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ZEITSCHRIFT
VVR
ROIANISCIE PHILOLOGIE
HEKAUSGEGKBExV
VON
Dr. GUSTAV GROBER,
PRnFKSM)R AN DER IN1VKR>ITÄT STKASSBVkG i. K.
1883.
Vn. BAND.
HALLK.
MAX NIEMEYER.
1883.
;[NHALT.
Seit«
W. Zeitlin, Die altfranz. Adverbien der Zeit (Schi.) (25. 4. 82) . . . I
A. Beyer, Die Flexion des Vokativs im Afrz. u. Prov. (31. 10. 82) . . 23
A. Risop, Die analogische Wirksamkeit in der Entwickelung der fran-
zösischen Konjugation ( 1 1 . 11. 82) 45
P. ScHEFFER-BoiCHORST, Noch einmal Dino Compagni. I. (4. 3. 83) . 66
0. Schultz, Die Lebensverhältnisse der italienischen Trobadors (3. 3. 83) 1 77
R. Weisse, Die Sprachformen Matfre Ermengau's (31. 5. 83) . . . . 390
C. Michaelis de Vasconcellos, Neues zum Buche der kamonianischen
Lieder und Briefe (27. ii. 82) 407
A. ToBLER, Briefe von Friedrich Diez an Jakob Grimm (25. 7. 83) . . 481
C. Michaelis de Vasconcellos, Neues zum Buche der kamonianischen
Elegien (28.1. 83) 494
H. Gaidoz u. P. SÉBILLOT, Bibliographie des traditions et de la littéra-
ture populaire du Poitou (10. 5. 83) 554
TEXTE.
B. Wiese, Der Tesoretto und Favolello B. Latinos (30. i. 83) . . . . 236
C. Decortins, Ein münsterischer Dichter (S- 3- 83) 53*
MISCELLEN.
i. Zur Litteraturgeschichte.
K, Bartsch, Ein französ. Kinderreim des XI. — XII. Jahrh. (20. i. 83) . 94
C. M. DE Vasconcellos, Zum Cancioneiro d'Evora (28. i. 83) . . . . 94
2. Handschriftliches.
C. Decltitins, Ein ladinisches Rügelied (21.3.83) 99
; 3. Zur Lautlehre.
V A. Horning, Ein vulgärlateinisches Betonungsgesetz (12. ii. 83) . . . 572
4. Syntaktisches.
A. Gaspary, Altfranz, mar, mal mit dem Konjunktiv (21.4. 83) . . . 573
E. Kade, Über zwei merkenswerte Übertragungen der Modusverba Potere,
Dovere, Volere (22. 5. 83) S7^
1. Harczyk, Eine Bemerkung zum Gebrauche von très (25. 6. 83) . . 579
5. Etymologisches.
/C. M. de Vasconcellos, Portugiesische Etymologien (28. i. 83) . . . I02
y G. Baist, Etymologien (20. I. 83) 115
A. Scheler, Ad verbum nourrice (20. 9. 83) 581
6. Grammatisches.
K. DzDkTZKO, Die Entstehung der romanischen Participialpräpositionen
(7.2.83) 125
IV
Seite
RECENSIONEN UND ANZEIGEN.
C. M. DE Vasconcellos: Storck, Luis de Camoens* Sämmtliche Ge-
dichte. III. u. IV. Band (20. i. 83) 131
K. Bartsch: Suchier, Denkmäler prov. Literatur u. Sprache (4. 3. 83) . 157
A. Horning; Siemt, Ueber lat. c vor e und / im Pikard. (28. i. 83) . 163
G. Gröber: Robert, Inventaire sommaire des manuscrits des biblio-
thèques de France (10. 12. 81) 165
A. Gaspary: Giornale di Filologia Romanza No. 8 (29. 12. 82) . . . 166
— H Propugnatore Anno XV (29. 12. 82; 14. 3. 83) 169
P. Scheffer-Boichorst : We gè le, Dante Alighieris Leben und Werke
(25. 5-83) 454
K. Bartsch: Canello, La Vita e le opere del trobadore Arnaldo Da-
niello (12. 3. 83) 582
F. LIEBRECHT: Hai 1er, Altspanische Sprichwörter und sprichwörtliche
Redensarten aus den Zeiten vor Cervantes (5. 5. 83) . . . 597
— Sébillot, Gargantua dans les Traditions populaires (5. 5. 83) . 604
— Rolland, Rimes et Jeux de TEnfance (27.5. 83) 606
A. Gaspary: Fornaciari, Studi su Dante editi ed inediti (22.5. 83) . 607
— Giornale di Filologia Romanza. Voi. IV, fase. 3 — 4 (21. 9. 83) . 618
— Giornale Storico della Letter, ital. Voi. I, fasci — 3 (21.9. 83) . 620
G. Gröber, G. Baist, E. Stengel , W. Meyer: Romania XI i (20. i . ;
30. 5- 83) 630
Nachträge 480
Diezstiftung 480
Berichtigung 638
W. List, Register *. . 639
Bibliographie 1882.
Die altfranzösischen Adverbien der Zeit.
(Forts, aus Bd. VI 256 ff.)
Or.
Das Adverbium nunc wurde von den romanischen Sprachen
gänzlich verschmäht; es mufste vielmehr jenem Bestreben des roma-
nischen Sprachgeistes, das auf nominale Umschreibung der in den
Partikeln enthaltenen Begriffe gerichtet ist, weichen.
Wie andere Zeitadverbien, z. B. mox (frz. lues = loco), ward
es durch ein Nomen, durch hora, ersetzt, dessen d mit einem
i7-Klemeiit verschmolzen worden sein mufs, um ore mit seinem n
(s. Ztschr. I 431 f.) und seine (Grundbedeutung *zu dieser Stunde*
(== hac hora) zu ergeben. In dieser Form finden wir es in der
Ilomclie s. I. Proph. Jonas, einem Denkmal des 9. Jahrb.:
li. Chr. fr^. 6. 27 Si cum il ore sunt. — ib. 7, 17 Dunt ore aveist odit.
Verkürzt wird es or\ es nimmt das paragogische adverbiale s
an, lautete demnach ores', orcj or, ores werden schon in den älteren
frz. Sprachdenkmälern gefunden und promiscue gebraucht.
Seiii(T Etymologie entsprechend ist or zunächst Umstandswort
der Zeit, welc:hes, auf die Frage wann? antwortend, die ab.solute
(Gegenwart, d. h. die (ieg(^nwart der rtidendcm Person bezeichnet
und demnach dem lat. nunc, unserem *j<itzt* im Sinne gleichkommt
Wir (erkennen steine präsentiale Bedtuitung aus Stellen, in denen
die (iegenwart di^r \'ergangt»nheit oder Zukunft gtigenübergestellt
wird :
I.Rs. 40 A me venistt's e me desistes: N'iert pas cum ad este, mais rei
volnm aveir sur nus, K dci^ctastes le rei del ciel <|u*il ne rejjnast sur vus.
Ore ave/ vctstrc rei (|ue vus re<|ueistcs. C\\. L. 20Q3 N*a or de terre
c'une toisr ("il <|ui tot cest pays tinoit. — H. d'Andclli, Romania I 212
Or est Sicilie/, li puis ou on pooit puisier. Froiss. I*oés. Il 332, 13 Tant
soloie avoir <ìe brebis (Juc ne les savoic ou bouter; Or n'en sauroie une
ou trouver.
- St. Aul). 024 Fn ciel ore rcjjnes et luz jours régneras. --- Rutel). II 253
O sel cil cpii or dure Kl (|ui toz jors durra.
Fs seien noch einig«» Beispiele» hinzugefügt, die uns or im Gegen-
satz zu AdvtTbien mit präteritaler Bedeutung, wie aifts, avaniy orainz,
dorn, onques ii. a. zeigten :
A. Th. frç. 14 Tu m'as fait si {»rant merci Que ore vei del oilz que ainz
nt vi. St. Aub. 824 K'avant urent ire ore la vunt il dublant. — Fl. et
Bl. 2433 í)rains ne le volies veoir; or n'aves nul si cier auoir. — S. Grég.
Zeltschr. f. roui. Ph. VU I
2 W. ZEITLIN,
178, 6 Ki or est ucskes de Siracuse, mais diinkes fut il peres de mon
monstier. — Cor. Looys 2, 34 Lors fist Ten droit, mes or ne*l fet Ton
mes. — Froiss. Pocs. I 149, 21 10 Or me tcmpte Desespoir qui onque ne
fu. — LRs. I cap. I Ki primes furent saziez, or se sunt pur pain luez.
Der durch or bezcichnetií Zoitlcil ist entweder die ganze Gegen-
wart, als längerer oder kürzerer Zeitraum aufgefafst, oder der gerade
statttindende Moment. Beispiele für den ersten Fall:
Joinv. 18, VI 35 Le pere au duc qui ore est. — id. 24, VII 42 Li roys qui
ore est. — FI. et Bl. 1779 Trestoutes les jjens del mont (Jui onques furent
et or sont. — Roquef. .supplcm. p. 115 Bien sacent tot cil ki or sunt. —
id. Gloss. II 267 Faisons sçavoir a ceulx qui sont a venir comme a ceulx
qui ores sont. — D. Grog. 10, 24 Ki or vit. — St. Bern. 549, 17 Or en
cest tens.
Beispiele für die Partikel ¡m zweiten Sinne:
A. Th. frç. 94 Or se lieve ims personnages et respont. — ih. 95 Or respont
li personne de devant. — Aue. et Nie, B. Chr. frç. 281 Or dient et con-
tent et fabloicnt. — ib. or se cante.
Die unmittelbare zeitliche Nähe wird durch or bei Nominibus
temporeller Bedeutung ausgedrückt, z. B.:
Ch. d. Coucy 2743 Madame, si vous Io encore, Que a ('hauvigni jeudi ore
Ales as noches liement,
wo also Jeudi ore mit 'jetzigen Donnerstag' wiederzugelKni sein wird.
Im ^Ifrz. findet sich die Partikel, meist in der Form ore oder
ores, noch vielfach als reines Zeitadverbium in der Bedeutung * jetzt'
gebraucht. Bei Schriftstellern des 1Ò. Jahrh. liest man auch die
Form ors (vgl. Darmesteter et Ilatzfeld, Le seizieme siècle en
France, p. 280).
Jod. T 32 Le créancier M'a faict ore signifier Qu'il veut que je paye au-
jourd'hui. — Mar., Vorrede zu Villon, S. 3, ed. I^icroix, Le temps <|ui tout
efface jusques icy ne l'a sceu effacer, et moins encor l'cflacera, ores et d'icy
en avant. — A. d. 1. Sale, Nouv. 2, 164 Jusques ore. Regn. Sat. IX Ó
debile raison, ou est ores ta bride? — Du Bellay II 120 Quand ores il ad-
viendroit qu'il se trou vast seul.
Im 17. Jahrh. schwindet allmählich diese Anwendung von ore;
die Partikel wird nur noch ¡n konjunktioneller Verbindung und in
der Form or gebraucht; ores kommt bei Malherbe noch einmal
vor, und zwar in der letzten Ode, welche der Dichter nicht mehr
überarbeiten konnte: Mus ores a moi reirnu (vgl. Holfeld, Fr. de
Malh. p. 58).
Im 16. Jahrh. brauchen Schriftsteller des südlichen Frankreichs
zum Ausdrucke des Begriffes 'jetzt' gern das aus a cesie heure zu-
sammengezogene Adverbium asieur, auch asiur geschrieben, so z. B.
Montaigne, Monluc, Brantôme u. a. — A cette heure = * jetzt* ¡st
übrigens im Mfrz. und Nfrz. eine geläufige Umschreibung:
Jod. I 37 Combien que mille fois et mille J*aye ven et reveu la ville de
Paris, ou suis a ceste heure.
Temporell gebraucht geht or die folgenden Verbindungen tun:
n) Orendroü (= hac hora in directo) * jetzt genide* und tlann
auch 'sogleich', zeigt die unmittelbar bevorstehende Zukunft an:
DIE AFRZ. ADVERBIEN DER ZEIT. 3
Ch. L. 372 Ci près troveras orendroit .1. sentier. — Fl. et.Bl. Î030 La ires,
biax fils, orendroit. — Durm. 1. G. 4284 Aler mc covient orendroit.
ß) (Por en avant = *von jetzt an vorwärts', also 'fortan':
H. d. Bord. 10349 D*ore cn avant seriens ami carnei. — Br. d. 1. Mont. 1697
D*ore en avant mais.
Diese Komposition hat sich erhalten und erscheint in der neueren
Spradic als das Adverb dorénavant. Die Form beweist, dafs die
ursprüngliche Zusammensetzung des Wortes dem Sprachbewufstsein
gänzlich entschwunden ist Schriftsteller des 15. und 16. Jahrh.
ziehen (Pores en avant häufig in doresjiavant zusammen:
Poes. frç. 69 Doresnavant je le veux affamer. — Jod. II 5 Qui puisse tes-
moij»ner d'oresnavant a tous.
Für d^or en avant lesen wir auch ähnliche Ausdrücke, so z. B.
in den Eiden d^tst dì en avant = *von diesem Tage an vorwärts',
oder Chev. au cygne 120 Des ichy en avant \ Du Bellay II 116 d*içy
en avant.
An die Stelle von en avant in dem eben abgehandelten Kom-
positum kann auch das die Ausdehnung in eine zukünftige Zeit
hinein bezeichnende inais (magis) treten; es entsteht die Verbindung
y) des or maïs = * fortan*. Im älteren Französisch ist die Zu-
saramenziehung graphisch selten vollzogen; später schreibt man
désormais,
Fl. et Bl. 783 Des or mais haie jou ceste vil. — Ch. Pieuse, B. Chr. frç.
1 37, 24 Des ores mais vivray comme une souche. — Wace, Brut, B. Chr.
frç. 106, 9 Désormais seit sci qarantisme.
Das Adverbium ??iats wird bisweilen durch andere Worte von
des or getrennt:
Trist. B. Chr. frç. 99, 25 Des or ne m'en voil mes cuvrir.
Die Zusammenstellung des or mais ist die gewöhnliche, doch
kommt auch des or und or mais vor:
Fl. et Bl. 1009 Des ore fai couque tu dois. — ib. 2251 Con en mon home
en vous me fi. Des ore vous dirai ma vie. — Poés. frç. 140 Le plus maudit
qui fut jamais N'y naistra sur terre ormays. — Burg. II 312 Ele ara ormais
Asses et painnes et esmais.
Ò) Mit ains geht or das Kompositum orains ein ; dasselbe giebt
die unmittelbar vor der Gegenwart liegende Zeit an, bedeutet also
*eben noch', *vor kurzem', nfrz. *tout à l'heure'. Diese Partikel
kommt bis in das 15. Jahrh. hinein vor:
Aue. et Nie, B. Chr. frç. 289, 11 Nos estiiens orains ci entre prime et
tierce. — Farces 1 1 2 Ne vous laissay je pas malade Orains dedans vostre
maison ì
f) d^ores a altres oder d'ores en altre bedeutet *de temps à
autre ':
Villeh. 120, XLV 208 Et lor faisoit d'ores en altres petiz paiemenz. —
Burg. II 312 Tant les ont aies porsivant D'ores a altres ataignant.
Aus der .\nschauung, dafs der unmittelbar gegenwärtige Moment
im Vergleiche mit anderen Zeitteilen besondere Wichtigkeit habe,
erklärt sich der eigentümliche Gebrauch von or in der konjunktio-
4 w. ZEnxiN,
nellen Verbindung et — or^ worin or ungefähr cIcmì Sinn von 'so-
gar', * selbst' anniramt. Froissart und spätere Schriftsteller bedienen
sich der Verbindung et — or zum kecken Fallsetzen odiîr Fin-
gieren. Ks wird nämlich gesagt, dafs irgend eine Thatsache ge-
schehen wird, selbst wenn ein feindlicher oder widersprechender
Umstand von bedeutendem Gewicht zugleich mit derselben gegen-
wärtig ist Wir übersetzen et — or, das in solcher Anwendung
den Konjunkt. Prater, erfordert, mit *und selbst wenn' oder *und
sogar wenn':
Froiss. Poes. III 32, 1076 Hors de cort seront espcrdus, Ou, espoir, on n*en
tenra compte, Et féust ore le filz d'un conte. - id. Poès. I 239, i. — id.
Poés. m 33, II02 II n'est richesce qu'estre ame, Et fust on ore roy clame. —
Ant. d. 1. S. Qu. f. d. Mar. (ed. Jannet) p. 133 Quanque il/, font, est bien ñiit;
et eussent ore trait un œil a leur pere. — ib. 96 Se délivre sa femme d'un
bel enfant, et fust ores le dauphin de Viennois. — ib. 99 II lui vaulsist
mieux, qu'il demourast a Toustel, et deust ores porter pierres ;i son ooul.
Die Partikel or dient hier nur dazu, ein konzessives Verhältnis
nachdrücklich hervorzuheben, doch wird sie sogar in Verbindung
mit qtu zur P^iniiihrung von wirklichen Konzessivsätzen, die den
Grund des Gegenteils angeben, gebraucht (= lat. quamciuam):
Percef. Prol. Et ores que vos benignitez le voulsisscnt louer et prier, toutcs-
foyz emulateurs le pourront blasmcr. — • Poés. frç. 108 Ores qu'ils facent
naistre une souris d'un mont. — Mont. Ess. I 44 Ores (jue le sajje ne «loivc
donner aux passions humaines de se fourroycr de la droite carriere, il peut
bien. . . — Du Bellay II 480 Et ores que parmy les bandes de j^ens de pic«!
il se trouvast quelques maistres du mcstier, ils y estoient sans outils. -
Desgl. Pasqu. Recherches I 7.
Indessen hat ore que zuwíMlen auch di(î rein zeitliche Bedeutung
'jetzt, als*, z. B.:
Jod. II 105 Ore qu'en ce beau parc pensif et solitaire, l'our façonner ces
vers je ressemble mes sens: Je m'esmerveille en tout de sentir que ce
temps. . . — id. II 116 Or que telle fureur se fait plaire a mes tens.
Die präsentiale (irundbedeulung der Partikel or erklärt femer
ihre sehr frequente^ Verwendung in Befehls- und Wunschsätzen.
Sie drückt nämlich aus, dafs etwas noch nicht (ii^schehenes *j«»tzt\
*auf der Stelle', *sogleich* geschtîhen soll oder mag, enthält also
den Wunsch oder Ikîfehl der sofortigen Ausführung und dient zur
Verstärkung des Imperativs odtir Optativs. Schlii'fslich wircl sie
überhaupt die fast ständige Einleitung für imperative» Sätze, ohne
noch l)esond(»ren Nachdruck zu b(»wirken. Wir Hnden si«*
it) Ixûm eigentlichen Imperativ:
S. Gr¿í;. 140, 18 Or ueeiz (ecce vidcte). LRs. \U Ore en vien a nus e
un aulire te musteruns. - A. Th. frç. 77 Tor Dieu, or ne parlons nul
mot. — Aul). 1. B. 6, 5 Or tenons coi. (h. au \:\^\\v 1242 (V va, de par
Dieu, va. — Ad. 38 Ore issez hors île paradis.
^ beim imperativiseh gebrauchten Futurum:
Aub. 1. B. g4, 31 Or irons, nies. A. Th. frc;. 412 Oro, ami<;, ccry buvcrc/.
Rabelais und andere mfrz. Schriftsteller brauchen das imperalivische
or noch sehr häufig:
DIE AFRZ. ADVERBIEN DER ZEIT. 5
Ral). VI 7 Or nìouscbcz vos nez, petitz enfants. — Jod. I 24 Or donc
sçaches en cest aflaire Comment il te faut me complaire.
y) Statt zum Imperativ tritt or zuweilen zu Adverbien wit»
aviuií, hors, sus, iost, (3der zu einem die Richtung oder den Zweck
ausdrückenden Dativ, bei welchen alsdann ein Verb der Bewegung
im Imperativ zu ergänzen ist:
Ch. L. 5025 Or avant, bcle, dex vos saut. — Joinvv 310, CX 567 Or hors
de mon hostel. — id. 140, LII 255 Sire, or sus! or sus! — Aub. 1. B. 138,20
Or tost as armes. — Ch. L. il 25 Or au cerchier par toz ces engles.
Einen analogen Gebrauch weist die entsprechende deutsche Par-
tikel ;/// auf, wie folgende Beispiele zeigen: Trist. 2987 Nu wol her
bal(ic\ Man. S. I, 26 Nú dar', Roth. 4644 îîû nâr wigande\ Nib. Z.
267, 2, 4 ;/// zuo, valcndinnc\ Boner 59, 50 7iú 7vol dan, (Vgl. Grimm,
(jramm. 111 301).
In gleicher Weise dient or bei dem Konj. Präs., seltener beim
Konj. Prater, an Stelle eines Optativs zur nachdrucksvollen Bezeich-
nung des Wunsches.
Ch. au cygne 1191 Or me voeillies doner ung baston. — Ch. L. 59'6 Or
doint dex. — Bat. d'Alesch. 233, 687 Or li aïst li rois de majestez. —
Ruteb. I 9 Or soit plaine de grant soufrance. — A. Th. frç. Or vous plaise,
sire. — Froiss. Poés. Ili 48, 1635 Or soit a mon commencement par sa
grasce présentement.
Ik'ispicle für or e. praeter.:
Cor. Looys 41, 1538 Pleust ore au glorieus del ciel. — Farces 25 Pleust or
a Dieu. — Desgl. Ant. d. 1. S. Nouv. i, 88. — Jod. II 329 Or pleust a la
main divine.
Unter anderen Partikeln, die im Afrz. auch zur Unterstützung
des Imperativs und Optativs gebraucht werden, finden wir auch
car, welches nicht seilten noch vor das optativische or tritt und mit
tliesem die Form cor ergiebt, die von den meisten Herausgebern
jetzt c'or geschrieben wird. Wackernagel (Afrz. Lieder S. 145) hält
cor für eine Umwandlung von cor, doch widerspricht dies den frz.
Lautgesetzen (vgl. Diez, Gramm. Ill 213 — 15):
li. d. Bord. 10012 Et cor me dites que m'en conseillères. — ib. 9602 Sire,
fait il, c'or me donnes congiet. — Dolopathos p. 371 Cor fussiens or an-
«louz ansanble.
Kiiiige oft vorkommende Fälle des Gebrauches von adhorta-
tivem und optativischem or sind besonders herauszuheben, nämlich
erstlich die Anwendung von or zur Einleitung der Beschwichtigung
otlrr beruhigenden Kntgegnung, wo wir im Deutschen wohl die
Partikeln 'doch' oder *nur* gebrauchen. Der Angeredete wird auf-
g<'f(irdert, irgend eine Furcht oder Besorgnis aufzugeben, von wel-
cher tîr selbst schon gesprochen hat, wie Ch. L. 6688 A vos /être
e nor ci ser rise Criem que pooirs ou tens me faille, 'Sire*, fei ele, *or
ne vos chaillé — oder deren Vorhandensein der Redende still-
schweigend vorausstîtzt, wie Joinv. 236, LXXXIV, 433, wo Ludwig
zuerst den zu kühnen Rat Joinvilles tadelt, dann aber beschwichti-
g<*nd fortfährt: Or soies touz aises (doch seid ganz froh), car je vous
sai moni bon grei de ce que vous m'avez loci, — Die am häufigsten
Ö W. ZEITLIN,
sich findenden Wendungen dürften aufscr den genannten sein: or
n^atez soing — or ne vos esmaiez — or atez pais — or faites pais.
Zweitens rechnen wir hierher den Gebrauch der Partikel in
der zustimmenden Antwort; denn in der Zustimmung ist immer
zugleich, wenn auch unausgesprochen, der Wunsch ausgedrückt,
dafs eine Sache nunmehr auf die gestattete Art und Weise ge-
schehen möge:
LRs. 29 Pur CO en alun jesque la par aventure il nus aveiera. Saul res-
pund: Or seit; al prudume en irrum. — Part, de Blois. 2795 Li rois res-
pont: Or soit dont si.
Drittens ist an dieser Stelle zu erwähnen, dafs or auch zum
lebhaften Ausdrucke der Frage dient, indem es nämlich, seiner
Grundbedeutung ganz angemessen, den Wunsch nach unmittelbarer
Antwort durchblicken läfst. Unsere Partikel *denn* in der Frage
dürfte dies or ungefähr wiedergeben:
Ch. L. 5993 *Mes ne s'antreconurent mie Cil qui combatre se soloient. Et
or donc ne s'antraiment il?* — 'Oil, vos repong, et nenil.* — Cor. Looys
64, 2416 Guidiez vos ore que por ceste vos faille. — Froiss. Poés. II 309, 31
Esce or a bon sens que tu dis? — id. Poés. II 322, 32 Esce or en Prou-
vence ou en Bric, En Auvergne ou en Picardie? — Farces 29 Or, sire, la
bonne Laurence, Vostre belle ante, mourut elle? — ib. 37 Or, sire, les
voulez vous croire? — ib. 74 Est che or une vaque. Une mousque, ou
ung escarbot.
An die Spitze der Frage gestellt, kann es auch mit *nun' übersetzt
werden, das wir auch mit interrogativem Sinne brauchen.
Es bleibt noch zu bemerken, dafs die Optative von avoir und
esire nicht selten zu supplieren sind:
Aue. et Nie. B. Chr. frz. 288, 38 Dehait ore qui por vous i cantera. — Aub.
1. B. 43, 20 Or pais, dist il.
Eine erweiterte Bedeutung annehmend, bezeichnet or nicht
allein die > absolute Gegenwart als solche , es dient vielmehr die
Partikel auch dazu, anzuzeigen, dafs irgend ein neues Moment in
die Gegenwart eintritt, dafs der Redende etwas Neues vorbringen,
also gleichsam in die unmittelbare Gegenwart versetzen will. In
diesem Sinne bewirkt or, unserm *nun' fast entsprechend, den Fort-
schritt der Rede oder Handlung aus einer entfernteren Zeit in eine
nähere und dient zu Übergängen und Verknüpfungen. Das Zeit-
adverbium ist zum Fügewort geworden. Zur näheren Erörterung
des konjunktioneilen Gebrauches der Partikel bemerken wir fol-
gendes :
a) Sie vermittelt, ihrer primitiven Bedeutung angemessen, den
Übergang zwischen parataktisch aneinander gereihten Sätzen, von
denen der erstere präteritalen Sinn hat, während der zweite, durch
or eingeleitete seinem Inhalte nach der (Gegenwart des Redenden
angehört.
A. Th. frç. 549, I. En petit d'eure fu sa faice Des larmes de ses iex con-
verte. Or est ele sure et certe, se ele ne troeve occoison, Petit li vaurra
sa raison. — Joinv. 170, LXII 312 Toute nostre gent estoient pris, et il ne
fu pas pour ce que il estoit messagiers. Or a une autre mauvaise maniere
au pais en la paiennime, que quant li roys envoie ses messaiges au sou-
DIE AFRZ. ADVERBIEN DER ZEIT. 7
danc, ou li soudans au roy, et li roys meurt ou li soudanc avant que li
messaige revieignent, li messaige sont prison. — id. 198, LXXXI 364 Li
patriarches de Jerusalem, viex hom et anciens de Taage de quatre-vins ans,
avoit pourchacic asseurement des Sarrazins, et estoit venus vers le roy
pour li aidier a pourchacier sa délivrance. Or est teix la coustimie entre
les Crestiens et les Sarrazins.
Alsdann dient die Partikel überhaupt ganz allgemein dazu,
die zeitliche Aufeinanderfolge der Thatsachen zu bezeichnen, mögen
dieselben als in der Gegenwart, oder als in der Vergangenheit,
oder als in verschiedenen Zeiten liegend gedacht werden. Or wird
in dieser Funktion von afrz. Autoren ungemein häufig gebraucht,
um die Darstellung ohne Pause und merklichen Einschnitt mit einer
gewissen Leichtigkeit fortzuführen:
A. et Amiles. B. Chr. frç. 60, 30 Une grant cuve fait Amile aporter, Son
compaingnon a fait dedens entrer; Mais a grant paingne i puet cil avaler,
tant fort estoit malades. Or fu Amis en la cuve parfont. — Froiss. Poés.
I 95» 981 Or avint qu*un après disner En un jardin alai juer. — id. Poés.
I 362, 479 Lors se parti Le chevalier de moi et jou de li ; Un chemin
prist, et je un aultre aussi. Or pensai tant au di depuissedi Que je le fis.
Wir führen zwei besonders oft vorkommende Fälle des kontinuativen
Gebrauches von or an:
Die beliebte Ver^vendung der Partikel in der transitio tuix
è^ox^Ìv, also in Phrasen, die ausdrückich ankündigen, dafs das
bislang Behandelte erledigt sei und man zu einem neuen Gegen-
stande übergehen werde:
A. Th. frç. 417, IL Or lait li contes a parler de lui et parolle d'un che-
valier. — FI. et Bl. 1935 ^' '^ laissons de lui ester, de Toste vos vaurai
conter. — Pr. d'Or. 146, 1252 Or vos lerons ester de nos barons. Quant
leu en iert, assez i revenrons. Si chanterons de la gent paiennor. — H. d.
Bord. 5929 Or vous lairai chi de Huon ester. Et de ses hommes vous vau-
raige conter.
. Nach einer Degression kommt der Redende mittelst or auf
die unterbrochene Gedankenreihe zurück:
St. Alex. 21 Or reviendrai al pedre et a la medre. — Joinv. 216, LXXVTH
397 Or avez oy ci-devant les grans persecucions que li roys et nous souf-
frimes; lesquiex persecucions, la royne n'en eschapa pas, si come vous
orrez ci après. — id. 94, XXXVII 172 Or revenons a nostre matière et
disons ainsi.
Am Schlüsse eines Abschnittes wird die kurze Zusammen-
fassung des Inhaltes mit or eingeleitet, welches dann den Sinn
* nunmehr' hat:
Ch. L. 3879 Or vos ai dite la some. Sire, de nostre grant destrece. —
Ad. 47 Or vois ai dit tot mon porpens. — Ruteb. II 25 Or avez la pre-
miere plaie De cest siede sor la gent laie. — Vrai an. 273 Or aves oïe
la somme Des trois aniaus et dou preudomme.
Auch später bediente man sich der Partikel noch, um auf einen
Gedanken zurückzukommen. - - Hier ist zugleich des Gebrauches
der Partikel im Sinne des lat. atqui bei der Aufstellung des Unter-
satzes im Syllogismus zu gedenken, denn dabei hat or auch nur
die Aufgabe, die beiden Sätze leicht zu verknüpfen: Le sage est
heureux: or Socrate est sage; donc Socrate est heureux. Acad. Diese
8 W. ZEITLIN,
Erscheinung findet sich, wie INIätznor, Synt. II 92 bemerkt, auch im
Deutschen wieder: iibe iag ist y lieht ist; nti ne ist iz lieht; so ne ist
iz ouh tag (Graff, Sprachschatz 2, S. 979).
b) Vom Ausdrucke der zeitlichen Folge wird or übertragen
zur Bezeichnung der Folge einer Handlung aus einer anderen oder
aus Verhältnissen und Umständen, so dafs die Partikel eine kausale
Schattierung erhält. Indessen bleibt diese Verknüpfung mittelst or
immerhin eine sehr lockere und kann meistens auch als blosse An-
reihung aufgefafst werden; je nach dem geringeren oder stärkeren
Kausalzusammenhange werden wir or in diesem Falle mit *nun',
*so', *also' übersetzen:
Joinv. 372, CXXXI 673 Sire, que me ferez vrtus de la garde Saint Remi
de Reins que vous me tollez? Car par les sains de ccans, fist le roys, si
feries pour Compiegne, par la couvoitise qui est en vous. Or en y a une
parjure. — Ch. L. 362 Et que voldroies tu trover? 'Avanture, por esprover
Ma proesce et mon hardement. Or te prie et quier et demant Si tu sez
que tu me consoilles Ou d'aventure ou de mervoilles. — En. 25 S'il venist
un po de vens Qui sofflast le rejetoire II destendit en icele oire; Et li
archiers donques traisist Dont fu la caaine rompue Et li lampe toute espan-
due. Or couvient de vent se garder Qu'on 'nel laist laiens entrer.
Das lat. Synonym nunc wird in ganz ähnlicher Weise zur An-
reihung benutzt, z. B. Plaut. Truc. A^am haud mansisti dum darem
illam: tu te sumsisti tibi. Nunc habeas^ ut nactus, — Ebenso bietet
das ahd. und mhd. ;/// eine Parallele ((irimm, Gramm. 111 S. 282):
Si sprächen^ toh ter dû ht /st war y nú frumet uns leider niht ein hdr
unser riuwe und diu klage.
In der temporal-kausalen Bedeutung hat sich or noch bis zur
modernen Sprache forterhalten; es dient auch hier zur oberfläch-
lichsten Verknüpfung der Folge mit den begründeten Thatsachen
(vgl. Mätzner, Syntax II 90).
c) Es erübrigt noch, des korrelativen Gebrauches von or zu
gedenken. Die Partikel nämlich, unserem *bald — bald* ent-
sprechend, tritt an die Spitze zweier oder mehrerer paralleler Sätze
oder kongruirender Satzteile und drückt aus, dafs verschiedene
Thatsachen in schneller Abwechselung geschehen, so dafs sie sämt-
lich gleichsam als zusammen gegenwärtig vorgestellt werden können:
Fl. etlBl. 2521 Or fait juer et or fait rire; or donc joie et or done ire. —
G. d'Angl. B. Chr. frç. 148, 28 Or veut aler, or veut sévir. Or veut aler,
or veut venir. — Froiss. Poés. III 41, 1360 Es cours des mondains seig-
neurs, Ore y a joye, ore douleurs, Ore du gouvernement plaintes.
Der Parallelismus wird nicht gestört, wenn an einer Stelle die
sinnverwandte Partikel donc eintritt, z. B.:
Part, de Bl. (ed. Crapelet) 3304 Issi traverse l'aventure Dont est soes et ore
est dure.
Wiederholtes or in der gedachten Bedeutung findet sich noch
bei mfrz. Autoren oft:
A. d. 1. S. Nouv. 2, 201 Ores il disoit: je feray ainsi; ores conclusit autre-
ment. — Rons. II 13 Ores cecy, ores cela. — Mont. II I Ores doucement
. . ores avec violence.
DIE AFRZ. ADVERBIEN DER ZEIT. 9
#
Neben or bedient sich die ältere Sprache zum Ausdrucke der
unmittelbaren Gegenwart hauptsächlich des adverbialen Adjektivs
present (praesens).
Present, — Dieses Wort tritt sowohl allein als Adverb auf,
als auch in Verbindung mit Präpositionen, sowie mit zugefügter
Adverbialendung -ment, Aufser à présent und présentement y die im
Nfrz. noch gebräuchlich sind, finden wir de present, en present und
die substantivische Umschreibung pour le present. Diese zum Er-
satz für or dienenden Ausdrücke sind bis zum 13. Jahrh. noch
selten im Gebrauch; bei Schriftstellern des 14. und 15. Jahrh. be-
gegnen sie uns oft. Wir begnügen uns, für jede dieser Gebrauchs-
weisen einen afrz. Beleg zu geben:
Farces 144 Or ca, disons present, combien Tout couslera. — Percef. I 13, 2
Une ville nommée Clusini qui est de present appellee Tusianc. — Froiss.
Chron. XII 351 Ce qu'il y a a present de delay, ce n'est que par trêves. —
D. Grég. 45, 22 Del queil jje raconterai cest un miracle, ki or en present
cort a mon corage. — Froiss. Chron. XII 335 Le duc de Bourbon qui est
présentement venu. — Percef. IV 21, 4 Atant se taist l'hystoire pour le
present du gentil roy et de la sage royne.
O u a n.
Wir führen hier einige mit annum gebildete Zusammensetzungen
an, deren nominaler Ursprung dem Sprachbewufstsein nicht mehr
gegenwärtig ist, die also adverbialen Charakter tragen. Ks sind:
I. ouany oivan, oan, mundartlich auch awan, aus hoc anno
entstanden. Bezüglich des c vgl. joer (jocari) etc. — Das Wort be-
gegnet ims bei afrz. Schriftstellern häufig. Es ist noch im 15. Jahrh.
ziemlich gebräuchlich; im 16. gilt es als veraltet. Es bedeutet zu-
nächst, wie sein lat. Typus, *in diesem Jahre':
B. Chr. frç. 367, 40 Vous avez ouan fame prise. — Fl. et Bl. 1533 Tot en-
sement vie jou owan, N'a mie encore demi an, caiens une pucelle entrer. —
Farces 205 Ma robbe que j'eus ouan.
Mit verallgemeinerter Bedeutung heifst es * jetzt':
Rol. 250 Vos n'inez pas uan de mei si luign.
In drei eigentümlichen Erscheinungen des Gebrauches bietet
ouan Analoga zu hui:
a) Das Adverbium mais wird vorn oder hinten hinzugefügt.
Mesouan oder ouanmes bedeuten * fortan*, * fernerhin':
Myst. Pass. 145, Il 109 Que tu soies nostre boursier Mesouen et le despen-
sier de tout ce qu'on nous donnera. — Farces 86 Chacun me trompera
mesouen.
Rabelais bedient sich noch dieses Wortes (Garg. 1 39).
j3) Mit der Präposition en bildet es die Zusammensetzung
enwan = * neulich':
Froiss. Chron. IX 360 Faites le biau saut, ensiquc vous aves cnwan fait
saillir les nostres.
Y) Ohne die Bedeutung zu ändern, nimmt es die adverbiale
F'orm anc vor sich:
Ruteb. II 2 Du forment qu'il fera semer Me fera anc'ouan tlamiche.
IO W. ZEITLIN,
2. antan, anien = ante annum *ira vorigen Jahre':
Rou III 838 Antan fu mal et pis awan. — Burg. II 275 Anten nos vint
dire uns Norois Que sains segnor erent François. — Froiss. Chron. XV 178
Des antem mes besongnes furent prestes pour venir en Engleterre.
Von an/en ist das Adjektivum anienots gebildet. Dasselbe be-
deutet ein ein Jahr altes Tier:
Myst. Pass. 264, 20231 II rit: Voire, du bout du dent: C'est risée d*un-
gantennois.
Primes.
Zur Bezeichnung des ersten von mehreren aufeinander folgen-
den Momenten bedient sich der Lateiner des Adverbs primo. Das
ältere Französisch hat mehrere Adverbien, die die Bedeutung von
primo 'zuerst' haben.
1. primes, aus primo mit zugefügter Adverbialendung ^es ent-
standen. Im Leodegar lesen wir die Form primos, die nach Diez,
Altroman. Sprachdenkra. S. 46 entweder ein Schreibfehler für primas
(primes) ist oder direkt lat. primo + adverb, s entspricht.
Leod. 2, I Primos didrai vos dels honors. — Rol. 2845 A 1' matinct, quant
primes apert l'albe. — Fl. et Bl. 2649 Les mámeles primes verrons, Et puis
si les escuilerons.
Selten fehlt das adverbiale s:
Gar. 1. L. 35 Assez en aves dit ; Mais la parole Fromont voil prime oïr.
Auch de primes wird in der Bedeutung * zuerst' gebraucht:
B. Chr. frç. 105, 18 Malglamis out ot sei Leir. De primes le fist bien ser-
vir. Mais tost fu li curz empiriee.
Das Adverbium wird zwar noch im 14. und 15. Jahrb., z. B.
von Froissart, sehr häufig gebraucht, doch hat es seine Bedeutung
verändert; es bezeichnet nun nicht mehr den ersten mehrerer auf-
einander folgender Momente, sondern einen der späteren, entspricht
also modernem alors. In diesem Sinne brauchen es auch schon
Autoren des 13. Jahrb.:
Rou III 15 Engleterre Bretainne out nun, E primes out nun Albiun. —
Froiss. Chron. (ed. Buchón) III I Ci commence le quart livre de maitre Jean
Froissart, qui parle des guerres et nobles faits d'armes et advenues de
France d'Angleterre et des pays d'entour, leurs conjoints et adherens, de-
puis l'an Nostre Seigneur mil trois cent quatre-vingt et neuf, et primes de
la noble fete qui fu faite a Paris.
Auch a primes findet sich:
Froiss. Chron. V 329 Quant li rois de France sceut que li rois d'Engleterre
s'en retournoit vers Calais, a primes se desloya il.
2. Lat. Primarius ergiebt die Form premier, mundartlich promier
und prumier. Sie wird in der älteren Sprache mit adverbialem s,
seit dem 14. Jahrb. auch ohne dasselbe gebraucht und erhält sich
durch die ganze mfrz. Zeit. Zuweilen wird de vorgesetzt. Die mo-
derne Sprache kennt adverbiales premier oder premiers nicht mehr.
Fl. et Bl. 2457 Floires a premiers commencie. — SS. 286, 16 Ensi com li
bons engeingnieres ki unet faire une riche maison, premiers trait ses lignes
et ses compas. — Villeh. 88, XXXII 160 La assembla premiers Jaques
DIE AFRZ. ADVERBIEN DER ZEIT. I I
d'Avesnes et la sol maisnie. — Froiss. Chron. II 79 II avoient desservi a
estre justichies, cn trois manieres, cest assavoir premiers traynes, apries de-
colles et puis pendus a ung gibet.
de premiers',
S. Greg. 62, I Nel dis ge dunkes premiers. — Ch. L. 975 Quant mon seignor
Yvein trova Sil esmaia molt de premiers. — Froiss. Chron. VIII 99 II se
plaindoient ile premiers, pourtant qu'il volloient estre pryet. — id. Chron.
X 242 Car de premiers, on ne les voloit croire.
Beispiele für premier'.
Farces 297 Premier il vous fault embuscher En mon logis secrettement. Et
puis je vous yray hucher. — ib. 307 Premier deviennent langoureux, E
puis ilz meurent meschamment. — ib. 310 Tout premier vous sera donnée
Saulce robert. - Comm. 2, 4 Quand il la feroit premier. — Ronsard, El.
Forest de Gastine. Adieu, vieille forest. Ou premier j'accorday les langues
de ma lyre. Ou premier j'entendis etc.
Aus diesem Gebrauche von premier erklären sich die Redensarten
premier de faire^ premier que faire^ premier qtiil fasse.
Im Mfrz. wird auch au premier im Sinne von 'zuerst* gebraucht:
Marol (Glauning S. 34) Vostre rigueur me feit plusieurs destours Quand au
premier je vous vins requerir.
3. Aus premier entsteht durch Beifügung der Adverbendung
-meni das Adverbium premièrement ^ das ebenfalls * zuerst' bedeutet
und in das Nfrz. übergegangen ist.
Fl. et BI. 2546 Et Tendemain tot ensement Lieue Gloris premièrement. —
Villeh. 42, XV 73 Li sains hom qui parla premièrement des croiz. — Froiss.
Chron. XII 349 Quant les nouvelles lui en vindrent tout premièrement.
4. Endlich haben wir noch ein viertes Adverb gleicher Be-
deutung, premereinemeniy primer einemeni, vom Adjektiv premerein (*pri-
meraneus) gebildet. Dasselbe gehört nur dem Afrz. an:
B. Chr. frç. 40, 9 De la were primereinement rendrad Tom del hamsochnc
a la vedue e as orphanins .X. solz. — ib. 40, 30 Si home fait plaie a altre
e il deive faire les amendes, primereinement li rende sun Iccheof.
Puis.
Im Afrz. ist die Partikel puis (lat. post) sowohl Präposition als
Adverbium. Sie dient nur zur Bezeichnung der zeitlichen Nach-
folge, während post auch andere Beziehungen ausdrücken kann.
In den ältesten französischen Denkmälern hat die Partikel ihre
lat. Form noch gar nicht verändert: Eul. P(\si la mori\ Pass. 78, 4
Posi que deus filz suspensus füre, — Bez. der sonst vorkommenden
Varianten pois, poyst, pues, puez, ptiys in lautlicher Beziehung s.
Bd. VI S. 260.
Der modernen (Grammatik ist der präpositionale (Gebrauch von
puis fremd; die Sprache des 16. Jahrb. kennt denselben noch, doch
find(*n sich Beispiele davon ziemlich selten, dagegen wird im An-
fange der mfrz. Sprachperiode puis oft in präpositionaler Stellung
gefunden. Es hat zwei Bedeutungen:
a) post *nach'. In diesem Sinne nur im ältesten Französisch
gebräuchlich :
St. Alex. 3 Pois icel tens.
12 W. ZEITLIN,
b) *scit\ Ks bezeichnet dann die Zeit von einem Anfangspunkte
an bis zu einem gewissen Zeitpunkte hin. Statt des Anfangs-
punktes der Zeit wird auch oft der Begriff der verflossenen Zeit
selber gesetzt, teils um die Thätigkeit auf die ganze Zeit zu be-
ziehen, teils um die verflossene Zeit bis zu ihrem Anfangspunkte
von der Thätigkeit auszuschliefsen (Mätzner, Syntax 1 271).
Kou III 8961 Pols Rollant et pois Oliuier N'out en terre tel cheualier. —
Farces 182 Puis dix ans, en ma consciepce, je perds.
Hierher gehört die im Afrz. nicht selten vorkommende ad-
verbiale Verbindung puis di (post diem) oder puissedi [puis ce dis)
= * depuis lors*.
Vrai aniel 124 Dont puischedi li crut jjrans ileus. — Ch. d. Coucy 8613 Ne
ains déduit ne demena Puissedi tant com il dura. — Froiss. Chron. II 40
puisdi. — Br. d. 1. Mont. 39 puis ce di.
Um den Brgriff des Beginnens von einem gewissen Zeitpunkte
an hervorzuheben, setzte die Sprache noch de oder des vor puis.
Das lat. Vorbild de post findet sich vor , z. B. in der Lex salica
(Diez II 459).
Froiss. Chron. X 161 Depuis quinze jours cncha. — Percef. VI 1, 4 Depuis
le matin jusques au vespre.
Adverbiales puis ist der Sprache erhalten geblieben. Wie im
Nfrz., so ist auch in der alten Sprache schon eine seiner wichtig-
sten Fimktionen, zur Fortführung der Erzählung zu dienen, und
zwar allein oder in Abwechselung mit cmderen Adverbien; so folgen
z. B. donc [adone) — puis^ oder premièrement — puis — adone, oder
primes — lors — puis u. a. m. — Die Zusammenstellungen el puis
und puis apres sind im Mfrz. beliebt, begegnen uns aber auch in
der alten Sprache.
Wir geben einige Beispiele für den adverbialen Gebrauch
von puis,
II. d. Bord. 8921 Puis prenderes Huon le harceler En vostre carte le feres
avaler, Et puis le barbe et les dens li taures, Et puis ires au roi Karlon
parler. — B. Chr. frç. loi, 12 Cascune a])ela sinfjlemenl, Et l'aisnee premiè-
rement . . puis demanda a Ragan, . . adunt apela Cordeille. — Poés. fr(;. 58
Et puis après si court encore La cherté sur les povres gens. — Br. d. 1.
Mont. 1459 Et puis donques après nous en pourres alez.
Puis — puis entspricht oft modernem tantôt — tantôt, von
dem es erst nach Marots Zeit verdrängt wird:
Villeh. 16, V, 25 Ensi les mist, puis cent, puis deux cenz, puis mil, tant
que tuit le creanterent et loercnt. — Farces 10 1 Vous entre Iarde/, Puis
d'un, puis d'autre. — Villon 207 Je tracasse Puis au poil et puis a la
plume. — Marot (Glauning S. 34) Sur l'eau tourne et vire, Puis ^a, puis la.
Das ursprünglich präpositionale depuis wird auch zum Adver-
bium und bedeutet Seitdem', z. B.
Percef. II 4, 2 Le roy estora une ville qui depuis fu grande et puissante.
Der gleiche Bedeutung wie depuis habende adverbiale Aus-
druck du depuis ist den mfrz. Autoren sehr g(?läufig, auch Schrift-
steller des 17. Jahrb., die ganz korrekt schreiben, bedienen sich
desselben noch. In Malherbes Poesien kommt er einmal vor, der
DIK AFRZ. ADVERBIEN DER ZEIT. 1 3
Dichter bezeichnet ihn jedoch selbst später ats ungebräuchlich
(Holfeld, Malh. S. 58). Voltaire nennt die Verbindung du depuis
durchaus fehlerhaft (Corn. Lex. 1 185). Um ihre Entstehung zu er-
klären, muís man die Unterschiebung eines Substantivbegri fifes mit
temporeller liedeutung annehmen. Beisp.: Pasqu. Rech. 25; Malh,
Poes. 3; Com. Le Ment. V 6.
Noch ist die konjunktionelle Verbindung puisque zu erwähnen;
dieselbe ist in der älteren Sprache auch dem Sinne nach die ge-
naue Wiedergabe von postquam.
Rol. 896 Puisque il est sur sun cheval muntet. — Ruteb. Il 274 II dist
que ja de nul pechie Puisque de ce se repentist Et dolor au euer en sen-
list Ja ne les recorderoit puis. — Villeh. 20, VI 33 Sa fame que il avoit
espousee puis que il ot la croiz prise.
Das durch puis que bezeichnete zeitliche Verhältnis kann leicht
in ein kausales übergehen, indem die zeitlich vorangehende That-
sache zugleich den Grund der anderen angiebt. Bedeutung: *\veir,
*da'. Zuweilen sind beide Bedeutungen zulässig.
H. d. Bord. 8418 Nul recouvrir n'i a, puis qu'est ochis.
Abweichend vom modernen Sprachgebrauche kann puisque im
Afrz. auch Nebensiitze einleiten, welche den Zeitpunkt bezeichnen,
von dem an die im Hauptsatze enthaltene Thätigkeit beginnt.
Dieser Aufgabe genügt jetzt allein die Konjunktion depuisque\ auch
in der älteren Sprache erfüllte sie dieselbe neben puisque, — Zu-
gefügt(\s tres verstärkt den in puis enthaltenen Begriflf.
Rou II 1171 Noef cenz cd douze ans ont acumpliz e passez Puis que Deus
(io la Virgo cn Bcllcem fu nez. — Villeh. 72, XXVI 128 Onques si jjranz
affaires ne fu cnpris de nulle gcnt, puisque li mt)nz fu estorez. — Durm.
1. G. 38 Mais trespuisque Noe fist l'arche Ne fu dame de sa valor. —
Si. Aub. 378 De vus croi cslrc seur et tres bien acerté Despuiske Dcu
meismcs ad tun quor sacie.
S e m p r e S , a d e s.
1. Semper blieb der Sprache zwar bis l'nde des 13. Jahrh. in
iler Form semprcs (mit zugefügtem adverbialen ,f) erhalten, doch
hat es nur in drei Alten Denkmälern, dem Kulalialiede, der Passion
Christi und im St. Leodegar die Bedeutung 'immer'. liier fehlt
ihm noch das adverbiale j.
Flui. I.a polle sempre non amasi lo dco mcncslicr. — Pass. 93, I Christus
Jehsiis <|ui deus es vers Qui sem))er fu e semper es. — Si. Leod. 7, I C'io
scmpr' et fud et ja si ( r. — il). 7, 3 Kt sanz Letijiers sempre fud bons,
Sempre fist bien o íjuc il )iod.
Bí^n^its in der Bassion findíMi wir ílie Partikel im Sinne von
'alsbaUr gebraucht, inni im AU xiiisliecle, im Rolandsliede, sowie in
drn späteren litterarischeii Erzeugnissen hat sie nur diese Bedeu-
tUTig. Orelli und nach ihm Burgiiy <:itieren zwar .r/7;//>/-i'j ==* immer'
aus Fabl. et C'. IV p. 390 Semprcs eri moi compelice^ doch heifst es
auch hier ^alsbald*. J^'ide BcileutUTìgtMì sind übrigens verwandt
und begt»gnen sich auch sonst. Der Übergang von der einen zur
anderen ist begrifflich unschwer zu erklären: Das immer Seiende
14 W. ZEITLIN,
hat sein Geschehen im ununterbrochenen Zusammenhange, und das
alsbald Eintretende hängt mit den vorhergehenden Thatsachen un-
mittelbar zusammen (Tobler, Vorlesungen über die ältesten frz.
Sprachdenkmäler. Berlin 1876).
Pass. 37, I Judas cum veggnet ad Jhesum Semper li tend lo son mentou. —
St. Alex. 30, 5 Nel reconurent, sempres s*cn retornerent. — Rol. 2954 Ad
un earner sempres les unt portet. — Rou III 437 Sempres sunt a Richard
venu. — B. Chr. frç. 268, 29 Li rois fist sempres aprester .VII. d*els.
IL Zum Ausdrucke des Begriffes * immer' diente im Afrz. das
Adverbium ades und zahlreiche nominale Umschreibungen. Ades
ist entstanden aus ad ipsum, bedeutet also eigentlich *zur Zeit
selbst' d. h. * alsbald', * sogleich' (cfr. aber P. Meyer, Romania 1879
S. 15Ó). Diesen Sinn hat das Wort im Italienischen; dagegen heifst
es schon früh im Provenzalischen tmd Französischen * immer'.
Burguy will ihm zwar auch hier die Bedeutung * alsbald' zucrteilen
(vgl. Gramm. II 267), doch sind die citierten Beispiele nicht be-
weiskräftig, da in allen auch der Sinn * immer' zulässig ist.
Im 14. Jahrh. gilt ades schon als veraltet, doch wird es noch
von Alain Chartier und einigen gleichzeitigen Autoren gebraucht.
Die pikardische Form lautet adies:
Ch. au cygne 284 Elle a fait le mien fil si fort encorcerer, Que li miens
fieux ne puet dormir ne reposer, Ne de lui eslongier, ne il ne puet durer
S*adies n'est pas avoec lui pour son corps rejjarder. — Vrai aniel 409
Robiers, ki moût s*est travillies Por le loi Dieu et essuies, Ki adies a este
entiers. — Ch. de Coucy 6200 Je ades vous aideray Et vostre afaire celeray.
Vorgesetztes toui verstärkt den ìw ades enthaltenen Begriff:
H. d. Bord. 91 19 Ele cevauce par moult grant segnorie. Mais tout ades
tint lo ciere baissie. — Durm. 1. G. 10973 Vos ne porez la fors issir Por
Tost grever ne e^tormir. Car les porte sunt enterres, Et si sunt tot ades
fermées. — H. de Valenc. 308, II 305 Tout adies croissoit li os de jour
en jour.
Bei parallelen Satzgliedern wiederholtes ades entspricht unserem
*bald — bald':
L. C. de S. Pal. Diet. Apres disner on s'avança De danser, chacun es chas-
' cune. Et le triste amoureux dança Ades a l'autre ades a l'une.
III. Der gröfseren Anschaulichkeit wegen dachte sich die
Sprache die durch * immer' bezeichnete Zeitausdehnung als eine
Summe gröfserer oder kleinerer Einheiten und bediente sich für
sempres oder ades der nominalen Umschreibungen ious ienSy tousdis
und tous jours, toutes ores.
Durm. 1. G. 33 Qui tos tens li sanbla novele. — St. Aub. 1676 La est lur
mansiun tuz jurs sans fin aver. — ib. 174 En feu qui art tut dis. — Br. d.
1. Mont. 1257 La fumes longuement, tousdis, en atendant. — B. Chr. frç.
147, I Totes ores l'en mercie.
Im Psalter wird semper meistens mit tutes ures wiedergegeben, so
Ps. Ill I.
Bei der graphischen und lautlichen Zusammenziehung von tos
mit dem folgenden Substantiv wurde der Endkonsonant oft auf-
gegeben; man schrieb und sprach also totens (SS. 284, 20); todis
(Durm. 1. G. 77); toudis (Ch. d. Coucy 5344); toujours sehr häufig.
DIE AFKZ. ADVERBIEN DER ZEIT. I 5
Zu diesen Umschreibungen tritt gern das eine Erweiterung nach
der Zukunft hin anzeigende mat's\
Rou IXT 149 Tuz tens mais fust de eus memoire. — Durm. 1. G. 10662 Todis
mais lor iert reprouve. — Ch. de Coucy 5357 Vostre seroie tousjours mais.
Die neuere Sprache hat nur toujours behalten, welches zum
reinen Formwort erstarrt ist; Rabelais hatte die ursprüngliche Zu-
sammensetzung des Wortes noch gegenwärtig, denn er braucht es
nicht ohne weiteres für * immer', wie folgende Stelle zeigt:
III 86 La cause je cuide estrc affin que tousjours, toutes nuyctz, con-
tinuellement puissions ouir.
Die ältere Sprache hat auch iouie jor\
Rou III 839 Tote jur sunt fur bestes prises Pur aies et pur semises.
Dafs toujours von Präpositionen abhängig gemacht wird, ist
bei seinem substantivischen Charakter nicht auflallig.
Percef. II 5, i Madame a eu depuis tousjours Grant soin de vous. — Villeh.
54, XX 96 Se nous refusons ceste convenance, nos sommes honc a toz jorz.
Noch erwähnen wir den adversativen Gebrauch von toujours
im Nfrz., wo es das jeweilige Miteintreten des adversativen Ele-
mentes mit dem konzessiven ausdrückt. Im älteren Frz. ist uns
dieser Gebrauch des Adverbiums nicht begegnet (vergi. Mätzner,
Syntax II 73).
V. Hugo, Entrons! ..Dieu! s'il allait me parler! s*il s*eveille! S'il était là,
debout et marchant à pas lents! Si j'allais ressortir avec des cheveux blancs!
Entrons toujours!
Tempre, main, tard.
I. Der alte lat. Ablativ tempori, der, adverbial gebraucht, den
Begriff * zeitig', *fräh' ausdrückte, ging in das Französische in der
Gestalt tempre über. Durch die hinzugefügte Adverbialendung wird
das Adverbium noch zu temprement erweitert, das sich in der Be-
deutung nicht unterscheidet. Beide Formen gehören nur der alten
Sprache an.
Durm. 1. G. 485 Trop tempre lor donas congie. — Ch. d. Coucy 6302 Com-
mande que le disner Hasteement face aprester, Qu'elle voudra tempre
mengier. — id. 5375 Madame, temprement Voel aler ou je Irouveray Ic
chastelain.
II. Kin Synonym des ebengenannten Adverbiums ist main, von
lat. mane. Seinem Ursprünge entsprechend, bedeutet main *früh',
*in der Zeit des Morgens':
Cor. Looys 25, 920 Quant je le vis huimain en cest herbaige.
Main dient ferner zur Bezeichnung des nächstfolgenden Tages,
heifst also 'morgen*, doch hat es schon im Afrz. in dieser Bedeu-
tung stets die Präposition de vor sich:
Ruteb. II 236 Revenez demain au matin.
Die Sprache substantiviert das zusammengesetzte Adverbium demain^
indem sie ihm den Begriff *der Tag von morgen' unterschiebt, und
setzt ihm alsdann den bestimmten Artikel vor, macht es auch von
en abhängig:
Rou II 843 £1 demain par matin sunt de Chartres issu.
1 6 W. ZEITLIN,
Das Dekompositum cndemain wird ebenfalls zura Substantiv erhoben:
H. de Valenc. 318, V 524 A rendemain par matin.
Das Afrz. braucht Vendemain auch in der Bedeutung *am Morgen',
* früh ':
Villeh. 16, V 25 L'endemain al tierz jor.
IIL Neben viain besitzt die Sprache noch das sinnverwandte
matin, dessen lat. Grundlage matutinus ¡st. Matin ¡st, je nachdem
matutinum oder matutine als sein Vorbild ans¡eht, Substantivura
oder Adverb¡ura; es bedeutet sowohl * Morgen' als auch *in der
Morgenzeit', *früh' und findet sich mit beiden Bedeutungen noch
im Nfrz., während main ohne präpositionalen Zusatz nur bis zum
1 5. Jahrh. dauerte. Be¡sp¡ele für den 4dverb¡alen Gebrauch von
maiin :
Fabl. et Contes IV 12 Je levai plus matin de vous. — Ruteb. II 242 Or
suis je venu trop matin. — Rab. V 30 Pour maní:[er les vivres de l'isle
Sonnante se fault lever bien matin. — Racine Plaid. I l Vous vous levez
tous les jours trop matin.
Be¡de Adverb¡en nehmen gern die Prapos¡tion par vor sich:
Rol. 667 Par matin en albe. — H. de Bord. 8747 Li enfes Hues s*est par
matin levez.
Die Verbindung par main verschmilzt, wie demain, zu einem
Wort und wird als Hauptwort mit der Bedeutung 'der Morg(Mi'
gebraucht:
Durm. 1. G. 14885 II fiancèrent al parmain.
Die Gleichwertigkeit, welche main und ;;/(///;/ als synctiiyme Ad-
verbien haben, bewirkt, dafs auch das seiner l^tymologie nach ad-
verbiale 7nain substantiviert wird.
Roq. (ÌI0SS. II 1 14 Tels rit au main qui le soir pleure. — Ch. de Coney
3967 Et main et soir. — Farces 275 Kn voyant soir et main.
IV. Den (Gegensatz zu den vorgenannten Adverbien bietet
tard (tarde), was entweder *nach der bestimmten Zeit' bedeutet,
oder, nur mit Beziehung auf die Länge des Tages, 'gegen Ende
des Tages' heifst.
Ruteb. II 263 Ne puet venir trop tard a œuvre Bons ouvriers. — Cb. de
Coucy 5623 Tempte et tart. — Farces 202 Soit tost ou tard, ou lointj
ou près.
Die Frcquentat¡v-Adverb¡en.
Unter dem gemeinschaftlichen Namen Frequentativ-Adverbien
verstehen wir diejenigen Adverbien, welche eine Wiederholung einer
Thätigkeit in verschiedtMien Ze¡traum(Mi ausdrücken. Diese Wieder-
holung kann eine einmalige oder mehrmalige sein. i. Zum Aus-
drucke der ersteren hat das Late¡n¡sche die Partikeln Herum und
denuo. Im Afrz. begegnen wir mit demselben Sinne der fast zum
reinen Fonnwort erstarrten Verbindung de rechief, ilie bis zum
17. Jahrh. gebräuchlich, jetzt aber veraltet ist. Lat. Grundlage dieser
seltsamen Bildung ist de-re-capite. Ursprüngliche Bedeutung dürfte
daher wohl sein *in der Sache von vorn an'. Zu vergleichen wäre
das italienische da capo.
N.
DIE AFRZ. ADVERBIEN DER ZEIT. 1 7
St. Aub. 1009 Lors Tund de rechief mut plus k'avant pene. — Percef. IV
23, I Si vous requiers de rechef qu'il vous plaise. — Du Bellay II 125 Le-
dit ambassadeur le pria de luy bailler de rechef ce qu'il demandoit. —
Malh. Sen. Epîtres. Le dialectique derechef est divisée en conceptions et
en paroles.
2. Eine mehrfache Wiederholung in bistimmten Zeiträumen
bezeichnen die lat. Adverbien coHdie und guoiannts. Das Franzö-
sische hat keine diesen entsprechende volkstümliche Bildungen,
sondern umschreibt die betreffenden Begriffe mit Hilfe der Nomina
di\ jour und an.
3. Die häufigere oder seltenere Wiederkehr einer Thätigkeit
in unbestimmt gelassenen Zeiträumen zeigen dem Römer saepe^
raro und interdum an. Saepe ging den romanischen Sprachen
verloren. Statt desselben bedient sich der Franzose der begriffs-
verwandten Partikel subinde, die ihm souvent ergab:
Rol- 739 ^^^ ï"i eel host suvent e menu reguardet. — Fl. et Bl. 1262 Se-
mont souent de mengier. — B. Chr. frç. 92, 16 On a sovent grant aise en
petite maison.
In parallelen Sätzen oder Satzgliedern wiederholtes souvent er-
hält die Bedeutung *bald — bald':
Rou I 578 Suuent iert pale, suuent ert pers, Suuent asdenz, suuent envers,
Suuent s'endort, suuent s*esveille, Suuent s'estent, suuent ventraille.
Bemerkenswert ist noch, dafs das ursprünglich rein adverbiale
Wort in ein Adjektiv umgewandelt wird. Als solches entspricht es
in Verbindung mit fois (vices) unserem *zu wiederholten Malen'
und wird zur Umschreibung der einfachen Partikel verwandt. Sau--
ventes fois ist im 1 6. Jahrh. allgemein im Gebrauch , auch in I^-
fontaines Werken lesen wir diese Verbindung noch. Die moderne
Sprache bedient sich ihrer nicht mehr.
St. Alex. 49, i Soventes feiz lor veit grant dol mener. — Villeh. 94, XXXIV
169 n issoient soventes fois. -— Percef. I 6, 4 Sou ventes foys cheut pasme. —
Rab. I 23 Souventes foys s'adonnayt a révérer.
Lat raro wird im Frz. durch rarement ausgedrückt.
Zum Ausdrucke des in interdum enthaltenen Begriffes besitzt
die frz. Sprache keine eigene Adverbialform; sie bedient sich als
Ersatz mehrerer Umschreibungen vûii fois (vice), nämlich:
cl) a la fois:
B. Chr. frç. 112, 15 A la feis Engleis fuient et a la feis recovreient.
ß) aucunes fois oder auch aucune fois:
Percef. I 2, I Non seullement de la dycte ysle se taignoient de la dicte
herbe, mais aussi selonx aucuns les femmes d'icelle ysle aucunefois s*en
taignoieut. — ib. II 5, i.
y) maintes fois oder viaintefois:
Rou III 343 Maintefeiz j)ar nun chaleir Par percsce e par nunsaveir Remaint
maint bel fait a escrire. — Farces 136 J'ay ouy dire maintesfois.
Wiedergabe des lat. intcirea und seiner Synonyma.
Von lat. Wörtern mit der Bedeutung * unterdessen*, * indessen',
* mittlerweile ' wurden zunächst dum und interim von der frz. Sprache
ZelUchr. f. roni. Ph. VU. 2
1 8 W. ZEITLIN,
Übernommen und mit partikelhaftem Charakter beibehalten, doch
ergaben sie nicht zwei selbständige Partikeln, sondern vereinigten
sich zu dem untrennbaren Lautgebilde dementre (pr. dementra\ dem
noch das überleitende s am Ende hinzugefügt wurde. — Aufser
dementres findet sich noch die Form dementiers, für welche dum-
interea als lat. Grundlage anzunehmen ist Das s am Ende ist
auch paragogisch. Beide Formen des Adverbiums nehmen oft en
vor sich, durch zugefügtes que werden sie zu Konjunktionen. Ihre
syntaktische Verwendung bietet keine Eigentümlichkeiten dar; sie
entsprechen in der Bedeutung lat. interea und werden promiscue
gebraucht. — Wir begegnen auch der Form enirementes, z. B. Froiss.
Chron. VIII 209. Scheler meint, dafs sich dieselbe aus der Prä-
position entre, dem Adverbialsuffix -ment und der adverbialen End-
silbe -es zusammensetzte. Diese Annahme scheint uns wenig An-
spruch auf Richtigkeit zu haben, weil eine derartige Verbindung
nicht zusammenpassender Elemente abnorm sein würde. Unsere
Ansicht ist, dafs durch Volksetymologie etUrementres gebildet wurde
(aus en^dementres) und dann die auch sonst vielfach stattfindende
Dissimilation eintrat, durch die in don zwei aufeinander folgenden
Silben der gleiche Laut r beseitigt wurde. — In der zweiten Hälfte
des 1 4. Jahrh. schwinden die angeführten Adverbien aus der Sprache.
— Noch ist zu bemerken, dafs durch Assimilation die Nebenform
demetfres entstanden ist. — Beispiele giebt Burg., Gramm. II 283.
Das Französische besitzt femer zwei dem lat. interea ganz ent-
sprechend gebildete Adverbien derselben Bedeutung, nämlich entre-
tant (inter tantum) und entrues (inter hoc ipsura). Das erstere wird
graphisch nicht selten durch entretemps wiedergegeben — eine
Schreibweise, die augenscheinlich auf einer irrtümlichen Etymologie
beruht, welche tempus als lat Grundlage ansieht.
Froiss. Chron. X 4 Entretemps se révélèrent encores ceuls de Paris.
Mit que zusammen übernehmen entretant und entrues wie die
vorher behandelten Adverbien konjunktioneile Funktionen. — Im
1 5. Jahrh. werden diese Adverbien noch zuweilen gebraucht, später
werden sie ganz durch Umschreibungen wie cependant, a ces entre-
faites u. a. ersetzt.
Rou in 567 Entretant enueia Rou espier Baieues. — L. C. d. St. Pal. Laisse
moi aler, il me tuera entretant que tu me tiens. — Froiss. Chron. VII 6
Entroes estoient les guerres en Kaus et en Normendie.
Die Gleichzeitigkeit, also das zeitliche Zusammenfallen zweier
Thätigkeiten wird schliefslich durch tandis (tamdiu mit paragogi-
schem s) angezeigt Littré leitet dieses Adverb von tantos dies her,
während er für das entsprechende prov. tandius als lat Grundlage
tamdiu annimmt Wir können seiner Ansicht nicht beipflichten,
da uns kein Grund vorzuliegen scheint, für die frz. und prov. Form
verschiedene Etymologien aufzustellen. Eine Volksetymologie, welche
die Silbe dis mit der gleichlautenden in tousdis identifizierte und
eine Komposition tansdis hervorbrachte, ist allerdings vorhanden;
Burguy (Gramm. II 328) liefert für dieselbe mehrere Beispiele; doch
DIE AFRZ. ADVF.RBIKN DER ZEIT. ig
war dies eben eine irrtümliche Herleitung des Wortes dis. Tandis
verblieb der Sprache als Adverbiura in der Bedeutung 'unter-
dessen' bis zum Ende des i6. Jahrh. Mit que una comme zMSdsarñen
dient es als Konjunktion.
Rom. de Ren. 16130 Lietard qui tandis s'apensoit De respondre. — ib.
16944 Tandis que il les asanble Renart ses coroies li emblc. — Percef.
IV 70, 4 Tandis comme le roy estoit en ce propos. — Marot (Glauning
S. 45) Tandis entre eux revolvent et remirent Les mots obscurs de TOracle.
(Ovid. Interea repetunt caecis obscura latebris Verba datae sortis secura.)
Wir führen einige Stellen an, die tandis substantiviert mit dem
Sinne * moment', *peu de temps* zeigen. Es erklärt sich diese
Substantivierung dadurch, dafs die Sprache den Begriff * Zwischen-
zeit' unterschob.
Farces 280. — Froiss. Poes. 11 3, 13 Pour ung tandis. — Se tint avec sa
mf re un tandis. — Froiss. Chron. XII 345 En ce tandis.
Nicht selten sehen wir das Adverbium von en abhängig. En
tandis veraltete im 16. Jahrb., nur in einigen patois erhielt es sich
noch länger. Betreffs tandis entscheidet sich der Sprachgebrauch
dahin, dafs nur tandisque beibehalten wird. Den adverbialen Ge-
brauch von tandis tadeln schon Vaugelas und Menage als inkorrekt
(vgl. Menage, Observ. s. 1. lang, frç., part. I 327).
Schlufsbetrachtungen.
Überblicken wir nun, nach den vorangegangenen Untersuchungen,
den Gesamtvorrat der altfranzösischen Zeitadverbien, um denselben
mit dem entsprechenden lateinischen zu vergleichen, so müssen wir
gestehen, dafs der Verlust an ursprünglichen Partikeln ein ganz
aufserordentlich bedeutender ist. Aus der reichen Fülle lateinischer
temporeller Adverbien gingen sehr wenige als selbständige Form-
wörier in das Französische über: wir finden nur ante, beri, hodie,
¡am, mane, matutine, nunquam, post, primo, semper, subinde, tarde,
tempori und imquam, vielleicht auch tunc als französische Adver-
bien wieder.
Wie wird diese auffallende Einbufse erklärt?
Sie läfst sich auf einige allgemeine Ursachen zurückführen:
Ein so charakteristischer Bestandteil der Sprache die partikelhaften
Wörter auch sein mögen, so treten sie doch, ihrer Natur nach, in
dem Sprachganzen weniger nachdrucks- und wirkungsvoll hervor
als die Nomina. Die Sprache kann sich ihrer leichter entschlagen,
weil sie nicht zu ihrem wesentlichen Material gehören; sie besitzen
daher auch eine geringere Existenzfähigkeit und Widerstandskraft
als jene. Demnach dürfen wir uns nicht wundem, dafs in einer
Periode des sprachlichen Niedergangs, wie er in der späteren
römischen Volkssprache erscheint, wo selbst hochwichtige Wörter
mit nominaler Bedeutung in groiser Zahl der Vergessenheit ver-
fielen, das Aufgeben alter Fremdwörter noch viol allgemeiner war.
20 W. ZEITLIN,
Dazu kam der Umstand, dafs die nach möglichster Deutlich-
keit und Sinnialligkeit strebende Sprache die erstarrten und in ihrer
Bedeutung vielfach verdunkelten Partikeln durch entsprechende no-
minale Umschreibungen zu ergänzen suchte. Der Begrifi * jetzt'
ward durch * zur Stunde*, * sogleich' durch *auf der Stelle', * damals'
durch *zu jener Stunde' ersetzt. War aber erst einmal ein solcher
Ersatz gefunden, so verfiel die Partikel um so schneller und sicherer
dem Untergange.
Endlich kommt bei den Zeitpartikeln insbesondere jene allge-
mein festgestellte Thatsache zur Geltung, dafs kurze oder zu klang-
lose Wörter von der Sprache aufgegeben werden, — was den
Verlust nicht weniger Zeitadverbien erklärt
Dafs trotzdem das Altfranzösische eine sehr beträchtliche An-
zahl von Umstandswörtern der Zeit besitzt, ist ein Beweis dafür,
dafs aus neuen Elementen hervorgegangene Formationen den er-
littenen Verlust reichlich genug deckten.
Nach ihrer Entstehung imterscheiden wir nun bei den alt-
französischen Zeitadverbien folgende Klassen:
1. Die im Vorangegangenen aufgezählten lateinischen Zeit-
adverbien, welche, nach der den französischen Lautgesetzen gemäfs
erfolgten Umwandlung, der französischen Sprache erhalten blieben.
2. Zeitadverbien, die zwar rein lateinische Grundlage haben,
deren lateinische Radikale jedoch zum Teil oder ganz anderen
Wortklassen angehören.
a) Aus Adverbien hervorgegangen: adone (ad tunc), idonc (ibi
tunc), demenires (dum interim), demenliers (dum interea), longes (longe),
mais (magis), encuì (atque hodie) und tandis (tam diu).
b) Lateinische Adjektiva oder Participien liegen folgenden Par-
tikeln zu Grunde: /r^w/i^rj (primarius), /»r^j^«/ (praesens), /öj/ (tostus).
c) Substantivische Bildungen: or (horam), encor (atque oder
hanc horam), lors (¡IIa hora), ouaìi (hoc anno), antan (ante annum),
enquenuit (adhuc noctem?), lues (loco).
d) Formationen verschiedener Art: a estros (ad extrorsum), après
(ad pressum), empres (in presso), demanois (de manu ipsum), entresait
(in transactum), entrues (inter hoc ipsum), maintenant (manu tenens),
tantost (tantum tostus?), ades (ad -ipsum) und die unvolkstümliche
Bildung incontinent (in continenti).
3. Im Französischen erst gebildete Adverbien.
a) Einfache, durch Ableitung entstandene Adverbien sind:
errant, erranment, longuement, premièrement, présentement, primereine-
ment, rarement, sowie die zuweilen mit temporeller Bedeutung auf-
tretenden Modaladverbien, z. B. delivrement, isnelement u. a.
b) Kompositionen von vorhandenen französischen Wörtern :
avanthier, devanjhier, Pautrier, huimais, maishui, désormais, oremiroit,
orains, desja, de rechief,
c) Phrasen zur Umschreibung von Adverbialbegriffen: pieca,
posa^ nagueres.
DIE AFRZ. ADVERBIEN DER ZEIT. 21
Bei näherer Betrachtung dieser adverbiellen I^utgebilde er-
geben sich noch folgende Thatsachen:
i. Die charakteristische Endung des Zeitadverbiums ¡st ^es;
dieselbe braucht jedoch nicht immer hinzugefügt zu werden. Wir
sehen sie bei atncues, donques, longes, onques, ores, encores u. a. —
Diez ist der Ansicht, dafs in Adverbien wie longes, prtnies u. a. die
Endung es durch Zufügung des Pluralzeichens an das auf e endi-
gende Wort entstanden sei. Selbst wenn man dies als richtig
gelten läfst, kann man doch -es die eigentümliche Adverbendung
nennen; denn für reine Partikeln wie donques, onques, ainques u. a.
kann man füglicherweise keine Pluralbildung annehmen; möglich
ist jedoch, dafs diese Adverbien nach dem Vorbilde der erstge-
nannten die Endung -es annahmen.
2. Viele Adverbien zeigen das paragogische s\ doch ist das-
selbe den ältesten Sprachdenkmälern noch unbekannt. Wir nennen
ains (ante), dementres, dementier s , lors, ors, premiers, sempres, tan"
dis, jadis,
3. Da der ursprüngliche Sinn der Endung ^meni (mente) all-
mählich verdunkelt wurde, nahmen auch manche Zeitadverbien diese
zunächst nur den Umstandswörtern der Modalität zukommende
Endung an, so longuement, premièrement, présentement, primereinement,
rarement u. a. In der neueren Sprache tritt diese Endung noch
häufiger zu Zeitadverbien.
4. Beachtenswert ist die Zusammensetzung mit dem den Be-
griff des Adverbiums stärker hervorhebenden ipsum (frz. = ois oder
es), dem sich unser 'selbst' bei Ortsadverbien einigermafsen ver-
gleichen läfst Es begegnet uns in ançois, demanois, entrues.
5. Neben den eigentlichen Adverbien hat die Sprache eine
überaus grofse Menge von adverbialen Redeweisen, welche teils
zum Ersatz für wirklich verlorene Partikeln dienen, teils aber nur
dazu bestimmt sind, gröfsere Mannigfaltigkeit, Abwechselung oder
Deutlichkeit zu bewirken. Wir unterscheiden:
a) vermittelst der Kasuspräpositionen oder anderer Präposi-
tionen mit den Adverbien gebildete Ausdrücke. Die Präpositionen
{de, a, en, par) sind nur dazu bestimmt, den Begriff des Adverbiums
auf zierliche Weise wiederzugeben ; sie modifizieren denselben durch-
aus nicht. Beispiele sind: en apres, par apres, a r apres, alors, en de^
mentres, en dementiers, en hui, a longes, de maintenant, de present, aprésente
de primes, a primes, de premiers, par main, par matin, en tandis,
b) Zahlreiche substantivische Umschreibungen, die in der alten
Sprache viel beliebter und frequenter sind als im modernen Fran-
zösischen. Wir finden nur den casus obliq. vertreten; denn nur
dieser kann an die Stelle von Partikeln treten; der Accusativ
kommt am häufigsten vor, doch sind auch Bildungen mit de und a
nicht selten. Hierher gehören z. B. tous dis, tousjours, long temps,
ehalt pas, isnele pas, de prim saut, a la parestrousse, die Zusammen-
setzungen mit fois u. V. a.
12 W. ZEITLIN, DIE AFKZ. ADVERBIEN DER ZEIT.
Der ursprüngliche Zeitpartikel vorrai des Altfranzösischen blieb
nicht intakt, sondern war schon im Laufe der ersten Jahrhunderte
manchen Veränderungen unterworfen.
Einige Partikeln geben früh ihre ursprüngliche Bedeutung auf
oder nehmen neben derselben eine oder mehrere andere an; so
heifst sempres nur in wenigen alten Denkmälern * immer', später
bedeutet es stets * alsbald'; das Adverbium mainienani = * alsbald'
geht in die Bedeutungen *eben' und * jetzt' über; das Synonymon
von maintenant^ nämlich tost, hat seit dem 15. Jahrh. die Neben-
bedeutung *früh', welche ihm später ausschliefslich bleibt; der
primitive Sinn von primes ist * zuerst'; doch schon im 13. Jahrh.
begegnen wir der Partikel mit der Bedeutung 'dann', *da', seit
dem 14. Jahrh. kommt ihr dieselbe allein zu. Donc geht allmählich
zum rein konklusiven Gebrauch über; ains bleibt nur als adversa-
tives Adverbium erhalten, or verliert den gröfseren Teil seiner tem-
poralen Funktionen.
Auch veralten verschiedene Zeitadverbien und werden wenig
gebraucht oder ganz verworfen; so giebt die Sprache schon im
13. Jahrh. idonc und huimais auf; im Laufe des 14. Jahrh. erlöschen
nach und nach dementres, entruesy entretant\ bald nachher sind auch
ainc, antan, lues, entresait, demanois, ades u. a. ungebräuchlich; ouan
kommt noch im 15. Jahrh. vor. Andere Adverbien halten sich
während der mittel französischen Sprachperiode; doch werden sie
im Verlaufe des 16. Jahrh. allmählich aufgegeben, so z. B. adone,
enquenuii (mfrz. anuict), ja, premiers.
So ist von der Menge von Zeitadverbien, welche das Altfran-
zösische besafs, nur ein geringer Bruchteil in die moderne Sprache
übergegangen. Diese hat den Verlust nur unvollkommen durch
Umschreibungen und neue Zusammensetzungen ergänzt.
W. Zeitlin.
Die Fleiion des Vocativs im AltfranzösisGhen und
FrovenzaUsoheii^
§ I. Einleitung. Eine in der Geschichte der nordwest-
romanischen Deklination noch nicht hinlänglich erörterte Frage ist
die nach der Flexion des Vokativs. Man nahm allgemein still-
schweigend an, seine Flexion gliche entweder der des Nominativs,
oder sie stimme mit dem Âccusativ überein, d. h. der Vokativ
Singularis habe bald ein ñexivisches s, bald nicht. So stellt Bartsch,
ehrest, de Tane, franç.^ S. 503 und Chrest. prov.^ S. 424 die Regel
auf: *Le vocatif singulier tantôt a, tantôt n*a pas s*. Burguy Gram-
maire I 97 bemerkt: *Le vocatif avec le s de flexion est très ordi-
naire, mais les exemples où il ne Ta pas, sont tout aussi nombreux.
Les' exceptions à la règle proviennent sans doute de l'influence
qu'exerça la forme latine de ce cas, à laquelle on remonta au
Xllle siècle.' Dasselbe sagt Mätzner Franz. Gram. S. 362. Auch
Diez Gram. 11^42 und 51 erwähnt die unsichere Flexion des Vo-
kativs. Gaston Paris in der Einleitung zur Vie de Saint Alexis
S. 107 ff, sagt: *Une question qui n'est pas encore bien résolue
dans l'étude de l'ancienne déclinaison française est celle qui con-
cerne le vocatif des mots qui appartenaient à la 2^ déclinaison
latine. Le vocatif de ces mots se rapprochait par sa forme non
pas du nominatif, mais des cas obliques (dominus — domine)
puisqu'il n'avait pas d's. D'autre part, une distinction aussi ñne
que celle du nominatif et du vocatif devait échapper à une langue
qui avait si considérablement restreint la déclinaison, et l'assimilation
de ces deux cas était d'autant plus naturelle que dans la ire et la
3e déclinaison ils ne difléraient pas. Aussi voit-on dans les anciens
textes français le vocatif traité tantôt comme un cas oblique d'après
rétymologie, tantôt comme le nominatif d'après l'analogie, c'est-à-
dire tantôt privé, tantôt pourvu d's.'
Lebinski, der in seiner Abhandlung: Die Flexion der Sub-
stantiva in der öil-Sprache (Breslauer Diss. 1878), die Nominal-
flexion der altfranz. Denkmäler bis zu Ende des 12. Jahrh. dar-
gelegt hat, hat es leider versäumt, die Frage nach dem Vokativ zu
beleuchten.
Zuletzt hat sich mit unserem Gegenstand beschäftigt Kosch-
witz in Böhmers Rom. Stud. Ill 493 ñ". Er hat den Versuch ge-
macht, eine Regel aufzustellen, allerdings mit wenig Glück. In
seiner Abhandlung: *Ueber den Vocativ in den ältesten französ.
24 A. BEYER,
Denkmälern' untersucht er nämlich die Vokative in der Passion,
im Alexius und im Oxforder Roland, welch* letztere in anglonor-
mannischen Handschriften überliefert sind. Da Koschwitz keine
anderen Texte zu Rate gezogen hat, als die von einem Provenzalen
geschriebene Passion und solche, die den Accusativ als Nominativ
gebrauchen, so muíste seine Untersuchung zu unhaltbaren Resul-
taten führen.
§ 2. Entstehung des Vokativs. Ehe wir in die Frage
über die Behandlung des Vokativs in den altfranz. und provenz.
Texten näher eintreten, müssen wir uns über die Entstehung des
Vokativs klar machen, ob derselbe aus dem lat. Vok. entstanden
ist oder nicht. Formell unterscheiden sich der Vok. vom Nom.
und Acc. im Lateinischen nur in der II. Deklination der Mase. Sgl.
auf 'US y und diese Deklination wird daher beim Übergang ins
Romanische unser besonderes Interesse in Anspruch nehmen.* Durch
seine Endung -e kam der lat. Vok. dem Acc. sehr nahe. So hätte
mundus im Altfranz, monz, mundum = mont und munde = moni
ergeben müssen. Ein Bedenken gegen das völlige Aufgeben des
lat. Vok. in dieser Klasse könnte man haben bei Wörtern, die im
Nom. Sgl. auf -cus ausgehen, wie amicus, jocus, locus, caecus etc.
Der Nom. Sgl. amicus muíste altfranz. amis geben, der Acc. amicum
gab mit Ausfall des gutturalen c altfranz. ami. Wie verhielt sich
aber der Vokativ amicei
Wir sind gewöhnt, in diesem Vokativ das c als Sibilant zu
sprechen 2, und insofern muíste die lautgesetzliche Form amis sein.
Es wäre also scheinbar der franz. Vok. Sgl. amis ein Rest des lat.
Vok. amice ; wofür man als Analogon ein Beispiel aus der Verbal-
flexion anführen könnte, indem ein fecisti mit Velar die franz. Form
fäSy dagegen ein fecisti mit Sibilant die Form fesis ergab.* Doch
ist ein solches Fortbestehen des lat. Vokativs nicht anzunehmen,
was schon die Form des Nom. Plur. lehrt. Ein lat. amici mit assi-
biliertem c hätte ebenso notwendig amis ergeben müssen, und doch
finden wir seit den ältesten Zeiten im Franz. die Form ami für
den Nom. und Vok. Plur. Man assimilierte eben diese Klasse den
übrigen Wörtern auf -us. Da in den übrigen Deklinationen nur
ein casus für Nom. und Vok. vorhanden war, so beeinflufste dieser
Umstand die II. lat. Deklination und man gebraucht auch in dieser
die Form des Nominativs für den Vokativ. D'e ältesten franz.
Denkmäler zeigen die Nominativform für den Vokativ verwendet.
' Übrigens findet sich schon im Lat. der Nom. fiir den Voc. in früher
Zeit gebraucht bei i^-Stämmen. Siehe F. Bücheier, Grundriss der lat. Deci.
2. Auflage. Bonn 1879. S. 43, wo neben Plautus Asinaria 664 auch Hör.
carm. I 2,42 und Livius I 24, 7 als Belege angeführt werden. Vgl. auch Neue
Lat. Formenlehre 1866. S. 78 ff.
2 Wie es ja auch zur Zeit der ältesten altfrz. Texte gesprochen wurde.
P Diese Behauptung läfst unbeachtet, dafs intervok. c vor Palatalvokal
nicht schwindet, feïs analogisiert sein kann und amice und fecisti nicht ton-
gleich sind. G.]
DIE FLEXION DES VOKATIVS IM AFRZ. UND PROV. 25
Als man seit Ende des 12. Jahrh. anfing, die Nominativform durch
den Accusativ zu ersetzen, was im Anglonormannischen schon in
den Werken Thaüns und im Brandan geschieht, verfiel natürlich
auch der vokativische Nominativ diesem Verfahren, und so kann es
nicht auñalien, wenn wir in dieser Übergangszeit bald Nom., bald
Acc für den Vokativ gebraucht finden.
§ 3. Da es sich bei der Frage, ob ein Autor den Nom. oder
den Acc. für den Vokativ gebrauchte, meist um das flexivische s
handelt, so sind nur solche Werke mafsgebend, in denen die
Nominalflexion streng durchgeführt ist. Daher sind auszuschliefsen
die Chanson de Roland und überhaupt die anglonormannische
Litteratur, da im Anglonormannischen schon in den ältesten Denk-
mälern die Verjüngung der regelmäfsigen Flexion, das Bestreben, den
Nom. durch den Acc. zu ersetzen — welches hundert Jahr später
auch auf dem Kontinent einrifs — wahrzunehmen ist. In anglo-
normannischen Denkmälern kann man daher keinen Aufschi ufs
finden über die Frage, ob die Nominativ- oder die Accusativ-Form
für den Vokativ gebraucht ward. Gaston Paris erkennt darin, dais
in den altfranz. Texten sowohl die Nominativform als auch die
Accusativform, die sich lautgesetzlich wenigstens teilweise aus dem
lateinischen Vokativ hätte ergeben müssen, gebraucht wird, ein
Fortbestehen des lateinischen Vokativs. Böhmer und Müller in
ihren Ausgaben der Chanson de Roland setzen durchweg für den
Vokativ die Form des Nominativs ein. Gautier in seiner Roland-
ausgabe setzt im allgemeinen den Vokativ mit flexivischem j, wo
s ¡hm auch im Lateinischen zukommt, und ohne j, wo auch der
lat. Vok. keins besitzt.
1. ALTFRANZÖSISCH.
§ 4. Von Denkmälern vor dem Auftreten des reinen Reims
kommt bei unserer Frage nur der Alexius in Betracht, das älteste
normannische Denkmal des Kontinents; denn in den Eiden, der
Eulalia, dem Jonasfragment und im Leodegar begegnet uns kein
Vokativ und die stark provenzalischen Einflufs zeigende Passion,
in der wir Vokative in der Form des Nom. finden, wird unten
bei Besprechung der provenzalischen Denkmäler zu behandeln sein.
Von späteren Denkmälern sind hauptsächlich die poetischen
in Betracht zu ziehen, speziell die reimenden. Auch Metrum
und Assonanz lassen unter Umständen erkennen, ob ein Dichter
für den Vokativ den Nom. oder Acc. gebrauchte. So besonders
bei den Substantiven 111. romanischer Deklination. Die Silbenzahl
konstatiert dann mit Gewifsheit den Sprachgebrauch des Dichters,
ob er z. B. òfr oder baron, emperere oder empereor brauchte etc. Das
Hauptmittel, wodurch wir die Sprache eines Dichters kennen lernen,
ist der Reim, und nirgends läfst sich die Fessel, die der Reim dem
Dichter auferlegte, besser wahrnehmen, als in der Nominalflexion.
Doch stofsen wir auch hierbei auf nicht geringe Schwierigkeiten.
20 A. BEYER,
Zunächst kommen in den einzelnen Texten nur sehr wenig be-
weisende Vokative im Reime vor, denn auf die im Innern des
Verses vorkommenden Vokative ist wenig Gewicht zu legen, da
ihre Flexion häufig eine willkürliche ist
Im Roman de Rou, Teil III, ed. Andresen, findet man unter
1 1 502 Versen nur 8 verschiedene Vokative im Reim, danmter zwei
Eigennamen, die nichts beweisen. In der Reimchronik des Philipp
Mousket haben wir unter ca. 12000 Versen nur 9 gesicherte Voka-
tive. In beiden Texten ist kein einziger Vok. fem. IL Dekl.
Wir haben auch Vokative im Reim, welche nichts beweisen.
Wenn wir z. B. zwei Vokative von Wörtern derselben Art mit einander
reimend finden, so können wir nicht wissen, ob z. B. das flexivische
s dem Dichter oder dem Schreiber angehört, denn Wörter der-
selben grammatischen Form können einander nicht als Stütze
dienen.
Am strengsten erscheint in der Durchführung der Nominal-
flexion Christian von Troyes. Leider besitzen wir nur vom Chevalier
au lyon eine genügende Ausgabe von Holland. Im Chev. au lyon
finden wir selten Verstöfse gegen die Nominalflexign, so v. 2828
salvage statt salvages. Im Erec und im Roman de la Charrete da-
gegen begegnen solche Verstöfse häufiger, es steht öfter im Reim
der Accusativ für den Nominativ.
Noch unsicherer in der Behandlung der Flexion im Reim und
also auch in der Form des Vokativs, sind Werke wie Flore und
Blanccflor, und Jean Bodels Chanson des Saxons. In ersterem
Text weifst Andresen in seiner Schrift: *Einflufs von Metrum,
Assonanz und Reim auf die Sprache der altfranz. Dichter* (Bonner
Diss. 1874) im Versinnern nur zwei Verstöfse gegen die Nominal-
flexion nach, im Reim dagegen ca. 40, wo also der Accusativ für
den Nonimativ steht; in der Chanson des Saxons sogar 120 Ver-
stöfse. Der sonst ziemlich korrekte Dichter des Veilchenromans
Gibert de Montreuil läfst manchmal flexi visches s im Reime bei
Wörtern auf unbetontes e fallen, und in einigen Fällen setzt er den
Accusativ für den Nominativ, so le rot für li rois v. io, recreant für
recreans v. loi etc.
Andresen a. a. O. bemerkt, dafs Schreiber, um den Versausgang
gleich zu machen, nach Belieben ein s weggestrichen oder ein
solches hinzufügten, also den Acc. für den Nom. gebrauchten und
umgekehrt. Indessen darf eine Einwirkung des Reimes nur dann
vermutet werden, wenn der Dichter hinsichtlich der Nominalflexion
sich sonst einer gewissen Korrektheit befleifsigt.
Zu bemerken ist noch, dafs der Vokativ häufig von attributiven
Bestimmungen, wie Artikel, Adjectiva, Pron. poss. begleitet ist, die
in manchen Fällen die Frage nach der Flexion des Vokativs ent-
scheiden helfen. Der Umstand, dafs wir den Artikel bei Appellativen
im Vokativ vorfinden, hat nichts Auffallendes, sondern ist in den
romanischen Sprachen eine sehr gewöhnliche Erscheinung. Hier
hat der Artikel noch seine ursprüngliche demonstrative Bedeutung
DIE FLEXION DES VOKATIVS IM AFKZ. UND PROV. 27
= i7/f. Das Italienische setzt quel z.B. quel giovanne! He! junger
Mann! Diez Gramm. IIP i^ hat den Punkt berührt
Auch im Neufranzösischen, besonders in Volksliedern, finden
wir Vokative mit Artikel häufig.
§ 5. I. Deklination der Feminina. Dieselbe bietet keine
Schwierigkeit dar. Es wird eben nur Singular von Plural unter-
schieden; in jedem Numerus giebt es nur eine Form für alle
Casus, also auch für den Vokativ. So schon in den ältesten Texten:
Vok. Plur. fillies Passion 66 a.
Vok. Sing. Alexius: pulcele 14a, dame 30c, bele failure 97a,
mere 89 a.
§ 6. IL Dekl. der Feminina. Bei den konsonantisch aus-
lautenden Femininis handelt es sich hauptsächlich darum, ob die-
selben im Vok., resp. Nom. Sing, ein s annehmen. Vgl. hierzu
Reimpredigt S. XXXIV. Vor Wace ist kein s zu belegen. Im
Alexius kommen auf lo Nom. Sing. Fem. ohne s nur einer mit s\
fins 58 d; vom Hrsg. in fin geändert. In der Passion haben wir
allerdings ca. 10 weibl. Nom. Sing, mit j, doch ist dies provcn-
zalischer Einflufs. In den ältesten Texten des Prov. findet sich
dies s bereits vor. Es entsteht die Frage: Wie verhielt sich der
Vokativ dieser Fem. II. Dekl. ? Erhielt er im 1 2. Jahrh. ebenfalls
dies s y oder behielt er die Form des Accusativs? Diese Frage
läfst sich nicht bestimmt beantworten, da wir zu wenig belegte
Vokative solcher Feminina vorfinden.*
Vok. Sing. II. Dekl. Fem.: cele fole geni : sun talent, Reimpr.
1 6 f. ; geni fole et vilainne^ Chev. au lyon 5 1 1 2 ; ma douce amor :
mon seignor, Barb. u. Méon IV 309, 409 ; fine amors^ Durmart le
Gaulois 5 171 ; mors desloiaux^ Rutebuef I 48 v. 42, 51 ; dulce flor :
me labor, P. Meyer, Recueil etc. II 338, 140.
In den Predigten des hl. Bernhard, hrsg. von Roux de Lincy
wird stets der Nominativ lür den Vokativ gebracht. O lu, citeiz
de Deu; O ver luz de Deu S. 552; O humiliieiz ver luz de Crist
S. 553.
Als Vokativ mit s findet sich genSy Guill. de Pal. 6414, Dolop.
S. 382.
§ 7. III. Dekl. der Feminina. Hierher gehört nur das
lat soror. Afrz. Sing. Nom. suer^ Acc. seror — Plur. Nom. seror^
Acc. serors. Ein Vok. Plur. ist mir nicht begegnet.
Vok. Sing. : ma douce suer : fuer, Heraclius 3607 ; amie suer
ib. 486, 3549; ma bielle douce suer : quer ib. 3913, ma 1res c hie re
suer : mon euer, Chev. au lyon. 5847; Bele suer! Bat. d'Alise. S. 90.
Daselbst kommt suer auch als Accusativ vor: Si ai un roi et une
suer cosine: marine S. 135; Suer, douce amie, Aucassin und Nicolete
7,20; 23,18; 25,15; Ma douce bele suer : vl nul fuer, Guill. de
Pal. 3020; bele suer : son euer, ib. 1679, 1775, 2971. pjnmal im
* Über Ausrufe mit çuf/, die nicht als Vokative, sondern als Accusative
aufzufassen sind, siehe Ztschr. f. Rom. Phil. VI 445.
28 A. BEYER,
Vcrsinnern: snersy doce amie, Guill. de Pal. 7817; doch gehört das
s dem Schreiber an. Douce suer! Dolop. S. 175; bele suer Berthe
a. g. p. 1217, 2181, 3077, suer Greg. Dial. 101,2.
§ 8. I. Deklinat. der Masculina. Vokativ Singularis.
Unter den masculinen Deklinationen wird als I bezeichnet die
Deklination der Stämme auf e, die im Nom. Sing, kein s haben wie
pere frere etc.
Nur wenig Vokative Sing, sind sicher belegt. Häufig findet
man zwei Formen für den Vok., z. B. pere neben peres etc., wobei die
Form mit s die jüngere ist. fredrc, Alex. 57a. In der Reimpredigt,
in Waces Brut und Roman de Rou begegnen keine Vok. dieser Dekl.
im Reim. Im Versinnem findet sich hei mesire, Rou 11 2372; frere
111 491, 21 17, 6927 etc. Die Flexion dieser Deklination ist hier
noch sehr rein; vgl. Rou 111 S. 555. Bei Christian von Troyes findet
sich hiax frere : ton pere, Chev. au lyon 5217; òi'ax mes/re : estre
ib. 5209. Ferner im Perceval le Gaulois: Nenil, oïau frere, a moie
foi. Bartsch Chrest. 164, i. Hier würde frères nicht in den Vers
passen, hiau frere : mere, Heraclius 541.
Im Chevalier as II espees, ed. Förster, haben wir öfter frere
V' 5310» 5332 etc.; daneben peres 8437, allerdings nicht im Reim.
— soveratns pere : mere, Richars li Biaus 2055; hiaus pere : mere,
Rich. 415; hiau frere : mere. Rich. 3743. Ebenso durch Metrum
gesichert: Casielain frere, or tos coures. Rich. 1533. Hieraus er-
sieht man, dafs die im Innern des Verses vorkommenden Formen
wie peres Rich. 4786, 1987 dem Schreiber angehören. Dafs wir
im Versinnem Vokative wie pere neben peres, frere neben frères
finden, ist eine in Texten des 12. und 13. Jahrh. sehr gewöhnliche
Erscheinung. Aber wir finden auch Fälle, wo Reim und Metrum
verschiedene Vokative neben einander gebrauchen und als dem
Dichter zugehörig erkennen lassen. Wenn wir Bataille d'Aliscans
S. 13 lesen: Diex, dist il, sire, vrais peres omnipotent im Reim zu
rendant, vivant etc., so müssen wir, um einen Zehnsilbler zu er-
halten vrais pere omnipotent lesen. Das attributive omnipotent wird
dem Reim zu Liebe sehr häufig in der Accusativform gebraucht,
statt in der grammatisch erforderten Nominativform. In dem-
selben (iedicht finden wir S. 172: Diex, dist li quens, peres omni'
potent im Reim zu talent, malement etc. Hier ist peres durch den
Vers gesichert. Zur Flexion von omnipotent vergi. Guillaume de
Palerne, ed. Michelant v. 1566: pere omnipotens : ses dens; v. 2422
pere omnipotent : griement. Ferner Fierabrás S. 135: hiaus pere
omnipotent im Reim zu garant, vilment etc.; peres, das im Innern
häufig vorkommt, würde hier nicht passen. Et des Roumains
mestre * et dus, Ph. Mousket 4374.
J^oi Harris, frères au bon roi, Rutebuef, ed. Jubinal I 51, 109.
— Fa US papelars, faus ypocrite : dite, Rutebuef IV 73, 236. — heaz
' Der Vers erfordert mestres.
DEB FLEXION DES VOKATIVS IM AFRZ. UND PROV. 2g
/rere : empeTeTe, Durmart 6 173; /rere : ses venere, ib. 10764. Da-
neben im Innern öhers /reres, Durmart 3630, 4301, 10735; mestre
: estre, Guill. de Pal. 1187. Die Nominativform maisires metrisch
gesichert ib. 2478; auch begegnet einmal der Vok. hiau maisires,
ib. 4789.
In Aucassin und Nicolete werden in den prosaischen Ab-
schnitten Formen wie pere und peres unterschiedslos neben ein-
ander gebraucht. Ebenso in der Chanson d'Auberi (Toblers Mit-
teilungen) /rere neben peres, so peres omnipoiens Im Reim zu -ent
S. i8g, 12.
Dafs die Flexion der die Vokative begleitenden attributiven
Bestimmungen eine sehr willkürh'che ist, zeigen nicht blofs Reime
wie omnipoiens y sondern auch z. B. die Rédaction rimée d^'Alexis,
aus dem 13. Jahrb., wo ein und dasselbe Adjectiv verschieden
flektiert wird: biaus /rere pèlerins : vis, mis etc. v. 660, 875, dagegen
bel /rere pèlerin 'AzXm, parchemin v. 913; biau neben biax sehr
haufìg.
Aus den Contes et Fabliaux, hrsg. von Barbazan und Méon
sind von Vokativen der I. mase. Dekl. zu belegen : frere : le nostre
pere III 22, 150. biax /rere : encontrerent II 147, 100; pere : mere
I 303, 1008; sire preslre : estre IV 185, 118.
Ferner biau /rere : mere, Dolopathos S. 72; /rere : del pere
Dol. S. 200; biau meslre : estre Dol. S. 80. Einmal findet sich im
Dol. S. 232 : Cil respont: Biax pere, oïl, tuit. Hier könnte nicht
peres stehen.
Im Münchener Brut findet sich nur pere, rcsp. peire 2836,
3136, 3261. In der Einleitung bemerkt der Hrsg. S. XLIV: *Der
Vokativ hat immer die Form des Nominativs.* Dagegen kommen
in den Dialogen Gregors Formen mit und ohne s als Vokativ
vor*: Jrere (freiré) Greg. Dial. 76,23; 85,19 etc., neben y'r/'rc'j
i6>9î 77» ^7« P^''^ (peire) 14,11; 17,24 neben peires 157,15,
159, 17. maisire St Euphrosyne (P. Meyer, Recueil III 335,29).
§ 9. Vokativ Plu ralis. Vokative Plur. dieser Deklination
sind sehr selten zu belegen. Vor allem begegnet die Anrede /rere
in Werken geistlichen Inhalts. So z.B. Greg. Dial. 74, 2^, 88, 11,
173,4 ^^C' ^^'^'' freiré in der Altburgundischen Übersetzung der
Predigten Gregors, herausgegeben von Conrad Hofinann in den
Abhandlungen der bair. Akademie 1881. Der Vok. Plur. /reire
uwá /rere sehr häufig, so S. ^^2, 35, 109, 112. Ebenso chier /reire
in den Predigten des hl. Bernhard S. 521, 550 u. s. w.
§ 10. II. Dekl. der Masculina. Vokativ Singularis. Zu
dieser Deklination gehören alle Worter, die nach dem Typus Sing.
Nom. viurs, Acc. 7nur — Plur. Nom. murs, Kcc. murs dekliniert
werden.
* In Verbindung niit Eigennamen werden nur die Formen ohne s ge-
braucht : p^re Stevenes, frere Marcea x etc.
30 A. BEYER,
Deusy die gewöhnliche afrz. Form des Vokativs. * So schon
Alex. 1 2d, 46a. Reimpredigt 67a. — Von Vokativen Sing, dieser
Deklination finden sich im Alexius: reis 5d, 67e, 41a (das attri-
butive Adjectiv celestes ist in der Accusativform überliefert; vom
Hrsg. geändert), vis AI. 97a, filz'^ iib, 27a u. s. w., amis 22a,
96 a, 97e.^
Von Adjektiven II. Dekl. finden wir im Vokativ, und zwar in
der Nominativform: chiers Alex, 223., 2yey gta, òe/s :^ia, 88b, 2 2d,
/jons 45 d, ric/ies 44a und saintismes 7 2d. In letzteren beiden ist
das flexivische s durch das Metrum gesichert, daher ändert auch
(t. Paris das 90e überlieferte eher und das dreimal begegnende
hei (44a, 57a, 97a) und fügt s an.-*
In Waces Nicolas ed. Delius findet sich nur ein Vok. IL mase.
Dekl. amis : quesis v. 1440. In Waces Brut ed. Le Roux de Lincy
(leider keine kritische Ausgabe) finden wir zuweilen den Acc. für
den Vok. gesetzt :
Mal cuiverty fait il, ja mourras, Brut 375.
Locrirtt dist il, put fei, pul fol : son col, ib. 1384.
caia/ mei, Brut 1948, vgl. lat. me miserum!
Sonst findet sich in der Nomintivform : filz Brut 2775, 2857
u. s. w., amis ib. 1 1 830.
Im Roman de Rou (Ausgabe von Andresen) sind nur wenig
Vokative zu belegen, Wir finden auch schon den Acc. für den
Vok., ähnlich wie im Brut.
Vok. Sing.: malvais coarl : trop tart, Rou lU 7043 (vergi, die
Beispiele zum Vok. Plur. dieser Deklination).
Sonst finden wir amis durchweg für den Vokativ gebraucht
II 1460, 3912, 4285; III 2128. Von dominus lautet der Vokativ
bald danz, bald dan: Dan abes II 1720; dan clerc III 2357; Dan
BernarlUl 2^2^.
Regelmäfsiger ist die Flexion bei Christian von Troyes, welcher
die Nominativform für den Vokativ verwendet : chevaliers : premiers,
Chev. au lyon 975, amis : mis, Chev. au lyon 1057, 2017, 5134,
: apris, Pere. 4514, : ocis, ib. 2422, amis : assis, Bartsch Chrest^
166,32. Auch Adjectiva haben die Nominativform: dex pt/issanz :
dedanz, Bartsch Chrest. 163,6; amis r/>rj : mestiers. Pere. 2657;
: volentiers. Pere. 5844.
Die Flexion der P'.igennamcn kann uns über den Vok. keinen
Aufschlufs geben, da sie sehr willkürlich flektiert werden. Ge-
wöhnlieh wird bei ihnen der Accusati v für den Vokativ gebraucht,
obwohl häufig in ein und demselben Texte Nom. und Acc. bei
demselben Nomen proprium vorkommen. So finden wir: Merlin :
* Ebenso im Latein.
* P hat^a; S ßus. Im Acc. ist ebenfalls yi/z überliefert: 6c, 30e etc.
^ Schon in der Passion amicx 38 a.
* Auch in lier Passion vers (verus) 76a als Attribut zum Voc. rex.
DIE FLEXION DES VOKATIVS IM AFRZ. UND PROV. 3 I
de millor lin Waces Brut 7559; tu amis Bernart : coart Rou II 1466.
— Por deu, Qua/ogrenaut : siLiïïantf Chev. au lyon7i; Mes sire
Vvain : demain, ib. 599; : vain 1549. Dagegen: Mes sire Vvains :
vos estes mes cosins germains, Chev. au lyon 579, 629. Kbenso
vergi. Bataille d'Aliscans S. 37 : Dist Aerofles : A moi, Guiliaumç^y
entent; hier kann nicht Guillaumes gelesen werden. Dagegen ib.
S. 4 1 : Dist Aerofles : Guillaumes , on vas-tu ? Dist Aerofles : Guil-
laumeSj entendes.
Im Heraclius kommt nur ein Vokativ im Reim vor: Aie dieus,
sains esperii : li dist v. 86. Hier ist allerdings Accusativform an-
zunehmen, die übrigen im Versinnern vorkommenden Vokative
jedoch stehen im Nominativ: fieusi Heracl. 385, 389; amis ib. 561.
Der Chevalier as II espees setzt den Nom. für Vok. amis häufig
im Reim, so amis : plevis 4015; : mis 340; : fis 4957; entrepris
6566; : pais 8078. sire chevaliers \\o\çxi\i^x% 4394; : fiers 4713;
: premiers 8734; sire rois \ à\x dois (discus) 428, 5185. rois \
cortois 983. Einmal im Reim: Vallet : se met 6198, daneben
im Versinnern häufig Valles 3884, 3945, 3973, 8876. Im Richars
li Biaus steht überwiegend der Nominativ für den Vokativ im Reim:
amis : tramis Rieh. 2027; : Loeys 4146; biaus damoisiaus : li biaus,
Rieh. 774; : li vassaus 4986; vassaus! : tu saus, ib. 52 1Ò; sire rois
: asseois, ib. 4105. Es finden sich nur 2 Reime, die den Vokativ
in der Accusativform aufweisen: franc chevalier : Tot chier, Rich. 2188
und der neben dem Vok. osles v. 1344, 1347, 4357 vorkommende
Vok, osle : les sa coste, Rich. 1324.
Huon de Bordeaux : Hé ! Auberons , pullens nains bocerés : je
serai afames, Bartsch Chrest. 192, 17.
In den Contes et Fabliaux von Barbazan u. Méon finden wir
den Vok. in der Nominativform: amis : avis IV 343, 551 ; : sis (sex)
III 287, 149, : pramis IV 419, 809 und öfter. Dagegen ist IV 309,
409 zu lesen: mon dous ami y da auch die übrigen Vokative an
dieser Stelle im Acc. stehen (s. S. 35 — 36). — sire rois : drois,
Í 72,339; III 208, 131. sire haut^ reiz : menestreiz, III 84, 262;
Filz : vis IV 230,429. Sains Esperis : apuris IV 52, 1028; A vos
congié Waubers h der s : enfers I 140, 157. — Einmal findet sich
in der Accusativform: chailif dolent : torment IV 331, 155.
Die in den Laissen abgefalsten Gedichte, wie Jean Bodels
Clianson des Saxons, die Bataille d*Aliscans und der Fierabrás zeigen
die Regel vom flexivischcn s schon häufig verletzt, auch im Reim,
daher oft der Acc. für den Vok. gesetzt wird. Dies ¡st besonders
im Singular der ¥sM, so z. B. Vok. Sing.: chevalier : -¡er, Alise. S. 5.
losengier! ebenfalls eine ier-Tirade, ib. S. 29; baceler : -er, ib. S. 103.
Auch der Nom. Sing, lautet häufig baceler im Reim¡ Alise. 97, 141
u. s. w.
Doch auch biax amis : plevis : quis etc., Alise. S. 199. biax
amis : fis : mis etc., Fierabrás S. 2^. — amis : mis, Rom. Viol. 278,
' M.ui bessere /tanz.
32 A. BEYER,
Q43» 5777 f ^^^^ ^^^^^ chiers : Je ne sui ne fers ne achieis, Rom.
Viol. 4455. — Der Ace. für den Vok. findet sich z. B. Rom. Viol.
V. 5356; sire vassal: vostre assai.
Die ungefähr 1 243 n. Ch. geschriebene Reimchronik des Philipp
Mousket zeigt stets den Nom. für den Vokativ verwendet, biaus
Jous amis : promis, Mousket 8634, 10086; Karies, bons rois : conrois
V. 7106; Et des Roumains mestre et dus : Augustus v. 4374 (s. S. 28).
An der Stelle, wo Karl um Roland trauert und diesem eine
Lobrede hält, v. 8400 ff., werden durch 12 ganze Verse hindurch
Vokative gebraucht und zwar alle in der Form des Nominativs.
Der Schlufs dieser Anrede lautet: Destruisieres de Sarrasins, A
chresliiens aidieres fins. In v. 805 ó Rois hardis, rois larges et preus,
ist der Nom. metrisch gesichert.
Bei Rutebuef finden wir von Vok. Sing. II. mase. Dekl. haupt-
sächlich ami im Reime; so amis : mis I 149, 42; II 12, 57; IL102,
81 etc.; Deus ànemis : mis II 82, 95. Die Chanson d^ Auberi (Toblers
Mitteilungen) läfst im Vok. von Masculinen li. Dekl. das flexivische
s häufig weg; so haben wir in längeren Tiraden auf -ier Vokative
Sing, wie messaigier 5, 28; paumier 57,3; bot illier 68, 30; doch be-
gegnen Vokative wie amis, anemis nur im Reim zu -is: 11,22;
35, 18; 193, 19.
Im Guillaume de Palerne : pere rois! : fois v. 4922; biax dous
amis : garis 2868; : pris 6721, 8250; : paradis 917 1 etc.; : vis
4926. Adjectiva, die als Attribut zum Vokativ sire stehen, finden
sich im Reim in der Nominativform. Biau ^ sire chiers : li vachiers,
Guill. de Pal. 584; volentiers, ib. 702, 8295, 9035. Ähnlich 3 129 ff.:
He'f vrais dous peres Jesu Cris,
Rois sor tos rois poesteis
Vraie paterne, omnipotent etc. : vraiement.
Der Ace. findet sich im Reim nur in Vassal : du cheval. Quill,
de Pal. 2132, daneben im Verse bons vassaus 2"] 22,
Im Durraart le Gaulois: rois : Morois 6016; : li Galois IH23.
amis : esbahis 4169 ; : fornis 1 1394 ; chevaliers vermauz : li seneschauz,
ib. 13047. — Mavais chevaliers Com estes fei et pautonniers v. 4499;
beaz sire damoisealz! Aves vos eus ses juealz 1975; sire chiers : li
arciers 10482, 10572; : li esquiiers 3641«; : volentiers 5033.
Der einzige Ace. ist vassal, welches zweimal im Reim vor-
kommt, vassal : le mal, Durra. 2917; : le seneschal 779. Ira Dolo-
pathosv (hrsg. von Brunei u. Montaiglon) findet sich amis häufig im
Reirae: S. 55, 78, 172, 389 etc. riches rois debonere : fere S. 14. —
— las! dolanz
Filz, tu n*avoies ke .VII. ans. S. 117.
Der Münchener Brut bietet keine Vokative ilieser Deklination
ira Reira. Die ira Versinnern vorkoraraenden zeigen die Nominativ-
forra, so amis 2>2>ò^ì ^^'«^ 49 1- ^^ dci" altlothringischen Übersetzung
' Es ist biax zu schreiben.
DIE FLEXION DES VOKATIVS IM AFRZ. UND PROV. ^^
der Predigten Gregors ist sehr beliebt der Vokativ yi/s S. 87, 91,
107 etc. Der Acc. lautet in diesem Denkmal fi/ S. 125.
Die Dialoge Gregors zeigen den Nom. für den Vokativ, falls
liicht direkte Nachahmung des Lateinischen vorliegt, ß/z = lat. fili
23,10; 78,18; 209,22; 238,1; ebenso Serm. de Sap. 318,13;
sers del sanior = serve dei, 140, 13; jovenceaz 198, 12.
Wenn wir 43, 14 lesen: O lo saint homme Fortuneit lo vesque^
so ist dies direkte Anlehnung an das lat. Original : O virum sanctum
Fortunatum episcopum, Vokative von Eigennamen stehen im Nom.:
sainz Equice^ 25, 15 = sánete Equiti ; Maxmes 2^2, 14 = Maxime
(s. S. 29).
Die Pred. d. hl. Bernh. zeigen Filz häufig. Mit sire zusammen
findet sich der Vok. : toz poixans, S. 527; Chaitis malaurous, ke
presume tu, S. 523. — O nobles rois et rois de ciel^ S. 553. —
O enfantemenz solz senz dolor, S. 530. Daneben auch der Vok. Sing,
im Acc. einmal: Ami, lai la venjance, S. 522.
i^ II. Vokativ Pluralis (II. mase. Dekl.). Derselbe ist nur
in geringer Anzahl zu belegen. Abgesehen von dem im Vers-
innern stehenden Vok. Plur. Mariner, Waces Nicolas 234 findet
sich das erste gut belegte Beispiel eines Vok. Plur. II. mase. Dekl.
in Waces Brut 3132: Fil a putain . . . coart : essart; ib. 1 1058: Mi
compaignon et mi ami : qui estes ci. Hier also die Nominativform ;
dagegen finden wir Rou III 9583 : chevaliers reals : des vassals,
während ein Vok. plur. von Adjektiven begegnet Rou III 2652:
BarunSy funt il, franc natural : a cheval.
Sarrasin! : fin. Rich. 2635. — ^'^ ^ putain, garçon bouvier :
allez couchier, Barb. u. Méon III 338, 387. In der Chanson des
Saxons des Jean Bodel (éd. F. Michel) findet sich ein Vok. plur.
dieser Deklination und zwar im Nom.: nobile chevalier : -ier S. 12.
Ebenso in der Bataille d' Aliscans: Fil a putain, dist il, garçon lanier
: -ier, Alise. S. 232. In demselben (iedicht findet sich im Versinnem
der Vok. plur. mi fil. Alise. S. 251. — Im Reim steht derselbe
Vok. bei Gautier de Coincy 545, loi : ///// mi fit,
Tuit mi ami et trestuit eil etc.
Franc chevalier menbré \ commandé, arme etc., Fierabr. S. 71, 158;
Xobile chevalier : ier, ib. 99, 106.
Eine gr<)fsere Anzahl von Vok. plur. II. Dekl. begegnet in den
Gedichten des Rutebuef : prélat et prince et roi : le desroi, I 6, 84
(Dit de (iuill. de St. Amour).
He ! arcien ! — Decretistrc, fisicien
Et vous la gent lustinien
Et autre preudomme ancien etc. 1 95» 40 fif. (Complainte
de Guillaume de St. Amour). Ahi! grant der, grant provandier :
viandier (Nom. Plur.) I 112, 309 (Complainte d'Outre - Mer). —
Prélat, clerc, chafalle r, bor fois! I 137, 183 (Nouv. Complainte
d'Outre Mer). — Venez , //* buen , a ma citei , Alez , // mal, a
dampnement, I 175, 31 (Chanson de Pouille). Vasseur, qui estes
a Tostei, Et vos li bachelier e'/Vi/w/ : sachant , I 176,50 (Chanson
Zolliwhr. f. rom. l'Ii. VII. 2
34 A. BEYER,
de Fouille); ebenso I 165, 85 (Voie de Tunes). In der Chanson
d*Auberi finden wir von Vok. plur. : nobile chevalier : -ier 57, 9 ;
148, 2}^, Ebenso in einer ?Vr-Tirade: Mauvais garçon , lecheour,
pautonnier 7, 5; Fil a putain pusleni : mesprent etc. 110, g.
Der Dit dou vrai aniel zeigt bereits völlige Verdrängung des
Nom. durch den Acc. So findet sich ein Vok. Plur. mes amis :
mis v. 222.
chevalier I : troi millier, Guill. de Pal. 6666. — O vos trestuit ki
irespasseZt Dolop. S. 405. — Culvert de put lina ge y Mönch. Brut 1437.
filh, Senn, de Sap. 285, 29, 33, 38 ; Maleoit, Hiob 344, 7. Endlich
begegnen einige Vok. Plur. in den Pred. d. hl. Bernh. : Tuit li arbre
, . . eslevez vos mains S. 530. — Aprenez ami S. 535 ; signor roi!
S. 550. — Ciel oyez et terre rezoif en tes orgoilles S. 530. — In
einem wallonischen Denkmal , der Vie de sainte Juliane, haben wir
im Reim bon crestoien : bien (P. Meyer, Archives des Missions V 203).
§ 12. Für den Vokativ der II. raasc. Dekl. ergiebt sich aus
den oben angeführten Beispielen :
1. Abgesehen von Eigennamen findet sich für den Vok. Sing,
und Plur. der Nominativ gesetzt. So steht der Nom. für den Vok.
ausschliefslich in: Alexius, Waces Nicolas, Christian von Troyes,
Chevalier as II espees, Reimchronik des Philipp Mousket, Rutebuef,
Guillaume de Palerne, Durmart le Gaulois, Dolopathos, Gregors
Dialoge, Altlothring. Übersetzung etc.
2. Je einmal findet sich der Acc. für den Vok. Sing, im Reim :
Waces Brut 1384; Heraclius 86 ; und in den Pred. d. hl. Bernh.
S. 522.
3. Der Roman de Rou zeigt im Reim sowohl für Vok. Sing,
wie Vok. Plur. den Acc. neben dem Nom. malvais coart : tart,
Rou III 7043; chevaliers reals : des vassals III 9583.
4. Je 2 Beispiele für den Acc. im Vok. begegnen im Richars
li Biaus 1324 und 2188, sowie in den Contes et Fabliaux von
Barbazan und Méon IV 331, 155 und IV 309, 409. In allen übrigen
Fällen steht der Nom.
5. Bei dem Worte vassal ist im Vok. Sing, schon früh der
Acc. für den Nom. gebraucht worden ; so findet es sich nur je
ein mal im Reim im Rom. Viol. 535O : vostre assai, Guill. de
Pal. 2132 : du cheval, zweimal im Dunnart le (iaulois v. 779, 2917
— alles Texte, in denen sonst nur der Nominativ für den Vokativ
gebraucht wird.
6. In den in gereimten Laissen geschriebenen Gedichten, wie
Chanson des Saxons, Bataille il' Aliscans, Fierabrás und Chanson
d'Auberi findet sich mehrfach der Acc. für den Vok. Doch ¡st
dabei zu bemerken, dafs es vorzüglich die langen auf -/>r aus-
gehenden Tiraden sind, in denen man sich gestattete, das flexivische
s des Reimes wegen fortzulassen. Im Vok. Plur. hingegen, der ja
auf 'ier auslautete und in die Laisse S(»hr wohl pafste, ist keine
solche Verjüngung eingetreten, daher iindet sich in den genannten
Gedichten der Vok. Plur. stets in der Nominativform.
DIK FLEXION DES VOKATIVS IM AFRZ. UND PROV. 35
§ 13. 111. Deklination der Masculina. Vokativ Singular.
Dieser Deklination folgen alle Noraina, die bei der Bildung des
Accusati vs den Accent verschieben, oder um eine Silbe zunehmen.
Bei den Wörtern der III. Deklination bietet das Versmafs ein
gutes Mittel, um zu erkennen, welche Form 'ein Dichter für den
Vokativ gebrauchte. Auch kommen im Versinnem nur wenig
Unregclmäfsigkeiten in der Flexion vor. Ein im Altfranzösischen
unendlich oft wiederkehrender Vok. ist sire. Ich werde also nicht
alle Fälle anführen, in denen das Wort im Reim oder Versinnem
vorkommt, sondern nur eine Auswahl geben.
Im Alexius finden sich von hergehörigen Vokativen: hom 44a,
45 d, 72 d; sire 6 mal belegt: lood, 104 a, 113a etc.; sire : aiXQ
begegnet Reirapredigt i i6e, Waces Nicolas 254, Brut 6987. Femer
Wörter wie quens, Brut 1 1043 '» ^'^-^ ^'^•^» ^^^^ 9774 î Put fel^ ib. 1384.
Im Roman de Rou sire : dire III 3707, 1^11 \ sire quens II 1574 ;
gentil her : plorer III 1 10Q3 und öfter im Versinnem II 670, III 2893;
Dans abes II 1 7 20. Neben dem Vok. Saint Saveir (== Severus) :
poeir, Rou III 3958 findet sich in der Accusa tivform im Reim Saint
Salveor : s*enor III 3955.
Von Eigennamen, die bei dieser Deklination, was die Flexion
anbetrifiTt, von gröfserer Wichtigkeit sind, als bei den vorhergehenden,
begegnet im Vok. sire Otes, Rou II 3154 (der Acc. lautet O tun
II 3187).
Christian von Troyes: sire oft im Reim, Chev. au lyon 263,
601, 1297, 3827; sire compainZj ib. 6468.
Ebenso sire im Heraclius; femer emperere : pere. Her. 4780,
5644, beweist aber nicht, ob der Dichter empereres sagte.
Im Chevalier as II espees : Si li dis : Sire, et jo Totroi v. 2 204 ;
hiaus compain 10430; hiaus nies : 25Ó9, 8359.
Ebenso Richars li Biaus: sire im Reim 92, 852, 4825 etc.;
compains 5312, 5318; sire qtians \ ^o\^Ví% 4042.
Huon de Bordeaux (Ausgabe von Guessard und Grandmaison)
Traitres leres! 2084, metrisch gesichert; biax nies 2563; sire iu
der Assonanz 9 141; glotis Bartsch Chrest.^ 184,15. pjgennamen
im Vokativ: Hues! v. 2307, 8095 (Acc. Huon); Na/es ! v. 72, 300
(Acc. Nalon).
Von Wörtern III. Dekl. finden sich in den Contas et Fabliaux
von Barb. u. Meon, und zwar in der Nominativform: He! N^icoias
li Carpentiers — Compains debonair e et entiers I 141, 193; trahitres
parjurs! IV 4Ò9, 534; sire : ire I 109, i io; : diro I 244, 79 etc. Zum
ersten Mal findet sich der Vok. in der Accusativfomi Barb. u. Méon.
IV 309, 409 : Ele respont : Mon dous signor.
Mon dous amis, ma douce amor;
(loch gehört das betr. Gedicht jedenfalls späterer Zeit an.
Bataille d*Aliscans : mes S. 5, 6 etc.; treciere : pioniere 19; fei
traitres 44 etc.
('hanson dos Saxons: biaus nies, S. 174, 9; 227,7; «^'''^» tffoiz
empereres 211, 4; fel cuver z renoiez 255; Jel traites renois 258,5.
3»
30 A. BEYER,
Das attributive Adjektiv im Accusativ : fei traître puilent : -ent,
S. 173. — glous sehr häufig S. 34, 35, 38 etc., auch gloz S. 2Q,
39; quens S. 41, 121; gentix nobles et her : -er S. 76, 10 1, 219;
sire, nicht sires, ist belegt Alise. S. 160 Par Mahomet, j/jre, or
vos en gardés. — S. 219 Dist Rainouars: Biaus sire, avant venés. —
S. 225 Trestot s'escrient : Baudus sire u es tu?
Bei den Eigennamen wechselt Nom. und Ace. im Vok. Wir
finden im Reim Samson : -on. Alise. S. 72. Daneben Vok.: Sanises
ib. S. 72. — Auch im Fierabrás ist sire, nicht sires, als Vok. Sing,
belegt : Et dient a Karion : Biaus sire alons nous ent. Fier. S. 1 35,
— Sire, u est li quens Guis, mes noviaus mariés, ib. S. 102. —
Puis a dit a Rollanti Biaus sire or esgardéz, ib. S. 86.
Der Vers: Sire, drois emperere, envers moi entendes S. 133
würde nicht beweisen, ob der Vok. emperere oder empereres lautet,
dagegen S. 135 Et dist Reniers de Genes: Emperere or entent —
lâfst nur die Form emperere zu. Ferner finden sich im Fierabrás
Vokative wie: nies S. 6, 138 etc.; glous S. 26, 63, 167, 177; her
S. 22, ly, compainz S. 26, 52, 84, 157 etc., trechieres S. 29. Eigen-
namen im Vok. stehen in der Form des Nom. ; Guenes S. 1 64, 1 68
(Acc. Guenelon); Karies S. 169, 179 (Acc. Karion); Guis S. 1 10 (Acc.
Guion). Als Nominative fungieren auch die Accusative der Eigen-
namen+i, jedoch nicht als Vokative.
Reimchronik des Ph. Mousket. Aufser dem üblichen sire haben
wir: Sire compainz preus et sent s v. 7146. Die ältere Form ist
compaign und begegnet mehrfach: Hc! Oliviers^ hiaus dous compaign
: je vous plaign, v. 8074 ; Compaign Rolians! 6019; sire compaign
6892; quens 8248; hiaus nies, poissans et fors : de tout mon cors
8346. Ebenso 8415, 8733. — sire empereres 11135. — Guenles^
traîtres lere — /V/ desloiaus et /aus mordere, v. 8126 (die ent-
sprechenden Accusative würden Guenelon, traitor, felon etc. lauten)
Guenles als Vok. auch v. 7509, Agamies 81 10.
Rutebuef: He! cuens Jehan . . . sire : dire II 70, 97; II 72, 205
etc.; cuens de Blois I 72, 133.
Im Aue. und Nie. sind Vok. wie sire, quens zahlreich. Einmal
begegnet der Vokativ her 13,6 in der Assonanz. Die Chanson
d'Auberi zeigt Vok. III. Dekl. im Nom.: sire cuens 30, 8; frans
cuens 36, 16; 78, 1 1; sire compainz 165, 3; Traîtres 193, 19; 240, 7.
Von pj'gennamen begegnet Vok. Huedes häufig in dieser chanson.
Daneben einmal der Acc. im Vok. Huedon 188, 24.
Guillaume de Palerne : sire häufig im Reime; : dire 1954;
• ire 335, 6000; // miens chier sire : mire 9077. Metrisch gesichert
V. 9395 : Conissons? voire, sird, oïl; sire preudom : guerredon 513;
nies 2153; her 6653.
Durmart le Gaulois: Aufser sire findet sich im Reim: culvers
trahi tres, Ierres — Vos P empor tt's come roheres 4231 ; nies 8 191, 985 T,
13887; niíTS O243 ; hraz co m pa ins g en fiez et dos 133 20.
DIE FLEXION DES VOKATIVS IM AFRZ. UND PROV. 37
Dolopathos: sire häufig im Reim; durch den Vers gesichert
S. Ill, iQi, 192 etc. Aufser nies S. 35Ò findet sich: Ierres 205;
en/es 219; 7nes an fes i^^i'y híax preudons : séìonc raison S. 412.
Hier ¡st das j zu streichen.
Selbst in späteren Denkmälern sind Vok. dieser Deklination
fast nur im Nom. zu belegen.
Enfances Ogier, hrsg. v. Scheler: Drois empereres 479; nies 818;
Namles 729.
Berte aus grans pies, hrsg. v. Scheler: sire Diex . . . vrais gou'
ver nere 1065; mauvais lere 1069, beide im Reim auf ^ere,
Li coronemens Lovys, hrsg. von Jonkbloet: gloz 138, 840;
nies 363. Der Acc. für Nom. steht z. B. v. 1791 : Sire Acelin, nO'
bile poigneor, in der 0- Assonanz. Ebenso in Assonanz v. 2 114:
Vostre merci, baron, wo nur eine Person angeredet wird.
Im Münch. Brut ist im Reim kein Vok. III. mase. Dekl. ent-
halten. Im Versinnern nur sire 3261.
Die Dialoge Gregors zeigen sire und sires sowohl für Nom.
wie für Vok. sire 40,3; 140,18. Hiob 335,36; 364,24.
Dagegen mes sires =* áorsÁne mi! 211,9. Ebenso begegnen
beide Formen neben einander in den Pred. d. hl. Bemh. chier sire
S. 524, 526, 531, 552; chier sires 536, 551.
Das attributive Adjektiv steht noch in der Nominativflexion:
sire toz poixans! S. 527. Aufser sire nur noch der Vok. 0 tu hom
s. 523» 530.
Die altlothr. Übersetzung der Predigten des hl. Gregor hat für
den Nom. sire und sires; im Vokativ gewöhnlich sire S. 82, ici
u. s. w.
§ 14. Vokativ Plural (III. mase. Dekl.). Von Vok. Plur. der
III. mase. Dekl. findet sich zuerst ein Beleg* in Waees Brut 12878:
gentil signor : bon conquereor. Compaignun, gentil home, Rou li 3790.
Bei Christian von Troyes: Seignor : le traitor, Perceval 7291;
Seignor : lor, Pert, in Bartseh Chrest. 163, 29.
Baron : lor gargon. Rich. 3354; Segnor : honor, Heraclius 2127,
3347, 5087. — Zwei Vok. Plur. finden sich auch in der Chanson
des Saxons: Qar retornez, baron : a esperón, S. 258. — Et li rois
lor eserie: Parlez a moi, glotón : guerredon S. 259.
Bataille d'Aliseans: franc chevalier baron : -on S. 168. — Armés
vos, bel enfant : -ant S. 163. Im Innern des Verses kommt als
Vok. Plur. glouton S. 45, neben gloutons S. 35 vor. Signor im
Innern häufig S. 74, 98 etc.
Rutebuef: Empereor et roi et conte : Ten conte I 107, i.
Prince^ baron, tournoiour
Et vos autre sejorneour I 132,51 (Nouv. Compi.
d'Outre Mer).
* Das im Alexius viermal sich findende seinors als Voc. Plur. (93a, loia,
105 b, 125 a) ist dem anglonormannischen Schreiber zuzuschreiben.
.38 A. BEYER,
In der Rédaction riraée d'Alexis lindel sicli ein Vok. Piur. im
Nom. : Peceor nonsaçant : vivant, grant etc. v. 941.
Chanson d'Auberi: yrí?«^ chevalier baron : -on S. 255,4; ^^^on
: bouton 209,18. Ira Versinnern auch Enfant! 4,32; Seigneur ^^ ^o.
— Im Guill. de Pal. steht im Reim: mi baron : a esperón 1891 ;
1972. biau signor : s'onnor 5029; : de tei labor 5043; : rempereor
2487, 2513, 2612; : lor 6130, 6949. biau signor chier : son destier
V. 5588. Dagegen biau signor s : cors 5643.
Dunnart le Gaulois: bea/ saignor : el criator 118 14. Im Vers-
innern steht ebenfalls der Nominativ: Seignor 5982, Ò799, 9566;
Enfant! 31 21.
Dolopathos: Biau seignor : de Tennor, S. 84, 160. Im INIünch.
Brut kommt von Vok. Plur. nur vor: seinor (seinur) v. 764, 787,
817, 947, nicht im Reim.
saniory Serm. de Sap. 283,2; 288,41. Hiob 330,27.
signor roi, Pred. d. hl. Bernh. S. 550.
§ 15. Aus den angeführten Beispielen ergiebt sich für den
Vok. der III. mase. Deklination:
1. Für den Vok. Sing, und Plur. dieser Dekl. wird der Nom.
gesetzt
2. Der einzige Fall, wo abgesehen von Eigennamen der Acc.
für den Vokativ steht , ist Barb. u. Meon IV 309, 409 : man dota
signor : ma douce amor, aber an dieser Stelle stehen alle Vokative
in der Accusa tivform (s. S. 35). Sonst ist der alleinige Vokativ sire,
3. Als im 12. Jahrh. die Nominative dieser Dekl. ein j an-
nahmen, wurden diese Formen allerdings auch für den Vokativ
gebraucht, doch zeigen Reim und Silbenzahl, dafs die ursprüng-
lichen Formen noch sehr lange im Vokative festgehalten wurden.
Formen wie sire, emperere, Ierre etc. finden sich im Reim und lassen
kein j zu. Durch Silbenzahl ist sire gesichert in den angeführten
Versen aus Aliscans, Fierabrás, Guill. de Pal. etc. (siehe S. 36),
ebenso der Vok. cmperere ohne .9 im Fierabrás. Einen Vok. sires
kann ich weder aus Reimen noch durch das Versmafs nachweisen,
er begegnet nur in Prosatexten, so in den Dialogen Gregors und
Predigten des hl. Bernhard. Anreden wie sire, emperere etc., wenn
sie im Innern des Verses vorkommen, werden gern in die Cäsur
gesetzt. Da nun im Afrz. hinter der Cäsur noch eine unbetonte
Silbe stehen kann, die im Verse nicht mitgezählt wird, so kann
man dann nicht mit Sicherheit erkennen, ob die betr. Vok. auf e
oder CS ausgingen.
4. Die Vok. Plur. kommen stets im Nom. vor. Als einziges
Beispiel für den Acc. fand sich biau signors : cors, Guill. de Pal.
5643, indessen lautet auch in diesem Denkmal der Vok. Plur. signor,
wie die übrigen Reime beweisen.
Auf dem ganzen Gebiet des Altfranzösischen hat man bis ins
13. Jahrh. hinein den Nom. für den Vok. gebraucht Noch in
einem Denkmal des 14. Jahrhunderts, in dem von P. Meyer in der
DIE FLEXION DES VOKATIVS IM AFRZ. UND PROV. 39
3. Publikation der Sociétc des anciens textes veröffentlichten Aben-
teuerroman Brun de la Montagne iìndet sich der Vok. fast durch-
gängig in der Form des Nom. (vgl. Mussafia in der Ztschr. f. rom.
Phil. I 100). Zur Zeit, als der Accus, eine immer gröfsere Aus-
dehnung in der Sprache gewann und den Nom. verdrängte, wurde
dieser Casus natürlich auch für den Vok. verwendet, und es ist
begreiflich, dafs wir zuweilen Acc. und Nom. in demselben Text
für den Vok. finden. Erst als man am Ausgang des 14. Jahrh.
in jedem Numerus nur eine Form festhielt — die neu französische
Gestalt — gab es auch für den Vokativ keine verschiedenen Ver-
tretungen mehr.
II. PROVENZALISCH.
>5 16. Im Provenzalischen haben wir von den ältesten Denkmälern
an die Flexion vollkommen ausgebildet. Die Regel vom flexivischen
s wurde festgehalten. So ist sie streng durchgeführt im Boëtius und
in dem am besten hier erwähnten Alexanderfragment (vgl. Flechtner,
Sprache des Alex.-Fragm. Breslau 1882). Weniger sorgfaltig ist die
Passion, doch finden sich Vokative nur in der Form des Nominativs.
Die Trobadors kannten diese Regel ebenfalls, beachteten sie aber
mehr oder wem'ger streng.^ Zur Zeit Raimon Vidais, des Verf.
der Razos de trobar, um die Mitte des 13. Jahrb., war diese Regel
nicht mehr in vollem Bewufstsein. Um die Mitte des 14. Jahrh.
war sie längst im Sprachbewufstsein verschwunden, und auch die
theoretische Einführung der Leys d'Amors konnte sie nicht mehr
zu allgemeiner Anwendung bringen. Was die Flexion des Vok.
anlangt, so lehren die beiden Grammatiker Uc Faidit und Raimon
Vidal eine völlige Gleichstellung des Nom. und Vok. in beiden
Numéris; ebenso natürlich die Leys d'Araors ein Jahrhundert später.
Uc Faidit im Donat proensal- S. 3, 4 stellt die Regel auf, dafs
alle Wörter auf ö/W, eire und ire im Nom. Sing, kein s annehmen,
ihr Acc. endige sich auf -ador, resp. -edorf -ü/or. Er sagt aus-
drücklich: *Der Vok. gleicht dem Nom., er endet also nicht auf
'üdor* Die Praxis widerspricht in zahlreichen Fällen. Er führt
eine Reihe von Wörter auf, die im Nom. Sing, nicht j annehmen
— also auch im Vok. nicht, wie maestre, presire, postre, sener, die
organischen Komparative melher etc., ferner sor (sóror), bar (baro)
genser, leuger, greuger. Wir finden jedoch viele dieser Wörter mit
s im Reim, darunter auch Vok., z. B. sors : defors, Flamenca 4780.
Von Femininis hebt Faidit die Wörter auf -aiz und -uiz her-
vor und bemerkt, dafs erstere im Nominativ und Vok. Sing, und im
ganzen Plural auf -alz ausgehen (bontatz), letztere im Nom. und
Vok. Sing, auf -i//s, im Nom. und Vok. Plur. aber auf -/// auslauten.
Stengel S. 6.
[' Vgl. dazu Reimann, Die Deci, der Subst. u. Adj. in der langue d'oil.
Danzig 1882. G.]
• Die beiden ältesten provenzalischen Grammatiken Le Donatz Proensals
und Las Razos de Trobar, herausgegeben von E. Stengel. Marburg 1878.
40 A. BEYER,
Ebenso lehn Kaimon Vidal cinc völlige Olciclislellung des
Nora, und Vok. IJbcr die parisillabischen Masculina bemerkt Vidal *:
Alle masculinen Wörter nehmen í an in 6 Casus, im Nom. und
Vok. Sing., im Gen., Dat., Acc. und Abi. Plur., und erhalten kein
s in à Casus: Nom. und Vok. Plur. und im Gen., Dat., Acc. und
Abi. Sing. — Er bezeichnet das Annehmen des s als alongar. Über
den Vok. sagt er : *Autresi de totas las parolas masculinas s*alongan
tuit li vocatiu singular et s'abreujon tuit li vocatiu plural. Li vo-
catiu singular s'alongon autresi com li nominatiu, el vocatiu plural
s*abreujon autresi com li nominatiu.' Ebenso lehren die Leys
d* Amors 2 verschiedentlich die Gleichheit des Nora, und Vok. II 104:
*Lo vocatius es tostemps semblans al nominatiu en termenatio';
femer II 154: *Tug li nominatiu e li vocatiu singular regu lärmen
devo termenar en s e li plural ses s/ Ebenso li 210. — Dafs die
Grammatiker so strenge Regeln für die Flexion der Substantiva
aufstellen, hat, wie Raimon Vidal selbst sagt, seinen Grund darin,
dafs man im ganzen prov. Sprachgebiet gerade inbezug auf Nom.
und Vok. Sing, und Plur. schwankte, während Acc. Sing, und Plur.
überall richtig gebildet wurden. Mit andern Worten, die Regel
vom flexivischen s war im 13. Jahrh. in der Volkssprache aufser
Gebrauch geraten.
Aus alledem folgt, dafs die Trobadors des 12. und 13. Jahrh.
keine strenge Nominalñexion innehielten, sondern schon früh Nom.
resp. Vok. mit dem Acc. vermengten. Wir werden daher Vokative
sowohl im Nom. als auch im Acc. neben einander vorfinden, doch
war der ursprüngliche und in älteren prov. Texten alleinige Ver-
treter des Vok. der Nom. Zum Beweis sollen einige Beispiele aus
älteren prov. Texten folgen. Die Einteilung und Reihenfolge der
Deklinationen ist dieselbe wie im Afrz.
§ 17. I. De kl. der Feminina. Dieselbe hat der Regel nach
im Plur. s y im Sing, nicht, doch findet sich ein Vok. Sing, mit s
z. B. maires de Christ. Mahn, Werke d. Troub. IV 67.
§ 18. II. De kl. der h' emini na. Nur Vok. Sing, sind belegt
und zwar im Nom. morz! im Boëtius, Bartsch Chrest. prov. 4, 27.
Der Vok. utorz im Bertrán de Born, ed. Stimming, Lied 41, 17
rührt vom Hrsg. her. Die Hs. haben mort.
Ein häufig begegnender Vok. ist Amors /^ so Jaufre Rudel ed.
Stimming 43,43; 45,8; twiors : socotìì Flamenca 2695 und öfter.
Chanso! Mahn Werke I i6ü wechselt mit chansos I 13g.
Bella donna gaia e va/enlz,
Pros e corioza e conoìsseniZy
Flors (le heliaiz e flor s (Vonorsy
Flors de joven e de valors. Mahn Werke II 154 if.;
' Stengel S. 74 lì.
* Monuments de la littérature Romane par M. Gatien -Arnoult. Tou-
louse 1842.
DIE FLEXION DES VOKATIVS IM AFRZ. UND PROV. 4I
iwrats /ums c clortatz : platz, Guiraut de Horneil. V. Meyers,
Recueil etc. 1 82, Chrest. prov. 99, 19.
î^ 19. 111. Dekl. der Feminina, bella sors : defors, Fla-
menca 4780.
§ 20. I. Dekl. der Masculina. Vokativ Singularis. Vot.
mit s sind nicht sicher zu belegen. In den ältesten Prosatexten
des Provenzalischen aus dem 1 2. Jahrh., der prov. Übersetzung des
Johannis-Evangeh'ums ', sowie in den von P. Meyer herausgegebenen
Sermons Limousins- lassen sich nur wenige Vok. nachweisen: Paer
Job. Fa*. Kap. 17 v. i, 21, 24; Paer Jusz = PsLier juste, Joli. Ev.
Kap. 17 V. 25. — hl poetischen Denkmälern finden sich: proplule
in franz. Form Passion 47d; fraire : -aire, Gir. Ross.^ 8283. Ebenso
fr air e metrisch gesichert corns fraire e cors amis^ Gir. Ross. 5225. —
bel sener paire Flamenca 109.
Vok. Plur. 1. mase. Dekl. kann ich nicht belegen.
§ 21. II. Dekl. der Masculina. Vokativ Singularis. Im
Boëtius findet sich nur die latinisierte Form dottine pater^ Chrest.
prov. 16,22; sonst ist die gewöhnliche Form doti, in der älteren
Prosa dorn, Job. Ev. 13 v. 6, 25, 36.
In einem Gedicht des Trobador Marcabrun (L*autrier jost' una
sebissa) steht am Anfang der Strophen Toza abwechselnd mit Doti,
Chrest prov. 60.
Von Vok. Sing. IL Dekl. begegnen: reis Serm. Lim. Chrest.
prov. 24, 19; amicx, Pass. 38 a; vers rex, Pass. 76 a.
Im Girart de Rossilho: attiicx . . . penedetisiers : -iers, Chrest
prov. 39, 34; attiicx, ib. 38, 10; doti reis, ib. ^2, 19; reis del eel, ib.
42, 17; doti Vila pautotiier, ib. 43,4; En lausengier : -ier Gir. Ross.
V. 443^-
Bertrán de Born, ed. Stimming: Reis de F ratissa 2,36; Gens,
¡oves cors francs e ver ais e fis ', úq mon pais 19, 1 7 ; Mailolis, joglars
malastruc : faissuc etc. 24, i. Stimming bemerkt zu dieser Stelle,
dafs das im Vok. erforderliche s des Reimes wegen abgefallen sei.
Bels dous Maracdes fis : conquis, bei Gaucelm Faidit Chrest.
prov. 145,3. — Xyiez Gram. IP 42 führt als Beispiel für das Vor-
konmien von Nom. und Acc. im Vok. eine Stelle aus dem Grafen
von Poitiers an, wo dorn pelegrin : -in (latin etc.) vorkommt Das
betr. Gedicht: En Alvernha etc. befindet sich in Raynouards Choix
V 1 18. — corles ttiessalgiers : volun tiers, Choix IH 88 aus Bernard
de Ventadour.
Im Roman de Flamenca (hrsg. v. P. Meyer) haben wir bels
osles V. 2398 metrisch gesichert — N'Architnbaul, bels atnix : enix
* S. Bartsch, Grundriss der prov. Lit. § 12. Abgedruckt in Bartsch,
Chrest. prov. S. 7 — 16.
* Jahrbuch VII 81 — 84. Chrest. prov. 23 — 26. P. Meyer, Recueil etc.
I 40 — 43. Die vollständige Ausgabe von Chabaneau war mir nicht zugänglich.
3 Girarz de Rossilho, herausgegeben von Conrad Hofmann, in Mahn,
Werke der Troub. Teil I. Berlin 1855.
42 A. HEYER,
850; : ricx 2959, 6848; (ijitix häufig im Verse 31Ò7, 3182 etc.;
bel scner Dieus : mieus 5059. Der Vok. lautet auch Deu 1095, 4578.
Alas! Caitiu vialaurat,
Engeìosìty cngratonat, 1 165. fils im Innern 103, 126.
Mahn, Werke der Troubadours: Beh aniicsy avinens e bos :
amoros I 88; Jilos bels Vezers 1 21.
Bels dotis Engles francx et ardiiz
Cortes^ essenhatz, essernitz : -itz, Mahn Werke 1 379.
Senkers Dieus, drechuriers, cars,
HumilSf resplandens e ciar s, 1 215.
Jhesus omnipotens
Rey s dreiiuriers, humils : guirens, II 175.
Keys grazttZy Ä£>«;'rt/2; : entendatz IV 27; Reis glorios, vcrais
I tuns 1 82 (Guir. de Bor.).
E ditz : Ai sacrifizi ^ Jhesu Christ drtiturers : que sia sobrcrs.
P. Meyer, Recueil I 107 ; Albigenserkrieg 841 1.
Im Breviari d'amor, ed. Azaïs, findet sich im Vok. der Nom.
paire'^ omnipotens : gens 14507. *
rei^ celestials : terrenals (Acc. Plur.) 14656; : mais (Acc. Plur.) 14075.
^22. Vokativ Plurali s. Als ältester Vok. Plur. begegnet:
Filleth, Ev. Joh. 1 3, 33 ; übersetzt das lat. filioli. — Im Girart de
Kossilho : miei companhier : -ier v. 7 1 60 ; franc chevalier, baro membrat.
No respondam al rei oltracujat v. 1082; im Versinnern: frane
chevalier, Chrest. prov. 34, 16. Fais, envejos, fementit lausengier : -ier,
Bertrán de Bom 15,49; Catalan escamus, ih, 6,41; senhor cavalier :
mestier. Flamenca 7932; Senhor s franc cavalier, Albigenserkrieg 8243;
neben cavalers, ib. 8216.
In den Anciennes poésies religieuses en langue d'oc, zuerst
von P. Meyer herausgegeben, dann abgedruckt in der Chrest. prov.,
begegnet ein Vok. Plur.: Mei amie e mei fiel : lo gazel, Chrest 17, i.
^2^, In den behandelten Texten bemerken wir, nach den
angeführten Beispielen, schon früh eine Vermengung des Nom. und
Acc. zur Vertretung des Vok., namentlich des Vok. Sing. Der Vok.
Plur. erhielt sich länger in der Fonn des Nom. Rein von der
erwähnten Vermischung sind die Prosatexte, der Boëtius und die
Passion. Im Anfang des 12. Jahrh. brauchten die Dichter schon
Nora, und Acc. für den Vok.
§ 24. III. Dekl. der Masculina. Vokativ Singularis. Der
am häufigsten auftretende Vok. Singl. dieser Deklination ist senher,
gerade wie im Afrz. sire. Er findet sich zuerst in den Sermons
Limousins: O seiner deus, Chrest. 24, 18.
Im Girart de Rossilho ist er sehr häufig, senher: Chrest. 36, ^2\
37» 12; 39, II etc. Aufscr senher haben wir im Vok.: bos om bar'
' Besser mit Tobler zu schreiben: al sacrifizi, und die Rede erst nach
diesem beginnen zu lasen.
2 patres einzusetzen, da es die gewöhnliche Form ist im Brev. d'am.
' reis zu bessern.
DIK FLEXION DES VOKATIVS IM AFRZ. UND PROV. 43
hutz : -utz, ehrest. 44, 2. beus neps^ Gir. Ross. 933, i688; fcl! 8720;
gioL ib. 5213 im Reim; corns fratre, ib. 5225, 8700; tracker 8148.
Bertrán da Born: senher 3,11; 26,16 etc.; bar 6,21; senher
cn cams 39, i; senher, Mahn Werke 1 161 ; II 9; 11 175; senher s
I 215; Seinher Frames (Aimaud de Marueil, Aissi cum seih . . . .)
Choix 111 215; Sahaire Crist (Guil. Figueira, Totz hom . . .) Mahn
Werke 11 175. Bei Peire Vidal findet sich auch der Acc. als Vok. :
ehrest, prov. 107^33; Raros Jezus! Ebenso: Emperador , Mahn
Werke II 9.
Flamenca: bel sengner : estreiner 6130; bei seiner : feiner 7071;
bei sener cars : avars 224^; pars : 1235.* Auch bels seners cars 3790;
bel sener betiaüralz : apensatz 3656.
Albigenserkrieg : Senher reis 8265; Senher corns 8400.
Im Evangile de TEnfance, welches dem 14. Jahrhundert an-
gehört, haben wir neben senher Chrest. prov. 386,40; 387, 7;
388,22 etc. bereits den Vokativ mon effan[t] Chrest. 385,38. 42;
S 25. Vokativ Plurali s. In den Sermons Limousins lautet
der Vok. Plur. seinor und senor, Chrest. prov. 25, 26; Meyer, Re-
cueil 1 40 — 43. Der früher Boëtius 20 angenommene Vok. Plur.
enfants (Diez Gram. II 42) ist mit Repht durch die Lesart enanz
beseitigt worden.
Girart de Rossilho: baro : gloto (Acc. Sing.) 5788; senhor,
Chrest 34, 1Ò; Chantador, Jaufre Rudel 50,8; Baron, Bertrán de
Born 6, 37; 44,50; I ^^ etc.; senhor ', ^iov. Mahn Werke 1 39;
Chantador Mahn Werke I 98; senhor : -or. Choix III 51, 58, 88
(Bern. v. Ventadour); vgl. Raimon Vidal. Stengel S. 76. In dem
Gedicht des Bern. v. Ventadour (Mahn, Gedichte II 348,3: En
pessamen etc.) steht der Vok. Plur. seignors im Reim auf -ors, durch
alle Strophen hindurch.
Der Dichter des Albigenserkrieges - bietet ebenfalls Senhors
V. 8216, 8290, daneben auch den Nom. fur den Vok. Bei companho!
sehr häufig.
§ 26. Schlufs. Aus den wenigen erhaltenen Vokativen, die
in der II. mase. Dekl. genügend belegt sind, ersehen wir, dafs im
Provenzalischen seit den ältesten Texten bis ca. zum 1 2. Jahrh. der
Vok. in allen Deklinationen und Numéris die Form des Nom. ge-
habt hat. Seit den ältesten Denkmälern ist die prov. Nominal-
ñexion vollkommen ausgebildet. Die Fem. II. Dekl. haben von
Anfang an s, und auch bei den Mase. U. Dekl. ist die 'regle de
Ps' streng gewahrt. Seit Anfang des 12. Jahrh. beginnt der Verfall
der Flexion, also früher als im Altfranzösischen. Die Trobador-
lieder zeigen daher auch Vokative im Nom. und Acc. neben ein-
ander. Die III. mase. Dekl. scheint die ihr eigentümlichen Nominative
— die also auch für den Vokativ dienten — länger festgehalten zu
' Das im Text stehende car v. 1234 ist in cars zu bessern.
