»^; 
arquebuse^;  c  cédille  (ç),  ï" tréma  (ï);  Ü  langue  d'oc,  L  d*oïl\  R  pépier- 
iontisse^^\  —  4)  durch  andre  Dinge,  zu  denen  die  repr.Vorst 
a)  ¡n  räumlicher  Beziehung  steht:  pot-au-feu,  marche^palier^^^  tranche- 
/?/^2^  bourf^/15,  papier-brouillard^^]  mit  Uebertragung  aufe  Unräum- 
liehe  (wobei  sich  in  der  Regel  noch  Bedingungsbeziehongen  ein- 
mischen): raonsieur^^y  monseigneur ,  m^idame,  msidemoiselle;  messire; 
mamour^^;  oder  b)  (nach  der  Meinung  des  Namengebers)  in  räum- 
licher Beziehung  gestanden  hat:    ver  de  /erre^'',  vert  de  montagne ^% 


(DHT.:  ciseau  de  sculpteur  à  deux  pointes),  dent-de-loup  (Zapfennagel),  cou 
de  cygne  (DHT.:  partie  cintrée  de  î'avant-train  d'une  voiture,  etc.),  aH-dê^ 
bœuf  (rundes  Fenster),  queue-d* aronde  (tenon  rappelant  la  forme  d'une  queue 
d'aronde;  afr.  aronde  hirondelle),  cul-de-lampe  (ornement,  vignette,  placés  à 
la  fìn  d'un  chapitre,  etc.),  pied-de-biche  (L.:  petit  levier  en  fer,  dont  une  ex- 
trémité présente  un  talus  et  une  fente),  pied-de-chat  (L.  :  instrument  pour  visiter 
et  sonder  les  bouches  à  feu),  queue-de-chat  (L.:  cordage  avec  lequel  on  in- 
fligeait des  peines  corporelles),  épi-de-bié  (DHT.  :  minéral  qui  semble  être  une 
graminée  fossile),  épaule  de  mouton  (DHT.:  sorte  de  cognée;  sorte  de  voile 
latine),  bec-de-grue  (L.:  instrum.  de  chirurgie),  ff^/-</^-xaf  (Sackgasse),  etc.  etc.; 
neben  allen  diesen  stehen  die  ursprünglichen  Composita  queue  de  paon 
Pfauenschweif,  cœur  de  bœuf  Ochsenherz,  etc.,  und  sie  sind  daher  in  den 
Bedeutimgen  „cuivre  panaché"  etc.  keine  ursprünglichen  Bildungen  ;  bezüglich 
griffe  du  diable,  main-du-diabU  (DHT.:  polypier  qui  a  la  forme  d'une  main 
avec  un  poignet)  bleibt  es  zweifelhaft,  ob  sie  in  der  ursprünglichen  Bed.  Com- 
posita sind;  die  mögliche  Uebersetzung  „Teufelsklaue"  kann  hier  natürUch 
nichts  entscheiden.  —  ^  Vgl.  S.  457  Anm.  i.  —  *  Der  die  Welt  als  den  Staat 
betrachtet,  dem  er  als  Bürger  angehört.  —  '  Insofern  es  möglich  ist,  „jeden 
Teil  eines  Gegenstandes  als  ein  selbständiges  Ding  zu  betrachten,  das  zu  dem 
Ganzen,  zu  dem  es  gehört,  in  einer  ähnlichen  Beziehung  steht  wie  dieses  zu 
den  andern  mit  ihm  cocxistierenden  Dingen"  (WL.  I  478).  —  *  Bleilot  — 
*  Stockdegen.  —  *  DHT.:  dans  la  pâte  duquel  entre  de  la  paille  hachée.  — 
^  Dudelsack;  DHT.:  corne  und  muse  afr.  =  musette  (sorte  de  cornemuse 
agreste);  He.:  „lüoxTípfeife,  weil  sie  ursprünglich  mit  einem  Ziegenbodukopfe 
oder  zwei  Hörnern  versehen  war,  deren  eines  die  hineingeblasene  Luft  anf- 
nimmt,  die  aus  dem  andern  als  pfeifenartiger  Ton  hervorkommt." —  *DHT.: 
mit.  c\^\\cynü)alum»  de  clavis,  clcf,  clavier,  ttcymbalum,  cymbale.  —  •  DHT«: 
it.  archibuso»  altération,  par  étym.  pop.  {suco-buso  arc-trou)  de  l'ail,  haken- 
biichse  ;  so  genannt,  weil  sie  unter  dem  Lauf  mit  einem  Haken  zum  Aufnehmen 
des  Rückstofses  beim  Auflegen  auf  eine  Mauer  versehen  war.  —  *•  L,:  tpU' 
tisse  f.  tenture  faite  de  toile,  sur  laquelle  on  a  appliqué  des  tontnres  de  draps 
pour  figurer  des  étoffes;  papier-t,,  papier  de  tonture  fait  de  la  même  manière. — 
^^DHT.  :  marche  d'escalier  de  niveau  avec  le  palier. —  '*  Buchbind.:  Kapîtil- 
chen;  Be.:  petit  rouleau  de  papier  ou  de  parchemin,  qui  est  recouvert  de 
soie  ou  de  fil,  et  qui  se  met  aux  deux  extrémités  du  dos  d'un  livre,  pour 
tenir  les  cahiers  assemblées;  tranche  ist  der  Schnitt  des  Buches,  der  nach  dem 
Rücken  zu  durch  das  fadenförmig  aussehende  Kapitälchen  abgeschlossen  wird; 
tranchefile,  das  Be.  in  derselben  Bed.  anführt,  ist  Postverbale  zu  tranckefUer» 
das  seinerseits  wieder  von  tranche/i/  abgeleitet  ist.  —  '•  DHT.:  ou  bourxcí« 
altération  du  holl.  boeg-í^íV,  voile  de  l'avant  {JI)oeg)\  Focksegel.  —  *•  Bromi' 
lard  Kladde,  Strazze,  in  dor  das  Löschpapier  zuerst  Verwendung  fand.  — 
'^  Der  mir  zugehört,  also  nach  Analogie  räumlichen  Zusammenseins;  die  Ab- 
hängigkeitsbeziehung entspringt  aus  dem  Inhalt  von  sieur,  —  ^  hVamour  (vj^L 
m'amie).  —  "  Weil  er  nach  dem  Regen  aus  der  Erde  hervorkriecht.  — 
>8  Berggrün  (Malerfarbe). 


ÜEBBR  WORTZUSAMMENSETZUNG.  45Ç 

fleur  du  ciel^^  fleur  de  terre^^  blanc  de  baleine\    g  i^\xole\    hiUeck^y 
edre^îwi^  • 

B)  Die  repr.  Vorst  in  (räumlich-)zeitlicher  Beziehung  zu 
andern  Vorstellungen.  1)  Die  repr.  Vorst.  als  Ort  eines  Vorganges 
aufgefafst  und  daher  von  andern  Vorstellungen  (d.  h.  den  durch 
das  i.£l.  mitausgedrûckten)  unterscheidbar  a)  durch  den  Vorgang 
selbst:  champ  de  bataille,  café  chantani%  café  concert^;  b)  durch  das 
Resultat  des  Vorgangs:  champ  d'honneur^;  e)  durch  den  Zeit- 
punkt des  Vorganges:  champ  de  mat\  de  mars\  —  2)  Die  repr. 
Vorst.  als  Zeitpunkt  eines  Vorganges  aufgefafst  und  von  den 
durch  das  i.  El.  mitbezeichnetçn  Vorstellungen  unterschieden  durch 
den  Vorgang  selbst:  thé  dansant ^^, 

C)  Die  repr.  Vorst  in  Bedingungsbeziehung  zu  andern 
Vorstellungen.  1)  Die  repr.  Vorst.  wird  als  Mittel  zum  Zweck 
aufgefafst.  Sie  ist  dann  von  den  durch  das  i.£I.  mitausgedrûckten 
Vorstellungen  unterscheidbar  a)  durch  andre  Dinge,  die  demselben 
Zwecke  dienen;  die  hieher  gehörigen  Wörter  sind  nach  S.  444 
Z.  4  fF.  i?-Bildungen:  table-bureau^^,  papür  pierre^\  papier-monnaie^^ 
papier- tenture^  papier  linge ^^,  ferme-modèle^"^,  -école^^,  sabre-baïonnette^'^, 
salle  d'*asile^^\  b)  durch  den  Zweck  selbst,  dem  sie  dient;  dieser 
kann  sein:  a)  eine  Person  oder  Sache,  um  deren  willen  die 
repr.  Vorst.  da  ist:  pot  à  fleurs,  p,  au  lait,  p.  à  eau,  p,  au  noir^^, 
boite  aux  lettres',  corps  de  ville ^\  hôtel  de  ville^^,  maréchal  de  camp^\ 
m.  de  bataille^'^,    m,  des  logis^\    m.  des  écuries^\   garde  du  corps^^; 


^  Nostoc  (L.  :  algue,  n'apparaît  que  dans  les  jours  pluvieux  ;  on  le  trouve 
en  toute  saison  dans  les  prairies,  le  long  des  chemins  et  dans  les  allées  sablées 
des  jardins);  Be.:  ce  sont  les  alchimistes  qui  nous  ont  fiât  connaître  le  nostoc; 
mais  ils  expliquaient  son  origine  par  des  fables  et  des  absurdités.  Paraceke 
le  regardait  comme  un  excrément  rejeté  sur  la  terre  par  des  étoiles  [saliva 
des  ¿toiles,  Erinnerungsname],  d'autres  pensaient  que  c'était  nne  vapeur  qui 
s'exhalait  du  centre  de  la  terre  \ßeur  de  terre  oder  ^erce^terre,  letzteres  Ér- 
innerungsname]  et  s'épaississait  sur  la  surface  par  la  fraîcheur  de  l'air.  — 
'  Walrat,  stammt  aber  vom  cachalot,  nicht  vom  Walfisch  (baieine);  die  beiden 
Tiere  werden  oft  verwechselt.  —  *  DHT.:  mit.  ^\xoleum,  proprt.  huile  de 
pierre.  —  *  Engl.  \i^^{'Steak  tranche  de  bœuf.  —  *  Scbwed.  úAxxdun,  Eider- 
daune. —  '  Singspielhalle.  —  "^  DHT.:  café  oü  l'on  fait  de  la  musique  pour 
attirer  les  consommateurs.  —  ^  Feld  der  Ehre;  wo  man  Ehre  erwirbt  — 
'  DHT.:  Heu  oü  les  rois  francs  tenaient  des  assemblées  en  mai,  en  mars.  — 
i<^  Abendgesellschaft,  bei  der  getanzt  wird.  —  ^^  Be.:  table  qui  sert  de 
bureau.  —  "  Be.:  Masse  de  pâte  de  papier  destinée  à  remplacer  la  pierre 
lithographique.  —  ^'  Papiergeld  ist  ganz  anders  gebildet,  vgl.  S.461  Z.  19  ff.  — 
>*  Be.:  papier  proposé  par  Montgolfier  pour  remplacer  le  linge  de  table.  — 
^  Musterwirtschaft:  modèle  DHT.:  ce  qui  doit  servir  d'objet  d'imitation.  — 
'*  Établissement  destiné  a  former  des  agriculteurs.  —  ^^  L.  :  sabre  courte  . . . 
qui  peut  être  placée  à  l'extrémité  du  canon  des  fusils,  de  manière  à  y  remplir 
le  rôle  de  baïonnette.  —  "  Kleinkinderbewahranstalt.  —  *•  Wichs/<g}^.  — 
*»  Stadtrat.  —  »^  Ville  hier  „Stadtrat**.  —  *«  L.:  anciennement,  leur  office 
était  de  marcher  devant  les  armées,  pour  assurer  la  route  et  ré|^er  le  camp.  — 
'>  Bataille  Schlachtordnung.  —  **  DHT.:  sous-officier  chargé  à  l'origine  du 
logement  des  troupes.  —  ^  DHT.:  officier  préposé  aux  écwies  d'un  prince, 
d'une  princesse.  —  ••  Vgl.  LeibimirA^, 

3d» 


46o  o.  DlTTRiai, 

lieutenant-colonel^^  L'général'^\  blanc-bourgeois^,  train-poste^,  timbre^ 
posted  y  t. -quittance  \  t. -dépêche'^',  quartier-wjí/r^Sj  chau/î^i/r*,  ^orgt^^t 
connétable  ^^,  c?imail^\  havrerar^^,  bosseww»**,  majéchal^^^  land- 
wehr^^,  landj/i/rw^"',  lans^//«ie/i^  caravani^rai'/**,  g  nécropoU^^ 
g  hippoi/r(?w^2ij  conseil  municipal'^\  chose  publique,  g  républiques^,  garde 
royaW^^  garde  champêtre,  frelampier^^',  —  j3)  eine  Thätigkeit, 
zu  deren  Ausübung  die  repr.  Vorst.  da  ist:  corps  de  garde^,  homme 
de  peine^"^,  agent  de  change',  hocambre*^^)  —  y)  ein  Zustand  (ins- 
besondere eine  Thätigkeit)  der  Personen,  die  sich  der  repr. 
Vorst.  als  Mittel  zur  Erreichung  dieses  Zweckes  bedienen:  chambre 
à  coucher,  pain  à  cacheter,  machine  à  coudre,  salle  à  manger',  ßige 
de  paix*^^,  gardien  de  la  paix \  canapja^o,  hnnaostoc^^,  fmppe-plaçue^^ 
csAhauban^^,  houVmg r in ^^;  bois  d'aetwre^\  lettre  de  change,  arc  de 
triomphe'^^,  trait-d^union^"^',  g  c^y^opompe^"^;  hds^cloche'^^.  —  2)  Die 
repr.  Vorst.  wird  nach  den  Beziehungen  ins  Auge  gefafst,  die  sich 
aus   den  Begriffen   der  Ursache   und  Wirkung  ergeben;   insbe- 


^  Der  dazu  da  ist,  gegebenen  Falles  den  colonel  zu  vertreten.  —  *  Géné- 
ral hiefs  ursprünglich  nur  der  Oberbefehlshaber,  den  der  L-g,  xn  vertreten 
hatte.  —  3  L.  :  farine  de  première  qualité,  pour  le  bourgeois.  —  *  Zur  Be- 
förderung der  Post.  —  *  Vgl.  BñefmarJIíe,  —  •  Quittung&r/^m/tf/.  —  '  Be.: 
cachet  volant  destiné  à  Taffranchissement  des  dépêches  télégraphiques.  —  '  L.: 
qui  est  chargé  du  logement  ...  d'un  corps  de  troupes.  —  •  DHT.:  four  à 
chaux.  —  *<*  Kört.  4001,  7097:  sat,  horreum  Sslzspeicher;  Be.:  amas  de  sel, 
ou  espèce  de  meule  de  sel  destinée  au  commerce.  —  ^^  DHT.:  bas-laL  con- 
estabuîum  v.  cornes  stabuli  if)  \  officier  ...  chargé  des  écuries.  —  **  DHT.: 
prov.  CQ.'pmalhf  proprt.  tissu  de  mailles  pour  la  tête.  —  *'  DHT.:  dtsch. 
HdihtTsack,  —  ^*  DHT.:  flam,  hooisman;  '^ooismann,  dem  die  Aufsicht  über 
die  Boote  obliegt. —  ^^  DHT.:  germ.  mTixvihscalc;  domestique  chargé  du  aoin 
(les  chevaux.  —  **  Wehr  Verteidigungstruppe.  —  "  Sa.:  Sturmi  ungestüm, 
lärmend  zusammenströmende  Menge.  —  ^^  Knecht  Soldat.  —  *•  DHT.:  pen. 
karwän-^<?ra/,  maison  de  la  caravane;  en  Orient,  grand  bâtiment  oil  les  voya- 
geurs trouvent  un  abri  pour  eux  et  leurs  bêtes  de  somme.  —  **  NexQOltoXiÇ; 
L.:  partie  des  villes  destinée  aux  sépultures.  —  "  ^'InnoÔQOfioq  Rennbahn 
für  Rosse.  —  ^  DHT.  :  conseil  . . .  pour  s'occuper  des  intérêts  de  la  com- 
mune. —  -3  L.:  public;  qui  concerne  tout  un  peuple.  —  •*  DHT.:  soldats 
chargés  plus  particulièrement  du  service  auprès  d'un  souverain.  —  ■•  DHT.: 
\iOnx  frère  lampier\  lampier  mot  dérivé  plaisamment  de  lampe,  proprt.  „frère 
qui  allume  les  lampes  dans  le  couvent";  „homme  qui  n'est  pas  bon  à  grand 
chose**,  eig.  nur  zum  I^impenanzünden.  —  **  DHT.:  corps  de  soldats  chargés 
de  la  g.nrde  d'un  poste.  —  "  DHT.:  chargé  de  gros  ouvrages.  —  ■•  DHT: 
dtsch.  Voc\ihammer\  machine  à  écraser  le  minerai.  —  ••  DHT.:  magistrat 
chargé  de  concilier;  paix  état  d'une  réunion  d'hommes  entre  lesquels  il  n*y  a 
pas  de  désaccord.  —  ^  DHT.:  dtsch.  Knappxa^yt  (zu  knappen,  knabbern). — 
'*  DHT.:  altération  du  hol!.  ?>^r\Vigstock  bâton  qui  sert  à  sauter.  —  •■  L.: 
plaque  de  fer  dont  les  orfèvres  se  servent  pour  donner  le  contour  à  une 
pièce.  —  ^^L.:  ou  Z7\t'hdüban,  cordage  qui  sert  à  maintenir  le  mât  de  hune; 
caler  baisser  (les  mâts  de  hune,  etc.). —  ^DHT.  :  engl.  bowling-^r«m  gazon 
où  l'on  joue  à  la  boule.  —  3*  DHT.:  destiné  à  être  travaillé  (par  opp.  an 
bois  de  chauffage).  —  so  DHT.:  destiné  au  passage  triomphal  d'un  vain- 
quenr.  —  "^  Be.:  qui  sert  à  marquer  la  liaison  qui  existe  entre  deux  ou  pin* 
sieurs  mots.  —  ^8  DHT.:  petite  pompe  munie  d'un  tuyau  à  canule  pour 
prendre  un  lavement;  clyso-  v.  xXvGxriç  Klystier,  dies  zu  xXxrÇ^m  waschen.  — 
s^  Du(?.:  campana  bannalis;  NLar.:  ...  qui  servait  à  donner  toute  espèce 
d'avertissements,  de  bans» 


UEBER  WORTZUSAMMENSETZUNG.  461 

sondere:  a)  die  repr.  Vorst  wird  als  Subjekt  einer  Thätigkeit 
aufgefafst;  sie  kann  dann  von  den  durch  das  i.  Element  mitbe- 
zeichneten  Dingen  unterschieden  werden:  a)  durch  den  Ort,  wo 
sie  sich  bethätigt  (Wirkungskreis  der  repr.  Vorst)  :  g  majordome  <  ; 
margravi^;  —  ß  durch  das  Produkt  oder  Resultat  ihrer  Thätig- 
keit: ver  à  sote\  chêne ^lüge^,  père  di  famille ^\  —  y)  durch  días 
Objekt  ihrer  Thätigkeit  (d.  h.  die  Gegenstände,  die  irgendwie  von 
ihrer  Thätigkeit  berührt  werden):  oi/èvre^y  g  agono/A^/f'';  fau^r- 
drteux^\  gaqxx^duc^,  gyiaduc^^,  caiiduc^^;  glitho/ri/mr''; —  d)  durch 
das  Mittel  ihrer  Thätigkeit:  arme  à /eu;  machine^  bateau  à  vapeur  y 
moulin  à  veni;  g  nécxomant^  nègiomanl^^;  b)  die  repr.  Vorst  wird 
aïs  Produkt,  Resultat  oder  Objekt  der  Thätigkeit  eines 
andern  Dinges  (d.  h.  durch  Kunst  oder  Natur  hervorgebracht 
oder  in  ihrem  Zustande  verändert)  aufgefafst  und  kann  dann  von 
den  durch  das  i.  Element  mitausgedrûckten  Dingen  unterschieden 
werden:  a)  durch  das  Subjekt  der  fremden  Thätigkeit:  nid  de 
pie^^\  aran/<?Äf**;  papier  Tellier^^;  bobine  Rukmkorff^\  ampoule  de 
Crookes^^  rayons  Rœnigen^^;  g  ^Xòhìscite;  g  ^ïisXuS'Comulte;  g  auto- 
biographie^^;  garde-bourgeoise^^,  garde  nalionale^^;  —  ß)  durdi  das 
Mittel  der  fremden  Thätigkeit,  d.  h.  i.  den  Stoff,  aus  dem  die 
repr.  Vorst  gemacht  wird  oder  besteht:  esprii^de-vin,  esprit  de  näre, 
de  sei,  de  vitriol,  etc.22,  blanc  de  céruse^^;  gaìoche^^;  pal/er^^;  fourche^ 


1  DHT.:  it  maggiordomo  ou  esp.  mayordomo,  transcript  du  bas  lat 
major  domus  [vgl.  DuC:  Major  Domus,  Prima  olim  in  Francorum  nostromm 
palatio  ac  praecipua  dignitas,  quae  varie  eiFerri  solet  a  Scriptoribns.  Didtur 
enim  apud  Persas  [ieÎÇfi>v  Tf¡q  ßaaiXixrjq  olxiaç,  apnd  Sozomenum  lib.  2 
cap.  9  . . .,  Gubernator  Palatii  apud  Fredegarium  cap.  55  . . .,  PalatU  prae^ 
positus,  quod  vulgo  didtur  Major  Domus,  etc.  apud  S.  Audcenum  in  Vita 
S.  Eligii  lib.  2  cap.  53];  maître  d? hôtel,  —  •  DHT.:  ytxâLgraf',  Mark  Grenz- 
land,  innerhalb  dessen  der  Markgraf  die  Crrenzen  zu  schützen  hatte.  —  *  L.: 
chenille  qui  fait  la  soie.  —  *■  'K.oikeiche.  —  *  Insofern  sie  von  ihm  gegründet 
ist.  —  •  DHT.:  vit.  2Lxmfabrum,  ouvrier  qui  travaille  Tor.  —  ^  jiywvo^it^ç 
Anordner  des  Wettkampfes.  —  "  DHT.:  /auc  faucon,  perdrieu  pour  perdriel, 
dérivé  irrég.  de  perdrix;  oiseau  de  proie  qui  prend  les  perdrix.  —  *  DHT.; 
aiqusicductus;  conduit  . . .  qui  amène  l'eau  d'un  lieu  à  un  antre.  —  *®  Nach 
aqntduc.  —  ^^  Wärmeleitungsrohr;  schlechte  Bildung  nach  »qaeduc,  — 
i>  DHT.:  Xi^og,  tritor  broyeur;  instrument  qu'on  introduit  dans  la  vessie  ... 
et  à  l'aide  duquel  on  broie  la  pierre.  —  ^  DHT.:  it  negroifian/r;  dies  Vixço" 
fiavTiç  der  mittelst  der  Toten,  die  er  beschwört,  seine  Yorhersagungen 
macht.  —  ^*  Elstemest;  in  der  Bedeutung  „verschanztes  Schieishaus'*  ist  es 
nicht  ursprüngliche  Bedeutung;  ebenso  kami  md  de  pigeon  nur  in  der  Bed. 
„Taubennest"  als  urspr.  Comp,  gelten.  —  "  DHT.:  forme  dial,  pour  *aran- 
totte,  du  lat  araneae  teta;  toile  d'araignée.  —  ^  Be.:  papier  fahrìqnè  par 
ordre  de  Letellier,  lorsqu'il  ¿tait  ministre,  et  qui  est  à  ses  armes;  hier  haben 
wir  es  also  mit  dem  Veranlasser  der  Thätigkeit  zu  thun,  durch  weldie  die 
repr.  Vorst.  zustande  kommt  —  "  Dlnstration  10. 4.  1897.  —  **  Ihiá,  — 
^"  Ibid.;  durch  Rœntgen  zuerst  nutzbar  gemacht.  —  ^  DHT.:  biographie 
d'une  personne  faite  par  elle-même.  —  *^  Die  von  Bürgern,  von  der  NÛion 
gebildet  wird.  —  **  DHT.:  esprit:  substance  qui  s'échappe  des  corps  [vin  etc.] 
soumis  à  la  distillation.  —  ^  Weiise  Farbe  {blanc)  aus  BldweÜs  {cérusê).  — 
'«  DHT.:  vit.  *galopia,  dérivé  de  ^galopus,  transcription  dn  grec  xaXénùVÇ 
{xä?,ov  Holz,  Ttoxç;  eig.  Hóìz/u/s,  Schusterieisten).  —  **!#.;  bane  de  fer 
dont  on  se  sert  comme  levier  dans  les  nûneSf 


402  o.  DITTRICH, 

fière^\  câble-chaîne^]  drap-feuire^\  blocí^,  blockÄzt^S  VdSíway^^  tram- 
way^\  chemin  de  fer  \  pain  d'*  ¿pices'^  \  jet  dUau^  jet  de  lumüre\  g  sarco- 
cUe^\  biens'/onds^]  2.  die  Bedingung  L  e.  S^  unter  welcher  die 
repr.  Vorst.  zustande  kommt:  acquit  à  caution  ^%  acquit  de  payement ^^\ 
3.  andere  Gegenstände,  die  beim  Zustandekommen  oder  bei 
Zustandsveränderungen  der  repr.  Vorst  benutzt  werden:  stock- 
fisch^^;  —  7)  durch  das  Resultat  der  fremden  Thätigkeit,  d.  h« 
das,  wozu  sie  durch  diese  gemacht  worden  ist:  g  \iUïocarpe^\ 
g  lithoA^/i?^*;  o)  die  repr.  Vorst  wird  als  Mittel  fremder  Thätig- 
keit  aufgefafst;  sie  ist  dann  von  den  durch  das  i.  Element  mit- 
ausgednickten  Vorstellungen  unterscheidbar:  a)  durch  die  Zeit- 
punkte, zu  denen  sie  benutzt  wird:  livre  od,  papier  joumal^^\  vase 
de  nuit]  —  ß)  durch  den  Ort,  wo  sie  benutzt  wird:  pot  de  chamire; 
—  /)  durch  die  Richtung  der  fremden  Thätigkeit  (Bewegung): 
de^r/^<^;  —  â)  durch  das  Resultat  der  fremden  Thätigkeit: 
g  myroòolan^'^;  —  s)  durch  das  Objekt  der  fremden  Thätigkeit: 
g  po\yi>odesme^^,  g  lithofi>//<?^*;  chronomètre^^,  thermo-,  aero-,  baro-, 
baromacro w¿/r^ 21^  po\ymètre^\  g  cosmorama^\ 

n)  Gefûhlsverbindungen.  Vorläufig  mögen  hier  als  Bei- 
spiele die  Namen  genügen,  wo  ein  religiöses  Gefühl  das  2.  £1. 
herbeigerufen  hat:  champ  de  Mars^^]  dimanche;  lundi,  mardi,  mer- 
credi,  jeudi,  vendre^//*. 

2.  Art:  Unbestimmte  IJntersoheidung.  Ich  bitte  zu- 
nächst S.  443  Z.  I  if.  zu  vergleichen.  Hieher  gehören  1)  Fälle,  wo 
durch  das  zweite  Element  nur  ausgedrückt  wird,  dafs  die  repr. 
Vorst.   von   den   durch    das    erste  Element   mitbezeichneten  Vor- 


1  DHT.:  ßer^  ferrea;  Heugabel.  —  •  Kettcn/a«.  -—  »  F'útíuck.  -— 
*  Ersteres  im  16.,  letzteres  im  19.  Jh.  entlehnt  —  •  Vgl.  Schienenvsir^.  — 
^  Die  ersten  Schienenwege  hatten  hölzerne  {tram  Balken)  Schienen.  —  ^  Bpiees 
charakteristischer  Hauptbestandteil.  —  ^  SagxoxijkTj  {oaQS  Fleisch,  xnXii 
Geschwulst)  Fleischgewächs  am  Hodensack.  —  •  Vgl.  Grunabesüz.  —  *•  Pasner« 
schein  ;  Schein ,  durch  welchen  Wagen  oder  Waren  nach  SichersteUung  (eautiom) 
der  Gebühren  und  Zölle  gestattet  wird,  ihren  Weg  ungestört  fortzusetsen.  — 
^^  Be.:  quitümce  . . .  pour  constater  que  le  capitaine  a  payé  tous  les  droits 
auxquels  . . .  sont  soumis.  —  ^'  Der  Fisch  heifst  erst  so,  nachdem  er  an 
Stangen  oder  ,,Stöcken**  getrocknet  worden  ist;  in  frischem  Zustande  heifst  er 
Kaheijau.  —  i'  Be.:  nom  générique  des  fruits  pétrifiés;  Xl&oç,  xaonoç.  — 
1*  Be.:  bois  pétrifié.  —  ^'^  DHT.:  livre,  registre  où  Ton  inscrit  r^nJierancnt 
chaque  jour  ce  qu'on  a  vu,  fait.  —  "  DHT.:  vit.  *átg'radum  ipcnx gradami 
marche  pour  (monter  ou)  descendre.  —  ^^  L.:  la  forme  régulière  est  myro* 
balan  \  et  le  langage  scientifique  devrait  ne  se  servir  que  de  cette  forme; 
^vQoßaXavoq  {fWQOv  wohlriechendes  Oel,  ßakavoq  eichelformige  Fracht) 
wahrscheinlich  die  arabische  Behennufs,  aus  der  ein  zu  wohlriechenden  Salben 
gebrauchtes  Oel  geprefst  wurde.  —  ^^  Be.;  appareil  pour  la  ligature  (oiCfâoç 
ailes  zum  Binden  dienende)  des  polypes  du  nez.  —  ^'  DHT.:  dment  avec 
lequel  le  lapidaire  assujettit  les  pierres  précieuses;  XiB^oxôXXa  Steinkitt  — 
>o  DHT.  :  instrument  servant  à  mesurer  le  temps.  —  '^  Be.  :  instrument  destiné 
à  faire  connaître  le  poids  et  la  longcur  de  l'enfant  qui  vient  de  naître.  — 
**  Be.:  éprouvette  propre  à  mesurer  de  corps  de  diverse  nature.  —  *  DHT.: 
spectacle  composé  de  tableaux  représentant  les  sites,  les  monuments  les  ])lvs 
remarquables  de  la  terre;  oça/ia  vue.  —  '*  Vgl.  Campus  Màrtius  Ge.:  dem 
Mars  geheiligt. 


X7BBER  WORTZUSAiailNSBrZUNG.  463 

Stellungen  verschieden  sei,  aber  nicht,  in  welcher  Beziehung  sie 
von  jenen  verschieden  ist:  faits  divers.  —  Sodann  2)  Fälle,  wo 
dem  Namengeber  die  Thatsache  zum  Bewufstsein  kommt,  dafs  er 
sich  durch  den  ersten  Eindruck,  den  er  von  der  repr.  Vorst  ge- 
wonnen und  auf  Gnmd  dessen  er  ihr  den  durch  das  i.  Element 
ausgedrückten  Namen  beigelegt  hat,  über  das  Fehlen  gewisser 
Eigenschaften  hat  hinwegtäuschen  lassen,  die  einem  Gegenstande 
von  der  Art  der  durch  das  i.  Elem.  ausgedruckten  zukommen 
müssen;  die  Erkenntnis  dieser  Thatsache  führt  zu  der  Beilegung 
des  Prädikates  falsch^  wenn  die  Fähigkeit  der  repr.  Vorstellung  zu 
täuschen  besonders  hervorgehoben  werden  soll,  oder  des  Prädikates 
halhy  gleichsam^  wenn  nur  ausgedrückt  werden  soll,  dafs  ihr  gewisse 
Eigenschaften  fehlen^:  d)  fausse  oronge^  fausse  cipe\  fausse-^rmV^; 
faux-fö/;  ferner  die  g:  pseudo-iwör/vr*,  -^raup^  -îslcoo/^,  -périptòre^, 
-rubisi,  -saphir^ i  pse\iaÂâ/minthe^%  pseuáo-saence ^\  pseiiáacacia^\ 
pseudamaníe^^  pseudo-a/oâ/re ^\  'dip/ère^^,  pseudo/úfii^^  pseudo- 
memòrane^'f;  —  ß)  áeud-/rer€,  'Sœur,  'dieu^^y  'egrette ^^^  'Onuasóne^^^ 
-arpmleuse^^f  -anglaise^\  -mofuü^^;  g  seud-nymphe^^;  deTm-mère^, 
-vierge  ^^;  g  semi- opale  ^"^^  g  semi -voyelle  ^^;  —  7)  quasi- con/raí^^; 
conire-épauietie^^,  —  S)  Die  im  i.  Stadium  der  Namengebung  nicht 


*  Bisweilen  haben  diese  Prädikate  auch  den  Sinn,  dais  der  Namengeber 
davor  warnen  will ,  dafs  die  repr.  Vorst.  mit  den  durch  das  l.  £1.  ausge- 
drückten identifìciert  werde;  vgl.  g  pseuákelmtntke,  psevtaärnanU  etc.  — 
>  DHT.  :  champignons  vénéneux  qui  ressemblent  à  l'espèce  comestible  d'oronges, 
de  cèpes.  —  '  DHT.:  double  enceinte  extérieure  d'une  place  fortifiée;  /aux: 
qui  n'a  d'une  chose  que  l'apparence.  —  *  Be.:  que  l'on  qualifie  à  faux  de 
martyr.  —  ^  Be.:  on  dit  aussi  faux  croup \  L.:  qui  simule  les  principaux 
symptômes  du  croup,  mais  qui  s'en  distingue  essentiellement,  parce 
qu'elle  n'a  point  de  fausses  membranes  et  qu'elle  est  peu  dangereuse.  — 
^  L.:  alcool  qui  a  toutes  les  propriétés  des  alcools,  mais  à  un  degré  très* 
affaibli.  —  ^  L.:  édifice  auquel  manquent  quelques-unes  des  conditions  du 
périptère.  —  •  L.:  quartz  rose  pur.  —  •  L.:  quartz-bleu.  —  "  Be.:  nom 
donné  aux  différents  corps  qui  ont  été  pris  à  tort  par  les  médecins  pour  des 
vers.  —  ^^  Be.:  terme  employé  par  quelques  auteurs  pour  désigner  une  pré- 
tendue science.  —  1*  Be.:  robinie.  —  "  Be.:  pierre  précieuse  fiu^ce,  telle  que 
le  strass.  —  ^*  Be.:  faux  albâtre;  espèce  de  chaux  sulfatée. —  ^  Be.:  édîàce 
construit  comme  s'il  était  entouré  d'un  double  rang  de  colonnes  [diptère]^ 
quoique  le  rang  intérieur  ait  été  supprimé,  de  telle  sorte  que  la  galerie  qui 
règne  autour  de  l'édifice  a  une  double  largeur.  —  ^  Be.:  nom  donné  aux 
glandes  situées  aux  environs  de  la  rate  [It.  ¡ien\,  —  ^^  Pseudomrmfrraii;  haat- 
ähnliches  Gerinnsel,  welches  auf  Schleimhäuten  durch  Ausschwitzung  gerinn- 
barer Lymphe  entsteht.  —  *®  DHT.:  de  père  ou  de  mère  seulement  —  *•  DHT.: 
variété  de  héron.  —  «>  DHT.:  variété  de  perroquet  de  Guyane.  —  «»DHT.: 
variété  de  chenilles  qui,  ayant  la  première  paire  des  pattes  plus  courte  que 
les  autres,  marche  à  la  façon  de  l'arpenteuse.  —  **  L.  :  garderobe  à  l'anglaise 
sans  robinet;  Klopp.  :  anglaise  Nachtstubl  mit  Hahn.  —  ^  Monde  sodétè.  — 
3^  L.  :  en  entomologie,  nymphe  qui  diffère  peu  de  l'insecte  parâdt.  —  **  Be.: 
on  appelle  ainsi  quelquefois  les  nourrices.  —  ^  Vgl.  IñMitugendi  das  Wort 
stammt  von  Marce!  Prévost,  der  definiert:  qui  sait  tout  mais  ppì  n'oÊie  pas  tout  — 
^  D.:  pierre  transparente  du  genre  de  l'opale. —  ••  VgL  HalbtwAo/. —  •L.: 
fait  purement  volontaire  dont  il  résulte  un  engagement  envers  un  tiers,  sans 
convention  ni  consentement  préalable.  —  *^  L.:  epaulette  qui  est  le  contre, 
l'imitation  d'une  epaulette  entière;  DHT.:  corps  d'épaulette  sans  fiiDge. 


464  o.  DITTRICH,  UBBER  WORTZÜSAMMBNSSTZUNO« 

assimilierten  Elemente  der  repr.  Vorst  wirken  im  2.  Stadium  mit 
denjenigen  Elementen,  welche  bereits  im  i.  Stadium  der  Asdiiii- 
lation  unterlegen  waren,  derart  zusammen,  dafs  sie  einen  Namen 
herbeirufen,  welcher  der  repr.  Vorst.  bereits  bei  einer  frü- 
hem Gelegenheit  beigelegt  worden  war.  Hieher  gehören 
die  schon  S.  322  Z.  38  if.  erwähnten  Bildungen,  bei  denen  zwischen 
den  Gliedern  des  fertigen  Compositums  (oder  vielmehr  den  durch 
diese  ausgedrückten  Vorstellungen)  ein  Verhältnis  der  Gattung  und 
Art  besteht:  cerise^gutgne^  ckicórée'mdÍDe\  chou^roqueüe^  pürre» 
ponce \  autruche^ ^  gui»iö«»e*,  loup'garou^'^  v\iex  ¿raòU  und  choléra^ 
morbus^  wo  das  umgekehrte  Verhältnis  vorzuliegen  scheint,  wage 
ich  mich  noch  nicht  bestimmt  auszusprechen.  —  4)  Nur  die  Ab- 
sicht der  Unterscheidung  fuhrt  in  Compositis  wie  g  ugmts^ 
cas/us  das  2.  Element  herbei  »;  compère-lorioi  (Golddrossel)  verdankt 
seine  Entstehung  dem  Umstände,  dafs  bei  der  Herbeirufung  des 
I.  El.  nicht  Vorstellungs-,  sondern  Gefühlselemente  der  repr.VofSt 
mafsgebend  waren  ^  und  erst  bezüglich  des  2.  Elements  der  Asstmi- 
lationsvorgang  eintrat,  dessen  Resultat  in  loriot  vorliegt,  also  einem 
Namen,  der  schon  früher  der  repr.  Vorst  als  adäquat  zuerkannt 
worden  war;  die  zahlreichen  Strafsen-  etc.  Namen,  wo  das  2.  Ele- 
ment lediglich  den  Wert  einer  Wort  Vorstellung  hat  (ich  erinnere 
nur  an  die  deutschen  knndigasse^  Marien^/a/s  etc.),  soweit  sich  nidit 
Gefühlsprocesse  als  für  die  Herbeirufung  des  2.  El.  mafsgebend 
nachweisen  lassen  (vgl.  rue  Racine^  Bismarckr/rd[/jr^  etc.)  gehören 
schon  ins  Gebiet  der  Eigennamen,  die  ich  gemäfs  S.  328  Z.  i  fil 
nicht  zu  behandeln  habe. 


*  DHT.:  guigne  parait  être  pour  *guisU,  ahd.  wtkselâ  Weichsel.  — 
'  Cichorium  Endivia  Linné,  —  '  Brassica  eruca  Linn¿\  roquette  ist  Derivat 
von  eruca  durch  prov.  it,  ruca,  —  *  Bimsstein;  ponce  punicem.  —  ■  DHT.: 
vit  avis  struthio,  oiseau-autruche.  —  •  DHT.  :  vit.  *v\scomalva  fur  *hibisco- 
malva,  hybrides  Comp.  v.  ißiaxog  u.  malva;  hibiscus  ist  Eibisch,  Althaea 
officinalis,  und  Althaea  eine  Art  der  Malvaceen.  —  ^  Garou  Werwolf,  loup* 
gar  ou  idem.  —  ^  DHT.:  expression  hybride  du  lat.  du  moyen  ftge:  ßgnus 
est  la  transcription  du  grec  ayvoq,  nom  de  Vagnus-castus,  et  castus,  la  trad. 
lat.  du  grec  àyvoç  pur,  ebaste,  qu'on  a  confondu  avec  ayvoç;  mafsgebend 
war  jedenfalls  die  Concurrenz  mit  agnus  Lamm;  vgl.  die  deutsche  Udier- 
setzung  Keuschlamm,  —  *  Vgl.  DHT.:  compère',  appellation  populaire  catre 
gens  qui  se  parlent  familièrement,  also  gemütliche  Bezeichnung;  Be.:  ¿mh- 
père  se  dit  encore  des  animaux  qu'on  introduit  dans  les  apologues:  Compère 
le  renard  se  mit  un  jour  en  frais  Et  retint  à  dîner  commère  la  cigogne  (Lad). 

(Fortsetzung  folgt.) 

O.  DiTTRICH. 


Appunti  etimologìoi  e  lessicalL 

I.    à  g  or  ajo. 

Non  panni  sia  stato  fin  qui  avvertito,  che  la  derivazione  ha 
luogo,  non  dal  singolare,  ma  dell'  antica  forma  di  plurale  àgora^. 
li  che  naturalmente  pur  vale  per  1'  abruzz.  acuráU^  per  il  lece,  acu' 
láru  (/ — r  da  r — r),  tutti  territori  che  conoscono  il  tipo  di  plurale 
in  '(ira. 

Una  ugual  dichiarazione  vogliono,  a  veder  mio,  gli  aggettivi 
nerboruto^  noderoso  ^úio^  ramoruto^  canieruto^  esprimenti  tutti,  come 
agorajOf  una  pluralità,  e  risalenti  quindi  agli  antichi  plurali  néròora, 
nódoray  ecc.  dei  quali,  v.  Meyer -Lùbke,  It  Gr.  §  346.  L*  ^er-  di 
noderoso,  canieruto  è  analogico,  come  lo  è,  secondo  l' Ascoli  (Arch. 
glott.  it  XIV  336)  quello  di  caperozzùlo^, 

2.   bellun.  altrui. 

La  voce  compare  due  volte  nel  Cavassico  (II  422),  e  non  ho 
ora  più  nessun  dubbio  che  vi  s'  abbia  a  riconoscere  un  *altrûjo 
ottenuto,  per  metatesi,  da  *àlturjo  ajuto.  La  forma  aliruio  com- 
pare anche  nel  testo  di  antico  veneto  eh'  è  stampato  in  Muratori 
RIS.  XII  959  sgg. 

3.   lomb.  ampia  brama,  brama  ardente. 

L  di  Bergamo,  Brescia  (ápia  afa,  conato  di  vomito).  Bienio, 
e  ritoma  nel  mil.  àmpi  conato  di  vomito,  noja,  nel  vaiteli  ónci 
(plur.)  smorfie.  Nelle  mie  Annotaz.  al  Gloss,  d' Arbedo  di  V.  Pel- 
landini,  io  non  esitavo,  come  non  esito  oggi,  a  vedere  qui  la  stessa 
base  che  in  'lampone'  (Körting  3980),  ricordando  come  lampan  si 
dica  appunto  di  certe  macchie  color  lampone  che  molti  portan 
seco  nascendo,  e  vengon  attribuite  al  desiderio,  non  soddisfatto, 
della  gestante  di  mangiar  dei  lamponi.  Onde  tali  macchie  anche 
si  chiaman  'brame';  e  il  viso  del  dottor  Azzeccagarbugli  andava 
appunto  adomo  di  una  'voglia  di  lampone'.    Per  la  forma,  io  mi 

^  n  prof.  Guameno  mi  comunica  un  còno  kuráta,  gugliata,  eh'  eg^ 
dichiarerebbe  pure  da  *ákura. 

'  Mi  permetta  il  Maestro  di  chiamare  la  sua  attenzkme  su  d' un  mio 
articoletto  (Giornale  storico  d.  letterat.  it  XXVIII  207),  nd  quale,  a  proposito 
del  penig.  capuriccio  capriccio,  s'  avventurava  V  ipoteâ  che  capriccio  non  ne 
andasse  disgiunto,  e  che  ambedue  movessero  dal  capoT'  da  lui  tanto  ftKoe- 
mente  intuito.    E  il  perugino  ha,  del  resto,  anche  capmrtgUe  capessoli* 


466  e.  SALVIONI, 

appoggiavo  allora  al  pìem.  ámpola.  Ma  ora  posso  invocare  n 
soprasilv.  ompcha,  e  V  engad.  amfcha^  lampone  (Cariseli),  che  s'  appa- 
lesan  come  stretti  parenti  del  nostro  àmpia,  £  siccome  1'  altoesig. 
ha  ampa^  cosi  dovremo  ritenere  che  àmpcha  e  àmpia  altro  non 
rappresentin  se  non  questo  primitivo  ampliato  mediante  -i-. 

4.    pist  autúrno  autunno. 

Si  legge  nella  \q¡^  strofa  della  Mea  di  Polito,  e  sta  in  rima 
con  fumo.  Che  sia  legittimo  risulta  dal  berg.  ad'  e  otomo.  Vi  si 
nota  evidentemente  1*  influenza  di  'inverno'. 

5.   lomb.  hizarûj. 

V  adoperan  nclP  Alta  Leventina  (Ossasco)  a  designare  le 
cinghie  della  gerla,  ed  è  forma  di  plur.  il  cui  sing,  sonerebbe 
bizarçtï.  Questo  si  accompagna  poi  al  trent  bazilom  (SchneUer, 
Rom.  Volksm.  I  112)  risalendo  con  esso  a  bajulus,  una  base,  doè, 
che  nelP  Alta  Italia  gode  sempre  di  vita  rigogliosa;  v.  Schneller  1.  e, 
e  le  mie  Postille  al  Körting  s.  *  bajulus*. 

La  vicinanza  del  z  spiega  il  decadimento  dell'  a  atono  prima 
a  e  poi  a  f  (cfr.  èpic^  aspettare). 

6.   veron.  hogon  lumaca. 

Nel  resto  della  Venezia:  bqvolo,  un  diminutivo  cioè  di  'bove*, 
dalla  qual  base  è  pure  la  voce  nostra,  ragguagliandosi  essa  a  un 
*bovóne'. 

7.   soprasilv.,  engad.  canéra  rumore,  fracasso. 

Ne  ha  toccato  1'  Ascoli  in  Arch,  glott.  it.  I  67.  Ma  certo  il 
Maestro  abbandonerebbe  oggi  il  suo  ""cantarla,  ricordandosi  in- 
vece di  cañara^  chiasso,  eh'  è  di  Roma,  e  di  qui  è  passato  alla 
Toscana,  all'  Emilia  e  fors'  anche  alla  Venezia ^.  Si  tratta  di  'cane', 
e  infatti  il  tose,  cagnara  significa  in  primo  luogo  *\*  abbajar  di 
piii  cani  insieme'. 

8.   campid.  carròga  cornacchia. 

Non  vedo  che  né  il  Hofmann,  p.  54,  né  il  Meyer-Lûbke,  It 
Gramm.  §  150,  Rom.  Gramm.  I  §  386,  né  il  Behrens,  Redproke 
Metath.  100  sgg.,  tengan  conto  di  questa  voce,  che  ci  offire  on 
bell'  esempio  di  metatesi  reciproca  fra  vocali,  poiché  essa  boi  cor« 
risponde  all'  it.  cornacchia.  —  Agli  esempi  del  fenomeno,  che  si 
leggon  ne^  fonti  testé  ricordati  e  in  Kritischer  Jahresbericht  I  1 24« 
si  possono  aggiungere:  sondr.  rildi  ridurre,  piem.  démoda  leacne 
settimanale,  cioè  *dómeda  =  hebdomade,  dove  è  compromeasa 
la  tonica,  mil.  leorifs  allato  a  lovertts  luppolo,  ant.  orv.  -9ra  «*  -dii^ 
Studi  di  fil.  rom.  VU  207—8. 


^  Il  Boerio  accoglie  cagnàra,  ma  anche  cagnàra,  come  termini  chioggiottL 


APPUNTI  ETDáOLOGia  B  LBSSICALL  467 

g,   tose,  cairo, 

È  lucchese  e  pistojese,  e  signifoi  'cancello  rustico  fotto  per 
lo  più  di  legno  e  spini*.  Qualcuno  ha  pensato  a  clathru,  ipotesi 
insostenìbile.  Il  Caix,  Studi  pag.  97,  invoca  una  base  germanica  ^ 
lui  che,  con  molta  ragione,  già  aveva  riconosciuto  crates  in  iW- 
cairicchiare  (o.  e  pag.  357).  £  da  crates  è  appunto  anche  calroy 
spiegandosi  il  mutamento  di  genere  da  qual(¿e  sinonimo,  forse 
da  'cancello'. 

IO.    piem.  ¿¿a  -ja  graticcio. 

Va  col  frane,  claie^  prov.  cledo^  vald.  kUo  (Pral;  Morosi,  Arch. 
glott  it.  XI  354),  di  cui  V.  Diez  W.  548,  Körting  1948,  Hatzfeld- 
Darmesteter  Diet  gén.  s.  *  claie*.  [Ora,  anche  Nigra,  Arch,  glott  it 
XIV  364]. 

II.   piem.  éfa  nebbia. 

Manca  al  Sant'  Albino,  ma  T  accolgono  lo  Zalli  e  il  GavuzzL 
È  caeca,  e  lo  si  confronta  col  vaiteli,  scega^  col  lomb.  èigéra^ 
sopras.  ¡schür a^  q.  'cecaja',  nebbia,  nebbia  bassa,  alone  della  luna, 
com.  scigh  fosco,  torbido  (cel  sdgh  cielo  fosco  per  nebbie,  ecc.)  \ 

12.   sopras.  camonna  engad.  chamanna. 

La  voce  è  ben  dififusa  anche  di  qua  dall'  Alpi:  bien,  camdnftf 
porcile,  che  sarà  di  diretta  importazione  soprasilvana  (cfr.  camanttf 
Carìgiet),  verz.  valm.  camàn  porcile,  casa  di  pastori  suU'  alpe,  stec- 
cato che  separa  la  stalla  dal  porcile,  bellinz.  camdna  capanno,  borm. 
camána  amiajo  fatto  d'un  casotto  posticcio  di  legno,  com.  camanila 
-noi  capannetta  -one  3.  —  Che  si  muova  da  'cabanna'  (Körting  1 148) 
già  r  ha  visto  V  Ascoli,  Arch,  glott.  it  I  70.  Ma  la  via  per  cui  da 
'Ih  si  viene  a  m  la  credo  diversa  da  quella  che  colà  vi  vien  ad- 
ditata [bt  mh,  m).  Penso  io,  cioè,  che  si  tratti  non  d'  altro  che 
d'  una  assimilazione,  dell'  assimilazione  di  v — n  in  m — n.  Dico 
V — n  e  non  ò — «,  perchè,  se  anche  non  manchino  i  casi  di  ò — n 
in  m — n  (v.  mtña  Meyer-Lûbke,  It  Gr.  §  281;  gli  s'aggiungano: 
trev.  muñtgolo  =  ven.  boñigolo  bellico,  Mussafia,  Beitrag  35,  berg. 
mañi/a  =  lomb.  hañifa  salsa,  dove  forse  ha  inñuito  'mangiare'), 
sono  di  gran  lunga  piii  frequenti   quelli  in  cui  m — n  è  da  v — n\ 


^  Una  base  gennanica  riconosceremo  invece  nel  lèvent  ¿artéñ  e  pel  valm. 
gratén  (Menzonio)  cancello  rustico  di  prato,  ecc.,  sia  che  si  pensi  a  GatUr, 
o  ali'  aat.  krettili,  di  cui  il  Diez  W.  377  s.  'gretola'.  —  Anche  U  guard,  kjattra 
grata  di  legno  alla  finestra  (Morosi,  Arch,  glott.  it  XI  392 — 3)  sarà  un  germa- 
nismo, che  però  s'  è  risentito  o  di  clathri  o  di  *clSda,  di  cui  piii  sotto. 

^  V  i  sarà  un  nuovo  esempio  per  l' influenza  deUa  vicina  palatale,  se 
pur  non  è  per  influenza  dei  derivati  scigda  acdecare,  scighéra,  —  Casi  ana- 
loghi sarebbero  il  piem.  giç  gesso  (v.  Nigra,  Arch,  glott  it  III  II),  il  mit 
rust  sclrla  filare  'schiera',  il  com.  scip  sdì.  a  sc€p  'ceppo'  rupe,  il  valtelL 
scinola  cipolla,  il  pav.  elsa  chiesa,  dove  però  va  considerato  anche  il  jr/. 

'  Cfr.  anche  il  vegl.  camarda,  capanna,  dove  avrà  avuto  loogo  o  un« 
sostituzion  di  suffisso,  o  l' immistione  cÛ  on'  altra  voce. 


468  e.  SÂLvioNi, 

trementina^  Körting  8117,  che  è  voce  popolare  e  da  ragguagliarsi 
quindi  a  *treventina,  sard,  spamentu  spavento,  roman,  manguardia 
vanguardia  (Belli  II  369),  vaiteli,  smendolà  ravvolgere  filo,  cioè  *8vìn- 
dolá  {guindolo f  ecc.);  e  v.  ancora  Meyer -Lûbke  It  Gramm.  S  281, 
Rom.  Gramm.  I  pag.479,  Kritischer  Jahresbericht  1 126.  —  Avremmo 
dunque  la  schietta  continuazione  popolare  del  -¿-9  che  manca  negli 
altri  rinessi  neo-latini  ^ 

13.   vaiteli,  sconfòla  confusione. 

Nel  com.:  confala t  e  vi  si  vedon  commisti  y^Az,  folla,  e  'con- 
fusione'. 

14.   vaiteli,  crapina. 

Significa,  secondo  il  Monti:  ''la  parte  superiore  d'  un  fenile' 
'impalcatura  sopra  il  fenile  per  ammassarvi  paglia'.  Il  Monti  pensa 
a  un  crepa  che  occorre  in  carte  latine  del  M.  £.  ed  è  accolto 
pur  nel  Du  Gange.  Ma  le  corrispondenze  transalpine  davon  di- 
stoglierci da  questo  ragguaglio.  Son  esse:  charpainia  per  la  Bassa 
Kngadina  e  la  Valle  di  Monastero,  crapenda  per  l'Alta  £ngadina, 
charpenna  per  Bravuogn,  tutte  forme  date  dal  Palioppi,  —  che 
pensa  a  un  celtico  carb,  —  e  da  lui  tradotte  per  "Bretterboden 
ob  dem  Heustalle  für  Feldfrûchte,  Heu  und  dergleichen".  Ora, 
charpainia  ci  pone  sulla  giusta  vía,  altro  non  essendo  questa  voce 
che  carpenta,  una  forma,  divariata  nel  genere  e  nel  significato, 
di  carpentum,  etc.,  che  col  suo  valore  primitivo,  pur  vive  in  queste 
valli  (cfr.  engad.  charpaint  e  crapenty  sopras.  carpién^  e  v.  Ascoli, 
Arch,  glott  it.  VII  410,  410— II  n.).  L*  evoluzione  ideologica  d  è 
bene  dichiarata  del  frane,  charpente. 

crapenda  ci  offre  un  caso  di  sostituzion  di  suffisso,  e  a  questo 
crapenda  starà  charpenna  (e  crapêna)  come  sta,  p.  es.,  all'  ^enda  di 
lomb.  ciivénda  chiudenda,  T  ^éna  del  lèvent  coçéna  (sopras.  classema) 
siepe  di  pali  verticali  e  transversall  (cfr.  bien,  coçénta  id.). 

15.    crétin. 

V.  Canello,  Arch,  glott.  it.  Ill  316,  Körting  1858,  Hatxfeld- 
Darmesteter,  Diction n.  gén.  s.  v.  Qui  m' importa  solo  dui  communi- 
care  che  cristiani  per  'scimunito,  cretino'  V  ho  udito  sul  Lago  mag- 
giore. £,  s*  intende,  Cristian  solo,  non  pqver  Cristian^  che  non 
proverebbe  nulla. 

16.   lomb.  creventá  recere. 

Lo  s'  adopera  nel  Canton  Ticino,  e  il  Cherubini  (IV,  Giunte) 
gli  associa  un  mil.  rust  er  avenid,    La  base  è  indubbiamente  la 


^  n  'V-  sarebbe  nel  cavatina,  che  il  Monti  s.  'camana'  allega  dm  mim 
carta  astigiana  del  946;  e  non  si  ragguaglierà  a  ^cavana,  anzi  che  a  eérnowa» 
il  valsoan.  éavend  capanna  (Nigra,  Arch,  glott.  it.  11X39,  5^)^  1^  ^  certo 
¿avvita  =  kavdna  =  cabanna,  nel  nome  di  un  pascolo  lupino  dell'Alta  Le* 
ventina.  —  Curiosa  la  persistenza  del  -¿-  pure  in  trabacca  (ma  travaca  Aldi. 
glott.  it.  XII  437),  che  suol  farsi  risalire  a  trabe. 


APPUNTI  BTIMOLOGia  E  LBSSICAU.  469 

che  si  vede  nello  sp.  qtuhraniar^  neir  a.  frane  cravanier^  di  cui  v. 
Diez,  W.4  112,  Körting  2255,  e  dai  quali  non  si  staccano  a  veder 
mio  r  it.  scaraventare^  il  pav.  scarveniá  fugare  i  pK>lliy  cioè  'fugare 
lanciando  contro  qualcosa 'i.  La  metafora,  nel  termine  italiano  e 
pavese,  muove  da  ciò  che  lo  scagliare  un  oggetto  con  violenza, 
vien  paragonato  alla  violenza  di  un  oggetto  lanciato  in  seguito  a 
uno  scoppio  e  come  conseguenza  di  questo.  —  11  berg.  e  il  friul. 
hanno  spaventa  scaraventare.  Se  qui  non  v*  ha  accatto  da  un 
dialetto  air  altro,  o  se  i  due  dialetti  non  hanno  attinto  la  voce  a 
un  fonte  comune,  —  che  sarebbe  allora  la  Venezia,  dove  però 
non  parmi  che  la  voce  compaja  ^,  —  non  vedo  come  conciliare  il 
^  bergamasco  col  ¿  friulano.  Per  il  solo  bergamasco  (e  per  la 
Venezia)  si  potrebbe  ammettere  che  uno  *scraventar^  scoppiare,  ha 
sentito  l' influenza  di  qualche  voce  sinónima  o  quasi  sinónima  co- 
minciante  per  jc-  o  per  sg-  (p.  es.  scopa  scoppiare,  s^onfá^  col 
valore  che  si  vede  p.  es.  in  mil.  s¿on/on  de  rid  scoppio  di  risa, 
mil.  sbanda  schiantare,  ven.  scaniar^  ecc.). 

17.   lomb.  deg^ra. 

Il  Cambini,  Voc.  pav.  s.  'orari',  traduce  la  voce  per  "orario 
d'  acqua,  tempo  determinato  a  favore  di  chi  coltiva  campi,  per 
potere  usare  di  certe  acque  irrigatorie,  e  che  solitamente  è  di  al- 
cune ore,  e  si  riproduce  dopo  alcuni  giorni",  e  il  Qierubini,  V 
s.  'degóra*:  "nome  volgare  della  ruota  oraria,  secondo  la  quale  si 
regola  la  distribuzione  delle  acque  d' irrigazione  a'  vari  possessi 
cui  competono''.  A  mio  vedere,  la  voce  altro  non  è  se  non  il 
deverbale  o  di  un  *degçrâ  =  colare,  o,  e  anche  meglio,  di  nn 
*degór  =  decûrrere. 

Di  casi  come  questo,  ne'  quali  il  sentimento  del  composto 
non  riesce  a  salvare  V  elemento  iniziale  del  secondo  membro  dalla 
sorte  che  gli  spetta,  discorre  il  Meyer-Lûbke  It.  Gr.  §  159.  Mi  si 
consenta  di  qui  ricordare  qualche  alto  esempio: 

chiogg.  regroarse  divertirsi,  ricrearsi,  v.  il  Boerio  e  il  Nardo. 
È  da  recuperare. 

bien,  reg  aida  valm.  riaìda  ossol.  ar^awìà  riscaldare,  cioè  'ri- 
caldare'. 

lomb.  regpj  raccogliere,  recollïgere. 

lomb.  regarda  tic  lavordàn  piem.  arordé  ricordare;  v.  le  mie 
Postille  al  Körting  s.  'recordari',  e  cfr.  engad.  algorder. 


*  Posch,  crapentd  crepare,  borro,  crapentd  ernioso  (cfr.  valsasi,  vaca 
crevada  vacca  erniosa)  ;  engad.  crapenter.  Per  il  "p'  v.  il  mod.  lomb.  crepa.  — 
Il  riflesso  normale  di  •/-,  si  vede,  olte  che  nel  crevada  già  ricordato,  neu'  a. 
lomb.  scr evaco,  Giorn.  st.  d.  Lett.  it.  XXIX  461,  ven.  scravauo  'Maar  scroscio, 
scrosciare,  per  cui  è  quindi  inutile  di  ricorrere,  come  fii  il  Gartner,  RStor. 
Gr.  32,  allo  slavo,  boi.  schervemt  sopravvento,  acquazzone,  schervaja  feisiiia. 

'  [sgiaventar  è  veramente,  come  ho  in  seguitò  appreso,  anche  veneto; 
esso  si  trova  nel  Patriarchi,  e  nella  versione  di  Villatoro  w^*  Papanti.] 


470  e  SALVIONIy 

lug.,  valtrav.  reSeri  rincalzare  gli  steli.  H  resarrire  die  alle- 
gan da  Plinio.  Cfr.  piem.  sari  belluu.  sarir,  nelle  mie  Postille  al 
Körting  s.  *sarire'. 

lomb.  regolzà  valtrav.  ragalzá  piem.  argaucé  rimboccare,  sac- 
cingere, rincalzare;  'ri-calciare*. 

a.  lomb.  reguerir  r cesia  richiedere  richiesta;  v.  le  mie  Postule 
s.  'requaerere'  e  Bollett.  stor.  d.  Svizzera  it.  XIX  164 — 5. 

ossol.  arsai  spaventarsi;  *  ri-salire'. 

vaiteli,  rabula  propaggine;  'ri-fossola',  v.  le  mie  Postille  a. 
'refodere'. 

valses.,  ossol.  argqrda  piem.  ariqrda  secondo  fieno;  v.  Meyer- 
Lûbke  Rom.  Gr.  11  573,  le  mie  Postille  al  Körting  s.  'chordus^  e 
cfr.  valsoan.  recor^  (piver.  corze  tardivo). 

valgand.  regor  doler  di  nuovo,  *re-olere  =  *re[d]olêre. 

a.  gen.  reizem  ridissero;  v.  le  mie  Postille  s.  'redlcere'. 

mil.  regond  raccogliere,  brianz.  regondá  id.,  valsanm.  regonái 
radunare;  recondere*. 

boi.  agudàrs  acquietarsi.  Deve  aversi  avuto  prima  un  *argU' 
dar  s  =  'requietare',  che  forse  ancora  si  scorge  nell*  arg^  di  argu- 
tirs  rannicchiarsi. 

berg.  degond  cadere  in  giù,  vaiteli,  degónda  barcollare,  borm. 
degondár  (Monti)  cominciare  a  cadere;  defundere,  come  già  ho 
detto  nelle  Postille  al  Körting. 

a.  ven.  devosi  dimesso,  a.  gen.  devoso  deposto;  v.  Tobler,  Ug^ 
e  Flechia,  Arch.  gl.  it  Vili  348. 

valm.  iraoèta  spostare;  'tra-postare*. 

borm.  traoghir  quagliarsi  al  fuoco  il  latte;  *tra-fochire'. 

piem.  irpnit  lomb.  iriénza,  tridente. 

alto-it.  diiséni  ireéént  ecc.,  tose  dugenio\  v.  le  Postille  al  Körting, 
s.  'ducenti'  e  'trecenti'. 

sard,  heneighere  male-  benedire  maledire;  v.  le  Postille  s.  *bene- 
dicere'  e  'maledicere'. 

18.   lomb.  dép  solajo. 

L'  ho  udito  nella  Levcntina  e  in  Bienio,  e  la  Valmaggia  n'  ha 
il  derivato  dir  cm  [dir  on  Monti).  Un  esempio  antico  è  nel  deryum^ 
che  si  legge  in  un  documento  pubblicato  da  £.  Motta  nel  Bollettino 
stor.  d.  Svizzera  it.,  IV  17.  —  Le  desinenze  accennano  con  evidenia 
a  -áriu,  e  infatti  si  tratterà  di  non  altro  che  di  área  (lev.  éjrá^ 
fatto  nascolino,   vuoi  in   omaggio  al  nuovo  significato,  vuoi  sotto 


^  Per  regondá,  il  Meyer-Lûbke,  1.  e,  penserebbe  a  ''reconditare,  la  quai 
base,  però,  altro  non  avrebbe  dato  che  ^regontá.  Piuttosto  sarà  da  ammettere 
che  a  degofid  si  sia  venuto  disposando  qualche  sinonimo  in  "are. 

'  dej  o  der  Franscini,  Svizzera  ital.  I  197,  dèj  Demarìa,  Curiosità  dd 
vemac.  bleniese,  52. 

3  «vade  et  pone  in  aliquo  loco  secreto,  et  ipse  ivit  super  deryum 
domus  et  posuit  iUic". 


APPUNTI  ETIMOLOGICI  B  LESSICAU  47 1 

r  influenza  di  qualche  voce  sinónima  ^  Circa  al  </-  esso  è  prostético 
come  in  tante  altre  voci  neo-latine,  e  come,  per  ricordare  un  esem- 
pio vicino,  nel  dawna,  alno,  di  Curro  in  Valle  Canobbina. 

19.    lomb.,  emil.,  valsoan.  derçft  diciasette. 

Prima  e  con  qualche  esitanza  dal  Nigra  (Arch,  glott  it.  Ill  34  n.), 
da  me  (Fonet  mil.,  p.  222)  e  dal  Gorra  (Zeitschrift  XIV  153)  poi, 
è  stato  affermato  che  qui  s' abbia  un  caso  di  dissimilazione  tra  due 
sibilanti  venute  a  contatto.  Io  sufiragavo  F  esempio  milanese  con 
un  dar  sedassi  di  Busto -Àrsizio  (Papanti  283),  che  si  rivede  in 
qualche  varietà  del  pavese  rustico  {darsedá),  e  sta  al  posto  del 
lob.  deceda.  La  coscienza  popolare  ha  qui  sentito  un  de-\-sedá^  e, 
siccome  il  de-  alterna  con  des*  {disnuntegá  :  dimenticare)^  questo  gli 
s'  è  sostituito,  onde  des -{-seda  dissimilato  poi  in  derS'.  Altri  bei 
casi  di  der-  da  des  -f-  sibil,  s'  hanno  nel  canav.  darééinte  'sdigiunati' 
Flechia,  Arch.glott.it.  XIV  116  (cfr.  seine  ¡b.)  e  nel  darzlá  'dis- 
gelare', che  leggo  nel  Ciarla  et,  un  testo  pavese  del  sec.  passato^. — 
£  un  esempio  analogo  ce  V  ofire  pure  T  arbed.  purscéna,  refezione 
che  si  prende  dopo  la  cena,  allato  al  quale  il  Pellandini  afferma 
che  viva  sempre  pus  scena, 

20.   lomb,  gárof. 

L'  adoperano  a  Como  (Monti,  Voc,  Suppl.,  App.,  dove  sono 
anche  esempi  antichi)  e  nel  Canton  Ticino  (Pellandini,  Closs.  d'  Al- 
bedo s.  'gáruf,  ¿¿ru  Arch,  glott  it  IX  214)  ^  col  significato  dì  'am- 
masso di  pietre,  macia,  sasseto'  e,  a  Como  'mucchio  di  sassi  nel 
lago  per  pigliarvi  i  pesci '^.  Allato  a  questa  forma,  eh'  è  il  primi- 
tivo, compajono  i  derivati:  brianz.  ra-  e  garavée^  macia,  sasseto, 
brianz.  e  com.  (Trepievi)  ga rovina^  dirupo  da  cui  rovinano  di  quando 
in    quando   massi   di  pietra,   calcinaccio,  muriccia,    piem.  garavfla 


^  Penso,  fra  alto,  a  'suolo',  e  anche  a  'solajo'.  Infatti,  per  Leòntica, 
il  Demarìa  dà  pure  soldei,  una  forma  nella  quale  appunto  s' incontrano  'so- 
lajo'  e  dej, 

^  Il  Monti  accoglie  un  com.  d^rsegnd  (=  mil.  desegna)  presagire,  pro* 
nostìcare,  designare,  e  sarebbe  un  *des'segná  dovuto  all'  alternare  cbe  facevan 
de-  e  des-  in  qualche  congiuntura  analoga  (cfr.  desmestego  domestico,  Mossafia, 
Beitrag  50). 

^  Il  Cherubini  e  il  Biondelli  danno  garóf,  ma  dev'  esso'e  uno  sbaglio 
che  il  secondo  ha  tratto  dal  primo.  In  ogni  modo,  nulla  vale  di  fronte  alle 
varie  e  autentiche  testimonianze  che  ci  danno  i  territori  dove  la  voce  è 
adoperata. 

^  Per  maggiori  particolari,  v.  il  Monti  e  il  Cherabini. 

^  Cherub.  La  seconda  forma  è  nelle  CKunte  del  IV.  vol.,  p.  140.  —  In 
queste  stesse  Giunte,  è  un  garrigh,  calcinacio,  di  cui  non  so  giudicare  con 
sicurezza,  ma  che  potebbe  stare  a  gdrof  come  sta  il  canobb.  kdmk,  canape, 
al  lomb.  kdnof, 

'  Spetterà  qui  il  ni.  Caravina  nella  Valsolda,  reso  ormai  celebre,  dal 
Piccolo  mondo  antico  del  Fogazzaro.  —  In  qnel  di  Lugano  è  pure  il 
ni.  Garavée,  e,  per  altri  nomi  locali  che  qui  possano  spettare  (Carovolr» 
Caraverio,  Caravaggio,  ecc.),  v.  Flechia,  Di  ale.  forme  ecc.  8l. 


472  e.  SALVIONIy 

maceria,  sopxsLSÌh,  garvtra  miscuglio  di  pietre  e  sabbiai  Si  riviene 
con  tutte  queste  voci  a  caräbus,  che  il  Nigra  (Arch,  glott  it. 
XIV  277 — 8)  ha  testé  sì  felicemente  intuito  per  un'  altra  serie  di 
voci  neo-latine^. 

21.   lomb.  ¿/f  liscio. 

E  voce  ossolana  e  ticinese,  e  il  solo  che  n'  abbia  fin  qui  toc* 
cato  parmi  sia  V  Ascoli,  Arch,  glott.  it.  I  254.  Muove  egli  dal  vallanz. 
dgktsct  nel  cui  dghi  (=  ¿i)  s'  avrebbe  a  vedere  una  risoluzione 
fonetica  di  li,  analoga  a  quella  che  s'  ha  ne'  dialetti  ladini,  e  coA 
dghisc  si  ragguaglierebbe  in  tutto  a  '  liscio'.  Sennonché,  quest'  esem- 
pio di  gi  da  li  sarebbe  unico  nel  sistema  dell'  Ossola;  e  siccome 
d'  altra  parte  il  ¿  vallanzasco  è  la  giusta  risposta  di  ¿  lombardo 
e  ticinese  [dghjuva  =  giova  del  Gloss,  d'  Arbedo,  Meyer-Lftbke 
Zeitschrift  XX  533,  dghiavee  =  valsass.  cave//.  Arch,  glott.  it  XII  395, 
dghiavina  =  valses.  giavina\  e  quindi  il  tic.  ¿iç  gli  corrisponde 
appuntino,  ma,  siccome,  anche  nel  Ticino  V  equazione  ¿i  =  li 
avrebbo  questo  solo  esempio,  cosi  sarà  meglio  di  tentare  un'  altra 
dichiarazione,  la  quale  deve  portarci  a  gl-,  a  quella  stessa  Imse^ 
cioè,  che  è  nel  frane,  glisser ^  Körting  3694,  Hatzfeld-Darmesteter, 
Diet.  gén.  s.  V.  Anche  il  s  vallanz.  e  il  ^  ticinese  si  combinano 
(cfr.  ossol.  saè  =  tic.  soç)  in  anteriore  s^  il  quale  potrebbe  esser 
dovuto  a  Miscio',  solo  in  quanto  questa  voce  possa  risalire  a  V^gfi?. 

22,   montai,  goggi  quest'  oggi. 

Il  Caix,  Studi  pag.  112,  lo  manderebbe  colle  forme  galliche  e 
alto-italiane  come  ancoiy  ecc.  Ma  il  g^  non  lo  consente,  e  meglio 
penseremo  a  un  *guoggi  tirato  su  guatino^  quest'  anno,  che  è  pnre 
montalese. 

27^,    lèvent,  göj  bugliolo,  bigonciuolo. 