• P. Meyer, Recueil I.
44 A. BEYER, .
haben als die übrigen Deklinationen, wenigstens begegnen Vokative
dieser Dekl. in der Form des Nom. noch in später Zeit. Der Ver-
fall der Flexion, die Verdrängung des Nom. durch den Acc, ging
sehr rasch vor sich, und im 13. und 14. Jahrh. waren auch wissen
schaftliche Werke, wie dasjenige Raimon Vidais und die Leys
d* Amors denselben nicht mehr aufzuhalten im Stande, trotzdem
sie eifrig bemüht waren, die alte Ordnung und Regelmäfsigkeit
wieder in die Sprache einzuführen.
Auch für das Provenzalische, wie für die romanischen Sprachen
überhaupt, ist ein Überrest des lateinischen Vok. nicht anzunehmen.
Nora, und Acc. teilten sich in die Vertretung dieses Casus. Eine
einzige Ausnahme macht vielleicht der Vok. Sing, dorn oder don =
lat. domine, der besonders häufig in einem alten Prosadenkmal
(dem Joh.-Ev.) auftritt, zu einer Zeit, wo der Nom. der alleinige
Vertreter des Vok. vor.
Nur das Wallachische (Diez Gram. IP 57) kann sich rühmen,
noch heute eine besondere Form für den Vok. zu besitzen, die
höher entwickelten Schwestersprachen jedoch nicht
A. Bkyek.
Die analogische Wirksamkeit in der Entwickelung der
französischen Eoi\jugation.
EINLEITUNG.
Im folgenden soll versucht werden, diejenigen Fälle zur Dar-
stellung zu bringen, in denen das frz. Verbura hinsichtlich seines
Stammes sowohl wie seiner Endungen im Laufe der Sprachent-
wickelung eine den Laut- und Formenverhältnissen seiner lateini-
schen Vorbilder nicht entsprechende Gestaltung erfahren hat. Die
Mittel zur Erklärung dieser anomalen Erscheinungen werden aus
dem Wirken jenes alle abgeleiteten Sprachen kennzeichnenden
Prinzipes herzuleiten sein, welches die Sprachwissenschaft mit dem
Namen „Analogie" zu bezeichnen pllegt. Eine ins einzelne gehende
sprachphilosophische Begründung dieses mehr psychologischen als
linguistischen Prinzipes, die einige hie und da gelieferte Beiträge
nicht leicht übersehen dürfte ', wird hier nicht bezweckt, doch mag
es, soweit es das Verständnis des unten Mitgeteilten angeht, von
Vorteil sein, kurz die Ursachen zu charakterisieren, die das mehr
oder weniger energische Auftreten der analogischen Wirksamkeit
auf dem Gebiete des Verbums und speziell des französischen Ver-
bums veranlafst und gefördert haben.
Das Verbum ist infolge seines im Laufe der Rede in jedem
Augenblicke wechselnden syntaktischen Gebrauches naturgemäfs
auch den meisten formellen Veränderungen unterworfen; und ge-
rade in dem Reichtum an Mitteln, jeden Wechsel der Ideen durch
eine möglichst energische Veränderung der äufseren Lautgestalt
des Stammes und der Endungen zum Ausdruck zu bringen, sodafs
der Stamm einerseits in demselben Verbum oft in mehrfacher Form
auftritt, und andrerseits die denselben gedanklichen Beziehungen
dienende Flexion ein *der\ verschiedenen Verben entsprechendes
verschiedenes Aeufsere zeigt, besteht ein Teil des geistigen und
ästhetischen Vorzuges des klassischen Latein, gegenüber der latei-
nischen Vulgärsprache, als deren Fortentwickelung das Französische
* Vergi. Steijithal, Ztschr. f. Völkerpsychol. u. Sprachwissenschaft t. V
S. 96- 7, S. 342; XI S. 404; Max Müller, Vorträge über Sprachwissenschaft;
Schuchardt, Vocalismus d. Vulgärlateins t. I Einleit. ; Osthoff, Das physiolog.
und psychol. Moment etc. in Virchow u. HoltzendorfT's Sammlung gemeinver-
Hiändlicher Vorträge Heft 327; Curtius u. Brugmann, Studien zur griech. und
lai. Gramm. Bd. IX S. 378 fl. ; Darmcsteter, Mots nouv. S. 78.
40 A. RISOP,
ZU betrachten ist. Die Vulgärsprache als Ausdrujksmittel der grofsen
Masse gönnt sich nicht die Zeit, sich in jedem Augenblicke der
Veränderungen bewufst zu werden, die in der grammatischen Ge-
stalt der Verbal formen durch den Wechsel des Gedankenganges
gefordert werden — es liegt vielmehr in ihrer Natur, sich nie all-
zuweit von dem zu entfernen, was ihr durch den Gebrauch am
meisten gegenwärtig ist. Aus diesem Mifsverhältnis zwischen Idee
und Ausdruck entspringt:
1. Die Tendenz, gewisse Flexionen da zu verwenden, wo die
klassische Sprache sie überhaupt nicht, oder doch nur unter vul-
gärem Einflufs kannte, und dabei ist es denn ein psychologisch
durchaus begreiflicher Zug der Volkssprache, der auch das Fran-
zösische charakterisiert, die unbetonten Flexionen durch betonte zu
ersetzen. So steht neben tergere tergere, fugere fugìre, sapere sapìre
u. s.w.; vergi. Neue, Lat Formenlehre II 414 ff. Die klassischen,
aber in ihrer Flexion zu wenig ausdrucksvollen Bildungen velie, posse,
ferre, esse wichen den mehr sinnlichen Formen volere, potere Diez
II*-* 141 — 2, Stünkel, Lex Romana Utinensis, Zeitschr. f. Rom. Phil.
1881 S. 47, ferire Schuchardt, Vocalismus II 392, essere ab. I IIQ
und Lex Rom. Utin.
2. Die Tendenz, den Stamm unter allen Umständen in ein
und derselben Gestalt auftreten zu lassen. Schon das Vulgärlatein
verwarf Formen wie pupugi, tetigi, fregi zu gunsten von pungasi,
frangasi, tang-si , vergi. Diez IP 138, IP 140. So hat denn auch
das Französische nicht gezögert, eine ganze Reihe aus dem Vulgär-
latein überlieferter, aber durch das Wirken der Lautgesetze mehr
oder weniger ausdruckslos werdender Bildungen aufzugeben und
durch Verwendung eines anderen Stammes neu zu bilden. Dem
analogischen Prinzip zu liebe mussten die alten starken Formen
arst = arsity morst = * mor sit für momordit, sur st = *surxit fur sur-
rexit, a er st = *adhaersit für adhaesit, tor st = tor sit, peinst = pinxit,
fra inst = franxit \i,%.\\. Neubildungen weichen wie ardii, mordit,
aherdit, sourdit, tordit, peignit, fraignit', neben dost = clausù, traisi
= traxit entstanden zeitweise clo-it, ira-it wegen clo-ons und traçons,
l^s ist nur folgerichtig, wenn gewisse Mundarten dem Praesens-
stamm diese Herrschaft in ausgedehnterem Mafse zugestehen, als
die zur Mustergiltigkeit sich erhebende Schriftsprache, die dem vul-
gären Drange nach Uniformierung entgegenzutreten sich bestrebt,
indessen sich nicht völlig der Macht der« Volkssprache entziehen
kann und somit in ihrem ganzen l^áu inkonsequent erscheinen
mufs. Das Wallonische des 15. Jahrh. kennt Formen wie: movissent
von movoir Documents relatifs aux Croisades bei Reiffenberg, Cygne
I SS. 377, 402 (gegen meust I S. 403); cressisse von crescere eb. I
S. 380; part, cressie eb. I 383, cressu eb. I 397; prendireni Chron. de
Jean de Stavelot éd. Borgnet S. 371; meurent von mettre SS. 243,
335» 356*» suhmettit S. 522 (vgl. auch Förster, Ree. zu Floriant und
Floriete, Ztschr. f. d. Ost. Gymn. 1875 S. 542); requerirent ]. de Stav.
S. 449; part, querut S. 3O8 (auch sonst nicht selten); cressireni S. 1 13;
DIE ANALOG. WIRKSAMKEIT IN DER ENTWÍCKEL. DER FRZ. KONJUG. 47
er es Sit S. 194; part, e ressuies S. 393; plovit S. 502; bevirent fur burent
S. 371; resmovit von movoir S. 531 ; r esmovi rent S. 545 (vgl. je mouvy
auch im Mist, du V. Test impr. G. v. 6063, éd. Rothschild t. Ill 163);
concludirent S. 249, wozu die italienisierenden Handschriften gewisser
Chansons de Geste Participia liefern wie metu, prendu, gesù, vergi.
Guessard, Macaire, Introd. S. CXIX.
Die Sprache ist nun bei dieser nivellierenden Arbeit nicht zu
jeder Zeit auf dieselben Mittel angewiesen geblieben. Die Laut-
gesetze wirkten zuweilen in der Weise, dafs der Infinitiv eine nur
ihm eigentümliche Gestaltung erhielt. Infolge der sekundären Em-
schiebung eines d gewann der Infinitiv einer Reihe von Verben der
3. lat. Konjugation das Aussehen solcher Verben, in denen das d
thatsächlich zum Stamme gehörte ; vergi, sordre = surgere mit ardre
— * ardere. Die zunächst rein mechanische Berührung hatte hier
den psychologischen Prozefs im Gefolge, dafs die Sprache das inter-
kalierte d für stammhaft nahm und die Konjugation der hierher
gehörigen Verba nicht blofs in bezug auf die Gestaltung des
Stammes, sondern auch in bezug auf die Flexion nach dem Muster
der Verba mit echt stammhaftem d umbildete. Hat man also in
der Tendenz, den gleichen Stamm überall durchzuführen, ein direkt
psychologisch zu erklärendes Bedürfnis des von der Volksmasse
gesprochenen Idioms zu erkennen, so lehrt das Beispiel von sourdre
und ardre, dafs der Sprache aus der rein mechanisch wirkenden
Thätigkeit der Lautgesetze die Mittel erwuchsen, jenem psycho-
logischen Nivel lierungstriebe in verschiedener Weise gerecht zu
werden. — Fassen wir das Gesagte zusammen, so beruhen also
einerseits in dem psychologischen Bedürfnis zur analogischen Bil-
dung, und andrerseits in der rein mechanisch gegebenen Möglichkeit,
auf verschiedenen Wegen zur Identität des ursprünglich Verschie-
denen zu gelangen, die Ursachen der Verbreitung des analogischen
Prinzipes auf dem Gebiete des französischen Verbums.
Das Wirken der Analogie auf die Lautgestalt des Stammes
läfst sich nun nach drei Richtungen hin bestimmen: i. Die Gesamtheit
des Stammes einer Form wird durch die Gesamtheit des Stammes
anderer Formen einfach verdrängt und ersetzt; so schwand der alt-
französische Stamm von tace, place = taceam, placeam zu gunsten des
häufiger wiederkehrenden Stammes piais, tais [faisions für facions
wird dagegen von Vaugelas cd. Chassang II 35Ò als „solécisme"
oder „barbarisme" verworfen). Der analogische Einflufs kann sich
aber auch geltend machen 2. entweder nur auf den Stammvokal,
ver«;!. // trouve für il treuve wegen nous trompons', oder 3. nur auf
die dem Stammvokal folgende radikale Konsonanz.
Über den unter 2. genannten Punkt ist unlängst eine sehr
ausführliche Arbeit erschienen unter dem Titel: Uiiorganische Laut-
vertretung innerhalb der formalen Entwicklung des französ. Verbal-
stammes von Dietrich Behrens in Körting u. Koschwitz, Französ.
.Studien Bd. III Heft 6, über die wir uns eine Recension vorbe-
halten.
48 A. RISOP,
1. Die Endkonsonanz des Stammes.
a) Eínflufs des Ableitungsvokales e^ i der Verba auf eo, io
und Aufhebung desselben.
Im Altfranzüsischen hatte der Ableitungsvokal /', e der Verba
auf eo und io in der i. p. s. praes. ind. und im ganzen praes. conj.
derartig auf die Gestalt des Stammes eingewirkt, dafs er, unter der
Form f, ch, lothr. s, im Konjunktiv /y, r, ch^ s den lautlichen Um-
fang desselben entweder vermehrte oder den letzten radikalen kon-
sonantischen Bestandteil in entsprechender Weise modifizierte. Bei-
spiele : sene = seniio Aue. u. Nie. 31,8, seneh A. d. 1. Halle ed. Cousse-
maker SS. 33, 46; siere = servio Prióre Theoph. 42; viene, viench =
venio Burguy I 385 ; mene = mentior Mahom. S. 25; r espone = respondeo
Viol. S. 22 ; pare = partior Bari. Jos. ici, 24; goeh = gaudeo A. d. 1.
Halle S. 143; repenc =*repoeniteo Ph. Mousk. 14573; moerc = viorior
Roi. \\22\ inaine = maneo Bari. Jos. 105, 27; dor eh = dor mio Rom-
vart S. Ó45, 25. Die Konjunktive: eonsenche = eonseniiat : diemenche
Trouv. belg. I 257, 435; ituiice = meniiar : diemenee Ph. Mousk. 1 1368;
aperged == appareai ('ambr. Ps. 89, 17; serviei = senuai Leodegar 4, 6;
moergei =-- moriatur Rol. 3963 ; deparehe = partiatur Prière Theoph.
1 14, 4, lothr. par set R. d. Florimont B. N. Paris Ms. fr. 15 loi ff** 94*,
94*', 98^; arge = ardeat : enearge Poés. Froiss. ed. Scheler I 29, 950,
: raige Barb. ]Méon III 212, 76; fier get ==^ feria i Rol. 3559; semoigne
Rose ed. Méon 341 1, respoingne = respondeat eb. 19824 : hesoigne. Zu
bemerken ist, dafs das Bildungs-/* der Komposita von capere zu keiner
Zeit auf den Stamm gewirkt zu haben scheint, wönn man nicht
reeepches im sogen, poitev. Pseudo-Turp. ed. Auracher Ztschr. f. Rom.
Phil. 1877 S. 298,7 ins Feld führen will.
Schon in früher Zeit machte sich das Bedürfnis bemerkbar,
den Lautregeln zuwider die der Mehrzahl der Formen eigene
Stammesgestalt auch in der in Rede stehenden Form zur Geltung
zu bringen, vgl. je ser Mätzner, Altfrz. Lieder S. 51, je serf Bartsch,
ehrest. 230, 15, je seni Jubinal, Nouv. Ree. I 90. muer Par. Duch.
S. 19, sente t Ox f. Ps. g 26, Bern. S. 547, servent, de servent Oxf. Ps.
101,23, o II, muere Burg. I 362, parte Cleom. 5022, arde ist die
gewöhnliche altfrz. Form. Die besten Dichter des 12. und 13. Jahrb.,
Chrestien de Troyes, VVace, Aimon de Varennes, Adenet, Adam
de la Halle u. s. w. bedienten sich fast nur der analogischen Formen,
und wenn in den überlieferten Handschriften ihrer Werke Beweise
vom Gegenteil begegnen, so zeigt das Reimverhältnis, dafs im all-
gemeinen die etymologische Formation auf die Rechnung .des
Kopisten zu setzen ist; vgl. je mant : autremant Gh. Lyon 636, fiere
: ar riere Brut 1 1857, sench : doucement Ad. de la Halle S. 60. Eine
Ausnahme machen die Konjunktive tiegne und viegne, sowie das
danach gebildete pregne = prendam, die nicht blofs im Altfranzös.
allgemein gebräuchlich waren, 7.,V>, pregile \ descaigne Y&co,^^, i^^i^^
Cleom. 17 841, viegnent Cleom. 13348, tiengne : aviegne eb. 11127 — ^»
sondern noch im 16. Jahrb. ihre Herrschaft behaupteten: que je
DIE ANALOG. WIRKSAMKEIT IN DEK ENTWICKEL. DER FRZ. KONJUG. 49
preigne Palsgrave S. 746, que je iiegne S. 586, ì)is sie endlich im
17. Jahrh. von Vaugelas, Th. Corneille und der Académie zu gimsten
der analogischen Formen prenne, vienne (schon C. N. Nouv. ed. Jacob
S. 60), tienne aus dem guten Sprachgebrauch verbannt wurden; vgl.
Vaugelas Remarques ed. Chassang I 143. Bei Palissy (Œuvres de
Bernard PaUssy, Revues sur les Exemplaires de la Bibliothèque du
Roi avec des Notes par Mr. Faujas de Saint Fond et Gobet, Paris
1777; jene Exemplaires wurden gedruckt in den Jahren 1557, 1563,
1564, 1580) finden sich nur die analogischen Formen: que ie vienne
S. 318, advienne S. 147, souvienne S. t^2^, que tu tiennes S. 421, und
so denn auch que tu prennes S. 511, reprenne S. 526.
Als ein besonderer Fall sind die altfrz. Konjunktive siece^ sieche
= sedeam und chiece = *cadeam zu betrachten. Siece ist nicht auf
sedeam zurückzuführen, welches zu einer Zeit, wo d zwischen Vokalen
noch erhalten war, analog dem Substantiv sedia ^ ein * siege ergeben
mufste; siece steht vielmehr in direktem Zusammenhange mit dem
Indikativ siec = sedeo, wo de im Auslaut richtig die Tenuis c ergab.
Das Bewufstsein der eigentlichen Natur dieses c war der Sprache
entschwunden und in ähnlicher Weise wie man zu vert = viridis
ein Femininum verte bilden konnte, wurde siec die Veranlassung
zu siece.
Auch im Perfektum war in der alten Sprache das tonlose /
der Endung in der i. p. sing. ind. als konsonantisches Element an
den Stamm getreten; z. B. voc = volui H. Bord. S. 291, poc = potui
Viol. S. 22, eue ^= habui H. Bord. S. 234, seiic = sapui S. 196, crue
= *credui SS. 105, 309, connue = * cognovui SS. 90, 93, vie = vidi
Ix Dis. de Temp. Coustant 378, Rom. VI S. 161 ff., neben vi: mari 382,
vine = veni Cambr. Ps. 68,3, Rois SS. 121, 193, cune tine == * con ten i
S. 3 1 4. Die Beschaffenheit der übrigen stammbetonten Formen war
indes auch hier von zu grofsem pjnflufs, als dafs jenes konsonifi-
zierte / auf die Länge den Stamm der i. p. sing, hätte entstellen
können. Man h'úáeíc Je peti Charles d*Orl. SS. 4, 127, 161, /e seen
S. 8, feu, je cru, vin, tin und gelangte dann durch analogische An-
fügung des s der 2. Person zu den modernen Fonuen je pus u. s. w.;
vgl. .Suchier, Ztschr. f. Rom. rtiil. II S. 263, 268, III S. 462.
F-s liegt die Frage nahe, weshalb sich in der 3. p. sing, praes.
ind. ç\\\ gleicher Plinflufs des Ableitungs-/', wenigstens in historischer
Zeit, nicht nachweisen läfst. Serviunt bildete servent an Stelle des
streng grammatisch geforderten serjent, W. Försters Annahme (Ztschr.
f. neufrz. Spr. u. Lit. 1 S. 85 zu Chabancau, Theorie S. 71), dafs, wie
sentons, servez auf *servamus, *ser7'atis, so sentent auf ein * servant
zurückgehe, hat nur dann einen Belang, wenn es sich um die Be-
antwortung obiger Frage handelt. G. Paris (Rom. 1880 S. 167)
sucht durch Herzuziehung des praes. von piacere die Unhaltbarkeit
dieser Aufstellung zu zeigen: er sagt: „l'assimilation (des IP IIP et
IV** conjugaisons à la P®) est postérieure au changement de Ta en
;i ou ê, sans quoi on n'aurait pas plaisons et plaisez, mais bien
plaions plaiez (de * placamus, placatis pour placemns et placetisy\ und
Zeitnchr. f. mm. Ph. Vil. ^
50 A. RISOP,
später : ,jdicuni fait dieni aussi bien que dicanf : plaçant aurait fait
plaient et non plaisent'^ Nach G. Paris hätte man also die bereits
zu -ez abgeschwächte Endung ^atis an den lateinischen Stamm plac
angefügt — und servent soll wegen plaisent^ welches nicht auf ein
plaçant zurückgeht, unmöglich einem * servant entsprechen können.
G. Paris übersieht indes, dafs plaisons, plaisez selbst auf französischem
Gebiete nur sekundäre Bildungen sind: wenigstens kann die streng
etymologische Form plaiseiZy oiz = placetis durch viele analoge Bei-
spiele belegt werden : avois = habetis Mahom. S. 2 1 , tenoiz = tenetis
J. de Blaiv. 152, und für ein *plaisems = placemus bietet der Leo-
degar devemps als Stütze. Der Stamm plais war, als die Assimilation
an die erste Konjugation sich vollzog, schon gegeben und blieb
somit die Natur des c von einem etwaigen Einflufs des a der
Endungen amus, atis unberührt. Ist dies erwiesen, so verliert
Försters Annahme jede Bedeutung für die Lösung der Frage; denn
da der Stamm plais etymologisch gegeben war, so ist es indifferent,
ob -ent auf -ent oder -ant zurückgeht. Serviunt mufste also, selbst
wenn das französische -eftt aus -ant entstanden wäre, unter allen
Umständen serjent ergeben. Wir sehen die Eösung der Frage viel-
mehr in der Tendenz, den allgemeinen Verbalstamm serv^ überall
durchzuführen, einer Tendenz, der die Sprache in der i.p. s. praes,
ind. bei der Möglichkeit der Auslassung des Personalpronomens
(Diez 111^ 303) und im conj. praes. nicht so leicht zu gehorchen
geneigt war, als in der 3. p. plur. praes. ind., die sich durch die
ausdrucksvolle Endung -<?«/ hinreichend vor Verwechslungen schützte.
Die gleiche Ursache hat denn auch im part, praes. der hierher ge-
hörigen Verba der Analogie ein leichteres Spiel gegeben; vergi.
mourant = ^morianteniy venant = * veniantem, sentant = * sentiantem,
servant =* serviantem f während das dem Verbum ferner liegende
substantivische serjentj sergent seine etymologische Bildung bewahrt
hat. Auch die neufranz(>sischen Reste etymologisch gebildeter Par-
tizipe sachant == * sapiantem und das analogische aya^it = *habeantem
{habiens bei Schuchardt, Voc. I 270) konnten nicht zu jeder Zeit
die Tendenz zu jener Nivellierung de^ Stammes verleugnen, vergi.
et ne scavant ensuivre la ligne ecliptique Kab. Pant. Il 2, Burg. II 66;
,,sacliant später scavant^' Mätzner, (»r. ed. 185Ò S. 23g; avant für
ayant wird irgendwo von Scheler beU^gt.
b) Fälschliche Behandlung des c.
Das Dunkel des verschiedenartigen Schicksales des c in placemus
= plaisons, und necemus = neions, notons weicht vor einer vergleichen-
den Betrachtung der übrigen Formen dieser Verba: piacere = altfrz.
plaisir, placebam = plaisoie\ dem gegenüber steht: necare — noyer,
necabam — noioe pikard. nowie, necavi = noiai. Während also das
assibilierte s in plaisons lautlich begründet ¡st, wurde der Stamm
' Plaise, taise, nuise, luise für place, tace, nuisse . luisse werden an
anderer Stelle beurteilt wenlen.
DIE ANALOG. WIRKSAMKEIT IN DER ENTWICKEL. DER FRZ. KONJUG. 5 I
ftfs von necemus durch den den übrigen Formen eigentümlichen
Stamm noi verdrängt. Die Annahme einer praehistorischen Form
*neisons, noisons wird nahe gelegt durch Chabaneaus Erklärung
(Théorie S. 56) von Formen wie culzt Rol. 2682, chevalzt eb. 2109
als lautlich gerechtfertigten Ergebnissen aus coUoceiy cahallicet (vergi.
auch Willenberg, Rom. Stud. Ill 409; Paul Meyer, Rom. VII 434;
Cornu, Rom. VII 429), die erst später ,dem analogischen Bestreben,
welches couchcy chevalche an ihrer Stelle schuf, zum Opfer fielen.
Vgl. die Verteidigung dieser „explication excellente,, durch G. Paris,
Rom. 1880 S. 167 gegen die Angriffe Försters Ztschr. f. Nfrz. Spr.
u. Lit. I S. %2.
Diese Betrachtung erinnert an die den Forderungen der Gram-
matik nicht entsprechende Behandlung des c in der 3. p. plur. praes.
ind. und dem ganzen praes. conj. der lateinischen Verben auf 'SCo,
Connoissenly connoisse haben nicht cognosamtj cognoscam zu direkten
Vorbildern, denn diese hätten *conoichenU *conoiche ergeben müssen;
vgl. louche = luscus , mouche = musca j 2\i{xz,^rancesche = francisca
(Diez IP 388). Von derselben Anomalie sind die inchoativen Verba
auf -ir, femer crescere^ apparescere^ irasa\ nasci j pasci betroffen worden,
und die Ursache dieser Erscheinung liegt wiederum in dem nume-
rischen Übergewichte der Formen, in denen die Assibillierung des c
aus den Lautregeln sich erklärt: cognoistre = cognoscere, connoissons
= cognoscimuSy conoissoie «= cognoscebam. Auch hier lassen sich
etymologische Formen wie *conoiche, *conoicheni zu keiner Zeit nach-
weisen, wenn auch die Annahme ihrer vorhistorischen Existenz in
anbetracht der italienischen und provenzalischen Formen fioriscono,
fiorisca, floriscon, fiorisca nict ausgeschlossen erscheint.
c) Fälschliche Einschiebung von assibiliertem c.
Hierher gehören denn auch die Verben dico und duco, deren
c im Altfranzösischen, je nach seiner Stellung vor a, 0, u oder vor
e, i genau den Lautgesetzen gemäfs behandelt worden war. So
erklären sich dienl = dicuni Rol. òi, diet = dicat eb. 424 neben
diseient = dicehant eb. 2560; esduieni = exduaini \ fuiatt Burg. II 254,
conduie = cofuiucai Gui de Bourg, v. 707, 1682, J. de Blaiv. 1138,
neben conduisoit Cîerars de Viane 464, Burg. II 255, doccici =^ ducehat
(9. Jahrh.) Bartsch Chrest. 5, 18. Seit der Mitte des 13. Jahrh. be-
ginnt das assibiliertc c auch da einzudringen, wo es etymologisch
nicht begründet war; vgl. conduise = conduca/ J. d. Blaiv. 964, Berte
630, Ó45 andererseits begegnet conduie noch in der Mitte des
16. Jahrh. z. B. Amadis liv. VIII f« XVP, f« XXVII ^ Beispiele für
ilas unberechtigte Auftreten des s sind für dire in der älteren
Zeit äufserst selten: pour ce que nous ne disien s = ut taceamus
Leg. Gir. Rouss., Rom. VII S. 221 (Ende des 13. Jahrh.), dise =
dicat in den Docum. relat. aux Croisades (Mitte des 15. Jahrh.)
bei Reiffenberg, Cygne t. I S. 386, disent = dicunt Landry 149;
disent Mist. V. Test. 106 10, 25943, 16009 neben diez = dicat is
eb. 17881. Die regelmäfsigen Formón sind noch während des
4*
52 A. KISOP,
1 6. Jahrh. die gebräuchlichen: dient Rob. Stephanus, Gram. Gall.
S. 6i, que ie die Palsgrave S. Ò96, und noch Vaugelas I. c. II ^^'è
schreibt: „au singulier quoy que Von die y est fort en usage et en
parlant et en escriuant bien que quoy que ton dise, ne soit pas mal
dit. Mais quoy quails dient au pluriel ne semble pas si bon à plu-
sieurs que quoy quails disent\ je voudrois user indifféremment de Tun
et de l'autre. Il y en a qui^ disent quoy que vous diiez (vgl. Burg.
II 145), pour dire quoy que vous disiez, mais il est insupportable".
Vaugelas schreibt selbst stets que ie die, eine Form, die Th. Corneille
zu Vaugelas 1. c. nur noch in der poetischen Sprache als berechtigt
anerkennt, wie denn noch Molière und Lafontaine die dem Reime
zu liebe gebrauchen. Palissy hat stets disent = dicunt, den Kon-
junktiv stets que ie die, nur einmal steht encores que Lisset disse S. 454.
Die Académie verbannt schliefslich die alten Formen gänzlich und
stellt die mit analogischem j als einzig mustergiltig- hin.
d) Fäls^liche Einschiebung von j.
Das unorganische s im praes. und im imperf. der Komposita
von struere, die im Altfranzösischen organische Bildung zeigten,
z. B. destrueit Rois S. 1 46, destruioient Brut 6311, destruient : fuient
eb. 6966, destruie \ fuie eb. 6371, vgl. auch; destruieor neben des-
truiseor, destruiement neben destruisement bei Godefroy, Diet t. II
(>75 ff"., soll nach der herrschenden Annahme eingedrungen sein
aus den entsprechenden Zeiten von luire, nuire, cuire, in denen
das s aus Assibilation des c richtig hervorgegangen war; ebenso
soll circoncisons = ciratmcidimus nach Diez IP 241, circoncisez
(Imperativ) schon (ireban, Myst. Pass. 5899 (und so auch die
von Palsgrave S. 598 aufgestellte Form nous occisons für altfranz.
ocions = occidimus) sein s von disons erhalten haben. Es erscheint
indessen geraten, erst dann zu einem Einiluls von begrifflich
durchaus nicht verwandten Wörtern Zuflucht zu nehmen , wenn
jede andere Deutung sich als unzulänglich erweist. Obige Theorie
läfst folgende Fragen offen: 1. weshalb hat sich das s von iuisons etc.
nicht auch ViUÏ fuyojis, bruyons {fuir, xmiieXïrz. fuir e, bruire) ausge-
dehnt? 2. Welches Verb hat die Veranlassung zu der Umwand-
lung von cioons = ciaudimus zu closons gegeben? — Erwägt man,
dafs das Auftreten dieser Erscheinung ungefähr gleichzeitig ist mit
dem Schwund der starken Perfektformen destruis, destruist, destruistrent
zu gunsten der schwachen destruisis, destruisit, destruisirent (13. bis
14. Jahrh. conduisirent Cleom. 9046, instruisit Rose ed. Méon t. Ill
S. 37, destruissoit Cygne 141 74, destruissant eb. 93 3 Q neben // con'
duisit eb. 17248, conduis y Romvart S. 615, des trui soit E. Deschamps
(Tarbé) I 51, destruisant eb. I 127), so ist die Annahme eines
analogischen t^bertrittes des s aus dem Perfektstamm (das ffexi-
vische s wurde dem stammhaften gleichgestellt, siehe unten S. 54)
in den Präsensstamm nahe gelegt. Fuir(e) und bruire kininen gerade
deshalb, weil ihr Perfektum nicht sigmatisch ist, (Mn s im Präsens-
stamm nicht aufweisen. Das gleiche Verhältnis gilt für c/ore, welches
DTK ANALOG. WIRKSAMKEIT IN DER KNl WICKEL. DER FRZ. KONJUG. 53
allerdings ursprünglich ein sigmatisches Perfektum hatte: c/osi ==■
ciausitf im entscheidenden Augenblicke aber ein sekundäres Perfektum
cloï mit dem Präsensstamm bildete: Froiss. Chron. I 176, 13, Froiss.
Poes. II 314, 3160, enclouirent Jehan d'Arras Melusine S. 22 (Ende des
15. Jahrb.); dieser Umstand war mächtig genug, die alten Fonnen
does = daudaiis Brut 8897, sendoent Joinv. i68b, endooii eb. 352a,
doez C. N. Nouv. S. 484 bis ins 16. Jahrb. hinein der Sprache zu
erhalten; doez vos huis steht noch in einer Polizeiverordnung Hein-
richs II. Montaiglon, Anc. Poes. VI 176, und Rob. Stephanus Gramm.
Gall. S. 62 kennt nur: doonSy doeZy doenty esdoons. Daneben blieb
indes das alte sigmatische Perfektum bestehen, und als je dos =
dausi in je dosys nach dem Vorbilde von tu dosis = dausisti (vgl.
cndossisies R. St. Graal 1956) umgebildet wurde (vgl. Palgr. S. 448
und 488), da zögerte man nicht, jenes s auch auf den Präsens-
stamm auszudehnen; Palsgrave I.e. hat: dosons. Das Perfektum ist
heute geschwunden, hat aber seine Spur noch im Präsens zurück-
gelassen. Dieselben Beziehungen zwischen diesen beiden Zeiten
lassen sich für das heute veraltete Französisch noch bei anderen
Verben nachweisen : raire = radere bildete altfrz. das regelrechte
Präsens re^ res, rei (spätere Schreibung raiy rais, rait)^ raons «=
radimus Diez II 247; aus rasisti = rasis entstand das Perfektum je
rasis Palsgrave S. 662, und danach ist offenbar die ebendaselbst
angeführte Präsensform nous rasons für raons fälschlich geschaffen
worden. Das sekundäre Perfektum // escrisit für escrisi nach tu
escrisis = scripsisii Grans. Qiron. de France ed. Lyon 1837 S. 189
veranlaiste Präsensformen wie: descrise : alise A. d. 1. Halle, Roi de
Sezile S. 283, rescripse Poes. Froiss. I 240, 856, rescrise \ faintise
Tobler, Versbau S. 10 — 1 1, escripsez Jub. Myst. inéd. II 243, escrissoil
Ph. Mousk. 3004, escrisoie Poes. Froiss. III 55, 91, rescripsant J. d. Sta-
velot S. 586, escripse )^, ^yòy escnpsoit SS. ^;^S, ^^i. Auch das Prä-
sens von condure blieb nicht immer von dem Einflufs des s unbe-
rührt: co7iclusysmes «= condusimus Jub. Myst. 1 48 trägt die Schuld
an der Bildung des Präsens conduise R. d. 1. Rose ed. Amsterdam
'735 V'4'79» auch Palsgrave S. 493 führt an que je concluse neben
conclude. Ebenso mag für den unberechtigten Stamm duis in duisent
= ducuni das Perfektum je conduisis Mitveranlassung gewesen sein,
eine Möglichkeit, die auch für die betreffenden Formen von dire
gelten kann, wenigstens scheint eine Perfektform wie yV disi zeit-
weise existiert zu haben: deissirenl steht im sogen, poitev. Pseudo-
Turpin S. 288,9; dictum olim fuit je disi pro je di Henricus Ste-
phanus, Hypomneses S. 76 und noch Th. Corneille bemerkt zu
Vaugelas II 39: „quelques-uns disent: il Vinierdisity ils V inter disirent'\
Lisons = legimusy welches Diez IP 247 aus Analogie nach disons
deutet, ohne die altfrz. verschiedene Konjugation der beiden Verba
zu berücksichtigen, auf einen gleichen Einflufs des Perfektum lis
= *lexi zurückzuführen, scheint gewagt, da das frühzeitige Auf-
treten dieser Erscheinung gerade bei diesem Verbum damit uner-
klärt bliebe. — Umgekehrt mögen zuweilen Präsensstänmie mit
54 A. RISOP,
organischem s Veranlassung zu einer sigmatischen Umbildung des
Perfektums gewesen sein, wie sich dies bei ges/r annehmen läfst,
für dessen altes Perfektum jui = jacuiiy ¡eusse ^ jacuissem hie und
da Formationen auftauchen wie: agesist von agire oder agesir Li
Dis de TEmp. Coust. 131, que je gisisse Palsgr. S. 610; \%\, piaist für
plot = plactiil Froiss. Chron. I 92, 20, II 175,9; auch das Perfekt lisi
ÍÜT Je lus z.B. Cygne 17785, 184^6, 18527, Emp. Coust v. 363,
Froiss. Poes. II 14, 380 mag so erklärt werden. — Übrigens finden
sich in der alten Sprache hin und wieder Fälle einer Verwendung
des Perfektstammes zuj Bildung anderer Zeiten auch bei anderen
Verben: beneesguir Reinsch Joyes de Nostre Dame, Ztschr. f. rom.
Phil. III 21Ò, 450, misquira ob. II öl 4, noch Petrus Ramus gestattet
nasquir neben naisire (Livet S. 228), nasquira Mist. V. Test. 14405;
uasquauz]. d. Stavelot S. 145, W. Foerster, Note zu Chev. II esp. 5736
führt an: ocisirui G'dy don 186; das von Burguy II 235 als Schreibfehler
bezeichnete veskivet = // vivait S. Bern. S. 554 braucht nicht als
solcher zu gelten ; in der Chronique des Jean de Stavelot stehen
Formen wie: visquani S. 5Ó9, visquoii SS. 17, 143, 158, 164, und
mit Übertritt in die erste Konjugation : risquai S. 394, viskasí S. 503,
part, visqueitf SS. 438, 589, visquer oil S. 4. Permessieiit im Fragment
V. Valenciennes erklärt Lucking, Die ältesten franz. Mundarten, aus
*perinansebant für permanehant\ G. Paris Rom. VII 121 glaubt darin
das plusq. permansisseni zu erkennen, eine Annahme, die nach
Lucking (persönliche Mitteilung) nur aus einer Verkennung der
tironischen Noten hervorgehen kann; vgl. indes Varnhagen, Ztschr.
f. rom. Phil. IV 97 — 99.
e) Fälschlicher Schwund des s.
Ein den Lautregeln nicht entsprechender Ausfall des s hat
die sigmatischen Perfecta einer Reihe von Verben betroffen, die
ihr stammhaftes i in den flexionsbetonten Perfektformen zu e ab-
schwächten. Dieses s gehörte in der lateinischen Konjugation zwar
der Endung an, doch hat die dasselbe betreffende Erscheinung
insofern darauf Anspruch, hier besprochen zu werden, als dem
Altfranzosen das Gefühl der Unterscheidung von Stamm und
Endung in dieser Hinsicht abhanden gekommen ist, wem'gstens
wird sich ergeben, dafs die Sprache das flexivische s analog stamm-
haften c (k) und d zu behandeln sich nicht scheute. Den alten
regelrechten Bildungen mesis = misisli, desisi = dixisset, presisi =
*prensissct u. s. w. traten zur Seite Formen mit synkopierten s\ detsi
Cleom. 12389, meist 12608, oceist 129 18 neben gelegentlichem
tnesist 12655, presisi 15270, s'assesist \'J^2'j. Die offenbar unan-
fechtbare Erklärung dieser Erscheinung hat Suchier, Aue. Nie. 66, 30
gegeben : veis = vidisti und /eis = fekisti, deren stammhaftes d und
k^ ausfiel, haben den Schwund des s in jenen anderen Verben ver-
anlasst. Suchier fügt ebenso richtig hinzu, dafs im Normannischen
dieser analogische Prozefs viel früher wirksam war als im pikar-
dischen Dialekt, welchem die alten Formen noch im 13. Jahrh.
[* Es giebt keine Lautregel wonach intervok.i: vor palat. Vok. ausfiele. G.]
DIE ANALOG. WIRKSAMKEIT IN DER ENTWICKEL. DER ERZ. KONJUG. 55
verbleiben; vgl. de'issetit Rois 192, meist 194, eslcist 217, cnqueisse
272, preist 276. Die lothriugischö Handschrift des R. d. Florimont
B. N. Ms. fr. 15101 bietet deis f» 69a, entremeist f® 75d, wo B. N.
Ms. fr. 792, welches einem mehr westlichen Dialekt angehört, dezis,
eniremesist aufweist, vgl. die reiche Beispielsammiung bei Behrens
a. a. O. S. 84 — 86. Die neufranzösischen Formen /// mis^ quii dit
u. s. w. erklären sich nur aus meis^ deist, deren tonloses e regel-
recht ausfiel.
In der Bildung der part. perf. von rire und sourire y conclure
und exclure war die alte Sprache streng den lateinischen Vorbildern
gefolgt, indem sie das auslautende s festhielt und in der weib-
lichen Form nicht ausfallen liefs: ris : empris Flore Blanch. 3099,
rys : rys (subst) Mist. V. Test. (Ende des 15. Jahrhunderts) 8870,
hl belle 's*est soubzrise, emendiert aus dem handschriftlichen se soubzrie
G. Paris Chans, popul. du XVe siècle II 21; // est conclus : sorplus
Gringoire II 77, II 221; concluse = enfermée wird unter Bezugnahme
auf eine falsche Stelle citiert im Glossar zum Roseroman ed.
Amsterdam 1735, III 321; concluse \ refuse Rose ed. Méon 21 441,
wofür die ed. Amsterdam 1735 an der betreffenden Stelle v. 22098
confuse zeigt; circoncluse bei Godefroy, Diet. fase. XU S. 138. Als
das s im Auslaut verstummte, war die dadurch herbeigeführte
mechanische Berührung mit den Participien auf / und u Ver-
anlassung zu den weiblichen Participial formen conclue, sourie] im
Masculinum fiel das s auch für die Schreibung schon früh ab:
conclu : retenu Gh. d'Orléans S. 206 ; conclue : aperceue Greban Myst.
Pass. 5830. Für exclure gestattet die Académie 181 1 noch exclus,
excluse neben dem heute mustergiltigen exclu, exclue. Die Adjectiva
perclus, reclus bilden noch heute percluse, recluse. Indessen herrscht
in der gesprochenen Sprache eine ungeheure Verwirrung in der
Bildung der weiblichen Formen derartiger Participia und Adjectiva :
„ils vous disent perdue pour percluse, excluse pour exclue'*. Les
entorses à la grammaire im Figaro vom 2^, Oktober 1878, Ulrich
Die formelle Entw. d. part, praes. i. d. Rom. Spr., VVinterthur 1879,
S. 19. — Seltsam ist der Abfall des auslautenden / in den part,
perf. luit, nuit (jay luyt Palsgr. S. 703, jay reluy eb., jay nuy eb. 644),
Formen, die offenbar unter dem Einflufs von Participien wie con-
duit, destruit an Stelle afrz. luisit Dial. Greg. 7,4; neu Graal ed.
Michel 3647 oder nuisi Trouv. beig. I 88, 58 entstanden sind. Das
Schwinden des / mag hier veranlafst sein durch die syntaktische
Unmöglichkeit, weibliche Formen wie *luite, *nuite zu bilden, welche
in sinnlicherer Weise das Sprachbewufstsein an die rechtmäisige
Existenz des / hätten gemahnen können. In dem nfrz. part, suffi
neben confit, confite mag der Abfall des festen / dieselbe Ursache
haben (Palsgr. S. 742 schreibt jay suffit), — doch sei hier an den
altfranzösischen Infinitiv souffir Poes. Froiss. II 397, IV, und alt-
französische Reime desconfi : ensi Ph. Mousk. 4039, 8865 fem. des-
confie \ chevalerie Cygne 8987, 11805, 9011 (der Infinitiv desconfir
steht eb. 10596) erinnert.
50 A. RISOl»,
f) Die sekundären Konsonanten h, dy /.
Wenn sich infolge des Wirkens der Lautgesetze das Zusammen-
treñen zweier Liquida oder eines s mit einer Liquida ergiebt, so
liebt es die Sprache, solche für die Aussprache schwierigen Laut-
verbindungen durch Kinschiebung eines vermittelnden Konsonanten
zu mildern. So stehen denn im fianzösischen Verbum die Gruppen
Idre für lere oder Ivcre : moldre = moleré, soldre = solvere] ndr für
nere, tigere : pondre = poneré^ plaindre = piangere^ teindre ■=■ Ungere^
oindre = ungere wo sich die Diphthongen aiy ei und oi durch die
Einwirkung des g erklären ; rdr für rere, rgere, r quere : aerdre =
adhaerere^ sourdre = surgere y tordre = iorquere\ mbre für viere :
raiembre = redi mere , criemhre = tremeré \ sir = ssere : est re = essere;
ntre = nkere : afrz. veintre = vinìiere.
Diese im hiíinitiv auf mechanischem Wege naturgemäfs lierbei-
geführte Verdunklung des Stammes hatte hier wiederum zur Folge,
dafs die Sprache, des ursprünglich verschiedenen Lautstandes nicht
gedenkend, diese interkalierten Konsonanten in Formen eindringen
liefs, wo ihr Auftreten jeder phonetischen Begründung entbehrte.
Ohne Zweifel hat der Stamm solcher Verba, in denen jene Laute
sich als etymologisch berechtigt ausweisen konnten {cendre, tendre,
tondre, mordre, perdre), die erste Veranlassung zu einer derartigen
Verwirrung gegeben.
Indem wir nun der Entwicklung dieses Prozesses historisch
nachzugehen versuchen, werden wir sehen, dafs für die Verba,
deren Infinitiv die Gruppe rdr bietet, jene Bereicherung des Stammes
auch aufserhalb des Infintivs schon seit den ältesten Zeiten die
Regel gewesen sein raufs:
aerdre = adhaerere Job, Roux de Lincy S. 510; aherdent =^ ad"
haerent Dial. Greg. 82, lö, Brut. 750; aherde = adhaereat
S. Bern. S. 562, aerdet Dial. Greg. 249, 11.
terdre = tergere Brut. 10622, terde == tergeat Job. SS. 450, 459,
spardre = spargere Dial. Greg. 141,3; asperdoiz Dial. Anime XXV 9 ;
espardirent Froiss. Chron. I 93, 8; 138, 2^,
sordre, sourdre = surgere , resurdet = resurgat Cambr. Ps. 40, 8;
sourdeient = sur gebaut Rois S. 242; sordoit Brut. 9215, 7859;
sourdirent Grans. Chron. S. 7 1 .
tordre = tor quer e, tordent = torquent Mahom. S. 76; destordent :
emportent Fl. Blanch. 2314.
Wir versäumen nicht, die hierher gehörigen Reste etymologischer
Bildung mitzuteilen, die die alte Sprache noch aufweist: sorjoit
Durmart 2182, s or io it 5137, sorgoient 4^20 = sur gebaut, sour gent =^
surgunt Burg. 11 209, sourjant Cleom. 2900; terjoit ^=^ extergebat
La Legende de Gir. d. Rouss. p. p. P. Meyer Rom. VII 185, fö2i8d.
Dafs das Imperfectum estoie, étais nicht aus stabam abzuleiten,
sondern eine Neubildung aus dem Infinitiv estre sein mufs, dafür
spricht der von Diez 11^ 229 als Grund angegebene Mangel eines
normannischen estoive, estoe. Der Einwurf, dafs ein derartiger Vor-
DIK ANALOG. WIRKSAMKKIT IN I)KR ENTWICKKL. DER FKZ. KONJUG. 57
gang bei den lautlich gleichstehenden Verben conoísire, miìsire,
tistre u. s. w. nie stattgefunden hat, wird hinfällig vor der Betrachtung,
dafs eine rein etymologische Bildung aus dem Infinitiv estre =
essere, die cssoie lauten müfste, deshalb nicht möglich war, weil ein
lateinisches esseham nicht vorlag, während connoissoie etc. seine
direkte Quelle in cognoscebam hat.
Die Gruppe mhr der Verba crtembre, priembre = premere,
giembre = gemere, raiembre mufste, sobald Nasalierung des m ein-
trat, der Combination ndr weichen. Dieser, wie die vorläufige Bei-
behaltung des stammhaften ie = e zeigt (z. B. crient : avient R. d.
Chat. Coucy 206), rein mechanische Vorgang legte eine gänzliche
Gleichstellung der hierhergehörigen Verba mit den Verben auf
aindre, eindre nahe, die denn auch schliefslich in den noch neu-
französischen Formen craindre, empreindre , geindre und dem ver-
alteten raaindre [randerat Cambr. Ps. 48, 15, raendrai ^4, 19) durch-
geführt erscheint. Neben dieser sekundären Formation sind dem
Altfranzösischen Bildungen, die auf eine falschliche Verwendung
des interkalierten b weisen, durchaus nicht fremd: raiembe[iij M.
de France Lai de Lanval 208, raimbez Joinv. 432 b, reembeor =
redemptorem bei Du Gange V 64Ò, für eine gleiche Behandlung der
Fonnen von criembre spricht das subst. criembor crienbor Florimont,
B. N. Ms. fr. 15 101 f^ 37 b (Ms. 492 : cremour).
Für die Gruppe ¡dr kommt moidre, moudre nicht inbetracht;
dieses Verb sch^nnt unter dem Einfîufs stammverwandter anderer
Redeteile jede Beeinträchtigung seines ihm grammatisch zukom-
menden Stammes zu jeder Zeit von sich gewiesen zu haben. Nicht
so Sahire, soudre = solvere. Im Altfranzösischen war dieses Verb
seinem lateinischen Vorbilde gänzlich untreu geworden {asolve Dial.
Anime XXVIII 5 ist Latinismus) und war in jeder Beziehung der
Analogie der Verba voioir, valoir, falloir, saillir u. s. w. gefolgt: je
absoil = absolvo Joinv. 42 f, absoille = absolvai 82 f, assaille 508e,
absoloit 378 f, Froiss. Chron. I i 16, 8. Bis ins lò. Jahrh. hinein blieb
es, wie die Beispiele aus Amyot bei Burg. II 206 und das Para-
digma bei Palsgr. S. 438 zeigen, bei dieser Formation; um diese
Zeit trat eine entschiedene Änderung in der Konjugation aller
dieser Verba ein und fast jedes ging seinen eigenen Weg. Saîidre
näherte sich einerseits in wenig volkstümlicher Weise seinem latei-
nischen Vorbilde und bildete die noch heute mustergiltigen Formen
fabsaus, je absoubz = absolva : absoubz (part.) schon My st. V. Test.
20460 — I, nous , absolvons , que f absolve die sich gegen Ende des
16. Jahrh. zeigten, vgl. dissoluent bei Palissy S. 352, dissaluqyeni S. 540
andererseits erkannte es das sekundäre d des Infinitivs als stamm-
bafl an und zeitigte Gebilde wie: dissoudent Calvin Instit. 815, ab-
soudent 94 6 (Littré), je me r esondai s Régnier, sat. V; dissoudent
Palissy SS. 325, 555; dissoudant S. 571; im komischen Stil: dissou-
de : caude bei Scarron éd. Ch. Baumet I 82. Petrus Ramus wollte, dafs
man sage: nous soudons Livet 1. c. S. 227. Rob. Stephanus Gramm.
Gall. S. 62 : nous soudons u. s. w. vel nous saluons u. s. w. Über
58 A. KISOP,
den j)sychologischen Vorzug, der der einen oder der anderen
Formation zuzuerkennen sei, hat schon Palm im Gegensatz zu
Vaugelas 1. c. 1 135, der rpsoudons zu Gunsten von resoluons verwirft
und es II 356 als „solécisme" bezeichnet, das Entscheidende gesagt.
Patru will bemerkt haben, dafs das Volk niemals resoluons sondern
stets resoudons sage, und nachdem er sich für letztere Form erklärt
hat, fahrt er fort; car il est certain que resoluent et resoluant ont
été faits par ceux qui veulent montrer qu'ils savent du Latin, et
qui aiment mieux parler Latin que Français; néantmoins comme
plusieurs le disent, je ne le condamne pas, mais Tautre me semble
plus Français (vgl. Vaugelas 1 135).
Unter den Verben mit der Gruppe ndr verdient zunächst
pondre = poneré eine besondere Behandlung. Die ältesten Denk-
mäler sämtlicher Mundarten kennen ausschliefslich die rein etymo-
logischen Formen: rcpunet = ahscondat Camb. Ps. 18, 6; repunes
26,10; reponani Dial. Greg. 127,8; esponeni Brut. 11554; ponoieni
Dial. Greg. 122, 6; pouneient M. d. France fable LXXX 5; reponnoü Gr.
Chron. d. Fr. ed. Lyon 1 837 S. 5 1 ; diese regelrechten Formen erhielten
sich bis ins 16. Jahrh. hinein; Palsgr. SS. 476, 601 kennt nur: nous
ponnonsy que je ponncy je ponnys, ponnu Montaiglon Anc. Poes III 180.
Für die neufranzösische zur Regel gewordene irrtümliche Verall-
gemeinerung des eingeschobenen d lasssen sich dagegen erst seit
dem 14. Jahrh. einzelne spärliche Belege beibringen: réponde Y.. 'De-
schamps (Tarbé) II 30, despondu Le Dit de TEmp. Coust. 516. Erst
Robertus Stephanus Gramm, (iall. S. 62 erwähnt nous pondons neben
ponnons.
Das Schicksal des Stammes derjenigen Verben, deren Infìnitiv
erst nach Vokalisierung eines radikalen g, welches dann mit dem
Stammvokal a, i oder u einen Diphthong bildete, die Einschiebimg
eines d zulicfs {plamdrey teindrey joindre u. s. w.), scheint schon in
den ältesten Zeiten auf den verschiedenen mundartlichen Gebieten
ein verschiedenes gewesen zu sein. Für die Mundarten des Nord-
ostens läfst sich die Verallgemeinerung des eingeschobenen d schon
seit dem 1 2. Jahrh. nachweisen. Dieselben Texte, die noch esponeni
u. s. w. vgl. oben S. 57 kennen, zeigen ausschliefslich Formen wie:
rcstraindoii Dial. Greg. 8, 13; destraindoit 99, 1Ó; 107, 11; 125, 14;
foindans 43, 13; aioindans 278, 10 (vgl. die %\úi%\., fainderes 133,3;
faindcor 132, 24; tindeor = imctorem 271, i); complaindons Job.
S. 491 ; complaindani S. ^t^'y astreindans S. 455; esiraindet S. 462:
estaindel S. 455 ; conjoindent SS. 453, 495 ; ajoindeni S. 480. Dem-
entsprechend kennt der wallonische Dialekt des 15. Jahrh. nur die
analogischen Formen : deplaindoii J. d. Stavelot S. 2 1 ; plaindoü
S. 246; deplaindirent S. 354; plaindeur = der Kläger S. 21; jondant
S. 241 ; injondons S. 93; esiindons S. ^2, Offenbar ist die Analogie
in jenen Mundarten schon frühe zur absoluten Herrschaft gelangt
und die durch ihr Wirken veranlafsten unorganischen Bildungen
sind als hervorstechende sprachliche Eigentümlichkeit jener Distrikte
aufzufassen.
Ulli ANALOG. WIRKSAMKEIT IN DER ENTWICKEL. DER FRZ. KONJUG. 5g
Einen ganz anderen Verlauf nahm dieser analogische Vorgang
auf pikardischem und centralfranzösischem Gebiete. Einerseits
dürften derartige unregelmäfsige Formen sich hier vor dem Anfang
des 14. Jahrh. kaum nachweisen lassen: chaindy, plaindez H. Capet
S. 205 (erste Hälfte des 14. Jahrh.) neben complaignoii eb. S. 188;
aiaingnant eb. S. 11; der Rom. d. Chat. Coucy (Anfang des 14. Jahrh.)
hat einmal aiaindist 153 neben sonst lautlich richtigen Formen;
plaindy Cygne 6036; esiindoii 2^Ç)y, aiaindist 11586 neben desiraig~
nani 6432; complaignani 17 621; esiraignant 18045; chaindoit Pseud.
Turpin ed. Aurach er Programm des k. Maximilians Gymnasiums.
München 1875 — 76, S. 50. Andererseits ist zwar nicht zu leugnen,
dafs in der Folgezeit das unberechtigte Auftreten des d aufserhalb
des Infinitivs immer häufiger und gebräuchlicher wurde, doch hat
sich die Sprache der in Rede stehenden Mundarten stets der ety-
mologischen Formation erinnert und dieselbe niemals gänzlich zu
gunsten der analogischen Bildung aufgegeben. Die Anwendung
der einen oder der andern Form blieb lediglich dem individuellen
Belieben jedes einzelnen Autors überlassen. So kann aus dem
Verhältnis der Handschriften der Froissa rdschen Poesien mit grofser
Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, dafs dieser Dichter und
Chronist den von dem eingeschobenen d affizierten Fonnen ent-
schieden den Vorzug gegeben habe. Die mit Sicherheit dem
Froissard angehörigen Dichtungen bilden den Inhalt von Hand-
schriften, die im Jahre 1394 von dem Dichter dem englischen
Könige Richard 11. als Widmungsexemplare überreicht wurden (vgl.
Schaler Poes. Froiss. Introd. t. I S. XII — XIV). Diese Manuskripte
zeigen durchweg die analogischen Formen : poindoieni : joindoient
Poes. Froiss. 11 36, 1224, /ö/W/'lll 53, 754, und stehen hierin in
schroffem Gegensatze zu den beiden dem Dichter nicht unbestritten
angehörigen Gedichten La cour de Mai und Le Trésor Amoureux,
denen durchweg die etymologischen Formen eigen sind: joingnani
Poes. Froiss. 111 49, 1639; : poing nani 111 50, 1Ò99; faingnent 111 51,
17 1 1, plaingneni 111 70, 565 ; plaingniez 111 102, 23. Auch die Chro-
nique des Froissard zeigt ein seinen echten Gedichten entsprechenden
Sachverhalt: complaindoii Froiss. Chron. Luce 1 194, 9; plaindi 1 134,
26; plaindireniW 78, 21 ; enjoindi 1 157, 1Ò; sousiraindoieni M 24, 14;
desiraindoii 11 5 1 , 1 9 u. s. w. Dafs die analogischen Formen niemals
die Überhand gewannen, dafs vielmehr das Sprachgefühl sich ent-
schieden zu Gunsten der phonetisch berechtigten Formation äufserte,
Äeigt das Verhalten der besten Schriftsteller jener und der folgenden
Zeit Läfst sich z. B. in dem Prosaroman Melusine von Jehan
d'Arras éd. Brunet nach ^der Ausgabe von 1478, der untermischt
Formen darbietet wie: coniraindes S. 215, joindisi S. 2ffo^ joindireni
S, 320, aiüindii S, 320, poindisi S. 193, empoindireni S. 128, caindisi
S. 407 neben caignii S. 336, empaignireni S. 300, plaignoii
S. 118, plaignoieni S. 320, faignii S. 289, der dem Verfasser
eigentümliche Gebrauch nicht feststellen, so ¡st dies in gereimten
Werken wie dem Mystère de la Passion von A. Greban, eher mög-
6o A. KISOP,
lieh. Hier laìiscn sich die Formen plaignoii v<\, (i. Paris ii. G. Ray-
naud 2522, poignant 200Ò, craignisse Q615, durch Betrachtung der
Reime faignc : montaigne 13 179; poignent ksmoigneni 20656 u. s.w.
als dem Dichter angehörig erweisen, wahrend die nur im Vers-
innem begegnenden Formen: plaindeni 13237, plaindez 30939,
plaindoient 59, faindez 14623, reffraindez 30468 u. s. w. dem Schreiber
zur Last zu legen sind. Die C. Nouv. ed. Le Roux de Lincy
nach den beiden Ausgaben von i486 (1487), kennen nur die rcgel-
mäfsigen Bildungen; nur einmal steht: faindtilibc^, eine Form,
die sich auch im Heptameron ed. Jacob als einziger Vetreter des
analogischen Prinzips S. 45 als findit wiederfindet; feindre scheint
namentlich zu dieser lautlichen Anomalie geneigt, auch bei Palissy
steht feindani S. 251 vereinsamt zwischen regelmäfsigen craignoif^
joignoii etc. (vielleicht ist Einflufs des deutschen finden y erfinden
anzunehmen?). Auch craindre^ dessen regelrechte Konjugation
cremons, cremez noch lange über die altfranzösische Zeit hinaus ge-
bräuchlich war, hat zuweilen dem eingeschobenen d ein weiteres
Gebiet eingeräumt z. B. craindani citiert von Reiffenberg Ph. Mousk.
I 44; Montaiglon Anc. Poes. IX 316. — Mufs nun auch zugegeben
werden, dafs die Schriftsprache sich für den Gebrauch der regel-
rechten Formation erklärte, so ist doch andererseits die volkstüm-
liche Berechtigung der analogischen Bildung nicht zu verkennen,
und dafs diese in der vom Volke gesprochenen Sprache eine weite
Verbreitung erfahren haben mufste, dafür sprechen die diesbezüg-
lichen Bestimmungen der Grammatiker des 15. und 16. Jahrh. Der
Engländer Palsgrave bietet für drei hierhergehörige Verba analogische
Formen: ceindre : nous ceindons, i/s ceindent S. 566; estayndre : nous
cstaindonSy jesiaindis SS. 525, 675; attaindre : atiajndons, je atiaindis, que
je aitaynde S. 680 ; indem er aber daneben que ¡e ceigne, que jesíqygne,
je ceignis gelten läfst, zeigt er, wie wenig es ihm um die Befolgung
eines festen Prinzipes zu thun gewesen ist. Bestimmter, wenn auch
noch willkürlich genug, äufsert sich Petrus Ramus, dessen „Gramere"
zuerst 1562 erschien, über die Zulässigkeit der einen oder der
anderen Bildung; er will, dafs man die Plndung gnons den Verben:
joindrCf Jeindre, craindre, peindre, poindre zukommen lasse, während
er für die Verba: esteindre, enfraindre , espandre, souldre, semoudre
(= wohl semondre), raieindre, respondre, rendre, tondre, pendre, pondre
oder ponre, coudre, vaincre Q) die Endung do7ts beansprucht vgl. Livet
S. 227. Für coudre vgl. das neupikardische : oi keudons, Behrens 1. e.
S. 59. Der wenig für die Volkssprache eingenommene Vaugelas
hat schliefslich den Streit dahin entschieden, dafs er die analo-
gischen Formen zu Gunsten der etymologischen aus der Sprache
überhaupt verbannt. Er sagt II 378: „on dit peignons, en parlant
de peindre, et non pas peimions comme disent quelques-uns, no-
nobstant réquivoque de peignons, qui vient de peigner', et il en est
de même de ceindre, atteindre u. s. w. u. s. w. Und dabei ist es
denn für die Verba mit der Gruppe ndr = ngere endgiltig ge-
DIE ANALOG. WIRKSAMKEIT IN DER ENTWICKEL. DER FRZ. KONJUG. 6 1
blieben, während in den Verben tordre und pondre die Formen mit
eingeschobenem d zur Alleinherrschaft gelangt sind.
Eine besondere Beachtung verdienende Erscheinung ist das c
in den Konjugationsformen von vaincre \ die ältesten Denkmäler,
\jà. Chanson de Roland, Les Quatre LivTes des Rois, La Chronique
des Ducs de Normandie, La Chronique rimée de Ph. Mouskes
zeigen den grofsere lautliche Berechtigung beanspruchenden Infinitiv
ivintre, der sich durch Einschiebung der Tenuis / an Stelle des
vokalisierten c, welches mit dem Stammvokal den Diphthongen ei
bildet, leicht zu erklären scheint; vgl. Darmesteter Rom. 111 396.
Die Frage nach dem Ursprünge des sekundären Infinitivs vaincre
ist verscliieden beantwortet worden. Delius Jahrb. I 358 erkennt
in dem k nur einen durch das nasale n geforderten euphonischen
Stûtziaut, w^ährend Diez 1'* 255 demselben einen etymologischen
Ursprung beizulegen geneigt ist. Wenn nun aber \V. Foerstor,
Ztschr. f. rom. Phil. 1 5Ò2 das c des Infinitivs vaincre als hervor-
gegangen aus einer analogischen Übertragung aus den Formen
vaincons u. s. w., vaincoie u. s. w. aufifafst, in denen die Wahrung des
c lautlich gerechtfertigt sei, so sei daran erinnert, dafs vaincons
nicht unmittelbar von vinkimus abzuleiten ist (s. o. S. 49 — 50) ; das
c =s k ist, wie der Dualismus der provenzalischen Formen zeigt, vgl.
Diez IP 206, auch hier erst ein sekundäres.
Als eine allerdings nur orthographische Besonderheit des Neu-
französischen bleibt hier zu bemerken, dafs alle Verba auf -dre
(mit Ausnahme derer auf -ndr == lat -ngere und die Composita von
soui/re)f femer vaincre, rompre, mettre, battre das stammhafte oder
sekundäre d, ebenso wie c, p, i den grammatischen Gesetzen und
dem altfranzösischen Gebrauch entgegen auf den ganzen Singularis
des Praesens Indicativi ausgedehnt haben. Diese Schreibart geht
mindestens bis ins 15. Jahrhundert zurück: vgl. // prend (ireban
Myst. Pass, Ö234, 6538, reprend 6235, 13455, degíend \22^2,
fend 12253, prétend 12538, estand 12252, re mord 2\'J'¡^ neben
prent 14873, emprent 14874, font 19343 "• ^- ^^'•' "^^ ï^- "^^^^
17. Jahrhundert hatte < dieselbe auch die Verba craindre , feindre,
peindre u. s. w. ergriffen; so schreibt Robertus Stephanus, Gramm.
Gall. S. 62: il craind, il peimi neben il joinj^! und in Jean
Ciodards „La Langue françoise (Lyon 1Ö20) steht noch // se plaind
vergleiche Didot Oberv. sur TOrthographe S. 120. Über den
Zusammenhang des Infinitivstammes mit diesen Präsensformen ver-
gleiche man die Aufserungen des Ilenricus Stephanus: „Saepe etiam
infinitiuus scripturam docet. Exempli gratia, quum dicamus
Craindre, Pindre, Findre scribendü esse apparet Craind, Pmd, Find,
Quinetiam, quum hoc pacto haec tertia j)ersona singularis modi
indicati ü i scriba tur, altero scribi debet eadem vox quum est parti-
cipium. Nam pro Formidatum scribendum est Craint non Craind,
ut ostendit foemininum crainte formidata^*' Hypomneses S. 56, und
weiter: , feint, peint, id est Fin ¡fit. Pin s; it. Quamquam verior (»t
magis ratione nitens scriptura esset, si litera d linirentur, quum ¡n-
02 A. RISOP,
finitiui modi sint, Feindre, Peindre*' j eb. S. Qi vgl. auch S. 72. Das
/ der PIndung der 3. pers. sing, ¡st hinter diesem d als überflüssig
ausgefallen, nicht so dagegen in /*/ rompi, dem gegenüber il imnc
= vinkit ohne / (vergi, afrz. // 7)aint) nicht wenig befremdlich
erscheint.
g) Unorganischer Ausfall des eingeschobenen d.
Einen unrechtmäfsigen Schwund des eingeschobenen d erlitten
vindrent und iindrent = veneruni, iénerunt. Die Beispiele für die im
Neufranzösischen zur Herrschaft gekommenen Formen vinrent, tinrent
begegnen in den ältesten Denkmälern, wie sich denn überhaupt
ein Schwanken zwischen vinrent und vindrent während der ganzen
altfranzösischen Zeit bis ans Ende des 16. Jahrh. nicht verkennen
läfst. Allerdings mufs dahin gestellt bleiben, in wie weit hier bei
der im Altfranzc')sischen gewifs nicht überall zur absoluten Regel
erhobenen Einschiebung eines vermittelnden d analogische Wirk-
samkeit anzunehmen ist — ziemlich sicher ist nur, dafs die nfrz.
vinrent, tinrent ihren schliefslichen Sieg dem Streben nach An-
gleichung an den den übrigen Perfektformen gemeinsamen Stamm
vin, tin zu verdanken haben, wenn auch Vaugelas I 182 denselben
als euphonisch notwendig hinstellen will: vinrent et vindrent; Tous
deux sont bons, mais vinrent est beaucoup meilleur. M. Coëffeteau
dit toujours vinrent, et M. de Malherbe vindrent. Toute la cour et
tous les Autheurs modernes disent vinrent comme plus doux u. s. w.
'l'h. Corneille bemerkt dazu : Il n'y a aujourd'hui que vinrent qui
soit en usage; ebenso die Acad. franc.
Dieser Vorgang erinnert an die Modifikationen, die sich die
sekundäre Lautverbindung -j/r- der 3. pers. plur. der sigmatischen
Perfecta gefallen lassen mufste. Wie Suchier (Aucassin und Nico-
lete S. 62, 15 und Mundart des Leodegar Ztschr. f. rom. Phil. II 297)
darthut, hatten sich mistrent, distrent u. s. w. nur in der Nonnandie
unberührt erhalten, während das Pikardische (Diez II 244), das
Wallonische und Lothringische Bildungen wie misent, disent u. s. w.
an deren Stelle zeigen. Diese Anomalien erklären sich offenbar
durch Anfügung der der Mehrzahl der übrigen Zeiten gemeinsamen
Endung -rv// an den Perfektstamm mis, dis u. s. w.^ Beispiele:
prisent M. Brut 780, misent 1086, guisen t 1085, fisent 790, 894, 913,
neben fistrent 1272, 1274, mistrent 1273, sissent Aucassin 11, 13,
assisent Berte 127; déduisent El. Blanch. 2486, relraisent Froiss.
Chron. II 65, 17; 67, 4; reprisent Dial. (rreg. 135, 1 1 ; ocisent 139, 3,
15; classent 150, 13; plainssent 21, 10; ioinsseni 146, I2, somonsent
133, 20; arsent W. de Valenciennes S. 213, mor sent S. 181, esparsent
SS. 182, 212. Suchier Ztschr. II 297 bemerkt, dafs lothringische
Manuskripte dieses s in der 3. pers. plur. von Perfekten zeigen, die
überhaupt nicht zur sigmatischen Flexion gehören — als I^ispiel
' Ks ist schon j;csaj;t, weshalb das urspninj»liih llexivisrhe s im Koma<
nischcn als stammhaft zu belrachlcn ist.
DIE ANALOG. WIRKSAMKEIT IN DER ENTWICKEL. DER FRZ. KONJÜG. 63
mag hier die- in der lothringischen Handschrift des R. d. Floriraont
Ms. frç. 1 5 1 o I öfter wieder kehrende Form uinsei = venerunt stehen :
atant uinsei dut chevalier f** 26^, vgl. auch f® 6i<l, fo 83h.
Wie stellen sich nun zu diesen altfranzösischen Bildungen die
nfrz. direni, mireni u. s. w. Die Unmöglichkeit, die Quelle derselben
in diseni y miseni zu suchen, leuchtet von vorn herein ein. Auch
ihre Herleitung aus einem ähnlichen Vorgange wie vinreni aus
lundrenfy indem mistrent durch Angleich ung an meïsmesj meistes zu
misreni wurde, Formen, die in Handschriften des 14. und 15. jahrh.
und in Drucken des 16. Jahrh. nicht selten begegnen (z. B. prisreni
Villehardouin ed. P. Paris SS. 10, 62, conquisreni S. 78, disreni S. 26
neben prisireni S. 83; dtsireni S. 122, misireni S. 131, misreni La
Tour de Landry S. 42 (Ms. Anfang des 15. Jahrh.), meisrent Amadis
liv. Vfo XXXnP, disreni eb. f« XXXVIIP und die Diez W 243 als
diejenigen anzuerkennen scheint, die durch Schwund des s zu dirent,
mireni u. s. w. herüberleiten sollen wenn er sagt : ,,disrent, wofür
die Alten auch schon direni sprachen", hat gewifs ihre gerechten
Bedenken. Das s in disreni ist eine nur graphische Annäherung
an deismes, deisies. In Anbetracht der schon im 13. Jahrhundert
begegnenden Reime: vireni : mireni Cleom. 15749 — 50, prirent : par-
tirent 1 82 1 7, im Verse prirent Cleom. 155 13, direni 12077, direni
516; ocistreni '. pendirent R. d. St. Graal 1851, maumistrent : repan-
dirent Libri Psalm. Appendix ps. LXXVIII 4, es tendirent : mireni
CXXXDC 6, misireni : ¿siendireni LXXXI 5, dirent : estahlireni XL 10;
: vireni XXXIV 24 u. s. w. mufs der Übergang von misireni und
misent zu mirent ein unmittelbarer gewesen sein und es bleibt nur
übrig mit Suchier a. a. O. anzunehmen, dafs Formen wie virent,
firent [= feìieruni), vendirent, sentirent u. s. w. die in Frage stehenden
Formen nach ihrem Vorbilde umgeschaffen haben. Umgekehrt
finden sich dann auch hin und wieder Formen wie guerpisent für
guerpirent \ desconfisent Ph. Mousk. 972 und die von P. Paris heraus-
gegebene Handschrift des Villehardouin bietet einmal respondistrent
S. 142.
h) Unorganischer Ausfall des stammhaften d.
Eine wie bedeutsame Verwirrung die Kinschiebung eines sekun-
dären d in dem Verständnis der wahren Natur der Gruppen ndr
und rdr hervorgebracht hat, mögen folg(»nde Thatsachen lehren.
Hatte sich die Sprache einerseits daran gewöhnt, dafs d der In-
finitive plaindre, faindre, sourdt e u. s. w. als stammhaft zu betrachten,
so l)egann sie umgekehrt schon in frühester Zeit das in Wahrheit
radikale d der Verba prendre und repondre = responderé mit dem
eingeschobenen d zu verwechseln und es da wegzulassen, wo es
lautlich streng gefordert war. i. Prendre folgte hierin offenbar der
Analogie von tenir und venir rait welchen es im Futur zusammen-
fiel: tendrai für tiendrai, prendrai. Die Vie de St. Alexius hat noch
prendent S. 64 b; prenent Rol. 2562, Voyage de Charlemagne 242,
prenant Brut. 5533 neben prcndaut 5241; und sogar der Infinitiv
04 A. RISOP,
zeigt Synkope des staramhaften iì\ perire S.Bern. S. 048, reperire
eb. S. 570, panre Amis Am. 119. Es ist selbstverständlich, dafs
diejenigen Denkmäler, die eine falschliche Verwendung des sekun-
dären d kennen, das radikale d von prendre nicht fallen liefsen:
prendente prendoieni Job. S. 489, prendons H. Cap. S. 157, prendoii
S. 4, prendent Froiss. Chron. Il ^iò^ 3^5 prendoieni II 37, 20. Die
Sprache schwankte in der Auffassung der Natur dieses d bis ins
16. Jahrh. hinein: surprende : rende Myst. Pass. v. A. Greban 5160,
prende : descende 8709, preìndent Jehan de Paris S. 65, bis sic sich
schliefslich für die analogischen Formen prenons, prenais u. s. w.
entschied. 2. Der im Altfranzösischen nicht seltene Ausfall des
stammhaften d von respondre = responderé ist auf eine Vermischung
mit den Formen des Verbums repondré = reponere zurückzuführen,
die sich, wie oben gezeigt wurde noch im 16. Jahrh. von dem ein-
geschobenen d unbeeinflufst erhalten hatten ; vgl. repuneit = respon*
dehai Rois S. 107, respuneni Otinel S. 2.8, responent Ch. Lyon 3701,
4451, responez eb. ^084, Angionorm. Homilien Ztschr. f. rom. Phil.
Ï 4v53 ^'' 50, respouneii M. d. France II 394, 10; responneieni eb.
II 397, 8; responnant Méon II 189, 56; responnez Rose ed. Meon
15373 "i^d ^¿' 1735 ^- Ï79S9 responnoit Jubinal Nouv. Ree. I 16,
36, 58; im Reime: responne : bonne Jubinal, Myst. inéd. I 240, 287;
re spönne s : homes eb. I 177, responnez : donnez I 198. Noch Pals-
grave S. 432 hat: nous responnons, ils responnení, que je responne y
/(ly responnUf corresponu neben je respondis,
i) Krsatz des eingeschobenen oder stammhaften d
durch y, g.
In demselben analogischen Vorgange wird man die Ursache
iler in der alten Sprache zuweilen begegnenden Vertretung des d
der Gruppe rdr^ sei es radikal oder sekundär, durch y, g zu suchen
haben. Oben S. 1 1 war auf die Überreste einer archaischen Flexion
der Formen von sourdre und terdre hingewiesen : sorjoii, ierjoiU die
trotz ihrer grofsen Seltenheit noch genug Einflufs besessen zu haben
scheinen, um den Stamm von im Infinitiv ihnen lautlich gleich-
stehenden Verben nach ihrem Vorbilde umzuformen. Dieselbe
analogische Kraft, die prendoii und respondoii zur Verzichtleistung
auf ihr stammhaftes d bewegen konnte, vermochte auch nach dem
Modelle von sorjoiiy ierjoii neue Bildungen zu veranlassen, wie das
handschriftliche argoii Aue. Nie. II 6 ; Tobler, Ztschr. f. rom. Phil.
II 624 führt als Stütze dieser von Suchier in ardoii geänderten
Form, folgende weitere Beispiele an : candeües .... argeni Wil. de
Honecourt XXXIII, argammeni; aherjoieni Pere. 22990. Desgleichen
berichtigt Foerster, Ztschr. f. neu frz. Spr. u. Lit. I 87, Chabaneaus
(Théorie S. 87) Auffassung der Form iorgani^ die ein unmittelbares
Produkt des lateinischen iorquanlem sein soll, durch Hinweis auf
folgende Gebilde: argani Cour. Ren. 1541, Ren. Nouv. 6094, argoii
Nouv. fr. i^i^i ; Pere. 3, go ; ?norjani, morjoieni Jor. 4. Vgl. aufser-
dem: arganz Pere. 9203, inrgani B. Chrest. 66, 13; il leur esrachoit
DIE ANALOG. WIRKSAMKEIT IN DER ENTWICKEL. DER FRZ. KONJUCi. 65
et dttorgoit leurs healmes hors des testes. Chron. du Bon Chev.
Mess. G. d. Chin. ed. Chalons, Mons 1837 S. 22 \ perjanty puis s'en
ala el suth perjant Mainte ville laissa ardant Gaimar S. 13.
k) Die Formen je prins, prins für je pris, pris.
Zum Schlufs mögen hier noch einige Bemerkungen über die
heute verschollenen Formen von prendre: je prins und partie, prins
für je pris und pris Platz finden. W. Foerster, Ch. II Fsp. S. L
und Anmerkung zu v. 250 sieht in dem sekundären Auftreten des
H nur eine Reminiscenz des lateinischen Lautstandes; durch Reime
seien indessen derartige Formen nicht zu belegen. Dieses n mufs
jedoch einst einen wirklichen Lautwert gehabt haben, denn seit
dem 14. Jahrh. begegnen Reime wie: inns : prins E. Deschamps 1 56 ;
prins f mesprins : enciinsj affins eb. I 57; vini : print Ysopet II, Vili
ed. Rob. I 159; reprint: ranni Jubin. Myst. inéd. I 49; prins : Ja-
cobins Gringoire II 255, vings = luginii : prins Montaiglon Anc.
Poés. IV 102, subst. cìitreprinse : quinze Mist V. Test. 17908 — 9.
Auch aus der Art, wie Vaugelas von diesen Formen spricht,
scheint hervorzugehen, dafs das n thatsächlich lautete: er sagt I 183
betreffs print, prindrent, prinrent: „Tous trois ne valent rien, ils ont
este bons autrefois, et M. Malherbe en use toujours. Et d'ielle
prindrent le flambeau, dont ils désolèrent lair terre etc. Mais aujourd'huy
on dit seulement /r/'/, prirent qui sont plus doux"; nach Livet
1. c. S. 319 spricht man in Anjou noch heutigen Tages je prins wie
je vins. Hier liegt offenbar eine Vermischung mit den Verben
tenir (venir) vor, die eine Zeit lang zur gegenseitigen Auswechslung
der Formen beider Verba geführt hat. So bildete man : tensist La
Tour de Landry S. 222 vensist eb. SS. 147, 193 nach prensist eb.
SS. 15, 231 und andererseits prenissiez eb. S. 76 nach tenissent eb.
S. 57 ; vgl. aufserdera tenons, venons mit prenons, taignent, vaignent,
teignent, veignent, tengnent, vengnent mit praignent, preignent, pregnent
vgl. Behrens a. a. O. S. 1 5 ; für das partie, tenu begegnet zuweilen
die nach prins gebildete Form tins z. B. Montaiglon Anc. Poés.
VII 2Ò5, Vili 206; vgl. auch Th. Corneille zu Vaugelas 1 183.
A. Risop.
ZcllMchr. f. rom. Phil. VH.
Nooh emmal Dino Compagni.
Erster Artikel.
Gegen den von mir versuchten Beweis, dafs Dinos Chronik durch
und durch eine Fälschung sei *, ist C. Hegel in die Schranken ge-
treten. Gefühle der Jugendfreundschaft, die ihn mit Dino verband,
sind in seiner Brust wieder wach geworden, und so eilt er dem
gefährdeten Liebling zu Hilfe.^ Allerdings erscheint derselbe auch
¡hm nicht mehr in der Reinheit vergangener Tage: Hegel will nur
den Vorwurf zurückweisen, dafs sein Dino ein absolut falscher
Freund gewesen sei. Um mich deutlicher auszudrücken, — Dinos
Chronik soll von einem ungeschickten Redactor interpoliert, aber
sie soll nicht gefälscht sein. Nach Hegel bedarf es jetzt nur einer
Scheidung der von Dino überlieferten und der von einem Späteren
hinzugefügten Thatsachen ; dazu müfste man die leidenschaftliche
Gemütsverfassung und den Mangel an historischem Sinn beim
eigentlichen Autor in Anschlag bringen ; was aber die Kenntnis der
Parteien und die Stimmungen der Zeit beträfe, so sei die Chronik
geradiizu vortrefflich.
Diese Ausführungen Hegels haben sehr bald den Beifall
Theodor Wüsten fclds gefunden. Der Göttinger Gelehrte hatte sich
freilich zunächst wohl oder übel entschlossen, die Chronik „fallen
zu lassen". Aber eben infolge der Hegeischen Rettung glaubte
er seine Meinung ändern zu müssen, und auch ¡hm ist die Chronik,
wi(î er sich ausdrückt, nicht von Haus aus gefälscht, sondern nur
in späterer Zeit „überpinselt".^
Ich unterschätze gewifs nicht das Urteil Dessen, der unter uns
als (1er beste Kenner der italienischen Archive gilt; jedoch habe
ich nicht gehört, dafs Wüstenfeld dieses Mal einen l>esonderen
lundruck gemacht und Zustimmung gefunden habe. Im damaligen
Stadium des Streites aber war er der Einzige, der die Ansicht
Hegels als die richtige verkündigte; wenigstens in einer wissen-
schaftlichen Zeitschrift und mit dem Rüstzeug der Gelehrsamkeit
ist damals für Dino kein zweiter Ritter aufgetreten. Die allgemeine
Überzeugung war vielmehr, dafs Hegel trotz aller Wärme der Em-
^ Florentiner Studien. Leipzig 1874. S. 45 — 210.
* Die Chronik des Dino (^ompafjni, Versuch einer Rettung. Leipzig 1875.
^ Götling. Gel. Anz. 1875. Stück 49 und 50. S. 1537 — 159Q.
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. I. 67
pfindung seine These nicht bewiesen habe. Ja, ich bin in jener
Zeit wohl, allerdings nur in schriftlichen Bemerkungen, der übrigens
auch für mich nicht ermunternden Ansicht begegnet, „eigentlich
zeige der Rettungsversuch viel besser, als mein Buch, wie unendlich
traurig es um Dino stünde".
Dennoch glaubte ich Hegel die Antwort nicht schuldig bleiben
zu dürfen. Ich erwiederte ^ aber es geschah gewifs nicht aus
Widerspruchsgeist, auch nicht aus der Unfähigkeit, einen gegen
mich erhobenen Einwand, wie begründet er sein möge, in seiner
Bedeutung ganz und voll zu erkennen, und wenn Hegel jüngst
einmal bemerkte, „begreiflicher Weise" hätte ich am Lebhaftesten
seinen Rettungsversuch bekämpft, so habe ich nicht gemeint, die
hervorgehobenen Worte als eiiio Beleidigung auffassen zu sollen; ich
nehme sie vielmehr in dem Sinne, dafs ich vor Allen im Stande
gewesen sei, die Nichtigkeit von Hegels Beweisführung zu durch-
schauen. Die glaube ich denn auch in bündigster Art dargethan
zu haben: eine Reihe bald darauf erschienener Recensionen lautete
dahin, dafs die Position Dinos unhaltbar geworden sei. Wieder hat
sich meines Wissens nur eine einzige Stimme, der vielleicht von Diesem
oder Jenem eine Bedeutung zuerkannt wird -, zu Gunsten Dinos er-
hoben. In der dritten Auflage seines Buches „Dante Alighieris Leben
und Werke" sagt Wegele S. VUI, er teile den Standpunkt Hegels
und sei der Überzeugung, „dafs das Dinos Namen führende Ge-
schichtswerk in der vorliegenden Gestalt unecht, aber keine Fäl-
schung ist". Man sollte danach glauben, Wegele habe die „nicht
unwichtige Quelle" mit der von Hegel empfohlenen Vorsicht be-
nutzt, d. h. er habe für die Thatsachen nach emer Bestätigung
gesucht, aber von der Kepntnis der Parteien und von den Stimmungen
der Zeit, die Hegel ja so warm empfiehlt, den ausgiebigsten Ge-
brauch gemacht. Nach beiden Richtungen sieht man sich bald
enttäuscht: in demselben Atemzuge, in welchem Wegele seine
* Die Chronik des Dino Compagni, Kritik der Hegeischen Schrift: „Ver-
such einer Rettung". Leipzig 1875.
* Wegele will die Geschichte Dantes auf breitester historischer Grund-
lage aufbauen. Mithin war die erste Aufgabe : sorgfaltige Prüfung der Quellen.
Dennoch machte erst ich die Entdeckungen, die er hätte machen müssen,
also erst ich fand die Unechtheit der Chroniken Dinos und der Malespini,
die gemeinsame Quelle sodann, aus welcher Paolino Pieri, Simone della Tosa,
Villani und Andere schöpften. Bei dieser Lage der Dinge wird kaum ein
Fachgenosse gerade von mir verlangen, ich müsse Wegele als eine Autorität
in Fragen der Quellenkritik respektieren. Wie ich mit Rücksicht auf Dino
noch insbesondere bemerken will, konnte ich aus der grundfalschen Dar-
stellung des Florentiner WahlverAihrcns , die Wegele S. 141 entwirft, um
dieselbe sogar zu weiteren Schlüssen für Dantes Priorat zu verwerten, nicht
einmal die Überzeugung gewinnen, dafs Wegele auch nur die wichtigsten
Probleme ernstlich studiert habe: S. loo der Florentiner Studien habe ich
an der Hand der Urkunden gezeigt, dafs das Wahlverfahren ganz anders
war, als der angebliche Dino es darstellt, ganz anders auch, als Wegele
meint. Vgl. auch was ich in der folgenden Anmerkung über den päpstlichen
Vicar erwähne.
68 p. SCHEFFER-IIOICHORST,
Übereinstimmung mit Hegel ausspricht, proklamiert er als sein
Prinzip, dafs die Chronik „bis auf Weiteres m'cht mehr als Quelle
bei der Darstellung der florentinischen Geschichte benutzt werden
darf". Von diesem Grundsatze ist Wegele denn auch mit Wissen
nicht abgewichen ^ namentlich wollte er auch keine Pointe,
keinen persönlichen Ergufs, kein noch so reizendes Bildchen, über-
haupt keines jener Dinge, die Hegel als vortrefflich preist, in seine
Darstellung aufnehmen. Eigentlich ist der Standpunkt Hegels doch
nicht so ganz der seinige; ich möchte ihn dahin bestimmen, dafs
Wegele in der Theorie sich seinem Erlanger Freunde anschliefse,
in der Praxis aber mir, und hoffentlich nimmt es mir niemand übel,
wenn ich mich dabei der Farbe erinnere, welche die Theorie nach
Goethe haben soll.
Vielleicht hat ein weiterer Beitrag, den ich in der Historischen
Zeitschrift XXXVIII 286 ff. veröffentlichte, kurz bevor die neue Auf-
lage der Dantebiographie erschien, auf den Verfasser derselben
einen gewissen Eindruck gemacht. Ich habe da auf eigentümliche
Übereinstimmungen Dinos mit einem Dantekommentar hingeA^iesen :
es ist das für unseren Zweck früher noch nicht benutzte Werk des
anonimo Fiorentino 2, in welchem ich ganze, auch in Dinos Chronik
enthaltene Sätze wiederfand.
Als ich die Entdeckung gemacht hatten, schien mir eine baldige
Veröffentlichung derselben im Interesse der Sache zu sein. Aber
mit anderen Arbeiten lx;schäftigt , konnte ich mich nicht auf eine
Untersuchung der Einzelheiten einlassen ; auch glaubte ich damals,
dafs zu einem abschliefsendem Urteile eine Vergleichung mit den
anderen Kommentaren des Trecento unerläfslich sei ; der Kommentar
des Anonimo aber war der einzige, den unsere Bibliothek besafs,*
* Wohl aber geschah es iinbewufst. 1st dgch fast die ganze Erzählung,
zu welcher er S. 179 Anm. i als Beleg hinzugefügt: „Villani VIII 72", aus Dinos
Chronik entlehnt! Und wie er hier Villani statt Dino nannte, so S. 171
Anm. 4 ein Werk von C. Troya, der seinerseits doch nur unseren Dino als
Gewährsmann anführen kann: es handelt sich um Scarpetta degli Ordelaffi,
der nach Dino II*i8 „päpstlicher Vikar von Forlì" gewesen sein soll. Nun
hat aber Wüstenfeld in den Gott. Gel. Anz. 1875 ^- '57'» '57^ lange vor dem
Erscheinen von Wegeies dritter Auflage den Anachronismus des Titels nach-
gewiesen. Anm. 3 derselben Seite hat Wegele für eine Angabe, die sich nur
bei Dino II 28 findet. Fraticelli Vita di Dante 156 citiert. Doch ich komme
ein ander* Mal auf Wegeies Dante zurück.
^ Commento alla divina commedia d'anonimo Fiorentino del secolo XIV,
ora per la prima volta stampato a cura di Pietro Fanfani. i — 3. Bologna
1866 — 74.
' Erst als dieser Artikel schon in die Druckerei gegangen war, habe
ich zufallig gesehen, dafs Scartazzini bereits im Jahre 1875, ^l« h. zwei Jahre
früher als ich, auf die Übereinstimmung Dinos, dem er derzeit noch vertraute,
und dem Anonimo aufmerksam gemacht hat. Vgl. seinen Kommentar zur
göttlichen Komödie II 211 Anm. 105.
* Es erscheint mir nicht überflüssig, meine Worte aus der Historischen
Zeitschrift XXXVm 192 hierher zu setzen: „Das Verhältnis in allen Einzel-
heiten festzustellen und zu erörtern, fehlt mir die Zeit und auch der Raum,
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. I.
69
So bes<:hränkte ich mich auf eine Andeutung, anstatt eine Aus-
führung zu geben.
Heute kehre ich zu dem interessanten und wichtigen Problem
zurück. Das früher empfundene Bedürfnis, auch die anderen
Kommentare zu vergleichen, konnte ich in der Zwischenzeit be-
friedigen, sah aber da meine Erwartung getäuscht. Die Unter-
suchung mufs mit anderen Mitteln geführt werden ; und zu dem
Ende will ich nun zunächst die betreffenden Abschnitte einander
gegenüberstellen.
Auunimo II 206—207.*
Nel 1 295, doppo la cacciata di Gian
(la la Bella, essendo Firenze in male
slato, fu chiamato rettore in Firenze,
a petizione di quelli che reggevono,
uno povero genüle uomo , chiamato
mcs!>er Monfiorilo della Marca Travi-
giana. Il quale prese la forma della
terra et assolvea et condennava senza
ragione, et palesemente per lui et sua
famiglia si vendea la giustizia. Noi
sostcnnono i cittadini, et non com-
piuto r ufñcio , presono lui et due
suoi famigli, et lui missono alla colla ;
et per sua confessione si seppono
cose , che a molti cittadini ne seguì
grande infamia. Et faccendolo collare
due cittadini, chiamati sopra a ciò. Tuno
dicca: „Busta", 1* altro dicea: „No".
Piero Manzuoli cambiatore, chiamato
sopra ciò, disse: „Dagli ancora uno
crollo". E M cavalieri, eh* era in sulla
colla, disse : „Io rende' uno testimonio
falso a messer Nicciola Acciainoli, il
c|uale non condennai." Non volea il
Manzuolo, che quella confessione fosse
scritta, però che messer Niccola era
suo genero ; 1* altro pure volle ; et
scrissesi. Et saputo messer Niccola
questo fatto, ebbe sì gran paura,
che *1 fatto non si palesasse , eh' egli
se ne consigliò con messer Baldo
Dino I 19.
1 pessimi cittadini per loro sicurtà
chiamorno per loro podestà messer
Monitìorito da Padova, povero gen-
tile uomo, acciò che come tiranno
punisse e facesse della ragione torto
e del torto ragione, come a loro pa-
resse. Il quale prestamente intese la
volontà loro e quella seguì, che assol-
veva e condannava sanza ragione,
come a loro parea; e tanta baldanza
l)resc, che palesemente lui e la sua
famiglia vendeano la giustizia, e non
ne schifavano prezzo per piccolo o
grande che fusse. E venne in tanto
abominio, che i cittadini noi poterono
sostenere, e feciono pigliare lui e
dua sua famigli , e fecciono collare ;
e per sua confessione seppono delle
cose, che a molti cittadini ne seguì
vergogna assai con assai pericolo ; e
vennono in discordia, che 1' uno vo-
leva fuhsc più collato e V altro no.
Uno di loro, che avca nome Piero
Manzuolo , il fé' una altra volta tirar
su. Il perchè confessò, avere riceuta
una testimonianza falsa per messer
Niccolo Acciaioli. Il perchè noi
condannò. E funne fatto nota. Sen-
tendolo messer Niccola, ebbe paura
non si palesasse più; ebbene consiglio
con messer Baldo Aguglioni, giudice
vielleicht nicht am Wenigsten aber das Material. Namentlich bedauere ich,
dafs mir eben nur der Kommentar des Anonymus zur Verfügung steht, nicht
die anderen , früheren oder späteren. Deren Kenntnis und Prüfung würde
.iber wohl nötig sein, um «He Frage endgiltig abzuschliefsen."
' Einzelne Berichtigungen auf Grund der Handschrift bei Del Lungo
Dino Compagni I 709 — 715.
70
p. SCHEFFEK-BOICHORST,
Aguglione, pessimo giudice, Ghibel-
lino antico. Chiesono il quaderno
degli aiti al notaio et ebborlo, et il
foglio, dov' era il fatto di raesser Nic-
cola, trassono del quaderno. E pale-
sandosi per lo notaio del foglio eh' era
tratto, fu consigliato, che si cercasse
di chi r avea fatto. Onde il podestà,
non palesando niente, prese messer
Niccola, et messer Baldo fuggì. Fu
condennato messer Niccola in libre
3000 et messer Baldo in libre 2000
et a* confini fuori della città et del
contado per uno anno.
sagacissimo e suo avvocato. 11 quale
die modo avere gli atti dal notaio
per vederli , e ràsene quella parte
venia contre a messer Niccola. E
dubitando il notaio degli atti avea
prestati, se erano tocchi, trovò il raso
fatto. Accusoli. Fu preso messer
Niccola e condannato in lire 3000.
Messer Baldo si fuggi, ma fu con-
dannato in lire 2000 e confinato per
uno anno.
Anonimo II 392 — 393.
Egli è da sapere, che tra* Gueltì di
Firenze per invidia et per avarizia
nacque uno scandolo grande. Il quale
fu, che messer Corso, credendosi più
aver operalo il male nell* aquistare
la terra per forza, parea a messer
Corso Donati dello onore et dell* utile
aver piccola parte o quasi nulla, però
che messer Rosso della Tosa et messer
Geri Spina et messer Pazzino de* Pazzi
et messer Betto Brunelleschi co* loro
seguaci di popolo prendeano li onori,
et gli amici serviano, davono risponsi
et grazie et lui abbassavono. Et così
vennono in grande sdegno negli ani-
mi. Et tanto crebbe per continuare,
che venne in palese odio , et favella
si tennono. Messer Pazzino il fece
pigliare per moneta, che da lui dovea
avere ; et parole ontiose dianzi a* visi
si diceono. Et ciò faceano per avere
la signoria sola senza lui, })erò che
messer Corso era di sì alto animo
et di tanta oj)erazioni, che ne temcono,
et parte contentevolc non credeono
che dare gli si potessi. Messer Corso
accolse a se gente di molte guise :
de' grandi , eh* crono mal contenti, i
Bordoni ; i Medici, polenti popolari ',
Dino III 19.
Fra i Guelfi neri di Firenze per
invidia e per avarizia una altra volta
nacque grande scandolo. Il quale
fu, che messer Corso Donati, parendoli
avere fatta più opera nel riacquistare
la terra, gli parea degli onori e degli
utili avere piccola parte' o quasi nulla,
l)erò che messer Rosso della Tosa,
messer Pazzino de* Pazzi, messer Betto
Brunelleschi e messer Geri Spini
co* loro seguaci di popolo, prendeano
gli onori, e serviano gli amici, e da-
vano i risponsi e faceano le grazie e
lui abbassorono. E così vennono in
grande sdegno negli animi, e tanto
crebbe che venne in palesse odio.
Messer Pazzino de* Pazzi fece uno
dì pigliare messer Corso Donati per
danari dovea avere da lui. Molte
parole villane insieme si diceano, per
volere la signoria sanza lui, perchè
messer Corso era di sì alto animo e
di tanta operazione, che ne temeano,
e parte coulenlcvole non credevano
che dare se gli potesse. Onde messer
Corso, raccolse gente a sé di' molte
guise. Gran parte ebbe de* grandi,
])erò che odiavano i popolani
Molti n' accolse . . . de' quali furono i
' / Medici, potenti popolani, begegnen bei Dino I 15.
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. I.
71
il quali solcano essere a lui iniqui
ninnici, sostenitori della grandezza di
messer Rosso della Tosa, divennono
di su giura.
Medici e i Bordoni, i quali li solcano
essere nimici e sostenitori di messer
Rosso della Tosa. Quando rifatta
ebbe sua congiura . . .
Anonimo II 326 — 327.
E venuto a Siena, (Carlo di Valos)
mandò suoi imbasciadori a Firenze
et addimandorono il gran consiglio
con molta umilità; il quale non fu
loro dinegato. £t sposta loro im-
basciata nel consiglio, che fu di mettere
pace tra' cittadini , molti dicitori si
levorono, affocati di dire et di magni-
ficare il signore, et andorono alla
ringhiera. Veggendo questo i signori,
non gli lasciorono parlare; ma tanti
furono quelli, che si mostrorono,
che gr imbasciadori s* accordorono,
che la parte, che volea messer Carlo,
era più baldanzosa e maggiore, che
r altra. Scrìssono al signore , che
venisse , che la parte de' Cerchi era
abassta. Agli ambasciadori fu ris-
posto, che al signore sarebbe risposto
per imbasciata. Mandoronsi gl' im-
basciadori, signiñcandogli, eh' ei potea
venire liberamente, ricevendo da lui
lettere bollate , eh' egli non acquiste-
rebbe iurisdizione, né occuperebbe niu-
no onore della città, né legge né stato
della città non muterebbe. Entrò in
Firenze. La domenica prima che
viene doppo Ognisanti andorono i
signori priori a santa Maria novella
a parlargli. Dopo molte impromisse
et saramenti, fatti di conservare la
terra in quello stato, ch'egli la tro-
vava *, per consiglio di messer Mu-
ciatto Francesi, venuto con lui di
Francia, fece armare sua gente. Et
entrato messer Corso in Firenze, cor-
sono la terra et ruppono le prigioni
et cacciorono molti cittadini. E con
Dino II 6, 7, 9.
— e condussonlo a Siena. E quan-
do fu quivi, mandò ambasciadori a
Firenze — Giunti in Firenze, visi-
tomo la signoria con gran riverenzia
e domandorno parlare al gran con-
siglio; che fu loro concesso. Nel
quale per loro parlò uno avocato da
Volterra , che con loro aveano , — e
disse, che il sangue reale di Francia
era venuto in Toscana, solamente per
mettere pace nella parte di santa
chiesa. — Molti dicitori si levarono
in pié, nfocati per dire e magni ñcare
messer Carlo, e andorono alla ringhiera
tosto ciascuno per essere il primo, ma
i signori ninno lasciorno parlare. Ma
tanti fumo, che gl* imbasciadori s' avid-
dono, che la parte, che volea messer
Carlo, era maggiore e più baldan-
zosa, che quella non lo voleva. E a
loro signore scrissono, che aveano
inteso , che la parte de' Donati era
assai inalzata e la parte de' Cerchi
era assai abassata. I signori dissono
agi' imbasciadori , risponderebbono al
loro signore per imbasciata. — Man-
doronsi gl' imbasciadori — dicendoli,
che potea liberamente venire, com-
mettendo loro, che da lui ricevessino
lettere bollate, che non acquisterebbe
contro a noi ninna giurisdizione, né
occuperebbe ninno onore della città,
per titolo di imperio né per altra ca-
gione, né le leggi della città mute-
rebbe né r uso. — Venne il detto
messer Carlo nella città di Firenze
domenica addì 4.* di novembre 1301,
e da' cittadini fu molto onorato.
* Von hier an finden sich mehrere Einzelheiten aus Villani VIII 49.
komme S. 77 darauf zurück.
* Der fünfte war ein Sonntag.
Ich
72 p. SCHEFFER-BOICHORST,
tutto questo strazio della terra niesser
Carlo non vi pose riparo, et venne
contro a ogni impromessa fatta e contro
a ogni suo sacramento. £t addì
2 d'aprile vegnente cacciò di Firenze
e die bando a molti cittadini.
t
Was glaubte ich aus dieser durchgehenden Übereinstimmung
folgern zu dürfen?
Wie Hegel in seiner neuesten Schrift „Über den historischen
Wert der älteren Dantekommentare. ^ Mit einem Anhang zur Dino-
Frage. Leipzig 1878" S. 92 bemerkt, hätte ich „die Vermutung
nahegelegt", dafs der angebliche Dino auch das Werk des Ano-
nimo für seinen Zweck verwendet habe. Dagegen richtet sich nun
Hegel S. I02, und er gelangt zu dem Schlüsse, dafs der Beweis,
Dino habe den Anonimo ausgeschrieben und verdorben, sich nicht
führen lasse. Freilich, — da Hegel auf der vorausgehenden Seite
die Alternative stellt: entweder sei Benutzung des einen durch
den anderen Autor oder einer dritten gemeinsamen Quelle durch
beide anzunehmen; da fügt er unter dem Texte hinzu: „Vergi.
Scheffer-Boichorst, Zum Dinostreite S. 188". Weil ich nach Hegel
S. 92 aber Bemerkungen gemacht haben soll, weiche auf Benutzung
des Kommentars durch Dino hingezielt hätten, welche also für die
Annahme einer gemeinsamen Quelle keinen Raum liefsen, so scheint
* Im Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. 1880 S. 73 bemerkt Scartazzini,
er habe nicht die Überzeugung gewinnen können , dafs Hegel all* die be-
handelten Kommentare eingehend und gründlich studiert habe. In meinem
Buche Aus Dantes Verbannung S. 141 Anm. i habe ich gezeigt, dafs Hegel
seine Annahme, Boccaccio habe den Kommentar Pietro Allaghieris benutzt,
in der ungenügendsten Weise begründet hat. Ebendort S. 46 Anm. 3 glaube
ich die Autorschaft des Jacopo Allaghicri, dem Hegel mit kurzem Worte
die Chiose alla cantica dell' Inferno abspricht, aus dem Vergleiche mit zwei
Gedichten desselben nachgewiesen zu haben. Damals war mir nur ein Citat
aus den Chiose zugänglich ; da mir heute das ganze Werk vorliegt, so würde
ich meinen Beweis leicht erweitern können. Das Wichtigste der beiden
Gedichte ist aber in dem Anhange zur Ausgabe der Chiose gedruckt. Ob
Hegel sich dasselbe wohl angesehen hat ? — Zwei Kommentare sind gar nicht
besprochen. Der eine bezieht sich ireilich nur auf drei Gesänge der Hölle:
Grion hat ihn im Propugnatore I 332 -355, 435 —463 veröfl'entlicht; den anderen,
der sich auf das Paradies beschränkt, hat man keinem Geringeren zugeschrieben,
als Petrarca; er ist gedruckt von Palermo Manoscritti palatini di Firenze II
714 "880. Was Hegel S. 20 über das Verhältnis von Lord Vernons Anonimo
und dem Kanzler von Bologna zu dem Ottimo sagt, hat schon Carducci Studj
letter. 295 bemerkt , zugleich aber auch gezeigt , weshalb man den Anonimo
und den Kanzler für verschiedene Personen halten müsse. So könnte idh
noch manches zur Ergänzung und Berichtigung beibringen ; aber dennoch
hin ich nicht der Meinung Scaria/.zinis , welcher für Hegel kein Wort der
Anerkennung hat. Selbst wenn Hegel nur die Forschungen Anderer zu-
saniniengcfafsl und blofs an und für sich geprüft hätte, ohne sich überall auf
ein selbständiges Studium der verschiedenen Kommentare einzuhussen, so war
das Material doch so zerstreut, dafs seine Arbeit schon von dieser Seite warmes
J^ob verdient.
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. I. 73
man nicht geglaubt zu haben, die von Hegel aufgestellte Alternative
sei auch schon von mir aufgestellt worden; man wird vielmehr
gedacht haben, die Fufsnote ver^veise auf etwas mehr Nebensäch-
liches. Danach haben denn Recensenten in der Beilage der Allg.
Ztg. 1878 No. 344 S. 5078 und in Edlingers Literaturblatt 1879
S. 200, wie auch Simonsfeld in der Historischen Zeitschrift XXXXV
163 und 168 kurz und bündig erklärt, ich hätte den Dino-Fälscher
als Kopisten des Kommentars ausgegeben.
Damit vergleiche man nun meinen Aufsatz!
Wenn man nicht zur Genüge wüfste, wie traurig es in deut-
schen Landen um die Recensionsmache bestellt ist', so würde
man seinen Augen nicht trauen. Denn nachdem ich gezeigt habe,
dafs der Anonymus von Dino unabhängig sei, fahre ich fort: „Ent-
weder hat Dino aus dem Werke des Anonymus geschöpft oder
beide haben eine dritte, mir unbekannte Vorlage ausgeschrieben.
In ersterem Falle ist Dinos Chronik eine Fälschung, denn der
Anonymus schrieb 1343 ^ und Dino will vor 13 12 geschrieben
• Freilich bei den Romanen recensiert man mit gleichem Leichtsinn.
Hier ein recht artiges Pröbchen. In der Romania VIII 108 erhebt Herr
Paul Meyer die Zuchtrute gegen mich: „^1/ Scheffer-Boichorst en un
point — s'est montré d'une légèreté , qui mérite le blâme le plus sévère.
Cet historien f en effet, sans se donner la peine de vérifier, a quelle
date remontait la tradition manuscrite de la chronique en question, n*a
pas hésité a supposer, que la fabrication de ce texte avait eu lieu au
XVJI. siècle et qu'elle avait pour auteurs des membres de l'académie de la
Crusca." Wer meine Florentiner Studien S. 206 aufschlägt, findet zunächst
das Gegenteil von „«'a pas hésité" ; ich sage nämlich : „Die älteste Hand-
schrift trägt das Datum 15 14. Aber ist das Datum echt? entspricht der
Charakter der Handschrift dem Jahre? Kann man nicht ein falsches Jahr
hinzugefugt haben , um sich wenigstens auf eine alte Handschrift berufen zu
können ? Nur die genaueste Prüfung der Schriftzeichen könnte da entscheiden.
Ich mufs mich darauf beschränken, die Erwägungen mitzuteilen, welche mich
auf den angedeuteten Verdacht geführt haben. Indem ich es thue, geschieht
CS mit jener Gesinnung, die jedes Anspruches ledig, jeder Belehrung gewärtig
ist." Das nennt der Herr Meyer: „n'a pas hésité". Nun aber die Behauptung,
ich hätte ,,Mitgliedern der Crusca die Fälschung zur Last gelegt!" S. 208
sage ich : „ — die litterarischen Leistungen von Florenz und Rom abwägend,
mochte ein Patriot seinen Dante dem Virgil entgegenstellen, für Roms
frostige Lyrik daheim einen reichen Ersatz linden, dann aber auch manche
schmerzliche Lücke entdecken, namentlich in der Geschichtschreibung." Gleich
darauf trete ich den Rückzug an ; und in <icr zugehörigen Anmerkung erhärte
ich meine Unkenntnis in der Florentiner Gelehrten-Geschichte : ,, nicht einmal
der Ruolo degli antichi e moderni accademici della crusca, der 1825 von
Moreni herausgegeben wurde, ist mir zu Händen." Man sehe, — war meine
Meinung, — wie sehr ich selbst davon durchdrungen bin, dafs ich in der
Gclehrtengeschichte von Florenz kein Urteil habe! Aber aus dem angeführten
Satze folgern, dafs ich die Fälschung auch nur einem Cruscanten zugeschrieben
hätte, geschweige denn mehreren Mitgliedern der Akademie, ist doch eine —
Bravourleistung auf dem Gebiete der Phantasie. Im Laufe der Zeit hat der Herr
Meyer noch gröfsere Fortschritte gemacht: wie der gewissenhafte Mann so-
eben in der Romania XI 615 erklärt: ,,Af. Scheffer- lioichor st croit avoir dé-
montré, qu'on a fabriqué au Xl'Il^ siècle la chronique de Dino Compagni."
' Ich folgte damals der Aufschrift des Codex: „Commento di Dante
1343". Dabei hatte ich leider die Fufsnote Fanfanisll2 übersehen, d.h.
74 P. SCHKFFEK-HOICHOKST,
haben ; die Möglichkeit der letzteren Annahme ist einzuräumen,
aber Dinos Werke bliebe darum doch eine Fälschung." Und nun
ersparte ich mir die Mühe, das eigentliche (^uellenverhältnis fest-
zustellen; ich entwickelte die Gründe, welche auch bei Annahme
einer gemeinsamen Vorlage für Fälschung entschieden.
Die von mir gelassene Lücke hat Hegel in der schon an-
geführten Schrift auszufüllen versucht. Indem er die drei Stellen,
in denen unsere Autoren übereinstimmen, einer nochmaligen Prüfung
unterzieht, gelangt er zu demselben Ergebnis, wie ich, dafs nämlich
der Kommentator nicht aus der Chronik geschöpft haben könne.
Das zeige sich besonders bei der Geschichte des Betruges vom
Jahre 129g. „Dino nennt Padua als Herkunftsort des damaligen
Podestà, Anonimo die trevisanische Mark : das Erstere ist unrichtig,
das Letztere ist richtig.' I3ino läfst die verwandtschaftliche Be-
ziehung zwischen dem Untersuchungsrichter Manzuolo und dem
Angeklagten Niecola Acciainoli unerwähnt, wodurch das Verständnis
der Geschichte verdunkelt wird. Dino gebraucht die indirekte Rede,
wo Anonimo die Worte der beiden Richter und des Podestà selbst
anführt. Bei Dino geschieht die Fälschung des Protokolls durch
Ausradierung der Stelle, bei Anonimo durch Ausreifsen eines Blattes."
Und diese Abweichungen erscheinen Hegel dann mit der Annahme,
Dinos Chronik sei die Quelle, in keiner Weise vereinbar^; denn
der Verfasser des Kommentars wäre ein blofser Kompilator, der
seine Quellen abschreibe, dabei wohl verkürze, aber nicht durch
Zusätze sachlicher oder stilistischer Art umforme. Somit stimmen
wir ganz überein, und auch Simonsfeld erhebt keinen Widerspruch.
Was Hegel und ich aber von der einen Stelle zeigten, galt uns
selbstverständlich auch von den beiden anderen.^ Da hat nun
(liifs der Anonimo schon den Kommentar Boccaccios benutzte: er schrieb
also nach 1373. Genauer hat Simonsfeld in der Hist. Ztschr. XXXXV 165, 166
die Abfassunj;szeit zwischen 1373 und 1378 zu bestimmen versucht, ohne aber
zu einem gesicherten Resultate zu gelangen.
* Siehe den urkundlichen Beweis in meiner Kritik der Hegeischen Schrift
28 31.
* Das hindert Hegel freilich nicht S. 104 zu schreiben : „Bis hier her geht
die wörtliche Abkürzung aus Villani, wobei eine Reihe von Zwischensätzen,
selbst auf Kosten des Verständnisses, ausgelassen sind. Das unmittelbar
darauffolgende steht in gleichem Verhältnis zu Dino.*' Dem entspricht S. 106:
„Hier, wo bei Dino die weitläufige Erzählung der Verhandlungen in Florenz
folgt, wendet sich Anonimo von ihm wieder ab und wieder seiner anderen
(¿uelle, dem Villani, zu.'*
^ Wenigstens im Vorbeigehen hei hier bemerkt, dafs Del I^ungo die
Abhängigkeit des Anonimo vom Dino ganz einfach als Dogma hingestellt
hat. Das mufs geglaubt werden, ob auch nocli so entscheidende, von Hegel
und mir entwickelte Gründe dagegen sprechen. Andere Probleme hat Del
Lungo dann allerdings erörtert und untersucht; — in welcher Weise, soll später
mein /weiter Artikel zeigen. Einstweilen werde ich mich jeder Polemik
gegen Del Lungo enthalten , selbst wenn ich im Folgenden eine Einzelheit,
worüber er eine andere Meinung ausgesi)roclien hat, in meinem Sinne ver-
werte. Doch mufs ich S. 79 Anm. l eine Ausnahme machen.
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. I. 75
Simonsfeld' seine eigene Idee: er kann sich sehr wohl denken,
wie dieselben „als Beweise für die Priorität der Dino-Qironik an-
geführt werden könnten, aus welcher Anonimo gerade so geschöpft,
wie aus V^illani."
Die durch ihre Inkonsequenz wunderliche Annahme einmal
zugegeben, wie kann nur der trockene Kommentator die Herrschafts-
gelûste Corso Donatos mit dem argen Hohn begründen, credendosi^
più avere operato il male nelf acquistare ¡a terra per forza, während
doch Dino nur sagt : parendogli avere fatta più, opera nel riacquistare
la terra? Aus welcher Kenntnis mag der Anonimo die Bemerkung
Dinos, dafs Zwietracht unter den Parteihäuptem entstanden sei,
durch den Zusatz erweitert haben : et favella si tennono? Oder wie
kömmt der Anonimo dazu, die Worte Dinos : parole villane insieme
si diceano durch parole ontiose dinanzi a* visi si diceano zu um-
schreiben? Anonimo sagt: i Medici potenti popolari, / quali solcano
essere a lui iniqui inimici^ sostenitori della grandezza di messer Rosso ;
Dino dagegen nur : / Medici, i quali li solcano essere inimici e sostenitori
di messer Rosso, Offenbar hat Anonimo den vollständigen Wortlaut der
gemeinsamen, von Hegel statuierten und, — worauf ich zurück-
komme, — auch von mir anerkannten Quelle wiedergegeben. Wenn
Simonsfeld behauptet, es fanden sich hier lediglich „unbedeutende
stilistische Verschiedenheiten", und wenn man ihret\vegen eine gemein-
same Quelle annehmen wollte, so müsse man „mit demselben Rechte
das Gleiche in Bezug auf Villani und Anonimo fordern", so kann
ich nur bedauern , dafs er z. B. für die Umschreibung von parole
villane insieme in parole ontiose inanzì a visi keine Analogie aus Vil-
lani und Anonimo erbracht hat; gar noch interessanter wäre es,
wenn Simonsfeld nachweisen könnte, dafs Anonimo zu einer An-
gabe Villanis ein Wort hinzugefügt hätte, das dem // male in der
zuerst angeführten Stelle entspräche, d. h. nach Simonsfeld eine
„lediglich stilistische Verschiedenheit", die ich dann aber — wie
ich hoffe: geschah es bei // male nicht ohne Grund — als Ironie
auffassen könnte. Bis auf Weiteres behaupte ich, dafs das Ver-
hältnis zu Villani ganz anderer Natur ist. Damit nicht genug.
Wenn der Anonimo an den zwei Stellen, die hier in Frage stehen,
die Chronik Dinos benutzt hätte, dann würde er beide Male gerade
an einem Punkte, wo Dino von sich selbst redet, zu einer anderen
Vorlage übergegangen sein. i. Unsere Autoren erzählen über-
einstimmend, in welcher Weise Karl von Valois seinen Kinzug in
Florenz mit der Regierung verabredet habe. Nachdem Karl dann
gekonMnen ist, läfst ihn der Anonimo bei Santa Ilaria Novella mit
den Prioren verhandeln und die Verfassung beschwören ; nach Dino
sagt Karl den Prioren kein Wort, dafür hat er aber später in Dinos
* „Umgekehrt kann ich mir sehr wohl denken, dafs gerade beide Stellen
von Del Lungo als Beweise für die Priorität der Dino -Chronik angeführt
werden könnten, aus welcher Anonimo geradeso geschöpft, wie aus Villani,
und ich wüfste nicht, was ihm mit gutem Grunde entgegenzuhalten wäre."
Hist. Ztschr. XXXX V 1 70.
76 p. SCHEFFER-BOICHORST,
eigene Hände den Eid geleistet. Und da sollte der Anonimo bis
zu dem Punkte, wo Dino seine eigene Person einführt, dessen
Chronik ausgeschrieben haben, nun aber einem anderen Werke
sich zugewandt haben, und zwar einem Werke, das der Erzählung
über Dino selbst schnurstracks entgegen war? * (iewifs nicht! 2. Die
Ereignisse, welche dem Tode Corso Donatis unmittelbar vorausgehen,
erzählen Dino und Anonimo in gleichem Wortlaute : sein Ende selbst
berichtet Anonimo ganz nach Villani, und doch sagt Dino, er habe
über die Ermordung des Florentiner Catilina eigene Forschungen
angestellt. Ist es denkbar, dafs ein Autor gerade da die bisher
ausgeschriebene Chronik Dinos verlassen hätte, um nun dem viel-
fach abweichenden Berichte Villanis zu folgen? Also nicht blofs
der Konsequenz zu Liebe ist bei den zwei letzten Stellen das
gleiche Verhältnis anzunehmen, wie bei der ersten, d. h. Dino ist
nicht Quelle.
Da der Anonimo von Dino unabhängig ist, so bleibt die
Frage, ob nun Dino aus dem Kommentar sein Material entnommen
habe. Hegel gelangt schon bei der ersten Stelle zu dem Ergebnis,
dafs das Werk des Anonimo nicht die Quelle sein könne; denn
das falsche Jahr 1295, dann die Angabe, dafs der Podestà seine
Amtszeit vollendet habe, als die Anklage gegen ihn erhoben sei, .
finden sich bei Dino nicht. Wie aber das Fehlen dieser Nach-
richten einen Beweis für Dinos Unabhängigkeit abgeben könne, ist
mir nicht verständlich geworden ; zu allem Überflufs steht in der
Handschrift des Anonimo vor compiuto P ufficio noch ein non'^y das
im Drucke leider ausgefallen ist. Keineswegs kann man also mit
Hegel sagen, Dinos Meinung sei oft'enbar nicht gewesen, „dafs der
Podestà sein Amt noch bis zu ]ùide des Jahres fortgeführt habe,
wie Anonimo dies unrichtig annimmt". Was aber das Jahr
angeht, so schliefst Dino den Bericht ohne irgend welche Zeit-
angabe der Vertreibung Gianos della Bella an, d. h. dem Jahre
1295. ^Mithin besteht die schönste Übereinstimmung: wie früher
gezeigt wurde, hat der Anonimo hier allerdings vieles vor Dino
voraus, aber Dino nichts vor dem Anonimo; und man sieht wohl,
dafs der Beweis, Dino sei vom Anonimo unabhängig, sich so nicht
führen läfst. Wenn ich dennoch geneigt bin, der Annahme Hegels
zuzustimmen, so geschieht es unter dem Eindrucke einer anderen, *
von ¡hm gemachten Beobachtung. Die übrigen Stellen nämlich, in
denen Dino mit dem Anonimo übereinkommt, hat der Letztere
unmittelbar mit Berichten Villanis verbunden, und da Dino hier
* Hegel a.a.O. S. iio Anni, i: „Begreiflicher Weise „schweigt Ano-
nymus" (Scheffer-Boichorst a. a. O. S. 190), wo Dino von sich und seinen
Verhandlungen erzählt, denn das gehört doch gewifs nicht in den Dante-
Kommentar." Ganz bestimmt nicht , wenn die Verhandlungen sich etwa auf
den Verkauf eines Hauses oder die Dingung einer Magd bezogen hätten.
Nun aber berichtet Dino , indem er seiner eigenen Person die Hauptrolle
/uweist, über einen hoch ¡iolitischcn Akt, und von eben demselben meldet
Anonimo das gerade Gegenteil dessen, was wir beim Dino lesen.
'■^ Vgl. Del Lungo Dino Compagni P' 709 Anni. ****.
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. I. 77
doch rait Villani keinerlei Gemeinschaft hat, so müfste er — falls
er den Kommentar benutzt hätte, — sorgfaltig die aus Villani
entlehnten Sätze bei Seite gelassen haben. Der Fälscher hatte
ja nun allerdings Grund, jede Übereinstimmung mit der allgemein
bekannten Chronik Villanis zu vermeiden; aÌ3er eine künstliche
Ausscheidung des Villanischen im Texte des Anonimo möchte ich
ihm doch nicht zutrauen : es wird wohl eine gemeinsame Quelle
zu Grunde liegen.
Bevor ich unter dieser Annahme die brennende Frage be-
spreche, will ich auf den Inhalt des Werkes, soweit er sich aus
den Ableitungen feststellen läfst, mit einem Worte eingehen; denn
jede neue Gabe, die zur Erweiterung unserer Kenntnisse des be-
ginnenden Trecento dient, muís uns bei der Dürftigkeit und den
Widersprüchen der älteren Litteratur hoch willkommen sein. Darin
stimme ich nun zunächst mit Hegel überein , — wie in diesem
Punkte wegen der ganz wörtlichen Kongruenz ja auch keine Meinungs-
verschiedenheit möglich ist, — dafs die lange Geschichte von der
Tortur des abgesetzten Podestà und der damit verbundenen Ent-
hüllungen, der Fälschung der Akten und der Verurteilung der
Fälscher unserer neu aufgefundenen Quelle angehören. Nicht
weniger führt auch Hegel die Erzählung, wie der grofse Messer
Corso Donati sich mit seinen Parteigenossen entzweit, wie eine
Verschwörung gegen den Übermütigen angezettelt wird, auf das
verlorene Werk zurück. Auch was die Verhandlungen mit Karl
von Valois angeht, sind wir anfangs gleicher Meinung; dann aber
gehen wir aus einander. Hegel hat das von ihm angenommene
Quellenverhältnis durch folgende (Gegenüberstellung veranschaulicht.
Dino II 7. Anon. Fior. II 326.
Karl von Valois giebt lettere bollate, Karl von Valois giebl lettere bollate
che non acquisterebbe contro a noi ch^ egli non acquisterebbe iurisdizione,
ninna giurisdizione , ne occuperebbe nr occuperebbe niuno onore della città,
ninno onore della città, né per titolo nì' legge né stato della citta non mu-
(li imperio né per altra cagione , ?/<• terebbe. Entrò in Firenze la domenica
U leggi della città muterebbe , né prima che vienne dopo Ognisanti
Tuso. Il dicitore fu etc. Fu pregato
il cancelliero suo, che pregasse il
signore suo, che non venisse // d)
d^ Ognisanti, però che il pojìolo mi-
nulo in tal di faceva festa coi vini
nuovi etc. Il perchè deliberò venire
la domenica seguente.
Villani VIII 49.
— a di 5 di Novembre nella chiesa andorono i signori priori a santa
tli santa Maria Novella , essendosi Maria Novella a parlargli : doppo molte
raunati poteste e capitano e ¡iriori, — impromisse e saramenti fatti di con-
messcr Carlo — promise di conser- servare la terra in (juello stato, eh' egli
78 p. SCHEFFER-BOICHORST,
vare la città io pacifico e buono la trovava , p^r consiglio di messer
stato. - - — per consiglio di messer Afuciatto Francesi, venuto con lui di
Musciatto Francesi , il quale infino Francia, fece amare sua genie. Et
di Francia era venuto per sua pe- entrato messer Corso in Firenze, cor-
ilotto — fece amare sua gente. sono la terra et ruppono le prigioni
In questo romore messer Corso — et cacciorono molti cittadini. Et con
venne in Firenze. — — andò a le tutto questo strazio della terra messer
carcere del comune — e deliberò i Carlo non vi pose riparo et venne
pregioni. — Et con tutto questo contro a ogni impromessa fatta et
stracciamento di cittade, messer Carlo contro a ogni suo sacramento ; et ad-
di Valois né sua gente non mise con- dì 2 d'Aprile vegnente cacciò di Fi-
siglio né riparo, né attenne saramento renze et die bando a molti cittadini
o cosa promessa per lui. — E per etc.
questo modo fu abbattuta e cacciata
di Firenze V ingrata e superba parte
de' bianchi — a dì 4 d'aprile
Nach Hegel hätte der Anonimo den ganzen zweiten Abschnitt
dem Villani entlehnt. Dem gegenüber gebe ich zu erwägen: i. Für
corsono la terra und für et dit bando finden sich keine Parallel-
stellen, und cacciarono molti cittadini wird doch schwerlich Jemand
aus Villanis : fu cacciata di F^irenze l'ingrata e superba parte de bianchi
herleiten. 2. Statt des 4. April, den Villani wahrscheinlich nach
der Neapolitaner Fortsetzung der Gesta Florentinorum als Tag der
Vertreibung angiebt^ nennt der Anonimo den 2. April, worin er
mit Coppo Stefani 2 übereinkommt. 3. Da der Anonimo vielfach
verkürzt, aber nie erweitert — wie sollte er Villanis kurzes promise
di conserimre la città in pacifico e. buono stato in das längere doppo
molte impromesse et saramvnti fatti di conservare la terra in quello
stato, eh' egli la trovava erweitert oder umschrieben haben? Ebenso
steht sein contro a ogni impromessa fatta et contro a ogni suo sacra^
mento zu Villanis nt" atiene sacramento 0 cosa prommessa per lui, 4. Es
linden sich wörtliche Übereinstimmungen mit Dino: dem andorono
i signori priori a sania diaria Novella a parlargli entspricht II 1 3 :
a Santa Maria Xovella fuori della terra volea parlamentare'^ das fece
armare sua genie kann man dem ebendort sich findenden : fe armare
la sua gente geradeso gut gegenüberstellen, wie dem Villani; und
wenn es endlich II 18 heifst: Entrato messer Corso in Firenze —
prese le case de Corbizzi e posseri su le sue bandiere e ruppe le pri^
gioniy so stimmt dazu der Anonimus: Entrato messer Corso in
Firenze, corsono la Ierra et ruppono le prigione. Villani sagt
ganz anders : messer Corso — venne in Firenze andò alle carcere
del commune f — quelle per forza aperse e deliberò i pregioni.'^
* Bei Hartwig, Ouellen und Forschungen zur ältesten Geschichte der
Stadt Florenz II 292.
* Ed. (San Luigi) Delizie degli erud. Toscani X 25.
3 Del Lungo a.a.O. I715 hat die Kongruenz mit Dino II 13 und 18
nicht beachtet, wohl aber zieht er die Schlufswortc : dir bando a molti citta-
dini zu Dino II 25 : avendo fatto richiedere molti cittadini.
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. I. 79
Danach irrt Hegel, wenn er den ganzen zweiten Teil auf Vil-
lani zurückführt; der Anonimo hat zwei Quellen zusammengearbeitet:
aus Villani sind aber nur die Worte: per consiglio etc.; Et con tutto
questo etc.
Noch in einem anderen Punkte kann ich Hegel nicht zu-
stimmen; er zieht das Datum la dommica prima, che viene dopo Ogni-
santi zur Ankimft Karls in Florenz, ich habe es zur Verhandlung
bei Santa Maria gezogen, d. h. zu dem Eide, den Karl auf die
Verfassung leistet. Im ersteren Falle ergiebt sich eine Überein-
stimmung mit Dino, aber ein historischer Verstofs, denn laut Ur-
kunden und Chroniken kam Karl nicht am Sonntag nach Aller-
heiligen, sondern an Allerheiligen selbst; im zweiten Falle haben
wir ein richtiges Datum, denn auch nach Villani hat Karl am
Sonntag nach Allerheiligen, der im Jahre 1301 auf den 5. Nov.
fiel, die Verfassimg beschworen. Soll man nun unserem sonst gut
unterrichteten Autor einen Irrtum zuschreiben, blofs zu dem Zwecke,
damit Übereinstimmung mit Dino erzielt wird? Hegel hat es so
beschlossen, denn meine Deutung sei gezwungen, und Simonsfeld,
pflichtet ihm bei, weil der Einzug Karls das Hauptereignis sei.
Mit einem Bifschen politischen Sinnes schliefst man wohl umgekehrt,
dafs nicht die Ankunft Karls, sondern die Beschwörung der Ver-
fassung, womit die Übergabe der Stadtschlüssel verbunden war,
eine neue Epoche einleite.* Und dafs der Verfasser des von Dino
* Auf die Gefahr hin , Herrn Simonsfeld einen Schmerz zu bereiten,
kann ich doch die Bemerkung nicht unterdrücken, dafs wenigstens in diesem
Falle unser beschränkter Anonimo mehr politischen Sinn gezeigt hat, als er.
Denn da derselbe I 170 über die gleichen Dinge redet, dafs also Karl in
Florenz eingezogen sei und die Verfassung beschworen habe, da verzichtet er
darauf, aus Villanis Chronik, die hier allein seine Quelle ist, auch das Datum
der Ankunft mithinüberzunehmen, wohl aber erzählt er, ganz wie Villani,
dafs Karl am 5. November die Verfassung beschworen hätte ! Freilich hat
Simonsfeld noch einen anderen Grund; er sagt a. a. O. S. 169 Anm. i : „wenn
das Datum des Anonimo zur Beschwörung zu ziehen wäre, dann müsse man
die doch nicht glaubliche Voraussetzung zulassen, dafs Anonimo die Tages-
angabe Villanis, den 5. November, mit Zuhilfenahme eines Kalenders, in „den
ersten Sonntag, der nach Allerheiligen kommt" übertragen habe." Aber Ano-
nimo folgt darin eben nicht dem Villani, wie Simonsfeld willkürlich annimmt,
sondern noch immer derselben Quelle, die er mit Dino gemein hat. Doch
wenn Simonsield, dieser übrigens von mir geschätzte Forscher, sich die Dinge
auch gar nicht ordentlich überlegt hat, so bin ich ihm gleichwohl dankbar:
er versucht doch eine Begründung, während Hegel nur orakelt: „Scheffers
Deutung ist gezwungen". Nicht eben klarer, nur resoluter äufsert sich Del
Lungo: I 1210 Anm. 2 versichert er, dafs alle diejenigen, welche mit mir und
Fanfani das Datum zu amiorono i priori und nicht zu entrò messer Carlo
bezögen, keine Ahnung von der Sprache alter Chroniken hätten. Das kann
doch nur heifsen : Die alten Chronisten setzen das Datum nach Subjekt und
Prädikat. Aber weshalb läfst Del Lungo seinen Dino dann III 29 sagen :
riformò la città di Cremona di vicario. Add) 12 di maggio 1311 to im-
peratore con sua jípente cavalcò etc. r Nach der ihm eigenen Kenntnis des
Stiles alter Chroniken hätte er das Datum doch zur Reform Cremonas ziehen
müssen. Über andere Stellen hätte Del Lungo, M'enn ich das von ihm auf-
gegebene Rätsel richtig gelöst habe, einfach das Todesurteil gesprochen. Z. B.
III 4, 5, 9, 29, 37.
8o p. SCHEFFER-BOICHORST,
und dem Anonimo benutzten Werkes, von dem wir leider an dieser
Stelle nur den — wie mir scheint — sehr kurzen Auszug des
Anonimo besitzen, auf die Schwüre Karls einen ganz aufserordent-
lichen Wert legt, sieht man aus den lettere bollate, die Karl vor
seiner Ankunft geben mufs, aus den molte impromesse et saramenti
fatti vom 5. November, aus seiner späteren Zuwiderhandlung a ogni
impromessa fatta et a ogni suo sacramento.
Unter der Voraussetzung, dafs die Stellung des Datums in der
Urquelle ganz dieselbe war, wie bei dem kopierenden Anonymus,
mag man die Angabe Dinos, Karl von Valois sei am Sonntag nach
Allerheiligen in Florenz eingetroften , auf ein Mifsverstehen seiner
Vorlage zurückführen. Natürlich ist aber die vorausgeschickte Be-
gründung, weshalb Karl nicht am i. November, dem uns doch
völlig gesicherten Tage des Einzuges S vielmehr, erst am fünften,
nach Florenz gekommen sei, als freie P>findung das unbestreitbare
Eigentum Dinos. Die Dichtung macht ihm alle Ehre, denn was
ist lustiger und anmutender, als dafs Karl nicht gerade an dem
Tage die Stadt betreten sollte, für welchen man den ersten Anstich
der Weine von 1301 in Aussicht genommen hatte? Wenn das
heifse Blut der Florentiner, durch den neuen Wein in Wallung
geraten, durch das Erscheinen Karls zur Siedehitze gebracht würde,
— was stand da nicht auf dem Spiele?
Wie gesagt, kann das falsche Datum von einem Mifsverständnis
herrühren ; aber es wird auch eine andere Erklärung gestattet sein.
Um zu derselben zu gelangen, müssen wir indes einen kleinen
Umweg machen: (»s bedarf der Vergleichung mit einer anderen
Quelle Dinos.
Dafs er die Chronik Villanis benutzte, habe ich in meinen
früheren Studien in aller Ausführlichkeit dargethan.^ Ich komme
hier noch einmal auf das Verhältnis zurück, jedoch in möglichster
Kürze: ein einziges Beispiel wird genügen, um auch jenen Lesern
dieser Zeitschrift, denen meine früheren Arbeiten nicht zur Hand
sind, das zwischen Dino und Villani bestehende Verhältnis klar zu
machen. Ich wähle Dino 1 1 1 und Villani Vil i, d. h. jenes Kapitel,
in welchem von der neu(;n Staatsverfassung der Florentiner ge-
handelt wird.
Sie beginnen in gleicher Weise. Dino sagt: si resse il popolo
alquanti anni in grande e potente stato \ und nach Villani befand
sich Florenz in grande e possente stato. Aber die cittadini insuperbiti^
wie Dino sich ausdrückt, bringen neue Wirren über die Stadt, und
auch Villani giebt den cittadini insuperbiti die Schuld. Gegen sie
verbinden sich nun nach Villani buoni uomini, artefici e mercaianti
nach Dino ìnwni cittadini, popolani e mercatanti, Ihr Führer ist
* Zu den Belegen, die ich in Florent. Studien S. 143 aus Urkunden und
Geschichtswerken angeführt, kommt jetzt noch hinzu: Eine Florent. Chronik
zur Zeit Dantes ed. Hartwig S. 11.
- Vgl. meine Kritik der Hegeischen Schrift S. 63 61.
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. I. 8 1
Giano della Bella, nach Villani uno valente uomo, nach Dino valente
e buon uomo. Dann lassen beide eine Skizze der Verfassung folgen,
und der Wortlaut zeigt nur ganz geringe Differenzen. Z. B.
Dino I II.
— fecesi lei^^git che si chinm orano Ordini della giustizia, contro a* po-
tenti, che faces sino oUr.iggi n'' popolani , e che l* uno con sor to fusse tenuto
per f* altro, e che i malefici si pot e s sino provare per dua testimoni di publica
TOC e e fama.
Villani Vili I.
— si ordinarono certi leggi e statuti, mollo forti e gravi contro a' grandi
e possenti, che facessono forze e violenze contro a* popolani, raddopiando le
pene comuni diversamente , e che fosse tenuto /' uno consorto de* grandi per
l* altro, e si potes sono provare i m ale fidi f>er due testimoni di pubblica voce
e fama, e che si ritrovassono le ragioni del comune. E quelle leggi si chia-
marono gli Ordimenti della giustizia.
Mit Rücksicht auf diese Excerpte aus den Ordnungen der
Gerechtigkeit könnte man nun vielleicht vermuten, beide Autoren
hätten unabhängig von einander, das neue Staatsgesetz benutzt.
Aber dagegen sprechen doch die kleineren Übereinstimmungen, wo-
mit hier und dort zum eigentlichen Thema übergeleitet wird : sie
finden in der Verfassung selbst keine Analogieen. Und zu dem
gleichen Ergebnis führt ein Vergleich mit den Ordnungen selbst.
Ks ist geradezu undenkbar, dafs folgender Artikel : Et sufficiat pro^
hatio in praedictis omnibus et quolibet praedictorum contra ipsos ?nagnatoSt
facientes et fieri facientes , et quemlibet eorum , maleficia supr adicta vel
aliquod eorum, sattem per duos testes, probantes de publica fama, et per
sacramentum offensi, si viver et, et si non viver et per sacramentum filii vel
filiorum suor um, — es ist geradezu undenkbar, dafs dieser schwer-
fällige Artikel von zwei Autoren, die unabhängig von einander
schrieben, so gleichmäfsig wiedergegeben worden sei, wie oben zu
lesen, dafs „die zwei Zeugen, die nach dem öffentlichen Gerüchte
aussagen**, überdies „zu zwei Zeugnissen von öffentlichem Rufe und
Gerüchte" geworden wären ^ dais Beide dann aber den Eid des
Verletzten oder seiner Söhne aufser Acht gelassen hätten, (iemein-
same Benutzung ist also ein Ding der Unmöglichkeit*-^: derjenige
* Nur nebenbei sei bemerkt , dafs piuvica fama e voce nicht etwa eine
technische Redensart für das lateinische publica fama ist. Dieses ist in der
sehr alten Übersetzung der Ordinamente bei Emiliani-Giudici Storia dei muni-
cipi Italiani 1851 Appendice 325 einfach durch piuvica fama wiedergegeben;
ebenso in dem Statuto di Calimala bei Emiliani 1. e. 140 und in dem Statuto
della Pieve a Molli, welches Del Lungo Dino Comp. II 49 Anm. 14 anfuhrt.
Piuvica fama e voce fìndet sich nur bei Villani und Dino.
' Was Hegel vorgebracht hat , um Dinos Selbständigkeit dem Villani
gegenüber zu retten, ist ohne jede Redcutung. Vergi, meine Widerlegung
S. 56 59.
Zeitscbr. f. rom. Fliil. Vll. (.
82 p. SCHEFFER-HOICHOKST,
wird aus den Ordnungen selbst geschöj)ft haben, der ihnen im
Wortlaut am Nächsten kommt. Man vergleiche.
Ordinamenta.
Mille peditcs ex populaiibus sou artificibus civitatis Florentia. Qui sic
electi iurent traliere ad domum doininorum priorum et dicti vexilliferi, tem-
pore cuiuslibet rumoris et etiam quotienscunqiie fucrint requisiti per nuntium
vel sonum campane vel bannum. — Qui mille pcdites habeant et habere
debeant pavesem , targiam sive scutum , signatum signo vexilli justitie (=» de
bono et solido zendalo albo cum una cruce magna rúbea in medio).
Villani Vili I.
■ — e furono ellctti mille cittadini, partiti per sesti. — I quali dovcssono
essere armati, e ciascuno con soprasbcrga e scudo della *nsegna della croce (¡1
campo bianco e la croce vermiglia), e trarre ad ogni romore e richesta del
gonfaloniere a casa o al palazzo de* priori.
Dino I II.
— e mille fanti, tutti armati colla detta insegna (che è la croce rossa
nel campo bianco) o arme, che avessino a essere presti a ogni richiesta del
detto gonfaloniere in piazza o dove bisognassi.
Wie man sich leicht überzeugt, steht Villani den Ordnungen
viel näher als Dino. So etwa entspricht: e trarre ad ogni romore
— a casa o a palazzo de priori genau dt!r IVstimmung: irahcre ad
domum dominorum prior lun -- tempore cuiusHhet rumor is^ während
Dino keinen parallelen Ausdruck bietet. Andorerseits stimmt Villani
doch wieder genauer mit Dino üherein ; für den Satz : quolienscunque
fuer int requisiti per nuntium vel sonum campane vel hannum lesen wir
bei Villani und Dino die gleiche, den Ordinamenten nicht ganz
konforme Wendinig: ad ogni richesta dei gonfaloniere y a ogni ri'
chiesta dei detto gonfaloniere,^ Statt des weifsen Taftets finden \s\x
hier und dort ein weifses Feld, und das Kreuz ¡st von keinem der
beiden Autoren als ein grofses bezeichnet worden.
* Zu demselben Ergebnis führt natürlich die Gemeinsamkeit von Fehlem;
und auch dafür bietet gerade die Verfassung ein Beispiel. Villani redet nicht
an dieser Stelle von dem Modus, nach dem die Prioren gewählt werden
sollen; denn die Ordnungen haben darin nichts neues geschaft'en, sondern
altes wiederholt. Demnach gilt auch für die jetzige Verfassung = VIII i der
für die frühere erlassene Paragraph, worüber Villani VII 70 gehandelt hat:
die alten Prioren sollen die neuen wählen : coìte capitudini delle dodici arti
maggiori e con certi arrotti, f//' ellegeano e* priori. Nach Dino wählen die
alten Prioren con certi arrotti; er ist also ungenauer als Villani, denn er
übergeht die Capitudini der 12 oberen Zünfte. Das aber nur nebenbei. Die
Hauptsache ist, dafs Villani und Dino denselben Fehler begehen: nach den
Ordnungen wählen nicht die Prioren , sondern das Wahlkollegium , das aus
den Capitudini und den „Weisen" besteht, hat für jeden Einzelfall den Wahl-
modus zu bestimmen. Vgl. Florent. Studien S. 100. Dafs Dino zu einem
anderen Irrtum nur durch die fehlerhafte Lesart der von ihm benutzten Hand-
schrift Villanis verführt worilen sei, zeigte ich in meiner Kritik 12 Anm. 1.
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. I. 83
Danach ist die Benutzung Villanis nicht zu läugnen. Aber
wie schon das angeführte Beispiel zeigt, hat Dino seine Chronik
weniger wijrtlich abgeschrieben, als die Quelle, aus welcher er
gemeinsam mit Anonimo schöpfte: mit diesem stimmt er in langen
Abschnitten überein, mit jenem teilt er nur einzelne Worte, die
eine und andere Wendung. Woher der Unterschied?
Indem Dino sich die auch vom Anonimo benutzte Vorlage zu
Eigen machte, war er ziemlich sicher, nicht entdeckt zu werden;
denn wenn dieselbe eine eigentliche Chronik war, — sie ist doch
kaum irgendwo gelesen worden, und war sie etwa ein anderer
Dantekommentar, so blieb die Benutzung umso verborgener, als die
übernommenen Sätze ja unter einer Fülle von philosophischem, mytho-
logischem, theologischem und anderweitigem Inhalte versteckt waren.
Villanis Werk war dagegen in den Händen aller, die für die Ge-
schichte ihrer Vaterstadt ein Interesse hatten, und eine Entlehnung
von ganzen Partieen Villanis mufste vermieden werden.
Wenn somit aber auch, was den höheren oder geringeren
Grad der Übereinstimmung betrifft, zwischen Dino und Villani einer-
und Dino und der verlorenen Quelle andererseits ein Unterschied
besteht; wenn der wörtliche Anschlufs hier und dort — wie wir
sahen: aus handgreiflichem Grunde, — nicht der gleiche ¡st; so
ist doch die Art der Benutzung in einer anderen und zwar höchst
bezeichnenden Richtung eine und dieselbe. Und erst damit ge-
lange ich dazu, die gewonnenen Resultate auf unser eigentliches
Thema anzuwenden.
Schon mehrfach habe ich bemerkt, wie der sogenannte Dino
sich zum Prinzip gemacht hatte, von den Angaben guter Gewährs-
männer auszugehen und zu ihnen zurückzukehren, aber inzwischen
wieder und wieder den kräftigsten Widerspruch gegen dieselben
zu erheben. Dafür gab mir Villani die schlagendsten Beispiele,
und einige derselben mögen nun auch hier einen Platz finden. ^
Wie O. Hartwig neulich bemerkte, war er schon vor dem Er-
scheinen der Florentiner Studien ganz meiner Ansicht, dafs Dino
seine Schilderung des Aretiner Krieges vom Jahre 1289 wesentlich
aus Villanis Chronik entnommen habe.^ An dieser Stelle will ich
nur das Augenmerk auf das Ende des für Florenz so glücklichen
Feldzuges hinlenken. Die Entscheidung bei Campaldino ist nach
Villani VII 131 und Dino I io in gleichef Weise erfolgt: hier und
dort heifst es vom Feldherrn: fedio i nemici per costa. Dann erzählen
l^eide die sich anschliefsenden Ereignisse, und auf sehr engem
Räume finden wir folgende Parallelstellen zusammen: e molte ne
feciono disfare — e alarne se ne disfece ; e andar onvi due de priori —
e amiarono in qìtello oste due de* prior i\ e feciomn correre il palio per
la festa di San Giovanni — /'/ d) di San Giovanni feciono correre il
palio; feciono disfare le mure — de s feciono le mure. Wir haben also
' Vgl. meine Kritik der ITcgclschcn Schrift 63 71.
•^ Revue historique XVII 86.
6*
84 p. SCHEFFER-HOICHORST,
eine Reihe von Übereinstimmungen; ich füge hinzu, dafs wir in
den anderen, auch recht ausführlichen Schilderungen, die wir aus
der Feder von zwei Zeitgenossen besitzen, nach den entsprechenden
Parallelen vergebens suchen würden.* Zufallig kann das Zusammen-
gehen Vili anis undDinos nicht wohl sein; aber neben der schönen
Harmonie nun ebenso viel schrille Dissonanzen. Villani liefs der
Schlacht von Campaldino folgen: i) Einnahme von Bibiena, 2) Zug
gegen Arezzo, 3) Eroberung von Castiglione, Montecchio, Rondine,
Civitella, Laterina, San Savino. Dagegen beginnt Dino niit No. 3,
indem er nur jMontecchio und San Savino übergeht; dann läfst er
No. 2 folgen und schliefst mit No. i. Also die gerade umgekehrte
Reihenfolge, und leider auch die ganz verkehrte. Ich ven^'eise
auf die gleichzeitigen Gesta Florentinorum -, welche Villanis Dar-
stellung in allen Punkten bestätigen^, dann noch auf eine anonyme
Chronik ■*, aus welcher wir über No. 3 allerdings nichts erfahren, in
welcher aber No. i und 2 in der Anordnung Villanis erzählt werden.
Diese als richtig zu erkennen, würde überdies ja auch ein Blick
auf die Karte genügen.
Wie Dino also gegen Schlufs seiner Vorlage widersprochen
hat, so hat er auch schon den Anfang des Kampfes sozusagen mit
zwei Dementationen Villanis eingeleitet. I 6 bezeichnet er als Grund
des ganzen Krieges, dafs Siena dem Bischöfe von Arezzo die Burg
Poggio Santa Cecilia genommen hätte; er nennt sie ausdrücklich
eine Besitzung des Bischofs; nach Villani VII no hatte vielmehr
der Bischof das seit langem den Sanoscn gehörige Castell zur
Empörung gegen seine Herren getrieben. Natürlich ist Villani
auch hier im Recht: eine Reihe von Urkunden läfst keinen Zweifel,
dafs Poggio Santa Cecilia den Sanesen gehörte.^ Gleich darauf
nennt Dino den Messer Amerigo di Nerbonna, den der König von
Sicilien den Florentinern zu ihrem Feldhauptmanne gegeben hatte,
einen jungen und schönen Mann, ma non molió sperio in fatti (V arme\
bei derselben Gelegenheit rühmt ihn Villani VII 130 dX^ prode e savio
in guerra,^ Im folgenden Jahre haben ihn die Florentiner abermals
zu ihrem Feldherrn erwählt^: er muís sehr schnell in der Strategie,
* Auszunehmen ist die Feier des Johannesfestes.
2 Codex Neapol. bei Hartwig, Quellen und Forschungen zur Gesch. d.
Stadt Florenz II 289. Paolinq Pieri ed. Adami 53.
3 Unter sich übereinstimmend, nennen Pieri und Cod. Neapol. teils mehr,
teils weniger Burgen ; — dafs Beide weniger nennen, scheint mir zu beweisen,
dafs Villani hier nicht den sonst ja auch von ihm benutzten Gesta Florent,
gefolgt ist; — dafs eben sie, nicht aber Dino mehr nennen, als Villani,
möchte nicht ungeeignet sein, Dinos Verhältnis zu Villani in recht helle Be-
leuchtung zu setzen.
* Angeblich des Brunetto Latini bei Hartwig, Quellen und Forschungen
II 23Í.
* Florent. Studien 62 Anm. i. Vergi, meine Kritik der Hegeischen
Schrift 22.
<» Villani redet von einem Balio Amerigos, und da lag bei der doppelten
Bedeutung des Wortes denn allenii ngs nahe, den Amerigo zu einem Schutz-
und Leitnngsbedürftigcn zu machen.
" Florent. Studien 63 Anm. 2 und 3.
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. I. 85
wie man zur Rechtfertigung Dinos sagen kann, die gröfstcn Fort-
schritte gemacht haben.
Nach Dino I 20 und Villani Vili 41 haben sich bei Gelegen-
heit eines Begräbnisses die Cerchi und Donati entzweit. Nun fahrt
Villani fort, die Cerchi hätten die Donati zuerst in ihren Wohnungen
am Petersthor aufgesucht, dann seien sie nach San Piero Maggiore
geeilt, und dort kommt es nun zum Handgemenge, in welchem
die Cerchi unterliegen. Ebenso, nur noch viel genauer, hat auch
Paolino Pieri, der als Kaufmann von San Piero Maggiore wohl
Augenzeuge war, den Verlauf des Kampfes geschildert *, und nichts
anderes lesen wir auch in der zeitgenössischen Chronik angeblich
Brunetto Latinis.- Nach Dino hat sich dagegen der rauflustige
Pöbel vor den Häusern der Cerchi versammelt: er hätte es gar zu
gerne gesehen, wenn man gegen die Donati ausgezogen wäre.
Aber die Cerchi wollen nicht zustimmen. Keine Verfolgung, kein
Kampf! Der Widerspruch ist resolut ; — feiner wäre es gewesen^
wenn Dino der Chronologie Villanis widersprochen hätte. Denn
die Begebenheit gehört ins Jahr 1296^ während Villani sie dem
Jahre 1300 zuweist; in das Jahr 1300 will sie nach dem ganzen
Zusammenhang der Erzählung aber auch Dino eingereiht wissen.*
Dino II 27 behauptet von der Einnahme Seravalles: il castello
s'arrendè a patii salve le persone; ì quali non furono loro attesi, perchè
i Pistoiesi andarono presi. Dagegen .sagt Villani Vili 52, die Pisto-
lesen hätten sich als Gefangene ergeben, und drei Zeitgenossen
stimmen darin mit ihm überein.^ Dafs der Widerspruch aber nicht
etwa ein unbeabsichtigter Irrtum ist, dafs dem Autor vielmehr auch
an dieser Stelle Villanis Chronik vor Augen lag, zeigt schon sein
' cd. Adami 62.
*- bei Hartwig, Quellen und Forschungen II 236.
3 Wenn Paolino Pieri dieselbe auch in die zweite Hälfte des Jahres 1 297
setzt, so kann doch kein Zweifel sein, dafs der 16. Dezember 1296 das rich-
tige Datum ist. Dieses hat der sog. Brunetto Latini a. a. O. überliefert, und
die Bestätigung giebt ein BcschluXs vom 17. Januar 1297, wonach allen in
offener Feindschaft lebenden Magnaten verboten wird, ohne besondere Er-
laubnis der Prioren irgendwelcher Einladung >>r0 aliquo defuncto velad exequias
alicìiius defuncti Folge zu leisten. Gaye Carteggio ined. de* artisti I 433.
Da ich mich in meiner Kritik S. 17 zu Gunsten Pieris entschied, ging ich
von der irrigen Ansicht aus, dafs Gaye die Florentiner Zeitrechnung nicht in
die heutige umgesetzt habe.
♦ Im Anschlufs an die Vertreibung des Monfíorito, die im Jahre 1299
erfolgte, lährt Dino I 20 fort : La città — cadde in nuovo pericolo ; und wenn
er dann einige Beispiele dieser neuen Gefahr mitteilt, so versteht sich doch
von selbst, dafs er die Zeit nach 1299 im Auge hat. In der ersten Auflage
der Dinoschen Chronik giebt denn auch Del Lungo als Zeitbestimmung: 1300
Gennaio 'Guigno'y anders in der zweiten, nachdem er in der Zwischenzeit von
mir belehrt worden war, dafs Dinos Chronologie verkehrt sei; jetzt heifst es
1280 — 1297.
^ Zu den beiden Stelleh, die ich Florentiner Studien angeführt habe,
ist jetzt noch hinzugekommen: Eine Florentiner Chronik zur Zeit Dantes her-
ausgegeben von O. Hartwig 14.
86 p. SCUKFFER-BOICHORST,
andarono presi. Auf die so natürliche ^Vage „Wohin?** giobt Villani
die Antwort: andarono prigioni alla città di Lucca,
Villani Vili 72 erzählt, wie der Kardinal von Prato, dem die
Florentiner übel mitgespielt hatten, molto gli abominò dinanzi al papa
e al collegio de* cardinali di più crimini e diffetti. Darauf bescheidet
der Papst, unter Androhung des Bannes und der Güterentziehung,
zwölf Parteihäupter an seinen Huf. Von den Zwölfen, die nun
auch der Ladung folgen, hat Villani Fünf bei Namen genannt
Diese Fünf aber und nur diese Fünf kehren auch bei Dino III 9
wieder, und zwar in der gleichei\ Reihenfolge. Damit verbindet
sich indefs auch unverzüglich der Widerspruch. Wenn Dino an-
hebt: I caporali di^ reggenti^ sapiendo di certo, che abominati sarcbbono
al santo padre, deliberorno andare a Perugia, dove era la corte \ wenn
er darnach die genannten Fünf sofort aufbrechen läfst, so zeiht
er den Villani, dessen Chronik ihm ja nach Ausweis der so über-
einstimmenden Namen im Augenblick vorlag, gleichsam einer dop-
pelten Lüge: nach ihm sind die Parteihäupter noch nicht ange-
schwärzt, sie haben erst die sichere Kunde, dafs man sie anschwärzen
würde, und dann empfängt Jedennann den Eindruck, dafs sie
lediglich ihr eigener, nur von ihrer Klugheit geleiteter Wille, nicht
aber eine Drohnote an den päpstlichen Hof geführt habe. Der
Brief des Papstes liegt uns vor: er bestätigt in allen Punkten die
Darstellung Villanis, nur nicht in dem einen, dafs zu den Zwölfen
auch Betto Brunelleschi gehört habe.' Schade, dafs gerade da der
Widerspruchsgeist Dinos sich nicht geregt hat, dafs er den lietto
mit den vier anderen ohne Murren aus Villanis Chronik hin-
übernahm.
Dino 11 30 beklagt sich darüber, dafs Donati Alberti, der die
Waffen gegen seine Vaterstadt geführt hatte, „gegen die Gesetze"
hingerichtet sei; nach Villani Vili 60 wird Donato in Gemäfsheit
eines Gesetzes, das er selbst durchgebracht hatte, da er im Prioren-
kolleg safs, zum Beile verurteilt. Das betrefl'ende Gesetz liegt vor,
und zum wenigsten wissen wir auch, dafs es unter dem Priorate
Albertis beschlossen wurde.'-
Das Alles läfst aber I 12 weit hinter sich. Als Dino das
Kapitel schrieb, hatte er Villani Vili i vor Augen: er entwirft eine
Skizze der neuen Verfassung, wie wir sahen, auf Grund von Villanis
Darstellung.'* Und in demselbíMi Zusammenhang las er nun, dafs
der erste Gonfaloniere, Baldo Ruffoli, an den Häusern eines Galli
die erste P^ekution ausgeführt habe. Da belehrt uns nun Dino
eines Anderen: nicht Baldo, sondern er war der erste Gonfaloniere,
der ein Haus zerst(*)rte! Leider ist aber auch hier das Andere
nicht das Bessere, sondern das ganz Verkehrte. Denn Chroniken
' Raynaldi Annal, eccl. 1304 § 4.
■'* S. den Belej; in meiner* Kritik der Hcf^dschen Schrift 71 Anm. I.
3 Oben S. 80, 81.
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. I. 87
iiiul l^kunclen lassen kcinrn Zweifel, dafs Dino gi^logen hat, indem
er Villani der Lüge zieh.^
Doch genug; — wie ich schon an einer anderen Stelle sagte,
habe ich manchen Einwand gegen meine Beweisführung begriffen,
aber es ist mir immer unverständlich gewesen, wie man das so
klare Prinzip Dinos, seinen Quellen zu folgen und dabei doch,
bald mehr, bald weniger, Widerspruch gegen dieselben zu erheben,
in Abrede stellen konnte. Daran ändert auch nichts, dafs meine
(iegner sich vergebens bemühen, den ZAveck eines so widerspruchs-
lustigen Fälschers zu erkennen. In psychologischen Dingen mufs
man sicli bescheiden: man kann da wirklich nicht oft genug an
die Schulweisheit Horatios erinnern. Und wenn sie mir entgegen-
halten: ein Fälscher dieser Art sei in aller Litteratur noch nicht
dagewesen, — gilt ihnen wirklich der Ausspruch des Ben Akiba
für ein Dogma, woran man nicht rütteln darf? Und übrigens, —
wie war es denn mit jenem Stradino, dessen Jugend noch in das-
selbe Jahrhundert fiel, dem der älteste Codex unserer Fälschung
angehört? Stradino hiefs „cromia scoreiia**'^, und wenn Jemand
eine Chronik verderben will, so liegt ihm doch nichts näher, als
Richtiges durch Falsches zu ersetzen, d. h. doch auch: zu wider-
sprechen.
Wenn man nun die bezeichnete Marotte des Fälschers — denn
so mag man sein Verfahren nennen, — auf unsere neu entdeckte
Quelle anwendet, so kann man das falsche Datum, welches Dino
für den Einzug Karls giebt, doch noch in anderer Weise erklären,
als durch die oben erörterte Annahme eines Mifsverständnisses.
Doch lassen wir diese Frage auf sich beruhen. Das Weitere scheint
mir gröfsere Bedeutung zu haben. Dino las in unserer Quelle,
dafs die Priorcn nach Santa Maria Novella gegangen seien, dafs
Karl dort in ihre Hand die Verfassung beschworen habe. Ganz
dasselbe erzählt Villani und zwar mit dem Zusätze: Ei io scrittore
a queste cose fui presente. Was sagt dagegen Dino? Nicht die
Prioren in ihrer Gesammtheit seien hingegangen, mit Karl zu ver-
handeln, sondern nur drei, und Karl sei soweit entfernt gewesen,
die Verfassung zu beschwören, dafs er nicht einmal den Mund
aufgethan habe, come colui che non volea parole ^ ma si uccidere. Den
verlangten Eid habe Karl erst in einer späteren Zeit und an einem
anderen Orte geleistet, auch nicht ni Person, sondern durch seinen
Kanzler. Der aber schwur dafür auch in die Hände keines Ge-
ringeren, als des Dino selbst. Dieser Widerspruch gegen Villani,
den er kannte, gegen das in Rede stehende Werk, welches ihm
vor Augen lag, — - sehr würdig reiht er sich dem schon verzeich-
neten an, dafs nicht Baldo Ruffoli zuerst auf Grund neuer Gesetze
das Banner der Gerechtigkeit ergriffen habe, um das Haus eines
* Meine Kritik 8 — 13.
' Fanfani, Dino Compagni, vendicato dalla calunnia di scrittore della
Cronaca 153. 154.
88 p. SCHEFFER-HOICHORSr,
ilbelthäters zu zerstören, sondern io Dino Compagni riirovundomi
gonfaloniere di giustizia.
Auf andere Widersprüche habe ich schon früher aufmerksam
gemacht; sie finden sich in dem Prozefs des Monfiorito. Nach
dem Anonimo ist Monfiorito ein Herr aus der Mark Treviso;
nach Dino stammt er aus Padua und sind es die Paduaner,
die später sich für ihren Landsmann verwenden. Beim Dino er-
klärt der Podestà, um sich an seinem Peiniger wegen einer zweiten
Tortur zu rächen: avere ricevuto una testimonianza faìsa per messer
Niccola Acciaioli\ beim Anonimo sagt der Podestà: Io rende* uno
testimonio falso a messer Niccola, Die Enthüllung wird zu Protokoll
genommen, aber der Advokat des Messer Niccola verschafft sich
die Akten, und nun sagt Dino: ras e ne quella par te^ che venia contro
a messer Niccola, noch einmal redet er vom raso fatto\ der Anonimo
dagegen: il foglio, dov'era il fatto di messer Niccola ir as sono del
quaderno und noch einmal: foglio cK era tratto.
Was die Heimat des Monfiorito angeht, so lassen Urkunden
und Chroniken keinen Zweifel ', dafs er aus Coderta bei Treviso
stammte: mit Padua hat er so wenig gemein, als die Paduancr mit
ihm. Für das Ausreifsen des verhängnisvollen Blattes bietet uns
ein älterer Kommentar eine ausreichende Bestätigung.^ Nur in dem
Gegensatze zwischen! dem Anfertigen und Entgegennehmen des
falschen Zeugnisses wird man aus der anderweitigen Überlieferung
keine Aufklärung entnehmen können.^ Es wird, deren aber auch
kaum bedürfen.
Früher hat Hegel meine Ik'hauptung, dafs Dinos Chronik
mannichfache Widersprüche zu den in ihr benutzten Quellen ent-
halte/ auf das bestimmteste in Abrede gestellt. Ohne es ausdrück-
lich zu sagen, hat er sich jetzt bekehrt, wenigstens mit Bezug auf
die Geschichte, welche den Monfiorito und Niccola Acciaiuoli be-
trifft. Hier läfst der Vergleich mit dem Kommentar des Anonimo,
dessen Bericht sich in den bezüglichen Einzelheiten bewährt hat,
freilich auch nicht den leisesten Zweifel, dafs in der Chronik wenig-
stens drei Widersprüche zu der benutzten Quelle vorhanden sind.
Drei Widersprüche an einer einzigen Stelle! Wieviele mufs da das
ganze Werk enthalten?^ Gewifs wird Hegel sich dieser Konsequenz
nicht entziehen und den durch das ganze Werk gehenden, bald mit
gröfserer, bald mit geringerer Energie sich äufsemden Geist der
Verneinung anerkenn en. ^
* Florent. Studien 119 — 122. Meine Kritik 29 — 30.
* — e trassene fuori segretamente il foglio. Ottimo commento. Das
Werk selbst ist mir nicht ¿ugänglich; ich kenne die Stelle aus Fanfani, Le
metamorfosi di Dino Comp. 502.
' L'ottimo sagt ganz allgemein : confesso fra C altre cose avere servito
il detto messer Niccola iValcuno, che dovea essere condannato.
* Sei CS jnit Rücksicht auf Anderes, was der verlorenen Quelle noch
entnommen sein könnte, sei es mit Rücksicht auf das übrige, vom Autor be-
nutzte Material.
^ Vielleicht meint Jemand, den Widerspruch gegen ein so verbreitetes
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. í. 89
Freilich ist er doch noch andercM- Meinung, als ich. Nach ihm
rühren die Widersprüche nicht vom Autor, sondern von dem ange-
nommenen Redaktor der Chronik her. Denn wie er nun erklärt,
hat er „an der einen Parallelstelle, welche den Prozefs des Podestà
Monfiorito betrifft, das willkürliche Verfahren des Bearbeiters oder
Redaktors der originalen Denkwürdigkeiten Dinos dargethan." Das
heifst doch wohl: „im Original Dinos stand, Messer Monfiorito sei
ein Trevisaner gewesen, er habe das falsche Zeugnis ausgestellt,
das Blatt sei ausgerissen worden." Sollte Hegel etwa der An-
sicht sein, an diesen Stellen hätten sich Lücken in der Chronik
gefunden, der Redaktor habe dieselben ausgefüllt, dabei aber fehl-
gegriffen, so mufs ich doch darauf hinweisen, i) dafs die Chronik
noch jetzt unausgefüllte Lücken enthält, und zwar Lücken, welche
ein Redaktor von der Willkür des Hejj^elschen in der allerbequem-
sten Weise ausfüllen konnte, 2) dafs die Lücken in der Geschichte
des Monfiorito zweimal dasselbe betreffen würden: Monfiorito wird
ein Paduaner, und die Paduaner legen Fürsprache ein; es wird
radiert und die Radierung wird entdeckt. Von ausgefüllten
Lücken kann keine Rede sein, also ist auch der Geist des Wider-
spruchs nicht durch ungeschickte Ausfüllung von Lücken in das
Werk gekommen. Unter dem „willkürlichen Verfahren" kann ich
nur verstehen*, dafs der Redaktor den „originalen Denkwürdig-
keiten" mit Bewufstsein widersprochen habe. „Welch' ein Redaktor!"
hätte Hegel da ausrufen sollen, „welch* ein Redaktor, der dem zu
redigierenden Werke in so wenigen Zeilen dreimal widerspricht!"
Solch* ein Ausruf würde zu seiner früheren Verwunderung, dafs
ein Fälscher seinen Quellen widersprochen haben sollte, das nötige
Pendant sein.
Welch' ein Redaktor, mufs ich hinzufügen, der nicht blofs dem
zu redigierenden Werke widerspricht, sondern auch zur Verherr-
lichung des Autors lügt! Denn dafs Dino selbst die ersten Häuser
zerstört habe, während doch gleich der erste Gonfaloniere es that,
— auch diese Geschichte setzt Hegel auf das Konto des Redaktors.
Ich meinestheils müfste nach der obigen Darlegung auch dem Re-
daktor zuschreiben, dafs Karl von Valois nicht schon am 5. No-
vember, wie doch feststeht, die Verfassung beschworen habe, dafs
der Eid vielmehr erst später, da aber auch in die Hände Dinos
abgelegt wurde.-
Werk, wie etwa Villanis Chronik, möge man zugeben, nicht aber gegen eine
so unbekannte (Quelle, wie die in Rede stehende. Darauf wäre zu entgegnen,
dafs die Widerspräche sich doch gegen Angaben richten , die auch ander-
weitig, zum Teile wieder durch Villani, überliefert und bekannt waren. Weiler
wäre an das schon S. 87 berührte Kapitel aus der Psychologie zu erinnern.
* Dafs ich mehrfach erst hin und her erwägen mufste, was Hegel eigent-
lich gemeint habe, und dann doch keine befriedigende Antwort fand, hat mir
den Genufs seiner Schrift wesentlich verkümmert. Zu meiner Beruhigung
sehe ich, dafs dasselbe wenigstens einmal auch Simonsfeld begegnet ist.
• Auch Wüstenfeld hat eine spätere Redaktion angenommen ; er hat zu-
gleich das Verfahren — wie er sagt — des Annotators oder Überpinselers
go p. SCHEFFER-HOICHORST,
Hegel scheint mir seine Il}pothese nicht zu Ende gedacht zu
haben, — ein anderes Moment ist ihm ganz entgangen.
psychologisch zu erklären versucht; und einige seiner Ausführungen mögen
hier nun ihren Platz und ihre Besprechung finden. — Gott. Gel. Anz. 1875
S. Í563 bezeichnet er die Behauptung Dinos, er sei der Erste gewesen, der
in Gemäfsheit der Ordinamente mit Feuer und Beil vorgegangen sei, als einen
so schwarzen Punkt, dafs ein Kriminalist allein schon daher den Schuldspruch
auf Fälschung entnehmen könnte. Aber er läfst sofort mildernde Gründe
sprechen. Der Überarbeiter „wird seinen Priorista aufgeschlagen haben",
denn ein solches Verzeichnis der höchsten Beamten hatte damals jede vor-
nehme Familie im Hause, „weil mit der früheren Bekleidung des Priorats
politische Rechte verbunden waren, und er fand lür 1293 Juni 15. darin zu
seiner Überraschung den Dino Compagni als Gonfaloniere; und da nun Dino
selbst für die That", d. h. für die einfache Zerstörung, zu welcher ein Name
des Thäters nicht hinzugefügt war, auch „keinen genau bindenden Zeitpunkt"
angegeben hat, da aber Villanis Chronik, aus welcher „er sich hätte belehren
können, dem Annotator vielleicht im Augenblicke nicht zur Hand war, so
mochte er wohl gemeint haben, Dino habe aus Bescheidenheit oder irgend
einem anderen Grunde die Sache verschwiegen." Nun sei er aber nicht der
Mann gewesen, die gewonnene Weisheit seinen Lesern vorzuenthalten; sie
habe zugleich die Erzählung plastischer gemacht und „ein so gutes Schön-
pflästerchen" dargeboten. Wie der Annotator aus dem Priorista die bezeich-
nete Weisheit gewinnen konnte, ist mir allerdings imfafsbar; er fand darin
ja nur die Thatsache, dafs Dino zwei Vorgänger und viele Nachfolger hatte,
und die erste Zerstörung konnte danach das Werk eines jeden derselben sein.
Dann irrt Wüslcnfeld, wenn er meint, dem Annotator sei im Augenblick die
Chronik Villanis nicht zur Hand gewesen: Villani erzählt die erste Häuser-
zerstörung, als That des Baldo Ruffoli, in demselben Kapitel, aus welchem
der angebliche tiberarbeiter, wie wir S. 80, 81 sahen, seine in dem gleichen Zu-
sammenhange vorgetragenen Kenntnisse über die Ordinamente geschöpft hat. —
Hier also hätte der „Überpinseier" sich im Augenblicke bei seinem Villani
nicht Rats erholen können, sonst würde er nach Wüstenfeld den krassesten
Irrtum vermieden haben ; ein ander mal soll Villani dafür dann aber den
Annotator zu einer Sünde verleitet haben. S. 1573 handelt Wüstenfcld über
das falsche Datum der Kaiserkrönung, die Dino zum 1. August 1312 statt zum
29. Juni ansetzt. „Herr Prof. Hegel hat allerdings nicht ohne Grund bemerkt,
dafs bei der Verwechselung vom 29. Juni und i. August zwei Petersfeste
vertauscht seien , dafs dieselbe leicht zu erklärende Verwechselung auch bei
dem zeitgenössischen W. Ventura, wie kurz darauf bei Matthias von Neuen-
burg vorkomme." Dabei sei aber doch zu erinnern , ,,dafs Venturas Auf-
zeichnungen elf Jahre später geschahen, dafs auch Villani hier nicht gleich-
zeitig niederschrieb"; — (thatsächlich schrieb Villani die betreffenden Abschnitte
nicht vor 1328) — bei Dino sei es aber doch „die letzte Notiz, die gleichsam
den Schlufs des ganzes Werkes bildet" und die Prophezeiung von dem nun
als Rächer kommenden Kaiser begründet. Nach Ausweis ihrer diplomatischen
Korrespondenz, die man bei Bonaini Acta Henrici H 418 liest, hätten nun
die Florentiner das wirkliche Datum genau gewufst; also mufs der Annotator
den Irrtum „aus Villani hineinkorrigiert haben". „Hineinkorrigiert", d. h.
also im Original stand der 29. Juni, der nun dem I.August zum Opfer fiel!
Ein Datum mufs der ganz gleichzeitige Autor zu der für ihn so wichtigen
Kaiserkrönung selbstverständlich hinzugefügt haben, unterläfst er doch nicht
viel unbedeutendere Ereignisse, wie etwa Anfang und Ende der Belagerung
Brescias , Ankunft des Kaisers in Genua, Pisa und Rom, nach Tag und
Monat zu bestimmen. Also „hineinkorrigiert" ist vom Standpunkte des Anno-
tators und Wüstenfelds das richtige Wort; aber wird auch ein zweiter an
einen Annotator glauben, der das Datum seines unmittelbar zeitgenössischen
Autors streicht, um es durch die Angabe einer fast ein Mcnschenalter später
endigenden Chronik zu ersetzen ? — Aufser Villani hat dann auch Dante
NOCH lilNMAL DINO COMPAGNI. í. 9 I
Dino ist Zeitgenosse und — wie die heutigen Italiener dem
Muratori so gern nachsprechen — sedehat ad clavcm reipuhlkae. Und
da soll er über Dinge, an denen er selbst beteiligt war, einer
Quelle gefolgt sein, — einer Quelle, die nicht etwa ein offizielles
Dokument ist, vielmehr ein Stück von allerlei Florentiner F!reig-
nissen! Es wäre doch nichts anderes, als wenn heute ein Staats-
mann die Geschichte von. Begebenheilen, an denen er den un-
mittelbarsten Anteil hatte, in der Weise schreiben wollte, dafs er
ganze Abschnitte aus einer kleinen Provinzialzeitung in sein Werk
herù hernähme!
Noch ein anderes Bedenken scheint Hegel gar nicht aufge-
stofsen zu sein. Dino beginnt sein Werk mit der Erklärung:
„Quando w comminciai^ proposi dì scrivere il vero delle cose certe, che
io viddi e udì*, però che furono cose notevole, le quali né* loro principi
nullo le vide certamente come io; e quelle che chiaramente non viddi,
proposi scrivere secondo udienza ; e perchè molti secondo li loro volunta
corrotte trascorrono nel dire e corrompono il vero, proposi di scrivere
secondo la maggiore fama." Also er hat keine andere Quelle, als
die Autopsie und das Hörensagen. Wie erklären wir da, um von
der Benutzung Villanis und Anderer ganz abzusehen, die geschrie-
bene Quelle, aus welcher er und der Anonimo doch nicht eben
unbeträchtliche Stücke entnahmen? P!s bleibt wohl nur der Aus-
weg, dafs wir die Versicherung des Autors, er erzähle nichts, was
er nicht selbst gesehen oder gehört, eben dorthin stellen, wohin
etwa die andere Versicherung, er sei es gewesen, der in Gemäfsheit
der Ordinamenti die ersten Häuser zerstört hätte, d. h. wir setzen
sozusagen den Verlührer gespiell. S. 1566 zeigt Wüstenfeld, dafs die Angabe
Dinos, der Florentiner Podestà Monfiorito sei ein Paduaner gewesen, trotz
Hegels Rettungsversuch ganz unhaltbar ist. Dann aber ineint er, für einen
Litteraten, welcher sich mit Dante beschäftigte, hätte doch nahe gelegen, ,,es
sonderbar zu fìnden, dafs dieser grofse Wucherer, nämlich Monfiorito, aus
Treviso stammen sollte , von welchem als Wucherstadt sonst nichts bekannt
war ; dagegen lag ganz in der Nahe jenes Padua, wo die grofsen barattieri
Vittaliano da Dente und Henrico da Scorvegno lebten, welche Dante in
Cant. XVII des Inferno so bedeutend unter den Genossen hervorhebt; da
mochte der gelehrte Dantist leicht eine Verwechselung vermuten", und so
setzte er denn Padua an Stelle des originalen Treviso. Von allem Anderen
abgesehen , isi Wüstcnfeld hier das mir unerklärliche Versehen begegnet,
barattieri fur Wucherer zu halten, während sie Durchstecher und besonders
der Bestechlichkeit zugängliche Beamte sind. Monfiorito nun war kein
Wucherer, sondern ein barattiere^ die beiden Paduaner dagegen waren Wu-
cherer und keine barattieri. Damit zerfallt Wüstenfelds Konjektur; ich will
gleich hinzufügen, dafs ein Danlist in Wüstenfelds Sinne den barattieri von
Treviso zu einem Lucchesen gemacht haben würde, denn von Lucca heifst
CS Inferno XXI 41 : Ognun v* è barattier. Dann wissen wir nun aber mehr
von der Geschichte Monfiorilos, als damals Wüstenfeld; und jetzt hätte
Wustenfeld uns auch noch zu erklären, was den gelehrten Dantisten doch
bestimmt haben möchte , nicht blofs da» originale Treviso durch Padua zu
ersetzen, sondern auch zweimal statt von einem Ausreifsen des fatalen Blattes
vielmehr von einer Ausradierung der überführenden Stelle zu reden und eben-
falls zweimal den Podestà ein falsches Zeugnis entgegennehmen, statt es von
demselben anfertigen zu lassen .**
g 2 p. SCHEFFER-HOICHORST,
die Lüge, einzige Quelle der Chronik sei Autopsie oder Hören-
sagen, entweder auf das Conto Dinos selbst oder des Hegeischen
Überarbeiters. Beides hat gleich viel für sich.
Alles zusammengenommen: die neue Quelle hat für den Be-
weis, dafs Dinos Chronik keine Fälschung, dafs sie höchstens durch
einen willkürlichen Redaktor verunstaltet sei, nicht die geringste
Bedeutung. Im Gegenteil lernen wir an derselben wiederum dai
Verfahren des Fälschers kennen: gerade das Verfahren aber, eigen-
tümlich wie es ist, dient zugleich als Beweis für die Fälschung.
Dann spricht aber auch am wenigsten für die Echtheit, dafs bei
Dingen zeitgenössischer und streng städtischer Natur, bei denen
Dino beteiligt sein will, die er überdies lediglich nach Autopsie
und Hörensagen zu erzählen versichert, eine geschriebene Quelle
von nicht offizieller Art benutzt ist. Genug, — die Deduktion
Hegels ist verfehlt.
Hegel fügt noch hinzu, dafs die Chronik Dinos in dem Ver-
gleiche mit dem Anonimo eine sehr weit reichende Bewährung
ihrer (Glaubwürdigkeit fände. Ich sehe aus Hegels Darlegung nicht \
wie an Stellen, wozu die Parallele des Anonimo fehlt, für die Glaub-
würdigkeit auch nur das geringste gewonnen wäre. Blofs dreimal
stimmt ja aber Dino mit dem Anonimo überein: für eine weit-
reichende Bewährung fehlt der Beweis.*^
Vor allem ist nun eine Geschichte in der Chronik Dinos, die
ich früher als eine freie Erfindung verworfen hatte, nämlich die
Einzelheiten in dem Prozefs des Monfiorito, wieder in ihr histo-
risches Recht eingesetzt. Meinen Irrtum habe ich selbst zuerst,
eben im Hinblick auf die Übereinstimmung mit Anonimo, erkannt
* Ich möchte hier betonen : Aus Hegels Darlegung. Später komme ich
auf die verlorene Quelle zurück. Wenn ihr noch andere Stellen entnommen
sind, so erhalten eben nur diese eine Bewährung ihrer Glaubwürdigkeit, nicht
aber die Chronik Dinos als solche.
■^ Simonsfeld in der Hist. Ztschr. XLV 170: „ — es fragt sich nur, wie
wir uns dieselbe vorzustellen haben, „diese unbekannte Quelle von hohem
Werte, welche Dino enthält", wie Hegel S. 103 sich etwas undeutlich aus-
drückt. In welcher Dino enthalten ist? oder welche in der uns vorliegenden
Dino-Chronik enthalten ist? Soll das auch eine umfassendere, vielleicht gar
die unverfälschte Chronik Dinos sein?" Man sieht, wie dunkel auch für
Andere der Sinn von Hegels Rede ist. Dann lährt Simonsfeld fort: Auch
wenn die unbekannte Gröfse für alle drei Stellen und nicht blofs, wie ihm
wenigstens möglich zu sein scheint, nur für den Prozefs des Monfiorito als
Quelle gelten müsse, so bliebe es doch fraglich, ob man an eine zusammen-
hängende Darstellung denken dürfe, denn Anhaltspunkte für die Benutzung
einer solchen seien ja nicht vorhanden. „Viel näher liegt es, an eine Quelle
geringeren Umfanges, mit einem Worte an einen anderen, uns noch unbekannten
Dantekommentar zu denken, aus welchem für die erste Stelle wenigstens auch
Ottimo, der ja den Prozefs Monfiorito ähnlich erzählt, geschöpft haben könnte
und in welchem möglicherweise auch die beiden anderen Stellen irgendwic(!)
enthalten waren. Hat ja schon Wüstenfeld in den Gott. Gel. Anz. 1875
^' *537 i^uf solche Danteske Elemente in der Dino-Chronik hingewiesen und
speziell jenes falsche Datum des Einzugtages Karls von Valois in Florenz auf
eine irrige Notiz in einem solchen Dantekommentar zurückführen zu können
geglaubt,"
F
V
NOCH EINMAL DINO COMPAGNI. I. gj
und anerkannt: es geschah in einer kurzen Note der historischen
Zeitschrift XXXVIII i86. Nun hat Hegel demselben Gegenstande
mehrere Seiten gewidmet, offenbar zu dem Zwecke, dafs man „daraus
eine allgemeine Belehrung über den rechten Gebrauch wie den
Mifsbrauch der historischen Kritik" gewinne. Wie man aus einem
einzelnen Irrtum eine allgemeine Belehrung entnehmen dürfe, will
mir nicht ganz einleuchten; auch könnte ich ja wohl daran erinnern,
dafs Hegel früher meine Kritik mehrfach eine meisterhafte nannte.
Aber gern nehme ich doch die Unterweisung des älteren, von mir
gereizten Kollegen hin, und zwar umso williger, als ich vordem
unliebenswürdig genug gewesen bin, freilich nicht wegen einer Einzel-
heit, sondern wegen des Gesamintcharakters der Hegeischen Kritik,
den Satz in die Welt zu schicken: wenn die Prinzipien, die Hegel
in seinem Rettungsversuche befolge, die Anerkeimung der Meister
fanden, dann würde es ja wohl nicht lange dauern, bis jeder Schüler
mit einer „Rettung" aufträte. Das war nicht eben zart von mir,
und darum sträube ich mich nicht weiter gegen Hegels Censur.
Mit freierem Herzen las ich Hegels Versicherung, dafs „die
Hypothese, welche die Fälschung zumeist aus blofser dichterischer
Erfindung eines unter der Maske des Dino auftretenden späteren
Autors erklärte", nun vollends widerlegt sei. Allerdings, die Logik
des Satzes ist mir nicht ganz klar; denn wenn Dino auch an drei
Stellen sich einer Vorlage bediente, so könnte er doch im Übrigen,
also „zumeist", aus seiner Phantasie schöpfen. Um die Behauptung
Hegels zu unterschreiben, mufs man noch überzeugt sein, dafs der
von mir angestrengte Beweis, es habe der Kenntnis von mehr als
einer Quelle bedurft, um das Werk zu Stande zu bringen, sein Ziel
erreicht habe. Eben darum las ich Hegels Versicherung, wie schon
gesagt, „mit freierem Herzen", weil ich immer die Ansicht vertrat,
dafs der Fälscher in der historischen Litteratur wohl bewandert
war. Ich weifs auch nicht, welcher Forscher es gewesen ist, der
als fast einzige Quelle des Fälschers dessen Phantasie bezeichnete;
— ich weifs nur, dafs Hegel früher gerade mir zum Vorwurf machte,
ich hätte ein viel zu reiches Quellenmaterial angenommeii: um die
benutzten Quellen — war meine Meinung — hat der angebliche
Dino seinen blauen Dunst verbreitet.
P. SCHEFFER-BOICHORST.
M I s e E L L E N.
I. Zur Litteratnrgeschichte*.
1. Ein französischer Kìnderreim des XI. — Xn. Jahrhunderts.
Im 6 1. Kapitel seiner Gesta Tancredi giebt Radulfus Cado-
mcnsis eine Charakteristik der Franzosen und Provenzalen, die
schon Diez, Poesie der Troubadours S. 8 erwähnt Sie lautet:
Geniis httjus (Francorum) suhJimis est oculus, spirilus ferox^ promiae
ad arma dextrae^ caeierum ad spargendum prodigae, ad congregandum
ignavae. H/s, i¡uantum anali gallina , Provincia/es moribus, animis,
cui tu, vie I H adver sahanlur^ parce vivendo^ s olii cil e perscrulando, lahort"
feri: sed ne verum laceaîu, minus bellicosi. Muliebre quiddam essCj
ajunt, et tanquam vile rejiciunt corporis ornalum^ equorum ornalui in^
vigilant et mulonim, Sedulitas illorum tempore famis mullo plus jmui^
quam gentes plurimae bellare promptiores : /'/', ubi deerat panisy contenti
radicibus durábante siliqnas non aspernanteSy eorum dextrae longi gerulae
ferri, cum quo intra viscera terrae annonam fascinabantur^ inde est,
quod ad hue puer or um decantai naenia: Fra nei ad bella. Provinciales ad
victualia. Da ersii:htlich das Lateinische eine w(')rtlich(î Wiedergabe
des Franz()sischen ist, so wird man wohl kaum bezweifeln, dafs der
Kniderreim in seiner originalen Fassung lautete:
Li François a bataille.
Provençal a vitailìe.
K. Bartsch.
2. Zum Cancioneiro d'Evora.
Die Bemerkungen, die ich früher (Bd. V p. 565 dieser Ztschr.)
an das von F. Hardung publizierte Liederbuch anknüpfte, erschöpfen
den Gegeiistand keineswegs: sowohl zu den Texten wie zu der
Finleitung läfst sich noch vielerlei sagen. Fast jeder Satz der
letzteren fordert zum Widerspruch heraus, und kaum ein Gedicht
findet sich im ersteren, das nicht berichtigt werden müfste. Ein
abschliefsendes Urteil über die Thätigkeit des wenig sorgfiiltigen und
mit portugiesischer Litteraturgeschichte nur oberflächlich bekannten
Herausgebers erlaube ich mir nicht, ehe ich die von ihm herausgo
gebene Handschrift nicht selbst, mit eigeiu^n Augen, gemustert habe.
e. M. DE VASCONCELLOS, ZUM CANCIONEIRO I) EVOKA. Q5
Lied No. 1 ist aller Wahrscheinlichkeit nach das Werk des
ersten (irafen von Vimioso, D. Francisco de Portugal, eines der
höfischen Dichter des Cane, de Res. (II p. 109 — 159, 586, 593;
III p. 38, 63, 243, 300), zu dessen kleinen Cantigas auch diese
Trova in Ton und Sprache genau pafst. — D. Afifonso de Portu-
gal, der zweite Graf von Vimioso, kann unmöglich nach 1580
das betreffende Lied gedichtet haben, denn er starb 1578 in der
Schlacht von Alcacer-Quebir, oder wenn er nicht starb, sondern
nur verwundet zusammenbrach und in Gefangenschaft geriet, wie
seine Zeitgenossen, und darunter der Kardinal D. Henrique, anfäng-
lich und noch am 18. April 1579 vermuteten, so starb er doch un-
erkannt nach der Schlacht auf afrikanischem Boden. Nach der
Aussage seiner eigenen Tochter, Sor Costança de Jesu, ist er nie
nach Portugal zurückgekehrt, und Niemand hat je wieder von ihm
gehört (Caet. de Souza, Provas V p. 675). Seinen Tod in der
Schlacht selbst bezeugt Jeronymo de Mendonça, Jornada de Afriita
p. 58: Da mes ma maneìra acahou . . . dom Afonso de Portugal, Conde
de Vimtoso, e dom Manuel seu fil ho y que banhando a ierra com sen
sangue, mostrarlo a innocencia de seu animo na maldade por Jeronymo
Franqui injustamente opposta. Und alle übrigen Berichterstatter be-
stätigen diese Aussage. Was Hardung von ihm erzählt, ¡st falsch. —
Gesetzt aber auch er hätte den Unglückstag der Nation überlebt,
hätte den Ilafs und die Verfolgung seiner Familie durch Philipp II.
mit durchgemacht — würde der hochherzige Graf da nicht, um
seine Klagen über die böse Zeit zu äufsern, einen tieferen, wilderen,
mannhafteren Ton angeschlagen haben? Vor allem aber, woher
weifs denn Hardung überhaupt, dafs auch D. Affonso gedichtet?
Mir, und allen, die sich mit portugiesicher Litteraturgeschichte be-
schäftigen , ist diese Neuigkeit , an die ich nicht glauben kann,
vollkommen unbekannt.
D. Francisco, sein Vater, aber ist als Dichter, und besond(»rs
als Dichter von Cantigas, bestehend, wie das betreffende, aus einem
4 zeiligen Mote und einer 8 zeiligen Volta dazu, recht wohl bekannt.
Auch hat er thatsächlich in seinem Alter, nachdem er des Hoflebens
müde war — enfadado do tempo e das cousas d^eìle, wie die Über-
schrift sagt — einige Zeit in Belem geweilt; s. Barb. Mach. 11 p. 226*
und Souza, Hist. Gen. X p. 454: Finalmente tiìo cheyo de annos como
de merecimentoSj desengañado do mundo, largou 0 serviço do paco e
assistenza da corte e foy viver ao sitio de Beìem por algum tempo ; e
passando depois para Evora, falce e o nesta cidade a 8 de dez. de 1 549.
Ebenso haltlos ist die Deutung von No. 2: zunächst mufs man
Missen, wer der Verfasser derselben, André Soares, war, und wann
er gelebt; daim erst kann man erforschen, welchem secretario er
sein niedliches Epigramm zusandte.
No. 3. Die Prinzessin , welche aus Kastilien kam , braucht
keineswegs die Mutter Sebastians gewesen zu sein. Kam nicht
auch im Jahre 1490 eine Prinzessin, geleitet von neun spanisrlxMi
Hofdamen, von Kastilien nach Portugal, 1). Isabel, die Gemahlin
q6 MISCELLEN. I. ZUR LI TTERATURGESCHICHTE.
des Kronprinzen D. Aftbnso? Und kehrte eben dieselbe, die nun
den Titel Pn'nceza, uiid zwar Princeza de Portugal^ mit vollem Rechte
führte, nicht 1497 noch einmal hierher zurück, um als erste Ge-
mahlin Emanuels den Thron von Portugal zu besteigen? Wie
könnton die beiden Schwestern, die mit ihr kamen und von denen
eine da Silva hiefs, D. Francisca und D. Anna de Aragâo ge-
wesen sein! Als ob diese das einzige spanische Geschwisterpaar
gewesen, das je am Hofe geglänzt hat!
No. 4 und 5. Es ist richtig, dafs von den Schriftstellern und
Dichtern, welche in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. lebten, nur
die Königin D. Catharina einfach „0 Rainha** genannt wird und
genannt werden konnte. Die älteren Autoren aber nannten stets
diejeingo Königin, unter der sie gerade lebten, auch nicht anders,
und es ist also ganz verkehrt, überall wo von einer Raiiiha die Rede
ist, gleich D. Catharina zu subentendiren. Weder eine Felipa de
Mondonça, nach eine Ines Henriquez haben zu dem Hofstaat der-
selben gehört. Letztere war Dama do Paco zur Zeit der Königin
D. Maria (f 1516) und eine Tochter des Kapitäns von Calicut,
D. Jo3o de Lima, der zu Anfang des Jahrhunderts tapfer in Indien
gekämpft hatte (Goes II cap. 22\ Harros; Gaspar Correia; Souza XI
P- 773)- ^or 15 16 entstanden also vermutlich die Voltas über die
Thränen der D. Ines Henriquez.
No. 7 und 8 sind zwei unmögliche Dichtungen, aus denen ich
drei herausschäle. Die erste besteh t^ aus einem 4 zeiligen Thema,
mit den Reimsilben ente er er ente, und aus zweien, dasselbe erläu-
ternden 8 zeiligen Strophen, die in ihrer zweiten Hälfte, regelrecht,
gleichfalls auf epite er er ente enden müfsten. Doch ist solches nur
in Volta I der Fall; die zweite bietet die Reime ente ado ado ente.
Unmittelbar daran schlofs Hardung ein selbständiges Gedicht,
(las eine eigene Nummer tragen müfste (7''). Ks beginnt Da dor
que em mìnha alma mora\ besteht aus einem 4 zeiligen Motto {niora
Sito agora ?tì1o) und einer Voltenstrophe, deren letzte Zeilen die
Reimworte des Motto wiederholen.
Sonderbarer Weise ist mit den beiden obigen Liedchen nun
auch noch der Anfang eines dritten verquickt worden, das Motto
zu den unter No. 8 mitgeteilten Volten.
No. 18. Auch diese Nummer mufs in drei Teile zerlegt werden.
Ich erkenne darin drei von einander ganz unabhängige Coplas, wie
solche zu hunderten existierten und den höfischen Dichtem von
ihren Damen zum glossieren und voltieren dargebracht wurden.
Die erste davon hat z. B. CamÔes behandelt und ein Anonymus in
den Inéditos des L. Caminha II p. 240. Der zweiten bin ich auch
schon begegnet; doch wo? Die dritte ist das, auch von Monte-
mayor benutzte Thema zu No. 24 des Cancioneiro d*Evora, nach
dem ich bereits gesucht hatte (s. Ztschr. V 569).
No. 21. Das portugiesische Lied, das ich aus den Zeilen 5 — 16
dieser Nummer herausgelesen habe, hat wahrscheinlich únw ersten
e. M. DE VASCONCELI.OS, ZUM CANaONElRO d'eVORA. g7
Grafen von Vimioso zum Verfasser. Wenigstens behauptet Barbosa
Machado II p. 227, derselbe habe cine Glosse zu dem Motto
Ja näo posso ser contente
gedichtet.
Dabei bemerke ich, dafs aufser CamÖes (Red. XIX und LIV)
noch zwei weitere Dichter dasselbe Thema umschrieben haben;
erstens D. Francisco de Sa e Menezes, welcher die vier Zeilen des-
selben in folgender Weise glossierte:
A tudo quanto desejo
acho atalhadas as vías;
intentos e fantasías,
mui mao caminho me vejo.
Se do passarlo e presente
o porvir se pode crer,
ja nSo ha que pretender,
ja näo posso ser contente.
Que de tudo quanto quero
chego a tam triste estremo,
que vejo tudo o que temo
e nem sombra do que espero.
Desengano-me da vida
e fìz nella tal mudança
que até de ter esperança
tenho a esperança perdida.
Cuidei hura tempo que havia
na fortuna o que buscava;
e, postoque o n3o dava,
o mesmo tempo o daría.
Achei tudo differente,
ñqoei desencaminhado ;
e como em despovoado
ando perdido entre a gente.
De que farei fundamento,
pois em nada acho firmeza
e pago sempre era tnsteza
OS sonhos do pensamento?
Abfände esta dor crecida,
vivendo em pena da morte;
e eu, por n3o mudar a sorte,
nem mouro, nem tenho vida.
Und zweitens Francisco Rodriguez Lobo, der in zwei Decimen
seiner „Pimavera" (Obras p. 218) Zeile 3 und 4 umschrieb.
Eiae Behauptung von Barbosa Machado, die an obiges Lied
anknüpft, verdient noch hervorgehoben, freilich nur um in ihrer Ver-
7^Mwt\\r, f. rom. Ph Vir. y
98 MLSCELLEN. H. HANDSCHRIFTLICHES.
kehrtheit nachgewiesen zu werden. Er berichtet nämlich ', D. Fran-
cisco de Portugal habe die von mir oben mitgeteilten Redondilhas
des Grafen von Mattosinhos, D. Francisco de Sa e Menezes, glossiert,
d. h. also ein 1547 Verstorbener habe ein Werk gekannt und be-
nutzt, das erst nach 1580 entstand, nachdem der Govemador de
Portugal, vom höfischen und politischen Leben ganz zurückgezogen,
in seinem Mattosinhos am Lecaflüfschen seinen Studien und der Poesie
lebte. Wahrscheinlich wollte der Verfasser der Bibliotheça Lusitana
gerade das Gegenteil sagen, nämlich der Graf von Mattosinhos habe
ein Motto des Grafen von Vimioso glossiert. Wenigstens würde er
so, und so allein, den wahren Sachverhalt dargelegt haben.
Zu No. 46. Zwei verschiedene Volten zu ein und demselben
Motto werden an einander gereiht. Die erste in drei 5 zeiligen
Strophen; die zweite in zwei 7 zeiligen.
Zu No. 56. O milla fetta a Madalena tirada „de origine** de
Jorge da Silva. De origine bedeutet, dafs dem Verfasser der Homilie
ein lateinisches Original zum Grundtext gedient hat: Hardung aber
scheint zu meinen, es bedeute, dafs die Elegie schon einmal in
einer Gedichtsammlung des Jorge da Silva gedruckt und darnach
von dem Kopisten des Cane. d'Evora abgeschrieben sei; und das,
weil thatsächlich im Jahre 1589 in Evora bei Martim de Burgos
einige fromme Traktate des Autors nächst zwei „Elegías á bemaven-
turada Magdalena** erschienen sind. Der Cane. d'Evora ward, meiner
Ansicht nach, freilich vor 1589 zusammengestellt; da aber die Schriften
des 1578 bei Alcacer-Quebir gefallenen Jorge da Silva früher schon
zwei, heute vollkommen verschollene Ausgaben erlebt haben sollen,
so kann es wohl möglich sein,^ dafs die im Cane. d'Evora enthaltene
Terzinendichtung sich darinnen findet.
Doch sei dem wie ihm sei, inedita war sie jedenfalls nicht
Schon Theophilo Braga hatte sie in seine Historia de CamÖes
II p. 307 aufgenommen, aus einer anderen, gleichfalls in der Stadt-
bibliothek von Evora ruhenden Handschrift ( .j-j fl. 27). F^ be-
fremdet daher nicht wenig von Hardung die ausdrückliche Ver-
sicherung zu hören, die von Theophilo Braga mitgeteilte Elegie sei
eine andere. „Th. Braga en publia pour la premiere fois une autre
qui est une traduction du latin." ! Es sieht so aus als wäre
Hardungs Einleitung aus mündlich und flüchtig hingeworfenen Be-
merkungen Bragas zusammengezimmert.
* Barb. Mach. II 227 unter D. FrC" de Port.: Glossa äs Redondilhas
compostas por Fr^o de Sa e Afenezes^ l® Conde de Matozinhos d€ qtiem adiante
se fard a merecida memoria. Começao:
A tudo quanto desejo etc. — 4.
II 249 unter D. Fr^'o de Sa e M.: Entre as suas obras poéticas, sagradas e
profanas de que conservava hum volume na sua selecta livraria 0 eruditis'
simo antiquario Manoel Severim de Faria Chantre de Evora sao celebres
aquellas Redondilhas que compoz quando se retirou ultimamente da corte, que
^ P ' A tudo quanto desejo etc. — 4. ^
For 3o /^lossadas por D. Fr^<* de Port., lo Conde de Vimioso. — Ich kopierte
das Gedicht aus dem seltenen Werke von Macedo : Domus Sadica p. 78.
e. DKCURTINS, EIN LADIN ISCHES RÜGELH-D. QQ
Beiden ¡st unbemerkt geblieben, welch eigentümliche Bewandt-
nis es mit der Elegie hat, die, wie so manches andere port. Ge-
dicht, unter verschiedenen Namen umgegangen ist. Barb. Marchado
schreibt sie z. B. noch einem anderen als Jorge da Silva, dämlich
Sa de Miranda zu. Er erwähnt II 254, der Cancioneiro des Padre
Pedro Ribeiro, der 1577 geordnet ward, habe eine Elegie jenes
ersten portugiesischen Terzinendichters enthalten, welche begann:
A Madalena 0 seti esposo busca.
Das betreffende Liederbuch ward bekanntlich beim Erdbeben zer-
stört, so dafs es heute nicht möglich ist, festzustellen, ob die Elegie
thatsächlich, wie die erste Zeile vermuten läfst, mit der von Jorge
da Silva identisch ist. — Leider ¡st auch eine „Elegia a Santa Maria
Madalena" von Simäo da S¡lve¡ra unfindbar, welche 1567 ¡n Evora
bei Marcos Borges erschienen sein soll (Barb. Mach. III 722); und
el:>enso ist eine andere von Franc¡sco de Sa e Menezes, auf welche
M¡randa ein Sonett gemacht (No. 97), nirgends zu entdecken.
Alles was dieser über sie sagt und andeutet, stimmt wunderbar
genau zu dem ungelenken Versuch in ital¡en¡scher Marner der uns
im Canc¡one¡ro d'Evora als Werk des Jorge da S¡lva entgegentr¡lt.*
Hardung hat an d¡e 31 Terz¡nen über Magdalena e¡n Sonett
angekettet, das er als solches (56h) nicht kennze¡chnet, und das auch
se¡n Helfer und Kr¡t¡ker Th. Braga n¡cht w¡eder erkannt hat, ob-
wohl er es, gle¡chwie die Elegie, in seine Hist, de Cam. II 307
aufgenommen hatte!
Carolina Michaelis de Vasconcellos.
IL Handschriftliches.
Ein ladinisches Rûgelied.
Als Nachtrag zu den von uns publiz¡erten h¡stor¡sch-pol¡t¡schen
Liedern aus dem Oberengadin bringen w¡r das RügeHed auf den
rätischen Krieger und Pol¡t¡ker Georg Jenatsch, jene e¡gentüm-
l¡che reiz- und grauenvolle Gestalt unserer Geschichte, welche durch
den Roman Ferdinand Meyers auch e¡nem gröfseren Publikum be-
kannt geworden. Das Lied stammt, w¡e aus Inhalt und Ton er-
s¡chtlich, aus jenen Prädikantenkreisen , welche dem ehemaUgen
Führer der protestan t¡schen FJferer se¡ne spätere poHtische und
religiöse Haltung nicht verzeihen konnten. Ist das Lied wirklich,
wie die Überschrift sagt, in Chur entstanden, so haben w¡r doch
n¡cht an eine ursprüngliche deutsche Gestalt desselben zu denken,
war es ja zum vornherein für das Engadin best¡mmt Der um d¡e
' Als ich in meiner Miranda-Ausgabe p. 760 einige Worte über die
Magdalcnen-Elcgien sagte, halte ich dem Cane. d'Evora noch keine genauere
Beachtung geschenkt.
./♦ .... :•..:
lOO
MISCELLEN. H. HANDSCHRIFTLICHES.
rätoromanische Litteratur hochverdiente Alphons von Flugi hat
ein Bruchstück nebst Übersetzung in der Rhaetia dem Organ der
historischen Gesellschaft Graubündens Bd. IV veröffentlicht
Es dürfte aber nicht ganz ungerechtfertigt sein, wenn wir es
nun hier vollständig in diplomatisch genauem Abdrucke aus
dem Manuskript Romedi wiedergeben. Das Ms. Romedi, so ge-
nannt nach dem jetzigen Besitzer, ist eine Papierhandschrift in
Wasserzeichen ein Adler mit Schwert und Reichsapfel aus dem
zweiten Viertel des 17. Jahrh. 184 Bl. von 16 cm Höhe und 10 cm
Breite, die eine Sammlung von geistlichen und weltlichen Liedern
in oberengadinischem Dialekte enthält. Die ganze Handschrift
scheint bis auf eine Einlage, Bl. 106 — 109, von derselben Hand
aber zu verschiedenen Zeiten etwa in den vierziger Jahren des
17. Jahrh. geschrieben zu sein, wie das einerseits aus den nach-
getragenen datierten Bemerkungen über Tagesereignisse am Schluis
verschiedener Gedichte und andererseits aus dem Inhalt der
historischen Gedichte hervorgeht. Nach einer solchen Bemerkung
(fol. 182*".) zu schliefsen scheint der Schreiber irgendwo Pfarrer
im Oberengadin gewesen zu sein und nach einer anderen (fol. 183^)
scheint er dem Pfarrer Jan P. Dantz nahe gestanden zu haben,
wenn nicht mit ihm identisch zu sein.
Anno 1638. Vna chiantzun fatta in Cüoyra da la maell damanaeda
vittay SCO eir da la sgrischüsa moart d*un tiran, chi ho viueu da noas
tiemps in Ig Paias da Las 3 Lias,
(fol. 82'") Qui giescha un hum,
Nun falsch lg* nüm
Per seis parainls
Ls* innozaints.
(fol. 82v) Princips Araios
Cun seis combaygls
hüll ingianno,
20 r hur mQullo.
2.
6.
5 Dieu hüll cüntschieu
Sia Patria,
Et rhu tradieu,
La Rhetia,
Si eu plaed pradgio
hol illatscho
Et quel tschnaio.
CuD poìck quitto.
3.
7-
Seis Saeramaints
25 EU s'ho ludo
IG Eiran a d'eli vauns,
Et persumo
Baifler e magliaer,
Zuond da stûtzer
Que Tetra chìaer.
L'Evangeli claer.
4.
eis fatt Papist,
8.
L' Ischcariott
eir atheist,
30 Pniuaiua tuot
• •
15 Vn filg dalg pchio,
Per s'ingrandyr,
Mael gralagio.
L* prorsem tradyr.
• .... - -
e. DECURTINS, EIN LADINISCHES RÜGELIED.
lOI
Cun cuullair,
Cun murdragier,
Cun Pitanoeng
eir cun Striveng.
IO.
Sho cradantlo
In Sieu grand pchio
Saimper da ryr
40 Ma da mflryr.
II.
Mu Dieu in tschiell,
Quel ho gieu Toelg,
ho mis sieu maun,
l'ho tgnieu in frain.
12.
45 £11 ais Schbaso,
Scün bouflf cflpo,
haOn pitschen e grands
trapío Sieu Saung.
13.
Nun eis vadgüo
50 Da üngiun Crido
Aquals da Dieu
Cufoöert haun gieu.
14.
(fol. 830 Nun eis tuot fatt
Cun sieu chiöerp dschfatt,
55 l'oarma tadlam
Innua ella vam.
15.
Dieu quel disch d*pha,
Chi tschneia me,
Vo zamiza gioe
60 I^ Aetearn phoa.
16.
O tu narfin!
tuot tieu bastün
Eiran Daners,
teis pros et aers.
»7-
65 Lg tschill hest schmanchio,
L' oarma priuflo
Dalg vair Cflfoert
tres Christi miert.
18.
Da tia jnzür
70 haun main d'hunflr
Vielgs et infaünts,
tuot teis paraints,
19.
(fol. 84V) teis Bab fìdaell
Beo ais ell,
75 tieu Spüert fos
Nun ho sieu poss.
20.
r plaed t* hest schnaio,
quel vain predgio,
chi craia in aquel
80 Bto me elL
21.
O Vus Grischüns,
Redschaduors bQns,
heigias Schgrischflr
D* quaist traditur ;
22.
85 tOot voas COsailgs,
Dits, fats, cQmbailgs
Dritze indraett
Sun Dieu Sullett.
23-
Muryr stuuais
90 E nQn sauais
Niaunchia Ig dy,
Dieu s* vouU da qui,
24.
(fol. 84^') Chi craia in Dieu
Salua lg' plaed Sieu
95 In fìna la fíng
Ais tscheart DiQing Diving.
C. Decurtins.
I02 MlSClîLLEN. III. ETYMOLOGISCHES.
111. Etymologisches.
Port. Etymologien.
I . Sengo.
Der Dichter Sa de ^Miranda, den seine Landsleute den portugie-
sischen Seneca nennen, weil er überaus sentenzenreich ist und weil
viele seiner sprichwortartigen Maximen zu geflügelten, gern citierten
Worten geworden sind, hat in seine Episteln und Idyllen in
Redondilhas gar manche kernige und mit volkstümlicher Schlicht-
heit erzählte Fabel eingeschaltet, z. B. die „von der Stadt- und
Feldmaus". Der si;chende Leser findet sie in Th. Bragas „Anto-
logia Portugueza" (Porto 1876) unter No. 115 und in meiner
Miranda- Ausgabe unter No. 107. Die Stadimaus hält darin, als sie
den spärlich besetzten Tisch ihrer Wirtin, der Feldmaus, gemustert
hat, den folgenden Monolog:
Que gente ha entre penedos!
Que vai de Pedro a Rodrigo!
Bern disse o bom sengo antigo
Que nao s3o eguais os dedos! (Braga Strophe 7 nach Ed. 1804)
oder, in anderer Lesart:
Este n5o foi pera mais!
Que vai de Pedro a Rodrigo!
Bern diz o enxempro antigo
Que os dedos n5o s3o iguais. (No. 107,217 — 220 meiner Ausg.)
d. h. sie verwertet, um ihr Erstannen auszudrücken über den Unter-
schied, der zwischen Maus und Maus bestehen kann, zwei bekannte
und oft benutzte Sprichwörter: „Quanto vai de Pedro a Pedro! und
O s dedos da mäo näo säo i guai s*' und preist dabei die gute alte
Spruchweisheit.
Der hiermit übersetzte Ausdruck „¿? hom sengo aniigo^^, der in
Miranda aus der ersten Ausgabe seiner Werke stammt (1595),
frappierte mich nicht, da ich ähnlichen Formeln schon oft begegnet
war, und aus dem Vergleich der verschiedenen einschlägigen Stellen
längst die Überzeugung gewonnen hatte der gefeierte Sengo, sengo
oder senego, der typische Vertreter der Sprichwortweisheit, sei nichts
anderes als ein junger auf portugiesischen Boden verpflanzter
Spröfsling des weisesten aller Spanier, Seneca.
Was mich frappierte war nur, dafs Theophilo Braga, der die
portugiesischen Autoren ungleich besser kennt denn ich, nicht zu
derselben Überzeugung gekommen ist, ja dafs ihm anscheinend
das Wort sengo überhaupt unbekannt geblieben. Das schHefse ich
daraus, dafs er an dem oben citierten Passus Anstofs nahm; sengo
daraus ausmärzte, und 0 dorn senso an/igo(ï) schrieb. Er erinnerte
sich also nicht, in Gil Vicente, Antonio Prestes, Jorge Ferreira de
Vasconcellos, Francisco Rodriguez Lobo, Francisco Manoel de
Mello und in CamÖes ähnlichen Formeln begegnet zu sein, welche
e. M. DE VASCONCELLOS, PORT. ETYMOLOGIEN. IO3
die Existenz, die Bedeutung und das Etymon des Wortes sengo
aufser Frage stellen.
Die Lexika geben, wie zu erwarten, nur ungenügenden Auf-
schlufs über sengo. Das von A. de Moraes Silva (7a cd.) kennt
z. 13. nur ein veraltetes Adjectivum sengo ^ a, das mit prudente, sabio ,
avisadoy sabedor umschrieben wird; das moderne, und im Ganzen
gute, nur im etymologischen Teile ganz unbrauchbare von Caldas
Aulete erwähnt gleichfalls nur das Adjectivum sengo y erstens als
in der Provinz Beira üblich mit der Bedeutung dissimulado y sonso,
que faz as cousas pela calada^ zweitens als plebejischen Ausdruck mit
der Bedeutung prudente, sisudo, atilado, rejlexo. Der Autor verweist
auf das ital. saggio l, hat also auch keine Ahnung von der wahren
Herkunft des Eigenschaftswortes.
Nur Duarte Nunes de Leäo (ed. 1866 p. 73), welcher sengo im
18. Kap. seines Werkes anführt unter den „Vocabulos que usâo os
plebeios ou idiotas, que os homens polidos nao devem usar" er-
klärt richtig : Sengo por sabedor, que os rústicos corromper äo de Seneca,
Die folgenden, von mir gesammelten Beispiele werden genügen, um
den Sinn des Wortes aufser Zweifel zu stellen.
I. Sengo Subst
Gil Vic. m 184:
Diz o sengo sabichoso»
bom he ás vezes fallar.
Ant. Prestes p. 365 :
Cunhados,
como diz o herbäo artigo
do sengo, ferros d* arados.
Jorge Ferreira de Vasconcellos, Eufrosina p. 24:
fallar vos-hei como sengo,
id. Aulegraphia p. 4^:
mas ó velho sengo que vio o que passou e ve o que ora corre, defficil he
nao escrever satyra.
id. Ulyssippo p. 1 59 :
assi diz 0 sengo,
Francisco Rodríguez Lobo, Obras:
dizia o sengo a verdade.
p. 634 disso se queixa 0 sengo, e disso chora,
p. 634 Ouvi ao Sengo bum conto muy gabado.
Miguel Lei tao d'Andrade, Miscellanea p. 6 :
Nem som escolar nem senego.
Francisco Manoel de Mello, Apólogos dialogaes p. 65 :
por onde acuelles sengos de Alhenas prohibi3o em ley aspera etc.
n. sengo, a. Adj.
Camöes, Redondilhas ed. Braga „Disparates na India" p. 114:
Deixae a hum que se abone;
Diz logo de tnuito sengo:
I04 MISCELLEN. IJî. ETYMOLOGISCHES.
Villas y castillos tengo.
Todos á mi mandar soné.
p. lOO der Autos [Amphilriôes] :
Is-vos fazendo d^huns sengos
Jorge Ferreira de Vasc, Eufrosina:
p. 39 reprensöes sengas
p. 49 cuidáis que sois mui senga,
p. 287 conselhos sengos
p. 293 em tempo t3o sengo como este
id. Ulyssippo p. 199 :
gravidade senga
id. Aulegraphia p. 33:
Libre-me deus de saberes sengos
161^ N3o sou de ser tao sengo.
Francisco Manoel de Mello, Obras métricas li 60 :
sogra astuta e sogro sengo,
p. 59 E tu que tens arte senga
mándaseme dizer deante?
p. 66 como a raposa era senga.
Damit vergleiche man einige von den zahllosen Fällen, in
denen dieselben und andere Autoren sich, wenn sie irgend einen
weisen Rat erteilen, irgend eine feine Sentenz aussprechen wollen,
auf Seneca als auf ihren Gewährsmann berufen, ganz unbekümmert
darum ob derselbe thatsächlich irgendwo den selben oder einen
ähnlichen Gedanken ausgesprochen hat oder nicht; man vergleiche
auch die anderen Fälle in denen Spanier wie Portugiesen jeden
beliebigen sentenziösen Alten als Seneca anreden.
Z. B. Prestes p. 314:
A meu senhor alguma hora
de Seneca Ihe ouvi 1er
que em casa onde é moradora
vontade, razSo nSo mora.
Jorge Ferreira de Vasc. Aulegraphia p. 8:
> Elle está sobre mim como hum Seneca.
Ulyssippo p. 54V:
Vos estais hum Seneca.
p. 1 83V O Seneca fala isto muito pontual.
Seneca 0 diz nas Epistolas.
oder gar p. 271 :
Falais Seneca! e per algum cartapacio ledes vos que vos faz tao sengo.
Über das grofse Ansehen, das Seneca vom 15. bis 18. Jahrh.
auf der pyrenäischen Halbinsel, seiner Heimat, genossen einerseits ;
und andererseits über den grofsen Reichtum Spaniens und Portugals
an geschriebener und ungeschriebener Volksweisheit, an Sprich-
wörtern und Sprich Wortsammlungen brauche ich kein Wort zu ver-
lieren. Es ist bekannt, dafs schon 1482 Pedro Diaz de Toledo
e. M. DE VASCONCELLOS, PORT. ETYMOLOGIEN. IO5
seine Sprichwortsammlung „Proverbios de Seneca" titulierte, dafs 1496
auf Veranlassung des Feman Perez de Guzman die „Epistolas de
Seneca" übersetzt wurden, dafs 1491 fünf Bûcher Seneca von Don
Alonso de Cartagena ins Spanische übertragen erschienen; dafs im
17. Jahrh. zwei weitere Gelehrte, Navarrete und Gaspar Ruiz Mon-
tiano (1627 und 1606), den grofsen Weisen hispanisierten ; es ist
bekannt, dafs der König D. Duarte von Portugal {1433 — 1438) in
seiner reichen Bibliothek die „Epistolas de Seneca com outros tra-
tados" und femer eine „declaraçam sobre as epistolas de Seneca"
barg, dafs noch heute handschriftliche ,JVIiscellaneas de Sentenças e
Maximas de Seneca" und „Excerpta ex libris Senecae" vorhanden
sind; dafs alle portugiesischen Prosaisten und Dichter mit sicht-
licher Vorliebe von Sénecas Weisheit zehren, ja dafs selbst in den
für das moderne Volk geschriebenen Flugblättern sein Name hundert
mal herhalten mufs, wo eine Wahrheit gepredigt werden soll, die
als Evangelium zu gelten bestimmt ist. Der Name 0 Seneca wurde
den Portugiesen so oft genannt, dais er sich ihnen einprägte und
vom Eigennamen zum Appellativum ward : O senega bedeutete „der
Spruchweise". Wie aber aus 0 israelita^ 0 israéliio (Pratica) und neben
a criançinha o criançinhoy neben a bruxa o bruxo (Gil. Vic), neben
a ninfa o ninfo (Prestes p. 176) entstand, so entstand aus o senega ^
o senego\ das aber ward zu sengo wie Dominica zu Minga^ Menga
und manica zu manga durch Elision des tonlosen Vokals und Er-
weichung der Tenuis k zur Media.
2. Nanja.
Felix Liebrecht berit:htet in Ztschr. V 420, im Anschlufs an
Consiglieri Pedroso, über den portugiesischen Aberglauben „es sei
verhängm'svoU sich am Leibe etwas nähen zu lassen"; und citiert
die Verse, welche das hiesige Landvolk dreimal spricht, um die
bösen Folgen solcher Handlung, wenn sie nun doch einmal vor-
genommen wird, abzuwenden. Sie lauten :
Coso vivo,
Nanja morto;
Coso isto
Que está roto.
Dabei wirft er die Frage auf ob nanja identisch mit näo ja sei.
Schon früher (Pratica de Tres Pastores p. 46) habe ich sie bejahend
beantwortet, war jedoch meiner Sache nicht ganz sicher, da ich
über die Bedeutung, Verwendung, das Alter und die Gebräuchlich-
keit der Formel nicht genügend unterrichtet war. Heute ist es
für mich bewiesen, dafs nanja y namja und nenja, nemja nichts
anderes sind als nam ja (für näo ja) und nevi ja\ dafs sie nichts
anderes bedeuten als ja näo, ja nam nämlich „und nicht", „aber
nicht", „nur nicht", „nicht schon", „nicht etwa", „bei Leibe nicht";
dafs aber die Formen naja^ neja^ an deren Echtheit ich geglaubt,
vielleicht überhaupt nicht existieren. Die von mir gesammelten Bei-
spiele, die sich ohne grofse Mühe verzehnfachen lassen, zeigen, dafs
I06 MISCELEN. nr. ETYMOLOGISCHES.
im 1 6. Jahrh. nam ja, mm ja noch jedermann in ihren beiden Ele-
menten deutlich und verständlich waren, so dafs man sie von ein-
ander trennen, und selbst ein Zwischenglied (Fürwort oder Verbum)
zwischen sie schieben konnte; dafs sie im 17. und 18. Jahrh. mit
einander verschmolzen und heute vom Volke, welches die betreffen-
den Negationsformeln gern und viel benutzt, nicht mehr in ihrer
ursprünglichen Bedeutung empfunden werden.
1. nam . . , ja.
Cane, de Res. Ill 52:
Nam m*o ja eys por vosso mais
nem m*o chamáis,
amores, pois que sois tais.
Ibid.
nam me culpéis
de nam ser ja vosso mais.
2. nam ja; nao ja; nom ja.
Cane, de Res. Ill 84 :
Assi me veja eu em Beja,
muito a minha vontade
como isto vai com in veja,
mas nam ja por ser verdade.
Gil Vic. Ill 271:
Porque logo s3o fmada
Com a affronta que me vem.
— Nao ja eu !
Ibid. II 475:
Va ó mar esta arca, va!
— Nao f essa arca, ta ta ta !
Ant. Prestes, Autos:
p. 1 1 2 Digo-vos que isto so quero,
e nao ja me render a fero
d'escudeiros de Joâo d'Acha.
176 Sizo é fugir do damno,
mas eu nao ja,
182 Homens muito pouca estima
sabem fazer de donzellas.
— Nao jd eu, que as tenho em estrellas.
248 N2o s5o filhos.'
Nao jd aquelles.
263 Folgára que me lomáram
n* outro tempo. Nao jd assi !
269 Hi estás tú?
Nao jd em coxins.
328 mas guarde-me déos que eu conte
quem o comeo; nao ja este mez!
e. M. DE VASCONCELLOS, PORT. ETYMOLOGIEN. IO7
335 Assi digo eu por esta boca:
a casada 1res horas na egreja,
e o mais que em casa esteja,
e nao Ja que troque a toca
pelos gostos de andarcja!
Sa de Miranda (Ed. C. M. de Vascuncellos) No. 104,427:
Querem que hörnern ouça e crea;
n3o ja eu ; crea -o nosso Jane !
Camöes ; Eleg. XI 54 :
Mostrae-vos poderosa em quem resiste
em desobedecer ou enojar-vos,
e nao ja contra quem vos n3o resiste.
id. Red. p. 176:
Pareccis-vos ao mcu rosto
e nao ja á minha ventura.
Prat de tres pastores (Ed. C. M. de Vasconcellos) Z. 1262:
Elle scja triste,
e nao ja eu e tu etc.
Miguel Leitflo de Andrade, Miscellanea p. 4 :
nom ja que por ser Thomas,
tivesse o crer de Thomé.
Francisco Rodriguez Lobo, Obras p. 2 1 :
As palavras da carta h3o de ser vulgares (i. é nao peregrinas) e nao ja po-
pulares (i. é humildes e baixas).
p. 605 Confesso que estou culpado
mas nao ja só de atrevido.
p. 621 Mandad-me que ande a fogir,
mas nao ja pelas estradas.
D. Francisco Manoel de Mello, Apol. Dial. p. 76:
Por isso disse bem aquelle clérigo de Polonia, Copernico (ou como Ihe
chamSo), que a terra e os homens era o que sempre andava ao redor, nao
ja o ceo, o sol, nem estrellas.
p. 138 Atrevo-me a Ihe adivinhar os pcnsamentos, se cá torno. — Nilo jd,
se tu foras meu creado.
Id. Obras Metricas p. 67:
corren terras, nao ja em väo.
3. Namja; nanja,
Francisco Manoel de Mello, Segundas tres musas p. 53 :
Se ja sempre o pardo cor,
nao trabalho, ou nao sei que;
roxo o roxo, e namja amor;
Sprichwort :
Se queres ser bem-disposto, bebe vinho e nanja mosto.
I08 MISCELLEN. III. ETYMOLOGISCHES.
Volkslieder (s. Braga, Cane. Pop. p. 8i):
I. Costumei tanto os ineus olhos
a olharem pera os teus,
que de tanto confundil-os
nanja (oder nenja oder ja nao) sei quaes sao os meus.
2. S. Romania X 102:
Embala, José, embala
com a mSo, nanja com o pé.
3. S. oben:
Coso vivo,
nanja morto,
coso isso
que está roto.
Almeida Garrett. Arco de Sant'Anna p. 140:
Paz n*esta casa? Seja e em quem a póde ter aqui. — Amen. Nanja eu!
Julio Diniz, Seröes da Provincia p. 189:
Va la quem quizer; nanja eu!
p. 137 Se fosse bruxo, n3o faria as esmolas que faz. — Nanja eu que Ihas
quizesse.
Gomes de Amorim p. 69:
Ha de haver, de certo (algum padre como o nosso); porém nanja que cu
o visse,
p. 97 Faço-te sombra, Joaquim? Nanja por isso,
p. 189 Obrigado. Pódes contar sempre commigo. — Namja por isso. Fiz
o meu dever.
p. 344 Querem que dance, danço ; nanja por meu gosto.
4. Nem ja.
Gil. Vic. m 13:
Nem jeu, canta em teu poder.
5. Nemja nenja,
Volkslied:
O melro canta na falla;
Esentai o que elle diz:
„Quem fez o mal, que o pague."
Nemja eu que o nao fiz.
Almeida Garrett. A Sobrinha do Marquez p. 162:
Num Ihe tenho medo, num senhor, nenja eu.
6. Najay neja,
Naja kenne ich nur aus der unzuverlässigen Stelle in der Pra-
tica de Tres pastores, Z. 753:
Olha ca o que te digo,
naja tudo cantar.
Der Formel 7ieja bin ich nur ein einziges Mal begegnet, in einem
Volksbüchlein, betitelt : „Devoçâo das mulheres da moda na egreja e
o modo com que nunca ouvem missa." Dialogo (Lisb. 1774). Darin
e. M. DE VASCONCELLOS, PORT. ETYMOLOGIEN. lOQ
heifst es neja que eu ìhe queìra mal ^^ nicht etwa als wollte ich ihm
nicht wohl, — Der Volksmund kennt beide Formen, so viel ich
weifs, heute nicht; der Ausfall des Nasals gerade vory, vor dem er
so gern eingeschoben wird, wäre auiïallig. Bis sich also nicht zahl-
reichere und besser verbürgte Beweise für die Existenz der beiden
Formeln fìnden, thut man gut sie als fragliche anzusehen, und vor-
auszusetzen durch Flüchtigkeit des Schreibers oder des Setzers sei
ein //■/ über dem a oder e fortgelassen worden.
3. Em que = Êmque,
Diese im Altportugiesischeç viel verwendete und auch dem
modernen Sprachgebrauch keineswegs ganz abhanden gekommene
Konjunktion scheint wenig bekannt zu sein ; weder in der Grammatik
von Reinhardsstöttner, noch im Wörterbuch von Caldas-Aulete be-
gegnet man ihr. Und selbst Adolpho Coelho, der sie in seinem
Lexikon nicht verzeichnet, hält es für nötig seinen Landsleuten
em que, in einem Satze Gil Vicentes, dessen Konstruktion er wenig
logisch nennt, zu übersetzen und zu interpretieren durch comquanto
(A lingua portugueza, Porto 1882 p. 127).
Em que seja lavradora,
bem vos hei de responder (I 256)
Obwohl ich nur eine Bauersfrau bin,
werde ich Euch doch hübsch antworten.
Ein Beweis dafür wie wenig die alten portugiesischen Autoren
gelesen werden! Aus hunderten von Belegstellen aus den Werken
aller Quinhentistas greife ich einzelne heraus, z. B. aus Gil Vicente
I 129 emque me pez = so leid es mir auch thut.
I 259 emque pecasse algum' hora,
venha a piedosa alçada.
I 348 pois, emque agora um rei me fallasse,
eu Ihe diría senhor, vou-me a mouros.
in 222 nunca mais hei de fìar
em fìdalgo desta sorte,
emque o mande San Matheus.
312 De fìscio sam eu mestre
mais que de sulurgiSo,
emque me chamSo sudeste.
Sa de Miranda. No. 76,23 — 24:
NSo me toques no da pena,
emque te as barbas depene.
'05» 55 — 58 Dous vencedores do mundo
Cesar, Alexandre o grande
nas letras forSo té fundo,
emque fortuna o nSo mande.
104, 147—147 ... faz me atrevimento
de ir avante ora por ora,
emque assi cego e a tento.
no MISCELLEN. HT. ETYMOLOGISCHES.
106,261 — 262 De tantos inconvinientes
quem será livre, emque acorde?
117,223 N3o o fiz, emque me pes.
125, IT Seguro estou de mais, em que te pes oder malque le pes.
150, 142 Em que seja forçado e contra as leis.
Miguel Leitâo d'Andrada, Miscellanea p. 97 :
p. 97 Em que esta dura ausencia longa e triste
minh* alma com dor grave tenha presa etc.
p. 260 Minha chama estará sempre encendida,
emque a queira extinguir todo esse mar.
p. 354 E em que me ves de agoa,
em fogo padeço.
Jorge Ferreira de Vasconcellos, Eufrosina p. iio:
p. no Sou muito boa filha, em que peze a roins.
p. 211 sou sua amiga, pois hei o de ser e
fallar-lhe em que Ihe muito peze e amargue.
Francisco Manoel de Mello, Obras Metricas II 57:
n3o toma porto, em que reme.
Heutzutage ist emque, soviel mir bekannt, nur noch in der
Phrase emque me pez erhalten, der ich in allen modernen Romanen,
besonders solcher Schriftsteller begegnet bin, die sich viel und gern
mit alter Litteratur und mit der modernen Volkssprache beschäftigen
und aus beiden Quellen schöpften, wie z. B. Camillo Castello Branco.
Für emque me pez sagten die Alten auch mal que me pez, und aus
der Verbindung beider Formeln entstand
êm mal que peze a deus und êm mal que pezasse
bei Almeida-Garrett (Arco de Sant'Anna p. 121 und 144).
Êmque ist gleichbedeutend mit der einschränkenden Konjunktion
aiiida que (s. Gil. V. Ill 312 atndaque pes) und entstand, wie dieses
aus lat. ab inde ad, so aus ab inde. Die ältere Form ainque hat uns
Gil Vicente III 38g aufbewahrt: ainque fosse em mi so a sua oraioria
tilo facunda como em iodos elles . . . nao presumerla escrever de V, A.
a minima parte de sua magnifica bondade, — Inque (aus blofsem inde)
habe ich mir aus den handschriftlichen Dialogen des Francisco
d'Hollanda notiert, kann aber augenblicklich die Stelle nicht finden.
4. Èîtdes, endèz.
Ein populaires, jeglichem Kinde des Volkes, aber nicht jeg-
lichem gebildeten Portugiesen geläufiges Wort, für welches littera-
rische Nachweise nicht leicht und nur in geringer Zahl beizubringen
sind. Es bedeutet das Ei, das man gewohnheitsmäfsig im aus-
genommenen Hühnemeste liegen läfst, oder absichtlich an eine
neue Stelle legt, damit die Henne ihre weiteren Eier ebendahin lege:
das Nestei also, welches als Wegweiser, als Angeber, als Merkmal
und Wahrzeichen, als Index für das Hühnervolk dient Eine andere
Bedeutung und Verwendung hat endez heute nicht. Caldas -Aulete
e. M. DE VASCONCELLOS, PORT. ETYMOLOGIKN. I I I
und Cocìho verzeichnen freilich noch die übertragene Bedeutung
„Hindernis, Störenfried"
Fig., Empecilho: Pessoa, e principalmente er tanca que emharaça\
doch ist sie, falls sie überhaupt besteht, ganz ungewöhnlich. Ich
habe endez nur einmal auf ein enfant terrible anwenden hören, als
erzählt wurde, wie es die versteckten Schwächen und Pligenheiten
der Eltern ans Licht bringe (als endez derselben diene?).
Das Nestei benennen Spanier und Franzosen nach dem Neste:
nidal span., nichel frz.; und nur der Italiener nennt es, in Überein-
stimmung mit dem Portugiesen, éndice (f u. m.). Dasselbe Wort
wird bei ihm auch noch allgemein für Merkmal, Merkzeichen
gebraucht. Von dem ital. Worte wollte Bluteau *, vom lateinischen
index indicis wollen andere port. Lexikographen endes herleiten, mit
scheinbarer Berechtigung. Und diese naheliegende, mehrfach ver-
zeichnete, im Auslande aber, so viel ich weifs, weder billigend noch
abweisend berührte Etymologie will ich keineswegs umzustofsen ver-
suchen; ich will sie vielmehr bestätigen, präcisieren, und das noch
nirgends gesammelte spärliche Material, das ihre Richtigkeit sicher
stellt und die Entwickelung, vom Angeber und Merkzeichen zum
angebenden Nestei, klarlegt, zugänglich machen. Denn was man
bis heute darüber gesagt, kann dem Romanisten nicht genügen,
da es sich auf kurze, nur in Wörterbüchern ausgesprochene Be-
hauptungen beschränkt, wie:
„Endez, adj. e s. m. Ovo que se colloca do silio onde se quer que a
gollinha va por os seus óvos.'* (Moraes Silva, 7» ed.)
„Endez, en«dès, s. m. Ovo que se colloca onde se quer que a gallinha
va por OS outros. Lat. indice.** (Coelho, Dice. Etym., unvollendet.)
„Endez (en-dês), adj. e s. m. ovo que se deixa ficar no sitio onde se quer
que a gallinha faça a postura (Fig. fam. Empecilho.) F. lat. Index,**
- (Caldas- Aulete).
Selbige lassen die angesichts der ital. Form unvermeidliche
Frage offen, ob endes endez mit dem Ton auf der letzten Silbe that-
sächlich die im Port, allein übliche Aussprache ist; ob dies endHy
wie Coelho will, wirklich aus indice d. h. aus den casis obliquis oder
ob es aus dem Nominativ index hervorgegangen ist; und drittens
ob nachweislich mit index indes endes endez (denn alle diese rein
orthographischen Varianten kommen vor) auf port. Boden niemals
der ursprüngliche Sinn von „Angeber" und „Merkzeichen" ver-
bunden worden ist. Auf diese Fragen antworte ich hier so gut ich
es bis jetzt kann.
So viel ich aus Erfahrung weifs, ist die Betonung endez heut-
zutage die einzige, welche das Volk kennt, und darum eben die
einzige, welche die Wörterbücher verzeichnen. Dafs sie bereits im
16. Jahrb. gebräuchlich war, beweist eine Stelle aus dem „Auto dos
* „Endez. Ovo que se poem à vista da gallinha, para que vendo-o,
va por naquelle lugar. Parece que esta palavra endez se deriva do Latim
Index, ou do Italiano endice que significa o dito ovo. Ovum index etc."
I 1 2 MISCELLEN. HI. ETYMOLOGISCHES.
Cantarinhos** von Antonio Prestes p. 490, in welcher endèz^ oder
wie in etymologischer Orthographie gedruckt steht index, einen
Reim zu fez und vcz bildet:
Se acertasse acontecer
casar se là outra vez . . .
— Vossa mercè foi o index
e poz là outra molher
corno ovo! —
— Mas se o fez,
dà de si gentis honrilhas etc.
Index bedeutet hier ganz allgemein Wegweiser, Angeber; die
Beziehung, in die es zum Ei gesetzt ist, zeigt aber, dafs auch das
ovo index dem lustigen Sohne des port. Volkes bereits bekannt war.
Ebenderselbe Autor kennt aber auch die Betonung èndes, wie zwei
Stellen aus dem „Auto dos dois irmâos" bezeugen, in denen èndes^
das abermals in der charakteristischen Schreibweise index auftritt,
einen Reim zu Mèndes und iendes (tenetis) bildet Die erste Stelle
lautet:
p. 250 Vos, compadre, sois dos nobres
£ o porque? Sois rico Mendes,
que é index
de fìdalgo; ellas por pobres
s3o viläs; nSo têm, vos tendes,
nao herdam faiSo com robres.
Ein Vater will nämlich seine beiden Söhne enterben und erfragt
von seinem Gevatter, ob die Gesetze des Landes es zulassen; dieser
zählt die Bedingungen auf, unter denen Enterbung zulässig, erwähnt
den Fall, dafs adlige Söhne sich gegen des Vaters Willen mit
Bürgerlichen vermählen, und macht dem Vater weifs, dieser Fall
läge vor:
Denn Ihr, Gevatter, seid adlig.
Und weshalb? Ihr seid ein Rothschild^
Und Reichtum ist das Erkennnngsschild
Des Adligen; sie aber (die Schwiegertöchter), weil sie arm sind.
Sind niedrig geborene; sie besitzen nichts, ihr besitzt;
folglich erben sie nicht.
Derselbe Vater will später von dem Diener seiner Söhne erfahren,
ob dieselben wirklich in rechtsgültiger Ehe verheiratet seien:
p. 256 Esses filhos, que meu index
nunca foram, sSo casados?
— N5o sei, por meus peccados;
mas vos, senhor sogro, tendes
duas ñoras, dous cuidados.
Was index hier, genau genommen, bedeutet, weifs ich nicht, ver-
mutlich nichts anderes als „Dekorationsstück, Schaustück", a causa
* Mendes oder genauer Heitor Mendes ist der Name eines sprichwortlich
reichen jüdischen Banquiers.
e. M. DE VASCONCELLOS, PORT. ETYMOLOGIEN. I 1 3
de qii€ fazemos demonsiraçao. Aiifser diesen drei Beispielen kann
¡eh nur noch ein prosaisches beibringen, das also über den Ton
des Wortes nichts Bestimmtes lehren kann, wohl aber seine Be-
deutung spezialisiert. Francisco Manoel de Mello läfst nämlich in
seinem Apologo Dialogal „Escriptorio Avarento" p. 89 einen red-
sehgen Vintem, d. h. eine Kupfermünze im Werte von 20 Reis, er-
zählen, wie ein Almosensammler ihn stets zur Schau auf seinen
Bettel-Teller gelegt, onde Ihe servia de endès, wo er also als Köder
zum Herbeilocken weiterer Münzen diente. Eine sprachkundige
Golddublone entgegnet ihm darauf: De Indes queréis dizer que
sinala a cousa de que fazemos demonsiraçao.
Die vier angeführten Stellen beweisen, dafs index (indes enaes
endez) bereits im 1 6. Jahrh. im Auslaut den einfachen j- oder 2-Laut
hören liefs; dafs der Anlauts- Vokal aber noch im 17. Jahrh. stark
nach Ì klang; zweitens dafs die etymologische Schreibweise die
übliche war; drittens dafs die Form èndes neben endès herging;
viertens dafs das Wort auch einfach Merkzeichen, Erkennungs-
zeichen, Schaustück bedeutete.
Können index indes endès und èndes nun aber aus indice ent-
standen sein? Nein, wir haben es mit einer Nominativbildung, mit
einer portugiesisch gefärbten Aussprache des latein. index zu thun.
Index selbst, mit latein. Aussprache, dient heute nur dazu den
Zeigefinger y,d€do index^^ zu benennen. Im Munde vieler Portu-
giesen — solcher, die nicht Lateinisch verstehen — hat diese
„forme savante" aber jenen eigenartigen Accent, der die Worte im
Munde von Fremdländern charakterisiert. Der Hauptaccent ruht
zwar auf der ersten Silbe; der Nebenaccent auf der zweiten, ist
aber so stark, dafs er im Gebrauch und bei dem Nationalisierungs-
prozefs im Munde des Volkes leicht zum Hauptaccent werden
konnte. Eine alte Bildung scheint endes nicht zu sein ; sonst würde
der tonlose Vokal hinter der Accentsilbe gefallen, aus indice also
indze inze enze geworden sein, wie aus quindezim: quinze. Es gehört
wahrscheinlich zu den gelehrten Wörtern, die in die Sprache ein-
drangen, nachdem die alten Bildungsgesetze ihre Kraft verloren;
die aber trotzdem, um einer ihrer Bedeutungen willen, volkstüm-
lich wurden und im Munde des Volkes nun nicht ganz unverändert
bleiben konnten. Es entstanden daher die Scheideformen
index Zeigefinger (forme savante) und
endès Nestei (forme savante, popularisée).
5. Meigo.
Diez lie: Mego span., meigo port, sanft gefällig z. B. im Um-
gänge. An gr. fiaXaxoç ist nicht zu denken. Man erinnert an
engl, meek, dies ist aber goth. muks^ altn. miuker (Gramm. P 386),
die einen zu dem romanischen Worte nicht passenden Vokal haben.
Die Lösung liegt nahe : es ist vom gleichbedeutenden miiificus, oder
besser, da die Zusammenziehung hart wäre (härter als in santiguar aus
santificare) von miiigaius, welches behandelt ward, wie cordatus in cuerdo,
Z«lt«chr. f. rom. Phil. VII. g
114 MISCELLEN. III. ETYMOLOGISCHES.
Ich versuche eine andere Deutung. Die portugiesisch-gallizische
Form mei'go mufs an die Spitze gestellt werden ; die castilianische
Form tnego ist nur eine entlehnte, vereinzelte, wenig gebrauchte.
Die portugiesisch-gallizische hingegen ist eine oft, gern und häufig
benutzte, aus der verschiedene Ableitungen sich abgezweigt haben.
Meigo ist wer sich sanft, liebreizend, in allen Schmeichelkûnsten
erfahren zeigt; hauptsächlich wird es auf Kinder, oder auf jugend-
liche Schöne weiblichen Geschlechts angewandt. In Gallizien wird
z. B. der Liebhaber gern meigo gerufen:
Aieiguinho, ineiguinho, meigo,
meigo que me namoraste,
bai-te d'onda min, meiguinho.
antes qu'o sol se levante.
(R. Castro de Murguia, CantaresG alleges p. 22)
oder:
Ali, senhora, contento
cantando o doce alalala
baixo a figueira frondosa
enbaixo da verde parra
e' aquelas frescas meninhas
que mei dos seus labios manan
cando en falar amoroso
meigo nos din en voz maina, (ib. p. 123).
Meiguices port, sind alle berückenden Kleinkünste weiblicher
oder kindlicher Liebenswürdigkeit; und wird Jemand meiguiceiro
angerufen, so heifst das genau so viel wie: feiticeiro^ feiticeira
Zauberer! Zauberin. — Cuveiro-Pinhol übersetzt durchaus richtig
meiguices mit dengues, jitanadas, brujerías. — Im Gallizischen , wo
meigo ^= Zauberkünstler ein Kosename ist, wie gezeigt, ist die meiga
dasselbe was in Portugal die bruxa oder e striga d. h. eine Hexe,
im bösen abergläubischen Sinne gefafst, und meigailos sind verderb-
liche Hexenkünste.
Man vergleiche, Castro Murguia, Cantares Gallegos:
p. 17 E tal medo me punheches
que xa d'aqui non sahíra '
sin levar santo s^e sc rit o s
e medalhinhas benditas
nun lado do meu xustillo,
xunto d'unha negra figa,
que me librasen das meigas
e mais das larpias danhinas.
p. 83 Unha noite, noite negra
hora en que cantan os galos,
hora en que xemen os ventos,
en qu' as meigas bailan, bailan
xuntas co demo pirmciro etc.
G. BAIST, ETYMOLOGIEN. 1 1 5
p. 88 son hoxe descolorida
com' OS cirios das igrexás
cal si unha meiga chuchona
a miña sangre beberá.
p. 103 e parece qu'a companha
bailab' antras arboredas
c' as chuchonas enemigas
e e' as estricadas meigas.
p. 126 Seique meigallo me deche
na festa do san Marti nho
amasado cos tens dedos
nunha bola de pan trigo.
p. 208 noite escura
e* o seu manto
con meigallos
e temores etc.
Meigo^ meiga haben also ursprünglich òruxo, bruxa = Zauberer
und Hexe bedeutet, und die Bedeutung „durch Liebenswürdigkeit
und Sanftmut bezaubernd und verhexend" ist eine später über-
tragene. Die umgekehrte Entwickelung ¡st nicht gut möglich. Die
ursprüngliche Bedeutung hat sich in GaHizien erhalten, wo jedoch
die zweite auch nicht ganz fehlt; in Portugal, wo die echte alte
Bedeutung heute nicht mehr nachzuweisen, ¡st die übertragene noch
ganz lebenskräftig. Nur die h¡er zum ersten Male versuchte Gegen-
überstellung be¡der klärt über ¡hren echten Sinn und dam¡t auch
über ihre Herkunft auf.
Denn meigo, meiga ¡st, w¡e jeder Leser selbst schon gefunden
haben wird, me¡ner Me¡nung nach, nichts anderes als magius, magia
fìir magus, maga (vgl. ¡tal. ?nagio) = Mag¡er. Aus magia d. ¡. mág'uia,
das der Portugiese sich selbst gebildet haben kann, w¡e das popu-
läre ondia für onda\ Elisia für Elisa \ lesmia für lesma\ landria für
landra etc., ward durch Attrakt¡on des / maiga und aus maiga, meiga
gerade so w¡e aus jantmrius , janarius , janairo , Janeiro \ aus area,
durch aira eira etc. D¡e Erhaltung der Kehlmed¡a hat, so be-
trachtet, nichts Auffallendes.
Carolina Michaelis de Vasconcellos.
2. Etymologien.
I . Armuelle,
In dem spanisch portugies¡schen Pflanzennamen ¡st d¡e E. W. IIb
von Diez vermutete Kürzung der ersten Silbe aus airi in a triplex
bedenklich, schon weil alri^ in d¡eser Zusammensetzung bedeutungs-
8*
I 1 6 MISCELLEN. III. ETYMOLOGISCHES.
los wäre. Eher gnge herha^ ist aber auch nicht wahrscheinlich.
Eine ganze Reihe romanischer Pflanzennamen zeigt in Spanien mehr
oder minder entschieden arab. Form, weil Gartenbau und Medicin
arabisch waren. Für ai-\-m aber tritt leicht ar^ ein: span, armilla,
f. almilUiy desarmados f. desalmados V. de S. Dom. 135, port, armazem,
span, armajara u. a., und in aìmueìla, aìmoìa war Dissimilation an-
gezeigt. Weich könnte die Pflanze heifsen vom Anfühlen der Blätter
eher als von der allerdings ziemlich bekannten leicht abführenden
Wirkung. Doch sind für den zweiten Teil bei der Wandelbarkeit
der Pflanzennamen immerhin auch die gleichbedeutend mhd. molU
ahd. molta, multa y muolta, muolhta (anscheinend wegen des auffallend
mehligen Gefühls) und unser Melde zu vergleichen. Ahd. malta
läfst an griech. ^ctXd-a : hlitum = fdaXO-axòc : hlitetis denken; malthas
= molles bei Lucilius.
2. Bubbone.
Franz. bobo, ital. bua^ span, buba etc. ist zugleich kindisch
klagende Schmerzinterjektion und kindische Bezeichnung der Wunde,
ganz wie span, pupa, hd. Wehiveh, ahd. wewo, ags. vâva, Ihr be-
gegnet und vermischt sich das gelehrte ßovßcov (lat bova) ist aber
schwerlich verwandt. Eher möchte ich boa re, ßoaco vergleichen.
3. Cholla,
welches H W. IIb unerklärt bleibt, gleichbedeutend cat. xolla, xulla
neben xoll kahl, xollar scheren, vergleicht sich zunächst mit ital.
zolla, dann mit engl, skull, cfr. chanclo : zanco : scanca, Hiemächst
mit griech. öxoXXvQ und selbst mit öxvXXoj auf das Haar be-
zogen, OTCvXXaQOQ der nackte P>emitenkrebs. Ich führe auch die
griechischen Worte an, weil ich die Etymologie des englischen
nicht kenne.
4. Carogna,
Es konnte in ursprünglichem carnonga das ;/ durch Dissimilation
fallen, verbunden mit Anlehnung an rogna, die in span, carroñar
= causar roña auch begrifí'lich hervortritt. Cfr. span, carona von
carne ?
5. Cuivre
ist nicht cupreum (E.W. llc), sondern cyprium sc. aes,
6. Eito
port., gal., E. W. IIb ohne Erklärung, ist actus,
7. E cianche.
Für dies bei Littré unerklärte Wort dürfte durch die Analogie
von ital. tacchetta von tacco, die in spanisch carnero angedeutete
Herleitung von crena, franz. cran gesichert werden. Eine andere
Verwendung findet excrenicare in ¿crancher, ¿clancher.
G. BAIST, ETYMOLOGIEN. I I 7
8. Enguera,
Über die Bedeutung dieses altspanischen Rechtswortes siehe
Tailhan, Romania IX 431. Die Herleitung von angaria ist begriff-
lich schwierig, auch wenn man die Urbedeutung zu Hilfe nimmt;
von dem Dienst des reitenden Boten durch die Tagesleistung des
Pferdes zu dem Preis der Tagesleistung eines Pferdes (auch eines
Maultiers und Esels) ist ein weiter Weg. Über die Bedeutung,
welch Mngaria im spanischen Neulatein wirklich hat s. das Glossar
der L. W. Aufserdem ist die Form angueira nur in Portugal be-
legt, konnte e hier leichter zu a werden, als umgekehrt. Das
Etymon ist equarta, mit einer Epenthese die seit der ältesten Zeit
bis heute (z. B. indcntico) geübt wird.
9. Fala^ar,
Es ist ganz richtig, dafs mehrfach ein Wort das Lecken be-
deutet in den Begriff des Schmeicheins übergeht. Doch ist nicht,
wie Brinkmann will (cfr. Romania 1881 S. 404), das Lecken des
Hundes das Bindeglied, da dies immer nur ein übles, hündisches
Bild von sehr beschränkter Ubertragbarkeit ergeben konnte, sondern
das gemeinsame begriffliche Element das leicht-flachen Berührens,
Streicheins, Tätschelens. Es zeigt sich das deutlich genug gerade
bei ital. leccare, welches die drei Bedeutungen hat, und bei lambire
welches nur die mittlere bewahrt, während im engl, to lick die Be-
deutung von a lick national verstärkt ist. Wenn also Diez prov. lagot,
span, lagotear mit goth. *ldigôn zusammenstellt, so ist dagegen an sich
nichts einzuwenden. In dem allen Ansehen nach identischen span.
halagar glaubt Cornu (Rom. 1880 S. 133) die von Diez vermifste
Erklärung des fa- durch facies geben zu können. Begrifflich ist
hierbei einzuwenden, dafs allerdings ins Angesicht schlagen, fazferir
ein bezeichnendes Bild ist, kaum aber das Angesicht streicheln;
der erste Teil des Compositums wäre ziemlich zwecklos. Es liefse
sich dem gegenüber an die Zärtlichkeitsstellung von Liebenden,
z. B. Adam und Eva in mittelalterlichen Miniaturen erinnern. Aber
auch dem vorausgesetzten Lautwandel stehen erhebliche Bedenken
entgegen. Die Verbindung zl kenne ich nur in vereinzelt mazlo
neben maslo, altspan. uzlar neben us tu lare, alt Ezla jetzt Esla durch
Estola aus Astura, Cazlona von Castulon, dann durch Inklinations-
zusaiiunensetzung : hazlo dizlo. Diese wenigen Fällen sind der An-
nahme einer Assimilation zl zu // nicht gerade günstig, könnten
solche aber nicht hindern, wenn sich der analoge Vorgang für sl
sicher stellen liefse. Bekannt ist er hier im Portugiesischen sowohl
im Innern des Wortes {ilha) als vollständig durchgeführt in den
Verbindungen des enklitischen Pronomens. Ebenso im Gallizischen
und Leonesischen. Im Spanischen bleibt, abgesehen von der sofort
zu besprechenden Inklinationszusammensetzung, sl in allen den von
mir Ztschr. VI 431 zusammengestellten Beispielen (dazu noch oislo
und islan). Im Libro delà Caza 1,8 habe ich allerdings tralladar
unbeanstandet gelassen, in Hinblick auf den Gebrauch des Westens
Il8 MISCELLEN. III. lilYMOLOGlSCHES.
und auf die Möglichkeit, dafs iralháar gleich íraladar von iralalus
stehen könnte, glaube aber an einen rein graphischen Fehler, da
die Hs. sonst immer Irasladar schreibt und im L. C zweimal, in
den Obras siebenmal s und / verwechselt sind, mir aufserdem weder
für tralladar noch überhaupt für sl zu // ein weiteres spanisches
Beispiel bekannt ist. In Inklinationszusammensetzung fällt s in
vereinzelt aspan, nolosy amólos^ avedelos etc. Hier wie in den auch
ncuspan. schriftgemäfsen vamonos etc. (amo^ mesnada y nie año, me-
nada) liegt Dissimilation vor, nicht Assimilation; was zum Überfluss
noch durch suftrimooslo bei Valdés belegt werden mag. Die Eli-
sion konnte um so eher stattfinden als das Pluralzeichen durch
Form oder Zusammenhang für den Sinn entbehrlich war ; von einer
dialektischen trägen Aussprache des auslautenden s ist hier abzu-
sehen. Auf dieselbe Weise ergiebt llesllos , ilesllas , gelos, gelas ^\
nachdem ilesllos mit lleilos zusammengefallen war, in llesUos, lies ¡las y
llellosy UellaSy Hello, Hella der erste Teil der Zusammensetzung ein-
gestaltig geworden war ohne Schaden für die Deutlichkeit mufste
auch lleslloy lleslla folgen. ^ Dafs etwa port, nolo für noslo erst durch
nolos veranlafst sei (so volo y Dreikönigspiel 138) ist an sich nicht
wahrscheinlich, und aufserdem ist klar, dafs wo sl zu // wird, sll
sicher assimilirt werden mufste. Im Castilischen ist todolo für Ä?-
doslo P. C. 2364 aller Wahrscheinlichkeit nach ein Fehler des Copisten,
ebenso wie prendisiel für prendistesle bei Juan Ruiz 1435 einer der
Fehler der Herausgeber ist.
Wir dürfen auf vamonos hin für die sehr seltenen nolos ein
häufigeres Vorkommen in Vergangenheit und Gegenwart annehmen
als es die Schriftsprache zeigt. Wäre aber auch nolh y avedello
spanisch ausreichend zu belegen, so könnte daraus noch nicht auf
illa oder elleir geschlossen werden, und umgekehrt schliefst das
Fehlen dieser Formen die Möglichkeit von 710II0 nicht aus. Denn
neben den prendelloy vello für prenderlo, verlo findet sich kein pallar
oder Allanzon, Und käme auch illa vor, so bliebe es immerhin
höchst auffallend, á?íh fazlagar sich nicht findet, während umge-
kehrt caplevar y cablevar kein cachevar oder callevar erzeugen 2, und
fazferir sich bis ins 1 5. Jahrh. hält, trotzdem dies der einzige Fall
der Verbindung zf war. Endlich mag auch darauf hingewiesen
werden, dafs aus slj zu Ij (zu / wegen 16) nicht sl zu Ij folgt.
Die etwaige Annahme, dafs das Wort aus dem Portugiesischen
ins Spanische gekommen sei, wäre an sich unwahrscheinlich, da
* Da in dem ge die Ideniilät mit le nicht mehr erkenntlich war, bei
der Verbindung mit dem Verbum dar gelo, nach der Regel darcelo, dengelo»
dencelo, démosmelo etwa democelo ergeben mufste, so lag Identificierung mit se
aufserordentlich nahe. Für darcelo, dencelo kenne ich kein Beispiel, glaube
auch nicht, dafs sie vorkommen, halte vielmehr dafür, dafs der analogistische
Sprung direkt erfolgte, aber durch jene phonetische Notwendigkeit veranlafst
war. — Aspan, vereinzelt auch lej'o = lelo. — Zu den Fällen von / zu z noch
tercer, tergere, Berceo Mart. S. Laur. 57.
^ Auf manlevar neben ttña und alt deño , cono u. s. w. weise ich nicht
hin, weil sich aus nlj zu nj nicht auf nl zu nj schliefsen läfst.
G. BAIST, ETYMOLOGIEN. I I Q
Entlehnung aus dem Westen eben so selten als umgekehrt häufig
ist, und widerspricht der Verbreitung im Altspanischen. Zudem
würde auch hier faziagar nur falhagar ergeben haben und bei der
Entlehnung das // geblieben sein, während es aport, aspan, und
obendrein acataL fa/agar heifst
Aus all diesen Gründen scheint mir Cornus Etymologie un-
haltbar. Doch glaube ich mit ihm, dafs sich /alagar * nicht wohl
von lagotear trennen läfst. Es fragt sich ob nicht fai und / auf
denselben Anlaut zurückgehen. In der Regel, welche R. G. I 321
über die rom. Behandlung der germ. Anlaute gegeben wird, bedarf
die Aufstellung dafs, „wo die Combination durch einen eingescho-
benen Vokal geteilt wird, das h nur im Franz. stehen bleibe, in
den anderen Sprachen ausfalle", theoretisch und sachlich einer
Ergänzung. Die Epenthese bzw. die Verstärkung des Gleitelauts ^
setzt an sich voraus dafs das ^^ fortlautete. Es mufste sich weiter
genau so verhalten wie sonst vor Vokal anlautend oder auch in-
lautend zwischen Vokalen: im Ital. Wegfall oder g^ span. Wegfall,
yj hy auch g, franz. h, auch g (/ franz., ital. nur vor Consonant,
c vor Consonant franz., prov. in cracher). Es wäre das a priori
anzunehmen, auch wenn nur ital. Wegfall und franz. h vorkäme,
da bei so wenigen Fällen die seltnere Wiedergabe ganz fehlen
könnte. Galoppare^ indessen dürfte mit Sicherheit auf hiaupan,
nicht auf gahlaupan zurückzuführen sein ; bei galoscia span, haloza,
gal. galocha, galorcho, torcho kann der verschiedene Anlaut sich nur
aus einem germ, hl erklären (cfr. ahd. loskii), Falagar und lagot
würden nach dem Laut aufs Beste zu hlahhan mit dem Dativ
stimmen, in der Verwendung annähernd, doch nicht so, dafs das
Etymon gesichert wäre.
I o. Goyo,
Papagayo ist sanscr. pippakâ, nach dem Schrei, wie das ma-
laysche kakadu (cfr. scr. kukku(ä), Cfr. griech. jti(f>r¡^. Gayo kommt
vielleicht ebenfalls von dem gellen Ruf des Vogels; cfr. (E. W. IIb)
angeblich altspan. cayo Dohle, ahd. kaha, mhd. gägen vom Raben;
span, gaya ■= ital. gazza, wie denn Elster- und Hähernamen sich
in allen Sprachen vermischen.
1 1 . Ganzúa
port, gazna scheint identisch mit arag. alguaza, dessen Herleitung
von arab. arrazza nicht zugelassen werden kann. Es* ist möglich,
dafs gazúa, gúaza ward, wie incúde, incúe, iúnque, ayunque', gúaza
' Über vermeintes íí^^^ví. /allagar habe ich Ztschr. 1880,474 schon ge-
sprochen; hinzuzufügen ist, dafs der Schreibfehler durch fallar (afflar^)» fallar
(fabulare), fallir und abgeleitete hervorgerufen wurde.
' Was Behaghel Ztschr. I 467 hierüber bemerkt ist richtig, da bei ro-
manischer Epenthese der VokaUaut dem der nächsten Silbe folgt, hier nicht.
^ Als ein Reiterworl wohl eines der ersteingefuhrten, vielleicht schon im
4. Jahrh. üblich : womit die gleichartige Behandlung des Anlauts erklärt wäre.
I20 MISCELLEN. III. ETYMOLOÜISCHES.
ZU guáza durch die rcgelrnäfsig Verschiebung des Tons im fallenden
Diphthong auf den zweiten offenen Teil. Ebensowohl konnte, da
auslautend thi ganz ungewöhnlich, -tia ziemlich häufig war, gäzua
für gazila eintreten, daraus guaza wie enjuagar für enjaguar. Die
spanisch häufige Epenthese von n vor z in pro tonischer Silbe konnte
durch gancho und anzuelo begünstigt sein. Die Herkunft bleibt
dunkel.
12. Horton
franz., cfr. fränkisch die Horbel, Schlag auf den Kopf.
1 3. Ha seas,
E. W. IIb. Y\\r die Betonung f aseas habe ich keinen Beleg;
sie stammt vielleicht nur aus Sanchez Erklärung als fazeaso (= acaso),
Ist fasca im Alex, gut, so mufs auch die Deutung aus hasla-casi
abgewiesen werden.
14. Leira,
E. W. IIb ohne genügende Erklärung, in Urkunden letra und lairoy
ist area,
15. Lezdüy
¥., W. Ile unter leude y ist licäa,
16. Loro, port, lotiro,
E. W. IIb ohne Erklärung, ist ruber indem sich in ursprünglichem
br ' die Labiale aufl()ste, wie in forja y froga. In rouro aber mufste
Dissimilation eintreten.
17. Lóbrego y lobrìgo
kann nicht von lügubrts kommen und noch weniger von lübricusy
das etwa luergOy 1er go ergeben hätte und auch in der Bedeutung
nicht pafst. Wie der bekannte Llobregat = Rubricatus ist lóbrego,
rubricus für rübr'tcusy wie loriga für lorica. Dem Begriff nach kann
rötlich = dunkel gelten z. B. eben von dem Wasser des Flusses
oder rötlich == braunrot; wegen braun zu dunkel altfranz. brtineta
schwarzes Tuch und die paños brunitados = Trauerkleider in der
Romanze. Und in umgekehrter Richtung durch gelblich zu fahl
flavuSy flavidtis zu pallidus cfr. "^XgîqÔq, Jeden Zweifel hebt die
Verwendung von rubrtis in loro für strohgelb, bräunlich und dunkel.
Daraus, dafs das Wort sich als Proparoxytonon hält und gegen-
über loro sein br bewahrt, darf vielleicht geschlossen werden, dafs
es etwas später als dieses in Spanien volksmäfsig ward.
' Secundares br, aus pr, b^r, p^r, fr, oder durch Metathese, bleibt
immer, und die Ausnahme corzo aus capreus ist unwahrscheinlich. Die Er-
satzdehnung virar und die Assimilation sorregar sind lateinisch. Die nasa-
lirten sonreír etc. (wie sompesar und sonsacar) lassen sich nicht vergleichen.
In hebra und libra bleibt br, ebenso in lóbrego. Andere volkstümliche
Worte mit der Consonanlcnverbindung kenne ich nicht.
G. HAIST, ETYMOLOG JEN. I 2 I
1 8. Marco.
Warum bezeichnet marco auch den Fensterrahmen? Wie ^lüller
(s. Dozy, Glossaire s. v. Pataca) bemerkte, haben die IMauren die
Säulen des Herkules auf den Piastern für ein Fenster genommen
und darnach die Münze benannt. Sollten umgekehrt die Spanier
das von den Römern überlieferte Münzzeichen (marca) auf den
scheinbar abgebildeten Gegenstand angewandt haben?
1 9. Mangia
span., port, viangra läfst sich nicht, wie ich Ztschr. V 562 that, auf
ein mannida zurückführen, da eine Epenthese «/¿^// nicht vorkommt.
Es ¡st macula\ [njg^ an sich nicht selten, ward hier durch das an-
lautende m begünstigt.
20. Nieve
span, ist niveüj wie íieige, und nicht te aus /". Der Irrtum der RG
hat Früchte getragen; man sehe P. Förster, Span. Sprachl. S. 112.*
21. Pintacilgo, Jilguero,
Es schien mir (Ztschr. V 239) und gewifs auch dem Leser,
dafs silguero und -cilgo nicht getrennt werden dürfen, und doch
sind die beiden Namen des Hänflings völlig verschieden. Silguero j
jilguero kann der Pfeifer sein, von sibiluSy oder wie carduclis Distel-
fink von silibo, oder von silva, Brombeerenvogel. Pintacilgo, port.
pintúsirgo enthält, wie ich vermutete, eine Farbenbezeichnung, und
zwar genau dieselbe als pintar ojo. — sirgo ist syricum, siricum rot
bei Plinius. Das Wort ist noch in einer anderen Bedeutung und
Form durch das Arabische ins Spanische eingetreten, worüber Dozy
Glossaire*^ unter Azarcón nachzulesen ist. Der Osten ver^vandelt
inlautend ebenso r in / wie der Westen / in r.
Das lat. Wort fehlt bei Forcellini und bei Georges. Dozy 1. c.
verweist auf die Stelle des Plinius (mit den Varianten sirycum, sirucum,
siricum, syricuni) und auf 6vçî17L0V bei Henricus Stephanus und bei
Du Gange. Bei dem letzteren ist aufser 2!iQixov, öf/Qixov noch
Zaxovv, genau das arabische Wort, zu erwähnen. Nächst Plinius
(Nat. Hist. ed. Harduin XXXV 24: Inter factit ios est et syricum, quo
' Pliego stellt sich zu der Form plec in simplex, pUctere etc. Siniestro
hat sich auf das häufigere diestro geformt. Das Suffix -ellus ist von -iculus
nicht unwesentlich verschieden. Stella zeigt s^lla, viespa vespa, sieglo saeclum.
Fiel und fit sind fidelis, nicht ßlum. Fiemo als Scheideform zu dem gelehrten
^mo von fimus kenne ich nicht und ist mir verdächtig ; vielleicht ist tiento
(fento) verlesen. Die Scheideform ariesta kenne ich nicht, kann sie also nicht
beurteilen , da hier die Bed. die Erklärung bedingt. Um einige ähnlich er-
klärte Fälle, die bei Förster fehlen, steht es nicht besser. Nur für riego habe
ich noch keine mich befriedigende Erklärung.
' Es sei mir gestattet hier nachzutragen, dafs das von mir Ztschr. V 500
berührte gamhux von Engelmann und Müller erklärt ist, s. Docy, Cambux.
Gamho ¡st also ein Fall von zurückgezogenem Ton, wohl nach vorgängigem
Abwarf des Endconsonanten.
122 MISCELLEN. III. ETYMOLOGISCHES.
minium sublimi diximus. Fit autem sinopide et sandice mixtis) ist
Isidor Orig. XIX 1 7 zu vergleichen : Siricum rubri colorís pigmentum,
ex quo et librorum capita scribuntur, Ipsum est et phoenìcoeum appel"
latum, ita eo quod in Syria colligatur in littoribus rubri maris ubi
Phoenices inhabitant. Aliud est sericum, aliud syricum. Nam sericum
lana est quam Seres mittunt, syricum vero pigmentum quod Syri Phoe-
nices in rubri maris litoribus colli gunt. Est autem inter factitios. Nam
saepe fit aut sinopide aut sandice mixtum. Dozy verweist auf persisch
(ìzarcoun feuerfarben, mit dem aber die /*, y, u nicht stimmen, wäh-
rend a vor r aus irgend welchem Vokal entsteht Dafs Isidor
syricum gleich poeniceum stellt, läfst vielmehr erkennen, dafs jenes
nichts anderes ¡st als tyricum, entsprechend der gewöhnlichen semi-
tischen Aussprache des Stadtnamens Sur, hebr. Zor, Die Verwechs-
lung mit serica, von welcher Isidor spricht und die auch mittelgr.
hervortritt, mochte dadurch begünstigt werden, dafs Stoff und Farbe
sich gern zusammenfanden: sericoblatta. Die Wiedergabe von gr.^'
(gewöhnlich = //, seltener /) durch / findet sich span, volkstümlich
noch in gincte, Dafs aber das Wort sich nur hier gehalten hat,
kann so wenig auffallen als bei îiz, ponceau,
22, Podenco,
E. W. IIb ohne Erklärung, dürfte podar mit Suffix -inquus (mostrefico)
sein, von den kurzen, gleichsam verstümmelten Füfsen des Dächseis.
2^, Sesta,
E. W. I, darf in Rücksicht auf siesto im Alex, und Berceo nicht
mit ^vöTov erklärt werden. Es kann nicht wohl auf etwas anderes
zurückgehen als sextus, und dessen häufige Verwendung im Messen.
Die italienische Bedeutung dürfte daher kommen, dafs die Spanne
des Zirkels als Radius des Kreises und damit als die Sehne des
Suchstelkreises gefafst wurde, oder daher, dafs ein Bogen von 60
Graden áti dem Mefszirkel angebracht war.
24. Sesgo,
sesga, sesgar span., kann nicht mit Ulrich Ztschr. IV 383 von sexus
geleitet werden, das höchstens siesco gegeben hätte; Umstellung
von h kann nur sk ergeben und mit ihr Hillt der Grund hinweg
der die Diphthongisierung von c gehindert hätte. Aus dem La-
teinischen, der wahrscheinlichen Quelle des Wortes, kann ein sg
überhaupt nur durch Vokalausfall kommen. Die Auswahl ist nicht
grofs. * Subseca re oder *sesecare genügt nicht für das Adjektiv. Eher
mochte ein *sesecus (cfr. extrinsecus, circumsecus etc.) ^^ al sesgo
adjektivische Verwendung finden, die ja auch dem ursprünglichen
Particip entspricht. Die Verwendung von sesgo für heiter, ruhig
entstand aus derjenigen für ernst, diese vom Auge, oculo obliquo
aspicere cfr. turnio.
G. HAIST, ETYMOLOGIEN. 1 23
25. Toldo,
tolda, toldar leitet Diez wie schon Covarrubias von tholus. Dozy von
dem mit dem spanischen Wort (nicht „Zelt") gleichbedeutenden
arab. dholla. Dem arabischen Wort steht der Anlaut entgegen.
Denn alhaiara = al-badhâra im Wb. der Akademie scheint weiter
nichts als eine gelehrte Transscription,* bei welcher der Punkt ver-
loren ging, der dhâ von ta unterscheidet. Tholus ist wegen der
Bedeutung abzuweisen und nicht minder wegen der Form; sein 0
ist kurz und die Epenthese nicht zu belegen; humilde gehört nicht
zu kumilisj sondern zu humildad, humillar, humilìter, humilitare, hu"
militas. Etwas anderes ist es mit dem Eintritt von Id für // in der
Endung ', und von hier aus könnte dholla in Betracht kommen, ob-
wohl ich die Nebenformen dola, dolía (wie cela, cella, bula, bulla)
vermisse, und das Wort port, aus dem Spanischen entlehnt sein
muíste. Denn es könnte sich von der Marine, von einem bestimmten
Punct aus verbreitet haben. Bleibt immer der Anlaut. Das Wort
ist dunkel. Afrz. taudir oder etwa ahd. toldo können wegen des
Lautes nicht verglichen werden. Ein Particip tollttus scheint in port.
tolo und span. mlat. tolta von einer Abgabe erhalten, aber die ab-
zunehmende Schutzdecke ist darum noch nicht abgenommene.
26. Tobillo,
E. W. IIb, kann von iüber in keiner Weise kommen. Ob von tuba,
welches sich in gal., andai, toba, span, tobera und atobar fruchtbar
zeigt? Es wäre denkbar, aber die begrifflichen Zwischenglieder
fehlen.
27. Tieso ^
E. W. IIb, kann von tensus nicht kommen, da tesus wie allen ana-
logen Formen langes e zukommt, das auch in frz. toise, span, tesar,
teso, reteso, retesar, atesar neben atiesar vorliegt. Das Etymon ist
ter sus, *tiesso, tieso schon lateinisch tadellos, daher kräftig, fest.
Man hat dann die begrifflich genäherten ter sus und tensus, da siti
in den ableitungsbetonten Formen auch lautlich zusammenfielen,
mit einander verwechselt. Umgekehrt ist tez (ib.) von tersus nicht
zulässig, während es von tensus kommen könnte mit Behandlung
der Endung nach Analogie von prez, vez, pez, hez, ñas : wahrschein-
* Beispiele bei Carol. Mich. St. 245 ; riva/de ist durch rivalidad ver-
anlafst ; apelda zunächst wohl von apeldar. Überhaupt zeigt sich der Vorgang
nur in der Endung bei der Aufnahme halbgelehrler oder Fremdwörter, buida,
celda» rebelde, codicildo; in pildora wie ii) péndola vermittelt das d zwischen
den Liquiden. Ebenso / vor d oder vielmehr dhâ mit Vokalzuiügung in
albayalde p alcalde, arrabalde ; peldaña neben peaña \9X pedulanea\ eneldo
neben port, enedro verlangt anethulum, falls nicht das anlautende a eine
andere Erklärung bedingt. Cfr. auch die Bevorzugung der Endung in jalde.
Die Epenthese d nach n ist zweifelhaft; amerindar kommt von merindad,
avecindar von vecindad', pendan für franz. pennon könnte durch das eben
erkärte péndola veranlafst sein; arapende ist nicht volkslümlich, kann von
arpent beeinflufst sein.
124 MISCELLEN. IV. GRAMMATISCHES.
lieh jedoch einen ganz anderen Ursprung hat (cfr. gal. tecer, weben).
Das von Diez angeführte atezar, glätten kenne ich nicht, wohl aber
atezar, schwärzen. Alt tiesto angeblich = tieso', von texiusl Terso
und tersar sind gelehrt.
2^, Umbral
span. Schwelle, Thür- oder Fenstersturz, ist, wie die ältere Form
lumbral (aport. lomear) zeigt, lat. luminare in der Bed. Fenster.
Lumbrera aus lumbre, Lat. lumen = Fenster ist erhalten in gal.
sobrelume = span, dintel,
29. ¿Wa,
E. W. IIb. Das Wort ist ziemlich verbreitet. Es bezeichnet
ein grofses flaches Lastschiff, den niederländischen Huker, Diesem
schliefsen sich genau frz. hourque und houcre an, während in engl.
orky ital. orca, s])an. j)ort. cat. urca das h fehlt. Es kann eben so
gut das germanische Wort romanisiert worden sein als umgekehrt.
Cfr. auch Í5()X^.
30. Verone.
E. W. IIa. Übersetzung (und zugleich Nachbildung) von an-
drone ist (»ben doch im h()chsten Grad unwarscheinlich. Ich kann
mir das Wort nicht erklären. Mit veru oder ver ist Nichts anzu-
fangen. Für span. port, vereda macht die cat. Form veral die Her-
leitung von vercdus fragwürdig; es erscheint aber nach Suffix und
Bedeutung nicht möglich verone damit zusammen zu bringen.
Besser nach der Bedeutung aber eben so wenig nach der Form
passen cat. bar ana, span, baranda, port, varanda , Geländer, deren
Herleitung aus Indien nicht recht sicher scheint, wenn auch die
engl, veranda aus den überseeischen portugiesisch - spanischen Be-
sitzungen stammen mag.
31. Xato,
xata, jato, aspan. Kalb E. W. IIb. Das arab. Etymon ist nicht zu
brauchen, und es wäre recht hübsch, wenn man hier die vermut-
liche älteste Bed. unseres Schatz = Vieh erkennen dürfte. Aber
der Fall liegt viel einfacher. Das Wort ist im Nordosten zu Hause.
und entspricht castil. chato, catal. xato, i. plattnasig, 2, platt
Platt könnte das Kalb heifzen m. so fern ihm die Homer noch
fehlen ; wahrscheinlich aber liegt die üblichste Ver^vendung des
Wortes zu Grund, da die flache Nase bei dem verhältnismäfsig
dickeren Kopf des Kalbes aufíalliger ist als beim erwachsenen Tier
und es sie in die Höhe zu strecken pflegt. Ob nun (s. E. W. I
Piatto, IIa Sciatto) catal. xato, ital. sciatto, comask. sciati aus dem
Span, entlehnt sind, oder mit diesem auf einen anderen Stamm
als :xXarvç zurückgehen lasse ich dahin gestellt. Griech. ip^rra,
Butte (auch als Schimpfwort) kann den gleichen Begriff enthalten
und passt buchstäblich, liegt aber zu weit entfernt.
K. DZIATZKO, DIE ENTSTEHUNG DER ROM. PARTICIPIALPRÄPOSIT. 125
Für sich ist wieder (cfr. E. W. I Piatto) span, chata, catal. xata,
ital. sciatta und chiatta^ franz. chatte y engl, catal. deutsch Katzschiff,
mlat. cattus zu erwägen. Hier steht die franz. Form der ita!, und
span, voran, obwol die Schiffsart zuerst in Unteritalien (im 1 1. Jh.)
bei Sarrazenen und Griechen genannt zu werden scheint (auch mit
Media, gaicit gcith) als ein schweres Kriegsschiff mit irgend welch
besonderer Vorrichtung, wahrscheinlich identisch mit mlat. cattus =
vinca j mit Steinschleudern oder mit eigenartigem Bollwerk ange-
rüstet, bzw. mit beidera.
^2, Zurdo
span, link, linkisch kann mit sordo nicht identisch sein (E. W.).
Vielleicht ist es absurdus = ungeschickt, das von einer anderen
Wurzel kommt als surdus und langes u hat.
G. Baist.
lY. OrAiiiniatisches.
Die Entstehung der romanischen Participialpräpositionen.
Die nachstehende kleine Untersuchung über die auffallende
lateinische Redewendung absente, praesente nobis u. dergl. sowie die
Beobachtung über den Zusammenhang derselben mit den franzö-
sischen Präpositionen concernant, durant und pendant, joignant, non^
obstant, suivant war unabhängig von Ern. Bombe, De ablat absol.
apud antiquiss. Rom. scr. usu (Greifsw. Inauguralabh. 1877) S. 40 ff.
und von Heinr. Jordan, Vind. serm. lat. antiqu. (Ind. lect. aest. Regiom.
1882) S. 13 f.* entstanden, welche den gleichen Gegenstand be-
handeln und bereits das moderne Italienisch mit seinen präpositions-
artigen Bildungen wie durante, non obstante, mediante zur Beleuchtung
jener altlateinischen Wendung heranziehen. Dem Herausgeber dieser
Zeitschrift hatte ich zugesagt, durch einen kleinen Artikel die Auf-
merksamkeit der Romanisten auf diesen Gegenstand hinzulenken.
Wenn ich nun, nachdem mir bei Ausführung meiner Absicht be-
kannt geworden, dafs das Wesentliche meiner Arbeit mir teils von
Bombe, teils von Jordan'^ vorweggenommen ist, gleichwohl von
meinem Vorhaben nicht ganz abstehe, so bestimmt mich dazu zu-
nächst der Wunsch meines Freundes Gröber, welcher an einem
für Romanisten leicht zugänglichen Orte diesen für sie gerade be-
' Den Nachweis dieser Stelle aus Jordans Abhandlung verdanke ich
meinem verehrten Freunde Herrn Prof. Hertz.
' Bei diesem ñndet sich auch die in einer Inschrift des cisalpinischen
Galliens (C. I. L. V 895) vorkommende Wendung astante ciuibus citiert, welche
ein Mittelglied zwischen dem altlatcinischen absente nobis u. s. w. und den
erwähnten romanischen Präpositionen bildet und die mir gleichfalls nicht ent-
gangen war.
I2Ó MISCELLEN. IV. GRAMMATISCHES.
sonders interessanten Punkt behandelt sehen wollte — selbst Draeger,
Hist. Synt. d. lat. Spr. 2. Aufl., bietet darüber noch völlig Veraltetes — ;
sodann aber glaube ich gerade die Entstehung der betreffenden
lateinischen Wendung und damit der romanischen Präpositionen im
Widerspruch gagen Bombe und zur Ergänzung von Jordan, welcher
darauf gar nicht eingeht, fördern zu können.
Die lateinischen Schriftsteller, welche sich der anscheinend
sprachwidrigen Ausdrucksweise absenie, bez. praesente nobis od. dergl.
bedienten, waren Terenz, Accius, Afranius, Novius ^ Pomponius,
Varrò, Cornificius^ und Fenestella, welche, wenn man von dem
letztgenannten absieht, einen ziemlich fest abgegrenzten Zeitraum
von etwa hundert Jahren bezeichnen. Ob Plautus, welchen Bombe
und Jordan in der Zahl dieser mitanführen, zu ihr wirklich gehört,
scheint mir nicht ganz unzweifelhaft. Von J. wird Amph. 140
citiert. Gemeint ist wohl V. 400, freilich nicht in der durch die
Plautushandschriften überlieferten Fassung Nee nobis praeter me alius
quisquamsi sernos Sosia [Fleckeisen quisquamst alius y Ritschi und
Goetz-Locwe Jiied alius\ sondern nach Nonius 76, 20, eine Stelle,
welche von Job. Schroeder (De fragm. Amph. Plaut Argent 187g
S. 7 ÍT.) mit Recht auf Amph. 400 bezogen wird. Absente nobis et
p rae s eil te nobis pro praesentibus et absentibus nobis, Plautus Amfi"
try one: nee nobis praesente aliquis quisquam nisi seruus. Da nobis an
unserer Stelle Dativ ist (s. V. 385. 611 ff.), was von Schroeder u. A.
verkannt wurde, — denn dafs es überhaupt keinen anderen Sklaven
gleichen Namens gebe, konnte Sosia doch nicht behaupten — , so
läfst sich nur durch folgende Fassung eine Übereinstimmung
zwischen Nonius und Amph. 400 erzielen: Nee nobis praesente me
alius quisquamst sernos [Sosia^^ Es wäre dann anzunehmen, dafs
praesente nie, welche Lesart zugleich den Hiatus ohne weiteres kri-
tisches Hilfsmittel beseitigt, in den Handschriften des Plautus neben
praeter me gelesen wurde; Nonius hätte, durch den Ausfall von me
in seinem Plautusexemplare oder sonst durch ein Mifsverständnis
veranlafst, in keineswegs ungewöhnlicher Weise die Stelle falsch
verstanden und als Beleg für den Gebrauch von praesente nobis
beigebracht. Dafs dieses oder ein ähnliches Versehen dem Citate
bei Nonius zu Grunde liegt, beweist auch, worauf wir bald näher
eingehen werden, die verkehrte Stellung der Worte nobis praesente,
an der Schroeder S. 10 nur einen leichteren Anstofs nimmt
Eine nur wenig stärkere Stütze bietet für Plautus eine zweite
Stelle, Bacch. 142 (Praesente ibus una paedagogus ut siet bei Ritschi),
* Dieser fehlt bei Jordan a. a. O. wohl nur aus Versehen.
^ Auf Comif. rhet. IV 11, 16 hat nicht Bombe S. 42 zuerst hingewiesen,
wie Jordan anzunehmen scheint, sondern L. Spenge! im Philol. XI 402, auf
welche Stelle ich ebenfalls durch Herrn Prof. Hertz aufmerksam gemacht
worden bin.
3 Schroeder a. a. O. will entweder mit Fleckeisen quisquamst alius oder
praesente nobis (so auch Bombe) umstellen.
K. DZIATZKO, DIE ENTSTEHUNG DER ROM. PARTICIPIALPRÄPOSIT. I 27
auf welche Jordan gar nicht erst Bezug nimmt. ^ An dieser Stelle,
deren Schwierigkeiten noch nicht alle gehoben scheinen, bieten die
Handschriften praesen/iòus ilh's, was Vahlen im Herm. XV (1880) 259
beibehalten will, während Ritschi einer Konjektur Jos. Scaligers folgte
(Guyct hatte ähnlich praesenie its vermutet). Jedenfalls wäre dies
die einzige Stelle bei Plautus, wo der Singular praesenie (bez. absenté)
mit dem Plural eines Nomens oder Pronomens sich verbände. Ihr
stehen drei Stellen gegenüber, wo sicher das Parti cipium mit seinem
Nomen auch im Numerus übereinstimmt: Bacch. 301 Au/erimus
aurum omne illini Ulis praesenlibus\ Cure. 2^2 Quod amas amalo leslihus
praesentibus'y Stich. 131 Aul nunc non aequomsl abdua\ paler, il lis ce ab-
sentihus. Bei den übrigen Dramatikern des älteren Latein kommt
neben sechs Fällen der anakoluthischen Bildung kein einziger mit
Kongruenz vor, weder mit vor- noch mit nachgesetztem Participium :
offenbar gefiel die andere Ausdrucksweise der knappen Kürze und
des Wohllauts wegen. Dafs sie seit Cicero aus Streben nach Sprach-
reinheit verschmäht wird — selbst in den Briefen schreibt er z. B.
ad Att 13, 14 teslibus praesenlibus — und nur Fenestella, der Nach-
ahmer Varros, eine erklärliche Ausnahme macht, hat schon Jordan
a. a. O. hervorgehoben. Besonders zu erwähnen wäre vielleicht noch,
dafs selbst Gellius, der altertümelnde, sei es dem Gebrauche seiner
Zeit folgend oder weil er mehr Plautus folgte, sich der Wendung
absente nobis u. dergl. enthielt, vielmehr z. B. II 26, 2 plerisque uiris
doctis praesenlibus', IX 2, l nobis praesentibus\ VIII t. c. 3 audienlibus
nobis schrieb.
Wie ist nun diese Gebrauchsweise zu erklären? Was die alten
Grammatiker darüber vorbringen, ist falsch oder trifft die Sache
nicht. Letzteres gilt, wenn Donat zu Eun. IV 3, 7 sagt absente nobis
UtQ)ia'iOiioç figura est* oder es stände /r<? *absenlibus nobis' (vergi.
auch Non. 76, 20; 154, 16; Glossar in Mai Class, auct. VI 502).
Unrichtig ist es dagegen, was Nonius 154, 22 thut, praesenie durch
coram zu erklären, welches Wort Donat a. a. O. nur vergleichsweise
heranzieht Richtig ist es freilich, aber keine Erklärung des Sprach-
gebrauchs, wenn Donat a. a. O. neben Anderem sagt: absente nobis
cum dicil (poeta), pro praepositione ponit absente q. s.- Ein eigen-
tümlicher, übrigens unbeachtet gebliebener Einfall L. Spengels (Philol.
XI 401 f.) ist es, in absente und praesenie überhaupt nicht Participia,
sondern Präpositionen mit der Endung -nie, wie in ante und sponte,
zu sehen, aus welchen erst infolge falscher Analogie absens und
praesens entstanden sei, wie proconsul aus pro consule. Die allge-
meine Annahme hat jedenfalls recht, welche in jener Wendung
* Eine dritte Stelle würde in Frage kommen, wenn Holtzes Citat (Synt.
n 196), welches Draeger, Hist. Synt.* II 818 abschreibt, richtig wäre {ex
Plauto in Syris , , ,). Es ist aber ein Irrtum und Pomponius ex Syris bei
Non. 154, 16 gemeint.
* Donat war somit der erste, von dem wir wissen, dafs er auf den prü-
positionalcn Channkter von absente, presente in obiger Wendung hinwies. In
neuerer Zeil ist dies mehrfach geschehen.
128 MISCELLEN. IV. GRAMMATISCHES.
eine Participialkonstruktion und zwar die des sogenannten Ablati-
vus absolutus erblickt. Dafs aber in eben den Beispielen, von
welchen wir ausgegangen sind, das Participium im Singular, das
Nomen hingegen im Plural steht, das haben wir nicht als Sprach-
fehler, sondern von Haus aus als regelrechtes, leichtes Ana ko luth
aufzufassen , wie auch Jordan a. a. O. von einem solchen spricht
Der Unterschied eines solchen von einem Sprachfehler oder Soloe-
cismus besteht offenbar darin, dafs im ersteren Falle die ange-
fangene Konstruktion aus Gründen der Übersichtlichkeit, Kürze
oder Bequemlichkeit aufgegeben, das Fehlende aber durch eine
gleichwertige Wendung ersetzt wird, während bei einem Sprach-
fehler es sich um die Abweichung von einer durch das Voraus-
gegangene durchaus verlangten Sprachregel handelt Sollte z. B.,
um sogleich auf die uns beschäftigende Wendung einzugehen, eine
Handlung als in Gegenwart mehrerer Zeugen vorgefallen bezeichnet
werden, so war es das vollständigste, diese alle einzeln aufzuzählen,
und der Sprechende fing also die Aufzählung ganz korrekt mit
praesente (Gaio ei Marco ei Qui'nio u. s. w.) an. Der Singular prae-
sente blieb aber auch dann korrekt, wenn ein einziger der Zeugen
namhaft die andern aber durch einen zusammenfassenden Ausdruck
diesem Namen zugesellt wurden.* Anakoluthisch wird der Ausdruck
erst dann, wenn der Sprechende statt der zuerst beabsichtigten
Namhaftmachung aller oder wenigstens eines der Zeugen unter
Änderung des Gedankens sogleich einen zusammenfassenden Aus-
druck auf absente oder praesente folgen läfst, z. B. testi'bus. Man wird
zugeben, dafs ein solcher Sprung kein allzu kühner, bei einer viel-
gebrauchten Wendung vielmehr sich wie von selbst ergebend war.
Natürlich war dieses Anakoluth wie jedes andere ursprünglich
rein individueller Natur. Nur der Umstand, dafs man sehr oft in
die Lage kam, die Anwesenheit oder Abwesenheit mehrerer Per-
sonen bei irgend einem Vorgang festzustellen, konnte, ja mufste
beinahe zu einem häufigeren Gebrauch desselben Anakoluths und
so zu einer formelhaften Wendung führen. Wir gehen wohl nicht
fehl, wenn wir den Ursprung des Anakoluths und somit des ganzen
Ausdrucks auf die häufigen Fälle zurückführen, in denen das ge-
schäftliche Leben vor Gericht, beim Kauf und Verkauf, Geldverkehr,
bei Verlobungen, Eheschliefsungen , Freilassungen und sonst die
Aufzählung Anwesender, unter Umständen auch Abwesender in der
typischen Form des Ablativus absolutus nötig machte. Nicht Ple-
bejerlatein war es also, wie Draeger, Hist Synt*-^ 11 8i8 annimmt,
* Dafs lateinisch durchaus richtig und gewöhnlich das mehreren Sub-
jekten gemeinsame Prädikat nur mit dem nächslslehcnden im Numerus über-
eingestimmt wird, ist zu bekannt, als dafs es einer besonderen Ausführung
bedürfte. Ich führe nur zwei Beispiele an: Ter. Ad. 470 /Vr.w/ajiV nox amor
uinum adulescentia ; 836 f. (nach dem Bemb.) Ne bonae inae istae nos rationes.
Micio, et tuos iste animus subuortat. Vergi. Holtze, Synt. II 196. Und was
hier beim Ve rhum fi ni tu m richtig ist, gilt ebenso von Participialkon-
slruktionen.
K. DZIATZKO, DIE ENTSTEHUNG DER ROM. PARTICIPIALPRÂPOSIT. Î2g
sondern vermutlich die Geschäftssprache, aus der jene Wendung
in die litterarischen Kreise und die Litteratursprache Roms ein-
drang, wie sie ja auch nicht blofs bei Terenz vorkommt, der in
der besten Gesellschaft Roms verkehrte und seiner Sprachreinheit
wegen besonders geschätzt wird, sowie bei andern Komödien-
dichtem, sondern auch bei dem Tragiker Accius (Ribb.- 428).*
Daneben fafste die Ausdrucksweise von denselben Wurzeln aus
allerdings auch in der Alltagssprache des gewöhnlichen Volkes
Fufs, und zwar, wie wir oben sahen (S. 125 Anm. 2), kräftiger und
nachhaltiger als in der Litteratur. — Selbst die Zeit, in welcher
jene Redewendung von der Litteratur aufgenommen wurde, läfst
sich einigermafsen bestimmen, wenn wir nämlich darin recht hatten,
dafs sie bei Plautus sich entweder noch gar nicht findet oder doch
nur in einem Beispiele aus einem späteren Stücke, den Bacchides,
welcher Stelle drei Beispiele des regelrechten Sprachgebrauches
gegenüberstehen.
Meine bisherige Darstellung beruht auf der Annahme, dafs
in der besprochenen Redewendung das Participium voranstehen
müsse. Wird nämlich das Nomen vorausgeschickt {/es/tous^ amicis
od. dergl.), so hat der Sprechende begreiflicherweise keine Wahl
mehr, das unmittelbar folgende Participium mit jenem überein-
stimmen zu lassen oder nicht: testihus pr aesente zu sagen ist kein
Anakoluth mehr, sondern ein grammatischer Fehler. Wirklich zeigen
nun alle in Frage kommenden Stellen, soweit sie kritisch gesichert
sind, diese bereits von Bombe als einzig richtig erkannte Wort-
stellung. Freilich fand diese Beobachtung Bombes bisher nicht die
verdiente Beachtung : Draeger a. a. O. führt ohne einen Zweifel zu
äufsem Accius ap. Non. p. 154, 19 his praesente an, Jordan erwähnt
die Frage der Wortstellung gar nicht, und Schroeder a. a. O. nahm,
wie schon erwähnt, an der falschen Wortstellung nobis praesente nur
einen leichteren Anstofs. Folgendes sind sämmtlich bekannte Stellen:
Plaut. Bacch. 142 (wenn Scaligers Konjektur richtig ist) Praesente ihus\
Ter. Eun. 649 absente nobis \ Accius V. 428 R.*-^ (aus Non. 154, 17 und
349, i) praesente his'^\ Afranius V. 6 R.^ (aus Non. 76, 20) absente
nobis; Novius V. 57 R.2 (aus Non. 154, 22) praesente omnibus; Pom-
ponius V. 47 R.2 (aus Don. zu Ter. Eun. IV 3, 7) praesente amteis und
V. 168 R.2 (aus Non. 154, 16) praesente testions; Varrò (aus Don.
a. a. O.) praesente legatis omnibus; Cornificius ad Herenn. IV c. 1 1 § 16
praesente multis (s. S. 126 Anm. 2); endlich Fenestella annal. II (aus
Non. 1 54, 20) praesente exsuis (?), quaedam absente q. s. Damit man aber
* Dies möchte ich besonders auch Bombe entgegenhalten, welcher S. 41
einen solchen Einflufs der Geschäftssprache leugnet und gleich Donat u. A.
»ich mit der nichtssagenden Bemerkung begnügt: ^praesente et absente pro
praepositionibus posita esse*. Reinh. Klotz (N. Jahrb. f. Phil. Bd. 49 (1847)
S. 41 f., den Bombe citiert, aber nur um ihm zu widersprechen, hat in diesem
Punkte schärfer gesehen.
* Dafs die meisten Codices an der ersten Stelle hinter praesente noch
te einschieben, ist kritisch ohne Belang.
ZelUchr. f. rom. Phil. VII. o
130 MISCELLEN. IV. GRAMMATISCHES.
nicht glaube, dafs praesenie und absente unter allen Umständen den
vorderen Platz beanspruchen vor ihrem Nomen, genüge der Hin-
weis, dafs, wenn beide Glieder im Singular stehen, das kurze Per-
sonalpronomen am häufigsten vor dem Particip steht, aber auch
hinter demselben vorkommt (z.B. Plaut. Men. 627; Most. 1139; Ter.
Hcc. 679), und andere Nomina nicht minder ihren Platz wechseln
(z. B. Plaut. Asin. 500 absente ero neben Bacch. 336 populo praesente).
Die Volkssprache, welche sich inbezug auf den anakoluthischen
Gebrauch dieser Participial konstruktion nicht wie die Littcratur-
sprache auf die Formen absente und praesente, von denen die Aus-
drucksweise ihren Ausgang genommen hatte, beschränkte, hat doch
inbezug auf die Stellung des Particips keinen Schritt weiter zu
machen gewagt. Wenigstens wird mir von dem Herausgeber dieser
Zeitschrift versichert, dafs auch im Altfranzösischen die eingangs
erwähnten Präpositionen niemals postpositiv gebraucht werden.
Jordan a.a.O. S. 14 f. führt in interessanter Weise aus, wie
auch die ital. Präposition fino (älter fine) in einem lat. Ablativ us
absolu tu s mit fine, bez. yíw ihren Ursprung habe. Die verbale
Kopula, welche im Griechischen noch dabei stehen würde (das
Pariicipium von e/ra/) mufs im Lateinischen in Ermangelung eines
Participiums von esse fehlen. Natürlich war hier das substantivische
Prädikatsnomen, insofern es kein zählbarer Begriff ist, einerseits
nicht an eine Übereinstimmung im Numerus, andrerseits aber auch
ursprünglich an keine bestimmte Stelle vor oder nach dem Subjckts-
ablativ gebunden.
K. DZIATZKO.
RECENSrONEN UND ANZEIGEN.
liliis de Camoens' Sänimtlicbe Gedichte. Zum ersten Male deutsch von
Wilhelm Storck. Paderborn, Druck und Verlag von Ferdinand Schö-
ningh. 1880 — 1882.
Erster Band: Buch der Lieder und Briefe.« 8<>. XXIX, 408. M. 6.
Zweiter Band; Buch der Sonette.» 8^ XXXI, 408. M. 6.
Dritter Band: Buch der Elegieen, Sestinen, Oden und Oktaven. 8®.
XVI, 434. Nebst einer Beilage : „Camoens in Deutschland". M. 6.
Vierter Band: Buch der Canzonen und Idyllen. 8®. XIII, 442. M. 6.
m. und IV. Band.
Der dritte Band der Storck'schen Camoens-Übersetzung kam, durch die
frenndlicbe Zuvorkommenheit des Verfassers, bereits am 15. März 1881 in
meine Hand ; den vierten erhielt ich Anfang Dezember desselben Jahres. Es
hat mich also viel Zeit gekostet mir die beiden Bände zu eigen zu machen.
Und doch habe ich , in Wahrheit , keine gröfsere Spanne dieses Zeitraums
angenutzt fur mein Studium, einerseits des Dichters, und andererseits seines
Nachbildners, verstreichen lassen. Bald habe ich mich am portugiesischen
Originaltexte erquickt und einzig und allein den ästhetischen Eindruck der
herrlichen Dichtungen auf mich einwirken lassen; bald habe ich die deutsche
Kopie als Kunstwerk genossen, nur nachträglich prüfend ob beide Male die
Art und der Grad des erregten Lustgefühls ein und dieselben wären. Zumeist
aber habe ich, wie es mir als Kritiker zukam, den Laienstandpunkt ver-
lassen und habe Gedicht um Gedicht prüfend gelesen und wiedergelesen,
Urtext und Nachbildung von Satz zu Satz, von Wort zu Wort vergleichend,
Gedanken am Gedanken messend , den Stimmungsgehalt jeglicher Strophe in
beiden Sprachen an einander abwägend. Schwierige Stellen des Originals
habe ich selbständig und ohne Voreingenommenheit zu deuten und die ge-
wonnenen Resultate mit den von Storck erzielten in Einklang oder in klaren
Widerspruch zu bringen versucht. Die Echtheit der Lesarten blieb oft zu
bestimmen, die Zweckmäfsigkeit einer Änderung derselben in Frage zu ziehen,
die Notwendigkeit einer Nachbesserung festzustellen , die Gültigkeit der vor-
geschlagenen Modifikationen zu bedenken. Vor allem aber hat die Wür-
digung des meisterhaften und ganz unentbehrlichen Kommentars, der in Form
von Anmerkungen den Text begleitet, nicht wenige Arbeitstundeii gekostet.
• S. Band IV p. 591—609 dieser Ztschr.
* S. Band V p. 10 1 — 136 dieser Ztschr.
1^2 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. C. M. DE VASCONCELLOS,
Wohin ich aber auch blickte, welches Gedicht ich aufzufassen trachtete,
für welche dunkle Stelle ich auch Klarheit begehrte, nirgends und nie habe
ich vergebens Genufs und Belehrung gesucht. Und diese Wahrheit habe ich
meinem Freunde längst , und zum öfteren , mit aufrichtiger Lust und Liebe
im Vertrauen bekannt. Öffentlich sage ich sie so spät, weil ich nach abge-
schlossener Herausgabc der „Sämmtlichen Gedichte" ein Gcsammturteil über
das Übersetzungswerk zu fällen, und den relativen Wert der einzelnen Dicht-
gattungen im Urtexte wie in der Verdeutschung festzustellen, zu diesem
Zwecke aber zu Band I und II zurückzugreifen, und mein, vor Kenntnifs-
nahmc von Band III und IV, gefälltes Urteil nach Benutzung der letzteren
von neuem zu erwägen hatte. *
Ich habe von meinem Lobe nichts zurückzunehmen. Nur das eine
Wort „dafs man den deutschen Redondillen und Sonetten nichts von den
überwundenen Schwierigkeiten anmerke", bedarf einer einschränkenden Er-
läuterung. Zwar ist auch dies Wort, meiner Überzeugung und Erfahrung
nach, durchaus richtig, zwar sind Härten und Künstlichkeiten, seltsame Wen-
dungen und Unklarheiten äufserst selten auch im Buche der Lieder; zwar
stutzt auch dort der Leser nur in sehr wenigen Fällen, weil er gezwungen
ist nach der Bedeutung und dem feineren Sinn einer Phrase erst zu suchen;
ja, das passiert vielleicht überhaupt nur demjenigen, welcher des Originals,
Wortlaut im Kopfe hat und sofort die deutsche Phrase an der portugiesischen
mifst; das passiert also nur dem leidigen Kritiker. Aber ein jeder, ob Laie
oder Kenner, der einmal den einfachen, echt klassischen Flufs der Odcnsprache,
den weichen und reichen Wohllaut der Idyllen, die Tiefe und Glut der Be-
wegung in den Canzonen bewundert hat, der wird, wenn er hernach aus den
Sonetten und Liedern so von ungefähr eines herausgreift — wohlverstanden
in Storck*scher Übersetzung — ein befremdendes Gefühl nicht ganz abweisen
können. Er wird empfmden, dafs für unser deutsches Denken und Empfinden,
Reden und Dichten das spitzfindige Antithescnhäufen, das geistvolle Deuteln
an metaphysischen Problemen, das sinnreiche Spielen mit doppeldeutigen
Worten , das künstlich herbeigeführte Wiederklingen eines einmal berührten
Tones, wie es sich in jenen echtromanischen Dichtgattuogen gar so oft dar-
bietet, stets etwas Gezwungenes und Geziertes, wenn nicht gar etwas Kindisches
und Langweiliges bleibt. Nach natürlicher, unmittelbar bestrickender Anmut,
nach einem ungehemmten Wortflufs wird er manchmal in diesen von Natur
kurzen Schöpfungen vergeblich ausschauen. Die künstlichen Versarten, die
absichtlich gehäuften Schwierigkeiten in der Keimbildung, die ganze nach
strengen Gesetzen geregelte Schematik der Voltas und Glossen und Vilan-
cetes, der Anagramme und Labyrinte macht eben die Übersetzung derselben
wie auch das verständnifsvoUe Geniefsen dieser Übersetzung zu einer schwie-
rigen Aufgabe ¡das empfinden Eingeweihte und Uneingeweihte, und sie geben
zumeist beide ihre Meinung dahin ab, dafs die langatmigen Gedichte in lO-
und II silbigen Zeilen sich besser zur Übertragung ins Deutsche eignen als
• Bei dieser erneuten Beschäftigung mit dem Buche der Lieder und dem
der Sonette gelang es mir für manche noch ungelöste Frage die Antwort zu
finden, weshalb ich jiînen beiden Bänden noch einen zweiten Aufsatz ge-
widmet habe.
STORCK, CAMOENS S^UdMTLICHE GEDICH1*E. 1 33
die I4zeiligen Sonette und als die kurzen Lieder in Zeilen von nur 4 bis 8
Silben. Ich möchte wohl wissen ob auch der begeistertste Verehrer des
Sonettisten Camoens, ob Nikolaus Delius mit demselben Hochgeiühl das Ori-
ginal und die Übertragung liest ? und ob Bernhard Ten-Brink, den der frische
Wald und Wiesenduft der Redondilhas am meisten entzückt, nicht findet,
dafs selbige in der deutschen Sammlung hie und da ein klein wenig nach
Herbarium riechen?
Ich persönlich gestehe, dafs ich alle Glossen Vilancetes, Cantigas und
Endechas, also alle die Dichtgattungen, welche Spanien und Portugal ur-
eigentümlich sind, und nur aus ihrem Boden wahrhaft rein, reich und schön
emporwachsen, wie gleichfalls die Sonette, sehr gern in Storcks Übertragung,
aber lieber noch im Originale lese; dafs ich die Feinschleiferei dieser Edel-
steine nur am Originale ganz würdige, unmittelbar auffasse und mit einem
Schlage verstehe. Vielleicht ist im Deutschen nichts verloren gegangen, weder
von der Feinheit des Gedankens noch von der Kunst des Ausdrucks im So-
nette, noch von der Frische, Herzlichkeit und Innigkeit des Gefühls, welches
sie belebt, nichts auch, weder von der Schlichtheit und Anmut noch von der
Schelmerei und der kecken Grazie der Redondilhas, jedenfalls aber kommt
es nicht so spontan und unmittelbar, so plötzlich und unverkennbar zum Be-
wufstsein des Lesers. Erst nach mehrmaliger Lektüre, erst nach längerem
und aufmerksamen Suchen entdeckt man oft die einzelnen Schönheiten und
spürt den feinen Erdgeruch den diese südlichen Blumen ausströmen. Auch
die Sestinen, diese kunstvollen Spielereien, rechne ich zu den durch Über-
setzung eine gewisse Einbufse erleidenden Gedichten.
Anders ist es mit den Canzonen , den Oden , den Idyllen , den Octaven
und den echten Elegien, die ich deutsch ebenso gern, ja vielleicht noch lieber
lese als portugiesisch (und nicht ich allein); anders — das bleibe nicht uner-
wähnt — auch mit dem längsten der Redondillengedichte, mit dem herrlichen
„Zion und Babel" (Bd. I No. l), das sich allen Canzonen und Elegien und
Oden ebenbürtig zur Seite stellt. Da vermisse ich nichts: im Reim und
Rhythmus, in Wort und Bild begegnet nicht das Kleinste, was auf mühseliges
Arbeiten zu schliefsen zwänge. In den Oden, wahren Mustern ihrer Gattung,
die in den modernen Litteraturen schwerlich ihres Gleichen finden, entzückt
die klassische Einfachheit, der ruhige Adel der Sprache, in der Übersetzung
genau so wie im Original; in den Canzonen flammt dieselbe mächtig ergrei-
fende Begeisterung, dieselbe Inbrunst des Gefühls und der Leidenschaft, die-
selbe Schwermut und Bitterkeit, hier wie dort; die Elegien glänzen in der
gleichen durchdachten Wohlordnung, der kunstvolle Aufbau der Gedanken
und ihre kühne Entwickelung ist hier wie dort von plastischer Klarheit; aus
den Octaven spricht der gleiche tiefe Ernst, die gleiche Vornehmheit; aus den
Idyllen dieselbe liebliche Anmut und Weichheit, derselbe Reichtum der Mo-
dulationen. Wer das Buch der Elegieen, Oden und Octaven und das Buch
der Canzonen und Idylle, also den 3. und 4. Band der Storck*schen CamSes-
Übersetzung, zu sich sprechen läfst, gleichviel ob im Urbilde oder im
deutschen Nachbilde, der wird, wenn er Herz und Sinn für echte Poesie
hat, nicht anstehen, den Lyriker Luis de Camoens den gröfsten Dichtern aller
Zeiten gleichzustellen. Tritt er aber, nachdem er diese Einsicht gewonnen,
noch einmal den drei Centurien seiner Sonette näher, und lernt er seine fast
134 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. C. M. DE VASCpNCELLOS,
ausnahmslos wie Edelsteine leuchtenden Lieder schätzen und in ihrer natio-
nalen Eigentümlichkeit verstehen und geniefsen, so wird er die Behauptung
nicht zu kühn fìnden, dais Camoens über die gröfsten romanischen Lyriker
der Neuzeit, über Dante, Petrarca, Ariost und Tasso noch hinausragt. Er
ist der vollkommenste Vertreter des nationalen Genius, wie er sich in zvrie-
facher Weise geoffenbart hat. Wie Camoens in seinen Liedern, in seinem
Cancioneiro denkt, fühlt, liebt, wirbt, trauert und klagt, so, mit denselben
Worten, Empfindungen, Bildern und Scherzen denkt und fühlt das portu-
giesische Volk, in dessen jetzt endlich mit Kunst und Verständnis aus-
gebeuteter Litteratur zahllose Perlen leuchten.* Und gerade so wie Camöes
träumte, schwärmte, glaubte, grübelte und philosophirte in seinem an alt- und
neuklassischen Reminiscenzen so überreichen Parnafs, so dachte im i6. Jahrh.
der mit der Milch des Altertums und der Renaissance grofsgezogene , im
Waifenhandwerk wohlgeübte portugiesische Edelmann
„n*uma mäo a espada, noutra a lyrn'*.
Wird Camoens den ihm zukommenden Rang unter den gröfsten lyrischen
Dichtern, den ihm die öffentliche Meinung in Deutschland bisher nicht zu-
erkannt, nunmehr einnehmen, so wird er diese späte Anerkennung seinem
genialen Übersetzer danken.
In meinen Augen war es gut, dafs Storck uns zuerst das Liederbuch
des Camoens bot, dann die Sonette und erst zum Schlüsse die Canzonen und
Oden etc. Er hat seine Leser so stufenweise von den, als Übersetzung we-
niger vollendeten Werken zu den wirklich vollendeten geführt; vielleicht ganz
ohne es zu wissen und zu wollen? Denn es ist wohl möglich, dafs seine
Ansicht und Absicht eine andere; dafs der erste der vier Bände ihm der.
werteste ist, und dafs er ihn vorangeschickt hat, um die Herzen Deutschlands
für seinen Liebling im Sturm zu gewinnen. Zwar hat er allen Gedichtgnippen
hingebende Pflege und Sorgfalt zugewandt, ja man kann sagen die gleiche,
insofern als er sich von keiner einzelnen Dichtung getrennt hat, nicht vom
längsten 540 Zeilen zählenden Idyll, und nicht vom kürzesten funfversigen
Liedchen, ohne es so voll und ganz verstanden zu haben, wie seine Kennt-
nisse und seine Hülfsmittcl es zuliefsen , und nicht ohne mit aller Mühe und
mit Aufgebot seiner ganzen Sprachgewandtheit und seines feinsten dichterischen
Formensinns bis zu glücklichem Gelingen an seiner Verdeutschung gefeilt zn
haben. Von einer absolut gleichen Verwendung von Arbeitskraft kann aber
trotzdem natürlich ebensowenig die Rede sein, wie von ganz gleichem Ge-
lingen. Manch ein Sonett und manch ein kleines Vilancete ist vielleicht
schwerer zu erobern gewesen und dennoch weniger ruhmvoll bezwungen worden
als ungleich umfangreichere Gedichte, die dem Dichter verhältnismäfsig ge-
ringe Sorge gemacht. Gleichwie aber Eltern an denjenigen Kindern am
meisten hangen, welche ihnen die gröfste Last gewesen sind und ihnen die
* Wie emsig eine Reihe jüngerer Forscher jetzt hier zu Lande bemüht
ist, die verborgenen Schätze der port. Volkspoesie zu heben, ist auch in
Deutschland schon bekannt. Ganz abgesehen von den Arbeiten eines A. Coelho,
Theophilo Braga, Consiglieri-Pedroso, die längst gewürdigt werden, und von
den ganz vortrefflichen eines I. Leite de Vasconcellos , verdienen Beachtung
die Leistungen von Teixeira Bastos, I. Vieira de Andrade, Reis Dámaso,
A. de Sequeira-Ferraz, A. Thomaz Pires, Braz de Sa etc.
STOKCK, CAMOENS' SÄMMTLICHE: GEDICHTE. 1 35
bitterste Angst und Not bereitet haben, so hängt auch Slorck — nach meinem
Empfinden — mit der heifsesten Liebe an all den Kindern seines Geistes,
die im Buche der Lieder und in dem der Sonette lieblich blühen, nachdem
er mit heifsem Bemühen ihren schwer zu fesselnden und zu brechenden Eigen-
sinn gebändigt hat. Wir anderen aber, die wir nicht mit Vater- und Mutter-
augen auf sie blicken, vertreten den entgegengesetzten Standpunkt: wir lieben
am innigsten jene gottbegnadeten Kinder, die wenig Mühe kosten und wie
von selbst aus innerer Trieb- und Gestaltungskraft emporwachsen zu herrlicher
Jugendblüte; wir erfreuen uns am meisten an den Gedichten, an welchen
kein Schweifstropfen von überwundenen Mühen spricht, und lesen daher mit
noch freierem und reineren Genüsse als im ersten und zweiten, im dritten und
vierten Bande der Storck'schen Camoens-Übersetzung, die, wie gesagt, meine
volle und ganze Bewunderung hat.