L'  ho  raccolto  a  Ossasco  di  Valle  Bedreto,  e  a  Piota,  eh*  è 
ancora  neir  alta  Leventina,  gli  corrisponde  gwij^  col  quale  ben  si 
combina,  visto  che,  a  Ossasco,  dicon,  p.  es.,  maravoja  meraviglia, 
e  che  il  w  di  wo  i^gwlìj)  poteva  facilmente  venir  assorbito  dall'  B,  — 
La  voce  ò  la  stessa  che  V  iL  copiglia  "viglio^  D' Ovidio,  Arch,  glott 
it.  XIII  407,  il  venez,  covègia  coviglia  (Ninni),  il  giudic.  kudtt^^càao 
per  mungervi  dentro  il  latte  (Gartner),  il  boi.  ctwci  coviglio,  l' engad. 
ctwaigl  e  quelgl  (Cariseli  s.  'quaigl'),  tutte  forme  che  conservano 
il  k'  etimologico,  mente  questo  è  ridotto  a  ^-,  come  in  Leventina, 
nel  vallanz.  gtwU  (diminut  guviet)  vaso  grande  di  legno  a  modo  di 

*  La  voce  soprasilvana  potrebbe  anche  connettersi  con  grava  (Kg.  3758); 
ma  neir  Alta  Italia,  questa  base,  eh'  è  p.  es.  nel  trev.  grava,  avrà  tolo  coa* 
tribuito,  nella  miglior  delle  ipotesi,  a  alterare  il  k-  di  cárabos. 

^  Per  P  evoluzion  dei  signiiìcati,  cfr.  1' arbed.  sgheròi,  cioè  'sgorbio' 
*scorpio'  (Nigra,  1.  e.  278),  poderetto  incolto,  mal  coltivato.  —  H  saovitt. 
gdrof  dice  un  posto  de'  campi  nel  quale  si  gettano  i  sassi  raccolti,  ma  do?« 
può  venire  e  viene  erba. 


APPUNTI  ETIMOLOGia  B  LSSSICALL  473 

piccolo   tino   con   coperchio  per  riporvi  la   farina   di  meliga,   nel 
valses,  gavieu  zangola  ^  e  nel  valdost  gcveül  envier. 

24.   lomb.  grigola  briciola. 

La  dà  il  Cherub,  come  voce  dell'  Alto  Milanese,  e  io  stesso 
r  ho  udita  da  gente  di  Ronco -Brianteo.  Si  tratta  di  non  altro 
che  di  Sgrano,  granello'  venuto  a  commescersi  con  migóla  »= 
mìe u la,  che  vive  a  Bergamo,  nella  Valtellina,  e  in  Engadina 
(^ievld), 

25.   lomb.  tndvol;   arina/;  a  lináwru. 

Spetta  la  prima  forma  a  Valle  Mesolcina,  la  seconda  a  Bienio, 
la  terza  al  contado  bellinzonese;  e,  come  si  combinano  insieme 
nel  significato  che  è  quello  di  'a  ridosso,  al  riparo  dal  vento', 
cosi  anche  neir  etimo,  che,  lasciati  cadere  gli  elementi  prefìssi  e 
suffissi,  e  ridotta  cosi  la  base  radicale  a  -oz^-,  risulta  essere  non 
altro  che  apud,  venuto  a  funzione  avverbiale.  Il  /-  è  per  dis- 
similazione di  r — r. 

26.   vaiteli,  inziss  subito,  tantosto,  or  ora. 

Già  r  Ascoli,  Arch,  glott  it  VII  553  n.,  ha  avvertito  che  V^iss 
di  questa  voce,  accolta  dal  Monti  nel  Suppl.  e  nell'  App.,  vada 
con  issQt  adesso,  proprio  di  varietà  lombarde  antiche  e  moderne, 
e  di  cui  V.  Arch,  glott.  it  XU  410,  422  s.  'porista',  aggiungendo  il 
porisa  di  Biasca.  Ma  anche  la  prima  parte  della  voce  (m-)  risale 
a  /xx-,  essendoci  cosi  offerta,  in  inziss  y  una  reduplicazione  (cfir.  il 
breg.  iss  iss,  iss  issa)  del  genere  del  lombardo  adissadèss,  adtadèss^ 
dessadèssy  dell'  it.  or  ora,  —  U  f-  atono  è  stato  soppiantato  da  m-, 
come  n'  è  stata  soppiantata  la  vocale  iniziale  nel  vaiteli,  insèt 
'eccetto',  bellun.  impoteca  ipoteca,  intropigo  -^pesia  idropico  -sia, 
valcanobb.  inSo^  finestra,  da  *iio  'nsciuolo',  berg.  insesse  accesso, 
pav.  incadçç\  or  ora,  da  *azada^  *atçad'  (cfr.  bien,  atçadfç)^  com. 
imptndizi  'appendice',  trev.  ingresia  agresta. 

27.  mil.  Iftn  strutto. 

Manca  al  Cherubini  ^  ma  a  me  è  stato  detto  e  confermato 
più  volte  da  persone  milanesL  Riviene  a  una  base  *liqul- 
mine^,  ridottasi  a  Ipm  per  la  via  di  *leguém  *ievém  *leémt  o  meglio 


^  Dà  r  idea  d'un  recipiente,  e  può  quindi  venir  qn!  considerato,  U  com. 
guèja  ediñcio  da  pesca  consistente  in  una  vasta  travatura  in  forma  d'  un 
lungo  triangolo  non  chiuso  nella  estremità  ecc.  ecc.  (Cherub.  V.  anche  il  Monti 
App.  s.  *guèja  -je',  e  Voc  s.  'guèje,  guèglie*). 

'  Onde  poi,  con  soppressione  dell'  m-«  U  piem.  e  nov.  ciadéss, 

'  Nel  Cherubini,  è  invece  lèdegh,  dato  come  voce  antiquata  e  preso 
forse  dai  libri,  il  che  ci  spiegherebbe  la  falsa  indicaziime  della  qualità  dell'  /  (^. 

^  Può  parere  strana  questa  forma  dopo  quanto  è  detto  nella  Rom.  Gramm., 
II  484,  dal  Meyer-Lubke.  Ma  un  altro  esempio  di  -Tmine  il  lomb.  ce  V  offire 
nell'  arbed.  verï(m  lavina,  dove  il  rag^naglk)  -^  =  •Tmine  ha  il  toffiragio 

r.  L  ronu  PhO.  XXIL  jl 


474  ^  SALVIONI, 

di  loêm  contratto  poi  in  lem  com'  è  contratto  in  ^  1*  ^c^  di  mil.  mgl 
'midollo'  mollica,  ^mefl^  hfnéa  'bigoncia',  ^heinéa^  mescla  hflka  *  bi- 
forca' ^heórka,  —  Per  i  riflessi  cisalpini  di  lïqu-,  v.  le  mie  Postille 
al  Körting  s.  Miquare'  'deliquare'  Miquidus',  e  vi  s'  aggiungono 
sleivé  e  sloé  nel  Gavuzzi;  [cfr.  anche  il  soprasilv.  luar  Tengad. 
alguer\, 

28.   alto-it  Iftn  legumi. 

Ridotta  secondo  le  esigenze  fonetiche  locali,  la  voce  occorre 
neir  Emilia^,  nella  Lombardia,  nel  Monferrato 2,  e  a  Genova  {finu 
cicerchia,  ecc.),  e  se  n'  hanno  molti  esempi  antichi;  v.  Seifert, 
Glossar  zu  Bonvesin  s.  'lerne',  Fiechia,  Arch,  glott  it  Vili  364, 
Salvìoni,  ib.  XII  411,  Lorck,  Altbergam.  Sprachd.  24.  La  forma 
viene  dichiarata  in  doppio  modo:  gli  uni  (Fiechia,  Lorck)  muovono 
da  legümen  *leümen,  onde  poi  l'accento  spostato  e  la  contrazione; 
gli  altri  (Galvani,  Gloss,  mod.,  e,  colla  piena  coscienza  della  cosa» 
Meyer-Lûbke,  Rom.  Gramm.  II  15,  484)  postulano  *legimine.  Alla 
prima  dichiarazione  si  objetta  che  non  tutti  i  territori  so  cui 
s'  estende  la  forma  ìem  pajano  ammettere  quella  riduzione  di  eé 
(cf.  veron.  liómi)^  che  sarebbe  ben  legittima  nel  pedemontano;  alla 
seconda,  certamente  più  attendibile,  che  possa  parer  arrischiato 
r  ammettere  una  sostituzion  di  suffisso  avvenuta  in  epoca  tanto 
remota. 

Se  quindi  un  terzo  tentativo  può  ritenersi  lecito,  questo  tende 
ad  abbandonare  la  voce  latina  tradizionale  e  a  sostituirvi  la  base 
*alìmine  (cfr.  alimen-tum).  Per  la  possibilità  di  una  tal  forma, 
vedasi  quanto  s'  è  testé  detto  a  proposito  di  Içm  strutto  ^  e  quanto 
all'  evoluzione  ideologica,  appena  occorre  dì  ricordare  il  tose,  croaji 
•cibaria'  legumi*. 


decisivo  del  mesolcin.  arzéman  (=  *ö;-  ♦vör-  *vergïinine;  cfr.  lèvent,  ariófi 
=  *or/c¿¿  orologio)  ;  cfr.  lie.  sdmen  sciame,  e  v.  il  Gloss,  d' Arbedo  del  Pel- 
laodioi,  s.  'versgièm*. 

*  Qui,  e  a  Brescia,  lim,  che  potrebb*  essere  un  antico  plurale. 

^  Il  Ferraio,  Gloss,  monf.*,  s.  'lem*,  allega  un  Uimi  dagli  Statati  di 
Carpeneto  del  1458.  U  et  potrebbe  qui  rappresentare  il  giusto  dittongo  dell* ff* 
ma  anche  essere  per  anteriore  eu,  con  ima  ritrazion  d'  accento  che  in  questo 
territorio  (v.  Arch,  glott.  it.  IX  250  n.)  sarebbe  ben  legittima  e  farebbe  il  pajo 
con  quella  eh'  ¿,  p.  es.,  nel  piveron.  'ééin-  ricordato  qui  sopra  a.  'derç^'« 
dove  éi  rappresenta  V  eu  dì  je-un-  *je|j]un-. 

^  Una  creazione  nuova  da  sedere  dev'essere  il  scdlmen,  che,  col 
significato  di  'dimora,  casa  rurale'  è  tanto  frequente  negli  Statuti  medievali 
deir  Alta  Italia  e  ha  anche  rispondenze  popolari  come  sim,  simp  (=:  *8ejím 
*sejém,  o  per  sostituzione  di  -ïmen  a  -ìmen?).  U  lat.  sedTmen,  che  neDe 
mie  Postille  al  Körting  io  postulavo  come  base  delle  voci  volgari,  mi  pare 
di  un  significato  troppo  speciale  e  ristretto  perchè  possa  essersene  svolto  quello 
di  'sede*  'dimora*. 

^  Non  voglio  attribuirle  maggiore  importanza  che  non  le  conpefa,  ma 
pur  mi  giova  di  qui  ricordare  la  forma  brianzuola  alemm  ricordata  in  Cheni- 
l)ini  V  100  s.  'lemm\  —  Gli  altri  due  esempi  lombardi  di  a-  davanti  a/-  sono 
V  antico  aleo  lieto,  che  lo  ha  dal  sinonimo  'allegro',  e  il  mil.  aì^si  lesto,  che 
lo  deve  a  asv^lt,  svelto,  forma  questa  che  i  lessici  non  registrano,  ma  che 
io  ho  più  volte  udita. 


APPUNTI  ETIMOLOGICI  E  LESSICALI.  475 

29.   lomb.  maga  finestra. 

È  di  Valle  Vigezzo  e  di  Centovalli  {fná¿a\  e  abbiamo  la  scelta 
tra  maga,  macchia,  paragonandosi  allora  la  'finestra'  a  una  'macchia 
sul  muro',  e  maga,  maglia,  dove  si  penserebbe  alla  finestra  munita 
d' inferriata. 

30.   piem.  mntç  spazzatura. 

Avevo  io  (Arch,  glott  it.  XII  414  s.  'menaiçço')  già  pensato 
a  'menaticelo'.  Ma  i  lessici  piemontesi  scrivono  -¿r  non  "iss,  il 
che  accenna  a  -/i-  (cfr.  riss  riccio,  ma  ris  riso),  come  v'  accennano 
del  resto  i  derivati  mniSé  spazzino,  mniééra  deposito  della  spazza- 
tura. Ora,  per  quanto  il  piem.  abbia  fiìiéa  fiducia,  e  gli  antichi 
monumenti  dell'  Alta  Italia  ofirano  offixio  ufficio,  questi  sono  casi 
sui  generis  cui  compete  una  dichiarazione  speciale  e  non  deri- 
vata da  ragioni  fonetiche,  e  togliendoci  quindi  di  conchiudeme 
checchessia  in  favore  di  -/i-  ■=■  -/r/b,  ci  invitano  a  cercare  un  altro 
etimo.  Questo  sarebbe  lo  stesso  che  per  T  it.  minugia,  onde  mniç 
sarebbe  quasi  *il  minugio'.  Ma  e  T  iì  Non  mancano  veramente 
al  piem.  gli  esempi  di  u  in  /,  ma  o  sono  da  dialetti  dove  la  vi- 
cenda è  normale,  o  hanno  una  ragione  speciale,  come  ivola  ugola  (?), 
stiva  stufa  (anche  pavese),  tartifla  tartufo,  pei  quali,  v.  Meyer-Lûbke, 
It.  Gramm,  pag.  50^  L'  i  di  mnis  sarà  dunque  dovuto  ai  derivati, 
fra  i  quali  è  importante  mniéàje  briciole,  nei  quali  1'  1  o  è  per  evo- 
luzion  fonetica,  o  è  dovuto  a  briéa  briciola. 

Il  solo  Sant'  Albino  registra  poi  un  interessante  vnis,  vnisé, 
dove  il  vn  sarà  per  dissimilazione  di  mn, 

31.   trev.  raza  anitra. 

Si  ricostruisce  per  *nará%a,  anaráza,  voce  questa  che  il  Chia- 
relli ^  dal  quale  anche  ho  raza,  dà  espressamente  come  peggiora- 
tivo di  ànara.  Il  »¿7-,  preso  come  articolo  indeterminato,  venne 
lasciato  cadere  come  nel  pure  trev.  daréna  'nazzarena'  (j  la  daréna 
alla  nazzarena)  che  mi  è  dato  da  Irene  Ninni 3,  e  nel  valses,  varóla, 
nome  di  una  specie  di  paletta  da  fuoco,  cui  il  Tonetti  contrappone 
un  nevarolam  di  antiche  carte  latine.  Sarà  stata  prima  una  paletta 
che  serviva  a  sgombrar  la  neve  dalla  soglia. 


*  Qualche  traccia  di  m  in  i^  nella  vicinanza  di  suoni  palatini,  non  manca 
ne'  dialetti:  var.  nov.  e  berg.  pin  pugno,  Me  firn  fiume,  ven.  sghiba»  ali.  a 
sgúbja,  sgorbia,  che  starà  per  *sghjúba  (cfr.  fiuba  Mussafia,  Biéitrag  57),  e 
andrà  cogli  esempi  vicentini  dì  ju  in  i  che  son  ricordali  in  Krit.  Jsdiresber. 
I  122,  Studi  di  fìl.  rom.  VII  213  (abio  saplo  =  abiuo  sapiuo).  Ma  il  veron. 
spira,  prurito,  sarà  spiar  a  disposato  a  spica  pizzicore  (venez.). 

'  Vocab.  del  dial,  veneto  con  riguardo  speciale  alla  Provinzia  di  Tre- 
viso  (Treviso  1892).  Non  ne  sono  uscite  che  le  prime  64  pagine,  le  quali  ci 
portano  alla  voce  *bigolo'. 

'  Appendice  ai  Materiali  ecc.  di  A.  P.  Ninni  per  I.  Ninni  (Venezia  1892). 

31* 


476  e.  SALVIONI, 

32.   a.  lomb.  roxa. 

Si  legge  nel  Contrasto  della  Rosa  e  della  Viola  edito  e  com- 
mentato da  L.  Biadene  nel  VII  voi.  degli  Studi  di  fiL  rom.  (v. 
pag.  99  sgg.;  e  il  Glossario  s.  v.).  Il  mio  egregio  amico  non  eaita  a 
riconoscervi  una  forma  corrispondente  ali*  it  roggia^  al  mod.  lomb. 
ronza,  e  a  tradurre  quindi  per  róxe  in  'per  i  margini,  per  le  sponde 
dei  fossi'.  La  quale  interpretazione  non  corre  interamente  liscia. 
La  si  potrebbe  tuttavia  accettare  ove  un'  altra  e  maggiore  difficoltà 
non  sorgesse  dal  x,  che,  dato  'roggia',  starebbe  al  posto  di  ^  o  s» 
e  che  rimane  una  grafìa  anomala,  anche  quando  di  essa  si  possan 
racimolare  due  o  tre  altri  esempi.  Ogni  difficoltà,  invece,  parmi 
che  s'  appiani,  ove  s'  ammetta  che  il  menante,  grazie  ai  parecchi 
altri  /-  che  si  susseguono  nello  stesso  verso,  si  sia  tenuto  nella 
penna  il  p-  di  *proxa.  Il  qual  proxa  ci  rappresenterebbe  o  an 
"^peroxa  *  pelosa',  da  ragguagliarsi,  per  l'  origine  e  per  il  significato, 
al  ïxdjic, pelousây  o  anche,  e  meglio,  un  riflesso  antico^  del  lomb. 
proéa,  piem.  prös\  ajuola,  porca. 

33.   ven.  scénSa  scheggia. 

Il  Mussafìa,  Beitrag  55  n.,  allegando  il  romagn.  tgizula  {sgégia)^ 
dice  che  vivamente  ricordi  Tit  scheggia;  e  lo  stesso  Mussafia,  nella 
stessa  nota,  allega  poi  il  venez,  scénáa,  eh'  è  anche  bellunese,  e  il 
ver.  sgenza.  Le  quali  voci  risalgono,  senza  dubbio  nessuno,  a 
schïdia,  riuscendo  ben  ovvio  di  giustificare  i  fatti,  per  cui,  le 
forme  venete  parrebbero  allontanarci  dalla  base  latina,  e  sono  il  è 
e  il  n.  Il  Ö,  come  lo  prova  il  giudic.  zgi<fza  (Gartner)  è  da  r/', 
spiegandosi  poi  il  /  come  in  molti  altri  esempi  dov*  esso  compare 
inorganicamente  al  seguito  di  sk:  ven.bellun.x^ima,  squama,  *sklama, 
h^Wnii.  scupar^  sputare,  ^sklupar,  Körting  2921,  2122,  vegl.  ii^¿^r  = 
ven.  scuri,  a.  lomb.  schiergne  scherno,  Arch,  glott  it  XII  433,  sgivio 
(oggi  sk')  schifo,  a.  lomb.  sgera  schiera  (oggi  scirla  schiera,  fila), 
friul.  scìnse  scusa,  sclauèzz  tortuosità  (=  skavéz;  lomb.  cav^  ecc.), 
scìausson  torsolo  (lomb.  sgauSt  berg.  scaöc\  v.  Bollettino  stor.  d.  Sviz- 
zera it.  XVIII  37),  e  riverran  qui  pure  schiuma  e  schiena  (lomb. 
skpta  e  séffia,  piem.  skuma  e  sétima),  a.  ven.  sclapuçar  Pateg.  50 
(lomb.  skapiisa)  — ,  e  di  nk:  friul.  zonclade  bellun.  zongiada  ginncata, 
inchiostro  (lomb.  inkòster^  ecc.),  che  però  è  altrimenti  giudicato  dal 
Meyer-Lûbke,  It  Gramm.  §  149.  —  Circa  al  «,  basti  poi  di  ricor- 
dare il  veron.  zinzola  giuggiola,  il  trevis.  éenç  gesso,  il  venez,  spfniê^ 


^  Un  esempio  meno  antico  (15 18)  è  allegato  dal  Tonetti,  Diz. 
s.  *  preus  '  :  petiam  terrae  campi  in  piuribus  proxijs, 

'  Il  termine  pedemontano,  di  genere  feminile,  fornisce  Qn  etempio  da 
aggiungere  a  quelli  ricordati  in  Studi  di  fìl.  rom.  VII  190,  e  g^  si  accompagna 
il  boi.  la  cius  tura.  —  Ricordo  ancora  il  tic.  chiò,  chior,  capra,  il  ptooiu  Ut 
cheuv  covone,    e  il  trev.  age  accia. 

'  ìgl'  è  certamente  da  skl'\   ma  mal  si  decide   se  la  forma 
abbia  sg-  da  si-  o  da  sgl-. 


APPUNTI  ETIMOLOGICI  B  LESSICALI.  477 

sposo,    che   s' incontra   coir  ossol.  sponzinél  sposo,    e  dóve  11  é  ci 
Impedisce  di  pensare  a  un  latinismo. 

34.   sciatto, 

V.  Caix,  Studi  39.  Il  primitivo,  átto^  è  dell'  a.  orvietano,  e 
ricorre,  p.  es.,  con  molta  frequenza  nel  Diario  di  ser  Tommaso 
edito  dal  Fumi  (v.  col.  48,  68,  281,  ecc.),  col  significato  di  'robusto, 
aitante'.  Lo  si  rivede  anche  nel  tose,  atticciato^  che  è  sinonimo  di 
fattìccio  ben  tarchiato,  di  grosse  membra.  II  qual  fatticcio  anche 
d  fa  chiedere  se  atto^  anzi  che  da  apt  us,  non  fosse  da  actus. 
L'  aret  sciadatto  sarebbe  allora  da  ^dactus^. 

35.   bellun.  SCÚC  chiocciola. 

Nulla  ha  a  che  fare  con  *  chiocciola',  come  a  prima  vista  si 
crederebbe,  ma  risale  a  'chiuso',  e  la  forma  concorrente  sÌùs 
(v.  anche  sioêéla^  sioééra  vivajo  di  chicciole)  sarà  da  'chioso'  clan  su. 
Le  due  forme  sono  nel  Nazari  ;  ma  1'  egregio  collega  Prof.  Buzzati 
da  Belluno  non  conosce  se  non  scuç)  però  anch'  egli  mi  dà  1'  0 
nei  derivati 

36.   montai.  sd¿rto  svelto. 

L'  ho  dal  Nerucci,  ma  si  trova  anche  nel  Petrocchi  come  voce 
contadinesca.     Vi  convengono  svfrto^  svelto,  e  'desto'. 

37.   trev.  siçéia  siepe. 

Deve  trattarsi  di  non  d'  altro  che  dell'  incontro  di  çiééa  siepe 
(venez.)  con  *éçé  chiuso  clan  su. 

38.   ven.  tdnsa  tassa. 

I  casi  di  n  inorganicamente  inserto  son  numerosi,  ne'  dialetti 
italiani,  e  per  lo  più  inesplicati  (v.  Meyer-Lûbke,  It  Gnunm.  §  305, 
306,  Krit  Jahresb.  I  1 28,  aggiungendo,  per  V  inserzione  davanti  a 
sibilante,  gli  esempi  allegati  qui  sopra  s.  's¿enáa',  e  chiogg.  sonsuro 
sussurro,  mod.  sonzon  suddicione,  dove  forse  s'  è  immenso  sènza 
sugna,  verminzé  vermicelli,  cadnanz  catenacdo,  piem.  nansa  nassa, 
nànée  'nuocere'  stregare).  Onde  deve  dirsi  benvenuto  ogni  tenta- 
tivo che  valga  a  gettar  luce  su  qualche  esemplare  e  ad  alleggerire 
cod  il  problema  o  i  problemi.  Per  venire  al  nostro  tdnsa^  va  ri- 
cordato che  il  berg.  ha  tdksa  che  conserva  doè  il  k  del  dotto 
taxa.  Ora  è  da  questo  ^,  conservato  anche  a  Venezia,  che  si 
qpiega  11  n.    Come  ìX  k  ài  Magdalena^  dava  /  air  a.  lombardo 


*  n  lomb.  icU»  rospo,  nulla  ba  a  che  fare  col  tose,  sciatto,  la  risposta 
lombarda  di  tose,  i  altro  non  potendo  essere  che  f ,  e  la  toscana  di  lomb.  i, 
lolo  /OS.  Della  voce  lombarda,  v.  invece  Rendiconti  dell'  Istit.  k>mb. 
XXX  1506. 

*  Per  r  esito  analogo  à\  k-\-  cons,  e  di  ^  +  cons.,  ▼.  Förster,  Zeitschrift 
n  166  n.,  VI  iio,  nel  qusd  passo  appunto  si  tocca  di  franc,  taux  =  taz-. 


47 8  e.  SALVIONI, 

(cfr.  Maìddena  Arch,  glott.  it.  XIV  233)  cosi  poteva  darlo  il  i&  di 
taksa,  e  il  /  si  riduceva ,  nella  region  veneta,  facilmente  a  n 
(v.  Meyer-Lùbke,  It.  Gramm.  §  312,  e  aggiungi:  venez,  ^onx^  polso, 
vie.  pónde  pulce)  *,  quindi  *ialsa^  tansa,  —  Ma  riconosciuta  cosi 
r  origine  di  questo  /;,  nulla  deve  impedirci  di  dichiarare  in  ugual 
modo  quello  dell'  a.  ven.  tonsego^  tossico,  che  è  nei  Proverbia  super 
natura  feminarum  editi  dal  Tobler,  e  s'  appalesa  quindi  come  voce 
originariamente  dotta. 

39.   lomb.  úwa. 

Cosi  ho  udito  io  pronunciare  la  voce  su  quel  di  Lugano.  H 
Cherub,  ha  ava  e  óga  \ó  =  0)  attribuiti  appunto  a  Lugano,  e  nel 
Monti  ò  òva^  tutte  forme  che  insieme  combinano.  Il  significato 
della  voce  ò  quello  di  'via  diritta  e  repente  sul  dosso  dei  monti', 
*  sentiero  scavato  dall'acqua  nella  montagna',  'via  incanalata,  natu- 
rale e  artifìciale,  per  cui  si  fa  scivolare  la  l^;na  dal  monte  al 
piano*.  Chi  ha  pratica  di  montagne,  sa  che  tali  sentieri  sono,  per 
lo  più,  le  vie  dell'  acqua,  di  cui,  molto  spesso,  sono  anche  l'  opera. 
£  un  giorno  d'  estate  appunto,  passeggiando  in  Val  Travaglia,  mi 
sentii  additare  un  tal  sentiero,  allora  asciuttissimo,  col  nome,  credo 
occasionale,  di  *  acqua'.  Dico  questo,  perchè  a  veder  mio,  altro 
non  sarebbe  uwa  che  1'  antica  forma  locale  per  1'  attuale  dkwa. 
Com'  e  noto,  otava^  acqua,  ò  ancor  oggi  de'  romanci,  e  una  ragion 
seria  per  escludere,  che  la  forma  s'  estendesse  un  di  anche  al 
versante  lombardo  delle  Alpi,  proprio  non  la  vedo*.  Per  l' idea, 
si  consideri  anche  1'  engad.  e  soprasilv.  avtl  ual  agual  ruscello. 

Allato  a  çva  ùvoa^  e'  è  vfga  adoperato,  collo  stesso  valore,  in 
Valle  Bregaglia  (Monti)  e  sui  monti  di  Como  (Qierubìni),  e  ha 
con  se  un  verbo  voga  o  voga-giò  far  rotolare  al  piano  la  legna 
per  la  via  delle  'voghe'.  Ora,  si  tenga  presente  la  forma  4g^ 
sopra  ricordata,  che  certo  starà  a  ^a  come  il  lomb.  t^a  a  'uva'; 
si  pensi  ai  frequenti  esempi  lombardi  dove  a  voce  cominciante  per 
vocale  labiale  si  prepone  v  {^ra  ora,  vüéá  usare,  vpni  ungere, 
vortiga  ortica,  vares,  voré^a  orecchio,  vorezión  orazione,  lugan. 
Vóstan  e  Voria  =  Osteno  e  Oria,  nnll.  di  Valsolda),  e  si  vedrà  che, 
mentre  riesce  ovvio  assai  il  dichiarare  voga  da  ^,  assai  difficile 
riuscirebbe  l'esperimento  inverso. —  Qualche  difficoltà  parrebbe  in- 
vece venire  dal  valbreg.  viga  (Morf,  Drei  bergell.  Volkslieder,  Gloss.), 
cui  sta  allato  il  verbo  vogadyá  (Monti:  vóga  e  vogd).  Ma  la  difficolta  si 
toglie  pensando  all'  influsso  di  qualche  voce  sinónima,  come  sarebbe 
il  voatgtüy  sentiero,  di  Morbegno  (Monti),  che,  alla  sua  volta,  ci 
ofirirà  come  l' incontro  di  via  (o  di  v4gä)  con  'troggio'  (poschiav. 
troeugg  sentiero),  di  cui  v.  Boll,  st  d.  Svizzera  it  XIX  169. 


^  Si  può  aggiungere  pure  T  a.  berg.  mandelena.  Arch,  glott.  it.  XIV  233. 

'  Per  la  risoluz.  di  akw^  o  lakrth  atono,  ricordo  1'  etimo  da  me  proposto 
per  il  ni.  Lugano  (ant.  Luano)  in  Boll.  st.  d.  Sv.  it.  XV  26;  è  qni  allegato  «B 
oana  =  aquana  delle  Alpi  venete,  e  ora  mi  si  consenta  di  accompagnaigli  Ìl 
piem.  ovérì  allagamento,  quasi  'acquio'. 


APPUNTI  ETIMOLOGia  B  LESSICALI.  479 

40.   veruno. 

Non  so  che  alcuno  si  sia  occupato  di  questa  parola  dopo  il 
Meyer-Lûbke  (Rom.  Gramm.  II  600),  il  quale  continua  a  riconoscervi 
il  vai  un  US  proposto  già  dal  Diez.  L'Ascoli  (Arch,  glott.  ìt  VII 
554  n.)  si  limita  a  dire  che  intorno  all'  articolo  del  Diez  ancora 
ci  sia  da  sudare.  Tocca  egli  di  veruno  a  proposito  dei  lomb. 
vergót  ver  gun,  che  son  di  Mantova,  della  Lombardia  Orientale  e 
della  Valtellina^;  ma  ch'egli  pensi  a  un'origine  comune  del  ver- 
toscano  e  del  ver^  lombardo  non  si  potrebbe  affermare.  Eppure, 
io  ritengo  che  non  si  possano  scindere.  Un  dialetto  della  valle 
dell'  Adda,  quello  della  Bregaglia,  adopera  tuttodì  varán  qualche- 
duno  (v.,  p.  es.,  Papanti  631,  632)  mentre  ha  vargotta.  Il  die  per- 
mette, parmi,  di  inferire  che  il  vergun  degli  altri  dialetti  abduani 
e  non  abduani  sia  seriore  e  dovuto  all'  influenza  di  verg^oiia 
(ver-goUa\  cfr.  lomb.  ne 'gàia),  o  delle  forme  concorrenti  al 'gun 
ne-gun,  come  vorrebbe  il  Meyer-Lûbke,  1.  e.  Ma  varun  è  una  sol 
cosa  con  veruno.  Ora,  nò  la  Toscana  ^  nò  le  regioni  alto-italiane, 
cui  ò  proprio  o  varun  o  vargûn  o  'Wruñ,  conoscono  il  trapasso 
di  -/-  in  r,  e  sarebbe  sconsigliato  V  ammettere  il  fatto  in  questo 
solo  esempio.  Gioverà  dunque  battere  altra  via.  £  il  Diez  stesso 
ce  la  addita  col  vere  nullam  mfermitatem  non  hahemus  da  lui  citato. 
In  veruno  si  tratterà  di  vere  unus,  proveniente  da  combinazioni 
come  sarebbero  vere  unus  non  ahfuit  'non  uno,  proprio  non 
uno  solo  mancò',  ecc.  ecc. 

41.   ven.  ze-  zirnar  (Í-)  desinare. 

Lo  registra  come  idiotismo  il  Boerìo,  ma  è  voce  normale  nel 
chioggiotto  (v.  Nardo,  La  pesca  del  pesce  ecc.,  pp.  28,  80,  89).  £ 
il  Ninni,  nelle  Giunte  al  Boerio^  accoglie  ztsnar^  che  compar  poi 
come  sisnar  (é-),  ne'  suoi  materiali  per  un  vocab.  trevigiano^.  — 
Questo   éiSnar  starà   a  disnar  come  sta  a  diéiál  il  trevis.  e  venez. 


^  'veruno'  (cfr.  veruno  in  Bonvesin,  Giorn.  st.  d.  lett.  it.  Vili  424)  deve 
celarsi  anche  nel  -vrùn  -vrlh  dei  verban.  quaéavriiñ  ecc.  (Arcb.  f^tt.  it. 
IX  257)  qualcuno,  che  ci  ajuu  poi  a  spiegare  il  lomb.  quejruù,  —  È  poi 
forse  **vcrove'  nei  verz.  auro  daurò  accolti  nel  Monti,  e  spiegati  da  lui  per 
*in  qualche  sito*. 

'  Il  Diez  per  parare  alla  difficoltà  di  -/-  in  r  penserebbe  a  una  álteraxione 
prodottasi  prima  in  ver 'nullo  =  'l'velnuUo,  vergata  =  *ve]gota,  donde  il  r 
sarebbe  passato  poi  a  veluno,  £  infatti,  delle  varietà  toscane,  fra  cui  lo  stesso 
fiorentino  volgare,  alterano  il  /  dav.  a  consonante,  e  un'  eco  del  fenomeno 
s'  ha  nel  varcare  che  la  lingua  letteraria  ammette  allato  a  valicare.  Ma  la 
Valtellina  e  la  Lombarda  Orientale  e  la  Valmaggia  d  negano  anche  questo 
conforto,  onde  la  difficoltà  fonetica  non  si  leva.  —  Ma  potremmo  noi,  d'  al- 
tronde, e  ristringendoci  pure  a  veruno,  attribuire  tanta  autorità  e  forza  a 
questo  vernullo  di  cui  non  s'  ha  che  un  esempio  antico?    Mi  pare  che  no. 

3  Giunte  e  correzioni  al  Dizion.  del  dial,  venes.,  di  A.  P.  Ninni  (Vene- 
zia 1890). 

^  Materiali  per  un  Vocab.  della  lingua  rusticana  del  contado  di  Treviro 
(Venezia  1891;  p,  152). 


480  e.  SALVIONI,  APPUNTI  ETIMOLOGia  B  LBSSICAIX 

éiéidl^  ditale  (cfr.  Mussafìa,  Beitrag  51),  come  zonzel/a,  —  che  è 
anche  nel!'  astig.  dell*  Alione,  —  e  zuzzina  stanno  a  donadla  e 
dozztna\  v.  Meyer -Lûbke,  It  Gramm.  §  161.  Da  éiénár  si  venne 
poi,  dissimilando  é — é  per  é — r,  a  éirnar.  Di  una  tal  dissimila- 
zione non  è  nessun  esempio  né  nel  Meyer-Lûbke  né  nel  Grammonty 
La  dissimilation  consonàntique  ecc.  (Dijon  1895).  Tuttavia,  già 
r  affinità  fisiologica  che  è  tra  i  e  r  linguale  è  tale  e  tanta,  che  il 
veder  T  uno  venire  in  ajuto  dell'  altro  debba  apparir  cosa  ben  natn« 
rale.  Ma  io  ho  in  serbo  un  secondo  esempio.  A  Nante  neir  Alta 
Leventina,  e'  è  stürdüj  per  quello  che  ne'  paesi  vicini  è  iûzdàj  'tutti 
due '2.  Il  è'  è  intensivo,  e  veniva  a  incontrare,  nella  stessa  parola, 
una  seconda  sibilante  (¿;  *etüzdúj),  producendo,  pel  ripetersi  anche 
della  dentale  dietro  alla  sibilante,  una  forte  cacofonia,  alla  quale 
si  ovviò  dissimilando  è — z  per  è — r.  £  un  terzo  esempio  po- 
tremo riconoscere  nel  ligure  sderná^  desinare,  che  è  allegato  dal 
Martíni  nel  suo  Saggio  intorno  al  dialetto  ligure  (Sanremo  1870; 
p.  77).  Anche  qui  s'  ebbe  forse  prima  *édeéná\  —  Ma  c'è  qualche 
esempio  anche  per  il  procedimento  inverso,  per  r  — x  o  x — r  da 
r — r.  Cosi,  parmi,  sia  almeno  da  spiegare  il  vaiteli,  asmárh  arma- 
dio, eh'  io  ho  da  Montagna,  e  che  ritorna  nel  mondovit.  asmar 
(Flechia,  Arch,  glott  it.  Vili  328)  e  nell'  asmarta,  scansia  da  cucina, 
di  Castelpiano  (Ancona)  ^.  £  gli  s'  aggiungerebbe  fresco  fresco  il 
grad.  soràée  *  sórores',  rivelatoci  testé  dall'  Ascoli  (Arch,  glott.  it. 
XIV  ^^2)  e  da  lui  però  diversamente  dichiarato  ^ 

C.  Salyioni. 


*  £  dalmat.  sistal,  secondo  il  Mussafìa,  1.  e  in  nota.  Si  diiede  p(^ 
r  illustre  romanologo  se  il  s-  non  potesse  essere  per  influenza  dell'  1;  il  che 
parmi  da  escludere,  visto  anche  che,  p.  es.,  *diga'  dà  ¿i^a  (Ninni),  non  éi^m» 

'  Sta  per  anteriore  tuS'dùj,  È  di  regola,  ne'  dialetti  di  molta  parte 
delle  Alpi  lombarde,  che  'C  seguito  da  certe  consonanti,  fira  cu!  d',  si  tramuti 
in  i,  o  in  z  se  la  consonante  è  sonora:  teni  di  tanti  giorni,  vini  toé^  venti 
ragazzi,  Ifz  di  big  *  latte  delle  biscie',  nome  d'  nn'  erba  ritenuta  velenosa.  S<mo 
esempi  dell'  Alta  Leventina,  che,  allo  stato  libero,  ha  Uní,  vini,  IfÒ. 

*  Un  esempio  fornito  dalla  toponomastica  lombarda  è  poi  Cemuseo»  per 
cui  le  carte  medievali  hanno  Cixinusculum, 

^  Sarà  da  giudicare  alla  stessa  stregua  di  asmdri  il  venez,  asmira^iê 
all.  a  armiragio  ;  dove  la  priorità  del  r  (=  lì)  d  è  attestata  dalle  altre  f<»iiie 
neo-latine. 

^  Una  ugual  dissimilazione  è  ammessa  dal  Guamerìo,  s' io  non  lo  firaia* 
tendo,  per  il  sardo  romasinu  rosmarino;  v.  Arch.  gl.  it.  XIV 1 57. 


Zur  Wortgesohiohte. 

it.  Anichino. 

Zs.  20,  340  wurde  der  italienische  Personenname  Anichino  ^  als 
Kose-  und  Kurzform  zu  Giannicco  gedeutet  Hierzu  ist  Folgendes 
zu  bemerken:  Die  Dienerrollen  im  italienischen  Lustspiel  wurden 
mit  dem  Namen  Zanni,  einer  dialektischen  Form  von  Giovanni^ 
bezeichnet;  s.  G.  Raynaud  in  Etudes  Romanes  dédiées  à  G.  Paris, 
S.  67.  Nun  heifst  der  Diener  in  Aretino's  Marescalco  Giannicco, 
und  nach  G.  Raynaud  (ibid.)  führt  der  servidore  in  der  Farce  der 
Romanesca  den  Namen  Anichino.  Daraus  ergiebt  sich  mit  Wahr- 
scheinlichkeit, dafs  Anichino  mit  Giovanni  in  etymologischem  Zu- 
sammenhang steht. 

G.  Raynaud  (S.  67,  A.  ^)  meint  freilich,  dafs  Aüchino,  der  Name 
eines  Teufels  bei  Dante,  Arlecchino  und  Anichino  ,  phonétiquement 
identiques*  sind,  bleibt  indessen  den  Beweis  für  diese  Behauptung 
schuldig.  Weim,  wie  R.  S.  65  sagt,  der  Arlecchino  in  Italien  zum 
ersten  Male  am  Ende  des  16.  Jahrh.  erscheint,  so  kann  dieser 
Name  mit  dem  schon  bei  Boccaccio  nachgewiesenen  Anichino  nicht 
wohl  identisch  sein.  Unwahrscheinlich  ist  auch,  dafs  jener  Dante- 
sche Alichino  als  Personenname  Verbreitung  gefunden  habe. 

beige. 

,D'un  gris  jaunâtre,  s'emploie  particulièrement  de  la  laine  qui 
a  cette  couleur  naturelle*  (so  das  Dictionnaire  Général).  Als  Sahst 
m.  , étoffe  de  couleur  beige'  ist  es  in  Godefroy's  Complém.  nach- 
gewiesen. Das  Dictionnaire  von  Laveaux  verzeichnet  es  als  Sahst 
fem.,  und  zwar  als  einen  Ausdruck  des  Handels  ,  espèce  de  serge 
non  teinte'.  Nach  Littré  soll  es  eine  forme  dialectale  von  ¿¿r,  hise 
sein,  aber  der  Wandel  von  1  zu  e  bleibt  unerklärt,  desgleichen 
das  g.  In  zahlreichen  französischen  Mundarten  wird  zwar  sy  za  i 
(resp.  h),  aber  im  Altiranzösischen  wird  dieser  Laut  nicht  mit  g, 
vielmehr  mit  x  oder  is  bezeichnet  Zweimaliges  òaige  (in  Godefr. 
Complém.)  aus  Doubs  und  Cote  d'Or  aus  den  Jahren  1348.  1394 
führt  auf  ital.  òamòagio,  bambagia  (vgl.  {bom)basih  aus  ital.  òamiacmo). 
Der  französ.  Ausdruck  bezeichnet  keinen  bestimmten  Stofl^  sondern 
die  ,Naturfarbe<  der  Wolle,  Baumwolle,  Seide,  n. s.w. 


1  Ein  weiterer  Beleg  ¡st  Luigi  Amchim  in  Aretino's  Marescalco  V,  3  — 
S.  69,  Z.  2  der  Ausgabe  der  Biblioth.  class,  economica,  Mail.  1877. 


482  A.  HORNING, 

a  fr.  hl  aie  e. 

Godefroy  hat  vier  Belege  für  hlaice^  hleasse  s.  f.  ,  récolte  de 
blc*.  Dieselben  stammen  aus  normannischen  Urkunden,  daher 
auch  biaiche.  In  ,  toute  manière  de  b,^  und  ,  toutes  mes  b^  wird  das 
Wort  wohl  richtiger  mit  »Getreidearten*  übersetzt  Ein  fünfter  Be- 
leg kommt  hinzu  s.  v.  bkisse  s.  f.  ,  sorte  de  céréale'  (aus  dem  bail- 
liage d'£vreux).  Als  Etymon  bietet  sich  blatea  (dafs  bla  tum 
nur  mit  einem  /  anzusetzen  ist,  zeigt  afr.  blaürü),  Beachtung  ver- 
dient die  Behandlung  des  nachtonigen  intervokalen  ty  (vgl.  Zs.  18, 
2^2  ñ.  und  Literat.-Blatt  1897,  Sp.  231).  Biatce  wird  ein  Wort  der 
Bauernsprache  gewesen  sein;  an  eine  gelehrte  Bildung  ist  schwer- 
lich zu  denken. 

cintre. 

Diez  hat  £W.  I  v.  centinare  angenommen,  eintrer  komme  von 
cincturarc,  cintre  sci  dazu  Postverbal.  Nun  giebt  Godefroy  sahi- 
reiche Belege  für  ein  afr.  ceinturer  ,  ceindre,  entourer,  cercler', 
ccintrer  in  demselben  Sinne  ist  jedoch  nicht  belegt  Gnirer  (mit 
der  neufranzös.  Bedeutung)  in  Godefr.  Complém.  ist  augenschein- 
lich erst  von  cintre  abgeleitet  Aber  auch  zugegeben,  die  alte 
Sprache  habe  ceintrcr  »ceindre*  besessen,  so  ist  doch  nicht  ohne 
weiteres  klar,  wie  ein  davon  abgeleitetes  Substantiv  in  concretem 
Sinne  den  Bogenraiid,  die  Krümmung,  auch  ein  Instrument  der 
Stellmacher  habe  bezeichnen  können.  Zs.  21,  453  wurde  daher  die 
Vermutung  ausgesprochen,  dafs  cintre  mit  dem  daselbst  besproche- 
nen chaintre  , contour,  Krümmung',  camitem  identisch  seL  Es 
sollen  hier  die  Gründe  zusammengestellt  werden,  die  für  dieses 
Etymon  sprechen. 

Zunächst  wird  chaintre  mundartlich  von  Bauverhältnissen  ge- 
braucht in  einer  Weise,  die  an  die  Verwendung  des  französischen 
Wortes  erinnert.  In  seinem  Glossaire  du  Pays  Blaisois,  Blois  1892, 
verzeichnet  A.  Thibaut  ^enchêtreuse  und  enchintreuse  s.  f.  bätis  qui 
supporte  lo  treuil  et  le  toit  d'un  puits'  (mit  urkundlichen  Nadi- 
weiseu  aus  den  Jahren  17 11.  1741).  Dazu  wird  bemerkt  Ja  forme 
enchintr'  semble  tenir  à  cintre,  r enchintreuse  formant,  en  effet,  une 
sorte  de  ceinture  qui  couronne  Torifíce  du  puits".  Die  Zusammen- 
setzung mit  ^//-,  enchaintrai  ,  faire  pacager  le  bétail  sur  une  chaintre^ 
hat  Laianne,  Gloss,  du  Poitou,  und  was  die  zweite  Form  mit  dem 
geschwundenen  Nasal  betriül,  so  vergleiche  man  bei  Laianne 
achaiiré,  chaitrai  mit  achaintré,  u.  s.  w. 

Wichtig  ist  die  Behandlung  des  Anlautes:  Wandel  von  ch  sn 
s  kommt  nach  Juubert  an  den  Ufern  der  Loire  vor,  und  Cham- 
bure  giebt  neben  chintre  auch  cintre  und  einte  mit  der  Bemerkung, 
dafs  die  Formen  mit  c  dem  nördlichen  Morvan  angehören.  Ab 
dialektische  Bildung  läfst  sich  demnach  das  Zs.  21,  452  bereits  be- 
sprochene saintre  (bei  Godefr.)  auffassen  ,  droit  qu'avaient  les  sdg^ 
neurs  de  faire  une  enceinte  avec  une  raye  de  charrue',  u.  s.  w. 
Zu  diesem  saintre  gehört  sicher  das  von  Du  Gange  und  Godefroj 


ZUR  WORTGESCHICHTE.  483 

erwähnte  eintrage  s.  m.  , sorte  de  redevance'.  Laianne  hat  chain' 
trage  ,ce  qui  se  récolte  sur  une  chaintre'.  Augenscheinlich  ist 
cintrage  und  chaintrage  dasselbe  Wort:  jene  , redevance*  bestand 
in  dem  £rtrage  der  chaintre  ,des  Ackerrandes*.  Man  darf  an- 
nehmen, dafs  es  schon  früh  (vgl.  bei  DC.  ein  tris  aus  dem  Jahre 
1295)  zu  chaintre  eine  Nebenform  mit  s  gab  und  dafs  dieselbe 
aus  einer  Gegend  stammte,  in  der  ch  zu  s  wurde;  weniger  an- 
nehmbar scheint  die  Vermutung  einer  Beeinflussung  durch  ceindre,^ 

Zìi  cintre  giebt  es  eine  Nebenform  synJre^  die  aus  Lyon  und 
Macon  bezeugt  ist  (vgl.  Puitspelu  v.  cendre  und  Godefr.  Complém.)  ; 
auch  das  Provenzalische  hat  den  Infìn.  cindrâ  neben  eintraf  das 
Subst  cindro  neben  cintro.  Aus  cincturare  läfst  sich  das  d  nicht 
erklären;  abzuweisen  ist  auch  die  Annahme  einer  Beeinflussung 
durch  den  Infin.  ceindre  (etwas  anderes  ist  es,  wenn  oben  an  die 
Möglichkeit  einer  Einwirkung  sämtlicher  Formen  des  Verbums 
ceindre  auf  den  Anlaut  von  chaintre  gedacht  wurde).  Begreiflich 
wird  die  Form  dagegen  unter  der  Voraussetzung,  dafs  auf  be- 
stimmtem Gebiete  das  /  von  carni tem  vor  der  Synkope  zu  d 
geworden  war. 

Dem  francischen  chaintre  entspricht  in  Lyon  nach  Puitspelu 
chintri  mit  betonter  erster  Silbe.  Hier  mufs  das  1  der  Tonsilbe 
das  tonlose  a  dergestalt  infìciert  haben,  dafs  zunächst  chintria 
(chintri(e))  entstand.  Combiniert  man  diese  Form  mit  cindre^  so 
erhält  man  catal.  cindria  (sindria  auch  in  Montone).  Endlich  wurde 
cindria  sp.  zu  cimbria.  Die  Annahme  eines  Umschlagens  von  ndr 
zu  mhr  scheint  mir  bei  einem  Fremdwort  nicht  zu  kühn.  Dafs  auch 
it.  centinare  Lehnwort  aus  dem  Französischen  ist,  ist  wahrscheinlich; 
nach  italienischen  Lautgesetzen  wird  sich  kaum  cmtinare  aus 
cincturare  gewinnen  lassen. 

Endlich  noch  das  Genus:  cintre  ist  mase,  während  chaintre 
fem.  ist.  Die  Bezeichnung  des  Wortes  als  mase,  bei  Laianne  ist 
ein  Druckversehen,  denn  alle  anderen  neueren  Quellen  geben  es  als 
fem.  Auch  das  m.,  das  Godefroy  saintre  beisetzt,  beruht  auf  einer 
willkürlichen  Annahme.  Indessen  verdient  Beachtung,  dafs  im 
Italienischen,  Spanischen,  Catalanischen  das  Wort  weiblich  ist; 
Mistral  verzeichnet  auch  prov.  cintro^  cindro  fem.  Vielleicht  wurde, 
das  Geschlecht  des  französischen  Wortes  durch  ,arc*  beeinflufst 

farfouiller. 

In  Lyon  bedeutet  barfoyi,  harfolhi  'fouiller  malproprement  dans 
un  liquide,  n'avoir  point  de  suite  dans  ses  paroles  ou  ses  actions*. 
Das  Wort  wird  von  Puitspelu  zutreffend  aus  bis-fodiculare  er- 
klärt:   bis   wird  in  Lyon  zu  har!^    Nahe  liegt  die  Annahme,   frz. 

>  Wie  pik.  wallon,  chintre  in  Godefr.  Complèm.  zu  beurteilen  ist,  ist 
nicht  leicht  zu  sagen.  Chaintre,  zu  dem  es  kein  gleichbedeutendes  pik.  kSir 
giebt,  ist  im  Centrum  Frankreichs  zu  Hause;  pik.  Iftr  wird  aus  dem  Fran- 
cischen  stammen. 

*  Vielleicht  ist  ebenso  piem.  ba/oujè,  franz.  mundartl.  hafouUlêr  zu 
erklären. 


484  A.  HORNING, 

farfouiller  sei  aus  barf  outlier  durch  Ângleichong  des  b  an  ûbs  f 
entstanden.  Neapol.  farfugliare^  lomb.  farfuglia  lâfst  sidi  âhnlidi 
deuten,  da  das  Italienische  ebenfalls  bar  kennt;  sp.  farfullar  stammt 
möglicherweise  aus  dem  Französischen  ;  in  prov.  faurfouia  neben 
farfom'a  ist  der  erste  Vokal  an  den  zweiten  angeglichen. 

farouche 
(zu  Zs.  19, 102). 

Gegen  eine  Ableitung  des  Wortes  von  ferox  spricht  audi  der 
von  Ebeling  (Áuberée,  Altfranz.  Fablei,  Halle  1895,  S.  106,  zu  V.3S6) 
erbrachte  Nachweis,  dafs  dasselbe  im  Altfranzösischen  nidit  yWfld' 
bedeute,  sondern  vornehmlich  von  ,  spröde  thuenden^  Frauen  ge- 
braucht werde.  £s  tritt  uns  auch  hier  die  Grundbedentong  ySdien* 
entgegen. 

flûte. 

Dafs  afr.  dreisilbiges  flaüter  durch  das  von  Diez  £W.  I  v.  flauto 
vorgeschlagene  *flatuare  nicht  in  befriedigender  Weise  erklärt 
wird,  hat  Stürzinger  (s.  Körling's  Nachträge  3318)  gezeigt  An 
dem  Diez'schen  Ausgangspunkte  wird  man  indessen  festhalten 
müssen.  Fiatare,  flatus,  flator  wurden  (s.  Georges  und  Du 
Gange)  vom  Flötenspiel  und  Flötenbläser  gebraudit  Flatuare 
ist  von  flatus  regelrecht  gebildet,  da  Ableitungen  von  Substantiven 
der  4.  Declination  das  u  wahren.^  Zum  Präsens  flatuo  (das 
die  Primitiva  auf  -uo  im  Vulgärlatein  wenig  üblich  gewesen 
dürfte)  bildete  man  nach  Analogie  der  Verba  auf  -uO|  -utum  ein 
Participium  flatutum,^  dazu  einen  Infin.  flatutare  und  endlidi 
ein  hier  sehr  wohl  angebrachtes  iteratives  flatutitare  (vgL  canti- 
tare).  Aus  dem  Altfranz,  ist  die  Deminutivbildung  flahutelle 
bekannt,  und  Montesson  (Glossaire  du  Haute-Maine)  föhrt  fld« 
tailler  an.     Ostfranz.  y¿7^  bedeutet  , pfeifen'  wie  lat  fiatare« 

foupir. 

Zs.  21,  197  würde  für  ixz,  foupir  eine  dreisilbige  Grundfonn 
(faluppa)  aufgestellt  Bestätigt  wird  dieser  Ansatz  durch  mund- 
I artliches  fenoupe  s.  f.  , morceaux,  rognures  d'étoffes  qui  ne  peuvent 
être  d'aucun  usage  ^  (bei  Adrien  Thibaut,  Gloss,  du  Pays  Blaisois^ 
mit  zwei  urkundlichen  Belegen  aus  den  Jahren  16 17.  161 9),  auch 
fenouperie  , friperie*.  Daneben  wird  gleichbedeutendes  foupe  cr- 
wähnt^     Für  fenoupe  ist  als  Vorstufe  *feloupe  anzunehmen« 

^  Vgl.  fluctuosus,  flexuosus,  und  noch  in  später  Zeit,  artuare, 
artuatinii  von  artus,  Arch.  f.  lat.  Lexicogr.  7,  496;  ictnatns  ib.  3»  asi« 

'  Als  Beispiele  solcher  falscher  Analogiebildungen  Vahrt  ich  ans  Petronlit 
Gastmahl  des  Trimalchio,  ed.  Friedlander  an:  zweimaliges  vetno  nach  Tetul 
118,19;  132,2;  vinciturum  zu  vincere  114,7;  fefellitns  sum  152914. 

'Auf  falnppa  beruht  m. £.  2mc\í flôpe  f.  ,toat  vêtement  long  et  large*» 
bei  Montesson,  Gloss,  du  Haut-Maine;  vgl.  die  Zs.  21, 193  sn  la^nfouiùmfêmm 
verzeichneten  Bedeutungen  , enveloppe,  braie,  lange*. 


ZUR  WORTGESCHICHTS.  485 

gaspiller. 

Während  das  Diez'sche  Etymon  (US  gaspildan  ^verzehren, 
vergeuden*)  von  Littré,  Körting  und  Mackel  (der  Französ.  Studien 
6,48  gi-spildjan  oder  gaspildjan  ansetzt),  unbeanstandet  über- 
nommen wird,  verweiilt  das  Dictionnaire  Général  auf  afr.  gaspatl 
und  auf  poitev.  gapailler,  und  damit  ist  gewifs  der  Ausgangspunkt 
für  die  Untersuchung  gewonnen. 

Laianne,  Gloss,  du  Poitou,  giebt  gätpailles  s.  f.  pl.  ,ce  que  le 
van  rejette  à  teiTe*  und  Godefroy  v.  gaspat'lks  ,les  pailles  et  gaS' 
pailles  de  la  court  dixmerie  de  Villiers'  (aus  dem  Jahre  15 16,  aus 
einer  Handschr.  aus  Poitou).  Dazu  bei  Laianne  gaspaillai  (ob  mit 
lautem  x?)  und  gapaillai  , gaspiller*.  Thibaut,  Gloss,  du  Pays  Blai* 
sois,  hat  gâpaille  s.  f.  ,état  de  ce  qui  est  éparpillé';  gâpailUr  le 
foin  ,réparpiller  en  fanant'.  Die  Bedeutung  ,verzetteln'  giebt  auch 
Littré. 

Dafs  beide  Formen,  gaspailler  sowohl  wie  gaspülier^  alt  sind, 
ergiebt  sich  aus  Du  C.  gaspaleum  und  gaspilio  ,purgamentum 
frumenti  post  ventilationem'  aus  dem  Jahre  1221  (v áspale,  ib.  aus 
dem  Jahre  1194).  Legt  man  ga-  oder  gi-spildjan  zu  Grunde, 
so  bleibt  -¿z///-  dunkel,  unerklärt  der  Anlaut  ^(a)  statt  i,  des- 
gleichen der  erhaltene  f-Laut  und  die  concret-sinnliche  Bedeutung 
,criblures  de  blé*. 

Ich  sehe  in  gaspaille  eine  Zusammensetzung  aus  afr.  gasi{e) 
(=  wasie,  vgl.  bei  Godefr.  s.  v.  gaspail  die  Form  waspail  m.)  und 
paille  , Spreu'*  Das  häufig  gebrauchte  Wort  der  Bauemsprache 
konnte  zu  guas[se)paille  werden:  vgl.  bei  Thibaut  croissepâdieu  s.  f. 
,ralphabet  qu*on  apprend  à  l'école*  (aus  , croix  de  par  Dieu*)  und 
Croisseiiniau  (aus  ,  Croix  de  Petineau).  Dafs  im  Altfranz,  das  Ad- 
jektiv gast  regelmäfsig  vor  dem  Substantiv  steht,  wird  z.  B.  von 
Chambure,  Gloss,  du  Morvan,  gebührend  hervorgehoben  {gaste 
maison,  gaste  terre).  Von  gaspaille  bildete  man  ein  Verbum  gas-- 
pailler,  wozu  das  Mase,  gaspail  wohl  postverbal  ist 

Was  gaspilionem  betrifft  (um  von  der  mittellateinischen  Form 
bei  Du  Gange  auszugehen),  so  ist  es  zusammengesetzt  aus  gast 
und  pillionem  (vgl.  DC  s.  v.  spilo,  pi  lio  ,purgamentum  frumenti, 
seu  spicae  remanentes  post  ventilationem*)  :  dieses  pi  lio  ist  der 
Abklatsch  des  noch  heute  an  den  Ufern  der  Loire  vorkommenden 
pillon  (gespr.  pi -ion)  m.  ,épis,  grains  incomplètement  battus  qui 
restent  après  le  nettissage  du  blé*  (s.  das  Wort  bei  Martellière, 
Gloss,  du  Vendômois,  und  bei  Thibaut,  der  Belege  aus  den  Jahren 
142Q.  1787  giebt).  Ob  dieses  pillon  mit  dem  von  Godefroy  er- 
wähnten espeillon  (paille,  estrain,  ^.)  identisch  ist,  ob  gaspiller  (das 
übrigens,  wie  es  scheint,  heute  an  den  Ufern  der  Loire  nicht  vor- 
kommt), statt  gaspillionner  nach  gaspatUer  umgebildet  ist,  ob  pillon 
selbst  erst  durch  unrichtige  syntaktische  Auffassung  und  Abtrennung 
aus  guasscpiller  (=  espiller)  hervorgegangen  ist,  dies  alles  mufs  ich 
dahingestellt  sein  lassen.  Die  Hauptsache  ist,  dafs  die  Existenz 
jenes  pillon  gesichert  ist. 


486  A.  HORNING, 

Analoge  zusammengesetzte  Bildungen  scheinen  vorzuliegen:  in 
geaupaiüaz  {bei  LàìSLVine),  eigentlich  ,  fouler  la  paille  comme  un  ^aw 
(=  Hahn),  Teparpiller,  terme  de  moissonneur'  —  und  in  rap(àUai 
(ibid.)  , ramasser  le  chanvre  le  plus  court',  bei  Mistral  raspata  ,ba« 
layer,  râteler  les  épis'  (vgl.  bei  Raynouard  raspalh  , balle  du  blé'), 
vielleicht  aus  raspar  -|-  palea;  raspar  heiíst  span.  ,rader,  ratissery 
gratter*. 

Gaspaüler  scheint  sich  mehrfach  mit  andern  Wörtern  vermischt 
zu  haben,  resp.  von  andern  beeinflufst  zu  sein.  In  der  Beance 
sagt  man  nach  Thibaut  gripâilU,  im  Wallon,  caspouì.  Provenz. 
guespüiar  ist  wohl  mit  Unrecht  von  Diez  hierher  gezogen  worden: 
wie  die  Bedeutung  ,  taquiner,  tracasser'  bei  Raynourd  lehrt,  ist  es 
von  guespa  , Wespe*  abgeleitet. 

Ist  lat.  lotium  romanisch? 

Nachdem  Diez  II**  sp.  loza  , irdenes  Geschirr*  aus  lúteas  er- 
klärt hatte,  wurde  Zs.  i8,  221  auch  lothr.  lohîre^  lauhére  auf  dieses 
Substrat  zurückgeführt.  In  ganz  Lothringen  (auch  im  Maas-Depar- 
tement) tritt  das  Wort  nur  in  der  Bedeutung  ,/i/ri>f,  Mistjaudie' 
auf,  auch  in  Freiburg  (s.  l.  c.)  bezeichnet  luzf  eine  , sorte  d'engrais 
liquide*.  In  Italien  (s.  C.  Salvioni,  Postille  Italiane  al  Vocabolario 
Latino-Romanzo  ^  s.  v.  luteus)  ist  valses,  lozza  , sterco  vaccino  senza 
letame^  vaiteli,  bellinz.  sloz  , inzuppato  d'  acqua*.  Dafs  lateas 
(lu tum  bedeutet  ursprünglich  ,Lehm,  Strafsenkot*)  diese  spedellen 
Bedeutungen  habe  annehmen  können,  soll  nicht  in  Abrede  gestellt 
werden.  Auffüll  ig  aber  ist,  dafs  sowohl  im  Rätischen  wie  in  den 
italienischen  Mundarten  (s.  Archiv,  glott.  it.  I,  37;  Salvioni,  1.  c  und 
Fonetica  del  dialetto  di  Milano,  S.  82)  das  Wort  ausschliefslicfa  mit 
offenem  0  erscheint^  Besonders  wichtig  ist  das  sardin.  l^u  ,fangO| 
guazzo*,  das  überhaupt  nicht  von  luteus  kommen  kann,  da  das 
Sardinischc  û  nicht  mit  0  zusammenfallen  läfst  (vgl.  sard,  ludu  s= 
lu  tum,  ludosu):  Salvioni,  1.  c,  stellt  es  zu  lötus,  aber  damit  ist 
das  eigentliche  Substrat  nicht  gegeben. 

Die  Frage  ist  demnach  berechtigt,  ob  man  nicht  an  lat 
lotium  ,Urin*'*  denken  darf,  einem  bei  Cato  und  Petronius  über- 
lieferten Worte  der  Vulgärsprache,  das  bei  CatuU  39,  12  allerdings 
langes  0  hat.  Aber  wenn  das  von  den  Wörterbüchern  gegeb^ie 
Etymon  richtig  ist  (lotium  wird  zu  lotus,  laatas  gestellt),  so 
kann  es  ein  vulgäres  ^1  au  ti  um  gegeben  haben,  dessen  au  roma- 
nisch zu  0  geworden  wäre.  Möglicherweise  hatte  das  Wort  ar- 
sprünglich  die  allgemeinere  Bedeutung  , Spülwasser*,  , Spülicht':  in 
Mailand  ist   slozza  , pattume,   ricavo  di  fossa*.     Denkbar   ist   aadi. 


'  Memorie  del  R.  Istituto  Lombardo  di  Scienze  e  Lettere  (Volume 
XI  della  Serie  III).    Separatabdr.,  Ulrico  HoepU,   Milano  1897. 

^  Im  Lothringischen   bleibt   die  Qualität    des  o  unentschieden»   da  im 
lohtre  das  Suffix  den  Ton  tragt. 

^  Das  von  C.  Hofmann  herausgegebene  París.  Gloss,  hat  locium  pissms 
de  beste. 


ZUR  WORTGESCHICHTE.  487 

dafs  luteum  und  lotium  in  einem  romanischen  Içtium  zu* 
sammengeñossen  sind.  Ein  Subtrat  mit  ç  wird  auch  durch  altprov. 
¡ÇÎZ  ^  (s.  Donat  proensal,  ed.  Stengel)  gefordert,  das  mit  lentus  (also 
klebrig,  lehmig?)  übersetzt  wird  und  das  schon  Gröber,  Arch.  f.  lat 
Lexic  3,  518  mit  lut  eus  durch  sein  g  in  Widerspruch  stehend 
bezeichnete. 

poitevin.  louvres, 

Lat.  lucubrum  ist  im  lothr.  ¡our  , Spinnstube'  erhalten;  s.  Zs. 
18,221  und  Meyer- Lûbke  in  den  Wiener  Studien  1894,  S.  317. 
Dasselbe  Wort  ist  m.  £.  poitev.  ¡ouvres  s.  m.  pi.  (bei  Laianne,  Gloss, 
du  Poitou)  ,sc  dit  du  papier  brûlé  et  plus  particulièrement  des 
feuilles  qui  voltigent*.  Das  Wort,  das  im  Osten >  als  m.  und  fem. 
vorkommt,  scheint  hier  das  im  Dunkeln  Leuchtende,  das  Ver- 
glimmen des  verkohlten  Papiers  zu  bezeichnen. 

maraud. 

Das  Dictionnaire  Général  merkt  dazu  »origine  inconnue'  an, 
während  Körting  mala  Idus  empfiehlt,  das  indessen  eine  Reihe 
eigenartiger  Bedeutungen  nicht  erklärt,  die  dem  Worte  in  franzö- 
sischen Mundarten  zukommen:  Laianne  verzeichnet  maraud  Adjekt 
(ein  fem.  dazu  ist  nicht  angegeben)  ,  terme  de  tendresse  pour  dé- 
signer les  enfants;  il  signifie  aussi  enfant  en  général'.  Ferner  (ib.) 
maraud^  -e  ,adj.  s'applique  aux  animaux  qui  s'engraissent  difficile- 
ment' (vgl.  damit  mar  an,  Adj.  m.  se  dit  des  bêtes  et  des  gens  qui 
malgré  la  bonne  nourriture  ne  peuvent  engraisser).  Nach  der  Re- 
vue de  Philol.  franc,  et  provenç.  3,  99  ist  im  Patois  de  l'Ile  d'Elle 
(Vendée)  méraude  s.  f.  eine  ,  femme  de  mauvaise  vie  qui  a  des  en- 
fants*. Nach  Mistral  s.  v.  maraud  hat  das  Wort  im  Provenzalischen 
die  Bedeutung  »espiègle,  lutin'. 

Als  Etymon  scheint  mar,  maris  , männlich'  passend.  Insbe- 
sondere führt  poitev.  maraud  , schwer  zu  mästen'  darauf;  dasselbe 
bezeichnet,  wie  Chambure  s.  v.  maitou  sagt,  , évidemment  un  mâle 
non  chairé^  Daraus  konnte  sich  die  Bedeutung  ,unansehnlich,  kränk- 
lich, maladif'  entwickeln,  die  das  Wort  in  Corsica  {marodt)  und 
in  Vionnaz  hat  (wenn  anders  dieselbe  sich  nicht  erst  aus  dem 
modernen  marodeur  entwickelte)  —  und  schliefslich  die  Bedeutung 
, elend,  gueux'.  Als  Kosewort,  gleichsam  , Männchen',  wurde  es  in 
Poitou  gebraucht,  in  pejorativem  Sinne  endlich  méraude  , Mannweib'. 
Aus  der  Grundbedeutung  von  mas  konnten  sich  anderseits  die 
Begriffe  , coquin,  fripon,  frech'  u.  s.  w.  ergeben. 

Ob  m  arem  noch  anderweitig  im  Romanischen  fortlebt,  ist 
noch  nicht  festgestellt:  Ich  erinnere  an  ptg.  mardo  m.  , Schelm, 
Schalk,   Schlaukopf;    an   das  mundartl.  franz.  marou  , Kater',    das 


1  Mehrfach  bezeugtes  ital.  i^to  neben  loto  (s.  Archiv,  gl.  it.  3,  359  A.*; 
1 3,  408  A.  ^    steht  vielleicht  unter  dem  Einflufs  von  /^im,  /psso. 

'  H.  Urtel,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Neucbateller  Patois,  I,  Dannstadt, 
1897,  gicl^^  S.  62  lövr  »nächtlicher  Gang  xmn  Mädchen*,  tSvrfy  ,Abeod', 


488  A.  HORNING, 

nach  P.  Marchot,  Phonologie  d'un  Patois  Wallon  S.  127  allerdings 
Marulphus  sein  soll;  endlich  an  lyones.  mar  fit  »maquerelleS  dem 
ein  Substrat  marasca  genügt,  s.  Zs.  18,  22^, 

lyon.  p^gi  (phon.  p/it), 

neuchâtell.  pi¿^  p}dz^  podz  ,Pech'  ist  nicht  mit  prov.  pega  (s:  lat 
pïca,  Postverbal  zu  pïcare)  gleichzusetzen,  da  intervokal,  e,  g  im 
Franco-provenzalischen  nicht  zu  z  wird  (vgl.  lyon.  oya  anca,  plaù 
plaga).  £s  ist  vielmehr,  wie  H.  Urtel  gezeigt  hat,^  aus  einar  Vor- 
stufe pidicus  hervorgegangen,  die  sich  in  derselben  Weise  &úr 
wickelt  hat  wie  sudicus  (aus  sucidus)  zu  södzf  und  fid  leas 
, Leber'  zu  fœdz  geworden  ist.  Nur  wird  man  Urtel  nicht  folgen, 
wenn  er  meint,  pidicus  sei  aus  pi  cat  um  umgebildet  Neben 
pica  tum  bestand  vielmehr  pici  dus,  das  Meyer -Lûbke  bereits 
Rom.  Gramm.  II,  §  410.  426  zur  Erklärung  des  sard,  piáigu  ange- 
setzt hat 

£s  fragt  sich,  ob  die  Schwierigkeiten,  an  denen  bis  jetgt  die 
Erklärung  von  y/|g'j/(7,  lomb.y^er^A,  neuchâtyV<&,  frz. /b¿?  gescheitert 
ist,  sich  nicht  in  der  Weise  heben  lassen,  dafs  man  neben  ficatas 
ein  fi  ci  du  s  2  annimmt,  das  sich  zum  Subst  ficus  verhalten  würde 
wie  sucidus  zu  sucus,  mu(c)cidus  zu  mu(c)cus  und  das  su 
fidicus  geworden  wäre  wie  picidus  zu  pidicus.  Die  Verschie» 
bung  des  Tones  in  fégato  wäre  unter  dem  Einflüsse  von  ff  cid  as 
erfolgt.  Es  scheint  nicht,  dafs  irgend  eine  romanische  Form  lat 
ficitum  oder  fiticum  mit  /  unbedingt  fordere,  auch  wallon,  y^ 
, Leber'  nicht,  da  (phonet.)  mçd  medicus  (s.  Zs.  15,494)  gewiíb 
met  gesprochen  wurde  (wie  denn  im  Wallonischen  alle  auslautenden 
Konsonanten  geschärft  werden),  und  man  wohl  nur  dem  lat  Ety- 
mon zu  liebe  med(e)  geschrieben  hat. 

râle  , Ralle,  Wiesenschnarrer*. 

Von  Diez  11*^  v.  réUer  wird  der  Name  des  Vogels  zu  engt 
rattle  , röcheln',  ndl.  ratelen^  nhd.  rasseln  gestellt  Dafs  dieses  £^- 
mon  nicht  Stich  hält,  zeigt  prov.  rascle  m.  (bei  Mistral),  audi  raie^ 
ralle  ,râle,  oiseau'.  Span,  rascón  ,râle  de  genêt'  lehrt  anderseits» 
dafs  das  /  nicht  stammhaft  ist  Die  Grundlage  ist  rasicare, 
rasculare  ,schaben,  schnarren'  (s.  Gröber,  Arch.  f.  1.  Lex.  5,  131.  2). 
Râle  ist  die  lautgerechte  französ.  Wiedergabe  von  rasculum  {rätier 
ist  sûdfranz.).  In  pikard.  retile  bei  Littré,  wallon,  räyf  , Ralle'  bei 
Zéliqzon,  Zs.  18,  261  ist  ly  (jf)  aus  tönendem  s  +  l  entstanden  (vgL 
wallon,  may  =  masculus,  pik.  maülart  ,Ente'  aus  maslar/)\  raJU 
in  dem  Citate  bei  Littré  ist  rasle  zu  lesen;  das  doppelte  a  in  riúU 
in  einem  Belege  bei  Littré  bezeichnet  das  nach  dem  Ausfalle  des 
s  gedehnte  a\  rabie  neben  ralle  hei  Thurot,  De  la  Prononciation 
française  II  255  ist  Verderbnis  oder  beruht  auf  falscher  AnUldimg: 


*  S.  21  und  45  der  oben  S.  4S7  A.'  näher  bezeichneten  Schrift. 
'  Das  Sardinische  besitzt  fidigu  und  figdu. 