Wollte ich nur die Übersetzung als solche würdigen ', so könnte ich mir
eigentlich jede Kritik ersparen. Denn die Bedenken, welche sich an diese
knüpfen, sind wenige und ganz geringfügige. Weil aber unverbrüchliche
Treue, „Treue nach Wort und Geist, nach Form und Gehalt, die
keine Zutat oder Verringerung duldet, sodafs der eigentümliche
Ton des Urbildes lebendig wiedertöne vom Nachbild, im ge-
messensten Silben fa 11" der mit Strenge eingehaltene Grundsatz der
Storck'schen Übersetzung ist, so mufs ich, um ihm und mir selber nicht untreu
zu werden, eine jegliche kleinste Stelle hervorheben, in der ich wissentliche oder
unwissentliche Abweichungen von diesem Grundsatz sehe, Abweichungen, die
— zur Ehre des Übersetzers sei es ausdrücklich hervorgehoben — stets nur
aus einem Mifsverstehen oder Nichtvcrstehen dunkler und schwieriger oder
verderbter Stellen hervorgegangen sind, niemals aber Bequemlichkeit oder
Verschönerungssucht oder Reimesnöte zu ihren Ursachen haben. Sie sind
nur da zu suchen, wo Unklarheiten im Texte vorhanden sind ; d. h. wo not-
gedrungen ein Rest von Unsicherheit über des Dichters wahre Absichten
übrig bleiben und des Übersetzers oder Kritikers subjektive Ansicht über
die Formulierung und Ausdeutung der betreifenden Stellen frei entscheiden
muís. Solcher Stellen hebe ich im Folgenden einige hervor, und ver-
suche sie anders .ils Storck zu verdollmetschen. Wer das rechte getroffen.''
darüber wird der Leser entscheiden. — Über ganz kleine Verschönerungen,
die der Nachdichter sich erlaubt hat, wie z. B. oftmals durch Übertragung
eines einfachen Begriffs durch eine alliterirende Formel wie Wind und Welle,
Wehr und Waffen, Herz und Hirn , Thun und Trachten , Schirm und Schutz
etc., wird Niemand mit ihm rechten wollen, weil er erwidern könnte, mit
einem der Zwillingswörter sei der Inhalt des entsprechenden portugiesischen
Wortes nicht erschöpfend dargelegt, und im Übrigen seien diese Formeln
auch nichts als ein specifìsch deutscher Ersatz für die Einbufse an vokalischem
Wohllaut, den sich jedes romanische Werk bei seiner Verpflanzung nach
Deutschland gefallen lassen müsse. Ich für mein Teil würde den Zierrat, von
dem ich spreche, ungern entbehren.
* Mit enthusiastischem Lobe und grofser Ausführlichkeit hat das, für
den ersten Band, ein des Deutschen mächtiger Camoenskenner, der Graf von
Samodäes, im „Annuario da Sociedade Nacional Camoniana" gethan.
136 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. C. M. DE VASCONCELLOS,
Der Zweck dicbcs Aufsalzch aber ist nicht die \Vürdi[;ung der Über-
setzung als Kunstwerk ; wie die Besprechung von Band I und II gezeigt, will
ich vor allem die Arbeit des Gelehrten, den Kommentar, beurteilen, und dafs
dieser zu mancher Bemerkung Veranlassung geben muís, ist naturgemäfs.
Viele Fragen sind von Storck zum ersten Male angeregt worden. Eine absolut
abschlicfsendc Arbeit über Camoens und seine Werke kann eben heute noch
nicht geliefert werden.
Dem Kommentar wende ich mich daher vorwiegend zu.
Ich berichte kurz und bündig über den Inhalt von Band III und IV,
zeige welches die Anordnung der verschiedenen Gedichtgnippen ist und nehme
dabei, wie in den vorigen zwei Aufsätzen, besondere Rücksicht auf die Va-
rianten, und auf alles Apokryphe und Unechte, weil eben die Feststellung
dessen, was an dem Überlieferten echt und unecht ist, so wie die endgültige
Fixierung des Wortlautes im verbürgt Echten zunächst zu den Hauptaufgaben
jedes Camoensforschers gehört. Nachfolgt eine Reihe von Einzelberaerkungen
über die Punkte, die mir in der Übersetzung oder im Kommentar falsch ge-
deutet zu sein schienen, und zum Schlüsse abermals ein Verzeichnis der
Lesarten, welche ich aus der Miscellanea Juromcnha sammeln durfte.
I.
Band drei und vier vervollständigen den „Pamafs", dem schon das
Buch der Sonette zugehörte, d. h. sie bieten beide nur Gedichte in italienischer
Manier, in Ilendekasy Hüben. Der dritte ist Theophilo Braga und Francisco
Adolpho Coelho, der vierte dem Visconde de Juromenha gewidmet, d. h. den-
jenigen dreien unter allen lebenden Portugiesen, welche zur Erforschung,
Klärung und Verbreitung der Werke des Lusiadensängers das wesentlichste
beigetragen haben.
Der dritte Band enthält vier Gedichtgruppen oder „Bücher**, wie der
Verfasser sie nennt: 1. Elcgieen; 2. Sestincn; 3. Oden; 4. Octaven; nicht
etwa wegen innerer Verwandtschaft oder äufserer Ähnlichkeit derselben,
sondern einerseits nur um den Umfang des Bandes mit den übrigen dreien
gleichmäfsig zu gestalten, wie das Vorwort sagt, andrerseits aber, wie ich hin-
zufüge , wohl auch um die Canzonen und die Idyllen , d. h. um diejenigen
Teile der kamoinanischcn Lyrik, welche der Übersetzer schon einmal in die
Welt hinaus gesandt hatte, die also jetzt nur in zweiter Auflage erscheinen,
im vierten Bande vereint zu bieten.
Wären diese beiden, durchaus zu billigenden Rücksichten nicht mafs-
gebcnd gewesen, so hätte Storck sicherlich den Oden die Canzonen angereiht,
wegen ihrer innerlichen und wesentlichen Verwandtschaft, die so grofs ist,
dafs sie die alten Herausgeber bestimmt hat, aus beiden nur eine Gruppe zn
machen und in ihren Urteilen über den Wert der einzelnen Dichtgattnngen
die Oden und Canzonen nie von einander zu trennen. Den Canzonen aber
hätte Storck vermutlich die Sestinen nachgeschickt, weil sie in Wahrheit, trotz
ihrer scharf abgegrenzten Eigentümlichkeit doch nur eine Abart der Canzonen
sind, mit welchen sie das „Geleit" gemein haben, jene kurze Schlufsstrophe,
welche das Lied mcisthin an ein ersehntes Ziel sendet. Hat doch dieser Um*
stand Camoens selbst dazu geführt, seine zweite Sestine mit „CancaÖ" an-
zureden, vielleicht im Gedanken an Petrarca, der in seiner 7. und schönsten
SrOKCK, CAMO£NS' SÄMMTLICUE GEDICHTE. 137
canzonenähnlichslen , das gleiche getan. Und hat doch Slorck aus den von
Braga „Sestineü" benannten Gedichten eines, und aus den, von Soropila bis
auf Juromenha, Oden genannten ein anderes herausgeholt und unter die Can-
zonen verwiesen! ein Beweis für die Unsicherheit der Grenzen, welche die
drei Gebiete von einander trennen. — Zu einer zweiten Gruppe hätte er wahr-
scheinlich die Octaven, Elegien und Idylle geeint: den Octaven, unter denen
die echten sammt und sonders „Sendschreiben" an Freunde und Gönner sind,
hatte er diejenigen unter den Terzinendichtungen nahegerückt, welche, weit
entfernt davon, elegischen Inhalts zu sein, nichts anderes als auch sogenannte
„Kapitel'* und „Episteln", d. h. Briefe sind, wie z. B. 4, 5 und 22 ; die elegisch
und idyllisch angehauchten 6, 7, 23 unter den Elegien hätte er dicht vor die
Idylle gesetzt, und zwar vriederum denjenigen zunächst, welche auch äufser-
lich, durch ihre Einkleidung in Terzinen, denselben ähnlich sehen. Beson-
deren Wert oder besondere Wichtigkeit lege ich übrigens solcher Ordnung
nicht bei, ebensowenig wie der Reihenfolge der einzelnen Nummern innerhalb
jeglicher Kategorie.
Was diese betrifft, so hat Storck, wie ich bereits früher andeutete
(IV 598 und V 102), sich keinem allgemein bindenden Gesetz unterworfen,
das für die „Sämmtlichen Gedichte" gälte. Im Buche der Lieder ist die
Reihenfolge der Gedichte eine nach der Zusammengehörigkeit ihrer metrischen
Formen vom Verfasser selbständig vorgenommene : auf Strophen ohne Refrain
folgen Strophen mit Refrain und zwar zuerst Glossen, dann Volten ; innerhalb
dieser Unterabteilungen aber ist weder eine Zusammenordnung nach äufseren
Rücksichten, so d^fs z. B. alle Quintilhas auf einander folgten, versucht worden,
noch eine nach der Chronologie der Ausgaben. Nur der Geschmack und der
freie Wille Storcks hat über ihre Anordnung entschieden. Im Buche der
Sonette ward an der von Juromenha eingehaltenen Ordnung, welche aui
José Thomas de Aquino, und in letzter Linie auf Faria-e-Sousa zurückweist,
nichts geändert, so dafs die Sonette sich in bunter Reihe darbieten. Im Buche
der Elegieen ist das gleiche geschehen ; im Buche der Sestinen hingegen
ist das von Braga durchgeführte Princip der Ordnung je nach der späteren oder
früheren Veröffentlichung befolgt worden. Im Buche der Oden und dem
der Octaven, sowie im Buche der Canzonen und dem der Idyllen ist
wieder Juromenha das Vorbild gewesen, das in diesen Fällen, jedoch weder
von Braga noch von den alten Herausgebern abweicht, da keiner derselben
sich veranlafst gesehen hat, an der ihm überkommenen älteren Anordnung
etwas wesentliches zu ändern.
Gegen das Princip Varianten nicht als selbständige Gedichte
zu zählen, und gegen das andere auch das mit Unrecht Camoens zu-
gesprochene Gut wie sein rechtmäfsiges Besitztum zu behandeln,
ist mehrfach verstofsen worden wie ich an einzelnen Fällen zeigen werde.
Doch wird einerseits Niemand mit dem Dichter in Undankbarkeit darüber
rechten wollen, dafs er uns mehr bietet als er versprochen; und andererseits
wird kaum Jemand Klage darüber erheben, dafs einige grofse didaktische
Poemata, die ohnedies in den Rahmen der lyrischen Gedichte schlecht hinein-
passen, von der Verdeutschung ausgeschlossen worden sind. Es sind das,
erstens die langweilige Microcosmographia des Falcäo de Resende, die längst
von der allgemeinen Meinung, von allen Herausgebern, und von den Litterar-
138 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. C. M. DE VASCONCELLOS,
historikern ihrem wahren Autor zugewiesen ward ; zweitens die apokryphe
Übersetzung der Trionfi des Petrarca, und drittens die doch nur sehr relativ
schönen Stanzen des Diogo Bern ardes auf die heilige Ursula, zu deren, erst
auf eigene Hand vorgenommenen Entfernung, die Indignation Storck, den
eifrigen Anwalt des armen Prügelknaben Diogo Bernardes, getrieben hat —
sie alle werden kaum mit schmerzlicher Sehnsucht vermifst werden. Anders
steht es mit zwei weiteren Gedichten, die auch als unechte entfernt worden
sind : mit den 72 Octaven „Echo und Narcifs", die an poetischem Wert durch-
aus nicht gering sind, und mit der 16. Idylle, die überaas Heblich und reiz-
voll ist. Warum der Dichter sie stiefväterlich behandelt, sehe ich nicht recht
ein, oder doch, ich sehe es ein, billige es aber nicht. Die Frage nach ihrer
Echtheit kommt für Storck gar nicht in Betracht, da mehr denn hundert der
übersetzten Gedichte mit eben so wenig Recht wie diese beiden unter Ca»
moens Werken belassen werden; und auch die Frage nach Wert oder Un-
wert ist nicht von bestimmenden Einflufs. Ebensowenig die Frage, ob das
Werk Übersetzung oder Original sei, da es aller Wahrscheinlichkeit nach,
Übersetzung nur in demselben Sinne genannt werden darf, wie die Amphi-
triSes eine Übersetzung des Plautus, die Redondilhen „Zion und Babel" eine
Übersetzung des 126. Psalms und Elegie XI eine Übersetzung von Sannazaro,
„De morte Christi Domini ad mortales lamen ta tio" ist. Was Storck bewegt
hat, gerade besagte Octaven und die 16. Idylle auszuscheiden, im Gegensatz
so zu vielen anderen als unecht erkannten und erwiesenen und doch grund-
sätzlich berücksichtigten Stücken, ist nur seine Bescheidenheit und seine
Dankbarkeit. Weil Theophilo Braga, der jüngste aller Camoensheransgeber,
und der bedeutendsten einer, dessen litterarhistorische Werke Storck sein
umfassendes Studium des Dichters erst ermöglicht haben, die beiden von
Juromenha aufgelesenen Stücke für unecht erklärt und in seine Ausgabe nicht
aufnimmt, darum hält der deutsche Dichter sich für verpflichtet das gleiche
zu tun. Nicht wahr lieber Freund, so und nicht anders ist es? Von den-
jenigen unechten Gedichten, denen dennoch dem Princip gemäfs, ihre Stelle
unter den echten belassen ward, soll gleich die Rede sein.
In ihrer Einrichtung entsprechen Band III und IV genau den beiden
früherrn. Jedes Gedicht hat eine Überschrift erhalten. Unter jeder Über-
schrift steht die Stelle verzeichnet, wo sich die Originale, erstens in der in
Deutschland bekanntesten und gebräuchlichsten Hamburger Textaasgabe »tH**,
und zweitens und drittens wo sie sich in den in Portugal verbreitetsten und
gelesensten, weil besten und modernsten und vollständigsten Ausgaben, von
Juromenha und Braga (,^** und ,3**) finden. Über die früheste Veröffent-
lichung der einzelnen Gedichte in den Camoens- Ausgaben gicbt das Verzeich-
nis der Anfangszeilen einen Überblick, der durch die einleitenden Vorbe-
merkungen zu dem , jede Gedichtgruppe begleitenden , Kommentar noch
erweitert [und in seinen Einzelheiten deutlicher gemacht wird. Dieselben
Orientiren auch über die Gesammtzahl der Camoens zugeschriebenen Gredichte
jeglicher Gruppe, übet ihre Anordnung, ihre Echtheit etc.
In Strophenbau und Reimstellung stimmt die Übersetzung, wie nicht
anders zu erwarten, mit dem Original überein. Nur in einem Punkte weicht
die Nachbildung von der Vorlage ab. „Camoens bedient sich (und zwar nicht
blos hier) regellos der verschiedenen Reimarten und hat bald stumpfen, bald
SrOKCK, CAMOENS'SÄMMTLICUE GEDICHTE. 1 39
klingenden Versschlufs oder, wenn man Heber will, bald männliche bald weib-
liche Reimwörter. Der Übersetzer hat diese Willkür vermieden und als
Gesetz befolgt, dafs in den Elegie en (Terzinen) die beiden Keimarten stets
wechseln; in den Sestinen, wie das auch bei Camoens der Fall ist, nur
klingende Reime verwendet werden; und in den Oden sowie in den Octaven
sämmtliche Strophen jedes Gedichtes hinsichtlich der gewählten Keimarten
einander strenge entsprechen. Überall klingender Ausgang würde dem deut-
schen Ohre misfallen, und daher ist in den Otlave-rime entweder Vers i, 3,
5, 7, 8 weiblich und Vers 2, 4, 6 männlich, oder aber V. i, 3, 5 männlich
und V. 2, 4, 6 weiblich ; 7 und 8 hat der Übersetzer im letzteren Falle meist
auch weiblich gewählt. Unreine Reime sind durchaus vermieden.'*
Der Kommentar ist sehr umfangreich. Während er in Band I 50 Seiten
und in Band II 78 in Anspruch nahm, füllt er in Band III 136 und in Band IV
134 Seiten. Grofser Fleifs, grofse Sorgfalt, tüchtigstes Wissen, kritischer
Scharfblick und Unparteilichkeit sprechen daraus. Die Frage nach der Echtheit
oder Unechtheit jedes Gedichtes wird erwogen; die äufseren und die inneren
Gründe, welche für oder gegen die Authenticität der Überschriften sprechen,
werden dargelegt; es wird versucht jedes Werk zu datiren, Zeit, Ort und
Anlafs seiner Abfassung festzustellen; aus jedem werden die etwa darinnen
versteckten autobiographischen Bekenntnisse herausgelöst, ohne dafs doch
solche überall da gesucht würden, wo sie nicht sind; das Verhältnis zu
Freund und Feind wird geprüft; die mythologischen, historischen und litte-
rarischen Anspielungen werden gedeutet, auf des Dichters Quellen wird hin-
gewiesen, Entlehnungen werden bemerkt, kurz alles was zum vollen Verständ-
nisse der Lyrica Camoniana gehört, wird emsig zusammengetragen und so ein
reiches Material gesammelt, das dem künftigen Biographen des Dichters die
sichere Basis geben wird, auf der er bauen kann.
Mit den Hülfsmitteln , die Storck zu Gebote standen, konnte er nichts
Vorzüglicheres leisten. Diese Hülfsmittel aber — das sage ich frank und frei —
reichen noch immer nicht aus; es ist darin eine grofse Lücke, es fehlen die
historischen Quellenwerke. Der Krieger Luis de Camoens ist in Europa, Afrika
und Asien in starkbewegter Zeit mit vielen historisch hochberühmten Männern
in Berührung gekommen, er hat teilgenommen an manchem Feldzug. Daher
berichtet er über viele Ereignisse, viele Persönlichkeiten, deren nähere und
intime Bekanntschaft man nur in portugiesischen Spezial-Chroniken und Me-
moiren machen kann, über die man in umfassenden Geschichtswerken, wie
Schäfer es ist, aber gar nicht, oder doch nur höchst flüchtig unterrichtet wird.
Storck schöpft seine Kenntnisse über Indien und die indischen Vicekönige
und Gouverneure, über Afrika und über die Kapitaine von Tanger, Ceuta und
Arzilla, seine Vertrautheit mit Namen wie Constantino de Bragança, Francisco
Coutinho, Francisco Barreto, D. Henrique de Menezes, Femäo de Castro,
SimSo, Gonzalo, Alvaro da Silveira, Pedro da Silva, Miguel de Menezes etc.
nur aus zweiter Hand: nur was Faria-e-Sousa , Juromenha, Braga etc.,
was also die Biographen und Kommentatoren des Dichters zur Illustration
seiner Werke, aus den Quellenwerken ausgezogen, kann er selbst — unter
Zuhülfenahme von Schäfers Geschichte Portugals — benutzen, kontrollieren,
berichtigen und bezweifeln. Und er thut das, wie gesagt, mit möglichster
Sorgfalt, mit gesundester Kritik und kommt oft zu überraschenden und über-
zeugenden neuen und sicheren Resultaten.
140 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. C. M. DE VASCONCELLOS,
Und doch, wer die Quclknwcrke selbst studiert — der empfindet und
fühlt unendlich oft, dais manche Darstellung, manches Urteil, manche Aus-
einandersetzung derselben auf dem Wege durch die Hand eines Faria-e-Sousa,
Juromenha und Braga, stark modificiert worden ist, und dafs Storck, der unpartd-
liehe und gewissenhafte, manche Charakteristik eines Helden, manche Schilderung
einer Schlacht ganz anders gefärbt und formuliert haben würde, wenn er direkt
und selbständig, unbeeinflufst durch die trügerischen Schattenbilder, welche
die späteren Berichterstatter gezeichnet, die treuen echten Originalbilder selbst
gesehen hätte. Oft habe ich gedacht: wie Schade dafs Storck nicht Diogo
de Couto oder Barros, oder Gaspar Correa zur Hand gehabt! Von welchem
Nutzen wäre es ihm bei Feststellung der verwandtschaftlichen Beziehungen
der einzelnen von Camoens gefeierten Glieder der grofsen Âdelsfamilien der
Menezes , Noronhas , Silveiras und Silvas zu einander gewesen *, wenn er die
grofse „Historia Genealogica" von Caetano de Souza um Rat befragt hätte?
Ein Studium all der Chroniken und Memoiren der port. Könige, die Kenntnis
der so unvergleichlich schönen Geschichtswerke von Femäo Lopez, Azenheiro,
Ruy de Pina, DamiSo de Goes, Resende, Andrada, Frey Luiz de Scusa, ganz
besonders derer, welche die Regierungen Emanuels, Johanns III., Sebastians
und des D. Henrique behandeln, wie würde sie seinen Enthusiasmus für die von
Camoens gefeierten Helden entflammt haben! Und welche Aufklärungen über
das Leben in den aufsereuropäischen Kolonien der Portugiesen gäbe ihm z. B.
das grofse illustrierte Reisewerk von Linschott ! ' Manchen Fehler im Kleinen
hätte solch direktes Zurücksteigen zu dem, was die Zeitgenossen des Dichters
über die Männer erzählen, mit denen er verkehrt, über die Lander, die
* Die wichtigsten unter den historischen und genealogischen Werken,
welche ich unablässig befrage, wenn ich die Dichtungen des Camoens studiere
und die ich in diesem Aufsatz mehrmals citiere, sind :
Joäo de Barros, Decadas I — 4. ^
Diogo do Couto, Décadas 4 — 12.
Gaspar Correia, Leudas da India (Colleccäo de Monumentos Inéditos
para a historia das Conquistas dos Port, em Africa, Asia e America).
8 vol., Lisboa 1858— 1866.
Jeronymo Osorio, Da Vida e feitos d'El Rei D. Manoel. 3 vol., Lisb. 1804.
Damiäo de Goes, Chronica de D. Emanuel. 2 vol., Coimbra 1790.
Francisco d* Andrada, Chronica de D. Jo3o III. 4 vol., Coimbra 1796.
(CoUecçao de Livros Inéditos de Historia Portugeza dos Reinados de
D. Joäo I., D. Duarte, D. Alfonso V. e D. Joäo IL, pubi, por José
Correa da Serra). 5 vol., Lisb. 1790 — 1823.
Visconde de Santarem, Quadro Elementar. 17 vol., Paris 1842 — 1859.
Cactano de Souza, Historia Genealogica da Real Casa Portugueza.
12 vol., Lisb. 1735 — 1748.
Cactano de Souza, Provas da Hist. Geneal. 6 vol., Lisb. 1739 — 1748.
Luiz Cactano de Lima, Geografìa Histórica. 2 vol., Lisb. 1734.
Jan van Huygen van Linschotcn, Itinerario, i vol., Amsterdam 1596.
Barbosa Machado, Memorias para a Historia de Portugal, que compre-
hendem o Governo del Rpy D. SebastiSo. 4 vol., Lisb. 1736 — 1751.
J. Pereira BaySo, Portugal cuidadoso e lastimado com a vida e perda
do Senhcr Rey D. Sebastiâo. i vol., Lisb. 1737.
Fr. Manoel dos Sanctos, Historia Sebastica. i vol., Lisb. 1735.
D. Manoel de Menezes, Chronica de D. Sebastiâo. I vol., Lisb. 1730.
Fr. Bernardo da Cruz, Chronica del Rey D. Sebastiâo. Lisb. 1837.
Jeronymo de olendo ça, Jornada de Africa. Lisb. 1785.
^ Titel in obiger Liste.
s
STORCK, CAMOENS* SÄMMTLICHE OEDICHTE. I4I
•
er gesehen, über die Kriegszüge, an denen er sich beteiligt, seinem Kommen-
tator erspart, Fehler, die ihm die portugiesischen Kommentatoren übennittelt.
Wie wenig sorgfaltig ihre Angaben sind, wie leichtfertig sie Daten fixieren,
wie oft sie Homonyme mit einander verwechseln und aus den Viten verschie-
dener gleichnamiger Männer eine phantastische zusammenzimmern, zeigen
einige Bemerkungen, die ich unten mitteile und die ich nicht vermehre, uní
nicht den Umfang meiner Anzeige des Storck'schen Werkes, die schon das
gewohnte Mais überschreitet, ganz unverhältnismäfsig anschwellen zu lassen.
Ein Vorwurf steckt in der Klarlegung dieses Mangels nicht. Ich weifs
sehr wohl, dafs es nicht nur schwer, sondern thatsächlich unmöglich ist sich
aufserhalb Portugals alle eigentlich unentbehrlichen Hülfsmittel zu verschaffen.
Selbst hier in Portugal sind die öffentlichen uud Privatbibliotheken äufserst
selten, welche den historischen Apparat vollzählig besitzen. Ich weifs aber auch,
dafs ohne ihn, dafs ohne Consultation der Quellenwerke volle Klarheit, volle
Sicherheit über alle die Facta, welche das öffentliche Leben streifen, nicht zu
erlangen ist. Was Faria-e-Sousa , Juromenha, Braga uns mitteilen, täuscht
oft, führt oft irre, ist oft ungenau und falsch, und führt den, welcher darauf
baut, zu unrichtigen Schlufsfolgerungen. Den Beweis für diese Behauptungen
führe ich unten. Es hat mich oft geschmerzt was Storck mit einer Kunst
und Mühe aufgebaut, die ich voll würdige und ganz verstehe, einreifsen zu
müssen. Doch die Wahrheit zu sagen ist mir Pflicht — dura lex, sed lex.
Zum dritten Band gehört noch eine höchst wertvolle Beilage, ein biblio-
graphisches Verzeichnis alles dessen, was in Deutschland bis heute über Ca-
moens geschrieben worden ist, doch kein trockenes Verzeichnis, sondern eine
kritische Würdigung, reich an interessanten Mitteilungen. Die Schrift, betitelt
„Camoens in Deutschland", war bereits 1880 in der Zeitschrift für vergleichende
Litteratur von Brassai und Meltzl erschienen : der erneute Abdruck, der jedem
willkommen sein wird, der überhaupt Camoens zu seinen Geistesfreunden zählt,
ist sorgfältiger gedruckt als der alte, im Einzelnen umgearbeitet, berichtigt und
nicht wenig erweitert worden. Besonders hat alles das hinzugefugt werden
können, was die dritte Säcularfeier des Lusiadensängers (10. Juni 1880) ins
Leben gerufen hat. Man vergleiche die Paragraphen i, 7, 9, 16, 22, 24, 27,
52 — 56 der neuen Ausgabe mit den entsprechenden der alten.
Das Gesagte wird zur Einführung in die beiden Bände genügen. Ich
gehe dazu über, die Gedichtgruppen in ihre Bestandteile zu zerlegen und
Storcks Verhältnis, was den Inhalt, d. h. die Summe der Gedichte betrifft,
zu den Herausgebern Juromenha und Braga ins Auge zu fassen.
II.
A. Elegien.
Was Storck auf S. 260 — 262 über ihre frühere oder spätere Veröffent-
lichung mitteilt, ist nicht zur Genüge klar.
Ed. 1595. S.
enthält nur 4 Elegien: In Ed. 1595 1598 1668 (I) 1865 (IV) Storck
1. Aquella que d'amor descomedido No. 2 2 2 p. 122 2 p. 19 2
2. Aquelle mover d'olhos excellente „4 S ^ „ 133 S «> 38 5
3. O poeta Simonides fallando ,, I I i „ 115 I »» 3 3
4. O sulmonense Ovidio desterrado „3 3 3 1» 126 3 » 25 I.
142 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. C. M. DE VASCONCEIXOS,
Die zweite dieser Terzinendichtungen trägt in der Originalausgabe den Titd
Capitulo, weshalb ihr der Platz hinter den drei anderen, »Plegien" ge-
nannten, Stücken angewiesen ward. Dafs Braga's Ordnung mit der der Ori-
ginalausgabe übereinstimmt; dafs hingegen Storck die von ihm eingehaltene
Reihenfolge aus Juromenha übernommen, dem sie José de Aquino überliefert,
gilt von allen in Band III und IV enthaltenen Gedichten, mit Ausschlols der
Sextinen.
Ed. 1598. Ij
enthält i Terzinendichtung mehr: 1598 1668 (I) 1685 (IV) Storck
5. Despois que MagalhSes teve tecida 4 4 p. 130 4 p* 30 4.
Der Herausgeber bezeichnete dies Stück als Terceto und druckte es ge-
sondert hinter den Oden ab, und zwar nicht nach einem Ms., sondern nach
der Historia de Sancta Cruz von Pedro de Magalhäes Gandavo, in der es
bereits 1576 zu Lissabon gedruckt worden war, was Soropita wohl über-
sehen hat (s. u.).
Ed. 1616. P
enthält 3 neue Stücke: 16 16 1668 (II) 1685 Storck
6. Duvidosa esperança, certo medo 3 p. 72 fehlt 22
7. Se obrigaçSes de fama podem tanto 2 „ 28 fehlt 13
8. Se quando contemplamos as secretas i „21 li p. 72 II.
Das erste der drei Stücke trug die Bezeichnung Terceto, statt welcher die
ed. 1668 die andere „Epistola" wählte. Gedruckt lag das apokryphe Stück,
dessen Verfasser Diogo Bemardes ist, bereits 1596 vor, wo es in den Flores
do Lima p. 120 als Elegia IH erschienen war.
Ed. 1668. A
enthält weitere il Elegien:
9. De peña en peña muevo las passadas
10. Foi-me alegre o viver, ja me he pesado
11. Illustre e nobre Silva, descendido oh
12. Juizo extremo, horrifico e tremendo
13. La sierra fatigando de contino
14. NSo me julgueis, senhora*, a atrevimento
15. Nao porque de cdgum hem tenha esperança
Î6. Nunca hum apetite mostra o daño
17. Que tristes novas ou que novo daño
[18. Rei bemaventurado em quem parece"]
19. SaiSo d*esta alma triste e magoada
Juromenha (V 429) giebt diese Liste richtig und genau an, nimmt auch alle
1 1 Elegien in seine Ausgabe auf, spricht aber nur von 10, weil er im Geiste wohl
das 18. Stück nicht mit veranschlagte. Denn selbiges ist apokryph, und gehört
dem Doktor Antonio Ferreira an, in dessen Werken es seit 159^ ^s Cartai
do Livro II steht. Storck, in dessen Text nur die selben 10 Elegien, die
auch Braga bietet , übergegangen sind , irrt auf p. 260 in dem Schlüsse , die
(ihm nie zu Gesicht gekommene) Ausgabe A enthalte 23 Elegien, nSmlicli
aufser den 5 + 34-II» ^ic sie tatsächlich bietet, noch die folgenden vier:
* In J 22.
1668
1685
Storci
8 p. 62
fehlt
18
5 .» 56
f>
15
ne No. „ 64
t«
19
.. 40
12 p. 80
12
7 „ 60
fehlt
17
3 M 38
»»
21
tÇ^ 4 .» 52
»t
14
6 „ 58
»»
16
I „ 23
10 p. 64
IO
0. No. „ 93
fehlt
fehlt«
2 „ 31
»»
20
STORCK, CAMOENS' «ÄMMTLICHE GEDICHTE. 1 43
Ao pé d'huma alla faia vi sentado
A vida me aborrece, a morte quero
Beiisa, unico bem desta alma triste
Entre rusticas serras e fragosas,
welche in Wahrheit Faria-e-Sousa zum ersten Male in die kamonianischen
Werke einverleibt hat. Im Index läfst er diese Hypothese übrigens zum
Glück unvcrwertet, so dafs daselbst Alvares da Cunha nur als Sammler von
10 Elegien, d. h. der obigen 11 mit Ausschlufs der 18. von Ferreira, figuriert.
Durch Einsicht des betreffenden Werkes hat Storck sich nachträglich, wie ich
weifs, von der wahren Sachlage überzeugt. Apokryph ist auch No. 15, das
Diogo Bemardes zum Verfasser hat (Eleg. V der Flores do Lima 1596).
Apokryph, oder doch nicht mit Bestimmtheit kamonianischc, sind unter diesen
Elegien noch mehrere, welche nicht schon der kursive Druck als solche kenn-
zeichnet, so 9, 10, II, 13, 16, 19, ja vielleicht alle — denn für keines hat
sich ein innerer oder äufserer untrüglicher Beweis seiner Echtheit auffinden
lassen. Freilich kann man auch von keinem derselben sagen , dafs es schon
vor 1668 gedruckt war, oder dafs sein Verfasser bekannt sei — höchstens von
No. 19, das vermutlich dem Alvares do Oriente zukommt. Darüber mehr in
den Einzelanmerkungen.
Ed. 1685. PS
1685 Storck
20. A Aonio que de amor soltó fugia IV p. 180 im Com. zu Egl. I 23
21. Ao pé d'huma alta faia vi sentado 7 „ 49 7
22. A vida me aborrece, a morte quero 9 „ 62 9
23. Beiisa, unico bem desta alma triste 8 „ 58' 8
24. Entre rusticas serras e fragosas. 6 „ 41 6
No. 20 hat erst 1 779 Aquino, der blinde Nachtreter des Faria-e-Sousa, in die
kamonianischen Texte aufgenommen. 23 ist vermutlich von Francisco de
Andrada. Und auch die Echtheit der übrigen Stücke ist nicht erwiesen. —
Die Hamburger Herausgeber haben nur die 12 von FS anerkannten Stücke
auf Treu und Glauben acceptiert.
Was Storck p. 260 über die FS bekannten Nummern sagt, ist nicht
unrichtig, aber schwer und mühsam zu verwerten. Er sagt nämlich: „Von
diesen (den 24 bis hierher in meiner Liste angeführten) Gedichten, abgesehen
von der Ferreira'schen Carta, kannte FS folgende: No. I — XIII, XXII und
XXIH. Es lagen ihm nämlich gedruckt vor: No. II— V, XI, XIII und XXII,
und geschrieben : No. XXIII. Aber er liefs No. XIII und XXII bei Seite,
teilte No. XXin in den Anm. zu „Egloga I" (Tom. IV p. i8o*>f.) mit und
fügte zu den übrigen 6 Stücken ebenso viele bis dahin unbekannte hinzu,
nämlich No. VI — X und XII." Das heilst : Es mufs überraschen, dafs FS nur
12 Elegien von Camoens in seine mit allen möglichen Apokr}'phen vollge-
pfropfte, alle früheren an Inhalt so weit überragende Ausgabe aufgenommen
hat, während doch bis zum Jahre 1685 bereits 24 Elegien dem Dichter zu-
gesprochen worden waren. Woher kommt das? FS starb 1649; die ver-
öffentlichten 5 Bände seines Camoenskommentars aber schrieb er zwischen
1644 und 1645 druckfertig ins Reine; er hat die in den Jahren 1666 — 1669
erschienene Ausgabe A also unmöglich sehen und um die 1 1 von Alvares da
da Cnnha neu aufgefundenen Stücke nicht wissen können; es sei denn, dafs
144 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. C. M. DE VASCONCELLOS,
er sie in Handschriften selbständig gefunden habe, wie bei zweien (12 Juizo
und 17 Que tristes) wirklich der Fall ist. Ihm waren also nur bekannt die
vier 1595 gesammelten, nächst dem 1598 hinzugefügten und den drei I616
veröffentlichten Gedichten (unsere Nummern i — 8), denn diese alle hatte er
gedruckt gesehen ; handschriftlich aber lagen ihm sieben weitere Elegien vor,
lauter Inedita, so dafs er im Ganzen 15 von den 24 oben verzeichneten
kannte (i — 8, 12, 17 und 20 — 24). Davon verwarf er als unecht, Gott weifs
warum , zwei Stücke , No. 6 und 7 (No. 6 keinesfalls darum, weil es Diogo
Bernardes zukam), so dafs er von den bereits früher gedruckten nur 6 repro-
duzierte : eine der übrigen (No. 8) aber zählt er gar nicht, weil er sie thatsächlich
nach einer Handschrift, und in einer von dem Texte der ed. 161 6 ganz er-
heblich abweichenden Gestalt bietet. Er sagt daher mit Recht im Prologe
seiner Ausgabe „las elegias eran 5"; und wenn er hinzufügt „y aora son 12"
so versteht er unter den sieben von ihm zum ersten Male herausgegebenen,
unsere No. 8 und 12, f'] und 21 — 24. — No. 20 zählt er nicht mit, weil er es
nur in einer Anmerkung mitteilt , wir aber müssen es mit in Rechnung setzen.
Juromenha zählt in seinem Index nur drei Elegien als von FS zum ersten
Male vcröfifentlichte auf, was, wie unsere Liste zeigt, irrtümlich ist.
Ed. 1 860. J
enthält 5 weitere Elegien:
25. Divino almo pastor Delio dourado
26. Eu so perdi o verdadeiro amigo ^
27. Ganhei, senhora, tanto em querer-vos
28. Quando os passados hens me representa
29. Quem poderá passar tao triste vida
Die vierte derselben , welche Juromenha aus einem gar nicht klassifizierten,
nur ihm selbst bekannten Manuskripte gezogen hat, wird dem Dichter mit
Unrecht zugeschrieben : sie ist Werk und Eigentum des Fernïo Rodrigues
Lobo Soropita, in dessen Schriften Camillo Castello Branco (Porto 1868,
p. no — 165) sie aufnahm. — Von den übrigen 4 Elegien stammen 3 ans dem
durchaus glaubwürdigen hochwichtigen Cancioneiro de Luis Franco (25, 26
und 27); eine derselben, die 27., ist aber nichts als eine Variante zu der
bereits von Soropita veröffentlichten zweiten Aqueììe mover, muíste also, dem
Prinzip gemäfs, von Storck nicht gezählt und übersetzt werden. Nur von
der letzten 24. wissen wir nichts, als dafs sie einer dem 17. Jahrhundert an-
gehörigen Handschrift entliehen ward.
Storck schliefst wie Braga das apokryphe Stück (28) aus wie den Brief
von Ferreira. Er bietet also 27 statt 29 Elegien. Das Verwerfen der beiden
Apokrypha geschieht mit eben so gutem Rechte wie es in Bd. II mit dem
Garcilaso*schen Sonett geschah. Und mit eben dem Unrechte, mit dem St.
in Bd. I die Redondilhas des Garcia de Resende und in Bd. II die 20— >2I
Sonette von Diogo Bernardes etc. stehen liefs, läfst er die beiden Elegien,
welche ohne jeglichen Zweifel des armen Limasängers Werk sind (6 und 15),
auch hier zu Recht bestehen; wie auch die aller Wahrscheinlichkeit nach
Francisco de Andrada zukommende No. 23 , und ferner die Elegie auf den
Tod des Miguel de Mcnezes (17), von welcher er selbst mit grofs^r Kvnst
und Feinheit erweist, dafs Camoens sie nicht geschrieben haben kann
(s. u.). — Ein weiteres Rechten mit dem Verfasser über diese kleinen Wider-
Ed. i860 (III)
Storck
29 P. 255
27
28 „ 253
26
25 » 247
24
26 „ 249
fehlt
27 M 251
25
STORCK, CAMOENS' SÄMMTLICHE GEDICHTE. 1 45
spräche und Inkonsequenzen unterlasse ich: jedes Gedicht, das er übersetzt
und erläutert, bringt uns Nutzen, Gewinn und Freude; nehmen wir also alles
was er uns grofsmütig spenden will, dankbar auf. Bis eine zweite Auflage
der Sämmtlichen Gedichte nötig sein wird, ist vielleicht schon in Portugal
eine alle Entdeckungen und Aufklärungen Storcks mit gesunder und vor-
urteilsfreier Kritik verwertende Ausgabe der kamonianischen Lyrik erschienen,
die alles Apokryphe aus dem Echten und Verbürgten ausscheidet und in
einen Nachtrag verweist. Dann wird auch der Übersetzer keinen Grund mehr
dazu haben seine, zum Allgemeingut gewordenen, Wahrheiten unter den
Scheffel zu setzen, d. h. in Anmerkungen zu verweisen.
B. Sestinen.
Ed. 1595. 8.
1. Foge-me pouco a pouco a curta vida Storck i
Ed. 1616. P.
2. Foge-me pouco a pouco a curta vida P* 41 Storck 2
Ed. 1668. A.
Ed. 1668. Ed. 1 68s (HI) Storck
3. A culpa de meu mal so têm meus olhos p. 66 p. 205 4
4. Oh triste, oh tenebroso, oh cruel dia „68 „ 206 5
5. Sempre me queixarei d'esta crueza „ 69 „ 206 6
Ed. i860. J.
6. Quanto tempo ter posso amor de vida J II „ 255 3
Braga 2, 87 zählt zu den Sextinen noch ein siebentes Stück :
TSo crua nympha, nem tSo fugitiva,
welches aus dem Liederbuche des L. Franco stammt, und daher als ver-
bürgter Weise echt anzusehen ist : doch ist es keine Sextine, und auch keine
Ode, wie Joromenha meint, sondern eine Canzone, nach dem von Petrarcha
und Bembo mehrfach benutzten altprovenzalischen Muster der cablas uniso-
nans, das aofser Camoens auch Alvares do Oriente nachgeahmt hat (Lus.
Transf. p. 335 u. 475). Storck gesellt sie daher mit vollem Rechte den Can-
Zonen zu als No. 23.
Von den sechs oben angegebenen, die trotz der grofsen Schwierig-
keiten, welche diese kunstvollen Spielereien dem Übersetzer boten, doch ganz
vortrefflich nachgebildet sind, ist echt eigentlich nur die erste, oder wenn man
will, die erste und die zweite ; denn diese zweite ist eine bedeutsame Variante
zu der von Soropita aufgefundenen §extine und der Meinung des Herausgebers
nach eine schönere, vom Dichter ausgefeilte und vervollkommnete, denn er sagt :
JSsta (a I*) ^stä impressa tao errada que nao parece do autor e foi emendada
por elle por esta forma. Die übrigen sind unecht und apokryph , wie auch
Storck ausdrücklich hervorhebt : No. 3, 4, 5 haben nur A und FS, und zwar in
durchaus gleicher Lesart überliefert, zwei Gewährsmänner, denen man um so
weniger vertraut, je näher man sie kennen lernt. Faria-e-Sousa bekennt, dafs
in der Handschrift, aus der er sie aufgelesen, der Name ihres Verfassers nicht
genannt war. Alvares da Cunha schweigt ganz und gar über seine Quellen.
Er fugt aber zu den drei Gedichten eigentümliche Überschriften hinzu, welche so
aussehen, als hätte er sie aus den erklärenden Anmerkungen des Faria-e-Sousa
Z«itachr. f. rom. PhiL VII. IO
146 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. C. M. DE VASCONCELLOS,
herausgeschält.* Der Leser urteile selbst. Zu No. 3 bemerkt der letztgenannte:
digo que el assunto desta sextina es á los ojos, assunto particularissimo del
poeta ' ' » y en esta sextina se celebra el rigor y la blandura de aquella vista,
und A bringt die Überschrift: a huns olhos, cujo rigor e brandura celebra.
Zu No. 4 bemerkt PS: El assunto desta j. es el mismo de la egloga XV que
el poeta escrivió a la muerte de su querida Natercia, y en esa egL se halla-
ran todos los términos que se ven usados en esta s., A aber bringt die Über-
schrift: A' morte de Natercia, como a EgL 15, e nella se vem muitos pensa-
mentos ajustados a este poema. Dabei mufs noch erwähnt werden, dafs er
selbst diese 15. Egloge nicht bietet! Zu No. 5 bemerkt FS: Esta s. es del
proprio asunto que la antecedente und A bringt die Überschrift : Composta ao
mesmo intento da passada. Dazu rechne man, dafs FS zur elften Canzone
bemerkt: Esta Canción tiene por argumento la rara hermosura natural sin
algún afeite o adorno de la arte; en cada estancia pondera una parte suya,
y dize que con ella podia rendir un planeta. Und Alvares da Cunha giebt ais
Überschrift zu derselben, seiner Cançâo I auf p. 77 : Celebrase hüa rara fer-
mosura natural sem enfeite algum, e em cada ramo pondera hüa parte sua
dizendo que com ella podia render hum planeta! Und zur dreizehnten setzt
der erstere die Bemerkung: Esta canción tiene por argumento que en el P.
no produzen las causas sus comunes efetos sino otros contrarios, und der
letztere erklärt: Mostra o Poeta nao produzirem as causas seus communs
effectos nelle, mas outros contrarios. Zur Deutung der vierzehnten sagt der
Kommentator: No solo parece clarissimatnente de mi P. esta canción en el
estilo, mas aun lo es en el assunto: por ser el de aquel mismo sueño que
contiene la Canción 2 en la e. ^ (d. h. in der vierzehnten Strophe), y la
Egloga 2 en la e. 2. Daraus macht Herr Alvares Ballhorn (p. 86): Sua
materia tem L. de C. tambem na Cançào 2 ô* 4 ; e na EcL 2 ér* 3 que sao
sonhos. Und zu Ode XI sagt FS : Es muy hermoso este Poema y su assunto
los amores de Peleo con Thetys como ella se le rendió, y engendraron el fuerte
Aquile s\ und A, der sie irrtümlich unter seinen Ineditis mitteilt, als wäre sie
vorher nicht gedruckt worden , berichtet : Amores de Peleo com Thetis 6*
como de entrambos nasceo o forte Achilles. Mufs man nicht glauben, Alvares
da Cunha habe das Manuskript des Faria-e-Sousa benutzt? oder wenigstens
dieselben Handschriften eingesehen, aus denen dieser seine Ineditar zusammen-
borgte, und die er vielleicht mit Randnoten versah? Ich neige mehr und
mehr zu der von Storck, Juromenha und Braga vertretenen Ansicht. Doch
bin ich noch immer nicht ganz überzeugt. Die Fragen, die ich hier V 123
bis 124 formulierte, müssen erst beantwortet, die Gründe, welche fur und
wider diese Auffassung sprechen, müssen gegen einander abgewogen, die ganze
Sachlage zusammenhängend untersucht werden: dazu aber ist dies nicht der
rechte Ort.
Die sechste Sextine ward von Juromenha aus einem Manuskripte
kopiert, nähere Angaben verschmäht er ; eine Überschrift verzeichnet er nicht.
* Die einzigen Abweichungen sind folgende: Sextine ITI, Z. i druckt
Alv. da Cunha vem für tum, 5 depois für despois, 13 toda a liberdade fur toda /.,
37 danos da alma fur os danos da alma; IV 36 ochava fíir achara; V 3 triste
e duro für duro <•, triste, 5 mifn fiir mi, 7 com ella für traz eliti, 1 9 pagara
STORCK, CAMOENS* SÄMMTLICHE GEDICHTE.
147
1595
Storck
No. 1
No. I
». 4
.. 3
». 5
.. 4
». 3
,. 2
» 2.
and verschweigt auch, ob der Verfasser ii^der Handschrift namhaft gemacht
war. Was ihn bestimmt hat, sie dem Dichter zuzusprechen, war vermutlich der
entfernte Anklang an Sextine i, welcher ja thatsächlich vorhanden ist. Doch
ist er nicht grofs und stark genug, um die Behandlung der Sextine als einer
blofsen Variante von i und 2, wie Braga sie befürwortet, zu rechtfertigen.
C. Oden.
Ed. 1595. S.
1. Detem um p>ouco, musa, o largo pranto
2. Formosa fera humana
3. Nunca manhSa suave
4. Se de mcu pensamento
5. T2o suave, tSo fresca e tao formosa
Dies letzte Gedicht, welches in der Originalausgabe an 2. Stelle steht, und
in allen späteren Ausgaben daselbst belassen ward, hat Storck den Canzonen
beigegeben als No. XIX, und zwar weil es gleichwie das bereits erwähnte
Stück Tau crua nytnpha^ in coblas unisonans geschrieben ist, und aufserdem
noch ein Geleite, nach Art der Canzonen, aufweist. — In Folge dieser Auf-
fassung tragen die Oden von 2 bis 12 bei Storck andere Nummern als bei
seinen Vorgängern, mit denen seine Ordnung sonst übereinstimmen würde.
Ed. 1598. L.
6. Aquelle moco fero
7. Aquelle unico exemplo
8. A quem darSo de Pindo as moradoras
9. Fogem as neves frias
10. Pode hum desejo immenso
No. 7 war bereits 1563 gedruckt worden, am frühesten von allen kamonia-
nischen Gedichten, und zwar in eben dem Werke zu dessen Preise es verfafst
ward, in den „Colloquios dos simples e drogas" des Doutor Orta (Goa i S63).
Soropita aber hatte das übersehen, und auch von den späteren Herausgebern
hat kein einziger zu dem alten Drucke zurückgegriffen, aus dem Storck erst
die Lesarten mitteilt.
Ed. 1616. P.
1598
Storck
No. IO
No. 9
.. 8
.. 7
». 7
.. 6-
.. 9
.. 8
.. 6
.. 5
11. Ja a calma nos deixou
12. Naquelle tempo brando
No. 12'
II
»I
Storck
No. II
IO
»>
Ed. i860. J.
13. Fora conveniente
14. Tao crjia nympha nem tao fugitiva
J. II. Storck
No. 13 p. 289 No. 12
», 291
»,
14
Vàx pagava t 21 o levasse für a levasse, 29 Se nao consentir für Se nao he consen-
tir. — In Z. 22 schreiben A und FS: E tambem se o quizeste. Die Änderung
zvi E se 0 assi quizeste stammt wohl von den Hamburger Herausgebern?
* In Ed. 1669 stehen die beiden Stücke auf p. 32 uud 36 als ,,Odes
nunca impressns**. Trotzdem bringt A beide Stücke auf p. 71 und 74 noch
einmal, als wären sie noch nie gedruckte. — [FS III 190 und 195.]
10-«
148 RECENSIONEN UND ANZKIGKN. C. M. DE VAS€X>NCELLOS,
Diese letztere zählt nur Juromenh4 zu den Oden ; Braga stellt sie, trotz ihrer
yzeiligen Strophen, unter die Sextinen, wie bereits oben bemerkt ward , während
Storck sie zu den Canzoncn rechnet (23).
Er übersetzt also tatsächlich alle Oden und weicht von den beiden
jüngsten Camöesherausgebern nur in so weit ab als er zwei Gredichte anders
klassifiziert.
Weiteres ist über die Oden nicht zu bemerken, sie bilden die einzige
Dichtgattung, in welche sich kein apokryphes Gedicht eindrängte, die einzige,
in welche Alvares da Cunha, Faria-e-Sousa, Juromenha und Braga kein
namenloses Gut einzuschmuggeln vermochten; die einzige also, in welcher
kein Zeitgenosse oder Nachahmer dem Dichter gleichzukommen wnfste, die
einzige in der er unerreicht ohne Nebenbuhler dasteht.
D. Octaven.
Ed. 1595. 8.
1685 (IV) Storck
1. Como nos vossos hombros tSo constantes 2 p« 105 No. 2
2. Muí alto rei a quem os ceos em sorte 3 ,» 118 „3
3. Quem pode ser no mundo tao quieto I „ 84 „ i
Die Ordnung der Originalausgabe ist überall innegehalten worden.
Ed. 1616. F.
Storck
4. Sprito valeroso cujo estado (i) fehlt in FS* No. 7
5. Na mais fresca e aprazivel parte do anno (2) „ fehlt.
Dies letzte Gedicht, welches den Titel trägt: „Da creaçSo e composito do
homem", schrieb Domingos Fernandez dem Dichterfürsten nur irrthûmlicher
Weise zu, wie schon seine Zeitgenossen einsahen und offen eingestanden.
Es ist das Werk des André Falcäo de Resende, in dessen erst 1861 fragmen-
tarisch in Coimbra erschienenen Schriften es unter dem Titel „Microcosmo-
graphia e descripcäo do mundo pequeño que é o homem" steht. Von den
späteren Camoensherausgebem haben einzelne das Gedicht trotzdem aufge-
nommen, andere es ausgeschlossen. Storck übersetzt das lange und ziemlich
kunstlose Werk nicht.
Ed. 1685. PS.
vol. IV
6. Ca nesta Babylonia adonde mana No. 5
7. Despois que a clara aurora a noite escura „ 4
8. De utna fermosa virgen desposada „ 7
9. Senhora, s'encobrir por alguma arte „ 6
Die beiden ersten Gedichte und das letzte wurden von Faria-e-Sousa in
Handschriften aufgefunden, welche nichts über den Verfasser verlaoten liefsen.
Da die beiden ersten kamonianische Sonette glossiren , ond da das zweite
ihm kamonianisch klang, nahm er sie, mir nichts dir nichts, auf. Trotzdem
aber haben alle späteren sie für echt anerkannt und als Werke des Dichters
verbreitet. — Storck hält sie natürlich für unecht, übersetzt sie aber dennoch.
' Cfr. vol. IV p. 157.
Storck
p. 129
No. 5
H 125
» 4
M 136
fehlt
M 13»
,. 6
\
STORCK, CAMOENS' SAMMTUCHE GEDICHTE. 1 49
No. 8 ist das berühmte oder berüchtigte Gedicht auf die heilige Ursula,
auf das ich schon in der Besprechung des Buches der Sonette (V 129) hin*
wies. 1596 (eine Ausgabe ,,der Varias Rimas ao bom Jesus" von 1594 hat
es nie gegeben) war das Gedicht von Diogo Bemardes als sein Werk ver-
öffentlicht worden, mit einem begleitenden Sonett an die 1577 verstorbene
Infantin Donna Maria; 1645 ^^™ ^^ Faria-e-Sousa , der brüllend und nach
Beute suchend sich wie ein hungriger I«öwe geberdete, in den Sinn dasselbe
für Camoens mit Beschlag zu belegen. 1689 wurde die Polemik, die er an
die Ursulafrage knüpfte, und das Gedicht selbst in Bd. IV p. 136 — 157 seiner
kommentirten Camoens- Ausgabe abgedruckt. Die Willkür, die Gehässigkeit,
Blindheit und Kritiklosigkeit dieser Polemik weist Storck nach (p. 362 — 367)
und erklärt das umstrittene Stück für rechtmäfsiges Eigentum des Limasängers.
Ich thue dasselbe: einer eingehenden port, geschriebenen Arbeit, welche das
Verhältnis der beiden Dichter zu einander klar, ruhig und ohne jegliche Vor-
eingenommenheit darstellt, wird es jedoch bedürfen, um das hier zu Lande
herrschende Mifstrauen gegen Diogo Bernardes zu zerstören.
Storck übersetzt das Ursulagedicht nicht.
Ed. i860. J.
J II Storck
9. Duro fado» duro amor nunca cuidado p. 343 fehlt
Juromenha nahm dies Gedicht — welches die Fabel von Echo und Narcifs
erzählt — aus dem Liederbuche von L. Franco auf, in dem der Name des
Verfassers freilich nicht genannt ist: er tat das eingedenk einer Stelle aus
Manoel de Faria Severim's Biographie des Camoens, in welcher von einer
Übersetzung einer Fabula de Narcizo aus C.'s Feder die Rede ist (s. Storck
m 280 und Bd. I dieser Ztschr. p. 399) ; uneingedenk aber der Tatsache, dafs
Faria-e-Sousa bereits ein Gedicht aufgefunden und dem kamonianischen Texte
als Elegie (s. o. No. 24 Entre rusticas serras) eingereiht hatte, dessen Stoff die
betreffende Fabel ausmacht, und das wirklich echtes und glaubwürdiges Besitz-
tum des Dichters zu sein scheint.
, Braga läfst es bei Seite , in einem bei ihm äufserst seltenen Anfall kri-
tischer Unbefangenheit, einer Sünde wider seine Natur, von der er sich 1880
gereinigt — indem er aus einem anderen Manuscripte eine andere, gleichfalls
ganz anonyme Fabula de Narcizo, auflas und sie für die von Severim gekannte
und erwähnte Übersetzung oder Umdichtung erklärte.
Storck schliefst das apokryphe Stück aus.
Ed. 1874. B.
B Storck
10. Quem ousará soltar seu baixo canto p. 171 No. 9
Theophilo Braga hat diese eine Stanze aus dem Liederbuche des L. Franco
aufgenommen. Ob sie dort unter seinem Namen steht, sagt er nicht und
weifs ich nicht anzugeben.
Von den zehn dem Lusiadendichter zugeschriebenen Gedichten in Oc-
taven, sind verbürgtermafsen echt also nur 4 oder 5, die übrigen fünf sind
mindestens zweifelhaft: Storck aber läfst nur diejenigen bei Seite, welche be-
150 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. C. M. DE VASCONCELLOS,
stimmt andere Urheber haben, und hält fest an denen, welche „Unbekannten"
gehören. Er übersetzt also 8 Octaven.
Eine Bemerkung möchte ich hier noch anschliefsen. Storck citiert in
seinem Kommentar zu Oct. IV (p. 384) folgende Stelle aus FS (IV 125): Acut
fenecen las Octavas que hasta oy se imprimieron del Poeta, que sean suyas,
y con su nombre. Con su nombre andan otras que no lo son ; y son lo otras
que andan sin el; y otras que nunca se imprimieron: con estas empiezo
a/rora, und meint diese undeutliche Darlegung sähe einem verschämten S&n-
denbekenntnisse ähnlich. FS halte von den, vor seiner Sammlung veröflfent-
lichten Octaven nur das Bittgesuch No. 4 „Sprito etc.'* fur unecht ; unter den
namenlos überlieferten, die dennoch tatsächlich dem Dichter zukämen, ver-
stehe er aber die drei kleineren Octaven, die er selber zum ersten Male
herausgab. Man müsse daher, mit Tilgung des Wortes otras, lesen y que
nunca se imprimieron. Das ist falsch. Faria's Worte scheinen mir klar und
ihr Sinn deutlich. Der Leser urteile:
Aqui fenecen las Octavas que hasta hoy se imprimieron del Poeta . . .
y con su nombre, d. h. hiermit sind diejenigen Octaven zu Ende, welche bis
heute von Rechtswegen unter des Dichters Namen gedruckt worden sind;
nämlich die drei, welche Ed. 1595 herausgegeben hatte.
Con SU nombre andan otras que no lo son, darunter versteht er die
beiden 1616 neu gebotenen Nummern, d. h. das Bittgesuch über dessen Un-
echtheit er sich auf p. 157 scharf und heftig ausspricht, und die Mikrokos-
mographie des Falcäo de Resende, über die er sich p. 158 äuCsert.
y son lo otras que andan sin el, d. h. ihm gehören andere bereits ge-
druckte Octaven, die jedoch seinen Namen noch nicht tragen, und darunter
versteht er ohne jeglichen Zweifel die Octaven an die heilige Ursula, die
unter Diogo Bemarde's Namen bekannt waren.
y otras que nunca se imprimieron, d. h. ihm gehören ferner noch andere
Gedichte, die in Handschriften, gleichfalls ohne Namensangabe aufbewahrt
bislang aber nicht veröiTentlicht waren. Darunter aber sind selbstverständlich
die Octaven IV, V, VI (6, 7, 9 meiner Liste) zu verstehen, die FS zum ersten
Male herausgiebt.
con estas empiezo yo, wie er tatsächlich tut. Er druckt zuerst die drei
namenlos überlieferten inedita ab ; und geht dann erst zum Ursulagedichte
zurück, d. h. zu denjenigen Octaven , welche bereits unter anderem Namen
gedruckt waren.
E. Canzonen.
Ed. 1595. S.
1. A instabilidade da fortuna
2. Com força desusada
3. Formosa e gentil dama quando vejo
4. Ja a roxa manhä clara
5. Junto d'hum secco, duro, estéril monte
6. Manda-me Amor que cante docemente
7. Se este meu pensamento
8. Tomei a triste penna
Ed. 1595
Storck
No. 2
No. 2
» 6
» 6
„ I
» I
» 3
n 3
» 9
» II
» 7
" 7
». S
» 5
» «
M IO
STORCK, CAMOENS' SÄMMTLICHE GEDICHTE. I5I
9. Vâo as serenas aguas No. 4 No. 4
10. Vinde ca, meu tSo certo secretano „io ,, 12
Zu diesen zehn Canzonen von unanfechtbarer Echtheit, an deren Ordnung
auch keine der späteren Ausgaben, mit einziger Ausnahme der Ed. 1720, ge-
rührt hat, stellt Storck noch eine elfte, welche derselbe Soropila herausgegeben,
aber wie seine Nachfolger den Oden zugezählt hat als zweite unter denselben,
die oben bereits erwähnte
Täo suave, tSo fresca e tSo formosa.
Ed. 1616. P.
Storck
1 1 . Manda-me Amor que cante o que a aima sente (2) No. 8
12. Nem roxa flor de abril (i) >} 13
Die ersle dieser beiden Canzonen ist nichts als eine Variante zu der mit fast
gleichem Wortlaut beginnenden 6., von der sie jedoch erheblich abweicht.
Der erste Herausgeber wufste das bereits, denn er sagt : Esta cancäo duas vezex
fez o author com os mesmos conceitos , mas termos tao diferentes que total-
mente he outra; hüa se imprimió que começa: „Manda-me Amor que
cante docemente**; esta he tam hoa que nao se deixa ver quai he a que
elle acceitou, e assi ambas sao merecedoras de se imprimirem. Die meisten
späteren Herausgeber haben diese neue Fassung unbeachtet gelassen; FS teilt
sie in den Anmerkungen zu der von Soropita veröfi*entlichten Fassung mit
(vol. III p. 61). Storck aber bietet sie als selbständiges Gedicht (No. VIII).
Ed. 1668. A.
1668 FS (vol.m) Storck
13. Oh pomar venturoso (O P» 79 P« 99 ^o« '4
14. Por meio d'humas serras mui fragosas (4) „ 89 fehlt „ 17
15. Que he isto P Sonho F ou vejo a nympha pura (^) „ 86 fehlt „ 16
16. Quem com solido intento (2) „ 83 p. 102 „ 18
Von diesen Gedichten ist wahrscheinlich kein einziges von Camoens.
Drei (13, 15, 16) gehören ihm bestimmt nicht: sie sind vermutlich Arbei-
ten — und zwar meinem Geschmatk nach nicht üble, aber keineswegs
kamonianischen Schwung, Gedankenreichtum und Wohllaut in sich tragende
Arbeiten — des Miguel LeitSo, der sie 1629 in seiner hochinteressanten Mis-
cellanea veröffentlichte, leider ohne ein aufklärendes bestimmtes Wort dar-
über zu sagen ob sie von ihm oder von wem sonst sie herrührten. Das ver-
anlafste Faria-e-Sousa und Alvares da Cunha (diesen letzteren vielleicht
nur nach Einsicht der FS'schen handschriftlichen Sammlung) die 3 Canzonen,
die ihnen gefielen wie die sieben Sonette' von denen ich früher sprach, fur
neuaufgefundene Edelsteine aus Camoens gestohlenem und in alle Winde zer-
streuten Schatzkfistlein zu erklären. In diesem Falle mit einem leichten
Schein des Rechtes, denn LeitSo bat seinem Buche tatsächlich viele Gedichte
fremder Autoren eingefugt ohne dieselben namhaft zu machen. Er sagt in
* Zu diesen sieben habe ich nachträglich noch ein achtes hinzugefunden :
„Quando os olhos ponho no passaclo", das Miguel LeitSo seinem Prolog
eingefugt hat (p. XX), Faria e Sousa aber für seinen Dichter einheimste.
152 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. C. M. DE VASCONCELLOS,
der Vorrede an die gütigen Leser darüber: „Ich weifs recht wohl, dafs viele
mich tadeln werden, weil sie in diesem Buche (das ich „Miscellanea
oder Salat" zu nennen für gut fand wegen der Verschiedenartigkeit der
darin gemischten Dinge) einiges fìnden was ihnen fremdes Eigentum scheinen
wird, und auch fremde Aussprüche: diesen aber antworte ich, sie möchten
mir ein einziges unter allen bis heute geschriebenen Büchern zeigen, das
nichts fremdes enthalte: manche sind sogar nichts als Übersetzungen. Denn
was kann man sagen, das nicht bereits gesagt sei? Nihil sob sole recens
sagt der Weise etc." ' — Man mufste daher, und mufs noch heute, jegliches
der von LeitSo herausgegebenen Gedichte mit Sorgfalt prüfen, ehe man es
fur sein Werk erklärt. Ehe man es für kamonianisch ausgiebt, sollte man jedoch
zwei Mal zusehen, denn gerade dem Lusiadensänger , welchen der Verfasser
höchst von allen ehrte und dessen Grabmal er schmücken liefs, scheint er
nichts entlehnt zu haben. Zweimal citiert er Aussprüche von ihm und nennt
dabei ausdrücklich seinen Namen (p. 375 e 340). — Das Gedicht an den
Klostergarten von Pedrogäo zeigt durch seinen Inhalt, dafs LeitSo selber
es geschrieben haben mufs, wie Storck erkennt, ohne LeitSos Werk selbst
gelesen zu haben, und wie jeglicher der dasselbe liest, mit voller Gcwifsheit
einsehen mufs. Von den anderen beiden, die ich gleichfalls fiir Produkte aus
der Feder des frommen mystisierenden wundergläubigen Autors der Miscel-
lanea halte, mufs wenigstens gesagt werden, dafs sie apokryphe, namenlos
überlieferte Gedichte sind, wie ja auch FS selbst ausdrücklich zugesteht.
Storck schliefst sie nicht aus, »ist aber von ihrer Unechtheit überzeugt,
gleichwie ich. Noch einmal aber bestätige ich, dafs der Zweifel daran, ob
in portugiesischen Manuskripten wirklich echt kamonianische Gedichte ohne
den Namen des Dichters, unechte und ihm nicht gehörige aber unter seinem
Namen umgehen, ein unberechtigter ist. Beides ist oft tatsächlich der Fall;
und um nicht parteiisch zu sein, müssen wir annehmen, dafs gerade diese Un-
klarheit, Ungenauigkeit und Flüchtigkeit der Handschriften und ihrer Rubriken
die alten Sammler veranlafst hat, auch in anonymen Liederbüchern und selbst
unter Gedichten, die unter anderem Namen umgingen, nach kamoniamschem
Gute zu suchen. — Die Formel : „E em louvor d'este pomar se fez esta cançSo"
kann weder für noch gegen LeitSos Autorschaft zeugen. Wer da annehmen
wollte, sie zeuge für ihn, könnte eine Stelle aus CamOes Prosabriefen an-
führen, in welcher der Dichter auf das von ihm verfafste Liedchen „Nichts
als Wind" (Bd. I No. CLVI 145) mit der unpersönlichen Phrase hinweist:
A este proposito , . . se /tzeram humas voltas a um mote de enckemäo etc.
Er könnte auch eine Reihe von Poesien der Miscellanea anführen, die augen-
scheinlich LeitSo zum Verfasser haben und doch nur mit Formeln angeführt
werden wie: e a esta senhora dos Müagres se fez este soneto (p. 3, 4, 7,
8, IO, 80, 84 etc.). Eines solchen ärmlichen Beweises bedarf es aber
nicht; dafs die Canzone auf den Klostergarten Leitäo und kein anderer
verfafst hat, beweise ich weiter unten in den Einzelanmerkungen zu den Ge-
dichten.
* Fremder Besitz sind , ohne jegliche Frage , die auf p. XVIII 1 3, 25,
58» 95» '35» 148, 149, 161, 186, 187, 188, 200, 203 der Miscellanea mitge-
teilten Gedichte.
STOKCK, CAMOENS' SÄMMTLICHE GEDICHTE. 1 53
Ed. 1685. F8.
FS V Storck
17. A vida ja passei assaz contente p. 184 No. 18
Faría-e-Sousa fand diese Canzone in dem letzten Manuskript, das ihm zu
Händen kam, mit der Überschrift: „A la muerte de D. Antonio de Noroña,
y fingesse que ìa escrivio una señora", d. h. also ohne Namensangabe des
Verfassers. Er teilt sie mit, ohne sie mit Bestimmtheit für kamonianisch zu
erklären, in den Anmerkungen zu Egloga I (V p. 184), in welche er auch
die nachträglich entdeckte Elegie 20 A Aonto gesteckt hat. Seine Nachfolger
haben sie far echt erklärt ond ihren Camoensausgaben einverleibt. Auch
Storck hält sie far echt, und übersetzt sie (als Ganz. XVII).
Ed. i860. J.
18. Bern aventurado aquelle que ausente
19. Crecendo vai meu mal d'ora em ora
20. Manda-me Amor que cante docemente
21. Porque vossa belleza a si se vença
Die dritte dieser Canzonen ist eine Variante zu No. 6 und 1 1 ; von den übrigen
fand Juromenha die 2. im Liederbuche des L. Franco, die übrigen in un-
klassifizierten Manuskripten.
Storck behandelt die drei Fassungen der schönen Canzone an die Augen
der Geliebten wie drei von einander unabhängige Gedichte , schliefst die Apo-
krypha aus LeitSos Sammelwerk nicht aus, und fügt zu den oben verzeich-
neten 21 noch zwei hinzu, die wir bereits bei Gelegenheit der Oden und
Sextinen besprochen haben, so dafs er im Ganzen 23 Canzonen bietet. 5
mehr also (IX und XX — XXIII) als er 1874 unter dem Titel „Sämmtliche
Canzonen" den deutschen Freunden des Dichters dargebracht hatte.
F. Idylle.
Im Ganzen sind bis jetzt 16 Bukolische Dichtungen unter Camoens
Namen veröiTentlicht worden. Davon brachte acht bereits der erste Heraus-
geber der Rimas.
Ed. 1595.
S Storck
I. Ao longo do sereno No. 2 No. 2
J vol. II
Storck
(20) p. 244
No. 21
(19) n 239
„ 20
(18) „ 236
» 9
(21) „ 247
M 22
2. A quern darei queixumes namorados
5
5
3. Arde por Galatea branca e loura „8 „8
4. A rustica contenda desusada „6 „6
5. As doces cantilenas que cantavSo „7 „7
6. Cantando por um valle docemente „4 „4
7. Passado ja algum tempo que os amores „3 „3
8. Que grande variedade vSo fazendo „ i „1
Und diese acht werden wohl echt sein. Storck zweifelt zwar daran, dafs Ca-
moens das schlichte, liebliche, aller seltneren mythologischen Anspielungen
baare Fischeridyll No. VII (3 der obigen Liste) gedichtet haben könne, und fin-
det, dafs dasselbe den entsprechenden Gedichten des Diogo Bemardes überaus
ähnlich sieht. Doch hat bis heute weder dieser Zweifel neue Nahrung, noch
diese Vermutung Bestätigung gefunden. Diogo Bemardes hat das Idyll nicht in
Aquino
Storck
No. 12
No. 12
n 14
» H
» 15
» 15
*f 9
,, 9
„ 10
»f 10
H ÎI
H II
» 13
» 13
154 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. C. M. DE VASCONCELLOS,
seine Werke aufgenommen : Inedita von ihm aber hat man bis heute nicht
gefunden. Es mufs also dahingestellt bleiben, ob solche vorhanden sind; ob
„der verschmähte Fischer" darunter ist; und schlicfslich ob der Padre Pedro
Ribeiro wirklich 1577 ^^ sein verschollenes Liederbuch schon 26 Idyllen von
Bernardes (nächst 1 1 6 Sonetten, 5 Briefen, 4 Canzonen und i Ode) aufgenommen
hatte, wie Barbosa Machado (I 638) es behauptet.
Weitere sieben Idylle nahm FS als echt kamonianisch in seine hand-
schriftliche Sammlung auf, aus der sie erst 1779 Thomas José de Aquimo
zum Druck beförderte. Es sind die folgenden:
9. A¿rora Alcido, em quanto o nos so gado
10. Agora jd que o Tejo nos rodeia
1 1 . De quanto alento e gosto me causava
12. Despois que 0 leve barco ao duro remo
13. Encheu do mar azul a branca prata
14. Parece-me pastor, se mal nao vejo
15. Pascei, minhas ovelhas; eu emquanto
Von allen diesen ist jedoch nur eine echt, die fünfzehnte (il. der Liste), wie
solches ihr Inhalt und die Tatsache bezeugen, dafs auch das Liederbuch von
L. Franco sie unter Angabe des Namens CamSes bietet. Die übrigen sind
unecht. Faria-e-Sousa fand sie alle in ein und derselben Handschrift, in
derselben Reihenfolge in der sie veröffentlicht und bis heute belassen wurden,
doch ohne jegliche Namensangabe. Das benutzte Manuskript enthielt
aufser einigen Kleinigkeiten, die nach FS des Erwähnens nicht wert sind,
sechs Sonette verschiedener Autoren , darunter zwei , die auch zu Faria-c-
Sousa's Ausgabe gastlichen Zutritt fanden {Que fit vom Duque d'Aveiro und
Que vençais von SimSo da Veiga). Ein drittes, von Luis d' Attaide, welches
eine Antwort auf das vorige ist, wollte FS anfanglich als das 196. kamonia-
nische mitteilen, hat dann aber, als er nach würdigen Sonetten Umschau hielt,
um seine 2. Centurie ganz zu füllen, ein anderes vom Infanten Dom Luis
„ Vosoutros" an seine Stelle gesetzt). Das Ms. enthielt ferner Brief VTI des
Diogo Bernardes ; eben desselben Egloga XIV auf f. 3, so wie an anderer Stelle
(f. 48) die Outavas, welche des gleichen Dichters 14. Idyll als Widmungsschreiben
begleiten, und einige Stanzen seiner Egl. II, mit ausdrücklicher Namensangabe,
und ohne dieselbe seine Idyllen XI, XIII, XV, III und IV, laoter Stacke,
die er 1594 und 1596 als seine Werke herausgegeben hatte, und die ihm
auch andere Handschriften (z. B. die Mise. J) zuweisen ; von Luis de CamÖes
mit Namensangabe nur Idyll XV auf den Tod der Catharina de Ataide (s. ob.),
und ohne dieselbe „viele Sonette, die unzweifelhaft von ihm herrühren**;
Canzone 1 und Idyll 3. — Anonym stand noch darin die Idylle, welche FS
als 14. unter die kamonianischen reiht. — Dafs also das Manuskript, welches
Faria-e-Sousa ausgebeutet hat, vorwiegend „kamonianisches Gut'* enthalten
habe, dafs ihm von 100 und einigen Blättern 90 angehörten, ist eine Loge, die
der Kommentator zwar durch sechsmalige Wiederholung zur Wahrheit om-
stempeln möchte, die er selbst aber nicht einmal konsequent aufrecht erhält,
denn er sagt einmal ausdrücklich : „en el manuscripto no están muchos poemas
de que realmente se sabe que son de Camdes", Wahr wird sie erst, wenn
man die 5 Idyllen des Bernardes in Rechnung bringt, und vermutlich aach
STOKCK, CAMOENS' SÄMMTLICHE GEDICHTE. 1 55
den ganzen anonym überlieferten Sonettenrest, den Faria-e-Sousa für Camoens
in Anspruch nahm. Die Idyllen allein mufsten mehr denn 20 Blätter füllen.
Genannt wird der Name Camoens im Manuskript ein einziges Mal, der des
Diego Bemardes hingegen vier Mal; selbst nach dem Grundsatz, die namen-
los mitgeteilten Gedichte einer Handschrift müfstcn demjenigen Autor zuge-
wiesen werden, welcher den meisten Raum darin einnimmt, hatte Faria-e-
Sousa also, allem Anschein nach, kein Recht dazu die fünf hier anonymen Idyllen
seinem Meister zuzusprechen. Um so mehr als ein anderer notorisch be-
kannter Dichter, der 20 oder 26 oder mehr Idyllen verfafst, eigenhändig auch
jene fünf unter seinem Namen veröffentlicht hatte ! Das Volk der Portugiesen,
und auch die Spanier hatten sich schon mehr denn 50 Jahre am Lima erbaut
und erhoben, ohne je etwas Unechtes, Falsches darin entdeckt zu haben.
Faria-e-9ousa begreift diese ihre Blindheit nicht, er sucht und ñndet
Beweise die Menge dafür, dafs Bernardes erborgtes, gefundenes, anvertrautes
oder gestohlenes Gut, das die Marke seines rechten Herrn unverkennbar an
sich trage, für eigenes ausgegeben hat! Nicht nur die fünf Églogas, welche
er unter die kamonianischen gestellt hat:
UI Liarda = XII des CamÖes
IV Filis = XIII
XI Galatea = IX
Xm LUia = X
XV Peregrino = XI
nein, von den zwanzig, welche der Lima bietet, sollen alle bis auf sechs,' fünf,
vier oder drei kamonianischer Besitz sein, alle bis auf die f., 6. und 16.
(welche um der darin besungenen oder singenden Männer willen, als da sind
Sa de Miranda, Christovam de Moura, Francisco de Sa e Menezes, D. Duarte
nur von Bemardes und absolut nicht von Camoens verfafst sein können) und
vielleicht noch bis auf die 12., die 14., und eine der drei letzten (18, 19 oder 20)!
Einzig und allein darum, weil keine Handschrift sie ihm vor die Augen
führte, wagte Faria-e-Sousa nicht sie in seines Lieblings Werke einzuschalten.
Die Beweise, die er für die Unehrlichkeit des Bernardes anführt, und die
Theophilo Braga leider bestochen haben, lassen sich bei gehöriger Kenntnifs
der Lyrik beider Autoren wirklich ohne viel Kunst umstofsen; jeder Satz
des,, Discurso Critico" läfst sich widerlegen oder einschränken.
Das bleibe mir jedoch für später vorbehalten. Hier genügt es zu sagen,
dafs ich zu denselben Resultaten gelangt bin wie Storck, dafs ich seine Be-
weisführung unterschreibe, dafs ich also nach wie vor sämmtliche Werke,
welche der Lima, die Flores do Lima und die Varías Rimas ao Bom Jesus
enthalten, für Schöpfungen des Bernardes ansehe und unter ihnen gerade die
Églogas als die edlesten imd herzerfreuendsten Kunstwerke.
Auch Idylle XIV (10 der Liste) bietet keine Gewähr für ihre Echtheit.
Fana-e-Sousa fand sie ohne den Namen des Verfassers, in demselben Manu-
skripte, in dem er alle seine neuen Hirtengedichte gefunden haben will.
Dafs sie jedoch früher schon, nämlich 1623 (und nicht 1632, wie Storck
Costa e Silva nachspricht), gedruckt worden war in der Gedichtsammlung
des Estevam Rodrigues de Castro, verschweigt er wohl aus Unkenntnifs.
Daselbst ist der Name des Verfassers mit den Anfangsbuchstaben angedeutet :
D. B. R., Initialen, unter denen Theophilo Braga De Bernardo Rodrigues ver-
156 KlìCENSIONKN UND ANZEIGEN. BARTSCH,
steht, unter denen vielleicht jedoch De Bernardini Ribeiro gesucht werden
rnufä, die aber keinesfalls erlauben das fragliche Idyll Camoens zuzusprechen.
Eben demselben B. R., dem diese Idylle zukommt, möchten Braga und
Storck noch eine andere zuweisen, welche Schauplatz, Schreibart und den
Hirtcnnamen Ergasto mit der crsteren gemeint hat und mit ihr zusammen
aufbewahrt worden ist, als habe sie denselben Verfasser. Was Storck aus
den unklaren Äufserungen von Braga und Juromenha (III 452) über die
Herausgeber beider Gedichte, besonders des letzteren, mitteilt (IV 383), bedarf
der Berichtigung.
Es ist falsch dafs Antonio Lourenço Caminha die beiden Églogas aus
Handschriften ausgezogen. Seine einzige Quelle war, wie er in der Vorrede
klar sagt, ein Druckwerk: eben die Gedichtsammlung des Estevam Rodrigues
de Castro, welche dessen Sohn Francisco 1623 zu Florenz herausgegeben,
unter dem ungenauen Titel „Obras de E. R. d. C." Selbige war 1792 bereits
ganz verschollen; ein einziges Exemplar kam dem eifrigen Professor zu Händen,
den Innocencio da Silva ganz mit Unrecht zum Fälscher macht; und zwar
fand er es in der Bibliothek von Monsignore Hasse. Auf Anraten einiger
verständiger Freunde nahm er selbst Abschrift davon, und druckte die kleine
Gedichtsammlung, soweit sie portugiesische Dichtungen bot, in seinen Inéditos
Bd. II p. 147 — 222 ab.
In seinem Neudruck steht die Idylle Galatea e Ergasto an erster Stelle
p. 192 als Écloga I, ohne jegliche Auskunft über den Verfasser, d.h. auch
ohne die Initialen D. B. R. Nur die zweite Idylle — Écloga II: Ergasto
Delio, Laureno — diejenige, welche Faria-e-Sousa auffand und auflas,
ist mit den drei Buchstaben vague gekennzeichnet. Im Originaldruck, den
Caminha treu wiedergegeben haben soll, wird die Sachlage vermutlich die
gleiche gewesen sein.
Juromenha, welcher Idylle XIV für echt erklärt, schrieb Camoens auch
die andere zu, welche in Castro- Caminha ein Pendant dazu bildet, und teilt
sie mit in
Ed. 1 860. J
J m Storck
als 16. Nas ribeiras do Tejo a huma area No. 16 p. 158 fehlt.
Braga erklärt sie fur unecht und verwirft sie, schliefst aber No. XIV,
die doch mit nicht minderem Rechte unecht genannt werden mufs, aus seiner
Ausgabe nicht aus, weil FS*s handschriftlicher Quelle wichtige Varianten bie-
tet (wirklich — flössen sie nicht vielleicht aus seiner Feder?). Storck über-
setzt, treu seinem Princip unechtes nicht auszuschliefsen, das 14. Idyll; macht
aber eine Ausnahme für No. 16, das er unberücksichtigt läfst.
Das letzte Buch der deutschen Camoens-Übersetzung ist also ein Wieder-
abdruck jener 15 Hirtengedichte, welche 1869 als „Sämmtliche Idyllen" ver-
öffentlicht wurden ; ein Geschenk , mit dem in der Hand Storck zum ersten
Male an deutsche Herzen anpochte, mit dem Zwecke Einlafs zu begehren für
seinen Liebling, für den grofsen Lyriker Camoens. Damals schon hatte er
mit sicherem kritischen Scharfblick erkannt, dafs die Idyllen IX bis XTV
nicht seinem Dichter zugehörten. Den vollständigen Nachweis konnte er je-
doch noch nicht fuhren, weil er die Werke des Bemardes nicht kannte, und
weil überhaupt das litterarhistorische Rüstzeug, mit dem er ausgestattet,
SUCHIER, DENKMÄLER PKOV. LITERATUR U. SPRACHE. 1 57
noch nicht stich- und hiebfest war. Wie viel besser gewappnet tritt er jetzt
auf! Der Kommentar zu den Idyllen ist dementsprechend umgestaltet wor-
den. Früher zählte er 21 Seiten, jetzt zählt er deren 64. Und diese 64
enthalten eine Fülle von sorgfältig behaucnen Bausteinen für eine Litteratur-
geschichte Portugals im 16. Jahrhundert.
Früher bot der deutsche Kommentator vorwiegend Deutungen alt-
klassischer Mythologeme, Belegstellen aus den ital. Vorbildern; jetzt ist das
rein portugiesische, alles was das sociale Leben des Jahrhunderts, und be-
sonders alles was die Vita des Dichters, sein Verhältnis zu seinen Zeitge-
nossen betriflft, in den Vordergrund getreten. Wie sehr der Wert der An-
merkungen dadurch erhöht worden ist, brauche ich nicht erst hervorzuheben.
Carolina Michabus de Vasconcellos.
Denkmaler provensalischer Iiiteratur and Sprache zum ersten Male
herausgegeben von Hermann Suchier. Erster Band. Mit einer Unter-
suchung von Paul Rohde : Über die Quellen der romanischen Weltchronik.
Halle, Max Niemeyer. 1883. XVI, 648 Seiten. 8®.
Mit der Herausgabe seiner Denkmäler hat Suchier den Freunden alt-
provenzalischer Sprache und Litteratur ein wertvolles Geschenk gemacht.
Wenn auch inzwischen einige Stücke gedruckt worden, von anderen wenig-
stens Teile bereits veröffentlicht waren, so ist der Gesamtinhalt doch als
wesentlich neu zu bezeichnen. Die Sammlung ist auf zwei Bände berechnet,
von denen, wie das Vorwort mitteilt, der zweite bereits im Druck sich be-
findet und sämtliche Texte der Pariser Handschrift franc. 1747 enthalten wird.
Der erste Band giebt hauptsächlich Mitteilungen aus folgenden vier Hand-
schriften: I. der Cheltenhamer Liederhandschrift, bei mir N; 2. der Pariser
Hs. fr. 1745; 3. der Londoner Harl. 7403; 4. der Pariser fr. 61 15. Aufser-
dem sind noch fünfzehn andere Handschriften benutzt. Die Einleitung ver-
sucht auf Grund der sprachlichen Merkmale eine Einteilung des Provenzalischen
in sechs Hauptmundarten, und danach die Heimat der einzelnen Stücke an-
nähernd zu bestimmen. Natürlich bezieht sich diese Bestimmung zunächst
nur auf die Heimat der handschriftlichen Aufzeichnungen, wobei die Frage
immer noch offen bleibt, inwiefern die Heimat des Denkmals selbst damit
übereinstimmt. Den einzelnen Texten sind littcrarische und sprachliche Unter-
suchungen, zum Teil ziemlich umfassende, sowie erklärende und kritische An-
merkungen beigegeben. Wünschenswert wäre eine Numerierung der Stücke
gewesen, wie eine solche in den Anmerkungen stattgefunden hat. Da die
Seiten keine Überschrift haben, und in den Anmerkungen nicht die Seiten-
zahl der Stücke, zu denen sie gehören, angegeben ist, so ist die Auffindung
einer Stelle des Textes oft eine ziemlich mühsame und zeitraubende. In den
Texten stört das Auge die häufige Anwendung des *t welches der Heraus-
geber überall gesetzt hat, wo er eine Änderung der Überlieferung vorge-
nommen. Es ist richtig, dafs dadurch der Leser sofort aufmerksam gemacht
wird, ob er sich dem urkundlichen oder einem restituierten Texte gegenüber
158 KlîCENSIONEN UND ANZEIGEN. K. BARTSCH,
befindet, aber schön sieht es nicht aus: ich würde dann etwa Kursivdnick
immer noch vorgezogen haben.
Den Anfang macht das Evangelium Nicodemi, dessen poetische Form
in zwei Handschriften überliefert ist, während eine Prosaauflösnng sich in
zahlreicheren Quellen erhalten hat; letztere ist unter No. XL VIH mitgeteilt
und behandelt worden. Für mehr als die Hälfte des Gedichtes steht leider
nur eine einzige Handschrift zur Verfügung. Einige Bemerkungen zu einzel*
nen Stellen mögen hier stehen. V. 27 giebt die Hs. aquesta escriptura definis,
der Herausg. schreibt für letzteres Wort dis, allein diese Entstellung ist wenig
wahrscheinlich, einfacher ist die Annahme, dafs aquesta an Stelle von esta
gesetzt worden sei. — V. II 8. Wenn die von S. gesetzte Interpunktion richtig
ist, dann würde doch wohl eine andere Wortstellung, etwa cuy nos tenem,
nos rump ad anta vom Dichter gewählt worden sein, um das so naheliegende
Mifsverständnis der Verbindung tenem ad anta zu vermeiden. Aber nach
meiner Auffassung wäre dies gar kein Mifsverständnis, sondern tenem ad anta
ist wirklich zu verbinden, cuy auf ley bezogen wäre sprachlich ungewöhn-
lieh, da cui als Accus, nur auf Personen zu gehen pflegt; also cuy geht auf
Christus, und cuy nos tenem ad anta heifst 'den wir uns zur Schande an-
rechnen, der eine Schande für uns ist'. — 183. Ist cay sonst belegt.^ Man
könnte als Analogie nwi neben mais anführen, das in Reimen oft genug
erscheint; bis auf weiteres aber wird man wohl cay s zu schreiben haben. —
235 f. ist mit Rücksicht 2m{ antas MXíáfackas 237 doch wohl lagetas : malezas
zu schreiben. Das Fragezeichen nach 237 wird besser in ein Komma ver-
wandelt und erst nach 240 gesetzt. — 269 noi kann allerdings als no li auf-
gefafst werden, wo dann li vorausdeutend auf a Jesu Crist sich bezöge;
wahrscheinlich aber hat der Schreiber erst es hinzugefügt, indem er den erst
zwei Zeilen später kommenden Dativ nicht beachtete. — 285. Warum que Fa
und nicht qu^eVai Vgl. 272. Danach müfste /* Objekt von pantayat sein;
das Glossar giebt nur an * schwere Träume haben*, wobei diese Stelle mit
angeführt wird. Ist die Wortabteilung richtig, dann mufs übersetzt werden
*sie hat es geträumt'. Es wäre die einzige Stelle, wo das Verbum so kon-
struiert ist; freilich schreibt auch Rayn. (Lex. Rom.) Pa, aber ich halte das
für ebensowenig richtig. — 289. fis ist doch wohl = fils zu nehmen und
daher wohl auch so zu schreiben ; ein fis = firs ist schon nach dem Sinne
nicht wahrscheinlich. — 305. Das überlieferte fir in parlar zu verändern ist
nicht nötig; einfacher ist die Änderung de fir o lo be o lo mal, — 341. Ich
würde vorziehen zu schreiben enans que nos que em natural \ que nos fehlt,
S. ergänzt nur nos, aber bei zweimaligem que ist das Versehen des Schreibers
leichter erklärlich. — 396 e^ngenratz (= e engenratz) zu schreiben ist nicht
nötig; de firnicatio ist ein ano xoivov, welches zu den beiden Partieipien
gehört, zwischen welchen es steht. — Die Verse 579—580 sind wohl vor 577
zu stellen, dann ist auch vor 581 kein Punkt, sondern nur ein Komma zu
setzen. — 585. Die Veränderung des handschriftlichen car ells in ganre, was,
wie Suchier vermutet, auf einem Hörfehler beim Diktieren beruht, ist durch-
aus nicht nötig; 588 ist wohl eher e zu streichen und perir in transitivem
Sinne zu nehmen: totas las gens. — 610 a/ coral ist unzweifelhaft entstellt;
den beiden unterm Texte geäufsertcn Vermutungen liefse sich auch noch
acorbel (von acorhar) an die Seite stellen. — 645. Die Stellung von ne oder
SUCRIER, DENKMÄLER PROV. LITERATUR U. SPRACHE. 15g
en ist sehr unwahrscheinlich; ich denke, es wird un autre zu lesen sein. —
Nach 674 ist ein Komma zu setzen. — 774 genügt eine Umstellung der
Worte: aycki es escrigt mit Synärese von i-es. Solche Fälle aus dem Nie.
hat Suchier S". 509 zusammengestellt. — Doch ich breche mit Bemerkungen
zum Nicodemus ab; nur noch zwei Stellen aus dem letzten Teile. 2315 ist
wobl de far stat ne far zu schreiben. 2349 f. ist allerdings der Reim Notte
: salvet möglich , da das Gedicht mehrfach ungenaue Reime hat ; indes da
auch die Wiederholung des Pronomens (Subjecies) ungewöhnlich, so läfst sich
vermuten, dais statt Nofte ins en es ursprünglich hiefs intret Nohe und die
Verse also zu schreiben sind
per V esduluvi» can intret
Nohe Parcha e* Il si (oder s*i) salvet.
Die in der Anmerkung zu 1824 angeführte Stelle aus Guillem de Cabestanh
ist doch von anderer Art als die des Nie, denn dort ist in cu* eu prezes
que nicht Relativum, sondern Konjunktion.
Auch für die folgenden Stücke beabsichtige ich nicht ein Eingehen auf
Einzelheiten des Textes; es sind: Die sieben Freuden Marias, Beichtformel,
Kalender, Alexius, die fünfzehn Zeichen des jüngsten Gerichts, die Kreuz-
legende.
Dagegen seien zu den folgenden Stücken, die zu den älteren der Samm-
lung gehören, einige Bemerkungen gestattet. Die Diätetik ist sicherlich noch
aus guter Zeit des 13. Jahrhunderts; dafs Matfre sie gekannt habe, macht S.
nach einigen Anspielungen sehr wahrscheinlich. Für die Abfassungszeit cha-
rakteristisch sind, wie S. S. 530 bemerkt. Plurale wie brasses und grosses ,
hinzuzufügen ist der einsilbige Gebrauch von sian V. 210, der dreisilbige von
sapias V. 156. 321. aost wird V. 339 einsilbig, dagegen V. 352 zweisilbig
gebraucht.
In V. 7 entfernt man sich weniger weit von der Überlieferung (ji' ieu
gen torn),' wenn man schreibt sieg* entorn mi (sedeat), wofür S. setzt veng*
entorn mi, — 35 ist vielleicht not venra statt non venra zu lesen. — 120 ist
das überlieferte hocs statt boscs wohl nicht anzutasten; es ist Auswerfung des
eines j, wie in aguetz, Critz, etz für aquests, Crists, ests. — 243 eissament
kann nicht im Sinne von *als ob' genommen werden, wofür es, wie die Anm.
angiebt, in der That auch an Belegen fehlt; sondern es ist zu schreiben
0 s*eras en ost eissamen, — 277 statt uns terminis würde ich lieber uns
termes schreiben: der Herausg. streicht uns, — 314 quet ist schwerlich richtig,
ich vermute ieut mandi especialmente wodurch auch V. 313 dann nicht als
anfiallende Überschrift dasteht, sondern in den Satz hineingezogen wird. —
424. Mit Recht nimmt die Anm. die Änderung qu*a zurück ; aber auch qu*en
ist nicht einmal nötig, da man qu*e schreiben darf.
*Des Sünders Reue' ist historisch und kulturgeschichtlich anziehend
durch die Beziehungen auf albigensische Lehren. Auf Ähnlichkeiten mit Las
novas del heretge macht der Herausg. S. 534 aufmerksam; eine Benutzung
des älteren Gedichtes ist daher wahrscheinlich. Dieses ist vor 1230 ent*
standen. Da wir auch hier schon die Plurale auf es (S. 535) finden , so ge-
winnen wir damit einen Anhaltspunkt für Altersbestimmung anderer Denk-
mäler, die die gleiche Bildung zeigen. Als charakteristisch wäre etwa noch
dreisilbiges comiat V. 73 liin/.uzufiigcn. Die seltsame Schreibung trtbhuls
1 6o RECENSIONEN UND ANZBIGEK. K. BARTSCH,
V. 12. 191 ist wohl nur Umstellung fur trebalks, da die Hs. mouilliertes / in
der Regel durch Ih bezeichnet. Die Schreibung Juseua V. 182 halte ich
nicht für richtig, sondern Juseva ; wäre eu hier Diphthong, so würde die Hs.
ihrero Gebrauche g'^xxâX'à jusieua geschrieben haben; der Umstand, dafs auch die
jüngeren Handschríñen hier e^ nicht f> haben, bezeugt die konsonantische
Natur des u, V. 382 ist wohl eher der Artikel als sus zu streichen , also
sus en crotz zu schreiben; die fehlerhafte Hinzufugung des Artikels nach en
findet sich auch V. 701. — 416 1. noù was wenigstens viel wahrscheinlicher
als die Synärese von 1 a, — 433 que i als zwei Silben gebraucht hat wenig
für sich; ich denke, es wird statt caja zu schreiben sein caira, — * 442 ein-
facher ist ni se muda, statt ni nos muda ; Hs. nis muda, — 462 en tenguda\
entenduda zu lesen ì — 498 f. die Umstellung beider Verse ist nicht notwendig,
wenn man tant iei — mesura als Parenthese nimmt. — 528 statt nan wohl
nom zu lesen; pregueira ist hier die Fürbitte Marias. — 557 fur la gent ist
legent zu lesen. — 561 auch hier ist die Synärese wohl in bei (Hs. hen 1),
nicht in 1 ac anzunehmen. — 611 relinqudm hält der Herausg. nach der Anm.
für lateinisch, mit Betonung auf der Endung; nicht diese Betonung wSrc hier
auffällig, sondern die Anwendung des lateinischen Wortes. Es ist lat. retín"
quamus\ der Wechsel zwischen Singular und Plural ist in unserem Gredichte
haufìg; vgl. perdam V. 459 etc. — 705 sufrías ist wohl schwerlich condit,
wie die Anm. annimmt, sondern steht für sufrirás, also derselbe Fehler, den
ich oben zu V. 433 wahrscheinlich machte. — 707. Die Adjektiva, mit denen
der Text nach der Lücke wieder beginnt, sind offenbar auf ein vorausgehendes
pecatz zu beziehen, das daher Reimwort der vorhergegangenen Zeile gewesen
sein wird. — 802 mortz wohl entstellt aus morns, und das überlieferte cane
vielleicht in tant zu ändern.
Zu Raimons von Castelnou * Doctrinal' Vermutungen auszusprechen, ist
allerdings gewagt, da eine zweite noch nicht ausgenutzte Handschrift der-
selben durch P. Meyer nachgewiesen ist; ich beschränke mich daher auf
weniges. In der Gegenüberstellung der Tugenden und Laster in V. 36 ff. er-
innert einiges auffallend an das alte Boethiusgedicht,
37 ^ que contra luxuria mi done castedat =
Bo. contra lucxuria sun fait de castitat,
\i e contra avareza almorna e largetat =
Bo. contr' avaricia sun fait de largetat.
Doch ist wohl kaum eine Bekanntschaft Raimons mit dem alten Gedichte an-
zunehmen. — V. 53 ziehe ich vor zu schreiben metr*e mas freguieiras, —
59. Wenn beide mal verge statt verges geschrieben wird, ist der handschrift-
liche Text im übrigen beizubehalten. — 164 Qu^el es homs, earn de verge,
vole naisser sanctament ist ein auffallend zerhackter Vers. Wenn man schreibt
car de verge vole naisser, wird er wesentlich besser dem Ausdruck nach. —
193 sai lassar mos ab son e far ajustament stimmt gewifs nicht blofs zn-
fallig mit dem Anfange von Peire Vidais Liede Ajostar e lassar sai tan gen
motz ab so überein. Denn wenn auch lassar motz e so eine technische Formel
ist (Diez, Poesie' S. 71), so gilt das doch nicht von ajostar, — 246 ist doch
wohl zu schreiben <^a sos pairos; denn wiewohl ein Dativ einer Person ohne
a stehen darf, so wird doch hier als Konjunktion que, nicht car erwartet.
In den beiden folgenden Versen sind die beiden hinteren Vershälften zu ver«
SUCHIER, DENKMÄLER PROV. IJTERATÜR U. SPRACHE. l6l
tauschen, wenn nicht mit Vertauschung von singues und siei%es, was noch
wahrscheinlicher, die ganzen Verse umzustellen. — 272. Statt des handschrift-
lichen comfermans scheint mir besser zu schreiben comfermnrs als mit S.
comfermacis, ein unbelegtes Wort, wie auch ein confirmatium nicht üblich
ist. — 344. Statt ein zweisilbiges que i einzufuhren, das seine Bedenken hat
(vgl. oben S. 160), ziehe ich vor aitai statt tal zu setzen. — 365. Statt que
zu streichen, möchte ich auch hier cT est mon statt d*aquest mon vorschlagen;
vgl. oben S. 158.
In Scrveri's Lehrgedicht V. 1 14 ist der Konjunktiv parja kaum denk-
bar ; ich lese par ja , ja als zweite Silbe eines zusammengesetzten Reimes
auch bei Pcirol {non ja). Zu konstruieren ist ja par {que) no res pogues
viure. — 195 pero ist in dieser Wortstellung nicht üblich, daher richtiger
wohl das Komma vor pero zu setzen.
Das gut überlieferte Gedicht von Gui Folqueys über die sieben Freuden
Marias giebt zu keinen Bemerkungen Anlafs, auch die demnächst sich an-
schliefsenden kleineren Stücke (XIV — XVIII) übergehe ich hier. Die Ten-
zone zwischen Aycard und Girard, die inzwischen K. Hofmann in Vollmöllers
Romanischen Forschungen S. 135 ff. hat abdrucken lassen, ist, was weder
Hofmann noch Suchier gesehen haben, in der Strophenform eines sehr be-
liebten Liedes von Peire Vidal (Gr. 364, 4) abgefafst. Eine direkte Benutzung
desselben ñndet sich in V. 45 qe greu trai hom foc de glaz ni de neu , was
aus Vidais Worten de la freída neu nais lo cristals don hom trai foc arden
entnommen ist.
In dem 'Bruchstück eines Romans', in welchem Suchier eine Vorstufe
des Eri of Tolous vermutet, was allerdings bei dem geringen Umfange des
Bruchstückes über einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit nicht hinaus-
zubringen ist, kann V. 50 lo quint o amendât nicht richtig sein; es wird zu
schreiben sein lo quinto 'das Fünftel, der fünfte Teil'; freilich kann ich das
Wort nicht belegen, man könnte auch quinte lesen, gebildet nach Analogie
von lo eente, das Hundertstel.
Die zu dem Liebesbrief (Nu) geäuf serte Vermutung, der Verfasser des-
selben möchte Aimeric von Pegulhan sein, stützt sich auf das zweimalige
Erwähnen der Assassinen bei diesem Dichter ; und in der That, wenn wir ein
Citat hei Guiraut von Borneil (Gr. 242, 45) und eine Stelle in Flamenca
(V. 684 C) abrechnen, bleibt nur Aimeric übrig.
In dem Descort (N 15) ist aufser an den Stellen, wo die Handschriñ
einen Absatz bezeichnet, auch bei V. 37 und 54 ein solcher zu machen.
V. 37 — 44 bilden einen vierteiligen Absatz , und vierteilig sind die meisten
anderen; nur V. i — 12 ist sechsteilig, V. 45 — 53 dreiteilig, und V. 54 — 59 zwei-
teilig. Letzterer Absatz wird aber nur dadurch regelmäfsig , dafs man V. 59
die fehlende Silbe hinzugefügt; es wird zu lesen sein car no (oder nom) vene
aUres bes. Die Vers- und Stropheneinteilung der Handschríñen ist bei den
Descorts bekanntlich eine sehr wenig zuverläfsige , ein Beweis, dafs die
Schreiber mit dieser von der gewöhnlichen Liedform abweichenden Form sich
oft nicht zu helfen wufsten. Noch an einer dritten Stelle aber ist gegen die
Hs. ein Absatz zu machen, bei V. 21. Diese als vierzeilig in der Hs. und
hei S. dargestellten Verse 21 — 24 bilden thatsächlich einen achtzeiligen Ab-
Zeltaohr. f. ron. Ph. VII. II
102 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. A. HORNING,
satz, der sich wie die meisten anderen in vier kleinere Teile gliedert und zu
schreiben ist:
Vos ai
entre las bellaçors,
car sai
qu*es de beutat la fior s.
Sius piai (Hs. platç),
eo ere queus er honors,
s*uei mai (Hs. mais)
mi fatç calque secors.
In der namenlosen Strophe (N 144) heifst non far raxon der letzten
Zeile * keine Rechnung machen ' d. h. nicht bezahlen müssen für das was er
genossen hat.
Die letzte Zeile des Gedichtes N 341 bedarf keiner Veränderung des
Überlieferten: com nei fe 'wie er heute that* ist ganz richtig. In dem fol-
genden Gedichte (N 386) ist na Comtensons V. 31 ein auffallender Frauen-
name ; sollte nicht na comtessa oder la comtessa zu lesen sein ? Einer Grafìn
von Carret gedenkt auch der gleichfalls zeitweise in Italien lebende Albert
von Sestaro (Gr. 16, 13). In dem nächsten Liede, von Aimeric von Belenoi
(N 412), verstehe ich das termen der 4. Zeile nicht; ich denke es mufs hcifsen
tornem,
N 458 ist in einer bekannten und beliebten Strophenform, von welcher
ich in der Zeitschrift für deutsches Alterthum ii, 157 f. zahlreiche provenza-
lischc und einen altfranzösischen Beleg gegeben habe.
In der Tenzone zwischen Raimbaut und Gauselm Faidit (N 459) ist
V. 55 f. zu schreiben
e la dompn^a lui eissamen
trait si traciol consen;
die Wiederholung des Particips ist nicht wahrscheinlich, wenn nicht zugleich
a wiederholt wird, und tracio statt tracia ist sicher.
Die Tenzone zwischen Giraldon und einem Grafen (N461) macht, schon
weil sie Lücken hat, mehrfach Schwierigkeiten. Z. 6 scheint mir nicht notig,
das überlieferte e in que zu verändern. Die Ergänzung von V. 22 trifft, wie
ich glaube, nicht das richtige. Die Lücke ist wohl überhaupt nicht nach
V. 21, sondern nach 23 oder in Vers 24 anzunehmen; denn die letzte Zeile
giebt, wie sie überliefert ist, auch keinen Sinn. Ich möchte den Schlafs der
Strophe so ergänzen:
ja en celiai non [la volgra tener
nuda la noit\ neis s^era reis de Fransa,
In V. 39 ist ve Va sa faicho eine auffallende Ausdrucksweise; ich lese e ja
lo jorn non veja sa faicho, mit demselben Übergang in den Konjunktiv bei
e ja wie in V. 6. — V. 41 ist überliefert
[ ] estre si en tnantenez tal raço,
wofür Suchier schreibt
Matstre, si en mantenez tal raço.
Da er nach V. 42 einen Gedankenstrich setzt, so scheint es, dafs er Giraldons
Rede erst mit 43 beginnen läfst, also 41. 42 noch dem Grafen zuteilt. Das
wäre aber ganz ungewöhnlich. Es ist vielmehr zu schreiben
SIEMT, ÜBER LATEIN. C VOR E UND I IM P1KÂRDISCHEN. 1 63
[^y"]ostr* esten tnuntenez tal raço,
*mit eurem Wissen, wissentlich*. In V. 52 ist das überlieferte cals — la nicht
anzutasten, nur mufs man dann ra schreiben.
In V. 4 der darauffolgenden Tenzone zwischen Bernart und Blacaz (N 462)
ist de wahrscheinlich zu streichen und zu interpungicren :
cal volriaz a voslr* obs retenir:
doas domnas bona s son ses falenza,
cal ist dann neutral zu nehmen, ebenso wie in V. 10. In der folgenden Ten-
zone (N 464) schlage ich vor V. 10 zu lesen e ja d*atzo no fo ja (Hs. no
save) mos parers. In der Tenzone zwischen Guionet und Pomairol (N 465)
ist V. 18 statt preza zu lesen prez a.
Den Schlufs der mitgeteilten Stücke bilden der Brief des Priesters
Johannes an Kaiser Friedrich, die Prosaauilösung des Evangelium Nicodemi,
Sibyllen Weissagung, und Libre dels yssamples. Die Abhandlung von Paul
Rohde über die romanische Weltchronik (S. 589—638) geht den Quellen der-
selben in ihrer Gesamtheit wie im einzelnen aufs sorgiältigste nach. Ein
Glossar (S. 639 — 645) stellt die bemerkenswertesten Worte zusammen. Hoffen
wir, dafs der zweite Band nicht lange auf sich warten läfst.*
K. Bartsch.
Oswald Siemty Ueber lateinisches c vor e und 1 im Pikardischen.
Inaugural-Dissertation. Halle 1881. 8<*.
In dieser Dissertation, die lehrreiche Zusammenstellungen giebt, wäre
eine strengere Anordnung des Stoffes erwünscht gewesen. Cy» ty, ce{i) mufsten
nach ihrer Stellung im Auslaut sowie vor und nach dem Ton sorgfältig ge-
schieden werden. So wären die Resultate deutlicher hervorgetreten, der Leser
wäre nicht in die Notwendigkeit versetzt, dieselben erst aus dem gesammelten
Material zu abstrahieren, und der Verfasser könnte sie mit vollem Recht als
sein geistiges Eigentum in Anspruch nehmen. — S. 16 wird darauf aufmerk-
sam gemacht, dafs in einer Reihe von Substantiven auf Vokal + x mit Accu-
sativ auf 'Cem {vox, pax) das dem Pikardischen eigentümliche ch (c) sich
nicht zeige, dafür aber s gesetzt werde, brebis, crois ... ; es seien im ganzen
neun Wörter. Aber es ist doch ein reiner Zufall, wenn poix (picem) und
souris in den benutzten Texten nicht vorkommen, und ist denn jene Er-
scheinung auf Substantiva beschränkt? Auch dis {decern) gehört hierher, das
S. 14 in einer Reihe mit oiseux und paisible steht, ebenso ^i (/<•«*) Ch. d* Aire
M81; Clary S. 14, Z. i. Es ergiebt sich die Regel, dafs auslautendes ce (i)
im Pik. durch s, nie durch c oder ch dargestellt wird. Damach ist das bei
Snchier Aue. und Nicol. S. 61 gesagte zu ergänzen. — Wie verhält sich
nun tyi Auf S. 14 finden wir mitten unter Bildungen, in denen palatales c
und assibiliertes / zwischen Vokalen in is übergehen, die beiden Wörter pa-
lais und pris (pretium) und zwar in einer Reihe mit oisel und fournaise. Der
Verf. verliert darüber kein Wort. Und doch mufste gesagt werden, dass nur
' [Herr Prof. S. teilt mir mit, dafs er S. 300 * Dansa* V. 39 jetzt liest:
E malan puesqu^esser mes „in Unheil möge er versetzt werden". G.]
II*
104 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. G. GRÖBER,
in diesen beiden Wörtern auslautendes 1y zu is wird und dafs eben in diesen
beiden Wöctern das Französische seit ältester Zeit s statt des erwarteten z
aufweist. — Über die anderen Formen mit auslautendem ty vor Vokal une
puteus erfahren wir Nichts. Ebenso fehlt ein Verzeichnis der Wörter mit cy.
Mögen dies immerhin bekannte Dinge sein, in einer Monographie über pik. c
vermisst man ungern Formen wie puestich (Ch. du Ponthieu) oder souplich (Ch.
d'Aire); lieber hätte man auf die lange Aufzählung der Wörter auf -ijö« auf
S. 12 und 13 verzichtet. Bei Besprechung der Verba auf -tiare wie aguisier
wäre die ausdrückliche Angabe er^vünscht gewesen, dass dem Verf. Bildungen
wie puchier oder apetichierj die z. B. im Chevalier au Barizel und im Octavian
vorkommen, nicht aufgestofsen sind. In den benutzten Urkunden fìnden sich
wie es scheint nur Formen auf -is, wie amenuisier.
Nicht richtig ist über justise, servise gehandelt. Es mufte strenger
zwischen prosaischen und poetischen Quellen geschieden werden. Was dann
die Prosadenkmäler betrifft, so durfte Ch. Vermand. LI nicht benutzt werden,
da sie (ein Vidimus Ludwigs des Heiligen) in ungemischtem Französisch ge-
schrieben ist. Die aus derselben beigebrachten Beispiele für justise, servise,
justisier (S. lo, ii, 15) fallen demnach weg. Auch in der Ch. von St. Pierre
d*Aire steht S. iii, 117 nicht /wj/ij^, wie Siemt S. 10 angiebt, sonátm justice.
Bei der Nachprüfung ergab sich mir das Resultat, dafs in den Prosaurkunden
in vielen hundert Fällen nur service {serviche), justice, prejudice vorkommt;
für servise und prejudise bleibt nur je ein Beispiel (S. ii), das für servise
steht noch dazu in einer Sammlung, in welche, wie der Verf. S. 3 sagt, sich
auch einzelne unächte Stücke eingeschlichen haben. Juise» das sich nur bei
Mousket fìndet, gehört nicht der Sprache des Volks, sondern derjenigen der
Dichter und Gelehrten an. Man wird demnach kein Bedenken tragen, in service
Mnò. justice die acht pik. Formen zu sehen und die Behauptung Siemts S. lO, dais
die Endung -ise in allen Texten neben -iche als gleichberechtigt steht, als eine
irrtümliche zurückzuweisen. Wertlos ist die S. 7 ausgesprochene Ansicht, dafs
justise die ursprünglich volkstümliche Form, justice eine Anlehnung an das
Latein sei ; wahrscheinlicher ist justise eine spätere Umbildung des ursprüng-
lichen yM^//Vr^. Die Thatsache, dafs in Jehan Bodels Congés sich nur die Formen
auf 'ise, in Mouskets Chronik beide, die auf ise und die auf 'ice finden, erklärt
sich am einfachsten durch die Annahme, dafs die Formen auf -ise in der litte-
rarischen Sprache eingebürgert waren und selbst bei pik. Dichtem die acht
volkstümlichen zurückdrängten. — Für office, edifice, avarice werden S. IO anf
Grund weniger vereinzelter Schreibungen mit -is Nebenformen auf -ise ange-
nommen ; vgl. auch S. 7 die Erwähnung von offise neben office. Beweisende
Reime sind nicht beigebracht. Wir werden an der Ansicht festhalten, dafs es
afrz. kein offise, avarise, edifise mit tönendem s gab. — Mit Recht wird S. 18
angenommen, dafs in Wörtern gelehrter Herkunft wie grasse, espace, dedicasse
ss oder e (wofür nie ch vorkommt) wie stimmloses s ausgesprochen wnrde.
Nur war zu erwähnen, dafs schon O. Knauer, Zur afrz. Lautlehre S. 24 sich
in ähnlichem Sinne ausgesprochen hatte. Auch Bildungen wie ahsense, diu-
gense S. 33 gehören hierher. — Clary LUI, 7 war servige zu notiren. —
S. 32, Z. 22 ist fache ein störender Druckfehler fur forche,
A. Horning.
ROBERT, INVENIAIRE SOMMAIRE DES MSS. DES BIBL. DE FRANCE. 1 65
U. Robert, Inventaire sommaire des manuscrits des bibliothèques
de France dont les catalogues n'ont pas été imprimés. 2^ fascicule.
Paris 1881, Picard, p. 129 — 288.
Fase. I wurde Zeitschrift IV 459 angezeigt. Fase. 2 umfasst Arsenal-
bibliothek (Rest) bis Dijon (Anfang), d. i. 50 Bibliotheken. Es mögen hier
die den ma. romanischen Litteraturen zugehörigen Hss., soweit sie als solche
erkennbar sind, bezeichnet werden.
Arsenal. Itinéraires No. 20 u. 675 Auszüge aus Marco Polo. No. 21
Jehan de Mandeville. — Hist. univ. No. 31 Chronique depuis Adam jusqu'à
Jésus-Christ. No. 33 Trésor des hystoires. No. 34 Histoire ancienne, compilée
d'après Comestor etc. No. 36 Mirouer hystorial, vol. II. No. 62 G. Pillastre
Thoyson d'or, l' livre. No. 63, 64, 65 Jacobus de Voragine (französ.). No. 66
Légendes des saints. No. 68 La vie Notre Dame; Gerson, le traité des X
commandemans de la loy; traité pour cognoistre qu'est pechié mortel; P. de
Liicembourg Epistres; Enseignements. No. 71 La vie St. Clement. No. 75
Vie de Marie et de Jésus. No. 86 Histoire ancienne. No. 87 Histoires
anciennes selon Orose. No. 88 Orose. No. 90 — 93 Josephus. No. 94 Le
livre du trésor, cent, un abrégé de l'histoire des Hébreux. No. 96 Jehan de
Courcy. No. 97 Curtius Rufus. No. 99 Raoul Lefèvre ; Hystoire troyennes.
No. 100 Les histoires de Rome. No. ici (104, 105?) Livius, trad. p. P. Ber-
cheure. No. 102, iio Hystoires romaines abrégées. No. 106 Livre de la i e
guerre punique von Leonard de A., übers, von Jeh. Le Bègue. No. 107 Le
fait des Romains. No. 108 Les commentaires de J. César. No. 109 David
Aubert, Chroniques abrégées. No. 113 Chronique des comtes de Savoie.
No. 141 Croniques et hystoires de France (bis 1383). No. 142 Chroniques
de St. Denis. No. 143 Chroniques de France, d'Angleterre et de Flandres
(1296 — 1370). No. 144, 145 Froissart. No. 146, 147 Eng. de Monstrelet.
No. 148 Ancienne Chronique de Valenciennes (1290 — 1345). No. 1 60 J. Char-
tier, Cronicque. No. 673, 674 Frère Hayton, Livre de la fleur des histoires
de la terre d'Orient. No. 676 Borchard Lalemant, Advis pour faire le saint
voyage, transi, p. J. Mielot. No. 677 A. Guillaume de Tyr. No. 677 Histoire
des guerres de la Terre Sainte. No. 678 bis Fragment d'un poëme provençal
sur la prise de Damiette ; Lettre du prêtre Jehan etc. No. 695 Heraldisches.
Roman de la marquise de Saluées. No. 874 — 877 bis Livre de Jehan Boccace
des cas nobles tr. p. Laurent Premierfait. No. 880 G. Chastellain, Le Temple
Boccace. (No. 883 Barbazan, Biographien afrz. Dichter und Auszüge aus ihren
Werken). No. 887 — 890 Valerius Max. p. Simon de Hesdin. No. 893 Jehan
Courtecuisse , Le Livre Sénèque (abrégé). — Mss. Espagnole etc. No. 22
Historia de Eutropio, No. 23 Martin Polono, Cronica. — Mss. Italiens
No. 5 Laudi di Gesù-Cristo, di Maria vergine et di alcuni santi, XIII — XIV S.
No. 12 Petrarcha, Remedia trad. p. G. da Sanminiato. — Bei den S. 206 fí*.
mitgeteilten Ergänzungen und Verbesserungen sind meine 1. c. veröffentlichten
Angaben nur zum Teil verwertet. Bei S. 117 No. 175 fehlen noch: fol. 203
Reclus de Moliens, Miserere, fol. 300 La prière Theophilus, fol. 307 Dit de
Gentilece, fol. 311 ein dit ohne Titel. Bei S. 117 No. 176 ist nicht verbessert:
X[V]III s. (3473). Den reichen Inhalt der Hs. No. 283 (S. 120) lernt man
immer noch besser aus Le Roux, Sept Sages (s. meine Ergänzungen dazu 1. e.)
kennen, als durch den Nachtrag auf S. 208.
1 66 KECENSIONEN UND ANZEIGEN. A. GASPARY,
Avignon No. 376 Theologica und Moralia in Prosa und Versen; die
Titelangaben erlauben nähere Bestimmungen nicht.
Bagnèrcs No. io — 21 enthalten Jubinals Copien franz., span., ital. Dich-
tungen. No. 32 Oeuvres inédites d'E. Deschamps. No. 40 — 42 Copien Méons
und Trébutiens.
Beauvais No. 5 [Cristine de Pizan] Epistre d'Othéa. Roman de Mélibée.
Bourg No. 76 Le St. Graal, mutilé.
Chalons-sur-Saone No. 28 „Roman gothique p. ex le roman de la
Rose suivi du Codicille de Meung, mentionné par Buchón, Rapport S. 34 — 35."
Chalons-sur-Marne No. 58 — 60; in 61; Legenden (frz.?)
Chateauroux No. 2 La chanson de Roland. No. '6 Copie de la ch.
d. Roland, faite d'après le ms. de Venise par Bourdillon 1838.
Cherbourg No. 5 Histoire scolastique de Pierre le Mangeur. No. 6
Psautier (?). No. 8 [Guillaume de Guilleville] Le pèlerinage de la vie humaine.
Cl un y No. 112 Boccaccio, de montibus etc.
Coutances No. 33 Roman des François par André de Contances.
Dijon No. 104 Traité de div. temptacions. No. 205 Le jeu des Elchecs
moralisé. No. 298 beschrieb G. Paris im Bull, de la Soc. des Ane. Text. 1 875.
No. 300 Chanson de g. des Loherains, s. Roman. III 78 flf. No. 313 Jean de
Mandeville. No. 323 Les ystoires a tous les aages dou monde. No. 330, 331
Guillaume de Nangis. S. 366 La 30 partie des costumes de l'ordre de Char-
trouse laquelle appartient es frères lays. No. 393, 395 Legenden (frz.?).
G. Gröber.
Giornale di Filologia Romanza. No. 8 (voi. IV, fase, i — 2).
A. Gaspary, Il Poema Italiano di Florio e Biancofiore, sucht zu zeigen,
dafs der Verfasser des Poems aus Boccaccios Filocolo und einer anderen
Quelle zugleich geschöpft habe.
Fr. Torraca, Reliquie Viventi del Dramma Sacro nel Napoletano,
gicbt eine Aufzählung und Beschreibung der Aufzüge und Vorstellungen aas
der heiligen Geschichte, welche noch heute in zahlreichen Ortschaften des
Neapolitanischen üblich sind, alphabetisch geordnet nach den Namen der
Ortschaften. Hierauf folgen Nachrichten über geschriebene und gedruckte
religiöse Schauspiele, soweit deren zur Kenntnis des Verfassers gelangt sind,
mit Inhaltsangabe und unter Mitteilung verschiedener Stellen. Sie sind mo-
dernen Ursprungs und rühren von gebildeten Dichtern her.
A. Machado y Alvarez, Jìiegos Infantiles Españoles.
G. Mazzatinti, Storie Popolari Umbre.
E. T e z a , Versi Spagnuoli di Pietro Bembo, giebt die in den Werken
Bembos gedruckten spanischen Gedichtchen nach dem Autograph des Ver-
fassers, und zum Schlüsse das kurze spanische Gedicht der Lucrezia Borgia.
O. Antognoni, Le Glosse ai Documenti d* Amore di M. Francesco da
Barberino e un breve trattato di ritmica italiana. Antognoni hat sich der
Mühe unterzogen, die lateinischen Randglossen, welche Francesco da Barbe-
rino seinem poetischen Traktate hinzugefügt hat, zu studieren und ist im Be-
griffe, den Teil derselben zusammenzustellen, der anekdotenhafte Züge cnt-
GIORNALE DI FILOLOGIA ROMANZA. NO. 8. 167
bali. £s ist dies ein sehr dankenswerthes Unternehmen ; denn jene Glossen,
die schwer lesbar sein sollen, sind bis jetzt wenig, selbst von Ubaldini nur in
einer schlechten Abschrííl benutzt worden; Bartsch hat einige für die Litte-
rat Urgeschichte wichtige Bemerkungen aus ihnen ausgezogen (Jahrb. vol. XI),
welche ihre Bedeutung hinreichend beweisen. Eine Stelle publizierte auch
Del Lungo, Dino Comp. I 411 ff. (Dazu kommt jetzt eine mir noch unbekannte
Arbeit von Thomas, Francesco da Barberino, étude sur une source nouvelle
de la littérature provençale. Pubi, de Técole frse. de Rome, 1882). Zudem
geht dieser Teil der Hs., wie berichtet wird, dem Verderben entgegen, so
dafs die Zeit drängt, ihn besser bekannt zu machen. Antognoni teilt hier
zunächst Francesco's Äufserungen über metrische Dinge mit, welche in zwei
verschiedenen Glossen enthalten sind. Dazu schickt er eine Reihe schätz-
barer Bemerkungen über den Dichter und die Hs. voraus. £r thut in über-
zeugender Weise dar, dafs die Miniaturen, welche einen integrierenden Teil
des Werkes bilden, und an die sich der Text erklärend anschliefst, wohl von
dem Dichter ersonnen, aber nicht von ihm selbst ausgeführt sind, wie Ubal-
dini glaubte (p. 85 f.). Er berichtigt einen Irrthum von Bartsch, als ob Fran-
cesco ein lateinisches Distichon von Dante angefahrt hätte, während die Hs.
nicht Arrigkerius» sondern Arrighettus als Verf. der folgenden Verse nennt:
Quem semel orrendis masculis infamia nigrat
Ad bene tergendum multa laborat aqua.
In der That sind sie von Plenricus Septimellensis , und stehen De divers.
Fort. I 19. Aus Francesco's Vorschriften für die dichterische Form schliefst
A., dafs derselbe in den 1 6 Jahren , die er an seinem Kommentar arbeitete,
^ne eigenen Ansichten geändert haben müsse, da er Gewohnheiten als
Fehler tadelt, die man ihm selbst in seinen Gedichten nachweisen kann. Die
metrischen Gesetze Francescos, die hier publiziert sind, lehren zwar an sich
nicht viel Neues, aber sie haben, wie der Herausgeber mit Recht bemerkt,
eine Wichtigkeit durch die Terminologie, welche sie uns bekannt machen,
und welche teilweise von der bei anderen alten Mctrikem verwandten ab-
weicht. Die Glieder der Canzonenstrophe vor der Diesis werden wie bei
Dante pedes genannt, die nach derselben aber nicht versus, sondern voltae,
wie später Trissino that. Für die Ballade gebraucht Francesco gleichfalls die
Ausdrücke pedes und volta, hier in Übereinstimmung mit Antonio da Tempo ;
die ripresa nennt er responsum, wie Gidino neben represa auch resposa sagt;
auch die Leys d'amors bezeichnen diesen Teil der Ballade als respos oder
r espost (neben refranh)^ I 202, 286, 340, und Dante unterschied (de vulg. el.
II 8) die Canzone von der Ballade, indem er sie als „aequalium stantiarum
sine responsorio ad unam sententiam tragica conjugatio" definierte. In der
That ist ja der Refrain, der nach jeder Strophe vom Chore wiederholt wurde,
gleichsam eine Antwort auf den Gesang der einzelnen Stimme, wie es im
Roman de la Violette heifst (p. 38):
Gerars chanta, si con moi semble,
Ceste chançon par devant tous.
Dont clers et haus estoit li tons,
Et chascuns d'iaus respondu a:
„Ensi va ki bien aimme,
Ensi va".
1 68 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. A. GASPARY,
Die Terzette des Sonetts nennt Francesco nicht voitae, wie Antonio, sondern
mutae und slimmt darin mit Cecco Angiolieri überein, in einem der Sonette
an Dante : ,, Ch'ai meo parer, nell* una muta dice . . .", und mit Pieraccio Te-
daldi, in seinem Sonett: „Qualunque vol saper fare un sonetto". Francesco
bezeichnet als simplices die Sonette mit der Reimordnung a b a b, als ccUenaH
die mit abba, also auch hier anders als Antonio; das soniiium duplex hat
die bekannte Form. Das Serventese behandelt er verächtlich: „Serventese a
probis expiravit, et si vis scire, cecos audi", ohne von der Form zu reden.
Er erwähnt als besondere Gattung die gabula, die Einzelstrophe, die den
provenz. coblas esparsas entspricht. Der Unterschied der Gattungen, die er
discordtum, concordium und contentio nennt, wird, bei seiner kurzen und
dunkeln Ausdrucksweise, nicht recht erkennbar; ebenso bleibt bei Erklärung
anderer Benennungen manches unklar. Der Name lamentatio (prov. planh)^
sagt er, sei untergegangen; man bezeichne jetzt die Klagelieder einfach als
Canzonen. Consortium habe man ehedem die zu einer vorhandenen Melodie
gedichteten Worte genannt; jetzt hiefsen sie, nach der Gattung der Musik,
caribo» nota, stampita. — P. 97, Z. 3 v. u. ist offenbar zu ergänzen [foc unam
mutam ad similitudinem] XL K« regule ....
A. Graf, Un testo provenzale della Leggenda della Croce, giebt die-
selbe provenz. Version der Legende vom Kreuzholze, aus Ms. Harl. 7403 des
Brit. Mus., welche inzwischen auch Suchier publiziert hat (Denkmäler prov.
Lit. u. Spr., Halle 1883, p. 166).
Th. Cart, Sopra alcuni codici del Tesoretto di Ser Brunetto Latino,
beschreibt in Kürze 12 Hss. des Tesoretto und vergleicht sie an einigen
Stellen, wie er selbst anerkennt, zu wenigen, um ein definitives Resultat über
ihre etwaige Verwandtschaft zu erzielen. Für die wertvollsten Hss. hält er
die der Riccardiana und die von Brescia, und letztere fur die dem Original
am nächsten stehende, weshalb sie beide die Grundlage einer neuen Aus-
gabe zu bilden haben. Danach kämen Laur. Plut. XL, cod. 45 und Strozzi
146, endlich noch Naz. E, 5, 5, 29 und Laur. Plut. XC, inf. 47. Die ande-
ren seien ziemlich wertlos. Am Ende des Cod. von Brescia steht hinter den
Versen Et ei con bella risa Rispose in questa guisa noch folgendes:
Chel gran thesor devisa
In la lingua francisa.
Dieses könnte für die Ansicht geltend gemacht werden, dass die fehlende
Fortsetzung der frz. Trésor bilden sollte; doch sind die beiden Zeilen offen-
bar nur ein nicht vom Verfasser herrührender Zusatz, da sonst im Tesoretto
nicht 4 Verse denselben Reim haben.
A. Graf, Sopra i Versi 58—60 del Canto XXX JJ del Purgatorio,
führt als einen „riscontro curioso'* zu Dantes Worten Afen che di rose e piìi
che di viole Colore aprendo s'innovò la pianta, eine Stelle aus den von Foerster
publizierten gallo-ital. Predigten an, wo die Rose Symbol der Märtyrer, das
Veilchen das der heiligen Jungfrauen und keuschen Wittwen ist. Er macht
zugleich auf die andere Stelle aufmerksam, wo der Löwe die bösen Fürsten,
der Leopard die Häretiker bedeutet, und meint, die letztere Verwendung des
Bildes könne zur Erklärung der Danteschen Allegorie beitragen. Graf selbst
bemerkt am Ende, bei den kirchlichen Schriftstellern des Mittelalters wechsele
die symbolische Bedeutung der Tiere vielfach. Was hat es also für einen
IL PROPUGNATORE. XV. I E 2. 1 69
Nutzen, die erste beste Stelle aus einer Predigt neben Dantes Verse zu stellen
und damit den Wust der Deutungen zu vermehren, wenn man nicht wenigstens
versucht, ob sich die neue Erklärung durchfuhren lasse?
Rassegna Bibliografica. A. Graf, Ruma nella memoria e nelle im-
maginaùoni del medio evo (O. T.). Canello, Storia della Letteratura Italiana
nel sec, XVI (F. Torraca).
Bollettino Bibliografico.
A. Gaspary.
n Propugnatore. Anno XV, parte I, disp. i>* e 2«, gennaio, febbraio-marzo,
aprile, 1882.
Vincenzo Pagano, Della Lingua e dei Dialetti d^ Italia. Der Verf.
beginnt hier wieder eine seiner confusen Auseinandersetzungen über Dinge,
von denen er nichts versteht. Es ist zu bedauern, dafs der Propugnatore
sich mit solchen Schreibereien verunziert.
Carlo Gambini. Risposta al critico del Fanfulla della Domenica etc.,
weist die Angrtfie gegen seine Bemerkungen über Rigutinis Wörterbuch zurück.
Pierangelo Bucciolini da Foligno, Leggenda di S. Feliciano, in
ottava rima, publiziert von Antonio Mancinelli aus einem jetzt der Comunal-
bibliothek von Foligno gehörigen Ms. Das Gedicht von 183 Oktaven, deren
erste 86 hier mitgeteilt sind, giebt in einer stark mundartlich gefärbten Sprache
eine ziemlich dürre Erzählung der Bekehrung Umbriens durch den Heiligen.
Es ist interessant durch die Zeit, in der es abgefafst ist, und aus welcher die
poetischen Denkmäler nicht eben zahlreich sind. Es entstand spätestens 14T4
und in Foligno, also an demselben Orte und nur wenig später als der Quadri-
regio Frezzis.
Vittorio Imbriani, Le Canzoni Pietrose di Dante Allaghierù Fort-
setzung. Imbriani zeigt, dafs die Gedichte sich nicht, wie Amadi wollte, an
Piera degli Scrovegni richten können ; die Liebe, die sich in ihnen ausdrücke,
sei die eines Jünglings, und das Verhältnis müsse vor die Verbannung fallen,
auf die wohl sonst auch in den Liedern angespielt wäre. Piera war Padua-
nerin, and eine Bewohnerin dieser Stadt hat Dante schwerlich je geliebt;
hätte er sonst die Sprache so heftig im de vulg. el. tadeln können, welche
ihm von angebeteten Lippen geklungen? Was die Hauptsache ist, Imbriani
ilhrt Zeugnisse dafür an, dafs die Scrovegni im Jahre 1327 noch in jugend-
lichem Alter gestanden haben mufs. Er zeigt ferner vortrefflich, wie Amadi
dorch Worte Bernardino Scardeones zu seiner Annahme verleitet worden sein
wird. Hierauf geht der Verf. daran, eine eigene Hypothese über die in den
Gedichten besungene Person zu entwickeln. Er bemerkt, dafs man unrecht
thoe, die Commedia für ein Werk aus einem Gusse zu halten, dafs Dante
sie mit anderer Absicht begonnen als vollendet habe; zu Anfang sei es nur
der Gedanke der persönlichen Reinigung von seinen Lastern gewesen, der
ihm vorschwebte. Imbriani fragt sich, wo der Dichter im Inferno Mitleid
empfinde und weine, und findet, es sei bei der Strafe für Sünden, von denen
er selbst nicht frei gewesen (vgl. J. Klaczko, Causeries florentines p. 89 f.).
Nun gelangt er zur Geschichte von Paolo und Francesco, und indem er mit
I 70 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. A. GASPAR Y,
aller Gemächlichkeit die Commenlatoren citicrt, beschliefst er wieder eine der
homöopathischen Dosen seiner Untersuchung, ohne dafs der Leser eine Ahnung
hat, worauf er hinaus will. — Wie gewöhnlich fehlt es auch in diesem Auf-
satze Imbrianis nicht an Schmähungen derer, die Dante eine so „abgeschmackte,
alberne, unmännliche, sentimentale, spirituale, heuchlerische Liebe** zuschrei-
ben wie die zu einer Beatrice von Fleisch und Blut (p. 67). Wollten Im-
briani und Bartoli, der sich jetzt zu ihm gesellt hat, mit grösserer Ruhe und
Kaltblütigkeit ihre Ideen durchzuführen versuchen, so würden sie vielleicht
dabei auf mehr Schwierigkeiten und Widersprüche stofsen, als sie in der
Hitze ihrer sittlichen Entrüstung vermuten.
S. V. Bozzo, V Elenco dei Feudatari Siciliani sotto re Federico II
l* Aragonese, weist mit zahlreichen Argumenten Di Giovannis Einwürfe gegen
seine Datierung des Documentes (1336) zurück und begründet diese von neuem.
Luigi Ruberto, Gli Epigrammi del Baldi, Der Verfasser will die
im Jahre 1 614 vollendete umfangreiche und erst zum kleinen Teil publizierte
Epigrammensammlung Bernardino Baldis von Urbino besser bekannt machen,
deren autogrnphische Mss. sich in der Nationalbibliothek zu Neapel befinden.
Ruberto vergleicht die Gedichte mit ihren klassischen Mustern und charak-
terisiert sie nach ihrem Inhalt und ihrer ästhetischen Bedeutung. Die Dar-
stellungsweise hat etwas Lockeres und Phrasenhaftes; vulgäre Dinge werden
mit prätentiösen Umschweifen vorgetragen; von den poetischen Eigentümlich-
keiten des guten Abtes von Guastalla erhält man kein deutliches Bild.
Alfonso Mióla, Le Scritture in volgare dei primi tre secoli della
lingua ricercate nei codici della Bibl, Naz. di Napoli, Fortsetzung.
Rodolfo Renier, Un Poema Sconosciuto degli ultimi anni del secolo
XIV, Die Hs. Magliab. II. U. 128 enthält ein ungedrucktes Gedicht in 38
Gesängen von Jacopo da Montepulciano über die tugendhafte Liebe. Der
Codex ist stark beschädigt; aber Magliab. cl. VII. 363, palch. 8 bietet eine
Copie, die genommen worden, als jene Hs. noch unversehrt war. Renier teilt
hier den Dedicationsbrief Jacopos an Luigi di Manetto Davanzali mit, ein
nach der Weise der Zeit in gewundenem, schwülstigen Stile verÛMstes und
daher bisweilen dunkeles Schríñstück, in welchem der Verfasser über Ver-
bannung und Verfolgung klagt, und den ihm von Luigi gestellten €regen-
stand seines Gedichtes bespricht. Er hat es Fimerodia genannt, d. \, famoso
canto d* amore ; es soll lehren, mehr die Tugend als die Schönheit der Franen
zu lieben. An manchen Stellen ist wohl falsche Interpunktion an der Dunkel-
heit schuld, wie p. 183, vorletzte Zeile, 1. ma quanto la ragione ha soferto,
mi sono disteso . . .
Luigi Gaiter, Vocaboli e Modi di dire dei dialetti Siciliano e Veronese
riscontrati nel Decamerone,
Luigi Gaiter, Postilla cui uno Stornello, sucht eines der von Pietro
Pietri im Propugnatore publizierten stornelli toscani mit Hilfe eines Sprich-
wortes zu deuten.
Carlo Gargiolli, Una Novella del Pecorone, G., der eine kritische
Ausgabe des Pecorone vorbereitet, giebt hier die 2. Novelle des 5. Tages
nach der Lesart einer laurenz. Hs.
Giuseppe Biadego, Due Sonetti di Gian Nicola Salerno, G. N. Sa-
lerno aus Verona (1379 — 1426), von dem B. als Einleitung eine biographische
IL PROPUGNATORE. XV. 3. I 7 I
Nachricht giebt, war bisher bekannt durch seine öffentliche Tätigkeit als Po-
destà und Prätor verschiedener italienischer Städte, als Senator von Rom, nicht
als Dichter, auf welchen Titel er freilich auch durch die von B. aufgefundenen
2 Sonette einen nur sehr zweifelhaften Anspruch erhält; denn sie sind gar
nichts wert. Das eine ist religiösen Inhalts, das andere scherzt über eine
fürchterliche rote Nase.
C. Arila, Una lezione inedita del Conte L. Magalotti» scherzhafte Apo-
logie des von M. bei seiner Aufnahme in die Accademia della Crusca ange-
nonunenen Namens und Emblems, welche der Censor angegriffen hatte; sie
ist von Arlia aufgefunden, und, wie fast alle jene Scherzreden der alten
Akademiker, heute schwer verdaulich.
Bibliografia.
Anno XV, parte I, disp. 3tt,4maggio-giugno, 1882.
Vincenzo Pagano, DeUa Lingua e dei Dialetti </' Italia, Fortsetzung.
Gennaro De Rosa, // Petrarca ed i suoi trionfi, giebt eine geistlose
und verworrene Darlegung des Grundgedankens der trionfi. Als Probe mag
der folgende Satz von bewundernswerter Eleganz dienen, den ich mich nicht
rühmen kann verstanden zu haben (p. 299) ; Qual momento piti dolce della sua
väa fu per lui, se non quello in cui la sua donna, prendendo seggio nel cuore
délf amante, diviene non pur come viva hnmagine, ma eziandio come affetto:
non pur come elemento oggettivo, ma anche come pensiero del poeta che la
contempla? oder (p. 302): Chi è costui che nutre il core di sospiri nella sua
prima gioventù, il quale, vissuto sempre vagante per amor di novità, Pirre-
quieto suo spirito non ha ferma dimora P Mit solchen Blumen ist der Auf-
satz reich geschmückt.
Giovanni Pinelli, La Moralità nel Deca mer one. Der Verfasser glaubt
allen Ernstes an die moralische Absicht des Buches, auf die der lustige Boc-
caccio bisweilen hingedeutet hat. Indessen wie erklärt sich dabei die laxe
Moral des Autors selbst? Teilweise damit, dafs Boccaccio, um besser zu
wirken, sich verstellt und sich ein den Zeitgenossen ähnliches Ansehen giebt;
er mache es wie der Chirurg, der den Patienten mit Chloroform betäubt, ehe
er schneidet (p. 323). Jedenfalls wäre das eine seltsame Manier; wer mora-
lisch bessern will, pflegt doch nicht zu betäuben, sondern aufzurütteln. Ferner,
meint der Verfasser, sei Boccaccio oft nicht zu tadeln, wenn er gegenüber
den verkehrten Verhältnissen der Zeit die Rechte der Sinnlichkeit verteidige.
Schwerlich geschieht Boccaccio damit ein Gefallen, wenn man das Decame-
rone zu einem moralischen Lehrbuche machen will; dasselbe ist als Kunst-
werk und mit der Absicht zu ergötzen entstanden; die moralischen Sentenzen
sind ein Überrest aus den alten Novellensammlungen mit praktischer Tendenz ;
bei Boccaccio sind sie nicht eben ernst gemeint; sie dienen besonders als be-
queme Einleitungen der Erzählungen, als Übergänge, wie später bei Ariosto.
Rodolfo Renier, Un Poema Sconosciuto degli ultimi anni del secolo
XIV. Fortsetzung. Renier giebt die Analyse des Gedichtes und lange Bruch-
stücke ans demselben. Es behandelt in drei Büchern von zusammen acht-
unddreifsig Kapiteln in Terzinen einen wenig anziehenden und unfruchtbaren
Gegenstand mit gröfster Weitschweifigkeit. Der Dichter erzählt, wie er, in
eine Alessandra (de' Bardi) verliebt, grofse Qualen erduldet ha'be, wie ein
172 RF.CENSIONKN UND ANZEIGEN. A. GASPARY,
Freund ihn von der sinnlichen zur geistigen Liebe bekehren wollte, wie Venus
in einem Traume ihn vom Reiche der Diana mit Versprechungen wieder in
das ihre verlockte, wie Cupido einen vergeblichen Angriff gegen die Schöne
versuchte, wie Jupiter selbst, im Streite zwischen Venus und Diana, Alessandra
für der letzteren Eigentum erklärte, und endlich auch das Herz des Dichters
selbst nur noch die Flamme der reingeistigen Liebe empfand. Die Erfindung
ist schwach, die Komposition unglücklich ; der Autor kämpfe mit der schwie-
rigen Terzinenform und der Unbestimmtheit seiner Gedanken, so dafs er nicht
selten dunkel bleibt. Indessen hat das Gedicht ein gewisses Interesse als ein
neues Zeugnis dafür, wie sehr damals die allegorische Form und der gelehrte
Prunk der Triumphe beliebt war. Der Einflufs von Boccaccios Amorosa Vi-
sione und Petrarcas Trionfi ist offenbar. Überall, wo es möglich ist, erschei-
nen die langen Aufzählungen von Beispielen aus der alten Geschichte und
Sage, sei es, dafs der Freund an diejenigen erinnert, die im Triumphzuge
der vom Dichter im Traume geschauten Fama folgten, sei es, dafs die Sticke-
reien der Tugenden beschrieben werden, die Alessandra begleiten, sei es, dafs
Venus dem Dichter von ihrer Macht erzählt oder ihm die Bilder in ihrem
Tempel auf Cythera zeigt. Vielleicht war diese Schaustellung seiner Gelehr-
samkeit dem Dichter sogar die Hauptsache, und Alles andere nur Vorwand.
Bemerkenswert ist in den langen Listen die Aufführung des personifizierten
Florenz, welches in einem Triumphwagen der Fama nacheilt (p. 348 ff.) and
neben sich berühmte Florentiner hat, Dante, Petrarca, Boccaccio, Zanobi da
Strada, Giotto, Paolo dall'Abaco und andere, während für Coluccio Salutati,
Filippo Villani, Francesco degli Organi, die zur Zeit der Abfassung des Ge-
dichtes noch lebten, Sitze in Bereitschaft gehalten sind.
L. Ruberto, Gli epigrammi del Baldi, Fortsetzung.
Antonio Mancinelli, Leggenda di S, Feliciano scritta da Pierangelo
Bucciolini, Fortsetzung.
L. Gaiter, Lettera al Prof, Antonio Stoppani, zeigt, dafs Stoppant in
der Schätzung des wissenschaftlichen Wertes von Dantes Abhandlung De
Aqua et Terra sehr übertrieb, und dafs die meisten der bei Dante bewun-
derten wissenschaftlichen Wahrheiten sich schon in Brunetto Latinis Trésor
finden.
Gaiter, Zambrini, Giannini, Bibliografia.
Anno XV, disp. 4» e 5«. Luglio, Agosto — Settembre, Ottobre, 1882.
G. Mazzatinti, Un Profeta Umbro del Secolo XIV, giebt Lebens-
nachrichten und Charakteristik des Franziskaners Tomasuccio von Foligno
(1309 — 1377), eines Nachfolgers Jacopone*s von Todi, dessen Geist auf ihn
übergegangen war. Eingehender handelt M. von der Profezia, einem Gedichte
von der Form, die man Frottola oder Serventese nennen kann, voll heftiger
Satire gegen die avignonesischen Päpste und viele italienische Städte, roh
und dunkel, ohne literarischen Wert, doch charakteristisch für den Dichter
und seine Zeit. M. teilt längere Auszüge nach einer Hs. der Bibliothek des
Seminario in Foligno mit, die noch nicht benutzt worden ist, und die der
Sprache ihre idiomatische Färbung wahrt. Es folgen noch Angaben und
Proben von anderen poetischen Prophezeih ungen , die mit gewisser Wahr-
scheinlichkeit Tomasuccio zugeschrieben werden können.
IL PROPUGNATORE. XV. 4 E 5. 1 73
R. Renier, Un Poema Sconosciuto degli ultimi anni del secolo XIV,
Fortsetzung. Der Verfasser läfst noch eine kurz zusammenfassende Analyse
und Würdigung der Fimerodia folgen, deren poetischen Wert er übertreibt,
obgleich er ihre Fehler anerkennt. Er macht auf die Nachahmung Dantes
und des Roman de la Rose aufmerksam. Den Schluss bildet eine vortreffliche
Untersuchung über die Person des Autors, die Zeit der Abfassung und über
in dem Gedichte erwähnte Persönlichkeiten, wobei es Renier glückt zu ganz
sicheren und positiven Resultaten zu gelangen. Der Dichter Jacopo da Montcf-
polciano ist Jacopo di Bertoldo novello, von der im Besitze der Signorie von
Montepulciano befindlichen Familie del Pecora, 1385 aus seiner Vaterstadt
vertrieben, 1390 in Florenz in das Gefängnis der Stinche geworfen, wo er
sich, in grofsem Elende und von Almosen lebend, noch 1405 befand. Es
giebt von ihm noch andere Gedichte. Ein Capitolo, welches die tröstende
Vision einer verstorbenen Geliebten erzählt (wohl in Nachahmung von Petrarcas
Trionfi), von einem Jacopo da Montepulciano, der wahrscheinlich mit dem
Verfasser der Fimerodia identisch ist, teilt Renier, p. 64 ff. nach der Vat. Hs.
3212 mit; es steht poetisch höher als das grofse allegorische Poem. Ein Cod.
Chig. enthält fünf Lauden , die Cugnoni publizieren wird , ein Pergament der
Capitular -Bibliothek zu Prato das Fragment eines Capitolo an die Jungfrau,
publiziert von Pelagatti, Prato, 1882. In der Fimerodia erzählt der Dichter
stets in erster Person; er will aber damit, wie der Widmungsbrief sagt, nicht
eigene Erlebnisse, sondern die Luigis di Manetto Davanzali darstellen; dieser
ist der Protagonist, der Liebhaber der Alessandra de' Bardi. Renier beweist,
gestützt auf die Äufserungen des Dichters selbst, dafs die Alessandra di Ric-
.cardo de' Bardi gemeint ist, welche 1384 Niccolò di Lorenzo di Guido
Sassolini heiratete. Da endlich der 1397 gestorbene Francesco degli Organi
noch als lebend bezeichnet ist, und der Verfasser sich doch schon im Ge-
fangnisse befand, so fallt die Entstehung des Gedichtes zwischen 1390 und
'397* — P* ^3> ^^ einige Beispiele für die Mangelhaftigkeit von Jacopo's
gelehrter Bildung aufgeführt werden, ist das eine zu streichen. Wenn der
Dichter die Dido in den Bildern der Keuschheit erscheinen läfst, so ist das
nicht so befremdlich [incredibile a dirsi), wie R. sagt; oder wir müfsten auch
Petrarca fur einen Ignoranten erklären, der Dido gleichfalls unter die Muster
der Keuschheit setzte, im Trionfo della Castità, und ihren Ruf in seinen Briefen
(Sen. IV, 5) und in der Africa (111,424 ff.) verteidigte, wie dieses auch Boc-
caccio that, De cas. vir. ill., 1. II, und De Gen. De. VI, 53.
V. Imbriani, Le Canzoni Pietrose di Dante, Fortsetzung. Der Ver-
fasser fahrt fort in den langen Citaten aus den Commentatoren über die Scene
der Francesca da Rimini, indem er sich für die alte Ansicht entscheidet, dafs
Dante's grofìser Schmerz nicht blofs aus Mitleid, sondern aus Gewissensbissen
stamme. Dann beginnen historische Nachrichten über die Persönlichkeiten
Paolo's und der Francesca.
G. Pin ell i, La Moralità nel Decamerone, Schluss. Dafs Boccaccio
die Welt schilderte, wie sie war, und nicht selbst sie erst corrumpierte, kein
Zweifel; ob er sie verbessern, moralisch wirken wollte, ist eine ganz andere
Frage. Er schrieb zum Vergnügen, das sagt er selbst. Freilich kann man
sich, wenn man durchaus will, aus jeder Novelle heut' eine gute Lehre ziehen ;
aber es ist sehr zu bezweifeln, ob der Autor sie hineingelegt hat. Pinelli
174 RECRNSIONRN UND ANZEIGEN. A. GASPARY,
nimmt Boccaccio gar zu ernst. Wer die Literatur des Mittelalters und der
Renaissancezeit kennt, wird es sich nicht einfallen lassen, Boccaccio wegen
des Decameron anzuklagen ; aber man sollte auch nicht in das entgegengesetzte
Extrem verfallen und ihn zum Sittenprediger machen wollen, p. 1 1 3 ist die
Versucherin des keuschen Joseph Susanna genannt.
C. Negroni, U Allegoria Dantesca del Capo di Medusa, Lettera al
prof. Galanti, Der Verfasser bemerkt, dafs, wenn man sich nicht an die
Tradition in den alten Commentaren halte, bei Erklärung der Allegorien dem
subjektiven Ermessen ein unbeschränktes Feld eröffnet, und Sicherheit nicht
zu erzielen sei. Er ciiiert die alten Deutungen der Medusa und findet eine
„wunderbare Einigkeit" aller darin, dafs sie die Verstocktheit, die Herzens-
härte bedeute. Jene wunderbare Einigkeit ist aber in etwas künstlicher Weise
auf die Worte der Erklärer begründet, die vielmehr stark genug auseinander
gehen. Dazu kann ja die Herzenshärte die Wirkung der Medusa sein, aber
doch kaum sie selbst. In den Angaben über die Abfassungszeit der Com-
mentare fìnden sich bei Negroni starke Irrtümer. Er setzt Jacopo della Lana
zwischen 1328 und 1337, da doch durch Witte erwiesen ist, dafs er vor 1328
fällt, den Anonimo Fiorentino immer noch kurz nach 1 340, während das Datum
1343 der Hs. längst als Zusatz des 18. Jahrh. erkannt ist, und der Commentar,
der Boccaccio vielfach benutzt, wahrscheinlich erst dem 15. Jahrh. angehört,
wie Hegel zeigte; er läfst die Arbeit an Boccaccios Commentar von 1373
bis 1375 i'cichen und durch den Tod des Autors unterbrochen werden, wäh-
rend in Wirklichkeit die Vorlesungen in S. Stefano schon Anfong 1374
endeten, u. dgl. m.
L. Ruberto, Gli Epigrammi del Baldi, Fortsetzung.
F. Zambrini, // Pianto della Maddalena al sepolcro di Cristo, ein
Teil eines religiösen Gedichtes in Oktaven aus dem 14. Jahrh., fiber welches
der Herausgeber künftig weitere Nachrichten zu geben verspricht.
A. M i ola. Le Scritture in volgare dei primi tre secoli della lingua,
ricercate nei codici della Bibl, Naz, di Napoli, Fortsetzung.
Silvio Pieri, Un Migliajo di Stornelli Toscani, Fortsetzung.
Bibliografe,
Anno XV, Disp. 6". Novembre — Dicembre 1882.
V. Pagano, Studi Filologici,
T. Casini, Rime Inedite dei Secoli XIII e XIV, Das interessanteste
unter diesen Gedichten ist das zehnte, ein sonetto rinterzato von Dante an
Lippo , d. i. Lippo Pasci de* Bardi, von dem Gedichte nach Cod. Vat. 3214
gedruckt sind in Riv. di Fil. Rom. 1, 89. Jenes Sonett, das Casini bier nach
dem Codex des Advocaten Bologna mitteilt, war aber nicht unediert; Manioni
hatte es bereits nach der genannten Vat. Hs. publiziert in der Riv. di FU.
Rom. I, 87, wo man auch sieht, wie sehr der Text Bologna's cormmpiert ist.
Auch der Cod. Vat. schreibt das Gedicht Dante zu, und an seiner Autor-
schaft zu zweifeln hat man keinen Grund. Es ist eins von jenen Gedichten,-
die zur Begleitung eines anderen gesendet wurden; das Sonett ist hier selbst
redend eingeführt und bezeichnet das Gedicht, welches es begleitete, als
pulçella nuda:
IL PROPUGNATORE. XV. 6. 1 75
Jo che m' apello umile sonecto,
Davanti al tuo cospecto
Vegno perkè al non caler mi feggi.
Lo qual ci guido esta pulçella nuda,
Ke vien di dietro a me si vergognosa,
Ch'atomo gir non osa,
Perk'ella non à veste in ke si chiuda ....
Ein anderes zu gleichem Zwecke bestimmtes Sonett Dante*s, das er an Betto
Branelleschi richtete (Vat. Hs. 3214, no. 145), und das man früher fur unecht
hielt» weil man in dem Adressaten irrtümlich Brunetto Latini sah (s. Fraticelli,
Canzoniere di Dante, p. 272), nennt ebenfalls das Gedicht, dem es zur Ein-
(ohning diente, pulzelletia, — Die Wichtigkeit von Casinis Text ist nun diese,
dafs hier wirklich ein Stück des mit dem Sonette gesendeten Gedichtes vor-
handen zu sein scheint ; denn jenes reicht nur bis v. 20, und dann folgt noch
eine Canzonenstrophe : Lo meo servente core, die, soviel ich weifs, sonst nicht
bekannt ist. Man hätte sich freilich nach dem Ausdrucke pulzella nuda eher
eine einstrophige Ballade erwartet. — Die meisten der übrigen von Casini
pabliderten Poesien sind von geringer Bedeutung, unter anderm sechs Sonette
(IV — IX), die sich mit der Deutung einer Vision Cino's von Pistoia beschäf-
tigen, nach dem Cod. Bologna, und wieder in sehr verderbter Lesart. Das
letzte Gedicht ist eine volkstümliche Satire gegen die Frauen der verschiedenen
Städte Italiens, in Balladenform, aus dem 14. Jahrb., nach einem Ms. der
Magliabecchiana.
A. Restori, // Cid Campeador. Fortsetzung.
L. Gaiter, La Filosofia e la Coltura Italiana nel Moderno Evo, Re-
cension eines Buches von Giacinto Fontana.
Pico Luri da Vas s ano, Modi di Dire Proverbiali e Motti Popolari
Italiani spiegati e commentati, Fortsetzung.
G. Suster, Le Origini deW Jacopo Ortis, Ein erster Abschnitt giebt
die Entstehungsgeschichte des Romans, für welche Suster drei Phasen zu
constatieren sucht. Die erste ist repräsentiert durch die Ultime Lettere di
Jacopo Ortis, welche Foscolo im Frühling 1797 bei Gelegenheit des Selbst-
mordes seines Helden verfafste, die nur Betrachtungen über den Selbstmord
enthielten, und die nicht veröffentlicht wurden. In demselben Jahre 1797 sei
dann die Liebe zu Teresa, der Gemahlin Monti's, die Veranlassung zu einer
Umformung geworden, wobei zuerst die Liebe als integrierender Bestandteil
in den Roman eintrat. 1798 begann Foscolo in Bologna die Publication bei
dem Drucker Marsigli, liefs diesen aber plötzlich im Stiche und reiste ab,
worauf derselbe von Pietro Brighenti das Buch vom 45. Briefe an fortsetzen
licls. 1799 erschien es so unter dem Titel Vera Storia di due amanti infelici
ossia Ultime Lettere di Jacopo Ortis, mit Anmerkungen, welche den aus-
gesprochenen Ideen ihre Schärfe nehmen und das Buch vor der Censur sicher
stellen sollten. Eine neue Liebe, die zur Isabella Rondoni in Florenz, und
der Unwille über die entstellende Veröffentlichung seines Werkes bewogen
Foscolo zu einer dritten Redaktion, indem zu den beiden vorigen Elementen
des Romanes als drittes das politische hinzukam. Dieses waren die Ultime
Lettere der Ausgabe von 1802. Der zweite Abschnitt von Suster's Arbeit,
der hier erst zum Teil gedruckt ist, beschäftigt sich mit einer Verglcichung
176 RECENSÎONEN UND ANZEIGEN. A. GASPARY.
der beiden publizierten Redaktionen. Der Unwille Foscolo's über Brighenti's
Veröffentlichung richtete sich nach Suster vorzugsweise gegen die furchtsamen
Anmerkungen, und hier folgt eine Polemik gegen Zumbini, mit Bezug auf
gewisse Artikel in dem Fanfulla della Domenica und der Domenica Letteraria^
ohne deren Kenntnis ein Urteil über den Wert der Argumentation unmög-
lich ist.
V. Imbriani, Le Canzoni Pietrose di Dante. Schlufs. Das wahre
historische Verhältnis Paolo's zu Francesca war ein sehr wenig poetisches,
nicht ein jugendlicher Fehltritt, sondern der unsaubere Handel eines Mannes
von gegen 40 Jahren, der Frau und Kinder hatte, mit dem Weibe seines
Bruders. Dante, sagt Imbriani, mufs ein besonderes Motiv gehabt haben, die
Geschichte so zu falschen, ein solches Verhältnis zu glorifizieren, diesen Ge-
stalten die Apotheose zu bereiten. Und er giebt nun eine Hypothese» die er
jedoch eben als solche betrachtet wissen will, nicht als eine fest begründete
Ansicht. Er meint, die Pietra der Canzonen könne Dante's Schwagerin» Piera
di Donato Brunacci, Gattin seines Bruders Francesco, gewesen sein, und er
habe jene Scene der Francesca da Rimini nur geschaffen, um sich selbst an
einem Beispiele vor Augen zu stellen, wohin ihn die Leidenschaft hätte fahren
. können. Dante hätte sich hier teils zu entschuldigen, teils seine eigene Seele
durch diese Spiegelung ihrer Regungen zu reinigen gesucht; daher sein greises
Interesse an diesem Gemälde, in dem er sich selbst darstellte. Imbnani sieht
voraus, dafs seine Vermutung, auch in der zurückhaltenden Form, in der er
sie vorbringt, verletzen werde, dafs er Anstofs bei denen erregen werde, die
sich Dante gern als den Inbegriff aller Tugend, aller Güte, ohne Fehl, als
einen Heiligen vorstellen. Er fafst Dante als einen Menschen auf, der sündigt
und bereut, den die Leidenschaft irreführt, und der zur Tugend durch harten
Kampf mit sich selbst emporsteigt. Darin hat er Recht. Aber etwas anderes
ist Schwachheit und etwas anderes Verbrechen, und es fragt sich, ob man das
letztere, ohne Beweise, sei es auch als wie immer verclausulierte Hypothese,
jemandem zumuten dürfe, mag er Dante heifsen oder wie sonst immer. Im-
bnani sagt unter anderm, auf ein verbrecherisches Verhältnis deute die Geheim-
tuerei Dante's, die Furcht, der Gegenstand seiner Leidenschaft könne erraten
werden ; aber da müfste man viele Liebende verdächtigen. Und gerade wenn
seine Schwägerin die Geliebte gewesen, so war es ja mit dem Geheimnis nichts;
denn er hätte offen ihren Namen Pietra in die Gedichte gesetzt. ^ Nebenher
vermuthet Imbriani (p. 417), der in der Vita Nuova öfters genannte Freund
Dante's möchte nicht Guido Cavalcanti, sondern Cino von Pistoia sein. Aber
V. N. cap. 4 wird als von diesem Freunde ein Sonett citiert, das doch wohl
sicherlich Guido gehört.
C. Gargiolli, Feste fatte in Pisa Canno 1605. Beschreibung von
Hoffesten der Medicäer, Tournieren, Maskeraden, Tänzen, von einem Zeit-
genossen, aus einem Ms. der Bibl. Naz. zu I*lorenz.
Bibliografie.
A. Gaspary.
Die Lebensverhältnisse der italienischen Trobadors.
Die Bemühungen der Hohenstaufen, ihr Ansehen in dem Lande
zwischen der Rhone und den Alpen geltend zu machen, die Kreuz-
züge, namentlich der dritte und vierte, die regen Handelsverbin-
dungen zwischen Genua und Marseille und der Albigenserkrieg
mit seinen Folgen: alle diese Thatsachen trugen in erster Linie
dazu bei, Provenzalen und Italiener einander nahe zu bringen. Von
den innigen Beziehungen beider Völker legt auch die Litteratur-
geschichte ein beredtes Zeugnis ab, indem nicht nur viele proven-
zatische Trobadors nach Italien zogen, sondern auch eine nicht
unbedeutende Anzahl von Italienern selbst in der provenzalischen
Sprache zu dichten begann. So mag es wohl glaublich erscheinen,
dafs im Jahre 1227, als die Genuesen grofsen Hof hielten, eine
Menge von Spielleuten aus der Provence, der Lombardei und
Tuscien herbeiströmte.* Andererseits gingen natürlich auch viele
Italiener über die Alpen, und zwar scheint der Verkehr zwischen
Genua und der Provence besonders lebhaft gewesen zu sein; wenig-
stens sagt Equicola an der Stelle, wo er von Raimund Berengar IV.
spricht 2: in stia corte conversarono molti gentiluomini di Francia, di
Provenza, di Catalogna ed Italia del paese di Genua, und merkwürdig
ist seine Meinung, dafs sich einige genuesische Vokabeln im pro-
venzalischen Wortschatze befänden.
Die eigentümliche Erscheinung nun, dafs Italiener ein fremdes
Idiom zum Ausdrucksmittel ihrer Empfindungen wählten, erregte
schon frühe die Aufmerksamkeit der Litterarhistoriker, und weder
an Gesamtbetrachtungen noch an Einzel Untersuchungen hat es bis
auf die neueste Zeit herab gefehlt; zuletzt ist dieser Punkt von
Bartoli behandelt worden^, indessen sind sowohl die biographi-
schen Notizen als das Verzeichnis selbst unkritisch zu nennen, wie
dies auch von Gaspary geschehen ist ^ : es scheint uns daher nicht
ohne Nutzen zu sein, den Gegenstand noch einmal zu untersuchen,
* Muratori, Ant. Ita!. II 843 e. Diez scheint irrtümlich geglaubt zu haben,
dafs die Savonesen dieses Fest feierten, vgl. Poes. d. Troub. p. 275 Anm. i ;
es heifst in dem Berichte: post Saonenses devictos Genxienses etc.
' Libro di natura d'amore Blatt 181.
' I primi due secoli della letteratura italiana p. 61 fi. und Storia della
letter, ita!. II 9 ff.
♦ Ztschr. f. rom. Phil. IV 389.
ZeitMshr. f. rom. Phil. VII. 12
178 o. SCHULTZ,
und zwar wollen wir im ersten Teile der Arbeit die Frage erörtern,
ob nicht einzelne von den bisher als Italiener angesehenen Troba-
dors Provcnzalen gewesen sind, und im zweiten Teile an der Hand
der Hiographioen, der Lieder und der historischen Nachrichten die
Lebensumstände der italienischen Trobadors ausführlich darzustellen
versuchen.
L •
Wir haben zunächst drei Trobadors zu behandeln, die wir der
Provence zuteilen zu müssen glauben.
I. Uc de Pena.
Seine provenzalische Herkunft ist so gut wie zweifellos. In
der Biographie' heifst es: Cgo de Pena si fo dagenes dun casiel que
a twin inessa 1. Schon Oescimbeni berichtigte*-^ den von ihm selbst be-
gangenen Irrtum, dagenes, anstatt d'Agenes, als da Genes = da Genoes
gelesen zu haben, und obgleich neuerdings auch Mussafia'^ darauf
aufmerksam gemacht hat, so führt ihn Bartoli doch wieder als
(ienuesen auf.^ Kr stammt also aus dem Gebiete von Agen;
Pena'» einige Meilen nordöstlich von Agen am Lot liegend, das
heutige Penne, scheint nicht der Geburtsort des Dichters gewesen
zu sein, sondern ein Kastell Monmessat '*•, das ich weder im Gebiet
von Agen, noch im ganzen südlichen Frankreich habe finden können;
möglicherweise ist es der Ort Montpezat westlich von Penne, in-
dessen wäre es sonderbar genug, wenn alle Handschriften ein m
statt p hätten. Vielleicht ist unser Dichter identisch mit einem
Hugues de Penna, den Ruffi in seiner Histoire des comtes de Pro-
vence p. 161 unter den Kriegern der Landarmee Karls von Anjou
aufzählt und der bei Gaufridi, Histoire de Provence p. 180 — der
Name ist genau so wie der des Trobadors: Hugues de Pena ge-
schrieben — unter den 100 Rittern genannt wird, welche unter
der Führung Karls von Anjou îun i. Juli 1283 — Çurita, Annal.
Aragon. 1 254 giebt den i. Juni an — zu Bordeaux gegen 100 ara-
gont\sische Ritter kämpfen sollten. Die Nachricht der Biographie,
dafs er zuletzt nach der Provence ging, spricht dafür; auch ein
« Mahn, Die Biogr. d. Troub. 2. Aufl. No. CVII.
'^ L'istoria della volf;ar. poesia II 103 Annot. V.
^ Die Liederhandschriften des Barbieri p. 25.
* Storia della letter, ital. II 23.
* Croisade des Albigeois ed. P. Meyer I v. 2404.
" Ich lese Aíonmessat mit Bastero (vj;l. La crusca provenzale p. 102) mit
der Vat. Hs. A (vfjl. Jahrbuch NF. I 40) und der Cheltenhamer Hs. (vgl. Re-
vue d. langues rom. XIX 284) gegenüber IK, um so mehr, als sich ein Ort
Mt'ssnf gleichfalls nirgends hat finden lassen; ich glaube nicht wie Bartsch
im Jahrb. NF. 1 49, dafs Nostradamus Monmessat in Moustiers entstellt, da»
er als Geburtsort von Uc de Pena angiebt, eher dürfte eine Anlehnung^ an
Bertrand de Pena seij^tieur de Romo/fs e Mo stier s vorliegen, der von ihm
als Trobador genannt wird, vgl. Meyer, Les dem. troub. p. 205 Anm. 2; übri-
gens kommt ein vornehmer Herr Bernart de I*cna in der Crois, d. Albif^. vor,
er ist vom Jahre 1224 — 1251 zu verfolgen, vgl. II 470 Anm. 4.
DIE LEHENSVERHÄLTNISSE DER IT AL. TROBADORS. 179
Lied von Uc (Archiv XXXIV 179) stimmt ziemlich gut zu den obigen
Daten, wenn man geneigt ist, in dem Herrn Guido, von dem Uc
im Geleite wünscht, dafs er heil zurückkehren möge, wie es scheint
vom Kreuzzuge, den Grafen Guido von Forez zu sehen, der den
Kreuzzug von 1248 mitmachte, vgl. Wilken, Geschichte der Kreuz-
züge VII I p. 1 39.
2. Folquet de Marseilla.
Schon Diez hat betont, dafs das Zeugiiis von Petrarca gegen-
über dem von Dante von geringerem Gewicht sei.' Pratsch meint
zwar, dafs über diesen Punkt nur subjektive Ansichten ausgesprochen
werden können-, jedoch wird meine Behauptung, dafs Folquet wirk-
lich in Marseille geboren ist, durch verschiedene Umstände ge-
stützt Dafs die bekannte Stelle im Trionfo d'amore cap. IV v. 49
keinen Glauben verdient, geht aus dem Kommentar von Muratori
hervor: odi come sia differente la lettura dei testi a penna
Folchetto da Marsiglia, ch*era stato
Pria genovese e poi presso all' estremo
Tabito colla patria (!) avea cangiato.
Keine der Biographien und keiner der alten Gewährsmänner giebt
Genua als seinen Geburtsort an. Barberini nennt ihn nicht unter
den italienischen Trobadors^ Equicola sagt ausdrücklich: Folquet
di Marsiglia il cui pâtre fu Genoese ^^ Barbieri bezeichnet ihn als
figluolo di un mercatante genovese ^ und schliefslichv heifst es in dem
Cheltenhamer Manuskript ganz deutlich: Folquet de Marseilla si fo
de Marceilla etc.^*
3. Albertet Cailla.
Die Biographie lautet nach IK: Alber tetz Cailla si fo uns joglars
dalbezet . hom fo de pauc valimen . mas si fo amatz entre sos vesins e
per las domnas da Ib e g es . e fes una bona cansón . e fes sir ven tes . mas
el non issi de la soa encontrada'^ Bastero sagt von ihm^: nativo
d Alleges cioè cPAlbenga — ohne Berücksichtigung des am Anfang
stehenden Aibezet — und ist damit die Veranlassung gewesen, dafs
die nachfolgenden Litterarhistoriker alle diesen Trobador für einen
Italiener erklärt haben; Quadrio erhöhte die Wahrscheinlichkeit
von der Richtigkeit dieser Annahme durch Kntstellung der Bio-
graphie, indem er sagte®: fu d^Alberges 0 d*Albenga\ wenn in
* Leben u. Werke d. Troub. p. 235 ; natürlich rechnet ihn Bartoli unter
die Italiener, vgl. Storia della lett. ital. II 23.
• Biographie d. Troub. Folq. d. Mars. p. 14 — 15.
> Documenta amoris ed. Ubaldini, vgl. die Vita von Ubaldini.
« Libro di nal. d'am. Bl. 182.
^ Delle origini della poesia rimata ed. Tiraboschi p. 103.
* Revue des langues romanes XX 109.
7 Mahn, Biogr. d. Troub. No. LXXXVIII.
• La crusca prov. p. 71.
^ Della storia e della ragione d'ogni poesia voi. II libro I cap. VII p. 127.
12*
1 8o o. SCHULTZ,
der Biographie d'Alberges stände — Alberga ist eine Nebenform
von Albenga — , so wäre seine italienische Herkunft entschieden,
CS steht aber d*Albeges. Die Thatsache, dafs Spotorno ein Doku-
ment aus dem Jahre 1415 fand ', in welchem ein Gasano Quaglia
di Diano — Diano ist ein Kastell nordwestlich von Porto Maurizio,
ca. 7 Meilen von Albenga entfernt — vorkommt, ist natürlich von
gar keinem Belang, und ganz ohne Gewähr ist seine Meinung,
dafs die Provenzalen ihn Albinganese genannt hätten. Unser Tro-
bador kann deshalb nicht gut aus Albenga gewesen sein, weil diese
Stadt höchst wahrscheinlich während des 13. Jahrhunderts — in
dem die Biographie abgefafst ist — und später nicht nur lateinisch,
sondern auch italienisch Albingayia oder Albigana hiefs gemäfs dem
Ursprünge aus dem lateinischen Albium Ingaunum: beweisend dafür
ist, dafs ein altes Gedicht in genuesischer Mundart beginnt:
Albigana e bona citae';
allerdings scheint auch einmal die lateinische Form Albdiga vorzu-
kommen, vgl. Huillard-Breholles, Historia diplomatica Friderici II
Il 689, wo es am Schlufs einer Urkunde heifst: actum in civitate
Albdiga und wozu der Herausgeber in Anm. i meint: verisimiiiter
Albenga in ripa maritima laniiensis sinus, indessen ist dieser Fall zu
vereinzelt und unsicher. Es müfste also, wenn Albertetz Gailla wirk-
lich aus Albenga wäre, immer in der Biographie heifsen d* AlbinganeSy
wie ja auch jetzt noch die Bewohner Albe?iganesi genannt werden.
Es liegt nun ganz nahe, Albeges für das Gebiet der bekannten
Stadt Albi zu erklären -^ ; so nenneii ihn denn auch die Verfasser der
Histoire generale de Languedoc^ einen jongleur d* Albigeois, indem
sie ihn als 12. unter den Trobadors aufzählen, welche sich in der
Regierungszeit Raymunds V., (trafen von Toulouse, berühmt machten,
eine Nachricht, deren Quelle ich nicht anzugeben vermag. Freilich
bleibt nun noch immer die Schwierigkeit, dalbezet zu erklären: so
schreibt IK, natüdich auch d'> und wahrscheinlich auch die Ambro-
sianische Hs. D 4Ò5 (sala inf.), wenngleich in derselben Alberlz Cailla
steht <», während IK Albertetz schreibt. Ein Ort Albezel hat sich
weder in dem Gebiete von Albi, noch sonst irgendwo fìnden lassen
wollen, was durch die Unzulänglichkeit des historischen Atlas von
Spruner erklärt werden mag; da er auf den Karten von Cassini
nicht anzutreftbn ist und ebensowenig in den geographischen Lexids,
so kann man wohl annehmen, dafs er im Laufe der Jahrhunderte
verschwunden ist.
' Storia letteraria della Liguria I 266 ff.
'^ Archivio glottologico li 284 n^ I14.
3 Neben der Form Albiges (vgl. Mahn, Riogr. n® CXIX) fìndet sich auch
Albet^es (vgl. P. Vidal ed. Bartsch n" 8 Z. 22 und Mahn, Werke der Troubad.
II 115 Z. 8).
♦ III 98 (alte Ausgabe).
* Tiraboscbi, Storia della letter, ital. IV 3, 2 p. 370.
•"• Archiv XXXII 425; Resclinidt, Biographic des Troubadours G. de Ca-
pcstaing p. 7.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROBADORS. l8l
Leider besitzen wir keine Lieder von Albertet Cailla, in denen
etwa diese oder jene Anspielung eine weitere Bestätigung seiner
Provenza lischen Herkunft gewähren könnte. Was auch immer Bastero
und Crescimbeni von Sirventesen des Cailla reden mögen, die in
K stehen sollen, Thatsache ist, dafs sich in IK nur ein Lied unter
seinem Namen findet ^ das in gleicher Weise ihm, (wie Gavauda,
dem Bartsch in seinem Verzeichnis 174,2 es mit Unrecht nur auf
Grund von C zuerteilt, abgesprochen werden mufs: In der Strophe i
Z. 16 dieses Liedes ^ wird ein Jaubertz erwähnt — C liest en Gaus-
bertz — , der höchst wahrscheinlich identisch ist mit dem Audebert
¡n Str. 2 Z. I und Str. 4 Z. 5 , da der Sinn des Ganzen ent-
schieden dafür spricht; auf dieses Gedicht nun bezieht sich ein
Lied 37, I •^, welches von Bartsch nach IK dem Augier Novella zu-
geschrieben ist, D aber hat Gaubertzen Dernari de Durfort\ es hat
denselben Vers- und Strophenbau, dieselbe Strophenzahl und die
gleiche Reimstellung, und besonders durch den ähnlichen Anfang
und Zeile 3 der ersten Strophe wird die Beziehung ganz deutlich;
endlich wird hier derselbe Gegenstand behandelt, nur dafs der
Dichter die jungen Frauen vertheidigt, während der Verfasser des
ersten Liedes die alten pries: die Hauptsache aber ist, dafs in
Str. 4 Z. 7 der Gegner Bertrán genannt wird , was sofort an die
Attribution des ersten Liedes in D erinnert, wo Bertrand de Preissac
steht Es kommt dazu, dafs wir eine Tenzone haben 75, 3 S in
der wiederum über dieselbe Sache zwischen Bertrán und Jausbert
verhandelt wird, und zwar empfiehlt Bertrán hier wieder die Alten.
Aus der innigen Zusammengehörigkeit dieser drei Gedichte folgt,
dafs in beiden Attributionen D gegenüber IK im Rechte ist, dafs
der Verfasser des ersten Liedes entweder Bernard de Durfort oder
Bertrand de Preyssac sein mufs, mithin, dafs wir von Albertet Cailla
nichts besitzen.
Eine Entscheidung zwischen Bertrand de Preyssac und Bernart
de Durfort in Bezug auf No. 174,2 zu treffen, liegt uns eigentlich
nicht ob, indessen sei Folgendes erwähnt: Für Bertrand de Preyssac
spricht, dafs auch in den beiden andern Liedern der Name Bertrán
vorkommt; Preyssac liegt südlich von Cahors, vgl. die Karte von
Jansonius, aufserdem findet sich ein Ort, Prayssac geschrieben, am
Lot westlijh von Cahors, freilich habe ich einen Bertrand de Preyssac
in den Urkunden von Devic und Vaissette nicht angetroffen, wäh-
rend ein Bernart, seigneur de Durforty von 11 99 — 1246 zu verfolgen
ist, vgl. Devic et Vaissette, Histoire générale de Languedoc (neue
' Natürlich ist es nicht zu verwechseln mit dem Schmählied auf die
Frauen von Albert de Sestaron (Archiv XXXII 407), wie es Mila y Fontanals
in De los trobadores en Espagna p. 450, vielleicht durch Millot II 333 ver-
leitet, gethan hat, obgleich schon die Histoire littéraire de la France XIX 509
davor warnte.
* Mahn, Gedichte d. Troub. 753.
3 Ibid. 578.
* Archiv XXXV 102.
1 82 O.SCHULTZ,
Aus;;.) IV 613, VII 545, VIH 453, 475, 956, 1141, I150, 1190; von
Wichtigkeit ist fumer, dais P. Mc^yer VII 445 mitteilt, in einer Ur-
kunde überlasse Raymund V., Graf von Toulouse, das Schlofs ßrassac
à Be man/ de Dur fort qui s* appelait avec lui Albert, zugleich weist
er auf das Lied No. 37, i hin, wo in D Gaubertz en Bernart de Dur^
fort steht, ohne sich weiter darüber auszusprechen; Albert aber
würde ja ungefähr zu den Bezeichnungen Jaubertz, Audebertz, GauS'
bertz in den Gedichten stimmen.
Wir nennen als Vierten Peire de la Cavarana, dessen proven-
zalische Herkunft aber nicht in dem Grade wahrscheinlich gemacht
werden kann, wie die der Vorangehenden.
4. Peire de la Cavarana.
Canello glaubte der erste zu sein, welcher seine italienische
Abstammung bezweifelte ', indessen hat schon lange vor ihm Tocche
ihn mit auffallender Bestimmtheit als Provenzalen bezeichnete in-
dem er ebenso, wie später Canello, sein Lied^ auf die Zeit des
oberitalienischen Städtebundes unter Heinrich VI. bezog. Schon
der Name dieses Trobadors macht grofse Schwierigkeiten. Auch
ich glaube mit Canello Cavarana, wie D hat^ gegen Caravana von
IK lesen zu müssen, einmal, weil ich D schon einmal im Rechte
gegenüber IK gefunden habe \ und zweitens, weil Cavarana wenig-
stens einige Anhaltspunkte gewährt, während von Caravana keine
Spur zu entdecken war; allerdings ist Cavarana als Ortsname auch
nirgends anzutreffen '^ aber ich möchte die Vermutung aufstellen,
dafs es mit dem heutigen Cayranne identisch sei, einem kleinen
Dorfe am Flusse Eygues, der nördlicli von der Durance in die
Rhone geht, im Arrond. von Orange nordöstlich von dieser Stadt ^;
in dieser Form findet es sich schon auf den ältesten Karten des
1 6. Jahrhunderts. Zwar ist die Kntwickelung von Cavarana zu Cajf'
ranne anzufechten, da sich sonst v zu u vokalisiert, aber man mag
erwägen, dafs Ortsnamen oft Veränderungen unterliegen, die sich
an keine Lautgesetze kehren, z. B. ist das italienische Pietracorva
zu Pregola geworden. Es seien nun zu gunstcn unserer Ansicht
folgende Thatsachen angeführt:
' Giornale di filologia romanza t. Ill n" 7 Luglio 1880 p. l ff.
* Kaiser Heinrich VT. 1867 p. 420.
3 Raynouard, Choix etc. IV 197.
* Mussafia, Del cod. Est. etc. p. 397 n** 750.
* Freilich hat auch die Cheltenh. Hs. Petre de ta Caravana, vgl. Revue
des langues rom. XTX 284.
^ Es ßiebt ein Cavara in der Kommune von Praduro und Sasso (prov.
Bologna), vgl. Amatis, Dizionario corografico dell'Italia II 818, das ja mög-
licherweise aus einem älteren Cavarana verkürzt ist, etwa wie Albeoga aus
Albingana; ich habe den Ort auf der östrcichischen Generalstabskarte nicht
finden können, vgl. Topogr. Karle von Mittel-Italien E 8. Martinière giebt
in seinem hislor.-geograph. Atlas, sich auf Mela berufend, einen kleinen Ort
Cavarae an, der in Frankreich liegen soll.
' Vgl. Girault de St. Fargcau, Diction, de la géographie etc. 1844.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROBADORS. 1 83
i) In dem Teile der Provence, welcher zwischen der Durance
und der Rhone liegt, wohnte in den ersten Jahrhunderten der
christlichen Aera die alte Völkerschaft der Cavaren, und es liegt
nahe, unseren Ortsnamen mit dem Völkemamen in Verbindung zu
bringen.
2) Die Bildung der Ortsnamen auf ana findet sich gerade in
dem Landstrich zwischen der Durance und dem Eygues-Flufs ziem-
lich häufig, z. B. la Briiianne, Reillanne, und weiterhin in dem Ge-
biete zwischen Rhone und Alpen: Marsanne ^ Castelaney Gardanne,
Marignane etc.
3) In einer Bestätigungsurkunde des Bertrand von Anduze ^
kommt als Zeuge ein Raymondo de Caveranono vor: vielleicht ist
dies Caveranono eine Erweiterung von Caveranum und dieses iden-
tisch mit Cavarana, da ja das a vor der Tonsilbe leicht zu e her-
untersinken konnte und, was die Endung betrifft, an Stelle des
lateinischen um mit Vertauschung des Geschlechtes sehr oft roma-
nisch a tritt. —
Inbezug auf die Datierung des Liedes schliefsc ich mich Tocche
an, der es auf das Jahr 11 95 bezieht.'-^ „Am 13. Juli sprach der
kaiserliche Gesandte die Acht über Mailand, Brescia und Cremona
aus; als bald darauf in Deutschland die Rüstungen zum Kreuz-
zuge betrieben wurden, fürchtete man in der Lombardei, dafs sie
ihr gelten sollten: infolge dessen traten am 31. Juli 1195 die Rek-
toren der betreffenden Städte ^ zusammen und erneuerten den Eid."
Kurz darauf mufs das Sirventes fallen, dessen leidenschaftlicher
Ton die erregte Stimmung in Ober-Italien wiederspiegelt. Canello,
der es auf 119Ò datieren will, hat übersehen, dafs eben schon 1195
die Rüstungen in Deutschland begannen, wenngleich Heinrich VI.
erst am Anfang des Jahres 1 1 96 seinen Kanzler Conrad mit Summen
zur Anwerbung des Kreuzheeres nach Italien schickte.* Die That-
sache, dafs unser Trobador, wie Canello p. 4 gezeigt hat, sich an
ein Lied des Peire Vidal anlehnt, zwingt durchaus nicht, 1 196 an-
zunehmen, wie Canello meint, da das betreffende Lied von Vidal
vor 1 195 fallen mufs.^
Sonderbar ist es, dafs die einzelnen Anspielungen in dem Sir-
ventes ebenso gut und teilweise noch besser auf das Jahr 1226
passen würden, wo eine Erneuerung des Lombardenbundes statt-
fand. In dem Dokumente bei Huillard-Breholles, Hist. dipi. Fride-
rici IL 11 926 werden als die bundschliefsenden Städte Mailand,
Bologna, Brescia, Mantova etc. aufgezählt, also die ersten 4 genau
in der Reihenfolge, wie in dem Sirventes Str. 6 — ausgenommen
' Vaissctte VIII 1203 zum Jahre 1246.
* 1. c. p. 420.
^ Tocche führt nicht Brescia unter denselben auf, das in unserem Liedc
Str. 6 Z. 4 erwähnt wird, aber das ist wohl nur ein Verschen, da in dem
Dokumente bei Muratori, Ani. Ital. IV 486, welches er anzieht, Brixia steht.
• Tocche 1. c. p. 429.
'•* Bartsch, Die Lieder des P. Vidal p. LI.
T 84 O. SCHULTZ,
die Umstellung von Mailand und Bologna. Dafs in Strophe 8 ein
ein Veronese gepriesen wird, spricht nicht dagegen, da Verona
zwar nicht zu den verbündeten Städten gehörte, aber doch dem
Kaiser feindlich gegenüber stand.' Die Verse in der i. Strophe:
qel nostr* emperaire
ajosta granz genz
würden ganz gut passen, da Friedrich II. Ende Januar alle Vasallen
des Königreichs zum 6. März nach Pescara in den Abruzzen zum
Zuge gegen die Lombardei beriefe, und da am 6. März auch der
Städtebund erneuert wurde. Endlich würden die Worte in der
6. Strophe
eis bos marquesans,
die bei der Datierung auf 11 95 unerklärt bleiben, ihre Beziehung
finden, da sich dem Bunde bald der Markgraf von Montferrat und
der Graf Gottfried von Blandrate anschlössen.^ Aber der ganze
Ton des Sirventes, welcher der grofsen Furcht ganz angemessen
ist, die 1195 die Lombarden ergriff, während sie sich 1226 mehr
im trotzigen Übermute zusammen thaten, zwingt doch zum Aufgeben
eines Gedankens an 122Ò. Es kommt dazu, dafs mit dem in Str. 7
gepriesenen Marques, wie Gaspary bemerkt hat*, wahrscheinlich
Wilhelm Markgraf von Massa gemeint ist, welcher von 1191 — 1215
Judex von Cagliari war^ da derselbe auch in einem Gedichte von
Peire Vidal verherrlicht worden ist.^ Die Persönlichkeit aber, welche
in Str. 8 mit Saili dagaiiz angeredet wird, bleibt für alle Fälle im
Dunkel. Gaiz wäre die genaue Wiedergabe von einem Gazium
östlich von Mantua, aber schon in der Trevisanischen Mark liegend,
das heutige Gazzo nicht weit vom Tartaro-Flufs "; andererseits ist
zu erwägen, dafs die Gtiozi ein Parmesanisches Geschlecht waren*:
In den Annal. Cremon. kommt ein Guazo de Albrigone de Guazonibus
vor, der 1182 zum Podestà von Cremona ernannt wurde und 11 84
Konsul dieser Stadt war.'^ In den Annal. Plac. Guelfi wird be-
richtet *'\ dafs ein dominus Guazo potesias in Poieniiano war im Jahre
1225; übrigens mufs ein Ort Gazium auch in der Nähe von Piacenza
gelegen haben. ^^ —
* Winkelmann, Friedrich II. I 202.
* Schirrmacher, Kaiser Friedrich II. II 100.
3 Schirrmacher 1. c. II 1 1 3.
^ Ztschr. f. rom. Phil. VI 162 ff.
* Manno, Storia di Sardegna I 362 Anra. 2.
'• Freilich wäre bei der anderen Datierung die Möglichkeit, es auf Ubaldo
zu beziehen, der 1218 — 1257 Judex von Gallura und zugleich 1218 — 1239 Judex
von Cagliari war (vgl. Manno 1. c), nicht ganz ausgeschlossen.
"^ Canello p. 10 denkt an ein Kastell Gazzo an der Etsch, firüher Gadium.
♦* Pertz, Monum. Germ. XVIII 730, i.
» Pertz 1. c. XVIII 802, 15 und 20.
'«^ Pertz 1. c. XVIII 439, 15.
^' Tria chronica Piacentina in den „Monumenta ad provine. Parmensem
et Placentinam pertinentia" p. 243 und 25 1 .
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROBADORS. 1 85
Es bleiben noch zwei Trobadors, für welche die Anhaltspunkte
sehr unsichere sind, deren provenzalische Herkunft — wenn sie
überhaupt gelebt haben — uns aber noch immer wahrscheinlicher
dünkt, als die italienische: Guillaume de Sylvecane und Peyre de
Ruer. Für ihre Existenz ist der Gewährsmann Nostradamus. Bartsch
hat über beide im Jahrbuch NF. I 128 — 129 gehandelt
5. Guillaume de Sylvecane.
Bartoli fuhrt ihn ohne weiteres als italienischen Trobador
auf ', wahrscheinlich nach dem Vorgange von Tiraboschi '\ der sich
aber vorsichtiger ausdrückte; der letztere bringt zugleich für seine
Meinung den Umstand vor, welchen Nostradamus berichtet, dafs
er aus Liebe zu einer Dame von Puymont aus dem Hause Ruere
gestorben sei; mit diesem Ruere aber kann nicht die bekannte
italienische Familie deüa Rovere gemeint sein, wie Tiraboschi wohl
geglaubt hat; wenigstens läfst dieselbe sich nicht weiter als bis
14 14 hinauf verfolgen, dem Geburtsjahre des Francesco della Rovere,
der die Familie berühmt machte.«* Vielmehr sprechen einigermafsen
für seine provenzalische Abkunft folgende zwei Thatsachen:
i) Nostradamus erwähnt ihn in Verbindung mit Hugues de
Pena*, der ein Provenzale war.
2) Im 1 2. Jahrhundert läfst sich ein Kloster Sylvacana in der
Provence nachweisen, und zwar in der provincia Aquensis nördlich
von der Durance ziemlich nahe am Flusse.^ Aufsdem mufs schon
im 10. Jahrhundert ein Sylvacana im Gebiete von Toulon existiert
haben; dies geht aus einer Schenkungsurkunde vom Jahre 1000
hervor, vgl. Cartulaire de Pabbaye de S. Victor public par Guérard
1 n** 475; es heifst daselbst: facimus donationem .... de alodo nostro
quod habemus in comilalu Tolonense .... et de rivo Martino usque ad
Car f wies .... ei meam partem de Silva Cana\ wahrscheinlich hat
unser Dichter von diesem Orte Silva Cana und nicht von dem
Kloster Sylvacana seinen Namen erhalten.
6. Peyre de Ruer.
Redi** hat ihn zuerst für einen Italiener erklärt: er sagt Pietro
della Rovere Piemontese^ desgleichen Bastero"; Spotomo weifs sogar
von ihm zu berichten®, dafs er ein poeta licenzioso {^) war. Dafs er
nicht zu der italienischen Familie della Rovere gehören kann, welche
M. c. n 23.
2 1. c. 4, 3, 2 p. 372.
• Litta, Famiglie celebri disp. 147 t. I.
• Vies des célèbres poètes prov. p. 147.
• Spniners histor. Atlas, Italien No. III (kirchliche Einteilung — 1322);
Carlulaire de Tabbaye de S. Victor publiée par Gucrard (in der Collection des
Carlulaires de la France Bd. VIII) II n" 867, ein auf das Kloster Sylvacana
bezügliches Aktenstück zum Jahre 1182.
" Bacco in Toscana colle annotazioni accresciute. Napoli 1742 p. 97-
' Bastero p. 91.
■ S]>otomo, Stor. let. d. Liguria I 272.
1 86 o. SCHULTZ,
ihren Namen von dum kleinen Orte Rovere Ixii Savona erhielt, geht
aus dem unter Guillaume de Sylvecane Gesagten hervor; zwar hat
noch eine andere Familie delia Rovere in Piémont existiert und
zwar, wie Gioffredo sagt ', nobilissima ed antichissima^ indessen gehen
die bei ihm angeführten Persönlichkeiten nicht über das 15. Jahr-
hundert hinauf; freilich kommt ein Gerard de la Rovere als Bischof
von Mende zum Jahre 1366 vor.*^ Überhaupt ist es fraglich, ob
man das Ruer des Nostradamus ohne weiteres in Rovere umwandeln
darf, und, wenn man dieses thut, entsteht sofort die Ungewifsheit,
ob Rovere ein Orts- oder ein Familienname sei**; hält man es fur
das erstere, so ¡st damit nicht viel gewonnen, denn es gab schon
damals eine Anzahl von Rovere in Oberitalien, von denen eins aller-
dings in Piémont nicht weit von Tortona-*, und daneben einige
Roveira ^ oder Roveria in Südfrankreich. Ich glaube nun aber, dafs,
wo nicht einigermafsen sichere Anhaltspunkte für die italienische
Herkunft eines Trobadors vorliegen, wir ihn von vornherein als
Provenzalen ansehen können, und in diesem Falle um so eher, als
man fast vermuten könnte, das Piemontese der Litterarhistoriker
— Bartoli nicht ausgenommen — beruhe auf dem Puymont des
Nostradamus. —
Auf der Grenze von Italien und der Provence steht Pei re de
Casclnuovo: Gioffredo nämlich betrachtet ihn als der Familie der
Castcinuovo angehöig, welche im 13. Jahrhundert in Nizza blühte
und ihren Namen von dem nahe gelegenen, ihr gehörenden Orte
Castel nuovo trug.*» Diese Angabe verdient unseren Glauben, weil
Gioffredo aufser Nostradamus andere Quellen für unseren Trobador
benutzt zu haben scheint, denn er berichtet von ¡hm, dafs er die
Siege Karls von Anjou gefeiert habe, wovon Nostradamus nichts
sagt, und dies ist wieder wahrscheinlich, da er ein Zeitgenosse von
Perceval Doria und Sordel war', die beide, wie wir später sehen
werden, zu Karl in Beziehungen standen. Ein Lied oder mehr
von ihm stand in der Handschrift a. Da nun Nizza erst 1229 von
Raymund Berengar endgültig erobert wurden, so steht Peire mit
einem Fufse in Italien, mit dem anderen in der Provence und
< GiofTredo, Storia delle Alpi maritime in den Monumenta historíae
patriae, Scriptorum II 2009.
« Vaissette IV 394 n» XXXVII.
^ Nach Nostradamus scheint es ein Familienname zu sein, vgl. oben
unter G. de Sylvecane; was aber die Sache noch unklarer macht, ist, daßi er
wieder sagt, P. de Ruer sei aus dem Hause Puymont, vgl. Jahrb. NF. I 129.
^ Costa, Chartarium Derlonense p. 30.
^ In einer Schenkungsurkunde des Grafen Raimund von Barcelona,
Markgrafen der Provence, die 1156 in Montpellier aufgesetzt wurde, wird
ein Peyre de Rovera als magùter militiae Templi genannt, vgl. Vaissette
V II 80; zu 1156 kommt noch einmal Petrus de Roveira vor, zu II55 Petrus
de Ruira, vgl. p. 1182 und 1185.
^ Gioffredo p. 614 a ft'.
' Nostradamus p. 142, 150, 153; Jahrb. XI 15; Jahrb. NF. I 127.
* Gaufrìdi, Histoire de Provence p. 127.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROBADORS. 187
mag so passend den Übergang von den provcnzalischen zu den
italienischen Trobadors bilden, zu deren Behandlung wir nun
kommen.
IL
Den Reigen der italienischen Trobadors eröffnet der Mark-
graf Lanza.
I. Lanza marques.
Seine ganze litterarischc Hinterlassenschaft besteht in 2 Strophen
gegen Peire Vidal ^ den man glauben gemacht hatte, dafs die
Griechin aus Cypern eine Nichte des griechischen Kaisers wäre,
und der sich deshalb selbst „Kaiser" nannte. Bartsch nimmt mit
guten Gründen an 2, dafs Peire vor der Kreuzzugsfahrt mit Richard
Löwenherz — wenn er dieselbe überhaupt mitgemacht hat — in
Cypern gewesen sei: demnach mufs Vidais Antwortslrophe vor
II 90 fallen, um so wahrscheinlicher, als er darauf eine Zeit lang
in Süd-Frankreich umherzogt, wozu auch die Worte Lanzas am
Schlüsse der 2. Strophe stimmen:
pois poira anar d'aqui segurs en Fransa.
Es kann kein Zweifel herrschen, dafs unser Lanza marques
mit dem von den Historikern als Manfred IL Lancia bezeichneten
Markgrafen identisch sei, da dieser zuerst den Beinamen „Lancia"
führte. Seine Stellung innerhalb der Familie Lancia ergiebt sich
aus der Stammtafel, die Schirrmacher entworfen hat^:
Bonifazio marchese del Vasto f I125
.1
Guglielmo marchese del Vasto
Manfred I. a. 1168
marchese di Busca, comes Laureti
Manfred II. Lancia
so zuerst genannt 13. Juni 1 1 90
Manfred III. Lancia f 1257.
Die provenzalischen Strophen geben also wahrscheinlich früher von
ihm Nachricht, als die ersten historischen Urkunden, womit die An-
nahme von S. Quintino übereinstimmt, dafs Manfred L schon einige
Jahre gestorben sei, bevor Manfred IL erwähnt wird.
Das älteste ihn betreffende Dokument rührt vom 13. Juni 1 190
her.* Vom 3. November 1196 ist ein anderes datiert, in welchem
er Bonifaz von Montferrat all sein Land in der Lombardei scilicet
Doleanum ei partem totani sancti Stephani et comitatus Laureti zum
» Peire Vidal ed. Bartsch n» 33.
2 Peire Vidal p. XVII.
» Peire Vidal p. XVIU ff.
Schirrmacher, Die letzten Hohenstaufen Beilage V.
^ S. Quintino, Osservazioni critiche sulla storia di Piemonte II 167.
1 88 o. SCHULTZ,
Lehen überläfstJ Am 5. Mai 12 14 verzichtet er auf das Lehen
heue stiperiore zu gunsten der Kirche von Asti und überträgt die
Investitur von Boves dem Guglielmo di Ceva.*^ S. Quintino nimmt
an, dafs er 12 14 starb, aber es sei nicht sicher.^
Ich möchte noch bemerken, dafs in den Schmähgedichten auf
Manfred Lancia von Guillem de la Tor und Uc de Ciro naturlich
nicht unser Trobador gemeint ist, sondern dessen Sohn Manfred III.
Lancia, was sich aus der Schlufsstrophe bei Uc ergiebt, worin er
sagt: „die Mailänd9r begingen eine Thorheit, ihn zum Podestà zu
ernennen": dies kann sich nur auf Manfred III. Lancia beziehen,
welcher 1253 zum Podestà von Mailand erwählt wurde.-*
Auf Manfred II. Lancia folgt als Zweitältester Trobador wieder
eine fürstliche Persönlichkeit: der Markgraf Albert Malaspina.
2. Albert Malaspina.
Die Biographie'» berichtet nur von ihm, dafs er der Familie
der Markgrafen von Mal aspina angehörte, freigebig, tapfer und ein
guter Dichter war; um so mehr weifs die Geschichte zu erzählen.
Aufser den Notizen in Littas, Famiglie celebri giebt es eine beson-
dere Abhandlung über ihn von Galvani.^ Wir wollen zuerst sein
Auftreten in der Geschichte verfolgen und dann sehen, welche
Schlüsse für sein Leben sich aus der Tenzone mit Rambaut de
Vacjueiras ziehen lassen. "*
Litta ersieht aus einem Aktenstück vom 25. August 1180, dafs
Albert zu der Zeit noch nicht 18 Jahre alt war.^ Selbständig tritt
er zuerst am 13. August 1187 auf, wo er in Varcium zugleich mit
den Brüdern Moruello und Oppizzone vom Abte von S. Columban
mit Rocca di Carana belehnt wird.-* Im März 11 88 schliefst er
mit den Piacentinern Frieden, in welchem er zusammen mit Moruello
die Besitzungen in den Valli del Taro e dell* Ena an Piacenza ab-
tritt."* Am 16. März 1 190 belehnt er auf den Rat seiner Verwandten
Merlus de Castello und Enricus Guericus einen gewissen Nolascus
' S. Quintino II 1 68. Nach den Worten von Peire Vidal in Z. 5 scheint
es, als ob ^Innfred sich schon früher einiger Besitzungen entäufsert habe.
2 S. Quintino II 169.
3 S. Quintino II 170.
♦ Archiv XXXIV 190; Mahn, Gedichte 1161. Beide Gedichte gehören,
weil sie zum Teil wörtlich übereinstimmen, aufs engste zusammen, und da
Uc de S. Circ in Str. i ausdrücklich Manfred Lanza nennt, so mufs sich auch
das Lied von Guillem de la Tor auf ihn beziehen, das übrigens wahrscheinlich
dem Uc zur Vorlage gedient hat; über Manfred III. vgl. Giulini, Memorie
storiche di Milano IV 487 zum Jahre 1253.
^ Mahn, Biogr. n^ 89.
'• Annuario Storico Modenese I 25 ff. Modena 1851.
" Ich bemerke für das Folgende, dafs ich nicht immer die Quellen habe
fmdcn können und mich in einigen Daten auf spätere Gewährsmänner stutze.
^ Litta. Famiglie celebri fase. 75 tav. II.
'^ Monum. Histor. Patr. Chartae II 1134.
'*> Toeche, Kaiser Heinrich IV. p. 106; Affò, Storia di Parma 1X287 ^^
fälschlich 1189.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROBADORS. 1 89
mit den Besitzungen, die er in der Stadt Genua hatte.* Den
20. April 1 194 wird er vom kaiserlichen Gesandten Truschardo in
die Reichsacht erklärt, weil er von seinem Hasse gegen Piacenza
nicht ablassen wollte.^ Am 11. Oktober 1194 schwor Albert, Alles
zu beobachten, was Moruello im Friedensschi ufs mit den Piacen-
tinern abmachen würde 3; dieser Friedensschi ufs erfolgte am ó. No-
vember 1194.* Den 17. Dezember 1195 verzichtet er auf Grondola
zu gunsten von Piacenza.^ Im Jahre 1196 erkennt er die Stadt
Tortona als Herrin über Mongiardino an.*' Dieses Factum berichtet
nur die Cronica di Tortona; l>ei Salice^ heifst es zwar auch: ianio
it signori di Mongiardino che il marchese Alberto Malaspina riconoscono
Tortona per padrona di Mongiardino , aber in dem Dokumente No. }fiy
worauf verwiesen wird, steht nichts von Albert. Dafs die Chronik
recht hat, zeigt eine Urkunde vom Juni 1 197 ^: ... isti sunt de curia
d, Alberti marchionis Malespine et nepotum scilicet Guilelmi et Conradi,
qui jurctverunt quad ipsi pacem factam inter jam dictos marchiones et
Terdonenses supra factum montis jardini et totam val de bolberia fir mam
et incorruptam tenere habeilt. Am 3. Juli 1197 übergeben in Tortona
die Konsuln von Tortona und Albert das Lehen Mongiardino dem
Bischof von Tortona, der sogleich mit der Hälfte davon Albert
belehnt.''' Im Jahre 1198 stand er auf Seite der Tortonesen in der
Fehde mit Genua *"; 1198 war er auch bei einem Vertrage gegen-
wärtig, welcher in Valenza zwischen Bonifaz von Montferrat und
der Stadt Acqui geschlossen wurde.** Am 9. Mai 1199 leistet Albert
zusammen mit seinen Neffen Wilhelm und Conrad der Kommune
von Genua den Eid der Treue.*- 1200 wird er genannt in einer
Abmachung über den freien Durchzug der Waaren durch die Luni-
giana.*** In demselben Jahre reizt er die Bewohner des Borbera-
thals auf, sich der Oberhoheit von Tortona zu entziehen.'^ Den
17. Oktober 1200 schliefst er beim Kastell Croce im Gebiete von
Bobbio mit den Piacentinern und Mailändern einen Bund gegen
Pavia.*^ 1202 erneuern Albert und seine Neffen mit den Konsuln
von Tortona den Vertrag, den sie früher inbetrcff von Mongiardino
' Chartae II 990 Anm. i .
* Tocche p. 328 und Beilage VIII p. 571, 3.
' Poggiali, Memorie storiche di Piacenza V 24.
* Poggiali V 24; Toeche Beilage Vili 572, 7.
^ Poggiali V 32; Toeche 1. e.
* Cronaca di Tortona ed. Costa p. 51.
' Salice, Annali Tortonesi p. 331 fif.
' Costa, Chartarium Dertonense p. 61.
* Cronica di Tortona p. 51; Montemerlo, Historia di Tortona d. 34 flf. ;
Salice p. 333; Costa, Chart. Dert. p. 66.
^** Mon. Germ. XVIII 116; Diez, Leb. u. Werke p. 276 Anm. 2.
>• LiUa 1. c.
'* Liber jurium Januae I 433 c.
" Litta 1. c.
^* Salice p. 336.
'^ Chartae II 1209; Poßßiali V 61 ; Galvani p. 35.
1 90 o. SCHULTZ,
und der Val di borberia eingegangeil waren.* In dassell)e Jahr
1202 fallen noch folgende Daten: Wilhelm Malaspina verbündet
sich mit den Modcnesen auch im Namen seines Oheims AlberL-
Dit; Kommuno von Modena verspricht den Markgrafen Albert und
Wilhelm, sie bei der W'iedererobcrung von Carpinetum zu unter-
stützen/* Am 31. Mai treffen Albert, Wilhelm und Conrad Malaspina
ein Übereinkommen unter einander.-* Den 4. Juni giebt er in Pisa
in domo HospUaUs Sandi Pauli de ripa Arni in seinem und seiner
Neffen Namen Alles, was sie früher vom Markgrafen von Este er-
worben haben, dem Bischof von Luna zum Lehen.^ Zum letzten
Male treffen wir ihn erst 12 10 wieder, wo er zusammen mit andern
Malaspina von der Kommune von Piacenza verschiedene Orte zum
Lehen erhält^
Es scheint, als ob nach 12 10 Albert nicht mehr unter den
Lebenden gewesen sei. Schon in einem Diplom, das Kaiser Otto IV.
am 18. Juli \2\o in Turin erliefs, findet sich nur Wilhelm Malaspina
unterzeichnet, nicht aber Albert^; 121 1 wird unter den an Otto
festhaltenden Fürsten wieder nur Wilhelm Malaspina genannt* In
dem Bündnisse, das Mailand, Piacenza und die Malaspina den
g. September 121 2 zu Ehren Ottos schliefsen, kommt ebenfalls Albert
nicht vor.-> Freilich spricht eine Urkunde vom 8. Juni 12 18 einiger-
mafsen dagegen *": es wird dort nämlich ein Verhör sachverstän-
diger Zeugen angestellt, ob Caracosa, die Tochter des verstorbenen
Albert Malaspina, zur Nachfolge, in der Mark Malaspina berechtigt
wäre, oder nur die Neffen Wilhelm und Conrad: demnach scheint,
als ob Albert erst kurz vorher gestorben wäre. E^ ergiebt sich
zugleich aus der Urkunde, dafs er aufser der Caracosa keine Nach-
kommen hinterliefs; diese wurde vor 12 18 von Wilhelm und Conrad
Malaspina an Albert Markgrafen von Gavi verheirathet —
Bevor ich zur Tenzone übergehe, möchte ich noch eine Stelle
in eiììem Briefe Rambauts von Vaqueiras an Bonifaz von Montferrat
betrachten, wo von einem Treffen bei Araistrigo oder Raistrigo^*
die Rede ist und es dann heifst: „damals hüben wir den Markgraf
' Cronica di Tortona p. 54; Costa, Chartarium Derton. p. 86: hier ist
die bezüíjliche Urkunde auf das Jahr 1 2 1 2 datiert, was unmöglich richtig sein
kann; es mufs hier ein Versehen des Abschreibers der Originalurkunde vor-
liegen.
'^ Tiraboschi, Memorie storiche Modenesi IV im Cod. diplom. n<>645;
Galvani p. 48.
^ Tiraboschi n** 644.
♦ Muratori, Antichità Estensi I 175.
^ Muratori, Ant. Est. I 176.
" Poggiali V 88 ; Galvani p. 50.
" Salice p. 348.
•* Abel, Kaiser Otto IV. und Friedrich II. p. q8.
** Galvani p. 51.
'0 Chartae II 1294.
" Quant assaillis a cartentrasteno Ç.
al cart ? trasteno R
a ssali m antan araistriii-o E.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER IT AL. TROBADORS. IQI
Albert, der aus dem Sattel gestürzt war, sanft vom Boden." ' Gal-
vani hat infolge dieser Stelle und der Thatsache, dafs Albert von
1203 — 10 nicht nachzuweisen ist, vermutet, dafs er mit Bonifaz den
Kreuzzug angetreten habe '^ ; zugleich sagt er, dafs ein Ort Azaïstrigo
sich in der Chronik des Villehardouin finde, welcher auch ein ähn-
liches Ereignis berichte; aber einmal habe ich hiervon bei Ville-
hardouin nichts gesehen, ferner steht in der Hs. arais/rif^o und
endlich wäre es doch zu auffallend, dafs die Geschichtsschreiber
des Kreuzzuges einen so bekannten Namen wie den Alberts ver-
schwiegen hätten.^ — Ich weifs nicht, ob die Ansicht von Hopf-*,
welcher auch Desimoni gefolgt ¡st *, viel mehr für sich hat, dafs Albert
de» Kaiser Heinrich VI. auf seinem Zuge nach Sicilien begleitet
habe. Chronologisch ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, denn
vom II. Oktober 1194 bis zum 17. Dezember 1195 ist Albert als
in Ober-Italien befindlich nicht zu rekognoszieren, Heinrich VI. aber
hielt den 20. November 1 1 94 seinen Einzug in Palermo '» und ver-
liefs Sicilien im Anfange von 1 195, allein es wäre doch sehr sonder-
bar, dafs er als Nichtanhänger des Kaisers ihm gefolgt sein sollte,
und dafs wir in diesem Falle keine Nachricht von ¡hm hätten,
während sich doch der Name von Bonifaz von Montferrat in Ur-
kunden aus Sicilien findet." In Sicilien nun soll nach Hopf das
oben erwähnte Treffen stattgefunden haben; einen Ort Raistrigo
oder wie sonst die Varianten lauten, habe ich auf Sic¡l¡en n¡cht
angetroffen, ich mufs also auch diese Meinung als unwahrscheinlich
oder zum mindesten als unerwiesen ansehen und kann nur auf die
Möglichkeit verweisen, entweder dafs in der betreffenden Stelle
irgend ein anderer Markgraf Albert gemeint sei 8, oder dafs sich
das Faktum irgendwo anders als in Sicilien oder im Oriente zu-
getragen habe.
Einige bestimmtere Anhaltspunkte für das Leben Alberts ge-
währt seine Tenzone mit Rambaut von Vaqueiras**; allerdings er-
mangelt auch hier« manches der wünschenswerten Klarheit: so gleich
in der 2. Strophe der Vonvurf Rambauts, dafs Albert auf dem
* Diez, Leben u. Werke p. 299.
* Galvani p. 49 — 50. Von den datierten, Albert betreffenden Urkunden
rührt die späteste des Jahres 1202 vom 4. Juni her; Bonifaz traf erst den
15. August in Venedig ein.
3 Allerdings fliefsen ja die Nachrichten über den Kreuzzug von italie-
nischer Seite ziemlich spärlich.
* Bonifaz von Montferrat und der Troubadour Rambaut von Vaquciras
von Hopf ed. Streit in der Sammlung gemein versländi. Vorträge von Virchow
u. Holtzendorff. Berlin 1877 p. 20.
* Desimoni im Giornale ligustico 1878 V 266.
^ Cohn, Heinrich VI., Rom und Untcritalien in Forschungen zur deut-
schen Geschichte I 448.
' Winkelmann, Nachträge zu den Kaiserregesicn in Forschungen zur
deutschen Geschichte XVIII 479.
* Albert, Markgraf von Gavi, eine ziemlich bekannte Persönlichkeit,
schliefst 1202 einen Vertrag mit Genua, vgl. Lib. jur. Jan. I 490b.
•■* Raynouard, Choix IV 9; Diez, Leben u. Werke p. 277; MG. 1307.
192 o. SCHULTZ,
genuesischen Gebiete „Strafsenraub getrieben habe" — wenigstens
mufs empeines la strada in Z. 9 etwas Ähnliches bedeuten. Galvani
erklärt es, indem er die Malaspina mit den Markgrafen von Gavi
vermengt, von denen es in den Annal. Jan. zum Jahre 11 97 heifst:
Marchiones qui f itérant de Gavi stratam invaseruniA Inbezug auf
Albert selbst haben wir nichts gefunden, was die Anschuldigung
Rambauts als begründet erscheinen liefse: er ist daher entweder
bei dem Einfalle der Markgrafen von Gavi beteiligt gewesen, oder
es liegt eine Tliatsache vor, welche uns die Geschichte nicht auf-
bewahrt hat. Aus Str. 3 Z. 9 geht hervor, dafs Albert in Pavia
gewesen ist, wo er Rambaut in dürftigen Umständen traf 2; Z, 6 in
Str. 4 bezieht sich auf die Abtretung der Besitzungen in den Valli
di Taro e dell' Ena an Piacenza 1188'^: Valditaro scheint übrigens
ein Ort daselbst gewesen zu sein, deim es heifst in der Urkunde
von 1200^: ego bonus Johannes de valdetario sacri palatii noiarim etc.
^' 7» ^^'ö gewifs Petr acorva statt Petr acorna zu lesen ist*, betrifft die
Einwilligung im Vertrage vom 6. November 1194, dafs die Piaceu-
tiner das Castrum Pietracorva zerstören dürften.*» Z. 8 in Str. 6
vermag ich nicht zu deuten, da ich einen Ort Castagner in der
Gegend von Piacenza nicht gefunden habe." —
Was nun die Datierung der Tenzone angeht, so kann es
immer nur eine Vermutung bleiben, dafs sie 1198 falle — 1196
tritt Albert, vvie wir gesehen haben, zuerst mit Tortona in Ver-
bindung, 1197 war er bestimmt daselbst — , selbst wenn man an-
nimmt, dafs Beatrix, des Markgrafen Bonifaz Schwester, mit der
Dame von Tortona ^ identisch sei und dafs Albert sie veranlafst
habe, den Trobador Rambaut zu verabschieden. Dies ist die
^Meinung von Hopf^, die er mit absoluter Sicherheit hinstellt, wie
er denn auch, ohne Gründe anzugeben, sagt. Giordana, die
Schwester von Bonifaz, sei die Gemahlin Alberts gewesen, und
überhaupt Beziehungen herstellt, die nach dem vorliegenden Mate-
rial nicht herzustellen sind; ganz sonderbar ist seine Äufserung,
dafs von Rambaut eine Anzahl Spottgedichte existieren, in denen
er seinen Gefühlen gegen den verhafsten Markgraf Albert Ausdruck
' Mon. Germ. XVIII 115.
*■* Woher Hopf p. 15 und Desimoni p. 263 die Notiz haben, dafs Albert
Rambaut aufgenommen und an den Markgraf Bonifaz empfohlen habe, weifs
ich nicht.
a Vgl. oben S. 188.
^ Chartae II 121 la, nicht 1210, wie das Register sagt, wie denn dort
die Verweise ziemlich oft falsch sind.
^ Spruner, Italien IV; auch für die vorher genannten Orte ist Spmner
/u vergleichen, wo sich freilich nicht alle finden.
*' Poggiali V 24 ; Desimoni p. 259.
" In einer Verkaufsurkundc aus den Akten des genuesischen Notars
Scriba kommt ein Ort Castanerum vor, vgl. Chartae II 498 a zum Jahre II98;
Desimoni interpretiert i Piacentini i quali inf^ojano tutti i suoi feudi nam
/asriamfo/y/i ornai un casta^^neto{\).
*♦ Vgl. Str. I der Tenzone.
'J Hopf p. 20.
DIR LERENSV RR HÄLTNISSE DER ITAL. TROBADORS. IQ3
giebt. Mir ist nur noch eine Stelle bekannt, wo Rambaut seiner
Erwähnung thut, nämhch in einem Briefe an Honifaz': „ich will
euch erinnern, wie wir die Dame Seidina von Mar dem Markgrafen
von Malaspina mitten aus seinen Verschanzungen entführten 2, und
hiermit mufs die Stelle in der Tenzone zusammenhängen:
E Nicolos e Lan francos da Mar
vos podón ben appellar de bauzia,
wie rait Diez zu lesen ist'\ der auch schon ganz richtig bemerkte,
clafs Mar ein genuesischer Familienname sei. Wir haben oben ge-
sehen, dafs Albert Beziehungen zu Genua hatte, und in der That
finden sich ein Lanfranco dei Mari und ein Nicolò dei Mari zu
1 187 und 1 189 als Konsuln von Genua.^ Die Geschichte mag
sich ungefähr so zugetragen haben, wie Cialvani vermutet, dafs
Albert die Seidina, eine Verwandte des Nicolò und Lanfranco,
unter dem Scheine der Freundschaft geraubt hatte: daher dar Vor-
wurf der Falschheit, den jene ihm machen konnten. Leider besitzen
wir weiter keine Lieder von Albert; denn eine Tenzone mit Gau-
celra Faidit, die Bartoli ihm zuschreibt % gehört natürlich nicht ihm,
sondern Albert de Sestaron an. — Wir würden so zum Schlüsse
gekommen sein, wenn nicht noch ein schwieriger Punkt zu erörtern
wäre, wo denn eigentlich Albert seinen Wohnsitz gehabt habe, denn
in air den vorher genannten Orten ist er doch nur vorübergehend
ge\\esen. Albert bekam als der jüngste von drei Brüdern etwas
von der Lunigiana, aber vorzugsweise Lehnsgebiete im Tortone-
sjschen und in der Marca superiore von Genual und man kann
nach den Urkunden annehmen, dafs er sich meistens in den letz-
teren aufgehalten hat. In der Urkunde von 1 197 ^ heifst es isti
sunt de curia d, Alfter ti, aber wo war diese curia? Litta und Robo-
lini ^ sagen , dafs er 1 1 89 mit den Brüdern in Auramala gewohnt
hal)e, ob dies aber dau(*rnd der Fall gewesen sei, wird sich schwer
nachweisen lassen. Die Annahme von Hopf, dafs er einmal in
Pavia Hof gehalten habe, scheint ganz willkürlich. Seine Tochter
* Diez, L. u. W. p. 302—303.
"* C: £i fajE^ que fetz de sai dina de mar. Quan
R E fem sei Qvnt
C: In leuetz al marques al sopar. A males pi na
R al marques la leu em del
C: de sul plus auf hj^ar. E la donetz a pon set daguilar
R sus el pus fort E pueys detz la an posson dagilar
C: Que muria el liet per Heys amar.
R Ques moria
' Raynouard, Choix IV io Str. 4 Z. 8; Diez, L. u. W. nachträglich unter
„Anzeige" p. 605.
* Canale, Storia dei Genovesi I 507 und 513.
* Bartoli II 12.
" Galvani p. 2Q.
' Vgl. oben S. i8q.
* Roboìini, Nolizie storiche di Pavia III zum Jahre 1189 Anm. 2; Ro-
bolini nennt noch einen Ort S. Alberto (?).
Z«ltMbr. f. rom. Phil. VII. I^
1 94 o. SCHUL rz,
Caracosa wohnte in Cantacapra ^ das sie zur Mitgift dem Albert
von Gavi mitbrachte, l^eachtung verdienen endlich folgende Stellen:
die Worte in dem Briefe Rambaiits:
cl fa^; que fetz de saUiina de mar
quan la levetz al marques al sopar
a Malespina de sul plus aut logar
(R: a Malespina sus el pus fort logar)
vgl. oben; das Geleit eines Liedes von Aimeric de Pegulhan^:
ves Malespina ten chanz
al pro Guillcm, qu'es prezanz
und die 5. Strophe von Airaerics Satire gegen die Spielleute ^r
Ar veiretz venir Vestol
Vel Male Spin"* e 'l tropel h .
Es hat demnach den Anschein, als ob es ein Kastell Malaspina
gegeben habe.
3. Peire de la Mula.
Die Biographie von Peire de la Mula findet sich in A: Peirt
de hl Mula si fo uns jofflars q\stei c Monf errat en Peimont ah miser
lìOt del Garret et a Cor ternilla e fo trola de collas e de sirventese
und ebenso lautend in der Cheltenhamer Handschrift.^ Mit Sicher-
heit kann seine italienische Abkunft nicht nachgewiesen werden,
aber es liegt auch kein Cirund vor, an derselben zu zweifeln, um
so weniger, als es einen Ort Mulura süd(>stlich von Mantua ge-
geben, andererseits auch der Familienname Mula in Ober-Italien
vorkommt, z.B. zum Jahre 1241 unter den Consiliarii von Cuneo
ein Ricardus Mula.^' Dazu kommt, dafs wir eine Cobla von Palais
haben s die ihn wenigstens als unter Lombarden befindlich er-
scheinen lüfst; sie lautet nach D**:
Moll se fera de chantar bon recreire
al meu semblan qui sofrir sen pogucs
qu*el mon non es ebriacs ni beveirc
^ (^hartae TI I295d; hängt Cantacapra mit dem Berge Caprone in der
Lunigiana zusammen, auf dem die Malaspina in der ersten Hälfte des 12. Jahr-
hunderts ein Kastell erbauten? vgl. Chartae II 205; es kommt einmal auch
Cantacaprame vor. — Daher lieifst es auch in der Tre va des Guillem de la Tor:
De Cantacabra i ven la bella e l^enseí''nnda
na Caracosa (ju\*s per ios valcnz amada,
vgl. Suchier» Denkmiiler ])rov. Lit. u. Sprache I p. 323 Str. 4.
'^ MW. II 172; Cavedoni, Ricerche storiche intorno ai trovatori etc. p. I4.
3 MW. II 166.
* Jahrbuch XI 2 1 .
* Revue des langues rom. XIX 284.
^' Chartae II 1424 c; im 16. Jahrh. gab es einen Mathematiker Agostino
da Mula, vgl. Foscariiii, Della letteratura veneziana p. 317 not. 272, p. 349i
459; freilich darf nicht verschwiegen werden, dafs es einen Ort Vila de Mul
in Südfrankreich gegeben hat, vgl. Bartsch, Denkmiiler provenz. Litter. p. 167
und Register dc> Cartulaire de l'abbaye de S. Victor.
' Bartsch, Verzeichniss No. 315, 4.
DIE LKimNSVEkHÄLTNISSE DER I lAL. TROHADORS. IQ5
qu'entre lombarlz non fassa sirvenles
neus un peire qi fa la mula peire '
sen entramet quant vins la sobrepres
qel nai ja vist si cochât e conques
que set enaps de fust e tres de veire
bet en un jorn granz e comols e pies.
Die Anspielung auf den Namen Peire de la Mula ist offenbar: er
scheint also hiernach dem Trünke sehr ergeben gewesen zu sein.
Palais war wohl ein jogiar, der in der Lombardei umherzog; eine
andere unedierte Cobla von ihm lautet:
molt m*cnoja d'una gent pautonera
car an tornat pros lombartz cn erransa
cuns non conois cui don ni eel qenqcira
mas atresi cum orbs qui peiras lanza
don non raubas e roncins a garçons
a tais qanc mais no sabron que se fos
mas fams c ireig, trebailz e malananz.
Sie ist augenscheinlich %o%<ò\\ die Spielleutc gerichtet und hat Ähn-
*lichkcit mit dem Sirventese von Peire de la Mula, in dem es
Str. I Z. 3 heifst:
car lor {^sc. joglars) enois creis e poja.
Vielleicht ist der marques y welcher von Palais gepriesen wird ^
Bonifaz von Montferrat. Weshalb nun unser joglar von den Litterar-
hustorikern Monferrino genannt wird, ist nicht ersichtlich, denn es
steht ja in der Biographie nur, dafs er sich in Montferrat aufge-
halten habe. Man kann annehmen, dafs er den Hof von Bonifaz
von Montferrat besucht habe, denn Otto von Carretto, zu dem er,
wie es scheint, später ging, ¡st schon 1179 zu rekognoszieren, wo
er mit dem Bruder Heinrich vom Vater in die Verwaltung Savonas
eingeführt wird.* Er nennt sich zuerst Ottone del Carretto in einer
Urkunde von 1190; hier verkauft er die letzten Hoheitsrechte über
die Markgrafschaft von Savona der Stadt Savona.^ Im Jahre 1194
war er Podestà der (ienuesen.'» Weiteres über ihn ist zu finden
bei Torteroli, Storia del commune di Savona p. 28, Giustiniani,
Annali de (ìenova p. 312, Liber jurium Januae I 567, 569, Litta,
Famiglie celebri unter den Markgrafen von Montferrat fase. 63 tav. II,
Kobolini, Notizie di Pavia IV i p. 72 Anm. 2, Rossi, Storia di
Ventimiglía p. 372 und 373, Chartae II p. 1843 Register, Schiavina,
Annali di Alessandria p. 89, 92, 93, zu 1220 Huillard-Bréholles,
* Die kursiv gedruckten Worte, welche in D«» fehlen, habe ich aus Q
(vgl. Ztschr. IV 519, aufgenommen; peire = \?X. peJere^ oSxi. poire,
* Archiv XXXIV 192 dels joglars servir mi laisse.
^ Bartsch, Verzeichniss No. 315, 2.
* Brcsslau, Jahrbücher des deutschen Reiches unter Konrad II. I. Ex-
curs IV p. 403.
* Bresslau p. 404 Anm. 1.
c Toeche, Heinrich VI. p. 348 Anm. 2.
■3*
196 O.SCHULTZ,
I liston dipi. Friderici II. II 39, zu den Jahren 1225 und 1227 Annal.
Januens. VI 439 C, 449 D. »wähnt sei noch, dafs er den 3. Oktober
1220 von Friodridi II. den Hefelil erhielt, die Ventimigliesen, welche
der Dichter Rauibertin Huvalel schon 12 19 bekämpft hatte, zum
(jehorsam gegen Cienua zurückzuführen.^ Das letzte von S. Quintino
angeführte Dokument über ihn rührt vom 26. August 1228 her^
f'iber ich fnide noch, dafs er am 4. Februar 1231 die Investitur von
Di;nice an Albert von Ponzoñe bestätigt ^ und zwar ¡n Corte-
miglia. — Was nun dies Cortemiglia betrifft, wo Peire de la Mula
sit:h aufgehalten haben soll, so hat Otto vor 1192 gewifs nichts
davon besessen, da in diesem Jahre Honifaz III. von Vasto, der
sich 1182 und 1188 marchio de Curtemilia nennt, ohne Erben zu
hinterlass(»n starb*; 1209 verkauft Otto mit Zustimmung seines
Sohnes Hugo alles, was er in Torre d'Ussone, Cortemigh'a etc. Ixî-
sitzt, an die Koramum» von Asti und Incide, Vater und Sohn, werden
von Asti mit den genannten Orten belehnt in rectum et genti/e feu"
dum in filias ei filias,^ Inbezug auf einen Teil von Cortemiglia
scheint er in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnisse zu Wilhelm
von Montfcrrat gestaiiden zu haben, wie eine Urkunde von 1219
lehrt, vgl. S. (iiorgio. Cronica di Montferrato p. 56; p. 57 heifst es
daselbst: Otto de Carretto et fitii ejus tenenl quartam partem CurtiS"
mit i i et iotum Prune i et sanctam Jutiam,
Otto ist g(»wiss ein sehr ritterlicher Herr gewesen: Folquet de
Romans hat nicht weiiiger als 4 Lied(*r hinterlassen, die ihn preisen,
vgl. I^artsch, Chr. prov. p. 195, das nach 1220 anzusetzen ¡st, Roche-
gude. Pam. Occ. p. 121 und Raynouard , Choix IV 126, <lie wohl
beide kurz vor 1228, vor dem Kreuzzuge Friedrichs IL fallen, und
mit Archiv XXXIV 426 um dieselbe Zrit (entstanden. Wahrscheinlich
ist (\s auch unser Otto, an don Hemart de Bondelhs eine Canzone^
gerichtet hat, wenn anders Quadrio zu trauen ist, der sagt, sie
wt»nde sich aii eineii Marchese del Carretto." Er ist also bis 1231
zu verfolgen; Peire de la Mula hat vielleicht ebenso lange gelebt.
D(T Umstand, dafs seine Lieder auch im Kstensischen Kodex stehen,
läfst nur den allgemeinen Schlufs zu, dafs sie in die erste Hälfte des
13. Jahrhunderts oder früher fallen müssen.** Aus diesen Gedichten*
ist für die Hiographie nichts zu gewinnen.
Die angestellte* Betrachtung über Peire de la Mula wäre nicht
vollständig zu nennen, wenn ich nicht noch einer Vermutung
Suchiers gedächti», der in Marcabruns Antwort auf Audrics Lied
^ Winkelmann, Kaiser Friedrich IL I 144 Anm. 3.
^ S. Quintino II 212.
3 Chartae 11 1373 ff.
* Bresslau I 404 Excurs IV.
* Atli (Iella socielíi Lijijure di storia patria XI, 258.
♦* Bartsch, Verzi'ìchniss No. 59, i.
' Quadrio, Sulla storia e ragione d*ogni poesia p. 127.
" (ìrober in Böhmers Rom. Stud. II 372.
'• Tirahoschi 4, 3, 2 ]). 372 gicbt irrtümlich an, es ständen in D 3 Lieder
von ihm: es sind nur 2.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER IT AL. TROBADORS. I97
Str. 6 Z. 3 nach der Hs. C Muias in den Text aufnehmend hierin
unsem Trabador erkennen will.» Wenngleich dies in den Zu-
sammenhang recht gut passen würde, so ist doch diese Lesart zu
verwerfen und das Zusammentreffen der Thatsache, dafs Peire zwei
Schmählieder gegen die Spielleute geschrieben, mit den Worten
des' Liedes als Zufall anzusehen. Da nämlich einerseits Marcabrus
Antwort wahrscheinlich eines der ältesten Lieder ist, die wir von
ihm haben (vgl. Suchier I.e. p. 147), also nicht lange nach 1146
verfafst sein kann, andererseits Otto von Caretto sich nicht früher
als 1 179 nachweisen läfst und damals kaum 20 Jahre zählen konnte,
so kann an Peire de la Mula als an einen Zeitgenossen von Mar-
cabru gamicht gedacht werden; es kommt dazu, dafs Otto, wie
wir oben gezeigt haben, nicht vor 1192 im Besitze von Cortemiglia
gewesen ist Die Annahme, dafs Peire Ende des 12. Jahrhunderts
und Anfang des 13. Jahrhunders gelebt habe, wird bestätigt, wenn
man in dem Androinel der in Str. 3 von Peires Liede ja de razo
nom cal metren pautáis vorkommt (vgl. Suchier I.e. p. 153), den
griechischen Kaiser Andronicus L Commenus sehen will, der 1185
vom Volke umgebracht wurde (vgl. Suchier I.e. p. 153 Anm. 3); die
Worte fo moriz sind nicht bedenklich, wie Suchier meint, da sie ja
bedeuten können „getödtet wurde".
4. Rambertin de Buvalel.
Über Rambertin de Buvalel ist in neuerer Zeit eine besondere
Arbeit von Casini erschienen'-^, aber wenngleich die Kritik in der
Romania IX 631 an dem litterarhistorischen Teil derselben nichts
auszusetzen hat, so will ich doch versuchen, das Leben dieses Tro-
badors noch einmal darzustellen.
Zunächst etwas über den Namen. Auch ich schreibe mit
Casini Btwalely weil sich diese Form fast immer in den bologne-
sischen Urkunden findet; so nennt ihn Peire Raimon von Tolosa^;
merkwürdig ist, dafs die genuesischen Urkunden konsequent ßova-
reih schreiben •*, die Wandlung des / in r ist wohl als Dissimilation
anzusehen und u in unbetonter Silbe konnte ja leicht mit 0 wech-
seln. Ebenso ist Rambertin mit Casini zu schreiben, da diese Form
häufiger und in wichtigeren Dokumenten steht als Lamhertin\ in
genuesischen Urkunden findet sich nur einmal Lambertin, Die
unzähligen anderen Variationen des Namens können wir über-
gehen.
Für die Biographie ist in A der Raum leer gelassen-^: er wird
reichlich ausgefüllt durch die Daten der Geschichte, aber ich be-
* Jahrbi NF. II 147 und 150. Die Erklärung, die Suchier von dieser
Stelle mit Aufnahme von mitas j^ebt, scheint mir viel gelungener, vergi,
p. 150 Anm. I.
» Il Propugnatore XII, II 82 ff.
' Archiv XXXII 400.
* Liber jur. Jan. I 599 c, 603 c etc.
* Archiv LI 275.
ig8 O.SCHULTZ,
merke von vornhertîin inbezug auf diese Daten, dafs, wenn in den
betreffenden Quellen nicht ausdrücklich der volle Name Rambcrtinus
Guidonis Biivaklli steht, wir niemals die Garantie haben, wirklich
unscrn Trobador vor uns zu sehen, da es sehr viele Rambertini,
Guidones Rambertini und Buvalelli aus Bologna gegeben hat.
Zuerst erscheint er am 1 8. Juli 1198 als Zeuge zusammen mit
seinem Bruder Buvalellus und seinem Vater Guido.* Am 22. März
1201 tritt er wieder als Zeuge auf.^ Dafs er 1201 Podestà von
Brescia gewesen, wie Casini nach der Vermutung von Savioli ohne
weiteres aufgestellt hat, ist durchaus unerwiesen: In den von Casini
citierten Stellen, die aus Savioli entnommen sind ^, steht garnichts
davon, nur in den Annales Brixienses heifst es zu 1201^: recepitis
es i Rember/tfius potesias\ Savioli meint nun II i p. 250, dafs, da
unser Trobador noch im März in Bologna vorkommt, den übrigen
Teil des Jahres aber nicht mehr, und da andererseits in Brescia
mitten im Jahre ein neuer Podestà erwählt wurde, man annehmen
könnte, er sei dieser Podestà gewesen: die gänzliche Unsicherheit
der Sache liegt auf der Hand, besonders da es eben mehrere
Rambertini aus Bologna gab. Den 8. November 1203 wird er als
Konsul von Bologna genannt."» Wahrscheinlich war er 1208 Podestà
von ]\lailand, es steht in den Annal. Mediol. min. nur: Lamberiinus
de Bonarellis de Bononia '• ; desgleichen ist nicht ganz sicher, ob er
Ende Se])leml)er des Jahres 1209 in der Eigenschaft eines miles
jiisiitiae als Gesandter nach Ferrara geschickt wurde: es lieifst nur
Rajuperiiis Bnahl/i\' Im Jahre 12 11 wurde er Ende Mai zum Le-
gaten des Pabstes liinoccnz III. nach Modena geschickt^; die Ver-
handlung fand im Hause des Bischofs von Modena statt. Für die
Thalsache, dafs er sich 12 12 unter iXaw Anführern des bologne-
sischen Heeres gegen die Pistogeser befand, habe ich keine andere
Quelle als Fantuzzi, Notizie degli scrittori bolognesi lì 351. 12 13
war er Podestà von Parma*'; als solcher kommt er bei dem F'rie-
' Savioli, Annali bulogncsi II 2, 2iü.
'^ Savioli II 2, 228.
^ Savioli II I, 246.
* Pertz. Mon. Germ. XVIII 816, 5.
'" Savioli II 2, 249 und II I, 267.
•• Peru XVIU 398, lü.
" Wie vorsichtig man in tien Allributionen bein mufs, zeij^t der Um-
stand, dafs sich zum 16. November iiQQ ein Rambertus de Buvalello Maca-
gnanus in Boloijna findet, vgl. Savioli III i p. 216, was doch augcnscliein-
lieh heifsen soll aus Macagnanum, einem Orte, der, wie es scheint, in der
Gegend von Piacenza lag, vgl. Charlae II Register; auch Savioli hält laut
Index den 1222 unter den Sapientes Bononiae vorkommenden D. Kanibcrtinu:»
lür identisch mit unserm Trobador, vgl. Savioli III 2 p. 31, wahrend durch
eine andere Stelle, wo er D. Ramì)ertinus Ramberti heifst, das Gegenteil
bewiesen wird, vgl. Miiiarelli, Ad scripiores rer. Ital. accessioncs p. 619; far
das Datum von 1209 vgl. iMuratori, Ant. Ital. II 679 C.
** Sarti, De claris archigymnasii ßonon. professoribus I 2 im Append.
Monum. p. 67; Fanluzzi II 351.
J Pertz XVIII 606, 15.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER IT AL. TROBADORS. I QQ
densschlusse zwischen Salingucrra und den Modenesen, der in
Casuraarium stattfand, als Zeuge vor zusammen mit seinem Bruder
BuvalellusJ Dafs er 12 15 Podestà von Mantua war, was Savioli,
auf ìndice inedito dei podestà di Mantova verweisend , behauptet und
von Casini wiederholt worden, ist unrichtig, denn es heifst in den
Annal. Mantuani zu den Jahren 12 15 und 12 16: D, Lambertinus de
Bivialdo de Bononia fuit podcstas.- Casini sagt falschlich, Ghirar-
dacci mache ihn zum Podestà von Modena zum Jahre 12 17, was
von Fantuzzi bestritten werde: es soll vielmehr Reggio heifsen^,
was allerdings nicht richtig, da sich zu 12 17 ein anderer Podestà
von Reggio angegeben findet ^ ; natürlich war er auch nicht Podestà
von Modena.'» Von 12 18 — 1220 bekleidete er das Podestariat von
Genua*''; dasselbe Amt wurde ihm 1221 von den ]\Iodenesen an-
geboten, aber er lehnte es ab wahrscheinlich infolge eines Schrei-
bens des Pabstes Honorius 111. an den Bischof Rolando von Ferrara
vom I. April 1221, in welchem dieser den Auftrag erhält, Rambertin
die Annahme des Podestariats zu verbieten und auch die Bologne-
sen zu veranlassen, dieselbe zu hintertreiben." Unser Trobador
befand sich also wahrscheinlich wieder in seiner Vaterstadt. Man
hat nun allgemein angenommen, dafs er 1229 nicht mehr am
Leben gewesen sei, weil sich in einem Kloster die Notiz findet:
J rater Lamber tuccius q, Ramberti de Bnaielli^^ allein auch hier ent-
steht die Frage der Identität: so erscheint denn auch wieder in
einer Urkunde vom 13. November 1234 unter den Ratsmitgliedern
von Bologna D, Lambertinus Guidonis Bualelli'^^ und ich sehe keinen
Grund, ihn nicht für unsern Trobador zu halten. In einer Ur-
kunde von 1239 heifst es ad petitionem D, Rambertini de Buvalello^^\
hier ist die Sache schon sehr zweifelhaft und ganz gewifs ist, dafs
der Rambertinus de Bovarello aus Bologna, welcher 1248 Podestà
von (ienua war", nichts mehr mitninserm Rambertin gemein hat ^'^j
um so weniger als wahrscheinlich derselbe*^ 1271 das Podestariat
von Cesena inné hatte. ^^
' Muratori, Ant. Est. II 3; Affò, Stör. d. Parma III 81.
=» Pertz XIX 20, 45.
3 Fantuzzi U 353 Anni. 9.
« Muratori, Script. VIII 1084B.
* Muratori XI.
^ Annal. Jan. VI 412, 414, 417.
"^ Potthast, Regesta Pontificum Romanorum I575; Savioli III 2 p. 6.
* Fantuzzi II 353.
* Savioli III 2 p. 1 50.
'® Savioli III 2 p. 179.
" Anna!. Jan. VI 514 A.
'■'* Die Herausgeber des Liber jurium Januac haben unrecht, wenn sie
den genuesischen PodeslA von 1219 mit dem von 1249 identifizieren, vgl.
I 551 Anm. 2.
" Wahrscheinlich ist es auch dieser, welcher zu 1257 als Mitglied des
holognesischen Rates genannt wird: er heifst gerade wie unser Trobador:
Lambertinus Guidonis Bualelli, vgl. Savioli III 2 p. 345.
*• Savioli III I p. 448.
200 O. SCHULTZ,
Wir kommen zu den Liedern unseres Trobadors, die zum
gröfsten Teile eine Beatrice von Este feiern. Es liegt keine Ver-
anlassung vor, wie Casini will, anzunehmen, dafs Rambertin in den-
selben Gedichten aufser der Beatrice noch eine andere Geliebte
besungen habe. Der erste Grund von Casini ist, dafs es im Liede
A¿ cor n¿ estai r amoros des ir ¿er s am Schlüsse heifst: Beatritz (T est la
meiller es qtianc fos\ es nun könne in dieser Zeit nur die 3. Pers.
Sing, sein, folglich werde Beatrice nicht angeredet und es handle
sich daher um 2 Personen; aber die Form es kommt unzählige
Male für etz vor und aufserdem steht ja in A ^/a.* Ein anderer
Grund ist ebenso unstichhaltig.^
Dafs diese Beatrice die Tochter Azzos VI. von Este war, ist
nach den Ausführungen von Cavedoni zweifellos geworden.* Ihr
Geburtsjahr ist, so viel ich weifs, nicht bekannt, wenngleich Cave-
doni 1191 angiebt; Muratori sagt, sie war die Tochter der Leonore,
Azzos VI. erster Frau 4, und ich zweifle, ob die Angabc von Frizzi,
sie sei die Tochter der zweiten Gemahlin Sophie gewesen ^ g<ï-
nügend begründet ist, da er keine Urkunden beibringt; diese Sophie
wird allerdings schon 1 1 9 1 Marchionis Azolitu uxor genannt* —
Man könnte nun geneigt sein, mit Casini anzunehmen, dafs Ram-
bertins Lieder an Beatrice vor 12 12 fallen, da Azzo VI. in diesem
Jahre starb und die Familie Ferrara verliefs, und da Rambertin ver-
mutlich 1 209 in Ferrara war, aber es ist zu erwägen, dafs Rambertin
in dem Liede Sa mon restaur pogues plazer ^ zum Liede im Geleite sagt:
e diras m'a Tuna seror.
Wenn Costanze, die Tochter Azzos VI. von der Alice, die er 1204
heiratete, nicht schon in einem einigermafsen beachtenwerten Alter
gestanden hätte ^, so würde er die Beatrice schwerlich in so unter-
scheidender Weise runa seror gpnannt haben. Dazu kommt, dafs
Beatrictî vor 12 18 gewifs nicht in das Kloster Gemmola trat, da
sie in Urkunden über Güterverteilungen mit der Stiefmutter Alice,
Urkunden, die zu Calaon aufgesetzt sind, zu den Jahren 1216 und
12 17, noch nicht als Nonne bezeichnet wird*, und was die Worte
des Geleites*^ betrifft:
en ves est a na Beatrìtz
et a mon restaur lai on estai,
SO beweisen sie ja gerade, dafs sie nicht mehr, wie vor 121 2, in
« Archiv XXXIII 449.
'-^ Casini p. 418.
^ Cavedoni, Ricerche storiche intorno ai trovatori provenzali etc. p. 20 ff.
* Muratori, Ant. Est. I 405.
^ Frizzi, Storia di Ferrara III 65.
0 Muratori I 4 1 2.
■^ Archiv XXXIII 449.
* Diese Constanze ist von Kainion Bistort von Arles gefeiert worden,
vgl. Stengel, Die Blumenlese der Chigiana No. 141, 142.
'•♦ Muratori I 407.
*® Mussaña, Del cod. Est. p. 445.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROBADOR?. 20I
Ferrara war; enves Est deutet wohl nur die Richtung an: Beatrice
kann sich deshalb ganz gut auf dem sehr nahe gelegenen Schlosse
Calaon befunden haben, was nach 12 12 thatsächlich der Fall war.*
Auch für Rambertin ¡st die Zeit von 121 2 — 12 18 nicht zu spät, da
sein Podestariat von Brescia äufscrst unsicher ¡st, er also noch nicht
so alt zu sein brauchte, wie Casini meint. — Kein anderer Umstand
spricht gegen diese Zeit. Peirc Ra¡mon de Tolosa, der Rambert¡n
erhebt ^, lobt einen Grafen von Savoyen (Lex. Rom. p. 5 1 3), unter
dem vermutlich Thomas I. von Savoyen zu verstehen ist, der sich
bis 1232 verfolgen läfst, vgl. Litta, Fam. cel. fase. 46 tav. Ill; ferner
bes¡ngt er gleichfalls unsere Beatrice.3 Auch A¡mer¡c de Pegulhan
hat sie gepriesen *, was daraus ersichtüch ¡st, dafs in dem Liede
zugleich Wilhelm Malaspina erwähnt wird, welcher 1220 starb.*
Aber ich kann noch eine andere Thatsache für mich anführen, das
Lied Rambertins in A mout chantera de joi e voi entier s *, das Casini
gamicht berücks¡cht¡gt hat, wenigstens kann ich die Gele¡te n¡cht
anders erklären, als dafs Seignen Monol ein Versteck name für den
jungen Grafen Raimund VIL von Toulouse sei, denn Rambertin
wünscht ihm, er mochte seine Feinde besiegen und das wieder-
gewinnen, was sein Vater besafs: Raymund VIL war 1215 auf dem
Laterairconcil in Rom und eroberte 12 17 einen Teil der Provence
wieder." Im 2. Geleit sagt Rambertin:
seignen nional non ere qe tarze gaire
qe eu ve¡rai en Raimon mon segnor.
Mit diesem Raimon ist vermutlich Raymund VL, der Vater Ray-
munds VIL, gemeint, der auch 12 15 auf dem Lateranconcil war
und über Genua zurückkehrte: es sche¡nt so, als wenn Rambert¡n
früher am Hofe Ra}'munds VL gewesen wäre, moglicherwe¡s(» aber
hat er ¡hn auch erst ¡n Italien kennen gelernt. Demnach möchte
ich dieses Lied, wenn meine Deutung r¡cht¡g ¡st, zwischen 12 15 und
12 17 setzen. Inbezug auf das Ged¡cht No. 281, 9, das Bartsch
* Cavedoni p. 25 Anm. 20; Muratori I 407.
* Vgl. oben S. 197.
3 Archiv XXXV 421. In den Hss. Sc ist dem Peire Raimon das Lied
zugeteilt ses alegratge etc. Verz. 205, 5, das ihm aber jedenfalls nicht ange-
hört. Die hierin (vgl. MG. 583) gepriesene Na Mil en Romagna ist höchst
wahrscheinlich identisch mit der Na Milla, n^Emilaf h'Esmilla de Ravenna,
die von Albert de Sestaron, Aimeric de Pegulhan und Guillem de la Tor
besungen wird, vgl. Cavedoni p. 15 und Anm. 14, MG. 693, MG. loio, Suchier,
Denkm. prov. Lit. u. Spr. I 323 No. 386 Str. 2 Z. 3.
* Das schliefst nicht aus, dafs Aimeric in anderen Liedern Beatrice, die
Tochter Aldobrandinis, gefeiert habe, die 1234 an Andreas, König von Ungarn
verheiratet wurde, vgl. Pertz XIX 185, 30; gewifs bezieht sich sein Klagelied
(vgl. Mahn, Werke II 159) auf sie, wie Grober ganz richtig bemerkt hat, vgl.
Rom. Stud. Il 371.
* Annal. \at\. bei Pertz XVIII 143, 30.
•' Archiv XXXIII 450.
" Vgl. Vaissette VI und VII Register.
202 O. SCHULTZ,
dem Rambertin zuschreibt, schliefsu ich mich Casini an, der es
ihm abspricht.'
Wir kommen nun zum originellsten der italienischen Troba-
dors: Sordel.
5. Sordel.
Die Biographie liegt in IK ^ und in ausführlicherer, wesentlich
abweichender Fassung in Aa vor.-^ Da die Proposta di alcune
correzioni al vocabulario delia Crusca nicht bequem zugänglich ist,
lasse ich die Biographie, wui sie dort steht, folgen mit Vergleichung
der sehr wenig verschiedeuíín Version in a, von der ich eine Ab-
schrift besitze: Sor deis Jo de Ma ni uaná d'un casici che a nom Got;
genta cattttnis: /o (a: e /on) arineni om de ia persona e granz aniairts
(a: e Jo bon /robador), ma mouit Jo ci truant e fais vas dompnas e
vas Íes luirons ab cui ei estava. Et entende t se en madonna Cunìssa
sor de Sir Aiceiin e de Ser Albtric da Romans citerà moiiler dei coni
de saint Bonifaci (a fügt hinzu: ab cui ti estava) t e per z^oiontat de
ìuiser Aiceiin e i e m biet madonna Conissa e menci ia via. Pane après
ei s\n and en Onedes ad un cas ti i dequels d'PJsirus da ser Enric e
da ser Guiiiem ed en Vai per tin di' eran mout sei amie et esposd una
soa seror cdadament di avia noni Ota, e vene s en pois a Trrois e quand
aquel <r Es ir us lo sap si it volta offen dr e de ia persona t il amie del
coni de saint Bonifaci e is sa nun: don ci estava armatz sus en ia casa
de miser Aiteiin. Quand ci anaiui per la terra et cavalgava en bon
destrier ab gronda compagnia de cavalier. Per paor d'acceis diìl voiian
ojfendre ei se partii d and s'en en Protnsa, ti tsiet ab io conte de
Proensa et a mei una geni dompna e bella (a: una donna de proenza) e
r apelava en sos cantors die fazia pir lei do iza ene mia,, per la cai
dompna et fdz mantas bonas eìiansos, -— Bi^vor ich an die DarsteUung
seines Lebens gehe, möchte ich bemerken, dafs es mit seinem
Charakter eine ganz eigene Bewandtnis geliabt zu haben scheint.
Abgesehen von di'm Zeugnisse Diuites, das wir nicht gut mit den
vorhandenen Werken Sordels in Kinklang zu bringen vermögen,
«erwächst aus der Betrachtun u: der Lieder und der historischen
Nachrichten zu Zeiten der Eindruck von einer Doppelnatur in ihm
und es scheint manchmal, als weini man es mit zwei Persönlich-
keiten zu thuii hätte, indem er einerseits in den Urkunden dominus
genannt und seiner Verdienste gedacht wird, andererseits aus seinen
(jedichten hervorgeht, dafs er sich in den Wirtshäusern mit ge-
wöhnlichen Spielleuten herunigetriebcn und g<.'prügelt hat; auch
insofern ist er merkwürdig, als manche Gedanken bei ihm uns ganz
modern anmuten. — Nachdem schon Tiraboschi und Diez die
Fabeleien von unglaubwürdigen Chronisten über ihn zurückgewiesen
haben, erzählt Ruberto im Propugnatore X. die alten ^Märchen mit
grofsem I^ehagen wieder, wird aber von seinem Landsmanne Cap-
' Casini p. 41 2 — 413.
^ Mahn, Biogr. No. 49.
3 Dic¿, Leben und Werke p. 465.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. IROHADORS. 203
pellini hierin beinah(? übertrofFen.' Sordds (jcburlsjahr ist unbekannt,
da aber aus einem historisch bezeugtc;n Datum mit grofser Wahr-
scheinlichkeit hervorgeht, dafs er 1265 den Kriegszug Karls von
Anjou nach Italien mit machte, so kann man wohl schliefsen, dafs
er damals nicht viel älter als 60 Jahre gewesen sein kann, dafs
seine Geburt also in die ersten Jahre des 1 3. Jahrhunderts fällt
Nach Aa stammte er aus Goito im Mantuanischen (Gebiete, während
IK als Geburtsort Sirier angicbt, das ich auf den Karten nicht habe
ñnden können-^, aber ich glaube im allgemeinen Aa vorziehen zu
müssen als die ausführlichere Nachricht, besonders da Aa darauf
berichten, dafs er ein geniiis caianis ^ war, was durch den Strophen-
wechsel zwischen Paves, Figera und Aimeric ^ bestätigt wird, wo in
Z. 2 der Strophe des Paves ei:> capiianis vorkommt, der wahrschein-
lich kein anderer, als Sordel ist. Ob er von vornehmer Abkunft,
wie es nach Aa scheint, oder von armen Kitern war (IK) wird sich
schwerlich entscheiden lassen. Der erste Hof, an den er sich be-
gab, war der des Grafen von S. Bonifazio (IKa); natürlich ist dies
Graf Richard in Verona, der Cunizza, die Tochter Kzzelins 111. von
Romano seit 1222 zur Gemahlin hatte.^ Diese Cunizza wurde auf
Veranlassung ihres Bruders Kzzelins IV. (und Alberics (IK)) von
Sordel entführt. Rolandin berichtet, es sei Kzzelin der Vater ge-
wesen^, aber neben vielem andern spricht dagegen der Umstand,
dafs der alte EzzeHn sich 122 i nach Oliero zurückzog." Man kann
mit Vcrci annehmen, dafs die Entführung ca. 1224 stattfand, einmal
weil in diesem Jahre die Feindschaft zwischen Ezzelin und Richard
begann ^ und es wohl glaublich ist, dafs Ezzelin ihm einen Rache-
streich hat spielen wollen und dann, weil Bonifazio zwischen 1224
und 1225 nicht in Verona war. Sordel hielt sich nun im Hause
von Ezzelin und Alberico auf, bis Ezzelin ihn eines schönen Tages
* Capellini, Sordello, memoria estralla dagli atti e memorie della K. Aca-
demia Virgiliana 1874 — 78 Mantova.
* Solite Sirier identisch sein mil dem heutigen Serere, das östlich von
Mantua ca. 2 Meilen westlich von (¿uingentole liegt? vgl. östr. Generalstabs-
karle d. Lombardei E 6.
^ Muratori, Ant. Est. 1 24 — 25 sagt, dafs die vornehmen Herren, die
nicht conti waren sich entweder gar nicht titulierten, oder capitanti, militi.
Benvenuto von Imola berichtet von Sordel fuit quidam civis ^fantuanus no-
mine Sordt'llus nobilis et pruitens miles vgl. Tiraboschi 4, 3, 2 p. 384.
* Archiv XXXIV 408.
* Kolandin bei PcrtzXIX4u; Raumer, Geschichte der Hohenstaufen
IV 401: Stammtafel der Ezzeline. Rolandin sagt von Sordel de ipsiu:, fami-
liuy was doch wohl heifsen soll zum Gesinde Ezzelins gehörig.
'• Rolandin bei PerlzXIX4l; er sagt weiter cum qua (sc. Cunizza) ///
patris curia permanente dictum fuit, ipsum Sor de Hum concubuisiie.
' Verci, Storia degli Eccelini 1 92 ff. und 400.
* Vcrci I 120; 1224 wurde Richard in Fcrara gefangen genommen und
von Salinguerra erst 1225 freigela>»sen , worauf er nach Verona zurückkehrte,
vgl. Verci II 6, 8.
" In diese Zeit mag das Gelegenheitsgedicht zwischen Uc de S. Circ imd
Alberico de Romano fallen, worin Uc zusammen mit Sordel den .liberie bitten,
dem Ardibon zu essen zu geben, vgl. Suchier, Denkm. prov. Litt. u. Spr. I320.
204 o. SCHULTZ,
wegjagte.^ Das Zusammensein mit der Cunizza scheint nicht lange
gedauert zu haben: er ging „bald darauf" in das Onedesische
Gebiet auf das Schlofs Estrus zu den Herren Heinrich, Wilhelm
und Valpertin, mit deren Schwester Ota er sich heimlich vermählte
(Aa). Von Estrus und den drei Besitzern habe ich keine Nachricht
gefunden, aber Onedo mufs ein Ort im Vicentinischen gewesen
sein, wie sich aus dem Index bei Verci 111 325 ergiebt*^ Es dünkt
mir am wahrscheinlichsten, dafs von hier aus, nachdem die Sache
bald ruchbar geworden sein mochte. Sorde! seine Spielm^nnsreise
durch die Lombardei antrat An den kunstliebenden Höfen von
Ober-Italien machte er wahrscheinlich die Bekanntschaft von Guillem
Figueira, Guillem de la Tor und Peire Guillem de Lusema. Fol-
gende Gedichte müssen daher in diese Zeit fallen:
Die Strophe gegen Figueira-*; hier wird auf den Schlag an-
gespielt, den Auzer dem Figueira gegeben.*
Die Antwortstrophe an Aimeric de Pegulhan."» Aimeric hatte
vorher gesagt, dafs Sordol einen Hieb auf den Kopf bekommen
habe; der Umstand, das Sordel auf das Alter Aimerics von Pegul-
han anspielt, deutet auf die Zeit nach 1225. Ferner beziehe ich
die Bezeichnung capilanis auf SordeP»: es heifst in der Strophe des
Paves von diesem capiianis, dafs er zu Florenz dem Herrn Guillem
mit einem Stücke trockenen Brodes ins Auge geschlagen habe.
Mit dem Guillem dürfte (juillem de la Tor gemeint sein; von ihm
existiert eine Tenzone " mit Sordel , wo im zweiten Geleit eine na
Conja von Sordel als Schiedsrichterin vorgeschlagen wird, diç viel-
leicht mit der Cunizza identisch ist*^; sehr gut pafst auf diese Periode
ein Lied von Guillem"*, in dem Johanna von Este gefeiert wird,
welche von 122 1 — 1233 mit Azzo VII. vermählt war.^^* Ob dieser
Guillem mit t;inem Guillem del dui fraire, der von Aimeric majestre
(Ten Sordel genannt wird", zu identifizieren sei, wage ich nicht zu
entscheiden; im 16. Jahrhundert hat es ein Kastell „Dosfraires**
gegeben, wie es scheint, auf dt;r Grenze von Italien und der Pro-
vence nicht weit von Nizza. '-^
Noch eine andere Strophe mufs hier herangezogen werden,
' Rolandin bei Peru XIX 41.
^ Ist es vielleichi das heuliße Lonedo, mit angewachsenem Artikel, bei
Grantorlo ca. 6 Meilen ost-ost-nördlich von Vicenza? vgl. F 4.
3 Archiv XXXIV 413.
* Archiv XXXIV 408.
^ Archiv L 263 No. IV 2.
•■• Archiv XXXIV 408.
"^ Mahn, Gedichte 661.
•* ('avedoni p. 32 und Anni. 45 ; Cuniza wurde zuerst in Cunza verkürzt«
vgl. Muvatori, Ant. Est. I Register und dann vermutlich zu Cunja verändert.
•• Mahn, Gedichte Xo. 650.
'" Cavedoni p. 32.
^' Archiv XXXI V 404 N\4.imeric queus pur del pro Bertram d^ Aurei
in der Antwort des Aimeric Z. 2 vgl. I-^vy, Guillem Figueira p. 100 No. 10
Anm. 9.
** Gioflrcdo, Stör. d. Alpi marit. p. 1674 a.
DIE LKBENSVFRHÄLTNTSSE DFR ITAL. TRORADORS. 205
WO jemand den Sordel nicht mit dem Messer töten will, sondern sich
als durch Sordels Verluste im Spiel hinlänglich gerächt bezeichnet ^
Sordel hatte nämlich schon zwei Zelter und ein Streitrofs im Spiel
verloren. Dieser Umstand zeigt, dafs Sordel mit den andern joglars
nicht auf eine Stufe zu stellen ist: er mufs jedenfalls in seinem
Auftreten etwas Glänzenderes und in seinem Wesen etwas Vor-
nehmeres gehabt haben. Abgesehen davon, dafs er meist mit en
oder ser angeredet wird, geht dies auch aus der Stellung hervor,
die er in der Satire Aimerics auf die Spielleute -^ einnimmt; zwar
spricht Aimeric ironisch, aber er hebt ihn doch aus der Zahl der
andern heraus, die als an dem Hofe des Markgrafen von Saluzzo
befindlich aufgezählt werden. Aus diesem letzteren Umstände er-
giebt sich zugleich, dafs Sordel nicht am Hofe von Saluzzo gewesen
zu sein braucht, besonders da die Meinung von Cavedoni •"* unhaltbar
ist, dafs die in den Geleiten der obenerwähnten Tenzone mit Guillem
genannte Alazais^ oder Azalais die Alasia, Gemahlin Manfreds 11.
von Saluzzo gewesen sei: sie heiratete Manfred schon 1182'' und
mufs also damals ziemlich betagt gewesen sein. Barbieri hat jeden-
falls ganz richtig im listens. Cod. de Vizalaina = Vidalaina für das
vermeintliche Juzalaina des Cavedoni gelesen; es wäre dies die
Alais de Vidallana, auf die wir später noch zu sprechen kommen.
— Da nun aber Sordel in der Satire zusammen mit Manfred III.
von Saluzzo, der erst 1225 das 20. Lebensjahr erreichte'-, erwähnt
wird, so folgt daraus wieder mit Wahrscheinlichkeit, dafs er erst
nach 1225 in der Lombardei umherzog, und zugleich, dafs die
Satire Aimerics in die Zeit von 1225 — 1229 fallt. Wer der Per-
seval in Str. 3 sein soll , vermag ich nicht zu sagen : an Perseval
Dona ist selbstverständlich nicht zu denken, wie Cavedoni thut'
Aufserdem findet sich noch in Str. 3 ein tirador de Luzerna^
wahrscheinlich der Dichter Peine (iuillem de Luserna, der nach-
weislich in Italien war: er besingt die Johanna von Este® und
preist die Cunizza *" und zwar lehrt die schmähende Antwort Ucs
de S. Circ, dafs dieselbe ihre abenteuernde Reise mit lk)nio von
Treviso unternommen hatte, was erst in den dreifsiger Jahren ge-
schehen sein kann, da es bei Rolandin heisst: demum auiem reversi
sunt ad Alhricum da Romano regentem et dompnantem in Tarvisio * ' :
' Archiv L 263 No. 5.
« Mahn, Werke II 166, Str. 2.
' Cavedoni p. 32, Anm. 45.
♦ Vermutlich ist es diese Alazais, die auch in der Treva des Guillem
de la Tor vorkommt, vgl. Suchier, Denkmäler prov. Poesie und Sprache I 323
Str. 2. Z. 5.
* Muletti, Memorie storico-diplomatiche di Saluzzo II 102.
** Muletti II 193; Lilla, dispensa 170, tav. 2.
' Cavedoni p. 43.
• Cavedoni p. 43; tirador etwa = Plagegeist, da tirar ^^^ verdriefsen.
» Mahn. Werke I 26.
•« Archiv XXXIV 408.
«1 Rolandin bei Pertz XIX 41, i.
206 o. SCHLTLTZ,
die Herrschaft über Treviso bekam Alberic erst 1239J Dazu stimmt,
was Joanet d'Albusson zu Sordel sagt, seine Donna hätte ihn ver-
raten, und während er die Provence durchstreifte, besuchte sie die
Länder des Ostens.- In dem i.iede Sordels aylas! e quem fan
viiey hnelh heifst es Str. i Z. 4 Siih gues donna di plasenza^\ nach
Mahn, wo Piasenza grofs gedruckt ist, könnte es scheinen, als wenn
eine Frau von Piacenza gemeint sei, aber es soll gewifs nur be-
deuten „eine reizende Frau" vgl. Jahrb. XI, 22 e fort casUi e domna
de piaisenza.
Ich nehme an, dafs Sordel nach seinem Zuge durch die Lom-
bardei zu Ezzelin zurückkehrte und zwar nach Treviso (Aa)**, Ez-
zelin nämlich liefs sich im Herbst 1228 in die Bürgerschaft von
Treviso aufnehmen und blieb dort bis 1229, in welchem Jahre er
Feltre und Belluno für die Trevisaner einnahm.» In diese Zeit
mag áíi9> fahle/ von Aimeric^ fallen, das er an Herrn Sordel en la
marca schickt. Als Sordels Feinde, die Anhänger des Grafen
Richard und die Herren von Kstrus, seinen Aufenthaltsort erfuhren,
trachteten sie ihm nach dem Leben, und aus Furcht vor ihnen
ging er immer gewaffnet: die Sache mochte ihm sehr bald un-
heimlich werden, und er beschlofs, sein Heimatland zu verlassen.
Ich glaube, den Aufbruch nach der Provence um 1229 an-
setzen zu müssen, weil Peire Bremon von ihm sagt:''
e si ja dels Lombartz partis un pauc plus tart
jamais a i'anavillas non venjîra far issart.
Seine Abreise mufs also ziemlich schleunig gewesen sein. Diez
nimmt auch 1229 an, aber weil Sordel noch Millot 1Í, 92 in einem
Ciedichte^ dem Grafen von Toulouse zu seiner Absolution Glück
wünsche; die Stelle jedoch in Str. 4, die Millot im Auge gehabt hat:
leu revenral damatge
puois a la gleiza s*es iratz
scheint nicht verständlich zu sein, besonders, wenn man den Zu-
sammenhang betrachtet. Fr wandte sich zunächst nach der Pro-
vence zu Raimund Berengar 1V\, der seinen Hof in Aix hatte
(1209 — 1245)." Nicht lange darauf, wie es scheint, schrieb er ein
' Muratori, Antichità Estensi II 6.
2 Archiv XXXIV 403.
y Mahn, Werke II 247.
* Die Biojrraphie fjiebt , streng; genommen , Diez kein Recht p. 465 zu
sagen, dafs er sich ,,mit der Ola" nach Treviso zurückzog.
^ Verci II 2q, 33; wieso behauptet Kauriel, Sordel sei zu Albenc nach
Treviso gegangen, was ja erst 1239 möglich gewesen wäre? Freilich läTst er
ihn auch erst 1245 nach der Provence gehen (!), vgl. Bibliothèque de l'école
des chartes IV loi.
« Mahn, Gedichte Ii8().
' Pam. Occ. p. 216, Str. 4, Z. 4.
** Mahn, Gedichte 1273.
'J Die Angabc von Nostradamus (p. 153), dafs Raimund Berengar erst in
seinen letzten i^ebensjahren den Sordel in Dienst genommen hätte, verdient
keinen Glauben ; zwar beruft er sich auf ein Gedicht von Peire de ChaateaaneQ^
DIE LEBENSVEK H ALTNISSE DER ITAL. TROHADORS. 207
Sinentes, dessen Erklärun^j im Einzelnen mir die gröfsten Schwie-
rigkeiten bereitet, von dem ich aber so viel bestimmt sagen kann,
dafs es nach dem 7. November 1230 fällt, vorausgesetzt, dafs ich
die 4. Str. richtig übersetze: Wohl habe ich Gefallen an dem Grafen
meinem Herrn, denn ich sehe ihn in ehrenvoller Weise die Einkünfte
des Hafens von Marseille beziehen, aber den Grafen sc. von Toulouse
Hefs er sie gewinnen vergangenes Jahr bei dem grofsen Zuge aller
Tolosaner (eigentlich: des ganzen Tolosanischen); am 7. November
1230 nämlich machten die Marseillesen die P^inkünfte ihres Hafens
Raimund VII. von Toulouse zum Geschenk', und da der letztere
im November 1230 zum Entsatz des von Raimund Berengar be-
lagerten Marseille herbeieilte , so fällt das Gedicht vermutlich in das
Jahr 1 231.2 In der 2. Strophe kommen ferner folgende Verse vor:
E s'enten mou len^jagie
Nostre rei d'aragon, bem platz;
car gient es a milhaatz (?) cobratz,
wo offenbar das oiz von cobratz den Schreiber beim vorangehenden
Worte irre geführt hat: es soll Millau heifsen, eine Vicegrafschaft,
auf welche die Könige von Aragon alte Rechte hatten. Diese
Rechte machte Jacob von Aragon geltend und eroberte Millau ^,
leider weifs ich nicht wann; die Verfasser der Histoire generale
de Languedoc sprechen vom Jahre 1229 und setzen dies Eactum
quelques années après,^ P's kann schon 1231 stattgefunden haben,
da Jacob im August 1230 von der Eroberung Mallorcas zurück-
kehrte.^ In l^zug auf Heaucaire in Str. 3 sei erwähnt, dafs Rai-
mund VII. ca. 1 230 sich der Stadt bemächtigte.^»
Die Angabc der Biographie, dafs er in der Provence eine
schone VxdM feierte, á\G er dolza enemia nannte, wird durch ein
Lied bestätigt ", in welchem er Z. g cinc Geliebte wirklich so nennt.
In der Antwort Blacassets ¡st von einem Grafen die Rede, der wahr-
scheinlich Raimund Berengar sein soll, denn Guillem de Montagna-
das sich darauf beziehe (p. 142, 153), aber von der Ungenauigkcit dieses ganzen
Rerichtes zeugt der Umstand, dafs er sagt, Sordel sei damals 15 Jahre alt
gewesen.
» Vaissettc VIII 935.
* Vaissettc VI 664 ; möglicherweise kann das Sirventes aber auch erst
1232 entstanden sein, da in diesem Jahre Friedrich II. sich in dem Streite zu
Gunsten Raimund Berengars entschied, vgl. Papon, histoire générale de Pro-
vence II 107.
3 Vaissettc VI 649; es ist sonderbar, dafs hiervon bei Ch. de Tourtoulon,
Jacme It'r le conquérant nichts steht; freilich stimmen die Verse in dem einige
Jahre später geschriebenen Klageliedc auf Blacatz schlecht zu dem oben er-
wähnten Factum:
del rei d^Arn^o voill del cor deja manjar,
que aisso lo farà de latita descargar
que pren sai de Mar Scilla e de Millau etc.
Chr. prov. p. 207.
* Vaissettc 1. e.
* Schmidt, Geschichte Aragoniens im Mittelalter p. 149.
» Ruffí, Histoire de Marseille I i 24.
' Archiv XXXI V 404 ben me saup mon fin cor etnblar.
208 o. SCHULTZ,
gout, der Strophen an Blacasset gerichtet ^ hat im Auftrage des
(Irafen von Provt^nce ein(» Tenzone mit SordeP, worin l)eide den
Grafen von Provence zum Schiedsrichter anrufen. Ich glaube die
Antwort Blacassets in die letzten Lebensjahre Raimund Bcrengars
setzen zu müssen; die Annahme von Diez nämlich, dafs Blacasset
der Sohn des Blacas gewesen sei, wird durch die Quellen nicht
bestätigt, vielmehr sagt Gaufridi, Histoire de Provence p. 132 Bla-
casset war der Sohn des Bonifaz Blacas, dieser Bonifaz war aber
nach Artefeuil, Histoire héroique et universelle de la noblesse de
Provence 1, 14g ein Cousin der Sibille, einer Enkelin des Blacas,
des Trobadors. Daazu stimmt denn auch, dafs Blacasset noch
1279 lebte/*
Weiterhin ergiebt sich aus dem Geleite einer Tenzone* mit
Bertrand d*Alamanon, dafs Sordel eine Gräfin von Rhodez* ver-
ehrt hat: dies kann nur Guida sein, die Tochter Heinrichs L, der
12 14 — 1227 regierte", wie schon Diez richtig gefunden hat; in
einem andiîrn bis jetzt noch unediertem.Liede *• besingt er dieselbe
Guida in kühnen und überschwenglichen Ausdrücken. Auf dies
Verhältnis wird in einer Tenzone Sordels mit Peire Guillem® an-
gespielt, und da hierin l^lacatz als Nebenbuhler Sordels auftritt,
so ist anzunehmen, dafs auch die vorige Tenzone mit Bertrand
d'Alamanon vor 1237, ^^^ Todesjahre von Blacatz^ entstanden
sei: Sordel war also, vielleicht zusammen mit Blacatz am Hofe von
Rhodes; aber er erwähnt ihn noch in einem andern Liede, das
natürlich vor 1237 fällt, dessen Sinn mir jedoch ganz unverständ-
' Stengel, Blumenlese No. 166: vgl. übrigens seine Biogr. : Jahrb. XI 1 9.
» Mahn, Werke II 253.
3 Ruffi I 152 nach einer Urkunde.
* Stengel, Blumenlese No. I« .
^ Diese Guida von Rhodez nennt Bertrand in Str. 4 des Gedichtes,
das an das Klagelied Sordels auf den Tod von Blacatz anknüpft und das
deshalb nach 1237 fallt oder frühestens Ende 1237 fallen kann, Raynonard,
Choix IV 68 ; Bertrán de Paris de Rouergue wendet sich in einem Geleite an
die „treflfliche Gräfin von Rhodez", Bartsch, Denkmaler p. 88.
* Art. de vérifier les dates II 304.
" Bartsch, Verzeichnis No. 437, 5.
s Archiv XXXIV 379, Str. 1, Z. 4; Equicola, Storia di Mantova p. 44.
Dies ist gewifs Peire Guillem de Tolosa, da Peire Guillem de Lnsema in
diesen Jahren in Italien war, vgl. oben p. 205. Sordel tadelt an einem andern
Orte P. Guillem de Tolosa, dafs er einer Dame von Foix zu grofsef» Lob spende,
vgl. Raynouard V445: es mufs daher bei Bartsch unter No. 437, 15 heifsen:
Tenzone mit P. Guillem de Toloza, wie es richtig unter No. 345, I steht. E»
darf nicht unerwähnt bleiben, dafs trotz der ohne Bedenken ausgesprochenen
Meinung von Diez, doch nichts positiv beweisendes dafür vorliegt, dafs sich die
obige Tenzone auch wirklich auf das Verhältnis von Sordel zur Guida beziehe.
'^ In einer Vertragsurkunde zwischen Raymund Berengar und Grassa
kommt als Zeuge Blacacto zusammen mit Bonifazio von Castellana vor und
zwar zu 1227, vgl. GiofTredo p. 526 a — b und ich sehe keinen Grund, in ihm
nicht den bekannten Blacutz wiedererkennen zu wollen; von Blacatz, bezüglich
dessen Diez gar keine historischen Daten beigebracht hat, handelt ziemlich
ausführlich Artefeuil in der Hist, héroique et univ. d. Prov. I 149, er reko-
gnosziert ihn zuerst zum Jahre II 78.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROHADORS. 2Ög
lieh ist.* Das berühmte Klagelied Sordels auf den Tod von Bla-
catz ^ läfst auf Grund von Str. 2 eine genauere Datierung zu ; es
hcifst daselbst: „die Mailänder halten Friedrich bezwungen, und,
wenn er sie bezwingen will, mufs er von dem Herzen essen." Den
4. Juni 1237 rückten die Mailänder gegen das ghibellinische Parma
vor und verwüsteten das umliegende Land; am 14. August be-
mächtigten sie sich Lomellos und Garlascos-*; am 12. September
betrat Friedrich das lombardische Gebiet"*, und den 27. November
1237 wurde die Schlacht bei Cortenuova^ geschlagen: also fällt
unser Lied höchst wahrscheinlich in die Zeit vom 4. Juni bis zum
27. November 1237.
Vielleicht sind noch während Sordels Aufenthaltes bei Raimund
Berengar zwei Tenzonen mit Bertrand d'Alamanon gewechselt wor-
den der schon 1232 am Hofe Raimunds war.'^ In der einen "^ wird
von Sordel eine Frau Rambauda angerufen, die mit der Rambauda
del Baus, welche bei Bertrand vorkommt^, identisch sein dürfte.
In der andern'-^ will Bertrand den Richterspruch dem Johan von
Valéry in Frankreich übertragen, worauf bezugnehmend Granet '^
im 2. Geleite sich ebenfalls an Johan wendet. Von Johan von
Valéry erzählt Joinville etwas: Ludwig IX. ernannte ihn 1249 zum
Schatzmeister der in Damiette gemachten Beute; er wird ferner
zum Jahre 1250 erwähnt**
Die Nachricht der Biographie in IK, dafs der Graf und die
Gräfin der Provence Sordel eine schöne Frau gaben, wird durch
die Antwort des Grafen ^'^ Z. 4 bestätigt : e donei H moiller aitai com
el volia\ auch die Worte Peire Bremons deuten auf eine Frau Sor-
dels hin'* Z. 8: per sa molher men pari. Man ist zwar nicht ganz
sicher, ob Raymund Berengar oder Karl von Anjou gemeint sei,
indessen ist nicht anzunehmen, dafs Sordel sich in so vorgerücktem
Alter noch vermählt haben sollte, wie es bei letzterer Annahme
der Fall gewesen sein müfste. Trotzdem scheint er mit seinem
Gönner nicht zufrieden gewesen zu sein: in einer Krankeit klagt er *^:
hom q'e[s]paubre d'aver ed es malat tot dia
ed es mal de seignor e d'amor e d'amia,
' Mahn, Gedichte 1053 Str. 6 Aitan aug dir en Blacai%\ über einen
Pcire Bremon in der i. Strophe, mit dem nicht der Trobador gemeint sein
kann, mag man vergleichen Vaissette VI 601 und 755, und über Uc del Baus,
der 1226 — 1229 einen grofsen Streit mit Marseille hatte, Ruffi I 80, 82 u. 1 1 1 ff.
* Diez, Leben und Werke p. 399. Auf Sordel bezieht sich Bertrand
d'Alamanon in No. 76,12, auf beide Peire Bremon in No. 330,15.
' Giulini, Memorie di Milano IV 382.
* Schirrmacher, Friedrich II. Ill 19.
ft Pertz XIX 67, 15. o Diez p. 579.
' Mahn, Gedichte 1268. » Raynouard IV 68, Str. 4, Z. 5.
* Mahn, Gedichte 1266.
^ Stengel, Blumenlese No. 2.
•» Joinville, Histoire de S. Louis ed. N. de Wailly, s. Register.
»* Archiv L28I No. 148,2, Z. 4.
«' Parn. occ. 216 Str. 4, Z. 8.
»* Archiv L281 No. 148,1.
Z«lt«chr. r. rom. Phil. VII. I4
2 IO O. SCHULTZ,
worauf der Graf erwiedert, er habe ihm Besitztum und alles mög-
liche gegeben, aber Sordel sei thöricht, neidisch und unersättlich.
Er verliefs vermutlich in übler Stimmung die Provence und
wandte sich an den Hof Raimunds VIL vonToulouse* (1222 — 1249);
von hier aus begab er sich vielleicht nach Roussillon, wenn anders
man aus den Worten P. Bremens schliefsen darf:
jamais a Canavillas non vengra far issart.*
Canavillas liegt im arrond. Prades in Roussillon-'^; ob dies noch zu
Lebzeiten von Nugnez Sancho, dem Grafen von Roussillon, der
spätestens 1241 tot war-*, stattfand, vermag ich nicht anzugeben.
Dann treffen wir ihn wieder am Hofe Jacobs von Aragon; ab-
gesehen von den Worten P. Bremons ist dafür der Umstand ziem-
lich beweisend, dafs er ein Sirventes an ihn richtet.* Auch nach
Leon und Castilien scheint ihn sein Weg geführt zu haben, da es
in Str. 4 Z. Q des Liedes von Bremen heifst: del senhor de Leon
dis toi Ì0 mai que poc. Mit diesem senhor de Leon kann nur Fer-
dinand IIL gemeint sein, der seit 12 17 König von Castilien und
seit 1230 König von Leon war und bis zum Jahre 1252 regierte,
wahrscheinlich derselbe, den Pllias Cairel preist, vgl. MG 18Ò das
erste Geleit.
Schliefslich soll er noch nach P. Bremon in Poitou bei Herrn
Savaric gewesen sein, der kein anderer, als der bekannte Savaric
von Mauleon sein dürfte; an und für sich ist dies wohl glaublich,
besonders da die französische Cobla" auf den Aufenthalt in einem
nördlichen Gebiete hinweist, aber es entstehen chronologische
Schwierigkeiten, da Savaric mit Sicherheit nur bis 1230 zu ver-
folgen ist''; Tarbó (oeuvres de Blondel de Néelle p. XIX Anm. 2)
behauptet ohne weiteres, dafs er ca. 1236 starb. Eine gewisse
Berechtigung liegt vor, die Kunstreise Sordels in das Ende der
dreifsigcr Jahre zu setzen, wenn man die oben besprochenen Stro-
phen von Johanet d'Albusson betrachtet, um so mehr, als P. Bremon
sich in dem oft citierten Licde Str. 4 auf Johanet bcrufl, der ihm
gesagt hätte, Sordel sei nie Ritter gewesen.^ Die Aufzählung der
Länder bei Johanet", die Sordel durchwandert haben soll, beruht
natürlich auf Übertreibung.
* Mahn, Gedichte 1274 Str. i; Graf, Provenza e Italia p. 28 glaubt, dafs
Sordel im Dienste des Grafen von Toulouse starb.
'^ Parn. Occ. p. 216 Str. 4 Z. 5.
^ Vaissette I 346, vgl. auch Giraut de St. Fargcau.
« Vaissette VI 714.
^ Mahn, Werke II 249.
<* Archiv L 282 No. 149.
' Brcíjuigny et Pardessus, table chronol. d. diplomes etc. V 373.
^ Man kommt übrigens nicht recht zur Klarheit, ob Sordel wirklich ein
Ritter gewesen sei oder nicht; für die spätere Zeit ist es ganz wahrscheinlich,
da er in Urkunden von 1257 — 1266 Dominus genannt wird, auch die An-
weisung für den Miniaturmaler in A lautet: Sordel, un cavaler a pe, vgl.
Jahrb. XT 2 1 .
*• Archiv XXXIV 403 ; wahrscheinlich ist der Johan, welcher mit Sordel
eine Tenzone gewechselt hat, die in a stand, iilentisch mit unscrm Johanet.
DIE LRBENSVERHÀLTNISSE DER IT AL. TRORADORS. 2 I I
Wir treffen Sordel wieder als Zeugen bei der Übereinkunft,
die am 5. Juni 1241 zu Montpellier zwischen Jacob von Aragon,
Raymund von Toulouse und Raymund Berengar von der Provence
bezüglich der Sancha, der Gemahlin Rajinunds von Toulouse ge-
troffen wurde*; er wird hier einfach Sordellus genannt, aber die
Identität der Persönlichkeit die de Tourtoulon nur zu vermuten
wagt, scheint mir ganz unzweifelhaft. Leider ist nicht ersichtlich,
in wessen Dienste stehend Sordel als Zeuge auftritt.
Vielleicht fallt der Anfang des Federkrieges zwischen ihm und
Peire Bremon de Ricas novas - noch in die Zeit seines Aufenthaltes
bei Raimund Berengar. Sordel wendet sich, wie es scheint, zuerst
gegen ihn ^ : Bremon sei vom provenzalischcn Hofe weggejagt wor-
den und er wundre sich nur, wie Barrai von Marseille^ ihn bei
sich behalten könne. Bremon antwortet mit dem Vorwurfe, dafs
Sordel nur ein Joglar sei^; vielleicht zu gleicher Zeit schickt er
ein Gedicht an Bertrand d'Alamanon hem inaraveil d*en Sordel e de
tf0s% worin er sein Erstaunen äufsert, dafs der Graf ihn und Sordel
so begünstige; im Geleite preist er Herrn Barrai: Ob mit diesem
Grafen Raimund Berengar oder Karl von Anjou gemeint sei, ist
wieder die Frage. Sordel wehrt in einer Entgegnung "^ den Vorwurf
des Jogiars von sich ab ^ ; aus der letzten Zeile der 4. Strophe geht
hervor, dafs sein Gegner sich wieder auf dem Schlosse Babon be-
fand, also bei Barrai, da Babon in der Stadt Marseille liegend der
Wohnsitz des Vicegrafen von Marseille war^^; Bremon war nämlich
inzwischen wahrscheinlich am Hofe Raimunds VIL von Toulouse
gewesen, denn in der 6. Strophe sagt Sordel: vom Grafen von
Toulouse sei ihm richtig begegnet worden, denn er habe ihn, der
seinem Herrn die Treue gebrochen, nach Marseille zurückgeschickt.'**
* Ch. de Tourtoulon, Jacme 1er le conquérant, Montpellier 1863, II 553;
Carita, Annal. Arag. I 158.
» Diez, L. u. W. p. 478.
3 Mahn, Gedichte 1279.
* Ich ñnde Barrai von Baux zuerst zu 1239 genannt, als Vicegrafen von
Marseille zu 1244; 1257 hatte er Streitigkeiten mit der Commune von Mar-
seille, 1265 machte er den Zug Karls von Anjou mit und starb 1268, vgl.
Diez 479 Anm. 2; Vaissette VIII 1027, VI 772; Ruffi I 371 ; Riccio, Ufíiciali
di Sicilia p. 95.
» Archiv XXXIV 198.
* Archiv L 280 No. 134; zwar ist das Lied anonym, aber es kann dem
Zusammenhange nach über die Autorschaft kein Zweifel herrschen.
^ Mahn, Gedichte 641.
*• Bayle sagt in seinem Werke /a poésie provençale au moyen âge^ Aix
1876 p. 295 Sordel irrité contre Peire Vidal qui ra appelé jongleur lui
jette à la face Us épahètes de lâche etc. (!!)
» Ruffin30i.
* Es ist sonderbar, dafs Peire d'Alvernhe in dem berühmten Rügeliede
Chr. prov. p. 79, das nach der allgemeinen Ansicht in das letzte Drittel des
12. Jahrhunderts fallen soll, in Strophe 8 ein Pcirc Bremon erwähnt, der vom
Grafen von Toulouse mit Recht übel behandelt worden sei; es kann doch
kaum der unbekannte Trobador Peire Bremon li tort gemeint sein, oder mufs
man vielleicht „Peire Monzo'* mit a lesen, vgl. Verzeichnis No. 35 1 , von dem
14*
2 12 O. SCHULTZ,
Diesen (ìrafen halte ich für Raimund VJJ., da Sordel den Alfons
von Poitiers, Hruder Ludwig IX., der 1251 in Toulouse einzog*,
schwerlich nur „Graf von Toulouse" genannt haben würde: Sordels
Entgegnung ist also vor 1249, dem Todesjahre Raimunds VIL, ent-
standen. Bremon antwortet mit dem bekannten Liede*-^, hierauf
Sordel-* und noch einmal Bremon.^
Nach dem Tode Raimund Berengars 1245 trat Sordel in die
Dienste Karls von Anjou: das erhellt aus einem Liede vor 1248,
worin er den (irafen bittet, ihn nicht zum Kreuzzuge mitzunehmen
und zugleich Bertrand d'Alamanon vorschlägt.» Eine weitere Nach-
richt von ihm scheint sich erst zum Jahre 1257 zu finden, wenigstens
behauptet Fauriel '' — ohne Angabe der Quelle — dafs sein Name
mit dem von B. d'Alamanon in einer Vertragsurkunde zwischen
Karl von Anjou und Marseille vorkomme; ein solcher Vertrag ist
allerdings 1257 geschlossen worden'*, von Ruffi werden aber keine
Zeugen angeführt. In demselben Jahre 1257 tritt Sordel als Zeuge
bei dem Vertrage auf, den Karl von Anjou im Juli 1257 zu Riez
mit Guigo Delfín, (jrafen von Vienne in betTeflf der Ländereien,
welche dieser in der Grafschaft Forcalquier besafs, abschlofs^ iesiibus
scilicet Barralo ile Baucio, domino Sor dello , domino GuUlelmo Augerio,
Die Belohnung des Guigo Del fin durch Karl mit den Besitzungen
in Forcalquier fand gleichfalls in Riez statt im Juli 1257; hier war
Sordel wiederum als Zeuge anwesend, und zwar wird er hier miles
genannt." Eine Urkunde vom 24. Juli 125g, die zu Pignans in
der Provence aufgesetzt wurde und einen Vertrag zwischen Karl
von Anjou und den Bürgern dei' oberitalienischen Stadt Cuneo
enthält, schliefst: Tesfes Barralus de Bauciot dominus SordelluSy
dominus Bertrandus de lamenone,^^ Schliefslich erscheint Sordel als
Zeuge in einem Abkommen, das am 21. Juni 1262 zwischen Karl
von Anjou und (ìenua in Aix getroffen wurde wiederum dominus
Sordellus genannt. ' • Aber auch mit seinem zweiten Gönner scheint
wir allerdini»s noch wenii»cr wissen? Gleichfalls sehr schlecht auf die an-
ÍTcsetzte Zeit des Gedichtes pafst die 13. Strophe, wo ein kleiner Lombarde,
(ler den Beinamen Cossezen liihrt, verspottet wird, oder sollte wirklich schon
vor II 80 (vjrl. Suchier im Jahrb. NF II 121) ein italienischer Trobador sich
bekannt gemacht haben?
« Vaissette VI 8 1 9.
'^ Pam. occ. p. 21O.
3 A[ahn, Gedichte 1054.
* Raynouard V 299.
* Stenj^el, Blumenlese No. 14; Diez 481.
'• Fauriel in Bibl. d. l'école d. chartes IV 103 fF.
7 Ruflil 136 fif.
* del Giudice, Codice diplomatico Anj^ioino I, Append. 2, p. LXIV,
No. I; dies Aktenstück ist zwar überschrieben Marzo 1257, allein dies scheint
ein Versehen zu sein, da ein folgendes Aktenstück auf dieselbe Ani^lej^enheit
bezüglich die Überschrift hat: Luglio 1257, h^'ide Urkunden aber beginnen: Amno
MC CL VII die niartis ante fest u/n be'niac Marie Ma^i^dalene^ also am 17. Juli.
'-' del Giudice, Cod. dipi. Ang. I, Append! 2, p. LXVI, No. II.
"^ (Ul Giudice 1. e. p. LXXIV, No. V.
" Liber Jurium Januac 1 1412 a.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROBADORS. 2 I 3
er unzufrieden geworden zu sein, wie die französische Cobia zeigt \
die überschrieben ist: ar/es/ fe messer Sordel pro Karly wenngleich
die Klage darin nur allgemein gehalten.
Das bei weitem interessanteste Denkmal über ihn ist der heftige
Brief des Pabstes Clemens IV. an Karl von Anjou vom 22, Septem-
ber 1 266 2, auf den schon Fauriel hingewiesen hat.** Es heifst da-
selbst: IjJTtguel in carcere fi/ius nohiiis viri Jordani de Insula^ Aie-
diolani detenius, Ixinguet Novariae miles iuus Sordellus qui emendus
essci immeriiuSf nedum pro meritis redimendtiSj multique alii qui Uhi in
Italia servier uni J nudi ei pauper e s ad propria stint rever si, ^ Um so
merkwürdiger ist dieses Schreiben, als es von Verdiensten spricht,
die Sordel sich um Karl erworben habe^, was einigermafsen mit
dem Liede contrastiert, worin er Karl bittet, ihn ja nicht zum Kreuz-
zuge mitzunehmen. Wahrscheinlich machte er den Zug des Land-
heeres nach Italien mit, das in der Mitte des Jahres 1265 auf-
brach''; es scheint ferner nach dem Briefe, dafs er, wie der Sohn
des Jordan in Mailand, in Novara im Gefängnisse lag. Die letzte
Nachricht von Sordel rührt wahrscheinlich vom Jahre 126g her
und zwar vom 12. März. In einer Urkunde nämlich, in welcher
Karl von Anjou seine milites mit Ländereien im Königreiche Neapel
beschenkt, heifst es: Sor dello de Godio: Castra Montis Odorisi, mon^
lis S. Sylvestri,^ Allerdings ist keine Jahreszahl dabeigeschrieben,
aber, dafs 1269 zu ergänzen ist, geht aus dem Umstände hervor,
dafs fast alle anderen Schenkungen aus demselben Codex von
diesem Jahre datiert sind. Es ergiebt sich also hieraus, dafs Sor-
del aus dem Gefangnisse von Novara vermutlich durch Karl befreit
wurde und dafs er darauf zu dem letzteren nach Neapel gieng,
wo ihn Karl seinen Verdiensten entsprechend belohnte.'* Vielleicht
gelangte er noch einmal nach der Provence zurück, wo ihn die
Biographie in IK sterben läfst.^^
' Archiv L p. 282, No. 149.
« Potthast, Regesta Pontif. Rom. II 1598.
3 Fauriel in Bibl. d. Tee. d. eh. IV 104; Fauriel, Dante et les origines
de la langue et de la littérature italiennes I 522 1854.
•* Dies dürfte der Trobador Jordan de l'isla de Venaissi sein , von dem
wir ein Lied besitzen, vgl. Verzeichnis No. 276, i.
* Martene, Thesaurus novus anecdotorum II 406.
'* Freilich hatte auch Alberico de Romano schon viel früher Sordel als
tapfer und tüchtig bezeichnet, vgl. Suchier, Denkmäler prov. Litt. u. Sprache
I 320, No. 151, Str. 2.
' d'Egly, Histoire des Rois des deux Siciles de la maison de France I.
* del Giudice, Codice dipi. Ang. Hi, p. 268 Anm.
^ Die Nachricht des Aliprant, dafs Sordel im Königreiche Neapel ehren-
volle Proben von seinem Mute und seiner Tüchtigkeit ablegte, (vgl. Equicola,
dell* istoria di Mantova libri V, p. 46 Mantova 1607) erhält hierdurch einige
Bestätigung.
'® Das Lied ar ai proat qú*e¿ mon non a dolor No. 437,4 hat für die
Biographie nicht benutzt werden können. Aus dem thesaurus thesauroruvi^
der sich auf der Ambrosiana befindet, scheint sich nichts weiter für die Bio-
graphie zu ergeben, als dafs Sordel darin eine Agradiva preist, die auch sonst
von ihm besungen ist, vgl. Bartsch im Jahrb. XI f.
2 14 O- SCHULTZ,
Als Zdlgiiiiobsin Sordels, die in der i. Hiilftc des 13. Jalir-
liuiiderts gelebt haben, sind zu nennen 11 Paves und Nicolet de Turin.
6. Li Paves.
Ich trage kein Bedenken, ihn für einen Italiener zu erklären;
dafs er aus Pavia gebürtig gewesen sei, wie Crescimbeni meint',
folgt aus dem Namen nicht ohne weiteres, da es z. B. eine Familie
Pavese in Alessandria gab.'^ Pert icari nennt ihn Lodovico il Pavese ^
ich weifs nicht mit welchem Rechte. Seine ganze litterarische Hinter-
lassenschaft besteht in einer provenzalischen Strophe-*, mit der eine
folgende des Guillem Figueira und eine andere des Aimeric de
Pegulhan in Verbindung stehen. Hieraus ergiebt sich, dafs sie
nach 12 15 fallen mufs, da Figueira in diesem Jahre nach Italien
kam^; Zeile 4 läfst die Annahme zu, dafs der Paves in Florenz
gewesen ist, und wenn meine Vermutung richtig ist, dafs der rö-
pitanis Sordel sei, so ist die Strophe wahrscheinlich nach 1225
entstanden.
7. Nicolet de Turin.
Wir haben schon oben gesehen, dafs Aimeric de Pegulhan
ihn in der Spielmannssatire nennt: er erscheint also noch 1225
auftretend; darauf weist auch eine Tenzone mit Uc de S. Circ hin*»,
wo von einer Alais de Vidallana die Rede ¡st, die mit der von
L. Cigala besungenen identisch zu sein scheint, wem'gstens sagt
Barbieri '^, dafs Cigala in dem Liede ian franc cor de domna ai
irobal a Villafranco e tan plazcn eine Alais de Vidallana besinge
und in der That ist das Gedicht in H überschrieben: Z. Cigala
de nailas de v. Vidallana ist gleich dem lateinischen Vidilianum
oder Vidilliaimm% das einige Meilen westlich von Piacenza und
südöstlich von Auramala, der Besitzung der Malaspina, liegt Alais
hat sich vermutlich in Villafranca, welches Castell dem Conrad
Malaspina gchörti'**, aufgehalten und hier werden Nicolet und Uc
de S. Circ sie wohl gesehen haben. Dies wird noch durch andere
Umstände bestätigt: einmal heifst es in der Satire Str. 5
ar vciretz venir l'estol
ves Malaspina e*l tropelh,
unter welcher Schar sich Nicolet befand, dann sagt Uc im Geleit
der envähnten Tenzone:
* Crescimbeni, Giunta p. 203.
'^ Schiavina, Annali di Alessandria p. 46.
^ Perticari in Proj)osla di alcune correzioni etc. vol. II, p, II, p. 295.
♦ Archiv XXXÍV 408.
'» Levy, G. Figueira p. 13.
•'• Archiv XXXIV 411.
■^ Barbieri ed. Tiraboschi p. 124.
** l'ertz XVIII 485,30; Spruner IV, Spezialableilung fiir Piacenza.
'^ In der Lunij^iana liegend, vgl. Pertz XVIII 499, 15; Dizion. corogr«
VIII 1383; an das Villafranca in Savoyen kann schon deshalb nicht gedacht
werden, weil dasselbe erst 1 239 gegründet wurde, vgl. Muletti II 305, Amn. 3.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROBADORS. 21 ^
na Salvaga d'aitan siatz certana
qe Ponramens de vos me fai plazcr
Lombardia e la march'e Toscana J
Die Salvàja wird auch von Cigala gefeiert 2 und kommt als /a bella
salvaja d^auramala in dem Schmähgedicht Alberts de Sestaron vor 3;
hier und in der Entgegnung Aimerics von Belenoi^ wird sie mit
einer Schwester als Tochter Conrads genannt.-^ Da nun Conrad
Malaspina ca. 1 180 geboren wurde so hat Selvaja ca. 1220 — 1230
in ihrem besten Alter gestanden; die betreffende Schwester dürfte
Maria sein, zu der Albert de Sestaron ein Lied sendet ^r
vas na maria d'esperò
d'aura mala ten vai correns
chanso.''
Es würde uns zu weit führen, zu zeigen, dafs das Schmählied
Alberts frühestens in das Ende der zwanziger Jahre des 13. Jahr-
hunderts fallen kann, besonders da wir auch schon so gezeigt zu
haben hoffen, dafs Nicolets Blütezeit nach 1225 anzusetzen ist.
Eine zweite Tenzone hat Nicolet mit Folquet de Romans ge-
wechselt.® Aus Zeile i — 2 ergiebt sich, dafs er Burgund besucht
hatte, wo es ihm schlecht gegangen war; er spricht seinen Hafs
gegen die Burgunder aus, er habe sie verlassen und folge nun
dem tapfem Grafen Gottfried, dessen Diener er sei, und dem
wackem Grafen Hubert. Wer sind diese Grafen? Gottfried bin
ich sehr geneigt auf den Grafen Gottfried von Blandrate zu deuten:
er war der Sohn des Gozelino von Blandrate-*; ich finde ihn zum
Jahre 12 10 erwähnt, 1222 war er Graf der Romagna*® und 1226
trat er wie wir oben gesehen haben, dem lombardischen Städtebund
bei; schliefslich wird er noch in den Jahren 1246 und 1247 g^"
nannt.** Der Graf Hubert, in welchem ich den Grafen Hubert
von Blandrate sehen möchte war ein Sohn des Otto von Blandrate
und ist gleichfalls in den Jahren 1246 und 1247 zu rekognosziren.**^
Dafs wir es bei Nicolet mit einem Grafen von Blandrate zu tun
' Chigiana XL VI 29, Bl. la (vgl. Jahrb. XI 33), wo das richtige Vonra-
mens fur lonjamens steht; Bartsch hat die Stelle nicht rekognosziert.
* Archiv XXXIV 416. Jedenfalls dieselbe Salvaja wird in der Treva
des Guillem de la Tor genannt zugleich mit einer Schwester von ihr Beatritz,
vgl. Sucbier, Denkmäler prov. Lit. u. Spr. I 323, Str. i.
5 Archiv XXXII 407 Str. 4 und LI 251.
* MG. 902 Str. 5.
* Für viele dieser Andeutungen vgl. Barbieri p. 79.
^ Allerdings fallt dieses Lied noch vor 1220, da Wilhelm Malaspina
darin erwähnt wird.
7 Mahn, Gedichte 183.
* Folquet de Romans war natürlich in Italien und ist mit Sicherheit
bis 1228 zu verfolgen, vgl. oben unter Peire de la Mula.
® Rusconi, I conti di Biandrate in Omaggio della Società Slorica Lom-
barda al VII Centenario della battaglia di Legnano, Milano 1876 p. 200.
'® Savioli II I p. 312; III 2 p. 31.
** Rusconi 1. e. p. 199, 200.
'* Rusconi 1. e.
2 I 6 o. SCHULTZ,
haben, crsclicint mir um so glaublicher, als Folquet von Romans
wahrscheinlich mit einem (trafen von Blandrate und nicht von
Flandern die bekannte Cobla • gewechselt hat.
Weitere Anhaltspunkte gewährt eine andere Tenzono mît Joanet
d'Albusson.- So dunkel und widersprechend wie mir die Anspie-
lungen hierin im einzelnen erscheinen «^ glaube ich doch, dafs man
das Gedicht nur auf 1238 datieren kann, wo nach dem Siege
Friedrichs bei Cortenuova fast die ganze Lombardei ihm zu Füfsen
lag^; im Februar 1238 hielt er Iloftag zu Turin, wo auch Bonifaz
von iMontferrat ihm huldigte. — Joanets Blütezeit fällt vermutlich
auch in die drcifsiger Jahre: im Geleite eines Liedes* preist er
Blacatz, woraus man schliefsen darf, dafs er in der Provence und
wohl am Hofe Raymund Berengars war, wo er die Bekanntschaft
von P. Bremon machen und ditî oben besprochenen Strophen mit
Sordcl wechseln konnte. Dafs er von Bertram d*Aurel erwähnt
wird*», hat keinen Wert für uns, da wir von Bertram nichts wissen,
und da es ganz unwahrscheinlich ist, dafs mit dem Lambert, dessen
Strophe zu der Bertrams gehört, Rambertin de Buvalel identisch sei.
Während wir bis jetzt mehr einzeln dastehende Trobadors be-
trachtet haben, kommen wir nun zu einer ganzen Gruppe, deren
Heimat Genua war. Als der erste und bedeutendste unter ihnen
erscheint Lanfranc Cigala, der durch indirekte Beziehungen, wie
wir oben gesehen, in einem gewissen, wenn auch nur schwachen
Connex mit den vorangehenden Trobadors steht. Er gehörte einer
vornehmen genuesischen Familie an, wie alle andern Dichter der
Gruppe, und hat ebenso wie die meisten andern eine Rolle in der
Geschichte seiner Vaterstadt gespielt.
8. Lanfranc Cigala.
Die Biographie lautet nach IK ' : En Lanfranc si fo de h ciuUtt
de genoü ; gcnti/s om e savís foefo jutgcs e cavaliers, mas vida de
¡iilgc menava, el era grans amador s el entendía se en Irobar e fo bon
Irobaire e fes maulas bona s chansos e Irobava volenliers de Dieu. Für
mas vida de julge menava liest Tiraboschi nach d vila viziosa menava,
a hat ìnas vida de jiilil (?) menava. — Wir wollen zuerst die histo-
rischen Nachweise über unsern Trobador und dann seine Lieder
betrachten. — Gleich zuerst finden wir ihn auf einem hohen Posten:
er geht 1241 zusammen mit L. Malocellus als Gesandter an Rai-
mund Berengar von der Provence; am 22, Juli 1242 schwört Rai-
' Archiv XXXIV 406 v^O. später.
'^ Archiv XXXIII 297.
^ Z. B. kam nach Sir. 1 ein Adler von Salerno, nach Str. 3 ein Schiff
von Colonna ; unter beiden Allegorieen kann doch nur Friedrich II. gedacht
sein; derselbe kam aber 1236 und 1237 beide male von Deutschland nach
Italien, v^^l. Raumer II Itinerar.
^ Schirrmachcr III 27; Winkelmann II 85.
^ Archiv XXXIII 297.
'• Archiv XXXIV Z. 2.
■^ Mahn, Biogr. O5.
DIE LEHENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROBADORS. 2 I 7
mund ¡n Aix, Genua in Schulz nehmen zu wollen ' und es ist
interessant, zu sehen, dafs unter den Zeugen auf provenzalischer
Seite Bertrand d*AIamanon vorkommt. Vor dem Dezember waren
die Gesandten spätestens wieder in Genua, da am i8. Dezember
ein neuer genuesischer Gesandter bei Berengar war.- Bald darauf
mufs er Richter geworden sein, denn 1243 findet er sich unter
der Liste der Consilieri oder Nobili als judex aufgeführt** 1248
iKikleidete er das Amt eines Consuls in Genua.^ Aufserdem er-
scheint er nun noch in einer Reihe von Urkunden bis zum Jahre
1257 bald als Zeuge, bald in einer Commission zur Einbringung
von Gesetzen etc.:
Zum 29. Januar 1246 vgl. lib. jur. Jan. II 33c
„ 4. März 1250 „ „ „ „ I 1036c
„ 18. Febr. 1251 „ „ „ „ I 1043c
„ 8. u. 26. Juni 1251 „ „ „ „ 1 108 ib u. 1094 d
„ 2. Mai 1252 „ „ „ „ I 1143 a
„ 7. Juni 1252 „ „ „ „ I ii53<i
„ 24. Nov. 1254 „ „ „ „ li2iod
„ 29. Oktob. 1256 „ „ „ „ 1 1246c
17. Nov. 1256 „ „ „ „ I 1254b
16. März 1257 „ „ „ „ Ii255b-^
Schliefslich ist er noch zum 10. und 12. März 1253 als in Genua
befindlich nachzuweisen, vgl. Belgrano, Docum. ined. riguard. le
due crociate di S. Lodovico n® 49 und 50, Genova 1859. Was
nun die Lieder Lanfrancs betrifft, so zeigen sie, soweit sie datier-
bar sind, den Dichter nur in dem kleinen Zeiträume von 1245 —
1248. Die erste Jahreszahl giebt das Sirventes esiier mon grat
mi fan dir vilanaige^ an die Hand, das auf den ersten Blick 1242
zu fallen scheint: in diesem Jahre nämlich liefs sich Bonifaz III.
von Montferrat vom päbstlichen Legaten und den Genuesen über-
reden, die kaiserliche Partei zu verlassen ", er schlofs einen Vertrag
mit den Mailändern, denen er sich eidlich verpflichtete. Dies wird
in Str. 3 gerügt, aber in Str. 4 wird er zugleich heftig getadelt,
dafs er auch den Mailändern den Vertrag gebrochen hätte, und
da das nicht unmittelbar darauf geschehen sein kann, so darf man
annehmefi, dafs das Sirventes 1245 abgefafst worden sei, in welchem
Jahre Bonifaz IlL thatsächlich persönlich vor F'riedrich II. um Ver-
* Liber, jur. Jan. I lOOOa ff.; also hat Nostradamus doch Recht, der
schon dies F'aktum erzählt, vgl. Jahrb. NF I 46.
' Lib. jur. Jan. I 1002 0.
' Canale, Storia de* Genovesi III 267; dies Datum hatte schon Tiraboschi
gefunden 4, 3, 2 p. 391.
^ Tiraboschi 1. c; Canale I 518.
* Ich habe diese Nachrichten gefunden, ohne vorher die Arbeit Desi-
monis (vgl. Giornale ligustico 1878) zu kennen, der ohne Angabe seiner Quelle
die Daten 1241 und 1257 angiebt, vgl. p. 254.
« Archiv XXXV 456.
' Diez p. 568; Litta, fase. 63 tav. 5.
2 1 8 o. SCHULTZ,
zeihung bittend erschien ' ; auf dies Ereignis pafst auch Strophe 5
sehr gut „wäre ich ein grofser Herr, so sollte er mir die Huldigung
nicht in herkömmh'cher Weise leisten", ja Str. 5 Z. 4 macht zu der
Annahme geneigt, dafs Lanfranc in Pavia gewesen sei, was einiger-
mafscn durch den Umstand bekräftigt >vird, dafs er von 1243 — 1246
in Genua nicht nachzuweisen ist.
Ein zweites Sirventes mit historischen Anspielungen ist st mos
charts fos de jot ni de solaz *, von dem nicht ersichtlich, wieso Diez
es kurz vor der König\verdung Karls von Anjou ansetzt Die Worte
Jerusalems es Iocs desemparaiz deuten auf eine Zeit, die dem Jahre
1244 nahe liegt, wo die Christen Jerusalem auf immer vorloren;
mit dem Emperador im Geleit kann doch nur Friedrich IL gemeint
sein, und ich kann daher die guerra dels dos grans coronaíz^ nicht
anders verstehen, als von dem Streite zwischen dem Pabste und
dem Kaiser. Das Lied bezieht sich also auf den Kreuzzug von
1248. — Gleichfalls in diese Zeit fallt ein drittes Gedicht^, in dem
Ludwig IX. dafür gepriesen wird, dafs er den Kreuzzug 1 248 antritt.
Sehr interessant ist das bis jetzt unedierte Lied * Lanfrancs an
den Herrn Thomas, in dem er seine unbegrenzte Hochachtung für
denselben ausspricht, aber es läfst keine genauere Datierung zu, als
dafs es höchst wahrscheinlich 1245 — 1259 entstanden ¡st, denn
dafs hier nicht Thomas L sondern nur Thomas II. von Savoyen
gemeint sein kann, unterliegt keinem Zweifel. Dieser Thomas IL
verliefs sein Geburtsland 1237, heiratete die Johanna von Flandern,
herrschte in Flandern bis 1245 und in diesem Jahre nach Italien
zurückgekehrt erwarb er sich daselbst, die Gunst der Verhältnisse
benutzend, schnell viele Besitzungen; zuletzt erfuhr er viel Unglück
und starb gebrochen den 1. Februar 125g in Aosta.*' Er hatte
Beziehungen zu Genua gehabt, da er 1251 Beatrice Fieschi, eine
Nichte des Pabstes Innocenz IV. heiratete.
In seinen Liebesliedern preist Lanfranc, wie wir oben gesehen
haben, eine Alais de Vidallana und eine SalVaja, was vermuten
läfst, dafs er schon vor ca. 1240 dichtete und mit dem Hofe der
Malaspina in Verbindung stand. Freilich hat er eine Donna di Lu-
nesana nicht besungen, wie Spotorno I251 ff. meint, da von einer
Donna in der Handschrift nichts steht; die betreffende Stelle lautet:
Lunesana, pensatz de penedensa
que dieus vos vol confondre derenan.'