ZUR  WORTQESCHICHTE.  489 

Nach  Sachs  (Supplém.)  ist  râle  auch  eine  Art  Frosch.  Dafs 
dieses  Wort  gleichfalls  auf  rasculum  zurückgeht,  zeigt  die  Form 
lo  r delio  (in  lons-s.-Isère,  Rev.  de  Philol.  franc,  et  provenç.  7,  271) 
»reinette,  grenouille  verte;  lorsqu'il  crie,  il  annonce,  la  pluie,  dit- 
on  ^  Fur  , Ralle'  sagt  man  in  Ions  mit  anderer  lautlicher  Ent- 
wicklung ralo  (vgl.  Revue  4,  234).*. 

râler 

ist  sehr  wahrscheinlich  rasculare  mit  lautgerechter  französ.  Ent- 
wicklung (s.  den  vorigen  Artikel):  roller  (mit  Assimilierung  des  x 
an  das  /)  giebt  Littré  aus  dem  16.  Jahrh.,  und  Sachs  kennt  raller 
vom  Schreien  des  Hirsches;  es  wird  ein  Wort  der  Jägersprache 
sein  und  ursprünglich  , schnarren'  bedeutet  haben.  Die  Bedeutung 
, ritzen'  liegt  vor  im  Subst.  fem.  râlée  (bei  Martellière,  Gloss,  du 
Vendômois)  »petite  raie,  trace,  éraflure;  une  épine  m'a  fait  une 
râlée  le  long  du  dos';  vgl.  auch  à  la  ralleiie  ,en  rasant  le  sol' 
Rev.  de  Philol.  fr.  et  prov.  7,  124. 

raie  ,Milz*. 

Diez  hat  11^  das  französ.  Wort  vom  ndl.  raie  (altnordfränk.  raid) 
, Honigrose ^  abgeleitet,  insofern  jene^  Eingeweide  ein  lockeres, 
zelliges  Gewebe  vorstellt  (vgl.  auch  I  v.  raggio,  wo  die  Vermutung 
ausgesprochen  wird,  das  ndl.  Wort  habe  dem  franz.  rate  , Strahl*, 
sofern  es  Honigrose  heifst,  diese  Bedeutung  mitgeteilt).  Die  Er- 
haltung des  a  und  des  /  spricht  indessen,  wie  Körting  bemerkt, 
gegen  das  Diez*sche  Etymon. 

Das  Wort  ist  wohl  dasselbe  wie  raie,  das  Feminin  zu  rai.  Ich 
bemerke  dazu:  Dafs  in  vielen  Mundarten  (z.  B.  im  Ostfranzösischen 2, 
auch  im  Provenzalischen)  raie  nicht  , Ratte',  sondern  ,Maus'  be- 
deutet; dafs  man  mit  musculus  schon  im  Lateinischen  einen 
Muskel  bezeichnete;  dafs  man  souris  , certain  muscle  charnu  du 
gigot  de  mouton'  nennt 3;  vor  allem  aber  dafs  im  Spanischen  die 
Milz  gleichfalls  nach  dem  Namen  eines  Tieres  pajarilla  ,Vögelchen' 
heifst.  Das  Lexikon  sagt,  das  sp.  Wort  bezeichne  die  Milz  der 
Tiere»  insbesondere  die  des  Schweins.  Aber  die  Redensarten 
alegrarse  la  p.  »s'épanouir  la  rate',  hacer  iemblar  la  /.  , einschüch- 
tern^ zeigen,  dafs  es  auch  von  der  menschlichen  Milz  gebraucht 
wurde.    Wie  das  Spanische,  so  verwenden  auch  das  Provenzalische 


^  Raicle,  raclet  im  Lyoner  Yzopet  soll  nach  W.  Förster  S.  XXVIII 
graculus  sein.  Dann  muíste  eine  gelehrte  Bildung  vorliegen,  da  al  nicht 
zu  ly  geworden  ist.  Dies  ist  indessen  wegen  der  Behandlung  des  Anlautes 
nicht  wahrscheinlich.  Sollte  raicle  nicht  unser  Wort  sein?  Chambure  giebt 
r aghiotte  »fauvette'  (weil  sie  »rase  le  sol');  vgl.  ib.  râghiat  »rftdure*.  In 
den  Südvogesen  kommt  raquiatte  »rftle  d'eau*  vor  (s.  X«  Thiriat,  VaUee  de 
Cleurie»  S.  147). 

>  Auch  im  Pikardiscben:  Zs.  22»  S.  52»  V.  31  (vgl.  S.  84,  Zeile  12)  ist 
»li  cors  est  cas  et  Tame  est  rate*  zu  übersetzen  »der  Leib  ist  die  Katze  und 
die  Seele  ist  die  »Maus*  —  und  nicht  , Ratte'. 

3  Vergi,  bei  Jaubert  rate,  f.  mollet,  grss  de  la  jambe. 

Z«itachr.  f>  rom.  PhQ.  XXIL  «2 


490  A.  HORNING, 

und  Lyonesische  das  Femininum  des  Deminutivs,  là  raieilo^  la  raiella 
(s.  Mistral  und  Puitspelu).  Im  Metzischen,  wo  man  für  Mans 
,  souris  S  nicht  ,  ratte  ^  braucht,  ist  mis  das  Wort  für  ,Milz'  (s.  Zé- 
liqzon,  Lothring.  Mundarten,  Gloss.). 

ostfrz.  trpx^   provenz.  trescamp. 

Im  Ost-  und  Nordostfranzösischen  ist  das  Wort  trfx  »Bradi- 
land*  weit  verbreitet;  man  vergleiche:  X.  Thiriat,  La  Vallée  de 
Cleurie,  S.  451  iréhhe  s.  m.  ,  champ  laissé  en  pré,  prairie  artificielle'; 
Zéliqzon,  Lothringische  Mundarten,  /r^,  trem^ , unbebaut,  vom  Felde*, 
also  Adjekt;  Rolland,  Romania  ^^  222  ä  trèhh  ,en  friche';  Labou- 
rasse, Gloss,  de  la  Meuse,  Mce^  adj.  inculte,  en  friche;  in  Couvin 
(s.  P.  Marchot,  Vocables  Couvinois,  Liège  1890)  irt  m.  ,  lande  ga* 
zonnée,  inculte'. 

Das  Wort  ist  deutsch  :  s.  Grimm's  Wörterbuch  s.  v.  drieschf 
Subst.  masa  und  neutr.  ,unangebautes,  brach  liegendes  Land*.  Da- 
neben kommt  drüsch  wie  im  Romanischen  auch  als  Adjektiv  vor. 
Sein  Ursprung  ist  dunkel:  es  wird  als  mittel-  und  neuniederdeutsch 
bezeichnet  und  soll  ahd.  und  mhd.  nicht  vorkommen.  Das  in  Sûd- 
deutschland,  wie  es  scheint,  unbekannte  Wort  reicht  bis  in  die 
Umgegend  von  Metz  herab.  C.  This,  der  in  seiner  Schrift  »Die 
Mundart  von  Falkenberg*  trf)(^  und  dçtrfjyâ^  , défricher'  erwähnt, 
bemerkt,  dafs  das  Deutsch-Lothringische  drUc  ,unangebautes  Land' 
kenne. 

Unser  Wort  ist  schon  altfranzösisch:  vgl.  Godefroy:  s.  v.  trü 
(auch  trihe  ist  belegt;  in  trie  hat  sich  das  h  (x)  verflüchtigt);  s.v. 
iries  (aus  Namur,  aus  dem  Jahre  1272)  jachère',  auch  triot  und 
irim  (mit  wallonischer  Diphthongierung  des  ^,  denn  das  Wort  ar- 
scheint im  Französischen  mit  f\  í  wäre  lothr.  zu  ^/^  geworden). 
Aus  dem  Jahre  1575  belegt  Labourasse  Irexe,  das  heute  in  dem 
Meuse-Depart.  auch  zu  Iré,  irati  verkürzt  wurde. 

Ueber  den  französischen  Nordosten  hinaus  hat  der  Aosdmck 
Verbreitung  gefunden:  prov,  trescamp  , lande'  (s.  Mistral),  irescam" 
paio,  trescampas  ist  aus  dem  Adjekt.  tresc  und  campus  zusammen- 
gesetzt (fr escanaio  ibid.  ist  mir  dunkel).  Laianne,  Gloss,  du  Poitou« 
giebt  trechain  s.  m.  ,  terrain  qui  n'est  pas  cultivé,  où  paissent  les 
brebis*;  vgl.  damit  im  Patois  de  Ule  d'Elle  (Vendée),  Rev.  d.  PhiloL 
franc,  et  prov.  3,  121  trechèn  s.  m.  , terre  nouvellement  dénichée'. 

trier. 

Das  von  Diez  11^  für  trier  vorgeschlagene  Etymon  tritare 
kann  nicht  als  vollständig  gesichert  gelten,  da  alt-  und  neuprovenz. 
und  catalanisch  nur  triar,  nicht  iridar  bezeugt  ist  Gestützt  wirdi 
wie  mir  scheint,  die  Diez'sche  Deutung  durch  morv.  (s.  das  Glossar 
von  Chambure)  triquer^  , trier*,  triquage  ,tri'  (neben  teurier^  ieuriaigi^ 

*  -quer  statt  -chier  kommt   dort  mehrfach   vor,    x.  B.  auch   in  trifUêr 

, sauter,  danser  lourdement'  (=  air.  treschier). 


ZUR  WORTQBSCHICHTE.  49 1 

das  tri  tica  re  fordert  (desgleichen  prov.  /rigar  bei  Mistral,  v.  triar). 
Triller^  tr eiller  (letzteres  im  Pat.  d'Âlençon,  Rev.  d.  Philol.  franc,  et 
prov.  7,  218)  wurde  bereits  von  Diez  aus  tritulare  erklärt  Sind 
prov.  cat  triar^  piem.  trü^  altital.  triare  als  frühe  Entlehnungen  aus 
dem  Französischen  zu  betrachten? 

vétille. 

Die  Etyma  vitilia  (Diez)  und  vetilia  von  vetus  (Scheler) 
kommen  nicht  mehr  in  Betracht,  da  /  gefallen  wäre.  Von  Körting 
wird  eine  Ableitung  von  vest  is  empfohlen,  das  der  Form  nur  zur 
Not  (man  erwartet  ve^y  vit-),  dem  Sinne  aber  gar  nicht  genügt. 
Sowohl  vétille  s.  f.  ,  petit  balai  sans  manche  qui  sert  à  nettoyer  la 
met  du  pressoir^  (bei  Thibaut,  Gloss,  du  Pays  Blaisois)  wie  vétille 
(bei  Littré)  , petit  anneau  d'un  rouet,  dans  lequel  passe  le  fil' 
weisen  deutlich  auf  die  Grundbedeutung  ,  Binde  ^  (wohl  auch  ,Ge- 
binde')  des  von  Raynouard  vorgeschlagenen  Etymons  vit  ta  hin; 
s.  auch  bei  Diez  11^  sp.  prov.  veta  , Streif  im  Zeuge'  und  sie.  vitta 
, Striscia  di  panno*  in  Scheler*s  Anhang  11^  v.  veta. 

A.  Horning. 


32* 


Brnnäniscli  spre. 

Die  rumänische  Präposition  spre  'nach,  gegen'  wird,  soviel 
ich  weifs,  überall  aus  exper  erklärt,  so  von  Cihac,  Diet  étym.  I,  215, 
von  Miklosich,  Beitr.  z.  Lautlehre  der  rum.  Dial.  V,  20,  von  Tiktin, 
Gramática  romînâ  I,  118,  von  Philippide,  der  Istoria  limbel  romtne 
I,  104  zwar  spre  nicht  aufführt,  wohl  aber  înspre^  das  er  als  vuxper 
deutet.  Trotzdem  habe  ich  es  in  der  Romanischen  Grammatik 
III  §  132,  wo  die  Anreihung  zweier  Präpositionen  besprochen  wird, 
nicht  mit  aufgeführt  und  will  die  Gründe  dafür  wie  fur  die  Deu- 
tung, die  mir  richtiger  scheint,  hier  geben,  da  Erörterungen  etymo- 
logischer Fragen  im  allgemeinen  nicht  in  die  Syntax  gehören,  be- 
sonders wenn  es  sich  um  einen  im  Vergleich  zum  Ganzen  ziem- 
lich nebensächlichen  Gegenstand  handelt 

Da  lat.  ex  dem  Rumänischen  wie  allen  romanischen  Sprachen 
fehlt,  so  müfste  exper  schon  hteinisch  sein.  Nun  finden  wir  aber 
in  dem  ziemlich  vollständigen  Verzeichnis  der  zusammengesetzten 
Präpositionen  im  Lateinischen,  das  Karl  Hamp  im  Arch  lat  Lexik. 
V,  321 — 368  veröffentlicht  hat,  keine  solche  Verbindung,  überhaupt 
mit  ex  nur  exadversus  und  econira,  vielleicht  exsuper^  etrans^  exanU. 
Doch  sind  die  zwei  ersteren  nur  je  einmal  überliefert,  exanit  sogar 
nur  durch  eine  allerdings  sehr  einleuchtende  Konjektur  Studemunds 
gewonnen.  Man  sieht  schon  daraus,  dafs  ex  sich  kaum  eignete 
zu  solchen  Zusammensetzungen,  vielleicht  richtiger,  dafs  zur  Zeit, 
als  die  Neigung  dazu  mehr  und  mehr  um  sich  griff,  ex  sdion 
dem  Aussterben  nahe  war.  Weiter  kommt  die  Bedeutungsfrage  in 
Betracht.  Sieht  man  sich  Hamps  Liste  durch,  so  trifft  man  nirgends 
per  an  zweiter  Stelle  und  das  mit  gutem  Grunde,  per  eignet  sich 
seiner  Bedeutung  nach  nicht  zur  Verbindung  mit  einer  zweiten 
Präposition.  Man  wende  nicht  ital.  dappertutto  ein,  denn  hier  han- 
delt es  sich  darum,  dafs  das  fertige  und  in  seiner  Bedeutung  von 
per  schon  ziemlich  entfernte  per  lutto  mit  da  verbunden  wird;  man 
darf  sich  auch  nicht  auf  span,  las  gentes  de  por  ahi  berufen,  denn 
por  hat  auch  hier  einen  anderen  Sinn  bekommen.  Vor  allem  aber 
widerspricht  die  Anwendung  von  spre  in  den  ältesten  Texten.  Idi 
stelle  hier  zunächst  eine  gröfsere  Zahl  von  Beispielen  aus  dem 
Codex  Vorone(eanus  und  den  ersten  dreifsig  Psahnen  der  Psaltirea 
Scheianä  zusammen  und  stelle  neben  jene  die  deutsche  Ueber- 
setzung,  neben  diese  die  des  altfranzösischen  Oxforder  Psalter. 


RUMÄNISCH  SPRB.  493 

Cod.  Vor.  p' fi  puse  Pavelu  mârule  spre  ei  3,  i  'und  Paulas  legte 
die  Hände  auf  sie';  spre  latnngezi  purta  mär  e  fier  gura  de  sudor  ile 
4,  8  *auf  die  Kranken  legte  er  Schweifstûcher';  a  meni  spre  cetea 
ce  avea  duhure  hitleane  numale  Domnului  Isusu  5,  i  'über  die, 
welche  böse  Geister  hatten,  den  Namen  des  Herrn  Jesu  auszu- 
sprechen'; fz  näpäzi  fricä  spre  tofi  ei  6,  5  *und  es  fiel  Furcht 
über  sie  alle';  statu  Pavelu  spre  spifä  36,  9  'Paulus  stellt  sich  auf 
die  Treppe';  tntru  amiazä  zi  strähtci  lumirä  multa  de  näprasnä 
spre  mein  re  38,  11  'um  Mittag  leuchtete  plötzlich  ein  grofses  Licht 
auf  mich';  fi'  cäzuiu  spre  pamîntu  38,  14  'und  ich  fiel  zur  Erde'; 
cauta  Pavelu  spre  zboru  46,  I  'Paulus  blickte  auf  den  Rat';  upo- 
väinfa  aihandu  spre  dumnezeu  61,  I  'Hofihung  setzend  auf  Gott'; 
fi  sari  spre  ei  omulu  ce  era  tntru  elu  duhulu  hitleanu  5»  li  'und 
es  sprang  ein  Mann  auf  sie  zu,  in  welchem  der  böse  Geist  war'; 
fz  se  întàriîea  spre  ei  5,  14  'und  er  übte  Gewalt  an  ihnen';  fu 
spre  elu  sfadä  delà  Judei  14,  6  'es  entstand  gegen  ihn  die  Nach- 
stellung der  Juden';  ce  spre  tiînre  au  auzihi  31,  3  'die  auf  dich 
gehört  haben';  curse  spre  ei  34,  4  'er  lief  gegen  sie  hinab'; 
acesta  ieaste  omulu  acela  ce  spre  oameri  fi  spre  leage  fi  spre  loculu 
acesta  top  to  ff  tutindirea  tnvafä  32,  12  'das  ist  der  Mann,  der 
gegen  das  Volk  und  gegen  das  Gesetz  und  gegen  diesen  Ort 
alle,  alle  allenthalben  lehrt'. 

Da  Sbiera  im  Glossar  alle  Stellen  verzeichnet,  verzichte  ich 
darauf,  weitere  anzuführen,  nur  darauf  will  ich  schon  jetzt  auf- 
merksam machen,  dafs  die  Uebersetzung  von  1688  in  dem  zweiten, 
elften  und  vierzehnten  Beispiele  asuprä  setzt,  womit  man  noch  ver- 
gleichen kann  fi  spuserä  lui  arhiereii  fi  înntdnii  Judeiloru  spre  Pwelu 
65,  I  'es  erschienen  vor  ihm  die  Hohenpriester  und  die  Vornehm- 
sten wider  Paulus'  =  fi  arätarä  lui  arhüreulu  fi  cet  mau  defrunU 
ai  jidomloru  asupra  lui  Pavelu^  bemerkenswert  auch  deshalb,  weil 
die  Uebersetzung  von  1648  înprotiva  lui  Pavelu  schreibt. 

Mit  Bezug  auf  die  Psalterûbersetzung  will  ich  zunächst  be- 
merken, dafs  ich  ohne  Bianus  Altersangabe  irgendwie  Glauben  zu 
schenken  doch  nicht  mit  Gaster  in  der  Psaltirea  Scheianä  eine 
jüngere  Abschrift  des  Coresischen  Psalters  zu  sehen  vermag.  Der 
sprachliche  Charakter  ist  entschieden  älter  und  wenn  Gasters  An- 
nahme richtig  wäre,  so  würde  man  sagen,  die  Mundart,  in  die 
Coresis  Arbeit  umgeschrieben  worden  ist,  sei  eine  altertümlichere 
gewesen,  womit  denn  aber  wiederum  für  den  Sprachforscher  der 
Text  seinen  Wert  für  die  Kenntnis  des  Altrumänischen  bewahrt 

spre  oamenii  täi  blagoslovenie  ta  ^^  g  «=*  sur  tun  pople  la  hu 
öenediceun;  pus^ai  elu  spre  lucrul  märilaru  tale  8,  7  =  Jf*  PestabUs 
sur  les  uevres  de  tes  mains  \  ploao  spre  pacato  fi  cursa  io,  7  ^  f/ 
pluverat  sur  les  peccheurs  laz;  pärä  cändu  radicasse  dracul  mieu 
spre  mere  12,  3  =  desçue  a  quant  serai  essùlcei  li  mtèus  enemù 
sur  mei;  domnul  diîn  cerfu  pUcà^se  spre  fit  oamenUoru  13,  2  ^ 
li  sire  del  ciel  esguardat  sur  Us  fil»  des  Atmes;    mäsda  spre  mvi" 


494  ^*  METER-LÜBKB, 

nova  (i  nu  luo  (13,  5)  =  luers  sur  innocent  ne  receut;  /rumseafe 
puri  spr^  insu  20,  6  =  beltet  emposeras  sur  lui\  de^chiserä  spre  mere 
ros  tul  säu  21,  14  =  aov  rirent  sur  mei  tur  huchea  aerease  me  spre 
cara  re  22,  ^  =  demenat  mei  sur  les  sentes',  cándu  apropíense  spre 
mere  rcii  26,  2  =  dementres  que  aprisment  sur  mei  li  nuisant; 
glasul  domnului  spre  ape  28,  3  =  la  voiz  al  segnur  sur  les  ezfes; 
prosfetea^te  /afa  ta  spre  ^erbul  tau  30,  17  =  enlumine  ta  face  sur 
le  tun  serf\  cä  zúa  ^i  noaptea  pasa  spre  mere  mará  ta  31,  4  =» 
car  par  jurn  e  par  nuil  agrégée  est  sur  mei  la  tue  mains;  invrä- 
to^u  spre  tire  okii  miei  31,  8  =  je  fermerai  sur  tei  les  miens  oilz; 
cauta  spre  lofi  cei  ce  viu  ìm  pämäntu  {^2,  14)  =  reguarda/ sur  iuz 
chi  habitent  la  terre;  scärciarä  spre  mere  dinfii  sai  (34,  16)  bb 
eschinne refit  sur  mei  ot  tur  denz;  cei  ce  mare  cuväntä  spre  mere 
(34,  26)  =  chi  malignes  choses  parolent  sur  mei;  f/  vor  fi  in  veacu 
veacului  spr  insu  (36,  29)  =  e  enhabiterant  en  siede  de  siede  sur 
li;  invräto^at-ai  spre  mere  mära  ta  (37,  3)  =  tu  confermeras  sur 
mei  ta  main,  u.  s.  w. 

boìarii  adurarà-se  ìnpreunà  spre  domnul  ^i  la  Hristolul  lui  2,  2 
=  //'  prince  sei  asemblerent  en  un  encontre  nostre  seignur  e  enamtre 
sun  Crist;  mulfi  scularä  spre  mene  3,  i  =  mult  s'esdrecent  encontre 
mei;  ìntàritu  sprinsu  (12,  5)  =  yV  mielz  valui  envers  lui;  împU' 
tare  nu  preimi  spre  vecirii  sai  14,  3  :=:  obprobre  ne  receut  envers 
ses  pruesmes;  ìnpiedecat- ai  lofi  ce  se  scularä  spre  mere  suptu  mere 
(17,  40)  =  supplantas  les  esdrechanz  encuntre  mei  desus  mei;  pia» 
cuescu-se  spre  mene  plàcure  (26,  2)  =  parmainent  encuntre  mei  her^ 
berges;  adura -se  depreurä  spre  mere  30,  14  =  1/  vindrent  ensemble 
encuntre  mei;  ce  gräescu  spre  derepfi  farà  leage  (30,  19)  t=s  ¿pf- 
queles  parolent  encuntre  le  juste  iniquitet,  u.  s.  w. 

Von  anderen  Fällen  will  ich  noch  erwähnen,  dafs  die  Verba 
des  Hoifens:  nedejdui  und  upuväi  mit  spre  (5»  13;  7,1;  12,6; 
14,1;  17,3;  20,8  u.  s.  w.),  în  (21,9;  30,29;  37,16)  oder  tniru 
(40,  ig;  41,  6)  verbunden  werden.  Auch  sonst  trefifen  wir  mehr- 
fach spre,  wo  ¡m  Französischen  en  erscheint: 

ochii  lui  spre  meseri  cauta  9,  30  =  li  ceil  de  lui  el  poor  e  re» 
gardent;  sfinfiloru  ce^su  pre  pämäntul  lui  înmirurà  Domnul  toatä 
V rearea  sa  sprinti  15,3  =  as  sainz  qui  sunt  en  sa  terre,  at  fasi 
mcrveiluses  tutes  mes  voluntez  en  els  ;  de  sculätorü  spre  mere  radici' 
me  17,  49  =  des  esdrechanz  en  mei  exalceras  mei;  lofi  ce  viu  sprinsu 
(22,  i)  =  tuit  chi  habitent  en  lui,  u.  s.  w. 

Dann  prinserä-me  ca  leul  gata  spre  väratu  16,  1 2  «=  receureni 
mei  sicume  kons  apres  tei  à  preie;  cä  manie' se  sprinse  Dumneneu 
17,  8  =  kar  il  est  irez  à  els, 

£s  ist  wohl  nicht  nötig,  die  Beispiele  zu  vermehren.  Schon 
aus  dem  vorgeführten  Materiale  geht  zur  Genüge  hervor,  dafo  spre 
begrifílich  von  ex  per  weit  entfernt  ist,  und  nicht  minder  dentÜch 
weist  namentlich  der  Vergleich  mit  der  altfranzösisdien  Ueber- 
setzung  auf  zwei  Bedeutungen  hin   'über',  'auf'  und  ' gegen ',   als 


RUMÄNISCH  SPRS.  495 

deren  ältere  wohl  die  erstere  anzusetzen  ist  Ausdrucke  wie  'auf 
einen  loskommen',  *ûber  einen  herfallen'  enthalten  den  Begriff  der 
Bewegung  gegen  jemand  hin,  vgl.  auch  aspan,  guantas  antas  fizo 
sobre  la  ymt  ebrea  Alej.  944,  ctumo  sobrel  rey  fizo  grant  crueïdade  945, 
Narbozenes  e  Bessus  traedores  provados  ambos  son  sobre  ty  sen  dulda 
assembrados  ;  cuenta  que  son  sobre  ty  por  matarte  jurados,  andan  con 
sus  poderes  sobre  ty  assembrados  I527.>  Die  Etymologie  von  spre 
kann  danach,  stellt  man  sich  auf  den  Standpunkt  der  Funktion, 
nicht  mehr  zweifelhaft  sein,   alles  weist  auf  lat  super  hin. 

Auch  lautlich  macht  die  Herleitung  von  spre  aus  super  mit 
Bezug  auf  den  Auslaut  keine  Schwierigkeit,  vgl.  între  aus  inter ^ 
pre  aus  per^  patru  aus  quattuor.  Schwerer  ist  der  Schwund  des  u 
zu  erklären.  Zwar  dafs  er  in  asuprä  nicht  eingetreten  ist,  ist  nicht 
von  Belang,  denn  asuprä  ist  zunächst  Adverbium,  also  betont 
Aber  auffällig  bleibt  er  doch,  da  sonst  auch  in  tonloser  Anlaut- 
silbe u  bleibt  Vielleicht  darf  man  sich  auf  die  syntaktische  Ton- 
losigkeit  der  Präposition  berufen,  die  eine  übermäfsige  Schwächung 
mit  sich  brachte,  vgl.  cätra  aus  contra  (Rom.  Gramm.  I  §612),  viel- 
leicht ist  von  desuper  auszugehen,  sofern  ein  dèspre  mùnte  aus  de 
super  mónte  seine  vollständige  Parallele  hätte  in  negustdr  aus  negœ- 
tiatôre  und  den  Rom.  Gramm.  I  §  342  angeführten  Fällen,  die  noch 
vermehrt  werden  können.  Despre  begegnet  schon  im  Cod.  Vor., 
wird  also  unmittelbar  an  lat  desuper  anknüpfen. 

Die  weitere  Geschichte  und  Bedeutungsentwickelung  von  spre 
soll  hier  nicht  verfolgt  werden.  Die  Doppelbedeutung  'an,  auf, 
gegen'  liegt  auch  in  slav.  na  vor,  namentlich  ist  beachtenswert, 
dafs,  worauf  schon  des  öfteren  hingewiesen  worden  ist,  mm.  iw- 
spre-zece  '  1 1  '  genau  abulg.  jedinü  na  des f te  wiedergiebt  Auch  diese 
Verbindung  zeigt  deutlich,  dafs  spre  aus  super  entstanden  ist,  denn 
*unum  super  decem  giebt  einen  Sinn,  *unum  ex  per  deam  keinen, 
wenigstens  keinen,  der  dem  entspräche,  was  un-spre^zece  wirklich 
bedeutet.  Die  Vermutung  liegt  übrigens  nahe,  dafs  slav.  na  auf 
die  Funktion  von  rum.  spre  auch  sonst  etwelchen  Einñufs  geübt 
habe,  besonders  scheint  mir  bemerkenswert,  dafs  alb.  mbç^  das  bei 
der  Bildung  der  Zahlwörter  dieselbe  Rolle  spielt  wie  rum.  spre, 
slav.  na^  die  Doppelbedeutung  'auf  und  'gegen'  nicht  in  dem 
Mafse  zeigt,  wenn  auch  Dozon  'à,  vers,  près  de,  sur,  dans'  an- 
giebt  Die  Sache  verwickelt  sich  hier  freilich  sehr,  da  mit  mbç 
noch  mbi  ^ûber,  auf  und  nç  'in,  gegen'  konkurrieren,  wie  man 
namentlich  aus  dem  Artikel  mç  im  Glossar  von  Pedersens  albane- 
sischen  Texten  sehen  kann.  Doch  das  mag  für  jetzt  dahingestellt 
bleiben,  wohl  aber  ist  ein  Hinweis  auf  eine  Eigentümlichkeit  inner- 
halb des  Rumänischen  noch  angebracht 


1  Auch  an  afr.  il  manjat  co  qu*Eve  li  dunat  sur  le  dêfens  de  De 
Ph.  Thaon  Comp.  533,  se  tu  bois  sur  ma  défense  Rich.  955  kann  man  erinnern. 
Andere  Fälle  wie  rois  Gai/fiers  od  sun  Unage  sur  hd  venait  BLBnt  IS^» 
grant  osi  cu*ü  amenroit  sur  Itti  1571  aind  xn  bekannt,    als  dads  man  noch 

besonders  darauf  hinweisen  muíste. 


496  W.  METER-LÜBKB,   RUMÄNISCH  SPRB. 

£s  ist  nämlich  bemerkenswert,  dafs  mehr&ch  prt  für  spre  ein- 
tritt. Am  deutlichsten  wird  dies  im  Verhältnis  von  Psalt  ScheL 
zu  Coresi.  Man  kann  sich,  da  Bianu  die  Varianten  ans  Coresi 
seinem  Abdruck  der  Psalt.  Schei,  beigegeben  hat,  davon  mit  grofser 
Leichtigkeit  überzeugen.  Zumeist  steht  pre  bei  Coresi,  doch  findet 
sich  auch  gelegentlich  das  umgekehrte  Verhältnis,  so  eupuiu  sâmiu 
de  la  densu  pri-a  Sionului  magurä  (Cor.  spre  Stona)  =  Je  sta  estaòh't 
reís  de  lui  sur  Syon  ;  gtudecä^mi  doàtnne  dopa  dereptaiea  mìa  pifara  rani 
mieu  pre  mene  (7,9)  =  juge^mei  sire  sulunc  la  meie putite  e  statene  ¡a 
mele  innocence  sur  mei  (Cor.  mie  statt  pre  mere).  Sonst  aber  finden 
wir  bei  Coresi  pre  2,2;  2,13;  3,9  u.  s. w.  Oder  im  Cod. Vor. 
93,  14  heifst  es  f/'  cäzurä  spre  ceroidea  lu  Pavelu^  ebenso  in  der 
Uebersetzung  von  1648,  dagegen  1688  pre  grttmetztí.  Dazu  kommt 
nun  weiter,  dafs  pre,  pri  in  Vlacho-Livadhion  zur  Bezeichnung  von 
auf,  oben  auf  dient:  pri  kallu  'auf  der  Strafse*,  pri kodru  'auf  dem 
Berge*,  di  pre  dzenukle  'auf  den  Knieen'  (Weigand,  Olympo-Valachen 
S.  85).  Auch  Obedenaru  übersetzt  im  Glossar  seiner  Texte  Macedo- 
romàne  pre  ohne  weiteres  mit  sur^  Weigand  Arom.  n  324  und  326 
pi,  pri  mit  'auf.  Soll  man  darin  lat  per  sehen?  Das  historische 
Verhältnis  scheint  mir  nicht  zu  passen,  vielmehr  darauf  hinzuweisen, 
dafs  unter  Bedingungen  und  aus  Gründen,  die  mir  vorläufig  noch 
unklar  sind,  spre  sein  s  aufgegeben  hat.  Man  denkt  an  pnsiif 
maced.  pisii  'über,  darüber',  das  durch  Dissimilation  aus  spresU 
entstanden  wäre.  Aber  was  ist  preste!  Cihac  sieht  im  zweiten 
Teile  extra^  Miklosich  Beiträge  i,  15  trans,  und  thatsächlich  mag 
in  dem  mmänischen  Präfix  sirä"  eine  Vermischung  beider  vorliegen; 
ob  aber  in  der  Präposition  dasselbe  Element  steckt  ist  firaglidL 
Dazu  kommt  maced.  stri  'auf:  stri  kale  ^auf  der  Strafse'  (Weigand 
Arum.  3,  320),  dessen  Verhältnis  zu  pisti  auch  erst  der  Aufklärung 
bedarf,  kurz  die  Schwierigkeiten  häufen  sich  hier  in  einer  Weise, 
dafs  ich  jetzt  nicht  wage  sie  zu  lösen. 

W.  Metsr-Lübkb. 


La  fortuna  del  Tansillo  in  Ispagna. 

(Le  Lagrime  di  S.  Pietro.) 

Nel  capìtolo  XXXUI  del  Dan  Quijote  (parte  I)»  ad  Anselmo  il 
quale  vorrebbe  con  un  singolare  esperimento  mettere  a  prova  la 
virtù  della  moglie,  il  suo  amico  Lotario  risponde,  fra  V  altro,  con 
queste  parole: 

pY  para  confirmación  de  esta  verdad  te  quiero  decir  una 
estancia  que  hizo  el  famoso  poeta  Luis  Tansilo  en  el  fin  de  su 
primera  parte  de  las  Lágrimas  de  San  Pedro,  que  dice  así: 

Crece  el  dolor  y  crece  la  vergüenza 
En  Pedro,  cuando  el  dia  se  ha  mostrado, 
Y  aunque  allí  no  ve  á  nadie,  se  avergüenza 
De  si  mismo  por  ver  que  habia  pecado: 
Que  á  un  magnanimo  pecho  á  haber  vergüenza 
No  solo  ha  de  moverle  el  ser  mirado, 
Que  de  si  se  avergüenza  cuando  yerra 
Si  bien  otro  no  ve  que  cielo  y  tierra." 

II  Don  Quijote^  come  ognun  sa,  usci  per  la  prima  volta  alle 
non  libere  aure  di  Spagna  nel  1605,  quando  già  da  non  pochi 
anni  il  canto  religioso  del  poeta  nolano  seguiva  fira  gli  sterpi  della 
poesia  contemporanea  un  cammino  trionfale.  Scrivendo  le  Lagrime 
di  S.  Pietro  non  ambiva  Luigi  Tansillo  di  cogliere  allori  oltremarini 
e  oltremontani;  egli  che  nel  suo  poema  medesimo  cantò  con  mo- 
destia ampollosa  nella  forma  contorta: 

Perchè  V  Ebro  m' intenda  e  1  Moro  e  '1  Parto, 
Non  chieggo  don  di  nove  e  varie  lingae; 
O  perch'  io  vada  all'  Austro,  vada  all'  Arto, 
Vada  ove  il  di  s'  accende,  ove  s'  estingue; 
E  sia  '1  tuo  pianto  da  me  solo  sparto 
Per  quanti  regni  il  mondo  si  distingue; 
Mi  basta  farlo  a  quei  che  nascon,  chiaro 
Tra  '1  mar  d'Adria  e  1  Tirren,  tra  l'Alpi  e  '1  Faro. 

Stanza  non  bella,  e  che  per  manco  d'  armonia  e  di  semplkjtà 
giustifica  assai  bene  T  intento  modesto  del  poeta.  Ma  ben  più 
vasti  confini  segnarono  invece  al  canto  lagrimoso  il  gusto  del  tempo 
e  il  novo  ardore  di  fede  ond'  era  piena  V  anima  latina  in  snU'  estremo 
dichinare  del  Rinascimento.    Coà  le  Lagrime  di  S.  Pietro  non  pure 


498  PAOLO  SAVJ- LOPEZ, 

valicarono  il  mare  di  Spagna  con  nobilissima  compagnia  poetíca 
in  quel  gran  rifluire  dell'  arte  italiana  nelP  arte  d'  una  nazione  che 
ben  fu,  nella  comune  estimazione  dei  nostri  grandi,  nazione  sorella; 
ma  trovavono  benigna  anche  in  Francia  la  musa  altissima  del 
Malherbe. 

La  fortuna  del  Tansillo  in  Ispagna  fu  invero  singolare;  e  chi 
sappia  quale  orma  profonda  egli  segnasse  con  la  sua  influenza 
nella  gran  rifioritura  petrarchesca  del  cinquecento  spagnuolo,  non 
troverà  singolare  che  il  secentista  conte  Bernardino  de  Rebolledo 
Io  celebrasse  nelle  sue  liriche  los  Ocios  insieme  con  Dante  e  col 
Petrarca;  gran  mercè  che  non  lo  faccia  addirìtura  superiore  a 
quest'  ultimo  come  avea  fatto  in  Italia  la  mente  bizzarra  di  Tom- 
maso Stigliami  1  Giudice  assai  più  autorevole  del  conte  di  Re- 
bolledo fu  Lope  de  Vega;  il  quale  nel  suo  Laurei  de  Apolo  die  è 
come  una  rassegna  poetica  di  quell'  Olimpo  spagnuolo  cosi  ricco 
di  nomi  e  troppo  spesso  povero  d'  altre  cose,  scrìve  del  verso  largo 

que  trajeron 

Boscan  y  Garcilaso 

„Que  á  Tansilo,  á  Mintumo,  al  culto  Taso" 

Dicen  que  le  debieron.' 

Ma  la  citazione  dei  tre  nomi  italiani  cosi  afifratellati  è  tolta  di 
peso  ad  un  altro  poeta  contemporaneo  del  Tansillo  medesimo,  ad 
un  poeta  che  fu  lungamente  in  Napoli  e  le  cui  relazioni  col  Nostro 
sono  ben  note.  Parlo  di  Garcilaso  de  la  Vega,  il  quale  a  Donna 
Maria  di  Cardona,  marchesa  della  Padula,  scrisse 

Ilustre  honor  del  nombre  de  Cardona, 
Décima  moradora  del  Parnaso, 
A  Tansilo,  à  Minturno,  al  culto  Taso 
Sujeto  noble  de  immortal  corona. 

Intorno  a  questa  fortuna  spagnuola  del  Tansillo  pochissimo  è  noto 
fra  noi,  fuor  che  la  reciproca  influenza  dell'  arte  di  lui  e  di  Garci- 
laso, influenza  che  pure  meriterebbe  —  se  non  m' inganno  — ,  d' 


vista  più  addentro;  di  un  poeta  sivigliano  imitatore  del  TansiUo 
io  stesso  ebbi  altra  volta  ad  occuparmi  ^  Eppure  di  questo  genere 
di  ricerche  non  si  giova  soltanto  lo  studio  arido  delle  fonti  o  la 
notizia  bibliografica  di  un  poeta:  fatti  molto  più  importanti  e  nuovi 
balzano  talora  dall'  esame  accurato  di  quel  grande  tesoro  di  poesia 
che  la  musa  di  Spagna  attinse  a  sorgenti  italiane;  e  quando  un 
tale  esame  sarà  compiuto,  non  pochi  problemi  antichi  potranno 
risolversi  in  modo  nuovo,  specialmente  sulP  arte  italiana  del  '6oa 
Ma  io  non  intendo  qui  che  di  recare  un  assai  tenue  contributo 
ad  una  storia  di  là  da  venire    della  fortuna  tansillìana;   e  ritorno 


^  V.  V  edizióne  delle  sue  Lettere  in  Roma,  1664,  pag.  II9. 
«  Silva  IV. 

3   Un  petrarchista  spagnuolo,  estr.  dalla  Rassegna  pugliése,  anno 
fase.  9. 


LA  FORTUNA  DEL  TANSILLO  IN  ISPAGNA.  499 

a  quelle  lagrime   che   la  parola  di  Lotario   nel  Don  Quijote  ci  ha 
richiamate  alla  memoria. 


Nelle  illustrazioni  bibliografiche  che  il  Flamini  aggiunse  alla 
sua  eccellente  edizione  dei  poemetti  di  Luigi  Tansillo^  sono  ri- 
cordate tre  versioni  spagnuole  delle  Lagrime  di  S.  Pie/ro;  ma  la 
nota  è  in  verità  assai  più  lunga,  specialmente  se  si  tien  conto  non 
solo  delle  traduzioni  vere  e  proprie,  ma  anche  delle  varie  imitazioni 
che  più  o  meno  si  accostano  ali*  originale  italiano.  L'  aigomento 
passò  dalla  poesia  fin  nelT  arte  figurativa  delle  chiese»  poiché 
D.  Pablo  Espinosa  nel  Teatro  de  la  Santa  Iglesia  de  Sevilla  pubbli- 
cato nel  1635  descrive  un  altare  della  cattedrale  sivigliana  de- 
dicato al  culto  di  quel  pianto  famoso.  £  per  quanto  gran  parte 
di  cosi  ricca  messe  poetica  sia  oggi  dispersa,  pure  appare  minore 
del  vero  anche  1'  affermazione  degli  annotatori  del  Ticknor;  i  quali, 
senza  precisare,  notano  che  il  poema  fu  tradotto  almeno  sei  volte. 

La  prima  versione  castigliana  fu  probabilmente  quella  di  Luis 
Calvez  de  Montalvo,  che  usci  a  stampa  in  Toledo  nel  1587^,  due 
anni  dopo  che  l' opera  del  Tansillo,  morto  già  da  tempo,  era 
venuta  in  luce  con  le  cure  malaugurate  di  Giovan  Battista  Átten- 
dolo.  Nato  a  Guadalajara,  non  lungi  dalla  patria  del  Cervantes, 
Luis  Calvez  de  Montalvo  fu  molto  amico  del  grande  scrittore  che 
lo  introdusse  fra'  personaggi  della  sua  Galatea,  Ma  sarebbe  in- 
giusto il  credere  che  egli  dovesse  unicamente  la  sua  fama  a  co- 
desta amicizia:  col  suo  Pastor  de  Filida  contribuì  afficacemente  al 
fiorire  di  quella  poesia  pastorale  che  Jorge  de  Montemayor  nel 
1542    aveva   iniziata   in  Ispagna   sulle   orme  del  Sannazaro.     Però 

disse  di  lui  Lope  de  Vega: 

es  justo 


.     .     .     que  viva  en  el  templo  de  la  fama 
Aunque  muerto  en  la  puente  de  Sicilia 
Aquel  Pastor  de  Filida  famoso, 
Galvez  Montalvo,  que  la  invidia  aclama 
Por  uno  de  la  deifica  familia, 
Dignisimo  del  árbol  victorioso.* 

Si  sa  inoltre  d'  una  traduzione  incompiuta  della  Gerusalemme 
Liberata,  che  fu  probabile  fatica  degli  ultimi  anni  del  poeta»  quando 
dopo  d'  esser  vistuto  lungamente  in  patria,  tranquillo  cortigiano 
d*  una  grande  famiglia,  venne  a  morire  non  si  sa  bene  come  e 
quando,    in   Sicilia.      Ora,    colui   che   in  tutta  la  sua  produzione 


1  L  egloga  e  i  poemetti  di  Z.  T,  con  introduzione  e  note  di  F.  Flamini; 
Napoli  MDCCCXCm,  pag.  CL. 

*  V.  il  Tesoro  de  la  Divina  Poesia  recopilado  por  Esteban  de  Villa- 
lobos, Toledo  1587;  ed  il  voi.  XXXV  della  Biblioteca  de  autores  espallolos, 
Madrid,  Rivadeneyra,  pag.  253. 

»  Suva  IV. 


500  PAOLO  SAVJ- LOPEZ, 

poetica  s'  è  volto  ai  grandi  modelli  italiani ,  ed  imitando  ha  con- 
seguita una  fama  che  almeno  in  parte  è  dovuta  all'  Italia,  merita 
che  si  esamini  un  po'  addentro  V  opera  sua.  EÍ  llanto  de  S.  Pedro 
non  può  dirsi  una  traduzione  dal  Tansillo,  ben^  un  breve  cen- 
tone di  strofe  tolte  a  vari  canti  del  suo  poema.  Il  metro  è  pur 
esso  mutato,  si  che  il  Galvez  è  stato  costretto  a  discostarsi  talora 
dal  testo  più  che  non  facciano  altre  versioni  dove  1'  ottava  italiana 
è  resa  con  sonante  fedeltà.    El  llanto  incomincia  cosi: 

Habiendo  Pedro  jurado 

Con  esfuerzo  y  osadia 

Que,  de  mil  lanzas  cercado, 

A  su  Sefior  seguiría 

Hasta  morir  á  su  lado, 

De  la  gran  falta  que  ha  hecho. 

Vergüenza  y  lástima  junto. 

De  le  ver  en  tal  estrecho. 

De  mil  puntas  en  un  punto 

Le  trapasáron  el  pecho. 

A  questi  versi  corrisponde  la  stanza  cinquantunesima  del  primo 
canto  tansilliano;  il  quale  è  fedelmente  seguito  fino  alia  stana 
ottantaquattresima.  Ma  mentre  qui  Pietro  continua  a  gemere  nello 
spasimo  del  suo  rimorso  lagrimoso,  la  versione  castigliana  satta 
improvvisamento  alla  quinta  stanza  del  terzo  canto: 

Asi  el  cuitado  llorando 

Cuanto  sus  ojos  bastaban, 

Sus  culpas  siempre  acusando. 

Donde  los  pies  le  llevaban. 

Cabizbajo  caminando; 

O  fuese  acaso  ó  destino 

Soberano,  en  su  jomada 

A  aquel  mismo  huerto  vino 

De  á  do  la  tarde  pasada 

Partió  tras  el  Rey  divino. 

£  con  novi  lamenti  si  perviene  nella  traduzione  fino  all'undecima 
stanza.  Ma  mentre  il  santo  delle  Lagrime  continua  in  triste  metro 
a  dolersi  del  suo  fallo,  i'  eroe  del  Galvez  non  si  mostra  da  meno 
rifacendosi  dal  secondo  canto  italiano.     Canta  il  Tansillo: 

Chi  mai  udrà,  Signor,  con  gli  occhi  asciatti 
La  crudeltà  eh'  oggi  da  noi  ricevi? 
Di  dodici  compagni  che  fra  tutti 
Gli  uomini  eletti  a  vìver  teco  avevi, 
Diece  ti  lascian  dal  timor  sedutti. 
Quando  maggior  soccorso  n'  attendevi. 
Un  ti  tradisce,  e  'n  fiere  man  ti  vende, 
L'  altro  ti  nega,  e  più  d'  ognun  t'  offende.^ 


*  Canto  n,  str.  23. 


LA  FORTUNA  DEL  TANSILLO  IN  ISPAONA.  5OI 

£  Galvez  de  Montalvo: 

¡Quien  viera  sin  rostro  triste 
El  poco  amparo  y  abrigo 
Que  de  los  doce  tuviste. 
Que  para  vivir  contigo 
Entre  todos  escogiste! 
Cuando  tu  aíHcion  se  entiende. 
Los  diez  te  se  van  por  pies, 
Otro  al  mal  pueblo  te  vende, 
Otro  te  niega,  y  este  es 
Quien  mas  que  todos  te  ofende. 

Cosí  per  la  strofe  seguente.    Poi  cessano  i  lamenti  dell'  apostolo. 

La  sombra,  á  los  malhechores 
Amiga,  se  iba  apartando. 
La  aurora  con  mil  temblores 
Salia  del  mar,  derramando 
Lágrimas  en  vez  de  flores. 

È  il  principio  del  sesto  canto,  che  viene  opportunamente  a  chiu- 
dere la  lunga  lamentazione  ;  poi  seguono  ancora  tradotte  tre  stanze, 
con  le  quali  ha  termine  V  oración  con  glosa  di  Luis  Galvez  de 
Montalvo.  Nella  quale  se  è  vano  ricercare  un  vero  merito  arti- 
stico, è  pur  necessario  apprezzare  V  adattamento  che  la  materia 
del  poeta  nolano  ha  subito  fra  le  strette  d'  un  metro  nazionale 
spagnuolo.  Ma,  chi  ben  guardi,  per  giudicare  del  valore  d'  una 
traduzione,  bisogna  anzitutto  intendersi  sul  valore  dell'  originale. 
Ora  nel  caso  nostro  V  originale  è  appunto  un'  opera  artisticamente 
falsa,  contesta  di  retorica  ampollosa  e  vacua  cui  solo  il  largo 
ritmo  fluente  dell'  ottava,  la  ridondanza  quasi  mariniana  dello  stile 
rendono  tollerabile.  Ma  che  cosa  rimane  di  questa  povera  eserci- 
tazione a  freddo,  se  la  si  spoglia  della  sua  veste  armonica  e  splen- 
dente? Del  poemetto  di  Luis  Galvez  direi  che  il  pregio  maggiore 
sta  nella  brevità,  per  la  quale  il  contenuto  diventa  poeticamente 
più  efficace,  e  meno  prolisso.  È  notevole  come  talora  per  una 
certe  preoccupazione  della  semplicità  il  traduttore  sopprima  un'  ima- 
gine o  ne  riduca,  per  cosi  dire,  V  effetto  plastico  per  manco  di 
colori.  Per  esempio,  del  primo  canto  è  saltato  completamente 
questo  paragone: 

Qual  toro  suol  dar  grave  aspro  muggito 

In  più  parti  del  corpo  già  piagato. 

Poiché,  rottol  per  forza,  egli  è  fuggito 

Dal  chiuso  d'  ogni  intomo  aspro  steccato; 

Cosi  dal  reo  palagio  Pietro  uscito, 

Ov'  al  suo  Re  di  fede  avea  mancato. 

Sen  va    ...    .  I,  itr.  65. 

£  similmente  un'  altra  imagine  —  disgraziata  imagine  die  più 
tardi  distrusse  in  Italia  la  ferocia  di  revisori  ecdesiastid  —  è 
espressa  con  più  semplicità  ed  assai  meno  efficacia»    I  versi 


so 2  PAOLO  SAVJ-LOPBZ, 

Giovine  donna  il  suo  bel  volto  in  specchio 
Non  vide  mai  di  lucido  cristallo  I  5S 

diventano,  oscurati  e  sbiaditi 

No  ve  su  rostro  mejor 
En  el  cristallino  espejo 
Lo  donceU. 

Nella  descrizione  fìnale  del  mattino,  onde  incomincia  il  sesto  canto 
delle  Lagrime  ed  il  llanto  si  chiude,  si  avverte  lo  stesso  caso  sin- 
golare. Singolare,  dico  e  tutt'  altro  che  infrequente  negli  innumeri 
imitatori  spagnuoli  della  poesia  d'  Italia;  si  direbbe  che  talora 
quei  vati  lontani  s'  arretrino  innanzi  ad  un'  imagine  troppo  colo- 
rita, e  cerchino  di  sfuggire  le  forme  troppo  pompose  d*  una  ccHn- 
parazione  poetica. 

Ma  basti  del  poemetto  di  Luis  Galvez  de  Montalvo;  la  via 
lunga  ne  sospinge  ad  accennare  brevemente  i  suoi  confratelli 
d*  imitazione.  È  naturale  che  a  Napoli  specialmente  fiorisse  il 
culto  del  Tansillo,  in  quella  colonia  spagnuola  dove  accanto  agli 
uomini  d'  arme  e  di  governo  abbondavano  i  poeti;  cosi  due  altre 
traduzioni  delle  Lagrime  di  San  Pietro  troviamo  pubblicate  a  Napoli, 
da  Juan  Sedeño  nel  1613^  e  da  frate  Damián  Alvares  nel  1635  <. 
11  primo,  castellano  di  Alessandria,  dedicó  al  Serenissimo  Carlo 
Emanuele  duca  di  Savoia  una  '^Jerusalem  libertada,  poema  histó- 
rico de  Torcuato  Tasso",  tradotto  da  lui  'al  sentido*';  ed  ha 
lasciata  manoscritta  una  versione  castigliana  dell'  Arcadia  ''de  Diego 
Sannazaro,  Noble  napolitano  "i  La  traduzione  del  secondo,  scritta 
come  P  originale  in  ottave,  secondo  gli  annotatori  del  Tidmor  va 
fra  le  imitazioni  migliori  e  più  fedeli  al  testo  italiano.  Ma  sema 
indugiare  su  questi  poemetti  cui  solo  un'  importanza  storica  e 
bibliografica  può  far  degni  di  una  postuma  menzione,  si  può  pas- 
sare ad  un  altro  canto,  finora  sconosciuto,  sul  medesimo  argo- 
mento, che  il  marchese  de  Jeres  de  los  Caballeros  ha  da  podii 
anni  pubblicato  a  Madrid^.  L'  autore  è  un  altro  marchese  —  de 
Berlanga  —  del  quale  tacciono  le  storie  letterarie,  e  nuUa  di  lui 
era  noto  prima  che  da  un  codice  del  secolo  XVII  contenente 
molte  rime  religiose  si  togliessero  queste  sue  Lágrimas  de  S.  ñdn 
insieme    con   Zms  Lagrimas  de   la   Magdalena^     La   memoria   di 

^  Lagrimas  de  5.  Pedro  traducidas  en  español  por  Joan  SedeBo.  Ña- 
póles 1 61 3. 

>  Lágrimas  de  S,  Pedro  traducidas  ....  por  el  Maestro  Fray  Dandaa 
Alvarez.     En  Ñapóles,  por  Juan  Domingo  Roncaliolo. 

'  En  Madrid,  por  Pedro  Madrigal  1587. 

^  V.  Gallardo,  Ensayo  de  una  bibl.  esp,  de  Ubros  raros  y  ewriúsos, 

^  Marqués  de  Berlanga.  Dos  poemas  inéditos  (Lágr,  de  San  Ptdrú  — 
Ldgr,  de  la  Magdalena),  Publícalos  el  Excelentisiino  Sefior  D.  Manuel  Péref 
de  Guzman,  marqués  de  Jerez  de  los  Caballeros.  Madrid,  Imprenta  de  For- 
tanet,  1893. 

^  Giova  notare  che  come  in  Italia  si  trovano  spessissimo  acccmiati 
nelle  stampe  i  poemetti  del  Tansillo  e  di  Erasmo  da  ValTaaone,  con  ia 
Ispagna  molto  spesso  furono  tradotti  insieme. 


LA  FORTUNA  DBL  TANSILLO  IN  ISPAONA.  5O3 

questo  ignoto  imitatore  dell'  arte  italica  merita  un  cenno  fugace 
anche  da  chi  non  divida  tutta  V  ammirazione  che  per  lui  prova  il 
suo  editore  1;  ma  specialmente  non  si  può  convenire  col  marchese 
de  Jeres  quando  afferma  che  questi  due  componimenti  "son  imita- 
ciones, pero  de  ningún  modo  traducciones,  ni  siquiera  paráfrasis 
de  otras  dos  composiciones  italianas'':  del  Tansillo  cioè  e  di 
Erasmo  da  Valvasone.  Qui  si  tratta  invece,  come  per  Galvez  de 
Montalvo,  di  una  vera  e  propria  traduzione  saltuaria  e  frammen- 
taria; le  lagrime  dell'  apostolo  cominciano  da  quella  medesima 
stanza  tansilüana  onde  il  Galvez  tolte  principio  alla  versione  sua. 

£1  magnánimo  Pedro,  que  jurado 
Entre  las  fieras  armas  le  tenia 
A  su  caro  Sefior,  que  al  mismo  lato 
Si  necessario  fuese  moríria. 
Viendo  el  muro  por  tierra  derribado 
Y  triunfar  de  su  fe  su  cobardia, 
Las  penas  de  su  Dios,  y  su  mal  hecho. 
Se  aflige  el  alma  y  se  lastima  el  pecho. 

£  cosi  tutta  la  breve  traduzione  si  svolge  fedelmente  sul  modello 
del  precedente  imitatore  castigliano;  di  suo  il  poeta  —  se  poeta 
può  dirsi  —  non  aggiunge  in  fine  che  1'  ultima  ottava.  Ed  è 
notevole  che  anch'  egli  eviti  talora  di  seguire  il  suo  modello  nelle 
comparazioni  poetiche.  Per  esempio,  non  è  più  traccia  in  lui  di 
questi  versi: 

.    .    .   qual  fugace  can  sente  all'  odore 

Dove  nemica  fera  il  terren  presse, 

E  se  di  vista  perde  il  suo  Signore 

Trovalo  all'  orme  del  suo  piede  impresse, 


La  rispondenza  quasi  completa  dei  passi  che  il  Berlanga  ha  tra- 
dotti e  rie  uciti  con  V  opera  de  Galvez  potrebbe  far  credere  di'  egli 
non  rimontasse  fino  al  testo  originale.  Ma  in  lui  è  cosi  fedel- 
mente e  —  diciamolo  pure  —  cosi  armonicamente  riprodotta 
r  ottava  del  Tansillo,  che  se  nella  disposizione  delle  parti  egli  ebbe 
r  occhio  fermo  al  predecessore,  nella  versione  dovè  ricorrere  diret- 
tamente a  quest'  ultimo. 

Ed  oltre  a  questo  del  marchese  di  Berlanga,  altri  nomi  ancora 
offre  r  antico  Parnaso  spagnuolo  di  poeti  cui  l'  apostolo  lagrimoso 
mosse  a  cantare  sulla  via  già  segnata  di  tante  orme.  Si  sa  di  un 
nobile  aragonese,  D.  Martin  de  Bolea  y  Castro,  il  quale  col  suo 
Orlando  determinado  prosegui  1'  opera  del  Bojardo,  e  che  sarebbe 
autore   di   un   poema  su  Las  lágrimas  de  San  Pedro^  pubblicato  a 


^  Lib.  cit,  pag.  7:  „Creemos,  sin  embargo,  que  la  lectora  de  sos  armo- 
niosas, elegantes  y  fluidísimas  octavas,  ha  de  ser  grata  al  paladar  de  loa 
amantes  de  la  buena  poesia,  que  darán  tegiiramente  k  sa  antor  un  puesto  no 
despreciable  en  nuestro  antiguo  Parnaso". 


504  PAOLO   SAVJ-LOPBZy 

Lérida  nel  1578.  Ma  questo  poema  non  fu  rintracciato  né  meno 
dagli  annotatori  del  Ticknor;  e  d'  altronde  esso  sarebbe  anteriore 
di  sette  anni  a  quello  del  Tansillo,  che  prima  noto  solo  in  piccola 
cerchia  e  non  intero,  vide  la  luce  solamente  nel  1585. 

Àncora  Jerónimo  de  Heredia,  Luis  Martinez  de  la  Plaza, 
D.  Jacinto  de  S.  Francisco  travagliarono  nel  lor  volgare  castìgliano 
r  ottave  del  Tansillo  ;  né  con  essi  probabilmente  la  schiera  degli 
imitatori  è  compiuta.  Ma  che  giova  rimuovere  dalla  polvere  tante 
foglie  morte  di  poesia?  Quello  che  importa  è  sopratatto  fissare 
nelle  sue  linee  generali  la  fortuna  straordinaria  che  un  poema  di 
scarso  valore  artistico  ha  goduto  anche  lungi  dalla  patria;  e  cer- 
care in  codesta  fortuna  il  segno  dei  tempi,  la  significazione  storica 
e  morale.  Più  tosto  meritano  un  cenno  quei  maggiori  poeti,  i 
quali  non  si  attennero  alla  traduzione  servile,  ma  pure  inspirati 
dal  Tansillo  diedero  a  quel  pianto  famoso  nuove  intonazioni  e 
nuove  voci.  A  questa  schiera  appartenne  forse  V  anonimo  autore 
d'  un  poemetto  sulle  lagrime  di  S.  Pietro,  dedicato  alla  Maestà  di 
Filippo  IV,  e  del  quale  mancano  notizie  precise^,  che  incominda 
con  manifesta  imitazione  da  Virgilio  —  o  da  più  prossimo  e  più 
nostro  poeta?  —  così: 

Yo  aquel  que  un  tiempo  en  mi  zampona  ruda 
Canté  el  amor,  las  ninfas,  los  pastores, 
Y  estuvo  á  mi  canción  la  selva  muda, 
Oyendo  versos  y  escuchando  amores     .    .     .    eco. 

Ma  il  nome  d'  un  maggiore  poeta  illustra  la  famiglia  di  questi 
più  larghi  imitatori.  Fra'  ''discursos  contemplativos''  che  Lope  de 
Vega  scrisse  ad  istanza  "de  los  hermanos  terceros  de  Penitencia 
del  Seráfico  San  Francisco''  v*  ha  un  romance  dedicato  alla  nega- 
zione e  alle  lagrime  di  Pietro.  A  me  non  è  riuscito  di  l^;gere 
questo  romance,  il  Gallardo  ne  riporta  la  prima  strofe': 

Vendido  entre  sus  contrarios 

Y  atado  està  el  Dios  de  amor. 
Padeciendo  como  hombre, 

Y  sufriendo  como  Dios. 

Si  vede  che  il  poeta  prende  le  mosse  dal  medesimo  punto  die 
gli  altri  imitatori;  dall'  incontro  cioè  di  Pietro  col  Cristo  imprigio- 
nato e  dal  rimprovero  che  gli  occhi  di  quest*  ultimo  muovono 
air  infido  discepolo;  ma  qui  occorre  un  caso  singolare.  Col  med^ 
simo  titolo^  abbiamo  un  romance  dovuto  a  colui  del  quale  Lope 
de  Vega  cantó  nel  Laurel  de  Apolo 


^  Ticknor,  Hist,  de  la  litt,  espagnole  avec  les  notes  et  additiou  dei 
commentateurs  espagnols  D.  Pascal  de  Gayangos  et  D.  Henry  de  Vedia.  Paris» 
Hachette  1872.    Y.  nota  a  pag.  466. 

>  Lib.  cit. 

'  De  la  negación  y  lágrimas  de  San  Pedro.    V.  Bibl.  de  aat. 
voi.  XXXV  pag.  114. 


LA  FORTUNA  DEL  TANSILLO  IN  ISPA6NA.  5O5 

Por  quien  ahora  el  arpa  beUeendta 
Los  tiples  celestiales  resuscita, 
Y  d  divino  Josef  de  nuevo  alcanza 
La  gloria  accidental  de  su  alabanza« 

Sí  tratta  d'  uno  ira*  maggiori  poeti  che  nei  primi  anni  del  se- 
colo XVU  traessero  inspirazione  dalla  Musa  devota:  José  de  Valdi- 
vielso.  Di  lui  abbiamo  fra  V  altro  un  poema  eroico  di  materia 
religiosa,  e  tutto  un  canzoniere  spirituale;  ma  quello  che  a  noi 
importa  notare,  è  che  il  suo  romance  comincia  appunto  come 
quello  di  Lope,  almeno  per  quella  strofe  che  il  Gallardo  trascrìve. 
Si  tratta  adunque,  io  credo,  della  falsa  attribuzione  ad  entrambi  i 
poeti  di  un  sol  componimento.  Nel  quale  V  imitazione  tansilliana 
non  può  esser  dubbia,  nelle  linee  generali,  ma  non  abbiamo  più 
come  altrove  una  immediata  derivazione;  il  canto  procede  con 
libera  movenza,  un  po'  rude  nel  metro  nazionale,  e  nulla  più  fa 
sentire  V  eco  diretta  d'  una  voce  oltremarina;  inoltre  è  distesamente 
espressa  la  profonda  significazione  morale  velata  in  quel  pianto  che 
irrorava  la  poesìa  sacra  dell'  ultimo  cinquecento  e  del  secolo  suc- 
cessivo: il  simbolo  cioè  della  penitenza  e  della  salvezza  futura. 

£n  sus  lágrimas  sin  duda 
Estuvo  su  salvación, 
Porque  á  lágrimas  jamás 
Supe  Dios  dezir  qne  no. 

Ma  eccone  un  altro  saggio: 

Encontráronse  los  ojos, 

Y  sin  hablarse  los  dos, 
Cristo  dio  quejas  á  Pedro, 
Pedro  se  los  confesó. 

De  la  tierra  de  su  pecho 

Sube  uno  y  otro  vapor. 

Que,  hechos  nubes,  se  resuelven 

En  agua  de  contrición. 

El  pecho  de  Pedro,  piedra. 

En  cera  se  convirtió 

Y  comenzó  a  derretirse, 
Como  daba  en  ¿1  el  soL 

Versi  nei  quali  la  secentesca  audacia  delle  imaglnf  supera  di  gran 
lunga  il  modello,  che  già  va  discostandosi  e  sparenda  Ma  ano^r 
più  si  allontana  dal  Tansillo  un  altro  poeta  —  Rodrigo  Hernandez 
de  Ribera  —  le  cui  Lágrimas  de  S.  Pedro  parvero  a  taluno  degne 
della  penna  di  Fray  Luis  de  Léoa.  Questo  sivigliano  che  nel 
1609^  pubblicò  la  sua  prima  opera  poetica  (appunto  le  Lágrimas 
citate)  e  continuò  con  una  lunga  serie  di  canti  religiosi  inspirati 
al  peggior  gusto  dell'  epoca,  fu  pure  a'  suoi  tempi  lodatissimo  dal 


^  En  Sevilla,  por  Alonso  Rodriguez  Gamarra.   ABo  1609.    Questa  edi- 
zione è  staU  riprodotu  da  J.  Haxallas  y  la  Rua;  SeviUa.  E.  Rasco,  18B9. 

Z«itsGhr.  £  rom.  Phil.  XXIL  33 


506  PÀOLO  SAVJ-LOPBZ, 

benigno  Lope  de  Vega,  ed  ha  destato  ancora  ai  nostri  giorni 
r  entusiasmo  di  un  critico  in  cui  V  amor  di  Sivig^  poté  forse 
velare  il  gusto  dell'  arte^  Ma  il  suo  poemetto  è  veramente  la 
più  notevole  fra  le  derivazioni  spagnuole  che  siamo  venuti  accen- 
nando come  quello  che  si  allontana  in  tutto  dal  Tansilio  e  fugge 
per  novi  sentieri  la  strada  da  tanti  battuta;  cosi  un  altro  erodilo 
afferma  con  ampollosità  degna  del  poeta  gongoriano  ^que  aun  asi 
seguro  es  que  las  Lagrimas  de  S,  Pedro  no  pasarán  de  las  manos 
del  erudito  y  aficionado  de  antiguallas  á  las  del  común  de  los 
lectores,  sera  como  el  hueso  fósil,  que  en  si  mismo  no  tiene 
valor,  pero  que  es  de  mucho  precio  como  dato  fehaciente  para  el 
estudio  de  una  raza  ó  le  una  epoca  "2.  Le  prime  strofe  del  poe- 
metto posson  dare  un'  imagine  del  resto  a  coloro  cui  la  noia  di 
tante  cose  morte  non  ha  fermato  in  mezzo  del  cammino. 

Déme  el  Cielo  aliento  igual 
en  tanto  que  canto  el  llanto 
á  que  dio  principio  e  canto 
que  en  piedras  hizo  sellai. 

De  vos,  pescador  divino, 
cantar  quiero  el  dulce  lloro, 
las  lágrimas  y  el  tesoro 
del  rico  humor  cristalino. 

Dar  vigor  mientras  empieza 
la  lengua  á  dedr  de  vos, 
pues  en  la  Iglesia  de  Dios 
yo  soy  miembro  y  vos  cabeza. 

Queir  impeto  lirico  che  nelle  sonanti  ottave  del  Tansilio  acquista 
talora  una  forma  calda  ed  impetuosa  è  scomparsa;  qui  V  apostolo 
non  si  abbandona  allo  sfogo  del  suo  dolore  con  sentimenti  vivaci 
anche  se  falsi,  ma  il  poeta  medesimo  gli  parla  sottilizzando  sai 
suo  peccato  e  sulle  sue  lagrime,  e  per  ben  cento  quattordici  r^ 
dondillas  lo  seppellisce  sotto  una  valanga  ininterrotta  di  conoettini 
sottili,  di  imagini  secentesche,  di  giuochi  di  parole.  Chi  direbbe 
poesia  queste  sterili  rime?  Eppure  le  Lágrimas  del  Ribera  rap- 
presentano r  estremo  adattamento  che  il  poema  tansilliano  ebbe 
in  Ispagna,  ed  hanno  per  questo  una  vera  importanza  storica.  Il 
modello  italiano  è  venuto  perdendo  tutti  i  suoi  caratteri  originari 
nella  nuova  patria;  dapprima  fedelmente  tradotto,  comincia  con 
Lope  de  Vega  —  o  con  Valdivielso?  —  ad  assumere  cadenze 
originali  e  forme  non  prima  usate:  con  Rodrigo  Fernandez  de 
Ribera  lo  troviamo  diventato  in  tutto  spagnuolo.  £  lo  stesso  si 
dica  d'  un  breve  componimento  assai  meno  importante  di  questo, 
che   nella   seconda   parte   de'  Flores  de  poetas  ilustres  va  col  nome 


^  Biografia  del  poeta  sevillano  Rodrigo  Fernande*  de  Ribera  por  D.  Joa- 
quin Hazañas  y  la  Rua.    Sevilla,  MDCCCLXXXIX. 

>  D.  Luis  Montoto  y  Rautenstrauch,  in  un  Prólogo  che  va  innanii  allo 
studio  citato  del  mio  valoroso  amico  Hazafias  y  la  Ras,  pag.XV. 


LA  FORTUNA  DSL  TANSUXO  IN  ISPAONA.  507 

di  Pedro  de  Jesusa  II  quale,  secondo  gli  editori ,  altri  non  è  se 
non  quel  Pedro  Espinosa  che  raccolse  la  prima  parte  di  quella 
importantissima  antologia  spagnuola. 

Finirò  questa  lunga  rassegna  col  ricordare  un  avilkjb  di  Que- 
vedo  sul  solito  argomento:  "á  San  Pedro  cuando  negó  á  Cristo 
Señor  nuestro": 

¿A  dónde,  Pedro,  están  las  yalentias 

Que  los  pasados  días 

Dijistes  al  Sefior?    Dónde  los  fuertes 

Miembros  para  sañir  con  él  mil  muertes, 

Pues  sola  una  mujer,  una  portera 

Vos  face  acobardar  de  esa  manera? 

A  Dios  negastes,  luego  os  cantó  el  gallo, 

Y  otro  gallo  os  cantara  á  no  negallo; 

Por  vos,  cobarde  Pedro,  no  es  espante: 

Que  no  es  cosa  muy  nueva  y  peregrina 

Ver  el  gallo  cantar  por  la  gallina*. 


^  Segunda  parte  de  las  Flores  dé  poetas  ilustres  de  España,  ordenada 
por  D.  Juan  Antonio  Calderón,  anotada  por  D.Juan  Quirós  de  k»  Ríos,  y 
D.Francisco  Rodríguez  Marín.   Sevilla,  1896,  pag. 251. 

*  Bibl,  de  aut,  españoles;  voL  LXIX,  pag.  33a  In  questo  volume  si 
trovano  anche,  corretti  alla  meglio  da  D.  Fiorendo  Janer,  due  sonetti  italiani 
di  Quevedo.  Non  è  la  prima  volta  che  un  poeta  spagnuolo  spinge  1'  ammi- 
razione per  V  arte  nostra  fino  a  servirsi  di  quella  lingua  che  è  in  certo  modo 
per  lui  quello  che  il  latino  era  per  gli  umanisti.  Nel  famoso  Cancionero 
general  se  ne  hanno  già  parecchi  esempi.  Di  questi  sonetti,  il  primo  è  in- 
dirizzato "á  unos  ojos  hermosos  que  vio  al  anochecer". 

Diviso  il  sole  partoriva  il  giorno 
Languido  nella  tomba  d'  Occidente; 
Risorse  dal  sepolcro  il  lume  ardente 
Di  bionde  stelle  coronato  intomo. 

Era  di  maestà  imperiosa  adomo 
n  mio  signor,  che  col  pensier  cocente 
La  mia  vita  depreda  egra,  giacente. 
Per  far  indnerire  il  suo  soggiomo. 

La  vita  che  die  al  giorno,  a  me  la  tolse, 
Prodiga  a  lui  di  luce,  ed  a  me  avara, 
Donna  la  amai  e  riveriüa  dea. 

Ligommi  il  core  il  biondo  crin  che  sciolse. 
Che  dal  suo  guardo  ad  esser  crudo  impara, 
£  vede  fulminante  Citherea. 

Non  più  chiaro,  né  più  corretto,  né  più  felice  è  ü  secondo  rivolto  al  Cardi- 
nale di  Richelieu  ;  il  quale  per  comodo  d'  un  giuoco  di  parola  diventa  RuceU, 

Dove  Ruceli  andate  col  pie  presto? 
Dove  sangue  non  purpura  conviene: 
Per  tributario  il  fiume,  il  mar  vi  tiene, 
I  Ruceli  nel  mare  han  fin  funesto. 

Et  hor  Ruceli,  onde  procede  questo. 
Che  senza  il  rosignuolo  il  gallo  vene, 
Et  ranco  grida,  et  voi  batter  le  pene 
Nel  nido,  che  gli  ha  stato  mai  infetto? 