Unter den Tenzón en ist die bekannteste die mit der Guglielma
» Litta 1. c.
'-^ Kaynouard V 245.
^ Str. I Z. 5 bei Raynouard V 245.
^ ]*arn. occ. p. 160.
^ Verzeichnis No. 282,22; Spotorno I 254 berichtet über den Inhalt des
Liedes; ich besitze eine Abschrift des Schlusses aus IK, der noch an anderer
Stelle Erwähnung finden soll.
^ Chartae II 1430 Anm. 2; Cibrario, Storia di Torino I 250.
' Es ist das Lied No. 282,7, in K = fr. 12473 f^h 77 ».
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER IT AL. TROHADORS. 2 IQ
de Rosas ' , zu der wir eine ausführliche razo besitzen.*-^ Aus dem
Umstände, dafs der Schauplatz der Begebenheit, die den Stoff zur
Tenzone geliefert, in Castilien liegt, folgt nicht, dafs Lanfranc etwa
in Spanien gewesen sei.^
Es erübrigt noch, die Berlenda Cybo zu erwähnen. Nostra-
damus, der sonst über L. Cigala richtige Daten angiebt, erzählt, er
hätte sich in eine Edeldame der Provence aus der genuesischen
Familie Cybo verliebt und ein Trauerlied auf ihren Tod geschrie-
ben ^ : Dies ist nicht gerade unglaublich, da es wirklich eine genue-
sische Familie Cybo gegeben hat.*
Vielleicht am nächsten der Zeit nach steht dem L. Cigala ein
anderer genuesischer Trobador, für den nur Nostradamus der Ge-
währsmann ist: Luca Grimaldi.
g. Luca Grimaldi.
Da Nostradamus ihn ausdrücklich „Luca de Grimaud" nennt,
so halte ich gegenüber Desimoni und Belgrano ® ihn nicht für iden-
tisch mit einem bekannten Zeitgenossen Luchetto Grimaldi. Die
Verschiedenheit der beiden Persönlichkeiten erhellt daraus, d^fs
beide Namen zugleich in einer Urkunde vorkommen: es werden
nämlich dort unter den Zeugen aufgeführt: Luchetus de Grimaldo,
Ansaldinus Auriae, Lucas de Grimaldo.''
Schon im Jahre 1242 war unser Luca Grimaldi Podestà von
Mailand^; zu 1246 sagt Canale: st ha memoria delle case di Luca
e B ovar ello Grimaldi^] 1253 wurde bei ihm die kostbare Cathedra
Konrads IV. deponiert, nachdem sie im November 1253 von Gui-
dotto Spinola eingelöst worden war***; zum 5. Juni 1256 wird er
zusammen mit Precival Doria genannt"; 1258 ging er mit Percival
Doria als Gesandter an Alexander IV. ••^ Am 8. Mai 1262 wird er
nach der Flucht des Boccanegra mit Giacomo Grillo und dreizehn
anderen zum reggitore della città ernannt.'^ Luca Grimaldi läfst
sich also von 1242 — 1262 verfolgen. Aufserdem sind noch folgende
Daten über ihn anzuführen:
* Raynouard , Lexique Roman I 508 ; Roza war eine vornehme genue-
sische Familie: ein Guglielmo Roza wird 1198 — 1200 und 1202 als Consul
genannt, vgl. Canale I 514, 515.
* Archiv L 256.
' Mila, Los trobadores en Espagna p. 155.
^ Jahrb. NF I 46.
* Canale I 543.
* Desimoni im giornale ligust. V 254 ; Belgrano , Documenti etc. p. 306
Anm. 2.
' Liber jur. Jan. I 1358 c.
* Muratori, Script. XI 679 E.
» Canale I 553.
'<* Schirrmacher, Die letzten Hohenstaufen p. 130 dazu die Anm. 41 p. 448.
** Lib. jur. Jan. Il35d.
'* Canale II 187; Pertz XVIII 238, 10; den 3. Juli war Luca in Rom, vgl.
lib. jur. Jan. I 1271a.
*3 Canale II 222.
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2 20 O. SCHULTZ,
Zum 1 8. Febr. 1251 vgl. lib. jur. Jan. I 1042b
19. Febr. 125 1 „ „ „ „ 11050b
13. Sept. 1251 „ „ „ „ 1 1113
30. Okt. 1251 „ „ „ „ 1 1121C
15. Juli 1254 „ „ „ „ I 1184a
10. Juli 1261 „ „ „ „ I 1358c.
Aus der zweiten Stellt; des lib. jur. Jan. geht zugleich hervor, dafs
er Mitbesitzer des Schlosses Stella war, vgl. Helgrano, Documenti
etc. p. 307 Anm. 2. Nostradamus berichtet, dafs Luca 1308 im Alter
von 35 Jahren starb, vgl. Jahrb. NF. 1 128. Gleichfalls recht frühe
zu rekognoszieren ist ein dritter genuesischer Trobador: Jacme Grill.
10. lacme Grill.
Kr Uifst sich ebenso wie Luca Grimaldi von 1242 bis 1262
verfolgen. Zuerst kommt er zum 7. Mai 1242 als Zeuge vor*; im
Jahre 1244 beherbergte er den Pabst Innocenz IV. in Stella.*^ 1262
wird er zum reggitore della' città erwählt^
Wir haben eine Tenzone von ihm mit Simon Dona *, eine an-
dere mit Lanfranc, jedenfalls Lanfranc Cigala stand in a; schliefs-
lich wird er in einer Tenzone zwischen L. Cigala und Simon Doria •*»
als Schiedsrichter angerufen.
1 1. Simon Doria.
In der Gesandtenlistc bei Canale steht*: Simone Doria am"
bassciatore al papa il 1 27 1. Ich weifs nicht, ob diese Angabe un-
bedingt zuverlässig ist, es soll vielleicht 1281 heifscn, denn in
diesem Jahre ist ein Simon Doria unter den Gesandten, welche
an den Papst Martin IV. kurz nach seiner Wahl, die den 20. Fe-
bruar 1281 erfolgte, von der Commune Genua geschickt wurden.'^
Zum 24. April 1290 kommt er femer als Zeuge vor^; 13 16 war
er gewifs tot, wie aus einer Urkunde hervorgeht, wo es heifst quoti"
dam Simonis Doria,^
F^s ist etwas soiiderbar, dafs diese Nachrichten über ihn so
sj)ät fallen, da tir doch, wie wir gesehen, mit L. Cigala *® und J.Grill
tenzoniert, allein es kann dies leicht ein Zufall sein und es mag
' Lib. jur. Jan. I I004d, es steht zwar hinter Jacobus ein Punkt, dann
folj^t Grillus und ein Punkt, aber das ist bestimmt ein Versehen des Schrei-
bors oder Setzers.
'^ Canale! 553; Schirrmacher, Friedrich II. IV 88.
^ Canale II 222, V|»l. oben unter Luca Grimaldi.
* Archiv XXXIV 383; die Tenzone in a (vgl. Jahrb. XI 17) mufs mit
dieser identisch j^cwesen sein da O"* und a unzweifelhaft dieselbe Quelle hatten,
v|»l. Gröber in Rom. Stud. II 432 §42.
5 Archiv XXXIV 380.
'• Canale IV 543.
" PertzXVIÏI 291,45.
** Lib. jur. Jan. 11243a.
•' GioflVcdo p. 710 e. d.; natürlich steht dort Simonis Auriae.
'*' Zwei andere Tenzoncn zwischen ihm und Cigala standen in a, vgl.
Rom. Stud. II 432 Anm. i, 2.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DKK ITAL. TROBADORS. 221
erwogen werden einerseits, dafs wir Cigala und Grill nur durch
20 Jahre haben verfolgen können, dafs beide daher leicht noch
länger gelebt haben können und andererseits, dafs das letzte Simon
Doria betreifende Datum nur von 1290 herrührt, er also bald da-
rauf gestorben sein kann. Der Umstand, dafs seine Gedichte in
a gestanden haben, spricht nicht gegen ihn, da A^ wie Gröber*
gegenüber Bartsch gezeigt hat, nicht so frühe abgefafst sein kann,
denn es findet sich ja auch Luquet Gattüusi darin, der noch 13CX)
ein Amt bekleidet hat. Wenn wir so keinen ausreichenden Grund
hab«;n, an der Identität zu zweifeln, so mag auch die Mitteilung
von Interesse sein, dafs sein Vater Martin Doria war-^ und sein
Sohn Ezzelin Doria, Herr von S. Kemo und Q^riana^; die Ver-
mutung von Desimoni, dafs Simon der Solin des Perceval Doria
gewesen sei^, ist also falsch; auch die Meinung, dafs Perceval sein
Bruder war^ wird durch nichts gestützt.
Die unedierte Tenzone zwischen Simon und einem Albert, die
zu den vier Unica der Tenzonensammlung in T gehört, mufs vor
1250 fallen, das Todesjahr Friedrich IL, da es in der vorletzten
Strophe heifst: qe qanieu tec (wohl = tene) nudoris (?) sen camisa ^
lenperador none vei frederic (jedenfalls = non envei) , vgl. Ms. franc.
152 II fol. 72b — 73b. Wenn wir Simon früher nachweisen könnten,
würde die Vermutung, dafs hiermit Albert de Sestaron gemeint sei,
weniger kühn erscheinen, da Albert sich in Genua aufgehalten hat:
er preist nämlich in einem Liede eine geliebte Genueserin *», in dem
Geleite eines andern spricht er von einer Schönen in der Lombardei.'»
Erst bei der Durchsicht dieses Korrekturbogens wurde mir das
Werk von Belgrano, Documenti inediti riguardanti le due crociate
di S.Lodovico Genova 185g, zugänglich; No. 48 daselbst findet
sich Simon zum 11. März erwähnt, und zwar fängt die Urkunde
im: Ego Symon Aun'e filtus quondam martini Aur te \ natürlich ist die
Urkunde in Genua aufgesetzt, desgleichen eine andere vom 30. Mai
1269, wo Simon als Bürge auftritt, vgl. Belgrano p. 286.
12. Perceval Doria.
Von Perceval Doria stand ein Lied in a **, das vermutlich mit
dem von Nostradamus besprochenen identisch ist: die schwierige
Aufgabe, diese Persönlichkeit zu rekognoszieren, verlohnt daher
wohl der Mühe. — Nostradamus berichtet von unserm Dichter, er
habe ein Sirventes über den Krieg zwischen Karl von Anjou und
» Rom. Stud. II 509 § 71.
• Urkunde von 1290 in lib. jur. Jan. 11243a; diesen Martin finde ich
als Zcufjen zum Jahre 1237 erwähnt, vj^l. Charlae II 1399.
' Gioffrcdo 1. c.
• Desimoni p. 255.
^ Giornale dei Letterati VI 248 Venezia 171 1.
• Mahn. Gedichte 782.
"^ Raynoii.ird, Lrxifjue Roman 496.
» Jahrb. XI 15 und 18.
222 O. SCHULTZ,
Manfred geschrieben, worin Manfred als unrechtmäfsiger Usurpator
von Sicilien und als gegen den Willen der Kirche auftretend dar-
giîstcllt werde.* Dies Verhältnis hat lîartsch gerade umgekehrt-,
und den Ghibellinen Perceval Doria als den Dichter angesehen,
bezüglich dessen Schirrmacher verschiedene Daten beigebracht hat,
die sich leicht vermehren liefsen. Schon Spotorno hat zwei Perce-
valle unterschieden**^, indem er den einen, il giovane genîmnt, ¡m
Fogliazzo de* Notaji zu den Jahren 1251 und 1253 fand. Vielleicht
ist es unser Dichter, der 12.58 mit Luca Grimaldi an den Papst
gesandt wurde*, da sich doch kaum annehmen lilfst, dafs sich der
(ihibelline Perceval zu einer solchen Mission geeignet hatte. Desi-
moni behauptet, der Guelfe, also der Trobador, sei ein Sohn des
Manuel Doria gewesen-», er sagt ferner, dafs er 1261 Vikar Karls
in Arles und Avignon war, da er es aber meistens verschmäht,
seine Quellen anzugeben, so sind wohl bis auf weiteres einige Zweifel
erlaubt; freilich nennt ihn auch Ruffi „Podestat d'Avignon."*^ Leider
konnte ich das Werk von Chaillot: Histoire d'Avignon et du Comtat-
Venaissin 1818 3 vol., worin etwas darüber stehen müfste, nicht er-
langen. Nur so viel glaube ich als einigermafsen wahrscheinlich
hinstellen zu können, dafs der Perceval Doria, welcher am 6. April
1262 2CX>o Lire von der Commune von Genua erhält, um die Län-
dereien, welche er früher im Judicat von Torrei> besafs, wieder zu
gewinnen" unser Trobador ist, da der Ghibelline Perceval von
seinem Posten als Generalvikar der Mark Ancona, den er bis 1260
einnahm, von Manfred vermutlicli nach Süditalien berufen wurde.*»
Es scheint in der That, dais er in die Dienste Karls von Anjou
trat, denn Ruffi sagt, dafs er in den Urkunden Perceval Doria als
Teilnehmer an dem Kriegszuge Karls 1265 gefunden habe.^ Nach
Belgrano, documenti n" 19 Anm. i machte Perceval zusammen mit
seinen Ver^vandten Nicolò und Babilano Doria dem Kloster S. Frut-
tuoso 1271 eine Schenkung, und wenn dies Datum richtig ist, so
hätten wir ganz bestimmt den Trobador vor uns, da der Ghibel-
line 1264 starb. ^*^ Zum Jahre 1275 ist er in der Liste bei Canale
als Gesandter an den Pabst aufgeführt.^* Endlich nennt Gaufridi,
* Nostradamus p. 130.
« Jahrb. NF I 1 27.
3 Spotorno I 269.
* Vgl. oben unter Luca Grimaldi.
* Desimoni p. 255.
^ Ruffi, Histoire des contes de Provence p. 161 ; merkwürdigerweise
mufs auch gerade der Ghibelline 1231 Podestà von Arles und 1232 von
Avignon gewesen sein, vgl. Anibcrt, Mémoires historiques et critiques sur
l'ancienne république d'Arles III 249 ; Pertz, Archiv für ñltere deutsche Ge-
schichtskunde VII 210.
7 Mon. Hist. Patr. X 380.
♦* Schirrmacher, Die letzten Hohenstaufen p. 202, 236, dazu Anm. 23.
'• Ruflì p. 16 í; dafs Perceval 1270 — 1272 mit Karl etwas zu thun hatte
ist unwahrscheinlich, da in den zahlreichen Urkunden bei Minieri Riccio,
Carlo d'Anjou, sein Name nicht vorkommt.
*** Schirrmacher p. 237. " Canale IV 542.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROBADORS. 22^
Histoire de Provence p. i8o Perceval Doria unter den icx) Rittern,
clie auf Seiten Karls von Anjou 1283 gegen 100 aragonesische Ritter
zu Bordeaux kämpfen sollten: daraus folgt, dafs Perceval in den
Diensten Karls stehend sich in Unter-Italien aufgehalten hat. Aber
ein dritter wartet schon im Hintergrunde, denn am 2^, Dezember
1287 tritt zuerst ein Perceval Doria auf, ein Sohn des Gavino Doria •;
wahrscheinlich ist dieser identisch mit dem Percival, der 1316 mit
einem Heere zur Belagerung von Mentone geschickt wurdc.*-^ Die
Herausgeber der Monum. Hist. patr. vermuten, dafs der zum Jahre
1 262 genannte Perceval ein Sohn des Andrea Doria gewesen sei -^
aber es ist eben nur eine Vermutung, die jeglicher Anhaltspunkte
entbehrt. — Vielleicht würde durch die vollständige Veröffentlichung
des Fogliazzo dei Notaji, der sich auf der biblioteca civica in Genua
befindet, mehr Klarheit über unsern Dichter verbreitet werden, des-
gleichen, wenn ein Geschichtsforscher das Leben des Ghibellinen
Perceval Doria ausführlich behandelte.
Die Angabe von Nostradamus, Perceval habe mehrere Tcn-
zoncn mit Lanfranc Cigala gewechselt, ist nicht unbedingt zu ver-
werfen, da ihm ja aufser der Bernart Amorosschen Sammlung noch
andere Quellen zur Verfügung standen.*
Zum Schlüsse sei bemerkt, dafs von einem Prencivale Doria
zwei Lieder in italienischer Sprache vorliegen* und ich glaube
man ist berechtigt, dieselben dem Trobador zu vindizieren; auch
Lanfranc von Pistoja hat ja aufser in dem fremden Idiom in der
Muttersprache gedichtet.
13. Luquet Gattilusi.
Ich schreibe den Namen dieses Trobadors mit doppeltefe t,
weil er fast ausschliefslich in dieser Form im Li'òer jurium Januae
vorkommt. — Schirrmacher gebührt das Verdienst, seine genue-
sische Herkunft festgestellt zu haben; er ist darauf von Bartsch
behandelt worden* und auch Mussafìa hat ihn berührt.'' Alles
dieses ist Desimoni ^, Casini ^ Neri*" und Thomas'* unbekannt ge-
blieben. Das erste Datum liefert sein Sirventes •*-, das von Schirr-
machcr mit vollem Recht auf 1262 angesetzt worden ist*-*, denn
schon im Anfange dieses Jahres wurde von der Staufischen Partei
* Monum. Hist. Patr. X 411.
* Gioffredo p. 710 c — d.
' Monum. Hist. Patr. X 380, Anm. i .
* Gröber in Rom. Stud. II 506 § 70.
* d'Ancona e Comparetli, rime volgari I 473 und 477.
« Jahrb. NF. I 53.
~ Mussaüa, Die Liederhandschriftcn des Barbieri p. 18.
^ Giornale Ligustico V 255.
'^ Rassegna settimanale V 391.
*" Rass. settim. VI 29.
*' Homania X 324.
*■* Schirrmachcr, Die letzten Hohcnstaufen p. 663 — 666.
*^ Schirrmaclier p. 663 Anm. 2; Casini hat es fälschlich auf 1 264 datiert.
224 ^- í^CHULTZ,
der Vcrsucli gemacht, Conradin zu erheben und Pabst Urban dazu
gedrängt, den Vertrag mit Karl von Anjou abzuschliefsenJ Im
Jahre 12Ò6 finden wir Luquet unter den sechs Gesandten, welche
von Genua nach der Schlacht von Benevent zuerst an die Kurie,
dann an den Hof Karls von Anjou geschickt wurden 2; „bei Karl
verweilte die Gesandtschaft etwa zwei Monate und kehrte im Juli
zurück." Im Jahre 1272 war er Podestà von Bologna, wie nicht
nur aus dem Testamente Enzios vom 16. März 1272-*, sondern
auch aus dem Memoriale historicum und der Cronaca di Bologna
hervorgeht.^ Fernerhin trefi'en wir ihn 1284 wieder und zwar in
Florenz, wo er in dem Bunde, welcher zwischen Genua, Florenz
und Lucca gegen Pisa am 13. Oktober 1284 geschlossen wurde,
von genuesischer Seite als Zeuge auftritt.^ Im Jahre 1295 geht er
von neuem mit drei andern als Gesandter an den Pabst: dies
Faktum hat schon Desimoni ohne Quelle angegeben, ich habe es
im Chronicon Genuense des Jacobus de Voragine gefunden.® In
einer Bulle Bonifaz Vili, vom 19. August 1295 wird von einer ge-
nuesischen Kirche Ciiacomo de Priano gesprochen, die „der geliebte
Sohn Luchetus Gatilusius" gestiftet habe." Desimoni weifs noch zu
sagen, dafs er Podestà in Mailand, Lucca und Cremona war; das
erste ist unrichtig, wie sich aus der Chronik des Fiamma ergiebig
das zweite ist wenig wahrscheinlich, da er in den Annales Ptolemai
Lucensis nicht vorkommt, wo freilich das Podestàverzeichnis etwas
lückenhaft ist '•', das dritte ist, so weit ich sehe, möglich, wenngleich
Gavitelli nichts davon berichtet.''* Dagegen war er noch im Jahre
1300 Podestà von Savona, da es in der lateinischen Bemerkung,
die dem 57. der Gedichte in genuesischer Mundart vorangeht,
heifst: Dominus Karolus fraier regis Francorum venu in Tuxia ad
partes Floreniiae MCCC,^^ Quidam de magnatibus Januae itmens de
facto ipsiuSy quia videhatur nimis proper ari j misit in Sagonam, ubi
er am pro communi ad officium cabelle salis ^ quendam nuntium domino
Luchino Gatiluxio tunc po testati SagonaeS^ Ich weifs nicht, ob unser
' Schirrmacher p. 225.
*^ Schirrmacher p. 663 Anm. 2; Pertz X Vili 256. In dem schlechteren
Texte der Annal. Jan. bei Muratori VI steht sein Name nicht.
•■* Rass. settini. V391; Savioli III 2 p. 452 und 453.
» Muratori, Script. XVIII 122 E, 284 C; Savioli III I p. 455.
^ Liber jur. Jan. 11 67c. In diesem Jahre war Brunetto Latini Sindaco
in Florenz und erscheint als solcher in der Urkunde, die am 20. Okt. 1284
bei der Aufnahme von Siena in den oben erwähnten Bund gegen Pisa in
Lucca aufgesetzt wurde, vgl. Chartae II 1568 a.
0 Muratori, Script. IX 16B.
' Thomas in der Romania X 325.
« Muratori XI. » Muratori XI.
'" Gavitelli, Annales Cremoneuses.
*' Spotorno p. 205 Anm. giebt also unrichtig 1 30 1 an und verweist auf
Lied LXIII statt LVll.
'* Archivio glottologico II 223 ; ich habe die Besserungen von Lagomag-
giore in den Text aufgenommen ; dafs Luchinus gleichbedeutend mit Lnchettus
gesetzt wurde zeigen die Worte im Memor. histor. : Dominus Luchinus de
Gataluxiis de Janna etc., vgl. Mur. XVIII 122 E.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROP.ADORS. 225
Trobador identisch ist mit dem Luchino oder Luchetto Gattilusi,
den Hopf* unter den Herrschern von Lesbos und Aenos aufführt
und den er von 1247 — 1282 verfolgt.
Von dem Liede, das in a gestanden hat und das möglicher-
weise identisch ist mit dem oben besprochenen Sir ven tes in e'^,
berichtet Casini, dafs der Inhalt unwichtig sei^ doch dürfte ihm
die Publizierung desselben einige Schwierigkeiten bereiten.*
Mussafìa hat bemerkt ^ dafs Barbieri am Rande seiner Notiz
über Luquet geschrieben hatte : libr. Mich. car. 15 e 51, was auf
zwei Lieder hinweise, das andere dürfte wohl die Tenzone mit
Bonifaci Calvo gewesen sein, die in a stand.^
14. Bonifaci Calvo.
Über diesen Trobador weifs ich so gut wie nichts neues zu
sagen; in den Urkunden, wo sich der Name Calvo sehr oft findet,
habe ich gerade von einem Bonifaci keine Spur entdeckt. Viel-
leicht war Nicolò Calvo sein Vater, der im Jahre 1251 als (îesandtèr
an Ferdinand von Castilien geschickt wurde', und vielleicht be-
gleitete ihn Bonifaci nach Spanien.* Wahrscheinlich war er nicht
lange Zeit vor dem 30. Mai 1252 in Castilien, da er in seinen
Liedern nur Alfons erwähnt, der um diese Zeit den Thron bestieg;
aber bestimmt befand er sich dort um die Mitte des Jahres 1253,
da er bei dem Tode Theobald L von Navarra, der den 8. Juli 1253
erfolgte, Gelegenheit nahm, in dem Liede Verz. ioi,g König Al-
fons zum Kriege anzustacheln, und in der T'hat suchte sich Alfons
gleich nach dem Tode Theobalds des wehrlosen Reiches Navarra
zu bemächtigen.® Das Lied Verz. 101,4 atmet eine ähnliche krie-
gerische Stimmung. Das Sirven tes Verz. 101,17 un nou sirventes
ses tardar fallt höchst wahrscheinlich in das Jahr 1 254, denn, soweit
ich dasselbe verstehe, tadelt er hierin Alfons wegen Lässigkeit und
Kriegsunlust, was er nur thun konnte, nachdem zwischen den Heeren
Alfons' von Castilien und Jacobs von Aragon, die sich 1254 feind-
lich gegenüberstanden, von den Prälaten vermittelt worden war und
aus dem Kriege nichts wurde. — In den Liedern Verz. 101,5,9,
14, 16 wird Alfons von Castilien gepriesen, aber einmal spricht
der Dichter seine Unzufriedenheit mit ihm aus, vgl. Verz. 101,11.***
Verz. 101,12 ¡st ein Klagelied auf den Tod einer hohen Frau.**
* Hopf, Chroniques gréco-romanes p. 502.
s Rom. Stud, n 622.
3 Rass. settim. V 392.
* Romania IX 489.
* Mus.safìa, Liederhandschrifien d. Barbieri p. 18.
6 Jahrb. XI 15.
"^ Lib. jur. Jan. I 1060c; nach den Annal. Januensis Pertz XVIII 27, i
wird Nicolò 1249 nach Castilien geschickt.
* Die Angabe bei Canale, dafs Bonifaci 1248 Consul von Genua war,
dürfte wohl auf einem Versehen beruhen, vgl. Canale IV 538.
'♦ Schmidt, Geschichte Aragoniens im Mittelalter 162 ff.
'0 Diez, Leben und Werke p. 488.
•' Diez p. 486.
Zeltsebr. t rom. Ph. VII. 15
Lf-i.
220 O. SCHULTZ,
Dio iinedicrten Lieder 101,2 und 13 gewähren jedenfalls nichts
für die Biographie, da Spotomo, der die (xedichle aus dem Estens.-
Cod. bespricht, keine Notiz aus ihnen bringt.*
Im Jahre 1261 wurde derselbe Nicolò Calvo von Genua an
Alfons von Castilien gesandt- und vielleicht kehrte Bonifaci mit
ilim wieder in die Vaterstadt zurück. Dafs er in Genua war, als
er sein Sirventes gegen die Genueser schrieb, geht aus dem An-
fang dieses Liedes hervor:
Ges no m'es grcu s'cu non sui rcn prczatz
ni car tenf^utz entr' esta gen savaja
genoeza ^
« • ■
und da nun Zorzi, der aus dem (jefängnisse darauf antwortete,
wie wir zeigen werden, erst Ende 12Ó6 in (iefangenschaft geriet,
so mufs Calvos Sirventes frühestens im Dezember 12 66, wahrschein-
lich aber später entstanden siîin, wenigstens kann maii doch nicht
annehmen, dafs Zorzi erst nach Verlauf einer längeren Zeit auf
das Lied Calvos Bezug genommen hätte.
Es sei noch bemerkt, dafs in a eine Tenzonci zwischen Calvo
und einem Scot stand * : diese ist vermutlich in Cîenua gewechselt
worden, da Scot h()chst wahrscheinlich der bekannten genuesischen
Familie „Scotto" angehörte.""*
Übi^r das Verhältnis Calvos zu Zorzi berichtet die Biographie
Zorzis, zu welchem Trobador wir nun übergehen.
15. Bertolomeu Zorzi.
Woher Zorzi die Anregung zum Dichten in provenzalischer
Sprache empfangen habe, wissen wir nicht; man mufs annehmen,
dafs die IVobadors auch nach dem abgelegenen Venedig den Weg
fanden, denn dafs Zorzi, wie Foscarini meint ^, in der Prozence
gewesen, wird durch nichts bewiesen. — ( i lücklicher weise geben
uns die Biographieen einige Auskunft über sein Leben, denn in
Urkunden scheint sein Namc^ nirgends vorzukommen; auch Cicogna
erwähnt in seinem Inscliriftenwerk '*, wo sich so viele ZorzLs finden,
gerade unsern Bartolomeu nicht.
Eine I^iographie steht in IK\ eine andere bis jetzt, ungedruckte
abweichende findet sich in A*', sie lautet folgendermafscn:
Beriolomeus ^or^is si fo us i^eniUs horn merciuìiers de Venezia e
fo bons iroìhìires^ ei avene se que quand el anava ab mouiz d* autres
ineieadiers tferani d\iqelhi eiutai q^ieu vos ai dieha , de Venezia^ en
' Spotorno I 25«) fi'.
'^ Lib. jur. Jan. I i3()2b.
^ J^arlsch, ('hrest. piovcn(^\ 4. Aiill. p. 275.
^ Jahrb. XI 16.
•• Canale 1 508 il'.
^ Foscaiini, Storia tlclla letteratura veneziana p. 39 Anm. q8.
" ('icogiia, Iscri/.ii)ni venc/ianc.
■ Mahn, Biographieen No. 50.
•» Cod. Vat. 5232 F I72r 2 e.
DIK LERKNSVKRHÄLTNMSSE DKR ITAL. FROHADORS. 227
romanía el e luich li autre viercadier q\ron ah luí sus en la ñau foron
près una nuoích da genoes, car adoncs avion inoui gran gerra venecian
ab genoes, e furon iuich li hofuen d^aqella nan qieus ai dicha 7nenai en
preison a Genova, Et esiav" en preisen et el fetz moulas bonas canssos
e moulas tensons fetz atressi ab en fìonifaci calvo de genoa et edei^enc
se (je fon falta patz d\ntre i^enecians e genoes en bertolomieu gorgis
e tuich li autre issiron de preison, E quand aqist preisonier foron
tornai a venecia en bertolomeus gorgis fo faitz per misier lo duc de
Venecia castellans de coron e de viothone dUin rie toc de romanía q^es
de venecians e lai el s\'namoret d^una gentil dompna d^ aquella encontrada
e lai el definet e morie. — Das wichtigste Detail giebt Galvani im
novellino provenzale ' — vermutlich hat er hier aus eigenen Studien
etwas zugesetzt: .... montò su una bella nave di Viniziani che aveva
in nome S. Nicolao e che tenea via per negr oponte ; Genovesi e ì'eneziani
si mescolavano in mare di aspra guerra; era tempo di notte e Messer
Pasquetto Mattone lo ammiraglio di Genova ispiaiui il mare con tre
galee e una tarida e quando elli (se. Zorzi) ne (se. dalla pri-
gione^ fu finalmente uscito per inframessa di Fratelli minori e Predi-
catori se nandù in Vinegia . . . Dies führt uns auf das Jahr 1266,
in welchem Peschetto Mallone ein reiches venezianisches Schiff nahm
und nach Genua brachte; damit kein Zweifel bleibe, schreibe ich
die betreffende Stelle aus den Annal. Jan.^ hier nieder: /;; ipso
vero anno (sc. 1 266) Peschettus Mallonus qui cum quihusdam ejus soci is
in cur sum ierat contra Venetos cum II gal ei s in partibus Cypri invenit
quand am galeam de Por tu Veneris cum quadam sag it tea, quae in cur su m
erant contra inimicos et, facta conserva et diclo Peschetto Admirato or-
dinato dictar um trium galearum et dictae sagitteae, quadam die mensis
üctobris invenerunt quaudam fiavem Venetorum magnani et divitem ultra
modum, in qua erant circa CL homines et in qua erant XL V et ultra
de bonis et magnis hominibus Venetiarum. Quam novem, proelio incoepto,
virililer expugnarunt, in qua Cibili retinuerunt captivos, in ils com-
putatis XLII de melioribus Venetianan ; cum qua nave de mense No-
vembris ad Portum Veneris accesserunt, et, ibi nave dimissa, cum nier-
caturis et galeis et captivis de mense Novembris fanuam venerunt cum
victoria predicta et Peschettus Mallonus cum ejus societate receptus fuit
gaudio et triumpho et communi fanuae CXXX captivos consegnavit.
Fast noch genauer stimmt zu dem Novellino die venezianische
Chnmik des Canale, besonders in dem Bericht, dafs das Schiff
S. Nicoiao hiefs und nach Negroponte segelte.-* — Unser Zorzi
wurde also im November 12Ò6 zu Genua ins Gefängnis geworfen
und in dieser traurigen Lage bat er eine Anzahl seiner IJeder
geiiichtet; daher lautet die Vorschrift für den Miniaturmaler in A:
tíertolomeus Gorgis, un gentil homo lie canta in prisone,'^ Seine Ant-
' Galvani, 11 novellino provenzale in <lcr Scelta delle curiosità letterarie
Bolo«;na 1870.
■' Perl/. XVIII 258.
■' Archivio storico italiano Vili 523. Floren/ 1845.
* Vgl. Jahrb. XI 21.
228 O.SCHULTZ,
wort an Bonifaci Calvo mout me sui fori d*un chan maraiu/Iatz ist
schon oben berührt worden; nach IK war die Folge davon, dafs
beide grofse Freunde wurden.
Das erste einigermafscn datierbare Lied ist Verz. 74, i6>: es
mufs in die Zeit nach dem Tode Conradins fallen, der den 29. Ok-
tober 12Ò8 enthauptet wurde. Kin drittes Lied Verz. 74, 1 1 ist
wahrscheinlich 1270 entstanden, als Ludwig IX. den letzten Kreuz-
zug antrat. Da aber seine Hoffnung, dafs der Waffenstillstand, der
auf Veranlassung Ludwigs zwischen Venedig und Genua geschlossen
war, auch die Auswechslung der Gefangenen zur Folge haben
würde, nicht erfüllt wurde, spricht er seinen Unmut in einem Sir-
ven tes aus Vorz. 74, 12 2, und da hierin Ludwig DC. gescholten wird,
so fällt das Gedicht vor den Tod Ludwigs, der am 25. August
1270 eintrat.^ Im Gefangnisse wurden femer geschrieben: si toi
mesiauc en cadena^ ein Liebeslied Verz. 74,17, wahrscheinlich auch
das unedierte (iedicht Verz. 74, 15, das von einer verzweifelten
Stimmung Zeugnis ablegt: in Str. i sagt er:
quar cn tal dcsplazcr son
que ma vida nom ten pron;
weiter spricht dafür Str. 3:
quar en aquesta sazón
f^ict' cm los sieus a bandon
on miels los dcj^r* ajudar;
in Str. 6 wird derselbe (iedanke ausgesprochen; vielleicht auch
Verz. 74,9, wenigstens deuten die Schlufsverse der ersten Strophe
darauf hin:
quand om es en autrui poder
non pot totz sos talens complir
anz Taven sovenz a gequir
per Tautrui grat lo sicu voler*;
das unedierte Lied Verz. 74,18 ist für die Biographie unwichtig.
Es fragt sich nun, wann Zorzi aus dem Gefangnisse befreit
wurde. Im August 127 1 wurde wieder, wie es scheint, ein Waffen-
stillstand zu Cremona geschlossen •'» , aber die Gefangenen wurden
gewifs nicht ausgewechselt, vielmehr berichtet die Chronik des Dan-
dolo zu 1272, dafs die venezianischen und genuesischen Gesandten
vor dem Pabsttî erschienen: conveniunt ui carcerati utriusque partis^
* Diez p. 494.
'^ Diez p. 498.
3 Pertz XIX 102,45.
•* Auch (lie Verse in der 6. Strophe möchte man dafür heranziehen:
d ou s s a res, dir non sabría
rom vos port ßn* amor coral»
ni com son fag trist mei jornal,
pos nous tí, rom far solia,
^ Marin, Storia civile e politica del commercio de' VenezianilV^ 335;
diesen Vertrag hat wohl Diez gemeint, vgl. Diez p. 500.
DIE LEBENS VERILÏLTNISSE DER IT AL. TROBADORS. 229
qui infirmatione ireguae deienii remanserani ^ dcheani relaxan' ^y aber
die Befreiung der unglücklichen Opfer scheint in der That erst im
Jahre 1273 erfolgt zu sein, denn in der Qironik des Canale werden
vor dem Bericht dieses Faktums Ereignisse erzählt, die erst 1273
geschehen sind, es heifst dann daselbst: .... tt Genocs avoieni en
prison maint Vénitien que il avaient pris en nne nef que aloit a marche.
Mes li Frère Menor s et Prescheors qtu mult tindrent court et Vencsiens
et Getioes et por chase rent tant, que devant VApostoile^ que en autres leus
que il firent que li change des prisons fu fait,'- Dazu stimmt der
Bericht von IK, dafs Zorzi ca. 7 Jahre im Gefängnisse schmachtete.
Unser Trobador kehrte also 1273 nach Venedig zurück und wurde
darauf von der Republik als Kastellan von Corone und IModone
nach der Romania gesandt, wo er nach der übereinstimmenden
Angabc von A und IK starb. Das Verzeichnis der Kastellane von
Corone und IModone^ — Kolonieen der Venetianer in der Morea
— enthält leider seinen Namen nicht ; freilich ist dieses Verzeichnis
ungenau, da es für die Kastellane — 1287 keine bestimmte Jahres-
zahl angiebt und von da ab immer nur einen Kastellan aufführt,
während thatsächlich jedesmal zwei zusammen geschickt wurden.*
Wir gewinnen also keinen terminus ab quo oder ad quem\ nur so
viel ergiebt sich mit ziemlicher Sicherheit, dafs Zorzi nicht länger
als zwei Jahre Kastellan war, da die Kastellane in dem Verzeich-
m'sse fast ausnahmslos alle zwei Jahre wechseln.
16. Paul Lanfranc de Pistoja.
Über diesen Trobador haben wir eine Abhandlung von Carlo
Baudi di Vesme in der Rivista Sarda ^; dort sind zugleich sechs
italienische Gedichte publiziert worden , von denen einzelne ihm
bestimmt angehören, und da in dem Cod. Barber, ebenso wie im
Laurenz. Cod. -Lanfranchi di Pistoja steht, so kann man unbedenk-
lich annehmen, dafs Pistoja seine Heimat war. Er steht somit dem
Kreise der andern italienischen Trobadors örtlich ferner, aber wenn
man berücksichtigt, dafs Albert de Sestaron und Guillem de la Tor
eine Frau Mila in Ravena feiern, dafs Sordel und Paves wahr-
scheinlich in Florenz waren und Raimon de Tors de Marseilla die
Schönheit dieser Stadt preist*, so wird die Erscheinung eines ita-
lienischen Trobadors in Pistoja weniger auffallandes haben.
Es existiert nur ein Gedicht von Lanfranc ", in dem ein wacke-
* Muratori XII 382 A — B; Chronik des Canale im Arichivio Storico VIII
648; Raynaldo, Annales ecclesiastici XIV z. J. 1272 n® 45.
* Archivio Storico italiano Vili 664 ; man bemerke die auffallende Über-
einstimmung dieser Chronik mit dem Berichte im Novellino provenzale.
' Hopf, chroniques gréco-romanes p. 378.
* Thomas in den Abhandl. d. bayr. Akad. d. Wissensch. Phil. hist. Klasse
Bd. 13 Abt. I p. 117; vgl. auch Documenti storici public, dalla deputazione
Veneta di Storia patria, Venezia 1876 I 19 n" 76.
* Rivista Sarda I voi. II p. 392 ff.
•* Mahn, Gedichte No. 317.
"^ Archiv L 279 No. 1 26.
230 o. SCHULTZ,
rer König von Aragon angerufen wird. Mila sagt *, es sei damit
Pedro 111. von Aragon genn'int (1276 — 1285) und zwar seien die
Zeilen notwe.ndigerweist; kurz vor seinem Tode geschrieben; ob-
gleich Mila keine (îrunde dafür angicbt, so ist dies doch richtig,
denn es isl klar, dafs sich der Inhalt des Gedichtes auf die Vor-
gänge des Jahres 1284 bezieht, wo Philipp der Kühne, begleitet
von seinenn zweiten Sohne Karl von Valois, einen Kriegszug nach
Spanien unternahm, um Peter 111. von Aragon den sicilischen Thron
zu entreifsen, vgl. Azaïs, les troubadours de Bézícrs p. 57. Aus
Zeile 5 folgt, dafs auch der ältere Sohn Philipp, der nachmalige
Philij)p der Schöne dabei gewestni ist, desgleichen Robert II. von
Artois, denn ein anderer Graf von Artois kai^n nicht geraeint sein,
vgl. Tobler, Dis clou orai aniel p. XIII. Das Gedicht fällt in die
Zeit nach dem erfolglosen Zuge Philipps des Kühnen, vgl. Z. 6
und vor den Tod Peters HJ., der 1285 starb.
Ob man nach dem Liede allein annehmen darf, dafs Lanfranc
in Aragon gewesen sei, wie Mihi meint, bleibt fraglich. Die An-
nahme von di Vesme, dafs die dem besprochenen Gedichte fol-
genden anonymen Stro¡)hen bis zu No. 132 incl. Lanfranc angehören,
ist natürlich ganz willkürlich, aber selbst wenn man derselben zu-
stimmen könnte, müfste man die Peziehungen, die er herstellt,
äusserst gewagt finden; auch Fauriel hat sich dieser willkürlichen
Attribution schuldig gemacht.-
17. Ferrari de Ferrara.
Die ausführliche Piographie befindet sich in D^'-*; dem Harbieri
hat eine Biographie in libro s/cgaío vorgelegen, die erlaubt, eine
Lücki* in D^ auszufüllen^: D*^ hat ziemlich am Anfang e /eis <ie
volenicia servii haros ^ was unverständlich, wogegen die Stolle bei
Barbieri lautet: c /eis de moni bos libres e de beili ^ cortes om /o de
la persona e bons boni /o a Deo e volenlera servii baros. — Es hi^ifst
in der Biographie „als er alt w-ar, ging er nach Treviso zu Herrn
Girant de Camino." Dieser Girant, welcher seit 1262 vermählt
war und bis zum 26. März 1307 lebten wurde 1283 zum CapHapto
generale der Stadt Treviso gemacht *': vor diesem Jahre konnte hVr-
rari ihn also dort nicht besuchen; da nun der dem Giraut Ijefreun-
dete ' marqes d\si nur Azzo VIU. (1293 — 1308) sein kann, wie
(jröber gezeigt hat% da ft»riu.T áiv Ik'ziehungen der Söhne Girauti«,
' Mila, los trobiulorcs cn Kspa^na j». 243; die Datierung von del Vesme
auf ca. 1 266 Nchtinl iiiir i^'anz vaj^c und willkürlich.
'^ Biblioth. d. l'cc. d. chartes IV 40.
^ Mahn, Bio^jraphicen No. 118.
• Mussalìa, Die Liedcrhss. d. Barbieri p. 42; Barbieri ed. TìraboscM
p. 84, (.'avcd. i(k
•'' Gröber in Koiu. Siud. 11^)24; Lilta, Fami/.lie celebri fase. II, tav. II.
'• Cavedoni j). 20. " Vj,»!. den Schlufs der Biojjraphic.
^ Roiìi. Stud. IT 624; es i<t ein Ver*«ehen von Gröber, wenn er cds Todes-
jahr .\/w'A)> 1305 an<;iebl, es i>t vicluiehr 13U8 wie aus Muratori, Ant. Est.
I 428 liervor¿;eht.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROBADORS. 23 1
Rizzardo und CJuecclonc zu Azzo VIII. in die Jahru 1294 und 1295
fallun, so kann mit grofser Wahrscheinlichkeit angenommen werden,
dafs Ferrari seine Reise nach Treviso in der Zeit von 1295 — 1308
unternahm, denn nach 1308 ist es nicht möglich, weil sonst in d(.T
Biographie stehen würde „nach dem Tode des Markgrafen von
Este"; vielmehr war Ferrari nach den scharfsinnigen Ausführungen
von Gröber* 1308 wahrscheinlich nicht mehr am Leben. Wenn
man nun seine Reise zu Oiraut spätestens auf 1300 ansetzt und
sein damaliges Alter zu 70 Jahren anrechnet, so folgt daraus, dafs
er sich frühestens von ca. 1250 an am Hofe von Ferrara aufgehalten
hat.*- — In der Biographie wird berichtet, dafs er sich in der Jugend
in eine Frau Turcha verliebte: eine Familie dà Turchi hat es im
13. Jahrhundert in Ferrara gegeben^; ferner hcifst es dort, dafs er
Coblen, Sirvcntesen, zwei Canzonen und ein Retroencha schrieb:
von alledem ist uns nur eine Cobla erhalten, mit der er Raimon
Guillem antwortet.** Soweit ich diesen Strophenwechsel verstehe,
zweifelt Raimon daran, dafs der Ruhm der Freigebigkeit dem Mark-
grafen gebühre, und droht wegzugehen, wenn er ungünstige Er-
fahrungen mache. Die Lebenszeit von Raimon Guillem, so weit
sich dieselbe im allgemeinen fixieren läfst, spricht nicht dagegen.
Von seinen übrigen vier Gedichten — denn dafs er mit Guillem
Raimon identisch ¡st (Bartsch hat sie im Verzeichnis als verschieden
aufgeführt), scheint mir unzweifelhaft — ist eins eine Tenzone mit
Aymeric'», worin es sich um einen jungen Markgrafen handelt, von
dem Raimon wünsch t, er möge dem Vater v oder l^ruder mehr
gleichen : hiermit kann sehr wohl wiederum Obizzo 11. gemeint sein,
sein Vater ist Azzo VIL, sein Bruder Rinaldo, der 1251 starb** und
infolge dieser letzteren Thatsachiî dürfte die Tenzone vor diese Zeit
anzusetzen sein. — Ein anderes Lied^ von Raimon Guillem beginnt:
cant cu ving d'ongaria
N'aicelis ri zia;
da man Aicelis mit Wahrscheinlichkeit auf Flzzelin 111. von Romano
deuten kann, so fallt es vor 1259, das Todesjahr Ezzelins.*^
' Rom. Stud. li 625.
*-' Balaguers merkwürdige Angabc, daf^ bei der Einnahme von Frata
durch Az/o VIL, ein Jüngling, seine Mutter auf dem Kücken tragend, dem
Gemetzel entflohen sei, dafs dieser Jüngling Ferrari gewesen wäre etc., vgl.
Balaguer, Storia politica y letteraria de los Trobadores III 160 mufs daher
auf einer unglaubwürdigen Ouelle beruhen, da die Eroberung von Frata schon
1224 stattfand, vgl. Pertz XIX 49, 10.
3 Frizzi, Storia di Ferrara III 172.
* Archiv L No. IO j). 264.
!* Archiv XXXIV 404.
^ Muratori, Ant. Est. I 428.
• Archiv XXXIV 413.
** Die Annahme, dafs H-' um die Mitte des 13. Jahrhunderts angelgt sei,
verträgt sich noch immer mit den obigen Datierungen , vgl. Ronian. Studien
II 406.
2;^2 o. SCHULTZ,
So wäre denn die Betrachtung derjenigen Trobadors beendigt,
welche allgemein für Italiener gehalten wurden *, aber wie ich vor-
her eine Anzahl Trobadors Italien abgesprochen habe, so bin ich
auch jetzt in der Lage, mit einigen andern dafür Ersatz zu bieten,
von denen einzelne, wie es scheint, bis jetzt ganz unbekannt ge-
blieben sind; ich zähle daher weiter:
i8. Der Graf von Blandrate.
Bartsch hat ihn unter No. i8i als Grafen von Flandern auf-
geführt, da aber in der Handschrift /o corns de Bláftdra steht, so
liegt es nahe, an einen Grafen von Blandrate*^ zu denken: die
Endung aie konnte sich ja schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts
zu a verkürzen^, so heifst es schon in einer Urkunde von 1194:
Uberii comiiis Blandraensis^ und der Verfasser der Chronik von
Saluzzo schreibt immer Biandra.^ Schon Barbieri hatte in seinem
Verzeichnis der Fürstendichter Conte de Blandra geschrieben und
Tiraboschi erklärte es ganz richtig als Graf von Biandrate.* Es
ändert nichts an der Richtigkeit dieser Ansicht die Beziehung,
welche Hopf wieder mit auffallender Sicherheit nach der Antwort-
strophe des Folquet de Romans ^ auf Balduin IX., Grafen von Flan-
dern, der 1202 am Hofe von Monferrat war, herstellt.®
Auch die Grafen von Blandrate scheinen also zu den ober-
italienischen Fürsten gehört zu haben, welche die Trobadors gerne
an ihrem Hofe sahen.* Wir haben oben gesehen, dafs Nicolet de
Turin einen Grafen Gottfried und einen Grafen Hubert preist, die
wir als Grafen von Blandrate erklärt haben ; zu einer Entscheidung,
ob einer von diesen beiden oder einer von den vielen andern
* Nijjra freilich kennt 30 italienische Trobadors, wie aus der Rede her-
vorgeht, die er zu Avignon gelegentlich der Pelrarcafeier gehalten hat, aber
man begreift leicht die grofse Zahl, wenn man sieht, dafs bei ihm Lanfranc
Doria (!!) und Bernard Arnaut (!) als italienische Trobadors figurieren. Dies
wird in der Romania III 509 ohne weitere Anmerkungen mitgeteilt.
'^ Die Grafen von Blandrate hatten ihre Besitzungen im Landstrich von
Canavcse westlich von Mailand, ihren Wohnsitz jedenfalls in Blandrate selbst»
das etwas westlich von Novara liegend gleich dem heutigen Biandrate ist,
vgl. Spruner, Italien IV.
3 Der Schreiber der Hs. H war ein Norditaliener, vgl. Rom. Stttd. II 406.
* Chartae II li64d.
* Monum. Hist. patr. Script. III 926 d.
® Barbieri ed. Tiraboschi p. 132 und p. 185 Anm. 42. Sonderbarerweise
nennt Sauli (Memoire della reale Academia delle Scienze di Torino, Serie II
T. VI 1844 P» 67» P« 70 ^Id Grafen von Flandern und den Grafen von Bian-
drate als Trobadors nebeneinander, aucli kennt er einen Antonio Malaspina (!)
als italienischen Trobador p. 60.
' Archiv XXXIV 407.
* Hopf, Bonifaz v. Montferrat etc. p. 27.
® In einer anonymen Antwortstrophe ist von einem Joglar die Rede,
welcher die Gegend Canaves zu Fufs durchwandert , vgl. Archiv L 265 No.
XVI 2. Peire Vidal sagt im Liede 41 Z. 25:
era m^ albere deus e sanò jin/ïas
e la doussa terra de Canaves.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER ITAL. TROBADORS. 2^^
Grafen von Blandrate, die in der i. Hälfte des 13. Jahrhunderts
lebten gemeint sei, fehlen die Anhaltspunkte.
19. Alberico de Romano.
Das Verdienst, diesen Trobador entdeckt zu haben, gebührt
Gröber.* Die Strophe, die Alberic mit Uc de S. Circ gewechselt
hat, ist dann von Suchier aus N abgedruckt worden 2, und da in
derselben Sordel er^vähnt wird, so folgt, dafs sie ca. 1225 abgefafst
worden ¡st, zu welcher Zeit Sordel sich in seinem und Ezzelins
Hause aufhielt. Alberic ¡st eine viel zu bekannte Persönlichkeit,
als dafs es not thäte, seine Lebensverhältnisse darzustellen: das
gleiche gilt von Thomas IL Graf von Savoyen.
20. Thomas II. von Savoyen.
Die Notiz von Spotorno '\ dafs Lanfranc Cigala in dem Liede
Signer Thomas, tan mi platz den Grafen Thomas auffordere, ihm
in Cobboktten zu antworten, scheint ganz unbeachtet geblieben zu
sein, wohl weil das betreffende Gedicht noch nicht gedruckt ist.
Zwar steht darin nichts von Cobboletten, aber es heifst doch in der
vorletzten Strophe:
Pero sius ven a plazer,
del vostre nuble saber
voill per vos auzir e saber,
quar molt en poirai mais valer;
mas trop plus voluntiers vezer
vos volgr'ieu, zo sapchatz en ver! etc.
Das saber kann doch kaum etwas anderes wie dichterisches Können
bedeuten, und der Sinn der Stelle mufs also sein, dafs Thomas
ihm in poetischer Form antworten solle: folglich dichtete Thomas.
Dafs es nur Thomas IL von Savoyen sein kann, haben wir schon
oben unter Lanfranc Cigala erwähnt, wo auch über die Lebens-
umstände von ihm kurz gehandelt worden ist. Er war somit der
Vorläufer eines späteren Fürsten aus seinem Hause, Philipps von
Savoyen, der von 1443 — 1498 lebte und eine französische chanson
geschrieben hat*
21. Obs de Biguli.
Obs de Biguli kommt in dem schon erwähnten Liede von
Raimon Guillem^ vor: so viel ist mir aus demselben klar, dafs Obs
sich in übler Stimmung befindet, dafs er von einem hohen Söller
heruntergefallen war, aber vor allem nach Z. 4, dafs er sang. Ich
' Rom. Stud. II 495.
* Suchier, Denkmäler prov. Lit. und Spr. I 320 No. 151.
* Spotorno, Stör. lett. d. Liguria I 254.
* Monaci in der Rassegna Settimanale VI 235.
» Archiv XXXIV 413 Str. i.
234 O- SCHULTZ,
führe denselben hier auf, ^veil er höchst wahrscheinlich einer Fa-
milie Jiii^oii aus Piacenza ang(;hörL liai. Poggiali berichtet nämlich,
dafs, als im Jahre i28(S ein neues Rathaus zu Piacenza gebaut
wurde, viele angrenzende (iebäude niedergerissen wurden und fährt
dann fori: fra qiustc una delle prime fu rantichisshìui chuscita pa-
r occhiale delia S. Mar i a de Big o lis ovvero il lo rum de Bigolis^
perche da questa famiglia riconosceva la sua fondaziotwA
22. Li Scot.
Eine Tenzonti zwischen Calvo und li Scot stand in a. Ich
hoffe schon p. 109 glaublich gemacht zu haben, dafs er aus einer
genuesischen Familie stammte und verweise hier also nur auf die
Stelle. — Vielleicht haben wir auch in Manfred III. Lancia einen
'Probador zu sehen, denn Uc de S. Circ sagt in dem Schmäh-
gedichle aui ihn , das wir schon oben kennen gelernt haben 2
Str. 2 Z. I :
mal . . . parla e sona,
desgleichen (iuillem de la Tor Str. i Z. 3
c mal Joga e mal ri c mal parla c pieitz sona,
aber vielleicht bedeutet hier sonar blofs „anreden", vgl. ]\IW. I 22^^
239- II :v
Hin strikter Beweis gegen die Annahme der älteren Litteralur-
hisloriker, dafs der Moine de Poissan aus dem alten Foxanum dem
heuligen Possano in Obcir-Italien gebürtig gewesen sei, läfst sich
nicht erbringen, aber es ist zu bemerken, dafs es auch ein P'oissan
oder Foissac im Arrond. von Uzes gegeben hat *'* und dafs Tliomas
ihn für identisch mit dem Jaufre de Foixa aus der Nähe von Ge-
rona liält^, wenngleich seine Meinung, dafs die Gewohnheit, jede
Strophe mit den Worten eines fremden Dichters zu schliefsen, nur
den Catalanim eigentümlich wäre, anfechtbar ist, da ja Zorzi auch
einmal so verfährt, vgl. Verz. 74,9/*
1^2s sei zum Schlüsse noch erwähnt, dafs Redi einen Rugetto
da Lucca als italienischen Trobador aufführt.^ Wenngleich ja Redi
eiì\e uns unbekannte provenzalische Handschrift vor sich giihabt
hat", so möchte ich doch die Vermutung wagen, dafs Rugetto da
Lucca nichts weiter sei, als eine Verdrehung aus dem Namen des
Trobadors Guiraut de Luc, vgl. Verz. 245; ganz unklar aber ist
mir, wit; Galvani auf einen Dudone da Istria kommt.^
Der Nachklang der provenzalischen Poesie dauerte in Italien
' Po};ííial¡, Memoire Sloriche di Piacenza V 396 — 397.
'^ Mahn, GcdiclUe 1161 und Archiv XXXIV 190.
•' Vaisselle VII!, v-^l. Register unter Arnaldus de Foissan.
* Romania X 322.
^ Aus »lern Liede No. 23 von Peire Vidal entlehnt.
'' Rodi, n.icco in Toscana p. 97.
" (liabaneau in der Revue de.*» lanj^ues rum. XXIII 13.
^ Archivio storico ital. VIII 248.
DIE LEBENSVERHÄLTNISSE DER HAL. TROBADORS. 235
noch ziemlich lange fort. Dante da .Majano schrieb zwei Sonette
provenzalisch, ]\ligliori degli Abati und frati' Giacomo da Leona
sollen gründliche Kenner des Provenzalischen gtnvesctn sein ', Fazio
degli Uberti läfst im Dittamondo den Romeo an einer Stellti in
wenigstens provenzalisch sein soll(;nden VerstMi reden und selbst Dante
verschmäht es nicht, sich in dem fremden Idiome zu versuchen.
* Gaspary, Die sicilianischc Dithterschule p. 16.
O. Schul iz.
Der Tesoretto und Favolello B. Latinos.^
Kritischer Text nebst einleitender Untersuchung über Hand-
schriften und Sprache der Gedichte.
Zu meinen Untersuchungen habe ich folgendes Material benutzt:
1. cod. rice. 2908: R. Ende des 13. Jahrh.
2. cod. laur. XLV plut. XL: L. Erste Hälfte des 14. Jahrh.
3. cod. laur. strozz. n. 146: S. Erste Hälfte des 14. Jahrh.
4. cod. laur. gadd. plut. QO inf. n. 47: G. 15. Jahrh.
5. cod. magi. VII. il. 1052: M. 15. Jahrh.
6. cod. bibl. qucrinalis A. VH. H zu Brescia: B.^ Erste Hälfte des
14. Jahrh.
7. cod. bibl. naz. E. 5. 5. 49 zu Florenz: N. Ende des 14. Jahrh.
8. cod. chigian. L. V. 166: C. Ende des 14. Jahrh.
9. cod. chigian. L. VH. 249: C*. Ende des 14. Jahrh.
10. cod. corsin. col. 44 — G. 3: C Ende des 14. Jahrh.
11. cod. marcian. c. ii. 7 zu Venedig: Z. 16. Jahrh.
12. cod. vat. n. 3220: V. 16. Jahrh.
* Es sind folgende Abkürzungen im Nachstehenden gebraucht:
Fav. Favolello.
M US sa fia, alt m ail. 'Sida, A. Mussalia, Darstellung des aUmailandischen
Dialekts. Sitzungsberichte der k. k. Akademie der Wissenschaften.
Wien Bd. 59.
Mussafia, Katharincnlegende ibid. Bd. 75 p. 227 fF.
Mussafia Fra Paol. Trattato de regimine rcctoris di Fra Paolino Minorila
publicato da Adolfo Mussafia. Vienna-Firenze 1868. 8®.
Caix Orig. Le origini della lingua poetica italiana ect. del Dott C. N. Caix.
Firenze 1880.
Caix Voc. it. Osservazioni sul Vocalismo italiano del Dott. N. Caix. Fi-
renze 1875.
Voc. dant. Vocabulario dantesco o dizionario critico e ragionato della
divina commedia di Dante Alighieri di L. G. Blanc, cet. U ed. Firenze,
Barbèra 1877.
Intll. LMntclligenza. Milano, G. Daelli e C. editori 1863. Nach der Seiten-
zahl dieser Ausgabe eitlere ich die Beispiele aus den beiden mss.
Gaspary Sic. Dicht. Die sicilianische JDichterschule des dreizehnten Jahr-
hunderts von Adolf Gaspary. Berlin 1878.
Nannucci nomi. V. Nannucci, Teorica dei nomi della lingua italiana
Firenze 1858.
D'A ne. D'Ancona e Comparetti, Le Antiche Rime Volgari, voi. I, IL Bo-
logna 1875, 1881.
TA Ih. Trattati morali di Albertano ect. pubbl. da S. Ciampi, Firenze iSjJ»
'^ Von diesem cod. spricht zuerst Picei, Nuovi studj filologici sul testo
del tesoretto di Brunetto Latini. Brescia, 1854 — 55- Tipografia Venturini.
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 237
13. cod. laur. plut. LXI cod. 7 (Favolello allein); F. Ende des 14. Jahrh.
14. cod. magi. II. III. 335: M* aus dem 15. Jahrb., in welchem sich ein
Citat von 16 vv. aus dem Tesoretto befindet. Der cod. ist von junger Hand
Zibaldone di più cose in uolgare fiorentino antico bezeichnet. Das betreffende
Citat befindet sich auf fol. 28r.i». Es sind die vv. XV 115 — 130.*
Die codd. RLSGMNCZV enthalten auch den Favolello.
Gedruckt ist der Tesoretto zum ersten Male, zugleich mit dem Favo-
lello, von Ubaldini in Rom 1642. Üb. sagt in der Einleitung: »»Della viedi-
sima antichità deW autore sono i due Mss. con l^aiuto de quali Gabbiamo
pubblicato la presente operetta, IJuno è di Morisin^nor Bon si ^ià Vescouo
d* Acerno, ora di Conuersano; e Valtro del Sig. Carlo di Tommaso Strozzi".
Die beiden benutzten mss. sind C und C*. In C liest man unten auf der
ersten Seile: Di Carlo di Tom*o Strozzi. In C steht nach Schlufs des Teso-
retto : „Manca inguesto testo la Penitenza di Ser Brunetto, che e Paîtra parte
del presente Tesoretto, la quale stratta da uno antico scritto a penna, pro-
curiamo suplendo al mancamento di questo, che si stampi questo anno 1642.
// presente ms. era di Mons Bonsi già Vescouo d'* Acerno, alcuni mesi sono
trasmutato alla Chiesa di donato da lui a me Fedo Ubaldinj dalla Carda".
Diese Ausgabe ist öfter neu abgedruckt, cf. Zambrini, Le Opere volgare a
stampa dei secoli XIII e XIV Bologna 1866 und Brunetto Latinos Lcvnet og
Skriftes af Thor Snndby. Kjobenhavn 1869. Eine Ausgabe nach RLSGMV
und F veranstaltete 1824 der Abbate Zannoni. Im 2. Bd. seines Manuale,
3. ed. p. 422—477 giebt Nannucci eine litterarische Untersuchung über den
Tesoretto und eine Reihe Stellen aus dem Gedichte mit kritischen Anmer-
kungen. Ebendort ist der Favolello ganz abgedruckt. In neuester Zeit ist
die erste Seite des cod. C photographisch reproduciert in den von E. Monaci
herausgegebenen Handschriflentafeln, und hat A. Bartoli in seiner Crestomazia
della poesia italiana den Anfang des Tesoretto nach R abgedruckt (p. 212).
Ich benutze bei meinen Untersuchungen allein das mir vor-
liegende, vollständige Handschriftenmaterial.
I. Das Handschriftenverhaltnis.^
Das älteste und für eine textkritische Ausgabe des Tesoretto
%vichtigste msc. ist R. Ihm steht an Alter und Bedeutung B am
nächsten. Die gröfsten Verschiedenheiten dieser beiden codd. be-
stehen, abgesehen von der Sprache, welche in B dialektisch gefärbt
ist, in Auslassung, Interpolation und verschiedener Anordnung von
Versen. Auf Grund dieser Unterschiede zerfallen sämtliche codd.
¡n zwei Hauptgruppen, je nachdem sie R oder B folgen. Die Va-
rianten zwischen R und B in der Lesart sind fast stets auf Mifs-
verständnisse und Unachtsamkeit der Schreiber zurückzuführen. Wir
gehen zu einer Betrachtung der Varianten dieser beiden codd. über.
* Die Kenntnis des Citats verdanke ich Hrn. Tommaso Casini in Florenz.
• Diese Untersuchung war fast fertig* gestellt, als mir der Aufsatz des
Herrn Cart im fase. 8 des Giornale di f. r. zu Gesicht kam. Wir weichen
namentlich in Beurteilung fies msc. B von einander ab. Herr ("art hat die
mss. nur sehr tlüchlig examinieren können und kannte den cod. C'' nicht. Es
ist nicht nöüg hier noch weiter auf seine Untersuchung einzugehen.
238 li. WIESE,
R und B.
Unstreitige Auslassungen in il sind: III ^^ und 34. Der Tré-
sor bietet an der entsprechenden Stelle: Muemcnt est cele oevrc^ par
quoi liai Ute fait viuer le firmavieni ^ Ics estoiìcs ^ les vens, hs aiguës ei
maiîties au/res dioses dUin leu en aulte par ealz meiswes, (CXXl
p. 149 ed. Chabaille). VI 12; XV 155—184; XVI 237—238; XVIII
113 — 114. Letztere Auslassung wird durch den Umstand hervor-
gerufen sein, (lafs v. 113 und v. 115 bis auf das letzte Wort gleich-
lauten. Ferner XIX 82; XIX 155 — 162; XXI 291 — 292; XXI 340 —
3|i. Umstellungen nimmt B gegenüber R folgende vor. V. 29 — 30;
di(î Stellung R ist natürlicher; V 103 — 104 (mit B zu lesen); VII
265 — 2ÓÒ, wenn hier nicht einige Zeichen, die in R bei den ent-
sprechenden Versen stehen, bedeuten wollen, dafs auch in R clie-
st»lbe Stellung einzuführe]\ sei. Alle übrigen codd. lesen wi(i B,
und so ist aufzuntîhmen. Ferner Vili 19 — 20; XIII 17 — 18 (sämtliche
codd. mit B); XV^ 69 — 70, wo gleichfalls alle mss. B folgen.
XW 190— 19O lautet in B: In R:
('h'altri tc nc riprende. Che tal ti ne riprende,
Quando se' ito uia Che agiungie bugia,
K giungerle busia. Quando se* ilo uia,
Però tu dei sapere, ("he tti dei dolere,
('he ti de ben ualere Però dei tu sapere
In cotal compagnia In chotal chonpangnia
Giucar di inaistria. Giuchar di maestria.
]\Iit R li'sen alle codd. Umgestellt ferner XVIII 7 — 8 (alUr codd.
mit R). In XIX folgt auf v. 154 vv. 177—202; 165 — 176; 163 —
1O4; .?ü3 lì. Die Stellung R ist sicher die ursprüngliche. Endlich
ist XXI I3() - 1 ^u in B umgestellt. (Alle codd. mit R). Einen
Einschub R gegenüber bietet B nach XIII 72. Es folgen hier
die vier Verse:
Kt auea suo lengnagio
Suo corso 1 suo uiaggio
]^*n sua ])ropria masone
Tenca corte e rasone,
welche mit i'inig(Mi Variant(M\ in sämtlichen übrigen mss. stehen;
sie sind eine Ausführung von v. 71- -72, und deshalb möchte ich
sie als Interpolation betrachten. Nach XXII v. 52 hat B die zwei
von einem Kopiator herrührenden Verse:
('hc 1 gran thcsor dcuisa
In la lingua franci^^a.
Ahnliíhe \on SchriMbem gemachte Verse bietet R am Schlüsse von
Kapitel XIX :
Finito tesoretto.
Sempre sia xfnì benedetto.
Und darauf die Überschrift:
Or chomincia la j)cnete///.a,
La quäl ci chonuienc auer co;i reue[renza].
DER TESORETTO UiND FAVOLELLO 1'.. LATFNOS. 23g
Nach Kapitel XXII die Unterschrift :
Finita penitenza,
Che dio ci perdoni p^r sua pote/;za.
Die gröfsten Varianten in der Lesart zwischen R und B finden
sich an folgenden Stellen.
In R: Che fate per usagio (LSGMNiC'Z)
B: Ch'auite
II 21 K: Tanto denj^o ne fosse (GCC)
B : Così digno ne fos (Che si LSMNZ)
II 26 R: Che mi fue onlinala
B: comandata (so alle andati codd.)
III 2 R: Mi uolsi e posi mente (LSGNCC'Z)
B: Guardai e (M)
III IO R: E di molte maniere
B: Di ciascuna manera
Alle übrigen codd. E di tuift% was aufzunehmen ist.
Ill 24 R: Si chôme una fattura
B: tîgura {^so die iiòrij^rn codd.)
III 26 R: Ella mi sembraua
B: E ben me rasembraua,
wo mit LSMCC'Z £i/ ella herzustellen ist.
III 59 R : Che troppo era gra// festa
B: par grande (LSGNCC'Z)
III 60 R: Il chapello delà testa (LSGCC'Z)
B: Il capii ch'ella a in testa iN)
IV 5 R : Molto chouertame/;te
B: bonairamente (LSGMNCC)
IV 20 W'. Ma io no;; posso neente (GCC)
B: no/7 so (LSNZ)
IV 22 R: Esso tanto prouedc
B: tutto (LSGÄtNCC'Z)
IV 26 R : Ma io no;/ so neente
B: so sácente (LSGNCC'Z)
IV 37 R: Lo suo chomandamento
B: ordinamento (LSGMNCC'Z)
V 31 R: Ma sei giorni durao (LSGCC)
B; penao (MN)
VI 3 R: E la luce giochonda (LSGCC)
B: luna (MNZ)
VI 16 R: E'n ella fece e mise (LSGNCC'Z)
B: E fece in quella e mise.
Die weiteren Stellen genügt es einfach mit tier Kapitel- und
Verszahl anzuführen; sie sind sämtlich den bereits angeführt(Mi
gleichartig. Es ist ersichtlich, dafs bald K (I 1 1 ; liii; 1112; 111
òo; V31; VI 3, 16), bald 15(11 26; 111 24; ili 5g; IV 5, 20, 22, 26,
37) die richtige Lesart bietet, und dafs ihre Feststellung keine
Schwierigkeit macht. Die weiteren Stellen sind: VI 52, 74; VII 5,
240 R. WIESE,
12, 53—54» 60» 74» 135» 144» i^i» 1^8, 169, 202, 208, 232, 252;
vili ^2, 36; IX 23—24; X 38, 50; XI 50, 62, 80, 88, 92, 98, 102,
122, 130, 157, 158, 160, 178; XII 21, 51; XIII 32, 34, 42, 53,73;
XIV 6, 66, 87; XV 6, 69, 83, 151; XVI 8, 44, 52, 58» 63, 72, 74, 184,
190,191—194,198,210,252; XVII 59, 76, 92, 97— 98; XVIIl4,5,
6, òo, 62, 99, 148, 163, 168, 183, 196; XIX 13, 19, 35, 36, 62, 106,
119, 128, 132, 136, 143, 152, 177, 179, 188, 189, 202, 205, 208, 240,
245; XX 8, 78; XXI 38, 41, 100, 128, 145, 204, 205 — 206,217,224,
228, 320, 326, 342; XXII 22, ¥s sind der gröfseren Varianten
zwischen beiden codd. in Anbetracht der Länge des Tesoretto nur
wenige; die richtige Lesart ¡st immer leicht ersichtlich. Für die
Textconstitution ist cod. R zu Grunde zu legen, weil die Versfolge
in ihm bei weitem korrekter ¡st, weil er keine Auslassungen bietet
(will man nicht die vier Verse nach XIII 72 für echt erklären) und
weil schliefslich die Sprache in ¡hm gutes Toscanisch ¡st, während
B viele diaU^ktischo E¡gentümlichke¡ton ze¡gt, w¡e wir unten sehen
werden.
Die jün'ceren codd. haben sämtlich den zwei älteren gegen-
über eine geme¡nsame lnterpolat¡on ; nach XI 176 schieben sie die
zwei Verse o¡n:
Per sapere la natura
D'ongnuna creatura. (L)
S¡e zerfallen, w¡e schon erwähnt, ¡n zwe¡ Hauptgruppen, je nachdem
s¡e B oder R näher stehen. Zu der ersten Gruppe gehören N, C*
und C'^. Alle dre¡ haben die Auslassung von XIX 155 — 162 und
die Anordnung der Verse in diesem Kapitel mit B gemein. Femer
fehlt in ihnen wie in B XV 155 — 184; XVIIl 1 13 — 1 14. Sie stellen
wie B um V 29 — 30. Dieser (iruppe nahe steht C; es fehlt in ihm
^V 155 — 184 und es stellt V 29 — 30 um, im Kap. XIX folgt es
jedoch ganz der (iruppe R. Letztere bilden die mss. LSGMZV.
Für die nähere Zusammengehörigkeit der Gruppe B mögen noch
folgende Stellen angeführt werden, in denen die ¡hr zugehörigen
codd. eine gemeinsame Lesart gegen R und seine Gruppe aufweisen.'
X\'I 74 B: Tu l'ami quanto tene
R : Innora
XYI 260 B : Ne far da lor dìuisa
R: (li
XVIII 5 B: Et andonne a prodeçça
R: E pisene (LSMCZ giunse)
XVIII iiq B: E fa indugiar fretta
R: E fa'ndugiar uendetta
XVIII 130 B: Et alungar uendetta
R: E alunghar la fretta
XIX 13 B: Serebe a ricordare
R: Sarcbc a richontare
' Die Fälle sind von XV I— XX 4 gewählt, weil C« nnr diese Veite
enthält.
DER TESOREriO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 24 1
XIX 62 B : Cioè lo dio d' amore
R : Che chapo e dio magiore (LSGMC d' amore)
XIX 119 B: Siche no lassia gire
R: Siche nonn osa gire
XIX 132 B: E la dogla ^ Io danno
R : E la dollia e io* nghanno
XIX 136 B: E tutta T asicura (NC'C^ tuttor)
R : E senpre l' asichura
XIX 143 B: Non potresti tronare
R : chontare
XIX 152 B: La força e fa uolere
R: Lo punge a suo uolere (e fa uolere LSG)
XIX 177 B: Et io mi trassi a canto (N ristrinsi)
R: Oi mi tomai da canto (M trouai)
XIX 208 B: Cosi fui uinto e lasso
R : Chosi fui giunto lasso
XIX 240 B: di bona consiença (NC*C* conosciença)
R: Per fìna chonoscenza
XIX 245 B : tutte le mie credence
R: E mostro mie credenze.
Die codd. LSGMZV, welche ¡n alien angeführten Fällen mit
R lesen (wo es nicht ausdrücklich anders bemerkt ¡st), bieten uns
einen gemeinsamen Zug R gegenüber: nach X 38 schieben sie einen
Vers ein, welcher mit v. 38 reimt, während X 37 ausgelassen ist.
R : LSGMZV :
E di tutte pianete Qua 'nanzi il tronérete
Qua 'nanzi l'udirete. Se sapere lo uorrete (L).
Wir betrachten jetzt die einzelnen mss. nach ihren näheren
Beziehungen.
L und S
sind nächst R und B die beiden wichtigsten mss. und zeigen wenig
Fehler, die Sprache in ihnen ist sehr korrekt. Gemeinsame Lücken
zeigen sie: XI 184 — 186 und 188; XVIII 159 — 160 (so C); Fav. 1
133 — 134. Die Verse V 47 — 48 sind nach v. 50 gestellt. Ihre
enge Zusammengehörigkeit beweist ferner eine Reihe Varianten,
welche sie sämtlichen übrigen codd. gegenüber aufweisen. 111 35 ;
VII 41, 265— 266, 268; 1X20; XU 57; Xm2, 59; XIV 87; XVI
193, 257; XVU IG. Verschiedenheiten zwischen L und S sind sehr
wenige vorhanden; sie beschränken sich meistens auf Partikel-
vertauschung oder kleine Fehler. Bedeutendere Varianten finden
sich nur an folgenden Stellen:
II 14 L: Chera re delaman^a
S: Chore
II 78 L: puna selva diuersa
S: Duna
m 53 L: Certanza di su stato
S: Certezza
Z«ii«chr. f. rom. Phil. I6
242 B. WIESE,
Vili 19—20 L: E parche sia pesante S: pensante
Quelluomo e più pensante S: pesante
XIII 68 L : Che ornìi parea puruna
S: Cheorparean puruna
XIV 66 L : Ciò chi benuidi desse
S: Ciò chic benuedesse
XV 114 L: Elsu dispende atorto
S: EIsuo distrugge atorto
XV 116 L: Cha comperar cappone
S: Che coperan cappone
XVIII 155 L; Che ne pegiorì tuonta
S: Chetunepeggiorìonta
XVIII 180 L: E ti dimostri maggio
S: Edimostrati maggio
XXI 28 L : Infìasti inqello scolglio
S: unque lo
XXII 22 L: Duna grande ginestra
S: dopuna gran ginestra.
In S ist femer in V 103 — 104 eine Umstellung vorgenommen, wäh-
rend L der Anordnung von R folgt — Die angeführten gröfseren
Varianten zwischen L und S sind den vielfachen Obereinstimmungen
der beiden codd. gegenüber verschwindend und nicht wichtig genug,
um die Herkunft der beiden codd. direkt aus dem gleichen cod.
unwahrscheinlich zu machen. Für XV 114 kann man z. B. zur Er-
klärung der Entstehung der Variante anführen, dafs wenige Verse
vorher steht Chidispende iniauerna^ und dafs dieselbe Verwechslung
der beiden Ausdrücke XVI v. 130 vorkommt:
Ilsu dispende atorto (RLSGBNC»C«)
distrugge (MCZV).
Zu 111 53 vergleiche VII 39 — 40.
RLSMBC^Z: ciertanza — sottiglianza
GN: ciertczza — sottigliezza
XIV 21 — 22 R: sottilgliezza — temperezza, '
alle ül)rij»en codd. -anzti, %
Zu der Umstellung V 103 — 104 mag bemerkt werden, dafs S
XXI 121 — 122 auch umgestellt hat, seinen Irrtum aber gewahrte
und Umkehrungszeichen am Rande machte. Beide codd. bieten
am Schlufs dieselbe Unterschrift: Qm e compiuto iì fauoleüo \ (S fagiH
letto) che ?namlo f immetto latini \ (S latino) arustico difiHppo, Die
Bemerkung Quie cdpiuto iltesoretto^ welche in S am Schlusae von
Kap. XIX steht, fehlt in L.
N
steht B am nächsten. Der cod. ist sprachlich korrekt Er hat
aufser den oben erwähnten mit B gemeiiisamen Auslassungen fol-
gende weitere. V 68; VI 52; VII 180, 182; VIII 19; X42; XI 151,
156; XV 115 — 119; XVm48; XVIII 67— 69 und XIX114. Er
DER TI SORRnO UND FAVOLFJ.LO B. LATINOS. 243
Stellt mit B aufser in den schon erwähnten zwei Fällen V 103 — 104
und XV 69 — 70 um. Nach VI 36, wo die Lesart verdorben ist,
schiebt N einen Vers ein. Der cod. bietet, abgesehen von einer
Reihe kleiner Änderungen, Fehler und hier und da einiger gröfserer
Mifsverständnisse noch eine recht korrekte Lesart und kommt nach
L und S in erster Linie in Betracht Den engeren Zusammenhang
von N mit B haben wir oben schon konstatiert. Nicht mit B liest
N in einer Reihe von Fällen, in denen B immer ganz allein steht
oder Fehler hat: I 11; II 21; III 10; VI 52, 74; VII 74, 144, 169;
1X16,23—24; XI8, Í25; XII 21; XIII 73; XIV 6; XV29, 63, 83;
XVI 8, 63, 190, 191, 198; XVII 25 — 26; XVIII 60, 103; XIX 19,
35 - 36, 188; XX 78; XXI 17, 38, 128, 145, 205 — 206, 284, 326,
352. Mit anderen codd. geht N in den Stellen III 2 (RLSGCC'ZV);
III 57 (ZV); V51 (I.SGMCCIZV); ^22 (I.SGMZV); X61 (RGMCC'^V);
XI 178 (G); XIU 34 (LSGMZV); XIV 69 (LSGC«); XV 3 (M); XVI
184 (LM); XVI 251 (NC«C2); XVI 29 (MC); XVII 18 (LSMZV);
XVm 106 (I^GCC»); XIX 24 (MCíC^); XIX 100 (I.SC); XIX 179
(RZV); XX 8 (RLSGCZV); XXI 15 (ZV); XXI 59 (MCZV); XXI 189
(ZV); XXI 227 (GZV); XXI228 (RLSGMC); XXI 284 (ZV); XXI
317 (ZV); XXI 320 (LSCZV). Unter den Stellen, wo N eine I^s-
art für sich allein bietet, zeigen folgende die bedeutendsten Ab-
weichungen. Natürlich sind sämtliche anzuführenden Lesarten als
Alterationen seitens der Kopisten anzusehen, da N für sich allein
keine Autorität beanspruchen kann.
I 22 N : Sopr' ongni altro semente
R : Ou' ongn' altro
II 70 N : Pensando il gra[«] ualore
R: grande onore
III 26 N : Ed ella m' asenbraua
R: Ella mi sembraua
V 74 N : perch' al mio sengnìor piacea
R : Che' 1 mio sengnor patia
VI 2 N : Che dio fece lo mondo
R : giorno
VII 55 N: Tutte valenti cose
R: Tutte le buone chose
Vn 88 N: nioco sempiterno
R: E'n fuocho sempiterno
vn 1 33 N : Acciò che tt' o tocchato
R : chontato
vn 217 N: La forma e la sciença
R : forza
vn 239 N : Quando ispira lo meglio
R: E quando l'omo spira
Vin 36 N : Non parrebbe neente
R: Non si faria neente.
Die weiteren Stellen begnüge ich mich na<:h dieser Probe einfach
nach Kapitel- und Verszahl anzuführen. XI 121, 138, 153, 188,
i6*
244 ï^» WIESE,
194; XII 44; XIII 59; XV 31, 62, 77, 78, 98, 99, 138, 192; XVI 43,
198; XVII 75; XVIII 27, 84, 85, 102; XIX 146, 177; XX 44; XXI
159, 186.
G
bietet einen sehr vollständigen Text. Aufser den schon oben er-
wähnton Abweichungen von R und B ist folgendes beachtenswert.
Es fehlt XVI 87—88; XVIII 113— 114; (so BNC«C2). G stellt um
I 49 — so; II 71 — 72; V 29 — 30 (wie BNCC*ZV); V 103—104 (wie
SMBNZV); VUI 19—20 (wie MBNZV); XIII 17—18 (wie LSMBN
CC«ZV); XV 69 — 70 (wie LSMBNZV). Der cod. zeigt aufser mit
R keine ausgesprochene Ver\vandtschaft mit einem andern msc.
In fünf seiner Umstellungen geht er mit BN und in einer sechsten
mit CC. Kleinere Beziehungen zur Gruppe B sind auch sonst
wohl zu entdecken, doch die Anhaltspunkte sind zu gering, um
daraus irgend welche weiteren Schlüsse ziehen zu können. Die
Zahl der G eigentümlichen Abweichungen vom Texte der übrigen
i:odd. ist ziemlich grofs, doch meistens sind es nur kleine Ände-
rungen, Partikel etc. betreffend; manche Fälle rühren von offen-
baren Mifsverständnissen und Schreibfehlem her, z. B.:
I 60 G : c bei ragionamento
R: £ si bello regimentó
V 18 G: che ñoñamente manera
R: Che nonn anea manera.
Bedt^utsameTc Varianten allen übrigen codd. gegenüber finden sich
nur an folgenden Stellen; sie sind natürlich von Kopisten eingeführt:
III 47 G : £ eh on poponimento
R: £ fe
III 89 G: Ciaschuna sna fattura
R: £ nidi in sna tattnra
IV 36 G : E mmc poscia sechondu
R: £ io
V 7 G : Quantunque quante chose
R: Di tutte quante chose
V 24 G: menando a chonpìmento
R: Mettendo a chompimewto
V 72 G: la terra temünao
R : termcntao
VI 67 G : Ma sacci ch'a ongni ghuise
R: Ma saccie chc'n due guise.
Ferner VII! 5 -6; XIV 37: XVI 33— 34; XIX 144; XX 27, 98; XXI
29, 95, 150, 2 IO, 242, 281; Fav. I 54; li 4, 22.
M
ist nicht (lie einfache Kopie eines vorliegenden msc., itondem
eine selbständige t'U^rarbeituni^ îles Tesoretto und Favolelio nadi
mehreren mss. Der t-berarbeiter hat Stellen ausgelasseiVa. game
DER TESîORErrO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 245
Perioden, vielleicht, weil sie ihm nicht verständlich schienen, ge-
ändert, und namentlich zeigt er die beachtenswerte Tendenz, durch
Umbau der Sätze vollständigen Reim herzustellen. Die Hs. zeigt
nur zwölf ungenaue Reime. Auslassungen R gegenüber, die nur
M aufweist, sind folgende: jedenfalls absichtlich, (ein Raum für zwei
Verse ist freigelassen) VI 6i — 62; ferner fehlt VII 37 — 42 ohne
Angabe einer Lücke; XVIII 47 — 48 ebenso. Fav. I loi — 104 fehlt,
und dafür sind vier andere Verse, die sich sonst in keinem cod.
finden, eingeschaltet. Fav. I 117 — 134 fehlt femer. Umgestellt ist
XIX 181 — 182; XXI 337—338. ■— M steht im Übrigen R ziemlich
nahe, was aus einer Reihe merkwürdiger Übereinstimmungen der
Lesart M mit der von R, während die übrigen codd. andere Les-
arten haben, hervorgeht. Die wichtigsten Stellen sind : VII 1 68, 208 ;
VIII 20; XI 92; XIll 76; XVI 44; XVm 6, 168; XIX 202; XXqó;
XXI 204, 320; Fav. II 2. Das selbständige Verfahren des Schreibers
mögen Stellen zeigen wie:
n 20 M: Ne di gran baronaggio
R: Ne per altro bamagio
n 53 M : A udir che via tene
R : Ch' audiui dir che tene
HI 59 M : Che le facien tal festa
R: Che troppo era gra» festa
' III 60 M: I he capelgli in testa
R: n chapello delà testa
III 72 M : E r altre tutte quante
R : E r altre biltà tante
IV 26 — 27 M : Ma io so solamente
Quella parte che uolc
R : Ma io non so neente
Se non di quel che uuole
V 3 — 4 M : Che colui e' a' 1 ghouemo
del secolo inn elterno
R: Che cholui che ghouema
Lo secholo in etema.
Ferner W :^2, 59, 75 — 78, 82, 89 — 90, 103 — 106; VI 57; VII 73,
'33— 134» 161— 162, 220,261; Vili 13; XI 47, 116, 125, 156—157»
164, 165; XIII 35; XIV II— 12, 54, 66; XVI 45, 51—52, 77» '43»
223—224^ 254; XVII I, 25, 90, 95, 97; XVIII 9—10, 19 — 20, 60,
65, 69 — 71, 88 — 89, 108, 123, 140, 178 — 179, 184; XIX 104, 113
— 114, 162, 181 — 182, 188 — 189; XX 24, 73, III — 112; XXI 136
— 137, 161— 162, 190, 281, 304, 337— 338» 347; Fav. I 55— 56, 59,
83 — 84, 108; li 16. Stellen, in donen einzelne Worte durch andere
ersetzt sind, giebt e« eine grofse Anzahl.
Die Veränderungen, um den Reim herzustellen, sind folgende:
l 41 R: Non ualse me di uoi
M: Non ualser di uo piuc ( — fue)
Il 18 R: Non si truoua persona
M: Non si troua veruna ( — luna)
246 B. W[ESE,
V 53 — 54 R: Sichome dei sauere
Quando dengnò uenire
M: Siccome è da sauere
Quando dengnò volere
VII 1 1 R : Sua bisongna chonpiere
M: Sua bisongna fornire ( — dire)
(LSGBNC* — podere; ZV — uedere)
VII 105 R: Che uoi ci sofFerite
M: Che uoi ci sostenete (G) ( — auete)
XI 63 R: £ in pocha dimora
M: E in poca statura ( — misura)
XIV 23 24 R : Chui la gente talora
Suol chiamar misura
M: La quale la gente pura
Suole appellar misura
XIV 73 R: Però più non ne dicho
M: Però più no« ne reco { — meco)
XVI 197 — 198 R: Cioè che sapie dire
Quel che deia piacere
M: E allor profferere
Quel che credi piacere
XVI 261 R: E guardati ongnora
M: E guardati e procchura ( — guardatura)
XVIII 23 — 24 R : E guardati ongnora
Che tu non facci ingiuria
!M: E guarda che con furia
Altrui non facci ingiuria
XVIII 35 —36 R : Ben ti chonsiglio questo
Che se tu cholo ligisto
M: Ma è milglore acquisto
Se ttu collo legisto
XVIII 175 R: Ma sse pur auenisse
M: Ma se pur achadesse ( — facesse)
XIX 91 R: E questi al buon uer dire
M: E questi al mi parere (— piacere)
XIX 118 R: Lo tira ciaschun'ora
M: La tira alla misura ( — paura)
XX 91 R: Che non perde in un motto
M: Clic non p^rda di butto ( — tutto)
In sänimtiichen Fíillen steht M ganz für sich allein da. M ist also
mit Vorsicht zu benutzen.
Die nachbleibenden codd. CC^C'-^ZV sind sämtlich schon sehr
lückenhaft und inbezug auf die Lesart inkorrekt In Z und V er-
reicht die Verdorbenheit des Textes einen erstaunlichen Grad. C
und C2 zeigen in der Sprache überdies dialektische Eigenheiten
(cf. unten).
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 247
C
Steht, wie wir schon oben sahen, zwischen der Gruppe R und B.
Die Lesart folgt aber doch am häungsten der von R. Es bietet
der cod. aufser den erwähnten folgende Lücken: V58; VI 62 —
VII 54; 1X20; XIV 66, wofür ein Raum frei; XIV 70; XV 70
(ebenso C, doch hier ist ein Raum frei); XV 150; XVII 92 (so
CO); XVIII 118; 149 fehlt teilweise; 159 — 160; XIX 122, 160;
XXI 210; XXII 38. Eine weitere Umstellung liegt XIX 10 1 — 102
vor. Nach XV 14 schiebt C den Vers ein: E cotanto ti dico to,
was eine mûfsige Wiederholung von v. 14 ist. — Dafs C nähere
Verwandtschaft mit R als mit B hat, geht aus einer Anzahl Stellen
hervor, in welchen es mit R liest, während die mss. der Gruppe
B dem letzteren folgen. Es genügt die Kapitel- und Verszahl an-
zuführen: XI 31, 37, 88; XU 51; XVI 14; XX iio; XIX 128 (M),
152 (M). In einer ganzen Reihe von Fällen geht C zugleich mit
BNC'C*-^ und R, zuweilen auch gegen. — Für die Textkritik hat der
cod. wenig Bedeutung; er kann höchstens zur Stützung einer Lesart
herangezogen werden. Seine Inkorrektheit mögen Stellen zeigen wie:
VI 47 C : Di qui nel mondo
R : Qui e nell' altro mondo
VI 52 C: Conde nostro nemicho
R: Che è nostro nemicho
VII 93 C : Chi che neghi o dica
R: E chi vi neghi o dicha
VII 143 C: Chedam bem meçço fatto
R: Ched a bon mezzo fatto etc. etc.
Cl und C2
stehen einander sehr nahe, ohne jedoch Kopieen desselben msc.
oder von einander zu sein. Beide codd. sind Fragmente. Die
Lesart ist oft sehr verdorben. C> bietet I i— XX 4; C^ XV i— XX 4.
Bevor C-' mit dem Text beginnt, hat es eine lateinische Einleitung,
welche uns summarisch den Inhalt des Tesoretto bis XV i erzählt.
In C* ist nach XX v. 4 noch XIX i — 6 wiederholt mit einigen ge-
ringen Varianten. In beiden codd. fehlt, aufser dem erwähnten,
XVII 92 (in C2 fehlt auch XVII 91). Beide codd. haben noch
einige jedem eigene Auslassungen. In C* fehlt VII 167; XV 170
(mit Lücke); XVII 104. In C^ XVII 91, wie schon erwähnt und
XVIII 153, an dessen Stelle XVIII 93 gesetzt ¡st. C* stellt noch
um In — 12, 43 — 44; V 19 — 20. C^ setzt XV 123 — 124 aus Un-
achtsamkeit zwei mal. — Der Vergleich folgender Stellen wird zu-
gleich zeigen, dafs C^ und C^ nicht unmittelbar aus demselben
msc geflossen sind, und dafs C^ weit verdorbener ist als C*.
XVI 130 RC: II SU dispende a torto
C*: '1 tuo despender ad torto
XVII 76 R : Sua chosa o in serbanza
C* : Sua robba ad in s^rbança
C: o soa cosa in s^ruanza
248 B. WIESE,
XVII 98 R : Non falli 1' una parte
C*: i« nulla
C^: no falli la mia arte
XVIII IO RC*: Chon uiso di baldezza (C* naso)
C: monstrar grande baldeza
XVIII 69 RC»: Chi s' arischi' al morire
C: Chi s'addricza ad morire
XVIII 106 RC«: E i' o già ueduto
C«: Et tu ai
XVIII 183 R: Mostrar tutta fra/fchezza
C*: uiua
C*: bona
Ferner XVIII 184, 187; XIX 14, 41, 69, 80, 103, 104, 127. — Die
nahe Beziehung zwischen C^ und C^ beweisen andererseits wieder
Stellen wie:
XVI 234 R : Guardati d' ongne fallo
ce«: Guarda de non far fallo
XVII 65 R: Si che lo pegio resta
ce«: Se qlle peggio desta
XVIII 28 R: Che la giente non tarda
ce«: no« arda
XVIII 66 R: Che no« uada al morire
ce«: no« degia amorire (C« morire)
und andere. Es wird nicht nötig sein nach den gegebenen Proben
noch andere Beweise für die Unzuverlässigkeit und Verdorbenheit
der codd. C^ und C^ anzuführen.
Z und V.
V ist eine wortgetreue Kopie von Z; dem Kopiator passiert
es nur, noch einige Verse mehr auszulassen. Die Z und V ge-
meinsamen Lücken sind folgende: I 43 — 44 fehlt je eine Vershälfte;
II 3, 7 ; III 34; V 6, IG, 98; VI 38; VII 30, 64, 69, 74, 76, 148, 199,
252; VIII 27; IX 17—18; X 28 — 29, 37, 60; XI 70, 85, 124, 164,
182; XIII 74; XIV 75; XV 16, in; XVI 54, 58, 152, 155; XVI
159 — XVII 16 incL; XVIII 43, 159, 164; XVllI 197— XIX 154;
XIX 161; XX 38, 93; XXI 43, 46, 229, 265; 277 — 278 bilden einen
Vers; XXI 344, 351 — 352; im Fav. 1 m — 116. — V läfst auTser-
dem noch aus: VII 152; X 66; XV 168 und XXI 88. — Umstel-
lungen nehmen beide codd. vor mit V 18 — 19, 29 — 30, 103 — 104;
XVIll 19 — 20; XIII 17 — 18; XV 69 — 70. Aufser den gemeinsamen
Einschühen haben Z und V noch folgende besondere: Nadi I 73
folgt ein Vers, der eine Wiederholung von 1 73 ist; statt XV 61—62
liest man in ZV drei Verse und nach XVII 74 schieben sie einen
Vers ein. — Beachtenswert ist, dafs die beiden codd. mit G in den
sechs dort genannten Fällen mit der Gruppe B oder mit deren
Gliedern umstellen. Wir finden hier, wie dort eine Reihe Über-
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 249
einstimmungen mit der Lesart dieser Gruppe, die jedoch ebenfalls
nicht ein näheres Verwandtschaftsverhältnis konstatieren lassen. —
Einige Blüten der verdorbenen Lesart der codd. ZV mögen an-
geführt werden, um ihre völlige Unbrauchbarkeit zu beweisen.
I 2 1 R : In duro chonuenente
Z: Huom duro con uentre (!)
I 64 R : Che' n uoi sengnore s' asomma
Z: Che uoi Signore siete in norma
I 94 R : Assai ual meno chi lo tene
Z : meglo
IV 18 R: Chonuien che si chonsumi
Z: Conuiene che ssi chostumi
IV 32 R: Dio ciò eh' eso m' inpera
Z: Et di ciò sommo inpera etc. etc.
F.
Die Fehler, welche dieser cod. bietet, sind gering; gröfsere
Mifsverständnisse finden wir nur: 1 9, 116; II 24, 26. I 67 — 68
hat F eine eigene Lesart. I 11, 17; II 28 verbessert F mit den
übrigen codd. Fehler in R. I 20, 88, log liest F mit sämtlichen
mss. gegen R; II 2 mit den übrigen mss. gegen RM. I 42, II 14
geht F mit RM gegen alle andern codd.; I 82 mit CRN gegen
die übrigen. Es steht F also mit M etwas näher an R als LSGNCZV.
Für den Text ist also R zu Grunde zu legen und nach ihm
vorzüglich B, LS, N und G zu benutzen. Für die Sprache sind
nach R die codd. LS dann N, G, F, M, auch C die wichtigsten.
2. Die Sprache.
Bei der Untersuchung über die Sprache des Tesoretto haben
wir uns in erster Linie auf die codd. RL und S, nächst ihnen auf
N, G und M zu stützen. Der cod. B ist für diesen Teil mit grofser
Vorsicht zu benutzen, weil die Sprache ganz dialektisch, und zwar
lombardisch, speziell brescianisch gefärbt ist. Folgende Unter-
suchung ergiebt dies.
I. Vokale. Häufig finden wir den Diphthong at. Die archa-
ische Form ist erhalten in òat/t'a. Durch Attraktion entstanden in
bimatramenie, mainerà, aiba, ai'biy saìpù saiputa Formen, die sich venez,
entwickeln zu eba etc.; (cf. Fra Paolino ed. Mussafia). — Auslauten-
des a in Partikeln: unqua, adonqua, doch daneben donque, au er-
halten in pausoy paraule\ zu ao in laodaio» — e i nd 1 wechseln viel-
fach. — Lat. I ist erhalten, wo es in der Schriftsprache e ward,
in digno, pissi, capii, ditto (daneben detto\ promitti, dimiiti, quisti, igi\
uidi, timi, siti, patissi, rmdisti, — Statt e finden wir 1 in auitf, sapiie,
wo es Konjugationsübergang sein kann; ferner in fice^ prisi, reprisi,
inuir; in gitta (was übrigens auch gut toscanisch ist) und uinti, i
und e durch Konjugationswechsel in uenere^ udere\ femer in ristrenge, ^
250 B. WIESE,
conscglíoj auenesse. Der Wechsel zwischen unbetontem i und e ¡st
constant. Vor der Tonjjilhe: iigtialij giniiiey ¡ignagioy amanlimnit^
prisofiey uirmighy erfahre , dis f acca ^ picaio, mimoriay priiiose^ Itgero^
utniura, diuimitoy bimnançaj itale ^ dinari etc. Andrerseits: reiegno,
ubcdirey reprisi, ordenaio, creatura, simplccemenie, recemitiy temorey ueste-
mente y piaccmentOy rechecca etc. Nach der Tonsilbe: (uùti, tignati^
siadi\ dissi und nidi als 3. Person; fini, dui. Andrerseits: uergene,
nahelcy anema, dodeci, quinde, húmele, i zu o va promero, — Zwischen
// und o herrscht ein ähnliches Schwanken, In betonter Silbe: laL
// erhallen in cur rutta, fussi, multi, dulci, unqua. Dagegen 0 in : fo,
roppe, fos, congiùnte, coloi, ponto, profondo, adonque, donqua, iotio', da-
neben: fu, ruppe, congiunte, colui, o zu u in: nue, griffuni, leuni,
imperaduriy signuri, homuri, (cf. Asco'li, Archivio glott I pag. 425
Anm. i). In unbetonter Silbe lat. u erhalten in: cului, muliera,
umore, mundana', o zu // in fiurini, Lat. u zu 0 in: soperha, preson-
tione) femer 0 in los inga, wo die Schriftsprache u hat. 0 in to;i-
loser Silbe zu e und /* in segiorno, sigionio, desenore, rinwre,
II. Con so nan ten. dj zu g' in megio, — / zwischen zwei
Vokalen zu d in fiada, siadi, nada, irouade. c zu g erweicht in se-
gondo, fatiga, gosta, perigolo, — Ital. c zwischen zwei Vokalen zu ç
in façço, traçça, força, crucca, trecce, sacci, piaçça, procaçça, inpaçça,
tacca etc. Ital. g' zu s in pensasotte, misasato, niasone, rosone, casone,
stasone, presio. g zu j in saiette, — se statt scharfem s in scilo,
francesce. Nach ^lussafía, altmail. Mda. ist dies nur eine Schreibung
für scharfes s. Statt scia haben wir ss in lassare, rapisse, pissi', sj
in amhasiada, angosia. Statt z der Litteratursprache haben wir g va
giara, ugino, dongelle. Endlich schreibt B in einer Reihe von Fällen
eia statt e: auanciate, menciogna, natui, mondecia, presoncione, giusticia,
aneiy inpieecia, aueceia, penetenciato, acontancia, sencia. Ähnliche dia-
lektische Erscheinungen bieten die codd. C* und C*.
I. Vokale, ai va C* in hailia\ mainerà, bonairemenle; faite,
Tristaino, C'-^ nur in aira = aria. — C* bietet a statt e in: spen-
da ria, cha, sorta, anorta; tronar ai und pilgan) mit ursprünglichem
erhaltenen a. Durch Konjugationswechsel f erare. In C* temare.
Umgekehrt in C-^ die Femininfonnen mie, sie im sg. C* hat die
mit erhaltenem e, — Schwanken zwischen / und e in betonter und
unbetonter Silbe: lat. / erhalten in C* in dicto, quisto, ilio, atassia
comic to, C^: mino, pa risse, dicto. Ule, inpromitti, dimicii, facissi, iilj,
eonmieto. Statt e finden wir / in ('*: prisi, credia, fice, pina, paria,
aula, di ^ dei, C-^: amisi, palisi, prindi, frino, prisi, auia, poiia. e
statt betontem /. C*in: conseglo, meschia, aduenesse. C in: ¿engna,
strenge, meschia, Wechsel zwischen / und e in unbetonter Silbe.
Vor der Tonsilbe C in: gintil, dissu'o, sirà, mirauillia, siluagio, Hnare,
riditore, siria. C-: diuinuto, biuiria, uistimentj, coriisiar, siniscaigh,
prouiduto, prouidimento, eortisia, rigimentj, uir gogna, prenddert, priaio,
rinfrittar, fir mezza, uider, humilimente, sapirà. Andrerseits C*: hiam^
eeeante, intendemento, mesura, eseurao, seeuro, obscuretade, stabeK, demite,
engienochiaua , retengno, degnetoso, prencepesse, reschiara, UtêemomenfO.
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 25 1
C^: deliiia, demoráis perdemenio, deniorno, rideiore^ teeltade, accolglemenio,
uedetore^ dedalo. Nach der Tonsilbe C*: foi = fue, cingi = cinge.
C^: grandj\ dujy parenijy uolgienij, abenduj, partir] y ferir] y primamentiy
grata y ìanier]. Andrerseits C*: area y onne, nohele. C*^: troue y dece
(dieci). Bemerkenswert in beiden codd. pr citi =^ preti.. In unbetonter
Silbe bietet C^ douisa durch Einñufs des v; comoy cusiumo. Zu be-
achten ferner in C^ giochio statt giocho. In C finden wir die Vor-
liebe für Anfügung eines tonlosen e nach einem /*, welches das
zweite Element eines Diphthonges bildet, am Sclufs: incontraiey assaie,
dimandale y tomaie y puoiCy tuie y noie. In C* lesen wir auch serpienti
und priete mit Diphthongierung. — // und o. In betonter Silbe lat.
f/ erhalten. CMn: profundo y secunday punctoy cursoy conducto. C*^ in:
multo y crucey dulciy mundo y rotundo, turrcy cun, lu (Artikel). Andrer-
seits u zu Oy wo die Schriftsprache u erhält. C*: foiy pontoy donqua,
attore y gionto. C'^: nolhy toa y touy sou y tolto y onche, aleone y piò^ ona,
ingiora, pontOy paoray foiy gionto. u statt í?. C* in: uuiy dispuse, en-
cuntra. C^ in: rispuse, ungn\ In unbetonter Silbe u statt o* C*
in custunuinçay pusaoy pruuedutamentCy custume. C'-^ in : agustaro, fun-
damentOy dur amento y custumOy cúrente', Artikel lu y praep. cun', cornu,
moduy tou, souy homu» o statt unbetontem u. CMn: uolgare, odire,
sogello. C* ¡n: giollare, borbanzay sogello. Beachtenswert in C:
Juoroy buoffone. In C^ e statt o in enor; 00 statt uo in òoona; ou
statt uo in paute (cf. Ascoli, Archivio glott. I p. 497 und 498). eu
statt u in oeußon, prouendeutamente.
U. Consonanten. t zu d C^ und C^ in quando = quanto',
podeay fiada. Aus c wird g C* in assigurai. Statt scia haben wir
ssia (j/'ö) C^ in essicy pulissicy seguissie, lasia (cf. possa statt poscia). —
b zu V C^ in: uasso, trauactendo. — // statt l] C^ in falla, l] statt /
in genlillieçça. C* lg statt l] in pilgarày consilgare, g statt // in
galgiardecza , melgior, wofern Igi nicht bloss eine Schreibung für
mouilliertes / ist Femer ingoglar statt ingoiar', luoglo statt luogo,
l] zu lg' in pauelgion, wo jedoch gleichfalls Igi eine Schreibung für
mouilliertes / sein kann. / zu r C* in obriare', geschwunden in
plecara, wo das erste r zu / ward. Metathesis des r: C-^ in toruai.
— n] statt n. CMn auegnire', mn zu nn ebenda in onnc. C'^ wan-
delt nd zu nn in bannito. n] zu g' C'^ in: lingia]Oy sigiar y uengio',
vielleicht ist ngi eine Schreibung für mouilliertes n. n eingeschoben
C* in anbondui. C*^: prouendeutamente, uenchi (= uecchi). — ] statt
g' C^ in ]udicare. C^ in: ]ocar, ]orno, ioco, peiorary iunto, iudichi,
maiory coniunt], ioua. g' fällt C^ in priato {*pritiato, *pri]ato, priatd).
— Zu erwähnen ¡st die Schreibung in C"-^: procaccia, piaccia, inpaczia.
Im letzteren Falle mit sollaza reimend, und daher wohl nur, wie
die Schreibung sencia etc. in B, scharfes z darstellend. Ähnlich
schreibt es ferner largchcy dogchanay longchoy alongcha. Bei den Si-
bilanten ist zu bemerken, dafs ('- in cortisiar und busia s] erhält.
£s schreibt einmal auansasse.
252 B. WIESE,
Lautlehre.1
Bei der nun folgenden Untersuchung folge ich der Anordnung
der Schrift von Caix: Le origini della lingua poetica italiana etc.,
Firenze 1880.
Vokalismus.
Einfache Vokale.
Betontes a,
§ I. £s bleibt erhalten. Für lat. aqua bieten sämtliche codd.
die Form aqua oder acqua.
§ 2. Wir begegnen einige male der Form g reue in mehreren
codd., und zwar stets aufserhalb des Reimes bis auf XV 44, wo N
CS im Reime zu soaue^ jedenfalls also hineinkorrigiert, bietet Das
Wort findet sich in folgenden Stellen.
greue VI 48 R graue LSGMBNCC»Z
VII 102 BM grieue N graue RLSGCC«Z
VII 236 graue RLSGMBNCC«Z
r. XVI 44 N graue RLSGMBCC'Z (-soaue)
XVI 72 RG graue LSM (BNCC«C«Z gran)
XVII 276 graue RLSGMBNCC«C« (fehlt Z)
XVII 35 graue RLSGNBCC«C«Z (grande M)
XVII 59 graue RLS (grande die andern codd.)
XVII 103 graue alle bis auf MZ: grande
XVIII 71 graue RLSGBCC«C«; grande MNZ
XVIII 85 BC graue RLSGNC*Z; grande MC*.
Die Form mit e ist gemeinromanisch. D. G. I^ 147, und auch in.
italienischen Dialekten verbreitet. (Mussafia, Altm. Mda. §1). Sehr'
oft findet man sie bei den italienischen Lyrikern und noch bei
Dante (cf. Voc. dant. unter dem Worte) und bei Petrarca. In un-
serem Gedicht finden wir es an fünf Stellen; die eine Stelle im
Reim, XVI 44, ergiebt sich aus dem Reimwort soaue als eine Al-
teration von N. Unter den übrigen vier Fällen bietet R es in
zweien, und in diesen ist es beizubehalten, weil R in sprachlicher
Beziehung der korrekteste Text und die Form gut toscanisch ist
In der Intelligenza '^ haben wir p. 48 grieue in beiden codd.: p. 66
im magi, g neue, im gadd. greue. Häufig ¡st das Wort grame mit
grande vertauscht, wie aus der Zusammenstellung der Fälle ersicht-
lich ist. Die Form mit a ist von Anfang an gebräuchlich.
§ 3. Die Form clero begegnet zweimal im Reim: VII 68 ImciferO'
clcroy XX 39 crera-peray cf. Caix, Orig. § 3. Intll. p. 7 cUro auiser-
* Das citierte Wort oder der citierte Vers ist stets die genaue Lenrt
des cod., dessen Chiffre ihm zunächst folgt. Die genaue Lesart der übrifen
codd. führe ich nur dann gleichfalls auf, wenn es far den gegebenen FaD
nötig ist. £in r vor einem Citate bedeutet, dafs das angeíShrte Wort sicli
im Reim befindet.
' Ich citiere die Beispiele aus diesem Gedichte nach der SeiteniaU der
ed. Daelli, im übrigen aus meiner Kopie beider mss.
DER TKSORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 253
halb des Reimes; sonst finden wir nur die Fonnen mit a aufserhalb
des Reimes in diesem Gedicht. Im Reime clera p. 12.
Unbetontes a,
a = e (i).
§ 4. Im Futur und Conditionale der i. kong. stimmen sämt-
liche codd. mit Ausnahme von B und C*-^ darin überein, a nach
toscanischer Weise in e zu wandeln.
§ 5. Hier sind einige weitere Fälle von a zu e (1) im An- und
Inlaut zu betrachten.» V 66 gerire RSGMC, guanre BNC Die
Form mit e ist beizubehalten. Wir haben auch IntU. p. 13 guen-
gtoncj und überdies bieten fünf codd., unter ihnen R und S, die
Form mit e, XV 159 iuaccio R in LSGMZ auacdo (fehlt in den
übrigen codd.). Nach D. E. W** 353 von abacius abaciiare. Diez
führt auch altcat. yvaç an; die Form mit a wird die ältere mit i
verdrängt haben; man berücksichtige die Vorliebe sämtlicher ro-
manischen Sprachen für a in unbetonter erster Silbe.
XXI 138 biastimiasti RLBNZ bestemiasti SGMC.
247 biastemiare RLB beslemiare SGMNCZ.
* Nur um eine Lesartfrage handelt es sich VI 14.
RLSGCC«NZ lesen: // terzo ciò mi pare
Ispectfichò lo mare (R)
B und M: Spacificò lo mare.
Zannoni adoptiert die Lesart M und sagt: Spacificò. Cosi nel cod, M. In
tutti gli altri leggesi specificò. — Chi volesse ricever per vera questa lenone,
dovrebbe al verbo specificare dar nuovo significato , ed a questo passo inter-
pretazione ricercatissima. Infatti sarebbe da dire y che Iddio die forma in
certo modo alle acque da sé già create, le quali coprivano la terra^ raunan-
dole in un luogo, e chiamandole mare (Genes, cap. I v. 9. io). AIP opposto
la lezione del cod. M da me adottata dà senso facile e semplicissimo. Mercè
di essa si viene a dire, che Iddio die spatio al mare, cioè, che lo pose tra
confini (V. la Crusca alla v. spazio), formandolo col raunamento delle acque
qua e là sparse; e siam d* accordo col sacro Ubro dei Prorerbj, ove la Sa-
pienta dice al cap. 8. Aderam .... quando circumdabat mari terminum
suum, et legem ponebat aquts , ne transirent fines suos. Il verbo spacificare
adunque aggiungasi al vocab. Dem entgegnet Bene! in der Antologia di
Firenze T. XVI p. 145 sehr richtig: Io non intendo, oome il verbo spacificare
{tutto nuovo della lingua) potesse significare dare spau'o determinato, cioè,
porre tra confini. Neppure intendo perchè specificare dovrebbe qui significare
dare forma in certo modo alle acque già create, le quaU coprivano la terra,
raunandole in un luogo, e chiamandole mare .... Egli cita i versetti 9 e
IO del cap. I della Genesi. Io gli trascrivo. 9. Dixit vero Deus: congre-
gentur aquae, quae sub coelo sunt in locum unum: et appareat arida. Et
factum est ita. io. Et vocavit Deus aridam terram: congregationesque aqua-
rum appellava maria. Se questi due versetti non si confondono l*uno coli*
altro: se il primo de* suddetti versi di Brunetto, cioè, spacifico lo mare si ri-
ferisce al solo decimo versetto, e il secondo verso E la terra divise al versetto
nono; mi pare che il verbo specificare sia qui bene usato seoondo la definiùone
stessa del vocabolario, e che non sia luogo al nuovo verbo spacificare, il quale
significherebbe forse accrescere piuttostochè determinare lo spazio. Was Bru-
netto mit dem specificò hat sagen wollen j scheint mir am sichersten aus fol-
gender Stelle des Trésor hervorzugehen : Et sachiez, que ce est la grant mer
qui est apelée Oceane de quoi sont e stratte s toutes les autres qui sont parmi
Us terres diverses, et sont ausci comme braz de celi .... CXXII p. 151.
254 '^- avíese,
In beiden Fällen ¡st die ursprüngliche Fonn mit a, wie sie R und
eine Reihe anderer codd. bieten, beizubehalten. In der Mitte a zu
é in III 13 margherite LSGMNZ, aber marghan'ie RBCC^V. Die
Lesung mit e ist zu bewahren. Intll. p. 24 im cod. magi, marga-
rita\ im gadd. margherita, p. 10 und 15 auch im cod. mag!, die
Form mit e. Auch im fut. der i. konj. ist a stets zu e geworden;
zu beachten ist, dafs V margarite hat, während es eine Kopie von
Z ist, welches margherite liest. 1 27 henenama LBNC, in S(jM mit
Übergang dos sekundärep e in / beninanza. In C ist ausradiert,
was da stand, und von Ubaldim's Hand beninanza (C* entnommen)
hineingeschrieben. R, und ihm folgend Z, hat bene aimnza. Aus
diesem Fehler ist die Form, wie sie Brunetto schrieb, zu erschliefsen:
benananza. Das zweite n ward für // angesehen und dem ben der
vermeintlich apokopierte Endvokal angehängt
VII 62 beninanza RLSGMBNC« benenança CZ
82 malenanza RLSGMNCC* malinança B
XVII 7 benenanza RMC beninanza LSGBN;
C^ schreibt 1tenignança\ C"^ ist gänzlich verdorben, die Vorlage hatte
aber sicher ebenso. (Hierzu cf. Nannucci Verb! p. 37 nota 4).
XXI 95 Itenimviza RLSGMBC' benenança N. Die Worte kommen,
wie schon Nannucci loc. cit. richtig angiebt, von benanan, maianan,
Caix Orig. j^ 167, p. 179, will sie aus benignus^ tnalignus herleiten.
Gaspary, Ztschr. IV611 weist diese Deutung als unhaltbar zurück.
An der zuerst angeführten Stelle, I 27, glaube ich die Form bena^
nanza einführen zu können. Im übrigen sind Formen mit e und 1*
gleich gut belegt. Das Schwanken zwischen diesen beiden Vokalen
ist nicht weiter befremdlich. Für das westliche und mittlere tos-
canische Gebiet wurde /* bevorzugt (cf. Caix Orig. § 18). XI 70
balsimo RMN balsemo C, die übrigen codd. balsamo. Auch hier
ist mit R zu lesen. Intll. p. 89 beide codd. ihbahimaro^ p. 70
beide codd. ^nbalsimati. XX 55 ist ceser in MN der Form cesar
der übrigen mss. gegenüber zu ver\verfen. In der Intll. nur die
Form mit a,
% 6. a zw e am Schlüsse. XI 166 ancone im Reime mit regùme.
In CZ zu ancofia alteriert; gleichfalls in M, welches aber einen
vollen Reim gewinnt, indem es v. 165 umgestaltet, a ist erhalten
in Fiorenza II 2, 45, 72.
XVI 159 oltre praep. RLSMB^■CC» oltre a G
XIX 64 oltra adv. R alle andern codd. oltre.
VII 66 unque RLSGMNC»Z unqua BC
169 ognunqua LS
XV 133 unqua RB unque LSGMNCC»C«
XX 69 dunque RLSGMCZ adunqua BN
77 dunque RLSGMNCZ donqua B
XXI 28 unque RL*SGNC unqua BZ.
* L liest infiasti in quello. Der dem Kopiator vorliegende cod. hatte
inßastiunquello oder infiastunquetlo\ S kopiert richtig.
IL'
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 2SS
Bei o//re und unçue und dem wie uncut behandelten dunque ist fast
nur die Form mit e sicher bezeugt. R hat einmal unqua und ein-
mal oHra. Hier behalte ich die Form mit a bei, welche bei den
Lyrikern gewöhnlich ist (cf. C'aix, Orig. § 7). VII 169 ognunqua in
LS ist eine verkehrte Lesart. Der cod. B kann nicht als Stütze
fur die Formen auf a dienen; sie waren in allen norditalienischen
Dialekten einheimisch, cf. Mussafia, Altmail. Mda. § 6; Katharinen-
leg. p. 4. Fra Paol. Vocali 5. In der Intll. haben wir p. 34, 36
und 98 oHre als praep. p. 97 im cod. magi, olirà /, im cod. gadd.
olire a!. p. 25 qualunque a magi.; qualunqua gadd. p. 31 ouunqu*io
magi.; ouuncKio gadd.; p. 41 ouwique beide codd. p. 45 magi, dun-
qua^ gadd. dunque; p. 61 qualunquera magi., qualunque gadd.; p. 68
unqtialirometäi beide codd.; p. 91 qualunque beide codd. Auch
hier werden also die Formen mit e bevorzugt.
§ 7. Hier zu erwähnen sind schliefslich die adv. ore, iullore,
latore^ anchore, allore^ welche nicht mehr in dieser Form, aber in
der apokopierten or, iuttor etc. im Tesoretto vorkommen. Gaspary,
Sic. Dicht p. 2 1 1 Anm. i giebt die richtige Erklärung für diesen
sonst auflalligen Schwund des ursprünglichen a, indem er annimmt,
dafs ein iutt^ore, spess^ore, manfore vorausging, in denen das ore
regelrecht als plur. steht; danach bildete man dann ore^ or etc.
Ebenso fafst Caix die Erscheinung auf, wenn er Orig. %\<yò p. 127
sagt: Da finale cade in Or e composti: lutior, ancor, qualor ec, cui
precedettero perd forme con e: ore, ttUtore ec.
v^ 8. a ZM 0.
V 58 chontra praep. RLSGMBNC»Z*
VII 72 'ncontro al RLSGZ contra 1 BC»M contra il NC
Xm 32 contra praep. RLSMBNÇC» contro a GZ
XIX 135 Incontra ala G Inchontro ala RMBNC'C^ Incontra la LSC.
Nur contra ist gut bezeugt. In Fällen, wie VII 72, XIX 135 ¡st
schwer zu entscheiden, was das Ursprüngliche gewesen ist, ob
fCchontral, welches dann in ^nchontra il oder *nchontro al aufgelöst
wurde, oder *nchoniro al, welches *nchonlral *nchonlra il wurde. Mir
scheint das erstere das natürliche, und demgemäfs lese ich. Yj&
wird durch die von allen codd. gestützte zweimalige Lesart chontra
wahrscheinlich. Intll. p. 14 contra magi.; p. 30, 31, 41 beide in-
contra', p. 41 und p. 81 beide incontro.
Betontes e.
e.
<
§ 9. Wir untersuchen zunächst, in wie weit das Gesetz der
Diphthongierung des betonten e in offener Silbe bereits bei Bru-
netto durchgeführt ist. Der coa. B bietet seinem Dialekte gemäfs
fast ausschliefslich undiphthongierten Vokal. Nur dreimal diede.
* Der Vers fehlt in C; Ubaldini schrieb contro hin. Auch V liest con-
tro. Wo codd. bei den Citaten nicht mit angeführt sind, fehlt in ihnen der
Vers, oder sie lesen anders.
256
B. WIESE,
zweimal pietre^ zweimal piede und je einmal fiero und da n'en.
stelle die vorhandenen Beispiele zusammen:
I 84 priegho subst. RSGMNCZ
Ich
r.
prego
X 79 priegho vb.
XV 159 priego vb.
XV 211 priegha
XVI 9 priegha
XVn 91 pregho subst.
XVII 99 priegho vb.
XIX 236 priego vb.
LBC»
MBCZ
RLSGZ
RLSBCC»C*
RLSGNC» prego
M pregho
MGNZ pregha
R (die übrigen codd. pregò)
RLSGBNC priego MC«Z
RGMNC» prego LSBCC«Z
LMNC» pregho RSGBCC«Z.
r.
I 94
tiene
GZ
tene
RLSMBNCC«
r.
II 53
tiene
Z
tene
RLSGMBNCC«
r.
VII 98
sostiene
GCC'Z
sostene
RLSMBN
r.
VII 259
ritiene
GCC»Z
ritene
RLSMNB
r.
VIII 22
tiene
Z
tene
RLSMGBNCC»
r.
XI 45
sostiene
C<Z
sostene
RLSGMBNC
XI 51
tien
RLSGMC«Z
ten
BN
r.
XII 29
tene
RLSGMBNCC»
XV 40
tieni
RLSGMNC»C«Z teni
BC
XV 177
tien
LSGZ
ten
R
r.
XV 186
ritiene
RNZ
ritene
LSGMBCC«C*
XVI 87
tieni
RLSMNCC«C2Z ten!
B
r.
XVI 145
tiene
RZNC«
tene
LSGMBCC*
r.
XVII 60
tiene
C»
tene
RLSGMBNCC>Z
XVII 90
tieni
RLSGC»Z
teni
BC«
r.
XVIII 34
mantieni
NZ
mantene
RLSGMBCC»C«
XX I 230
tiene
GMNCZ
tene
RLSB
*^av.
II 26
tien
RLSGMNCFZ.
r.
r.
r.
r.
I 9
I 109
II 54
IV 18
VII 146
VII 260
Vili 21
vili 29
X 82
XI 46
XII 56
XV 80
XV 157
XV 183
XV 185
r. XVII 59
r.XVlll 07
XIX 89
r.
r.
r.
r.
conuiene
auiene
uiene
chonuien
uien
uiene
conuiene
chonuien
uiene
conuien
chonuiene
conuiene
uiene
auiene
uiene
chonuien
NZ
LSGMNC
NZ
RLSGMNZ
LGMN
C«NZ
Z
LMGN
RLSGMNCC»Z
RC»Z
LSGMNC »Z
GC«Z
Z
GMZ
RNZ
Z
RLMNC*
chonuene
auen
uene
conuen
uen
uene
uene
chonuene
conuen
uene
chonuen
chonuene
chonuene
uene
auene
auene
uene
conuen
RLSGMBCC>
RBC<Z
RLSGMBCC>
BCC»
RSBCC«
RLSGMB
RLSGMBNCCi
RSBCC«
B
LSGMBNC
RBC
RLSMBNCC«
RLSGM
RLS
lsgmbcc« c<
rlsgmbncck:*z
rlsgmbcc'c«
SGBCCt
DER TBSOkRTTO UND PAVOLELLO B. LATINOS.
257
XX 49 uien
LSMCZ
uen
RGBN
XXI 86 chonuien
RLSGMNCZ
chonuen
B
r. XXI 190 attiene
RZ
auene
LSGBN
r. XXI 198 uiene
RGZ
uene
LSMNBC
XXI 278 uien
RLSGMNCZ
V. I 85 uien
RLSGMNCFZ
I 13 siele LSGMNCZ sete RC^B.
Nur se'\ so XVI 192, 2$$; XVII 28, 89; XVHI 26; XXI 33, 57, 65, 94, 108,
202; Fav. I 4; n 22. %
Vn 185 sieguono
LS
seguon
RMGBNC
XVI 182 sieghui
LS
segue
RGMCC«C«BN
xvm 18 —
segue
era
RBNC«C«
II 4 iera
N
RLSGMBCC»Z
37 -
era
RLSGMBNCC«
48 -
eran
RLSGMBNCC»Z
49 —
era
RLSGMBNCC» Z
r. XVra 204 iera
RLSGNC»
era
MBCC*
XXI 10
era
RLSGMBNCZ.
XXII 34 ist die Entscheidung für RGNC schwierig. Sie haben
tiliera. Es fragt sich, ob es = eli* iera oder elli era sei, oder ob
i nur den mouillierten Laut bezeichnet. Ähnlich LSM egliera, B
hat igiera', Z chi era. XIX 57 iera MN, era LSGMBCCtC-^.
diede kommt nur in dieser Form vor. VU 59, 171; XII 49 hat
S dedej alle andern codd. diede, XIX 211 hat C'^ dede, die übrigen
codd. diede. Das zweimalige dede ist aus dem Dialekte der Kopia-
toren von B und C* eingeführt
r. I 83 niego
SGMCZ
negho
RLC»BN
VII 93 nieghi
LSGMNC»
neghi
RBCZ.
vn IS richiede
RLSGMNCC»Z
richede
B
XVI 249 chiede
RGMNCC»CaZ
chide
LS chede B
XX 17 chero
RLSGMBNC
chiero
Z
V. II 6 chero
RLSGMCF
chiero
sedi
Z.
XV 200 siedi
RLSGMNCC»CäZ
B
XVni 123 fiede
LSGCCa
fere
RBNC<Z
r. XXI 300 criepa
LSGMNCZ
crepa
fere
RB.
r. m 8 fiere subst.
RLSGMNCC»Z
B
r. Vni 24 fiero adj.
LMNBC»Z
fero
RSGC
XI 92 fiera adj.
MC«Z
fera
RLSGNBC
r. XTIT IO fiero adj.
MC«
fero
RT.SGBNCZ
Mtaelir. L t^m, PhU. VII.
»7
258
B. WIESE,
I 53 matera, und so V 17; VI 75; X 45; XVI 16 in allen codd.
X 46 brieue
XI 16 brieue
XVn 27 brieue
XIX 50 brieue
XIX 130 Heue
r. III 56 miei
r. XIII 63 miei
in 9 cielo
XI 13 cielo
r. VI 30 triegua
XI 92 pie RLSGMBNC»Z pe
XVI 75 piede alh codd.
r. XX 72 piedi RLSGMNXZ pedi
z
MZ
GMC«Z
LGC«
breue
breue
breue
breue
leue
mei
mei
â. pietre.
celo
tregua
RLSGMBNCC»
RLSGBNXC»
RLSBNCC«
RSMBNCC*.
LSGNCC«
RSGMNCZ
RT«SGMNCCtZ
RBC 2.
LC»B
B.
3, XI 33 alle cod
RLSGMNCC»Z
RLSGMNBCC»Z
B
RLSGMNCZ
BC«.
Kav. I 4 —
XIV 67 insieme
XXII 50 insieme
XV 162 diece
mele
C
B.
RLSGNCF.
RLSGMNCCiB inseme B
RLSGMNCZ inseme B.
SGMCZ
dicle
r. XVin 200 arrien RLSGMNCC» a reri B
r. XXI 108 diricri RSGMBN direri L.
Ferner zwei Worte, in denen ein tonloses e der Endung mit Grand—
läge des ita!. Lautes ist:
X 18 misticro RZ mistero LSGMBNCC*
Z mesterò RLSGBNCC*
Z mistero RLSGMBNCC>
MZ mistero RLSCBNCCC«
MZ mistero RLSGMBNCC«C«
C mesterò RLSGMBKC>C*Z
FZ mistero RLSGMNC
X 87 mestiero
XI 10 mestiero
XV 12 mestiero
XVI 19 mestiero
XVIIl 2 mistieri
Fav. I 55 mestiero
RLSGMNCC'Z schera
RLSGMNCC'C» schera
B
B.
III g schiere
XIX 7») «ichiera
Aus iliesor Zusammenstellung gt^ht her\*or, dab es darcfaans
noch nicht zu einer streng durchgeführten Regel im Gebraodie der
Formen mit /e* und c- gekommen war, dafs nelmdir beide neben
DER TESÖRETTO UND FAVOLELLO ß. LATINOS. 2$q
einander verwendet wurden. Undiphthongierte und diphthongierte
Formen von pregare, tenere, uetiire sind sicher belegt. Die Form
sete in R = stete, wie alle übrigen codd. lesen (die Form siti in
B kommt als dialektisch nicht inbetracht, wie überhaupt Formen
aus diesem cod. nie allein eine Sache stützen können) ist daher
beizubehalten ; sí kommt nur so vor. iera ist einmal sicher belegt
im Reime mit charriera, iera in der IntU. p. 69 im cod. magi.;
p. 7 1 an erster Stelle ebenda ; an zweiter Stelle in beiden codd.
p. 77 ieran und iera im cod. magi. Von dare ist nur diede an-
gewendet. Von seguire, negare und ferire sind die undiphthon-
gierten Formen als die ursprünglichen anzusehen; dagegen ist siedi
sicher belegt und neben zweimaligem chero ein richiede und chiede.
Die Form criepa ist so wenig, wie siete I 13 aufzunehmen; das Reim-
wort lautet epa, Ist der Gebrauch der undiphthongierten Formen
überhaupt bei Brunetto nachgewiesen, so liegt es viel näher, in
solchen Fällen eine Alteration von Seiten der toscanischen Kopisten
im Sinne ihrer Sprache, d. h. von e in ie, als eine etwaige Anpassung
eines criepa an das Reimwort epa anzunehmen. Sicher belegt ist
das subst fiere\ dagegen nur fero adj., mistero, matera, breue, XDC
130 ist leue zu belassen. Die dipthongierten Formen sind un-
bestritten in miei, pietre, schiera, cielo, triegua, pie, insieme, diece; di"
rieri, arrieri. Doch mele.
Auf eine beachtenswerthe Thatsache will ich nicht versäumen
hinzuweisen, dafs sich nämlich die undiphthongierten Formen vor-
züglich im Reim erhalten haben, und dafs wir hier die gröfste
Übereinstimmung der codd. finden: I 9 chonuene^bene', I 93 bene^tene',
II 53 tene^uene', VII 97 pene^sostene', VII 29 ritene^uene', VIÙ 21 uene*
tene\ XI 45 sostene^uene; XII 29 tene^bene', XVIII 33 beue'-mantene', XV
79 bene-chonuene', XV 157 chanuene-bene', XVII 59 auene-tene; XVII 67
uene^bene. Andrerseits finden sich die diphthongierten Formen vor-
züglich ausserhalb des Reimes; wo sich hier eine undiphthongierte
Form zeigt, ist sie lange nicht von so vielen codd. beibehalten,
wie im Reime, aufser bei prego, Z.B. XV 177 /«i R; XXI 230 tene
RLSB, femer I 109; VIII 29, XII 56; XV 183; XX 49.
Doch I 84 R: negho-pnegho (N)
XI 45
sostene-uiene
XV 185
auiene-ntiene (NZ)
XVI 145
ticne-bene
XXI 189
pene-auiene
XXI 197
bene-uiene.
In diesen Fällen, mit Ausnahme von XV 185, glaube ich R korri-
gieren zu dürfen, indem ich die undiphthongierten Formen statt
der diphthongierten einführe. 1 84 haben allerdings die meisten
codd. pn'egho als subst, und es läge nahe nach toscanischem Ge-
brauche niegho einzuführen ; doch einmal haben wir XVII 9 1 pregho
als subst sicher belegt, und andrerseits bietet R auch VII 93 die
undiphthongierte Form neghi. Der Fall XV 185 könnte eine Al-
17*
26o B. WIESE,
teration in R sein; der cod. N, welcher R stützt, führt auch sonst
conscquenter als irgend ein anderer cod. die Formen mit ie ein;
Z ist zu jung, um inbetracht zu kommen. Dafs ie und e reimen,
¡st übrigens erlaubt. Vili 23 iegtero-/ero\ III 56, XIII 63 müt-ier^
III 29 cielO'Uelo\ XX 71 uedi-piedu
55 10. ? in offener Silbe vor Vokalen ist fast durchgängig i
geworden; wir haben jedoch einige sichere Beispiele mit erhaltenem
€, dio haben sämtliche codd. II 16; V 46, 65; VI 2; VII 29, 165;
X 2, 88; XVU 114; XIX 222\ XXI 192, 261; XXII 43. Doch XX
32 deo in RLSGNC, dio nur in MB. Z hat Onde statt Ai deo, wo-
raus gleichfalls ein deo zu erschliefsen wäre. Für lat rltus war die
überwiegend gebräuchliche Form reo. III 45; VII 145 alle codd.
so. XVI 55 alle codd. rei\ XVII 92 ria in RMZ; rea in LSGBN.
XX 97 bieten alle codd. reo bis auf B, welches rio liest. Die Form
mit / ist also einigermafsen gesichert nur XVII 92. Für mHus, mea
haben die codd. bis auf drei Fälle nur Formen mit /'. Alle bieten
mio: Il 28; V 68, 74, 81; X 48; XII 3, 40; XVI 19, 23; XVUI 205;
XIX 17, 227, 228; XXI 191. mia: II 60, V 40, 58. me == meo V 75
in R allein, alle andern codd..;;//b. meo X 12 gleichfalls in R, in
alien übrigen codd. mio. Endlich XX 98 in alien codd. bis auf C,
welches meo bietet, viio» Ich glaube die Formen mit e unbedingt
tilgen zu dürfen. Für (^\_g\o ist die einzig vorkommende Form
ioj und apokopiert i\ Belege: I 70, 77, 81, 87, 99; II 23, 40,
51, 58» 59» 74; ni 20, 25, 46; IV 7, II, 20, 26, 31, 36; V 34,
76, 87; VII 21, 34, 123, 126, 196, 248, 271; IX 20, 23; X 44;
XI 9» 17» 60» 88, 94, 117, 137, 161, 173, 177, 187, 190; XII 47,
56; XIII 7, 8, 12, 22, 38, 43, 47; XIV I, 52, 59, 65, 76; XV I,
7, 9, 41, 84, 213; XVI 20; XVII 12, 20, 6i; XVIII 145, 203; XIX
7» 21, 39, 50, 66, 69, 71, T^y 81, 94, 146, 168, 170, 183, 202,
213, 220, 229, 238; XX 5, 12, 20, 21, 95, 106, 107, 108, iio;
XXI 13, 17, 330, 342, 343, 347, 353; XXII 4, 10, II, 23, 27, 46.
In einigen Fällen, wo R oder andere codd. che^ se etc. gegenüber
einem den anderen mss. gemeinsamen ch^io, sWo {cVi\ s*t') bieten,
sind wir nicht berechtigt, etwa ch*e\ jV zu lesen, da einerseits in
sämtlichen solchen Stellen das Personalpronomen stehen oder weg-
bleiben kann, und andrerseits — der bei weitem gewichtigere Grund
— an den zahllosen Stellen, wo io ohne solche Konjunktion vor
sich auftritt, nie eo zu belegen ist. Wie es überdies mit den apo-
kopierton Formen steht, werden wir weiter unten sehen. Derartige
Stellen sind III 6, III 51, 61, 75. VII 17 haben LS Eo gegenüber
dem E io der anderen codd. Dies ist jedenfalls ein Schreibfehler,
da der Copula E an dieser Stelle nicht entraten werden kann.
VII 41, 64, 212; X 6; XI 174, 189; XIV 66, 90; XV 2, 189, 213;
XVII 72; XIX 99, 173, 205; XX 26; XXI 20, 328; XXII 38.
.^11. ?. Das lange betonte e ist in den mss. des Tesoretta
durchaus wie in der heuligen Schriftsprache behandelt Die For-
men mit i für ? in B, C* und C'^ sind als aus dem Dialekt der
Schreiber eingedrungen nachgewiesen.
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
261
Unbetontes e.
singniore GMBCZ
singnor LMGBZ
singnore LGBCZ
e zu {.
§ 12. ^ ZU / in erster Silbe.
I I sengnore RLSC'N
I 64 sengnore RSNCC
V 74 sengnor RSMNC«
VII 171 sengnoria RLSNCC singnoria MGBZ
VIII 9 segnoria RLSN singnoria MGBCC*Z
VII 210 sengnore RLSMNC singniore GBC*Z
XIII 48 sengnori RLSNC singniori GMBCZ
XV 82 sengnore RSGNC*^
XVI 219 sengnore RSGN
XIX 61 sengnore RSMNC^
XIX 77 sengnore RLSNC^
XIX 97 sengnoria RLSNCC^ signoria MGC»B
XIX 172 sengnore RSNC*^ singnore LMGBCC^Z
XIX 237 sengnore RSNC*-' singnore
XXI 142 sengnore RLSC signore
XXI 178 sengnore RLSN signore
Die codd. R und S haben stets die Form mit ^, N in einem ein-
zigen Falle (XXI 142) die mit ù ^ L hat in der Hälfte der Fälle
die Form mit 1, was eine Änderung von Seiten des Kopisten ist,
da es, wie gezeigt, mit S aus derselben Vorlage stanunU Es liegt
wenigstens viel näher, hier in L eine Alteration anzunehmen, als
in S ein streng durchgeführtes System überall die Formen mit /
zu tilgen. Die späteren codd. G und M weisen noch znweilcn die
ursprüngliche Form mit e auf. Aus der Zusammenstellung geht
mit Sicherheit hervor, dafs Brunetto nur die Form mit e gebrauchte.
singnore LMBCÇ * Z
singnore LMBCC'C«
singnore LGBCC
singnore GMBCC
LMGBCC'Z
MGBNZ
MGBCZ.
I 2 migliore
I 23 migliorate
VII 140 migliore
XV 56 migliore
XV 150 megìiorare
XVI 90 migliore
XVIII 94 miglior
XX 12 migliore
RLSGMNBZ meliore C
RLMBZ melgliorate SGNCC '
RLSGMBNCZ melHore C»
RLMGBNCC'C^Z melliore S
RSNC ' C'¿ milgliorare LGMBZ
RLGMBNCC« C^Z melgliore S
RLGMBNCC»C*^Z meìglior S
RLGMBNCZ melgliore S
LMGBZ melliorare RSNC.
XXI 157 milglorare
Hier sind die codd. nicht alle konsequent. Der cod. S neigt der
Form mit ^ zu; L hat stets /; N giebt dem adj. ein /', dem vb. ein
e\ dasselbe scheint die Tendenz von R zu sein, was jedoch I 2t^
migUoraie hat. Für das adj. ist einzig und allein die Form mit /
sicher. Für das vb. haben wir ein ähnliches Schwanken anzuneh-
men, wie noch heute in meglwrare, migliorare,
V 88 sichuro RLSGMBNCZ securo C«
Xin 29 asichurai RLSGMBNCC'Z
Xm 31 sichuro RLMBNCC«Z securo SGC
XIII 33 sichuramcnto RGMBNCC^Z securamento LS
202
B. WIESE,
XVI 67 sichuranza
XVI 247 sichuramento
XVIII II sichuro
XVIII 95 sichura
XVIII 102 assicurare
XIX 45 asicKura
Fav. U 12 sichuranza
RLSGMBNCC«C2Z
RLSGMBNCC«C2
RGMBCC«C«Z
RLGMBNCC'Z
LSGMBCC»C2Z
RLSGMBNCC»Ci
RLSGMNCFZ.
secara
LSN
secura
SC2
asecurare
R
Das t hat entschieden den Vorzug. R hat e nur einmal (XVIII
102). Die Formen mit e sind Anlehnungen an das Latein, als
welche sie noch bei Petrarca häufig vorkommen, (cf. Caíx, Orig.
§ 19 p. 61) und von den Schreibern eingeführt. Auch XVIII 102
ist die Form mit 1 in den Text aufzunehmen.
III 90 criatura
IV II —
V 16 crió
VI 5 -
VI 25 criatura
VII 47 críate
VII 51 crío
VII 166 criato
VII 222 críatura
IV IO cnatore
V 35 -
VII 5 —
VII 135 críatura
VII 169 criaturc
X 9 críature
X 86 críatura
XX 98 —
XXI 29 criatore
XXI 179 criato
XXII 17 criature
creatura RLSMBNCC«Z
creata alle codd.
creò RLSGBNCC»Z
creao alle codd.
creatura RLSMBNCC«
create RLSGMNC
creò RLSGN
creato RLSGMBNCC»
creatura LSGMCB
creatore RLSGMNZ
creatura RLSGMBNCC «Z
creature nur in R
creatura RLSMCC«
creature RLSGMBNCC
creature RLSGMBNCC»
GMBC»Z creatura RLSNC
creatore RLSGMBNCZ
creatore RLSMBC
creato RLSGMfìC
creature RLSGMBC
creature RLSGMBNC^Z.
M
GZ
BZ
BC»
Z
RC»N
BCC»
GBNZ
Z
Z
GNZ
NZ
NZ
VI 65 —
Die Form mit e ist nach den codd. die ausschliefslich gebrauchter
und daher auch an der einzigen Stelle, wo R t hat, (VII 222) ein-
zuführen.
VI 36 niuno
XXI 155 niuno
XXII 36 niuno
Fav. I 68 —
I 30 niente
I 68 niente
IV 20 niente
V 16 niente
VI 8 niente
VI 70 niente
VIU 36 niente
LMBNC'Z neuno RSGC
L
RLM
GMBZ
MBZ
GMBZ
GMBC»Z
BNZ
MBC'Z
MBC'Z
neun RLSGBNC
neun SGNC
aneenta RLSGMNC
neente RLSNCC»
neente RLSGNCC«
neente RLSNCC*
neente RLSNC
neente RLSGNC
neente RLSGN
neente RLSGNC
XIV
82 lieltade B
XVII
8 —
XVII
15 alle coda, lealtate
XVII
61 Hale BC<
XVII
85 Hale B
94 lienza C
108 lialmente B
101 leal alle codd.
115 Hale B
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 263
XV 96 niente MBC^Z neente RLSGNC
XV 198 niente MBC»C^Z neente RLSGNC
XVIII 74 niente MBC'C^Z neente RLSGNC
XIX 85 niente MBC^ neente RLSGNCC».
Bei neenle ¡st die Form mit e in RLSN konsequent durchgeführt,
und dies genügt, um sie als die von Brunetto gebrauchte in den
Text aufzunehmen. Auch neuno ist bevorzugt; XXI 155 lesen sämt-
liche codd. mit Ausnahme von Z so. XXII 36 nehme ich es ^Ggen
R auf. anenla ist allgemein bezeugt. Intll. p. 91 in beiden codd.
neuno\ p. 97 neun im magi., niun im gadd.
leanza RLSGMNCC«Z
leanza alle codd.
leale KLSGMNCC^Z
leale RLSGMNCC»C2Z
^ leanza RLSGMBNCC'Z
lealmente alle andern codd.
leale alle andern codd.
Fav. I 20 kali R {füle andern codd. diritti)
94 lealmente alle codd.
Auch hier ist e allgemein bevorzugt und aufzunehmen.
VII 20 disio subst. RLSGMBNC'Z
228 disio vb. RLSGMBNCC«
XIX 101 disianza RLSGMBNCC^
107 disianza RLSGMBNCC^
III disiata RLSGMBNCC-'
126 disianza RLSGMBNCC-*
147 disia RLSGMBNCC2
Die Form mit / ist die von Brunetto angewendete.
VII 126 iguale RLSGMBCC» uguaH Z
256 iguale in alien codd.
XIII 27 disiguali in aHen codd.
IX 14 iguaglianza RL aguillianza SGMBNCC*Z
XXI 118 iguale RIJSGBNCZ; agual C^; uguale MC»
XVI 142 parlato RSGN prelato LMBCZ.
Nur iguale ist sicher belegt, daher ist an iguaglianza, welches nur
RL bieten, kein Anstofs zu nehmen. XXI 142 ist sicher parlato
die ursprüngliche Form.
Die Praefixe d€' und re^.
desio
Z
desiança
c»
desiança
e»
desiata
e»
desiança
e
desia
C2
VI 35 diletto
RLSGMNCC'Z
deletto
B
VII 249 ricetto
RLSGBNCC«Z
rccetto
M
XIII 5 distinato
MBC
destinato
RLSGC'ZN
XIII 7 diserta
LSGMBNCZ
deserta
RC«
XIV IO dimora
LSGMNCC'Z
demora
RB
26 dimorare alle codd.
34 dimora RLSGMNCC* demora BC^
204 B. WIESE,
XVI 3,4
dimora alle coda.
XV 3
dilizia RLSMCC«
delizia
GBC«
XV 5
desccndcnti RBC«
discendenti
T„SGMNCC«Z
XV 50
dispendi LSGM
despendi
R
69
dispende RLSGMBNCC '2
\ despender
C«
98
dispende RLSGMBCZ
despende
C«
no
dispende RLSGMBNC
despende
C»C2
114
dispende LN; distrugie RGSMBCC^Z destrugie C*
XV 97
ribeUo MB rebello C« rubcUo RLSGNCC»Z
XTX 44
ribello M
rubello
RLSGBNXC>C*
XVI 54
ridicitore BNC
redicitore
RLSGM
XVI 36
ritoma LSGMNC«C»Z
retoma
R
39
ritorna alU codd.
XVII 68
ritenenza LSGMBNCC « Z
retenenza
R
XIX 223
diuotamente RT.GMBNCZ
deuotamente
SC»C*
XXÎ 108
dirieri RLMNCZ •
derieri
SG
XXII 5
diman RMLSGBZ
doman
NC
Fav. I 63
ridico LSGC
redicho
RF
11 10
risedenza alU codd.
Der bevorzugte Vokal ist 1» doch e kommt in R häufig genug vor^
um es nicht als ganz vom Gebrauch ausgeschlossen zu betrachten p
möglicherweise stand es ursprünglich noch öfter im Texte. W
im übrigen die Praefixe di- und ri- vorkommen, stimmt ihre Be
handlung mit der in der Literatursprache.
Noch sind folgende vereinzelte Fälle zu betrachten.
II 50 prigioni Z prisone B pregioni RLSGMCC*
XXI 274 prigione GZ pregione RLM
lU 72 bUtà RLSGZ belleççe BN bieltà C beltà C*
VU 62 biltate LSG bellezze RM belute BNCC« bielUte Z
V 36, VU 186 misura RLSGMBNCZ mesura C<
XXI 224 misura und XXI 304 dismisura in allen codd.
XI 45 logitto R legitto die andern codd,
XI 41 degitto alle codd,
XI 152 digitto RL degipto SGMBNCC*Z
XI 166 uinegia alle codd,
XI 82 leofanti alle codd,^ nur Allifanti C*
XI 82 lioni C> leoni RLSGMBNCZ
Fnv. I 35 — leone alle codd,
XIV 8 tinore SNC« tenore RLGMB
XVIII 36 ligisto R legisto LSGMBNCC«C«Z
XXI 205 nigrigenzia GZ neghienza RLSMNBC
207 nigligenza Z neghienza RLSMBNC.
Als gesichert können wir folgende Formen betrachten: prtgkmt^
sura, uinegia, leofanti, leone, tenore, legisto (gegen R), neghtettMO.
UI 72 scheint mir òiltà sicher; belleççe in BN ist eine Ândenmg
des ungebräuchlicheren Wortes in das gebräuchlichere, wie sie VII
62 in RM stattgefunden hat. An letzterer Stelle föhre ich die
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 265
Fonn mit i, hiliate^ ein, welche von den besseren codd. LSG der
Form mit e gegenüber festgehalten wird, imd die III 72 durch R
Bestätigmig fìndet bieltà in C imd Z kann der Übereinstimmung
der codd. gegenüber nicht in Frage konmien, cf. Caix Orig. § 27.
digiiio in RL verdankt wohl nur einem in den romanischen Sprachen
so oft vorkommenden Vorgang seinen Ursprung: falscher Silben-
abteilung. Man hielt das e für zu der praep. gehörig und wan-
delte es in /■; dt ist die ausschliefslich übliche Form im Tesoretto.
Diese Erklärung ist gestützt durch XI 45, wo wir in R lesen logiiio,
während die übrigen codd. legitto haben. Es ist XI 152 d^egilio
herzustellen, wie R XI 41 selbst liest; ebenso Vegiiio XI 45.
Die Proclitica me, ie, se, de sind fast immer gemäfs dem heu-
tigen Schriftgebrauch behandelt. Folgende Stellen bieten Ausnahmen.
I 22 si mente B se mente RSNZ
vn 64
t'io RBMN Ü
GC te
LSC
XI 25
si nne
SGNC
se ne
RLMBZ
X 82
roi RG me
LSZ a
me
BMCC
XV 53
te
RC«C*
t'
LSGMBNZ
XVI 50
si ne suezza
RSNCC
se ne
LGMBC'Z
190
ti ne riprende
RSNCC
te ne
LGMBC«
229
si ne conuengna
se
se ne
LGBC«
230
ti ne tengna
SNC
te ne
RLGMBC'C»
xvm 37
atartine
NC
atartene
RLSGMBZ
102
non ce t'asechurare R ce
5 cte C^
ci li LSMGBCC«
XIX I
si ne ua
RLSGN
se ne
MBCC'C«
XXI 5
mi ne
LC
me ne
RSGMBN
107
De
S
Di
RLGMBNCZ
295
Si nne ride
GC
Se ne
RT.SMBNZ
Fav. I 62 de plui
R
di
LSGCNFZ
63
te redicho
R
Ü
LSGMNCFZ
124
si ne ride
SNC
se ne
RLGMFZ.
I 22 scheint se als tonloses Pronomen gesichert; Fav. I 63 möchte
ich aber // aufnehmen; VII 64 i* io, X 82 mi. de im Fav. I 62 da-
gegdfi bewahre ich mit R, welches es auch noch öfter in Compo-
sitis bietet* Neben den Verbindungen me ne, le ne etc. sind mi ne,
il ne etc, gesichert. Cf. Caix, Orig. % 22,
Fassen wir die einzeln gewonnenen Resultate zusammen, so
finden wir, dafs die codd. des Tesoretto im allgemeinen dem heu-
tigen Sprachgebrauche folgen. Beachtenswert ist die Erhaltung des
ursprünglichen e in sengnore nebst Ableitungen, in neenie, neuno und
pregiane. Sonstige Fälle mit erhaltenem e gegen die Literatursprache
sind äufserst selten. Andrerseits haben wir bilia und die Verbindungen
mi ne, ti ne, si ne, wo heute e üblich ist
§ 13. ^ zu / in der Mitte eines Wortes.
' Liest R III 45 der reo pensiero, so ist dies = del reo und das dereo
in L bedeutet dasselbe. Diese Assimilation von / ¿u r bietet der Codex R
öfter; sie ist eine Eigentümlichkeit seines Kopiators.
206 B. WIESE,
I 40 Lancielotto RGC LancialoUo LSMBNC Lancilotto Z
62 senicha KZ séneca LSBCC^ senacha GMN
III 20 ubidire RLSGMNZ ubcdire BCC»V
XIV 57 ubidenti RLSGMNZC obedienti BC«V
IX 3 alimenti RSMZ; eliraenti GBN; dementi LCC»
XXII 15 aulimcnti R; alimenti CZ; elementi LS; elimenti GMBN
47 aulimenti R; dementi LSB; alimenti GMCZ; dimenti N
XI 104 udano R; oçiano N; occeano LSGMBC*; osdano C; ocddiano Z
172 ocdano R; oçianu NC; occeano LSGMBC*; occidiano Z
XVII I chonmiato alle codd.
XXI 138 biastimiasti R; alle übrigen codd, haben e
347 biastemiare R, und e in allen übrigen codd.
IV 6 inmantinente B inmantenente RLSNCC* -a- GZ*
II 44 amantinente B inmantencntc RLSNCC* -a- G
VI II — mantenente RLSBNCC^Z -a- G
XI loi — inmantcnente RLSNBCC^V -a- GMZ
XIV 38 — inmantenente RLSMNBCC»V -a- GZ
XV 121 — mantenente RLSBNCC»C« -a- GZ
XVI 13 — inmantenentc RLSMBNCC«C« -a- GZ
XXI 210 — inmantenente RLSBN -a- GZ.
Die von den codd. einzig sicher verbürgte Form ist hìmanimenie.
Die Form mit a kommt nur in dem ganz späten Z und G vor,
welches auch schon dem 15. Jahrh. angehört Gesichert ist femer
ubidire^ iihidenli, chonmiato.
Das Wort Landelotio wäre vielleicht besser § 16 behandelt.
Die ursprüngliche und beizubehaltende Form ist jedenfalls die in
R; die Form mit a mag sich sehr früh daneben in etymologisieren-
der Anlehnung an lancia (Caix, Orig. g 155) herausgebildet haben,
wie dies unstreitig aus dem Umstände hervorgeht, dafs sie die
einzige in der Intll. vorkommende Form ist (p. 26, 27, 94). Für
senicha weifs ich keine weiteren Belege beizubringen, möchte aber
nicht ohne Grund von der Lesart des cod. R, welcher sich in
sprachlicher Beziehung stets als der korrekteste erweist, abwejphen.
Seneca kann rücklatinisiert sein. Die Form mit a ist dialektisch.
Cf. Trattati morali di Alberlano, pubi, da S. Ciampi, Firenase 1832
p. 7 v. IO, p. 100. Das Wort alimenii ss'àxn auch § 15 zu behandeln.
Das / in ihm ist gesichert Es fragt sich, wie es mit dem a und
au ist. au ist aus dem a entstanden in Analogie mit alenie-attlenie,
alorc-aulore^ (Caix, Orig. § 69) ciasimenlo-dausimentOt asgiello^augtüo
ferner mit caunosccnza^canoscetizay iaupino^tapino etc. und dann über-
haupt mit der ganzen Reihe von Worten, wo al mit au wechselt
[aucidere etc.). Das a und das au beizubehalten, dem steht nichts
im Wege (cf. auch Caix, Voc. it. VII p. 15). Die Form mit i be-
halte ich auch in dem aus oceanum erstandenen Worte bei; ich
weiche nur in so weit von der Lesart R ab, dafs ich auch im
♦ In II 44, IV 6, VI 33, XV 121, XXI 210 erseUt M inmanUnênk
durch incontancntey was in den übrigen codd. nie vorkommt«
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 267
ersten Falle o statt u einführe und im zweiten Falle einfaches c
setze. In biasltmiasit XXI 138 ist jedoch e einzuführen, wie R es
selber XXI 247 bietet.
Auch hier macht sich also die Tendenz des Centraltoscanischen
geltend, e in unbetonter Silbe, namentlich wo es vor voc. stand in
/" zu wandeln; aber noch sicher mit e belegt tnmanienenie, biasiemare,
§ 14. Wechsel zwischen e und / im Auslaute finden wir un-
gemein häufig in unseren codd.
I41 uoi RSNC» uoe LGBCZ
89 ualenli cose LSMGNC*Z ualente RBC
r. II 38 le lode alle codd.
r. Fav. I 49 grande lode KLSNC grandi lode GMFZ
Il 50 prcgioni RZ -e LSGMBNCC«.
Hier wird der sg. das ursprüngliche sein, weil morie daneben steht,
was kein pl. sein kann.
r. II 56 a par etili RBNCC» al párenle LSGMZ. Es ist al párenle
herzustellen im Reim mit primamenle, r. III 7 mollieri RN mogliere
LSGMBCC^Z. mogliere y was im Reim zu fiere herzustellen ist, wird
der regelrechte pl. zu mogliera == muliérem mit Übergang in die
erste Deklination sein.
III 12 erbi in R ist Schreibfehler.
V 8 palesi LSGMBNCZ palese RC» als f. pl.
V 66 uoi genu R -e LSGMBNCC»Z
XI 132 genti LSGMCZ -e RBNC»
r. XU 33 genti N molte gente R molta gente LSGMBCC>Z
XIV 40 genti LSGMBNCC 'Z gente rade e spesse R
XV 139 genti LSMC gente ... che sono use RGBNC»C«Z
r. XVI 154 di gran genti alle codd.
r. 162 ala gente LSGMNCC»C* ale gente RB.
Cf. Nannucci nomi p. 244, 751. Beide Formen des pi., genie und
genii sind nebeneinander zur Verwendung gekommen; genie vorzüg-
lich ün Reim, wie man XII 33 und XV 162 sieht, wo fast alle codd.
dann das adj. molle und den Artikel ale in den sing, verwandeln.
XI 132 und XV 139 kann das vb. im pl. einfache constructio ad
sensum sein; einige codd. haben jedoch genie auch hier als plur.
empfunden und daher in genli umgewandelt. V 66 ist der sg.
wohl ursprünglich und herzustellen. XIV 40 ist spesse durch den
Reim gesichert; alle codd. ändern den pl. genie in genli, nur R
bewahrt ihn.
r. VII 57 tutte le uertute RLSGMNBC»Z uirtudi C
r.XII 23 dele IUI uertute RLSMBZ uirtuti GNCC».
Das Reimwort ist die 2. p. praes. ind. mule. Hier lag also absolut
kein Reimzwang vor.
r. Vin 35 altremente RSGMBCC'Z altrimenti LN
IX 3 alimenti-ordina[ta]menti RBC* -e-e GM; -i-e LSNZ; -a-e C
r. VI! 220 parte pl. in allen codd.
208 B. WIESE,
r. X 39 — 40 parti arti LSGMNC parte-arte pi. RBC^Z
r. XI 146 pi. arti-parti pi. SGM arte sg. parte pi. RLBCC*Z arte sg. parti pi. N
r. XI 68 molla salute LSGCC^ molte salute RMBNZ.
Bei dem gran tier iute ^ mit welchem salute in Reim steht, kann man
nicht wissen, ob es sg. oder pl. ist; letzteres ist wahrscheinlicher.
XI 121 quali-sengnali LSGMBCC^Z lequale-sengniale R; -i -e N.
Hier liegt wieder kein Reimzwang vor ; quak ist zu bewahren. Auch
sengniale mag pl. sein.
XIV 13 nela corte LSGMBNC'Z nele chorte R
16 pl. chorte principali RLGMBNCC*Z corti S.
Im ersteren Falle wird nele in R Schreibfehler sein, wie der Zu-
sammenhang zeigt.
r. XV 50 ale stagione RC ala stagione LSGMBC»C«Z
70 tardi RLSGBNC»Z tardo M
r. XVI 34 dauante RLSMBNCC»CaZ
XVI 56 dauaute RC dauanti LSGMBNC«C*Z
r. XIX 47 auanti-fanti aUe codd.
221 auanti-santi aile codd.
Fav. I loi dauante RLSC dauanti GNFZ
XVI 143 li lo podere RLSBNCC»C2 -i GZ
r. XIX 31 torre pl. in RLSGMBC« torri N casa e torre CC»
wo es dann sg. V. 30 padiglione ist sicher auch pl. XIX 214
Valpe^ wie alle codd. lesen, ist der sg. in pl. Bedeutung. Ebenso
in Dante, cf. Voc. dantesco. Blanc unter alpe, r. XX 75 pesce ist
sg.; es steht unter lauter Singularen. (In den codd., wo plurale
sind, sind dieselben hineinkorrigiert).
XX 41 minaccie-faccie RLSGBNZ -i-i M
r. XXI 263 sante sagramente-la gente LSG .
santi sagramenti-le genti RMBNZ
santi sagramenti-la gente C.
Hier ist es mir sehr wahrscheinlich, dafs die ursprüngliche Lesart
war sante sagramente — le gente. Wir finden vielfach plurale auf
e von ursprünglichen neutrisy indem zu ihrem plural auf 0, der als
f. sg. gefafst wurde, ein f. pl. auf e entstand; doch ich behalte die
Lesart R bei.
r. XXI 31 ubidenti sg-domandamenti RLSGMC e-e BZ; c-i N
XXI 283 dolct uiuande RB -dolci LSGNCZ
r. 284 chocine grande RLGMBC grandi SNZ.
Stellen wie XI 121, XII 2^, XIV 16 zeigen, dafs / und e im Auslaute
durchaus nicht nur des Reimes wegen wechselten; die plurale in
e statt der gewöhnlichen auf /" sind darum, wo sie R bietet, audi
selbst dann zu bewahren, wenn alle andern codd. 1 haben.
Besondere Betrachtung verdient das aus omne entstandene ogni^
ogne. Die Stellen, in denen es apostrophiert ist, gehen uns hier
nichts an.
■' 'iL*
^ ^,
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
2Ò9
I
17 oiiffne
RSGBNCC»
ongni
LMZ
27 ongne
RCC>N
>. 1
i LSGMBZ
33 ongne
RCC»
f»
i LSGMBN
65 ongne
RNCC
>f
i LSGMBZ
71 ongne
RNCC>
>>
i LSGMBZ
III
90 ongne
RLSCC»
•«
i GMZ
IV
23 ongne
RLSNCC»
»»
i GMBZ
V
35 ongne
RSMNCC»
f»
i LGBZ
•
49 ongne
RNCC»
ff
i LSGMBZ
VI
17 ongne
RSNXC»
ff
i LGMBZ
35 o"ßne
RC»N
ff '
LSGMBZ
VII
61 ongne
R
f» '
LSGMBNCC>Z
135 ongne
RGNCC»
ff 1
LSMBZ
158 ongne
RC
ff '
i LSQMBNC»Z
160 ongne
RNX
ff
i LSGMBC»Z
172 ongne
RCN
ff
i LSGMBC»Z
VIII
5 ongne
RSGCC»
ff
l LMBNZ
33 ongne
RNC»
ff
i LSGMBCZ
X
51 ongne
RSNC
ff
i LGMBC»Z
86 ongne
RLSCN
ff '
i GMBC»Z
XI
176 ongne
RC
»f '
i LSGMBNC>Z
XIII
27 ongne
RC
ff
i LSGMBNC>Z
XIV
53 ongne
RLSNX
f» 1
i GMBC»Z
XV
45 ongne
RGCC*
ff
i LSMBNC«Z
147 ongne
RC
ff '
i LSGMBNC»C«Z
190 ongne
RCC
ff '
i LSGMBNCZ
XVI
123 ongne
RCC»
ff '
i LSGMBNCZ
234 ongne
RCN
ff
i LSGMB
243 ongne
RLCN
ff 1
SGMBC«
256 ongne
RC
ff
i LSGMBNC»C«
284 ongne
RCC»
ff '
LSGMBNC*
XVII
84 ongne
RCC'C«
ff '
LSGMBNZ
XVIII
93 ongne
RNCC>C«
ff '
LSGMBZ
150 ongne
RCC»
ff '
LSGMBNC«Z
182 ongne
RNCC»
ff '
LSGMBC-^Z
194 ongne
RNCC»
ff 1
LSGMBC^Z
XIX
22 ongne
RCC«
ff '
LSGMBNC«
37 ongne
RNCC
fi ^
LSGMBC«
58 ongne
RCC'C*
ff '
LSGMBN
231 ongne
NCC»
ff '
RLSGMBCZ
XX
37 ongne
RC
ff '
i LSGMBNZ
79 ongne
RLSGNC
ff '
MBZ
82 ongne
RC
ff '
i LSGMBN
XXI
88 ongne
RC
ff . '
i LSGMBNZ
252 ongne
LSGC (molte
in 4i
fen andern codd.)
294 ongne
RN
f» '
L LSGMBZ
308 ongne
RNC
ff '
L LSGMBZ ,
Fav. I
11 ongne
GC
ff ^
L RLSMNFZ
118 ongne
RC
»1 '
i LSGNFZ.
RLSBNCC»
•
-1
GMZ
R
-e
LSGMBNCC»
RGMZ
-e
LSBNCC»
RGMN
-e
LSBCC»Z
RLSGMBNXC»
•
-I
Z
RLGMBNC>Z
-e
sv
RGMZ
-e
LSBNCV
RLSBNCC»
•
-1
GZ
270 B. WIESE,
R hat die Form mit e bis auf zweimal: XIX 231 und Fav. I 11;
N 26 mal unter 49 Fällen; — S 11, L 7, G 7, M und B jedes i,
C 45 mal; C* 26 mal unter 39 Fällen; C2 4mal unter 16 Fällen;
Z hat stets /. Nach R zu urteilen wäre also die von Brunetto ver-
wendete Form einzig und allein ongne. (Die zwei Fälle mit / kom-
men bei der Anzahl von Beispielen mit e nicht inbetracht). Dafs
die Form mit e angewendet sei, steht aufser Frage durch Belege
wie I 19, III 90, IV 23, V 35, VI 17, VIII 5 etc. Ob jedoch nur
die Form mit e gebraucht sei, kann man nicht bestimmt entschei-
den; in den Text nehme ich sie überall auf. Man vergleiche die
Resultate bei scngnore, creatore, creatura y neuno, neen/e, inmanienenie.
Wir betrachten schliefslich noch die Verbendungen.
II 59 uolesse i. p.
V 29 uolcssi 3. p.
87 parlassi i . p.
m 52 potessi I. p.
r. VII 3 uedesse I. p.
VII 36 potessi 2. p.
41 uolessi I. p.
Xni 1 2 sapesse i . p.
XIV 65 — 66 uolesse-uedcsse i. p. RGS; statt uedesse xV/ o^^r uidi d'esse
zu lesen mit LBNC*
r. XV 48 sghomcnte 2. p. conj. RLSGMBNC»Z -i C
r. 131 auedesse i . p. aite codd.
XVI 119 auanzassi in pocho R als 3. p. Dies ist ein Lesefehler des Ko-
pisten für auanzass' un pocho
XVI 183—184 facessi-piacessi 2. p. RLSMBNCCJC« -e-e G
r. XVII 36 tacesse 2. p. RLSGBNCC>C« -i Z
XVIII 179 2. p. cj. porte R -i LSGBNCC»C»Z
180 2. p. cj. dimostre R -i LGB -a SMNCC« -ar CZ
r. XIX 1 68 tacesse I . p. aile codd.
r. 229 auesse i.p. RLSGMBNCC»C« -i Z
XXI 30 amassi 2. p. aile codd.
Die Form mit c in der i. p. cj. impf, kommt auch aufserhalb des
Reimes vor, wie II 59, XIII 12 zeigen. Für die 2. p. cj. imperi,
haben wir gesicherte Formen mit e nur im Reime. III 52; V87;
VII 41 behalte ich mit R die i. p. cj. impf, auf 1 bei, welche eben
so gut bezeugt ist, als die auf e, V 29 steht die 3. p. auf -^jji* in
R zu vereinzelt da, um sie beibehalten zu können; bei Dante kommt
sie im Reime vor. (Caix, Orig. S '^'^)> Die 2. p. praes. conj. der
I. conjug. auf c findet sich einmal im Reime XV 48. Aufserdem
bietet R sie XVIII 179 und 180, wo wir sie als die entschieden
ältere beibehalten dürfen.
e für heutiges ; aus lat. e kommt also auslautend im Tesoretto *
nicht allein des Reimes wegen vor, sondern auch noch oft aufser-
halb desselben und scheint in ongne sogar ausschliefslich Regel
gewesen zu sein.
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
271
§ 15. e ZU a in unbetonter Silbe. ^ zu ^ in erster Silbe, cf.
Caix, Orig. § 2^, Im Futur und Conditionale von essere:
II 39 sarebono RLSGMNCZ serebeno BC»
III 79 seria
X 73 sarà
78 sarai
Xni 45 sarei
XV 19 sarai
205 sarai
XVI 22 sarei
107 sarebbe
132 sarai
XVn 31 sarà
38 sarai
XVII 82 sarà
XIX 13 sarebe
XX 109 sena
RBN saria
RLSGMNZ sera
RLSGMCC»V serai
RLSGMNCC»Z serei
serai
serei
serebe
serai
seria
LSMCC>Z
BCC»
Z
B
B
BC»C«
BN
B
CC»B
BC»
B
B
B
LSGNCZ.
R bietet solche mit
RLSGMNCC^C^Z serai
RLSGMNCZ
RLSGMCC^CaZ
RCC'C«
RLSGMNC»Z
RLSGMNCC»Z
RLSGMNCC>C2Z seria
RLSGMNCC»C2Z sera
RLSGMNCC»C« serebe
RMB saria
Wir finden fast durchgeh ends Formen mit a.
e nur an zwei Stellen und ist an der ersten durch N, an der zweiten
durch M gestützt. Es ist möglich, dafs diese Formen vereinzelt im
Originaltext standen. Francesco da Barberino benutzt sie ebenfalls
noch. LSG haben konsequent a. Die Formen mit e, welche B
ausschliefslich aufweist, und welche öfter in C* und C'^ vorkommen,
sind von den norditalienischen Schreibern dieser codd. eingeführt,
cf. Mussafia, Altm. Mda. § 130.
Zu aiimenti cf. § 13.
I 102 sagretlo R segreto LSGMBNCC>Z
XVI 214 asenplo RN esemplo LSGMBC»C«
^CXI 265 assempro LSN esenpro RGMBC.
Die Formen mit q\ sagreíío, asenplo kommen auch sonst altital. vor
und sind zu bewahren. Intll. p. 100 ságrete beide codd.; p. 10 1
sag reta beide codd.
§ 16. e = a in der Mitte eines Wortes. Zu Lancialotto, w-
nacha^ inmantanente^ cf. § 13.
XI 155 setlantrione R settentrione LSGMBNCC>Z
XXI 186 piatoso GCZ pietoso RLSMBN
275 piatade G pietadc
In allen drei Worten ist e gesichert.
§ 17. Unbetontes e zu 0,
II 40 domandai RLSGMNCZ
VII 9 domandar alle codd,
XV 142 doraandan RLSGMNCC«
XIX 184 domandai RLSGMNCC«Z
XXU 37 domandai RLSGMNCZ
Fav. n 16 dimando RSGMNCFZ
XV 13 doucsse RLSGMNCC»
XVI 10 douesse alle codd.
RLSMBNCZ.
dimandai BC^
dimandan
BC>Z
dimandai
BC»V
dimandai
B
addomando
L
deuesse
C»
272 B. WIESE,
XV 134 douerei RLSGMBNCC»Z deueria O»
XIX 174 douete RLSGMBNCC deuete C«Z
XX 32 douria LSBNZ (poria die andern codd,)
XXI 251 douenta R diuenta LSMBNCZ
262 profende RGMNC prebende BLS.
Die Formen mit o in domandare ^ dauere sind fast allein gesichert
nur Fav. II 16 ist dimando zu behalten, douenta ^ wenn auch ver-
einzelt und nur in R, ist darum auch aufzunehmen; ebenso ist
profende zu lesen. In sodusse VI 53, wie alle codd. lesen, hat Caix,
Orig. p. 66 55 26 wohl mit Recht Praefixvertauschung angenommen.
I.
Betontes i.
v^ 18. 1 ist einmal zu gunsten des Reimes erhalten. X VIII 48
lice-dice RM lece LSGBNCC>CíZ. Es ist dieser Fall ein reiner La-
tinismus.
>5 19. I wird ganz behandelt, wie in der Schriftsprache.
§ 20. i in Position. Auch dies ist meistens wie in der heu-
tigen Literatursprache behandelt. Einige Abweichungen sind zu
constatieren.
r. 11 I cbonenza RMBC'G comincia LSNCZ
r. VII 141 incomenza MGBC inchonimza RLSNCZ
r. VII 163 chonenza RLMC*B cominza SGNCZ.
Diese Form ist im Reime demnach sicher belegt und VTI 141 ein-
zuführen. Sie ist auch bei den frühesten toscanischeu Lyrikera im
Reim zu finden,
r. XV 30 achapilli RLSGNCC«Z achapelgli MBC»
Das Reimwort ist qlli RG; quelgli LSMBNCC>C:*Z
r. XVI 16 pilli alle codd. Das Reimwort ist quelli in RLSGBNCC?; quil-
gli in M, qlli in C*
r. XVII 1 1 3 pigli-cbonsigli alle codd,, nur O conseglj
r. XXI 143 pillio-chonsillio alle codd.
Die Form mit / in acapigliare, pigliare, piglio sind allein sicher be-
legt, wie andrerseits quelli. M, welches allein mit seinem vollstän-
digen Reim inbetracht käme, schwankt ; es hat einmal quelgli^acapelgli^
das andere mal piìgìi^quilgìi. Wie oben gezeigt, sucht dieser cod.
überall vollständige Reime herzustellen. Es liegt daher viel naher,
auch hier eine Alteration in M zu gunsten des Reimes, als eine
Bewahrung der ursprünglichen Lesart anzunehmen. Die Form auf
^elgli von dem vb. in BC^ ist dialektisch. Brunetto, wo sidi flim
der volle Reim nicht bot, hat sich mit dem unvollkommenen be-
gnügt Einige Provenzalismen, wie comenzar^ und Latinismen, wie
lice, zu verwenden, nahm er eben so wenig Anstofs, wie später nodi
Dante und Petrarca.
r. XII 13 sinestra destra RLÇGMBNZ sinistra C»
r. XI 25 destra-sinestra RLSGMB sinistra NCC»Z
r. XXn 21 sinestra-ginestra RLSGMBNZ sinistra C.
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATTXOS. 273
sinesiro ist also völlig gesichert. Die Behandlung ist die den tos-
canischen I^utgesetzen durchaus entsprechende; das heutige sinistro
ist eher eine Riicklatinisferung.
V 81 detto RLSGMCNZ ditto BC
r. VII 233 diritto-detto RLSN ditto GMBCC'Z
237 detto RLSGMNCC'Z ditto B
X 53, 76 detto alle codd.
XIV 64 detto RLSGMNCC'Z ditto B
r. XVI 37 detta-saetta alle codd.
r. 173 detto-diritto RLSGNCC ditto MBC«
r. XVIII 135 detto-petto RLSGMBCC^ dicto C'Z.
Die allgemein übliche Form ist also dello \ sie kommt aufserhalb
dos Reimes und im Reime vor. In den beiden Fällen dirillo, dello
ist OS möglich, dafs Brunetto den Latinismus dillo verwendete; so
finden wir V 57 uirgho inaria^ weil uergine nicht in den Vors pafste,
v. 64 aber uergiru,
r. VI 33 miso-paradiso RLSGMBC* messo ÑCZ
r. XVIII 3 messa LSGCC^ mesa M misa BC (R nusa). Das Reim-
wort ist distesa.
XIX 170 messo alU codd.
r. XXI 343 messo-promesso alle codd.
miso ist im Reim gesichert und findet sich noch bei Dante. Auf
misa deutet XVI II 3 auch die verdorbene I^sart von R. Intll.
p. 10 miso im Reim. r. XVII 89 chonsiglio-meglio RLSGNCC 'Z con-
selglo MBC-^V. Intll. p. 40 ebenso consilgìio^meìio in beiden codd.
M beweist wieder nichts für den Reim. In BC'^ stammt conseglo
(B) von den Abschreibern. V, welches eine Kopie von Z ist, mag
zeigen, wie spät (16. Jahrh.) noch solche Änderungen zu Gunsten
dos Reimes vorgenommen wurden.
r. XXII 6 olempO'tempo RLSMBNCZ, eliinpo G. Intll. pag. 54
haben die codd. die Form alimpusso (Druck Olimpusso), Die Form
ist regelrecht gebildet wie sinesiro,
r. Fav. II 4 ceppo RLSGNCF cippo M.
Dies ist wiederum eine Änderung von M zu gunston des vollen Reimes.
Unbetontes i.
1 zu e.
S 21. In erster Silbe.
I 12 lengnagio RLSGC lingnafjgio MC'BNZ
II 19 lengnagio RLSGMCN lignagio BC'Z
Im F.inschnb nach XIII 72 lengnaf^gio LSGBCC li^i^niaggio N.
XIV 63 Icngnaggio LSGCC'Z lingiiagio R lingnaggio MBN
XVI 159 lengnaggio I^GC ligniagio RMNBC'C.
III 34 fermamento RLSGMNC firmamento C*
VI II fermamento RSGMNCC'Z firmamento BL
Fav. I 133 fermamento RGNCP'Z.
Zoitichr. f. rom. Phil. VII. 18
274
«. WIESE,
VII 57 uertute
244 uertute
XI 67 uertute
XII 23 uertute
XIII 57 uertute
XVIII 128 uertude
XII 31 temore SMBC
XIX 147 temore RLSC»
159 temore RG
X 18 mistiero
87 mistero
XI IO mistero
XV 12 mistero
XVI 19 mistero
XVllI 2 mistero
Fav. I 55 mistero
RLSGC»
RLSG
RN
RLSCV
RLSC
RLSGNC
uirtute
uirtute
uirtute
uirtute
uirtute
uirtudc
MBNCZ
MBNCC'Z
BCC»
GMBNC»Z
GMBNXZ
MBC»C«Z.
tremore L timore RMC*Z
tremore BNC* timore GMC
timore Z.
RLGBNXC« mesterò SMZ
LGBNCC» mesterò RSZ
RLGBCC» mesterò SMNZ
RLBNCC'C» mesterò SGMZ
RGBNCC'C? mesterò LSMZ
LMBCC=* mesterò RSGNC»Z
RZN mesterò LSGMFV.
XIII 50 dittauano RLSGBNC» dettauan MCZ
XIX 12 dittato LSGB dettato NC'C«
173 dittare LSGMBNCC»C-«Z dettare R
II 17 dittare RLSGMNCFZ.
XV 203 scneschalcho R; scniscalcho C; sinischalco LSGMBNCCZ.
XVIII 85 nimistanza RLSGMBNCC»Z nemistanza C»
100 nimico BZ nemiclio RLSGMNCC»C*
164 nimico BC*C* nemicho RLSGMNC
VI 72 nimicho GBZ nemicho RLSMCC
XXI 259 simonia LSGMBCZ semonia RN.
Nur e kam zur Verwendung in fermamenio ^ ueriuie. sinischaìcho
wird als die dem Ktymon am nächsten stehende Form zu Ixîwahren
sein, semom'a ¡st durch N gestützt. Nur /' haben wir in ditiare.
In den meisten Fällen schwankt der Gebrauch. So in ¡engnagio.
Intll. p. 61 mit ;' im cod. magi., p. 62 mit /* im cod. magi., mit e
im gadd. Die Form mit / in unsenn Text XIV 63 und XVI 159.
Ferner in temore \ mit e XIX 147, 159; mit / Xll 31. T>ÌQ Formen
mit e verdankt man hier wohl dem Einflufs von fernere und temenza.
(Letzteres XII 45; XVll 91). In mistiero. R zieht die Form mit
/ entschieden vor, während S konsequent e bietet. LN verhalten
sich wie R. Später setzte sich die Form mit e in der Litteratur-
sprache fest; daher haben wir so (bis auf einen Fall) in MZ, cf.
Caix, Orig. § 34 p- 71- Neben allein gesichertem nemicho steht
nimistanza fest. Intll. p. 14 nemici (Druck nimici).
Die Praefixa in- und dis- sind in den besten codd. wie in der
Schriftsj)rache behanilelt. Proklitisch findet sich VI 50 etn pecchati
hl R, welches ich bei dem ganz vereinzelten Falle als Schreibfehler
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 275
tilge. XXI 237 inpiezza RBC empiezza LSGMNZ. Es ist impiezza
eine Latinisierung des Wortes, die mit der Mehrzahl der codd. zu
beseitigen ist.
§ 22, i zu e in der Mitte eines Wortes. III 7; VI 4g; XVI
159 huomeni in G ; V 102 hreueiaie in R; XV 100 f emene in L
sind zu vereinzelte Fälle, um sie nicht den Abschreibern zuschrei-
ben zu müssen.
Dagegen
II 46 prouedenza RLSGMBNC prouidenza C*Z
X 23 prouedenza RLSGMBNCC* prouidenza Z
XX 99 prouedenza in allen codd.
¡st ganz gesichert. P^benso XXI 36 ipocresia RLSGMBNCZ.
Einen ferneren Übergang von i zu e haben wir XXI 55. ^rcin
mattesia R; gramadesia B; gr amati sia LSG M; gramaniia N; malasia
C; gramotesia Z. Hier ist die Form mit e^ wie sie R hat und BZ
bestätigen, beizubehalten und grama llesia ' zu lesen.
>5 23. / zu ^ im Auslaut. Des Reimes wiegen bei subst. und
adj. kommt es im Tesorctto nicht vor. 1 zu e im Auslaut bei
Verben behandeln wir besser in dor Formenlehre, fore [fuor e) im
Reime öfter. So XV 193; XII 43.
í5 24. / zu a.
XI II marauiglia RLSGMNCZ mirauigla BC*
XIII 25 marauiglia RLSGMNCZ mirauigla HC»
66 marauiglie RLSGMNCC^Z mirauiglc B
XIX 40 marauigliai RLSGMBNCC^ mirauigliai C*.
XIII 15 saluagio RLSNCZ seluaggio GMB siluagio C*
XVI 241 saluatichezza alle codd.
Die Formen mit a sind, wie ersichtlich, die einzig gebräuchlichen.
Finden wir neben /uor^ fore (im Reim), ßwri die Form fora
' Die richtige Erklärung des Wortes gab C. Cavedoni in dem Memorie
di Religione, di Morale e di Letteratura Tom. IV., Modena 1834. Er sagt:
. . . Per tua Gramatisia: così parmi dover leggere assolutatnente con tre
codici confortati da due altri (Zannoni p. LXIII) che hanno gramotesia e
gramaticia, sì perchè V altra lezione deW unico cod. R gran mattesia non ha
buon senso, e lo stezzo Z adottandola non si ardì a cangiarla in matteria,
e sì perchè gramatisia può avere un buon senso e tutto adatto al contesto.
Nel dialetto del nostro contado e della montangna altresì, ode si sovente dire
che il tale 0 tale altro uomo, in ispezie se giovinotto , è gramadico ed ha
molta gramadisia allor quando egli va gonfio di se stesso e si pavoneggia
e non si cura degli altri per sua vanagloria. Il significato di vanagloria
ben si conviene sì al contesto di sopra rapportato e si alle parole che segU'
ono: O se per leggiadria Ti se* solo seduto ecc. Come da noi si usò ed usa
volgarmente la voce gramadisia, così potè usarsi in Toscana, con forma piti
regolare, gramatisia ; o Brunetto la ritrasse dai nostri dialetti, come ha in
zae (XI V. 27), che molto sa del Lombardo, per in qua. Nel resto le suddette
voci gramático e Gramatisia pare fossero traslate ad indicare persona vana-
gloriosa ed altera in riguardo al contegno e sussiego dei Gramatici o Letterati
de* secoli andati, cioè dire, che desse abbiano aimtn la stessa sorte che le ana-
toghe voci Pedante, Pedanteria.
I8*
276 B. WIESE,
gut bezeugt: VI 34 in RLSGCC»; XIX 89 in RLSGMBCC; XX 68
in RLSGMBNZ, so haben wir eine doppelte Etymologie anzunehmen:
foras in letzterem Falle, foris im ersten. Cha statt che haben wir
nur zweimal: VII 141 RC»; VII 145 RCC«. In beiden Fällen ist
cha nicht hinreichend bezeugt, um es gegenüber einem sonst kon-
sequenten che in sämtlichen codd. aufnehmen zu können. Im In-
laut haben wir XI 84 hadaiischi RLSGMNCC» basalischi B.
^5 25. i zu u (p),
V 14 somiglianza RZ simiglianza LSGMBNCC*
XI 90 dissomigliati RLSGBNC disimilglati MC»Z
XVII 66 raanofesta R manifesta LSGMBNCC»C2Z
73 manofestalo RC'Z manifestato LSGMBNCC^
XXI 215 douizia LSGC diuizia RMBNZ.
In allen drei Fällen sind Formen mit ;' und 0 dem Toscanischen
entsprechend. Wir können daher der Lesart R folgen, welche in
dissomigliaii und diuizia aufserdem stark uiiterstützt wird, cf. Caix,
Voc. it. VII und VUI.
O.
Betontes o.
% 2(0. ö in offener Silbe.
I 25 chuor RZ cor LSGMBNCC»
II 68; III 57; XIV 91; XVIII 98; chori
XIX 167; XXI 128 ] ^"^ ^°^^-
VII 209 chuore G chore alle andern codd.
XII 44 chuore G chore alle andern codd.
XV lOi; XVI 77, 275; XXI 30 chore alle codd.
XIX 218 cuore C»
236 cuor O
XXI 272 cuore CZ chor RI^GMBN.
Das Wort ist offenbar nur mit undiphthongiertem 0 vorgekommen
und so I 25 herzustellen, wo R chuor hat.
I 47 buon RLSGMNCC»Z bon B
VII 55 buone RLSGMNCC'Z bone B
143 buom MZ bon RLS
XV IO I buon LZ bon RSGMBNCC«C«
214 buon LSGC»Z bon RBNCC«
XVÍ 26 buon RLM bon S
92 buona RLSGMNCZ bona B
XVIII 184 buona RLSGNCC'Z bona B
XIX 91 buon RLSGNCC'C* bon B
137 buon RLGM bon SNBC
192 buona RLSGMNCC'C^Z bona B
XX 30 buona RLSGMNCZ bona B
XXI 336 buon RLSGNCZ bono B
Fav. I 18 buono LSGMNCZ bono RF
19 buoni; 130 buona; II 20 buon alle codd.
I 78 buon RLSGMNFZ bon C.
> chore alle andern codd.
^ -"L.1
DER TESORETTO UND FAVOLELLO lt. LATINOS.
277
3r neigt sich der (Gebrauch entschieden dem Diplithong zu. Doch
:h die undiphthongicrte Form ist sicher belegt VII 143, XV loi,
4.. Daher ist kein Grund vorhanden, sie nicht Fav. I 18 nut RF
bewahren.
I
78
huomo
N
omo
RLSGMBCC'Z
II
54
uomo
LSGN
omo
RBCC»
III
7
uomini
LSGMNCC'Z
omini
RB
16
uomo
GMNC'Z
omo
RLSBC
VI
42
uom
RMNZ
omo
LSGBCC»
VI
44
uom
MNC>Z
om
RLSGBC
49
uomini
RLSGMNC'Z
omini
BC
59
uomo
RMNC'Z
omo
LSGBC
VII
114
uom
MN
on
RLSGBCC
121
huomo
Z
omo
RLSGMNBCC»
'34
uom
MC»Z
omo
RLSGBNC
'53
uom
M
on
RLSGBNC
161
uomo
MC»Z
omo
RLSGBNC
165
uomo
LSMC»
omo
RGBNCZ
187
uomo
LSMNX'Z
omo
RGBC
'95
uomo
RNCC'Z
omo
LSGMB
VII
229
uomo
LSMNC'Z
omo
RGBC
230
uomo
LSMC'Z
omo
RGBC
VIII
20
uomo
LNC'Z
omo
SGBC
23
uomo
NC»Z
omo
RLSGMBC
IX
'7
uomo
G
omo
RCC»
XI
54
huom
MNZ
om
RLSGBCC«
95
huomo
GMNZ
omo
RLSBCC»
XV
21
huom
MC>Z
om
RLSGBNCC*
"3
uomo
GZ
omo
RLSMBCC'C*
»25
uomo
LSMNCC'Z
omo
RGBC«
'53
uomini
RLSGMCC'NZ
omini
BC»
210
uomo
LSGMC
omo
RBNCC«
245
uon
LSMGC»
on
RBNCC^
XVII
25
uom
GNC
on
RLSBC«Z
XVIII
25
uomo
SGMC'Z
om
RLBNCC*^
30
uomo
LSGMC»Z
omo
RBNCC«
73
uom
MC»C»Z
omo
RLSGNBC
77
uom
MC'Z
omo
RLSGBNCC*
105
uomo
LSGMNC'Z
omo
RBCC«
146
huomo
GC'C'Z
omo
RLSMNBC
186 huomo
GMC'Z
homo
RLSBNCC»
65
huomo
LSGNCZ
om
RBC»C«
XIX
'45
uomo
a
omo
RLSGMBNCC«
175
uomo
GNCC'C^Z
omo
RLSMB
242
uomo
GNZ
omo
RLSBCC»C«
XX
45
huomo
GZ
omo
RLSMBNC
69
huom
Z
omo
RLSGMBNC
97
huom
MZ
omo
RI^SGBNC
278
B.
WIESE,
176
liuom
GMN
omo
KLSBC
271
uomo
GMNCZ
om
RLSB
274
uom
GMNCZ
on
RLSB
279
uom
GMZ
om
RLSBC
28o
uomo
GMNZ
omo
RLSBC.
Im sg. ist die undiphthongierte Form zweifellos die einzig übliche.
R hat die diphthongierte nur VI 42, 59; VII 195 und ist jedesmal
nur durch M, welches fast konsequent den Diphthong durchgeführt
hat, und durch N, welches gleichfalls sehr zum Diphthong neigt,
gestützt. Im pl. ist, wie es scheint, //i?w/>// gebräuchlicher; es kommt
überhaupt nur dreimal vor und das erste mal steht omini in R; hier
behalte ich es bei.
r. I 91 lugo R (-poco) loco LSGMBNCC*Z
V 40 logo MN locho RLSGBCC»
VI 40 luogo NZ locho RLSGMBCC»
locho im Reim in allen codd.: VII 207; 1X6; XI 80; XIV 44; XV151;
XVI 120; XVIII 115; XIX 202; XXI 246.
XVIII 51 luogo LSZ locho RGMBNC»C*
XIX 56 lugho R luogo LSMGNCC'C« loco B.
Das Wort kommt fast nur im Reim vor und hat dann die un-
diphthongierte Fonn ¡oco, Aufserhalb des Reimes ist es an zwei
Stellen, V 40 und VI 40 in derselben Form belegt. XIX 56 stim-
men die codd. in der Fonn luogho überein; lugho in R an dieser
Stelle ist wohl ein Schreibfehler für luogho^ wie schon 1 90, wo es
den Reim altcrierend eingeführt war. Die einmal vorkommende
diphthongierte Form wird nicht erst von den Abschreibern eingeführt
sein; man könnte dann das gleiche an den beiden andern Stellen
aufserhalb des Reimes und an den Stellen im Reime mit /ocho,
giocho erwarten.
II 18 iruoua RLSGN iroua MBCC»Z
XI 60 truouo RLGNC trouo ^MBCZ
XV 120 truouan LSGMNCM» Irouan RBC»C«Z
r. XVI 243 truouc RLGC troue SMBNCZ
XVIII 78 truoua RLSGNX' Iroua NBCC«Z
1 13 truoui
1 1 5 truoui
XX 12 truouo
35 truoui
XXI 208 tuoua
R bietet bis auf zwei Fälle die diphthongierte Form und zwar stets
durch die besten codd. gestützt. In den beiden Fällen, wo R die
undiphthongierte Form hat, stehen ihm die besten codd. mit der
diphthongierten gegenüber. Es ist daher wahrscheinlich, dafs auch
in diesen beiden Fällen der Diphthong das ursprüngliche ist
II 48 fuor RLSGMBNCZ for C»
VI 34 fuor MBXZ fora RI^GCC»
VII 86 fuori LSGMNC»Z for RBC
1 13 truoui
RLSC
troue
CZ
115 truoui
RLSGNZ
troui
MBCC^Ca
XX 12 truouo
RN
trouo
LSGMBCZ
35 truoui
RLSG
troui
MBNZ
XXI 208 tuoua
LSGN
troua
RMBCZ.
DER TESORE^rrO UND FAVOLELLO H. LATINOS. 279
XII 36 fuor alle codd.
r. 43 fuore KGZN forc LSMBNC
XV 193 fuore NCC» fore RLSGMBC«
XVI 60 fuor RLSGMNCC»Z for B
XIX 89 fuor C* fora RLSGMBNCC»
XX 68 fuora LSCZ fora KGMBN
76 fuor RLGMN'CZ for SB
109 fuor LSGMCZ for RBN.
Formen mit uo und 0 sind hier promiscue gebraucht; ich folge, wie
immer in solchen Fällen, R.
II 66 può RLSGMNCC«Z pò B
VII 199 puote LSGMBNCC» pote R
252 puoi RLSMN; puote GC*; poi BC
XI 145 può LSGMNC» pò RBC
XV 107 può RLSGMNBCC»Z
150 puoi RLSGMNX»Z poi ßC«
XVI 46 può RLSGMNCC>Z poi BC»
r. XVII 57 puote RLSGMNCC>C»Z pote B
XVIII 65 puote LSGBNCC»Z pote RC»
124 può LSGMBNXC»C»Z pò R
XIX 106 può RLSGMNXC»C* pò B
XXI 125 puoi RLSGMNCZ poi B
r. 134 puote RLSGMMCZ pote B
Fav. I 52 può RLSGMNCFZ
120 può RLSGNFC poi Z.
R bietet bis auf vier Stellen die diphthongierte Form, und dann
stehen ihm LSMGN mit der diphthongierten gegenüber, welche nur
diese kennen. Selbst B hat viermal uo\ es ist überall einzuführen.
Das adv. poi findet sich in der Form puoi in R IV 4; V 61;
VI 30; VII 144; in RC» IV i; in C* I 14; V 2^, Gegenüber der
ungeheuren Anzahl von Stellen, wo das Wort sonst noch vorkommt,
und wo sämtliche codd. stets in Übereinstimmung poi setzen, dürfen
wir in R eine Alteration annehmen und poi überall herstellen.
n 72 suole RLSGMCC>Z sole B
r. m 40 suole Z sole RI-SGMBNXC>
r. IV 28 suole RGMZ sole LSBNCC»
XIV 12 suol RLSGMBNCC»
24 suol RLSGMNCC»Z sole B
r. XXI 150 suole RGÇZ sole LSMBN.
Ili 2 puosi LSGMNX posi RBC»Z
IV 35 dispuosc LSGMNCC»Z dispose RB
V 36 dispuose RLSGMBNC.
r. Ili 39 duole R dole LSGMBNCC»Z
r. XXI 121 dole alle codd,
291 duole alle codd.
28o
lì. WIESE,
r. Ill 85 nuouo KNCZ nouo LSGMBC
86 — ouo alle codd.
IV 15 more KLSGMBNC muore C»Z
XVI 48 moia RLSGMBCC'C-' muoia NZ
XXI 86 moia SGMN muoia RLCZ.
IV 27
uuole RGZ
uole
LSMBNCC»
29
uuol RLSGMZ
uol
CC»BN
30
uuole LSGMZ
uol
RCBN
r. V 94
uuole RNCZ
uole
LSGMBC (-parole)
VII 35
uuoli RLSGMNC
uole
BZ
r. X 36
uuole RCC^
uole
LSGMBNZ (-sole bubst.)
XV 15
uuol RLSGMNCC'Z uogli
BC^
119
uuol LSGBCC'Z
uol
RC'-»
XVI no
uuol RLSGMNCC-'Z uole
BC»
251
uuoli RLSGMC
uoi
B
r. XXI 122
uuole RGCZ
uole
LSMBN
r. 149
uuole LSGMCZ
uole
RBN
Fav. I 23
uuole RCFZ
uole
LSGMN (.parole)
r. 132
uuole GCFZ
uole
RLSN (-parole).
VI 26 nuota LSGNCC» 1
nota RZ.
VII 88 fuocho RLSGMC>NZ foco BC
r. IX 5 fuocho CC^NZ focho RLSGMB (-locho)
XIX 93 fuocho RZ foco LSMGBNC.
XI
^ mm
muouon
CC»
mouon
RB
170
muoue
MZ
moue
RLSGBNCC»
r. XVI
244
muoue
GC
moue
RLSMBNC^C»
XIX
151
muoue
GNCCi
moue
RLSMBC*
r. XX
27
muoua
N
moua
RLSGMBCZ
81
muoui
GMNCZ
moui
RLSB
r. XXI
92
muoue
RCZ
moue
LSMBNG
r. Fav. I
I
muoue
CZ
moue
RLSGMNF.
XV 74 giuoco LSGMC^NZ giocho RBCO»
83 giuochi RLSGMNCZ giochi BC^C^
r. 152 giuoco Z
r. XVIII 116 giuoco Z
142 giuoco LSMGNCZ
XIX 38 giuoco LSGM
XXI 239 giuocha RLSGMCZ
r. 334 giuoco LSZ
giocho RLSGMBNCC«C«
giocho RLSGMBNCC»C«
giocho RBC»C«
giocho RBNC»C«
gioca BN
giocho RGMBNC.
r. XVII 58 rischuotc RLSGMXCC»C-'Z riscole B
r. XXI 133 pcrchuote RLSGMNCZ percote B.
k.
UER TliSOKETlO UND FAVOLIìLLO B. LATINOS. 28 I
XVII 116 chuopre HLSaMNCC^C-iZ copre B.
r. XVIII 30 nuoce LSGMCC^Z noce RBNC^.
XIX 193 rispuose LSGMNCC» rispose RBZ
XXII 52 rispuose RLSGMCZ rispose BN.
r.
r
XIX 195 pruoua LSGMNC proua RBC'C^Z
XX 28 pruoua subsl. NCZ proua RLSGBM
r. XXI 91 pruoue subst. R proue LSGMBNCZ
r. Fav. I 2 pruoue RCZ proue LSGMNF
90 pruoua LSMNF proua RGCZ.
XXI 121 choce alle codd.
XXI 273 puouere R pouere alle andern codd.
Fav. I 53 ausingnuolo RGNFZ usingnolo LSMC
r. 100 suono MCZ sono RLSGNF.
Für solere sind die undiphthongierten und die diphthongierten
Formen gleich gut belegt. So posi^ dispose neben dispuose\ dole neben
duole. 111 39 ist gegen R mit allen übrigen codd. dole im Reim
mit sole zu lesen. Ill 85 — 86 ist nouo-ouo das ursprüngliche. Sicher
wieder wö;v, fnoia neben muoio. Es läfst sich bei ö in offener Silbe
dieselbe Tendenz erkennen, wie bei e in offener Silbe, im Reime
nämlich die undiphthongierten Formen zu bieten; wo wir in einem
Reime eins der Reimwörter mit undiphthongiertem Vokale finden,
brauchen wir ihn aber nicht in dem anderen, wenn er ihn nicht
bietet, herzustellen. Auch bei ö in offener Silbe finden sich wie
bei e aufserhalb des Reimes undiphthongierte Formen, wie schon
angeführt, und femer in uolere IV 30, in noia. In viouere ist nur
die Form mit 0 gesichert. XXI 92, wo R muoue hat, bietet es im
Reime allerdings auch pruoue subst. XX 28 hat es selber jedoch
das subst. in der Form proua \ ebenso hat es bei prouare die un-
diphthongierten Formen aufserhalb des Reimes. — foco ist im Reim
verwendet, aufserhalb auch fuocho, giocho ist im Reim sicher und
daher auch XV 74; XVIII 172; XIX 38 aufserhalb des Reimes mit
R zu bewahren; XV ^^ giuochi. Merkwürdig ist die Übereinstim-
mung sämtlicher codd. in den Formen rischuole und perchuole beide
male im Reim mit puote. Sicher ist ferner chuopre ^ au singnuolo\
choce, sono'y rispuose neben rispose. XXI 273 puouere ist gewifs durch
die Kopisten eingeführt.
Das Gesamtresultat der Untersuchung über die Diphthongie-
rung des o in offener Silbe ist ein ähnliches, wie wir es bei e fan-
den. Im Reime vorzüglich sind die Formen mit einfachem 0 ver-
wendet, sie kommen aber aufserhalb desselben neben denen mit
uo auch noch häufig vor.
§ 27. ö ist behandelt wie in der Schriftsprache.
282
B. WIESE,
§ 28. O in Position ist ebenfalls ganz wie in der Schriftsprache
behandelt. XIV 18 haben wir giuso im Reime mit uso in allen
codd. (G suso). Es ist die toscanische Form, cf. Gaspary, Sic.
Dicht, p. 152 Anm. 2.
Unbetontes o.
§ 2Q. 0 ZU a,
XVIII 140 orghollio RLSBNCC^Z arghoglio GMC>
XXI 27 orghollio RLSGBCZ argholglo MN
72, 80 orghogliamcnto RLSGMBNC argolgliamento Z
91 orgholliose
RLSMBNC
arghogliose
GZ
XVIII 149 afeso
RC»a
offeso
RLSGMBNZ
XXI 140 afendesti
RN
offendesti
TnSGMBCZ
261 afende
R
offende
LSGMBNCZ
Fav. I 107 afendimento
RNCF
oífendimento
LSGM
70 aserue
R
oserua
LSGCFZ
XX 66 Attauiano
RLSGMNC
otlauian
BZ
Fav. II 9 chonoscenza
RGNCZ
canoscienza
LSM.
Die Form mit a ist unbestritten und ist aufzunehen nur in Aiiauiano.
Die Formen mit a in offendere ^ osseruare finden sich auch in den
codd. der Lyriker, z. B. D'Anc. vol. II CIX v. 4 und 14, doch sie
rühren wie arghoglio etc. von den Abschreibern her, cf. Caix, Orig.
§ 51 p. 86. Caix führt ibid. § 66 p. 276 ein Salomone aus dem
Tesoretto an; dies ist ein Druckfehler: I 18; XX 65, 78 bieten
sämtliche codd. salamone, chonoscenza kommt in den beiden andern
Stellen, VII 193 und XIX 240 nur mit 0 vor. Die Form mit <i,
obwohl bei den alten Lyrikern sehr häufig, ist daher nicht auf-
zunehmen. Überdies war sie auch in der Toscana gebräuchlich
(Caix, Orig. S5 51 p. 85) und kann daher von den Schreibern sehr
wohl eingeführt sein.
§ 30. 0 zu u,
X 41; XX 59; XXI 269; Fav. I 44 in allen codd. lungiamente resp, lungamente
XVIII 130 alunghar RLSGMBNCC» alongcha C«.
XV 149 ubliare RN obliare LSMBCC»C«Z
XVIII 131; Fav. I 18 oblia subsl. und vb. alle codd,
XV 81 giucar LGMBNZ giochar RSCC»C«
XVI 104 giullare RLSGMBNC»Z giollare C«
196 giuchar RLMBN giochar SGCC*
Fav. I 96 giucolaro MF giullaro Z giocholaro RLSGCN.
ni 20 ubidire RLSGMBNZ obedire CC»
XIV 57 ubidenti RLSGMNZ obidenti CC»BV.
Nur u kam zur Verwendung in lungianienle , ubidire. Von obUan
und giochar e sind beide Formen, mit u und mit 0, sicher belegt
Die Form mit u kam toscanisch schon sehr früh vor (Caix, Orig,
DER TESORETIO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 283
50 p. 84). giocholaro ist Fav. I 96 aufzunehmen; XVI 104 haben
r giullare = prov. juglar.
Vereinzelt sind folgende Fälle.
II 32 runcisualle R roncisuallc die übrigen codd.
VII 267 uficio LSGMNZ ofizio RBCC»
XX 51 uficio M oficio RLSGBNCZ
Fav. I 20 vfici M ofici alle andern codd.
XI 204 uciano R occeano LSGMBNCC^
172 occiano R und alle andern codd. gleichfalls mit o
XI 129 uccidente RN, alle andern codd. o
XVI 201 chonusciuto R chonosciuto die andern codd.
XXI 258 muneta G moneta die andern codd.
mtlicbe Formen mit u sind ledigh'ch Alterationen von Seiten der
hreiber. In den Lettere senesi finden wir z. B. Spuleto, cumune,
uchuralore, chusluvia, Currado etc.
§ 31. 0 zu /.
VII 70 innorato RLSGN lionorato MCC»BZ
XV 187 inoranza LSG onoranza RMBNCC»C»Z
XVI 74 innora RLSGCZ onori M
85 disinore RLGMNC desenore B disonore C*Z
222 innorare RLSGNCC* onorare MBC*
XVII 108 innora RLSGNCC» onora MBC-*
XVIII 114 innorato RLSZ
XIX 114 disinore M.
X 71; XXll 12 ritondo alle. XIX 24 rotundo C^ rilondo die
rigen codd. innorare ist die sicher belegte Form und so wird
/ 187 innoranza aufzunehmen sein. XVI 85 verlangt das Metrum
t S disnore. In ritondo haben wir eine Verwechslung mit dem
aefixe ri- anzunehmen.
§ T^2, 0 zu e.
VII 130 albori RC»Z alberi LSGMBNC.
V 21 formare alle codd.
VI 6 formoe MNCC» fermao RLSGBZ
VIII 5 formare alle codd.
IX 7 formar RM fermar LSGBNCC»
XXII 49 formati RLSMBNCZ fermati G.
r. VII 196 chomo RLSGMBNCC» como Z
XV 29 chomo R, die andern com'è; C* cornu.
XIII 2 sentiero RMBZ sentiere GNCC»
r. 9 sentero aile codd.
hn\ wie R liest, können wir im Texte stehen lassen; es war die
i den ältesten Lyriken gewöhnliche Form und findet sich noch
i Petrarca (Caix, Orig. § 53). Wo wir fermare für formare finden,
nnte eine Venvechslung mit dem verb, fermare vorliegen, nicht
284 H. WIESF,
ein Úl.urgaiig von o in e\ doch dieser ist vor r im Toscanischen
niclit ungewöhnlich, cf. Caix, Voc. it. II p. g. Eine solche Ver-
wechsUing wäre VI ò auch kaum denkbar. IX 7 hat Zannoni /er-
marc in der Bedeutung fermare wirkHch aufgenommen, doch, wie
mir scheint, mit Unrecht. Da an dieser Stelle überdies R und M
/ormar lesen, wie Y 22 und Vili 5 sämtliche codd. so ¡st selbst
kein Grund vorhanden, von dieser Form abzuweichen. VII 196 ist
chorno im Reime belegt; sonst haben wir stets come^ nur XV 29
schreibt R chorno t\ die übrigen codd. covCti^ wo es unentschieden
bleiben mufs, ob 0 oder e apostrophiert ist. XIII 9 seniero im
Reim, daher auch XIII 2 beibehalten, wo es unter anderen codd.
R bietet.
U.
Betontes u.
ì5 ^if. ii ist in den besten codd. stets bebandelt, wie in der
heutigtMi Schriftsprache. Man findet in ihnen nur tuo, suo, fui, fiu^
duc. Sollte die von Caix, C)rig. j; 55 p. 88 aus dem Tesoretto an-
gezogene Stelle 1 42 also alteriert sein, so ¡st es sicher, indem auîs.
uue ein uoi gemacht wurde. Ks ist dies möglich, da wir nue^ uu^
noch bei Dante und Petrarca im Reime finden.
v^ 34. //. Auch diiises ¡st von den mafsgebenden codd. wi^
in der heutigen Schriftsprache behandelt.
XI 59 ¿fi allen codd. ragiono-nessuno
XVI 61 ongnora - i^uardatura in allen codd.\ nur M ändert den Vers di
Reim zur IJebe
XVIII 23 ongnora-ingiura alle codd.\ nur C* ingiora
XVII 83 — 84 cliomunc-chagionc alle codd.
XIV 8ü hat M grazioso-oso, alle andern codd. uso.
ICs ist dies wieder eine Änderung in M, um den Reim hei
zustellen.
v^ 35. C in Position. Im Innern des Verses kommen gleic
falls nur Formen des heutigen Gebrauches vor. Wir betracht
die Fälle im Reim.
I 107 — 108 bolla-nulla in M bulla
73 — 74 tutto-chorrotto in M corrutto
V 63 — 64 tutta-chorrotta in MB corrutta
III 65 — 66 chongiuntc-fronte in B congionte
V 27 — 28 pronto-punto in BC* ponto
V 77 — 78 motto(o)-tutto alle codd.
VII 151—152 motto-tutto alle codd. XX 91 id; B totto; M ändert
XI 109 — HO molto-timolto RLBXCC^Z in SG tumulto in M multo-f
XI 143 — 144 tutto-chondotto in MBC'Z condutto
XXI 127—128 disotto-tutto in B totto.
Einzig gut bezeugt und aufzunehmen ¡st molto ~twwlto\ in
an dieser Stelle eine Änderung zu Gunsten der lateinische
vor, nicht das ursprüngliche, wie Caix § 59 p. 92 annimmt
mnliere
ce»
muliera
MRC
sufficiente
NC»
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 285
Übetall ist nur unvollkommener Reim bezeugt und zu bewahren.
M änderte an den Stellen, wo es, um einen vollständigen Reim zu
gewinnen, einen Latinismus einführen konnte, wie ihn auch Dante
und Petrarca gebrauchten. Wo dies nicht anging, behielt M gleich-
falls unvollkommenen Reim, oder baute den ganzen Vers um (XX
91). BC^C- gewinnen Reime durch die Einführung dialektischer
Formen; diese Formen finden sich dann auch aufscrhalb des Reimes
und im Reim nicht immer konsequent, ihn öfter sogar störend:
V 69 mondo'profundo BC, XII 41 giunio-potüo C.
Unbetontes u.
§ 36. In erster Silbe:
III 7 molliere RLSGMBNZ
VI 54 molliera RLSGNC'Z
III 79 soficente RLSGMBCZ
VI 40 moltiplicasse LC^ multiprichassc RSGMBNCZ
VII 104 nodrire LSGMNCZ nudrir RBC
XVI 158 nodrimento LNC nudrimento RSGMBC'C^
VII 266 ghostare RNCC» gustare LSGMBZ
VIII I omori RLSGMBNCC»
15 omoroso RLSGMNCC'Z
IX 10 omore RLSGMCNZ umore B
XI 110 timolto R tomolto MNCC'Z tumolto LSGB
XIV 10 prodenza RZ prudenza LSGMBNCC
XV 44 ghostaro RLSGMBNCC« gustaro C«
XVIII 21 rouini LSGCC ruuini RMBC»
XXI 284 chocine RLSC chucine GM.
Gesichert also mol Iter a , soficente, omore, omoroso, ghostaro, chocine \
eine merkliche Tendenz unbetontes u in erster Silbe in 0 zu wan-
deln. So ist denn auch notirir VII 104, welches fast sämtliche
codd. haben, aufzunehmen, wenngleich nudrimento sicher belegt ist.
Kbenso VII zbt ghostare', XIV 10 prodenza', (XV 44 ghostaro)', XVlII
21 rouini. In multiprichassc haben wir die lat. Form mit u belegt.
XI 110 endlich ist an timolto, welches R allerdings allein bietet,
kein Anstofs zu nehmen, cf. Caix, Voc. it. VII p. 15.
.^37. tt in der Mitte.
V 4 secolo RLGMBC» seculo SNC
IX 29 uolontade RLMBC'Z uolunlate SGNC
XI 123 Ercholes R Erchules LSGMBNCC 'Z
XXI 172 presenzione RC presunzione LSGMNZ presoncione B
251 usoriere RMC usurière LSGBNZ
316 auollerio RSGLNCZ adulterio MB
Fav. I 53 ausingnuolo R usingnolo LSGMNCFZ.
secolo, uolontade, usoriere, auolterio sind die angewendeten Formen.
Auch Ercholes ist mit R allein beizubehalten; die andern codd.
führen die lateinische Form ein. Dante hat Ercole, V ausingnuolo
in R gegenüber dem gewöhnlichen usingnolo sämtlicher anderen
286 B. WIESE,
codd. ist eine Anhildung an aucello neben uccello etc., vielleicht vor^
R eingeführt, presenzione in R XXI 172 ist Schreibfehler.
Diphthonge.
au.
,^ 38. Betontes au,
I31 oro RLSGMBNÇC»Z
69 auro RLSGBC» oro MNCZ
76 oro RLSGMBCC>Z auro N
ni 62 oro RLSMBCC« auro GNZ
V 85 oro al/e codd. ; ebenso Fav. I 90, li 28.
Es findet sich ein einziges mal auro sicher belegt: I 69, sonst stetig
oro. Aufserdem nur íes oro y chose, poco, lode^ lodo, ^odo, oso, ode, dìsodr^
frode etc.
S 39. Ich erwähne hier die 3. pers. sg. perf. der i. conjuga-
auf -ao aus sekundärem au [-avii, -avi, -<i«[/]). Die vorhandene
Beispiele sind folgende.
r. V 31 durao RLSGC; pcnao BN; menao Z; durano C; penò M
r. 32 posao RLSGBNCC'Z posò M
r. 71 iscurao RLSGBNCC*Z schuroe M
r. 72 termentao RLSGBNCC'Z tormentoe M
r. VI 5 crcao RLSGCC'Z creoe MN creò B
r. 6 fcrmao RLSGCC*Z formoc MN fermò B
VII 74 pensao RLSGNC pensò MB
XX 78 prouao RLSGNC prouò BZ appruona M.
Die Formen sind an sämtlichen Stellen durchaus gesichert Nací
Caix, Orig. >5 66 p. 99 konnte man glaut>en, dafs die Formen mm
noch in L erhalten wären.
55 40. Unbetontes au.
II 51 audiui RLSGBNCC» udir M
VII 142 audiui RBN; audito o LSGC; audio C»; Udi M
264 udire RLSGMBNCZ odire C»
X 70 udirai al/e codd.
XII 22 udirà' LSGMBNCZ odirai C»
XIV 41 udire RLSGMBNXZ audire C»
XVII 6 udito RLSMBXCC» audito G.
Ill 1 1 ucielli ; XI 99 uccielli alle codd.
XX 75 augielH RLSGN uccel MBCZ
Fav. I 81 augello a//e codd.
VII 150 laudato RGNC lodato LSMC^Z laodato B
XXI 49 laudato RBNCZ lodato LSGM.
Das au von audire hat sich nur in der Perfektfonn audha ct
sonst ist au stets zu u geworden. Beide Formen, udelii un
eilt sind durch die Übereinstimmung der codd. gesichert.
ist gleichfalls zu bewahren. Caix, Orig. § 68 p. lOO fährt »
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
287
aus dem cod. L Fol. 12 an. Dies ist ein offenbares Versehen, da
dies Wort überhaupt nicht im Tesoretto vorkommt.
§41. ai aus a + attrahiertem /'.
r. V 18; r. V 76; r. X 46; r. XVII 13 manera alle codd.
r. VI 53 manera LSCNC^Z maniera RM mainerà B
r. VII 52 manera RSGMBNZ mainerà C* maniera Z
r. XVI 15 manera RLSGMNC^C*; mainerà B maniera CZ
r. XXI 252 maniere RLSGMNCZ manere B.
Bis auf das letzte Beispiel ist die Form mit einfachem e stets die
allein gut bezeugte (auch VI 53 einzuführen). XXI 252 ist aber
mit Einstimmigkeit der codd. die Form mit ie belegt, welche echt
toscanisch ist. (B kann nicht in Frage kommen, da die Formen
mit e statt der mit ie in den norditalienischen Dialekten überwiegen,
die Form also dialektisch sein kann). Fernere Beispiele sind:
r. Ill 45 pensiero RLMNCZ
r. 46 primiero LMZ
r. IV 31 opera RN
r. VII 51 primera RL*SGMBV
107 lauorero GBC
r. VIII 23 legiero RLGMNC»Z
r. X 88 pregherò SGBNCC^Z
r. XIII 9 senlero RLSGBC
XIII 2 sentiero RGNCC'Z
r. XV II chaualero alle codd.
X. 169 chaualero RLSG
XVI I chaualer RSBCC»
XVII 3 caualer SC»B
r. XVIII I chaualero RSGMBNC»C2Z
r. XV 170 forestero RLSG
XVIII 197 laniero RLSGNCC^C«
r. 199 stranieri RLSGMBNCC^C«
r. 203 charrera MC*
r. XIX 80 chaiera RC; carriera LSGNC*; charrera MBC^
r. XXI 4 pensieri RLSGMNCZ penseri B
r. 107 guerrieri RLSGMNZ gucrrcri BC
r. 251 usoriere RLSGMNC vsurerc B.
Die Formen mit ie und e kommen promiscue vor; letztere vorzüglich
im Reim, doch auch hier findet sich ie. Wir haben penserò (so
III 45 zu lesen), primero^ primera ^ our er a ^ pregherò (so X 88 ein-
zuführen), senteroy chaualero, forestero \ dX)Qx sentiero XIII 2, chaualter
XVII 3, laniero XVIII 197, charriera XIX 203 und XIX 80, guer-
rieri XXI 107, pensieri XXI 4, usoriere XXI 251.
§ 42. In der lateinischen Form haben sich erhalten:
IV 34 uicharia alle codd.
XI 15 — 16 chonlrario-disuario alle codd.
penserò
SGBC»
primero
RSGBNCC>V
ourera
SGBCC ouriera LM
primiera
NC'Z
lauoriero
N
leggero
SBC
preghiero
RLM
sentiero
MNC'Z
sentero
B
chaualiere MZ
caualier LGMNC*Z
chaualicr RLGMNCC«
caualiero LS
forestiere MZ
laner B
charriera RLSGBNCC»
* Caix, Orig. § 73 p. 104 oben gicbt primiera als Lesart L.
288 R WIESE,
r. VI 21 luminarie RSGMNC^Z luminare I.BC
r. 22 uarie SGMNC'Z uare RLBC.
VI 2 2 ist uarc aufziinohmen und VI 2i luminare.
S 43. ai deutschen Ursprungs.
VII loi lado R laido LSGMBNZ
Vili 12 lada R laida alle andern codJ.
XVI 262; XVII 42; XXI 312 laida alle coda,
XXI 310, 109; Fav. I 100 laido alle codd.
Die beiden male, wo R allein die Forni ohne / hat, ¡st cinc Än-
derung in R anzunehmen.
Fav. I 56 ^uero-misUro in allen codd. Dazu cf. Gaspary, Sic.
Dicht, p. 180; es verhält sich zu ^uari wie carnieri zu caballar ius,
Ji 44. Unbetontes ai {ae).
V 42 balia RLSGMNCZ bailia BC>
VI 10 balia RI^^GMNCC^Z t)ailia B
XIX 98 balia Rí^GMNCC« bailia BC«.
Nur die F'ormen mit a sind sicher bezeugt.
Oi.
§ 45. oi in betonter Silbe kommt einmal im Tcsoretto vor
XVII l 9 das adj. chanto = afr. cointe\ in unbetonter haben wir
folg(Mide zwei Worte zu betrachten.
XXI 206 chouitisa R; couctisa N; conuotisa LSG; coniccisa M; conuoitisa C;
inuiciusa B; cortesia Z
XXII 32 chontanza RGMNZ; accontanza LSG; acontancia B.
Das erste Wort ist = afr. covoilisey convoitise, couvoiiise etc. Von
den in unseren italienischen Texten überlieferten Formen kommen
inbctracht chouitisa^ conuolisa, conuoitisa und couelisa. Die Form, wie
R sie bietet, ist durch N, die von LS durch G und C, welches
letztere in seiner Form dem convoitise sogar am nächsten kommt,
gestützt. Beide ?'ormen sind möglich, chouitisa entspräche genau
der Form cuvcitisc und ki'mnte auch aus covoitise entstanden sein;
cannot isa wíire gleich conuoitise. Ich halte, meinem Prinzip ent-
sprechend, die Form von R fest. XXII ^2 Lst chontanza = afr.
acoifitiince mit verloren gegangenem a hinlänglich bezeugt. ' Unmög-
lich wiire auch nicht direkte Ableitung von dem adj. chonio XVII 9
= cagni tus. sorchudanza VI 81 = afr. sorcuidance.
Eu.
XI 24 Rofradc R; Eufrates LSGMCC^Z; Eufrate NV; Enfrates B
XI 29 (Siche)ufrade R; -ufrates LSMCN; -eufrates GZ; Enfrates B; Enfrr
{feh/t Siehe) C.
Der Vers XI 24 lautet nach R: Eofrade z gion und so in a
codd. nur mit Vi^rschieilenheiten in der Schreibung. Zu scandi
ist der Vers: KöfradPi gion. Die hieraus zu entnehtnenden Fot
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 289
sind also: ofrádej tifrate\s\, nfráte, En/ràie\s\ Y>2Lh gion zweisilbig
und auf der Ultíma betont ist, lehrt uns v. 37: G Ion uain etiopia,
V. 29 lautet Siehe tifrade passa in RLSMC, sicheufrade N, sieche
euf rates GZ, siehe Eufrates B. In C* mit fehlendem siehe : Eufrates,
Zu scandieren: Si ehe \ ufra | de pa \ ssa,
ufräde^ ufràte[s], eufrate\s\, enfráte\s\ sind die hieraus zu ab-
strahierenden Formen. In der Intll. p. 76 haben wir im cod. magi.
Ed uf rates, im gadd. Ed u finte s. Die Formen mit s sind dem lat.
angepafst und passen nicht in den Vers, weil sie den Accent auf
der letzten Silbe haben müfsten, cf. Caix, Orig. % 1%"] p. 194 und
unten 55*21. Dante, Purg. XXXllI 1 1 2 braucht Eufrates, Also
eine Form Eöfrade etc. liefse sich an beiden Stellen auch denken.
Doch an der zweiten Stelle haben die codd. RLSMC, wie aus ihrer
Schreibung hervorgeht, (Siehe ufrade) iifrade resp. ufrate gemeint,
und an der ersten vermifst man ungern die C'opula E, Die Form
der Intll. spricht schliefslich zu gunsten der Form mit // (p). Ich
lese daher mit R ufrade und ofrade. Die Änderung in ufraies,
euf raies von Seiten der Schreiber ist sehr erklärlich, wenn man
daran denkt, wie oft ihnen diese Form in lat. mss. vorkam, und
wie bekannt sie allen war, als der Name eines Flusses im irdischen
Paradiese. Eufrates z. B. auch in Pietro da Bescapò ed. Biondelli,
Poesie lombarde inedite p. 42.
Hiatus.
A. Hiatus innerhalb einzelner Worte.
1. Hiatus mit dem Accent auf der zweiten Silbe.
§ 47. War der erste der beiden im Hiatus stehenden Vokale
kein /, so bleibt der Hiatus entweder, oder der erste Vokal wird
ganz getilgt. W^ir haben nur: mente y nëuno. Die Belege S 12. paese
Il 29; XI 135; XIII IO, 2%\ XVI 271, 284; XVIIl 195; tiiv. I 13.
paura III 77; XV 155; XIX 46, io i, 1 17, 135, 216; XXI 21g. creato,
creata, create, creo, crëao. Belege %12. ¡ëoni XI S2; Fa v. 1 35 /è'one,
XIII 49 maestri RGC» mastri LSMBNXZ
XIV 55 maestre atte cotid.
XVIII 72, 156; XIX I maestro alle coda.
XIX 60 maestro RCi mastro LSMNBCC»
XXII 4 1 mastri» alle codd.
Die Formen maestro und mastro kommen beide nach Bedarf des
Verses zur Venvendung. XIV 1561 reali, XV 106 folëasse LCC>C-
folìeggiasse RSCiMBNZ, r. XVI 21 aiuta RGNC'Z, aita LSMBCC^.
Das Reimwort ist gradita, verlangt also aita. Wir haben stets saetta
XVI 38; XIX 87, 150, 189; Fav. 1 48. soäue XVI 43. aiisa XVI
216. lèaie, lëanza, Belege § 12. X\I1I 21 r«///>// RLSGCC-, ruini
MBC*, cf. § 36. Wo der erste der beiden hiatusbildenden Vokale
/* war, finden wir öfter die beiden Vokale als eine Silbe gerechnet.
chandizione V80; VII 183; XI 181; XVI 134; ahcr chondizione l 17;
XVI 270. fiata-e V 95; XI 43; XV ^3'^ XVI 123, 25Ö; XVII 29;
ZaItMhr. r. rom. Phil. VII. iç
290 B. WIESE,
XX 52; Fav. 1 1 1; aber fiata I 55. prezioso I 90; VW 56, 157, 168;
X 5«; XI ^y, XIV 7Q; XVI 5; contrariose Vili 26; /rr^2w<7 VII
157; XIV 79; XVI 5. (ìiscrezione VII 254; doch fazzone XI 91
RLSBNC' fazione C'iMCZ generazioìte XI 182; presunzione XXI 172.
ír/W/Sí/ VII 194, 217; XIII 49. triare VII 232. ^/¿>;/ XI 24, 37.
i7/V?/>/V/ XI 37. disianza XIX lOi, 107, 126; disiata XIX HI. w/-
serichordioso XXI 185. ^/W/é' XI 84.
II. Hiatus mit dem Accent auf der ersten Silbe.
§ 48. In diesem Falle gelten die beiden den Hiatus bildenden
Vokale meistens nur für eine Silbe; nur im Versausgang zahlen sie
immer für zwei. Vielfach sind die beiden Vokale kontrahiert So
stets vo, soj sto, o, fate, trare und comp. Aus aerem haben wir,
sofern man alle angeführten Worte als aus einem Etymon geflossen
annehmen will:
r. IV 33 aria alle nur aera N (-uicharia)
VI 5 aire RN; aiere LBC^Z; acre SGM; arc C
IX 5 aria /';; alìeyt codd.
XIX 26 aria RSGMBCC*; aicra L; aira C*; aire N
r. XXII 14 arie RZ; aire LSGN; are MR; aiere C (-marc)
IV 5 bonariamente LMXC; bonarementc S; boniaremcntc G; bonairc-
mente C*; bonairamente B.
IV 33, IX 5 und XIX 26 ist die Form aria (nach Caix aus aira
wie lado Jadió aus laido Orig. § 86 p. 112 oben) gesichert. VI 5
haben wir die dreisibige Form aire (S(iM aëre)\ zur Tilgung des
Hiatus schieben mehrere codd. ein y ein. XXII 14 endlich ist im
Reime mit mare die Form aire ver^vendet und beizubehalten; in R
liegt vielleicht nur ein Schreibfehler vor: arie statt aire y cf. Caix,
Orig. >5 86 p. 1 1 1. IV 5 ist mit S bona remente aufzunehmen, welches
durch B und C* gestützt wird. — Der Hiatus ist übereinstimmend
in silmtlichen codd. getilgt XV 8 in dimorc^ui (nur C^ demoraict).
% 49. Der Hiatus, welcher entsteht durch die Ausstofsung des
V im imperf. ind. der Konjugation, bildet im Innern des Verses
meistens nur eine Silbe. Beispiele für Zweisilbigkeit sind III 34,
44, wo im erstcren Falle der Artikel /, im zweiten die Partikel e
folgt. XI 103 stendëa, XIX ^^ mdëa, — Beachtenswert sind fol-
gende Falk» von Hiatus. VII 107 lauorio RIJS iauorero GBNC /ä-
iiorio MC*; XI 72 AhVc alle codd.* — Die 3. p. ind. perf. der i. conj.
auf ao bildet Hiatus (cf. § 39 Aufzählung der Beispiele). XX 78
pronao VII 74 pensäo, F:benso faììio XXI 81 RSGBNC falñ LMZ.
— Das Wort dio ist immer einsilbig. XX 88 finden wir es in R
und (i zu di vorkürzt. F's ist gewifs dio herzustellen, wie alle codd
sonst immer U^s(in. — F>weit(irtc P^ormen wie ae etc. kommen im
Innern d(\s Verses nur in einzelnen codd. vor, und rühren von den
Kopisten her. VII 201 m SL; XVI 40 ae %\ XVI 39 /äk? SN; XIV
' Der Accent ist nicht sicher /u bestimmen; es müfstc das Wort im
Keim nachgewiesen werden.
DER lESOKETTO UND FAVOLRLLO H. LATINOS. 29 1
22 siae S. Fav. 1 27 uae LS. Im Reime haben wir jedoch: XI
27—28 zae-lae RLSGBNCC'Z; M quà-là-, XllI 71 sme{-mene)\ XVI
102 iene['bene). — Zwei gleiche Vokale im Wortauslaut werden
geschrieben.
III 45 Uscio I. p. RLSGNCZ Uscij C* Usci BM
VII 142 Audiui RBN Audio C Udì M
XIX 202 parti RM, ivo jedoch mutai zu lesen ist,
XVI 193 de 3. p. LBNCC dee SM; die andern dei oder de' 2. p.
XIX 8 dee RSN de LGMBCC'C»
XIX 41 de' omo RLSGNCC«.
Ist der zweite Vokal des Hiatus im Auslaute eines Wortes e oder
/*, so findet sich manchmal neben der vollständigen Form die apo-
kopierte, wie sie in der Toscana von ältester Zeit an gebräuchlich
war (Caix, Orig. S 89 p. 1 1 4). Wir unterziehen die einzelnen Bei-
spiele einer genauen Betrachtung,
uoi in allen codd, I 44, 58, 64, 66, 84.
uo' nur in M I 13, 4I, 73; XIX 174, während alle andern codd. gleichfalls
uoi haben.
poi in alUn codd, I 102; V 15, 23; VII 92, 265; XII I, 22; XIV 31.
po' in M I 14, 43, 74; II 27; III 54; IV r; V 65; VI 9, 30; VII i; Vili 21;
XI ICI. 159, !6o; Xm 75; XIV 18, 38; XVII 10; XIX 177; XX 90, 107;
XXI 20; alle andern codd. poi.
SonsHge Fälle I 104 po' GM; III 40 MC; XI m GM; XH 19 MC».
XII 26 chui alle codd., nur cu' M
XVI 100 chui alle, nur chu' LM
XVII 41 chui alle, nur chu' L
XIX 76 chu'- chui R; chui -chu' L; cui -cui SGBC; qua'- qua' M;
chi -chi NC; quai -quai C*.
XV 23 assai alle, nur assa' M
XIV 77 assai alle, nur assa' L
XIX 163 assai alle codd.
XVI 27 noi alle codd., nur no' L
XVIII 129 noi SGMBNCC2Z no' LG (no RC»).
XVI 149 e' RLSGMNCZ el BC»
XXII 5 1 e' LSN ; ei GB ; que' M ; clli RC ; egli Z
Fav. I n4 e' LSGN; el R; elH C.
IV II lui alle codd. (luie C«)
XVI 229 lui alle codd., nur lu' L
XIX 184 lui LSBNCC«Z lu' RGMC«.
XVI 200 altrui RSGMNZ altru' L
216 altrui RSGBNC'C«Z altra' LM
58 altrai in alien codd.
XXI 218 altrui alle codd.^ nur altra' L.
19^
\3- ■ ^
^■%^
292 K WIESE,
XIX 42 que' RLSGMC»N quej BC«
XX 49 que' RLSC:X quel G quella MBZ
XXI 248 que' RLSMNCZ quei GB
325 quel RLSGMNZ quei B quelli C
XXII 47 que' RLSMN quei B quelli C.
XXI 267 tai G ta' RLSMC; tali N; tal B.
omai /;/ a//en coJd. VI l; XVI 282
ormai im Keim X 79; XII 52; XV I; Fav. II 24
VI 41 mai al/et nur ma' L; ebenso XI 46
VII 66 mai alie, nur ma' RC^
XV 207 omai alie, nur orna' M
Fav. I 1 1 2 mai SGCNF ma' ROl
II 8 mai aiic, nur ma' M.
Nur //{)/, poi, cimi (XIX 76 an erster Stelle gegen R einzuführen),
iìllruiy inai, ornai, ormai (inai auch Vil 66 und F'av. I112 gegen R
aufzunehmen) sind sicher belegt. Aber e^ ist bezeugt XVI 149 und
XXII 51 zu adoptieren, wo elli in R den Vers um eine Silbe zu
lang macht. Fav. I 114 können wir mit R el beibehalten. Ganz
analog ist die einzig sicher belegte Form que\ und XXI 267 ist
ta' aufzunehmen. — Die 2. p. praes. conj. vor essere: sie ' kommt
nie apostrophiert vor. XXI 163 si'essa R = sie essa als 3. p. ist
mit den übrigen codd. in sia tssa zu bessern. Ebenso ist 274 sia
als 3. p. einzuführen, wo R si' = sie hat. Dagegen stimmen sämt-
liche codd. in der Verwendung von st^ überein; dies Wort kommt
ììiir so vor. Die Beispiele für essere, welche ich sämtlich gesammelt
und verglichen habe, anzuführen wird nicht nötig sein. — ße, wie
R konsequent liest, (die mtusten übrigen codd. Jia) wird nie apo-
strophiert. Beispiele: V 83; X 6g, 76; XU 44; XV 35'y XVI 201;
XVIII 20.
In der 2. pers. praes. ind. nur pt/oi: VII 252; XVI 46 (R zu
emendieren); XVI 50; XXI 125; Fav. 1 120 (R zu emendieren).
nur </ei: Y ^3; X 28; XVI iii, 194, 258; XVII 56; XVIII 182 und
daher ¡st XVII 43, wo R f/e' essere hat, mit allen andern codd. M
zu lesen. Nur ai: X 47> 80; XVIII 83; XX 24, 89; XXI 72; XV
1Ò4 hat R im Reime a*-da\ was mit allen andern codd. in ai-dai
zu ändern ist. Nur uai: XVI 233, 235; XVIII 91; XX 47; XXI 40.
Nur dai: XV 163; XXI 106. Nur///: XV 195; XVII 56, 93; XX
Ò9. Nur W: XV 182; XVÌII63; XX 31,90; XXI 22; Fav. I 56. —
So haben wir in der 2. p. fut. ind. nur -ai, VII 137; XII 16, 20,
28, 32, ^^y ^y, XII 22 ¡st udirai herzustellen (R uedera\ L udira)\
X 34 [^iorra' C); X 70, 7«, XU 14, 2y, XV 18, 19 {sarà' C); XV
205 [s(ra' C); XV 208; XVI 35, 105, 132, 104, 85, 199, 200, 204,
277; Fav. 1 122. Ebenso in der i. p. cond¡t. XVI 279 poirei\ XIX
' Daneben scheint sin «gesichert; sij nur in R(''-'. Für die 3. pcrs. sit statt
àia ist stets zu emendieren, wie die Übereinstimmunj; der besten codd. zeigt.
DER TESORETIO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 2Q3
169 farei\ XVI 22 sarei. Ebenso in der i. p. perf. ind. II 76;
III 47 ¡st /¿'/gegen Je in RM zu lesen. III 54; III 56 (R dirizza)',
XIV 18, 74; XIX 39» 40» 43» 48, 53 [p^'^gha' N) 71, 72, 184, 202,
212, 213, 214; XXI 7; XXII 2, 3, 4, 21, 27, 28, 2>Z^ i^j, 38; Fav.
II 2"^. Sicher belegt ist nur die i. p. fui IV 11, 12; XII 54; XIII
6,7 gt'gen R herzustellen; XVil 12; XIX 16, 70, 93, 208; XXII
30. — Besondere Beachtung verdient die 3. p. perf. ind. fue, fu.
Die Form fue ist im Reim und sonst gesichert. Andrerseits ist
aber an vielen Stellen die Form fu von so zahlreichen codd. über-
liefert, dafs kein Zweifel daran sein kann, sie habe dort ursprüng-
lich gestanden. Wir müssen also annehmen, dafs die Formen fuc
und fu promiscue gebraucht wurden.
III. Hiatus aufserhalb des Accents.
§ 50. Die Beispiele eines erhaltenen Hiatus beschränken sich
im Tesoretto auf einige Fälle in vortoniger Silbe, cr'caturay creatore y
lëalmenley lëaltate. Die Beispiele § 12. disuïamenlo XV 77; maestria
XVI II, 196; XVIII 120, (C"^ mastriay wo dann eine Silbe fehlt)
127; XIX 211 (C"^ mastria, die fehlende Silbe ist ersetzt); maestranza
XVI 1Ò7; XI 82 leofanti, — Stets getilgt ist der Hiatus in ornai.
VI I ornai ¿n allen codd. y nur oymai C*
X 70 ornai LSGMBNC^Z ormai RC
XII 52 ornai LSGMBNC»Z ormai RC
XV I ornai LSGMBNCC'CSZ ormai R
207 omai alle codd.
XVI 282 omai alle y nur ormai N.
R ersetzt an drei Stellen die prov. Fonn durch die italienische; es
ist aber stets mit der Autorität sämtlicher codd. omai beizubehalten.
Fav. II 24 lesen RLSMCF ormai, nur G und N omai\ da wird ormai
ursprünglich sein. — Erwähnen will ich noch, dafs XVIIl 37 sämt-
liche codd. die Form atar bieten, welche Caix, Orig. §90 p. 114
auf *a\jyiare zurückführt. VI 59 alasse in allen codd.; nur C^
aitasse. Hier wäre also der Hiatus durch Kontraktion getilgt. In
auoiterio XXI 316 [adulterio BM) ist zwischen die zwei Vokale ein
hiatustiigcndes v eingeschoben.
§51. Wir haben hier noch das proklitische Personalpronomen
io und die proklitischen Possessiva tnio, tuo, suo zu betrachten. Die
Formen ttoi, voi, lui, lei kommen in unserem Gedichte nicht mehr
als tonlose Pronomen vor. — Die codd. stimmen inbezug auf io
meistens im Gebrauche der nicht apokopierten Form. Letztere
finden wir besonders häufig in den codd., die auch / meistens ab-
stiefsen, in L und M. R zeigt auch öfter solche Formen. Sämt-
liche codd. stimmen im Gebrauch der Form io: II 2^, 51, 58, 74;
IV 7, 20, 26, 36; V 76, 87; VII 17, 64, 248; IX 20, 23; X 44;
XI 117, 173, 187; XIII 12; XV I, 131; XVI 24, 155. M allein
hat /', die andern codd. io: I 70, 77; II 40; III 61; IV 1 1» 30, 31 ;
V34; VII 126; X6; XI 94» 161, 189; XV 213; XIX 168, 202;
XX 21; XXI 347; XXII 4, 46; Fav. U 13. M und L allein haben
294 B. WIESE,
t\ diiî andern codd. io: X 43; XI 9, 17, 60, 177, 199; XIH 8, 22y
38; XV 2; XVI 20; XVII 20; XIX 94» 99» U^, 170. »73; XX 26,
107, 108; XXI 13, 330, 342, 353; XXII II. G und M allein /':
VII 21, 123; XI 88; III 51. L allein hat T: XI 174; XII 47. 5^;
Xlll 22,y 45; XIV I, 65, 66; XV 7» 4i; XVII 12; XIX 21, 81; XXI
340. L und S allein C VII 41; XIV 189. LGM allein /' III 20.
MC allein /' III 6. LMC» allein /' XIX 66. IMCC» allein /' II 59.
GMN allein /' VII 196. — In allen bisher angeführten Fällen ist
io aufzunehmen. Wir fassen folgende Fälle näher ins Auge. I 87
i'"o alle codd. XIII 46; XVIII 145 alle ebenso. I 99 t'"o RLSMNC
io 0 GBC». XIV 90 t'"o RLSNCZ i' BM; hier ¡st farò im Verse zu
lesen, wie v. 92 beweist und das i*"o fatto also durch Schreiber
eingeführt. XVI 268 io 0 RGMBC-^ fo LSCC». XVIIl 106 i'o R
ioo MBC2Z.
m 25 ch'i' RGZ
54 ch'i' RLSMN
IV 29 eh' i' RLGM
VII 271 ch'i' RLSBM
XI 137 ch'i' RLSGM
XIII 7 ch'i' RLSMC»
43 ch'i' RLM
47 ch'i' RLM
XIV 59 s' i' RLM
XV 84 i' RLGM
131 s'i' RLSG
XIV
52 i' LSGMN
XVII
61 eh' i' RLM
XIX
7 ch'i' LSMBC»
39 s'i' SMCN
69 eh' i' RLGC
XIX 71 i'
RL
73 eh' i'
RI,
205 ch'i'
RLBNC«
238 s' i'
RMC»
XX 12 ch'i'
RM
105 ch'i'
RM
106 ch'i'
RLM
no s'i'
RLM
XXI 20 eh' i'
RLSM
328 eh' i'
RLS
343 eh' i'
LSGM
XXI I IO ch'i'
RLM
38 ch'i'
R
Fav. Il I ch'i'
RT.MF
7 ch'i'
RSM.
Bei den zunächst zusammengestellten Fällen, wo dem io ein 0 =
haheo folgt, (eigentlich unter Hiatus zwischen zwei Worten zn be-
handeln) scheint die Elision des ersten 0 vor dem zweiten Regel
gewesen zu sein. I 87, 99; XIII 46; XVIII 145 ist es am besten
belegt, daher XVIII 106 mit R beizubehalten. XVI 268 war es
vielleicht auch das ursprüngliche. In wie weit die apokopierte
Form von Brunetto gebraucht ist, läfst sich mit Sicherheit nicht
feststellen. Aus den Beispielen scheint jedoch für eine Reihe von
Fällen ihre Anwendung sicher hervorzugehen: III 54; VII 271; XI
137; Xlll 7; XXI 20; Fav. II I. Vielleicht liegt in allen Fällen
Alteration der Kopisten vor. Bemerkenswert ist, dafs io allein-
stehend in R und in den meisten andern codd. fast nie apokopiert
wird (XV 84 und XIX 71 sind die einzigen Beispiele in R), son-
dern dafs in dem Falle der Apokope ihm stets che oder si voranf-
geht. — Apokope des Artikels kommt nicht vor. Unserem Gedicht
sind die Fonnen dei, ai y dai noch fremd. In folgenden Stellen
sind die einfachen Praepositionen das ursprüngliche»
DER TES^OKETIO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 295
I 105 di RGS
de' LMBNC
II 56 a RNC
ai BC»
IJ 9 di RB
de' LSGMNCZ dei C
10 di RGBN
de' LSMCZ dei C
VII 263 di RL
de' SGMCZ
IX 3 di RLSGBNCC>Z de' M
XII l 61 di RGBNC» de' LSCZ delli M
XVI 170 di RMBC de' LSGMC»C^
XXI 25 a LSGMBNCZ ai R
32 a RLSGMCZ ai B ali N
XXI l 48 di RGBNZ de' LSMC.
Wir kommen zu mio y Ino y suo. Sämtliche codd. stimmen übercin
im (iehrauch von: mio II 28; •X 12, 87; XI 21; XV 15; XIX 17,
191. tuo XXI 98; Fav. 1 120, 129; II 19. suo II 12, 57; 111 t,t^\
V 2i,y 51, 59; VI 12, 31; VII 2, 118, 192; X7; XXI 310. — L
allein hat mi' X 48; XI 178; XII 3, 4o; XV 51; XVI 19; XIX 227;
XX 98; XXII 29. ///XVI31, 112; XVII 49» 83; XVIII 48» 100,
176, 195; XIX 29. su' XI 144, IO, 14, 16; XV 12, 114; XVi 159,
280; XVII IO, 17; XVIII 8, 56; XIX 138, 169, 213, 228, 294; XX
68; XXll ^^. — C» hat allein su' VII 15; N j«* V 15; iM allqin
mi' V81; XVIil 205. — L und S allein /;//' VIII 14; XIX 228;
su' III 53, 57; XV 14«; XVI 24. /// XV 221; XVIII 163, 181;
Fav. II 25. — R hat allein /// XVI 125; su' III 30, 74. — F.ndlich
einige Beispiele, wo mehrere codd. apokopiercn: LSCN su' IX 6;
LN SU XV loi; LB iu' XVI 227; LR mi' XV zy^ tu' XV 194; XVI
129; XXI ro3. su' XI 47» 49; XV 214; XVI 130. RNZ iu' XVI
100. RLS tu' XVIII 136; XV 46; su' XVI ii^. — Endlich Fav. II
4 mio NCFZ vii' RLSGM. Man sieht, dafs das zuletzt angeführte
Beispiel das einzige wäre, welches zu gunsten der apokopierten
Formen spräche. Doch die sonst so grofse Übereinstimmung sämt-
licher codd. läfst uns in den vorkommenden Fällen der Apokope
auf Alteration von seiten der Schreiber zu schliefsen. Namentlich
in L ist diese Alteration sehr häufig, wie in demselben cod. bei io.^
B. Hiatus zwischen zwei Worten.
Ja 53. Zwischen zwei gleichen Vokalen.
a + a.
Der Artikel wird stets apostrophiert. Sonstige Beispiele sind:
I 24 tuttora afínate RLMGN tuttor SBCC»
II 15 chorona atende alle codd.
60 cittade auerc RLSMBCC città auerc GNZ
III 92 uenia a LSGBNCC'Z ueni' a R
V 40 mia arte LGMBNCC^Z mi' arte S
' Ich habe in dieser Zusammenstellung^ des Vorkommens vor mio, tuo,
suo auch die Fälle vor folgendem Vokale mit aufgezählt, in denen bei Weg-
fall des o Elision vorliegt. Beim f flatus zwischen zwei Worten bringe ich
sie unter den einzelnen Rubriken noch einmal.
296
B. WIESE,
V
S8
VII
61
80
VII
116
186
187
XI
25
42
XIV
37
XV
57
76
82
155
176
210
212
XVI
29
40
281
XVII
87
XVII l
17
25
66
69
178
XIX
25,
SO
104
^50
XIX
156
XX
72
85
XXI
62
100
»^3
161
191
220
233
:ì43
>0/
304
339
Fav. I
25
27
37
II
11
bangna a LSGC'Z
cosa (tiuenga LSGBCV
chontra a GZ chontra <//> andern codd.
eh osa auanza alle
tutta abattuta LSGMBNCC>Z tutt' abattuta R
tocch'a alle codd.
misura auere alle codd.
ad altra alle codd.
passa a alle codd.
molla a RBNMC
chiama alchuna alle codd.
chosa adiuengha RMNC'C'^Z
queir arte alle codd.
ad amicho alle codd., nur MZ amicho
anchora abi RSGMZ . ancor abbi
ma" altro RLSGMZ
uà" a alle, nur in R fehlt a und eine Silbe
sua arte CC'C-Z su' arte
ma" a LSMBNC'O m'a
lingua adorna alle codd.
torna a alle codd.
possa auenire LGMNSCC^C^Z poss' aucnirc RB
RLSGMBN
RGCZ
mia arte ^ICC'Z
forza a alle codd.
uada al RGBNCZ
s' arischi' al RG
quell'andata RLSGC»
26 ora auca R
ognora atendo alle codd.
sua arte ('C*C-
saetta aguta alle codd.
su' arte RLSGMC
tuttora a alle codd.
guadagna argento alle codd.
parola acerba alle codd.
sia altrui alle codd.
ad alchun alle codd.
uà" a RLSGBNZ
pensa amico LSGM
uengna a alle codd.
inganna altrui LSGMBNCZ
presta a alle codd.
toc eh a a alle codd.
mangia a RLSGBNCZ
ora a RLMNC
(piesta amistà RGMNCFZ
ua"alchuno RGMNFC
fina amanza LS; fin' RNCFZ;
fermât' a alle codd.
mi arte
RLSGBNC«
uad' al LS
s' arischia al LSMBCC»C<Z
quella
BNCC^Z
or
LSNBC«C»
su'
RLSGBZ
sua
Z
u.ie a
pens' amicho RBNCZ
or
SGBZ
(¡uest"
LS
uae
LS
fine GM
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 297
Sicher ist also quell'arie XV 76; quell' ondala XVIII 178; mi arte
XVIII 17; SU arle XV 212; XIX 104, 156. So ist V 40 mit S mV arte
aufzunehmen. VII 116 haben wir loccU a^ aber XXI 267 loccha a.
XXI igi pens' amicho] Fa v. II 11 fermar a. Fav. I 27 läfst sich
nicht entscheiden, ob fifia oder fine apostrophiert ist Hei ora und
compos, kann, wo wir die Formen ohne a haben, die in den Wor-
ten übh'che Apokope eingetreten sein. Bei chontra haben wir keinen
Grund Elision eines a anzunehmen, cf. î^ 8. Oft bildet iia (3. pers.
praes. ind.) und ma mit folgendem d Hiatus, auch ohne dafs in
diesem Falle dem ma ein r/ angehängt ist. XV 276, 210; XVI 2g;
XXI 161; Fav. I 27. Dagegen ad altra VII 187; ad amicho XV 82.
VII 80 ist in R tulla vor folgendem a apostrophiert; XVII 87 poss^
auenire in BR; III 92 ueni* a R. In diesen Fällen behalte ich die
Fllision bei. Wie weit sich die Elision ursprünglich ausgedehnt
habe, läfst sich nicht ermitteln; wahrscheinlich ist es, dafs sie viel
üblicher war, als die codd. es erraten lassen. Um eine Norm zu
haben, bewahre ich die Elision im Texte überall dort, wo R sie hat.
0 + 0 (u).
Der Artikel wird stets apostrophiert. Weitere Beispiele sind:
III 74 locho ordinate aile, nur loe' ordinate S
VII 135 dopo ongni LZ dop' ongni SBN
XI 95 alclmno omo RSC; alcun LC*Z; nuli' omo B
133 sono oltre RMGNCC'Z
XV 194 tu' onore RL
XVIII 48 tuo onore RSGMBCC'Z
140 suo orghollio RSGMBCC'C'^Z bu'
XIX 145 quando omo RMNCC-
XXI 140 od offendesti LSMC
XXI 176 saluo o LG
XX 22 dop' una RLM.
Nur bei dopo scheint Elision eingetreten zu sein VII 135 und XX 22.
Beide male sind die codd. sich aber nicht einig in der Anwendung
des Wortes. Nach einer Liquida XI 85 lor usanza RGMNC'Z; XVI
94 buon uso RLSMBN.
e + e.
che, chôme, doucy onde, dunque, one, se verlieren ihr í vor folgen-
dem e\ ebenso das adv. bene, während das subst. btne es st(its be-
wahrt Die Belege für bene adv. und subst. sind: VII 215, 268;
XI 180; XV 124; XVIII 124; XIX 187, 198; XX 18; XXI 188, 297,
315; Fav. I 121. Weitere erwähnenswerte Beispiele von Elision
finden wir an folgenden Stellen.
VI 71 l'anim'e'l R T anime e' 1 LSGMBNC
XVI IG douess' e R alte andern coJd. douesse e
XVII 60 foll'è atte coti J. \ XVII I 52 al/e, nur folle è GM
XVII 105 ani' e RLCC* ame e S; die andern ami e
Fav. I 115 molt' erbe LSG molte erbe RGMFN.
son
LSB
tuo
SGMBNXC»C^Z
tu'
L
su'
L
quand'
LSGB
ooíTen«
lesti GBZ
salu' 0
RS
2g8 H. WIESE,
YÁne Reihe von Fällen des Ausfalls des ersten e haben wir, wenn
vor ihm eine liquida stand. X i8 cko/d/ e RLBNC^ ; Fav. 1 130 id.
RLGCF; das erwähnt j /0//' t»; XXI 21 ragion è alle codd.; XXI 49
frjr esser RLSN; Fav. I 34 uuo/ esser RÌ.SGMNFZ. — Nach Be-
dürfnis des Verses tritt für e/ie die Form ched ein, welche dann
mit dem folgenden e zwei Silben ausmacht. Oft wird vor den
codd. ehe" e geschrieben, was zu belassen ist, wie gleichfalls vor a
und 0, Häufig contrahieren die codd. dies c/ie"e dann in ck'e; im
letzteren Falle ist die Änderung aus dem Fehlen einer Silbe im
Verse ersichtlich. So: VI 52 in L; VII 14 LZ; VII 30 L; VII 209
RLSBNZ; X 58 CO; XVIII 168 RGNCZ; XIX 185 LSGMNCZ;
XXI 15 LSGIM13C, wo in allen diesen codd. die fehlende Silbe er-
setzt ist. (era statt f^). — E als Konjunktion bildet mit folgendem
e immer Hiatus und wird dann in der Regel Ed [Et) geschrieben.
S 53. Hiatus zwischen zwei verschiedenen Vokalen.
a + o (u).
XI 1 65 là' tu P R là ou' è N. Die übrigen codd. haben diese
gewifs ursprüngliche Lesart verdorben.
XIX 64 passa oltra RMNCZ pass»' oltre LSGBC»
Fav. II II lungha usanza RSGMNCFZ lonf;* usanza L.
Die weiteren Beispiele sind wieder solche, wo dem ersten Vokale
eine liquida voraufgeht.
XIII 60 buona usanza RSGMBN('('*Z buon' usanza L
XVI 68 buona usanza RSGMBNCC^Z buon' usanza LC*
87 buona U!^anza RSGMBNC*C-Z buon'usanza LC
XVII 112 buona usanza SMGBCC»C^Z buon'usanza RLN
XXI 165 male usanza R; mala SGBZ; mal' LMNC
XV 37 nuli' ora RLSGMBC^C^Z nulla bora N
XIX 118 ciaschun' ora (i//e coiid.
1 46 queir ora aHe codd-* nur C- quella hora
Fav. I 84 ciaschun' ora alle codd.
Sicher ist nuir ora^ queir ora, ciasehun* ora^ wie noch heute.
a + «•
Die vorkommenden Fälle der Elision des a sind nur nach
einer liquida.
II 4 eil' era RLSGMBCC^ ella B
II 14 or è RSG, welches die richtige Lesart ist,
VIII 8 altr'e alle, nur R verdorben.
9 un' è LGBC» una RSNCZ
13 altr'e RLSGB; die andern codd. verdorben,
XIII 74 un'ò RLSGNXC^Z una MBZ
XVI 23 eil' è LMSC« ella RGBC«
XVI 188 buona e alle, nur L buon' e
XIX 27 Or è SLBNCC» Ora R
Fav. I 116 natur'è RLS natura è GMNF.
lin
RLNC»
ciascun
LB
lîn a
RLMCC»
beir amicho
RLMC»
buon
LBZ
buon
GC
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 299
O fa.
m 46 eh' io auea alle, nur M i'
VII 21 ch'io auea RLSBNCC'Z i' GM
XI IO suo alto alle, nur L su'
14 suo affare alle, nur L su'
21 mio auiso alle codd.
XVII 100 quand' ai alle codd., nur CC'^ quando
XI JC 238 s' io alquanto LSGBNC s' i' RM
XIX 203 pecchato ai RBCZ peccat'ai LSGN
272 tutto arso BNCZ tutt' arso RLSGM.
Auch hier sind in der Regel also beide Vokale erhalten. Nach
einer Liquida fällt wieder der Vokal häufiger weg.
X 13 loro arte RMNC»Z lor LSGBC
XI 134 sono abitato alle, nur B son
148 fino a SGMBCZ
179 ciaschuno animale RSGMNCC^Z
192 fino a SGBNZ
XVI 29 bello amico SGCBNC'^Z
XVII 18 bello achollim^/ito alle codd.
100 buono amicho RSGMNCC'C'-* buon
XVIII 163 buono amicho RLSMBNC^C^Z buon
XIX 122 fino amante alle, nur L fin
127 fino amor RSMNXC'C^Z fin LGB
XX I fino amicho alle codd.
XXI 104, 127 metterlo al alle codd., nur L metterl' al
Fav. I 18 bono amicho alle, nur L buon
47 sono amici alle, nur L son
51 nullo altro CFZ nuli' altro RLSGMN •
52 loro auere alle, nur L lor.
O -|-e.
quanto, tanto, questo, quello, uno, altro, uero, molto, quando wer-
den vor e stets apostrophiert. Nach einer liquida haben wir fol-
gende Beispiele:
I 39 buono ettor alle, nur B bon
IX 15 ciaschuno c GMCNZ ciascun LSB
XV 28 sono errati alle, nur L son
XVIII 126 buono e alle, nur L buon
Fav. I 22 ciaschuno e alle, nur GC ciaschun.
Die Nichtelision herrscht entschieden vor.
o -|- i.
XIX 16 und XX 95 ¡st quant' io in allen codd., XV 16 f a fid' io
RLSGB, t' aceri' io NC, V acerto io RlC-*. Alle drei Beispiele sind
sicher.
300 B. WIESE,
e + a.
che, ne, le, se und come finden sich stets apostrophiert che
bildet auch hier unter Umständen mit dem folgendem Vokale zwei
Silben und bewahrt ()fter sein ursprüngliches d. So VII 143, 193;
XIII 57; F'av. I 68. — Fälle der Elision des c vor 0, wenn ihm
keine liquida vorangeht, sind fast nicht belegt. XIX 345 seiCarii
R, ditî übrigen codd. seile. Fav. I 66 grand' abondanza G, grande
LSMNCFZ. — Die Beispiele der Fllision des e nach einer liquida
sind folgende.
I 20 bene aucn ai/e, nur nur B ben
VII 18 nobile affare al/c, nur NZ nobil
192 nobile affare alU, nur GB nobil
VHI 20 chonuene achordare alle, nur B conuen
IX 12 rinfrcnarc a LBCC* rinfrenar R
XI 8 ben a alle codd. XIX 124 ebenso
XI 51 tiene altra LCC'Z tien' altra RSMBGN
124 mostrare a alle, nur B mostrar
XIV 26 dimorare alle, nur B dimorar
XV 202 chiamare a alle codd.
XVI 146 fare altro RCC» far LSGMNBC»Z
209 bene apensato RSNCC* ben LGBC*
250 fare adiifforanza alle, nur L far
259 fare a SGMNBC»Z far a RLC«
XVII 43 essere achorto alle, nur MB esser
46 Hire a RSGMNXC»Z far LBC«
XVIH 20 tale altez¿a alle, nur BC* tal
42 uenire a alle, nur B iienir
94 milyliore arte LMXC* miglior RSGBCC*Z
117 mostrare asprezza RSGMNCC'Z mostrar LBC*
1 23 bene ardito alle, nur LC ben
133 bene apreso alle, nur L ben
1 75 j>iire allenisse G ; alle andern codd. pur
202 bene apresso SG; alle andern codd. ben
XXI 28$ mangiare anzi RLGMCZ mangiar SBN
354 andare a LSGMBNC andar RZ
Fav. I 58 pure a MFZ pur R LSG NC.
Sämtliche codd. stimmen in der Klision nur bei bene XI 8 und
XIX 124.
e + o (u).
che. Sty ne und der Artikel le werden sti'ts apostrophiert cfu
bildet nach Bedürfnis des VtTses mit dem folgenden Vokal Hiatus:
III 00, 201. Hei se ist XVIII 14c) in SGMN die F'lision unterdrückt
Vereinzelt sind Heispiele wie:
II 70 grande onore alle, nur grand' onore in L
XV 32 doue onor SBCC'Z; dou' onor GL; oue onor RNMC
XVIII 71 graue onta RMBN'CCT^Z grau' onta LSG
DER TESORETl'O UND FAVOLELLO B. LATINOS. 3OI
XXI 28 enfiaste unque R enfiasi' unque G {die meisten
andern codd. enfiasti).
Aber tutt'ore XV 19 {nur C tucte ore) und Fav. I 34 tiUt'ore RMSCFZ (lutte
l'ore GLN).
Fälle, wo dem e eine liquida voraufgeht:
III 24 chôme una alle» nur N chom'una
XVI 245 come homo CC^; alle andern Chom' on
V 32 pure un LGC pur RSNBC»
VI 74 dicere ose RLSN dicer GC
X 48 dire o RLGMCC^Z dir SBN
XI 140 partire una alle, nur N partir
XIII 68 pur una RLSZ
XV 81 fare onore SMNC far RLGBC»C«Z
201 fare un alle, nur BC^ far
XVI 62 dicere un RLSGMCZ dicer BNC»C*
64 pure un M pur LSBCC*
XVI li 107 fare una alle, nur BC- far
XIX 121 pure un G alle andern pur
158 pur uno RLSGMCZ
XXI 35 bene o alle, nur B ben
142 sengnore o alle, nur signor o B
165 male usanza R malusanza LMNC
246 bene udiresti C ben alle andern codd.
Hier herrscht dieselbe Unentschiedenheit, wie wir es bei den übri-
gen Vokalkombinationen gesehen haben.
>5 54. Die Fälle der Elision für m als praep. und in compo-
sitis anzuführen ist nicht nötig. Die Zusammenstellung sämtlicher
vorkommenden Fälle (einige Hundert) ergab mir, dafs die Elision
des / hier ungemein häufig vorkam, wie Caix es für die ältesten
italienischen Lyriker gleichfalls nachgewiesen hat. In den Fällen,
wo die codd. sich liicht (»inig sind, lese ich mit dem cod. R.
Als Gesamtresultat meiner Untersuchung über den Hiatus zwi-
schen zwei Vokalen ergiebt sich, was Caix inbezug auf unser Ge-
dicht in den Orig. § 96 pag. 124 bereits ausgesprochen hat: der
Hiatus ist vorherrschend, aufser für />/, hei dem die codd. oft in
der Elision übereinstimmen. Dafs che und ma, wie bei den ältesten
Lyrikern, (Caix, Orig. S 98) oft noch eine Silbe für sich bilden,
haben wir gleichfalls belegt; dafs in diesem Falle die beiden Wört-
chen stets mit d zu schreiben seien, glaube ich nicht, wenigstens
geht es aus unseren codd. nicht hervor. Caix scheint es anzuneh-
men, wenn er in §98 unter ß 12,38 ke allrui einem ched altrui
gegenüber als den Hiatus authebend annimmt. Ebenda « 3, 18 f?ia
ubiJenza gegenüber mad uhidcnza, und in einem Beispiel aus unseren
codd.: M che t! gegenüber L ched A (Dies Citat ist in L Fol. 18
nicht aufzutreiben).
itf^â^
302 B. WIESE,
Fall unbetonter Vokale.
a.
§ 55. Anlautendes a ist abgefallen, indem es zum Artikel ge-
zogen wurde, in siorhmta XXII 41, welches M und B in astronomia
ändern. Ebenso X t^t^, Intll. p. 37 sioriogia cod. gadd. XV 44
nehme ich mit RBC*^ ¡o ghosiaro in den Text auf. Z mit der Lesart
lo suo staio scheint auch auf diese Fornì hinzudeuten. In der Rosa
fresca V v. 22 bietet der cod. A dumilia gastar i\ D'Ancona ergänzt
unnötiger Weise ein a. Das a ist apokopiert.
§ 56. Über den Ausfall des Schluss-/? in ora und compos.,
cf. § 7.
o.
§ 57. Ks ist ausgefallen in:
VII 148 orratamente alte cinid. (M ornatamente)
XVI 161 orratamente RLSBN onoratamente G
XVIIJ 192 orratam/'wte RSGMBNC* onratamentc L onoratamente CC*Z
XVI 85 disnore SC^ disinore RLGMBNCC'Z
II 20 barnagio RSGMBNC* baronaggio LCZM
XVIII 179 barnaggio LSGBNC'O baronagio RCM
Fav. II 19 adesso 1 addes. I addes I
20 palamidessoj palamidess.j palamidesj
orratamente, dhnorey harnagio sind die Formen, welche an den
beigebrachton Stellen vom Metrum verlangt werden. Fav. II 19 — 20
hat eine offenbare Änderung in MNC stattgefunden. — 0 am Ende
fìillt, wo es der Vers verlangt, oft nach /, ;;, r .und nach m in der
Verbalendung -;;/ö, in omo und como. Alle codd. stimmen ferner
in der Anwendung von uer, Beispiele: IV 3; Xi 26, 30; XII 57;
XIX 243; XXI 137, i6o.
e.
S 58. Erhalten ist es in:
VII 105 sofferite RLSBNCC'Z
XVHI 70 soferire alle nuid., nur C* soffrire
XV 116 chonperan RSGMZ; comperar LCC*; cöpa C*;
comparar B
XII 20 uedcrai R und ebenda v. 22 uederà R
34 umilemente RNC* humilmente BC
XV 134 donerei R doiieria C deueria C*V, die andern donna
XV 134 blasmare RLSGMCCK'« biasimare BNZ
XVI 132 biasmaio LMSGBNC'C^i biasimato RC
XXI 116 biasimo RLSGMXCZ biasmo B
138 biastemiasti und 247 biastemiare alle codd.
314 blásmalo Rli^GMB biasimato NCZ
XIX 224 umilemente RLSGMBXO« umilmente CC«Z
XXI 17g aneria LSG aurcbe RMBXZ auerebbe C.
Gefallen ist es in:
DER TESORETTO UND FAVOLELLO H. LATINOS. 3O3
IV 31 operar (ourera) alle codd.
VII 220 oura RBNGC» ouera LS
aber XIX 104 adouera RLSBNCC adoperar G
V 5 operamento alle codd.
XIX 156 aouerar RLSGMCZ
XXI 34 operato çlle codd.
Ferner ist e gefallen in :
II 65 benfare subs f. alle codd.
XVII 140 benuogliente RLSGMBCC'C^ beniuogliente NZ
XX 136 maluolglienza LSGBC
XXI 131, 265 malfare subst. alle codd.
Fav. I 9 benuoglienza alle^ nur Z beniuolenza
VII 232 ritrare MBNCZ die audern triare
XI 189 ritrare RLSBN
XIII 53 ritrare LSGMBNCC'Z chontare R
XIV 87 trare R; contare LS; rimare GMBNCC'Z.
l^rhalten ¡st e in soff er i le, so/e r ir e \ in chonperan und umilemenle XIX
224. — XII 20 und 22, wo R uederaiy uederà hat, muís dies e ge-
tilgt werden; ebenso XII 34 in umiiemenle, in donerei XV 134, will
man nicht noi statt nollo setzen; in awria XXI 179. — Synkopiert
ist e in oura VII 20, opera IV 31; aber adouera XIX 104; oper ámenlo
V 5; aouerar XIX 156; operato XXI 34. — e ist ferner gefallen in
blasmare XV 134; hiasmatolsS\ 132; biasmo XXI 116, wie der Vers
gegen fast alle codd. verlangt; XXI 314 blásmalo. Aber XXI 138
biaslemasliy 247 hiastemiare. Ferner ohne e benfare, benuoglienle,
benuoglienza, malfare, maluolglienza\ (so ist XX 136 aufzunehnien).
ritrare XI 189; XIII 53. — Schlufs-r nach /, r, n konnte nach Be-
dürfnis des Verses fallen.
1.
S 59» ^^'ir haben ;' gegen das richtige Versmafs erhalten VII
115 in sottilitade RLGMBNCC, sott iliade S. Es ist also zu tilgen.
Den Ausfall des /* haben wir femer in folgenden Beispielen: dottare
XVIII 62 ; incarco XIX 190; nimistanza XVIII 85; uengianza XVIII
107, 148; semana y^ 11. Bei dritto führen die codd. oft den Vers
störend das / wieder ein. Die Beispiele sind:
XI 151 dritto RB diritto LSGCC'Z; M diritto mit rictiti^^er Silbenzatil
XV 209 dritto SGMB diritto RLNCCC^Z
XIX 81 dritto L; ritto BNC«; diritto RSGCC«; M diritto bei rictitij^er
Silbenzahl
Fav. I 9 dritta RGM diritta LSNC.
Richtig steht XVI 174 diritfb in allen codd.; ebenso XVII 85 (nur
C'^ dricto mit einer fehlenden Silbe). Fav. I 20 diritti in allen codd.,
nur R leali, Schlufs-/ konnte fallen nach /, «, r bei adv. die mit
i und e im Auslaute wechseln, z. V^. fuori['e)\ XV 177 imper. ten\
Fav. II 26 imper. tien, gran als f. pl. XI 121; XU 17; XIV 27; als
m. pl. XIU 48; XIX 87. XIU 19 be in R.
304 í*- WIESE,
Die Konsonanten.
Die liquidae.
L.
§ 60. // finden wir statt des etymologisch einfachen /.
XXI 96 in allegranza, 7iur B alegrança
XV 141 in sollazzare; C'* sola^ça; B solaçar; Z solazzar
ebenso XIX 36 sollazza; C solacea; B hat risagla.
î5 61. Beispiele des Übergangs von / und // vor / in j sind
einige sichere vorhanden: que, e\ be\ ia\ ne und vielleicht qtm* an
einer Stelle (VII 263).
H 43 e' RLSMNZ ei GB elli CC» {Sübe zu viel)
XVI 149 e' RLSGMNCZ el BC»
XXII 52 c' LSN ei BG elli RC {Silbe zu viel)
Fav. 1114 e' LSGN el R elli C
Vil 70 que' sg. RLSGMNZ quei B quel C (^ C»
XV 68 que' sg. RLSGMN quel B quelli C <¿ C» qj C»
XIX 42 que' pL RLSGMC« quei BC'-*
XXI 248 que' pi. RLSMNCZ quei GB
323 que' pi. RLSGMNC quei BZ
325 que' pL RLSGMNZ quei B quelli C
XXH 47 que'//. RLSMN quei B quelli C.
VII 263 quali RLSGMBCZ. Der Vers hat eine Silbe zu viel. N
läfst eine Silbe aus, und so pafst quali und uoglio in den Vers.
C liest uoy und so pafst gleichfalls quali in den Vers. Man mufs
also quai oder uo statt uollio lesen.
XIII 61 be' RG buon LSBNCC»Z
XVI 45 ne' RLNCC {die aftdern codd. du in)
XXI 267 ta^ RLSMC; tai G; tali N; tal B.
Der dat. sg. und der nom. pi. //// stellt sich sehr häufig als //* dar.
M hat meistens gii. Beispiele werden bei der Häufigkeit ihres Vor-
kommens nicht nötig sein.
)5 Ò2 Ij. Die \\\ unseren codd. vorkommenden Schreibungen
sind //, ///, gl, gliy ¡gl, Igli, R wendet gli und daneben eben so
oft /// an; nur zweimal Igli (XIV 21, ^^)\ einmal //: XV 85 uiliezza
RS — In L und S ist Igli am häufigsten, daneben Igl, auch ///*
und //. INI hat Igl am öftesten. In G kommt gli und daneben
Ili zur Verwendung. B wendet meistens gl^ NCZ gli^ C* ìli oder
// und C'^ meistens gl (daneben Igl) an. Im Hiatus stimmen die
ältesten codd. vielfach in der Schreibung //' überein« Ich folge der
Schreibung R, welche nach Caix, (Jrig. jj 107 p. 137 u. die älteste
ist. Erweichung des Ij haben wir in folgenden Beispielen.
I41 me' RLSGNC mei BC
V 84 uo' LSMGBNZ uollio RCC {Silbe zu viel)
XI 9; XV 48; XXI 24 uo in allen codd.
XVII 52 uo' alle codd., nur R hat uoglio und eine Silbe zu viel.
XVII 83 ist uo* zu lesen: alle haben mit Ausnahme von M uoglio
XXI 347 uo' LSGMBZ uollio RISIC {Silbe zu viel).
DER TESORETTO UND FAVOLELLO P. LATINOS. 305
S 63. Ir wird zu rr m norria etc. so VII 34 (nur B uon'a);
X 34 téorraí; XIV 88 uorrâ; XVI 35 uorrai (uorat BC^); XVIII i^S
uorria {uoria B) ; Fav. I 1 1 4 uorria (uon'a C).
S 64. f/, g¡, ply bl, fl (für // sind keine Beispiele da; auch
Caix bietet keine, ^ iii).
VIT 60 clarezza RC chiarezza SLGC*
68 clero RI^GMBNC» crcro C
XXII 9 chiaramente aile codd.
XX 39 crera RZ clera I^GMBNC
XXI lOi chiesa alle codd., und so immer,
141 chericho alle codd.
XV 93 uanagroria R uanagloria alle andern codd.
XXI 160 grorioso R glorioso alle andern codd.
Fav. I 77 grolioso F glorioso alle andern codd.
XXI 205 nigrigenzia G; ncghicnza RLSMNC; neghieçça B; nigligienza Z
146 nighittosa RLM; nighiottosa S; niquitosa G; neghittosa NZ, ne-
ghietosa BC
159 neghittoso RLMGNZ; nighiottosa S; neghietoso BC
r. 207 ncghienza RLSGMBN; ncghieçça C; nigligenza Z
VI 60 multiprichasse RM multiplicasse LSGBNCC^Z
Vn 134 biasimato R plasmato alle andern codd.
220 prasor R; plusor LSCC*; piusor GBN; piu so Z; più M
Fav. I 62 plui RLSGM più NCFZ
VIII 4 chonpressione RLSM chonplexione GBNC*Z
34 chonpressionato RLSMZ chon plessi onato GBNCC*
X 63 senpiciemente RL^GMNC*; simplece- B; semprice- C; semplice- Z
XV 65 risprendc GM; risplcnde LSNCC*C*Z; respiende B
XVI 214 asenplo alle codd., nur B excmpio
XXI 265 esenpro RS; assempri L; essenplo GMCN; exempio B
XV 134 blasmare RLSGC biasmare MBNCK:«Z
XVI 132 blasmato SGNC« biasimato RLMBCC»
XXI 116 biasimo R biasimo ÎJ4SGBNCZ
138 biastimiasti RLBNZ bestemiasti SGMC
247 biastemiare RLB bcstemiarc SGMNCZ
314 blasmato RLSG biasmato MBNCZ
I 28 senbianza; XVI 265 scnbiante alle codd.
XlX 121 senblante RN sembiante LMSGBNCZ
XVIII 131 obria xubsL RLSC oblia GMNBC»C«Z
Fav. I 18 obria verb. RI^CF oblia MGNZ
XV 149 ubliare R; obliare LSGMBC«Z; vbriare N; obriare CC>
II 3 froria R; fiorio LSGMB; fiorì NCC»
XVI 141 fìorini alle codd.
XIX 22 fiorito; XXI 244 fiorino alle codd.
VIII 17 frema R flemma LGSMBNCC»Z.
In einer Reihe von Phallen sind diese Konsonantenverbindungen
erhalten gcîblieben, wie bei don ältesten Lyrikern (Caix, Orig. § 112).
So VII 60 clarezza j 68 clero y XX 39 ciera, aber XXII 9 chiarammU,
Z«it«chr. f. rom. Phil. VU. 20
306 K XVTEESE,
Ferner uaná gloria und glorioso \ plasmalo^ multiplichasse^ plusor, choti'
plessionej chonplessionaio, risplende y esenplo, asenplo^ plui, XV 134 blas^
inare\ XXI 116 hlasimo (trotzdem, dafs nur R so hat, ist es bei-
zubehalten), 314 blásmalo^ aber XXI 138 hiasteniiasti^ 247 hiastetniare\
XVI 132 ist blásmalo vielleicht auch das ursprüngliche gewesen.
Ferner oblia, ubliare\ XXI 121 ist senblanle zu bewahren; XVI 263
senbianie in allen codd., und so stets senbianza (alle Beispiele § 68).
II 3 floria\ XIX 22 zbcT fiorilo alle, und ^o fiorino, flema. Bemerkens-
wert ist die Auflösung des / in: chericho, neghienza, neghittoso, sen^
piciementc\ sämtliche vier Fälle sind unzweifelhaft. — Es kommt hin
und wieder bei diesen Konsonantenverbindungen Obergang von /
in r vor, namentlich in R: crero, crera, groria, grorioso, muitipri"
chasse, prasor, risprende, esenpro, assembri, froria, frema, sempricemente
und endlich in vier Fällen mit mehr Auktorität der codd.: chon-
pressione VIII 4 RLSM, 34 chonpressionato RLSMZ; XVIII 31 otaria
RLSC; Fav. I 18 obria RLSCF; doch XV 149 nur NCC» obriare.
Ich glaube nicht, dafs Brunetto sich dieser durchaus plel)cjischen
Formen bedient hat; sie sind vielmehr von den Abschreibern ein-
geführt; im Texte standen Formen mit erhaltenem Nexus, welche
ich wieder einführe. Die einzig sicher belegten Formen mit ÜlK»r-
gang eines / in r sind XI 132 racchorle\ I 106, III 26, XIX 182
rasenprati, sevibraua, rasenbra,
M.
?5 65. Verdoppelung des w.
II 57 chomuno, II 63 chomune in alien codd,, nur Z hat hHdt mate mm
II 76 camino BNCC*Z chamino RG cammino LSM
XII 10 camino BC^Z chämino RGMSCNV Camino L
XIV 46 cliaminata RBN camminata I^GMCC^Z
V II imaj^nc LSBNC^Z inmaginc RGM
VIII 17 frema RZ; die andern codd. mm.
XI 83 camelli LBNC>Z chañiclli RSGMCV
XII 1 1 semana IJ^BNCC* semana RGMZ
XV IOC femine aile, nur GV feñiine
XVI 275 infiamasse LGÇ« infiami RSMBNCC»
XXI 138 biastimiasti RLBNCZ bestemiasti SGM
247 biastemiarc RLBNCZ besteñiiar SGM.
In chomuno, chomune ist einfaches ;;/ sicher. Für chafhino ist die
bostbologte Form die mit mm; XIV 46 jedoch chaminata, V 11
k('>nnen wir inmagine bewahren. Vili 17 flema, XI 83 chaüU/li ist
hinlänglich gesichert; Xll ist semmana = *setmana zu bevorzugen.
In femine, biastemiarc haben wir einfaches ;;/.
§ 06. Libergang von auslautendem m in n,
I IS poten RLSMBNCZ potem GC»
20 aiien RI^BCC* aiicm MGN
V 62 sauen RLSBNCC^ saucm GM
VII 114 on RCi omo LSGMBNC
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 307
VII 153 on RGC om SLMBN
223 ueden S uedem GML uede R
XVI 245 on RSNC» uom LMGBCCa
XVII 25 on RZ omo LSOBNC^C*
XXI 22 sen RC; sian LSBNZ; siam M; son G
274 on R omo LSGMBNCZ
333 churian RLSMN; churan GBC; curiamo Z.
Dieser Übergang ¡st alttoscanisch bei der i. pers. pl. sehr gewöhn-
lich und hier in allen Beispielen gut belegt. VII 22^ ist ueden mit
S aufzunehmen; R hat uede^ vielleicht nur mit weggelassenem Strich
über dem e; GML uedem; die übrigen codd. uedea oder uedon. An
mehreren Stellen bieten R und andere codd. on statt om, und auch
dies ist beizubehalten; es findet sich die Form gleichfalls bei den
ältesten Lyrikern. (Caix, Orig. § 115 p. 143).
§ 67. mr wird zu nòr,
VII 212 rimenbro RLSGNCC« rimmembro MBZ
XV 46 menbri RLSGNCC^C^ membri MBZ
XVIII 80 menbranza RLSGNCCiC« rimembranza MBZ
108 rimenbranza RLSGBN (CC* Abkürzungen)
XXI 69 mcnbra RLSGNC rimembra MBZ
Fav. I 45 menbra RLSGNCF membra MZ.
Die Zusammenstellung der vorhandenen Beispiele ergiebt, dafs die
Formen mit nòr (nicht ?nòr) die einzig sicher bezeugten sind.
>5 68. m/. Die Beispiele sind die folgenden.
I 28 senbianza RGC sembianza LSMBNC'Z
66 asenbiate RCC*; assebiate SG; assembiate LMNB; assembrate Z
106 rasenprati R; rasemprati LSB; rassenprate G; rasseprali M; rassem-
brali Z; rasenblati N; rascmblati C; rassemplati C*
III 26 sembraua RLSMZ; scnbraua GN; rasembraua B; senbiaua C;
sembiaua C^
V 13 sembianza RLSMB; senbianza G; senblança CC*; semblança N
III 88 sembianza RLSMBNZ; senbianza GC*; senblança C.
VII 50 sembianza RLSMBC'Z; senbianza G; semblança N
128 senbianza RGNCC* sembianza LSMBZ
XI 3 senbianza RG; sebianza C*; sembianza LSMBNZ: semblança C
186 senbianza RG, sebianza C*; sembianza MBNCZ
XVI 265 senbiante RG sembiante LSMBNCC^C»
XVII 5 scnbianti RGC sembianti LSMBNC»C«
XIX 121 senbiante RN; sembiante LSMBC«; senbiante GCC
182 rasenbraB; rassempraL; rassepra SG; rassembra MC'C*; raseprare
N; rasempra B; rasenbrati C; rassembramenti Z.
Sicher belegt ist nur senbianza oder sembianza^ asenbiate \ einmal XIX
121 senbiante y was beizubehalten ist (cf. 55 64). Die gewöhnliche
Wiedergabe von ml ist also nbj (mbj), nbl kommt nur in einem
Beispiel vor. mbr III 26 in sembraua ist gleichfalls sicher. I 106
ist rasenprati von den besten codd. bezeugt und XIX 182 ist mit
20*
308 B. WIESE,
R rasenhra zu lesen, eine Lesart, die MC'^C^ direkt und CZ in-
direkt stützen.
§ 68. mn ist zu nn geworden, wie in der Schriftsprache. Das
Wort omnipotente haben wir jedoch einer näheren Betrachtung zu
unterziehen.
IV ig ompotente R; onnipotente LCC*; omï- SN; nipotente G; omni- MB;
potente Z.
V 46 ofñipótente RSN; omni- MBZ; onni- LCC*; oni- G.
X 2 ompotente R; oni- GC*; 01- S; onni- L; omni MBZ; nipotente C;
omî- N.
VII 138 onnipotente RSN; onni- L; oni- G; omni MBZ; nipotente C;
oni- C.
Die gobniuchliche Form scheint die rein lateinische omnipotmie ge-
wesen zu sein. IV ig ist sie in SMBN Ixîlegt und auch in R ist
nur vom Kopisten die Silbe ni ausgelassen. V 46 liest so RSNM6Z;
VII 138 RSMBNZ; X 2 MBNZ. Die Form onnipotente (oni-), welche
sonst noch in Frage käme, ist wohl nur als eine Reduktion der
Schreiber in Anlehnung an i)«;// = ^/;^w/ anzusehen , was gamicht
belegt ist in unserem Text (cf. í$ 14).
§ 70. in -|- ìahhiaìis wird oft durch // -j- lahhialis wiedergegeben.
Einige Beispiele vide §§ 67 und 68; die weiteren sind folgende.
I 56 aconpangnata RGNC, -com- LSMBZ, -cö- C*
65 chonpie RGCC» com- LBNSMZ
67 chonpiutamte RGNCC; com- LBZ; cö- SM
II 2 tenpo G; tepo R; tempo LSMBNZ
25 anbasciata G am- alle andern codd.
66 schanpare GC; sc5- SNC*; scam- RLMBZ
III 73 chonposte RGNCC'V com- LSMBZ
80 chonpiutamente RGCC*; cö- N; com- LSMBZ
IV 32 m* inopera RN; m' inpera GBCC^Z; m*im- LSMV
V 24 chonpimento GCC^N
29 chonpiere RGNCC»
VI 20 chonpiutamte RGMNCC«
41 sen pre RG
VII II chonpiere RGC; cö- SNC; com- LBZ
30 chonpiesse GN; cö- SC*; achom- RLMB
60 menbra RLSGBNCC' membra MZ
88 senpitemo G; sepi- C; sempi- RLSMBNCZ
145 chonpimento GNC; copi- MC*; chompi- RLSBZ
199 chonpimto RGN; cö- SC; com- LMBC
211 menbro N; mbro RLSGCC*; membro MBZ
V^III 4 chonprcssione RGN; cö- SMC*; com- LBZ
30 tcperare RG temperare I-SMBNCC*Z
34 chonpressionato RGNC; cö- SMC*; com- LBZ
X 48 chonprcso RGNC; cö- SMC*; com- LBZ
63 scnpiciemütc RGC sem- LSMBNCZ
chom-
RLSMBZ
com-
LSMBZ
com-
LSBZ
sempre
LSMBNCC«
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 3O9
Xr 12 chonpillia RGC; c5- SMC; com- LBC; co- N
14 chonpiendo RGNC com- LSMBC'Z
XI 70 anbra G ambra RLSMBNCC»Z
159 anpieçça RGC; ä- NC*; am- LSMB
XIII 47 inpcradori RG im- LSMBNCC»Z
55 inperadnce RLG, unä*p- CC, im- SMBNZ
XIV 22 tenperanza GC; té- SC*; temperezza RLMBNZ
48 tenpesta GC; te- C»; tera- RLSMBNZ
XV 17 tenpo G; tepo RS; tpö C»; tempo LMBNCC»Z
116 chonperan RGC; co- SC^; com- LMBC*Z
1 73 chonpangnia RGS ; co- M ; com- LZ
188 choopangnia RGCN; cp- C*C'; com- LSMBZ
XVI 57 ranpögna RLSGCC*; ram- LMB; rapp- C
96 choDpangnia RGSMNC; cö- C*; 9- C*; com- LBZ
195 chonpangnia RGNC; co- MC*; com- LSBC*
213 tenplo G; té- R; tem- LSMBNCC»C«
214 asenplo RG; exe- SMNC*C*; esem- BL
232 senpre RG; sé- C*; sempre LSMBNCC^
XVn 80 senpre RG; se- C*; sempre LSMBNCC*Z
90 senpre RSG sempre LMBNCC*C'Z
XVIII 30 senpre RSG sempre LMBNCC'C«Z
50 chonporte RGNC; c5- SC*C«; com- LMBZ
88 senpre RG sempre LSBNCC»C*Z
89 chönpagnia RGNC; c5- SMC*; 9- C*; com- LBZ
XIX 136 senpre RG sempre LSMC
137 chompimto RGCC*; cö- SN; com- LMB; 9- C^
165 châpire RGCC» cam LSBNC*
XX 50 chonporta RGCN; cö- SM; com- LBZ
67 chanparo RGC; c5- S; cam- LMBNZ
1 1 1 chanpi G ; cä- R ; cam- LSMBNCZ
112 auanpi GBC; auäpi RSN; auampi LMZ
XXI 10 chonpreso RGC; cö- <5MN; com- LBZ
59 chonpangno RGNC com- LSMBZ
70 menbra RLSGNC membra MZ
151 senpre G sempre RLSMBNCZ
237 inpiezza RGBC cm- LSMNZ
311 inpaccia RLGMNCZ im- SB
348 inparare RMN; i- G; im- B
XXII 5 tenpo G; tepo R; tempo LSMBNCZ
6 cllinpo GN olempo RLSMBCZ
Fav. I 82 tenpo GNF; tepo RS; tempo LMCZ
109 ronpe GCNF rompe RLSMC.
nbr statt mbr steht sicher (cf. § 67). Im Übrigen sind die Formen
mit n neben denen mit m zur Genüge bezeugt, um sie aufnehmen
zu dürfen. Am konsecjuentesten ist in der Schreibung n der cod.
(j und nächst ihm R.
3 IO B. WIESE,
N.
§ 71. Verdoppelung des ;/ im praefix und in der praep. in.
VII 70 inorato KLSGN honorato MCC»BZ
XV 187 moranza SG; inoranza L; onoranza die andern
XVI 53 ïnizzatore SGMNCC» iniççatore RLB
74 innora RSGCZ; inora L; onori M
222 innorare RSGNCC^; inorare L; onorare MBC*
XVIII 114 innorato RSZ inorato L
XVII 108 innora RLSGNCC^Z onora MBC»
XIX 138 innamoramento RGÄINC 'na- LSBC»
145 inamora SGMNCC*
175 chë*namorato S inamorato GMNC
XXI 293 înebbria GMCN inebria RLSBZ.
inn {*nn) als praep. haben wir: I 45 GMCS 71 GM, 112 G; 118,
24 GM; 111 83 GMNCCi; V 4 GM, 89 GMC; VI 16 GM; VI 50
M; VII 54 GM, 77 GCN, 200 GMNC»; Vili 17 GMN; X 77 RG,
86 RM; XI 12 GM, 39 RGMC, 80 RGM, 153 GM; XIV 69 RGMC«,
80 RGMC; XV 45 GMC; XVI 284 GMC»; XVÜI 131 GMNC; XIX
21 GM, 178 GM; XXI 66 GM, 145 GM, 216 RGMNBC, 274 MC,
276 GM, 296 RGMBN, 299 GMC; Fav. I S7 M, 46 GM, 57 GMNF.
— innanzi haben wir VII 1 1 1 SGC*; X 48 SGMNCC»; Xi 197 GM;
XV 199 LGMCC; XVI 232 SGMCC'. Durchgeführt ist w/ nur in
innorare j wo das in in verwandelte on als praep. aufgefafst wurde.
Sonst bietet R XIX 138 innamoramento^ von anderen codd. gestützt,
aber ^namora^ *namorato. Die praep. hat nur in acht Fällen nn in
R. Es ist nicht unmöglich, dafs diese Beispiele vom Schreiber
herrühren. G und M weisen die Verdoppelung am häufigsten
auf. — Ganz analog ist die Verdoppelung des auslautenden n von
non vor folgendem Vokale. 1 4 RGM, 77 RGMSNC; V 18 RM,
42 RMGNC, 44 GC; VII 119 RGN; XI 54 RSGMNC«; XII 27
RSNCC», 31 RGMCC'N; Xlll 16 .RSGMNC«, 17, 18 RSGMNC«,
19 R, 25 SGMNC», 42 RSGM; XV 18 RGM, 75 RSGMNC«, 85
RGM, 126 RSGM, 149 RGC»; XV 160 RSGM, 164 RSGM, 165
RSG; XVI 51 RSCiNC», 57 GC^, 60 RSGMNCC*, 215 RGSMNC,
217 RGNC-i; XVU 24 RMC«, 54 RGIVI; XVIII 17 RSGMNC^, 22
RSGNC», 53 RSGMN, 154 RG, 170 RGM, 187 RM; XIX 119
RSGMC; XX 76 RMC, 99 RGMCBN; XXI 30 RGM, 58 RSGM,
67 RSGM, 152 G, 154 RSGMN, 161 M, 275 RSMN, 276 GM,
306 RGC, 307 RGMNC, 334 RGMN; Fav. I 70 RG, 133 RGNCF. —
Auch hier mag die Verdoppelung von den Schreibern herrühren.
Ich folge R.
SÎ 72. «/. Ks wird wie ¡j verschieden dargestellt. In RLSM
fast konsequent durch ngn\ in G fast immer ngni. In R haben
wir z. B. abweichende Schreibungen nur in folgenden Fällen: ngni
II 24; XI 139, 148; XII 39; XIII 71; XVI 284. gn VII 24, 135,
181; Vili 9; XI 34; XVllI 105; XIX 50, 82. gni XVI 159. —
Fav. I 4 schreibt R 'niudo\ hier ist das einzige mal ///* zur Beseich-
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 3I I
nung des ñ zur Verwendung gekommen. BC* habtm meistens gn;
NZ ngn; CC* schwanken zwischen ngn und gn.
Die Beispiele für die Verhärtimg von nj zu ng sind folgende:
IX 23 — 24 im Reim ritengno-sostengno alle coda,
X 60 auengna (-dengna) alle codd.
XV 57 — 58 diuengna-conuengna LSGMBNCC*C* adiuengha - chonuen-
gha RZ
109 tengno RLSGC tengho MBNC^C^Z
XVI 136 tengnon RGBNCi tengon LSMCZ
155 tengnio GC tengho RLSMBNC»C»
230 tengna |
l^CJUiMÖIN VuK^ • l^*
tengha
Í"
XVII 53 atengha \
54 auenghaf
RLSGC «OZ
attengnal
auengna f
MC
57 auengna
RLSGMC>C«Z
aduenga
Z
61 tengno
RBMCZ
tengo
LSGNC»C*
82 uengna
RLSGMNCC'O
' uenga
BZ
XIX 115 auengna |
1 1 6 sostengna f
RLSGBMCC'C«
auengna Ì
sosten ghaf
N
246 tengno
RLSGMBNCC«
tengo
C'^
XX 104 tengno
RMGBNC
tengo
LSC
220 uengna
RLSGMRNC
uenga
z
221 uengna
RÍ.SMNC
uengha
GBZ
Fav. I 85 tengnate alle codd.
Die Formen mit nj sind durchaus die gebräuchlicheren. Sicher
belegt ist jedoch XVI 155 tengho und XVII 53 — 54 alengha-auengha.
Daher dürfen wir auch XV 57 — 58 R nicht ändern und ebenso
wenig XVI 229 — 230.
§ 73. nl ist öfter zu // geworden. I 82 iliettert RG; II 16
noim RLSGMBN, nolla C; I 91 illugo R, illocho GN; III 75 iwllc
RMC, noie LSBNC»; V 2 solU R; VII 91 chollo RGMCC», colo LSN;
VIII 30 illoro G; IX 2 filio C, filo R; V 70 ebenso; X 24 illor RGC,
ilor\.\ XII 55 /W/öRGMC, «í?/rtLSBNC«; XIII 53 nolle RGMCC*, noU
LSBN; XV 107 bello RLSGMNCC*, helo C^ 108 noi KLSGBl^OC^Z;
118 nolli R; noli LS; 123 illarghezza RG; 128 cholli RGC'Z, coli
LSNC^; 134 nollo RGMC, nolo SL, noi BNCC-^Z; 184 belle LSMZ;
XVI 106 noi alle codd.; 127 nollo RGM, nolo LSBNC'C^; 252 noi
alle codd.; XVII 70 nollo M, nolla CG», noia RLSBC^, nolo N; 88
nollo RGMCC«, nolo LSBNG^; XVIII 104 nollo RLMC, nolo SBNC^,
noi G; 117 nolli RI.GCC*, noli SBNC^; XIX 41 bello RI^MNCC«;
195 nolla GG', noia LSBNG^, nollo G; 2^2 illor RMZ; 234 cholla
GMCG», chola RLSN; XX 23 infila RL; XXI 1 18 nollo RGMG, nolo
LSB, noi N; 179 noli' RMGN, noi' LSB; 230 iliade R; 236 noi
LSGMBN; Fav. I 99 nolli RG, noli LSN. — Die Menge der bei-
gebrachten Beispiele läfst keinen Zweifel darüber, dafs diese Assi-
milation durchaus von Brunetto angewendet wurde. Gewöhnlich ist
// beibehalten, doch zuweilen tritt Vereinfachung der Konsonanz ein.
312
B. WIESE,
§ 74. nr zu rr,
VII 148 orratamente RBNC orata- LSGC»
XVI 161 orratamente RBN orata- LS
XVIII 192 orrataíñte RMN; ora- L; ora- LBC*; hora- G
XV 196 chorréelo RLSGMNCZ; coredo B; cöredo C*C*
XVII 92 irria R in rea LSBN
XXI 281 irrichezza R in richtzza LSGBNCZ.
orratamente mit zwei r und c ho r redo sind die gebräuchlichen Formen;
die Beispiele trri'a statt in ria und irrichezza statt in richezza in
R kommen zu vereinzelt vor, um sie nicht als vom Schreiber ein-
geführt zu betrachten. — Von ucnire haben wir gar keine Beispiele
für das fut. und condit., für tenere eins im condit.: XV 17g terrebc
RSMZ, terebe LG, wo rr gesichert ¡st.
S 75. Beachtenswert ist der Übergang von n zu / in dem
aus astronomia entstandenen storlomia, ^ ^^ storlomia RSNCC'Z;
sterlomia L; stör lamia G; astronomia BM. XXII 41 storlomia RSGNZ;
sterlomia L; strolomia C; astronomia BM. — In bolongtui II 35 und
ueleno Fav. I 104 liegt derselbe Übergang vor.
§ 76. «-{-labialis.
III 18 nc*m parta RL
VI 7 ciaschum par GB
50 em pecchati R im- M
Vili 25 1 da 'mprendere M
XIII 52 ne 'm prose M
112 *m beueria S
80 com buona L
1 1 9 uni poco L
213 ini piazza LN
XVII 18 com bello LNZ
112 'm buona G
7 chom bel LM
XIX 1 25 h' imbilanza L
XX 66 Attauiara per G
273 'm pouere LS
319 com parente L
338 imbardi SB.
Vor f: I 112 in imferno; VII 87 ebenòo, aber XXI 276 in iraferno R
XVIII 98 comforti L.
In R linden wir nur zwei Beispiele für den Übergang des // in m
vor einer labialis: III 18 und VI 50, und zwtii \ot /: zwei mal in
im/ernoy an einer dritten Stelle hat es aber selber in inferno. Von
den übrigen codd. bietet nur L die Beispiele in gr(')fserer Anzahl.
Sie rühren ganz bestimmt von den Schreibern her und sind zu
entfernen.
I 100 im prosa
L
V 102 cbom bella
MN
VI 10 gram balia
L
VII 220 im più
MG
X 46 im brcuc
M
XV 72 »mbarda
LSMNßCZ
XVI 14 com bei
M
102 chom più
IJSM
170 gram parte
L
276 com bei
L
XVII 75 im prestanza
M
XVIII 6 chom baldezzs
iGL
179 com bamaggic
>L
XIX 216 gram paura
L
XXI 128 s'imbrascia
LS
274 'm pregione
S
333 bem poco
L
Fav. I 24 im parole
LGF
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 3I3
R.
Î 77- ^ &i^& infolge von Dissimilation in / über in:
VII 130 albori R; alberi LSGMBNC; arbori C»Z.
r geht auch manchmal in d über (nach dem Vorbild des Infin.).
r. VII 15 richiede RLSGMNCC'Z ridiede B
XVI 249 chiede RMGNCC>C^; chide LS; chede B
XX 17 chero RLSGMBNC chiero Z
Fav. II 6 chero RLSGMNC chiero Z
XIV 40 rade ; r. XIII 76, Fav. r. I 45 rado in alien coJd. (-grado)
XVin 58 ferire RLSGBCOZ fedire MNC»
122 ferire RLSGMBCC»C*Z fedire N
123 fere RBNC»Z; fiere C^ fiede LSGC
124 ferito RMBCC»C^ fedito LSGNZ
XIX 166 ferire RLSGMBCC»C«Z fedire N
Fav. n 14 ferire RG fedire MF.
albori mit / ist gesichert; neben chero ist richiede^ chiede belegt. Nur
rado kommt vor, und andrerseits sind von ferire nur Formen mit
r wendet.
r.
II
•
33 scholaio in allen codd.
r.
VI
21 luminarie RSGMNC»Z
-are
LBC
22 uare RLBC
uarie
SGMNC»Z
IV
34 uicharia alU codd.
r.
VII
51 primera RLSGMBCV
-iera
NC'Z
XVI
30 primeraföte RL
primiera-
SGZ
r.
IX
15 chontrarioi
., j. / i>i allen codd.
16 disuano )
r.
XV
43 danaro RLMNBC^C^C
danaio
SGZ
44 (a)ghostaro RLMBNX»C-'
agostano
SGC
r.
XVI
139 mercen/taio alle codd.
r.
XIX
80 chaiera RC; carriera LSGNC*; carrera MBC^
r.
XXI
303 lusura RLGB
lussuria !
SMNCZ (-misura)
305 lussura RLGB
luxuria
SMNCZ
326 lusura RLSGMC
luxuria
NZ
VII 208 paia LSGBNCC'Z
XI 198 paia alle codd.
XII 1 5 paia alU^ nur B para
XV 60 paie 2. ps. RSCC; paia GZ; pai LMBX
88, 194; XIX 89 paia alle codd.
XVIII 114 paia RLSGM paie C
XXI 318 paian alle codd.
r. XVI 48 moia RI^SGMBCC'C» muoia NZ
r. XXI 86 moia SGMBV muoia RLNCZ.
Es kommen neben den im Toscanischen gewöhnlichen Formen auch
solche mit ausgestofsenem / vor. Dafs letztere auch toscanisch sind,
hat Gaspary in der Zeitschrift IV p. 61 1 u. ausgesprochen. Wir
haben hier so: luminare -uare (so nehme ich auf, obwohl IX 15 — 16
314 B- WIESE,
chonirario'disuario sicher belegt ist), dañar o^ghostaro\ XXI 303, 305,
326 Itisura, ukharia IV 34 ist ein Latinismus. XIX 80 ist charriera
aufzunehmen, primera ist sicher. Von parere und morire haben
wir nur Formen mit j,
§ 79. Schliefslich mag die Metathesis des r in dem Namen
unseres Dichters erwähnt werden.
I 70 burnelto RLSNC bru- GMBC»Z
XIII I burnetto RLSNCC» bru- GMBZ
XIX 60 burnetto RLSNC bru- GMBC»C«
XX 5 burnetto RLSNC bru- GMBZ
und in folgenden weiteren Fällen:
X 43, XXII 41 storlomia, cf. § 75
XI 139 perfüuda RC; pfondd C; pro- LSGMBNZ
XXI 142 parlato RSGN prelato MLBCZ.
Der Name unseres Dichters lautet in RLSNC konsequent burnetto.
In gleichzeitigen Urkunden kommt die Schreibung burnectus neben
brunectiis vor (cf. Zannoni p. V, VI), i^s ist daher kein Grund,
brunetto einzuführen, vorhanden, parlalo ist alttosc. sehr gewöhnlich;
storlomia ist sicher belegt. XI 13g per fonda in RC ist Vertauschung
der praep., nicht Metathesis, cf. afrz. parfont,
Dentale.
T.
§ 80. Die Verdoppelung des / in battere und tutto ist in den
besten codd. durchgeführt; an einer Stelle bietet R einfaches / in
ersterem Wort: XVI 170 r abati Die Schreibung tucto kommt in
einigen codd. vor, nie aber in K. In ähnlicher Weise finden wir
öfter facto, Uxterey affectOy frudo, factura, factor e ^ tractare^ dilecto^ nocte^
diricíuray diricti etc., namentlich in S. Die einzige solche Form,
wtîlche R bietet, ist VII 2 chospccto, natürlich zu eliminieren.
>5 81. / ungeschwiicht erhalten.
r. I 65 bontate LSGMC« -ade RBNCZ (-asenbiate)
II 60 città MZX cittade RLSMBCC»
Í V 10! oscuritate I -ade | -ale I
r. _^ . , ' Ri.SGBC , MNC , } Z
I 102 breuetale | -ade ( -ade )
r. VII 57 utrtutc RLSGMBC'Z uirlude NC (-salute)
{115 sottilitate 1 -ade| t »jxrxT/-
..A I- • •. . RGBC'Z , \ I-SMNC
1 16 diuinitalef -adef
r. 244 uertute RLSGMBCC« iiirtude NZ (-partute)
Í IX 25 uolontale | -adej
r. J 1- • . . LSGß . RMNXC»Z
I 26 diuinilalc I -adej
Í Xu maestate l -adel
r. ,. ♦ . . HLSGB . } MNCC»Z
I 32 potestatel -adef
r. 55 diuinitale RLSGMBC -ade NCZ (-intralasciate)
r. XI 67 uertute RC'B uertude NC (-salute)
r. XII 23 uertute RLSGMBC'Z uirtudi NC (-mute)
r. XIII 57 uertute RLSGMBCC'Z uirtude N (salute)
I
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 315
XVI 235 cittade in alien codd, (-uade)
Í XVn 15 lealUtel adei
i ,6ueriUteí ^^^GMB ^^^ NCCC
30 ueritate RLSGMBC» -ade NCC* (-fiate)
XVIU 128 uertute Ç uertude RLSGMBNC'OZ (-chonchiude)
XIX 51 ueritate RLSGMC» -ade •BNCC« (-trouate)
XX 51 dingnitate RLSGMB -ade CNZ (-fiate)
80 uanitate RLSGB -ade MN
XXI 275 pietade alle codd. (-chade)
Fav. I I ^ oscoritate \ ade |
,¿ . , , } RLSGZ , \ MNCF
16 amístate J adej
XV 64 grato-forzato alle, nur grado-forzado C*
96 agrada alle, nur C* agrata
73 grado-dado alle, nur B grato-dato
r. XVI 166 in allen codd. grato (-nato)
XVI 253 grado in allen codd.
r. XXI 193 grato RLSGMB grado NCZ (-donato)
r. Fav. I 78 grato RLSGMCFZ grado N (-stalo).
In den Suffixen -iz/c, -ule ist / noch oft erhalten; die codd. haben
öfter ein d an Stelle von / eingeführt, so I 65 in R selber. Die
Formen mit / sind sicher V loi — 102; VII 57, 115 — 116, 244;
X 31—32, 55; XI 67; XU 23; XllI 57; XVII 15—16, 30; XIX 51;
XX 51, 80 ; Fav. I 15 — 16. Die Formen mit d sind daneben un-
zweifelhaft im Reime belegt XVIII 128; XXI 275; XVI 235. Des-
halb dürfen wir II 60 cillade beibehalten und IX 25 — 26 den Reim
uolontade^diuinilade nicht ändern, obwohl hier ursprünglich auch ate
gestanden haben mag. / ist gleichfalls meistens erhalten in grato.
XV 64; XVI 166; XXI 193 und Fav. I 78 haben wir es im Reime
mit forzato, nato, donato, stato. Doch XVI 263 bieten sämtliche
codd. aufserhalb des Reimes grado und so XV 73 im Reime grado-
dado. Das vb. zeigt sich XV 96 mit d: agrada. In zwei Beispielen
haben wir gleichfalls /, wo die heutige Schriftsprache d zeigt. XIII
76 chatuna RM, alle andern codd. ciascuna, r. XVI 264 strata
RLSGMC^C^, strada BNC {-nata). Letzteres Beispiel ist durch den
Reim gesichert, ciascuna dem chatuna von RM gegenüber halte ich
für eine spätere Ersetzung des ungebräuchlicheren Wortes durch
das gebräuchlichere und behalte chatuna bei. Dafs ein Schreiber
dazu kommen sollte, diese Form an Stelle von ciascuna zu setzen,
ist nicht glaublich.
§ 82. / zu d.
III II uoladori RLSGCC volatori MBXZ
podere in allen codd. V 30; VIII 13; X 8; XVI 112, 143, 280.
VII 12 poder I^SGBNC»
XV 145 poder RLSGMNCC'C^ poter BZ
XIV 32 pedrone RC petrone LSGMBNC'Z
X 72 sido RZ sito LSGMBXCC»
XI 24 ofrade R ufrates LSGMBNCC«Z
2q ufrade R ufrates LSGMBNCC'Z
3l6 B. WIESE,
XIII 47 inperadori /// allen codd.
55 inpcradrice in alien codd., nur -trice Z
VII 104 nudrir RLSGMNCC'Z nutrir B
XV 171 chontrada RLSGAÍZ
XX 56 impcradore /// alien codd.
Wir haben hier zunächst einige sichere Beispiele für das Suffix ^lore^
-trice, m 11; XIII 47, ¿,5; XX 56. Ferner ist podere in allen an-
geführten Fiillen unzweifelhaft. VII 104 ist nudrir sicher, (Intll.
p. loi nodrire in beiden codd.), XV 171 chonlrada, X 72 bietet
R sido, XIV 32 pedrone] in diesen beiden Fällen möchte ich mit
der Mehrheit der codd. / aufnehmen. Dagegen scheint mir of rade,
ti/rade unbedenklich.
S 83. //. Ks wird gemeiniglich in den besten codd. so be-
handelt, wie in der hc;uligen Litteratursprache. Schreibungen mit
/ statt z finden sich zuw(iilon. In R haben wir nur XIV 53; XV 4
und XXI 187 giustitiü. Das Suffix -ezza wird durchweg mit zz ge-
schritîben. — Einer iiiiheren Bi.'trachtung unterziehen wir noch das
Wort cominciare und siîine derivata.
I 49 chominciañito alle codd.
r. II I chonenza R; comenza MBC; chonmezza G; comincia LSNCZ
(-Fiorenza)
III 21 chominciare alle, nur C començate
87 inchomincianza alle codd.
01 chominciamento alle codd.
IV 12 inchominciata alle codd.
14 chomincianza alle cod^.
VI 63 choninciamcnto R(' comin- LSGMBNC*Z
VII 45 choniinciò in allen codd.
I IO choninciato R: cominciato LSGMNCZ; comen- B
r. 141 inchonimza R; inchominza LS('N; -menza GMBC'; comincia Z
(-sentenza)
140 choniinciato KC cominciato L.SGMBX('*Z
r. 163 chonenza R; cliomenza LBNC; cominza SGN; coninça C; cho-
iiiincia Z (-sentenza)
X 40 choniniciañilo R cominciañito LSGMBN('C*Z
XI 184 chominciamento alle codd.
XII 5 choniinciò alle codd.
XVI 100 inch(mi//cia//za R comincia/zza alle andern
XVIII \Uq choninciasse R; comin- LSGMBNCCZ; coraenzasse C*
Fav. I 65 chomincianza alle codd.
Dil.' gewoh ni ielle Wiedergabe des // ist auch hier also durchgchends
i'\ doch des Reimes wegen werdtîn die dem Provenzalischen ent-
lehnten Formen der alten Lyriker noch an drei Stellen bewahrt:
II 1, VII 141 imd VII 163, d. i 20.»
' Was die Schreibun;! mit // >>iait /// in R (dreimal auch in C) anbelangt,
<o liihii »iie entschieden vom Schreiher her. Dieb beweist schon der Umstand
allein, dafs R selber in den meisten Fjillcn /;/ zeigt. Dieselbe Erscheinnng
bieten auch die codd. der ältesten Lyriker.
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 3 1 7
>5 84. Zu erwähnen sind hier noch die Konditional formen von
potere mit ausgefallenem /.
III 17 porria RC» poria LSGMBNC potria Z
Vn 162 porria RC»Z poria LSGMNC possa B
X 27 porria RC* poria LSGMBNC polria Z
XIII 53 porria RC'Z poria LSGMBNX
XV 38 poria RLSGMBNCC»Z porria C«
XVI 279 potrei RLSBM; poria GCN; porria C*; porrai C
XIX 143 potresti RLSGMBNCX:» poteste C«
XX 20 poria RLSGMBNC porria Z
32 poria RGMC.
Die Schreibung mit einfachem r ist die ursprüngliche; so bieten
sie uns die ältesten codd. der Lyriker und auch die meisten mss.
des Tesoretto. R selber, welches in vier Fällen rr bietet, hat in
drei anderen r; ich führe es tiberall ein. Dafs die Form des
condit. auf ei mit ir neben der auf ia mit r bei Brunetto schon
vorkam, beweisen die Stellen XVI 27Q und XIX 143.'
Im Reime haben wir schliefslich mit gefallenem / XVIII 200
arrieri\ XXI 108 dtrtert\ Formen, welche gewifs, wie Caix, Orig.
§ 139 annimmt, aus dem afrz. stammen.
D.
Es ist fast ganz wie in der heutigen Litteratursprache behan-
delt. Kurze Erwähnung verdient folgendes.
):$ 85. Verdoppelung des d.
I 57 iidorna RLSGBNCC^Z aiUloma M
VI 53 sodussc RLBNCZ soddiisse MSGC»
XVI 40 adorna RLSBNCC>OZ addoma GM
XXI 323 soddomiti RGMN sodomiti LSBCZ.