33* 


508      PAOLO  SAVJ- LOPEZ,  LA  FORTUNA  DEL  TAMSILLO  IN  ISPAONA. 

11  nome  illustre  d'  uno  ira'  maggiori  poeti  di  Spagna  che  in 
questi  pochi  versi  volle  seguire  V  antica  e  comune  ispirazione  delle 
lagrime  sante,  chiude  degnamente  la  corona  degli  imitatori.  Ma 
dopo  d' aver  rimosso  il  velo  che  copre  d' oblio  queste  remote 
diramazioni  dell'  arte  italiana,  vien  fatto  di  domandarsi  come  an 
poema  cosi  artisticamente  mediocre,  umanamente  falso  come  le 
Lagrime  di  S,  Pietro  abbia  potuto  conseguire  tanta  fortuna.  A  dò 
concorsero,  io  credo,  ragioni  più  storiche  che  letterarie.  Da  un 
lato  nella  vita  e  nelle  poesia  la  rinnovata  coscienza  cristiana  veniva 
cancellando  le  ultime  vestigia  del  Rinascimento,  e  invero  le  Lagrinu 
posson  dirsi  il  gran  dramma  dell'  anima  cristiana  in  quel  periodo 
di  transizione  spirituale;  posson  dare  nel  pianto  dell'  apostolo 
r  imagine  di  tutta  una  generazione  piegantesi  nell'  ardore  del 
pentimento  al  giogo  religioso.  Questa  rispondenza  del  poema 
air  intimo  sentimento  del  secolo  spiega  in  parte  il  suo  successo 
anche  fuori  i  confini  d' Italia;  ma  bisogna  pur  tener  conto  d'  on 
altro  fatto  essenziale.  Neil'  ultimo  cinquecento  abbondano  —  e 
non  solamente  in  Italia  —  questi  poemetti  in  cui  un  protagonista 
qualsiasi  disfoga  in  un  fiume  di  gemiti  e  di  pianti  un  suo  dolore. 
£ra  il  secolo  che  si  rammolliva?  £ra  il  secolo  che  dalle  geniali 
concezioni  arìostesche  non  sapeva  svolgere  se  non  i  motivi  retcnrì- 
camente  lirici  d'  un  pianto  d' Angelica?  Certo  che  in  tal  genere 
le  Lagrime  del  Tansillo  potevan  sembrare  perfette;  poiché  in  esse 
era  quell'  abbondevole  risonanza  del  ritmo,  queir  artìfizioso  empito 
del  sentimento  che  in  sugli  albori  del  secentismo  formavano  con 
V  audacia  delle  comparazioni  il  gusto  dell'  epoca.  £  nessun  paese 
meglio  che  la  Spagna  poteva  accogliere  ed  imitare  un  tal  modello; 
la  Spagna  dove  da  secoli  si  perpetuava  gloriosamente  mui  lirica 
sacra,  e  dove  le  forme  artificiose  dell'  arte  nostra  trovarono  mlglioie 
fortuna.  £ra  il  tempo  in  cui  la  poesia  spagnuola  si  piegava  come 
un  arco  incurvato  verso  il  mare  d' Italia,  pronta  a  raccoglier  V  eoo 
dei  romori  lontani;  e  meglio  doveva  naturalmente  ricevere  quelle 
voci  che  rispondessero  alla  sua  intima  e  secolare  natura.  La  ri- 
cerca di  queste  varie  relazioni  intellettuali  ha  già  dato  qua  e  li 
frutti  dispersi:  brevi  ed  incompiuti  saggi  d'  un*  opera  ventola  che 
studi  degnamente  \  efficacia  immensa  dell'  arte  e  della  poesia  ita- 
liana sulle  letterature  straniere. 


Credo  che  il  ciel  ad  ambi  due  abassi, 
Che  vi  attende  la  mente  di  Scipioni 
E  gli  occhi  mai  nelle  vigilie  laâû. 

Un'  ocha,  se  riguardi  i  tempi  buoni, 
Scacciò  i  Galli  da  i  Tarpei  sassi, 
Or  che  faranno  V  aquile  e  i  leoni? 


Paolo  Savj-Lopb. 


Nachträge  zum  âtôe/oi- AjüSmAz 

(Zeitschr.  XXII,  263  ff.). 

gase,  caste  t  =  c  aste  Hum  ^   franz.  babiole  und  andare  = 

ambulare. 

Mein  bibeloi'-hxiisdXL  hat  mir  zahlreiche  zustimmende  Zuschriften, 
darunter  solche  mit  wichtigen  Zusätzen,  eingetragen,  wofür  ich  den 
Freunden  und  Kollegen  auch  hier  bestens  danke.  Indem  ich  die- 
selben hier  zum  Abdruck  bringe,  füge  ich  auch  aus  Eigenem  Meh- 
reres  hinzu. 

Zu  S.  264.  Kollege  Solmsen  belehrt  mich,  dafs  sambafum  sehr 
alt  ist,  und  verweist  mich  auf  W.  Schulze's  Aufsatz  „Samstage'  in 
Kuhns  Ztschr.  33,  366  ff.,  vgl.  G.  Meyer,  Ind.  Forsch.  IV,  328  f.  Es 
ist  dies  eine  in  indogermanischen  und  semitischen  Sprachen  oft 
vorkommende  Erscheinung. 

Andere  Beispiele  far  die  Entwicklung  des  Nasals  vor  einem 
Labial  lassen  sich  noch  viele  beibringen:  Campidoglio^  Thnierio 
(Capri),  irùhriaco.  Ich  möchte  auch  lieber  bombanza  von  boban,  als 
umgekehrt,  ableiten.  Das  von  Diez  vorgeschlagene  Etymon  bombas 
scheint  mir  nicht  recht  zu  passen.  —  Wie  ich  nachträglich  sehe,  er- 
klärt Meyer-Lûbke,  It  Gramm.  S.  1 7 1  *gombiius  „etwa  in  Anlehnung 
an  cumber^K  Aber  woran  soll  man  die  andern  Fälle  anlehnen? 
Hier  ist  eine  Erklärung  nötig,  die  alle  Fälle  einheitlich  erklärt 

Schon  Ztschr.  XVI,  252  machte  ich  darauf  aufmerksam,  dafs 
nd  aus  nn  (pn)  nach  dem  Ton  sich  leichter  entwickeln  könne. 
Eine  Durchmusterung  aller  Fälle  führt  darauf,  dafs  dieser  Vorgang 
sich  ausnahmslos  nach  dem  Ton  vollzieht,  während  nn  vor  dem 
Ton  unverändert  bleibt.^  Sollten  sich  Abweichungen  finden,  so 
erklären  sie  sich  aus  der  Uebertragung  der  nachtonigen  Fälle  in 
die  vortonigen  durch  Analogiewirkung.  Mithin  ergab  *ámno  >  anno 
schon  ando^  während  amndre  noch  immer  annar  lautete,  bis  die 
ersten  Formen  überall  eindrangen  und  so  andar  siegte.  Wo  aber 
nn^  nd  unbekannt,  blieb  natürlich  annar ^  das  sich  dann  weiter 
zu  anare,  nare  (vgl.  oberital.)  und  cdare^  lare  (vgl.  rätor.)  fort- 
entwickelte. 


^  Dies  erklärt  sich  daraas,  dafs  es  noch  Geminateli  waren,  was  ja  nur 
nach  dem  Ton  möglich  war,  Greminaten  freilich  nur  in  dem  Sinn,  dais  in  der 
Mitte  de$  Lai^tes  eix^e  Pause  o^er  Dmck^enze  (nach  Sievers)  vorhanden  wiur. 


5  IO  W.  FOBRSTBR, 

Eine  Durchmusterung  der  Indices  zu  Ascoli's  Arch,  glott  ergab 
Folgendes:  I:  cinnamomum  <  cendamOf  coUmdH  <  colimtuUi^  vatiá, 
vandà  <  vannus,  vannere  >,  stornine  <  *síommaco,  spanda  <  spamtOt  ah 
londa  <  colonna^  IV:  cambumtlla  <  cammotmUa^  pandçchç  <^pamcê\ 
XII:  scranda  <  scranna)  das.  (S.  120)  wird  schon  auf  ouUüo  <m- 
nello  =  m  ilium  hingewiesen;  XIU:  ècranda  <  scranna^  iolottda  < 
colcnna. 

Selbstverständlich  beweisen  Beispiele,  wo  nach  m,  n  ein  ^  r 
folgt,  gar  nichts;  vgl.  diese  Ztschr.  XVI,  252. 

Für  nn  >  nd  läfst  sich  auch  normanl,  Normandie  a.  ä.  anínfareiL 
Sehr  geläufig  im  Römischen,  z.B.  egondo  <C  inganno  Lauda  (BIo- 
naci)  31  u.  ä. 

G.  J.  Ascoli  schickt  mir  folgende  Zusätze  zu  den  ludid  des 
I.  Bandes  seines  Arch,  glott.: 

nd  da  nn  ecc.,  308,  311,  371  n.6,  533;  cf.  Mussafia  romagn. 
§  118;  perug.  colenda  (e  insieme  crisialdo  cristallo)  Pap.  42  [s.  unten 
die  Mitteilung  Salvioni's]. 

mb  mp  da  mm  ecc,  533;  cf.  Muss,  romagn.  §§  118,  183,  Beitr. 
16,  75  (lumbe). 

Carlo  Salvioni,  dem  ich  meine  Beobachtung  -^-iwi**«  >  ~ii^% 
aber  ^^nn—  >  ^^n—  u.  s.  f.  mitgeteilt  und  um  Belege  aus  seinem 
Arbeitsgebiet  gebeten  hatte,  teilt  mir  mit:  crisialdo  <<  cristallo  Pe- 
panti 42,  fenda  <ifenna^  femmina  (aber  senna  <  seminare)^  altonriet 
lomb.  spanda  <  spanna,  altmark.  sondo  <  sonno  =  suni^  dove  credo 
abbia  torio  il  Meyer-Ldibke  {ItaL  Gr.  %  229)  di  giudicare  esempi  del 
genere  di  onde  come  ricostruzioni  false.  Co  londa  ^colonna  findet 
sich  auch  in  Umbrien  (Papanti  42),  benda  <  henna  tose.  (Nemod). 
F.  anche  il  de  Tumulillis,  il  testo  di  Ranieri  apud  Gaudenzi  {dùU,  di 
Bologna),  e  altri  testi,  tutti  su  per  già  degli  stessi  territori  {Umbria^ 
Roma,  Marche,  Abruzzo).  Ferner  altorviet  maremba  <  maremma  und 
saccomando  <  saccomanno,  sowie  vaiti,  sombo. 

Emesto  Monaci  schreibt  unter  anderm  Folgendes: 

„Ecco  quel  che  posso  dirti  sul  momento.  Nessun  esempio  di 
Id  da  //.     Quanto  agli  altri  casi, 

Roma,  Lib.  Hyst.  Rom.:  dando  (danh),  ensembori  (insieme),  onde 
(ogni),  tirando  (tiranno);  Statuto  d.  Mercanti  ando  (anno),  soné^ 
(sunt);  Vita  di  S.  Francesco  vende  (vënit); 

Kepi,  Diario  del  sec  XV:  condandà  (condannò),  pondo  (panno), 
fando  (faciunt),  tende  (tenne); 

Umbria,  oltre  flamba,  colonda,  ricordo  di  aver  trovato  cambùret^ 
camborlingo,  onde,  Giovandi,  scando  (scanmu); 

Ascoli  Piceno,  Stat.  d.  sec.  XV:  vando  (vanno),  sùmdo^  ter^ 
rando  (saranno); 

Aquila,  B.  di  Ranullo:  vando  e  ognando  (hoc  anno),  remdo 
(regno),  rendicoli,  tirandi,  solende,  affando,  vende  (vënit),  otténde^  Avüemda. 

^  Vgl.  Meyer -Lûbke,  R.  Gramm.  I,  454:    „Au£F211ig  iit  firisoL 
vannere,  tirol.  vand*'    Ebenda  I,  457:  „Zu  ¡d  aus  U  sf^ pendón 


NACHTRÄGE  ZUM  BIBBLOT-AÜFSATZ.  5 1 1 

Nella  mia  CresL  11^94  v.  61  scihio  &  pensare  a  sdmbto  da 
simius. 

Altri  esempi  dall'  Italia  œntrale  potrei  raccogliere  ancora;  nei 
miei  appunti  non  ne  raccolsi  tutte  le  volte  che  mi  capitarono, 
perchè  ho  creduto  sempre  che  queste  sieno  affettazioni^  piuttosto 
che  veri  fenomeni  di  fonetica  popolare.  H  Belli  d  fece  sopra  un 
sonetto  canzonatorio," 

Das  in  Anm.  i  der  Seite  265  über  -//-  Bemerkte  möchte  ich 
hier  nach  meiner  romanischen  Grammatik  weiter  ausführen:  Zuerst 
sei  die  Entwicklung  von  lat  — //-  erwähnt,  die  im  Sizilianischen  und 
Sardischen  —^^  giebt.  Wenn  wir  von  Sardinien  nach  Korsika 
gehen,  so  finden  wir  dieselbe  Erscheinung  auch  hier  in  einem  be- 
stimmten Teil  der  Insel,  während  ein  anderer  dies  dd  in.  dr  dif- 
ferenziert hat.i  Wie  ist  dies  geschehen?  Das  ^  wird  so  arti- 
kuliert, dafs  die  Zungenspitze  am  hintern  harten  Gaumen  (die 
Stelle  selbst  variiert  sehr  bei  den  einzelnen  Individuen)  den 
Verschlufs  bildet.  Wenn  nun  derselbe  so  kräftig  losgelöst  wird, 
dafs  nach  geschehener  Sprengung  desselben  die  Zungenspitze 
leise  erzittert,  ertönt  im  Luftstrom  des  fraglichen  Vokals  zuerst 
ein  Zungen -r,2  Wenn  wir  diese  Erscheinung  von  Sizilien  her 
bis  in  die  Nähe  der  französisch -italienischen  Küste  verfolgen,  so 
drängt  sich  unwillkürlich  die  Frage  auf,  ob  diese  Entwicklung 
nicht  bis  in  den  naheliegenden  Kontinent  irgendwo  eingedrungen 
ist,  ebenso  wie  es  in  Sûditalien  geschehen  ist  Es  könnte  ja  eine 
alte  ethnologische  Gemeinschaft  angenommen  werden,  was  bei  der 
geographischen  Lage  des  westlichen  Mittelmeerbeckens  leicht  möglich 
wäre.  Ich  finde  nun,  dafs,  was  bis  jetzt  noch  nicht ^  wahrgenommen 
worden  ist,  dieses  -dd-  in  dem  gascognischen  — /,  2.  B.  costei  = 
castelìum  weiter  lebt,  indem  letzteres  die  spätere  Entwicklung  des 
älteren  casteddu  ist.  Wenn  heute  die  räumliche  Kontinuität  zwischen 
Korsika  und  der  Gascogne  unterbrochen  ist,  so  erklärt  sich  dies 
unschwer  aus  der  späteren  Einschiebung  fremder  Rassen,  die  sich 
wie  ein  Keil  dazwischen  schoben.  Das  in  der  Schrift  in  älterer 
Zeit  sich  findende  -d  ist  historische  Schreibung;  im  Auslaut  wurde 
es  aber  stimmlos  gesprochen.    Wenn  man  daneben  casteröt^  casierár^ 


1  Dafs  nach  Guarnerio  Arch,  glott.  XIV,  153  Anm.  dies  dr  =  44  sein 
soll,  vielleicht  nur  „una  plu  spiccata  intensità",  ist  schon  nach  dem  von  ihm 
dafür  angeführten  Falconi  (Papanti  579)  ausgeschlossen,  wie  auch  die  Tran- 
skription anderer  in  den  Voceri  ebenfalls  dr  zu  sichert.  Diese  Entwicklung 
fehlt  bei  Meyer-Lübke  Gr.  und  It.  Gr. 

*  Vgl.  meine  Anm.  in  Ztschr.  XVI,  252,  wo  ich  bereits  auf  verschie- 
dene Dissimilierungen,  darunter  auch  auf  die  des  //,  mm  hingewiesen  habe. 

3  Meyer-Lübke  Gr.  I,  456  äufsert  sich  so  darüber:  „Das  Béamische  for- 
dert auch  besondre  Beachtung.  Zunächst  ist  der  Wandel  von  -//-  zu  -r-  um 
so  auffälliger,  als  sonst  gerade  //  fester  ist  als  /.  Schwieriger  ist  noch  die 
Geschichte  des  -//.  Man  wird  doch  wohl  anzunehmen  haben,  dafs  -U  zu- 
nächst zu  -^  (nicht  (Ì,  wegen  des  Auslautes)  wird,  das  dann  weiter  sich  zu  / 
bezw.  /'  entwickelt.'*  All  dies  ist  der  Artikulatioii  nach  unwahrscheinlich  und 
völlig  beispiellos. 


512  W.  FOBRSTBR, 

aòerà{n)a,  buri  {bulliré^  garí{n)€  ü.  ä.  sieht,  so  möchte  man  gern  an- 
nehmen, dafs  dieser  Vorgang  (r  aus  ursprünglichem  U)  nur  vor 
dem  Ton  vor  sich  geht  Allein  die  Feminina  podére  (patella)^  pun 
{pulld)^  sere  (sella)  zeigen,  dafs  dies  überhaupt  intervokalisch,  ohne 
Rücksicht  auf  den  Ton,  vor  sich  geht  Wie  ist  die  Erscheinong 
zu  erklären?  £s  ist  klar,  dafs  dieselbe  eine  einheitliche  Erklä- 
rung verlangt  £s  ist,  nach  der  Analogie  der  oben  angezogenen 
Sprachen,  folgendes  anzunehmen:  Zuerst  gab  bellu^  casUllm^  valU^ 
pelle  u.  ä.  ebenso  òe^^t  caste^^  va^4^f  p^44^  u*  s.  f«»  wie  bellas 
pulla^  sella  ein  òe^<}a,  po^l^a,  se44^  n.  s.  f.  entwickelte.  Nach  einiger 
Zeit  verstummten  die  nachtonigen  Vokale  bis  auf  -a;  wenn  also 
dann  bellu^  castellu  ^=  bet^  tastet  (zuerst  bed^  càsted  geschrieben) 
lautete,  so  lauteten  damals  anfangs  die  andern  auf  Vokal  endi- 
genden Fälle  be^4^,  po44^9  se^4^.  Wenn  diese  letzteren  später 
auf  einmal  bera,  pora^  sera  lauten,  so  mufs  inzwischen  das  frühere 
^^  sich  irgendwie  verändert  haben.  Wir  denken  sofort  an  das 
Schwanken  von  -dd"  und  -^r-  im  Korsikanischen,  dem  nächsten 
phonetischen  Nachbar  des  Gascognischen,  wobei  der  Artikalationa- 
unterschied  ein  ganz  geringer  ist:  beim  Ablösen  des  Zungenspitzen- 
verschlusses bringt,  wie  eben  bemerkt,  der  Luftstrom  die  Zangen- 
spitze zu  leisem  Zittern,  wenn  der  Vokal  nachfolgte,  während  dies 
beim  Auslaut  des  -44  unmöglich  war.  Dieses  dr  vereinfachte  sich 
später,  indem  das  erste  Anpressen  der  Zungenspitze  an  die  Al- 
veolen (besonders  vortonig;  vielleicht  haben  diese  Fälle  die  andern 
mit  sich  gerissen)  nicht  mehr  zustande  kam  und  die  Schwingungen 
der  Zungenspitze  allein  hervorgebracht  wurden,  zu  -r-.  Doch  ist 
dies  nicht  einmal  notwendig:  es  konnte  auch  unmittelbar  in  r 
übergehen. 

Was  soll  aber  das  schon  in  alten  Texten  mit  diesem  -/  (-if) 
konkurrierende  -^  (heute  -^  gesprochen)  bedeuten?  Und  was  soll 
es,  wenn  derselbe  Ortsname  einmal  mit  -/  (-^,  ein  andermal  mit 
'g  (-c)  geschrieben  wird?  Ist  dieses  vielleicht  nur  der  Zeit  nach 
verschieden?  Ich  habe  schon  oben  gesagt,  dafs  artikolatorisdi  ein 
-/  zu  -/'  und  endlich  zu  -6  nie  werden  kann.  Warum  sollte  die 
Zunge  am  Wortende  sich  mit  dem  Vorderblatt  an  den  harten 
Gaumen  anschmiegen?  Ich  sehe  darin  vielmehr  zwei  grand  ver- 
schiedene sprachliche  Vorgänge,  die  zwei  verschiedenen 
Sprachen  und  vielleicht  Rassen  eigentümlich  sind.  Während  die 
eine  (^dd-)  die  Kontinuität  bis  nach  Sizilien  herstellt,  that  dks  die 
andere  über  das  Katalanische  hinweg^  tief  nach  Spanien  hinein. 
Diese  zweite  Entwicklung  ist  die  Palatalisierung  des  -i7-,  die  später 
durch  "j-  zu  -^-,  ausi.  -J  durchgeht  Diese  beiden  Strômangen 
treffen  im  Gascognischen  zusammen;  der  Osten  hat  daher  heute 
naturgemäfs  -/,  der  Westen  -i. 

Das.  S.  265,  Anm.  i  zu  anglonorm.  -d/-  aus  -j/-  schreibt  Lorenz 
Morsbach:  „Mir  scheint  es,  dafs  auch  eine  andere  Exklärang  mög- 

1  Auch  hier  hat  dieser  spatere  Eindringline  die  Kontinuität  imterbiocI^B* 


NACHTRÄGE  ZUM  BIBBLOT-AüFSATZ.  5 1 3 

lieh  ist  Ich  denke  mir,  dafs  mesler^  asm  etc.  zu  medler^  adne  ge- 
worden sind,  indem  die  Bindung  der  Zangenspitze  mit  den 
Alveolen,  die  ja  bei  i^  n  stattfindet,  zu  früh  vorweggenonunen 
wird,  so  dafs  ans  dem  Engelaut  s  der  gleichortige  Verschlufs- 
laut  ¿/  entsteht  Beachtenswert  ist,  dafs  in  all  den  betr.  Wörtern 
überall  urspr.  s  (+ /,  n)  vorliegt  und  bisher  kein  Fall  von  dlf  dn 
aus  sonstigem  //,  nn  nachgewiesen  ist"     Sehr  leicht  möglich. 

Auch  Paul  Passy  fragt:  d  na  pœt  i  pa  pa.se  directomä  par 
zi  a  dn  (frikatLv  ddvnä  plojúv). 

Es  muís  darauf  aufìnerksam  gemacht  werden,  dafs  dieser  Fall: 
dl  aus  früherem  sl  ganz  verschieden  ist  von  den  Fällen,  wo  ein  U 
(primär  oder  sekundär)  Id  ergiebt;  dies  geschieht  nur  nach  dem 
Ton,  während  der  erste  Fall  ebenso  gut  vadkt  à\apedie  ohne  Unter- 
schied aufwreist.  Auffallig  ist,  dafs  im  Altfranz,  neben  regdmäfsigem 
espaldty  molde  (aber  mollez)  in  den  Königen  (freilidi  auch  erodier 
neben  crolledy  ersteres  offenbar  aus  *crólde)  auch  ein  espadk  in  den 
Psaltern  findet  Ich  möchte  darin  eher  umgekehrte  Sdireibung  als 
Umstellung  sehen. 

Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich  bemerken,  dafs  neufirz.  ^ule 
noch  immer  nicht  erklärt  ist  Die  alte  Erklärung  aus  dem  Anfang 
der  70er  Jahre,^  dafs  hier  merkwürdigerweise  -//-  gerade  so  be- 
handelt ist  wie  ein  anderes  Z+Kons.,  finde  ich  noch  in  Meyer - 
Lûbke  I,  450  und  nach  ihm  bei  Schwan -Behrens  S.  65.  Dafs  ein 
sekundäres  -//-,  entstanden  aus  Dental -f-A  mithin  =  vorderes 
Zungenspitzen-/  +  ebensolchem  /-,  wie  Meyer-Lûbke  will,  auf  ein- 
mal hinteres  t  +  l  werden  sollte,  ist  ausgeschlossen«  Die  altem 
Hss.  schreiben  zuerst  espalU^  dann  espaU^  wie  denn  das  Wort  heute 
in  vielen  Mundarten  ip(ü\  spai  lautet  Nur  im  Osten  ist  heute 
époU  was  auch  für  die  östlichen  altfi^.  Mundarten  (hier  ist  espasde 
regelrecht  entwickelt)  gilt  Aber  warum  soll  diese  östliche  Form  in 
das  Französisdie  und  obendrein  schon  so  früh  eingedrungen  sein? 

Also  wie  bemerkt,  ich  kenne  Id  aus  //  nur  nach  dem  Ton. 
Dasselbe  gilt  vom  spanischen  celda^  rebelde  u.  ä.  Mir  ist  der  Zweifel 
eingefallen,  ob  die  spanischen  (und  andern)  Fälle  wie  tilde^  cabüdo^ 
espalda  wirklich  Umstellungen  ^  sind  und  ob  sie  nicht  vielmehr  aus 
früherem  lille^  cabillo^  espaUa  sich  entwickelt  haben  zu  einer  Zeit,  wo 
die  Lehnwörter  cella^  rebelle  denselben  Wandel  mitgemacht  haben« 

Das.  S.  265  Anm.  3.  Die  von  Wölfflin  vorgeschlagene  metrische 
Fixierung  des  inschnftlichen  Verses  ist  unrichtig,  wie  mir  von  be- 
freundeter Seite  mitgeteilt  wird.  [Wegen  der  inschrifllidien  Form 
ammulantibus  s.  den  Anhang  zu  diesem  Auüsatz.] 

S.  267.  Auf  'illum  bei  joyau  und  Ableitung  vonjocum  kam  be- 
reits Sheldon  1892  bei  Besprechung  des  ea^  jewel  in  einer  Publi- 
kation der  Harvard  University  (Mitteilung  von  Friedrich  Kluge). 


>  Sie  steht  m.  W.  zuerst  bei  Littré.   Wir  haben  damals  aoch  noch  GamU 
so  erklärt:  was  konnte  man  nicht  alles  dazumal  erklären?! 
'  Vgl.  D.  Behrens,  Redproke  M^t^thesc  S,  1$. 


514  W.  FOERSTER, 

S.  269  Ânm.  I  hatte  ich  zugesagt,  die  Ableitung  von  bahäde 
zu  erklären.  Ich  war  schon  damals  mit  meiner  Ansicht  fertig; 
doch  hofite  ich  auf  weiteres  Material,  das  ich  bis  jetzt  ireilidi 
nicht  habe  suchen  können.  Vielleicht  steht  dasselbe  einem  Fadi- 
genossen  zu  Gebote. 

Die  bisherige  Erklärung  hat  es  von  einem,  wie  es  scheint  nn- 
fìndbaren,  ital.  bdbbole  (so  Diez)  abgeleitet  Dieses  venneintlicfae 
Grundwort  fìnde  ich  blofs  beim  alten  Valentini:  tMàMe^  f.  pl. 
Provine.  Kinderpossen*'.  Ob  verschriebenes  biibbokÍ  Alles  was  man 
darüber  vorgebracht  (zuletzt  bei  Körting  s.  v.  babulus)  ^  ist  ganz  will- 
kürlich und  abzuweisen. 

Jetzt  ist  Godefroy-Complém.  mit  seinen  zwei  Beispielen  ans 
Lestoile  und  Relat  de  Gonnev.  ap.  Binot-Paulm.  zu  dem  einen 
Beispiel  bei  Littré  (aus  Carloix)  und  dem  andern  bei  Darmesteter- 
Thomas  (aus  D'Aubigné)  nachzuschlagen.  Daraus  ergiebt  sich  mit 
Sicherheit,  dafs  unser  Wort  mit  bibelot  seiner  Bedeutung  nach  iden- 
tisch ist  Dasselbe  sichert  der  heutige  Gebranch;  eben  traf  ich 
das  Wort  zweimal  in  diesem  Sinne  (im  Plural)  in  dem  in  der  Rev. 
hebd.  erscheinenden  Roman  von  H.  Gréville.  Dasselbe  steht  bei 
Cotgrave,  der  freilich  eine  Nebenform  baboles  hinzusetzt,  die  aber, 
wie  wir  sehen  werden,  damit  nichts  zu  thun  hat  Dies  zeigt  mit 
Sicherheit  die  eine  Stelle  bei  God.  a.  a.  O.  (s.  v.  babtó/e),  wo  bei 
Canappe  schon  das  Wortspiel  (un  tas  de  paroles  oisives,  qui  sani 
plustot  babolles  que  paroles)  den  Unterschied  der  Bedeutung  scharf 
zeichnet  Es  heifst  ,Geschwätz,  Narrenpossen'  und  dies  könnte 
jemand  verleiten,  wenigstens  dies  Wort  von  dem  it  hábboU  her- 
zuleiten. Allein  schon  Cotgrave  hat  ein  babouUurx  a  habhr^  a 
raporter  of  trifles  y  a  teller  of  lies^  dazu  bei  God.  a.a.O.:  amtrtntoi^ 
b  abo  leur  y  faux^  inventé  sichern  ein  Zeitwort  baboier  .schwatzen^ 
das  man  doch  von  mittelengl.  babelen,  engl,  babble,  ndL  bahbelm 
nicht  trennen  kann  und  das  uns  auch  auf  frz.  babüler  fuhrt  Damit 
ist  auch  sicherlich  babin^  babil  bei  Godefroy  zusammenzustellen* 
Hätte  man  die  ganze  Stelle,  dann  wüfste  man,  ob  es  , Schwätzer' 
oder  , Papperlapapp*  bedeutet 

Ich  trenne  mithin  babole*^  , Schwätzerei'  von  babiole  «a  bibeioL 

Dieses  babiole  nun  kann  ich  von  belbel  ,Kinderspielzeng'  nidit 
trennen  und  es  mufs  dasselbe  Wort  sein.     Das  Masa  beìbel^  beai* 


^  Körting  giebt  obendrein  eine  ganz  falsche  Bedeutung,  »JUnderpotscB", 
für  das  Wort,  die  es  nie  gehabt  hat.  Vielleicht  stammt  sie  ans  Sachs,  der 
unter  2.  fig.  setzt:  ^elender  Kram,  Kinderei,  Kleinigkeit  (bes.  plur.),  Li^h 
palien,  Schnurpfeifereien^  Von  diesem  ganzen  Reichtum  ist  alles  bis  auf 
, Lappalie*  zu  streichen.  Dafür  fehlt  bei  ihm  die  heutige  Bedeutung  :  »Nipp- 
sachenS  während  unter  seinem  „i.  Kinderspielzeug**  bonerkt  werden  muíste: 
„veraltet". 

^  Neben  baboier  , schwätzen*  fìndet  sich  auch  ein  babeUr  =  turiipmêr 
bei  Eust.  Deschamps;  s.  Lacume.  Es  steht  in  der  Ausg.  der  S.  d.  A.  T.  F. 
IX,  291  Z.  8994.  Vielleicht  stammt  es  von  belbel  ,wie  ein  Spielzeug  bdianddu*. 

3  Littré  s.  V.  babiole  hat  bereits  fragend  altfrz.  baubeUt  und  en^l.  tewMr 
herangezogen. 


NACHTRÄGE  ZUM  BIBBLOT-AÜFSATZ.  5 1 5 

beai,  bíoubeauj  btaubtaUf  auch  baubtau  (weil  erste  Silbe  tonlos,  ans 
ba/btau,  belbiau)  hat  eine  Femininform  baube/Ze,  wahrscheinlich  weil 
die  Puppe  ein  Mädchen  darstellt,  entwickelt  Baubeila  bei  Ducangc 
ist  Neutr.  Plur^  das  Kollektiv  der  belbth^  und  kann  auch  die  Fe- 
mininform darauf  zurückgehen.  Dieses  ba{u)b€¡e  hat  sich  nun  nach 
meiner  Ansicht  mit  dem  Mase  ba{u)biau  gekreuzt  zu  Habiaule,  ba* 
biole.  Sonst  könnte  man,  wenn  diese  Kreuzung  nicht  beliebt  sein 
sollte,  auch  unmittelbare  Ableitung  aus  ba{u)biau^le  annehmen. 

D.  Behrens  verweist  mich  auf  norm,  faire  la  beaubtlle  = 
agir  en  tartufe  bei  Dubois-Travers  s.  v.  und  auf  Mistral's  neuprov. 
bèbèi,  bible  J  bèbèUf  babèu,  terme  enfantin  :  =  bimbeiot,  image,  Joujou  ; 
affiquety  bijou. 

S.  269.  Adolf  Tobler  verweist  mich  auf  ,Diez'  kleinere  Ar- 
beiten' S.  178  if.,  der  in  seinem  Aufsatz  »Geminativa  und  Ablaut 
im  Romanischen'  nicht  nur  die  Verdopplung  der  Kindersprache, 
sondern  auch  Fälle  wie  tric-trac  u.  s.  f.  eingehend  behandelt.  — 
Man  sieht,  dafs  dem  forschenden  Auge  des  Meisters  auch  gar 
nichts  entgangen  ist. 

S.  270  Anm.  I.  Hermann  Suchier  möchte  ^baba^  eher  von  der 
Lippen bewegung  der  Kinder  herleiten,  als  von  gaga. 

Zu  gaga  (S.  271)  schreibt  Paul  Passy:  baba  pur  gaga  m  eton. 
Dajœ.r  gaga  á  gâteau  o.si,  klm  gogo  á  go.zj'e;  so.f  nunu  d  nuris, 
Z9  n  kin£  pa  d  egz3.pl  u  s  £  la  silab  flrt  ki  e  tibe. 

S.  271.  nenais,  nénet  , Brüste'  dürfte  eine  dental-nasale  Neben- 
form des  labial-nasalen  mamma  sein;  vgl.  reatinisches  nnanna^  nnénna 
in  der  Kindersprache  (=  tetta), 

S.  272.  Einen  anderen  alten  Beleg  für  Kinderreduplikation 
teilt  mir  H.  Suchier  mit,  der  mich  bereits  auf  joujou  im  Karl 
von  Orléans  hingewiesen   hatte.     Er   steht  P.  Gringoire  (Bibl.  Elz.) 

^»    210:  }i0^    }i0fl^    ffiffl    ffi^fl^   pd  pq^    ¡^f¿i^ 

Du  lo  loj  au  cheval  fondu, 

men  men  ist  wohl  manman,  lolo  wie  heute;  aber  was  ist  hon  honi^ 
Zu  S.  273.  Zu  der  Bildung  belbel  bemerkt  Paul  Passy,  nach- 
dem er  meine  Ableitung  angenommen:  I  j  a  purtfl  pur  mwa  yn 
difìkylte;  s  e  presi.zemä  1  egzistS.s  aè  la  firm  belbel  u  dd  s  ki  flu 
f.dik  la  priirite.  Kar  o.tä  bsbel  mo  par£  natyrfl  (ki.pa.re  sosœ.r, 
fìfì.j,  bebe.t  .  .  .),  o.tä  za  n  kine  pa  d  analig  egzakt  de  belbfl.  Me 
i  s  pœ  h]l  k  b  z3.r  da  rdubldmfl  va.ri  avek  le  tfl. 

So  sicher  auch  meine  Ableitung  sowohl  des  belbel  als  des 
daraus  entstandenen  bibelot  ist,  so  bietet  letzteres  mit  seinem  1 
(aus  eu)  ebenfalls  einen  noch  nicht  belegten  Vorgang. 


Anhang  über  aller,  annar^  andar  —  ambulare. 

Mein   letzter  Exkurs  S.  265  f.  in    diesem   Band  der  Zeitschriíí 
über    andare  =  ambulare    hat  H.  Schuchardt    ebenda  S.  398  f.  zu 

^  Piautas'  Babae,  Tatae,  Pafae,  z.B.  Stichus  771  u. ä.,   bat  damit  kaum 
was  zu  schaffen. 


5l6  W.  FOBRSTBR, 

einem  interessanten  »Historique'  der  Etymologie  ambulare  veranlafst, 
wobei  gebührend  auf  Thomsen's  Verdienst  hingewiesen  wird.  Auch 
sonst  findet  sich  manch  anziehende  Bemerkung  darin.  So  erfahren 
wir,  dafs  die  von  Wölfflin  „entdeckte,  bis  jetzt  unbelegte  Dnrch- 
gangsform"  ammulare  von  Schuchardt  selbst  schon  vor  dreifsig 
Jahren  nachgewiesen  (Vocatismus  III,  318)  und  später  noch  einmal 
in  dieser  Ztschr.  VI,  423  angeführt  worden  ist;  ja  er  habe  sich 
wiederum  darauf  „in  der  von  Förster  zitierten  Rom.  XVII,  420  be- 
zogen". Ich  gestehe,  dafs  ich  beim  Lesen  dieser  Zeile  etwas 
beschämt  darüber  war,  dafs  mir  so  etwas  hatte  entgehen  können. 
Allein  Rom.  a.a.O.  steht  einfach:  Ammulare^  *amiare  pour  am- 
bulare n* offrent  aucune  difficulté^  und  da  ist  es  vielleicht  verzeih- 
lich, in  dem  so  angeführten  ammulare  eine  inschriftliche  Form 
nicht  vermutet  zu  haben.  Er  fahrt  dann  fort:  „m^i>  commeni  de 
"^  ami  are  a-i^il  pu  sortir  autre  chose  qt^  amblare  (Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
VI,  423)?*'  Ich  hatte  dieses  Zitat  nicht  nachgeschlagen,  weil  fur 
mich  der  hier  angenommene  Uebergang  von  amlare  zu  alare  un- 
möglich ist,  ich  mich  also  um  diese  Fährte  weiter  nicht  kümmerte. 
Dafs  ich  aber  den  Exkurs  selbst  in  der  Ztschr.  VI,  423  nicht  no- 
tiert und  auch  nie  gelesen  habe,  erklärt  sich  daraus,  dafs  er  „Span, 
port,  brincar*^  überschrieben  ist,  ich  also  beim  Ausziehen  des  Heftes 
einfach  in  meinem  Diez  IIb  dieses  Zitat  notierte,  um  es  vorkom- 
menden Falls  nicht  zu  übersehen.  —  Schuchardt  weist  S.  398  dann 
ammulantibus  für  die  romanische  Lautlehre  zurück:  „denn  die  be- 
rührte Form  ist  einem  Kymren  des  9.  Jahrhs.  auf  Rechnung  zu 
setzen,  der  das  für  ihn  gewifs  tote  Latein  mit  den  Lauteigentûm- 
lichkeiten  seiner  Muttersprache  sprach;  es  liegt  uns  hier  ein  Beleg 
nicht  für  romanisches,  sondern  för  kymrisches  mb  \  mm  vor^.  Die 
Möglichkeit  ist  zuzugeben;  aber  wenn  auch  ammulare  nicht  nach- 
gewiesen sein  sollte,  so  ist  es  doch  die  mit  Sicherheit  zu  er- 
schliefsende  Form,  und  gerade  in  Rom  und  Mittelitalien  bis  nach 
Sizilien  ist  dies  ein  wohlbekannter  Vorgang,  der  nach  den  von 
Schuchardt  im  Voc  d.  V.  an  verschiedenen  Stellen  beigebraditen 
Schreibungen  hoch  hinaufreichen  mufs.  Wenn  sich  also  in  Italien 
eine  inschriftliche  Schreibung  ammulare  auch  nie  nachweisen  lassen 
sollte,  so  kommt  dies  daher,  dafs  die  dortigen  Steinmetzen  die 
historische  Orthographie  achteten,  also  zwar  ammulare  sprachen, 
aber  ambulare  schrieben.  Uebrigens  wird  man  das  Wort  bei  seiner 
Bedeutung  nicht  allzu  oft  auf  Inschriften  trefien  können. 

Im  übrigen  meint  Schuchardt,  dafs  amb'ulare  durch  Suffix- 
vertauschung  einmal  amb'inare  und  ein  andermal  amb^iiare  ge- 
worden sei.  „Der  einheitliche  Ursprung  der  in  Frage  stehenden 
romanischen  Verben  wird  dadurch  nicht  berührt'*,  fährt  er  dann 
fort  Vielleicht  denken  andere  anders,  ich  finde  blofs  das  Präfix 
amb'  einheitlich. 

Es  folgen  dann  zwei  Einwendungen  gegen  meine  lautgerechten 
Entwicklungen:  „aus  "^ammulare  läfst  Förster  *ammunare  werden; 
ich  ziehe  *amminare  vor,  indem  ich  einen  lautlich  bedingten  Suffix- 


NACUTRÀGB  ZUM  BIBELOT-AUFSATZ.  517 

wandel  me  in  fumidus  \  */umuluSt  teptdus  \  *tepulus  u.  s,  w.  annehme, 
und  eine  vermittelnde  Form  ammunare  ist  mir  ebenso  wahrschein- 
lich oder  unwahrscheinlich  wie  */umuduSt  *tepudus.  Das  Suffix  -inare 
ist  zwar  im  Lateinischen  nicht  allzuhäufig,  aber  doch  noch  im 
Romanischen  lebendig  .  .  /'.  Hier  übersieht  Schuchardt,  dafs  ich 
mein  ^ammunare  nicht,  wie  er  sein  amm-inare,  mir  willkürlich 
aufbaue,  daher  der  Einwurf  mit  Formen  wie  */umulus  die  Sache 
gar  nicht  trifit,  sondern  dafs  sie  die  einzig  mögliche,  regel- 
mâfsig  sich  ergebende  Lautform  ist. 

Lat  ambulare  ergab  sehr  früh  durch  Assimilation  *ammulare 
(bis  hierher  sind  wir  einig).  Ich  kann  nun  nicht,  wie  Schuchardt, 
daraus  durch  i)  Annahme  einer  Suffixvertauschung  amm-inare  S.  398, 
dann  2)  durch  eine  zweite,  verschiedene  Suffixvertauschung  amb' 
tiare  S.  400,  endlich  3)  S.  399  nach  einem  andern,  einem  eng- 
begrenzten fi^nzösischen  Patoisgebiet  (N.  und  NO.  Frankreichs)  eigen- 
tümlichen Lautwandel:  ambulare  =  anler  :  senler  {simulare)  ^  aner  : 
sener  (und  daraus  aler)  entstehen  lassen.  Denn  einmal  kann  im 
Altñ'z.  amlery  das  dann  aler  ergeben  sollte,  nie  existiert  haben; 
obendrein  haben  die  Reichenauer  Glossen,  d.  h.  das  7.  Jahrb.,  be- 
reits fertiges  alar€\  senler  ist  eben  die  ursprüngliche  Lautstufe  (ohne 
eingeschobenes  ¿).  Damit  konnte  ambler  nie  in  Verbindung  kommen. 
Freilich  setzt  Schuchardt  ein  amler^  anler  an.  Ich  habe  bereits 
S.  265  betont,  dafs  ammulare  immer  nur  wieder  amblare  geben 
mufste,  d.  h.  das  eben  losgewordene  b  mufste  unter  allen  Umstanden 
wieder  sich  einfügen.  Daher  mufste  ammulare  naturgemäfs  sich  zu 
ammunare  entwickeln,  indem  die  vorausgehende  nasale  Artikulation 
auf  die  folgende  Liquida  mit  übertragen  wurde.  Dieser  Vorgang 
ist  wohlbekannt  (vgl.  jetzt  Meyer -Lûbke  It.  Gr.  S.  162);  und  zwar 
kann  sowohl  der  vorausgehende  Nasal  das  folgende  /  (wie  unser 
Fall,  z.  B.  modano,  assemenä  u.  a«;  ich  füge  hinzu  altfrz.  moni,  altprov. 
monio)  als  der  folgende  Nasal  ein  vorausgehendes  /  beeinflussen 
(altfrz.  ancuHj  An/ons),  während  in  it.  montone  das  /  zwischen  zwei 
Nasalen  steht  Fälle,  wo  ein  zweites  /  sich  findet,  also  neben 
unserer  Assimilation  gleichzeitig  eine  Dissimilation  thätig  war,  kann 
man  dann  sondern:  filomena,  maninconia^  melanconico  u.  a.  —  Aus 
diesem  sehr  frühen  *ammunare  entwickelte  sich  im  Laufe  der  Zeit 
regelrecht  amnare,  Dafs  dies  nicht  plötzlich  geschehen  konnte, 
ist  selbstverständlich;  es  wird  sich  also  wie  op(t)tumus,  manufestus^ 
auru/ex  u.  s,  f.  ein  opHmus,  manifestus,  aurifex  u.  s.  f.  gab,^  auch 
aus  ammunare  früh  ein  amminare,  amm^nare^  endlich  amnare  er- 
geben haben. 

Was  nun  das  von  Schuchardt  herangezogene  (neapol.,  firiaul.) 
fumubiSf  tepulus  aus  fumidus,  iepidus^  anlangt,   so  gesteh  ich,   dafs 


^  Eine  babsche  Analogie  bt  lat  mamtUá:are,  das  ebenso  romanisch  man" 
äieare  (noch  heute  sardisch  mandilare)  gab,  also  sogar  ü  xn  f  geschwächt 
worden  ist 

*  Der  erste,  der  dies  behandelte,  war  Salvioni  im  Arch.  IX,  198;  vgl. 
^s>VBdr.  I«  531,  Meycr-Lttbke  R.  Gr.  I,  444  und  Salvioni  Postille  s.  v.  Ufulus, 


Sl8  W.  FOBRSTER, 

ich  die  Veranlassung  dazu  nicht  recht  finden  kann.  Wenn  audi 
Schuchardt  nach  seiner  eigenen  Bemerkung  kein  allzu  grobes  Ge- 
wicht darauf  zu  legen  scheint,  so  erscheint  mir  jede  Aeafsernng 
eines  so  feinen  Kenners  und  ausgezeichneten  Linguisten  doch  so 
wertvoll,  dafs  ich  sie  ernsthaft  prüfe  und  gerne  stets  von  ihm 
lerne.  Auch  die  Theorie  des  umgekehrten  Lautwandels  zugegeben, 
erreicht  man  mit  fumulu  \fumidu  nur  ein  am{m)ul0  :  amido^  mit 
welchem  aber  Schuchardt  gar  nicht  operiert,  da  er  sich  durch  be- 
sondere Sufñxvertauschung  ein  ambitare  schafit  £r  will  aber  auf 
aminare  kommen,  worauf  jene  Gleichung  sicher  nicht  föhrt.  Um 
zu  dieser  Form  zu  gelangen,  hatte  Schuchardt  s.  Z.  (Rom.  XVII9420) 
schon  einen  umgekehrten  Lautwandel  angenommen  mit  damma  : 
domila  (friaul.  dumbU)  =  ammu{t)lo  :  ammu(t)Ho^  d.  h.  amino.  Jetzt 
aber  kommt  er  darauf  durch  ein  lat.  Suffix  -inare.  Das  kommt 
mir  alles  sehr  verwickelt  und  auch  mehr  hypothetisch  vor  im  Ver- 
gleich zu  meiner  rein  lautlichen  Erklärung. 

Interessant  ist  noch  Schuchardt's  Bemerkung  über  mein  Laut- 
gesetz nd  <  nn.  „Gegen  Förster's  Annahme,  dafs  hier  -nd-  ans 
-ff/i-  entstanden  sei,  regt  sich  mir  ein  doppeltes  Bedenken.  Erstens 
beruht  dieser  Uebergang  entweder  auf  der  Umkehrung  von  -im- 
aus  "nd"  . . .  oder  auf  Analogie  sei  es  einer  besonderen,  sei  es 
einer  allgemeineren  oder  endlich  auf  der  Beschaffenheit  <kr  laat- 
lichen  Umgebung.  Kurz,  es  scheint  mir  immer  ein  beson- 
derer Anstofs  im  Spiel  zu  sein,  und  einen  solchen  kann 
ich  mir  bei  andar  \  annar  nicht  recht  vorstellen  (sdion 
Einmischung  von  vadereiy*  Dagegen  scheint  mir,  dafs,  da  der 
erste  Fall  (Umkehrung)  hier  nicht  vorliegt,  nur  die  von  Schuchardt 
angenommenen  Analogien  bleiben.  Dieser  Einwand  wurde  viel- 
leicht Gewicht  erhalten,  wenn  er  in  allen  von  mir  beigebracfalni 
Fällen  des  nd  aus  nn  (jetzt  mehr  als  ein  Dutzend)  uns  die  jedes- 
mal nach  seiner  Meinung  thätige,  allgemeine  oder  besondere  Ana- 
logie nachgewiesen  haben  wird.  Bis  dahin  halte  ich  es  für  einen 
natürlichen  Lautwandel,  vom  Ton  bedingt,  wie  ich  ihn  8.264 
erklärt  habe,  worauf  ich  mit  folgenden  Worten  schliefse:  f^Dàb  die 
Zahl  der  Fälle  keine  grofse  ist,  beweist,  dafs  alle  die  zahlreicheii 
Anläufe  oder  Ansätze  durch  Korrektur  (Schrift-  und  Gebildeten- 
sprache)  ausgemerzt  worden  sind." 

Der  zweite  Einwand,  den  Schuchardt  gegen  mein  nd  ans  mm 
erhebt,  ist  wohl  berechtigt:  „Und  2)  geht  die  lautliche  Entwi^- 
lung  in  der  Richtung  auf  das  Einfachere  vor  sich."  Aber  ist  denn 
dieser  Vorgang  wirklich  etwas  so  Kompliziertes?  Der  ganze  Unter- 
schied besteht  darin,  dafs  man  das  Gaumensegel  zu  früh  an  die 
Pharynx  andrückt;  s.  meine  artikulatorische  Erklärung  (S.  264),  die 
Schuchardt  mit  keinem  Worte  erwähnt  Wenn  er  also  man  md 
aus  nn  beanstandet,  mufste  er  sie  beseitigen.  Allein  dn  ao  koi^ 
diger  Phonetiker  wird  mir  sicher  darin  beistinmien. 

Nach  meiner  Erklärung  ist  die  ganze  Entwicklung  i)  rein 
lautlich  —  es  handelt  sich  ausschliefslich  um  elementaren,  aDgie-. 


NACHTRÄGE  ZUM  BIBELOT-AUISATZ.  5  IQ 

mein  vorkommenden,  gerade  in  Italien  lahlriMch  nachgewiesen^íi 
Lautwandel  — ,  und  2),  was  doch  sdiwer  wiegt»  gani  einheit- 
lich. Amnare  muíste  armar  ergeben,  das  sidi  m  amar  vereinfiM^it 
und  durch  Dissimilation  (anandOf  anamiem,  amnms)  in  ^re  ent- 
wickelte, vgl.  veleno. 

Bei  meiner  Erklärung  haben  wir  es  nicht,  wie  bei  Sdiuchardt, 
mit  vereinzeltem,  lokalem  (spätpikardischem),  umg^»hrt  firian- 
lischem  oder  neapolitanischem  Suffix-  oder  Lautwandel  in  thun, 
sondern  mit  sicheren,  naturgemäfsen  Lautentwicklungen,  die  ge- 
rade in  Italien  zu  Hause  sind.  Da  die  Walachei  sowohl  die 
alte  Form  bewahrt,  als  die  neue  Durchgangsform  (ammare)  wieder- 
spiegelt, so  war  zur  2^it  des  Einzugs  des  Lateins  die  Ent- 
wicklung ambulare  :  amnare  bereits  fertig,  so  dais  beide  Formen 
neben  einander  nodi  gebraucht  wurden.  Nach  Rätien,  Galli«:! 
und  Spanien  gelangte  sdion  die  Form  amnare  ^  vielleicht  da- 
neben schon  annare.  Denn  die  Reichenaner  Glossen  (7.  Jahrh.) 
legen  durch  a/are  das  äuDserste  Ende  des  Prozesses  fest  Es  ist 
einleuchtend,  dais  derartige,  wenn  auch  naturgemäfse  Lautwand- 
lungen nicht  in  vielen,  räumlich  weit  getrennten  Gegenden 
sich  spontan  entwickeln  können.  Wem  aber  die  Zusammen- 
schrumpfung des  ambulare  zu  amnare^  andare  ab  sehr  bedeutend 
und  daher  bedenklich  vorkommen  sollte,  der  sei  auf  paraèoktre 
verwiesen,  dessen  Lautstufe  parlare  nodi  viel  weiter  absteht  und 
dessen  einzelne  Entwicklungsstadien  mit  in  Italien  vorkommendem 
Lautwandel  nicht  zu  belegen  sind.  Auch  hier  sichert,  wie  die 
Walachei  für  ambulare^  Spanien  eine  sehr  alte  Durchgangs- 
form, die  also  noch  neben  der  ganz  abgeschliffenen  Form  be- 
standen haben  muís.  Derlei  Folgen  mufs  der  ununterinrochene, 
täglich  zahllos  wiederholte  Gebrauch  eines  Wortes  haben,  das 
sich  dann  anders  entwickelt  wie  ein  anderes,  viel  seltener  ge- 
brauchtes Wort 

Wie  man  sieht,  besteht  das  untersdieidende  Neue  meiner  Er- 
klärung im  Vergleich  zu  dem  bisher  Vorgebrachten  aus  zwei 
Punkten:  i.  ich  gehe  von  ambulare  ammmlare  unmittelbar  in  amu^ 
nare  amnare  über  auf  Grund  eines  allgemein  bekannten  und  be- 
sonders auch  in  Italien  ganz  gewöhnlichen  Vorgangs,  2.  für  mich 
ist  andare  nicht  die  ältere  Form,  wie  man  bis  jetzt  angenommen 
hatte  (weshalb  man  sie  auch  nie  mit  ambulare  hatte  in  Verbindung 
bringen  können),  sondern  vielmehr  die  spätere,  sekundäre,  aus 
älterem  annare  (das  sich  uns  regelrecht  aus  amnare  ergab)  hervor- 
gegangene Form,  welche  sich  aus  diesem  älteren  annare  wiederum 
regelrecht  und  rein  lautlich  nach  einem  von  mir  gerade  für  Italien 
häufig  belegten  Vorgang  {nd  <  nn)  entwickelt  hat 

Doch  wie  man  auch  immer  über  meine  Ausführung  denken 
wird,  eines  ist  sicher:  die  Etymologie  aler  —  andan  —  amMare 
ist  mit  den  drei  hochverdienten  Namen  Thomsen-Schucbardt-CoraU 
unzertrennlich  verbunden. 


520 


W.  FO£RSTBR,   NACHTRÄGE  ZUM  BIBBLOT-AC7FSATZ. 


Die  folgende  Zusammenstellung  soll  es  übersichtlich  madien; 


wal.  imblûi  umbla 
»gehen* 


rätor.  amnar 
wal.  tmna 

altprov.  annar  (Bocci) 
pr.  anarf  lomb.  {a)na{r) 
u.  s.f. 
alare  (Reich.  Glossen) 
altfrz.  aler  (rätisch  u.  s.  f.). 


lat  ambulare 

,  gehen* 

ammulare 

*ammunare 

*  ammi[9)nare 

amnare 

annare 

anar 


franz.  amour 
(vom  Pafsgang) 


andare 
it  span,  port 


Damit  sind  sämtliche  Formen  zwanglos  erklärt 


W.  FOERSTUL 


Die  toskanische  Endung  -^\no  der  3.  FliiraliB  Fraesentis. 

Allgemein  wird  dieselbe  also  erklart:  f^Die  3.  Plur.'S  sagt  Meyer- 
Lûbke  in  seiner  Romanischen  Formenlehre  S.  i66,  „hat  ihr  -^  von 
sono  (§  213)  und  vielleicht  auch  von  vendono  bezogen,  in  welch 
letzterem  der  unbetonte  Vokal  dem  konsonantischen  Aus- 
laut nachklang."  Wenn  man  wegen  sono  («»  suní)  den  ange- 
zogenen §  213  nachschlägt,  so  steht  dort  nichts,  was  zu  unserer 
Stelle  passen  könnte.  Gemeint  ist  vielleicht  der  §  2 10.  Dort  heifst 
es  von  sono  {sunt):  „3.  Plur.  sono,  die  wohl  nach  der  i.  Sing,  ge- 
bildet ist,  da  die  tonlosen  Formen  so  für  beide  Personen  identisch 
waren.  Das  betonte  sono  erklärt  sich  aus  son  nach  I,  §  384.''  Was 
mit  dem  an  letzter  Stelle  angeführten  „betonten  sono^*  gemeint  ist, 
ob  die  I.  Sing,  oder  3.  Plur.,  ist  nicht  leicht  zu  erraten.  Vielleicht 
hilft  uns  der  angezogene  §  I,  384.  Dieser  handelt  vom  Vokal- 
zusatz am  Ende  des  Wortes,  von  dem  gelehrt  wird,  dafs  er  „nur 
selten  begegne'S  worauf  für  das  Vulgärtoskanische  der  -^ -Nach- 
schlag in  Fällen  wie  cantee^  rèe,  virtue,  Daoidde  u.  s.  w.  erwähnt  wird.^ 
Hierauf  beschränkt  sich  Meyer-Lûbke  für  die  itaL  Sprache.  —  Man 
sieht,  dafs  davon  auf  unseren  Fall  eigentlich  nichts  pafst  Doch  da 
der  §  vom  „Vokalzusatz  am  Ende  des  Wortes"  handelt,  so  erkennt 
man,  dafs  der  Verf.  das  -o  von  sono  als  „Vokalzusatz"  erklärt  —  Man 
sieht,  dafs  die  Frage,  welches  sono  er  gemeint  hat,  auch  so  nidit 
entschieden  werden  kann.  Da  er  aber  die  3.  Plur.  sono  nach  der 
I.  Sing,  gebildet  sein  läfst  (§  210),  so  meint  er  offenbar  sono  =: 
sum.  Freilich,  wenn  das  -¿?  ein  Vokalzusatz  sein  soll,  dann  be- 
greift man  nicht,  warum  die  3.  Plur.  ihr  -^  von  dem  -^  der  i.  Sing, 
erhalten  haben  soll,  da  ja  beide  sono  («»  sum  und  sunt)  in  den- 
selben lautlichen  Verhältnissen  stehen;  denn  sunt  ist  im  Ital.  früh- 
zeitig zu  sun[t)  geworden.  Freilich,  woher  dieser  Vokalzusatz  des 
'0  eigentlich  kommen  soll,  darüber  verlautet  hier  nichts.  Was  sich 
der  Verf.  dabei  gedacht,  verrät  offenbar  der  Zusatz  (II,  S.  166): 
„und  vielleicht  auch  von  vendono  •  • .,  in  welch  letzterem  der  un- 
betonte Vokal    dem   konsonantischen  Auslaut   nachklangt.     Nach 


^  Vgl.  Diez  II*,  144,  4).  —  So  hörte  ich  immer  onnätAsst» 
u.  ä.  —  Man  ist  erstaunt,  den  für  das  ital.  Sprachgebiet  wichtigiten  Haupt- 
fall  des  vokalischen  Zusatzes  im  Auslaut,  nämlich  das  vokalische  Echo 
im  Sardischen,  hier  nicht  erwähnt  su  sehen.  Ich  handle  von  demselben 
weiter  unten. 


Zdtschr.  £  roa.  Phfl.  XXU. 


34 


522  W.  FOBRST£R, 

Meyer-Lûbke  hat  also  vénduni  ^  véndon  gegeben,  dessen  nach- 
toniges 0  man  nach  dem  konsonantischen  Auslaut,  der,  wie  wir  ja 
wissen,  im  Ital.  unmöglich  ist,  noch  einmal  ertönen  lieís.  Mög- 
licherweise denkt  der  Verf.  hier  an  das  sardische  Vokalecfao, 
für  welches  interessante  Kapitel  der  Verf.  S.  89  seiner  Ital.  Gram- 
matik auf  Hofmann  ,Die  logud.  und  campid.  Mundart*  verwebt 
Dieses  ist  aber  jedenfalls  genauer  als  der  im  Gnmdzifs  I,  549 
stehende  Passus,  wo  ein  nicht  existierendes  log.  amanify  gelehrt 
wird.  Im  ganzen  Logudoro  (ich  habe  bei  meinen  sardisdien 
Studien  das  Kampidanische  grundsätzlich  ausgesdilossen,  weil 
das  Gebiet  des  Logudorischen,  wo  jeder  Ort  —  offenbar  w^pen 
seiner  Isolierung  und  der  daraus  hervorgegangenen  selbstän- 
digen Sprachentwicklung  —  eine  meist  scharf  gesonderte  Mundart 
hat,  wegen  seiner  grofsen  Ausdehnung  auch  so  kaum  zu  bewältigen 
war)  wird  jedes  auf  einen  Konsonanten  endigende  Wort  immer 
so  gesprochen,  dafs  der  Vokal  der  letzten  Silbe  nach  dem  Kon- 
sonanten deutlich  wiederholt  wird:  also  Umpus  wird  immer  iéwêpmsu^ 
aman  (gewöhnlich  amant  geschrieben, ^  aber  nie  gesprodien)  wird 
amana,  fágen  (geschr.  fagheni)  wird  fágtne^  bénm  (geschr.  batmt) 
wird  béntnù  Spano  S.  26  spricht  es  deutlich  genug  aus,  wenn  er 
es  freilich  nur  der  plebe  zuschreibt^ 

Ich  gestehe,  dafs  ich  an  irgend  eine  Spur  eines  solchen  Vokale 
echo  im  Toskanischen  nicht  glaube  ;  es  wäre  doch  sonderbar,  wenn 
sie  sich  nirgend  anderswo  verraten  sollte,  als  in  einer  Verbalendung, 
die,  wie  wir  bald  mit  Sicherheit  sehen  werden,  einen  gani  andern 
Ursprung  hat. 

Allein  derselbe  Meyer-Lûbke  hatte  früher  das  -^  in  seiner 
Ital.  Grammatik  22^  und  mit  d'Ovidio  im  Grundrifs  537  anders 
erklärt  An  ersterer  Stelle  heifst  es:  „Die  dritte  Plur.  sollte  la- 
nächst  aman^  sentón  lauten.  Da  aber  das  Ital.  keine  konsonan- 
tischen Ausgänge  duldet,  so  bildet  es  son  \suni^  zu  seno  um  nach 
dem  Muster  des  anderen  sono  [sum"]  ^  son  %  389  [demnach  ninmit 
son  (sum)  das  -o  der  i.  Sing,  der  andern  Verba,  wie  amo,  senio  an], 
femer  vendon  zu  vendono  und  nun  auch  amano.**  Im  Grandrifii 
lehren  die  Verff.:  „Von  sono  (93,  d.  h.  son-o  nach  amo)  und  dem 
Perf.  -ro  =  -runt  wird  0  auf  alle  übrigen  6  übertragen,  wodnrdi 
die  Möglichkeit  einer  Scheidung  von  3  gegeben  war.**'    Der  hier 


^  Ueberhaupt  mufs  vor  Spano's  Schreibung  und  geldirter  Annpnche  ia 
der  Ortografìa  sarda  gewarnt  werden;  seine  latinisierenden  SchrelbnDgen  wie 
ipsu,  sepfe,  ooto,  faQtu  u.  s.  f.  sind  falsch  :  diese  Laute  werden  nie  ge- 
sprochen. 

*  Ein  sardischer  Geistlicher,  der  mit  Grammatik  und  WSrterhiich  die 
deutsche  Sprache  sehr  gut  erlernt  hatte,  sprach  sie,  da  seine  Grammarik  Ibor 
die  Aussprache  nichts  bemerkte  und  er  nie  einen  Deutschen  geholt  hatten 
rein  sardisch  aus,  so  dafs  ich  zu  seinem  Leidwesen  ihn  nie  verstehen  konnte. 
So  sprach  er  z.  B.  den  deutschen  Satz  ,das  Kind  ist  krank'  genan 
Lautlehre  nach:  dasa  gindi  isti  ranka, 

^  Dieser  letzte  Satz  ist  mir  dunkel;   denn  da  amai  =s  ama  nad 
:=  aman,  so  ist  die  Scheidung  von  Haus  aus  schon  vorhanden 


DIE  TOSK.  ENDUNG  —ONO  DER  3.  PLÜR.  PRAES.        523 

auftauchende  Hinweis  auf  fecero  6.  Perf.  führt  uns  auf  Diez  II  •,  144: 
„N  nimmt  ein  euphonisches  -^  zu  sich  wie  in  cantano  {caníant) 
und  zwar  darum  ein  0,  wie  es  scheint,  weil  vom  Latein  selbst, 
mindestens  im  starken  Perfekt,  ein  u  als  Vokal  gegeben  war, 
woran  sich  die  übrigen  Tempora  ein  Muster  nahmen;  aus  feceru-nt 
ward  fecero  und  hienach  richtete  sich  cantano,*''  Ich  halte  diese 
Wiedererweckung  der  6.  Perf.  an  dieser  Stelle  für  wenig  passend 
und  so  hat  sie  auch  Meyer-Lûbke  später  fortgelassen.  Allein  der- 
selbe Meyer-Lübke  hat  auch  das  frühere  son-o  (sum)  von  am^o  in 
der  Rom.  Formenlehre  weggelassen  und  das  -o  durch  Vokalnach- 
klang (ähnlich  Diez  a.  a.  O.  „euphonisches  o")  erklärt,  was,  wie  ich 
bereits  gezeigt  habe,  nicht  zulässig  ist 

Ich  wûfste  überhaupt  nicht,  wie  man  sum  =  son^o  anders  als 
nach  am-o  erklären  sollte. 

Wenn  aber  der  vokalische  Nachklang  abzuweisen  war,  wie 
sind  die  merkwürdigen  Endungen   -an^o,  —dn^o  entstanden? 

Ich  bin  der  Ansicht,  dafs  dieses  -o  sich  streng  lautlich 
und  regelmäfsig  aus  einer  lateinischen  Grundform  ent- 
wickelt hat 

Jedem  Plautusleser  sind  die  3.  Plur.  Praes.  danunt  (sehr  oft) 
statt  des  klassischen  dant  bekannt  Und  wie  hier  zum  Stamm  da^ 
die  Endung  -nunt  angehängt  worden,  ebenso  im  archaischen  Latein 
auch  an  /-Stämme:  prodi -nunt,  oòì^nunt,  redï^nunt,  alle  von  t'-re 
»gehen*,  dann  negui-nunt,  fert^nunt  von  nequire^  ferir e^  endlich  ex- 
ptê-nunt  von  exptere.  Aber  auch  die  3.  Konjugation  hat  einmal 
diese  Endung  gekannt,  vgl.  *solinunt^  zu  erschliefsen  aus  Festus 
351  (a),  14:  S  o/in  0  idem  (Messala)  ait  esse  cons  uto,  wo  also  solino 
angesetzt  werden  muís,  das  Simplex  von  consulere.  Es  giebt  freilich 
noch  ein  solinunt,  das  wir  uns  näher  ansehen  müssen.  Es  steht 
Festus  162  (b),  24:  Nequinont  pro  nequeunt^  ut  solinunt  ferinunt 
pro  soient  et  feriunt  dicehant  antiqui.  Lindsay  a.  a.  O.  erklärt  dies 
rather  for  solunt  (=  consulunt).  Dies  schliefst  meines  Erachtens 
schon  der  Wortlaut  ut  aus;  denn  ^solinunt  genau  so  vne  ferinunt^ 
neqmnunt*^  läfst  sich  nur  als  solinunt  deuten.  Der  Wechsel  zwischen 
der  2.  und  4.  Konjugation  ist  ja  nicht  häufig  und  erst  spät  belegt, 
s.  Neue  III 3,  279;  er  muíste  aber  mit  solio  aus  soleo  sich  von 
selbst  einstellen  und  ist  daher  im  Romanischen  selbstverständlich. 
Sicher  ist  aber  bei  Liv.  Andr.  inserinuntur  ^  inseruntur.  Auch 
wenn  der  eine  Herausgeber  mit  seiner  Konjektur  inferlnuntur  (von 
/erre)  Recht  haben  sollte,  so  liegt  doch  die  Form  der  3.  Kon- 
jugation vor.  Vgl.  die  Litteratur  bei  Neue,  Formenlehre'*  239.1 
Die  Indogermanisten  nehmen  jetzt,  wie  ich  Stolz,  Historische  Gram- 
matik der  lat.  Sprache  I,  38  ersehe,  in  allen  diesen  Fällen  Neu- 
bildungen dan-,    in-,    quin^,  plen^,   solin^f  ferin-,   serin"  (diese   drei 


>  Dazu  kommen  noch  die  in  den  lat.  Glossen  aberlieferten  Fälle,  s.  Ardu 
lat.  Lex.  IX,  371.  Mithin  sind  dieselben  bei  Plautus,  in  den  von  Fettus  an- 
gegebenen Stellen,  den  Inschriften  und  Glossen  erhalten. 

34* 


s  24  W.  FOISRSTSRy 

letzten  nehmen  sich  mit  ihrem  1  sonderbar  aus)  an«  Ich  kann  hier 
als  Nichtfachmann  nur  meinen  ganz  entschiedenen  ZweiM  damit 
begründen,  dais  es  doch  ein  sehr  merkwürdiger  Zufall  ^  sein  mubte^ 
dafs  diese  sonst  unbekannten  Stämme  sich  gerade  nur  in 
der  6.  Praes.  erhalten  haben  sollten  und  in  keiner  andern 
Person  und  keinem  andern  Modus  und  Tempus,  und  dais  diese 
Neubildung  bei  allen  Konjugationen  ohne  Unterschied  stattgrfonden 
haben  sollte.  Und  doch  ist  die  Zahl  der  Fälle  —  ungefähr  aedis- 
oder  siebenundzwanzig  —  eine  sehr  beträchtliche. 

Zwar  scheint  es,  als  wenn  die  i.  Praes.  solitio  =  cannUo  (siehe 
Festus  351  (a),  14)  gesichert  wäre.  Aber  es  liegt  auf  der  Hand, 
dafs  sie  von  Festus  aus  solï^nuni  erschlossen  ist 

Zurückzuweisen  ist  daher  auch  der  Versuch  LandgraTs  Arch. 
für  lat  Lex.  IX,  371,  das  zweimalige  dande  «»  dak  in  danùe  m 
ändern.  Wenn  solche  Formen  existiert  hätten,  so  hätte  dodi  Festus 
dieselben  kennen  müssen  und  dann  hätte  er  sie  sidierlidi  ver- 
zeichnet. 

Der  Gedanke,  diese  Formen  aus  dani^  dessen  /  firûh  ver- 
stummt, also  daUf  durch  nochmalige  Anhängung  der  regelmäfsigen 
Endung  -uni  hervorgehen  zu  lassen,  liegt  auf  der  Hand  und  ist 
schon  von  andern  ausgesprochen  worden.  Lindsay  a.  a.  O.  bemerkt: 
y  has  been  esplained  on  the  theory  thai  the  '^  Pi.  of  the  Ptes.  ImL  had 
once  ended  in  -n,  *dän,  *exptên  .  .,  and  that  these  forms  were  tx^ 
panded  by  the  subsequent  addition  of  the  Thematic  Secondary  ending 
-lint,  later  -Unty  much  as  Gk,  el  for  *èui,  2  Sg.  of  eìfiì,  was  hy  the 
addition  of  Secondary  suffix  'S  expanded  to  bIç,  or  O.  EngL  nnd^ 
*they  are*  to  sind-un,  . .  .  But  how  *danti  could  become  *danf  *eks^enH 
becom  *  expíen  has  not  yet  beeti  satisfcutorily  shown\  Vielleicht  läist 
sich  dieser  Einwurf  dadurch  abwenden,  dafs  man  annimmt,  früh- 
zeitig, schon  im  alten  Latein,  habe  sich  streng  lautlich  neben  doni 
+  Vokal  ein  dan(t)  vor  Kons,  entwickebi  müssen.  Da»  hat  aber 
ein  dan-unt  hervorgerufen,  darnach  dann  auch  von  sw^t)  ein  SMH'Wä 
anzusetzen  u.  s.  w.  Vgl.  mit  solcher  Doppelendung  Fälle  wie  esu^t^ 
ferre 're,  porre^re^  vixi-vi,  cense  ^unt,  perlene  ^unt,  oben  erwähntes  101» 
(sum)  +  0,  Ein  besonders  hübsches  Beispiel  liefert  das  AltwaUo- 
nische  (Gegend  von  Namur),  dessen  6.  Praes.  "en  su  emem/f  später 
ene  (heute  enu)  wurde,  vgl.  Cart  de  Namur  I,  11  descendeneni  (zwei 
Fälle),  I,  50  mostrenent  (Wilmotte  Rom.  XIK,  84). 

Bei  dieser  Annahme  einer  Doppelendung  erklären  sidi  dann 
auch  die  Formen  -  inunt  der  3.  Konjugation  auf  natürliche  Weise: 
serire^  solire  gaben  zuerst  serunt^  solunty  dann  serün{f)f  solSnif) 
und  so  sérûnunt,  sölünunt,  deren  im  tiefsten  Ton-Wellenthal  be- 
findlicher,  ganz   schwach  artikulierter  Laut  sich  nach  latein«  Laut- 


^  Derselbe  Gedanke  6ndet  sich  auch  bei  Lindsay,  Latin  Langoage  530 
(S.  531  steht  auch   die  Sammlung  der  einschlägigen  Formen):   Jf  ù  were  m 
mere  case  of  Nasalisation  ...»  it  is  difficult  to  see  why  ü  should  he  earn» 
fined  to  this  single  person,  the  third  person  plural  of  the  Present  Imditm 

tive  Active, 


DIB  TOSK.  ENDUNG  A>NO  DER  3.  PLÜR.  PRABS.  525 

lehre  zu  sérìmmi,  sóìinunt  sdiwächen  muíste.  Die  VoIk8q)rache  hätte 
dann  die  ältere  Form  —ünunt  erhalten  and  diese  lebt  noch  heute 
im  itaL  véndono  weiter.   Sonst  ist  es  der  Einflufs  von  regelm.  vendnni. 

Sollte  aber  jemand  einwerfen,  ein  immif  mçiantmi,  explhtuni 
müsse  ebenso  ein  amänunt  hervorgerufen  haben,  so  ist  dies  selbst- 
verständlich zugegeben.  Dies  mûâte  natûriich  dann  ein  it  amámio 
entwickeln;  allein  daneben  war  ja  noch  die  regelmäfsige  Form 
ämani,  sowie  vendun/  und  véndunimi  als  auch  dont  und  demtm/,  d.  h. 
stets  mit  demselben  Ton  auf  der  Stammsilbe.  Dies  muíste  offenbar 
neben  ämani  ein  dmanimi  analogisch  bilden,  worauf  it  dmano  war 
rûckgeht 

Doch,  mag  die  Herkunft  dieser  altlateinischen  Formen  dammi 
u.  s.  f.  auch  völlig  dunkel  sein  und  bleiben,  sicher  ist  es,  dais  die 
italienische  Endung  auf  diese  altlateinische  zurückgeht  und  die 
letztere  streng  lautlich  wiedergiebt 

Sollte  jemand  verlangen,  véndümmt  solle  véndanaiït  nicht  vin^ 
dono  geben,  so  sei  zxii  féceruni  =z  /¿cero  verwiesen.  Die  Stellung 
im  Proparoxytonalausgang  ist  schwächer  und  weniger  geschützt  als 
jene  im  Parox3rtonalausgang. 

Wenn  endlich  ein  Nichtromanist  an  ital.  dStnm^,  gegenüber 
lat.  datútnt^  Anstofs  nehmen  sollte,  so  wird  ihn  die  Bonerkung, 
dies  sei  eine  sekundäre,  im  Ital.  regelmäfsige  lautgerechte  Ent- 
wicklung, beruhigen. 

W.  FoBRsmu 


VERMISCHTES. 


I.  Zur  Lltteratiirgescliiehte. 

Das  neue  Artusdokument 

(Ztschr.  XXn,  243  ff.) 

Durch  Vermittlung  Pio  Rajna's  erhielt  ich  von  seinem  Scfaflier, 
Herrn  Dr.  Benedetto  Golfi  in  Modena,  eine  liebenswürdige  Mit- 
teilung über  das  Tympanon.  Daraus  erhellt,  dafs  dasselbe  längst 
aufgefallen  und  seit  dem  17.  Jahrhundert  wiederholt  besprodien 
und  abgebildet  worden  ist  Herr  Colfì  hat  über  meinen  Ao&ati 
im  verñossenen  Juni  vor  der  Deputazione  di  storia  patria  per  la 
Provincie  modenesi  einen  Vortrag  gehalten,  aus  dem  er  mir  Fol- 
gendes mitteilt: 

1.  I  nomi  sono  scritti  cosi:  „Isdemus  Artus  de  Bretania  -|- 
Durmaltus  Winlogee  Mardoc  Carrado  Galvagin^  (Galvagìnitf)  Gal- 
variun  Che".  Non  vi  sono  segni  di  interpunzione  dopo  Itdennu 
e  fra  le  sillabe  di  Ar.,  tus,,  de,,  e  di  Dur.  mal.,  ma  fori  praticati, 
chi  sa  come  e  perchè,  col  trapano:  dopo  VA^  segue  una  lettera, 
che  nella  linea  curva  assomiglia  certo  ad  un  B  (probabihoaente  il 
lapicida  aveva  cominciato  un  B),  ma  non  ha  la  sbarra  mediana 
trasversale,  e  però  deve  essere  ritenuto  per  un  D. 

2.  II  nome  Artus  si  riferisce  certamente  al  secondo  cavaliere, 
il  quale  non  accenna  punto  a  cadere. 

3.  Il  segno  d*  abbreviazione  della  terminazione  -ftf  dopo  Gûl^ 
vagin  è  nettissimo. 

4.  Dopo  Mardoc  e  Carrado  non  mancava  lo  spazio  per  mi'  altra 
sillaba. 

5.  Le  vicende  dell'  edificazione  del  Duomo  di  Modena,  le 
difficoltà  per  fissare  P  epoca  delle  sculture  della  porta  della  Pesdieria 
non  sono  esattamente,  né  completamente  riassunte  nei  cenni  com- 
pilati dal  prof.  Justi. 

6.  Del  resto  mi  è  parso  di  potere  attribuire  il  bassorilievo  al 
principio  del  XII  s.  (al  primo  ventennio); 

7.  e  mi  è  sembrato  di  scorgere  una  certa  analogia  fra  la  scena 
del  bassorilievo  e  la  situazione  descritta  dalla  terza  parte  del 
„Durmart  Le  Gallois", 


W.  FOERSTKR,  DAS  NBÜB  ARTUSDOKÜIIINT.  527 

Darauf  möchte  ich  Folgendes  erwidern: 

1.  BVRMAlTVSt  wie  nach  Zimmerman  gelesen  worden,  ist 
mit  seinem  B  gegen  jede  Anfechtuig  gesichert  Von  einem  Z>, 
wie  Herr  Golfi  will,  kann  keine  Rede  sein.  Man  sehe  sich  die  D 
in  ISDERNVS,  DE  BRETANIA,  MARDOQ  CAREADO  an, 
und  vergleiche  diese  vier  D  mit  dem  B  in  BRETANIA^  um  den 
scharfen  Unterschied  zu  erñeissen,  der  jede  Verwechslung  unmög- 
lich macht  Das  D  hat  die  heutige  Form;  der  rechte  Halbkreis 
ist  streng  regelmäfsig  gekrümmt;  dagegen  B  hat  zwei  Halbkreise,  3, 
von  denen  der  obere  gröfser  ist,  der  untere  kleiner,  daher 
derselbe  um  etwas  nach  innen  (links)  zurücksteht  Dies  ist  das 
in  die  Augen  springende  Charakteristikon.  Ob  die  Mittellinie 
zwischen  den  beiden  Krümmungen  bis  an  den  senkrechten  Balken 
geht,  wie  in  BRETANIA^  oder  ob  er  denselben  nicht  ganz  er- 
reicht, wie  in  BVRMALTVSy  ist,  wie  jeder  Paläograph  weifs,  völlig 
gleichgiltig.  Die  Schriftzeichen  der  Steinmetze  sind  doch  dieselben, 
wie  die  der  Buchschrift. 

Ob  dann  BVRMAITVS  oder  BVRMALTVS  zu  lesen,  das 
hängt  von  Herrn  Colfì's  Lesung  ab;  die  Wiedergabe  bei  Zimmer- 
mann ist  gerade  bei  diesem  zweifelhaften  Zeichen  sehr  unklar,  aber 
Raum  ist  für  den  untern  Strich  vorhanden.  Wir  lesen  also  BVR* 
MALTVS.  Bemerkenswert  ist  auf  jeden  Fall  die  Endung  dieses 
Namens;  denn  -alius  kann  doch  nur  eine  mechanische  Latinisierung 
des  französischen  Namens  Burmalt  sein,  und  so  haben  wir  es  mit 
dem  germanisch  -  romanischen  Sufñx  -alôus  zu  thun.  Artusritter- 
Namen  mit  germanischer  Endung  sind  aber  auffällig.  Doch  hat 
Durmart  (s.  unten  No.  7)  ebenfalls  eine  solche. 

2.  Wenn  der  Name  Artus  zum  zweiten  Ritter  gehört,  ü  quale 
non  accenna  punto  a  caderey  so  verstehe  ich,  das  Bild  vor  Augen, 
diesen  Satz  nicht;  denn  der  zweite  Ritter,  mag  man  von  r^ts 
oder  links  aus  zählen,  ist  eben  der  Ritter,  der  Miene  zu  fallen 
macht  Wenn  er  nicht  fallen  soll,  was  macht  er  dann?  —  Es  ist 
unschwer,  die  Absicht  des  Herrn  Golfi  bei  seiner  neuen  Rollen- 
verteilung zu  erraten,  wenn  er  gegen  die  sonnenklare  Fixierung 
der  Persönlichkeit  durch  die  darüber  gemeifselte  Inschrift  den  ersten 
Ritter  nicht  Artus  sein  läfst  Dieselbe  ist  so  angebracht,  dafs  der 
Helm  des  dritten  Ritteis  gerade  zwischen  dem  NI  und  A  von 
Bretania  steht,  so  dafs  jeder  Zweifel  ausgeschlossen  ist,  zu  welchem 
Ritter  gerade  diese  Inschrift  gehört.  Ich  gebe  in  ebener  Fläche  die 
Inschriftenleiste  genau  mit  den  Abständen  des  Tympanon  wieder: 

y\      ISDERNVS  ^      ARTVS  DE  BRETANI^A  +  B  VRMALTVS 
I.  2.  3*  4. 

Die  untergesetzten  ZiiTem  geben  die  Stelle  des  Kopfes  der  ein- 
zelnen Persönlichkeiten  wieder;  ^  und  r^  genau  die  Stelle  in 
Form  des  Helmes  der  drei  ersten.  —  Da  nun  sein  Protagonist 
Durmaltus  (wie  er  Burmaltus  der  Inschrift  liest)  ein  Ritter  ist,  so 


528  VERMISCHTES.    U.  ZUR  WORTOBSCUICUTJK. 

konnte  der  Name  unmöglich  dem  Axtmann  Na  4  gehören,  wie 
es  die  Inschrift  absolut  sichert  Dies  allein  genügt  schon,  um  seine 
Identifizierung  zurückzuweisen.  Da  er  also  den  ersten  Ritter  Burinait 
sein  läfst,  muís  Artus  der  zweite  und  Isdemus  der  dritte  Ritter 
sein.  Der  Axtmann  bleibt  dann  überhaupt  unbezeichnet  und  namen- 
los: das  ist  aber  auf  jeden  Fall  unmöglich;  denn  er  spielt,  vie 
schon  seine  auffallige  Gestalt  lehrt,  eine  hervorstechende  Rolle  and 
mufs  also,  wie  die  übrigen  Burgbewohner,  einen  Namen  haben. 
Dagegen  ist  es  gleichgiltig,  wenn  einer  (zumal  der  letste)  der 
Statisten -Ritter  Artus'  unbezeichnet  bleibt. 

3.  Ist  nach  Golfi  zu  lesen:  GALVAGIN^  d.  h.  GALVÄGINVS 
(das  bekannte  Abkürzungszeichen);  damit  entfallt  das  eine  der  von 
mir  angeführten  Beispiele  der  Eigennamen  mit  französischer  Endimg; 
es  bleibt  aber  MARDOC,  CAREADO,  GALVARIVN  bestehen. 
Davon  wird  das  erste  und  zweite  um  so  wirksamer,  als  nach  Herrn 
Golfi  noch  Raum  für  eine  Endung  vorhanden  gewesen  wäre. 

6.  Herr  Golfi  weist,  ohne  ein  Wort  darüber  zu  verlieren,  das 
Tympanon  den  zwei  ersten  Jahrzehnten  des  XIL  Jahrh.  zu«  Kollege 
Justi  hatte  es  mit  „firûhestens  1130"  bestimmt,  seine  mutmafsliche 
Aufstellung  begründet  und  auf  die  grofse  Monographie  des  Domes, 
das  bekannte  Werk  Dartein's,  verwiesen.  Ich  weifs  nicht,  welche 
Anzeichen  Herr  Golfi  för  seine  genauere  Bestimmung  gefanden 
und  welche  Erfahrungen  und  Kenntnisse  er  in  diesem  von  der 
Philologie  recht  abseits  liegenden  Fach,  der  Baugeschichte,  hat 
Offenbar  wird  hiefür  der  Abdruck  seiner  , Memoria'  befriedigende 
Gründe  bringen.  Besonders  lehrreich  wird  es  sein,  dabei  ans  dem 
Bau  selbst  Merkmale  herangezogen  zu  sehen,  die  (in  Ermanglang 
jedes  schriftlichen  genauem  Zeugnisses)  jemand  befôhigen,  sa  ent- 
scheiden, ob  ein  Tympanon  erst  „firûhestens  im  Jahr  1130''  oder 
schon  in  „den  ersten  zwanzig  Jahren  des  XIL  Jaiirhunderts''  her- 
gestellt worden  ist  —  Zum  Glück  ist  es  für  die  die  litterarische 
Verwendung  des  Tympanons  völlig  gleichgiltig,  ob  die  eine  oder 
andre  Bestimmung  angenommen  wird;  s.  S.  247  f. 

7.  Was  die  Heranziehung  Durmart's  betrifft,  so  hat  jeder 
(z.  B.  auch  ich)  bei  der  Aehnlichkeit  der  Namensformen  an 
diesen  Artushelden  gedacht.  Derselbe  kommt  nur  in  dem  nach 
ihm  genannten  Roman  vor,  der  an  hundert  Jahre  später  ist  all 
unser  Tympanon,  und  in  demselben  kommt  aufser  Artus  und  Gan- 
vain,  landläufige  Namen,  die  überall  vorkommen,  keiner  der  andern 
Namen  vor,  vor  allem,  was  das  schlimmste  ist,  kein  Karadoc  oder 
ganz  besonders  keine  Guinlöie.  Es  ist  doch  das  Geringste,  sa  ver- 
langen, dafs  wenigstens  der  Name  und  die  Stellung  des  ProtagCH 
nisten  und  seiner  Geliebten  stimmen  soll  (s.  meine  Bemerinmg 
S.  246).  Die  letztere  heifst  im  vorliegenden  Fall  im  Dnimart 
Fenise.  Nun,  der  Name  könnte  spater,  z.  B.  durch  EinflOls  Kiistian^Si 
geändert  worden  sein.  Aber  der  Protagonist  mufs  dodi  im  Dm^ 
mart  die  Burg,  die  belagert  wird,  verteidigen,  während  er  sie  im 
Tympanon  als  erstçr  berennen  wurde,    Femer  mufs  ^  im  Ronm 


W.  FOBRSTBR,   ALTFRZ.  MBLIDS.  529 

gegen  Artus  kämpfen,  während  er  hier  in  seinem  Heere  ist 
£in  Axtmann,  noch  dazu  mit  der  auffälligen  Gestalt,  existiert 
aber  überhaupt  nicht  im  Durmart.  Herrn  Colfi's  Identifizierung 
(und  Lesung)  mit  Durmart  ist  also  ohne  weiteres  abzuweisen.  Denn 
das  Einzige,  aber  auch  Allereinzigste,  was  stimmt,  besteht  darin, 
dafs  eine  Burg,  worin  eine  Frau  ist,  berannt  wird,  was,  da  es  in 
jedem  Roman  zu  geschehen  pñegt,  noch  nicht  genügt,  um  eine 
Identifizierung  darauf  zu  bauen. 

W.  FOERSTER« 


n.  Zur  WortgeseUchte. 

z.  Altfrz.  melide.  . 

Ich  hatte  im  Free  (Anmerkung  zu  2358)  das  rätselhafte  Wort 
mit  , Malta'  erklärt  und  mit  einigen  neuen  Stellen  belegt  G.  Paris 
vermochte  auch  diesmal  wieder  eine  neue  Stelle  beizubringen,  Rom. 
XX,  149  Z.  17  aus  Heinrich  von  Andeli's  Diì  du  chancelier  Phelipe 
(schon  abgedruckt  in  Rom.  I,  214):  li  cors  Qui  est  phmgiés  es  grans 
devices  De  cesi  siede  et  es  grans  délices;  £^  la  dauçor,  en  la  melile 
Tant  se  desduit  et  se  delite  Qu'il  ne  redoute  point  enfer.  Ebenda  hat 
G.  Paris  zwei  Druckfehler  in  meinen  Erec-Zitaten  S.  316  gebessert: 
Figues  und  délite  (statt  melile).  Ich  bin  zufällig  auf  eine  neue  Stelle 
gestofsen  und  zwar  in  einem  seit  lange  bekannten  und  viel  ge- 
lesenen Text,  dem  Amadas  und  Idoine,  dessen  neue  Ausgabe 
leider  durch  den  trostlosen  Zustand  aller  drei  Handschriften  in 
geradezu  unglaublicher  Weise  erschwert  ist:  Z.  769  Pour  la  ricoise 
de  Melide  Ne  vausist  dir  tel  contraire. 

Die  Bedeutung  von  ,  Schlaraffenland  S  die  diese  glückselige 
Insel  erhalten,  ist  ofienbar  durch  die  Volksetymologie,  die  das 
Wort  mit  nul  , Honig*  zusanmienbrachte,  leidit  angebahnt  worden. 
Das  Meiste  mag  vielleicht  die  bekannte  biblische  Wendung  ^«^^ 
lacte  et  melle  dazu  beigetragen  haben. 

W.  FOXRSTBR. 


3.  Jeu  Francois. 

In  einer  Pastourelle  heifst  es  an  einer  Stelle,  die  audi  Gode- 
froy  unter  gieu  beigebracht  hat:  Demanois  Le  ßi  français  Li  fis  a 
mon  talant  (Bartsch,  RonL  u.  Past  III,  6  V.  41  £),  Und  in  der  F#»- 
geance  d'Alixandre  des  Jehan  le  Venelais  liest  man  (KbL  nat  L  fr. 
790  fol.  180  r®  a):  Alixandres  Pemirace,  de  ü  prist  la  saisòte.  Le  gm 
francois  li  fist  souz  la  pelice  hermine.^   Es  wird  also  das,  was  so  oft 


^  Die  Stelle  lautet  ebenso  in  drei  anderen  Handschriften,  BibL  nat  L 
fr.  791  fol.  107  V*,  f.  fr.  24365  fol.  193  r* a,  british  Mntenm,  Royal  19  D.  i, 

loi,  47  V«  a. 


530  VERMISCHTES.    ZUR  WORTGBSCHICHTB. 

jeu  d*ainours  oder  auch  jeu  de  cortine  (z.  B.  Âiol  V.  10963)  genannt 
wird,  als  jeu  francois  bezeichnet    Was  bedeutet  hier  franadii 

Wenn  Brunetto  Latini  von  einer  liuefrancoüe  spridit  (s.  Gode- 
froy,  fascic.  89  unter  franceis\  oder  ein  portugiesischer  Diditer 
des  1 3.  Jahrhunderts  einen  Weg  caminho  francés  nennt  (Monad  e 
d' Ovidio,  Manualetti  etc.  II,  59  n®  3),  indem  er  damit  oflenbar 
einen  von  Franzosen  häufig  betretenen  Wallfahrtsweg  meint,  so 
wird  hier  das  Adjektiv  als  „französisch"  im  weitesten  Sinne  sa 
fassen  sein ,  allein  an  unserer  Stelle  ist  francois  wahrscheinlich  zn- 
nächst  =  nordfranzösisch,  wie  ja  denn  die  Trobadors  Nordfrank- 
reich einfach  Fr  ansa  nennen,  und  so  hat  gewifs  der  Verfasser  des 
„Herzog  Emsl"  mit  den  Worten ,  welche  Bartsch  l.  c.  S.  38 1  zum 
jeu  francois  heranzieht  als  man  jensît  Rînes  tuoi^  Nordírankreich  im 
Sinne  gehabt.  An  letztere  Stelle  darf  man  wohl  auch  eine  Aeoise- 
rung  von  Gaucelm  Faidit  anschliefsen,  der  im  ersten  Geleite  eines 
Gedichtes  (Gr.  167,  31)  von  einem  in  der  Provence  lebenden  GönneTt 
den  er  mit  dem  Verstecknamen  Mos  hels  Soheiras^  bezeidmet,  sagt: 
Mos  hels  Soheiras  s\nansa  Ab  gran  valor  E  vet  (lies  vol  mit  Hs.  V) 
d^amor  Aver  al  for  de  Fransa,  Que  lone  prec  lifanpaor^  (MG.  475)u 
Nach  Obigem  erscheinen  die  Nordíranzosen  als  ungestüme  mid 
intensive  Liebhaber,  und  so  möchte  sich  wohl  die  Entstehung  des 
Ausdruckes  jeu  francois  erklären  lassen.  Allein  befremdend  dürfte 
es  doch  bleiben,  dafs  in  Dichtungen,  die  in  Nordfrankreich  e&t* 
standen  sind,  francois  zur  näheren  Bestinmiung  eines  Substantivs 
verwendet  worden  wäre,  wenn  das  Wort  etwas  dem  Nordfransosen 
im  Allgemeinen  Eigentümliches  bezeichnet  haben  sollte.  Neben 
jeu  francois  haben  wir  freilich  auch  das  so  häufig  begegnende  tor 
francoisy  von  dem  schon  verschiedentlich  gesprochen  worden  ist,^ 
von  dem  man  aber  meines  Wissens  nicht  mehr  hat  sagen  können, 
als  dafs  es  eine  bestimmte  Wendung  des  Reiters  bedeute,  die 
wahrscheinlich    zum    Unterschiede    von    anderen    (gleichfrdls    nidit 


1  Bei  dieser  Gelegenheit  sei  auf  eine  Stelle  beim  Tanhuser  hingewiesen, 
nach  der  zu  urteilen  auch  Palermo  (mit  Friedrich's  H.  Hof)  als  in  jenem 
Punkte  berühmt  oder  berüchtigt  galt:  Si  jach  si  Ute  e%  gerne  Dom  ick  ir 
taete  als  man  den  vrouwen  tuot  dort  in  Palerne  (Von  der  Hagen,  Afinne- 
singer  II,  85  col.  I  Str.  15). 

»  Vgl.  Robert  Meyer,  Leben  d.  Trobad.  G.  Faidit  S.  57. 

*  Eine  besondere  gascognische  Art  zu  lieben  scheint  Feire  d'Alvemhe 
in  Gr.  323,  2  anzudeuten,  wenn  er  sagt:  Et  eu  trob  sai  çuim  retngna  Tal 
dompna  don  sui  amaire.  Non  ges  a  la  lei  gascona.  Mas  segan  que  nos 
amam  (MG.  2  Str.  7).  Liegt  etwa  nach  dieser  Richtung  hin  <Ue  EriillniBg 
eines  sé  engasconir  bei  Guiraut  de  Bomelh  (MG.  198  Str.  6  o.  Geleit)? 

*  Es  thut  nicht  not,  den  bekannten  Belegen  neue  hinzuzufügen,  nur  zwd 
Stellen  seien  angeführt,  wo  der  Ausdruck  in  mehr  oder  weniger  fibertngenem 
Sinne  begegnet:  A  tor  francois  en  mi  lo  Ht  V estent  (Rom.  u.  Fast.  I,  7  V.  34) 
und  Et  lour  fera  un  tour  francois,  Ain%  que  n*i  paraut,  a  lartm  (Encle 
ed.  Löseth  V.  4528 — 9).  Die  erstere  Stelle  ist  schon  von  Bartsch  1.  e  S.  3S1 
und  von  Tobler  (Getting.  Gel.  Anzeig.  1874  S.  1041)  zum  Vergleiche  heran* 
gezogen  worden. 


o.  SCHULTZ-GORA,  JEU  FRANCOIS.  53 1 

näher  bekannten)  ibrs^  so  benannt  sei.  Femer  trefiën  wir  einmal 
anf  die  Verbindung  mangier  /rancour  indem  im  ^Roman  de  Renart*' 
der  Fuchs  sagt,  dafs  er  von  einem  merveillos  mangur  francou  ge- 
gessen habe  (ed.  Martin  I,  15  V.  503 — 4).  Es  heifst  weiter  bei 
Watriquet  de  Couvin  von  einer  Dame:  Rkhement  ¿ieri  faite  acesnur 
A  une  maniere  française  (ed.  Scheler  S.  338  V.  280 — i).  Endlich 
begegnet  uns  auch  vin  français  im  »»Combat  de  Saint -Pol  contre 
les  Carmois'*  (Scheler,  Trouv.  belg.  I,  247,  vgl.  Ânm.  dazu)  und  in 
der  Weinschlacht  des  Henri  d'Ândeli  (Ausg.  u.  Abb.  n^  44  S.  5 1 
V.  143,  vgl.  Le  Grand  d'Aussy,  Fabliaux  2«  éd.,  1781,  II,  411,  420). 
An  diesen  beiden  Stellen  ist  nun  ganz  klar,  was  français  bedeutet, 
nämlich  „aus  der  Ile  de  France  stammend",  indem  der  vin  fran- 
cois  anderen  aus  anderen  Gegenden  Nord-  oder  auch  Mittelfrank- 
reichs henûhrenden  Weinen  gegenübergestellt  wird.'  Auch  bei 
Watriquet  (ed.  Scheler  S.  384  V.  103)  dürfte  vin  français  diesen 
Sinn  haben  (die  Scene  spielt  in  Paris),  obgleich  er  hier  im  Gegen- 
satze zum  garnache  erscheint,  der  vermutlich  ein  südfranzösischer 
Wein  sein  soll  und  wohl  nicht,  wie  Scheler  meint,  ss  „Wein  aus 
Granada''  ist.  Es  liegt  also  der  engere  Sinn  vor,  der  neben  dem 
weiteren  auch  sonst  von  dem  Adj.  und  SxxhsL  frcmcois  (entsprechend 
France  =  Ile  de  France)  genugsam  belegt  ist:  „franzisch,  Central- 
franzose*'.  Daher  dürfte  man,  meine  ich,  kaum  fehl  gehen,  wenn 
man  diese  Bedeutung  als  die  jedenfalls  ursprünglich  zu  Grunde 
liegende  auch  in  mangier  français^  tor  français  und  in  unserem 
jeu  français  erkennt  Vermutlich  werden  aufserhalb  der  Ile  de 
France  Lebende  jene  Wendungen  zuerst  gebraucht  haben«  Wie 
es  freilich  zur  Entstehung  derselben  gekommen  ist,  wird  wohl  der 
Kulturhistoriker  besser  beantworten  können  als  der  Linguist  Ich 
möchte  nur  noch  auf  den  Ausdruck  compagnie  française  hinweisen, 
den  Sainte-Palaye  unter  français  im  Sinne  von  union  d*un  sexe  avec 
r autre  aus  dem  15.  und  16.  Jahrhundert  je  ein-  und  zweimal  be- 
legt, und  welcher  als  eine  Art  Fortsetzung  àfì&  jeu  français  erscheint 

O.  Schultz -Gora. 


3.   Sadit  manäasiwe  etc.  „SchUrze^ 

Es  wäre  ein  Fehlgriff,  nach  cartesina^  =  it.  carticino  nuatcbsin^ 
einem  it  manticino  gleichzustellen;  jenes  ist  ein  t  t  der  Buch- 
drucker,   der  von   diesen  nach  Neapel  gebracht  wurde,    wobei  er 


*  In  „Clans  et  Lans"  V.  196 13  begegnet  man  einem  tour  breton  mit  B^ 

zug  auf  SchwertiuhniDg. 

'  Dazu   stimmt  ganz   die   auf  Grund   einer  Verordnung  von   131 5  von 
Sainte-Palaye  unter  français  gemachte  Angabe:   vin  f raneáis  sa  tñn  çt^on 

recueille  dans  Î*Ile  de  France, 

>  D'Ovidio  in  der  Romania  XXV,  S.  297,  Note  9. 


532  VERMISCHTES.    ZUR  WORTOESCHICHTB. 

die  venezianische  Form  behielt;  manébsin»^  dagegen  ist  z.  B.  nur 
in  der  Stadt  Neapel  selbst  gebräuchlich,  aufserhalb  soll  man  in  der 
Provinz  schon  andìsim  sagen,  was  zeigt,  dafs  ante  Sfno  gemeint  ist, 
neben  welchem  in  anderen  Mundarten  wand9sm9  vorkommt  == 
[a]van/t  s,  ;  Kontamination  mit  mantello  u.  s.  w.  war  sehr  leicht;  sm9 
s=  Sfno  (oder  sent)  ist  dort  lautgerecht. 

J.  SUBAK. 


4.  Rugidus. 

Roman.  Etym.  I,  24  konnte  ich  rugidus  neben  rüUdus  „ninzlig^, 
„rauh'*  nur  aus  dem  Mittelalter  nachweisen,  und  sah  es  als  eine 
späte  Bildung  an.  Nun  kommt  es  mir  in  einer  alten  Inschrift  za 
Gesicht  welche,  in  kursiven  Zügen,  auf  dem  Boden  eines  in  der 
Nähe  von  Debelo  Brdo  gefundenen  und  im  Museum  zu  Sarajevo 
aufbewahrten  Thongefafses  steht  Der  Gute  K  Bormanns  verdiuike 
ich  die  Inschrift  in  Photographie  und  in  Abdruck;  sie  lautet:  ^o 
Justus  I  olarius  et  \  manus  meas  \  rug  e  tas  et  /e\detas. 

H.  SCHUCHARDT. 


^  In  Norditalien  scheint  far  Scharze  neben  den  Ableitungen  von  grembê 
{^grembiale,  grewbiule)  traversa  (triest)  u.  a.  vorzukommen. 


BESPRECHUNGEN. 


F.Biohenet,  Le  Patois  de  Petit-Noir,  canton  de  Chemin  (Jura).    Dole, 
L.  fiemin,  1896.    VI -302  p.   8<^. 

Ce  livre  montre  one  foia  de  plus  combien  en  France  la  solution  si  simple 
donnée  par  la  science  actuelle  à  la  question  de  Torigine  et  de  la  formation 
des  patois  est  lente  à  pénétrer  même  dans  les  milieux  cultiTés.  Les  patoisants 
de  province,  mal  secondés  par  des  bibliothèques  insuffisantes,  ridies  surtout 
en  ouvrages  surannés,  ne  se  lassent  pas  de  répéter  des  théories  depuis  long« 
temps  insoutenables.  Ils  ne  peuvent  pas  comprendre  que  les  patois  ne  sont 
que  des  dérivés  naturels  et  spontanés  du  latin  au  même  titre  que  le  français, 
qu'ils  ne  constituent  par  rapport  à  ce  dernier  que  des  variétés  locales,  sorties 
de  la  même  souche,  mais  ayant  évolué  d'une  fiiçon  plus  ou  moins  différente, 
et  qui  sont  tombées  à  leur  humble  niveau  actuel  uniquement  parce  que  les 
circonstances  extérieures  ne  leur  ont  pas  été  favorables.  La  suprématie  du 
parler  de  TIle-de-France  est  si  bien  et  depuis  si  longtemps  établie,  qu'il  apparaît 
aux  yeux  du  grand  nombre  comme  le  seul  type  normal  de  la  langue  et  qu'on 
s'obstine  à  aller  chercher  bien  loin  les  raisons  des  divergences  dialectales 
parfois  considérables.  Quand  on  ne  fait  pas  des  patois  les  restes  vénérablet 
d'idiomes  quasi  antédiluviens,  on  se  croit  au  moins  obligé  d'admettre  toute 
sorte  d'influences  étrangères  et  des  mélanges  saugrenus  de  langues  les  plus 
diverses.  Une  connaissance  superficielle  de  l'ancienne  langue  vient  souvent 
ajouter  encore  à  la  confusion. 

M.  Richenet,  agrégé  de  l'Université  et  professeur  en  retraite,  ne  donne 
sans  doute  que  modérément  dans  ces  travers  ;  cependant  les  considérations  sur 
les  patois  qui  ouvrent  son  volume  trahissent  des  notions  encore  Men  pen 
claires  du  sujet.  Il  ne  saurait  guère  en  être  autrement,  qtaand  des  autorités 
comme  Fallot  et  le  Dr.  Perron^  suffisent  à  rendre  l'auteur  hésitant,  tandis 
qu'il  paraît  ignorer  M.  Gaston  Paris  et  son  classique  discours  sur  kt  Parlen 
de  France.    M.  R.  reconnaît  bien  que  le  patois  de  Petit-Noir  se  rattache  an 


^  Auteur  d'un  mémoire  intitulé  Braye4êW'Ptsmês.  Histoire.  Statistique. 
Langage,  inséré  dans  les  Mémoires  de  la  Société  d'Emulation  du  Doute  158B 
PP*33i — 4^*  M.  Perron  résume  ainsi  son  opinion  sur  les  patois  (p.  411): 
„Les  patois  ne  sont  donc  pas  des  dérivés  du  latin.  VL  sont  bien  des  Idioines 
primitifs  et  dans  toute  la  force  du  terme  des  langues  mères,  dont  les  langues 
savantes  dérivent  assurément."  Si  nous  signalons  ce  travaQ,  qui  manque  à  la 
bibliographie  de  M.  Behrens,  c'est  seulement  à  cause  du  glossaire  qui  occupe 
les  pp.  4U— 459- 


534  BESPRECHUNGEN.  J.  JBANJAQÜET, 

latin  vulgaire,  mais  il  se  demande  quelle  part  ont  eue  dans  sa  formatìoD 
l'idiome  celtique  et  les  dialectes  germaniques,  et  il  croit  voir  dans  le  passage 
de  cl,  gl,  à  kif  gi  une  influence  italienne,  que  la  domination  espagnole  en 
Franche-Comté  aurait  contribué  à  maintenir  (p.  15). 

Bien  que  l'auteur  connaisse  parfaitement  le  Glossaire  du  Parier  de 
Bournois  de  M.  Roussey,  il  n'en  a  en  rien  adopté  les  bonnes  dispositions  et 
a  évidemment  pris  pour  seul  modèle  le  Patois  des  Fourgs  de  Tissot,  dont  U 
suit  exactement  le  plan.  Or  si  le  travail  de  Tissot,  qui  date  de  1864,  compte 
parmi  ceux  de  cette  époque  qui  ont  rendu  et  rendent  encxnre  le  pins  de  ser- 
vices, il  ne  répond  toutefois  que  d'une  manière  bien  imparfaite  à  ce  que  l'on 
demande  aujourd'hui  d'une  étude  de  ce  genre.  La  même  remarque  s'appUqne 
par  conséquent  à  l'ouvrage  de  M.  R.  Sur  un  point  cependant,  M.  R.  w 
montre  supérieur  à  son  modèle:  renonçant  complètement  aux  lettres  étymo- 
logiques si  chères  aux  amateurs,  il  a  fait  usage  d'une  graphie  parement  pho- 
nétique. La  transcription  gagnerait  sans  doute  à  être  précisée  davantage  dans 
quelques  détails,  mais  tel  qu'il  est,  le  système  adopté  a  du  moins  le  mérite 
d'être  simple  et  pratique.  L'auteur  s'y  est  tenu  rigoureoiement  et  son  livre 
ne  laisse  rien  à  désirer  sous  ce  rapport. 

On  pourra  extraire  quelques  indications  phonétiques  dn  chapitre  intitulé 
Formation  du  patois  de  Petit-Noir,  qui  se  borne  à  une  comparaison  rapide 
et  superficielle  des  sons  du  patois  avec  ceux  des  mots  français  correspondants. 
Celui  qui  traite  des  Rapports  du  patois  de  Petit-Noir  avec  quelqius  atUres 
patois  est  insignifiant.  En  revanche,  la  Grammaire  (p.  41 — 60)  constitue,  mal- 
gré ses  lacunes,  une  utile  contribution  à  la  morphologie  dialectale.  Les  Textes, 
soigneusement  transcrits,  qui  occupent  la  fin  du  volume  (p.  245 — 300)  ne  seroDt 
pas  moins  profitables.  Tous  sont  des  traductions  de  morceaux  patois  d'autres 
régions  et  sont  accompagnés  de  l'original,  afin  de  permettre  la  oomparaisQiL 
Comme  chez  Tissot,  la  partie  la  plus  considérable  de  l'ouvrage  est  ibnnèe 
par  un  Glossaire  (p.  80 — 238).  M.  R.  n'a  pas  visé  à  être  complet  comme 
M.  Roussey,  mais  il  ne  donne  pas  non  plus  que  ce  qui  est  spédal  au  patois; 
en  général,  on  ne  voit  pas  trop  les  motifs  qui  ont  déterminé  l'admission  ov 
l'exclusion  de  tel  ou  tel  mot.  L'auteur  a  intitulé  son  glossaire  „Glossaire  com- 
paratif" et  la  comparaison  semble  en  efiet  avoir  été  sa  grande  préoccupatiao« 
Non  content  de  dépouiller  à  cet  effet  bon  nombre  de  dictionnaires  et  glos- 
saires anciens  ou  modernes,  il  a  été  chercher  des  rapprochements  daos  toute 
une  série  fort  disparate  de  textes  français  et  patois,  depuis  les  Quatre  Lhres 
des  Rois  jusqu'aux  Papillotes  de  Jasmin.  Il  est  à  peine  besoin  d'ajouter  que 
les  résultats  utiles  de  ce  travail  sont  peu  en  rapport  avec  la  peine  qu'A  a  dû 
coûter  à  son  auteur  et  la  place  que  tiennent  ces  longues  et  peu  instructives 
séries  de  renvois,  qui  accompagnent  presque  chaque  mot.  H  est  dair  qu'os 
ne  saurait  retirer  un  bien  grand  profit  d'articles  rédigés  ainsi: 

Bru,  bruit.     Bér.,  Jas.,  Jaq.,  Rou.,  Jan.,  Ob.,  Beau., 

même  quand  on  sait  quels  ouvrages  désignent  ces  abréviations.  Cet  exemple 
montre  également  que  les  mots  les  plus  courants  n'ont  pas  été  exceptés  de 
cet  étalage  de  citations,  et  à  propos  de  cou\  *  queue'  ou  pigf^»  'peigne*» 
M.  R.  invoquera  le  Roman  de  la  Rose,  Froissart,  Etienne  Boilean»  Rabelsis 
et  une  dizaine  d'autres  œuvres.    Il  eût  évidemment  été  beaucoup  mi^ny 


F.  RICHSNET,  PATOIS  DB  PBnT*>NOIR.  535 

en  développant  la  partie  originale  du  glossaire,  dont  les  articles  proprement 
dits  sont  en  général  très  sommaires. 

Quant  au  patois  de  Petit-Noir,  il  ne  présente  rien  de  bien  saillant  au 
point  de  vue  phonétique,  mais  il  fournira  des  points  de  repère  intéressants 
pour  la  délimitation  de  certains  caractères.  Petit-Noir  étant  situé  aux  con- 
fins de  la  Bourgogne,  sur  la  rive  droite  du  Doubs,  à  24  kilomètres  en  aval 
de  Dole,  son  patois  diffère  déjà  notablement  du  type  de  la  région  juras- 
sienne et  ofi're  davantage  de  ressemblance  avec  le  français.  Les  finales  latines 
et  l'a  tonique  libre  ne  sont  conservés  nulle  part:  péf*^  mit*,  fét^,  lévr^, 
kyé  (clavem,  clarum),  tnôgri  (i  =.  e  mi-ouvert  et  bref),  sântè,  pidhyè,  sèthyè 
(siccitatem),  marché  (mercatum).  A  noter  que  l'infinitif  de  la  l^  conj. 
se  termine  uniformément  en  -è,  sans  aucune  distinction  entre  les  anciens 
verbes  en  -ür  et  ceux  en  -erx  mijè,  èrachè,  charchè,  tmdè  comme  aU, 
chântè,  Vvè,  tandis  que  les  deux  classes  sont  encore  distinctes  à  Bour- 
berain  et  ^lus  près  encore  à  Broye-lez-Pesmes,  au  confluent  de  la  Saône  et 
de  l'Oignon  (v.  Perron,  /.  f.).  —  'Otum  aboutit  au  même  résultat  que  -are, 
mais  le  traitement  de  -atam  appelle  quelques  mots  d'explication.  Dans  les 
participes  on  a  toujours  /':  chanté*,  mijé*  (j'infère  du  moins  cette  dernière 
forme  du  silence  de  M.  R.  et  de  oblijé*,  qu'on  lit  p.  296);  mais  dans  kt  noms, 
on  trouve  à  côté  de  anné\  pigne*,  trenne*,  vale*,  vôpré*,  jouné*,  rou9é*,  etc. 
des  formes  telles  que  brasi*,  èri*  (areatam),  èrègni*,  foum*  (fumatam),  fourchi* 
(furcatam),  y«rt '  (focatam),  lèti*  (lactatam), /m<^^''«  'pochée', /¿iixt',  'pincée', 
pougni*,  pôlti*,  'pelletée',  etc.  On  a  évidemment  affaire  dans  ces  derniers 
mots  à  la  réduction  de  -iée  en  -ie  bien  connue  par  les  anciens  textes  français 
de  l'est  et  du  nord  et  attestée  également  pour  notre  région  par  d'anciens  do- 
cuments (v.  £.  Goerlich,  Der  burgnndische  Dialekt  im  Xm.  u.  XIV.  Jahrh., 
p.  16).  A  l'origine,  on  a  donc  aussi  dû  avoir  l'alternance  chanté*  —  nUjV^ 
mais  la  nivellation  des  infinitifs  a  entraîné  celle  des  participes,  et  la  termi- 
naison i*  s'est  conservée  seulement  dans  les  substantia.  D'autre  part,  comme 
ceux-ci  sont  en  grande  majorité  des  collectifs,  cette  même  terminaison  s'est 
propagée  à  d'autres  collectifs,  tels  que  fauni*,  pôlti*,  dans  lesquels  le  suffixe, 
n'étant  pas  précédé  de  palatale,  devrait  régulièrement  être  é*.  Les  faits  ana- 
logues de  Bourberain  (Rabiet,  Pat.  de  B.  I  p.  12)  s'expliquent  de  la  même  façon« 

Le  glossaire  de  M.  R.  ne  fournit  malheureusement  pas  toujours  les  élé- 
ments nécessaires  pour  résoudre  les  questions  asses  complexes  qui  se  rat- 
tachent au  vocalisme  de  Petit-Noir.  Une  autre  difficulté  provient  de  ce  que 
le  patois,  fortement  influencé  par  le  français,  n'est  plus  bien  homogène  et  a 
subi  récemment  des  altérations  qui  ont  complètement  modifié  certains  carac- 
tères. M.  R.  fait  à  ce  sujet  l'observation  très  intéressante  que  les  diphtongues 
éy,  aw,  qui  existaient  encore  dans  notre  siècle,  ont  aujourd'hui  disparu  et 
sont  remplacées  par  é,  ô.  Ainsi  tous  les  mots  en  -arius,  qui  ont  aujourd'hui 
'é,  se  prononçaient  encore  avec  -êy  vers  1850  (p.  31);  lé  (lectum)  était  iêyi 
-atam  avait  également  donné  fy*,  si  l'on  en  juge  par  la  variante  anniy  à  côté 
de  anné\  Quant  à  la  diphtongue  aw,  elle  représentait  un  ancien  oui  caw 
(cou),  kyaw  (clou),  saw  (soûl),  /aw  (fou),  maw  (mou),  kfyaw  (caiiloQ).  M.  R« 
indique  aussi  pyaw  comme  forme  archaïque  de  Pyâ  (pellem),  mais  comme  il 
ne  donne  pas  de  variantes  pour  ch^vâ,  ptV  (pala)  eto«  on  en  peut  conciare 
que  r^  est  ici  de  date  plus  ancienne:  al'^aim'^â  eet  antèrieiir  à  am'^am» 


536  BESPRBCHUNGBM.     E.  HBRZOG, 

L'existence  d'une  ancienne  diphtongue  fw  est  ¿gaiement  attestée  par  le  viens 
patois  nêu  (&=  nfw)  pour  neu  (s=  nœ)  ^  noctem. 

Dans  le  domaine  du  consonnantisme,  mentionnons  seulement  qve  Petit« 
Noir  participe  encore  à  la  palatalisation  franc-comtoise  des  gronpei  rd,  ri, 
qui  s'étend  vers  le  nord  jusqu'en  Lorraine  (Meyer-Lnbke,  Gr.  I  §  475  ;  P.  ^aity. 
Rev.  Clédat  VI  143).  D'après  la  description  donnée  p.  229,  les  sont  q^  rt- 
sultent  ici  des  groupes  en  question  sont  it,  t,  que  M.  R.  tramcrit  dty,  tkyi 
ctdhy,  padhyu,  moudhyu,  pôthy,  pouthyè,  southyi. 

En  somme,  on  ne  peut  que  regretter  qu'une  connaissance  însnffisante 

des  besoins  de  la  science  actuelle  et  de  la  méthode  à  suivre  n'ait  pas  permis 

à  M.  R.  de  nous  donner  la   monographie  complète  et  définitive  qu'il  aurait 

certainement  été  en  état  d'écrire;   mais  cela  n'empêchera  pas  les  romanistes 

d'accepter  avec  reconnaissance  les  matériaux  assez  abondants  et  très  ntîHtaMft 

que  son  volume  met  à  leur  disposition. 

J.  JSAIIJAQÜBT. 


L  Usohakoff»  Zur  Frage  von  den  nasalierten  Vokalen  im  Altfran- 
zösischen. Separatabdruck  aus  den  Mémoires  de  la  société  néo-philo« 
logique  à  Helsingfors.  Il  (1897)  S-  ^9 — S^* 

Der  vorliegende  Aufsatz  Uschakoffs  zerfällt  im  wesentlichen  in  iwei 
Teile;  der  erste  sucht  die  schon  mehrmals  von  verschiedenen  Seiten  ansge- 
sprochene  (Engelmann,  Ueber  die  Entstehung  der  Nasalvok.  im  Afra.  Haue 
1882,  S.  2),  zuletzt  von  Suchier  in  seiner  afrz.  Grammatik  S.  63  scharf  for* 
mulierte  Behauptung  einer  gleichzeitigen  Nasalierung  aller  Vokale  zu  beweisen, 
der  zweite  sucht  die  Annahme  Suchiers  —  der  Grund  der  bei  jener  Be- 
hauptung auffallenden  Thatsache,  dafs  die  Nasalierung  von  u,  t,  ù,  o  ait 
Bindung  mit  oralen  Vokalen  in  Assonanz  nicht  verhindert  hat,  wohl  aber  die 
von  a,  e,  sei  in  einer  qualitativen  Veränderung  der  letztem  gelegen  —  sa  ent* 
kräften  und  dafür  den  geltend  zu  machen,  dafs  die  assonanzgestattenden  Nasa- 
lieruDgen  bei  weitem  nicht  so  stark  gewesen  seien  als  die  assonansfer- 
bietenden. 

Die  von  Suchier  aufgestellte  Theorie  hat  etwas  ungemein  Ansprechendes. 
Immerhin  hat  man  das  Bedürfnis,  mehr  Beweise  als  die  von  ihm  S.  62  zitiertoi 
Schreibungen  und  Reime  von  inK  \  iK  zu  besitzen,  um  so  mehr  da  jene  Fille^ 
wo  es  sich  um  bloiise  Nichtsetzung  eines  n  handelt,  auf  VernachUssigong  dei 
Striches  von  selten  des  Schreibers,  jene  wo  es  sich  um  ungehörige  Setung 
eines  Nasals  handelt,  auf  falscher  Deutung  eines  im  Original  irgendwie  ent* 
standenen,  zufalligen  Strichleins  auf  dem  vorhergehenden  Vokal  benihcB 
können.  Doch  ist  die  Zahl  der  Fälle  wohl  hinreichend  grofs,  nm  die  An- 
nahme solcher  Zufälligkeiten  zweifelhaft  zu  machen.  Wie  dem  auch  sein 
mag,  man  wird  neue  Beweismomente  mit  Freude  entgegennehmen ,  nur  dliileA 
sie  nicht  so  beschaffen  sein,  wie  die  von  U.  angeführten,  die  darthmi  ioUcB» 
dafs  die  Nasalierung  nicht  erst  im  16.  Jahrh.  eingetreten  ist.  Es  ist  ja  riditi^ 
dafs,  wo  man  ähnliche  Erscheinungen  durch  einen  einzigen  in  eine  beatiimUe 
Zeit  fallenden  Vorgang  erklären  kann,  man  das  lieber  thon  wird  ab 
schiedene  zeitlich  getrennte  und  im  Resultat  doch  analoge  annehme«. 


USCHAKOFF,   NASAUBRT£  VOKALS  IM  ALTFRZ.  537 

darf  man  deshalb  behaupten^  dafs  »»ein  wiederholtes  Auftreten  derselben  Laut* 
Wandeltendenz  in  der  Greschichte  einer  Sprache  eine  äufserst  seltene  Erschei- 
nung" ist  und  dafs  „eine  drei-  bis  vierfache  Wiederholung  um  so  unwahr- 
scheinlicher ist'*?  Das  e  von  lat  mare  ist  im  ältesten  Frz.  geschwunden, 
offenbar  nachdem  es  früher  9  geworden  ist.  Ebenso  schwindet  in  einer  be- 
deutend späteren  Periode  das  9  von  frz.  mare.  Im  Vulgärlatein  Galliens  geht 
ki  zu  lit,  um  schliefslich  t'i,  ci  zu  werden.  Einige  Jahrhunderte  später  werden 
germanische  Wörter  mit  ki  aufgenommen,  das  ki  geht  wieder  zu  Iti,  das  sich 
später  in  li  verwandelt.  In  einzelnen  Dialekten,  die  beide  Wandlungen  mit- 
gemacht haben,  sind  nun  auch  eine  Anzahl  sekundärer  ki  in  einer  der  Gegen- 
wart nahe  liegenden  Zeit  wieder  zu  k'i  und  teilweise  zu  tli  geworden.  Das 
zweite  Moment  U.'s  ist  noch  weniger  geeignet  meine  Zustimmung  zu  ge- 
winnen; er  führt  an,  dafs  ßlme  ungefähr  in  derselben  Zeit,  wo  die  Nasalierung 
bei  fin  angenommen  wird,  zu  fame  geworden  ist,  und  fragt:  »»^ie  ist  es 
möglich  zu  glauben,  dafs  in  derselben  Lautperiode,  wo  fur  gewisse  Vokale 
vor  Nasal  in  gewissen  Stellungen  eine  Tendenz  zur  Entnasalierung  sich  that- 
sachlich  kund  giebt,  für  andere  Vokale  in  anderen  Stellungen  die  entgegen- 
gesetzte Tendenz  zur  Nasalierung  eingetreten  wäre?"  Ja,  warum  denn  nicht ?^ 
Ein  dritter  Grund  ist  ähnlicher  Beschaffenheit;  die  heutige  nasale  Aussprache 
von  f  und  u  besteht  seit  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahrb.,  ja  nach  Gramma- 
tikerangaben wahrscheinlich  schon  im  16.  i,  ü  müfsten  also  in  der  Zeit  von 
50  bis  100  Jahren  zu  In,  ün,  dann  zu  ^,  o  geworden  sein.  Verf.  findet  das 
unwahrscheinlich,  namentlich  in  einer  „kultivierten  Reichssprache".  Aber  ehe 
wir  den  lautphysiologischen  Vorgang  nicht  ermitteln  können,  solange  wir 
über  die  Mundstellung  bei  dieser  Entwicklung  nichts  wissen,  haben  wir  gar 
kein  Mafs  dafür,  ob  diese  Veränderungen  wirklich  so  viele  und  so  grofs  sind, 
als  sie  auf  den  ersten  Anblick  scheinen.  Und  gerade  in  einer  „kultivierten 
Reichssprache",  wo  das  Beispiel  einer  oder  mehrerer  höher  gestellten  Per- 
sonen oft  von  grofsem  Einflufs  ist,  erklären  sich  in  kurzer  Zeit  vollzogene 
grofse  Veränderungen  viel  leichter  als  bei  unkultivierten  und  deshalb  viel 
konservativeren  Menschengruppen.  Solche  theoretische  Erwägungen,  weit  ent- 
fernt „gewichtig"  (S.  38)  zu  sein ,  haben  überhaupt  keine  Beweiskraft.  Ein 
ähnliches  Raisonnement,  das  darthun  soll,  dafs  die  Nasalierung  auch  als  ein 
einziger,  zusammenhängender,  aber  drei  bis  vier  Jahrhunderte  dauernder  Laut- 
wandelprozefs  nicht  aufgefafst  werden  darf,  kann  hier  fuglich  übergangen 
werden.  —  U.  glaubt  noch  für  ie  und  o  spezielle  Beweise  einer  frühen  Nasa- 
lierung bringen  zu  können.  Was  ersteres  betrifft,  so  geht  er  von  der  Voraus- 
setzung aus,  dafs  vor  Nasalen  immer  e  und  if  gesprochen  wird.  Ersteres  ist 
möglich,  aber  nach  seinen  Gründen  nicht  bewiesen,  letzteres  direkt  unglaub- 
würdig. Für  e  führt  er  zwei  Momente  ins  Treffen,  erstens  andere  romanische 
Sprachen  —  also  deshalb,  weil  in  verschiedenen  roman.  Sprachen  €  (zum  Teü 


'  Verschiedene  Tendenzen  in  verschiedener  Stellung:  Vokalunterdruckung 
in  Fällen  wie  dreit  von  frühester  Wirksamkeit,  Vokalentfaltung  in  kanap,  cantf 
(ML.  I  §387).  Verschlufslösung  in  VbV^  VvV,  Verschluisbildung  z.B.  in 
corvellu  >»  corbeau.  Ferner  sind  Assimilation  und  Dissimilation  wohl  in  jeder 
Periode  wirkende  entgegengesetzte  Tendenzen.  Im  Grund  handelt  es  sich 
auch  bei  der  Nasalierung  und  Entnasalierung  um  Assimilation  und  Dis- 
similation. 

Zeiucbr.  l  rom.  Phü.   XXIL  35 


538  BESPRECHUNGEN.     E.  HERZOG, 

bloíis  e)  vor  Nasalen  (zum  Teil  blofs  vor  N'-\'P)  i  wird,  weil  f  in  provcns. 
und  nordit.  Mundarten  zu  f  wird,  soll  dies  auch  fur's  Nordfrx.  gdteo? 
Zweitens  die  Parallelität  mit  o.  Die  frz.  Assonanzen  zeigen  for  f]  und  S.T. 
für  ^[  seit  den  ältesten  Zeiten  vor  Nasalen  geschlossenen  Vokal.  Dieser  loU, 
entgegen  Suchier,  schon  vor  der  Nasaliening  bestanden  haben;  warum? 
Erstens,  wieder  weil  wir  es  in  andern  Sprachen  finden.  —  Aber  das  beweist 
hier  doch  noch  weniger  ;  da  die  Verbindung  cNIT  im  Lateimsdien  selten  war 
(man  sprach  mçnte,  'çnd')^  so  konnte  leicht  die  sehr  h&ufige  'ÇNK"  an  Stelle 
der  seltenen  treten,  was  in  den  einzelnen  Sprachen  unabhängig  von  einander 
geschah,  wie  die  ungleiche  Behandlung  gewisser  Wörter  zeigt,  vgL  ML, 
I  172  f.  Die  Verwandlung  in  a,  die  9  (wie  es  scheint  blob  nebentonig)  und 
nur  dieses  vor  mK,  besonders  in  gewissen  Dialekten,  erleidet  (s.  Sodiier  65), 
spricht  eher  fur  die  Beibehaltung  von  p.  Zweitens  die  Tendenx  der  Nasa- 
lierung ist  Vokale  zu  öffnen,  nicht  zu  schliefsen.  Also  im  Gmnde  wieder 
Parallelität  mit  den  Vokalen  der  lingualen  Reihe,  aber  schledit  angebracht,  da 
wir  bei  den  Nasalvokalen  eine  auffallende  Analogielosigkeit  der  Behandlang 
jedenfalls  zugeben  müssen.  ^]  ist  heute  J,  .d]  ist  ç  (nicht  ^,  wie  meistens 
angesetzt  wird),  f  [  diphthongiert  (zu  et  oder  0?),  f^[  niemals.  Es  ist  das  gana 
begreiflich,  da  das  Gaumensegel,  das  die  Nasalierung  bewirkt,  nahe  jenen 
Teilen  der  Zunge  ist,  deren  Lage  bei  labialen  Vokalen  verändert  wird,  so 
dafs  gewisse  Beeinflussungen  sich  ergeben  konnten,  fur  die  bei  lingualen  Vo- 
kalen kein  Grund  vorlag,  ü  und  %  entvâckeln  sich  deshalb  vollständig  analog, 
da  ersteres  von  Anbeginn  û  gesprochen  wurde  und  die  Zungenstellong  von  f 
hatte.  Uebrigens  wäre  bei  öffnender  Tendenz  nicht  verständlich,  dafs  U  in 
so  vielen  Orten  Ç,  ja  ç  (selbst  teilweise  in  Paris)  gesprochen  wird,  dafs  in 
Alt-Miinsterol  degqfi  (dégoûtant),  hX  (banc)  gesagt  wird  (Homing,  Fr.  St. 
V  444)  u.  a.  m.  —  Dafs  man  ie  mit  e  sprach,  ist  dem  Verf.  ausgemachte  That- 
sache;  er  wendet  sich  nur  gegen  die,  die  etwa  meinen  könnten,  es  sei  £f  ge- 
sprochen worden  —  und  diese  Aussprache  ist  ja  doch  for  einige  Gegenden 
Frankreichs  ganz  sicher  — .  Er  behauptet,  diese  Einwendung  passe  nicht  for 
Wörter  wie  païen,  hier  sei  e  von  Anfang  an  betont  gewesen.  Non  ist  es 
allerdings  auch  die  Annahme  Suchiers,  dafs  ie  aus  a  immer  anf  #*  ie  ans  f 
im  Anfang  wahrscheinlich  auf  i  betont  war.  Es  sind  aber  jederzeit  die  beiden 
ie  vollständig  gleichmäfsig  behandelt  worden  und  sie  reimen  seit  den  ältesten 
Zeiten  mit  einander.  Wenn  also  Suchier  verschiedene  Betonung  annimmt, 
kann  sich  das  nur  aus  der  Art  erklären,  wie  er  sich  die  Entwicklung  a^âr 
vorstellt:  offenbar  Pa  >- P/a  >►  Z^/.  Wie  aber,  wenn  sie  vielmehr  so  ist: 
Pa\_  >>  /V  (als  sonstiges  a[  noch  a  war)  denn  gleiche  Behandlung  mit  f  ?  ifit 
einer  derartigen  Annahme  liefse  sich  die  weitere  Verbreitung  von  Píe  in 
guten  Zusammenhang  bringen.  —  Verf.s  Beweis,  dafs  0  nicht  später  als  andere 
Vokale  nasaliert  worden  sei,  beruht  auf  seiner  Ansicht,  dafs  die  Vokale  un- 
gleich stark  nasaliert  wurden.    Ich  komme  darauf  später  zurück. 

Endlich  folgen  Thatsachen.  Verf.  weist  auf  die  von  Suchier  nnd  Engd- 
mann  zitierten  Schreibungen  hin,  greife  aber  freilidi  als  Beispiel  gerade  die 
heraus,  die  bei  Suchier  einzig  nichts  beweist:  amins  in  einer  Metxer  Urknnde, 
das  wie  ähnliche  Schreibungen  im  Lothr.  Ps.  und  sonst  nur  xeigt,  dafs  & 
heute  dort  in  den  Verbindungen  mi  und  ni  eingetretene  progressive  Nasn- 
lierung   schon   damals   stattfand.    Dann    werden   die  VerwechslnngCB  vm  ns. 


USCHAKOFFy   NASALIERTE  VOKALE  IM  ALTPRZ.  539 

und  n  erwähnt,  deren  Beweiskraft  Verf.  anzweifelt»  weil  er  an  einen  mög- 
lichen Einflufs  südfrz.  Dialekte  denkt;  auf  alle  Schreiber,  die  sie  sich  zu 
Schulden  haben  kommen  lassen?  das  wäre  merkwürdig.  Verf.  fuhrt  die  Schrei- 
bungen im  Höh.  L.  büm,  raisum  an  und  hätte  überhaupt  die  ältesten  an- 
fuhren sollen  Eide:  fmon.  Pass.:  evirum  u.  a.,  Als:  rien  A  12,,  sogar  tun  (tu 
me)  L  785,  945.  Verf.  führt  femer  Reime  von  Vm  :  Fn  an,  die  ihm  aller- 
dings nicht  ganz  beweiskräftig  erscheinen,  da  m  in  n  übergegangen  oder  die 
Reime  ungenau  sein  könnten. 

Noch  ein  Moment  fur  hohes  Alter  der  Nasalierung  könnte  man  anfahren, 
den  Unterschied  zwischen  mains  und  anz.  Man  mufste  dann  annehmen  ein- 
faches n  sei  bereits  in  die  Nasalierung  des  vorhergehenden  Vokals  aufgegangen 
als  s  silbenschliefsend  zu  wirken  begann  (vgl.  Gröber,  Zs.  VI486):  also 
mal'S  ^  mais,  aber  än-s  ]>  äntsJ^  Dazu  muíste  man  den  Schwund  des  nasalen 
Konsonanten  bei  Nasalierung  des  vorhergehenden  Vokals  schon  vor  dem 
Schwund  des  tonlosen  reduzierten  Vokals  (nicht  des  a,  das  damals  noch  nicht 
reduziert  war)  ansetzen,  ungefähr  nach  folgender  Tabelle,  die  auch  gleich- 
zeitig die  Verschiedenheit  der  Entwicklung  von  Ufidu  und  tenera  erklären 
soll.  Bei  teneru  nehme  ich  frühen  Ausfall  des  Zwischentonvokals  mit  Ersatz- 
längung  des  vorhergehenden  Konsonanten  an,  die  nicht  möglich  war,  wenn 
dieser  eine  Muta  war.  Mit  dieser  Annahme  in  Einklang  sind  die  Schrei- 
bungen anime,  aname  des  durchs  Metrum  zweisilbig  erwiesenen  änme  (die 
Schreibung  anrne  wäre  äme  gesprochen  worden),  femer  die  lothr.  Entwicklung: 
anrme  spr.  arme,  Dissimilation  aus  änme*  Auch  dais  ein  tonloser  Vokal  in 
liquider  Umgebung  früher  schwindet  als  sonst,  hat  nichts  Auffalliges,  vgl. 
mhd.  nern,  kein,  in  späterer  Periode  des  frz.  donrai  (dSn^rai^  dönrai"^ 
dSrai)  gleichzeitig  mit  porterai, 

I .  ep.    latus        pratu        tçpidu        manus        manu        lana 


2.  ep.    IçLd^s        prçui^        tábido 

man^s 

• 

man^ 

• 

lana 

• 

3.  ep.    lad^s        prad^        tiebido 

män^s 

m 

mân^ 

• 

Idna 

m 

4.  ep.    läd^s        präd^        tiebdo 

maï^s 

mai^ 

laïna 

5.  ep.    lez            prêt           tiebdo 

maïs 

mat 

laïna 

I.  ep.   p^nna        annus        annu 

tfneru 

Ifntu 

2.  ep.    penna         ann^s         ann^ 

tennro 

lent^ 

3.  ep.   pinna        çnn^s         çnn^ 

tinnro 

Hht^ 

4.  ep,    pina           ç.n^s            çn^ 

tinro 

/»« 

5.  ep.    pina           änts            an 

tindro 

lit. 

wobei  ^  der  seiner  Qualität  nach  unbestimmbare  (vielleicht  nach  Nasalen 
nasalierte)  zwischen  u  und  Ausfall  liegende  tonlose  Vokal,  a  ein  gegen  e  ge- 
neigtes a,  aT  den  (bis  jetzt  nicht  bekannten)  Klang  des  afrz.  Lautes  in  main 
bedeutet  ;  wird  diese  Entwicklung  als  der  Grund  der  Verschiedenheit  zwischen 
anz  imd  mains  angenommen,  so  ergiebt  sich  ohne  weiteres,  dafs  anch  in  den 
Produkten   von  finis,    vlSnis,   canis,   rationes,   unus  nicht  blois  der  betonte 


^  Gröber  (Zs.  IX  159)  erklärt  den  Unterschied  anders:  /-Einschab  nnr 
nach  kurzem  Vokal:  änus'^ants,  manus "^  mains.  Ich  wage  keine  Ent- 
scheidung. 

35* 


540  BESPRECHUNGEN.     E.  HERZOG, 

Vokal  bereits  vor  der  litterarischen  Periode  nasaliert,  sondeni  auch  der  nasale 
Konsonant  geschwimden  war. 

Verf.  behauptet,  die  merkwürdigen  Assonansverhältnisse  erUSren  ridi 
dadurch,  dafs  i,  ie,  ü,  p  nicht  so  stark  nasaliert  seien  wie  a  und  f,  und  dies 
daraus,  dafs  sie  nicht  so  stark  nasaliert  werden  können.  Ja,  er  geht  so  weit, 
zu  behaupten,  dafs  a,  f  deshalb  auch  leichter  und  vielleicht  etwas  froher 
Nasalklang  erhalten  hätten  als  die  andern  Vokale  —  wodurch  der  einzige» 
allerdings  grofse  Vorzug  der  Suchierschen  Theorie  mit  einem  Schlag  vernichtet 
wäre.  Denn  wie  man  einmal  zwei  Prozesse  annimmt,  bleibt  es  sich  gana 
gleich,  ob  sie  durch  Jahrzehnte  oder  durch  Jahrhunderte  von  einander  ge- 
trennt werden.  Aber  es  ist  gewifs  eine  ganz  unrichtige  Voraussetaung.  Darch 
einen  einfachen  Versuch  kann  man  sich  überzeugen,  daís  a  und  f  beide  sdir 
stark  nasaliert  werden  können,  so  stark,  dais  keine  Luft  aus  dem  offenen 
Munde  austritt,  wenigstens  ein  davor  gehaltener  Spiegel  nicht  angehaucht 
wird  —  und  es  ist  auch  gar  nicht  einzusehen,  warum  bei  i  der  Nasalklang 
nicht  ebenso  stark  sein  kann.  Bei  u,  o  könnte  man  daran  denken,  dab  der 
gehobene  hinlere  Teil  der  Zunge  die  starke  Senkung  des  Gaumensegels  ver- 
hindere ;  aber  bei  t  ist  derselbe  genau  in  der  gleichen  Lage  wie  bei  o.  Wenn 
thalsächlich  bei  t  Nasalierung  schwerer  einträte  als  bei  a,  dann  wäre  absolot 
nicht  zu  begreifen,  warum  in  so  vielen  Gegenden  Frankreichs  bei  vorher- 
gehendem Nasal  gerade  nur  i  (und  ü)  nasaliert  werden,  und  gewils  einer 
starken  Tendenz  folgend  ;  denn  bei  einer  schwachen  wären  nicht  selbst  Vobal- 
formen,  die  unter  Analogie  so  vieler  andrer  mit  or.  Kons.-|-i!*  <  stehen,  er- 
griffen  werden:  garn^,  dorm^,  vnö  (venu),  tnö  [ClairvauxJ,  ml  (mb),  niSfif 
(meunier),  aber  me  (moi),  nia  (mais)  [Metz]  u.  s.  w.  Vgl.  auch  das  weiter 
unten  über  den  Wiener  Dialekt  Gesagte. 

Was  hat  nun  U.  gegen  Suchier's  Theorie  zur  Erklärung  der  Assonanz- 
verhältnisse einzuwenden?  i.  „Ein  stark  nasalierter  Vokal,  wie  Jinnenfiranz. 
pan,  unterscheidet  sich  von  dem  nicht  nasalierten  Vokal  mit  gleicher  osaler 
Qualität,  a  in  neufranz.  pas,  ebenso  sehr,  wenn  nicht  mehr,  als  etwa  das  a 
in  pas  von  a  in  neufranz.  patta,**  Wohl,  aber  der  Unterschied  ist  kein  qua- 
litativer, die  Gleichheit  des  Vokals  kann  doch  deutlich  empfunden  werden» 
wie  etwa  die  Gleichheit  zweier  Töne  auf  dem  Klavier  und  der  Violine«  In 
unserm  Wiener  Dialekt  giebt  es  eine  Reihe  stark  nasalierter  Vdcale  —  so 
stark,  glaube  ich,  als  sie  überhaupt  nasaliert  werden  können  —  und  doch 
kann  man  ohne  Schwierigkeit  erkennen,  dads  die  Qualität  des  Vokals  in  mí 
(Mann)  dieselbe  ist  wie  in  da  (da),  in  i/â  (Stein)  wie  in  väs^  (icio),  in  wtë 
(mein)  wie  in  sti¡^kt  (steigt),  in  gè  (gehen)  wie  in  fj  (v/ifîç),  in  hi  (hin)  wie 
in  sif  (Schiff  Sing.),  es  geht  nicht  ein  Haar  von  der  spezifischen  Nuance  des 
Vokals  verloren.  2.  Verf.  uniersucht,  welche  Qualität  wohl  ä  und  9  gehabt 
haben  mögen,  da  sie  sich  von  sämtlichen  oralen  Vokalen  unterschieden  haben; 
bei  ä  könnte  er  noch  eine  passende  ausfindig  machen ,  bei  f  jedodi  sieht  er 
sämtliche  Plätze  bereits  von  oralen  Vokalen  besetzt.  Die  ganze  Beweisführung 
beruht  auf  der  alten,  leider  mit  so  grofser  2^higkeit  festgehaltenen  Vorstdlnag 
—  die   auch  zu  so  viel   unnötigen  Grübeleien  betreffend   die  Stellang  von  « 


^  Ich  bezeichne  mit  dem  ~  die  eigentümlich  breiten,  durch 
ziehimg  der  Mundwinkel  hervorgebrachten  Vokale. 


USCHAKOFF,   NASALIERTE  VOKALE  IM  ALTFRZ.  54  I 

aus  a  gefahrt  hat  — ,  als  ob  die  bekannte  Vokalreihe  eine  feste  unabänderliche 
Zahlenreihe  und  alles  ober  und  unter  ihr  irrational  sei.  Nun  sollte  man  doch 
seit  Sweet's  Arbeiten  bedenken,  dais  auíser  der  Lippen-  und  Zungenstellung 
noch  andere  Faktoren  für  den  Klang  des  Vokals  mafsgebend  sind,  unter  andern 
namentlich  die  Stellung  des  Unterkiefers.  Wir  treffen  bei  den  Nasalvokalen 
—  abgesehen  von  den  Diphthongen  —  eine  ganze  Reihe  auffallender  Erschei- 
nungen. ?  wird  auf  weitem  Gebiete  zu  ä,  iSf  geht  auf  einem  Teil  desselben 
mit  (¿3),  auf  dem  andern  nicht,  o  wird  wahrscheinlich  zu  p^  ud  bleibt  nur  kurze 
Zeit  und  geht  dann  ebenfalls  zu  p,  7  und  ü  bleiben  einstweilen  als  solche. 
Diese  Erscheinungen  werden  doch  nicht  durch  die  —  wie  wir  gesehen  haben, 
falsche  —  Annahme  erklart,  dafs  Nasalierung  die  Tendenz  habe,  die  Vokale 
zu  öffnen,  da  Nasalvokale  auf  so  vielen  Grebieten  unverändert  bleiben.  —  Es 
handelt  sich  vielmehr  darum,  Mundstellnngen  ausfindig  zu  machen,  die  die 
Erscheinungen  erklären,  und  kann  man  alle  die  verschiedenen  Entwicklungen 
durch  ein  und  dieselbe  Veränderung  in  der  Mundhaltung  erklären,  so  hat  die 
Erklärung  einen  um  so  hohem  Grad  der  Wahrscheinlichkeit.  Ich  glaube  eine 
solche  gefunden  zu  haben;  zieht  man  nämlich  unter  sonst  gleichen  Be- 
dingungen, also  bei  hoher  Kieferstellung  und  ohne  die  Unterlippe  einzuziehen, 
den  Unterkiefer  bei  den  Nasalvokalen  zurück,  so  bleibt  der  Klang  von  ü,  Ï 
zunächst  ziemlich  unverändert,  erst  bei  starker  Zurückziehung  entsteht  ein 
ö  ',  Z'  Klang,  Z  und  f  bekommt  ungefähr  den  Klang  von  ä ,  ä  (reines,  nicht 
wie  im  Neufrz.  stark  zu  o  neigendes  S)  bekommt  ebenfalls  einen  Klang  un- 
geíahr  wie  ä  —  jedoch  sind  die  beiden  ä  deutlich  verschieden,  was  sich 
namentlich  zeigt,  wenn  man  die  Zurückziehung  übertreibt  :  ä  aus  i  erhält  den 
Klang  von  ç^  beinahe  ç\  ä  aus  ä  bleibt  jedoch  für  das  Ohr  unverändert; 
<f  0  werden  zu  einem  dumpfen  p.  Es  bleiben  noch  ie  und  uo.  Hier  kann 
solange  nichts  entschieden  werden,  ehe  man  nicht  weifs,  wie  sie  ausgesprochen 
wurden  und  wie  sie  entstanden  sind.  Ich  denke  mir  if  und  u<f  aus  ^,  C 
wieder  durch  eine  besondere  Kieferstellung  entstanden  und  zwar  durch  Senkung 
des  Unterkiefers  (Lowstellung).  Will  man  ein  (  oder  ç  mit  gesenktem  Unter- 
kiefer —  also  wirklich  aperto,  d.  h.  mit  stark  geöffnetem  Mund  —  erzeugen, 
so  bleibt  die  Zunge  ungefähr  in  der  Lage,  die  sie  sonst  bei  /  und  y  ein- 
nimmt. Nehmen  wir  nun  an ,  dafs  z.  B  in  Idto  diese  Senkung  noch  nicht  zu 
Beginn  des  f- Lautes  eintritt,  sondern  der  Kiefer  noch  einstweilen  in  der 
Stellung  verbleibt,  die  er  beim  /  innehatte,  so  entsteht  li^to.  Ich  habe  that- 
sächlich  diese  Aussprache  des  Diphthongen  bei  Italienern  beobachtet.  Nasa- 
liert man  ein  so  gesprochenes  ff  und  macht  man  zugleich  mit  der  vertikalen 
Kieferbewegung  die  horizontale  nach  rückwärts,  so  wird  der  Laut  zunächst 
kaum  verändert,  bei  starker  Zurückziehung  aber  entsteht  iä  .  Bei  uo  läge  die 
Sache  imgcfahr  so.  Der  orale  Laut  ist  nach  allgemeiner  Annahme  von  uo 
zu  ü€  geschritten.  Er  hat  dabei  wohl  die  Stufe  uo  passieren  müssen.  Tritt 
in  diesem  Stadium  die  Nasalierung  unter  starker  Zurückziehung  ein,  so  ent- 
steht ungefähr  üp.  Hier  ist  nun  leicht  der  erste  Vokal  von  dem  folgenden 
verschlungen  worden,  oder,  was  mir  wahrscheinlicher  vorkommt,  das  häufige  p 
wurde  an  Stelle  des  seltenen  üd  gesprochen.  —  Diese  Erscheinungen  mit  den 
historischen  in  Zusammenhang  gebracht,  ergiebt  sich,  dafs  die  Tendenz  der 
Kieferzurückziehung  erst  schwächer  —  auf  welcher  Stufe  auf  einem  Teil  des 
Gebiets  ä  aus  a  und  ä  aus  e  in  den  letztem  Laut  zpsammenflols  — ,   dann 


542  BBSPRECHUNOBN.     F.  SBTTEGA8T, 

stärker  aufgetreten  ist,  gegen  Ende  des  Mittelalters  sich  jedoch  Terlorcii  hat« 
um  andern  Tendenzen  Platz  zu  machen.  Auf  manche  Erscheinimgen  aos  den 
frz.  Dialekten,  die  sehr  sonderbar  schienen,  aber  mit  Annahme  obiger  Er« 
klärung  sich  ziemlich  einfach  lösen,  einzugehen,  verbietet  mir  der  Rahmen 
einer  Rezension.  — 

Wenn  man  auch  U.  im  allgemeinen  nicht  zustimmen  wird,  so  wird  man 
doch  gern  zugeben,  dafs  ein  Moment,  das  er  gegen  Schlufs  erwShnt,  rar  Er- 
klärung der  merkwürdigen  Verhältnisse  in  den  Assonanzen  beitragen  konnte, 
nämlich  die  geringe  „Frequenz"  von  Wörtern  mit  t,  u,  ü'^n,  m  in  der  Ton- 
silbe im  Verhältnis  ziu-  grofsen  derer  mit  a,  e-\rN,  Doch  darf  die  That- 
sache  nidit  unerwähnt  bleiben,  dafs  bei  o  doch  auch  ziemlich  lang  vermischt 
wurde  (vgl  Engelmann  S.  9  f.),  wo  keine  Reimnot  vorhanden  war.  Auffallend 
gern  finden  wir  or  und  on  zusammen  in  Assonanzen,  vielleicht  deshalb,  weil 
r,  das  ja  schwachtönend,  wahrscheinlich  guttural  war,  dem  o  einen  dumpfen 
Klang  gab,  der  es  dem  oben  charakterisierten  If  ähnlich  machte.  (VgL  formés  : 
homes  bei  Gautier  de  Mes  und  was  Horning  in  seiner  Einleitung  zu  Bartich*s 

Langue  et  litt,  frçse  S.  42  dazu  meint.) 

EuoKN  Hnzoo. 


II.  ConstanB,  La  langue  du  roman  de  Troie  (Revue  des  Universités  dn 
Midi,  T.IV,  No.  I). 

Als  vor  22  Jahren  der  Ref.  in  seiner  Schrift:  „Benoit  de  Sainte-Möre^ 
auf  Grund  einer  Vergleichung  der  Sprache  des  „Roman  de  Troie^  nnd  der 
„Chronique  des  Ducs  de  Normandie"  den  Nachweis  zu  fahren  sachte,  dafr 
der  Benoit,  der  als  Verfasser  der  Chronik  bekannt  ist,  als  identisch  in  be- 
trachten ist  mit  dem  Benoit  de  Sainte-More,  der  sich  im  Roman  als  Verfiuser 
nennt,  stand  ihm,  was  das  letztere  Denkmal  betrifft,  ein  wenig  befriedigendei 
Material  zur  Führung  der  Untersuchung  zu  Gebote,  nämlich  nnr  der  gana 
unkritische  Text  Joly's  nebst  gelegentlich  und  in  ganz  ungenügendem  Ümfimge 
von  demselben  angeführten  Varianten,  sowie  die  von  Frommann  in  der  „Ger- 
mania" veröffentlichten  Auszüge  der  Wiener  Handschrift.  Als  zwei  Jahre 
später  Stock  („Die  Phonetik  des  Roman  de  Troie  und  der  Chronique  dei 
Ducs  de  Normandie",  Romanische  Studien  Heft  12)  auf  Grnind  eines  aller- 
dings nur  um  zwei  Fragmente  von  Handschriften  vermdirten  Materiali 
eine  in  phonetischer  Beziehung  vielfach  tiefer  eindringende  Untersodinng  a 
derselben  von  dem  Ref.  behandelten  Frage  anstellte,  kam  er  zu  dem  gleidiCB 
Ergebnis  wie  dieser,  dafs  nämlich  die  Verfasser  der  beiden  Denkmäler  iden- 
tisch seien.  Als  dritter  erscheint  jetzt  Constans  auf  dem  Plan*  Seine  sehr 
sorgfaltige  und  lehrreiche  Abhandlung  hat  nicht  ganz  denselben  Gegenstand 
wie  diejenigen  der  beiden  Vorgänger,  denn  sie  beschränkt  sich  im 
liehen  auf  den  Roman  und  nimmt  nur  gelegentlich  auf  die  Chronik 
in  dieser  Beschränkung  aber  bedeutet  seine  Arbeit  einen  grolaen  Foitsthiitl 
gegen  die  früheren,  da  sie  auf  Grund  eines  viel  umfangreicheren  Hand- 
schriftcnmaterials  unternommen  worden  ist.  Seit  langen  Jahren  mit  der  Voi^ 
bereitung  einer  kritischen  Ausgabe  des  Romans  beschäftigt,  hat  «»««UrK  Con- 
stans  bereits    einen    grofsen  Teil   des    bekanntlich   aulserordentlich   umfrage 


CONSTANSy  LA  LANGUE  DU  ROMAN  DB  TROIS.  543 

reichen  Handschriftenmateiials  gesainmèlt  und  iit  anf  Gnmd  dendben  in  der 
Lage,  die  Angaben  nnd  Schluísfolgemngen  seiner  Vorginger  teilt  zn  be* 
stätigen  teils  zu  berichtigen  oder  wenigstens  sa  modificieren.  Ohne  nun  die 
Frage  nach  der  Identität  der  beiden  Verfasser,  die  ihm  (S.  78)  noch  nicht 
spruchreif  zu  sein  scheint,  zur  Entscheidung  bringen  su  wollen,  spricht  er 
sich  doch  schon  jetzt  (S.  33)  dahin  aus,  dafs  seine  Zweifel  in  dieser  Beziehung 
sich  stetig  verstärkt  haben,  je  mehr  er  mit  der  Spradie  des  Romans  vertraut 
wurde.  Unter  diesen  Umständen  dürfte  es  sich  in  der  That  vielleicht  em* 
pfehlen,  das  endgiltige  Urteil  einstweilen,  bis  zu  dem  hoffentlich  recht  bald 
erfolgenden  Erscheinen  der  kritischen  Ausgabe  des  Romans,  noch  auszu- 
setzen; indessen  will  der  Re£,  was  seine  persönliche  Meinung  anbetrifft,  nicht 
verhehlen,  dais  seine  Ueberzeugung  von  der  Identität  der  beiden  Verfasser 
durch  die  (wie  gesagt  nur  hier  und  da,  gelegentlich  erfolgenden)  Ifinweise 
Constans'  auf  sprachliche  Verschiedenheiten  der  beiden  Denkmäler  nicht  wesent- 
lich erschüttert  worden  ist.  Diese  Verschiedenheiten  mülsten  m.  £.  viel  zahl- 
reicher und  stärker  sein,  um  den  so  zahlreichen  und  auffallenden  Ueberein- 
Stimmungen  der  beiden  Gedichte  auf  phonetischem  und  lexikalischem  Grebiete^ 
die  Wage  halten  zu  können. 

F.  SXTTBOAST. 


A.  van  Berkmn,  De  middelnederlandsche  Bewerking  van  den 
Parthonopeus-Roman  en  hare  verhouding  tot  het  oudfransche 
Origineel.    Groningen,  J.B.  Wouters.    CL  pp. 

Der  1834  von  Crapelet  herausgegebene  Roman  von  Farthonopeus,  ein 
Muster  höfischer  Feinheit,  hätte  längst  eine  kritische  Ausgabe  verdient  und 
sie  wohl  auch  erfahren,  wenn  nicht  die  handschriftlichen  Verhältnisse  beson- 
ders schwierig  wären.  Jetzt  rüstet  sich  dazu,  von  Stengel  mit  Abschriften 
der  Manuskripte  ausgestattet,  der  Verfasser  der  vorliegenden  Leidener  Disser- 
tation, welche  zugleich  wohl  die  Einleitung  zur  Ausgabe  der  fragmentarisch 
überlieferten  mittelniederländischen  Version  enthält.  Das  Verhältnis  der  mnL 
Fragmente  unter  einander  und  zum  französischen  Original  wird  auseinander- 
gesetzt. Der  Bearbeiter  schöpft  aus  einer  guten  Quelle,  der  die  Hs.  G  (Paris 
Bibl.  Nat.  195 12)  am  nächsten  steht.  Er  übersetzt,  wie  seine  Landslente 
meistens,  mit  engem  Anschlufs  an  das  Original,  was  einzelne  Abweichungen, 
Weitläufigkeiten,  Lücken  und  Miisverständnisse  nicht  ausschliefst.  Auch  die 
EntstehuDgszeit  des  afrz.  Gedichts  wird  näher  bestimmt:  es  ist  nach  v.  B.  erst 
nach  II 94  verfafst,  weil  Apulien  und  Sicilien  mit  Deutschland  verbfindet  er- 
schienen und  der  Dichter  dies  erst  nach  dem  Eroberungszug  Kaiser  Hein- 
richs VI.  hätte  annehmen  können.  Indessen  hat  doch  schon  IK^lhelm  IL  von 
Sidlien,  der  1189  starb,  freundliche  Beziehungen  zu  den  Hohenstanfen  nnter- 


>  Auf  leUterem  sind  namentlich  die  beiden  Denkmilem  gemriiwamen, 
sonst  kaum  vorkommenden  Wörter:  die  ^  jour  (Constans  besweildt  alkr- 
dings  die  Aechtheit  der  betreffienden  Stelle  des  Romans,  ohne  indessen  einen 
durchschlagenden  Grund  dafür  anzuführen);  maeam  ^  sm¿^,  kMk  mid  das 
seltsame  aueinement  {çtuiennemnU)  fur  fuêbment  oder  coment  als  stark  ins 
Gewicht  lallend  hervorzuheben. 


544  BESPRECHUNGEN.  ALFRED  SCSÜIZB^ 

halten,  besonders  seitdem  Heinrich  VI.  1186  die  Erbin  sdoes  Reicbeti^  Con- 
stanze, geheiratet  hatte.  Vollends  zweifelhaft  erscheint  es,  ob  das  Jahr  121 7 
als  terminus  a  quo  bezeichnet  werden  darf,  weil  erst  damals  Decken  von 
zweifarbigem  Tuch  erwähnt  werden,  die  im  Gedichte  vorkommen.  Kann  die 
Mode  nicht  schon  früher  bestanden  haben?  Auf  jeden  Fall  scheint  die  Zeit 
Philipp  Augusts  von  Frankreich,  der  1214  bei  Bouvines  mit  Hilfe  der  fran- 
zösischen Kommunen  das  weifische  Ritter-  und  Furstenheer  Kaiser  Ottos  IV. 
schlug,  die  aristokratischen  Antipathien  des  Dichters  erregt  haben,  anf  die 
van  Look  hingewiesen  hat.  Ich  verweise  schliefslich  noch  auf  das  Verhiltnis 
zu  dem  1188  gedichteten  Florimont,  s.  Gröber  Grundrils  TL  i,  586. 

Martin. 


La  belle  Dame  Bans  meroy.  En  fransk  dikt  forfattad  nti  âttaradiga  atrofer 
af  en  hofpoet  frân  böijan  af  Qortonhundratalet  och  omsatt  nti  rondean'er 
af  en  hofdam  frän  böijan  af  femtonhundratalet  samt  dels  efter  ett  sallsynt 
tryck  af  diktens  äldre  form,  dels,  for  första  gingen,  efter  en  mdk  hand- 
skrift  af  dess  yngre  form,  utgifven  af  Carl  Wahland.  Upsala  18  Sept 
1897,  Almqvist  &  Wiksells  Boktryckeri-Aktiebolag.  4«.  i  Bl.,  63  S.  Skrifter 
utgifna  af  K.  Humanistiska  Vetenskapssamfundet  i  Upsala.  V.  8.^ 

Zu  der  Festschrift,  die  die  Humanistische  Wissenschaftsgfsdìsdiaft  an 
Upsala  gelegentlich  des  funfund zwanzigjährigen  RegiemngsjnbiUlQms  des  Königs 
Oskar  von  Schweden  im  Herbst  vorigen  Jahres  veröflPentlichte,  hat  Wablnnd 
aus  einer  Handschrift  der  Pariser  National-Bibliothek  den  diplomatischen  Ab- 
druck eines  Gedichtes  der  französischen  Renaissancedichterin  Anne  de  Gravüle 
beigesteuert,  deren  Leben  und  Werke  er  vor  einigen  Jahren  bereits  in  dem 
Adolf  Tobler  gewidmeten  Bande  romanischer  Abhkndlnngen  znm  Gegenstande 
einer  eingehenden  Untersuchung  gemacht  hatte.  Es  handelt  sich  nicht  nm 
eine  selbständige  Leistung  der  Anne,  sondern  um  eine  Umdichtnng  in  Ron- 
deaux der  in  achtzeiligen  Strophen  verfafsten  Belle  Dame  sans  merci  des  Alain 
Chartier;  übrigens  hat  erst  Wahlund  aus  dem  unter  der  "Widmung  (A  ma 
dame)  stehenden  Motto:  Jen  garde  vn  leal,  die  ein  Anagramm  des  Namens 
Anne  de  Graville  bilden,  die  Verfasserin  erkannt.  In  der  Handschrift  stellt 
das  Original  des  Alain  Chartier  neben  der  Umdichtong  anf  dem  Rande,  nnd 
ähnlich  druckt  nun  Wahlund  in  seiner  Ausgabe  beide  Versionen  neben  ein- 
ander, aber  nicht,  wie  man  meinen  sollte,  diejenige  Lesart  des  Originales,  die 
die  Handschrift  bietet,  sondern  den  Text  des  einzigen  anf  der  Pariser  Biblio- 
thek befindlichen  gotbischen  Druckes,  weil  dieser  nach  der  Meinung  des  Herans- 
gebers der  Vorlage  der  Dichterin  am  nächsten  steht.  Wahlund  hat  aber 
nicht  übersehen,  dafs  ein  anderer  zu  der  Bibliothek  des  Barons  James  de  Roth- 
schild gehöriger  gothischer  Druck   an  manchen  Stellen  vor  dem  von  ihm  ab- 


^  La  belle  Dame  sans  mercy.  Ein  in  achtzeiligen  Strophen  von 
Hofdichter  aus  dem  Anfang  des  vierzehnten  Jahrhunderts  verfidstei  nnd  von 
einer  Hofdame  im  Anfang  des  fünfzehnten  Jsdirhunderts  in  Rondeanx  nage- 
setztes  französisches  Gedicht,  herausgegeben  teils  nach  einem  seltenen  Dmdc 
der  älteren  Form  des  Gedichtes,  teils  und  zum  ersten  Male  nach  der 
Handschrift  seiner  jüngeren  Gestalt  von  C.  W, 


e.  WAHLUND,   LA  BELLE  DAME  SANS  IfSRCy.  545 

gedruckten  den  Vorzog  verdient  und  hätte  das  Gleiche  auch  von  dem  1617  dnrch 
Du  Chesne  in  der  Ausgabe  der  Werke  des  Alain  Chartier  gebotenen  sagen 
dürfen,  der  an  nicht  wenigen  Stellen  die  zutreffende  und  mit  der  Umdichtnng 
übereinstimmende  Lesart  hat,  wo  der  gothische  Druck  der  Pariser  Bibliothek 
nicht  befriedigt.  So  13':  7  eschanger  statt  eschener  (Anne  de  Graville  :  changer)\ 
22':  4  mort  ou  mercy  (statt  mort  et  mercy);  23*:  2  ist  gewifs  statt  mal  em- 
prunte bien  ou  quoy  non  zu  lesen  mal  emprunte  bien  autre  non  (A.  de  Gr.: 
souvent  vice  a  de  vertu  le  nom);  24':  I  wird  vom  Reim  statt  marche  — 
mer  che  verlangt;  25':  5  vous  livra  (statt  délivra);  26';  4  Au  moyns  n*y 
puis  je  e,r.\  26':  8  bons  cuers;  30':  3  rebouter  (statt  redoubler);  32*:  8 
soupirer  (statt  empirer);  32':  2  Donnour  desgarni;  33':  l  Combien  qu*on 
n*arde  ne  ne  pende;  33*:  4  quoy  qu* il  attende;  35*:  7  q*en  fol  espoir  attendre 
(statt  qu*un  f.  e,  a,);  38*:  4  non  dommageuse  (statt  tresd,);  39*:  S  mesUrie 
(statt  desloye).  Und  an  anderen  Stellen  ist,  obschon  die  Uebereinstimmung 
mit  Anne  de  Grraville's  Rondeaux  fehlt,  nicht  weniger  sicher,  dafs  die  Lesart 
der  Ausgabe  von  1617  die  richtige  ist;  so  14*:  3  octroya  (statt  ordonna); 
29 M  4  doulce  (statt  double);  36*:  4  d* autrui  (statt  dautre);  43':  5  faulx 
semblant  fait  l'umble  et  le  doulx  (statt /af/  les  humbles  doulx);  43*:  l  fehlt 
vor  grace  de.  Es  kam  freilich  dem  Herausgeber  nicht  auf  die  vertrauens- 
werteste Lesart  an,  aber  der  von  ihm  abgedruckte  Text  erschwert  doch  gar 
zu  of^  das  Verständnis.  Der  Text  der  Rondeaux  bedarf  nur  selten  der  Aen- 
derung:  lo':  i  1.  l*y  statt  luy);  20*:  i  l*ayme;  21*  :  l  Que  me  vault  foy 
garder  et  loyaulte  oder  Q,  m,  v.  garder  foy  et  loyaulte  statt  Q,  m,  v.  foy 
et  garder  /. ;  22^:  6  font  (st.  sont);  22*  faison  (st.  aison);  25*:  II  ver- 
langt der  Reim  retardez  st.  retarder;  26':  5  sont  (st.  ont);  28':  IO  se  (st.  sen) 
oder  umzustellen  ne  veult  sen  (=  sensum)  assentir;  28*:  12/13  Desespoir 
vient  pour  toute  recompense  Qui  le  poursuit  (nämlich  den  Liebhaber  der 
keine  Vernunft  annehmen  will)  mourir  dUmpacience  verstehe  ich  nicht  Man 
wird  hinter  poursuit  ein  neues  Satzgefüge  beginnen  müssen  und  in  der  fol- 
genden Zeile  statt  en  —  qu*en  zu  lesen  haben:  Mourir  d'impacienre  Donc 
vault  trop  myeulx  qu*en  temps  s* en  departir  {Qui  scet  et  peult)?  „1st  denn 
vor  Ungeduld  zu  sterben  sehr  viel  mehr  wert  als  sich  bei  Zeiten  davonzu- 
machen, wenn  man  es  weifs  und  kann?"  33*:  5  recommencent;  34*:  "^  foy 
(statt  soy);  36*:  3  moy  (statt  soy);  36*:  II  il;  37*:  6  aisément;  41':  io  ne 
(statt  lé). 

In  einer  auf  den  Text  folgenden  Nachschrift  handelt  Wahlund  mit  ge- 
wohnter Gelehrsamkeit  zunächst  über  die  dem  Lobe  oder  der  Kritik  des 
weiblichen  Geschlechtes  gewidmete  französische  Litteratur  vor  Alain  Chartier, 
darauf  über  die  Verbreitimg  des  Gedichtes  in  Frankreich  und  im  Auslande. 
Hierbei  ist  übersehen,  dafs  es  aufser  einer  englischen  und  einer  italienischen 
auch  eine  catalanische  Uebersetzung  giebt,  die  im  Jahre  1896  von  Mariano 
Baselga  y  Ramirez  in  seiner  Ausgabe  des  „Cancionero  Catalán  de  la  Uni- 
versidad de  Zaragoza"  auf  S.  273 — 295  veröffentlicht  wurde.  Als  Abfassungs- 
zeit der  Umdichtung  wird  sodann  in  sorgsamer  Untersuchung  etwa  das  Jahr 
1525  ermittelt,  der  Hinweis  auf  einige  neueste  Litteraturerzeugnisse  und  schließ- 
lich sogar  auf  ein  La  belle  dame  sans  merci  benanntes  zeitgenössisches  Ge- 
mälde beschlieisen  die  vornehm  ausgestattete  Festschrift. 

Alfkkd  Schulzb. 


54^  BESPRECHUNGEN.     ALFRED  SCHÜLZB| 

Aníbal  Echeverría  i  Beyes,  Sobre  lenguaje.  Disquisición  biblio- 
gráfica. Tirada  de  loo  ejemplares.  Valparaiso,  Impr.  de  „Lm  Tribana**, 
1897.    Wein  8».    23  S. 

Der  Verfasser,  mit  einer  Sammlung  der  Amerikanismen  des  Spanischen, 
insbesondere  der  chilenischen  beschäftigt,  giebt  ¡n  dem  kleinen  Hefte  eine  recht 
erwünschte  Uebersicht  der  ihm  bekannten  und  von  ihm  zn  Rate  gelegenen 
Werke,  die  auf  seinen  Gegenstand  Bezug  haben.  Die  Thatsache,  dais  es  an 
periodischen  Bibliographien  der  in  den  mittel-  und  südamerikanischen  Staaten 
erscheinenden  Litteratur  fast  gänzlich  fehlt,  erklärt  es,  dafs  eine  erhefaHche 
Anzahl  der  aufgeführten  Titel  in  die  Romanische  Bibliographie  dieser  Zeit* 
Schrift  keine  Aufnahme  gefunden  haben;  freilich  fehlen  dort  aach  einige  in 
Europa  erschienene  Werke.  Da  das  kleine,  nur  in  loo  Exemplaren  ausgegebene 
Heft  nicht  vielen  Romanisten  in  die  Hände  kommen  wird,  lo  fahre  ich  hier 
die  fehlenden  Titel  auf,  soweit  sie  in  den  Rahmen  der  „Romanischen  Biblio* 
graphie'«  (1875— 1894)  frailen:  (AntilUn  und  Philippinen)  Orijenes  del  Len- 
guaje Criollo,  por  don  Juan  Ignado  de  Armas.  Habana,  Imp.  de  la  vinda 
de  Soler,  1882.  4^  97  S.  Segunda  edición.  —  Ferd.  Blnmentritt,  Voca- 
bular  einzelner  Ausdrücke  und  Redensarten,  welche  dem  Spanischen  der 
Philippinischen  Inseln  eigentümlich  sind.  Mit  einem  Anhang:  BibHotheca 
Fhilippina.  Alphabetisch  geordnete  Sammlung  von  Druckschriften  und  Manu- 
scripten  linguistischen,  geographischen,  ethnographischen,  historischen  und 
naturwiss.  Inhalts,  die  auf  die  Philppinen  Bezug  haben.  Leitmeritz  (V^en, 
Pichler's  Wwe.  u.  Sohn).  1885.  gr.  %^,  VI,  64  S.  M.  1,40.  Echeverria  fOhrt 
nur  eine  ihm  selbst  nicht  zu  Gesicht  gekommene,  auch  in  dem  Lorenachen 
Kataloge  des  französischen  Buchhandels  nicht  verzeichnete  firanzoaiache  Uebcr* 
Setzung  dieses  Buches  von  „Mr.  A.  Hugot"  (Paris,  Imp.  des  Chemins  de  fer, 
1884)  (so!)  auf.  —  {Brasilien)  Diccionario  de  vocabulos  brazileiros,  por  el 
Vizconde  de  Beaurepaire  Rohan.  Rio  do  Janeiro,  Imprenta  NadonaL 
1889.  4^  XVII,  147  S.  —  (Venezuela)  Muestra  de  una  obra  inédita.  —  En- 
sayos de  un  Diccionario  de  Vocablos  indijenas  de  uso  frecuente  en  Venesoda, 
por  don  Aristides  Rojas.  Caracas,  Imp.  de  la  Opinion  Nacional.  l88i.  4*. 
52  S.  Segunda  edición.  —  Apuntaciones  para  la  critica  del  Lenguaje  Mara- 
caibero,  por  don  José  D.  Medrano.  Maracaibo,  Imp.  Bolivar.  1886.  4*. 
112  S.  Segunda  edición.  —  Diccionario  de  barbarismes  cotidianos,  por  don 
Juan  Seijas.  Buenos  Aires,  imp.  de  Kidd  y  Co.  1890.  4*.  112  S. —  (Bemm^ 
dor)  Breve  Catálogo  de  errores,  en  orden  a  la  Lengua  y  Lenguaje  CasteWanoi, 
por  don  Pedro  Fermin  Cevallos.  Ambato,  Tipogr.  de  Porras.  1880.  4*. 
207  S.  Quinta  edición.  —  {Peru)  Diccionario  de  Peruanismos,  por  don  Pedro 
Paz  Soldan  y  Unánue.  Lima,  Imp.  de  J.  Francisco  Solis.  1883.  4*.  LXV, 
525  S.  —  {Rio  de  la  Plata)  Cuestión  fìlolójica.  Suerte  de  la  Lengua  Caild- 
lana  en  América,  por  don  Alberto  del  Solar.  Buenos  Aires,  Fèlla  Lajonane. 
1889.  8^  SS  S.  —  {Chile)  Diccionario  de  Chilenismos,  por  don  Zorobabel 
Rodriguez.  Santiago,  Imp.  de  El  Independiente.  1875.  4*.  XU,  487  S» 
und  dazu  gehörig  i.  Reparos  al  Diccionario  de  Chilenismos  del  selior  don 
Zorobabel  Rodríguez,  por  don  Fidelis  P.  del  Solar.  Santiago,  Imp.  de 
Schrebler.  1876.  40.  XIV,  190  S.  2.  Reparos  de  Reparos,  o  sea,  ttjero 
examen  de  los  Reparos  al  Diccionario  de  Chilenismos  de  don  Zorobabel 
Rodríguez,  por  don  Fidelis  P.  del  Solar,  por  don  Fernando  Paulsen. 


ECHEVERRÍA  I  RETES,  SOBRE  LBNGAJB.  547 

tíago,  Imp.  de  La  Estrella  de  Chile.  1875  (!).  4^  35  S.  —  Acentuaciones 
viciosas»  por  don  Miguel  Luis  Amunátegui.  Santiago,  Imp.  Nacional.  1887. 
4^  479  S.  —  Obras  completas  de  don  Andres  Bello.  Vol.  V:  Opúsculos 
gramaticales.  Santiago,  Imp.  de  Pedro  J.  Ramirez.  1884.  4*'.  LXVII,  5^7  S*  — 
{Allgemeine  Werke)  Cizafia  del  Lenguaje.  —  Vocabolario  de  disparates,  estnn- 
jerísmos,  corruptelas,  pedanterías  y  desatinos  introducidos  en  la  Lengua  Castel- 
lana, por  don  Francisco  J.  Orellana.  Barcelona,  Librería  de  Bastinos.  189 1. 
8^  I  Bl.,  126  S.  Cuarta  edición.  —  Guia  del  Bufete.  Espulgo  de  corruptelas 
(barbarismos,  solecismos  etc.),  por  don  E.  Oliver.  Barcelona,  Tipografia  de 
Tasso.  1 89 1.  i6^  319  S.  —  Los  diez  mil  verbos  castellanos,  conjugados  en 
todos  suo  modos,  tiempos  y  personas,  por  don  Lorenzo  Eliza ga.  Paris, 
imp.  de  Ch.  Bouret.  1887.  8^.  196  S.  —  El  lenguaje  en  acción,  por  don  Juan 
Benejam.     Ciudadela,  Imp.  de  Fábregas.    1888.  4<>.   Il,  256  S. 

Alfred  Schulze. 


J.  Weiake,    Die   Quellen   des   altfranzösischen   Prosaromans   von 
Guillaume  d'Orange.    Diss.   Halle  1898. 

Im  dritten  Viertel  des  15.  Jahrhunderts  wurde,  wie  es  scheint,  der 
Prosaroman  der  Hss.  Bibl.  nat.  1497  und  796,  der  den  ¿anzen  Wilhelmzyklus 
und  einen  Teil  der  Aimenepen  umfafst,  angefertigt  Um  jene  Zeit  waren  die 
Lieder  dieses  Sagenkreises  in  einer  Reihe  von  zyklischen  Handschriften  ver* 
breitet,  welche  teils  nur  die  Wilhelm-  oder  nur  die  Aimerilieder,  oder  beide 
vereint  enthielten:  Stuck  15  Hss.  haben  wir  zu  Zeugen.  Welchen  Beweis 
haben  wir  aber  dafür,  dafs  jene  Lieder  um  jene  Zeit  noch  in  Einzelabschriiten 
umliefen,  abgesehen  von  dem  aufserordentlich  verbreiteten  Aliscans-Epos  mit 
seiner  Fortsetzung?  Die  in  unseren  zyklischen  Hss.  enthaltenen  Epen  in 
Sonderexemplaren  zusammenzubringen,  war  vielleicht  damals  eine  ebenso  schwie- 
rige Aufgabe,  als  wenn  heutzutage  Jemand  Pascals  petites  Lettres  in  ihren 
Erstlingsdrucken  als  Flugschriften  sammeln  wollte.  A  priori  hat  darum  die 
Annahme,  dafs  der  Verfasser  unseres  Prosaromans  nicht  eine  zyklische  Hs., 
sondern  lauter  Einzelabschriften  der  Wilhelm-  und  Aimerilieder  benutzte, 
kein  besonders  günstiges  Vorurteil  fur  sich. 

Gleichwohl  bestreitet  W.,  dafs  dem  Prosabearbeiter  eine  zyklische  Hs. 
als  Vorlage  gedient  hätte,  weil  ihm  fur  Couronnement  de  Louis,  Siège  de 
Barbastre,  Chevalerie  Vivien  und  Loquifer  abweichende  Fassungen  vorlagen, 
während  er  gewisse  zum  Liederkreis  gehörige  Epen,  wie  Girart  de  Vienne, 
Gutbert  d^Andrenas  und  Mort  d^Aimeri,  nicht  aufnahm.  Dagegen  verfugte 
er  über  Enfances  Rainoart  und  einen  Maillefer. 

Auf  das  Couronnement  will  ich  nicht  neuerdings  eingehen;  ich  will  nur 
bemerken,  dafs  sich  bei  diesem  Epos  die  Kürzung  und  die  tiefgreifende  Um- 
gestaltung am  ehesten  versteht;  denn  die  Anlage  des  ganzen  Romans  zeigt, 
dafs  der  Sinn  seines  Verfassers  auf  die  Schilderung  der  Kriegsthaten  Wilhelms 
gegen  die  in  Spanien  herrschenden  und  Sudfrankreich  unterjochenden  Sara- 
zenen gerichtet  war.  Bei  diesem  Chrundgedanken  fielen  die  KImpfe  um  Rom 
sowie  die  Krönung  Ludwigs,  wenn  sie  auch  nicht  zu  umgehen  waren,  anlser- 
halb   des  gegebenen  Rahmens,    Daher  eilt  der  Erzähler  über  sie  hinweg  iui4 


54^  BBSPRBCHUNGEN.     PH.  AUG.  BKCKXR, 

hütet  rich,  die  Episoden  doppelt  zu  bieten,  wie  das  Lied  es  thut  (Hemmnt- 
Ascelin;   Corsolt- Gruido). 

Was  W.  als  Enfances  Rainoart  ausgiebt,  ist  einfiich  die  epiiodiidie 
Vorbereitung  zu  den  später  zu  erzahlenden  Ereignissen.  Denn  darin  Hegt  der 
Grundunterschied  des  in  medias  res  einsetzenden  Liedes  gegen  den  chraoik- 
artigen  Prosaroman,  dafs  das  Lied  eine  Vorgeschichte  yoranssetxt,  wilneBd 
der  Romanschreiber  die  Vorfalle  zur  rechten  Zeit  erzählen  muís.  Daher 
wohnen  wir  in  unserem  Roman  der  Verteilung  der  Lehen,  die  der  Charrm 
nur  andeutet,  der  Verlobung  Libanors  mit  Salatrie,  die  der  Siè^  de  BüiT' 
basire  voraussetzt,  der  Entführung  Rainoarts,  über  die  AHscúns  mor  in  ge- 
legentlichen Anspielungen  Aufschlufs  giebt,  n.  s.  w.  als  Zuschauer  bei.  Aller- 
dings ist  es  denkbar,  dafs  auch  ein  Dichter  die  Vorgeschichte  Rainosrla  aus- 
arbeitete, und  thatsachlich  bietet  die  Hs.  B.  N.  1448  eine  solche  Episode; 
allein  nach  der  Natur  der  Sache  kann  es  rieh  nur  um  eine  episodisdie  Ein- 
lage in  eine  zyklische  Hs.,  nicht  um  ein  selbständiges  Epos  handeln.  Demi 
Rainoart  ist  ein  Heide,  der  als  Kind  geraubt  und  in  die  königliche  Kfiche 
nach  Paris  gebracht  worden  ist,  wo  ihn  erst  Wilhelm  entdeckt;  es  ist  un- 
möglich, über  diesen  Rahmen  hinauszugehen;  unmöglich  infolge  dessen,  eine 
selbständige,  in  sich  abgeschlossene  Handlung  an  Rainoarts  Kinderfahre  aa- 
zuknüpfen.  Dafs  aber  diese  Episode  Eigentum  unseres  ProsabearbeitafS  ist» 
erhellt  daraus,  dafs  rie  zur  Vorbereitung  des  Siège  de  Barbasire  dient,  der 
in  keiner  anderen  Zusammenstellung  diesen  Platz  unmittelbar  nach  der  ISa- 
nahme  von  Orange  und  vor  den  Enfances   Vivien  erhalten  hat. 

Gänzlich  mifslungen  ist  der  Nachweis,  dafs  der  Prosabearbeiter  eine 
uns  unbekannte  Version  des  Siège  de  Barbastre  benutzte.  W.  st&tst  sich 
auf  eine  im  Besitz  von  Prof.  Suchier  befindliche  Abschrift  dieses  Epos  (nach 
welcher  Hs.?);  offenbar  bietet  rie  eine  ganz  andere  Fassung  als  x.  B.  die  Hs. 
B.  N.  24369  ;  denn  in  dieser  findet  sich  der  Scherz  Bovons  (c.  50  des  Romans) 
auf  f°  134,  die  Begegnung  mit  Aïmer  und  der  Auftritt  mit  Ludwig  (c  51.  53) 
auf  P  140.  136 — 138,  die  Gefangennahme  Libanors,  der  Zuzug  eines  neuen 
Hilfsheeres,  Bovons  Unterhandlung,  die  Girart  zur  rechten  Zeit  verzögert,  das 
Eintreffen  der  Franzosen  (c.  53)  auf  f®  141 — 144,  die  Ankunft  Fabars  mit 
Tochter  und  Nichten,  die  grofse  Entscheidungsschlacht,  Libanors  BdMhmng, 
die  vierfache  Hochzeit  (c.  54 — 57)  auf  P  148 — 156.  Die  Beweisfiihmng  beruht 
also  auf  irriger  Voraussetzung. 

Sowohl  für  den  Siège  de  Barbastre  als  für  die  CkiVuUriê  Vemân  gilt 
die  allgemeine  Bemerkung,  dafs  die  Epen  als  abgelöste  Handlungen  in  ihrem 
Ausgangspunkte  leicht  etwas  Zufalliges  haben,  was  im  Roman  verschwinden 
mufs.  So  hängt  der  Ueberfall  von  Narbonne  in  dem  einen  Liede,  Viviens 
herausforderndes  Vorgehen  ¿egen  die  Heiden  im  anderen  gf  wiisfrmifwn  in 
der  Luft.  Im  Prosaroman  ist  die  Handlung  dieser  beiden  Epen,  wie  sichs 
gebührt,  mit  den  voraufgehenden  Ereignissen  in  Verbindung  gesetzt  worden. 
Der  Ueberfall  von  Narbonne  erscheint  als  Vergeltung  für  Rainoarts  Ent- 
führung, sein  Zweck  ist  daher  mit  der  Gefangennahme  Viviens  und  Borons 
erfüllt;  der  Einfall  der  Heiden,  der  zu  den  Kämpfen  von  AHscans  fBhrt»  ist 
hingegen  durch  die  Zerstörung  von  Lniseme  motiviert.  Die  UntendUede 
zwischen  Prosaroman  und  Epos  sind  also  hier  im  Wesen  des  Romans  be* 
gründet,  mithin  dem  Prosabearbeiter  zuzuschreiben.  Dais  nachher  die  Schlacht, 


J.  WEISKE,   PROSAROMAN  VON  GUILLAUME  D'ORANGE.  549 

welche  den  Hauptteil  der  ChevaUrU  Vivien  bildet,  anders  dargestellt  wird 
als  im  Liede  des  12.  Jahrhunderts,  ist  an  sich  nicht  wunderbar,  und  gar  bei 
der  Verworrenheit  der  Quelle! 

Endlich  soll  Loquifer  nach  einer  unbekannten,  Moniage  Rainoart  nach 
der  bekannten  Version  in  Prosa  gesetzt  worden  sein.  Das  ist  eine  haar* 
sträubende  Voraussetzung.  Das  Richtige  ist,  daTs  wir  das  Rainoartepos  noch 
nicht  kennen.  Ebendeshalb  möchte  ich  auch  betreffs  der  Maillefer  -  Episode 
mit  dem  Urteil  zurückhalten;  denn  es  fragt  sich  doch,  ob  sie  nicht  die 
Wiedergabe  oder  freie  Ausführung  gewisser  Partien  des  Rainoart  ist 

W.  ist  bei  seiner  Untersuchung  vom  Grundsatze  ausgegangen,  dafs  er 
als  vollständige  Abänderungen  des  Prosaschriftstellers  nur  diejenigen  aner- 
kennt, zu  denen  er  durch  irgendwelche  sachliche  oder  ästhetische  Gründe  ver- 
pflichtet war;  wo  solche  dringende  Gründe  nicht  ersichtlich  sind,  nimmt  er 
besondere  Epenredaktionen  als  Quelle  an  (S,  3).  —  Dieser  Grundsatz  ist  nach 
beiden  Richtungen  unzureichend.  Denn  einerseits  haben  auch  die  überarbei- 
tenden Dichter  ihre  Vorlagen  nach  sachlichen  und  ästhetischen  Gründen  ab- 
geändert; es  mufs  deshalb  jeweils  gezeigt  werden,  dafs  gerade  der  Prosa- 
bearbeiter und  nur  er  zu  den  betreffenden  Aenderungen  gezwungen  war. 
Andererseits,  wo  die  Gründe  nicht  ersichtlich  sind,  d.  h.  wo  Willkür  zu 
herrschen  scheint,  ist  es  eine  grofse  Frage,  ob  wir  freie  Erfindung  nur  beim 
reimenden  Dichter  voraussetzen  dürfen  und  nicht  in  gleichem  oder  gar  höherem 
Mafse  beim  Prosabearbeiter,  der  in  der  Formgebung  viel  unabhängiger  war 
und  der  Geschmacksrichtung  einer  anderen  Epoche  folgt.  Die  willkürlich 
erscheinenden  Aenderungen  dürfen  wir  nur  dann  einem  —  hypothetischen!  — 
Zwischendichter  zuschreiben,  wenn  sie  dem  Geist  und  der  Anlage  einer 
epischen  Dichtung  entsprechen;  denn  Prosaroman  und  Epos  sind  zwei  grund- 
verschiedene Gattungen,  über  deren  Wesen  man  sich  vor  allen  Dingen  klar 
werden  mufs.  Schlieislìch  bleibt  zu  prüfen,  ob  das  anzusetzende  Epos  litterar- 
historisch  überhaupt  möglich  ist 

Die  Prosageste  von  Guillaume  d'Orange  bietet  uns,  soweit  die 
bisherigen  Untersuchungen  ein  Urteil  gestatten,  eine  bald  freiere,  bald  ge- 
treuere Auflösung  folgender  Epen:  Aimeri  de  Narbonne,  Us  Narbonnais  mit 
Enfances  Guillaume  verquickt.  Couronnement  de  Louis,  Charroi  de  Nimes, 
Prise  d*  Orange,  Siège  de  Barbastre,  Enfances  und  Chevalerie  Vivien,  Alis^ 
cans,  Rainoart  und  Moniage  Guillaume  II,  Als  Quelle  ist  eine  mit  den 
Hss.  Brit  Mus.  20  D  xi  und  Bibl.  nat.  24369  verwandte  zyklische  Hs.  anzu- 
setzen. Der  Roman  ist  gewissermafsen  als  ein  Leben  Wilhelms  gedacht  und 
schildert  insbesondere  seine  und  seiner  Brüder  und  Neffen  Kämpfe  wider  die 
Sarazenen  in  Südfrankreich  und  Spanien,  als  deren  Ausgangspunkt  die  Er- 
oberung von  Narbonne  und  dessen  Verleihung  an  Aimeri  betrachtet  werden 
mufs.  Der  Kampf  wogt  hin  und  her,  bald  Vorstöfse  der  Christen,  bald  der 
Ungläubigen;  das  stets  bedrohte  Bollwerk  der  Christen  ist  zuerst  Narbonne, 
später  Orange.  Wilhelm  ist  der  eigentliche  Held  des  Romans;  dadurch  erklärt 
sich  die  Nichtaufnahme  einiger  zum  Aimerizyklus  gehöriger  Epen. 

Ph.  Auo.  Bsckbe. 


S50  BBSPRRCHUKGBN.     J.  SITBAK, 

De  Noto  Michele,  Appunti  di  fonetica  sul  dialetto  di  Taranto 
(Vocalismo  e  consonantismo).  Trani,  pe' tipi  del  Cav.  V.  Vecchi.  1897. 
39  S.    L.  I. 

Das  Tarentinische  erfährt  zum  erstenmale  eine  zusammenhangende  Dar- 
stellung der  Lautverhältnisse;^  es  ist  dem  Dialekt  von  Lecce  nahe  verwandt, 
seine  wichtigsten  Merkmale  sind  im  Vokalismns  der  Wandel  f'^ù  9^^» 
f'^ie,  f'^ué  bei  auslautend  -t  und  -m  des  romanischen  Wortes  wie  des  mit 
ihm  auf  gleicher  Stufe  stehenden  griechischen;  in  vorletzter  freier  Silbe  kommt 
von  einfachen  Vokalen  wie  von  Diphthongen  nur  geschlossene  Ausspradie 
vor,'  in  gedeckter  oder  drittletzter  Silbe  der  heutigen  Form  giebt  es  nur 
offene  Vokide.  Jeder  Nachtonvokal  wird  7',  wofür  f  eingeführt  wird,  während 
zur  Bezeichnung  der  offenen  oder  geschlossenen  Aussprache  Ghravis  resp.  Akut 
verwendet  ist  Im  Konsonantismus  möchte  d^r  zwischen  Vokalen,  aufser 
in  vorletzter  Silbe,  wo  es  nachtonig  t  wird,  nv  ^  mb,  nf^  mò,  fy  "^y.  Media 
statt  Tenuis  nach  n  und  rf^rd  vorweg  zu  nehmen  sein. 

Im  einzelnen  ist  zu  sagen,  dafs  (S.  9)  /â^Xov  {fiiXov  schreibt  Verf.)  mfU 
giebt,  also  ein  Fem.  wie  it.  meia,  doch  gewils  ist  die  dorische  Form  nicht 
fallen  gelassen  worden,  um  das  Wort  von  m  S  le  zu  unterscheiden.*  etufvß 
(No.  2)  kann  nicht  *clauvns  sein,  da  au  nicht  diphthongiert. —  No.  6. /rf- 
V9t9  stammt  von  ?,  ebenso  mi^d^k»  und  pri(d9k9  (No.  8).  —  No.  7.  „Spesso  si 
riflette  [?]  in  1";  der  Grund  ist  ganz  klar,  es  handelt  sich  um  Einfhif«  des 
auslautenden  -»  in  sehu  etc.,  des  in  deci  aus  viginti  bezogenen  i  in  sedeci 
tredecl;  ob  «emus  lautlich  -um?  wird,  ist  mir  fraglich  nach  iw.^m^  (No.  24). — 
No.  8.  Das  äufserst  interessante  i  aus  if  in  vulgärer  Aussprache  bt  hier  ange- 
merkt. —  No.  9.  pais9  gehört  vielleicht  zu  No.  10  (-ênsu)  mit  Suffiitansch 
oder  es  ist  Gallidsmus.  —  No.  10.  sin%9  neben  si¿n%9  gehört  unter  f ,  ebenso 
pinu  (N.  II),  neben  dem  sich  nach  des  Verf.  Mitteilung  pifnu  findet  — 
No.  14.  Dafs  mi^r»,  sifr9  etc.  ihren  Diphthong  dem  auslautenden  Vokal  ver- 
danken und  nicht  dem  folgenden  r,  beweist  lifU  etc.  (No.  50);  ob  ayfr» 
Diphthong  wegen  h  eri  hat  oder  vorgeschlagenes  ^-,  ist  nicht  auszumachen.  — 
15.  iicn9r9  und  tifiur»  haben  ihren  Diphthong  offenbar  aas  der  zweiten  Pers. 
Sing,  bezogen;  è(f9l9  fällt  unter  eine  Kategorie  mit  man^kß,  ^g9n9,  stpm^kß, 
aber  welche  Meyer- Lûbke,  It.  Gr.  S.  32  oben.  —  17.  Oblegcnt*  nicht  statt 
legunt  anzusetzen  ist,  welches  mit  dem  Vokal  und  Konsonanten  von 
lfÌ9n9  gut  stimmen  wurde,  ist  schwer  zu  sagen,  ebenso  exeunt  schwer  za 
çss9n9  zu  stellen;  selbstverständlich  ist  lf¿¿9n9  unter  LitteräreinfluTs.  —  18  und 
19  sind  zusammen  zu  behandeln,  aufserdem  wurde  es  zweckdienlich  sein,  statt 
ezpertUB,  *erctUB  u.  s.  w.  'U(m)  zu  schreiben,  wie  bei  tertium  and  hiber« 


^  Den  Wortschatz  behandelt  unvollständig  und  ohne  genaue  Graphie 
De  Vicentiis  in  seinem  1872  erschienenen  Vocabolario. 

*  Ob  dies  nicht  auch  fQr  a^di  gilt,  wird  der  Verf.  zu  untersuchen  die 
Freundlichkeit  haben. 

'  Von  sonstigen  Zeichen  sei  c ,  §  vor  a,  o,  u  fur  ital.  da,  ció,  cm  etc 
erwähnt,  doch  vor  e,  i  wird  c,  g  auf  ital.  Weise  gelesen,  hg  etc.  durch  che  etc. 
ausgedrückt. 

*  De  Vicentiis  S.  300  übersetzt  übrigens  nula  mit  multado  (melo  +  Tlla). 

*  Ueberflüssig  zu  bemerken,  dafs  ich  nicht  das  Futurum  damit  meine. 


DE  NOTO,   APPUNTI  SUL  DIALETTO  DI  TARANTO.  55 1 

num  thatsachlich  geschieht,  um  sie  von  melius  zu  scheiden,  da  ja  der  Aus* 
gang  der  Grund  der  Verschiedenheit  des  Tonvokals  ist,  nur  vtfkiy»  und 
b^dd»  bilden  eine  Ausnahme,  letzteres  wie  im  Neapolitanischen,  h^lP^  statt 
wiéll^f  schon  durch  b-  auch  hier  als  gelehrt  kenntlich.  —  20.  Pfdd9  von 
pelle  ist  nicht  unter  auslautend  a  zu  erwähnen;  s(¿¿^  ist  sedia,  wie  richtig 
No.  108  steht,  nicht  sella,  das  zu  *sedla  geworden  wäre.  —  21.  frîgidu 
und  dig  i  tu  haben  natürlich  1,  nicht  h  vgl.  ítm.  frfdd^,  zum  zweiten  afrz. 
doie  =  neap,  e  ddetq  Plur.  Neutr.  —  lçm9C9  von  cìmice  ist  Rückbildung 
aus  dem  Plur.  cim9C9,  vgl.  neap,  yptÍ9¿9  und  pplÍ9¿9,  Meyer -Lûbke,  1.  e, 
S.  37.  —  22.  Kurzes  1  soll  bei  pü9  u.  s.  w.  bleiben,  es  hiefse  aber  erst  be- 
weisen, ob  pilu  als  pi  lu  wegen  des  Auslautes  bleibt  und  pTpe  wegen  des 
Auslautes  zu  pçpe  wird  oder  ob  beide  zu  f  ihr  t  wandelten,  ersteres  dann 
wegen  -u  wieder  zu  f  wurde.  kdplkliy9  ist  nicht  'diminutivo  di  capit[u]- 
lu  [m]",  sondern  dieses  selbst;  für  sikk'y?  ist  nicht  situi  a,  sondern  -u  anzu- 
setzen, vgl.  it.  secchio,  neap,  siti 9,  idd?  ist  illu,  nicht  i  11  e,  èist9  mask,  nach 
Herrn  De  Noto's  gütiger  Auskunft,  kartaplst9  scheint  t  von  pîsere  bezogen 
zu  haben,  wovon  pis[i]tellum,  -illum  stammt.  —  24.  sekk»  *  Durst*  ist 
nicht  sit  is,  sondern  sicca,  also  vielleicht  £^ola  zu  ergänzen,  auch  sonst  im 
Süden,  z.B.  in  Potenza.  —  26.  trfe¿9  tri  chea  gehört  nicht  zu  den  Fällen 
'anche  senza  Va  fìnale';  unkonsequent  ist  es  tfn¿9  aus  tingo,  vfn¿9  aber 
aus  ^vinceo  herzuleiten;  beide  zeigen  gleichmäfsig  den  Konsonanten  des 
Infinitivs  und  der  2.  u.  3.  Sg.  auch  in  der  i.  Person.  p^Í9  und  v^rd9  sind 
nicht  durch  Analogie  zu  ihrem  e  gekommen,  sondern  da  keine  Umlants- 
bedingung  vorlag;  fçrm9  ist  ital.  Lehnwort  wie  neap. /frm^  und  kalabr. 
fiermu  (aus  D'Ambra  und  Scerbo).  —  27.  cierre  und  liçrhi  sind  nicht  direkt 
von  cirrus  und  ci  renins  (oder  circus?)  abzuleiten,  sondern  entweder  ¿irr®* 
und  lirk^^  als  regelmäfsige  Formen  bewirkten  nach  dem  Beispiele  pi(tt9, 
pitt9  bei  den  Leuten,  die  nicht  vulgär  sprechen  wollten,  die  pi(tt9  ent- 
sprechenden Formen  mit  ¿r,  oder  beide  sind  Entlehnungen  aus  dem  Italie- 
nischen, und  zwar  zur  Zeit  aufgenommen,  als  die  Diphthongierung  noch  mög- 
lich war;  oder  sollte y^rm^»  das  darnach  jedenfalls  später  aufgenommen  sein 
mufs,  sehr  spät  erst  aus  ixz.  ferme  stammen?  —  28.  n»r7  neben  »fi^r^  können 
schwer  Doubletten  sein. —  -öriu  (No.  32)  gibt  -»r^,*  ich  spreche  davon,  um 
darauf  hinzuweisen ,  dafs  das  Suifìx  produktiv  ist,  da  infusulaturi  wegen  nf 
sicher  nicht  volkstümlich  ist  (Bed.  «ridoli*  bei  De  Vicentiis).  —  33.  Oh  for9 
wirklich  foras  ist,  bleibt  mir  zweifelhaft;  zwar  -as  im  Verb  wie  mifd9k» 
mufs   nicht   den  Diphthong  ergeben,    da  dieser  von  den  Verben  auf  -Ts  und 


*  Beide   sind   beim  niedrigen  Volke  in  Tarent  gebräuchlich  (Mitteilung 

des  Verf.). 

'  Aufser  den  angeführten  Beispielen  noch  bei  De  Vicentiis:  ciniraturo 
«ceneracciolo*,  cirnituro  'cernitojo',  criscüuro  'lievito',  culaturo  'colatojo', 
fituro  'turacciolo  di  sughero*,  inghituro  ' attignitojo *,  jataturo  'soffietto', 
[lavuro  scheint  it.  lavoro  zu  sein  '  tonneggio *],  ìimaturo  'tavolello  degli  ore- 
fìd',  mazzicaturo  'frenello',  ncappaturo  'rampino*,  pungütiro  'pungolo',  raèca* 
turo  'mello',  risulaturo  'grisatoio*,  ruMMuÌaturo  'matterello',  scinucckiaturo 
'altarino*,  icumatur o  * mtsio\9>\  scupaturo  * fnciuiáo\o\  J]^¿f¿f o/wr« 'pettine', 
[spingituro  met.  'Schlafmütze'  verstehe  ich  nicht  recht;  loUte  es  ironiidi 
sein?],  spituro  'sputo*,  squartaturo  'squartatojo  dei  beccai',  stricaturo  'vas« 
soio*,  tagghiaturo  'tagliuolo',  traturo  'cassetta'  (sa  'tiretto'). 


552  BESPRECHUNGEN.     J.  SUBAK, 

•Î8  analogisch  uberaommen  worden  sein  kann.  Die  Feminina  der  a-Deldi- 
nation  lauten  im  PL  nicht  um,  was  hinwiederum  auf  die  Endung  ^-ae  zurück- 
geführt  werden  kann  ;  der  Konjunktiv  auf  -aj  fehlt  natürlich  ;  ich  mochte  es 
aber  trotzdem  auf  *fora  zurückfuhren,  das  nach  intrS,  infrS,  suprS, 
deztrS,  sinistrS  gebildet  wfire  und  im  neap. /Ipra  vorläge,  welches  kaum 
fSras  sein  kann.  —  34.  Ist  fronda  schon  lat.  fur  fronde?  fi^ss9  ist  nicht 
fovea,  sondern  fossa,  gegen  jenes  spricht  die  Behandlung  von  vy  (vgl. 
No.  104).  —  35.  m^ttsßkß  ist  nicht  von  m  or  sus  abzuteiten,  vgl.  D'Ovidio, 
Gr.  Grundr.  I,  S.  520,  Anm.  ff),  kpttsp  stammt  nicht  von  cochlea,  zu 
gr.  xoxxoç  D'Ovidio,  ibid.,  S.  521  zu  coccia,  kçrk»  durfte  mit  3  anzusetzen 
sein,  vgl.  neap,  kukk?,  it.  cítrica  kaum  Rückbildung  aus  coricare  sein.  — 
36.  ist  der  Einflufs  des  r  abermals  abzuweben.  —  37.  mufäih  ist  wohl  zwd- 
geschlechtiges  mol  lu  statt  molle,  ufttp  zeigt  5c  to  mit  vorgesdüagenem  v- 
(It  Gr.  S.  32  unten),  dieses  uo  entwickelte  sich  dann  wie  der  aus  f  durch 
den  Elinflufs  des  Auslautes  entstandene  (sonstige)  Dipththong;  aber  auffallig  ist 
puêscia  bei  De  Vicentiis  (ein  Fischemetz),  nach  dem  Vocab.  von  frz.  poche  \ 
wenn  das  richtig  wäre,  so  mufste  das  Wort  bei  der  Aufoahme  das  Greschlecbt 
gewechselt  haben  und  zur  Zeit  der  Aufnahme  ein  Diphthong  nodi  bei  aus- 
lautendem 9  möglich  gewesen  sein,  was  mir  sehr  unwahrscheinlich  vorkommt, 
es  wäre  dann  das  -a  falsch.  —  No.  39  gehört  mit  seinen  Beispielen  von  uè 
<^  ^  zu  No.  37,  wogegen  die  angeführte  Ursache  (das  folgende  r)  selbstredend 
wegfallt;  zu  bemerken  ist,  asih /ufr¿9  nicht  for  fez,  sondern  for  fi  ces  zu 
sein  scheint,  somit  zu  No.  38  zu  stellen  wäre  ;  furn9,  purf9,  attum?,  surs», 
curt9  dagegen  sind  unter  o  anzuführen.  —  40.  öl  us  giebt  jedenfalls  nicht  'uU, 
auiiser  wenn  ihm  -/-  vorausgeht,  -tV2p/-  wurde  -iW-  und  dann  konnte  das  f  von 
vorausgehendem  r  (No.  lOi)  wie  in  ts9rúh,  Iftrûh,^  oder  s  (No.  105)  in 
fasúh  aufgesaugt  werden,  jedoch  auch  andere  Verbindungen  mit  Konsonanten 
waren  nach  der  Vereinfachung  von  ^ûçl-^-iul»  möglich,  z.B.  ssi^i  in 
grassj[olu^raif2i>  *  orzaiuolo';  (auffällig  ist  lanzuiU  (Na  60),  das  mir  Ent- 
lehnung aus  it.  lenzuolo  scheint,)  vgl.  //:  figghiuU  'cesti',  magghiulo  'ma- 
ghetto',  pagghiulo  Spaglinolo',  tavagghiulo  *  fazzoletto  da  naso',  vigghùdo 
<bigonciuolo';  ki\  curnacchiulo  *  asello';  ferner  curciulo  'guascherino',  nebst 
filaztulo  *cordellino',  piuulo  'punta',  rÌMMulo  'orduolo'  und  virmitMulo  'mar- 
meggia'; piulo  'uomo  petulante'  und  spiulo  'desiderio'  nicht  so  sehr,  doch 
tnanulo  'manicotto'  legt  es  nahe,  dafs  -uh  produktiv  geworden  sei.  Das 
Fem.  lautet  wie  zu  erwarten  -òhi  kam^sóh  etc.  —  41  und  42.  r^sp^ntu, 
asc^nttp  sind  ebenso  wie  arrústp  und  affúnn»  mit  lat.  d  anzusetzen;*  ebenso 
wenig  gehört   (43)  kunt9*  unter  o,    desgl.  kutúA9\  pçnt9*  zeigt  durch  den 

^  Aufser  dem  No.  56  angeführten  r^narúh  finden  sich  bei  De  Vicentiis 
critarulo  'vasajo',  favarulo  'tonchio',  fiicarulo  'fischietti'  (Mehlspeise),  fuca^ 
ruh  * üxúñdtre\ /urmicarulo  'formichiere' (Vogel), /oZ/arti/^ 'gattajola',  maC' 
chiarulo  'smacchiatore',  misarulo  'di  operaio  a  paga  mensile',  pedaruU  (Fisch- 
name),  puntarulo,  tirutrulo  'licciajuola',  sciaiaruU  (Wächter  der  giava), 
tirulo  aus  riuulo  'orciuolo'. 

*  Dafs  arróst9r9  im  Bauerndialekt  gewisser  Striche  auíserhalb  Neapels 
seine  Formen  mit  ç  voraussetzt,  ist  hier  ganz  belanglos,  arrûst9  im  Tarent 
beweist 

s  Doch  wohl  nd;  No.  187  ist,  scheint  es,  nicht  so  streng  zu  nehmen, 
wenn  nicht  nt  verschrieben  ist 


DE  NOTO,   APPONTI  SUL  DIALETTO  DI  TARANTO.  553 

Plural  pu(nt9  ^,  ogni  im  Ital.  (zum  Geschlecht  vgl.  §  387  der  It.  Gr.,  woraus 
sich  der  Mangel  der  Diphthongierung  ergiebt)  ist  nach  It.  Gr.  §  65  wegen  seiner 
proklitischen  Verwendung,  §  72  ebenso  wie  ponte  wegen  der  folgenden  Nasalis 
mit  o  zu  sprechen.  —  45.  pçrv9  und  torr9  sind  nicht  durch  Analogie  un- 
umgelautet,  sondern  wegen  -e  (vielleicht  rom.  -a,  vgl.  neap,  die  geschlechtige 
¥ oxm  porva  und  torra);  naturlich  ist  nicht  von  pulvis  und  turris  auszu- 
gehen. —  46.  muggyer?  gehört  doch  nicht  zum  betonten  «,  wenn  man  von 
muliérem  ausgehen  mufs.  kukúm^r?  könnte  *cucumeru  sein,  vgl.  it.  co- 
cornerò,  wenn  es  cucumerem  wäre,  wie  Verf.  will,  müTste  es  Buchwort  sein, 
was  auf  einige  Schwierigkeiten  bei  einer  Kuchenpflanze  stofsen  dürfte;^  di- 
luvium mit  seinem  erhaltenen  vy  kann  nicht  erbwörtlich  behandelt  worden 
sein,  d9luvy9  ist  aufserdem  stets  unter  dem  Einflüsse  der  nicht  recht  volks- 
tümlichen Darstellung  der  Bibel;  statt  fuce  soll  es  wohl /»ifp  heifsen,  von 
fuS9r9t  doch  ist  das  Verb  im  Präs.  (nach  dem  Perf.)  mit  «  anzusetzen,  neap. 
fuy9r9,  it.  fuggo,  —  47.  Zu  p^d9l9  vgl.  man  Meyer-Lubke,  It.  Gr.  S.  37,  zu 
p<^m9C9  Rom.  Gr.  §  67  Ende  („unklar";  sollte  es  nicht  spongia  genähert  worden 
sein?).  —  48.  tunn9  und  turs9  gegen  it.  o  wieder  wegen  -«.  —  49.  pana- 
rltts9  hat  als  Mask,  regelrechten  Umlaut,  vielleicht  ist  es  griechisch  als  De- 
minutiv gefühlt  worden,  regelrecht  ist  ferner  ltbièÒ9  (eine  -^'•Ableitung),  desgl. 
gir 9,  mirt9,  doch  ciss9  stimmt  im  Anlaut  nicht;  [(/)a]  cim9  dagegen  ist  ital. 
Lehnwort,  ebenso  cunchigghje,  bei  dem  sich  der  Wandel  von  v  zu  1  aus 
dem  Tosk.,  Kalabresischen  oder  Sizil.  erklären  mag,  aus  dem  Latein  stammt 
mártir  je  \  cçmb9l9  verrät  sich  schon  durch  nib  statt  mm  (No.  201).  —  50.  naevus 
^ney9  (ohne  Umlaut)  ist  aufíallig;  sollte  pren9  nicht  praegnu,  sondern  -a 
vorstellen,  also  noch  nicht  der  Analogie  der  Adjektiva  wie  médius  -a  gefolgt 
sein?*  Auffallig  ist  auch  grek9  neben  Plural  GriéC9  oder  Griè9,  man  sprach 
also  vom  Volke  öfter  als  von  einem  Einzelnen;  siép9  ist  zur  murus-Klasse 
übergetreten.  —  51.  Wenn  fyzz9  wirklich  von  foetidus  stammt  (nicht  von 
faece),  so  hat  es  in  matts9  =  macidus  keine  Stutze.  —  55.  Vortoniges  a 
bleibt,  sm9rald9  ist  tosk.  Lehnwort,  e9nnär9  =  jenuarius.  —  56.  r9narúl9 
scheint  mir  arena  +  ^rius  zu  sein,  davon  -eòi us  (vgl.  oben),  wenn  sich  das 
r  nicht  vielleicht  so  erklärt  wie  it  fatterello,  d.  h.  analogisch  übertragen.  — 
59.  Es  wäre  wichtig  zu  wissen,  ob  cantr9  mit  ntr  oder  ndr  gesprochen  wird, 
mit  anderen  Worten:  ob  in  Tarent  überhaupt  in  irgend  einer  Stellung  nt 
sprechbar  ist,  was  ich  verneinen  möchte.'  —  60.  Vortonig  e'^a  dürfte  kaum 
auf  Rechnung  der  folgenden  Liquida  —  auf  keinen  Fall  allein  —  zu  setzen 
sein,  wie  die  Fälle  accellente,  piata,  assere  (ex ire)  ohne  Liquida  beweisen, 
es  handelt  sich  um  Prafìxtausch ,  Dissimilation  und  Assimilation.  —  67.  skur- 
care  =  ex-curtiare,  nicht  corticare.  —  69.  W9nn9mdr9  gegen  W9nneñ9 
ist   auffallig;    sollte   es   ^vindemare  darstellen?     frfttsoU  ist  frict-eola, 


^  De  Vie.  führt  übrigens  kuh(^m9r9  allein  an. 

'  D.  h.  ist  es  das  Mask.,  das  gebräuchlich  ist,  wie  im  Neapolitanischen, 
und  das  No.  183  steht? 

'  Der  Name  der  Stadt  selbst  bt  in  der  Provinz  Tardnd^,  in  der  Stadt 
Tard9,  in  letzterer  Form  sah  ich  ein  Taras  *Taratos,  Herr  Prof.  D'Ovidio 
dagegen  äufserte  sich  dahin ,  es  sei  dies  Tdr^^  ^  Tard9,  mit  Aasfall  des 
mittleren  von  drei  Konsonanten,  während  ich  rt^rd  wie  in  spirddt^  u.s.w. 
darin  gesehen  hatte. 

rrinchr.  t  wuL  PhiL  XXIL  36 


554  BBSPRBCHUMOBN.     J.  SÜBAK, 

nidxt  frizorium;  merkwürdig  ist  anúve,  wir  erwarten  -/-.  —  73.  Wenn  o^ 
"^uJL,  so  ist  pom9dôr9  in  pu-  zu  andern.  —  75.  *renaU  ist  sa  atreidien,  es 
steht  No.  79  bei  der  Aphärese  von  m-.  —  77.  kukúits»  kann  nicht  Ton  cn- 
c  urbi  ta  kommen,  es  ist  entweder  eine  Krenznng  von  diesem  mit  kékk'jp 
oder  cucurbita  (vielleicht  cncumere?)  wurde  mit  einem  andern  Suffix  ver- 
sehen; murare  ist  kaum  als  in-uxorare  aufzustellen,  es  ist  nxorare  sn 
*as]surare  geworden  mit  Präfixverkennung  und  -tausch  von  ad  und  in-  sn 
fuurarp  geworden,  die  obige  Aufstellung  ist  also  ein  Anachronismus.  — 
78.  asurp  fur  usura  ist  Dissimilation.  mastridd9^  scheint  mir  mit  mos  trí- 
enla schwer  vereinbar,  auch  wenn  man  Sufiiztausch  annimmt»  sollte  es  sa 
magister  oder  mestiere  gehören?  ran¿^dd9  (bei  De  Vicentiis  runctdda 
'roncola')  ist  doch  irgendwie  mit  neap.  lan¿cllq  in  Znsammenhang,  das  m 
lanz  zu  gehören  scheint;  man  könnte  an  rag^st9  'locusta',  rapptd9  'lapillo' 
denken,  die  auch  r-  für  /-  haben.  —  81.  su  sibi  illn,  lies  se  ilio.  — 
85.  Ist  kurpn9  vom  nom.  cor  o  na  e  herzuleiten,  warum  heiist  òxdbdì  p€rsAn9 
der  Plural?  (=  personas?).  —  86.  russ^  ss  '^aerGcea  von  aernca.  — 
88.  Die  Fälle,  in  denen  regelwidrig  vortonig  au  bleiben  soll  (sonst  ati^^o^), 
sind  anders  zu  lösen:  aúry»  (dreisilbig!)  ist  agúriu,  wobei  nur  ry  anffSUt. 
aúst9  (dreisilbig!)  =  agustu,  uarèscere  lies  warft^r»  ist  von  gander  e  ab- 
geleitetes Inkohativ-Verb;  tuvagghie  ist  nicht  tabularla,  sondern  it.  IStstf- 
glia  (deutschen  Ursprungs'?).  —  90.  Woran  soll  in  mampryg  das  a  ans  e 
assimiliert  worden  sein,  ebenso  welches  a  durch  Assimilation  in  mmaiaiár» 
entstanden?  —  91.  w^nn/úp  und  Dom9n9dd{J9  sind  nicht  FSUe  von  Assimi« 
lation  im  Tarentinischen.  —  92.  Lui¿¿9  ist  Lehnwort  aus  dem  ItaL  (woselbst 
wieder  aus  dem  Franz.  entnommen?),  ¿¿  für  ¿  wie  sonst  im  Süden.*  — 
93.  furnfÍ9r9  ist  nicht  Dissimilation,  sondern  Einmischung  von  fnrnire.  — 
94  —  97*  ^^c  Refleze  von/  als  ¿  dürften  wohl  der  Schriftsprache,  die  als  ^ 
(Y9nndr9  Eigenname,  y^ttatúr»)  aus  Neapel  stammen,  yuss9  ist  ein  spStes 
Lehnwort  aus  dem  Lat.,  die  lautgesetzliche  Wiedergabe  scheint  mir  Ï  xn  sein; 
nicht  zu  erklären  vermag  ich  ghiustç  und  das  etymologisch  dunkle  gyak^n» 
'Laken'.  —  10 1.  Die  Ausnahmen,  die  als  spätere  Entlehnungen  ry  bewahren, 
gehören  zu  No.  ICX),  woselbst  schon  rusdry?  und  marUry9  stehen.  —  I02. 
Ueber  {la']sañf  vgl.  jetzt  des  Grafen  Nigra  Bemerkungen  im  Arch,  glott  it. 
XIV,  2  zu  lava,  —  104.  vy,  by  werden  vortonig  zu  ggyi  skaggypU,  nadi 
dem  Tone  zu  ¿¿:  li(¿¿?,  rag¿9\  kaggçh  ist  erst  von  *ka¿ga  abgeleitet, 
a¿¿(tt9  und  su¿¿ctt9^  sind  gelehrt;  aggy9  'ò'  ist  analogisch  gebildet,  worüber 
die  Konjugation  zu  sprechen  hat.  —  106.  skurèdr9  ist  ez-cnrtiare  (vgL 
oben),  und  zwar  regelmäfsig  entwickelt;  damit  stimmt  kaêêd,  es  wfard  nSmlich 
ty  nach  Konsonanten  zu  ¿f,  dieses  nach  vorausgehendem  n  zu  s;  prifi»  nnd 
raion9  sind  Uebertragungen  der  ital.  Formen.  —  108.  iurndtê  neben  ¿am» 
kann  ich  mir  nicht   erklären,    dazu  noch  ypÌ9  ho  die  gegen  S(¿¿9  etc;   ^ 


^  De  Vie.  führt  die  gelehrte  Form  mastrillo  ani. 

>  Ich  hätte  an  tola  (=  tabula)  -f-^ly^  n^it  Dissimilation  gedacht,  « 
nach  tavolino  etc. 

'  Spricht  man  in  Tarent  überhaupt  kurze  Media  oder  nnr  lange,  wie 
z.B.  in  Neapel? 

*  Die  volkstümliche  Form  ist  iuiiçtt9  'figlioccio,  a',  mit  Umsftlsnng  tob 
it.  ¿¿  in  èè  und  Assimilation  des  Anlautes  an  den  Inlaut 


DE  NOTO,   APPUNTI  SUL  DIALETTO  DI  TARANTO.  555 

Entwìckelung  von  dy  ist  klarer,   wenn  man  Entlehnung  von  ^urn9  annimmt; 
mienzf  aus   nudiu,   das   weit  verbreitet  ist,   ist  anch  recht  rätselhaft;  was  for 
ein   anderes  Wort   hat   sich   damit  gekreuzt?    Etwa  mentre}  —    HO.  pnzf^ 
un  eia,  weil  ky'^zz,  nach  n^z,  ¿uriziy»  und  nuviziy?  gelehrt.  —  iH./a- 
rofle  ist   wohl  Lehnwort.  —    113.  kauC9  neben  fpC9  zu  erklären  (calce  und 
falce),   ist  sehr  schwer,  wahrscheinlich  ist  Eindringen  von  Formen  der  Um- 
gebung. —  115.  Die  Regel  ist  folgende:  ^klv^  kk'y,  nach  n  wird  gy  daraus; 
manlggy?  ist  -ilia,  huniggy?  =  ii,  coniglio,  taggyare  =  it.  tagliare,  gl^ 
ggy  ist   regelmäfsig.  —    118,  ngl'^ngy'^nny,    nny(^tt9k9  *  inghiotto',    von 
diesem   Postverbal    nnyutt?,    ebenso    von   einem  *inglomerare   nnyu{m9r9^ 
(neap.  Ilü9mm9r9),    pñ9^   (so   spricht   der  Verf.)   ist  ungula,    nicht  uncula, 
von  unguis;    kar6n9  ist  *car5nea,   nicht  carúncula  (?),   gehört  also  nicht 
hieher;    sennyútt9  ist  genau  singluttu,    wogegen  S9ggyutt9  (No.  162)  ♦sub- 
glut  tu   ist,    Kontamination   dieser   beiden  (oder  Entlehnung  aus  dem  it.  Jfit- 
ghiozzo)  ist  S9ngyútt9.  —  119.  bl-'^y.  yast9mdr9,  roh  aus  dem  Ital.  ist  bjdve, 
Bjase  herübergenommen,'   angepafst  vianche  <Cbianco  (=  wyang9Ì)\  ggy -^ 
vbl*;  fibby9  ist   Lehnwort;    nnet9  weist   auf  imbtüa,    woher  das  m-?  —    125. 
Epenthetisches  -r-  giebt  es  nicht,    truen9   nach   Meyer -Lûbke,  It.  Gr.  §  292, 
über  furnçs9r9  s.  oben,   *ndruppecare   hat  sich  den  Verben  mit  intra-  ange- 
schlossen. —    1 27.  p9dunp  hat  kein  epenthetisches  r,    sondern  P9d'  neben  p9 
wie  früher  kpd^  (quid)  neben  ke  (heute  09),  —  128.  mus9  ist  lautlich  unmög- 
lich mor  sus,  dazu  ebenso  wenig  mu¿zz9k9  und  mtizjakd,  —  133.  -vi  im  Perf. 
wurde   nicht   -bbi,    dieses   stammt  von  ebbi  u.  s.  w.,    das  jetzt  immer  häufigere 
-W9  ist  in  der  Konjugation  zu  erklären,   da  auch  der  Vokal  von  purtéw9  *\o 
portai'  zu  erklären  ist.  —  135.  watt9'watt9  kann  nur  dann  mit  it  quatto  zu- 
sammenhängen,   wenn   ein  Vokal   am    Anfang  abgefallen   ist,    denn  gu-  kann 
nicht  =  germ,  w  werden.  —  144.  ss  wird  nie  s,  vaÌ9  ist  *bassius,  kaie  ist 
nicht  sSf  sondern  /i-,  steht  richtig  No.  148,  woselbst  die  Ausnahme  ciss9  schon 
wegen   des   Anlauts   Lehnwort   ist.  —    147.  *nzurare  und  *nzoñe  haben  nicht 
ncs^nz,    vgl.  oben  zum  erstem,    dasselbe   fur   ex  ungi  a;    die  Fälle  gehören 
sonst  alle  zu  146;  x  wird  nämlich  zu  i,  in  Lehnwörtern  und  nach  dem  Tone 
zu  SS,  also  Salär 9  maè^dd9  èidd9  (das  i  erklärt  sich  durch  Suffixtausch  axella 
mit  -7//a),    anderseits   aber   saldss9  als  1. 1.  der  Bader,    l9ssiJ9  kann  von  lesso 
beeinflufstes  lixiva   sein,    asser  e  ss  von  den  stammbetonten  Formen  haben; 
skamare  gehört  zu  No.  141.  —    149.  mazz9kdr9  lautlich  von  masticare  her- 
zuleiten ist  unmöglich,    sollte  sich   nicht  mazza  und  seine  Sippe  eingemengt 
haben?     Dasselbe   gilt   von   *nzit€care  (De  Vicentiis   schreibt    ntiddecare)   im 
Verhältnis   zu   in-stillicare,    vielleicht  mit  siloppo  'sciroppo'  gekreuzt  — 
Hier  wären  einige  Fälle  von  Assimilation  des  anlautenden  s-  an   den  Inlaut 
zu  verzeichnen:    aufser   dem   obengenannten  iulk^tt9  noch  sciaccio  for  saccio, 
^<^^¿^^i^  =  sfggiO'»    ceccia  =  seccia  bei  De  Vicentiis.  —    161.  «>«/  (wohl 

*  Davon  nnyumari(dd9  'polpetta  ravvolta  in  filo'. 

^  Geschrieben  steht  ògnc\  n*  órÍ9  *un  poco'  mit  as^ftte  z,  B. 
'  Wohl  mit  langem  b  also  zu  sprechen. 

*  Ich  nehme  das  Beispiel  mit  i,  weil  ich  nicht  kontrollieren  kann,  ob 
im  heutigen  Tarentinisch  die  mit  3-  anlautende  Form  als  das  dem  Süden 
eigene  çuid  est  mit  d,  resp.  r  erhalten  ist,  wahrscheinlich  aber  froher,  wenn 
nicht  sicher. 


55^  BESPRECHUNGEN.     W.  RUDOW, 

nd  zu  sprechen)  in  spantecare  wäre  auffallig;,  ebenso  in  {p)antfcárf,  vielleicht 
gehören  beide,  wie  vorgeschlagen  wurde,  zu  pant  ex  und  nicht  zn  panicus. — 
165.  Cambiimidde  zeigt  Einmischung  von  cam  pu.  —  168.  ca,  co,  cu  bleibt; 
ky apparine  zeigt  Einmischung  von  chiappare,  wozu  fyapp»  ss  capuln 
'cappio'  gehört,  Ò9m9nér9  ist  französ.  Lehnwort,  wie  Verf.  zögernd  vorbringt, 
ebenso  in  Neapel  umgebildet  ;  ga^ya\  payar?,  yattf,  yammq  (diese  beiden 
letzten  stehen  richtig  in  No.  179),  yaráff?  erklärt  sich  aus  spun,  ¿^arra/a  oder 
neugr.  yacatpa  (G.  Meyer,  Neugr.  Studien  IV,  S.  22),  ähnlich  wird  es  ndt 
yal(ss9  stehen;  £^u,  go'^  wu-x  *g'obito'^wuw9t9  'gomito'.  —  176.  cm  'nt' 
ist  doch  nicht  lat.  quum,  sondern  roman,  que  A  wie  kustú  sudit  for  ecco 
is  tue.  —  178.  koè?  hat  den  Konsonanten  der  2.  u.  3.  Sg.  ñbemommen,  auch 
vom  Infin.  unterstützt,  coqueo  ist  Mifsbildung;  laqueu^i^uv  stand  schon 
No.  110,  wo  es  qy'^vi  hiefs,  es  mufs  lakj(u^/a//jp  heiiiBen,  aber  unbedingt 
über  laccio,  ist  das  so  feststehend?  —  180.  Ich  halte  gustg  und  g^Ì9  (or 
gelehrt  (vgl.  wúwít?  *  gomito*),  das  letztere  fehlt  übrigens  auch  dem  Neapol.  — 
äok9,  stpk9,  vek9  'do,  sto,  vedo'  sind  nach  dico  umgebildet.  —  181.  -ca  nach 
dem  Tone  wird  -^p:  fatiye^t  wovon  fat9yare,  von  diesem  wiederum  fuasuyarë 
'cullare*  (Verf.  'n-,  es  kommt  doch  von  *navicia,  vgl.  sonst  *navica^ 
naka  'Wiege*),  put¿y9  ¿noS^xt¡  und  Iáy9n9  'lagaña*,  also  stets  bei  der  Vor- 
stufe ga  wie  zu  No.  168.  —  182.  gr-'^r-'.  ran9  (Münze)  und  ramu  (grande), 
das  Korn  (gran9,  gramen^)  ist  offenbar  hier  ebenso  wenig  angebaut  worden, 
wie  Kohle  {^graún9)  gebrannt  wurde.  —  183.  canòscfrf  ist  schon  Imt.  co- 
noscere (Decompositum),  kanat9  könnte  auch  co- natu  sein,  wahrscheinlich 
aber  wegen  neap,  kaindt^  nicht  so,  sondern  it.  cognato;  in  konnte  man  nicht 
sprechen,  daher  auch  pyún9  aus  pugno,  ay9n9  aus  agnus;  liçn9  scheint  mir 
'^'legone  zu  sein  (also  eig.  Reisigbündel),  denn  mit  li  gnu  geht  es  trotz  dem 
sione  bei  De  Vicentüs  (zu  si  gnu??)  schwer  lautlich  in  eine  Linie;  prifnê  ans 
*praegnu  *pryény9  dissimiliert,  wonach  das  Fem.;  singhe  aus  signnm 
scheint  mir  lautlich  zu  erklären  ein  Kunststück.  —  184.  angiddâ  ''^angnilla 
ohne  Einführung  eines  ^(?),  es  stimmt  genau  zu  ¿1  èe  aus  qui-  (No.  177), 
wie  im  Rum.  also,'  angenacchjç  ist  inguinal ac*la  (nicht  inqninalia). — 
186.  ge,  gi'^ie,  li,  ¿  in  w(r¿9n9  etc.  als  Buchwörtem.  —  187.  p9satúr9 
ist  ''^pîsatorium,  nicht  pist-;  man9¿9  aus  mantice  wohl  durch  Ein- 
mischung von  m  anus.  —  igo.  nd'^n  wohl  nur  am  Schluis  der  drittletzten 
Silbe,  s(i)(nn9r9  unter  dem  Einflufs  der  zweisilbigen  Formen,  wie  auch  andere 
Infinitive  mit  nn,  —  199.  stuètechç  fur  stupidns  ist  Metathese  und  dann 
-Tcus  für  das  unbekannte  -ipus;  yutt9kd  könnte  man  als  Kontamination 
von  dubitare  >>*</M//ar^  4*  duplare  (mit  Vortritt  des  ^  an  den  Versan£uig) 
'^*yuppare  erklären:  kann  es  aber  nicht  ein  griech.  ÔvnxiX'  vorstellen?  — 
In  202  vermisse  ich  eine  Bemerkung  über  Fälle  wie  spukdr9  =  sfogare, 
wo  sf'  in  sP'  überzugehen  scheint. 

Bei  einem  Neudrucke  des  Büchleins  könnte  es  sehr  viel  gewinnen,  wenn 
der  Herr  Verfasser,  der  ja  ohnehin  das  Tarentinische  von  Jugend  auf  hört 
und  spricht,  sich  die  Mühe  nicht  verdriefsen  lassen  wollte,  das  Wörterbncfa, 
das  ja  bei  uns  sehr  selten  ist,  noch  stärker  auszubeuten. 


*  So  auch  kastiy9,        ^  Doch  nur  vortonig,  vgl.  sang», 

J.  SUBAK. 


PHILIPPIDB,   GRAMÁTICA  ELEMENT.  A  UMBlI  ROMÎNB.  557 

Alexandru  Fhilippide,  Gramática  elementarS  a  limbi!  romtne.    la^i 
1897.     4  Francs. 

Im  Vorworte  heifst  es  u.  a.  :  „Für  die  Geschichte  der  rwn.  Sprache  . . . 
bedurfte  ich  eines  Werkes,  das  die  Formen  der  gemeinsamen  Sprache,  ihre 
Bedeutungen  und  zahlreiche  Beispiele  enthält.'*  Nach  einigen  scharfen  Aas- 
fallen gegen  i^andere  Werke**  (womit  hauptsächlich  Tiktins  gemeint  ist)  heilst 
es  weiter:  „Deshalb  habe  ich  es  so  nebenbei  geschrieben,  nur  als  Mittel  zur 
Erreichung  eines  höheren  Zieles.**  — 

Nach  diesem  Geständnisse  wird  man  die  unten  aufgeführten  Mängel  be- 
greiflicher finden,  als  wenn  man  es  mit  der  ganzen,  anerkannt  hervorragenden 
Leistimgsfahigkeit  Philippides  zu  thun  hätte. 

Als  Mangel  ist  selbstverständlich  nicht  zu  betrachten  das  Fehlen  jeg- 
licher geschichtlicher  Entwickelung,  die  von  vornherein  ausgeschlossen  war. 

Der  Inhalt  zerfallt  in:  Lautlehre  §§  i — 4,  Formen  — §  53,  Bedeutung 
der  Formen  — §  126. 

Aus  dieser  geringen  Anzahl  der  Paragraphen  folgt,  dafs  manche  zehn 
und  mehr  Seiten  lang  sind,  wodurch  die  Erreichung  ihres  Zweckes,  dafs  man 
sich  leichter  zurechtfinde,  nicht  eben  gefordert  wird. 

Zu  der  etwas  kiu'z  behandelten  Lautlehre  ist  zu  bemerken ,  dafs  S.  3 
c{h)»  i,  u  in  ochiü  als  Konsonanten  gelten ,  nach  S.  4  unten  sind  t,  u  hier 
Aphone,  stimmlos.  — -  §  i  enthält  Einteilung  der  Laute  und  Rechtschreibung 
(ohne  Zeichensetzung,  selbst  ohne  Begründung  des  abweichenden  Gebrauchs 
des  Bindestriches  fur  den  sonst  üblichen  Apostroph),  §  2  Ton  und  Silben- 
teilung, die  zur  Rechtschreibung  gehört,  §  3  f .  lautliche  Aenderungen  des 
Stammes.  Zur  Formbildung  werden  selbst  Präpositionen  und  Konjunktionen 
gerechnet,  was  nur  in  den  Sprachen  richtig  scheint,  wo  diese  an  das  von 
ihnen  abhängige  Wort  antreten.  Von  den  S.  10  erwähnten  Aenderungen  des 
Stammes,  die  durch  Vorsilben  hervorgerufen  werden,  ist  uns  übrigens  nichts 
bekannt.  S.  1 1  a)  heifst  es  :  a  dem  ein  Gaumenlaut  vorhergeht,  wird  e»  Viel- 
mehr ea  ta  werden  e,  also  a  mit  Gaumenlaut. 

Dasselbe  gilt  von  den  meisten  der  S.  2 1  angeführten  Fälle. 

Dies  gehört  schon  zur  Formenlehre.  Von  den  S.  22  unten  angeführten 
kommen  curmala  und  zäbala  auch  in  der  Einzahl  vor. 

Die  S.  30  ff.  aufgezählten  sächlichen  Wörter  haben  nach  S.  23  alle  den 
Vokativ  auf  ^,  nach  S.  24  nur  cuget.  Da  aber  auch  das  nur  noch  selten  vor- 
kommt ,  war  das  e  S.  23  überflüssig  und  nur  als  Ausnahme  zu  erwähnen. 
Auch  der  Unterschied,  dafs  die  sinnenfälligen  Begriffe  in  der  Mehrzahl  meist 
<f,  die  abgezogenen  meist  uri  haben,  hat  der  zahllosen  Ausnahmen  wegen  nur 
geringen  Wert. 

S.  24  f.  Basmut  candelabru,  cäpästru  haben  in  der  Mehrzahl  nicht  f, 
sondern  ^,  auch  zurgalaü  S.  30.     Ebd.  cur  Mehrzahl  ei 

S.  32  f.  werden  u.  a.  als  abgezogene  Begriffe  aufgeführt:  bac{is,  aal,  bal- 
sam, btr,  bîlcî,  bun,  capital,  centru,  chüipir,  chip,  cUr,  club,  con,  cor,  cub, 
dar,  dejun,  imn,  neam,  selbst  lucru;  unter  denen  auf  e  ostrov  und  andere, 
die  ebenso  sinnenfällig  (konkret)  sind. 

Statt  der  ziemlich  überflüssigen,  weil  regelmäfsigen,  männlichen  Wörter 
wären  besser  die  sächlichen  möglichst  vollständig  aa%eiahrt,  insbesondere  die 


558  BESPRECHUNGEN.     W.  RUDOW, 

mit  verschiedener  Mehrzahl.  Doch  fehlen  gerade  yon  diesen  S.  34  manche 
der  allergewohnlichsteD,  wie  chibrit, 

S.  35  wird  die  (keineswegs  zweifellose)  Hauptregel  aufgestellt,  dais  die 
letzte  Silbe  vor  der  Endung  betont  sei.  Lassen  wir  aber  die  Regel  gelten 
und  sehen  wir  selbst  davon  ab,  dafs  vom  Tone  schon  §  2  geredet  war,  so  ist 
doch  schwer  einzusehen,  warum  nicht  die  stets  unbetonten  Endungen  ein  ffir 
allemal  ausgeschieden  sind;  dadurch  wäre  die  Menge  der  Ausnahmen  gans 
erheblich  verringert.  So  verdienstlich  femer  die  zahlreichen  Beispiele  nnd 
Ausnahmen  zu  den  nicht  immer  eintretenden  Aenderungen  des  Stammes  sind, 
so  überflüssig  scheint  es,  zu  der  unter  allen  Umstanden  eintretenden  Quetschung 
des  ^  und  c  vor  e  und  1  S.  37  f.  fast  eine  volle  Seite  Beispiele  beisubiingen. 

S.  42  genügte  es  von  den  Wörtern  auf  e^  worin  dieses  unmittelbar  an  den 
Stamm  tritt,  die  wenigen  männlichen  anzuführen,  woraus  sich  von  selbst  ergab, 
dafs  die  übrigen  weiblich  sind. 

Uebngens  hätte  hier  (S.  43)  oder  schon  S.  36  erwähnt  werden  können, 
dafs  die  Arten  der  Veränderungen  des  Stammes  sich  auf  §  4  beriehen« 

S.  45  aci  porumbac  ist  doch  kein  Adjektiv;  in  hêUag,  fribtag  u.  a.  ist 
ag  u.  á.  nicht  Endung,  sondern  Stamm,  doch  sollen  ae,  ag  n. s.w.  wohl  nnr 
Ausgänge  sein,  nicht  Bildungsendungen. 

S.  57  steht:  Die  3.  Form  (Ruffall)  auf  o  haben  alle  Adjektive  auf  #, 
dem  bestimmte  Endungen  vorhergehen.  Hier  wären  einige  Beispiele  sehr  am 
Platze  gewesen. 

S.  59  oben:  tnä,  tß  tfl  sind  proklitisch.  —  Vielmehr  selbständig,  wo- 
durch sie  sich  eben  von  nû  unterscheiden.  Auch  werden  mi,  fi,  Ï,  fi  pro- 
klitisch  nicht  immer  mi,  fi,  i,  fi. 

S.  86:  Wenn  der  Stamm  auf  einen  Selbstlaut  endigt  —  Nur  auf  f  (Ì). 
So  immer:  S.  97,  loi,  106,  125. 

S.  95.  Die  nicht  auf  der  letzten  Silbe  betonten  sind  nicht  vollständig: 
sprijin  u.  a. 

S.  loi  wird  die  von  den  Walachen  als  nur  moldauisch  beseidmete 
Endung  ñ  statt  ài  als  alleingiltig  aufgeführt;  ebenso  S.  102  Sf  statt  OL  Ueber« 
haupt  ist  die  Sprache  des  Buches  sehr  moldauisch,  es  enthält  eine  Menge 
Wörter  und  Wendungen,  die  keineswegs  „gemeinsam"  sind. 

S.  103,  108  und  131.  Pferd  und  vtnd  verwandeln  im  Ferfidct  d  nicht 
in  2,  vgl.  S.  127. 

S.  1 1 5  las  hat  nicht  gut  Use,  pese  dagegen  ist  richtig.  Mit  fêodà  etc. 
sind  f(e)azâ  gleichberechtigt 

S.  132  vrut  kommt  nicht  von  vr olese,  sondern  von  vreaü. 

S.  161  tnpac  von  paccoi  wohl  nur  verdruckt  für  pace, 

S.  163  trian  ist  keine  einfache  Endung,  ebenso  wenig  gan  n.  a.  im  CdI- 
genden,  was  hätte  bemerkt  werden  können.  Eine  Ordnung  ist  nicht  xu  er- 
kennen, während  doch  selbst  die  Tauseude  der  früheren  Beispiele  nadi  dem 
Abc  geordnet  sind.  S.  169  gehören  die  zwei  letzten  unter  cios  su  ros.  Si.  17I 
flñcñrae  flf.  nicht  zu  oí,  sondern  zu  ae,  das  fehlt 

S.  175  m'mtcnicesc  enthält  die  Endung  nie,  nicht  bloises  n, 

S.  180.  „Die  Adverbien  zählen  wir  nach  dem  Abc  auf,  denn  wollten  wir 
sie  nach  Beziehungen  ordnen,  so  würden  wir  sehr  verschiedene  Adverbien  n- 
sammenstellen  müssen/' 


PHILIPPIDE,   GRAMÁTICA  ELEMENT.  A  UMBlI  ROMÎNB.  559 

Verschiedene?  Der  Entstehung  nach?  Die  gehört  doch  in  die  Wort- 
bildung, und  davon  scheint  hier  die  Rede  zu  sein,  nachdem  vorher  die  Vor- 
silben, Nachsilben  und  zusammengesetzten  Wörter  aufgeführt  waren.  Wenn 
man  übrigens  diesen  Begriff  auch  noch  so  weit  fafst,  sehen  wir  doch  keine 
Möglichkeit  darunter  Wendungen  zu  begreifen  wie:  Sanfte  Katze  kratzt 
schlimm.  Mit  diesen  ,,Zusammensetzungen'*  werden  die  (ebenfalls  in  über- 
weitem Sinne  gefafsten)  Umstandswörter  als  „Isolierungen"  zusammengenommen, 
man  sieht  nicht  recht  ein,  wie;  daher  werden  auch  S.  199  Isolierungen  und 
Umstandswörter  nebeneinander  gestellt. 

S.  194  Zeile  2  lies  g  statt  d, 

Ueber  die  Bedeutung  ist  zu  bemerken,  dafs  keineswegs  nur  die  S.  199 
angeführten  Beiwörter  substantiviert  werden,  vgl.  bunul,  adevärul  u.  a. 

S.  211  j  ist  wohl  zu  lesen:  wenn  mehrere  Genetive  statt:  mehrere  Für- 
wörter .  .  , 

S.  235.  Aufser  tot  wird  auch  care  selbständig  gebraucht,  careU  jetzt 
nur  noch  seltener. 

S.  240  f.  Eu  unul  ich  für  mein  Teil  Unul  soll  hier  Fürwort  sein, 
scheint  jedoch  Zahlwort.    Eu  unul  also  eigentlich  ich  der  einzige,  ich  allein. 

S.  259.  Zu  der  Wendung:  Cautìt-mì  în  faÇi  =s  sieh  mir  ins  Gesicht  ist 
mi  so  wenig  unmittelbar  von  cautU  abhängig  wie  mir  von  sieh.  Dasselbe  gilt 
von  andern  Zeitwörtern  im  folgenden,  von  heilig,  Geschenk  u.  dgL 

S.  279.  Das  3.,  4.  und  5.  Beispiel  passen  nicht  zu  §  70;  „um  die  Wahr- 
heit zu  sagen'*  enthält  keine  Befürchtung,  so  wenig  wie:  „um  nicht  zu  lügen" 
Beisp.  I  und  2,  sondern  Absicht,  abhängig  von  einem  zu  ergänzenden:  „sage 
ich«.  Auch  die  Beispiele  des  §  71  drücken  weniger  Verwunderung  aus  als 
teils  Entrüstung  (wo  man  ergänzen  kann:  von  mir  sagt  oder  verlangt  man): 
ich  soll  .  .  .!  teils  blofse  (rednerische)  Frage:  Da  sollten  wir  nicht  tanzen? 

S.  323.  E  de  /acut  ist  Supinum,  ^t\\ /acut  hier  unveränderlich  ist; 
trebuie  fcLCtii{a)  dagegen  ist  Partizip.  Beides  hat  also  nichts  miteinander 
gemein;  trebuie  de  facut  ist  eine  ganz  vereinzelte  imd  ungehörige  Ver- 
mischung beider. 

S.  332.  Me-rs  abzubrechen  ist  unerhört. 

S.  341  Z.  3  unten  lies  pärfile. 

S.  355  Z.  4  unten  ist  a  {cailor)  nicht  Präposition,  sondern  weibl.  von  al, 

^-  357  g  bedeutet  nicht  Vereinigung,   sondern  Vollsein. 

S.  358  k  scheint  de  für  despre  zu  stehen. 

S.  360  peste  heifst  auch  über  (das  Mafs)  hinaus.  Dupa  drückt  auch 
eine  Beziehung  aus:  dupa  nume,  dem  Namen  nach. 

S.  363  f  wird  unter  conjunct  auch  ce  „was"  und  eine  „wer"  behandelt. 

S.  366  ist  das  zweite  unde  zweifellos  fragend. 

S.  367,  Daca  steht  nicht  überflüssig,  sondern  steht  wie  deutsch  :  „wenn 
(=  da)  ich  doch",  wobei  als  Hauptsatz  zu  ergänzen  ist:  ,j£ann  man  ganz 
ruhig  sein". 

„Aufser  den  unter  II.  angeführten  Formen  giebt  es  noch  andere,  die  . .  • 
nicht  aus  Lauten  bestehen:  Uebereinstimmung ,  Wortstellung  und  Ton."  — 
Gemeint  sind  Regeln  der  Satzbildung  u.  s.  w. 

Ebenso  382:  „Nicht  nur  der  Ton,  sondern  auch  die  Länge  der  Silben 
dient  als  Form"  =  zur  Bildung  oder  Unterscheidong  der  Formen, 


56o  BBSPRECHX7NOEN.    A.  HORNING, 

Aufserdem  fehlt  ein  Hauplteil,  die  Syntax,  völlig;  die  beiden  gleich 
wichtigen  Teile  der  Wortlehre,  Wortschöpfung  nnd  Flexion ,  gind  nicht  ge- 
hörig geschieden,  oder  vielmehr  erstere  nur  durch  die  Aufzählung  der  Vor- 
und  Nachsilben  vertreten,  die  zwischen  Konjunktion  und  Adverb  eingekeilt 
sind,  von  Stammbildung  und  eigentlicher  Zusammensetzung  ¡st  keine  Rede: 

Alles  das  wäre  leicht  zu  vermeiden  gewesen  und  hätte  gerade  in  einem 
Elementarbuche  vermieden  werden  sollen. 

Vielleicht  fragt  man,  weshalb  denn  hier  über  ein  Elementarbuch  berichtet 
wird?  —  Ja,  und  das  ist  das  Merkwürdige  an  dem  Buche  —  es  hat  neben 
all  diesen  Fehlern  Vorzüge,  welche  jene  wenigstens  aufwiegen.  Zunächst  die 
reichlichen,  aus  den  besten  Schriftstellern  zusammengestellten  Beispiele,  be- 
sonders aber  eine  Menge  feiner  Bemerkungen  über  die  Bedeutung  »  due  aller- 
dings keineswegs  „elementar"  sind,  dafür  jedoch  dem  Buche  wissenschaíilidiefi 
Wert  verleihen.  Endlich  die  (als  noch  nicht  vollständig  bezeichneten)  Samm- 
lungen der  unveränderlichen  Wörter  S.  145  ff.,  von  denen  allein  die  Prä- 
positionen zwölf  Seiten  füllen,   es  mögen  ihrer  1000  Stück  sein,   so  dais  das 

Rumänische  hierin  unübertroffen  ist. 

W.  Rudow. 


A.  Thomas,    Essais   de  Philologie  Française.     Paris  189S.     441  S. 
Preis:  7  fres. 

Die  in  dem  stattlichen  Bande  zum  Abdruck  gebrachten  Auftätze  lin- 
guistischen Inhalts,  welche  dem  Scharfsinn  und  der  Gelehrsamkeit  des  Ver- 
fassers ein  glänzendes  Zeugnis  ausstellen,  sind  zum  gröisten  Teil  zuerst  in 
der  Romania  erschienen  und  bereits  in  dieser  Zeitschrift  besprochen  worden. 
Aus  der  Zahl  der  übrigen  bis  jetzt  zerstreuten  und  daher  schwer  zugäng- 
lichen Abhandlungen  greife  ich  einige  heraus:  Der  Name  der  Landschaft 
Contenga  erklärt  sich  aus  convenäe,  conveniens,  das  die  Basken,  die  den 
Laut  V  nicht  kennen,  commenae  sprachen.  —  Plomb  (du  Cantal),  als  Be- 
zeichnung eines  Berges,  ist  aus  fom  , pomme*  abgeändert.  —  Die  StrmTse 
JoutX'Aigues  in  Toulouse  heifst  eigentlich  Jwuiigius  Judaicas  »Juden* 
viertel'.  Wie  verhält  sich  dazu  it.  Giuäecca  (s.  Ztschr.  20,  338  Anm.2)?  — 
Aufserdem  enthält  der  Band  noch  interessante  Recensionen  und  ausgiebige 
Indices,  die  den  reichen  in  dem  Buche  verarbeiteten  Stoff  zur  Anschannng 
bringen. 

Zu  den  Etyma,  etwa  hundert,  unter  denen  die  meisten  die  BiUignng 
eines  so  sachkundigen  Beurteilers  wie  Meyer -Lübke  gefunden  haben»  mögen 
mir  einige  Bemerkungen  gestattet  sein. 

Essâ  , Achsennagel'  wird  als  mit  afr.  heuce  identisch  erwiesen  und  an 
afr.  heut,  ital.  elsa,  ahd.  hâ/za  gestellt.  Indessen  setzt  pik.  eucJke  (auch  bei 
Decorde,  Patois  de  Bray)  ein  Substrat  (h)elce-  voraus,  das  {h)euë  ergeben 
hätte  {vgl. /aux,  chaux).  Auf  ein  Proparoxytonon  (etwa  ol'ce)  weist  auch 
prov.  oc/to,  olze  bei  Mistral  ;  man  vergleiche  oualze,  ohe  mase.  (?)  bei  Vaysdcr, 
Dictionn.  de  l'Aveyron,  wo  'Ou-,  wie  es  scheint,  auf  g  hinweist    Ounço\  dai 


1  Da  das  Wort  weiblich  ist,  trat  0  an  die  Stelle  von  r. 


A.  THOMAS,   ESSAIS  DE  PHILOLOGIE  FRANÇAISE.  56 1 

nach  Mistral  in  der  Dauphiné  vorkommt,  wird  als  nasalierte  Form  unseres 
Wortes  bestätigt  durch  once  in  der  Franche-G>mté  ;  man  sehe  dies  bei  Rail- 
lant, Glossaire  du  Patois  d'Uriménil,  wo  sich  auch  zahlreiche  Belege  für  lothr. 
osse,  ossate  finden.  Nur  in  Lothringen,  nicht  jedoch  im  Frovenzalischen, 
könnte  o  aus  e  entstanden  sein,  wenn  die  Grundform  betontes  e  gehabt  haben 
sollte,  was  nach  dem  Gesagten  sehr  zweifelhaft  ist.  Hatte  die  Grundform 
dagegen  ein  0,  so  mufs  frz.  heuce  aus  einer  Vorstufe  houce  hervorgegangen 
sein  (man  vergleiche  ouecerec  und  wallon,  oeche  bei  Thomas),  und  zwar  mufs 
jenes  0  geschlossen  gewesen  sein,  da  ou  (aus  ol)  frz.  nicht  zu  eu  wird.  Auf- 
fällig ist  metz.  ^,  Romania  5,  215  (lothr.  j(^  entsteht  in  der  Regel  nur  aus 
iss  oder  rs).  Beachtenswert  ist  endlich,  dafs  mit  Ausnahme  von  hocho  f.  bei 
d'Hombres,  Dictionnaire  Languedocien,  die  neueren  Mundarten  keine  Spur 
des  h  zeigen,  insbesondere  dafs  das  Lothringische,  das  deutches  h  festzuhalten 
pflegt,  nur  osse,  ossatte  kennt. 

Der  Annahme  dafs  heuse  , piston  d'une  pompe'  dasselbe  Wort  wie  heuce 
sei  (so  auch  das  Dictionnaire  Général),  stehen  Form  (sanftes  s)  imd  Bedeutung 
entgegen.  Jaubert,  Glossaire  du  Centre,  verzeichnet  heuse  ,  bague  de  fer  dans 
laquelle  passe  la  queue  du  marteau  des  grosses  forges;  cette  heuse  est  comme 
une  bottine  passée  autour  de  la  poutre  formant  la  queue  du  marteau'.  Wir 
haben  es  also  mit  einer  bildlichen  Anwendung  des  afr.  heuse  , jambe,  botte' 
zu  thun^  (vgl.  übrigens  Littré).  Eine  Ableitung  von  he%u:e  durfte  dagegen 
housseau  bei  Littré  sein  ,  grosses  épingles  propres  à  attacher  ensemble  plusieurs 
doubles  d'étoffe'.     In  vortoniger  Silbe  wäre  ursprüngliches  o  erhalten. 

Zu  dem  auf  S.  381  A.  2  erwähnten  aprov.  roize  (neben  ronzer)  rumicem 
sei  bemerkt,  dafs  das  Lothringisch -Wallonische  nur  rdj^  kennt  (s.  Haillant, 
Patois  d'Uriménil)  imd  dafs  dasselbe  nicht  ohne  weiteres  auf  rumicem  be- 
ruhen kann  (nur  i%,  iss  wird  lothr.  zu  ;f),  so  wenig  wie  altwallon.  roinsse  in 
den  Dialoge  Grégoire  lo  Pape  59,  19;  67,  12.  15  (in  diesem  Denkmal  wird 
inlautendes  c  nicht  durch  ss  wiedergegeben;  ähnliche  Formen  giebt  auch 
Godefroy).  Darf  man  annehmen,  dafs  roize,  roinsse,  ryUz  (in  Vionnaz)  durch 
prov.  rouis,  rouisso  becinflufst  sind,  das  Thomas  aus  rusteum  erklärt?  Ver- 
wandt mit  rus  tum  und  in  den  Handschriften  oft  mit  demselben  verwechselt 
ist  ruscum,  dessen  Plural  das  Substrat  zu  frz.  rouche  f.  ist  ,nom  vulgaire 
des  laiches,  du  roseau,  de  Tiris  des  marais'.  —  In  ähnlicher  Weise  scheint 
ital.  rombice  neben  romice  durch  rovo  (rub us)  beeinflufst  zu  sein. 

Möglicherweise  ist  altnormann.  wirewitte  »Wetterfahne'  (wichtige  hand- 
schriftliche Varianten  sind  wirewire,  werwite;  auch  virevite  wird  belegt),  das 
Verf.  aus  nord,  vedhr-viti  , Wetterangabe*  erklärt,  das  Grrundwort  zu  frz. 
pirouette.  Man  vergleiche  bei  Orain,  Patois  d*Ille  -  et  -  Villainc,  pirvire  f. 
'bouton  de  bois  traversé  par  une  cheville  qu'on  fait  tourner  avec  le  pouce'; 
bei  Zéliqzon,  Lothringische  Mundarten,  pinoü  ,Knöpfe  aus  Holz,  die  mit  Tuch 
bedeckt  werden'  und  die,  was  Z.  nicht  sagt,  wohl  genau  wie  das  soeben  ge- 
nannte pirvire  in  drehende  Bewegung  gebracht  und  als  Kinderspielzeug  be- 
nutzt werden;  bei  Marchot  (Patois  de  St.  Hubert,  Revue  de  Philol.  franc,  et 
provenç.  4,  209)  pèrwiy  f.  , toupie,  sabot';  bei  Labourasse,  Gloss,  de  la  Meuse, 
piroiU  f.  ,gros    sou    avec    lequel    on   joue    au   patard   ou   jeu  du   bouchon'. 


^  Vgl.  bei  Godefroy  heuse  de  plomb  pour  une  tour. 


562  BESPRECHUNGEN.     M.  J.  MINCKWIIZy 

Darmesteter,  Mots  Composés,  führt  noch  normánn.  perrauêtU  ,  fille  ermporee* 
und  wallon,  berouette  an.  P  (b)  ware  ans  w  (v)  dissimiliert'  Wu  die  Be- 
deutung betrifft,  so  pafst  za  »moulinet  qui  sert  de  virtväe*  bei  Thomas  sehr 
gut  was  Crodefroy  über  pirouette  sagt  »sorte  de  moulin,  jojran  en  forme  de 
petit  moulin  à  vent  S*  und  mit  dem  oben  aber /irviW  Gesagten  stimmt  £ut 
buchstäblich  die  Definition,  die  das  Dictionnaire  Général  tmi  fùrmui  giebt 
,  petit  disque  que  traverse  un  pivot,  sur  leqael  on  le  fait  toomer  en  loi  donnant 
une  impulsion,  toton'.  Beachtenswert  ist  noch,  dais  alle  diese  mandartlidien 
Formen  dem  Norden  und  Nordosten  angehören. 

Faisü  ,  Kohlenstaub*  (dies,  und  nicht /raúi^  ist  das  nrsprfingliche)  wird 
in  wenig  überzeugender  Weise  aus  facem-)-Ile  gedeutet.  Das  Ztschr.  19, 146 
von  Tobler  aus  Sachs  erwähnte  faisü  , Krätze'  (beim  Goldschmied),  fmséUux 
(bei  Littré)  »ouvriers  qui  enlèvent  les  décombres',  lothr.  ^a^^  ,balks  et  pons* 
sières  que  Ton  balaye  sur  les  greniers'  (s.  Adam,  Pat  lorrains),  das,  wie  die 
Vergi eichung  rtàx.  fâgin  (auchyásm)  »poussière  de  charbon*  bei  Labonrssse» 
Gloss,  de  la  Meuse»  zeigt»  mit  unserem  Worte  identisch  ist,  legen  die  Firage 
nahe»  ob  nicht  »Abfall»  Schabsei'  die  ursprüngliche  Bedeutung  des  Wortes  sei. 
Chambure»  Gloss,  du  Morvan,  erwähnt  frisée  »poussière,  miette,  débris*. 
Gegen  fa  e  e  il  e,  an  das  Tobler  dachte,  spricht  das  a  in  9Sr,faisims,  in  fa^tÊt, 
in  frasi!  (in  Orléans  und  Berry);   -1/  ist  wohl  eher  -Iculus  als  -Ile. 

Zu  travouil  »Haspel'  ist  anzumerken,  daís  afr.  tracui,  troûtUier  sich  in 
dem  von  C.  Hofinann  herausgegebenen  air.  Glossar,  No.  1 19  findet  (auch  bei 
Du  Gange  s.  v.  alabrum»  alabrare). 

Der  Ansatz  rainsei  ramuscellum  wird  bestätigt  durch  waU.  rl9^  (waU. 
SS  =  i»  x)t  ^^^  bereits  Marchot»  Phonologie  d'un  Patois  Wallon,  ans  rami- 
scellum  erklärt  hat.  Dieselbe  Bestätigung  wird  dem  Etymon  UtHseau  glo- 
muscellum  durch  wall.  Idhf,  lothr.  ¿ou^i  zu  teil.  Zweifelhaft  ist  mir  da^ 
gegen»  ob  fur  letzteres  und  überhaupt  die  n-losen  Formen  globnscellum 
anzusetzen  sei»  da  Entnasalierung  wenigstens  heute  und  im  Osten  weit  ver* 
breitet  ist  Formen  mit  nicht  synkopiertem  Vortonvokal  finden  sich  hente 
im  Südwesten:  grumechon  (bei  Fertiault»  Langage  Verduno-Chalonnais),  ^#- 
miciau  in  Lyon  ;  vgl.  rätisch  ¡umeèfi,  limièél  (hei  Gartner,  Rätor.  Gramm.  §  95). 

A.  HORNINO. 


Studies  and  Notes  in  Philology  and  laiteratore,  published  under  the 
Direction  of  the  Modem  Language  Departments  of  Harvard  Uni  Ter  si  tj 
by  Ginn  and  Co.»  Tremont  Place»  Boston.    Vol.  V  (1 896),  issued  1897. 

Seit  dem  Jahre  1892  sind  in  ziemlich  regelmäUgen  Zwischenriomen 
(1892»  1893»  1894»  1895»  1897)  Sammelbände  von  Harvard  Studies  and  Notes 
in  Philology  and  Literature  erschienen»  die  oilers  schätzenswerte  Beitrige  ans 


*  lieber  die  Möglichkeit  einer  solchen  Dissimilation  ist  nicht  leidit  sa 
urteilen»  da  es  sich  um  ein  »mot  à  redoublement'  handelt  (s.  M.  Gtammont, 
La  Dissimilation  Consonantique»  S.  162).  Ein  Beispiel  ist  vielleicht  (s.  Gode- 
froy)  pirevollet  ,  toupie'»  neben  vir  evoler  »tourner  en  rond',  cambrés*  vùwêl 
»tourbillon'  (s.  Godcfroy  v.  virevolte),  virvolet  , Irrlicht'  (bei  LabourSMe, 
de  la  Meuse). 


STUDIES  AND  NOTES  IN  PHILOLOGY  AND  LITERATÜRS.  563 

dem  Gebiete  der  romanischen  Philologie  enthalten.  Der  neueste  5.  Band,  der 
von  Schülern  und  Kollegen  dem  ausgezeichneten  Forscher  Francis  J.  Child 
als  Festgrufs  zur  Feier  seiner  fünfzigjährigen  Amtsthätigkeit  an  Harvard  Uni- 
versity dargebracht  werden  sollte,  hat  sich  durch  den  am  11.  September  1896 
erfolgten  Tod  des  Jubilars  zu  einem  „Child  Memorial  Volume"  umgestaltet. 
Unter  den  16  Beiträgen  sind  diesmal  nur  zwei  direkt  dem  romanischen  Ge- 
biete entnommen,  ein  sprachgeschichtlicher  (VI)  und  ein  litterarhistorischer 
(IX);  letzterer  ist  aus  den  conférences  du  dimanche  der  Ecole  pratique  des 
Hautes  Etudes  (1894— 1895)  hervorgegangen. 

VI.    P.  B.  Mar  cou,    The  French  Historical  Infinitive,     S.  77— 83. 

Marcou  knüpft  seine  kurze  Betrachtung  an  ein  von  Gaston  Paris  (Ro- 
mania XVni,  204)  beanstandetes  Resultat  seiner  Berliner  Dissertation  (Der 
historische  Infìnitiv  im  Französischen,  1888).  Er  ist  jetzt  bereit,  mit  G.  Paris 
die  Konstruktion  or  du  bien  faire  als  eine  Reduktion  or  pensons  (pens^)  du 
bien  faire  aufzufassen,  trotz  des  von  Â.  Schulze  (Ztschr.  f.  rom.  Phil  XV,  506) 
seitdem  erhobenen  Einwandes.  Dagegen  beharrt  Marcou  bei  der  Ansicht, 
dafs  der  historische  Infinitiv  ursprünglich  sowohl  mit  als  ohne  Artikel  ge- 
braucht worden  sein  möge,  und  sucht  durch  Heranziehen  spanischer  (Calderón) 
und  hochmoderner  französischer  Citate  (p.  81)  die  neuen  Schwierigkeiten  zu 
beseitigen,  die  A.  Schulze  seiner  Zusammenstellung  der  mit  or  beginnenden 
imperativen  Wendimg  mit  dem  historischen  Infinitive  entgegenhält.  Er  springt 
mit  Th.  Kalepky  (Ztschr.  XVH,  287)  zu  dem  historischen  Infinitive  mit  à  über 
und  vermehrt  dessen  Beispiele  aus  Ariosto  (Orlando  furioso  XVI,  70). 

IX.    Raymond  Weeks,  The  Messenger  in  Aliscans,     S.  127 — 151. 

Gau  tier  (Epop.  IV,  32)  hat  bereits  den  Quellenwert  der  „Storie  Nerbo- 
nesi"  viel  geringer  angesetzt  als  denjenigen  der  französischen  Prosaversionen 
des  14.  und  15.  Jahrh.  Immerhin  räumte  er  ein,  dafs  manche  Spuren  ver- 
loren gegangener  Dichtungen  und  einzelne  auf  hohes  Alter  deutende  Zuge, 
die  den  überlieferten  französischen  Originalen  fehlen,  in  der  italienischen  Kom- 
pilation zu  Tage  treten.  Ph.  Aug.  Becker  in  seiner  neuesten  Untersuchung: 
Der  Quellenwert  der  Storie  Nerbonesi  (Halle  1898)  gelangt  sogar  zu  einem 
völlig  negativen  Resultate  ;  er  erklärt  :  (S.  50)  „Wir  haben  die  Frage  aufge- 
worfen, welchen  Wert  die  Storie  Nerbonesi  als  Quelle  für  die  Vorgeschichte 
der  altfranzösischen  Heldendichtung  haben  mögen  —  Ich  antworte:  Keinen!" 
Andrea  da  Barberino  hat  nach  Beckers  Darlegung  das  ihm  zu  Gebote  stdiende 
epische  Material  nach  eigenem  Belieben  gruppiert,  mit  der  gröisten  Freiheit 
umgestaltet  und  zu  besserer  Verkettung  und  Motivierung  der  Begebenheiten 
Ergänzungen  vorgenommen,  die  zugleich  klu^e  Berechnung  und  eine  gewisse 
künstlerische  Technik  bekunden.  Die  tragische  Kraft  ersetzt  er  durch  das 
seinem  Jahrhunderte  eigentümliche  rhetorische  Pathos.  Sein  mehr  chronik- 
artiger  Bericht  trägt  ein  vorwiegend  historisch -staatsmännisches  Gepräge.  — 
Wer  sich  auf  den  Standpunkt  Beckers  stellt,  wird  somit  von  vornherein  jeden 
aus  den  Storie  Nerbonesi  gefolgerten  Rückschluß  auf  wertvolle  ältere  Varianten 
als  Trugschlufs  zurückweisen  müssen. 

R.  Weeks,  der  nach  ausgedehnten  Untersuchungen  der  italienischen  Kom- 
pilation zu  einer  weniger  skeptischen  Beurteilung  der  Bearbeitung  Andrea's 
gelangt  scheint,  bietet  indessen  mit  seiner  vorliegenden  Studie  eine  Hypothese, 
die   auf  alle   Fälle   einige  Beachtung  verdient.    In   den  Nerbonesi  sind  drei 


564  BESPRECHUNGEN.     PH.  AUG.  BECKER,  G.  O, 

verschiedene  Belageningen  von  Orange  erwähnt,  in  denen  Bertrand,  Ginurt, 
Gnillanme  als  Boten  an  den  König  Ludwig  auftreten.  Die  Bertrand -Boten- 
rolle  erscheint  als  die  bedeutsamste,  lie  ist  mit  fast  all'  den  dichteriadben 
Merkmalen  ausgestattet,  die  in  der  erhaltenen  französischen  Venion  von 
Aliscans  Guillaume's  Persönlichkeit  so  ergreifend  gestalten.  Becker  (S.  34) 
und  Jeanroy  (Romania  XXVI,  16)  messen  diesem  Umstände  gar  keine  Be- 
deutung bei.  Während  Weeks  im  Anschlüsse  an  die  Gesandtschaft  Bertrand's 
Material  zusammenzutragen  bemüht  ist,  das  einem  nrspr&nglich  den  Xitel: 
Siège  d'Orange  fuhrenden  selbständigen  Gedichte  entnommen  sein  konnte, 
stimmen  die  beiden  genannten  Gelehrten  uberein,  diese  Episode  der  Neibo* 
nesi  als  eine  direkte  (nach  Beckers  Ansicht  ziemlich  angeschickte  ^)  Nach- 
ahmung von  Aliscans  zu  bezeichnen.  Zur  Begründung  seiner  Hypothese  be- 
dient sich  R.  Weeks  (S.  127 — 130)  hauptsächlich  einer  Reihe  inhaltlicher 
Widersprüche,  die  dem  Leser  der  französischen  Aliscans  an£Bü]en  mfissten, 
und  fur  die  er  mit  viel  Takt  eine  befriedigende  Erklärung  ans  den  Nerbooeii 
herzuleiten  sucht.  Seine  Untersuchung  ist  also,  wie  er  selbst  bemerkt,  erst 
nach  einer  Seite  hin  völlig  abgeschlossen.  Erst,  wenn  auch  eine  sorgflQtige 
Erforschung  der  Sprache  von  Aliscans  erfolgt  sein  wird,  die  namentlich  lür 
die  Orléansepisode  und  die  Endementiers -Scene  von  höchster  Wichtigst  ist, 
wird   es  möglich  sein ,   den  Wert  der  Hypothese  von  R.  Weeks  endgültig  ra 

bestimmen.  •,    -   ir... ...,. 

M.  J.  MnrcKWiTz. 


Bomania  No.  105,  Janvier  1898,  T.  XXVU. 

F.  Lot,  Gormond  et  Isembard.  Recherches  sur  les  fondements 
riques  de  cette  épopée.  Bekanntlich  hat  das  Gormundlied  zwei  Fassangen 
erlebt;  die  ältere  kennen  wir  durch  das  Brüsseler  Fragment,  das  Chronikon 
Centulense,  Alberich  von  Troisfontaines  und  Galfrid  von  Monmouth;  die 
jüngere  durch  Philippe  Mousket,  Loher  und  Maller,  Nikolaus  von  Amiens 
und  den  Anonymus  von  Béthunc  (Ph.  Lauer,  Romania  XXVI,  165).  Gottfried 
von  Stralsburg,  bezw.  Thomas,  schreibt  Wace  aus  (Lot  41  s.).  Auf  gelehitem 
Wege  hat  sich  die  Sage  bis  heute  in  Ponthieu  fortgefristet;  nach  Jean  de 
Noyelettes'  verlorener  frz.  Chronik  von  Saint  -  Riquier  (1437)  bieten  sie  Jean 
de  la  Chapelle  (1492)  und  Malbrancq  (17.  Jh.)  in  einer  durch  die  Lokalisie- 
rung der  Grabstätte  Iscmbards  beeinflufsten  Form;  aus  ihnen  schöpfte  der 
Buchhändler  Devéritc  (1767)  seine  Fabeln,  deren  Wiederhall  wir  bei  Looandre 
und  Prarond  hören.  Die  Tombe  d'Isembard  bei  Bourfontaine,  seit  1263 
nachzuweisen,  war  jahrhundertelang  ein  Streitobjekt  zwischen  der  Abtei  Sainl- 
Riquier  und  den  Herrn  von  la  Ferté,  an  deren  Markscheide  sie  lag;  sie  wnide 
1830  geöffnet  und  voll  grofser  Steine  gefimden  (10  ss.).  Das  angebliche  Grab- 
mal Gormunds  in  Vignacourt  (Chronik  von  1437)  dürfte  das  Wermunds  des  IIL 


*  Warum?  Gerade  an  dieser  Stelle  der  Nerbonesi  klingt  etwas  von  der 
ergreifenden  Tragik  der  Quelle  durch,  wenn  der  halb  verhangerte  Bertrand 
Guiborc  in  Gegenwart  Guillaume's  seinen  feierlichen  Schwur  leistet  (Ed.  Isola, 
1. 1  p.  444).  Wie  dichterisch  ist  auch  die  kleine  Scene  angelegt,  in  der  Gid- 
borc  den  verzweifelnden  Bertrand  belauscht  hat  und  dann  anspornt,  nach 
Hofe  zu  reiten. 


ROMANIA  NO.  IO5.  565 

von  Picquigni  gewesen  sein  (44  ss.).  —  Betrefib  der  historischen  und  sagen- 
haften Elemente  unseres  Epos  steht  folgendes  fest  oder  in  Frage:  Den  Hinter- 
grund bildet  fraglos  der  Einfall  der  Normannen  mit  der  Zerstörung  von  Saint- 
Riquier  und  Saint -Valeri  und  der  Sieg  Ludwigs  des  m.  bei  Saucourt  (881), 
obwohl  die  Schilderung  des  Liedes  dem  geschichtlichen  Verlauf  der  Schlacht 
nicht  entspricht  und  Ludwig  sich  die  tötliche  innere  Verletzung  erst  ein  Jahr 
später  unter  andern  Umständen  zuzog.  Die  Frage  um  Gormund  verwickelt 
sich  mit  der  Geschichte  der  Einäscherung  Cirencesters  durch  Sperlinge.  Kam 
diese  Geschichte  im  Epos  vor  oder  nicht?  Gehört  Gormund  mit  Cirencester 
und  den  Ireis  —  unabhängig  von  der  Sperlingsage  —  zu  den  an  das  An- 
denken von  Saucourt  haftenden  Erinnerungen,  gleichviel  ob  historisch  oder 
sagenhaft?  Oder  sind  Gormund  und  Cirencester  (oder  nur  dieses)  dem  Epos 
mit  der  Sperlingsage  zugewandert?  Denn,  wenn  Geffrei  Gaimar,  wie  Lot  24  ss. 
zeigt,  einfach  zu  Galfrids  Bearbeitern  zu  stellen  ist,  obwohl  er  die  Sperlings- 
list (v.  858  SS.)  von  Gormund  (v.  3241  ss.)  trennt:  so  steht  die  Sache  so,  dafs 
die  Sperlingsgeschichte  nur  in  den  von  Galfrid  abhängigen  Texten  vorkommt, 
da  sie  im  Loher  und  Maller  sekimdär  eingeschoben  ist  (vgl.  Ztschr.  XX,  553). 
Sie  könnte  demnach  eine  der  Lokaltradition  entnommene  Zuthat  Galfrids  sein. 
War  sie  aber  ein  Bestandteil  des  Liedes,  so  dürfen  wir  sie  am  ehesten  als 
eine  von  Normannen  nach  Frankreich  gebrachte  Wandersage  ansehen,  die 
auch  anderweitig  durch  Saxo  Grammaticus,  Snorre  Sturluson  und  Nestors 
russische  Chronik  bezeugt  ist  Auch  in  diesem  Falle  neige  ich  zur  Ansicht, 
dafs  Gormund  und  Cirencester  dem  Dichter  als  historische  Elemente,  d.  h.  mit 
Saucourt  verknüpfte  Erinnerungen  zukamen,  und  dafs  die  zugewanderte,  vor- 
erst unbestimmte  Sperlingsage  erst  durch  die  Einschaltung  in  das  Lied  an 
Gormund  und  Cirencester  geheftet  wurde  (vgl.  Lot  37  s.).  Für  Isembard  hat 
Lauer  aus  Flodoard  zum  Jahr  943  (MGh.  SS  IH,  390)  eine  gute  historische 
Parallele  beigebracht,  die  dadurch  interessant  wird,  dafs  der  um  996  schrei- 
bende Richer  (ibid.  595)  sie  mit  Zügen  ausschmückt,  die  sehr  an  das  Frag- 
ment anklingen;  Lot  3  s.  sieht  darin  nur  Zufall,  vielleicht  mit  Recht.  Nach 
Lot  wäre  Isembard  eine  nicht  mehr  zu  bestimmende  historische  Figur.  Mich 
reizt  die  Frage,  ob  nicht  der  Tumulus  bei  Bourfontaine  uralt  und  schon  lange 
aus  unbekannten  Gründen  mit  dem  Namen  Isembards  belegt  war,  und  ob 
nicht  er  die  Sage  weckte  in  Anlehnung  an  die  ortsgeschichtlichen  Erinnerungen. 

Fh.  Aug.  Becker. 
A.  Piaget,  Le  chapel  des  fleurs  de  lis  par  Philippe  de  Vilri,  Die 
dem  Text  voraufgeschickten  Bemerkungen  über  die  verbürgten  Thatsachen  aus 
Ph.s  V.  Vitri  Leben  berichtigen  insbesondere  die  irrigen  Aufstellungen  Tarbé's 
über  den  Dichterbischof,  der  am  31.  Oktober  1291  geboren,  1323  Canonicus 
von  Clermont  in  Beauvoisis  war,  1332  auch  Präbenden  in  Soissons,  Verdun, 
S.  Quentin  u.  a.  besafs,  1350  Bischof  von  Meaux  wurde  und  am  9.  Juni  1361 
starb.  Zwei  Briefe  Petrarkas  an  ihn  sind  anerkennend  und  milsbilligend  zu- 
gleich, sofern  Ph.s  Forschungseifer  und  eindringender  Verstand  gelobt,  aber 
seine  Vorliebe  für  París  und  die  Vertauschung  seiner  Freiheit  mit  dem  bischöf- 
lichen Amte  getadelt  wird.  Ph.  verfafste  auch  Motets  (nach  Gace  de  la  Bignè) 
und  schrieb  eine  ars  compositionis  motetis,  aufserdem  einen  eklogenartigen 
Dit  de  Franc  Gontier,  4  Str.,  d.  i.  ein  Lob  des  ländlichen  Lebens  (von  P. 
mit  Pierres  d'Ailli  Parallellied  gegen   den  in  Ueppigkeit  lebenden  Herrscher 


566  BBSPRECHUNGBN.     G.  O., 

wieder  abgedruckt)  und  den  Chapel  des  trois  fleurs  de  Us  (il^^  Verse,  aabccb 
8silb.),  den  P.  nach  5  Hss.  hier  zuerst  mitteilt  Das  Gedicht  entstand  vor 
1335  und  will  darthun,  wie  den  Kreuzfahrern,  die  in  jenem  Jahre  unter 
Philipp  von  Valois  ins  heilige  Land  ziehen  sollten,  Wissen,  Glaube  ud 
Ritterlichkeit  (die  drei  Lilien)  nötig  sei  und  wie  diese  Eigenschaften  aofini- 
fassen  wären.  Die  Ausführung  ist  gelehrt  und  allegorisierend ,  die  monlische 
Mahnung  wechselt  mit  dem  Tadel,  Vers  und  Rede  zeigen  einen  ungehemmten 
Flufs.  Eingeschaltet  wird  eine  Uebersetzimg  der  Regülae  heiiorum  gentraUs 
aus  Vegetios  Buch  3  in  8  -  Silbnem ,  die  in  Hss.  auch  allein  oder  mit  dner 
Prosaubersetzung  des  Vegetius  De  re  militari  verbunden  vorkommt  (s.  Romania 
25»  396). 

P.Meyer,  La  traduction  provençale  de  la  Ligende  dorée  (mit  Fac* 
similes);  Beschreibung  der  Hss.  und  eines  Bruchstüdcs  der  drei  Redaktionen 
der  Uebersetzimg,  deren  älteste  in  der  ersten  Hälfte  des  14.  Jhs.  entstanden 
zu  sein  scheint,  während  die  zweite  sich  als  eine  Neubearbeitung  der  ersten 
mit  Auslassungen,  Umstellungen  und  Zusätzen,  dabei  ein  Stuck  ans  der  pror. 
Bearbeitung  der  Somme  le  Roi,  die  Kästchenparabel  aus  Barlaam  und  Josa^ 
phat  u.  a.  darsteUt,  und  die  dritte  Legenden  der  Neubearbeitung  mit  anderen 
Legenden  vermischt;  Testproben;  Inhaltsverzeichnis  zur  zweiten  nnd  dritten 
Redaktion  nebst  verschiedenartigen  Nachweisungen. 

F.  No  vati,  Poesie  musicali  francesi  d^  secoli  XIV  e  XV,  tratte  da 
mss.  italiani;  der  Text  von  acht  höfischen  Kunstliedern  (Rondel,  Virelai  n.  a.) 
aus  verschiedenen  musikalischen  Hss.  in  der  Art  wie  die  hier,  XI,  371  n.  a., 
veröffentlichten,  nebst  einigen  anderen  lyrischen  Stucken  (ital.,  prov.)  aus  einer 
Mischhandschrift. 

MELANGES.  A.  Mussafia,  Enclisi  o  proclisi  del  pronome  persomaìg 
atono  qual  oggetto.  Für  die  von  Meyer-Lûbke  (hier  21,  323  f.)  erörterte  Fmge^ 
ob  nicht  auch  die  Form  der  roman,  sog.  enklitischen  Wörter  beweise,  dab 
sie  enklitisch  seien,  formuliert  M.  die  Antwort  folgendermaisen :  i)  Knklise 
wie  Proklise  beider  tonlosen  Wörter  ist  annehmbar  bei  tum  treis  (tu  me  vides); 
2)  nur  Enklise  besteht  bei  tuls  veis  (tu  los  vides);  3)  nur  Proklise  des  Ob- 
jektspronomens hat  statt  bei  tu  la  veis  (tu  la  vides).  Hier  ist  nach  der  Refd 
von  der  Unterdrückung  des  vor-  und  nachtonigen  Vokals  entschieden  und  der 
Fall  ins  Auge  gefafst,  wo  das  Objektspronomen  vor  konsonantischem  Wortanlant 
steht.  Für  vokaliscben  Wortanlaut  ergiebt  sich  die  Regel,  dafs  das  TokaÜKh 
auslau t.  Objektspronomen,  weil  sein  Vokal  elisionsfahig,  proklitisch,  das  kon- 
sonantisch auslaut.  indifferent  ist  (vos  nos  werden  frz.  auch  in  dieser  Stellung 
zu  nous  vous,  prov.  nicht  zu  ns  vs,  es  sei  denn  dais  ein  vokalisch  schliefsendes 
Wort  vorangeht),  —  also  entscheidet  über  Enklise  und  Proklise  der  Am- 
und  Anlaut  der  Wörter  vor  und  hinter  dem  Objektspronomen  mit;  nnmög- 
liche  konsonantische  Aus-  und  Anlautgruppen  sind  fur  Pro-  wie  Knhlite  cüi 
Hindernis  ;  das  Pronomen  erhält  einez  gewissen  Accent,  wenn  es  sich  nirgends 
artikulatorisch  „anlehnen'*  kann. 

Em.  Walberg,  Est  :  Me{s)t,  der  Reim  bei  Philipp  von  Thaon,  Betliaire» 
nach  dem  man  die  Verstummung  des  s-\-i  datiert  hat.  W.  bemerkt,  dafs  die 
Londoner  Hs.,  die  Wright  benutzte,  gar  nicht  mest  (=s  mittit),  was  wohl  in 
den  Sinn  pafst,    liest,   sondern  sen  est,   was  freilich  an  der  Stelle  schwer  in 


ROMANIA   NO.  IO5.  567 

übersetzen  sei  ;  die  zwei  andern  Hss.  lesen  ebenfalls  nut,  doch  betrachtet  W. 
die  Lesart  der  Lond.  Hs.  als  ursprünglich. 

A.  Jeanroy,  [/n^  imäation  d'Albert  de  Sister  on  par  Mahieu  le  Juif, 
Ein  weiterer  Fall  zu  den  nicht  zahlreichen  Nachbildungen  prov.  Lieder  durch 
nordfrz.  Minnesänger,  der  hinzukommt  zu  denen,  die  P.  Meyer  und  Jeanroy 
nachgewiesen  haben.  Er  betrifft  Alberts  de  S.  charakteristisches  Lied  Domna 
prosa  e  richa;  die  nordfrz.  Bearbeitung;  ist  in  prov.  Umschrift  in  die  Hss. 
Este  und  Q  (Bartsch)  übergegangen,  zum  Zeichen,  dafs  das  in  groben  Kon- 
trasten sich  bewegende  Gedicht  den  Weg  nach  Südfrankreich  wieder  zurück- 
gefunden hat. 

COMPTES  RENDUS:  Miscellanea  nuuaU  Rossi- Teiss  (in  124  Ex.; 
G.  P.);  Max  ein  er,  Beiträge  %ur  Geschickte  der  f ran».  Wörter  im  Mittel' 
hochdeutschen  (Piquet). 

PERIODIQUES:  Zeitschrift  f.  roman.  Philol.  XXI,  4;  XXH,  i  (G.  P.; 
P.  M.).  —  Giornale  Dantesco,  anno  IV  (Toynbee). 

CHRONIQUE.  Nekrologe.  —  Litterarische  Nachrichten.  —  Kurze  Be- 
sprechungen neuer  Bücher.  G.  G. 


NEUE  BÜCHER. 

Vincenzo  De  Gaetano,  La  Vinuta  di  lu  Re  Japicu,  Catania  1898, 
Stab.  tip.  M.  Galati,  8<*.  31.  Der  Verf.  führt  den  überzeugenden  Beweis,  dafs 
diese  Chronik  des  angeblichen  frate  Atanasio  vom  Jahre  1287  so  wenig  ein 
Prosawerk  des  13.  Jh.  in  sicilianischer  Sprache,  wie  Lu  Ribellamentu  di  Sicilia 
contra  Re  Carlu,  vielmehr  eine  Fälschung  des  Historikers  Pietro  Carrera  ist, 
der  zuerst,  1639,  von  der  von  ihm  angeblich  entdeckten  Hs.  des  17.  Jhs. 
spricht.  Die  Vinuta  hat  mithin  keinen  Anspruch  auf  den  Platz,  den  ihr  noch 
Monaci  in  der  Crestomazia  italiana  unter  den  Denkmälern  des  13.  Jhs.  (S.  412) 
einräumte. 

Schultz-Gora,  Le  epistole  del  trovatore  Rambaldo  di  Vaqueiras  al 
marchese  Bonifazio  I  di  Monferrato.  Traduzione  di  G.  Del  Noce  con  ag' 
giunte  e  correzioni  dell*  autore,  Firenze,  Sansoni,  editore,  1898.  8°.  17  und 
210  S.  und  2  Tafeln.  Die  italienische  Uebersetzung  von  Schultz  -  Goras  treff- 
licher Ausgabe  und  kritischer  Bearbeitung  der  „Briefe"  Raimbauts  von  Va- 
queiras bildet  Heft  23  und  24  der  von  F.  Torraca  geleiteten  Biblioteca  Critica 
della  Letteratura  Italiana  und  ist  eine  zweite  Auflage  zu  nennen,  sofern  sie, 
neben  Berichtigungen  und  kleinen  Zusätzen,  auch  Sch.s  Artikel  aus  dieser 
Zeitschrift,  Bd.  21,  im  Anhang  mitteilt,  und  der  Uebersetzer  selbst  eine  Nota 
Dantesca,  S.  175 — 182,  hinzufügt,  die  sich  auf  die  von  Seh.  S.  168  der  Ueber- 
setzung berührte  Frage  nach  dem  Konrad  in  Dante's  Purgatorio  bezieht.  — 
Ebenso  ist  dem  die  Anfänge  der  italienischen  Lyrik  und  den  Einfluis  der 
französischen  auf  dieselbe  erörternden  Abschnitt  von  Jeanroy's  Buche  aber 
die  Origines  de  la  poésie  lyrique  en  France  au  moyen  âge  (1889)  die  Ehre 
der  italienischen  Uebersetzung  und  der  Auihahme  in  die  Biblioteca  Critica 
(No.  18,  1897)  ^^  teil  geworden:  Alfrede  Jeanroy,  La  Urica  francese  in 
Italia  nel  periodo  delle  origini,  traduMione  itùl,  riveduta  doli*  autore  con 
note  e  introduzione  del  prof,  Giorgio  Rossi,    8^   22  and  22  S.    Die  pre- 


568  G.  G., 

fazione  enthalt  sich  der  kritischen  Betrachtang  des  von  Jeanroy  au^eworflnen 
Problems  und  der  Prüfung  seiner  fur  die  Abhängigkeit  der  altitaL  L3rrik  ob- 
jektiven Stils  von  der  frz.  vorgebrachten  Grründe,  weist  aber  anf  die  Stellimg 
hin,  die  Cesareo,  Crorra  u.  a.  dazu  genommen  haben,  und  giebt  eine  willkommene 
Zusammenstellung  der  auf  30  Nummern  sich  belaufenden  Litterator  aber  Qdo 
d'Alcamo  seit  dem  Jahre  1882.  Vollständig  ist  das  Verzeichnis  nicht.  Von 
di  Giovanni  liefs  sich  z.B.  der  Aufsatz  über  den  Namen  C.s  d'A.  in  der 
Rassegna  nazion,  1894,  16.  Juni,  S.  Co  zzo 's  Ausgabe  des  Contrasto  vom 
J.  1888  und  die  Besprechung  derselben  durch  F.  D'Ovidio  in  der  Romania 
1888  S.  612  —  8,  die  Veröffentlichung  im  Archivio  paleografico  ita!,  T.  I  I 
(1883)  u.  a.  nachtragen.  —  Früher  erschienen  in  der  BibiioUca  Grit.  G.  Paris' 
Abhandlung  über  die  Orientalischen  Erzählungen  in  der  frz.  Litterator,  No.  5» 
von  Menghini  übersetzt,  und  als  No.  8  die  über  Sáladin, 

Ramón  Menèndez  Pidal,  Crónicas  generales  de  España  descritas 
por  (R.  M.  P.),  con  láminas  hechas  sobre  fotografías  del  Conde  de  Bemar. 
{^Catálogo  de  la  Real  Biblioteca,  Manoscritos),  Madrid  1898.  XI  and  164S. 
Dieser  erste,  vornehm  ausgestattete,  mit  guten  phototypischen  Wiedergaben 
von  Handschriftseiten  versehene  Teil  eines  Katalogs  der  Hss.  der  konigl.  Biblio- 
thek in  Madrid ,  auf  Kosten  des  königl.  Hauses  gedruckt,  beschreibt  mit  der 
erforderlichen  Genauigkeit,  wenn  auch  knapp,  diejenigen  Hss.  der  königl. 
Bibliothek  aus  der  Zeit  bis  zur  Mitte  des  16.  Jhs.,  die  Chroniken  enthalten, 
und  zwar  diejenigen,  die  sich  von  Alfons'  X.  Allgemeiner  Chronik  von  Spanien 
herleiten,  um  eine  Klassifikation  zu  ermöglichen  und  den  Ghrund  zn  Ausgaben 
derselben  zu  legen,  die  man  nur  erst  von  wenigen  derselben  besitzt  Der  ente 
Abschnitt  giebt  den  Inhalt  dieser  chronistischen  Werke  (21  und  II  Sammarien) 
an,  der  zweite  verzeichnet  die  Titel  der  Werke  in  jeder  der  im  ganzen  46  Hss. 
Dabei  einige  längere  Auszüge  von  bisher  nirgend  Gedrucktem.  Der  Verf., 
dessen  Werk  über  die  Sage  von  den  Infantes  de  Lara  oben  S.  43 1  besprodien 
worden  ist,  hat  sich  durch  seine  viel  unbekanntes  Material  zar  spanischen 
Geschichtsschreibung  nachweisende  Arbeit  um  die  Geschichtsforschong  nnd 
um  die  spanische  Litteraturgeschichte  in  gleicher  Weise  verdient  gemacht. 

Trau  zzi,  Alberto,  GH  elementi  volgari  nelle  Carte  bolognesi  fine  al 
sec.  XII,  I,  Appunti  fonetici  e  morfologici.  Memoria  letta  alla  R.  Depu- 
tazione di  storia  patria  per  le  Romagne  nella  6  tornata  dell'  anno  accademico 
1897 — 9^>  Bologna  1898  Zanichelli.  43  S.  Die  methodisch  vorgenommene 
Erhebung  beruht  durchaus  auf  lat.  Originalurkunden  von  Bologna  aus  der  Zeit 
von  922 — icxx)  (gegen  30)  und  von  icxx) — 1200  (mehr  als  2000  Nummern), 
deren  variabler  Teil  geprüft  wurde.  Die  Erhebung  ergiebt  vom  SchrÜtiatein 
abweichende  Darstellungen  von  Vokal  und  Konsonant,  wie  sie  sich  z.  T.  schon 
auf  älteren  Inschriften ,  z.  Th.  in  lat.  Dokumenten  vor  dem  Ende  des  IO.  Jhs. 
auch  anderwärts  fìnden,  z.  T.,  wenn  auch  wenig.  Spezifisches.  Die  Zusammen- 
stellung ist  auf  alle  Fälle  dankenswert;  nur  hätte  der  Verf.  seine  Leser  noch 
mehr  verpflichtet,  wenn  er  die  Entsprechungen  in  der  romagnuoliscfaen  Mund* 
art  zu  Erscheinungen  der  Orthographie  seiner  Urkunden  ebenso  beigefügt 
hätte,  wie  er  nicht  versäumt  hat,  in  einer  chronologischen  Uebeisicht 
das  Auftreten  durch  die  Schrift  angezeigter  neuer  Artikulationen  darsul^gen. 
In  dem  Abschnitt  über  die  Wortbildung  hätten  wohl  nur  die  nicht  schon  im 
Latein  vorhandenen  Wortableitungen  zusanunengetragen  zu  werden  ▼erdient; 


NBUS  BÜCHER.  569 

ei  :  lexikalischer  Teil  soll  folgen.  Za  der  -anux-Frage  liefert  die  Schrift  in- 
sofern einen  Beitrag,  als  sie  -erius  an  Stelle  Ton  -arius  aufweist  in  Wörtern 
wie  oliverus  1127,  auliverio  II04,  palmerius  1117,  laborerio  II46;  numestêtio 
1053  neben  jüngerem  cabaUrius  1112,  bataUrio  1073.  Wäre  ans  (xallien  schon 
im  II.  Jh.  das  -ür  nach  Norditalien  gelangt,  ablösbar  geworden  and  hätte 
schon  im  12.  Jh.  Bildungen  wie  laborerio  dort  veranlafst? 

Gorra,  Egidio,  Il  primo  accenno  alla  Divina  Commèdia?  Nota  Dan- 
fesca.  Piacenza,  Tip.  Marchesotti  e  Porta,  1898.  %^,  27  S.  G.  setzt  die  viel- 
besprochenen drei  Schlafszeilen  der  zweiten  Strophe  der  ersten  Canzone  der 
Vita  naova  {Là,  ov*  è  alcun  che  perder  lei  s*  attende,  B  che  dirà  neu*  in^ 
ferne  a'  malnati  Io  vidi  la  speranza  d^  beati),  in  denen  man  zameist  die 
erste  Hindeutung  Dantes  auf  die  Konzeption  der  Divina  Commedia  gegeben 
meint,  nach  dem  Zusammenhange  dahin  auf,  dafs  dort  lediglich  die  Rede  von 
Verdammten  der  Holle  sei,  die  Beatrice  nicht  za  sehen  befärchten  müssen, 
und  dafs  Dante  in  den  Versen  nicht  von  eiqem  Gedicht,  das  die  Qnalen  der 
Hölle  darstellen  sollte,  reden  konnte,  da  er  in  der  Vita  nnova  ein  Werk  in 
Aussicht  nimmt,  das  die  Gebenedeite  Beatrice  preisen  soll,  wie  kein  anderes 
je  gethan.  Mir  scheint  diese  Auffassung  der  Stelle  die  natürlichste  and  an- 
gezwungenste zu  sein. 

Hans  von  Seydlitz-Kurzbach,  Die  Spracht  der  aUfr%,  Liederhand' 
Schrift  Nr,  389  der  Stadtbibliothek  tu  Bern  (Hall.  Diss.).  1898.  8^  88  S.  Die 
Untersuchung  bestätigt  die  bisherige  Datierung,  etwa  letztes  Jahrzehnt  des 
13.  Jhs.,  und  Lokalisierung,  Gegend  von  Metz.  Da  es  sich  bei  dergleichen 
Prüfungen  und  Vergleichungen  der  Schreibweisen  immer  am  ein  mehr  oder 
weniger  -  haufìg  handelt,  sind  die  Bestimmungen  natürlich  nur  approximativ. 
Wenn  nicht  Lieder  von  Dichtem  des  letzten  Drittels  des  13.  Jhs.  in  der  Hs. 
vorkämen  (Guillebert  de  Bemeville,  S.  83,  ist  nicht  der  einzige,  and  wegen 
seiner  Zeit  war  eher  auf  Hist.  litt.  23,  579  zn  verweisen),  würde  das  letzte 
Jahrzehnt  des  13.  Jhs.  schwerlich  als  ermittelt  gelten  können.  Ich  verwdae 
auf  meine  Bemerkung  zu  Lied  No.  184,  Strophe  i,  die  in  recht  verschiedener 
Schreibung  zweimal  von  derselben  Hand  hinter  einander  geschrieben  worde. 
Manche  Regel  ist  in  der  sonst  sauberen  Arbeit  irreführend  gefaist,  z.  B.  S.  73 
^^k  entsteht  aus  lat.  ¿r,  aufser  wo  dasselbe  intervokal  oder  vor  a,  e,  i  steht",  — 
also  auch  in  destrictus  (destreit  No.  519)?  Oder  74:  ^  entsteht  „aas  lat^» 
aufser  wo  es  iatervokal  vor  a,  e,  i  oder  im  Aaslaat  stand«,  also  aodi  bei 
cognita  (cointe)  u.  dgL  ? 

Alfred  Linder,  Plainte  de  la  Vierge  en  vieux  vénitien.  Texte  cri* 
tique,  précédé  d^une  introduction  linguistique  et  littéraire.  Thèse  pour  le 
doctorat  (Upsala);  1898.  Iropr.  Berling.  8^  CCXLIII,  202  S.  Eine  Arbeit, 
die  von  erstaunlicher  Hingebung  and  ganz  angewöhnlichem  Fleilse  zeogt  and 
die  sich  würdig  den  umfangreichen,  trefflich  aasgestatteten  and  meist  bedeat- 
samc  Fragen  behandelnden  FromotionsschriAen  anreiht,  die  in  den  letzten 
fünf  Jahren  aus  der  Schule  Geijer-Wahlund  hervorgegangen  sind.  Dafr  der 
Verf.  der  vor  ca.  zehn  Jahren  begonnenen,  ans  dem  Nachla(s  von  ▼•  Feilitzen 
überkommenen ,  von  diesem  selbst  aber  kaam  schon  ernstlich  in  Angriff  ge- 
nommenen Arbeit,  durch  änisere  Umstände  gezwangen,  oder  dnrch  inzwitdien 
erschienene,  den  Gegenstand  berührende  Sdiriiten  miismntig  gemachtt  die 
Feder  öfters  aus  der  Hand  gelegt  hat  and  so  nicht  das  einhcitfiche  Gaue 
Zeitschr.  £  rom.  PhiL  XXIL  J7 


570  G.  G.,   NEUE  BÜCHER. 

entstanden  ist,  das  er  bieten  wollte,  erzählt  er  in  der  Einleitung.  Es  ist  hier 
nicht  der  Ort  den  selbstgefiihlten  Inkongruenzen  nachzugehen.  Sie  sind  jeden- 
falls nicht  erheblich.  Sein  Versuch,  ein  in  Bezug  auf  Entstehung,  Datierung, 
Lokalisierung,  Ueberlieferung ,  Sprachform  und  stilististischen  Charakter  so 
schwierig  zu  beurteilendes  populärreligiöses  Dichterwerk,  wie  den  ungemein 
verbreiteten  Pianto  de  la  Vergette  Maria  nach  mehr  als  einem  Dutzend  Hss. 
(älteste  von  1369)  und  einigen  alten  Drucken  kritisch  herauszugeben,  ist  fiber 
allen  Tadel  erhaben,  mögen  ihm  auch  Unebenheiten  anhaften,  bündigere  Re- 
sultate im  einzelnen  bei  Heranziehung  noch  weiteren  Materials  noch  ge- 
wonnen, Entscheidungen  bestritten  werden  können.  Die  Marienklage  in  Ter- 
zinen mit  dem  nur  bei  Cecco  d'Ascoli  im  14.  Jh.  noch  auftretenden  Zeilen- 
paar am  Schlüsse  jedes  der  ii  Abschnitte,  das  das  Korn  der  letzten  Terzine 
zum  Dreireim  gestaltet,  war  im  Archetypus  der  benutzten  Hss.,  wie  der  Verf. 
zeigt,  venctianisch,  ist  um  1325  zu  setzen  und  darf  einem  Enselmino  da  Monte 
Belluna  degli  Eremitani  di  San  Agostino  zugeschrieben  werden,  dessen  litte- 
rarische und  stilistische  Verdienste  gering,  dessen  Werk  aber,  von  der  durch 
Franz  von  Assisi  und  den  Geifslergenossenschafien  wachgerufenen  religiösen 
Begeisterung  getragen,  sich  weit  verbreiten  konnte,  und  das  in  letzter  Linie 
auf  den  dem  h.  Bernhard  von  Clairvaux  beigelegten,  sicher  aus  seiner  Denkart 
und  Zeit  hervorgegangenen  Traktat  de  planctu  b,  Mariae  virginis  zurückgeht. 
Besonders  beachtenswert  und  belangreich  sind  die  letzteren  eindringenden  Er- 
örterungen (mit  Bezug  auf  Wechssler,  Rom.  Marienklagen)  in  dem  littera- 
rischen  Abschnitt  über  Charakter,  Abfassungszeit  und  Stellung  des  latein. 
Traktats  zur  Littcratur  der  Marienklagen  überhaupt. 

Ettore  Modigliani,  Un  nuova  redazione  itaL  in  prosa  del  „Romans 
d^ Aspremont"  (in  Rassegna  critica  della  letteratura  ital.  1898,  IH  96 — 106). 
Die  ersten  Seiten  einer  ital.  Prosahs.  von  Aspremont,  14. —  1 5.  Jh.,  in  London, 
worauf  Ward  im  Cat.  of  romances  aufmerksam  gemacht  hatte.  Ans  den  for 
den  Verf.  in  London  abgeschriebenen  Stücken  entnimmt  derselbe,  dafs  es  sich 
um  eine  ältere  Prosabearbeitung  des  frz;  Aspremontromans  handeln  dfirfie, 
als  es  Andrea's  da  Barberino  Wiedergabe  des  frz.  Romans  ist,  bei  dessen 
Eingang  auch  die  Lond.  Hs.  die  Erzählung  erst  anhebt,  während  A.  d.  B.  ein 
vorbereitendes  Buch  vorausschickt.  M.  vermutet  in  Mailand  eine  weitere  Hs. 
dieser  Redaktion,  die,  wenn  etwa  Quelle  A.s  d.  B.,  ein  neues  Glied  in  der 
Kette  der  ital.  Ausläufer  der  frz.  Helden dichtung  darstellen  würde. 

Adolf  Zauncr,  Zur  Lautgeschichte  des  Aquitanischen,  (Progr.  der 
I.  deutschen  Staatsrealschulc  in  Prag,  1898.)  8<^.  21  S.  Die  Gegenüberstellung 
von  Grundlaut  und  modernem  Laut  vorwiegend  in  der  Mundart  von  Beam 
stützt  sich  aufser  auf  Lespy-Raimonds  Wörterbuch  auch  auf  ältere  Texte. 
Es  werden  nur  schwierige  Fälle  der  Lautentwicklung  besprochen  und  physio- 
logisch zu  erklären  gesucht.  Interessant  ist  die  Angabe,  dafs  auch  voran* 
gehender  Nasal  Vokalnasalierung  bewirkt  ;  die  lautchronologischen  Erörterungen 
lassen  zwar  nicht  Scharfsinn,  aber  eine  breite  Grundlage  für  die  gewählte  Auf- 
fassung vermissen.  Gewisse  Lautentwicklungen  möchte  der  VerC,  obgleich  sie 
ihm  lautphysiologisch  begreiflich  sind,  doch  lieber  auf  baskisch -iberischen 
Idiomatismus  zurückführen  wegen  ihrer  lokalen  Beschränkung. 

J.  Douglas  Bruce,  De  ortu  Waluuanii,  an  artkurian  romance  nam 
first  edited  from   the  Cott,  Ms,  Faustina  B,  VI  of  the  British  Mus.    (Ans: 


A.  SCHULZE,  ZU  ROM.  FORSCHUNGEN  X  580—582.  57 1 

Publications  of  the  Modern  Language  Association  of  America,  VoL  Xm,  No.  3.) 
Zuletzt  sprach  über  den  unedierten  lat.  Text  G.  Paris  in  Hist,  liit  XXX,  31, 
wo  angenommen  ist,  dafs  der  englische  Verfasser  Stellen  aus  Galirid  Ton  Mon- 
mouth erweiterte,  aber  auf  einem  frz.  Original  íuíiste,  von  dem  Zuge  im  frz. 
Prosaperceval  (bei  Potvin)  und  im  Prosamerlin  der  Hs.  Bibl.  nat  337  wieder- 
kehrten; d.  s.  in  jenem  die  Geburt  und  Jugendgeschichte  Gauvains  (in  Rom), 
worin  Br.  mit  Recht  die  Gregorlegende  wiedererkennt,  und  in  Huths  Merlin 
(wie  Br.,  G.  Paris  berichtigend,  zeigt)  die  Jugendgeschichte  Mordrets,  von  dem 
Merlin  verkündigt  hat,  dafs  er  Arturs  Reich  den  Untergang  bereiten  werde, 
—  ebenfalls  aus  der  Gregorlegende  z.  T.  entwickelt.  Als  gemeinsame  Quelle 
aller  drei  Darstellungen  glaubt  Br.,  mit  G.  P.,  eine  frz.  Dichtung  voraussetzen 
zu  sollen  ;  in  ihr  wären  auch  die  Gormundepisode  u.  a.  Stucke  in  De  ortu 
Waluuanii  mit  Gauvain  verknüpft  gewesen.  Daraus  müfste  dann  aber  wohl 
auch  Galfrid  selbst  geschöpft  haben,  dessen  Rhetorik  sich  der  Verf.  von  De 
ortu  Waluuanii  doch  sogar  zu  eigen  macht  Als  Abfassungszeit  der  lat  Schrift, 
zu  der  er  eine  ausfuhrliche  Nacherzählung  (statt  Uebersetzung)  gefugt  hat,  er- 
mittelt der  Herausg.  die  erste  Hälfte  des  I3.jhs.  G.  G. 


Zu  Boman.  Forsohungen  X  680 — 682. 

In  dem  neusten  Heft  der  Roman.  Forschungen  zieht  Karl  VollmoUer 
in  einem  „Zur  Richtigstellung*'  überschriebenen  Artikel  gegen  eine  von  mir 
im  Centralblatt  für  Bibliothekswesen  XIV  517  veröffentlichte  Anzeige  seiner 
Schrift  „Ueber  Plan  und  Einrichtung  des  Romanischen  Jahresberichtes"  zu 
Felde.  Ich  überlasse  denen,  die  sich  für  die  Sache  interessieren,  getrost  sich 
ihr  Urteil  selbst  zu  bilden.  Damit  sie  das  aber  können,  mache  ich,  weil  das 
Centralblatt  für  Bibliothekswesen  nicht  überall  leicht  zur  Hand  ist,  von  der 
gütigen  Erlaubnis  des  Herrn  Herausgebers  dieser  Zeitschrift  Gebrauch,  den 
Wortlaut  meiner  Anzeige  hier  nochmals  abzudrucken: 

„Karl  Vollmöller,  Ueber  Plan  und  Einrichtung  des  Romanischen  Jahres- 
berichtes.    Erlangen,  Fr.  Junge.    107  S.  8®. 

Der  Titel  giebt  keine  rechte  Vorstelltmg  von  dem  Inhalte  dieser  „den 
Mitarbeitern  des  Romanischen  Jahresberichtes*'  gewidmeten  Veröffentlichung: 
über  Plan  und  Einrichtung  wird  nämlich  nur  auf  den  ersten  8  Seiten 
(S.  5 — 12)  gehandelt,  die  sieben  folgenden  enthalten  den  Plan  selbst;  und 
nicht  weniger  als  73  Seiten,  also  bei  weitem  der  gröfste  Teil  des  Buches, 
werden  von  zwei  alphabetisch  angeordneten  Titelverzeichnissen  der  for  den 
Jahresbericht  eingelieferten  Recensionsezemplare  eingenommen.  Zwischen 
letzteren  beiden  findet  man  noch  ein  „Verzeichnis  der  bisherigen  Mitarbeiter 
des  Romanischen  Jahresberichtes"  und  ein  „Verzeichnis  der  AJ}karzangen 
für  Zeitschriften,  Sammelwerke  u.  s.  w.,  welche  im  Romanischen  Jahres- 
bericht zur  Verwendung  kommen'*. 

Dies  der  Inhalt  des  Buches,  der  also  grölstenteils  aus  dem  Rahmen 
der  Kritik  herausfällt.  Auch  was  auf  den  ersten  8  Seiten  cum  Ruhme  und 
zur  Empfehlung  des  Jahresberichtes  vorgetragen  wird,  bietet  sich  ihr  nicht 
dar.  Mancher  wird  ñnden,  dafs  den  verdienstvollen  Leistung^  Gröbers  auf 
dem  Gebiete  der  Romanischen  Encyklopadie,   des  „Grnindrisses"  und  der 

37* 


572  BERICHTIGUNGEN. 

„Bibliographie*'  hier  wohl  ein  Wortlein  des  Dankes  und  der  Anerkennung 
gebührt  hätte,  dafs  es  angemessen  gewesen  wäre  nnd  im  Interesse  der  Sache 
gelegen  hätte,  wenn  sich  der  Romanische  Jahresbericht  so  weit  als  irgend 
möglich  den  von  der  Gröberschen  Bibliographie  eingeführten  Zeitschrii%en- 
sigeln  angeschlossen  hätte,  statt  den  Benutzer  beider  Veröffentlichungen 
durch  unmotivierte  Abänderungen  zu  verwirren^  —  aber  das  sind  Dinge, 
die  nicht  vor  das  Forum  der  Wissenschaft  gehören.  Im  Interesse  der 
letzteren  kann  man  nur  wünschen,  dafs  das  günstige  Prognostikon,  das  der 
Herausgeber  seinem  Jahresberichte  stellt,  sich  als  kein  Trugbild  erweisen 
und  es  mit  der  Zeit  wirklich  dahin  kommen  möge  (was  in  den  bisher  er- 
schienenen beiden  ersten  Bänden  noch  keineswegs  der  Fall  ist),  den  Plan, 
wie  er  hier  veröffentlicht  ist,  durchzuführen. 


^  z.B.  ASNS  für  Gröbers  AnS  (Archiv  für  das  Studium  der  neueren 
Sprachen),  AGIt  für  Agi  (Archivio  glottologico  italiano),  AE  fur  AdE 
(Annales  de  l'Est),  GSLIt  für  Gsli  (Giornale  storico  della  letteratura  ita- 
liana) u.  a.  —  obwohl  alle  diese  Gröberschen  Sigei  ohne  Konkurrenz  im 
Jahresberichte  sind." 

Alfred  Schulze. 


Beriohtifi^ungen. 

In  meinem  Aufsatz  über  Wortzusammensetzung  hat  sich  S.  318  Z.  35  ff. 
eine  Ungenauigkeit  im  Ausdruck  eingeschlichen,  die  ich  hiermit  beriditige: 
es  mufs  heifsen:  „was  bleibt  also  übrig  als  die  Wortform  mit  Stanunbedeu- 
tung?  Was  1st  dann  für  ein  Unterschied  zwischen  timbre-poste  und  Post' 
kartei^*  Der  Ausdruck  „Stammcomposition'<  kann  sich  ja  im  Nfr.  natürlich 
nur  auf  die  Bedeutung,  nicht  auf  die  Form  beziehen,  und  die  Stelle  Z.  21  ff. 
hat  nur  den  Sinn,  dafs  in  poste  und  Post-  jedenfalls  keine  bestimmte  Casus- 
bedeutung  stecke  oder  jemals  gesteckt  habe. 

O.  DiTTRICH. 


Zu  S.  465—479. 
No.  IO  u.  No.  II  lies:   If  a  statt  é^a. 


C.  Salvionl 


Sachregister. 


Aimeri  von  Narbonne  und  die 
Aimeri-Epen  421  fF. 

Albanesisch.     -^r^lat.  -ariu  2. 

Arroyo,  José  de,  Verf.  der  Komöd. 
Mejor  padre  de  pobres  278. 

Asturisch  s.  Spanisch. 

Byron,  Parisina  344  f. 

Caradoc,  afz.  Romanfigur  246  fr. 

Carlos,  Don,  Geschichte,  Sage,  Dra- 
men 345  ff. 

Cielo  Dalcamo's  Contrasto  137. 

Claramonte  Verf.  der  Komöd.  Pú- 
some el  sol?  275. 

Dante,  Biographisches  133  ff. 

Fabel,  Reliefdarstellungen  aus  dem 
Gebiet  d.  Tierfabel  an  ital.  Kirchen 

243  A. 

Französisch.  Hss. -Nachweise :  Zwei 
Fragmente  einer  Aliscans-Hs.  auf  d. 
Cambridger  Univ.-Bibl.  91  f.,  250  f. 

Lit  te  rat  urge  sc  hie  hte  :  Eine  afz.  Bear- 
beitimg der  Parabel  von  den  drei 
Freunden  (Bien  dcussons  essample 
prendre)  49  ff.  (Text  64  ff.);  ihr  Ver- 
fasser Hues  li  Rois  58;  der  gröfste 
Teil  dcrs.  umgemodelt  in  des  Geffroi 
de  Paris  Bible  64  ff.;  Quellen  ders. 
Bible  auch  der  Dit  du  cors  u.  des 
Roi  de  Cambrai  Regret  Nostre 
Dame  49  ff.  ;  zu  den  Enfances  Vivien 
125  ff.  ;  über  den  Epencyclus  von 
Guillaume  au  court  nez  141  f.,  297; 
Couplets  sur  le  mariage  142;  Guill. 
de  Machaut's  Voir  dit  eine  freie  Er- 
findung 145  ff.;  Reliefdarstellung 
einer  Scene  aus  der  Artussage  am 
Dom  zu  Modena  (Figuren;  Win- 
logee,  Mardoc,  Burmaitus,  Artus, 
Isdernus,  Carrado,  Galvagin,  Gal- 
variun,  Che)  243  ff.,  526  ff.;  Saint 
Real's  Darstellung  der  D.-Carlos- 
Geschichte  345  f.,  Campistron's  Dra- 
matisierung der  letzteren  351  f.;  der 
Sponsus,  liturg.  Drama  358  ff.; 
Volksgeschicht.  aus  Bournois  403ff.  ; 
Guibert  d'Andrenas,  chans.  de  geste 
4 1 7  ff.  ;   La  Prise  de  Cordres  et  de 


Sebille,  Fortsetz.  d.  vorigen  418  ff.; 
Ursprung  des  episch.  Aimeri  u.  Ent- 
stehung der  Aimeri-Epen  421  £F. ; 
Guib.  d'Andrenas  Nachahmung  von 
Aliscans  od.  umgekehrt  425  f.;  die 
Aimeri-Epen  sind  so  wenig  wie  d. 
jüngeren  Wilhelm-Epen  histor.  Lie- 
der 427;  Benoit  de  Sainte -More 
Verf.  d.  Chronique  d.  ducs  de  Nor- 
mandie? 542  f.;  Entstehungszeit  d. 
afz.  Parthonopeus  -  Romans  543  f.; 
Alain  Chartier's  Belle  Dame  sans 
merci  545  ;  d.  Quellen  d.  afz.  Prosa- 
romans V.  Guill.  d'Orange  547  ff.; 
d.  afz.  Aliscans  u.  die  Storie  Ner- 
bonesi  563  f.  ;  histor.  Elemente  in 
Gormond  u.  Isembard  564  f. 

Metrik:  D.  Strophenform  aabbaabb- 
aabb  wohl  nur  bei  Geffroi  de  Paris 
56;  d.  Metrik  des  Ged.  Bien  deus- 
sons  essample  prendre  59;  Reim- 
tabelle desselben  90;  ungenaue 
Reime  ch  \  g»  n  '.  ñ  85  f.;  ist  der 
tiradenschliefsende  Sechssilber  ge- 
wisser Epen  (insbcs.  der  Enf.  Vivien) 
Zeichen  hohen  Alters  ?  1 28  f.  ;  die 
Reime  in  Robert's  v.  Blois  Roman 
Fiori  et  Liriopé  400 f.;  or  mit  on 
auffällig  oft  assonierend  542. 

Laut-  und  FornunUhre:  Deminutiv- 
suff, -et  Namen  v.  Schulautoren  er- 
weiternd 94;  d.  afz.  Lautgesetze  in 
Tabellen  131;  zum  Schicksal  des 
freien  o  400  f.  ;  zur  Frage  v.  d.  na- 
salen Vokalen  im  Afz.  536  fr.;  ist 
Dissimilation  pip)^'w  (v)  möglich  ? 
562  A.  I. 

Wortbildung:  Verdopplung  in  der 
Kindersprache  269  ff.,  515;  über 
Wortzusammensetzung  auf  Grund 
d.  nfz.  Schriftsprache  305  ff.,  441  ff. 

Dialekte:  Die  Sprache  des  pik.  Ged. 
Bien  deussons  essample  prendre  59ff.; 
verrai,  terrai  statt  vendrai,  tendrai 
wohl  nur  pik.  85;  die  afz.  i.Sing. 
auf  -ois  in  d.  heutigen  Mundarten 
95  f.;    Jüdisch -Frz.  im   Mittelalter 


574 


SACHREGISTER. 


132  f.  ;  anglonorm.  -dl-  >  -sl-  (über 
-//-)  265  A.  I,  512  f.;  pik.,  wallon. 
-«-  (-»«-)  ;>  -»/-,  bez.  'l  399;  die 
afz.  nur  im  Jonas  begegnende  Form 
feent  *facunt  lebt  im  heutig.  Walion. 
fort  401  f.  ;  ly  (y)  <C  tönend,  s -\- 1 
im  Pik.  u.  Walion.  488;  die  3.  Plur. 
Präs.  im  Altwallon.  524;  d.  Mund- 
art von  Pelit-Noir  535  f.  —  Glossar 
d.  Dialekts  von  Bournois  403  ff. 

Geffroi  de  Paris,  Quellen  s.  Bible 
des  .VII.  cstaz  du  monde  49  ff.  ; 
ihm  eigentümlich  die  Strophenform 
aabbaabbaabb  56. 

Germanisch,  -drup,  -drop»  'trup, 
'trop  'Dorf*  zweiter  Bestandteil  von 
Ortsnamen  213  f. 

Griechisch,  ngr.  -SQi  =  vglt.  -ertu 
=  clt.  -ariu?  I  f. 

Guillaume  de  Machaut's  Voir  Dit 
eine  freie  Erfindung  145  ff. 

Guinloïe,  afz.  Romanfigur  246,  248. 

Hues  li  Rois,  Verf.  d.  allegor.  Ge- 
dichts Bien  deussons  essample  pren- 
dre; wohl  identisch  mit  Rois  de 
Cambrai  u.  Hues  de  Cambrai  58. 

Indogermanisch.  Der  Stamm  j^a/ 
im  Indogerm.  203;  Einschub  von 
m  vor  Nasal  264,  509;  zur  indog. 
Wortbildung  siehe  Wortzusammen- 
setzung. 

Italienisch.  H  ss, -Nachweise:  Die 
viele  Gedichte  d.  Franc.  Quercente 
enthaltende  Hs.  21 17  zu  Lucca 
361  ff. 

Litteraturgeschichte  :  Zur  Biographie 
Dante's  133  f.;  Brunetto  Latini  imd 
Dante  1 34  ;  zum  Contrasto  des  Cielo 
Dalcamo  137;  zu  Petrarca's  Can- 
zone Chiare,  fresche  e  dolci  acque 
137  ff.;  piemont.  Rappresentationen 
im  15.  Jhdt.  140 f.;  alte  Spuren  d. 
karoling.  Epen  in  Italien  142;  die 
Parisina  -  Geschichte  bei  Bandello 
333  ff.;  Alfieri's  Dramatisier,  d.  D.- 
Carlos-Stoffs  352  f.;  G.  B.  Andreini 
schöpfte  aus  Tellez  357;  Reime  des 
Franc.  Quercente  360  ff.;  Sonette 
auf  den  Tod  Quercente's  381  fiF.; 
davon  3  verfafst  von  Ant.  Tebaldeo 
383  f.;  2  ital.  Sonette  des  Quevedo 
507  A.  2. 

LauU  und  Formenlehre  :  /-Prothese  7; 
w^- deutsch,  a«  ist  zweifelhaft  198  ff.; 
d.  toskan.  Endung  'anot  ' ono  der 
3.  Plur.  Präs.  521  ff.;  iç,  í¿0  >  f ,  (> 
durch  besondere  Kiefcrnstelhmg  ent- 
standen 541. 

Dialekte:  Nordit.  j<  tosk.  ¿i  4  f.; 
c  vor  a   in   Piemont   und   Ligurien 


143  A.;  nachtonig,  nn  (i»fif)^iuf 
264  ff.,  509  f.  ;  im  Logador.  scheint 
-Ó-  ein  '0  statt  'U  nach  sich  zu 
ziehen  (Mascul.  coro  etc.)  396;  Ab- 
leitungen von  alten  Plursüen  anf 
-ora  465;  Metathese  von  Vokalen 
466;  h  (zr)  —  n  durch  Assimilation 
zu  m — n  467 f.;  i  Vax  ^  durch  Pa- 
lataleinflufs  467  A.  2;  Composita, 
deren  2.  Bestandteil  in  seinem  kon- 
sonant.  Anlaut  nicht  so  behandelt 
ist,  wie  wenn  er  als  Simplex  steht 
469 f.;  der"^deS' -\- sibil.  471;  wf- 
statt  f-  473;  lomb.  -f»  <^  fmiiu 
473  A.  4;  eó  kontrahiert  zu  ^  474; 
prosthet.  a  vor  /  im  Lombard.  474 
A.  4 ;  u^i  unter  EinflnCs  benach- 
bart. Palatals  475  A.  i;  anlaut.  na- 
abgefallen  475  ;  unorgan.  /  hinter  sk 
oder  nk  476;  unorgan.  n  vor  Sibi- 
lant 476  f.  ;  /  -^  If  im  Venetian.  478  ; 
prosthet.  v  vor  Labialvokalen  im 
Lombard.  478;  DissimiUt.  i — r^ 
á — ^  oder  s — r  (r — s)'^r — r  480 ; 
•l  vor  gewissen  Konsonanten  wird 
in  den  lomb.  Alpen  vielfach  zu  i 
oder  l  480  A.  2;  lat.  lM^<il-^ 
im  Sardisch.,  Sizilian.  u.  ein.  Teil 
des  Korsisch,  (in  einem  anderen  dr) 
5 1 1  f.  ;  d.  sardische  Vokalecho  522  ; 
zur  Lautlehre  d.  Dialekts  von  Ta- 
ranto 550 ff.;  -erius  für  -arius  im 
Nordital.  569. 

Keltisch.  <i(tf)— y<i?  3.  —  GalH- 
sche  Wagenbaukunst,  Hunde-  und 
Pferdezucht  5, 

Kindersprache,  Verdopplung  in 
der  K.  269  ff. 

Lateinisch.  Lüteratur geschickte: 
Die  poetisch. Vergleiche  inPetrarca's 
Africa  (Fortsetzung)  10  ff.;  lat. Verse 
des  Franc.  Quercente  364  ff.,  376 ff.; 
der  Sponsus,  liturg.  Drama  385  ff.  ; 
Nachträge    zu   Duoda's   Handbuch 

392. 

Laut'  und  Formenlehre:  cl.  •ariu  = 
vlg.  -eriu  =■  ngr.  -eçi?  i;  -anii  = 
'açiç,  '¿Qi  in  vielen  Wörtern  i; 
Palatalisierung  von  ce  2;  d.  Suff. 
'tmen  im  NorditaL  473  A.  4;  die 
3.  Plur.  Präs.  523  ff. 

Latini,  Brunetto,  bei  Dante  i^. 

Lautphysiologie.  Der  Uebergang 
von  b  -^  mb,  m  264;  mn  «^  mö, 
nachton.  nn  {fnn)'^nd  264 f.,  509 
A.;  ll<ld{t)  oder  d{i)l  265  A.  i, 
513;  sl<Cdl  265  A.  I,  5i2f.;  sn 
<idn  265  A.  I;  f,  p<if,  uç  54I. 

Leys  d'amors.  Tandoretì  {^  TtM' 
doret),  lo  libre  d* Alexandre  (ss.  Ale- 


SACHREGISTER. 


575 


xandreis  des  Gautier  von  Chalillon) 

93  f. 
Lope  de  Vega,  Zu  den  Werken  des 

L.  d.V.  97  ff.,  274  ff.  ;  eine  Madrider 
Ausg.  von  L.*s  Arcadia  98;  der 
bisher  unbekannte  I.  Druck  von  L.'s 
Rimas  99  f.  ;  L.'s  Auto  La  Concep- 
ción de  N.  Señora  118  ff.;  d.  Vor- 
bild von  L.'s  Auto  Vuelta  de  Egipto 
107  ff.;  ist  L.  oder  Claramonle  Verf. 
der  Komöd.  Púsome  el  sol?  275; 
zu  L.'s  Komöd.  Madre  Teresa  de 
Jesus  282  ff.  ;  L.  Veri",  einer  Komöd. 
El  negro  del  mejor  amo  293;  L.'s 
Dramatisierung  der  Parisina -Ge- 
schichte in  El  castigo  sin  venganza 

335  ff. 
Montalvo,  L.  G.  de,   span.  Dichter 

des  16.  Jhdts.  499  ff. 

Moreto*s  einziges  noch  nicht  ediertes 
Werk   102  f. 

Otway,  Thomas,  Verf.  einer  D.-Car- 
los-Tragödie  351. 

Parisina,  Die  tragische  Geschichte 
der  Parisina  von  Este  u.  ihre  Rolle 
in  der  Weltlitteratur  330  ff. 

Peire  Guillem  de  Luzerna,  Tro- 
bador  123,  302  f. 

Petrarca,  D.  poet.  Vergleiche  in  P.*s 
Africa  (Fortsetzung)  loft'.;  zu  P.'s 
Canzone  Chiare,  fresche  e  dolci 
acque  137  ff.  ;  P.'s  Rime  sparse 
(=  Canzoniere)  und  der  Trionfo 
dell'  eternità  295. 

Provenzalisch.  H  ss. -Nachweise: 
D.  Pergamenths.  Ed.  V.w  der  Kgl. 
Bibl.  zu  Bamberg,  enthaltend  ein 
Fragment  von  Peire  de  Corbiac's 
Canzone  an  die  h.  Jungfrau  249  f. 

Litteraturgeschichte:  Peire  Guilhem 
de  Luzerna  123  ff.,  302f.  ;  Sordel 
251  ff.,  302  ff.  ;  der  Sponsus,  liturg. 
Drama  385  ff.  ;  Gaucclm  Faidit  434. 

Laut-  und  Formenlehre  :  Die  Grenze 
áts  ch[a)  j\a)-  und  i:(rt)  ^((2)-Gebiets 
(mit  Rücksicht  auf  Iberer  u.  Ligurci) 
143  A.  ;  li  als  männl.  Artikel  Nom. 
Sing.  252;  sûlc  Perfekt  von  soler 
254;  d.  starken  Pcrfekta  auf  -c  im 
Altprov.  258  f. 

Syntax:  ses  querré  'ohne  (darum)  an- 
gegangen zu  sein'  86;  ein  persönl. 
Subjektspronomen  kann  zwischen 
die  beiden  Elemente  von  sitôt  treten 
254;  voler  als  modales  Hilfsverb 
257;    lo  mais  'die  meisten'  258. 

Dialekte:  Im  Gascogn.  wird  lat.  'II- 
zu  '  /  bezw.  -^  (heute  -c)  und  in 
vokal.  Umgebung  -r-  5 1 1  f. 

Quercente,  Francesco,  Humanist  des 


XV.  Jhdts.  360  ff.  ;  lat.  u.  ital.  Ge- 
dichte desselben  364  ff.;  Sonette  auf 
seinen  Tod  381  ff. 

Rois  de  Cambrai,  Verf.  von  Li  re- 
gres  N.  Dame  49,  5 1  ff.  ;  wohl  iden- 
tisch mit  Hues  li  Rois  58. 

Romanisch.  Einige  roman.  Wörter 
deutsch. Herkunft  (Fortsetz.)  197 ff.; 
gl¿  aus  i  n  lautendem  (vorvokal.)  lat. 
¡i  ist  beispiellos  259;  Einschub  von 
m  vor  Nasal  264,  509;  m'^b  über 
mb  264;  mm<^mb  254  f.,  5 10;  nn 
(mn)  bleibt  vor  dem  Ton,  wird  nach 
demselb.  zu  nd  264  ff.,  399  f.,  509  f., 
518  f.;  das  Suff,  -mare  vertritt  im 
Rom.  meist  andere  Suffixe  398;  die 
konson.  Dissimilation  im  Rom.  428  f; 
IK^ld  nur  nach  d.  Ton  513;  l<^n 
durch    Einllufs    benachbart.  Nasals 

517. 
Bibliographie:    Nachträge    zur    Bibl. 

der  Zeilschrift  f.  rom.  Phil.  546  f. 

Rotwelsch  217. 

Rumänisch.  Rum.  Wörter  nicht- 
türk.  Herkunft,  darunter  die  Ablei- 
tungssilben etc.  ac,  ag,  al,  an,  är, 
at  2 1 7  ff.  ;  Rotwelsch  2 1 7;  d.  rum. 
Imperf.  Fut.  430;  d.  Präposit.  spre 
*  nach ,  gegen  '  492  ff.  —  Die  Psal- 
tirea  Scheiana  nicht  Abschrift  des 
Coresischen  Psalters  493. 

Schiller,  Hat  Seh.  span.  Einflüsse 
erfahren?  —  vgl.  für  Don  Carlos 
Lope's  Castigo  sin  venganza  354  f.; 
für  die  Räuber  Cervantes'  Don  Qui- 
jote, Tellez'  Tejedor  de  Segovia, 
Calderon's  Luis  Perez  de  Galicia  und 
Devoción  de  la  Cruz  356  ff.  ;  für 
Maria  Stuart  dens.  Tejedor  de  S. 
und    Suello's  (?)    Corade    de    Essex 

358  f. 
Sedeño,  Juan,  span.  Uebersetzer  502. 

Sole  ti.  Federico,  Gründer  d.  Semi- 
nario Soletano  in  Siena  99  A.  2. 

Sordel,  Trobador  251  ff.,  302  ff. 

S  p  a  n  i«s  c  h .  La  ut-  und  Formenleh  re  : 
Das  altspan.  Imperfekt  der  Verben 
IL  u.  III.  Konjug.  301  ;  tilde,  espalda 
etc,  aus  tille,  espalla?  513. 

Lit  te  raturge  schichte:  Zu  den  Werken 
des  Lope  de  Vega  97  ff.,  274  ff., 
s.  a.  Lope  de  V.  ;  eine  Komöd.  vom 
Hijo  prodigo,  z.  T.  verfafst  von  Mo- 
reto  102  ff.  ;  ist  Claramonte  od.  Lope 
Verf.  der  Komöd.  Púsome  el  sol? 
275  ;  zur  Kom.  El  Fénix  de  la  Escri- 
tura 275;  José  de  Arroyo  Verf.  d. 
Koro.  Mejor  padre  de  pobres  278; 
zur  anonym.  Kom.  El  hermano  Fran- 
cisco 279  ff.  ;    Komödien  über  die 


576 


STELLENRBGISTER. 


h.  Thérèse  282,  über  d.  h.  Franz 
292  f.;  die  Parisina -Greschichte  in 
Lope's  Castigo  sin  venganza  dra- 
matisiert 335  ff.  ;  der  Don -Carlos- 
Stoff  dramatis,  von  Diego  da  Endso 
350  ;  Schiller  und  die  Spanier  355  ff., 
s.  a.  Schiller;  Tansillo's  Lagrime  di 
S.  Pietro  in  Spanien  497,  s.  a.  Tan- 
sillo. 

Dialekte:  D.  Asturische  läfst  in  einigen 
seiner  Mundarten  -o  und  -u  sei  es 
es  zu  '0  sei  es  zu  -u  zusammen- 
fallen 395;  d.  Westastur.  hat  -0  und 
'Uy  und  zwar  -u  bei  Subst.  u.  männl. 
Adj.  395;  d.  Part.  Pass,  kongruiert 
(mit  dem  Subj.)  beim  intransit.  Hilfs- 
verb, kongruiert  nicht  (mit  dem  Ob- 
jekt) beim  transit  396. 

Sponsus,  d.  liturg.  Drama  von  den 
klugen  u.  den  thörichten  Jungfrauen 
385  ff.;    erweist  sich  als  Osterspiel 

390  f. 

T  a  n  d  o  r  c  t  (Leys  d'am.  III  3 1 6)  fälsch- 
lich für  Taudoret  =  Écloga  Thoo- 
duli  92  ff. 

Tansillo,  D.  Schicksal  von  T.'s  Ged. 
Le  lagrime  di  S.  Pietro  in  Spanien 
497  ff.  ;  Uebersetzer  od.  Nachahmer 
dess.:  L.  G.  de  Montalvo  499  ff., 
J.  Sedeño,  Dam.  Alvarez,  Marqués 
de  Berlenga  502  f.,  D.  M.  de  Bolea 


y  Castro  503  f.,  Jer.  de  Heredia, 
L.  M.  de  la  Plaza,  D.  J.  de  S.  Fran- 
cisco, Lope  de  Vega  (oder  José  de 
Valdivielso?)  504  f.,  R.  H.  de  Ri- 
bera 505  f.,   Quevedo  507. 

Tebaldeo,  Antonio,  Verf.  von  3  So- 
netten auf  d.  Tod  d.  Franc.  Quer- 
cente  383  f. 

Wortzusammensetzung,  UeberW. 
auf  Grund  der  neufranz.  Schrift- 
sprache 305  ff.,  441  ff.  —  L  Teil: 
I  )  Wesen  der  Composition  :  d.  Comp, 
kann  nicht  aus  d.  Syntax  abgeleitet 
werden  307  ff.,  313 f.;  d.  Worlein- 
heit  ist  kein  unbedingtes  Kriteriam 
für  d.  Vorhandensein  der  Comp.  310, 
314;  das  'werdende'  Compositum 
verwandelt  sich  in  eine  Entwicke- 
lungsphase  des  psychisch  bereits 
vorhandenen  Comp.  3 1 T  f.;  die  Comp, 
ist  eine  analyt.  -  synthet.  Funktion 
313;  2)  Einheitl.  Classification  aller 
Composita  :  d.  Ellipse  im  eng.  S.  ist 
kein  geeignetes  Einteilungsprinzip 
316  ff.;  Kritik  anderer  Einteilungs- 
versuche (künstliche  Systeme)  320  ff.  ; 
naturi.  Classifìc.  nach  der  Bedeutung 
324  ff.;  Ableitungen  u.  Flezions- 
formen  von  Compositi»  328  A.  3, 
329  A.  —  II.  Teil:  Erkennungs- 
namen 441  ff. 


Stellenregister. 


Fiamösiscli. 

Aliscans  91  f.,  250  f.;  Dit  du  cors 
50 f.;  La  belle  Dame  sans  mercy 
545  ;  Geffroi  de  Paris,  Bible  50  ff., 
64  ff..  Soff.;  Guibcrt  d'Andrenas 
418  A,  2;  Couplets  sur  le  mariage 
142  f.;  Prise  de  Cordres  v.  2442  — 
419;  Rois  de  Cambrai,  Regres  N. 
Dame  52  ff.  ;  Vallet  a  la  cote  mal 
tailliee  298. 

Italleniscli. 

Brunetto  Latini,  Tesoretto  135;  Cielo 
Dalcamo,  Contrasto  137;  Dante, 
Conv.  IV,  II  (Santelene)  141,  Purg. 
V  37/9  —  296,    Parad.  Vili  62  — 


137,  Vitan.,  i.canz.  569;  Petrarca 
137  ff-,  295  f- 

PlOYIÜZaUSCL 
Boetius  192  —  298;  Leys  d'am.  HI 
316  (Tandoret)  92  ff..  Ili  138  (Ale- 
xandre) 94;  Peire  Bremon  304; 
P.  de  Corbiac  250;  P.  Guilh.  de 
Luzema  1 23  ff.  ;  Sordel  25 1  ff.,  303  C 

Spaliseli. 

El  hermano  Francisco  279  ff.  ;  Lope 
deV.  102,  I05f.,  Ii2f.,  ii5(A.)ff., 
274  ff.,  281  f.,  285  A.;  Komödie  V. 
d.  h.  Teresa  de  Jesus  283  ff.;  Vudta 
de  Egipto  107  ff. 


WORTRIGISTSR. 


377 


Wortregister. 


LateiiiscL 

ambulare,  ammu- 
larc  265,  398  flF., 

blatum,  blatea  482. 
Burmaitus  (Burmal- 

tus)  243  fif.,  526  f. 
caballus  5,  393. 
calare  8. 
carpentum  468. 
catastracum  262. 
coc(h)learium  398. 
deryum  470  A.  3. 
ejulare  7. 
ex  492. 
«fícidus  488. 
♦flatuare,  ♦flatuti- 

tare  484. 
Galvagin(us)  244, 

528. 
gaspilio  (mit.)  485. 
impensa  95. 
lotium  (vglt)  486. 
mamios  5. 
mas,  maris  487. 
ofÜcina  300. 
panariam  I. 
paraveredus  *Wa- 

genpfcrd'  5. 
pellare  (vglt.)  143. 
per  492. 
*pidicus  488. 
pilio  (mit.)  485. 
prassimus    (mit.) 

84  A. 
rugidus  532. 
torus  262. 
triumphus  21 1, 
troppus  (mit)  21 2  ff. 
♦tudicare  397. 
ululare  6  ñ, 

Italienisck. 

aculáru  (lece.)  465. 
acurále  (abruzz.) 

46s. 
agorájo  465. 

agadárs  (bol.)  470. 

alemn  (brianz.) 

474  A.  4. 
aleo  (altlomb.) 

474  A.  4. 
al^st  (mail.)  474 

A.  4. 
Alichiiio  481. 
altrui  (bellun.),  al- 

truio  (aven.)  465. 
ampia  (lomb.)  465. 


(a)na(r)  (lomb.)  520. 
anaráza  (ven.)  475. 
ánci  (vaiteli)  465. 
andare  265  C,  520. 
andasina  (sfidit) 

angçnacchje  (tarent) 

556. 
angidd»  (tarent) 

556. 
Anichino  481. 

ápia  (bresc.)  465. 

argaacé  (piem.)  470. 

argawlá  (ossei.)  469. 

arináf  (lomb.)  473. 

Arlecchino  481. 

arrufare  200. 

aréai  (ossoL)  470. 

asmári  (vaiteli.)  480. 

asmiragio  480  A.  4. 

asure  (tarent)  554. 

asv^lt  474  A.  4. 

atticciato  (toak.)  477. 

atto  (altorv.)  477. 

attrappare  208. 

auro  (vers.)  479 

A.  I. 

aúrya  (tarent)  554. 

aúst»  (tarent)  554. 

autúmo  (pist.)  466. 

babbole  269  A.  i, 

514. 
bafoujè  (piem.)  483 

A.  2. 

bambagiô  481. 

bambok)  263  f. 

bazilom  (trent.)  466. 

bimbo  263  f. 

biSarúj  (lomb.)  466. 

Bjasç  (tarent)  555. 

bjávQ  (Urent)  555. 

bogon  (veron.)  466. 

b^Uca  (meiolc.)  474. 

bónia  (mail.)  474. 

bovolo  (ven.)  466. 

bugia,  bugiare  201t 

buttare  198. 

cadnaoz  (mod.)  477. 

cagnira  (toik.)  466. 

camána  (belliiu.) 

467. 
camarda  (vegl.)  467 

A.  3. 
Cambamiddç 

(Urent)  556. 
camónn  (bien.)  467. 
cantemto  465. 
caporale  394  ¿ 


caporano  394  f. 
cq>iires^  (pemg.) 

465  A.  2. 
caravée  (briana.) 

471. 
carròga  (campid.) 

466. 
óartèfi  (lèvent)  467 

A.  I. 
cartesino  (neap.) 

531  f. 
catastro  262. 

c¿tro  (toik.)  467. 

éavená  (valsoan.) 

468  A.  I. 
Ifyi,  -ja  (piem.)  467. 
centinare  483. 
cervato  *hirsch* 

schnell'  136. 
ciadéss  (piem.,  nov.) 

473  A.  a. 

oonfòla  (com.)  468. 
copigHo  472. 
oov^ia  (ven.)  472. 
crapina  (valtelL) 
creventá  (lomb.)  | 
cristiáÍL  (Lago    log 

magg.)  *cre-    fS- 

tino'  I 

en  (tarent)  556. 
cnnchigghjQ 

(tarent)  553. 
cnslir  (bei.)  398. 
cQvei  (boL)  472. 
darena  (trev.)  475. 
danU  (jMV.)  471. 
deg^ra  (lomb.)  469. 
déj  (lomb.)  470. 
démoda  (piem.) 

466. 
derç^t  (lomb.,  emU, 

valsoan.)  471. 
dgfaisc  (vallttis.) 

472.     , 
dirçm  (valm.)  470. 

fiurfo^Uire  (aeapoL) 

484. 

fiitticdo  477. 

fégato  488. 

fijrm»  (titrent.)  551. 

fidegh  (lomb.)  488. 

fot9  (tirent)  SS'^- 

forgia  (naap^  &)  5. 

fd^na  (tarent)  SS^* 

fratti^  (tânat) 

5S3- 


friacme  4. 

íroce  (neap.)  394. 

froge  2  ff.,  393  f. 

Froiceioo    (rom.) 
'Francesco' 394 

fruscio   (rom.) 
*  Deutscher', 
'franaosisch' 

íun^^ra  (tarent) 

554- 
garavina  (briana^ 

com.)  471. 
gérof(lomb.)  471. 
garrigh  (briaiñ.) 

471  A.  5. 
¿iç  (lomb.)  472. 
gioiello  267. 
gQ¿2a  (tarent) 

556. 
gaggi  (montai.) 

47a. 
gôj  (lèvent)  472. 
gombed  (maiL) 

264,  509. 
govien  (valses.) 

473-      , 
gratéft  (valm.) 

467  A.  I. 

grigola  (lomb.) 

473- 
«ttéja  473  A.  I. 

gnvèi  (vallana.) 

inávol  (lomb.)\  ç^ 
inéad^ç  (pav.)j!î 
inchiostro  476. 
inaisi  (vaiteli) 

473- 
kaîlçb  (tarent) 

554- 

Inrnat?  (tarent) 

556. 
kar^&a  (tarent) 

555- 

kjattra  (gnard.) 

467  A.  I. 
knkùtti»  (tuent) 

554. 
knráta  (con.)  465. 

kyappmcfn» 

(tarent)  $$6. 

lampone  465. 

hat^  (neep.) 

5S4- 

laitiico  a6a. 

Milli  (loafcnr») 
474  A.  a. 


578 


WORTREOISTER. 


\qm  (mail.)  'strutto' 

473. 

Içm  (oberit.)   *  le- 
gumi* 474. 

leortfs  (mail.)  466. 

Idssija  (tarent.)  555. 

lim  (emil.y  bresc.) 
474  A.  I. 

a  lináwru  573. 

lions  (tarent)  556. 

]odo]ar{mantuan.)6. 

iQto  487  A.  I. 

lozza  (vals.)  I    «^ 

iQzzu  (sard.)/'*^^- 

lüdülá  (comask.i 
mail.)  6f. 

Luièèa  (tarent.)  554. 

liizürá  (comask.)  7. 

maga  (lomb.)  475. 

mandasins  (neap.) 

531  f. 
mansos  (tarent.) 

556. 
manguardia  (rom.) 

468. 
mafiifa  (berg.)  467. 
marodi  (cors.)  487. 
mastridds  (tarent.) 

SS4. 
mazzskárs  (tarent.) 

555. 
mienzç  (tarent) 

555. 
migóla  (berg., 

vaiteli.)  473. 
mimmo  272. 
minugia  475. 
mniç  (piem.)  475. 
mol  (mail.)  574. 
mufiigolo  (trev.) 

467. 
muss  (tarent)  555. 
nansa  (piem.)  477. 
nazzsyars  (tarent) 

556. 
'ndruppecare 

(tarent)  555. 
nerboruto  465. 
noderoso,  -uto  465. 
nónáe  (piem.)  477. 
*nzitecarç  (tarent.) 

555. 
nzurárd  (tarent.) 

554. 
óga  478. 

ognç  (tarent)  555. 

ötomo  (berg.)  466. 

ova  (lomb.)  478. 

ovéri  (piem.)  478 

A.  2. 


paleggiare  (atosk.) 

4  A.  2. 
paniere  I. 
psduns  (tarent.) 

555- 
pssatúrs  (tarent.) 

556. 
ponsò  (ven.)  \      « 
pon  arc  (vie.)  (  ^7ö- 
pQrva  (terent.)  553. 
posola  300. 
prasma  84  A. 
prçns  (tarent)  553. 
priéns  (tarent)  556. 
prosa  (lomb.)  476. 
puescia  (tarent.) 

552. 
purscéna  (arbed.) 

471.  ^ 
quaóavrufi  (verban.) 

479  A.  I. 

ramoruto  465. 

rang^dde  (tarent.) 

554. 
raza  (trev.)  475. 

regaldá  (bien.)  469. 

regoj  (lomb.)  469. 

regolzá  (lomb.)  470. 

regondá   (brianz.) 

470  A.  I. 
regör  (valgand.) 

470. 
regroarse  (chiogg.) 

469. 
rsnarúls  (tarent.) 

553. 
reáeri  (lug.,  valtrav.) 

470. 
roba  197. 
rombice  561. 
roza  (altlomb.)  476. 
rubare  198  f. 
rudi  (sondr.)  466. 
rufasù  (comask.) 

200. 
ruffa  2CX). 
ruzzç  (tarent.)  554. 
áat  (lomb.)   477 

A.  I. 
saus  (nordital.)  4. 
sbrocco  202. 
scaglia  203. 
scarna   (ven., 

bellun.)  476. 
scaraventare  469. 
scega  (vaiteli.)  467. 
scellino  203. 
scénáa  (ven.)' 
schiena  ^  476. 

schiuma 


sciadatto  (aret.)ì 
sciatto  (tosk.)  j^77. 
scigh  (com.)  407. 
sconfòia  (vaiteli.) 

468. 
s¿os  (bellun.)  477. 
scravazzo  (ven.) 

469  A.  I. 
s¿úc  (bellun.)  477. 
sdemá  (ligur.)  480. 
sd^rto  (montai.)  477. 
segugio  4. 
sçkks  (tarent.)  551. 
éenç  (trev.)  476. 
ssngyútts  (tarent.) 

555. 
sfroge  (ancón.)  393. 

spaventa   (berg.) 

469. 

^;?,  j(alomb.)  476. 

iidda  (Urent)  555. 
digéra  (lomb.)  467. 
sione  (tarent)  556. 
sitala  (trev.)  477. 
sisial  (daim.)  480 

A.  I. 
alenar  (trev.)  479. 
skur^are  (tarent) 

553  f. 
sloz  (vaiteli., 

beÙinz.)  486. 
smendolá  (vaiteli.) 

468. 
solde!  (leont)  471 

A.  I. 
sònzon  (mod.)  477. 
soróée  (grad.)  480. 
spamentu  (sard.) 

468. 
spira  (veron.)  475 

A.  I. 
sprocco  202. 
spruzzare  202  A.  I. 

stocco  205. 
stoppia  204. 
stormo       \      - 
stovigli(e)  I  *°5- 
stuètçchç    tarent) 

556j 
Stûrdiij  (lèvent.)  480. 
suggçtts  (tarent) 

554. 
taccare  397. 

táksa  (berg.)  I 

tánsa  (ven.)  |  ^''' 

Tards  (tarent)  553 

A.  3. 


tomare  207  f. 
tombolare  206  ff. 
tonsego  (altven.) 

478. 
torba  208. 

torlo  262. 

tQrre  (tarent)  553. 

tovaglia  554. 

trabacca  468  A.  i. 

trampolo  210. 

traoghir  (borm.) 

470. 
tramita  (valm.) 

47a 
trappola  209. 
traversa  (triett) 

«Schürze'  532 

A.  I. 

trementina  468. 

tremplino  2ia 

triare  (altit)l 
triè  (picm.)M9i. 

triénaa  (lomo.) 

47a 
tromba  211  f. 
tuffure  199 
turlon  (ven.)  26a. 
turnia  (sard.)  262 

A.  a. 
tuvagghiQ  (tarent) 

554* 
uarèscçrQ  (tarent) 

554- 
fidoU  (nordital)  8. 
nlulamentei 

(maiL)  8  A. 
urlare  6,  8. 
úwa  (lomb.)  478. 
vargotta  (breg.) 

479. 
varóla  (valses.) 

475. 
varán  (breg.)  479. 

vasa   (tarent) 

5S5. 

Veniesia  (aven.)  2. 

vergót,  vergttn 
(lomb.)  479. 
venninxé  (mod.) 

477. 
▼emnilo  479  A.  2. 

veruno  479. 
vers^m  (arbed.) 

473  A.  4. 
viandiç  (tarent.) 

555. 

Vinegia(atosk.)4« 

Ynis  475. 


WORTREGISTER. 


579 


00 


=.)     Ì 
un.)) 


voeugia  (morb.)" 
vóga  (lomb.) 
vcfega  (valbreg.)    ^ 
vogare  215. 
wdDnamárd  (tarent.) 

553. 
yuttaká  (tarent.) 

556. 

zecca  206. 
ze-,  zirnar  (ven.)  479 
zglœza  (giudic.) 
zinzola  (veron  ' 
zongiada  (bellun 

Franzosiscli. 

Alphab.  Verzeich- 
nis durch  Ver- 
doppelung   gebil- 
deter Wörter  der 
frz.  Kinderspracbe. 

baba  270,  515. 
Babet,  Babette  272. 
Babi,  Babiche  271 

A.  I. 
bébé  271. 
bébete  270  A.  I. 
belbel  (afz.)  269. 
bibi,  bibiche  271 

A.  I,  272. 
bobo  272  und  A.  2, 

(afz.)  272. 
bonbon       \ 
boubouchej     '    ' 
bubu    270. 
caca  271. 
Chonchón  272. 
coco  271  f. 
cocotte     j 
cri-cri       /  271. 
crin-crin  j 
dada  272. 
dédé  271. 
Dédé,  Dédèle  272. 
dodo  271,  (afz.)  272. 
fanfan   Ì 
fifi,  fifijf  ^71- 
Fifi,  Fifine  272. 
gaga  271,  515. 
gnagnan  272. 
gogo  271,  (afz.)  272. 
Gogo      ( 
Guguste)     '"* 
hon  hon  (afz.)  515. 
jojo  (afz.)  272. 
joujou  271. 
Lili  272. 

lolo  271,  (afz.)  515. 
Lolotte  272. 
loulou  271. 
Loulou  272, 


mama(n)  \ 

même,  mémèr pri- 
men men  (afz.)  515. 
Mimi  272. 
moumoute  ì 
nana  j    '   * 

Nana  ì 
nanan  (  **'   * 
nénais  272,  515. 
Nini,  Niniche  271 

A.  I,  272. 
nonottet 
nounou )     ' 
papa  271,  (afz.)  515. 
pépe,  pépèrì 
pipi  f     ' 

Plonplon  272. 
popò  271. 
popo  270  f. 
Popo!  272. 
popote 

poupoule>  271. 
ronron      ) 
soso  270  A.  I. 
soso  \ 

(tan)tantej  ^''' 
tata  2701. 
teté  270  f.,  515. 
tin-tin  271. 

^'^  \  272 

Titi,  Titinef  ^"2. 

tonton  271. 

tôtô  271. 

toto  271  f. 

Totol    i 

Totor    \  272. 

Tototte) 

toutou  271. 

tutu  271  und  A.  2. 

adaier  (afz.)  86. 
adouber  (nfz.)  199 

A.  5. 
afruitier  (afz.) 

'nützen'  83.  . 
ailleurs  40 1, 
aistre  (afz.)  261  f. 
aler  (afz.)  520. 
alixandrín  (afz.) 

•kostbar'  83. 
ambler  520. 
antillier  (jiid.-fz.) 

133- 
anuitier  (afz.)  85. 

atillier  (afz.)  'auf- 
putzen' 84. 

atre  261  f. 

attraper  208. 

baba  (nfz.)  'Form- 
kuchen' 270  A.  I. 


babiller  514. 
babin  (afz.)  514. 
babiole  514  f. 
baboles  (afz.)  514. 
bafouiller  (dial.) 

483  A.  2. 
bamban  (afz.)  268. 
baubel  (afz.)  268. 
ba(u)bele  (afz.)  515. 
bealbel  (afz.)  268. 
beige  481. 
belbel  269,  514  t. 
beubelet  (afz.)  266  ff. 
bib(e)lot  263  f.,  266, 

273»  514  f. 
bimbelot   263  f., 

266,  273. 
blaice  (afz.)  482. 
bobe  (afz.)  266. 
bobelet  266. 
boise,  boisie  (afz.) 

201. 
boisier  (afz.)  201. 
bras  (afz.)  'Aermel' 

8s- 

brasme  (afz.)  84  A. 

bresme  (afz.) 
'Brassen'  84. 

brimb(e)lot  273. 

brimborium  273. 

cacoigne  (afz.)  87. 

cadastre  262. 

Carradoc  248. 

chaintre  482  f. 

chintre  (pik., 
wallon.)  483  A.  I. 

cille  (afz.)  'Wim- 
per' 84. 

cintre  482  f. 

cit  (afz.)  300. 

concier  (afz.)  'an- 
schmieren' 84. 

cousteus  (afz.) 
'kleinUch'  83. 

cravanter  (afz.)  469. 

crétin  468. 

orincier  (afz.)  83. 

dupe  95. 

écaille  203. 

ècale  I 

ecaler  (pik.)|  '°^- 

ehpieule  (lothr.) 
204. 

eitaaque  (lothr.) 
204. 

emblauer  (pik.) 

259  f. 
empaindre  (afz.)  'zu- 
kommen lassen' 

87. 


empeser  94  f. 
empois  94  f. 
empoise  (afz.)  95. 
enterier  (afz.)  206. 
épaule  513. 
épol  (ostfz.)  513. 
escalin  203. 
escliste  (afz.)  260. 
esclistre  (afz.)  260. 
esgart  (afz.)  261. 
espo(u)le  204. 
esse  (nfz.)  560. 
estai  (afz.)  204. 
estamer  (afz.)  83. 
esteu  (afz.)  205. 
estoble  (afz.)  204. 
estoc  (afz.)  205. 
estoeuf  (afz.)  205. 
estor       I  (afz.) 
estormir  )  205. 
estruire  (afz.)  'her- 
richten* 83. 
étau  204. 
enche  (pik.)  560. 
fagin  (lothr.)  562. 
faisil  85,  562. 
farfouiller  483  f. 
farouche  484. 
fenoupe  (dial.) 

484. 
ferme  (afz.)  *  Ver- 

schlufs'  87. 

flaûter  (afz.)  484. 

flôpe  484  A.  3. 

flûte  484. 

fœt  (wallon.)  488. 

foie  488. 

foupir  484. 

fraisil  85,  562. 

francob  (afz.) 

529  ff. 
frasil  (dial.)  562. 

frognier  (afz.)  3. 

fâtç  (ostfz.)  484. 

Galvariun 

(norm.?)  248. 

gapailler  (poitev.) 

485. 
garde,  garder 

260  f. 

garer  260  f. 

garnacha  (afz.) 

531. 
Garonne  265. 

gaspiller  485. 
gast  (afs.)  485. 
Gauvain  248. 
genest(r)e  (afz.)  83. 
geuns  (afz.)  85. 
Gironde  265. 


58o 


WORTREGISTER. 


heuce  (afz.)  560  f. 
heuse  561. 
housseau  561. 
hurler  6,  8. 
Id(i)er  248. 
1U3  (norm.)  3. 
joyau  267,  513. 
ju(w)el  (nordafz.) 

267. 
Ke  248. 
laicr  (afz.)  300. 
limon  (jtid.-fz.) 

*  Sandbank'  132. 
lohîre  (lothr.)  486. 
loinseau  (afz.)  562. 
louvres  (poitev.) 

487. 
lou;(é  (lothr.)  562. 
luiseme  (afz.) 

«Licht*  84. 
maillart  (pik.)  488. 
xnalaveich  (jüd.-fz.) 

132. 
maraud  487. 

Mar  doc  248. 

margas  (aiz.)  298. 

marou  (dial.)  487. 

Maugis  435. 

may  (wallon.)  488. 

mçd  (wallon.)  488. 

melide  (afz.)  529. 

méraude  (vend.) 

487. 
orbire   (wallon.) 

440. 
ordiere  (afz.)  440. 
orme  440. 
ornière  439  f. 
osse  (lothr.)  561. 
passible  (aiz.)  86. 
pelouse  476. 
pillon  (Loire)  485. 
pirevollet  (afz.) 

562  A.  I. 
pirouette  561  f. 
polières  'Schwanz- 

holzriemen'  300. 
prasme  (afz.)  84. 
procains  (afz.)  *  Ver- 
wandter' 85. 
quivre  (afz.) 

•Drangsal'  85. 
rabie  488. 
raclet,  raicle  (afz.) 

489  A.  I. 
rainsel  (afz.)  562. 
râle  'Ralle'  488  f. 
râler  489. 
raller  489. 
rate  *Milz'  489. 


rate  (ostfz.,  pik.) 

*Maus'  489. 
rSyÇ  (wallon.)  488. 
recincier  (alz.)  83. 
regart  (afz.)  261. 
reille  (pik.)  488. 
reube,  reuber 

(nordostfz.)  198. 
robe  197. 
rober  (afz.)  198. 
roinsse  (awallon.) 

561. 
rossignol  429. 
rouche  561. 
r^x  (lothr.,  wallon.) 

561. 
saintre  (afz.)  482  f. 
samedi  264. 
sannai  (burg.)  399. 
semaque  204. 
sépoulc  204. 
seursemé  (afz.) 

*  fleckig'  83. 
strôlé  (wallon.)  399. 
tacher  (dial.)  397. 
taige  (afz.)  85. 
tante  271. 
taquer  (dial.)  397. 
tarier  (afz.)  206. 
teumei  (lothr.)  207. 
tique  206. 
toc  397. 
tomber  206  iF. 
toquer  397. 
tçrbe  (afz.)  208. 
toucher  397. 
traoul  (afz.)  562. 
trape  (afz.)  208  ff. 
trechain  (poit.)  490. 
treminer  (berr.) 

398  A. 
tremper  210  f. 
tremplin  210. 
treper,  triper  (afz.) 

210  A.  2. 
trépigner  210  A.  2. 
trçx  (ostfz.)  490. 
trier  490. 

trige  (jüd.-fz.)  133. 
tri(h)e  (afz.)  490. 
triquer  (morv.)  490. 
trombe  211. 
trompe  211  f. 
trop  212  ff. 
trouf  (wallon.)  208. 
tumer  (champ., 

afz.)  207  f. 
usine  300. 
vague  215. 
vaguer  (afz.)  215. 


▼autrer  215  f. 
vétille  491. 
virevoUer  (aiz,) 

562  A. 
viutrer  216. 
voguer  215. 
voitrer  216. 
volaige  (afz.) 

•flatterhaft'  87. 
voitrer l  /  r  \  -.^ 
voûter  }  <*f'-)  *'^- 
Winlogee  248. 
wirewitte  (anorm.) 

561. 

ProTeBiallicL 

anar  265  f.,  398  ß,^ 

520. 
atrapar  208. 
audr  257. 
bausia  201. 
bataza,  baozar  201. 
blandir  'schätzen' 

257- 
cindrá,  cintra  483. 

ciu  300. 

emblauzir  260. 

empes,  empeso 

(npr.)  95. 

engasconir  530  A.  3. 

Ermengaut  259. 

escalin  203. 

esclarzir  300. 

espolo  (lim.)  204. 

estai  204. 

estobla  204. 

estoc  205. 

estormir  205. 

estom  205. 

fourfouia  482. 

Fransa  530. 

fremn(h)a  298. 

gascon  530  A.  3. 

grat  (gradum)  25  7  f. 

gualiar  206. 

guespillar  486. 

iQtz  487. 

maraud  (npr.)  487. 

marrir  I24f. 

mercejar  257. 

no  (nodus)  258. 

ocho  (npr.)  560. 

plaides  125. 

puiliero  (npr.)  300. 

rascle  (npr.)  488. 

raspala  (npr.)  486. 

rate  *Maus'  489. 

raubar  198. 

roize  (apr.)  561. 

rouis(so)  561. 


mf  200. 

somothopeya  93. 
Sordel  303. 
Tandoret  9a  ff. 
tocar  397. 
tombar,  tambar 

206  £ 
trampol  210. 
trappa  208  ff. 
trempar  210  f. 
trepar  210  A.  3. 
trescamp  (npr.) 

490. 
treoga  259. 
triar  490. 
trigar  (npr.)  491. 
tromba,  trompa 

211  f. 
trop  212  ir. 
udolar  6. 
vogar  215. 

Frueo-mraiilisâ. 

barfoyi  (lyon.) 

483. 
chintri  (lyon.) 

483. 
épèza  94. 

fedz  (neuch&t.) 

488. 
gouchier  (daupb.) 

211  A.  a. 
inpèzo  94. 
oonço  560. 
p4gi  (lyon.)  488. 
râclio  489. 

GatilulicL 

arrufar  200. 
cindria  483. 
triar  490. 
udolar  6. 

aiolar  7. 
andar  265  f., 

398  ff.,  sao. 
armfiune  aoo 

A.  4. 
atrampar  aoSffl 
atrapar  208. 
aullar  yU 
bogar  215. 
cabo  (astur.) 

394«^ 
callar  8. 

cataftre  a6a. 

cimbria  483. 

escalin  203. 

espolin  204« 


WCHLTRIOISTER. 


581 


estoque  205. 
farfullar  484. 
marjal  298. 
pajarilla  489. 
quebrantar  469. 
rascón  488. 
roba  (aspan.)  197. 
robar  198. 
robir  (aspan.)  198. 
rufo  200. 
trampa  208  ff. 
trompa,  trompo 

211  f. 
tumbar  206  ÍF. 
turba  208. 
Uviedo,  Uviéo 

(astur.)  396. 

PortiitíesiscL 

andar  265  f.,  398  ff., 

520. 
estoque  205. 
maráo  487. 
rouba  (aportg.)  197. 
tombar,  tumbar 

206  ff. 
trompa  21 1  f. 
uivar  7. 
vogar  215. 

RâtoromaiiscL 

amnar  520. 
ámpa  (obereng.) 

466. 
ampcha  (cngad.) 

466. 
camonna  (obw.)  467. 
cañera  (obw., 

engad.)  466. 
chamanna  (engad.) 

467. 
charpainta  (unter- 

engad.)  468. 
crapenda,  crapent 

(cngad.)  468. 
cuvaigl  (cngad.)  472. 
garvera  (obw.) 

472  A.  I. 
mielva  (engad.) 

473. 
ompcha  (obw.)  466. 

sbrinzlar  202. 


solase  (friaal.)  476.  boesen  (tnhd^  nhd.) 

sgaventá  (MauL)  469.    20 1 . 

spol  204.  *biisja,  *bii9jaii 

Sturm  205.  302. 

trapla  209.  driesch  (dsch.)  490. 

tschiera  (obw.)  467.    Stamm  dub  199 


ûarler  (engad.)  6. 
urlar  (obw.)  6. 
zecc,  zeda  206. 
zonclade  (friaul.) 
476. 

RUliilM. 


A.  5. 
Stamm  dup  199 

A.  5. 
^dwaligôn  (bnrg.- 

got.)  206. 
estrich  (dscfa.)  261  f. 


hmf  (ahd.)  200. 
Ein  dphabct  Ver-    ju^ecl  (kôbi.)  267. 

lagjan  299  f. 
raoba  (ahd.)  197. 
*raabj(h)an  198. 
ranbôn  (ahd.)  198. 
*r5bôii  (ahd.)  199. 


s. 


zeichnb  ramän. 
Wörter  nichttfirki 
scher  Herkunft 
218  ff. 

despre  495. 
duroare  (altmm.) 

430. 
durorile  430. 
imbla,  umbla  520. 
imna  520. 
pre  496. 
preste  496. 
robi  198. 
spre  492  ff. 
tSc,  täcäi  397. 
toca  397. 
urla  8. 

ilftU6SÌSCL 
ara  2. 

binar  *  Zwilling'  2. 
Truer  2. 
kalamar  *Tinten- 

zeug'  2. 
kursar  'RSaber'  2. 
mba  495. 


Stamm  nif  200  f. 
Stamm  nip  200  f. 
scala  (ahd.)  203. 
^sglister  260. 
skalja  (goL)  203. 
^skalling  (ahd.) 

203. 
skilling  (ahd.)  203. 
*  Blister  260. 
smacke  rmnld.)  204. 
spòla  (ahd.)  204. 
sprìnzan  (mhd.) 

202. 
^spmck  (ahd.)  202. 
stai  (ahd.,  mhd.) 

«Gestell'  204. 
stoc  (mhd.)  205. 
Stoppel  (dsch.) 

204  f. 
stouf  (ahd.)  205. 
Stamm  stub  205. 
robi,  ropi  197  A.  i.   stubft  (ahd.)  205  f. 


turlf  262. 

Amalgìs  435. 
babel  (mengl.)  273. 
bauble  (engl.)  269, 

273. 
''^bausjan  201. 

^blaupan  260. 

boese  (nhd.  schw. 

fem.)  201. 


stabel  (mhd.)  206. 
stnm  (mhd.)  205. 
^tarigan  (ags.)  2Ó6, 
tick,  tike  (aeogl.) 

206. 
tooían  (ahd.)  199. 
Sta$nm  tramp 

208  ff. 
Stamm  trap 

208  ff. 
triggva  (got)  259. 


trimpan  (got) 

210  f; 
Stamm  trum  212. 
Stamm  tarn  toy. 
Stamm  tamb  207. 
tupfen  (nhd.)  199. 
*tuphên  (ahd.) 

199. 
*  turba  208. 
turf  (ags.)  208. 
Stamm  val  216. 

Stamm  ytàt  list 
waga  (ahd.)  215. 
wseghe  (mnld.) 

215. 
walkan  (ahd.) 

211  A.  2. 
wardan  260. 
waren  261. 
wogen  (nhd.)  215. 
zëdhe  (mhd.)  206. 
zedíd  (bair.)  206. 
)H>rp  212  ff. 
frop  212  £ 

UdlCL 
fri  (bret.)  2ff. 
frig  (kom.^  2. 
fron  (bret)  2. 
bestie,  histr 

(bret,  kom.)  3. 
milin  (bret)  3. 
srognS(urkdt)3. 

xáropSaa  262. 

ittici  (ngr.) 
•Sperber*^  l. 
¿ívnzicíoyX^  ^ 

¿SvTÎXêQOÇ  J 

ocxoaxov  262. 
itan^ot  I. 
naviiçi  (diaL)  i. 
netvtéça  (dial.)  i. 
¿oSoâaxrvloç 

taúoXa  (ngr.) 
262. 

262. 


Druck  von  Ehrltaxdt  Karras.    Halle  a.  S.