In aJornOy sedusse ¡st einfaches d beizubehalten. Intll. p. 79 adorn e
cod. magi.; addonia e cod. gadd., ibid. p. 95 adorno cod. magi.;
addorno cod. gadd. Bei soddomUi ist jedoch dd aufzunehen; Dante
schreibt Soddoma,
S 86. Ausfall des d und Tilgung des entstandenen Hiatus
durch 7' haben wir XXI 316 in auo1ierio\ nur MB lesen adulterio.
S 87. dj in der i.pers. praes. ind. von uedere.
XV 213 uegho R; vegf^io LSGMNCC; iicgio BC^; neghi Z
XIX 28 ucgio RB; ueggio LGMNCC; ucggo S; uengio C*
29 uegio RBC2 ueggio LSGMNCC
30 uegio RBC* weggio LGMNCC* ueggo S
31 uegio RBC'^ ncggio LSGMNCC»
XX 105 uegio RB ueggio LSGMNCZ.
Nur uegio ist gut bezeugt und auch XV 213 einzuführen.
» Ein laronajs^gio ^ welches nach ('aix, Orig. § 139 p. 163 und § 238
p. 249 in L Fol. I stehen soll, existiert nicht in <lcm cod.; das Wort kommt
überhaupt im Tesoretto nicht vor. Es ist sicher haronai^gio (II 20) auf Fol. 2
r. b. Z. 2 dafür verlesen.
3l8 B. WIESE,
S 88. mi des lat. ìmk ist in einigen Fällen erhalten.
X 25 no 'ndc R; none SGMNCC*Z; none BL
XVI 214 no'nde R; none SGMNX«; none LBC«
XVIII 60 no'nde R; nonne SGNCC^C^Z; none BL
Î09 no'nd'cra RC; non SGMN; non' LBC«C«Z.
Die Fälle sind beizubehalten; es ist 'nde statt ne auch alttoscanisch,
cf. Caix, Orig. S 146.
S.
Dieser Konsonant giebt zu sehr wenig Bemerkungen Anlafs.
S 89. wSicher belegt ist XI 84 hadalischi RLSGMNCC« hasali-
seht B. Caix, Orig. S 1 17 weist diese Form gleichfalls bei den
Lyrikern nach.
>§ go sj, XVII 84 treffen wir in R die Schreibung chasgione.
Sie rührt gewifs vom Schreiber her, was auch ihr ganz vereinzeltes
Vorkommen schon beweist, und ist durch chagiont\ wie sämtliche übri-
gen codd. lesen, zu ersetzen. Hingegen: XII 50 tof/W/ RLSMNCC^
basal Vi baciai iVA und XXI 128 inbrascia l^\.Sy[C\ inbract'a G; abra'
scia N; abrada Z; inflama B sind sicher, cf. Caix, Orig. >$ 148 p. 168.
Intll. p. 7 1 haben wir in beiden codd. basciana, — Ganz vereinzelt,
und gleichfalls dem Schreiber angehörig ¡st XXI 135 fienza RM
[-maluolienza) und 20g dispenza L {-poienza),
S 91. XI 150 treffen wir die bekannte Form ciciliana mit Assi-
milation des ersten Konsonanten an den zweiten. Intll. p. 45 Cicilia
in beiden codd.
Die Gutturalen.
C.
j^ 92. Das gutturale c wird in R fast ohne Ausnahme durch
r//, sowohl vor c und /, wie vor a, o, u dargestellt. Sehr oft braucht
auch (j eli vor a, 0, u; M und N gleichfalls so; in anderen codd.
vereinzelt. Die Schreibung /* findet sich 30 mal in L und 1 1 mal in S.
>^ 93. Schwächung von c zu g.
I 102 sagretto RLSGMZ secreto BNCC»
XIX 150 aguta RLSGMNCZ acuta BC»
XXI 141 sagrato RLSGMNCZ sacrato B
263 sagram^wti RT^GM sacramenti BNCZ
320 agramente RM.
In allen Beispielen ist g sicher. XXI 320 steht der Beibehaltung
der Lesart von R nichts im Wege; die meisten codd. haben an
Stelle des unbekannteren Wortes ein bekannteres gesetzt: gravemenk
oder laidamenle.
S 94. Von den Verben auf -icare verdienen folgende zwei
erwähnt zu werden,
XV 106 follegiasse RGB; folleggiasse SMNZ; foleasse LCC'C*
146 chortcscgiare R; -cggiare LSGMNCZ; cortcgiare B; cortealare CK?
in denen die Können mit g' sicher sind.
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 3 IQ
§ 95. Der palatale Laut stellt sich vor e und / in der Regel
durch einfaches c dar. Vor e bietet G und Z sehr oft die Schrei-
bung cie\ ebenfalls öfter eie haben RLS. Auch scia vor e wird
durch scie wiedergegeben in RLSGZ, zuweilen auch in N.
§ 96. Schwächung des í zu g vor e,
in 86 chongietto R concetto LSGBCC>Z
XV 182 piagente RS piacente LGMZ
XVI 14 piacente in allen codd.
286 piagente R piacente LSGMBNCC>C2
XVIII 191 piagente LS piacente RMGBNCC»Z
XX 75 angielli RT^GN uccel MCBZ
Fav. I 81 augello alle codd.. aber III II ; XI 99 uciclli in allen codd.
Die Formen mit g in piagente^ wo sie überliefert sind, sind gewifs
nicht vom Schreiber eingeführt. XV 182, XVI 286 und XVIII 191
nehme ich sie danim auf, cf. Caix, Orig. ^ 154 p. 172. Die Form
augello ist an zwei Stellen sicher belegt; daneben an zwei anderen
ucielli, chongietto III 86 wage ich nicht mit R der Auctorität der
übrigen codd. gegenüber beizubehalten.
>§ 97. Die Assibilation des c nach Konsonanten finden wir in
folgenden Beispielen.
n 42 dolze LSNC»V tlolcie RGMBCZ
XVIII 41 dolzi LSG dolci RMBNCC^C^Z
XXII 32 dolze LSGN dolce RMBCZ
VII 28 merze RSGMNCZ merciè LBC»
XII 51 mercè RLSGMCC»NV mercè BZ
XX 27 merze RLMNZ mercè SBC
XXI 170 merzede RN mercede LSGMBCZ
XIV 94 franzese RLSGMNCC; -cesce B; -cese Z
XV 169 donzello RLSGMZ
XXI 317 donzele RLSGMC dongelle B
243 u[n]zino RLSGNC uncino M vgino B
Im Anlaute: VII 247, 270 zelle R; alle andern celle.
merze, franzese, donzello, donzele, unzino ist von den besten codd.
belegt; so zögere ich auch keinen Augenblick in den drei angezo-
genen Stellen dolze aufzunehmen, wenngleich R dagegen spricht;
die Form mit z ist schwerlich von den toscanischen Schreibern
der codd. LSGN eingeführt. Über Lancielotto cf. § 13. VII 247
und 270 ist celle R gegenüber aufzunehmen. Mit Assibilation des
c nach einem Vokal haben wir Fav. I 16 amístate,
^ 98. cj ist in den mafsgebenden codd. fast immer wie in
der Litteratursprache behandelt. XI 27 haben wir das aus dem
prov. sa entstandene zae RLSGCN; in MBC* ist es zu (¡ua ver-
ändert. III 63 treze RLSCMBNCC^ treccie Z, r. XIX 125 hilanza
alle, nur C* bilancia, cf. Caix S 156 p. 175: za, treza finden sich
noch in Fr. da Barberino. — zj neben cj finden wir, wie heute,
in ofizio und Fav. I 20 oßci', beide male sind die Fonuen durch
den Reim gesichert.
320 R. WIESE,
S 99. et ist in manchen cocld. so geschrieben; doch die besten
bieten //. Die Beispiele habe ich S 80 gegeben.
>5 100. CS (x) ist gleichfalls von einigen codd. in der Schrei-
bung beibehalten. VI 27 sexio SM; Vili 11 chonplexione in G; XI
25 dexira M; XVII 214 exenplo SGM; XX 60 ahxandro SOM; XXI
265 txemplo M, 303 luxura GM, 305 luxuria MS, 326 luxura SG.
Wir betrachten noch die Ergebnisse des lat. laxare,
r. XI 113 lassa RGMBCC^ lascia LSN
XV 172 lascia alle codd.
XVIII 57 lascia in allen codd., nur C* lassa.
Die Form lassa ist demgemäfs neben lasciare etc. im Reime zur
Verwendung gekommen.
§101. de finden wir zu g geworden in umgianza XVIII 107
und 148.
G.
S 102. Der gutturale Laut des g wird wie der des c in man-
<:hen codd. durch gh auch vor a, 0 und u dargestellt. Am häufig-
sten ist dies der Fall in Ct, öfter auch in RMN. In LS nur I 45
in aringha. Geschwunden ist g zwischen zwei Vokalen ¡n l'éale^
cf. S 12 die Beispiele.
^103. Öfter haben wir noch in unserem Gedicht das palatale
g in lungiamenie = prov. lonjament,
X 41 lungiamente R lunga- LSGMBNCOZ
XX 59 lungiamente R lunga- LSGMBNCZ
XXI 269 lungiamente R lunga- LSGMBNCZ
F^av. I 44 lungiamente R lunga- MCF.
Sämtliche codd. mit Ausnahme von R führen da.^ ital. lungamente
ein. Ks ist kein Zweifel, dafs R wieder allein die richtige Lesart
bewahrt hat. Fr. da Barberino braucht die Form longiamente, Caix,
Grig. .S 1Ò4 p. 178.
S 104. Der palatale Laut des g vor e wird öfter durch gie
ausgedrückt, namentlich in R und G. LSMNZ zeigen diese Schrei-
bung auch einige male. Ausfall des g in dem Worte regina ist
nicht sicher.
XI 102 regina RSGBCC'Z reina LMN
XIII 65 regine RLSMRNCC»Z reine G.
,^ 105. g7i wird in den einzelnen codd. dargestellt wie «/,
cf. S 72. Beachtenswert ist: XIII 22 chongnoscha R, conosca in allen
andern codd. XXI 197 dagegen chonosce in allen codd. (M con^
gnosce). Die von der gewöhnlichen Schreibweise abweichenden
Schreibweisen in R und M sind latinisierend von den Kopisten
eingeführt; man trifll sie oft in alttoscan. Denkmälern, namentlich
in den T. Alb., cf. Caix, Orig. J^ 1Ö7 p. 179.
§ 10Ò. ng.
V Q2 stringie RSC» stringne LGMfiNZ
XI 105 cinge RCi cingne LSMGBNC
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 32 I
XVI 191 agiungie RBC* agiungne LSGMNC
XIX 36 piange RSBCC'C« piangne LMGN
j 107 punge RGMC« pungne LSBNC
* 1 108 chonpu[n]gie RGMC* conpungne LSBNC
XXI 222 stringe RSGBCV stringne LMNZ
/Fav. I loi m'ungie RN m'ungne LSGCFZ
* I 102 pungie RCN pungne LSGFZ.
In R sind durchge'hends Formen mit ng' belegt und öfter von den
andern codd., die schwanken, gestützt. So glaube ich sie als ge-
sichert im Texte belassen zu dürfen.
j-
S 107. In latinisierender Weise finden wir iuslitia geschrieben
XIV 53 in SC; XV 4 in CC¿; XXI 187 in C; in allen Fällen führten
die Kopisten diese Formen ein. — Zu beachten ist XI 84 giene
RSMZ gene LGBNCC, wo j im Anlaute in g übergegangen ist.
Im Übrigen ist j wie in der heutigen Schriftsprache behandelt.
H.
)^ 108. Latinisierende Schreibweisen in den Worten honjiOy ho"
nort\ humano, honoratoy homorey humile finden sich öfter in LSGMB.
In K sind die einzigen Beispiele XVI 228, XVIII 187 honore\ XVIII
186 homo\ ferner bemerkenswert 1 62 chathone RZ; XVI 66 tK escha R.
Die Labiale.
P.
S iO(). Verdoppelung.
XXl3i3(lopio RB eloppio LSGMNCZ
aber XV 62 doppiamente RLSGMNCC'-*Z dopia- BC»
r. Fav. I 1 29 radoppia alle codd. (-choppia).
Im ersten Falle ¡st das ursprüngliche einfache p beizubehaUen, wel-
ches möglicherweise auch eimnal an der zweiten und dritttMi Stelle
stand. An h^tzter Stelle bietet F chopia mit einfachem />.
)i 1 10. /> zu V erweicht vor r und zwischen zwei Vokalen.
I 48 sourano in al en codJ.; ebenso IV Q; sourana V 55 (B soprana)
IV 5 chouertamente R
XVIII 65 chourire RGC-^Z coprire LSMBNCC
XXI 17 schouerto /;/ allen codd.
I 87 soperchio l
r. , 00 1- \.' Í in allen codd.
\ 88 cnopcrchioj
Fav. 1 26 cliouerla alle codd.
IV 31 ouriera LSGMBC(''; opera R; onera N
V 5 opcramento in allen codd.
VII 220 oura RLSGBNC»
XIX 104 adouera R adopera LSGBNCC*
156 aoucrar R adopera LSGMCZ
XXI 34 operato in allen codd.
Zelcichr. f. rom. Phil. VH 21
322
It. WIESE,
XIX 96 sopra tn allen codd.
I 16 sauere sahst. RLSGMBNCC sapere Z
52 sauere verb, RLSM(X^*Z sapere GBN
52 sauere verb. RLSGMBNCC* sapere Z
62 sauen RLSGMBCC; sapen X; sapete Z
III
V
V
VII
X
G
sapere
RLSMBNCC»Z
MBL
saper
RSGNXC'Z
RLSGMC
saper
BNC'Z
C
sapere
RLSGMBNC>Z
GC»
sapere
RLSMBNCZ
lie codd.
GMCC*
sapere
RLSBNC
21 sauere verb.
36 sauer 7'erb.
XI 175 sauer verb.
XIII 4 sauere verb.
XIV 2 sauere verb.
XIX 15 sauere subst.
41 sauere verb.
51 saper verb, alle codd.
105 sauere subst. alle codd.
169 sauere subst. alle codd.
XX 65 sauere subst. alle codd.
XXI 68 sauer verb. RI.SGMBNX saper Z.
Allgemein bestätigt ist souranoy our a VII 220. IV 31 ist our era zu
lesen; doch daneben opcr amento, operato. XIX 104 ¡st adouera und
15Ò aouerar mit R zu lesen. XVllI 65 ist cJiourire hinlänglich be-
zeugt; XXI 7 haben wir schöner to in allen codd. und Fav. I 26
chouerta\ doch XXI 87 — 88 soperchio-ciioperchio. IV 5 gebe ich die
Lesart R gegen die der andern codd. auf.
Schwankend ist der Gebrauch von p und v bei sapere. Wo
es substantivisch vorkommt, ist stets die Form sauere verwendet, nur
in einem Falle I 16 hat Z saper. Das verb, ¡st sicher mit v belegt
III 52; V 52, 62; XI 175; XXI 68; die Form mit / kam zur Ver-
wendung VII 21; X 36; XIII 4; XIV 2; XIX 41, 51; im letzteren
Falle haben sämtliche codd. saper. Die Form mit p ¡st also bei
Brunetto neben der von den ältesten Lyrikern verwendeten mit v
gesichert. Hier mag noch einmal das >$ 45 besprochene ehouiiisa
XXI 206 erwähnt werden.
S III. pj. Neben den im Toscanischen gewöhnlichen Formen
von sapere finden wir die mit f/, cci.
IV 26 saccente LSGBNCC'Z
V 78 sapie RGBNZ saccie LSMC»
r. 83 sacci RMC*Z; saccie LSGNC; sacci B (-facci)
VI 67 saccie RLSGXCC'Z; sacci B; sappi M
VII 229 saccientc in allen codd.
Vili 35 saccie RCC» sappi LSGMBNZ.
sacciente ist sicher; ebenso VI Ò7 sai'cie\ V 83 sacci\ Vili 35 belasse
ich saccie mit R; doch V 78 ist kein (irund saccie aus LS ein-
zuführen. — Aus sapins haben wir die gewöhnliche Form sauio^
daneben aber, mit Übergang des sekundären 7J in ¿ {¿¿) sagio
(sa^^g/o),
r. II II sajjijio in allen codd. (H sajjio) (-messaggio)
37 sauio RLSGMCC sagio BN
:- -:
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 323
r. III 57 sagio RLSGBCC» (-diragio)
VII 29 sauio in allen codd.
r. XV 42 sagio in allen codd. (-diragio)
r. XIX 57 sagio in allen codd. (-magio)
XXI 75 sauio in allen codd.
Die Form sagio (so auch II 1 1 zu lesen) kommt viermal im Reime
vor; aufserhalb desselben stets sauio,
B.
Í5 112. Verdoppelung findet nicht statt. Einzelne Beispiele
gehören den Kopiatoren an. So: III 20 ubbidire GM, 68 labbra
SMC«; XI 39 abbonda SM; XIV 57 ubbiJenli GM; XVIII 62 dubbiar
GM, 190 dubbiiar N; XIX 39 dubbitai M.
S 113. b ist erhalten in labore IV 16 in allen codd.
S 114. bj. Neben den im Toscanischen gewöhnlichen Formen
von auere und dotiere finden wir noch solche mit einfachem j und gi,
I 46 agiate R abiate LSGMBNCC»Z
V 119 agio in allen codd.
164 aia RLSNC; aggia GB; abbia Z
VII 242 agio in allen codd.
271 agio RLSGMBNCC» o Z
XI 61 aggia G abia RLSMBNCC'Z
187 agio in allen codd.
XII 46 agia RLSGBNC'Z abbia MC
XIV 64 agio in allen codd.
XVIII 170 aggia G abia RLSMBNCC'C-'Z
r. XIX 90 aia in allen codd.
r. 220 agio in alUn codd.
XX 95 agio in allen codd.
XXI 330 agio in alUn codd.
Von Formen mit einfachem j ist VII 1 64 aia von den besten codd.
bezeugt; von allen XIX 90 im Reime mit paia, XVI 198 hat R
allein deia^ welches sicher als die ursprüngliche Lesart anzusehen
¡st. Die Form agio ist für die erste Person an vielen Stellen von
sämtlichen codd. belegt, agia XII 46. XI 61 und XVIII 170 hat G
allein aggia^ was ich aus diesem jüngeren cod. nicht einführen kann,
da die Form abia so oft von sämtlichen codd. geboten wird und
sicher von Brunetto verwendet wurde. I 46 hingegen ¡st das agiate
von R beibehalten.
S 115. XXI 262 ist die Form prof ende RM; probende GNC;
prebende LSB zu beachten. Die Form mit / in RM kann sehr wohl
von Brunetto geschrieben sein = afrz. provende, provande. Die Ko-
pisten der übrigen codd. haben das im ¡tal. gebräuchliche Wort
an Stelle des aus dem Französischen hinübergenommenen gesetzt.
(ii»stützt wird unsere Annahme durch das Vorhandensein des Reim-
Ní'ortes o/ende, wir hätten also reichen Reim. Das Wort profenda
21*
^^24 ' H. WIESE,
existiert übrigens noch im heutigen Italienisch, nur in anderer Be-
deutung.
«
V.
§ 116. 7' zu h in zwei sicheren Beispielen.
XVI 147 boce RLSGMßNCC'Z uoce C«
XVIII 29 boce RLSGMBNCC'Z uoce C^
XVII 76 serbanza RLSOMBNC^Z seruanza C«.
In M haben wir in den im Fav. I eingeschobenen Versen bomuato.
S 117. vj ist in der Regel behandelt, wie in der Litteratur-
sprache. Die codd. schwanken in der Wiedergabe des lat pluvia.
X 21 pioua RLSMC'Z jnogia GBNC
XI 46 pioua LSGMNC'Z piogia RBC.
Es ist an der zweiten Stelle wohl auch pioua zu lesen. Zu sauio,
sagio, cf. §111.
Hier zu erwähnen ist noch r. VI 30 iriegua RLSGNCZ; tregua
B; in'etia M; latieua C. Sämtliche codd. stehen M gegenüber mit
der Form iriegua. Der Kopist von M sucht überall, wo es möglich
ist, genauen Reim herzustellen, wie wir gesehen haben; es ¡st da-
her auch an dieser Stelle ungenauer statt genauen Reimes anzuneh-
men und triegua-cua beizubehalten. Cf. überdies die Anmerkung von
Zannoni zu dieser Stelle, in welcher er auch zwei Beispiele beibringt,
wo triegua mit -ma reimt. M wird höchstens durch die verderbte
Lesart C^: laiieua = latreua gestützt. Doch auch C* ist ein jün-
gerer cod.
F.
^118. Vielfaches Schwanken in der Verdoppelung des Kon-
sonanten. R bietet ihn in der Regel einfach. I 24 afinate R; 111
69 afilato RLB, 79 soficeute R; VI 46 afanno RN; XI 190 <(/Íí//RSC»;
XV 1Ó a fido RLS; XVllI 10 1 afare RB, 121 afina RB, 134 of esa R;
XIX 213 irafughai RLS(iBCC>C^ 217 afanno RN; XX 3 afanno
RBN, 51 oficio RGMBNZ; XXI 24 afretti RLSBNC, 140 ofendesii
RBNC, 20 1 af ernie R; Fav. 1 20 ofici RSMF, 107 afendimenio RF.
Verdoppelung der Konsonanten.
>î 119. Die Verdoppelung im Innern der Worte ist bei Weitem
nicht so häufig, wie in der heutigen Littcratursprache. Dem cod.
R als dem ältesten folge ich auch hier. Kr bietet vielfach einfache
Konsonanz den andern codd. gegenüber. H «;eht in der Anwendung
der einfachen Konsonanz manchmal noch weiter als R; hier rührt
dies jedoch von dem Dialekt lu^, cf. z. \\. Mussafia, Fra Paolino
unter Consonanti in der Einleitung. So haben wir in R stets 'agio\
nur II 12 im Reim saggio -messaggio^ (-g- nur B). R selber hat
III 57, XV 42, XIX 57 sagio im Reime. Es ist daher an der er-
wähnten Stelle einf«i(:he Konsoiianz herzustellen. Ferner haben wir
in R agio, agiate diragio, magio, magiorr, a/tiale^ rcgimentoy aqua, cho'
DER lESORETTO UND FAVOLELLO li. LATINOS. 325
ninne, ucielli etc. Wo im lat. bei Zusammcnselzungen mit einer
praep. zwei Konsonanten zusammenstofsen , und man Assimilation
erwartet, haben wir in R auch stets einfache Konsonanz: afinaie,
acordare, aconpangnata, asemhiate, atende etc. und hierin stimmen öfter
noch andere codd. mit R überein. Doch im Reime I 102 asetto-
sagreilo. (In LSGZ segreto \ BNCC* secreto) M secretto). Stets riccho.
Über die Schreibung et cf. § 80.
>^ 1 20. Verdoppelung der Konsonanten im Anfange eines Wor-
tes, wenn das vorhergehende W^ort einsilbig ist und mit einem Vo-
kale schliefst findet sich in R öfter. Die vorkommenden Beispiele,
welche ich bei meiner Untersuchung sämtlich zusammengestellt habe,
hier anzuführen ist unnötig; es sind 183 für R. Es genüge die
einsilbigen Wörtchen aufzuzählen. Es sind su, a, tra, da, e, si, se,
no, ma, ne, che, chi, lo und die Verbformen ò, sia, à, Dafs wir
XV 111 79 diese Verdoppelung auch nach piglierà finden [piglieranne
RLSG) kann nicht befremdlich erscheinen und ist keine Ausnahme
von dem angeführten Verfahren; es ist Verdoppelung nach à. Den
183 Beispielen gegenüber bietet R über dreimal so viele Stellen,
wo es unter gleichen Umständen die einfache Konsonanz bewahrt.
Viel weiter gehen in dieser Verdoppelung die codd. G und M.
Es ist mir sehr wahrscheinlich, dafs in den meisten, wenn nicht in
allen Fällen, die Verdoppelung der Konsonanz von den Abschrei-
bern herrührt. Im Texte werde ich nichtsdestoweniger überall der
Schreibung R folgen.
Der Accent.
In manchen Fällen ist er abweisend von dem lat. Accent und
von dem der heutigen Sprache.
S 121. Beim Nomen haben wir Beispiele von Accentverschie-
bung nur beim nomen proprium. II 23 chonpangna {-spangia) ist
nicht, wie C'aix, Orig. ^5 186 p. 193 annimmt, eine Accentverschie-
buiig, sondern, wie Ciaspary, Ztschr. IV p. 612 bemerkt = compania
n. pl. wie afrz. prov. Dasselbe Wort bieten XXI 59 LSGB, während
RMN'CZ chonpangno haben. XV 188 haben wir chonpangnia. Beim
nomen proprium haben wir Verschiebung des Accentes:
VII 67 lucifero (-clero)
XI 31 ipotania (-tuttauia)
52 soría (-uia)
72 aloe (cf. § 50)
104 ociáno (-mano)
172 ociáno (-pisano).
Der Accent rückt auf die letzte Silbe: 1 37 achiles', 1 39, XX 64
tttôr', XI 2^^, 57 fisón'y doch XI 2^, 51 ist tigre zu lesen; im ersteren
Falle haben so RGCZ, im zweiten RG. Die andern codd. lesen
tigris. — XI 24, 37 gión-, XI 123 ercholés', XX 55 ciesdr) XX 58
sansón-, XX 63 Assal.ht', r. j ^^^ gj f¿^¡ RMBNC ¿¿ j LSGZ.
Die Lesart R ist sicher beizubehalten. Doch: Fav. II 20 Palamidess
320 H. WIESE,
('ûMss) in MNC ist (îine Änderung der Kopisten. Die Abkürzung
a(/(/ess ist nicht gestattet. Dafs M geändert hat geht überdies da-
raus hervor, dafs es hinter beiden Worten einen Raum frei läfst
und dann einen Punkt macht. — Mit angehängtem Vokale haben
wir endlich 1 40 lancidoUo und tr ¿siano aus dem afrz. und 11 22
nanfosse {-fosse) ays dem prov. B liest hier fos-nan/os und C*
fosse 'fian/os. — Den richtigen lat. Accent haben wir in 1 47 inliOy
1 62 smühiiy chathône\ XI 30 babUlónìa\ XI 37 etíópia\ XIX 179 ouidio\
XX òo Alcsándro\ XX 66 Aiiauián\ XX 65 saìamón mit abgefallenem
Schlurs-É*; I 18 und XX 78 salamône,
§ 122. Beim vb. haben wir ein einziges Beispiel von Accent-
verschiebung im Verhältnis zum it. V 29 chonpiire ["podere)] Vil 11
chonpiêre [-dire R, "fornire M, -podere die andern); XXI 309 chon-
piire {ítokre). Der urspi^üngliche lat. Accent ist hier erhalten.
Formenlehre.
Flexion.
Artikel.
55 123. Aus einer Zusammenstellung und Vergleichung sämt-
licher vorkommenden Fälle des bestimmten Artikels nach allen mss.
hat sich für Brunetto folgendes Schema ergeben: m. sg. lo, bei vor-
hergehendem Vokal auch enklitisches /; vor Vokal proktitisches /.
— pl. // auch gU, — f. sg. hij proklitisches /'. — pl. /«•, prokli-
tischcs /'. — Beim Zusammentreten des Artikels mit der praep. zur
Bildung der casi obliqui findet in R in seltenen Fällen Verdoppe-
lung des / statt; ebenso beii^^ Zusammentreten mit cotij su. Mit in
haben wir stets nur die noch gebräuchlichen Formen neU nello, nella.
Hier verdoppelt R in den meisten Fällen das /. BLSN haben aber
fast immer einfaches /. per wird nie mit dem Artikel zusammen-
gezogen; den einzigen Fall in sämtlichen codd. bietet R XVI 137;
pel ist als dem Schreiber angehörig zu tilgen, il und /, wo sie
vorkommen, selbst in den wenigen Fällen der Übereinstimmung
sämtlicher codd., rühren sicher von den Kopisten her. Das be-
weisen schon allein die verschwindend wenigen Fälle ihres Vor-
kommens den als von Brunetto gebraucht anerkannten Formen
gegenüber. Sämtliche Fälle mit // im Anfange eines Verses, die
allein für sein Vorkommen beweisend sein würden, sind fol-
gende. 1 25 // in R, wo mit sämtlichen andern codd. E l zvl lesen
ist. 111 60 // in allen codd. nur M /. V 32 // in R; alle andern
codd. haben richtig El. VI 13 // RCC; mit BN ist ^5*/ zu lesen.
XIV 84 // RMBNCC Lo LSZ. XVI 130 // RCiMNCC» Lo LSBZ
/ C'-^. XXII 14 y/ R; mit den andern codd. ist -£* / zu lesen. Im
pl. für / ist kein einziges gemeinschaftliches Beispiel da. Die Schrei-
bungen //* und gh\ gl\ If^r vor Vokalen hängen Nvohl mit der Aus-
sprache des // vor Vokalen als Ij zusammen, so dafs gli etc. nur
Varianten in der Schreibung sind. So wechseln z. B. in R nur li
^ Vgl. dazu Gröber, Zcilschr. I 108 f.; Caix, Orig. S. 197 ff.
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LALINOS. 327
un<i i]ili\ in B nur //' und gl, welches für die beiden codd. auch
die Darstellungsarten von ¡j waren, cf. JJ ^2.
Nomen und Adjektiv.
Deklination,
i^ 1 24. Übergang aus einer Deklination in die andere ¡st ziem-
lich häufig.
1. Aus der i. in die 2.: r. X 88 pregherò -inesiero. XV 159
¡using ho in R ist Schreibfehler. X!X i haben wir a destro im Reim
mit maestro statt des gewöhnlichen a destra. XXI 41 hat M minacci
subst. im Reim mit facci. Es ist eine Änderung, denn alle andern
codd. lesen minacc ie^f accie (2. p.).
2. Aus der i. in die 3.: r. V 38 sua semente {xwxx O suo)\ jetzt
sementa. XIII 18 ist persone {-magione) als sing, aufzufassen, weil
Scïmtliche subst, die in seiner Verbindung aufgezählt werden, im
sg. stehen. XIX 29 ist persone gleichfalls sg. Endlich halte ich
auch XV 1 1 5 persone als sg. für das ursprüngliche. Bis v. 1 24
läfst sich der pl. ganz gut aufrecht erhalten; dann aber wird von
einer einzigen Person weitergesprochen: v. 126 sg. Che già fare
nomi osa Chonuiti né presenti und 131 — 132 ^íad io s io vC auedesscy
Ch'egli altro ben facesse ^ wo in beiden Fällen der sg. durch den
Reim gesichert ist. Anzunehmen, das Brunetto erst von mehreren
Personen spricht, und dann nur von einer, scheint mir bedenklich,
da der ganze Passus von 109 — 138 eng zusammengehört. Die
Änderung der codd. scheint mir überdies leicht erklärlich. Den
Kopisten war ein sg. persone nicht bekannt und sie änderten dem-
gemäfs vor allem 116, das aus der sicher ursprünglichen Lesart
cha chonperar hervorgegangene che chonpera in chonperan RSGMZ.
B hat che' n comparar', L cK a comperar', CC'' che conperar', C- chi
copiera', M' che compera, v. 115 haben RGMM' uiste', die andern
codd. nisto. CA ist verdorben. 118 und 123 // ist ebensogut dat.
sg. als pl. m. als f. v. 122 ist dann wieder crede zu schreiben, wie
nur C- und Z haben, crcdon in den übrigen codd. ist wieder zu
erklären durch den voraufgehenden, auf danari bezogenen pl. trouan,
V. 1 29 diuoran neben mangia in R ¡st ein Schreibfehler. — V 48
forza diuine R, ¡st mit den übrigen codd. in forze zu bessern, r.
XI 198 fine adj. auf chosa bezogen. Fav. I 37 fine amanza (iM.
3. Aus der 2. in die i. trauaglia XII 15 oblia XVIII 131.
XVI 117 bietet (i fatte als pl. {-abbatte), doch alle andern codd.
haben r abati-fatti'. XX 24 foglia.
4. Aus der 3. in die 2. crino Ili òi, adj. rubello XV 97;
XIX 44. chomuno II 57 als subst. gebraucht.
5. Aus der 3. in die i. r. VI 9 la sechonda dia RLSGBNC;
dio C; secondo dia Z; // secondo die ^I aber VI 19, 27 dì als. m.
r. VI 54 molile r a = mulit'rem. r. X 20 cha Iura', hierin haben wir
einfache Suffixvertauschung. XI 81 le tigre RCC, alle andern codd.
//' tigri, le tigre ist bei C'aix, Orig. § 196 p. 205 auch aus den
328 n. WIKSK,
ältubteii Lyrikern belegt und lì tigri ist eine Änderung der Kopisten.
Mit lat. Form erhalten sind lahorc IV ló und albori VII 130 in R
läfst auf einen sg. aibore_ schlieisen. Zu aire cf. >$ 48. Reiner La-
tinismus ist V 57 uirgho maria,
§ 125. Der Wechsel von e und / im pl. der 3. Deklination
ist häufig, cf. § 14. Erwähnenswert ist der pl. piandc X 3. r. 111 68
le labra uenniglia RLS(;BNC\'>Z {-ciglia) Vi cilgle-vermilgle, XXI 188
le uizia RLSGHNCZ. ieitere dorata in R XIV 51 ist ein Schreib-
fehler; es ist mit allen andern codd. lettera zu lesen.
|§ 126. Zu dem pl. auf -aij -ei von quale j tale, qtuilo, bello, cf.
S 61. Von subst. kommt er im Tesoretto nicht vor.
§ 127. Zu erwähnen sind schliefslich folgende zwei Kompara-
tive. VII 220 prasor R; plusor LSCC*; piu sor GN; piusor 13; piu
so Z; pia M. Die Form plusor ist aufzunehmen. In R liegt eine
Verderbnis des Kopisten vor; er schreibt ipra sor parte, indem er
ipra als praep. auffafst. Das Wort ist prov. Ursprungs. — magio
= lat. tnajor findet sich XIII 74 und XIX 89 in allen codd. im
Reim. XVI 205 magio chura RMC; LSGBNC'C'^ korrigieren in
magior, XIX 169 magio sauere R; alle andern codd. /////¿"^/i^r. Auch
hier ist magior sicher erst von den Abschreibern cingefûhrL
Das Pronomen.
§ 128. I. pers. nom. sg. io, /' (nie eo, cf. § lo); obi. sg. me;
pl. noi.
2. pers. sg. nom. tu; obi. te; pl. uoi (II 41 vielleicht uue).
3. pers. m. sg. nom. elli, egli, ello, el, e'; f. sg. nom. ella; m. sg.
obi. ////'; f. sg. obi. lei, Im pl. ist nur loro belegt.
S 129. Der Dativ ohntî praej). bei Personalpronomen kommt
im Tesoretto nicht vor, aufser XVll 9 Ilei.
§ 130. Die pronomina conjunctiva, cf. S 12.
1. ps. sg. ////, pl. ne.
2. ps. sg. //, pl. ///.
3. ps. sg. dat. m. und pl. ace. m. in den besten codd. nur li;
gli in R nur zwei mal: XVI 41 gli basta RMZ; // LSGBNCC»Ci.
XXI 221 gli uengna RLGZ; //' SBNC; acc. m. sg. lo; l pro- und
enklitisch; f. sg. dat. einmal // XV 123; sonst le; sg. acc. la\ pl. dat
m. und f. loro; acc. m. //; f. le.
^ 131. Beim Possessivpronomen haben wir das Zusammen-
wachs(»n des pron. der i. ps. mit sengnore zu bemerken. XIX 61
monsengnore RLSGNCC'C'-; M und B ändern in mio setignore.
Verb um.
Die Konjujjationen.
S 132. Konjugationswechsel liegt vor in chanpire XIX 165
{'/erin) KLSGBNC^ campare CC-i (letzten-s '/eran). Fav. II 14 pro-
ferire LvS( ' profferire NZ {-dirt). Ks ist aber die Lesart der übri-
gen codd., ferire, die richtige, weil der Vers sonst um eine Silbe
zu lang ist. XIV 69 chapesse {-potesse) von capere. IV 15 ßna in
DKK TKSOKE'ITO UND FAVOLKLLO H. LATINOS. 329
allen codcl. (Z jßttc), VII 14g fina RLSMBNCC; finìscie G; fino a Z.
r. XI 125 finaia aile codd., nur B confinata', Z finito, r. XX 6 fino
\\\ allen c()dd. Das verb, finare^ dessen Beispiele im Tesoretto ich
zusannmengestellt habe, ist. wie Gaspary, Ztschr. IV p. 612 bemerkt,
nicht durch Konjugationswechsel aus finire entstanden (so C-aix,
Orig. >^ 209 p. 215) sondern ist Ableitung von fine, afrz. finer. —
XVlll 175 allenisse -facesse (nur BC- anenesse; INI accadesse) ist ein
unvollkommener Reim wie andere und läfst nicht auf Anwendung
der Form auenesse schliefsíín; Caix, Orig. p. 21Ò S 210 nimmt dies,
an; die Stelle findet- sich nicht R Fol. 29, sondern Fol. 28 v.
Die Endungen.
§ 133. Beständig ist der Wechsel -e und -/. Für die i. und
2. ps. conj. impf, sind Formen mit e nachgewiesen § 14 am Schlufs.
Für die 2. ps. praes. cj. ist sie nachgewiesen §49; sij findet sich
nur in BC*^. Für die 3. ps. ist nur sia sicher belegt (§ 49). —
Ferner e für /: in der 2. p. praes. ind. XII 24 inute\ XVI 243 troue\
XVII 51 promette) XVJIl 50 chonportc\ .VI 66 chure\ XX 45 uante,
16 sentenze, 70 torm\ XXI 109 parle R, 320 'ntemie imper. R; da-
neben XMII 113, 115 truoui und viele andere Stellen, wo sämtliche
codd. in der Endung / übereinstimmen. — Im sg. des praes. cj.
der ersten conj. XVII 105 i. ps. am' e RLCC*, ame S, ami GMIK"-,
crede RLS(iMBNC^ XVIIl 179 2. ps. porte R; 180 dimostre 2. ps.
R; XV 48 2. ps. sghomenle RLSGMBNC'Z. — Sehr oft finden wir
in der 2. ps. conj. praes. der II. und III. conj. -e für -¿7. Häufiger
finden wir Beispiele, auch in R, wo dies -e mit -/' vestauscht ¡st.
Darin ist eine Änderung der Kopisten zu suchen; die Form mit e
kommt öfter im Reim vor; die mit /' nur an zwei Stellen mit sich
selber, also nichts beweisend. Diese zwei Stellen sind V 83 — 86. —
Bemerkenswert ¡st schliefslich XVI 169 die 3. ps. ind. praes. rahati
{'/atti) in RMCC'C2, -e LSBGN und XXI 28 die 2. ps. perf. ind.
enfiaste R.
§ 134. Die Zusammenziehung der Endung ai vor der Enclitica
iä zu a in dem einen Beisp¡el dimora ui ist )5 4^ erwähnt.
Der Stammvokal.
§ 135- Über die lautlichen Veränderungen, welchen der Stamm-
vokal uiiterworfen ist, Diphthongierung und Schwächung, je nach-
dem auf ihm der Ton ruht oder nicht, habe ich bei den einzelnen
Vokalen gesprochen. e und 0 als Stammvokale unterlagen im
Falle des Betontseins der Diphthongierung i^S 9» 26. Über Vokal-
schwächung cf. 55 17 zu douer e \ %% ^^^ 40 zu audire, lodare', ^ 50
zu ajiitare.
Die Zeiten.
Praesens.
>$ 136. In der i. ps. pl. der 2. conj. haben wir die Endung
emo(tn) statt iamo. Zu ;/ statt ;;/, cf. § 66.
330 K. WIESE,
I 15 poten RLSMBNCZ potem GC»
20 auen KLSBCC» auem GMN
V 62 sauen KLSBNCC» sauem GM
VII 223 ueden S; uedem GML; uede R
r. XVI 27 — 28 semo-auemo in allen codd.
XXI -22 sen RC; sian LSBNZ; siam M; son G.
§ 137. Die ïlndung -eno statt -otto in der 3. ps. pi. ind. pracs.
finden wir ein einziges mal in R: VII 65 posscn, alle andern codd.
possouy und so sonst stets in R. Diese Form ist unbedenklich zu
tilgen. XV 119 ist der conj. sien gut bezeugt: RGMBC'^Z sian LSCC
g 138. perire ist nicht inchoativ gebraucht: r. XX 40 pera in
allen codd. Ebenso /ere XVIII 1 23 zu ferire,
Imperfektum.
§ 13g. Formen auf -/l?, 'ien{o) statt -ea, 'ean{o) kommen nur
in M und zwei mal in C* vor und rühren von den Schreibern her.
Ill 59 facien] V 30; VII 73; XI 128; XIV i; XVIII 5; XIX 84, 92
aui€\ VII 112 /aci€\ XIII 15 parie\ 68, 69 parien MC»; XIV 49 te-
nien\ 42 nolien\ XIX 207 potie, XV 14 dicie in R dem dicea der
andern codd. gegenüber (C dice) ist = dice praes.; dicea ist zu lesen.
Perfekttim.
§ 140. Reste der lat. Endung -ivi haben wir zweimal im perf.
andini. Il 53 RLSCiBNCC; VII 142 RBN; hier ändern die übrigen
codd.: Ándito 0 LSCtC; Andio C^ ; Udì già M. Die i. ps. aaf /b'
mit Vokalisierung des v\ III 45 nscio RI^GNCZ, uscì BM, uscij C*.
r. VII 19 smarrio in allen codd., nur R fehlerhaft smarrito. XVIII 9
ndio LS; nid* io RBNC'C'C*; nidi GZ. Im Übrigen haben wir nur
perf. Formen der i. ps. auf -aiy -ei] -ii ist nicht belegt. Einmal
hat M Udì (VII 142), wo andini zu lesen ist, und XIX 202 steht
parli in RIM, wo jedoch besser mit den übrigen codd. mu/ai in den
Text aufzunehmen ist.
55 141. Die 3. ps. sg. Neben den Formeh auf -¿, -/ haben
wir solche auf -doj -io, (Beispiele der II. conj. sind nicht belegt),
cf. Caix, Orig. i^ 224 p. 228.
II 3 fiorio LB; fiorì GMNC; froria RSC»
\ V 31 durao RLSGC*; penao BN; menao Z; durano C; penò M
^' i 32 posao RLSGBNCC»Z posò M
I 71 iscurao RLSGBNCC'Z schuroe M
* I 72 termenlao RLSGBNCC'Z tormcntoe M
VI 5 creao RLSGCC'Z; creoe MN; creò B
6 fermao RLSGCC'Z; formoe MN; fermò B
II stabilio RZ stabili LSGMBNCC«
r. VII 71 insupcrbio alle codd.
74 pcnsäo RLSGNC pensò BM
XVI 3 Rio RLSGBNCC'C^; gì M; già Z
XX 78 prouäo RLSGCN; prouò BZ; appruoua M
XXI 81 fallió RSGBNCZ fallì LM.
DER lESORETlO UND FAVOLELLO B. LATINOS. 33 1
II 3 ist florio in den Text aufzunehmen, VI 1 1 stahilio /, nicht sta-
bilì /. — Die 3. ps. pl. ist in einem einzigen Beispiele belegt: XX
67 chanparo. Von Perfektbildungen auf etti haben wir gleichfalls
nur das Beispiel XII 48 riceueiti in allen codd.
Particip und Gerunditim,
§ 142. 'ienie statt -ente infolge einer Übertragung aus dem
praes. ind. haben wir in IV 26, VU 229 sacdente\ XVII 40 benuog-
tiente] und so XVUI 58 uogliendo RBCC«, uolendo LSGMNC^Z. —
•ente statt -iente', chonuenenie stets im Reime I 21; III 42; V 37; VII
144; X42; XIV 78; XVI 285; XVIII 138; XIX 4, 55, 186. uhi-
denti XIV 57 {obedient i B); XXI 31 {ubedienie Z); V 15 paruente (M
piacente, Z patiente), XI 178 ist paruente in GN eine Korrektur; lies
uedente mit LSBCC^C*-^. I 22 seruente in M (in C von Ub. über das,
was da stand, hingeschrieben) ist Verderbnis des se mente, — im pt.
perf. haben wir -uto statt -ito\
r. VII 79 falluta RLSGMBC; falita C; fallata NZ
XX 95 falluto LSGBNC -ato RMZ
96 essuto LSGBNCZ istato RM
Fav, II 22 saluto in alien codd.
Die zusammengesetzten Zeiten.
Futurum und Konditionale,
Wir betrachten zunächst die Veränderungen, welchen der erste
Teil der Komposita unterliegt.
>5 143. Das a des inf. der i. conj. wandelt sich stets zu e.
Bei essere finden wir fast nie die Form mit a in erster Silbe in R,
ci^ § '5- — Gegen den heutigen Gebrauch ist kein Vokal des In-
finitivs unelidiert geblieben. Die drei einzigen Beispiele sind zu
tilgen, cf. § 58. — F'ortwährende Kontraktion haben wir in poria.
Die Beispiele siehe § 84.
S 144. Was die Endung, zunächst die des Futur anbelangt,
so finden wir noch dreimal im Reime -agio neben -o\ einmal aufser-
halb des Reimes, r. III 58; r. VII 64 ; r. XV 41 diragio, VII 196
diragio in allen codd., nur in M dirò ben, — Im Konditionale haben
wir die Formen auf -ia und -ei neben einander. Zu den Beispielen,
die 15 15 für essere und § 84 für potere gegeben sind, kommen noch
folgende:
r. VII 34 uorria I. ps. in allen codd,
VIII 36 faria 3. ps. RGCC»; sarebbe LSMZ; parebbeN; serebe B
XV 134 douerei K; douria LSGMBNC'Z; doueria CV; deueria C-*
Í 179 terrebel
kein r. , q^ r k RLSGMZ
I 180 farcbe |
XVI 141 spenderla 3. ps. in allen codd.
XVIII 38 uorria RBGCC» uorrei LSMNC'Z
XIX 169 farei RLSGMCC'Z faria BNC«
XXI 746 udiresti in allen codd.
Fav. I 1 14 uorria RLSGNCF uorrebbe M.
;¡^;^2 H. WIKSK,
Die Starke Flexion.
§ 145. Sic bietet zu wenigen Hemerkungtm Anlafs.
1. fare. Der Infinitiv kommt nur in dieser Form vor. Neben
fa in der 3. ps. praes. ind.: XI iio, 112, 170; XVI 68, 14g, lòo;
XVII 63; XV III ó8; XXI 150; Fav. II 10, haben wir dreimal y</r<'.
r. VII 153; r. XV 168 in <?llen codd. Fav. I 81 im Innern des
Verses in RLS(iN('F; in MZ /a, wo dann eine Silbe fehlt. In d<T
I. ps. haben wir mir /dcc/o: I 84; V 88; VII 123 {/o C»); VII 126;
IX 20; X 88; Fav. II 4 (/o IMF). — : Im perf. in der 3. ps. nur /ere;
in der i. ps., die überhaupt nur dreimal belegt ¡st, /et 111 47; /ect
II 25; XXI 9. Im Übrigen folgt das verb, durchaus dem heutigen
Gebrauch: /a/j /ate, /anno etc.
2. dire. Neben dem contrahierten Infinitiv dire (1 63; 111 80;
V 75 etc. etc.) haben wir die Form dtcere.
V 89 dicerlo RLSGMNCC; dircelo B; dirtelo Z
XV 89 dicer in allen codd., nnr in Z dir
XVI 62 dicere in allen codd., nur in G dire
XX 29 dicer LSG dire RMBNCZ
32 dicer G dire alle andern codd.
XX I 163 dicer /// allen codd.
Im Futur haben wir: X 6 dirò in allen codd.; ebenso XIV 85.
XI 1(^5 uidiccrlo R; iuidirò LSM; // dicerò N; io dicerò B; io dirò G;
Ili ditero C; J*Jt diccrò C; Iodico Z. Ili 53; VII 64, 196; XV 41
diragio in alien codd. r. XVI 200 dirai in alien codd. Die Form
diccre ist sicher V 85; XV 89; XVI 62; XXI 163. Sie bei der
grofsen Anzahl von Beispielen für dire XX 29 mit I^S(j dem iure
der übrigen codd. gegenüber einzuführen, ¡st man nicht berechtigt,
zumal, da (j in XX ^2 ebenfalls dicer bietet, wo der Vers dir (eine
Silbe) verlangt. Das von diesem uncontrahiertcn inf. -gebildete fut
kommt nur einmal vor, XI 195. R liest nidicertOy was ein Schreib-
fehler für /// dicerò ist. dicerò haben an der Stelle BNCC*. Sonst
lautet das fut. diragio oder din),
3. tenere, u en i re. Zu den Formen mit gn und «¿^ cf. § 72.
4. poneré. V 104 im fut. disporrò, XVI 72 ist in der i. ps.
pongo belegt in RLSGMNCZ; pono 13C."^
5. u al ere, uolere.
r. VII 165 iia^lia; r. XX 35 uallia in allen codd.
XVI 20 ua^lio /'// allen codd.
V 76; XVI t 105; XVI II 139 uojjlio in allen codd,
V 84 uollio RCC uo LSMGBNZ {so zu lesen)
VII 35 2. p. iiiioli RLSBNCC» uuoßli GMZ
83 uollio KLSBNCC'Z; uo (t; uolgio M
XI 9; XV 48; XXI 24 uo /// allen codd.
XV 15 uuol 2.ps. R; uuogli LMBZ; uuoli SXCC'C-'; uuolli G
XVI 251 2. ps. uuoli RS(i; uuo'LM; uuogli G ; uoi B
XVII 52 ui)ßlio RC {Silbe :.H viel) uo LSGMBXC«Z
83 uoglio RLSGBNCC'Z uo M {und so will das Metrum)
DER TESORETTO UND KAVOLELLO H. LATINOS. 333
XVIII 58 uogliendo RBCC uolendo I^GMNC^Z
178 uoglio alle codd.t nur M uo '
XIX 14 uoglio alle codd., nur C* uo
XXI 347 uollio RNC {Silbe zu viel) uo LSGMBZ.
Die mit // gebildeten Formen ergeben nur Ij. Neben uof^Iio kommt
die contrahierte Form uo vor. Die 2. ps. uuogìì ist nirgends sicher
bezeugt; doch einmal uoglitndo,
6. morire, parere. Zu den Formen mit rj, cf. § 78.
7. vi de re, cadere, va de re. Zu den Formen von vider e mit
í//, cf. S 87. Von cadere haben wir Fav. I 79 chado RNC'F; caggio
I.S; chade GMZ. Die Form chado wird uns einmal von vier codd.
geboten und zweitens durch die verderbte Lesart von drei weiteren
codd. unterstützt, daher ist sie beizubehalten. Von uaderc ist die
I. ps. praes. ind. nicht belegt; die zweite lautet stets uai\ die dritte
und der imper. iia.
8. sapere. Zu den Ergebnissen von pjy cf. S iii-
9. habere, debere. Zu den aus -bj- entstandenen Formen, cf.
§ 1 14. Die 2. ¡)s. praes. ind. von debere lautet nur dei im Tesoretto.
Ich gebe am Schlufs noch eine Zusammenstellung der be-
merkenswerten Ableitungen und Zusammensetzungen von Worten.
Ableitung.
S 146. Einfache Ableitungen vom verb.
faglia 1 9 etc.; torno VII 26; prego I 84; assetto I lOl (so ist
mit R gegen das affetto sämtlicher andern codd. beizubehalten).
VII 38 ritengno „Gedächtnis"; 114 brigha\ 95; XIX 132 dollia\ XIV
56 chomamio\ XV 177 mena\ 201 piiiio\ XVI 34 dimora^ XIX 126
tt'ma\ -ia: ba/ia, g/iiottornra XV 111; XXI 279, 301; XV 112 beueriaA
- -aticus: usagio, ¡cngnagio^ messagioy barnagioy dannagio, uantagioj
uiagtOt paragiot chora gio^ oltragio,'- anus: sour ano, tion, -sion:
/azzonr, magione^ pensagione, o rem: grandor e XIV 71. — -ari us:
cf. S§ 41, 42. — -atus: chontrada § 82. — -tus, -sus: diuisa I 72;
VI 3Ò accetto „Das Empfangen**; iscritta XIV 69 ; partute VII 243;
troua to Fav. II 19; chor rotto II 74, XXI 8.^ i iiíi: franchezza, certezza,
anpitzzay stremezza, sottigliezza] XIV 33 sottilgliezza in alien coild. ;
larghezza y prodezza, pianezza, ricchezza, durezza, uilezza, galla rdezza,
grandezza, g rauezza, pigrezza (XV" 106), gentilezza, baldezza (XVI 138),
salua tichezza, altezza, mattezza, asprezza, fierezza, mondezza, arditezze
(XX ö|), inpiezza, ischarsezza', diuizia, auarizia (XXI 215, 237). —
* ('aix, Orig. § 238 p. 248: berviria Tcsor. (daira. fr. hcruicr). Dies
beruht auf einem Lesefehler. Sämtliche codd. bieten beueria, von beuerr ab-
geleitet. ,,Wcr sich dem Trunk ergiehl" ist der Sinn des Verses; mit jí^tíiot-
l.trnia im Verse vorher ist lediglich tlas Kssen gemeint ; Zannoni atioptiert
die schlechte Lesart LS.
- Zu dem von Caix angeführten l<irona¿^*-/^io, cf. § 84 Anm. I.
^ fttinfii, welches (]aix ^j 238 unter -tus, -sus aus dem Tesoretto (XI 125)
anfiihit, ist dort vor!)., kein Substantiv.
334
». WIESE,
-cellus: augello i donzello, dómele ^% 13, 96. — -ing: lusingha, —
-men tum: intendimento, finimento, chominciamento, chompimento, fon-^
damento, dibassamento, nascimento, mouimento, parlamento, dipariimenio,
accolglimento, proponimento, ardimento, chomandamento, operamento, chon^
ponimento, ordinamento, ingener amento, smarrimento, chonoscimento, /alii"
7nento, regimentó, turbamento, insengnamento , disuiamento, strugimenio,
doramento, prouedimento, tuilimento, nudrimento, aggecchimento, tradimento,
inamoramento, perdimento, uestimento, orghoglianunto, trattameìiio, sostent'
menti, securamento, piacimento, nocimento, offendimento. — -ant, -ent:
senblante, partiente, uiuente, antia, -entia: benenanza, chostumanza,
usanza, cier tanza, chomincianza, senbianza, possanza, somiglianza, sotti"
g lianza, sustanzia, e hone or danza , malenanza, singnifichanza , dibassanza,
disc lìor danza, ig uag lianza, dimoranza, fidanza, temperanza, leanza, dis^
niisuranza, inoranza, sichuranza, perseueranza, maestranza, sorchudanza,
serbanza, testimonianza, speranza, baldanza, menbranza, nimistanza, uen^
gianza, rimenbranza, mostraftza, burbanza, disianza, allegranza, dispe^
ranza, perdonanza, chontanza, amanza, 7nagioranza, abondanza; prone'-
denza, potenza, licenza, presenza, reuerenza, intendenza, sentenza, partenza,
scienza, chonoscenza, fallenza, paruenza, temenza, prodenza, ualenza,
retenenza, maldicenza, neghienza, benuog lienza , crescenza, residenza, —
-icare: folleggiare, diuersifichare, uiuifichata VII 223; nauichato XI 61;
corteseggiare XV 146.
Zusammensetzung.
j§ 147. ad- ohne Verdoppelung des folgenden cons, alungare,
alumare, asommare, atalentare etc., cf. § i IQ» — dis- disode, smaghare,
disuario, — in- inamor a re, inamoramento, intenza, — minus- smagiaio
= * minusasiatum (?) XIII 28, cf. smenoven in Bonvesin, smencvene ¡n
den Memorie bolognesi. C'aix, Orig. ì§ 239 p. 253.
Vorbemerkung. Die Varianten, welche die Schreibung und die Laut-
und Formenlehre betreffen, haben in der sprachlichen Untersuchung eingehende
Berücksichtigung gefunden ; ich führe daher bei dem Texte nur noch rein text-
liche Varianten auf.
Capitolo I.
Capitolo I.
I Al ualente sengnore,
Di chui non so migliore
Sulla terra tronare,
Che nonn auete pare
5 Né in i)ace, né in guerra;
Sì ch'a uoi tutta terra,
Che 1 sole gira 1 giorno,
E 1 mar batte d'intorno,
San faglia si chonuene.
IO Ponendo mente al bene,
Che fate per usagio.
Et aV alto lengnagto,
Donde uoi sete nato.
E poi dal' altro lato
15 Poten tanto uedere
In uoi senno e sauere
A ongne chondizionc,
Ch' un altro salamene
Pare in uoi riuenuto;
Cap. I 2 cui io Z — 3 In sula Z — g follia C* fallo Z — io Di porre
mente Z - li Ch'auite B /;/ C» mich 12 — 12 E da B Del' ¿Ito Z —
13 Onde MBN - 17 Inn M — 18 fehlt Ch' R — K) Parmi in B —
ÎSORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
335
>uto
ente,
mente,
lioratc
ualcnte
Ite
izn,
)ianza
e,
luetc
rgento ;
nto
into,
e mawto
ezza
)rode,
lode,
troiano,
tano
uoe,
fue.
uenitc,
•le dite
aringha,
lingua
imano,
irano :
am^;/to
:nto
ire,
•a,
nancra.
Capitolo I.
55 Apresso tutta fiata
Auete aconpangnata
L'adorna chostumanza,
Che 'n uoi fa per usanza
Si riccho portam^/ito
6o E sì bel regimentó,
Ch'auanzate a ragione
E senicha, e chathone.
E posso dire in somma.
Che *n uoi, sengnor, s*aso//fma
65 E chonpie ongne bontate,
E'n uoi solo asenbiate
Son si chonpiutam^/itc.
Che non falla ncente,
Se non chom'auro fino.
' 70 Jo burnetto latino.
Che nostro in owgne guisa
Mi son sanza diuisa,
A uoi mi rachomando;
Poi ui presento e mando
75 Questo riccho tesoro,
Che naie argento ei oro,
Sì ch'io nonn o trouato
Omo di chame nato,
Che sia dengno d'auere,
80 Né quasi di uedere
Lo scritto, eh' io ui mostro
mettere d'incostro.
Ad ongn' altro lo negho,
Et a uoi faccio pregilo,
85 Che lo tengnate ebaro,
E che nne siate auaro:
Ch' i' o uisto souente
Vii tenere ala gicnte
Molto ualentc chose;
)en aducnuto Z — 21 Huom duro con uentre Z — 22
ti te G Sopr'ongni N Dou' MC(2' somonte L s^ruente
Z — 23 par C'Z — 25 II R — 27 Che in ongni bene
:a R 31 Terra, oro RLSGMBC — 34 Che 'n N —
piuc M valsero LSGNCZ meno Z — 43 /ehU uenite Z
44 45 E* n — e' n R — 49 /o/^i m G nach 50
) yV//// E G - 51 Saj)i)iale Z — 54 Ciaschuno CZ a
ita M — 50 Abiale Z — 58 uien síaít fa N — 60 /f/t/f
r — 62 /e"//// E iìMHNCZ — 64 sengnoria sia soma N
orma Z - - 65 /f/t/t E N — 66 sono Z — 67 Et son Z
fallan M — 70 O s/a/t Io N In Z — 72 Io sono Z —
ergescliricbcn) Z — 74 Ch'io ui Z — 82 Et 1- Z in-
87 Ch'io Ili fo- Z 88 Di uile-alle Z — 89 molte
"I
33à
H. WIESE,
90 K jnelre preziose
Son gii\ chadutc illocho,
Che son gradile poco.
Ben chonoscho, che 1 bene
Assai ual men chi 1 tene
95 Del tutto in se celato,
Che quel eh' è palesato.
Si chôme la chandela
Lucie men, chi la cela.
Ma i*o giii trouato
icx) In prosa ed in rimato
('hose di grande assetto,
E i)oi per graw sagretto
L* o date a charo amicho.
Poi, chon dolor lo dicho,
105 Le nidi in man di fanti
E rasenprati tanti,
Che si ruppe la bolla
E rimase per nulla.
S' auen chosi di questo.
Ilo Sì dicho, che sia pesto,
E di Charta in quaderno
Sia gittate in inferno.
'L
Capitolo IL
O tesoro chomenza.
Al te//po, che fiorenzti
Florio e fece frutto.
Sì eh' cir era del tutto
5 Lti donna di toschana,
Anchora che lontana
Capitolo II.
Ne fosse 1' una parte
Rimossa in altra parte, 120
Quella di ghibellini
IO Per guerra di uicini,
Esso chomune sagio
Mi fece suo messagio
All'altro Re d'ispangna, 125
Ch' or è Re delà mangna
15 E la chorona atende,
Se dio nolli 1 chontende.
Che già sotto la luna
Non si truoua persona, 130
Che per gientil lengnagio,
20 Nò per altro bamagio
Tanto dengno ne fosse,
Choni' esto re nawfosse.
E io presi chonpangna 135
E andai in ispangnia
25 E feci 1* ambasciata,
Che mi fue chomandata.
E poi sanza sogiorno
Ripresi mio ritorno, 140
Tanto che nel paese
30 Di terra nauarresc.
Venendo per la challe
Del pian di roncisualle,
Incontrai uno scholaio 145
115 Su' n un muletto baio,
35 Che nenia da bolongna;
E sanza dir menzongna,
Molt' era sauio e prode.
()0 (rhe pietre Z — 92 One R chen G Cu' C* Doue Z grandit« R
- 94 meglo Z - 95 S'a'l Z - 96 ('he a R — 99 E MB aggio trouato Z
- 100 chiosa Z -- loi aiTetto LSGMBNCC stalo Z - i02/<fA//E G in
gran N — 103 dato Z - 104 Et poi Z laitlico C' — 103 Lu* R Lo NZ
de' LMBN('V frati Z — 106 rasscnptv ate G - - 107 bocha Z — ïo8 rimasi
B — iio/t'/i// Si NZ Comando N — ili Ed in carte ed in N.
(Jap. H 2 A tanto C antanno C di s/atf che Z — 3 Froria RSC* v
fehlt Z 4 So N Infmo ch' era Z — 6 Ancor che ssia N — 8 Rimasa C
- 9 de' LSGMNC'Z — 10 de' LSMCC'Z — 1 1 E suo B comune e N —
14 Ch'era LMBNCC» Cioè Z di brettangnia G ben statt Re N — 15 Cha
la Z — 16 nolla CC* non glie la Z — 18 troua ueruna M — 19 Persona
di lengnaggio M - 20 Ne di gran M alto SNCXJ'Z lingnagio («V:!) B —
2! Che si LSMNZ Così B non fosse Z — il in Z nach come, vms dort
für esto re steht unlesbar \ V hat seize copier t\ slz. e. scheint in L zu stehen
ne fosse LS prí)possc M no;/ fosse NZ - 24 v fehlt N -— 26 ordinata R
- 2() ohel B ch'io Z — 31 Vedendo lo B ualle SMZ — 33 Schontrai GM
- 34 Sour' un LS Su uno (? Sor uno C' In su un Z uaio R — 36 „Et
senza prode" Z - 37 ?• fehlt Z —
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
337
Capitolo
150
Ma lascio star le lode,
Che sarebono assai.
40 Io lo pur domandai
Nouelle di toschana
In dolze lingua e piana.
Ed e' chortesemente 155
Mi disse inmantcnenlc,
45 Che guelfi di fiorenza
Per mala prouedenza
E per forza di guerra
Eran fuor delà terra, 160
E 1 dannagio era forte
50 Di prcgione e di morte.
Ed io, proncndo chura.
Tornai ala natura,
Ch' audiui dir che tene 165
Ongn* om, eh' al mondo uene,
53 Che nascie primamente
Ai padre e al parente,
E poi al suo chomuno.
Ond' io non so nessuno, 170
( h' io uolesse uedcre
60 La mia cittade auere
Del tutto ala sua guisa,
Né che fosse diuisa.
Ma tutti per chomune 175
Tirassero una fune
05 Di pace e di ben fare,
(he già no;; può scampare
Terra rotta di parte.
(erto lo chor mi parte 180
Di chotanto dolore,
m.
70 Pensando 1 grande onore
E la riccha potenza,
Che suole auer fiorewza
Quasi nel mondo tutto. 18$
Ond' io in tal chorrotto
73 Pensando a chapo chino,
Perdei lo gran cha/z/mino
E tenni ala trauersa
D'una selua diuersa. 190
Capitolo III.
1 1l/f A tornando ala mente,
ITI. Mi uolsi e posi mente
Intorno ala montangna,
E nidi turba mangna
5 Di diuersi animali, ig5
Che non so ben dir quali,
Ma omini e molliere,
Bestie, serpent' e fiere,
E pesci a grandi schiere,
IO K di tutte maniere 200
Vcielli uoladori,
Ed erbe e frutti e fiori,
E pietre e margherite.
Che son molto gradite,
13 E altre chose tante, 205
('he nuli' omo parlante
Le poria nominare,
Nè'n parte diuisare.
Ma tanto ne so dire,
20 Ch'io le nidi ubidire, 210
Einire e chominciare,
38 >//// Ma BN lasciamo (ÌBNZ — 40 E io 1 S l'pur lo M Ma io
pur il Z li ('' — 41 Di nouelle Z — 42 ///i/i e B - 44 incowtanentc M —
43 Che i GB — 49 Et sfa// E 1 C' — 52 Tornando N — 53 A udir che
via tene M Che ui dirò che tiene Z — 34 Chi'n questo mowdo vene M
Chi ad cpiesto modo uicne Z - 35 /f/i// Che RZ E nascie LS — 56 a' pa-
renti RNBC« — 37 /r//// E Z à s/a// al N - 59 Chu' io LS - 62 /c/i/f
che Z in diuisa MBNCZ - 63 lutta KZ — 63 in s/a/t di N — 67 di pacie
Z — 68 mii) cor parie Z -- 6q che tanto N Dico tanto B — 70 gra ualore N
— 72 jí,''í/i/ in Ci 71 vorauf solea N — 74 E io R — 77 tenni la C* — 78
p^r una L.
Cap. Ili 2 Guardai e MB Volsi mi N ariuolsi C* — 3 Atorno N —
6 Ch'io LSGMN(^(^'Z Ma non B — 8 Bestie e N — 9 pasan C 1 grandi
RN schera B io Di ciascuna manera B molte maniere R — li E uc-
celli C D'uccelli Z — 12 fehl/ Ed LSG D'herbe di frutti Z — \ i fehlt
e LSGMBZ 14 ?•.///// ( ' 17 L.) N — X^à fehl/ 'n GMBNCZ — 19
vi so M — 20 lo N 21 finite C 'ncominciare LSGN començatc C —
Zeitachr. f. rom. Phil. VU. 22
33^
B. WIESE,
'»e
Morire e* rigenerare
E prender lor natura,
Sì chôme una figura,
Ch' io nidi, chomandaun.
Ed ella mi sembraua,
Chôme fosse incharnata,
Talora isfighurata;
Talor tocchaua 1 cielo,
30 Si eche parea suo uclo,
E talor lo mutaua,
K talor lo turbaua;
Al suo chomandam/'wto
Mouea 1 fermanvwto.
35 E talor si spandea,
Sì che 1 mondo parea
Tutto nelle sue braccia.
Or le ride la faccia,
Un' ora cruccia e dole,
40 Poi torna chôme sole.
E io ponendo mente
Al* alto chonuencnte
E ala gran potenza,
Ch* auea, e la licenza,
45 Uscio del» reo penserò,
Ch* io auea in primero,
E fci proponimento
Di fare un ardimento,
Per gire in sua presenza
50 Chon dengna rcuerewza.
In guisa eh* io uedere
Capitolo III.
La potessi e sauere
Ciertanza di suo stato.
E poi eh* i* r ei pensato,
215 55 N* andai dauanti lei 24$
E drizzai gli occhi miei
A mirar suo chor sagio.
E tanto ui diragio.
Che troppo era graw festa
220 60 Lo chapel delà testa, 250
Sì eh* io credea, che 1 crino
Fosse d*un oro fino,
Partito sanza Ircze;
E 1* altre gran belleze,
225 03 Ch* al uolto son chongiu;/te 255
Sotto la biancha frowle.
Li belli occhi e le ciglia
E le labra uermiglìa
E lo naso afìlato
230 70 E lo dente argentato, 260
I^ ghola biancichante
E 1* altre biltà tante
Chonposte ed asettate
E* n suo locho ordinate
235 75 Lascio, che nolle dicha, 265
Né cierto per faticha.
Nò per altra paura;
Ma lingua né scrittura
Non seria soficente
240 80 A dir chonpiutamente 270
Le bellezze, eh' auea.
22 Morte et generate C 1 generare MC — 24 ma fattura R usa figura
/ -- 25 come andana SMBZ -- 26 /e/i/f Ed R Ma essa (t E l>en me ra-
sembraua B m*asenbraua N — 28 E lalhor Z asfigurata M afigorata R
infigurata CJ figurala Z — 30 ch*el B - 31 la G lamentaua Z — 32 la
CiZ — 33 7/7'. 33 u. 34 fehìeìì B El al CC* mandamento C — 34 Mutaua
M 7'. fehìt Z — 35 Ma LS lalor lo M spicndeua B — 39 Onnora C* —
40 E ])oi Z — 41 Ond'io LS -- 43 E Ila grawde potenzia M — ^\ fehlt
la Z clemenzia M — 45 ITscì <H quel pensiero M d'altro Z — 46 anca
primero RL('C*Z - 47 Èbbi LS E chon G Ed ei NCC* — 49 I^ RÌre
BNC a sua NZ - 50 Che X - 51 che uedere GM — 52 Lu* N — 53
Certezza SG Certa del fatto Z 54 /'A// E M che Pei G ch'ebbi B --
55 dinanzi LS a Ilei MZ — 56 fehlt E G dinançi N — 57 visaggio M
coraggio NZ — 59 ("he le fucien tal festa M troppo par LSGBNCC'Z —
60 I be'capelgli in testa M eh' ell' a in NB - 61 fehìt Si M credo G che
credia C» uedca Z — 62 d'auro GBNZ 63 Isparto M — 67 E li B —
68 labra auca u- N - 70 li dienti Z i//nargcntato GN - 71 Et la CZ
bianchatta Z 72 fehlt E 1' BN tutte (piante statt b. t. M bcllcççc BN —
73 ordinate M — 74 In lor BN asscttalr M - 71; ch'io BNZ — 76 Non
certo LSGMNCC>Z - 80 Di .lir C —
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
339
Capitolo IV e
Né quant' ella potea
In aria e in t^rra e in mare
E* n fare e in disfare
85 E* n generar di nuouo 275
O di choncetto o d' ouo 20
O d' altra inchomincianza,
Ciaschuna a sua semhia^/za.
E nidi in sua fattura,
^ Che ongnc creatura, 280
Ch* auea chominciam¿'/7to
Ueni' a finimento.
Capitolo IV.
I liii A poi eh* ella mi uide,
ifX La sua cera, che ride.
In uer di me si uolse; 283
E poi a sse m* acholse
3 Mollo bonaremente
E disse inmantenente:
„Io sono la natura
E ssono una fattura 2go
Delo souran fattore ;
IO Elli ù mio creatore;
Io fui da llui creata
E ffui inchominciata;
Ma la sua gran possanza 293
Eue sanza chomincianza :
15 El non fina ne more,
25
30
35
V.
Ma tutto mio labore,
Quanto che io V alumi,
Chonuien, che si chonsumi. 300
Esso è omnipotente,
Ma io non so neente,
Se non quanto choncede.
Esso tutto prouede
E è in ongne lato 303
E ssa ciò eh' è passato
E 1 futuro e 1 presente,
Ma io non son sacciente,
Se non di quel che uuole.
Mostrami, chôme suole, 310
Quello die uuol eh' io faccia,
E che uol, eh' io disfaccia.
Ond' io son sua ourera
Di ciò eh' eso m' inpera.
Chosì in terra e iwn aria 313
M' a fatta sua uicharia.
Esso dispose il mondo,
E io poscia secondo
Lo suo ordinamento
I^ nido a ssuo talento." 320
Capitolo V.
„A tte dicho, che m' odi.
Che quatro solli modi,
Che cholui che ghouema
82 E quant' M — 83 E'nn C* aria in SG /eàU e in mare Z — 84
In fare LGBN i disfare M — 85 In generar B ~ 86 E di LGMBZ E in
S Ond' io contento 1 d' ouo N Odio C coz/certo M e d' LSGMNC e
dono B dono C* donno Z — 87 E d' LSMBC' comincianza LSBNCC^Z
— 88 in sua RZ /f/i/t Ciaschuna Z — 89 Ciaschuna sua fattura G y>//// E
N - 90 (Ch'ognuna BN 92 Aucua M.
Cap. IV I Da ppo' MBN - 3 riuolse M -— 5 /eh/t Molto Benana-
mentc Z chouertamente R — 6 incontanente M — 8 figura CZ — io Qual
è M Et mio- Z — 1 1 sono RC* di B Ilei G — 12 cominciata Z — 13 E
Ila M — 14 i//chomincanza G -- 15 Et GMBZ — 16 Ma ttu mio G suo
MBNZ ttac/i 16 ut Z „Finisce nel migliore". — 17 ch'esso C — 18 costumi
Z - 19/f//// è BC polente Z - 20 f^/tU Ma GC« E io C posso RGCC»
son M — 21 quant' el M quando Z ei C* — 22 tanto R procede C —
2} El in B 23 E ffuturo M UN al presente Z — 26 so neentc R Ma
io so solamente M 27 Quella parte che noie M — 28 Mostrarmi M
29 eh' el BC - 30 7.'. fehìt C» ch'el B 31 fehlt sua; stiatera Z — 32
Et di ciò sommo inpera Z inopera RN — 33 eunarea C* — • 35 Esso di
esso Z — 36 E ine G ffhlt E Z — 37 E 1 G chomandamento R — 38
fehlt Lo M guida Z ni suo LSGBNC>Z.
Gap. V 2 quanti N — 3 c'a 1 ghouemo M goutrno C* —
22*
340
B. WIESE,
Lo secholo in eterna,
5 Mise *n operamento
Alo chonponimento
Di lutte quante chose
Son j)alese e naschose.
L' una, eh' eternalmente
IO Fue in diuina mente
Inmagine e figura
Di tutta sua fattura;
E fue questa sembianza
Lo mondo in somiglianza.
15 Di poi al suo paruentc
Si creò di neente
Una grossa matera,
Che nown auea manera,
Xè fighura, né forma,
20 Ma ssì fu di tal norma,
Che nne potea ritrare
Ciò che uolea formare.
I*oi lo suo intendimento
Mettendo a chompimewto,
25 Sì lo produsse in fatto;
Ma no« fece sì ratto.
Nò no« ci fu sì pronto.
Ch* elli in un solo ¡)unto
Lo uolesse chonpiere,
30 Chom' elli auea 1 podere.
Ma sei giorni durao
325
330
335
Capitolo V.
E 1 settimo posao.
Apresso 1 quarto modo;
E quest* è, ond' io ghodo,
35 Ch* ad ongne creatura 355
Dispuose ]ìer misura,
Sechondo l chonuenente,
Suo chorso e sua semente.
E' n questa quarta parte
40 A llocho la mi' arte, 360
Sì che chosa, che ssia,
Xo;/n a nulla balia
Di far né più, né meno.
Se no;/ a questo freno.
45 Ben dicho ueram^«te, 365
Che dio om/zipotente,
Quello, eh* ò chapo e fine.
Per gran forze diuine
Puotc in OMgne fighura
50 Alterar la natura 370
E far suo mouimento
Di tutto ordinamento.
Sì chôme dei sauere.
Quando dengnò uenire
55 La maestà sourana 375
A prender chame umana
Nella uirgho maria.
Che chontra 1* arte mia
Fu l suo ingenerami'wlo
340
313
3S0
4 Del M secondo Z ettcrno M terra NZ — 5 Et mise Z /c/i// *n
in alien codd. Sinn und Metruin verlanf^t es — 6 v, fehlt Z comincia-
mento LS 'ncominciamenlo M conpimento N -- 7 Quantunque q. eh. (t
Da lucie C^ tutte e M 8 Che son N o LSB ascose LGBCC» — 9 fehìt
\: C' fehlt eh' R — IO 2/. fehlt Z fehlt in G indiuiduamente M indi-
uinamenle B — il x vs\ RLSGM v. fehlt C - 13 sunanza Z — 14 modo
Z — 15 Da poi LSM(tBN Da noi Z ])iacente M patiente Z — 18 nach
iq /;/ Z Et non Z ñoñamente {statt no«n auea) G — 19 nach 20 C* ne
forma hauea Z — 20 orma R forma Z - 21 no;/ poterà N — 22 che ne L
nolle GC - 23 E poi MZ /•//// lo M — 24 Menando G — 25 Ila M —
20 noi LSGBNCC^Z — 27 E non MNC ui LSMBNV punto Z — 28 Che
in MCZ che s'clli N — 29 fol,i^t 30 GBNCC^Z nolle Z — 30 aule M ane
N fehlt 1 C - 31 penò MBX durano (' menao Z -- 32 E poscia si posò
M II R pasao B — 33 ALprcsso (.» — 34 (piello C fehlt è RSMNCC»Z
là ond* G i* ne M dond' ('• io o giogo Z — 35 Che ongni LSGMBNZ —
30 Disciolse Z - 38 ssuo (ì sue Z — 39 In B Yx questa Z E a quesla R
40 mia parte R „Et colla mia arte** Z - 42 ï balia M — 47 v, 47 ».
:^'6 folirf 50 LS - 48 Ver grara cose diuine Z forza RL cose M- diuiene
('* 49 Poi R — 50 Adtrarrc* Z - S* i^» Ì^»" ^ monim^»to RB, in L
urspy. moni- /;/ movi- verbessert. 53 è da M - 54 Quand* é degno d'auerc C
volere M ^ij Di M — S« •• M^fl í- ke'ncunlra C« all' GZ — S9 K fc
ingtneranìiv/to M K 1 C Kn il tigliuolo gicncrato Z generamento LSB —
DER TESOKEFiO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
341
60 E lo suo nascin)¿r/tio ;
(.he dauanti e da poi,
Sì chôme saue« noi,
Fue netta e chasta lutta,
Uergine non chorrotta.
65 Poi uolse idio morire
Per uoi gente guerire
E per uostro socchorso.
Allor tutto mio chorso
Mutò per tutto 1 mowdu
70 Dal ciel tilo prtífondo;
Che lo sole iscurao,
La terra termentao.
Tutto questo auenia
Che 1 mio sengnor patia.
73 Tì^ T perciò che 1 mio dire
Là Io lo uoglio ischiarire,
Sì eh* io no/i dicha motto,
Che tu noAf sapie tutto,
La uerace ragione
80 E la chondizione,
Farò mio detto i)iano,
Che pur un solo grano
No/i sia, che tu no// saccie.
Ma uo, che tanto faccie,
85 Che lo mio dire aprende.
Sì che tutto lo 'ntende.
E ss' io j)arlassi ischuro,
Ben ti faccio sich uro
Capitolo VI.
380 Di dicerlo in aperto,
90 Sì che ne sie ben certo.
Ma perciò che la rima
Si stringie a una lima
Di chonchordar parole,
385 Chôme la rima uuole,
95 Sì che molte fiate
Le parole rimate
Aschondon la sentenza
E mutan la intendenza,
390 Quando uorrò trattare
lüü Di chose, che rimare
Tenesse oscuritate,
Chon bella breuitate
Ti parlerò per prosa
393 E disporrò la chosa,
105 Parlandoti in uolghare.
Che ttu inteffdc eJ apare'*.
400
4^5
0'
410
4»5
420
425
Capitolo VI.
Mai a cciò ritorno,
Che dio fece lo giorno
E la luce giochonda,
K cielo e terra ed onda
E r aire creao,
E li angeli fermao
Ciaschun partitamernte,
E tutto di neente.
430
tìi di LSGNC /t'/t/¿ da C — 62 Come sapete voi Z — 63 chastra R
ludo Z - f)5 Et poi Z — 66 noi CtM(^ Per uoi giente crudele Z — 67
/e/t/i E Z nosiro GMBC — 68 v. fehlt N — 70 Di C Al Z infilo R
fin .li LNZ infin al fondo M 71 E lo BN — 72 E la NZ tormentao
LSMZ lerniinao G termontao CC termotao BN — 74 perch'ai mio sen-
gnior piaceu N 75 però M — 76 Vi uolglo sì chiarire M fehlt lo Z
chiarire LS(ìCC' dischiarire Z 77 Che no« ui paia motto M fehlt Si C
che non X morto (J - - 78 E che succiate tutto M facce in tutto C — 79
e la N cagione Z 81 uno C 82 Sì eh' un granel di grano M par RZ
83 \\^ LSNC'GBZ - 84 no B Ma uo che tu sacci Z — 86 tu Z - 87
fehlt EL 89 Cil' i' tel dirò in aperto M fehlt Di C dircelo B dirtelo
Z — 90 sarr%i M fehlt ben M — 91 ¡jc/ò M — 92 Mi G strugge-luna C —
04 Sì come Z manie C 97 Naschondon MZ — 98 v. fehlt Z mula C
'nicnza M uden«;a X dementia {sic\) C — loo di rimare N eh' a B rimate
Z — f03 Ti disporrò la cosa SCìMBXZ — 104 E parlerò per prosa SGBXZ
l'arlandoli pt /* prosa M 105 Con s.ì fatto volghare M fehlt ti RZ fehlt
in N — 106 C he ben potrai 'mparare M da parare Z pare C.
Cap. VI I Uymai C Ma io ad Z 2 mondo N — 3 luna MBNZ
giocondo L — 4 E tierra 7 mare 1 onda MZ, ebenso BN, doch hier fehlt E —
5 Che M 7 Ciabchuna R — 8 z'. fehlt C« tutti LSGBNZ —
vU2
B. WIESE,
Poi la se
Per la
sechonda dia
10 -L Per la sua Rran balia
Siabilio 1 fermaníi¿'//to
E 1 suo ordinam¿'«to.
E 1 terzo, ciò mi pare,
Specifichò lo mare,
15 E la terra diuise,
E' n ella fece e mise
Ongne chosa barbata,
('he*n terra è radichata.
Al quarto dì presente
2Ü Fece chonpiulam¿'«ie
Tutte le luminare,
Stelle diuerse e uare.
Nella quinta giornata
Si fu da llui creata
25 Ciaschuna creatura.
Che nota in aqua pura.
LO sesto dì fu tale,
Che fece ongn' animale
E fece adamo ed eua,
30 Che poi ruppe la triegua
Del suo chomandamtv/to.
Per ¡quel trapassamt'/ito
Mantenente fu miso
Fora di paradiso,
35 Dou' era ogne diletto
Sanza neuno eccetto
Capitolo VI.
435 Di fredo e di chalore,
D' ira, né di dolore.
E per quello pecchato
40 Lo locho fue uietato
Mai sen pre a tutta gewte.
440 Chosi fu r om perdeffte.
D* esto pecchato tale
Diuenne V om mortale
45 E a lo male e 1 danno
E lo granoso afanno
445 Qui e neir altro mo/tdo.
Di (}uesto greue pondo
Son gli uomini grauati
50 E ucnuti in pecchati,
Perchè 1 serpente anticho,
450 Che è nostro nemicho,
Sodusse a rea manera
Quella prima moUicra.
35 Ma per lo mio sermone
Intendi la ragione,
455 Perchè fu ella fatta
E delà chosta tratta:
Prima, che U' omo atasse,
60 Poi, che mal tipi ichasse,
E ciaschun si guardasse,
4Ò0 Chon altra no« fallasse.
OMai 1 chominciamenlo
E 1 ])rimo nascim^/fto
465
470
475
480
485
400
9 secondo die M E poi NZ il sechondo dia Z dio C* — IO le suo
gran balie M 12 7: fehlt B ornamento M - 13 II KCC* Al I^MGZ
terco giorno N cioè C 14 Specifò G Spacificò MB la G — 16 E fece
in quella e mise B es'^a M - 18 Ch'è fehlt è C' era G — io E I BN
(juanto Z dio C vcngncnte M - 22 Et stelle Z diuise CC — 23 E Ila M
— 26 sia M mota B — 27 E lo X sei)tim() Z 28 Ch'el GZ — 30 E
poi C ruppero LSBNCC'Z 32 Uer (' Pel suo Z qual M — 33 Fu in-
cowtanente miso M fue fuor messo N — 34 Di fuor del M Di fuor dal B
~ 35 Qu' LSGBNC è (* - 36 Sanila niun cópalo (¿/t!) folgt der v. „Nullo
operato" N esjielto R accetto MCZ - 37 Ri R o LSGMBNCC» né Z —
38 O d'ira o ddi dolore M E d'ira e B o di NC v. fehlt Z — 39 E sol
B -- 40 Quel loco B Del luogo N 41 \)er sempre M „Ma io ucggiente**
Z - 43 E pel p- M - 44 Diuenla V — 45 Ch'eco a l B Che st,itt E NZ
fehlt a LSGN la R 47 Di (|uì nel mondo (' 51 l*er quello Z acieco
N — 52 V. fehlt N El <jual nostro nimico B C onde nostro n- 0 -- 55 î
rea G — 54 primaia R 56 M'indenti C cagione C*Z 57 Che eua sì
fu fatta M Perch' clic fue nìtta C' — 59 Acciò che M Perch' ella C» eh'
all' G all' C' arasse CZ - 60 M ppoi ///// che MZ - 61 2% 61 und 62
fehlen M; Kaum fur j^rei i'v. ¿st fretî^'-elassen fehlt E G ciaschuna G —
62 VI uz -VII 54 ¿nel. fehlt C che null' altro N Cun C» Che nulo altro
guardasse Z altro SG altri B fehlt non N — 63 Ma lo B Se mai C
Ornai è il Z —
DER TESORETIO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
343
Capitolo
495
50Ü
05 Di tulle creature
T' o detto, se ne chure.
Ma saccic, che' n due guise
Lo fattor le diuise;
( -he r une ueramente
70 Son fatte di necnle;
Ciò son 1' anim' e' 1 mondo,
E Ji angeli sechondo.
Ma tutte r altre chose,
Ouantunqwf dicere ose,
75 Son d' alchuna matera
Fatte per lor manera".
Capitolo VII.
I Tj^ Poi che r ebbe detto,
XJ Dauanti al suo chospetto
Mi parue, eh' io uedesse, 505
(.'Ile gente s' acholliesse
5 Di tutte le nature.
Sì chôme le ligure
Stm tutte diuisate
E diuersifichate.
Per domandar da essa,
IO Ch' a ciaschun sia permessa
Sua bisongna chonpiere.
Et essa, eh' a 1 podere,
Ad ongnuna rendea
Ciò ched ella sapea,
15 Che 1 suo stato richiede.
Chosì tutto prouede.
IO
5»5
VII.
E io, sol per mirare
Lo suo nobile affare,
Quasi tutto smarrio;
20 Ma tant' era 1 disio,
Ch' io auea di sapere
Tutte le chose uere
Di c^ò eh' ella dicea,
Ch' ognora mi parea
25 Magior che tutto 1 giorno,
Sì eh' io non uolsi torno,
Anzi m' inginochiai
E merzè le chiamai
Per dio, che le piacesse,
30 Ched ella m' achompiesse
Tutta la grande storia,
Ond' ella fa memoria.
E Ila disse : „s' a uia
Amicho, io ben uorria,
35 Che ciò, che uuoli inte/idere.
Tu lo potessi aprendere,
E si solile ingengnu
E tanto buon ritengno
A nessi, che ciertanza
40 D' ongnuna sottiglianza,
Ch' io uolessi ritrare,
Tu potessi aparare
E ritenere a mente
A tutto 1 tuo uiuente".
45 E chominciò da prima
Al sommo ed ala cima
>20
5-5
530
535
540
545
65 creatura R — 66 Co C se me K se ben M se ci Z — 67 eh' a
ongni glmise G - 68 lo K — 69 11' una GB l'un M tutte C* veracemente
M 71 è G fur M gl'animali del Z — 72 fekä li LS — 73 Et mecte
l'altre cose Z - 74 dirò Z nomar n'ose M pose B cose Z — 75 Se Z
matera RC.
Cap. VII I ch'ella B — 5 lutte creature R — 9 a C — 10 C ongnuna
sic premessa M Che cascuna sie pressa Z /^à/i Ch'a L ciascuna B — 11
fornire M — 12 Ella ke n'a 1 poderío C E dcssa col ucdere Z ch'ai uer
«lire RM — 13 ciascuna BN tendea Z — 14 Ciò ch'a rragion douea M
douca Z« — 15 /t'/i/i 1 MNC'Z stato suo B suo facto Z — 16 Essa tutto
prouede M Esso che lutto prouede Z in tutto R — 17 Ch'io sono Z —
19 smarriU) R — 20 A M — 22 „E lucie cose hauere" Z — 23 Dico Z —
24 /l'/i/t Ch' Z — 25 mondo Z — 26 mi uolsi intorno LSG corno M in-
torno B tondo Z — 27 engicnochiaua C* asomigliai Z — 28 gli B lo C*
29 Che pe-r dio le .M li B — 30 v. fehlt Z — 32 Dond* C* Onde fa Z
}^}^ E ella R mi disse N disse e RLSGMBNC* disse sauio Z - 34
fehlt io G.MXC ' - 36 inprcndere R — 37 v. yj—\'2. incL fehlt M fehlt sì
C — 30 che'n R con Z ciertezza GN — 40 sottigliezza GN — 41 ('he
fi hit io G trattare LS - 42 tutte le p. N imparare B — 45 di LSGBNC
— 46 dala C —
344
B. WIESE,
Dele chose create
Di ray;ione informate
D' angclicha sustanza,
50 Che dio a sua sembianza
Creò ala primera.
,,Di ssì riccha manera
Li fece in tutte guise,
Che' n esse furo assise
55 Tutte le buone chose,
Valenti e preziose
E tutte le ucrtute
Ed eternai salute.
E diede lor bellezza ,
()0 Di menbra e di clarez/a,
Sì eh' oni;ne chosa au.in/a,
Hiltale e beninanza,
E fece lor uantagio,
Chotal chen t* io diragio,
65 Che non posson morire,
Ne unque mai finire.
E Quando lucifero
Si uide chosì clero
K in sì grande stato
70 Gradito fti ignorato,
Di ciò s' insuperbio,
E' nchontra 1 uero dio,
Quello che l'auea fatto,
l*cnsao di mal tratto,
S 30
580
^^.•>
,60
Capitolo VII.
75 Credendoli esser pare.
Chosì uolsc lochare
Sua sedin in aquilone,
Ma la sua pensagione
Li uenne si falluta,
80 Che fu tutt' abattuta
Sup. folle sorchudanza
In si gran malenanza
Che, ss* io uollio 1 ner dire, $85
Chi lo uolse seguire,
85 O tenersi chon esso,
Del rengno for fu messo ;
E piouero in inferno
E' n fuocho sempiterno.
A Presso primame/tte
In guisa di serpente
Inghannò chollo ramo
Eua e poi adamo.
E chi che neghi o dicha,
Tutta la gran faticha,
05 La dollia e 1 smarrimc/zio,
Lo danno e 1 pensamenla
E 1' anghoscia e le pene,
Che la gente sostene
Lo giorno e 1 mese e V anno,
IÜÜ Ucnne da quello ingha//no.
E laido ingenerare
E lo graue portare
590
S^s
SOS
>/
Ü
600
5/5
c
48 E di K cagion Z formate G incarnate MZ — 49 L' M anglica
50 in sua MZ - 51 Fece a llui primiera Z Ecce M 'mprimera LSMG
— 52 ssc ritta C - 53 Chonipuose a MBX Ch' uoni pose a Z Le G —
54 E in esse fece x nústí MBNZ no li (jA/// 'n esse) C' — 55 Tutte valenti
N — 56 E buone N — 58 E V LBNG eterna C — 59 bellezze M - 60
fattezze M fate<;<¿a BN francheza Z — 02 Bellezze R Bellezza M — 64
Tal R Tal chôme ti diraggio (ì(X' {tfin'/i com' io le) ken le LS v. fehlt
Z — 66 morire Z (»8 ,,Così chresso gradilo" Z 69 v. fehlt Z - 70
„Et honoralo dico" Z Grandilo RC' — 71 „Superbio leualo" Z — 72 In-
contro al LS contra MB ('ontro al Z 73 ,,Che prima Tauie fatto" M
Quella R ch'elli C — 74 ,, Pensò ili far mal IratUì" .M „pensò fare un mal
tratto" B Pensalo C d'un R v. fehlt 'L 75 elli R si C - 76 v. fehlt
Z uolesse C - 77 Se Dio in aquilone Z ^ede J» - 81 La sua folle arro-
ganza Z Suo G concordanza LS(ì socordan<^a B scordan«;a N sor cor-
tlança C discordança C* pcnsanza Z - 82 grama leuanza Z — 85 sso R
fehlt 1 <:C» — %\ fehlt lo Z uolesse CC'Z - 85 E BZ ///// si C» 86
,,Fu for del regno messo" B f\ie fuor N 87 jìoi »icro C - 88 fehlt E
MBNC'Z In MBi.'Z Illoco N 89 ,, Appresso il rimanenle" M inprima-
menlc R - - 90 In luoco C' — 91 ,, Ingannò coloni Z camo (^' — 92 Ed
eua C' ()l fehlt E C chi vi R chi chi LZ chi ciò B chi ch'el N —
95 dogna C fehlt 1 G marriinento LSNCC lornienlo M - 96 pesamento
M — 97 fehlt E Z anghoscie M la C — 99 lo male e 1 danno N —
100 Venner M — loi laudo C E llardo C* —
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
345
E 1 parto doloroso
E 1 nodrir fatichoso,
105 Che uoi ci sofferite,
Tutto per ciò 1* auete.
Lauorio di terra
Ed astio, inuidia e guerra,
Omicidio e pecchato
no Di ciò fue chominciato.
Che 'nanzi questo tutto
Facea la terra frutto
Sanza nulla semente
O brigha d*on uiuente.
Capitolo VII.
60;
610
61;
II
"VrA questa sottiltate
Tocch' a diuinitate,
Ed io non m' intrametto
Di punto chosì stretto
E nown agio talento
120 Di sì gran fondamento
Trattar chon omo nato.
Ma quello che m' è dato.
Io lo faccio souente.
Che, se tu poni mente,
125 Ben uedi li animali,
Ch' io nolli faccio iguali,
Xè d' una chonchordanza
In uista ne in senbianza.
Ed erbe e fiori e frutti,
13Ü ("hosì gli albori tutti.
620
62S
630
Uedi, che son diuisi
Le nature e li uisi.
4 CCiò, che tt'o chontato, 635
xjL Che r omo fu plasmato
135 Posci 'ogne creatura.
Se cci ponessi chura,
Uedrai palesemente,
('he dio om/fipotente 640
Uolse tutto labore
140 Finir nello migliore.
Che, chi bene inchomenza,
Andini per sentenza,
Ched a bon mezzo fatto. 645
Ma guardi poi dal trato,
145 Che di reo chompimento
Auen dibassamento
Di tutto 1 chonucnente.
Ma chi orratamente 650
Fina suo chominciato,
150 Dala gente è laudato,
Sì chôme dice un motto:
„La fine loda tutto".
E tutto ciò, eh' on face, 655
O pensa, o parla, o tace,
155 In tutte guise intende
Ala fine, ch* atende.
Dunqu* e piii graziosa
La fine d' ongne chosa, 660
Che tutto P altro fatto.
105 „Che uoi soflerite tuclo" Z ce B ciò N /dh/t ci C sostenete GM
— 106 „Perciò hauete i lauoriu di terra" Z però C — 107 E llauorio M
Et lo lauorio C lauorero GBCN — 108 /M¿ Ed KLSGMBCC'Z e inuidia
N Inuidia i astio CC o Z 109 E micidio NC* a stu/t e K o C —
¡IO Da cciò M Da no' Z incominciato N generalo C — 113 sementa Z
— 114 brida C „Obriza di nicnta" Z - 115 I statt MA S Ma tlal M —
116 „E alta diuinitate" Z sì tocch' N — 117 mi irametto MBCC — i20 î
si G C!osì gran C A si C* — 121 „Di tractarc che huomo nato" Z oma R
— 122 soncntc B — 128 Né in GC uisa Z — 129 /M// Ed KMCZ -- 130
Et coxì Z /t^à/t gli N -~ 131 Verdi C — 133 Di ciò LS „Ora l'aggio
contato" M ch'io B(" locchato N — 134 Come M biasimato R — 135
Dopo LZSBN Poi M('' posso C — 141 E echi G Ma chi C cominya C
- 142 Audiio o LSGC Udì già M Audio C» Ad uoi Z - 143 che l'a B
ben GBCC* Che di bu(m Z mezzo e LS - 144 „Ma guardi de pò 1 tratto"
B „Ma guardati poi d'allro" Z il LSG del N lo CC - 145 „Che dritto
copimento M di tutto C' — 14^) „Uen da bassamento" R diuien GN
Auem C Auea Z dilusamenio N 147 /<f A// 1 (' — 148 v. fehlt Z ch'io
C ornalamenie M - 149 finiscie G Fino a Z cominciamento BZ — 150
è dala G „È da tutti lodato" M „Da giente lodato" Z il {statt un) M —
153 che C*Z i,fehlt on) — 154 fehlt OR e pensa G — 155 A tutte R
attende MN — 156 Al Z — \^'] fehlt è C grauosa Z —
346
B. WIESE,
h JO
195
Capitolo VII
I6ü Però ad onjjnc patto
De omo antiuedere 190
Ciò, che poria scjjuirc
Di quello, che chomen/.a, 665
Ch' aia bella partenza.
165 11 LI' om, se dio mi uaglia,
JLi Creato fu san faglia
La più nobile chosa
E dengna e preziosa
Di tutte creature.
170 Chosi que' eh' è' n alture
Li diede sengnoria 200
D' ongnc chosa, che sia
In terra figurata. 675
Uer' è, eh' e* nuiziata
175 Delo primo peccato,
Dond' è 1 mondo turbato. 205
Uedi, eh' ongn' animale
l*er forza naturale 680
La testa e 1 uiso bassa
i8ü Ucrso la terra bassa.
Per far significaAzza 210
Delà grande bassanza
Di lor chondizione, 685
Che son sanza ragione
185 K seguon lor uolere
Sanza misura aucre. 215
Ma r omo a d' altra guisa
Sua natura diuisa 690
Per uantagio d* onore.
Che* n alto a tutte V ore
Mira, per dimostrare
Lo suo nobile affare,
Chcd a per chonoscenza 695
E rragione e scienza.
Dell* anima dell* omo
Io ti diragio, chomo
Ì^ tanto dengna e chara
E nobile e preclara, 700
(^he puote a chonpimrMto
Auer chonoscimento
Di ciò, ch* ò ordinato.
Se 1 senno fue seruato
In diuina potenza. 705
l^erò sanza fallenza
Eue 1* anima lochata
E messa e chonsolata
Nel o più dengno locho.
Anchor che paia pocho, 710
Ched è chiamato chore.
Ma 1 chapo n* è sengnore,
Ch' è molto dengno mcrnbro.
E ss* io ben mi rimenbro
Esso è lume e chorona 715
Di tutta la persona.
Ben è nero, che 1 nome
E diuisato, chôme
La forza e la scienza;
160 perciò N Et però Z 161 l'uomo MBZ acciuire R nati uederc G
antiscntirc M vedere N inanzi ucdere Z -- 162 possa B auenire M — 163
({uella R ch'el B 'neomenza L - 164 ,, Senza bella partenza" M „Con bella
appaie//va' C' Chi a C i6ò Eu criato Z — 1Ò7 v.fehltC^ — lOS/ek/iEGM
fehlt e C graziosa KM 169 ,,D'ongnunqua creatura LS „D*ogn' altra
creatura" B — 174 uiziata LSGB(X'N minziata Z — 175 \ier lo M — 176
Ond' J^M mondo è MNCC'Z -- 178 forma M — 179 chassa M basso Z —
180 V. fehlt N a basso Z — 182 v. fehlt N gran dibassanza GB abas-
sanza Z — 185 segnon (' si legò (.' seguire lo uolere Z — iSyy^AZ/aGM
alta R — 188 „Per natura diuisa" Z Suo natura a M — 190 alti IJì altro
Z bore stati l'ore B — iqi Guarda M - 193 Ch'el B Ch*elli C» fthit
a Z 104 La {.statt E) LSGZ fch t E MBX la scienza LSZ — 196 dirò
ben M 107 fehlt E CrM L'è B Et C» „È tucta degna et rara" Z TanU
M clara N 1 98 fehlt E M perelara B — 199 v. fehlt Z - - 2ol ch*ae
LSGM — 202 „Ch'ai senno fu prouato" M sol se non fu GC*C „Sol s' cl
non è serbato" B Sol N Ma 1 Z - 204 Po' C - 208 sia KM — 209
„Chiamalo core" C Etd è C' — 2\ 2 fehlt E (' „Che se io me mi rimmem-
bro" Z sse M {fehlt ¡o) nicnbro N 213 Elli (iB Etd è C» „Questo
nome in corona" Z 215 fehlt uero X 216 Et deuisato C* — 217 uoglia
GM E la uogla Z foruia X for^a BC('' potenza C (licenza, wie Zannoni
ohne weiteres liest, steht in keinem msc.) —
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. I.ATINOS.
347
Capitolo VII.
Che r anima in paruenza
Si diuide e si parte
220 E oura in plusor parte.
Che, se tu poni chura,
Quando la creatura
Ueden uiuifìchata,
È anima chiamata.
225 "ITA la uollia e P ardire
HA Usa la giente dire;
Quest* è r animo mio,
Questo uoUio e disio.
E ir om sauio e sacciente
230 Dichón, eh* a buona m^wte ;
E chi sa giudichare
E per cierto triare
Lo falso dal diritto.
Ragione è nome detto;
720
725
•30
■35
235
"Fi Chi saputarocr//te
Un graue punto sente
In fatto e* n detto e' n cenno.
Queir è chiamato senno ; 740
E quando 1' omo spira,
240 La lena manda e tira,
È spirito chiamato.
Chosì t'agio chontato.
Che 'n queste sei partute
Si parte la uertute,
245 Ch' al* anima fu data
E chosì chonsolata.
Nel chapo son tre celle;
Io ti dirò di quelle.
Dauanti è lo ricetto
250 Di tutto lo 'ntelletlo
E la forza d' aprenderá
Quello che puoi inte/fdere.
In mezzo è la ragione
E la discrezione,
Che cierne ben da male
E lo torto e 1' iguale.
I dietro sta chon gloria
La ualente memoria,
Che ricorda e ritene
260 Quello che *n essa uene,
Chosì, se ttu ti pensi.
Son fatti cinque sensi,
Di quai ti uollio dire:
Lo uedere e V udire,
265 L' odorare e 1 ghostare
745
750
/b:>
-55
D'
760
7^5
218 „Che alla mia apparenza" Z „Che 11* uomo a im potenzia** M a in
KNLGC* a /t^h/i in C potenza LSGCC* — 219 „Si diuisa et si diparte" Z
diparte LSGBN {stati si parte) — 220 „E rimira im più parte*' M s' oura
{feh/t E) G Es' BN onta C aura C» cura Z — 221 fehtt Che C — 222
natura Z — 223 Uede R vedon BCC vedea NZ edificata Z — 224 Et
RZ „E prima generata** C l'anima Z — 225 yyer statt la M 7 ardire M
Z l'ardore C — 227 lo ramo C — 228 „Et questo è il mio desio'* Z — 230
Dici'uom C Di ciò Z co statt eh' a M /Á/t a C 231 Che chi M Quei
che BN /M// E CMBN — 232 però C ritrare MBNCZ criare C» — 233
e lo ce statt dal - 234 Per ragion Z nome e B Ragione nome n'è N è
lo LSGC» — 235 /tr/i/t E N — 237 in (statt e*n) RSGB o'n M in (statt
e'n) R o*n SGM Z (statt e*n) C - 239 „Quando ispira lo meglio*' N —
241 Et CC'Z sospiro Z — 243 feà/t 'n N E en C p<f/"tutte C — 244 par on
le G perde C — 245 Che 11' anima RSC* E l'anima B -— 246 /eh/t E; chosì
è GM nominata CC» — 247 Et nel Z — 248 E io RG Or ti .MCC» /eh/t
ti GCC — 249 a llor Z — 250 tull#Z — 251 di prendere N da pretendere Z
— 252 z'. fehlt Z chel B puote GC aprendere ß di pre/idere N — 253 Nel
LSMGBNZ ~ 255 e 1 ben e 1 male B bene Z MN (e) C»Z (et) -- 256 „Et
lo corto iguale" Z dal' statt e 1 LS 1 il leale M - 257 A dietro M De
dricto C „Et di dirtro fa ongnora** Z /«Gè am Rande, "welches hat als
Majuskel vor di aus£^eführt werden sollen — 258 Là'ue sente R Cha C —
260 V. fehlt C :he con essa B Quella Z che nne souienc N esso auene
R — 261 „Appresso se ben pensi** M Et così Z taci Z (statt ttuti) ci
pensi LSGV ce B tu rii)ensi C* - 262 i cinque GMZ in cinque B — 263
De* SGMCZ Li BNC ui R io N — 264 Che 1 M — 265 In R folgt
V. 265 z'. 266; hinter utlire steht aber ein Zeichen, dem ein gleiches vor L*odore
(so liest R) entspricht ; ein andres steht vor E da poi und ein dem gleiches
348
h, WIESE,
Capitolo Vin e
E da poi lo ttocchare.
Questi anno per olìzio.
Che lo bene e lo uizio, 770
Li fatti e le fauelle
270 Ritornano ale celle,
Ch'i*u*agio nominate,
E lloclio son pensate".
Capitolo Vili.
I A Nchor son quatro omori 775
„^^ Di diuersi cholori,
Che per la lor chaj»ionc
Fanno la chonplessione
5 D* ongne chosa formare
Et souente mutare.
Sì chôme V uno auanza,
L'altr'è in sua possanza;
Che r una è* n segnoria
IÜ Delà malinchonia,
La quale è freda e seccha,
Cierto di laida teccha.
Un* altr' è in podere
Di sangue, al mio parere,
15 Ch* è chaldo irti omoroso
Ed è frescho e gioioso.
E flema in alto monta,
20
25
30
780
35
785
90
IX.
Ch' umido e fredo penta,
E par, che sia pesante
Queir on e più pensante.
Poi la chollera uene, 795
Che chaldo e seccho tene
E fa Tomo legiero
E presto e talor fero.
E queste quatro chose
Chosì chontrariose 800
E tanto disiguali
In tutti li animali
Mi chonuene achordare
Ed in lor temperare
E rinfrenar ciaschuno, 805
Sì eh* io li rechi a uno,
Si eh* ongne chorpo nato
Ne sia chonpiessionato.
E ssaccie, eh' altremente
Non si faria neente**. 810
Capitolo IX.
\ Ltresì tutto 1 mondo
-^^ Dal ciel filo profondo
I'^ Di quattro alim^/rti
J Fatto ordinatamenti:
V
rtttih glxislare. Vitse Zeichen scheinen mir bedeuten iu solUn , dass die trv.
umzustellen sein; nimmt man die Umstellun¿r z'or, so berüßiren sich diu glei-
chen Zeichen, Alle codd. folt^en überdies der von mir adoptierten Versordnung.
„E toccare c gustare" LS L* odore RGC L* ödere Z — 266 „E dipoi 1* odo-
rare" LS „Et di questi lo tocchare" Z Et poi G E poscia B E poi N
Et apres.so CC* — 267 Et (|ue^ti Z - 268 Intra 1 bene LS Et lo G le
uizia Z Si-ruizio M — 269 E li B 270 Raportano LSC Ri}>ortano C
Ritornare B Rilomaro N uo nominare Z - 272 „Et le cose jìcnsate** Z
pedala R possatc C.
Cap. Vili I Amori Z — 3 fehlt hi Z cagioni Z — 4 le Z conpen-
sione C complcxioni Z - 5 Et ogni Z formata G — 6 mutata G — 7 una
RGMBNCZ — 8 Le altre R ])«•;• sua M 9 „E 11' uno a singnoria" M
fehlt *n ce« — IO Dou'c Z - 12 E" diH M è de B o di C X de C« —
13 E un* S „Il secondo a podere" yT altra fehlt è N altro n'è'n C»
fehlt in C — 15 amoroso B — \b fehlt è RMCC^Z fehlt e B giocoso C»
- y-J fehlt E RLSMGBNCC ponia R - 18 „E caldo t freddo ponU" C
fehlt Ch' M ponto R 19 foli^'t 20 /// GMBZ fehlt in N porre Z pen-
sante SGMCC'Z — 2Ü Oudlo ì^taft (Kiell'on) RM Oual B Quando l'oonìo
Z -- 21 Et poi Z 22'' Che 1 C' "23 (he fa C« — 24 fehlt E RG fehlt
e Z — 25 fehlt E R — 27 7. fehlt Z — 29 Si statt Mi C> comunca Z
(comuenia V) dconlare Z — 30 K di R( C» „I loro temporale" Z E ttalor
M - 31 rriforniare M — 32 torni R - - n fehlt Sì Z — 36 Non sarebbe
LSMBZ Non parrebbe N stn faria C^
Cap. IX 2 Di C intìn al fr-
4 Fatti GN Fact* è C« Facti
%«
il C sino al Z — 3 Et C»Z —
uà R —
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
349
Capitolo X.
IO
5 D* aria, d' aqua e di focho
E di terra in suo locho.
Che, per formarlo bene.
Sottilmente chonuene
Lo fredo per chalore
E 1 seccho per V omore
E tutti per ciaschuno
Sì rinfrenare a uno,
Che la lor dischordanza
Ritorni in iguaglianza.
15 Che ciascun è chontrario
Al* altro, eh' è disuario.
Ongn' omo a sua natura
E diuersa fattura,
E son talor dispari.
20 Ma io li faccio pari,
E tutta lor dischordia
Ritoma in tal choncordia,
Che io per lor ritengno
Lo mondo e lo sostengno.
Salua la uolontade
Delà diuinitade".
8is
820
82:
830
^5
835
Capitolo X.
En dicho ueramente.
Che dio omniixjtente
Fece sette pianete.
Ciascuna in sua parete.
B'
840
5 Et dodici sengnali;
Io ti dirò ben quali.
E fue lo suo uolere
Di donar lor podere
In tutte creature, 845
IO Sechondo lor nature.
Ma sanza fallimento
Sotto mio regimentó
E tutta la loro arte.
Sì eche nesun si parte 850
15 Dal chorso, che Hi o dato
E ciascun misurato.
E dicendo lo nero,
Chotal è lor mistero.
Che metton forza e cura 855
20 In dar fredo e chalura
E pioua e neue e uento.
Sereno e turbam^//to.
E ss* altra prouedenza
Fue messa illor parue^iza, 860
25 No 'nde farò menzione.
Che picciola chagione
Ti poria fare errare;
Che tu dei pur pensare,
Che le chose future, 865
30 E r aperte, e le schüre
La somma maestate
Ritenne in potestate.
5 „E d'aria 1 d'acqua ì- fuocho" C e <i* acqua NC — 7 ,,Che perse
male et bene" Z ferma C le GN li B — 9 e staff per Z — io per omore
L amore C* — Il fehìtY. G — 12 „Sta ffreda et rauna" Z rinfrenaro SGN
rinfrenino M - 13 Eiche llor M — 14 Atoma Z — \^ fehlt è RC» — 16
„E dal* altro diuisario" B „E dell' artro disuario" N fehlt eh' Z — 17 7'.
fehlt Z Ciaschun a L Ciascuno a S Ongnuno MBN a la C — 187». fehlt
Z figura ce* - 19 tra lloro C luttor C* disuari M di pari Z — 20 ?'.
fehlt C lo N iguali LS - 21 Tutta la lor LSGBN {fehlt E) In tutta la
loro Z — 22 Ritorno MC* Ch'io torno C in lor B alla {statt in tal) C*
— 23 Che per loro io M - 24 „Tuttol mondo sostegno" B et sii Z — 25
Sali la Z lo B. •
Cap. X 3 sei C* — 4 ciascuno B pianeta (j¿:!) C parte Z — 6 E di-
coti Z fehlt ti B — 7 E si B fehlt lo BNZ di statt lo M — 8 fehlt lor
N — IO misure Z — 12 „Sotto suo piacimento" Z — 14 „Sì che scorsi
parte" Z neuno C — 15 Del MNZ ch'io SGBCZ ch'i' o {fehlt Ili) MCG
che gli è N detto Z — 16 A cciaschun MCC* „Ciascuno ne fu cierto" Z
— 17 E a ddicerti il M — 18 Contai loro Z — 19 „Che mi conforta x cura"
C metter Z — 20 In tal freddo (! — 2 1 fehlt E N „Et pioua mecte uento"
Z — 22 „E sereno e turbato" L — 23 „Se scä prouidenza" Z fehlt s' G
r statt s' N — 24 potenza LSGCC* — 25 faccio M — 26 „Ch'io la cagione"
Z — 27 Ci N — 28 Ma ttu M r. 28 fehlt Z — 29 7-. fehlt Z — 30 „E
la piirte schurare" Z — 31 prima N — 32 Ritene SBM —
350
B. WIESK,
Capitolo
870
XI.
MA se di storlomia
Uorrai saper la iiia
35 Dehi luna e del sole,
Chôme saper si uuole,
E di tutte pianete,
Qua *nanzi V udirete,
Andando in quelle parte, 875
40 Doue son le sette arte.
BEn so, che lungiam<»«te
Intorno al chonuene?7te
Agioti ragionato.
Si eh' io t' agio chontato 880
43 Una lungha matera
(Cierto in breue manera.
E, sse m' ai bene inteso.
Nel mio dire o chon preso
Tutto l chomincianwwto 885
50 E 1 primo mouimento
D* ongne chosa mondana
E delà gente umana;
E otti detto un pocho,
Chôme s* auene locho. 890
55 Delà diuinitate,
E olle intralasciate,
Sì echóme quella chosa,
Ched è si preziosa
E ssì alta e sì dengna, 895
60 Che no/f par, che ss* auewgna.
Che mette intendimt^wto
In sì gran fondam^z/to.
Ma ttu senpiciemewte
'b
Credi ueracemente 300
Ciò che la chiesa santa
Ne predicha e ne chanta.
A Presso t*o chontato
Del ciel, chom' è stellato.
Ma, quando tie stagione,
70 Udirai la chagione
Del ciel, chom' è ritondo,
E del sito del mondo.
Ma non sarà per rima,
Chom* è scrìtto di prima;
75 Ma per piano uolghare
Ti fie detto V aiFare
E mostrato inn aperto,
Che nne sarai ben cierto.
905
910
80
/'\Nd* io ti prìegho ornai
Q15
Per la fede che mm' ai,
(Jhe ti piaccia partire;
Che mi chonuiene gire
Per lo mondo dintorno
E di notte e di giorno
85 Auere studio e chnra
Inn ongne creatura,
Ch' è sotto mio mesterò.
E faccio a dio pregherò.
Che tti chonducha e guidi
90 E* n tutte parti fidi".
Capitolo XI.
I A Presso esta parola
xjL Uoltò 1 uiso e la glu^
920
92s
35 „O della Luna o Sole" Z — 37 v. fehlt LSGMZ — 38 „Va inanzi
e troueriete" Z il tronérete LSNGBCC* il trouerrai M In 'LSGVLZ foìj^ti
Se sapf're lo uorrete M vorrai — 39 Leggendo M parti LSGMNC qnella Z
— 40 Oue NZ soi C:» 42 feh/t N In terco R Dintorno C — 43 l't'abbo
LSNMB T*abo Z - 45 manera Z — 46 E im breue M cieraZ — 48 E'n
mio dir conj^reso" N ai staff o M — 50 nascimento R — 53 fehlt IE. IL —
54 souewte (J' nel locho G al loco B in loco Z — 55 Dalla M — 56 Ed
eie N Et o si Z o nne M olla B traslatate GB traslassate N trallasate
ce» — 60 7'. fella Z 61 Chi metta LSB Ch*uom metta M merta Z —
64 neramente C — 66 v. fehlf V Fie predica M o sfaft e N fehlt ne NC*
— 70 ragione LSGMCC'Z — 72 fehlt E Z — 74 „Come qsta de pma** C*
Chom'o G -- 76 fue R sia NZ - 77 sì staff inn M fehlt inn CC* — 78
Sì che ne sij BN più {statt ben) GCC» - 79 ormai RC — 80 „Che per la
fede ch'ai" Z — 82 a lile MBCC» Chôme N me ne Z di gire B regire
(re iiberf^eschrieben) C' - 83 diccmo N — 84 v. fehlt C — 85 D'anere Z
Auetc (":» ì!^-] fehlt Che M sotto 1 LSBNZ maiestero M — 88 Io fiwxio
B A dio faccio X - go In staff E'n MZ parli 1 RM.
Cap. XI I parato N — 2 fehlt IC» —
DER TESORETTO UND FAVOLELLO R. LATINOS.
351
E fecemi senbianza,
Che sanza dimoranza
5 Uolesse uisitare
E li fiumi e lo mare.
E, sanza dir fallenza,
Ben a grande potenza.
Che, s* io uo dir lo nero,
IO Lo suo alto mistero
E una marauiglia.
Che *n un' ora conpillia
E ccielo e terra e mare,
Chonpiendo suo affare.
1 5 Che* n chosì pocho stando.
Al suo breue chomando
Io nidi apertamente,
Chôme fosse presente
Li fiumi principali,
20 Che son quatro, li quali,
Sechondo 1 mio auiso,
Mouon ai paradiso.
Ciò son tigre e fison
E ofiradb e gion.
25 L'un sene passa a destra,
E r altro uer sinestra.
Lo terco chorre in zac,
E 1 quarto uà di lae,
81 che ufrade passa
Uer babillona chassa
In mezzo ipotania,
E mena tutiauia
(
Capitolo XI.
Le pietre preziose
930 E giemme dignitose 960
35 Di troppo gran ualore
Per forza e per cholore.
1Ion uà in etiopia,
ij E per la grande chopia
435 D' aqua, che *nn esso abonda, 965
40 Bangnia delà sua onda
Tutta terra d'egitto
E ir amolla a diritto
Una fiata 1* anno
940 E ristora lo danno, 970
45 ('he V egitto sostene,
Che mai pioua non uenc.
Chosi serua suo filo
Ed è chiamato nilo.
945 D' un suo ramo si dice, 975
50 Ched a nome chalice.
Ilgrc tien altra uia.
Che chorre uer sona
Sì smisuratamente,
950 Che nonn ò om uiuentc, 980
55 Che dicha, che uedesse
Chosa, che ssì chorrcsse.
[^Ison uà più lontano
Ed è da noi si strano,
955 Che, (juando ne ragiono, 985
60 Io non truouo nessuno,
('he ir abia nauichato,
Nò n quelle parti andato.
T
F
3 sua sembianza Z — 8 „Deriua gran potenza" Z metença B — io Al
suo Z -- II Et C — 12 Che mia n'ora R (!h'un'ora NC* si compigla
BN \l f^'hit E LSGMBNCZ E 1 C» /M// e S iterre G — 15 E ccosì
MBN /M// 'n OC' - 18 fosser B — 21 fe/i/f 1 GM al N - 22 Rscon
LSZGMN — ZI fehlt CIÒ son M 2b ß'ßi/f E C« inner LSGN uar la C»
alla Z — 27 fi'h/f in G inqua M in Grecia Z — 28 Lo GN {feh/f E) E
l'altro Z ffh/t uà R — 29 „Eufrates passa" C^ - 30 ìuer G per B — 31
Inucrso LSGMNC'Z Ver B pagania C' Pcconia Z — 33 7^'^/^ I-^ BN -
34 dilettose LGSZ graziose M jìretiose C — 35 molto M — 36 Di L per
freddo B chalore RGMNBÌ^^Z — 37 „Sen uà 1 necopia" C che uà Z
jvr N eropia R - 38 della G — 40 fffi/t Bangnia C colla M 42 „Et
fa mellio a derido" il^ bangna LSGZ ïmollala M — 43 uolta (' per anno
KCC - Si che B Che Z — 47 „Questo fiume pz-r filo" M filio R 48
Sì è M 49 Et; fo/í^euiít's li'ort durch fin Loch zerstörte ivohl d'un G
Dal suo N Del suo'z — 50 Ch'ò chiamato LSGMBNCC'Z il calice N
la licie Z s^\ tenne C - 52 Ch'el B per R inver LS inucrso orla G -
53 Si se Z (V fé) — 55 dicho N — 56 che che sì Z — 57 uà sì GMZ —
58 danaio N dapno Z "— 61 f-hlf 11' Z — 62 O'n C» quali C usato GBCN
stato C» —
352
B. WIESE,
Capitolo
E in pocha dimora
Pronide per misura qqo
65 Le parti del leuante,
Là doue sono tante
Gemme di gran uertute
E die molte salute.
E ssono in quello giro qo5
70 Bai si m o e J ambra e tiro
E lo pepe e lo lengno
Aloe, eh' è ssì dengno,
E spigho e chardamomo,
Giengioue e cennamonio looo i
75 E altre molle spezie,
Che ciaschuna in sua spezie
E migliore e più fina
E ssana in medicina.
A Presso in questo pocho 1005 i
80 1\- Mise inn asetlo locho
Le tigre e li grifoni,
Leofanti e leoni,
Chammelli e drughomene
E badalischi e giene lOio i
83 E pantere e chastoro
E Ile formiche d' oro
E tanti altri animali,
Ch* io no// posso dir quali,
XI.
Che son si diuisati IO 15
90 E ssì dissomigliati
Di chorpo e di fazzone,
Di sì fera ragione
E di si strana tallia,
Ch' io non credo san faglia, 1020
95 Ch* alchuno omo uiuente
Potesse neramente
Per lingua o per scritture
Recittar le fighure
Dele bestie ed uccielli, 1025
00 Tanto son laidi e belli.
1)Oi nidi inmantenente
La regina più gierte,
Che sten dea la mano
Uerso 1 mare ociano, 1030
05 Quel, che cinge la t^rra
E che la cicrchia e serra,
E a una natura,
C'h* è a ueder ben dura,
Ch* un' ora cresce molto 1035
IO E fa grande timolto,
Poi torna in dibassanza;
(^hosì fa per usanza.
Or prende terra, or lassa.
Or monta ed or dibassa; IO40
63 Che in Z statura M dora C' — 64 Di\*ide L Diuiene Z — 66
cotante M - 67 „Bene di non uirtute** C valute LSGMZ — 68 molta LSGCC»
— 69 Ed è M tutto {stati giro) Z — 70 fehlt ed GM 7«. fehit Z — 71 „E
l'opere et lo 'ngiegno" Z — 73 fehit e M chardamento Z — 74 v, fehlt N
Gençnuro B Çençeberc (' cienamo Z - 75 fehit molle; specie tante Z —
■jd fehit ('he LBNC^Z — 77 Et ('C'Z — 78 „Somme in medicine" N fìna
C» fehit in C'Z — 79 fehit in BZ locho RGLSMZ — 80 „Nasser in esso
loco'* B „misero in esso loco" XC „Misco esso loco" Z fehlt inn C —
82 E leofanti R Elefanti B Allifanti C' - 83 dragoni Z — 84 fehlt E
LSGM In Z 84 umì 85 zusammengeioorfen: „Et Giene et Pantere et Ca-
storo" Z — 85 „La pantera e 1 castoro" M — 86 fehlt E BNCC* dell' oro
RLSGBNXC:»Z — 87 E molti M — 88 no« so ben dir LSGMBNC>V non
so dir ben Z — 89 sarem Z — qi capo N — 92 „Di fiera condizione" M
fehlt si N Et <li Z chondizione R - ^i fehlt si C — 94 follia C -- 95
Che nuli' BN - 96 Che potesse C — 97 lingue N e per LG né per GZ
scrittura MC: — 98 „Tentare loro figura" Z Riceptare SI-G (Cogitar BC^N
figura M — 99 Di bestie G bestia C od RN e degli LSBC> — 100 laudi
C - loi Et statt POi C Ch'i uidi Z — 102 le reine N statt più gieirte:
potente LSGBNC(''Z piacente M — 103 distendea BN „Che discende la
noma" Z — 104 ver lo i>>M ìuer lo G „Ver lo mare Occidiano** Z — 105
„Oue che assai lontano" Z — 106 „E ccola ciercha schriptura" Z fehlt K GC
fehlt la N stringne M 107 fehlt a Z — 108 uedere e N ad uederla e
bene Z — loq Che in M fehlt Che B — m E poi CZ disbasança B ba-
sun^'a C 112 „Che ssa per usanza" Z - 113 prender Z sa Z — II4 et
or disbassa Z - .
DER TKSORETTO UND FAVOLF.LI.O B. LATINOS.
353
Capitolo XI.
115 E la piente per motto
Dichón, eh' a nome fiotto.
E io, ponendo mente,
IJi oltre nel ponente
A presso questo mare
120 Uidi diritto stare
Gran cholonne, le quale
Ui pose per sengnale
Ercholes lo polente,
Per mostrare ala ge//te,
125 Che locho sia fìnata
La terra e terminata,
Ch' egli per forte guerra
Auea uinta la terra
I*er tutto r occidente
130 E non trono più gente.
Ma doppo la sua morte
Si son gente racchorte
E ssono oltre passati.
Sì celie sono abitati
135 Di là in bel paese
E riccho per le spese.
J. questo mar, eh' i' dicho,
Uidi per uso anticho
Nella profonda spangnia 1065
140 Partire una righawgna
1045 145
1050 150
1055 155
1060 160
D'
'(>s
Di questo nostro mare,
Che cierehia, ciò mi pare,
Quasi lo mondo tutto.
Sì che per suo chondotto 1070
Ben può, chi sa dell* arte,
Nauichar tutte parte
E gire in quella guisa
Di spangnia infin a pisa
E 'n grecia ed in toschana 1075
E 'n terra ciciliana
E nel leuante dritto
E in terra d' egitto.
Uer è, che *n oriente
I--0 mar uolta presente 1080
Uer lo settentrione
Per una regione.
Doue lo mar non piglia
Terra che sette miglia,
Poi ritorna in anpieçça 1085
E poi in tale stremezza,
Ch* io non credo che passi
Che cinque cento passi.
DA questo mar si parte
Lo mar, che non disparte, 1090
L;\' u' ò la regione
Di uinegia e d* anchone.
116 „Allora il chiaman fiotto" M Dicie GBNCC* fanete Z — liq a
questo N — 120 Io nidi RNZ Et uidde C» ritte BNC diritti C ripto Z
121 quattro colonne N -- 122 Ci CC» mise LSGMBNCC'Z — 123 /M//
lo M possente M — 124 ?'. /t'ha Z — 125 „Che quiui era finata" M „(^he
lì sia eonfinala" B fue finito Z — 126 /-//// e GC» — 127 E ch* SMNGCC'Z
/t'h// egli G — 128 Auean KC le R /// Z x/e/it zwischen v. 128 una v. 129
n'n A'miz uni/ am RaniL' ebenfaììs mit einem Kreuze von der Hand des A'o-
piator „Et terminata | Et ch'egli per forte guerra | Auea uinta la terra"; eine
ledii^ liehe ìì'iederholunj^;^ — 130 tra più R non auea BN — 132 le genti M
acchortc M ï corte ('• - 134 chi B — 135 p^r che 1 statt in bel M —
137 male Z — 138 amico N - 139 perfonda RC — 140 Agangna Z — 142
cierne BN ciò impare Z — 145 più Z l'arte C — 146 in tutte RLSGBNC»Z
quelle M — 147 gita C* — \^^ fehlt in B - 149 „Et grecia in toscana" C
In BNC> „Et Grecia et Toscana" Z ^ 150 In i^ fehlt E) BC» — 151 v. fehlt
N fehlt E M - 152 „Ein in terra d* egitto" B — 153 che non e ritto N
che a C — 154 L'amor C uolea Z 155 Verso 1 I>i Uerso MCZ fehlt
lo MCZ Per lo BN fehlt Uer C« - 156 „E quest* è la ragione" M v. fehU
N ragione (^Z — 137 „Che 1 mar più non ui pilgla" M „Che già niente
pigia BN — 158 „Terra che sia sei migla" BNC* cinque M ciento Z —
159 E poi Z torna RB(^ apizeo Z (apizco V) — 160 /<*/»// E GM CZ poscia
B strettezza GBNCC* sentenzia Z - 162 I cinque M - 163 Di GCC*Z -
164 „Lo mar che uà in disparte" M „ramor che nno disparte" C v. fehlt
L chonpa/-te R diparte G — 165 „Si ecome si ragiona" M „Là nella ri-
gione" BC „Ma nella ragione" (j' Don' è LS Oltre la G „Ou* è la ra-
gione" Z - \i)iì „A uinegia -j ancona" M -
Zelttohr. f. rom. Phil. VU. 23
354
B. WIESE,
E
Chosì ongn* altro mare.
Che per la terra pare
Di Irauerso e d* intorno,
170 Si moftc e fa ritorno
In questo mar pisano,
Ou' è 1 mar ociano.
Io, che mi sforçaua
Ü Di ciò, che io miraua,
175 Sauer lo certo stato.
Tanto andai d* on^e lato,
Ch' io uidi apertamente
Dauanti al mio uedente
Di ciaschuno animale
180 E lo bene e lo male
E la lor chondiçione
E la 'ngenerazione
E lo lor nascimento
E lo chominciamento
185 E tutta loro usanza,
La uista e la senbianza.
ONd' io agio talento
Nello mio parlamento
Ritrare ciò ch* io uidi ;
iqo Non dicho, ch* io ra* afidi
Di chontarlo per rima
Dal più fin ala cima.
Ma *n bel uolghare e puro.
Capitolo XII.
Tal che non sia oschuro,
195 Ui dicerò per prosa
1095 Quasi tutta la chosa
Qua *nanzi dala fine.
Perchè paia più fine.
r 120
IIOO
DA poi ch* ali
Parue, che
>
1105
IO
('a pi toi o XII.
la natura
fosse r ora
Del mio dipartimento,
Chon i»haio parlamento
Sì chominciò a dire
l*arole da partire
Chon grazia e chon amore,
E, facciendomi onore,
Disse: „ñ di latino,
G,
1125
1130
Ilio
1115
uarda, che I gran chammino
Non tomi esta semmana, 1 1 35
Ma (juesta selua piana.
Che tu uedi a sincstra,
C^.haualchcrai a destra.
15 Non ti paia trauallia.
Che tu uedrai san fallía
Tutte le gran sentenze
E le dure credenze,
E j)OÌ dal* altra nia
20 Uedrai filosofìa
1140
i()9 o C — 172 Quel C occidiano Z — 173 sforzai M spurgaua Z —
174 /Mf io C mirai M - 175 chorto RCV (Z certo) — 176 „Tanto da
ongni lato" G /n LSGMN(X*Z folf^en dû' ï'rrx^: L: P^r sapere la natura |
D*ongnuna creatura. „D*ogni chriatura" Z -- ¡78 „Dauanti a me presente"
M uiuente R paruente GN 180 ff/i/f E C« — 181 /rh/i la i.SGMBNCC«Z
le {stuff lor) C - - 182 E llor M ?•. /trA/f Z — 183 /th/f lo Z - 184
7». 184 186 incL fehlt LS Et lo lor C *ncominciamento M — 186 E la R
-- ¡88 7». fehlt LS pensamento GMZ p/v)p<jnim^wto N - - 189 „Tener t o
ch*io ne uidi" C' Ritener GC Di trattar M Di tener Z che ne LN ch*io
ne SR - 190 mi fidi B ¡91 contarle LSGMNCC'Z fehìt lo B — 192
infin LSCìMN insino Z - iq-^ fehlt C^, li au m für einen ì 'er s frei „Ma 1
bene uolgare et puro" Z Ma per bel R fehlt 'n SGC* — 194 ne sic sichn-
ro R non paia N - 195 Uidi certo R Fui dirò LMS Io dirò G Io
dicerò B II dicerò N Et dicerò C I^ dico Z - 197 Qui I-S dcla CC»
— 198 fehlt Per C» paion Z.
Cap. XII I Et da jioi Z che la R — 3 Dello M partimento MZ —
4 fehlt Chon Z l>ollo LSGMZ accolglimento I>iMGZ — 5 Mi cominciò
LSGMBNCC»Z 6 del M 7 „Chon grande amore" Z — % fehlt ¥. BNX«
— <i E disse-<le B - 10 nel statt che 1 Z — ¡2 fehlt Ma B per questa BK
--- 13 ..Che tu ai sinestrana" C „Che che tu uedi a sinestra" Z (In V fehlt
ein che) fehlt tu G uedrai G destra N — 14 sinestra N — 1$ ce paia C^
— \(y fehlt Che; Tunno C — 1« sentençir C {sic\) - 19 v. fehlt C fekU
E B Poscia B d'altra R
DER TESORETTO UND FAVOLELLO H. LATINOS.
355
E tutte sue sorelle;
Poi udirai nouelle
Dele quatto uertute,
E ssc quindi ti mute,
25 Troverai la uentura,
A chui se poni chura,
Che nonn a cierta uia,
Uedrai baratteria,
Che n sua charte si lene
30 Di dare e male e bene.
ESse nonn ai timore,
Uedrai idio d* amore
E uedrai molte gente,
Chcl scruono umilmente,
35 E uedrai le saette.
Che fuor deParcho mette.
Ma perchè tu non chassi
In questi duri passi,
Te\ porta questa 'nsengnia,
40 Che nel mio nome rewgna.
F". sse tu fossi giunto
D* alchun grauoso punto.
Tosto la mostra fuore.
Non fie sì duro chore,
45 í^he per la mia temewza
Non t* agia in reuerewza".
E io gicchitam^/ite
Riccuelti 1 presente,
La *nsengna, che mi diede.
50 Poi le basciai lo piede
Capitolo
1145
1150
XIII.
E mercè le gridai, 1175
Ch'ella m'auesse ornai
Per suo rachomaffdato.
Et quaf/do fui girato,
55 Già più nolla riuidi.
Or chonuen, ch'io mi guidi il 80
Uer là, doue mi disse,
Nanzi che ssi partisse.
II5S
17 p
1160
1165
1170
Capitolo Xm.
uà mastro bumetto
Per un sentiero stretto,
Cerchando di uedere il 85
E tocchare e sapere
5 Ciò che ir è destinato.
E non fui guarì andato,
Ch' i' fui nella deserta,
Dou' io non trouai certa 1190
Né strada, né sentero.
IO De, che paese fero
Trouai in quella parte!
Che, ss' io sapesse d* arte,
Quiui mi bisongnaua, 1195
Che, quanto più miraua,
15 Più mi parea saluagio.
Quiui no;in a uiagio,
Quiui no;in a persone,
Quivi nonn a magione. 1200
No;i bestia, nonn uccello,
20 Now fíumc, non ruscello.
21 „Con tutte le sorelle" B — 22 E poi RZ uedera' R —-24 frhlf
sse N rimuti N tenete {s/n// li mule) Z — 26 porrai Z — 27 /eh¿í Che R
non u'a G corta M — 28 la materia C — 29 „Che usa cortesia" Z — 30
„Dire male e bene" C „De dire e 1 male e 1 Ivn^»" C far M feh/f e LSGZ
il \fa// e N lo sfaft e H cl bene BN — 31 se n'ai Z tremore L amore
N 32 el dioB - 33 molta LSMGBCC»Z — 34 „Chui lieta e cui dolente"
LSGZ „Qual lieto e qual dolente" M s^rue C* frhU 1 C — 36 „Che fuori
de lor coméete" C dal B — 37 „Ma per ch'era no cossi" C passi Z —
38 Per questi Z — 39 Ti C scngnia R — 40 Che 1 mio C — 43 lo RSLC
- 44 Et non sia Z sic C 48 al M /fh/f 1 CC^ — 49 Del' insegna che B
— 50 Et poi Z li BC lo C li piede C» 51 li BC» chiamai LSMGBNC»Z
— 52 ormai RC — 53 acomandato LSGCC — 54 ffh/i Et N io fui R
voltato M giunto C — 57 Colà LS Inucr Z — 58 Anzi MBNC»Z.
Cap. XIII I mostro C* --- 2 Per lo camino LS lo Z a strecto Z —
4 frh// EN — 8 ou' G cerca C* — 9 strade Z (-a V) — il quelle parti
LS queste parli Z - 12 sapcua M d'arti LSZ — 13 in {sfaU mi) Z — 14
De quanto io R E quanto MBN Ma quanto più C* migraua Z — 16 z/.
ffh/t Z — 17 /o//rf 18 7n R — 18 Qui Z (fi-h/f ui, in V vorhanden) — 19
Né — né LSBNZ — 20 Non — nò LS Né — né BNZ —
23^
356
B. WIESE,
Né formicha, né moscha,
Né chosa, eh* io chonoscha.
ET io, pcnsaniio forte,
Dottai ben delà morte.
25 E non è marauijjlia,
Che ben trecento miglia
Duraua ci* onfjne lato
Quel paese ismagiato.
Ma sì m* asichurai,
30 Quando mi richordai
Del sichuro sengnale,
Che chontra tutto male
Mi da sichuramento.
E io presi ardimento
35 Quasi per auentura
Per una ualle schura,
Tanto eh* al terco giorno
Io mi trouai d* intomo
Un grande pian giocondo,
40 Lo più ghaio del mondo
E lo più dilettoso.
Ma richontar nown oso,
Ciò eh' io trouai e nidi,
Se dio mi porti e guidi.
45 Io no;/ sarei creduto
Di ciò chi* o ueduto,
Capitolo XIII.
Ch' io uidi inperadori
Et Re e gra« sengnori 1230
1205 E mastri di scienze,
50 Che dittauan sentenze,
E uidi tante cose,
(.'he già in rime né i« prose
Nolle poria ritrare; 1235
1210 Ma sopra lutti stare
55 TJI^li una inperadrice,
I..' Di chui ia gente dice,
Che a nome uertute,
Etl é • chapo e salute 1 240
121 5 Di tutta chostumanz.a
60 E delà buona usanza
E di be' regimenti,
A che uiuon le genti.
E uidi agli occhi miei 1245
1220 Esser nate di lei
65 Quatro regine fíglie,
E strane marauiglie
Uidi di ciascheduna,
Ch* or mi parea pur una, 1250
1225 Or mi parean diuise
70 E*n quatro parti mise.
Sì eh' ongniuna per sene
Tenea sue propie mene;
21 Non — né LSGC — 22 Non C — 2^ fekìt Et C - 24 „Allor
dottai di morte" M — 25 Che G fehlt é RZ — 26 in statt ben R — 27
Dura R Giraua LSGMZ — 28 liisagiato GC* misasato B misagiato N
smisurato Z — 30 racordai N — 32 chonlro a GZ *ncontra C uale RM
In N vrsprunglich uale, ivas später, anscheinend von andrer Hand, in male
verbessert ist 33 E dda M die Z — 34 Che io M andamento BCC —
35 „E misimi a uentura" M uentura Z — 37 Tanto et al Z che 1 M -
38 fehlt mi R — 39 ad un N — 40 bello C — 41 fehlt E N dengnetoso
C» — 42 Ma già contar M ricordar BNCC'Z noli' BNC»Z — 43 fehlt Ciò Z
— 44 guardi I-SGM guaglia Z — 45 E no« MZ - 46 creduto C — 48
fehlt Et T^SZ — 51 tuete Z — 52 né*n — né'n L né — nè*n N fehlt \n
beide male Z fehlt già M rima BNC* f^hlt \n CC* — 53 chontare R ri-
tare B — 54 Ne Z tutte TJ>GNC»Z - 56 la ragion B — $7 Ch'eli* a BN —
58 di capo N Da capo C* i e G — 59 D'adorna LS Di netta N Di
tutta buona vsanza Z — 60 „Et d'ongni costumanza" Z bella G — 61 „E
ddelli reggimenti" M de' buon LSCZ bon BNC> — 62 fehlt A C Et anche
uiuon C Et che Z — 63 uidder G li G — 64 nati RNC*Z — 65 filij Z —
06 strane et Z — 67 Si uidi B E uidi N Et uidi; fehlt di Z ciascuna
BNC» — 68 fehlt eh' GM era Z fehlt mi S parean SGBMC» luti* una
GMBNCC — 69 parea B „Et hor mi pare nano" Z - 70 „In diuise et
quattro | Parti mise" Z — 71 ogune C ognune Z parsone CZ — 72 Tc-
nean RNZ suo M prf?pemente C Nach 72 haben I>iGMBNCC*Z einen
gemeinsamen Einschub von 4 Versen: L: í Sua corte e su lengnaggio, | 2 Su
corso e su vi.ii;gio, | 3 E'n sua propia magione | 4 Tenean corte e ragione
1 „Et auea suo lengniaggio" CìBNCC* M {lioch Ed — donnaggio) fehlt Z —
2 Lsuo Z — 3 Et sua CZ — 4 Tenea GMBNC —
DER TESOKEITO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
357
Ma non già di paragio,
Che r un* è troppo magio,
75 E poi di grado in grado
Chutuna uà più rado.
Capitolo XIV.
1255 25
I lI^ Io,
IJdì
Capitolo XIV.
eh' auea 1 uolcrc
più certo sapere
La natura del fatto,
Mi mossi sanza patto
5 Di domandar fidanza
£ trassimi al' auanza
Dula chorte magiore,
Che u'è scritto 1 tenore
D'una chotal sentenza:
IO „Qui demora prodenza,
Chui la gewte in uolghare
Suole senno chiamare'*.
E uidi nela chorte,
Là dentro fra le porte,
15 Ouatro donne reali,
Che' n chorte principali
Tenean ragione eii uso.
l*oi mi tornai la giuso
A un altro palazzo
20 E uidi in bello stazzo
Scritto ¡)er sottilglianza:
,,yui sta la temperanza,
Chui la gente talora
Suole chiamar misura".
1260
p
1265
1270
»275
1280
£ uidi là d' intomo
Dimorare a sogiorno
Cinque gran principesse, 1285
E uidi, ch'elle stesse
Tenean gran parlame^nto
30 Di riccho insengnam^/tto.
Oi nell' altra magione
Uidi in un gran petronc 1290
Scritto per sottilgliezza :
„Qui dimora fortezza,
35 Chui tálor per usagio
Ualenza di choragio
La chiama alchuna ge«te". 1295
Poi uidi inmantenente
QUatro ricche chowtesse
E giente rade e spesse,
Che stauano a udire.
Ciò ch'elle uolean dire. 1300
E partendomi un pocho
Io uidi in altro locho
45 La donna inchoronata
Per una eh ami nata,
Che menaua gran festa 1305
E talor gran tem])esta.
E uidi, che lo scritto,
50 Ch' era di sopra fitto
In lettera dorata,
Dicea: „io son chiamata 1310
Giustitia in o/fgne parte**.
E uidi d' altra parte
73 „Non igual di paragio*' B — 75 Ji grado a grado R — 76 Cia-
*;chun.i LGSBNCC* Caschuno Z in rado Al.
Cap. XIV I /e/i/t 1 SGMBNCC»Z — 4 fihU Mi Z misi LSM — 5 Per
donianr G Per dimandar B — 6 mossimi B — 8 „Che scritto n' è il tenore'*
BN {liüch ,.u'c**) V. fehlt C nome Z - IO (Juiui C» — Il sente Z fehlt
in M — 12 „Senno suole appellare" M „Suole pno chiamare*' Z (V può)
Si suol N — 13 Et io Z nele R — 14 i/i fra Ile GN dalle C» — 16 fehlt
'n RLSGNZ Con C« generali M - 18 ssuso G — 20 un statt in BN fehlt
in Z spazzo GM - 21 sottilgliezza R — 22 temperezza R — 23 „La quale
la gente pura" M Quale Z — 24 Si sole B appellar M — 25 li B — 28
loro statt ch'elle Z stelle C - 29 Tenere Z — 30 ritto C — 31 Et poi Z
d'altra LG dall'altra SZ all'altra M maggiore V (Z ivie R) — 32 Si uidi
un B vidi vn N I uidi un Z un bel M — 33 sottigliança NZ — 34 pro-
dezza M - 35 tale per Z — 36 Auanza Z 37 chiamano N la più G —
38 udi C — 39 gran L Regine Z — 40 fehlt EC — 42 uoglion CC*
43 ¡ìarcndo C — 44 un statt in RNZ in esso B — 45 donnam chorata R
ciìfonata LMCZ — 46 V. \^Lr la M — 47 fehlt Che M Vna gran M mc-
nauan S — 49 quello Z — 50 scripto CZ Ch'ò C — 51 lettere R „Ledere
dorate" Z - 52 Dieta (m!) R — 54 „E ppo'vidi in disparte** M dal' altra
RCZ in altra LS —
358
B. WIESE,
I3IS
1320
55 Quatro maestre grandi,
£ ali Jor ckomandi
Si stauano ubidenti
Quasi tutte le genti.
Chosi, s' io non mi schonto,
60 Eran uenti per chonto
Queste donne reali.
Che dele principali
Son nate per lingnagio,
Si chôme detto u'agio.
65 E, ss' io chontar uolessc,
Ciò eh' io ben uidi d' esse
Insieme ed in diuisa, 1325
Non credo in nulla guisa.
Che inn iscritta capesse,
70 Né che lingua potesse
Diuisar lor grandore,
Nò 1 bene, nò 1 ualore. 1330
Però più non ne dicho,
Ma ssì pensai chon mecho,
7i) Che quatro n' a tra lloro,
Chui io credo ed adoro
Assai più choralmente, 1335
Perchè llor chonuene/ite
Mi par più grazioso
80 E ala gente inn uso:
Chortesia e larghezza
E Icanza e prode^ça. 1340
Capitolo XV.
Di tutte e quatro queste
Lo puro sanza ueste
85 Dirò in questo libretto,
Deir altre non prometto
Di dir, nò di rimare.
Ma chil uorrà trouare.
Cerchi nel gran tesoro,
90 Ch' io farò per choloro,
Ch' anno lo chor più alto.
Là farò grande salto
Per dirle più distese
Nvìla lingua franzcse.
»345
1350
«355
Capitolo XV.
I /^\Nd* io ritorno ornai
\J Per dir, chôme trouai
Le tre a gran dilizia
In chasa di giustitia,
5 Che son suc descendenti
E nnate di })arenti.
1^ Io m' andai da chanto
J E dimora* ui tanto,
Chcd io uidi larghezza
IO Mostrar chon gran pianezza
Ad un bel chaualero,
Chôme nel suo mistero
Si douesse portare. 13^5
E dicca, ciò mi pare,:
1360
55 maestri NC — 56 a lor K „Ch'agli loro comandi** Z — 57 /eà/t
Si LMBNC aduedere ubidienti Z - 59 /cha s' io Z 60 uenuti G XV Z
— 63 nante Z linguagio K O5 cantar Z — (»6 „Ciò ch'i' di lor s;ipesse'*
M v. fehlt C ; Raum für v. frei Lo ben eh' io B che fehU io N uedesse
{statt uidi d'esse) KSG ui dicessi Z — 67 o'n LM diuise C* — 68 guise
C - 69 ,,Che scriptura potesse" C „cjhe ne sehripla campasse** Z iscrit-
tura R iscritto MB — 70 v. fehlt C O che LBN fehlt che Z parlasse Z
— 71 O diuisare Z lo GNCZ loro onore M — 72 „E llor bene e ualore M
— 73 „Per proprio nome dico** Z ])0Ì {statt più) N non uè C* reco M —
75 V. fehlt Z „Che quatto u'a collorc^'* C^ - "¡d fhlt io RLMNC»Z feh/t
ed R — 78 Ilo Z - «O Ch' ala R le gienii Z gente a inteso N — 82 fehlt
E BNC« Lielladc fìXC> — 83 fehlt e LSGBNCC» (tutt'e?) — 84 io {statt
Lo) G — 85 sin N — 86 „Di lucie non promeelo** Z altro RN - 87 trarc
R contare LS — 88 fehlt 1 M le BNC» uol BNC» — 90 Ch'i' o falto RNZ
Ch'è fatto GC» 91 color {statt lo chor) C — 92 T là GZ il gran LSG un
statt grande N assalto B - - 93 dire fehlt le R
Cap. XV I ormai R — 2 eom'i' LSMGBNCC'Z — 3 „le quattro di bê-
tifia" (j/fc!) N „Le altre C „Le tre grandi là" Z quattro in M ad C* —
6 de' S „Î nate di sue genti" GMBN {doch suagcnte) CC'C- {dock nati de
soi) Z ~ 7 fehlt E N n' LSMNCC'C:- fehlt m' GB demoraici C« — 9
„Ch'i nidi che llarghezza** R la riechcza Z — io fehlt gran R — II Ed
un C — 13 S'io (Icucsse C -- 14 dicie RC a cciò C inparc {:itatt mi
pare) Z foli;t in C „E colando li dico io** —
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
359
Capitolo XV.
15 „Se tlu uuoli esser mio,
Di tanto t* and' io,
Che nullo te«po mai
Di me mal no/iu aurai, 1370
Anzi sarai tuttorc
20 In grandezza e inn onore;
Clic j^ià om per larghezza
Non ucnne in pouerezza.
Uer' è, ch'assai persone 1375
Dichón, eh' a mia chagione
25 Anno r auer perduto,
E eh' è loro auenuto,
Perchè son larghi slati,
Ma troppo sono errati; 1380
Che, chorno è largho qM^'lli,
30 Che j)ar, che ss* achapilli
Per una pocha chosa,
Oue onor grande posa,
E' n un' altra bruttezza 1 385
Farà si gr;m larghezza,
35 Che lie disniisuranza?
Ma tu sapie 'n certanza,
Che nuli' ora, che ssia,
Uenir non ti poria ^390
La tua ricchezza meno,
40 Se tti tieni al mio freno
Nel modo, eh' io diragio.
Che quelli è largho e sagio,
Che spende lo danaro '395
Per saluar lo ghostaro.
45 Però in ongnc lato
Ti menbri di tuo stato
E spendi allegramente,
E non uo, che sghomente, 1400
Se ppiìi che ssia ragione
50 Despendi ale stagione;
Anz'c di mio uolere,
Che ttu di non uedere
T' infmghe ale fiate, 1405
Se danari o derrate
55 Ne uanno per onore:
Pensa, che ssia 1 migliore.
E, sse chosa adiuengha,
Che spender ti chonue/fgha, 14 io
Guarda, che ssia intento,
òo Sì eche non paie lento;
Che dare tostamente
E donar doppiamente,
E dar chôme sforzato 1415
Perde lo don e 1 grato.
65 Che molto più risplende,
Lo pocho chi lo spende
ìb /t'à/t ¿ t'accerto io MN ti lìd' B t' adisio C dicertio C* te certo
io C^ — 17 „di nullo N - - 20 grandezze GC-* /f/t/l inn BC** ricore C'C*Z
- 21 Che mai C'C* — 22 uiene C — 24 Dico Z eh' a una K e' anno C
ragione Z 25 lo lor Z - 2Ö Ed è lor M eh' a llor C diuenuto LSGM
NBCC'C- — 27 /dhä son C« — 28 „Ma ei son molto** C-« molto MG» —
29 /c'/t/i Che GB no//n è M Com ser;\ B /ea¿¿ e C=* — 31 „Prima poca
cosa** C picciola N — ^2 „et d'una grande posa" C^ Dou* LGSMBNC*Z
l'onor »i posa M onor a C et gran Z — ^^ fehlt 'n C -- 34 Faui C*C*
Karia G — 35 ismisurata C smiranza Z - 36 fehlt tu Z abbi M — 37
Cile \^r M nulla cosa C nollara C*-* — 40 tt' attieni MC'C^Z — 41 mondo
C 42 „auerai gran uantagio'* C — 43 lo darò C — 44 lo suo stato Z —
45 M \ierb MZ 46 nienbritj C- Ti rimembri Z fehlt di C del tuo N —
47 Ma spendi LSGZ Ma prendi C larghamente M alagranmente C — 48
Né non LSGC „Z non doctar niente" C-* — 49 Che sse pili C — 50 ala
IJSGMBC'C-Z - 51 An¿\ fehlt è KGC'Z Anch' è C^ del N — 52 non di'
rj no dei C^ uolere CZ — 53 Te tingi C* ala fiata C^ stagione C —
:^4 derrata C- — 56 Pensan C — 57 „E quand' elgraddiuengna** M fehlt H
N diuengna LSC(ìB — 59 „Fa che ttu sia attento** M attento GZ — 60
„«le non esst-rui lento" C^ — 61 donar LSGZ Che il dar M tostanamente
BNC — 62 Et donar C dare C*' conpiutamente N In Z folgt „Che do-
nare lardi" 63 „E come sforzato" Z Che dar GN (dare) Chi da M „E
chi da coni ho sformato" B donar LSC — 64 „Si prende e 1 dono e 1 grato"
Z Per lo K perdón lo N 1 {statt e 1) C'-* — 65 E M spende R —
36o
R. WIESE,
Tosto e a llarghn mano,
Che que', che da lontano 1420
E tardi e chon durezza
70 Dispende gran ricchezza.
Ma tuttauia li guarda
D' una chosa, che 'nbarda
LA gente più che 1 grado: 1425
Ciò è giocho di dado.
75 Che nno;/n è di mia parte,
Chi ssi gitta in quell' arte,
Anz' è disuiamento
Et grande strugimento. 1430
Ma tanto dicho bene,
80 Se ttalor ti chonuene
Giochar per far onore
Ad amicho o sengnorc,
('he ttu giuochi al più grosso 1435
E no// dire io no« posso.
85 Nonn abie in ciò uilezza,
Ma lieta ghalliardezza.
E, ssc tu perdi posta,
l*aia, che now ti chosta; 1440
Non dicer uillania,
90 Né mal motto che ssia.
ANchor, chi ss' abandona
Per astio di persona
Capitolo XV.
E per sua uanagloria, 1445
Esce delà memoria;
95 E spender malamente
No/i m' agrada neente.
E molto m' è rubello,
Chi dispende in bordello 1450
E uà perdendo 1 giorno
100 In Temine d'intorno.
Ma, chi di suo bon chore
^Vmasse per umore
Una donna ualentc, 1455
Se ttalor largharaÉr//te
105 Dispendesse o donasse,
Non sì che foUegiasse,
Bello si puote fare.
Ma noi uoglio aprouare. 1460
ETengno grande schema.
Chi dispcnde in tauema;
E chi in ghiottornia
Si gietta o in beueria,
È pegio eh', omo morto 1465
E 1 suo distrugie a torto.
1 1 5 E o uisto persone,
Ch' a chonpcrar chapone,
Pernice e grosso pesce
Lo spender noli' tncresce, 1470
67 „Così to e largamente** Z fehlt e N fehlt a LCC^ con BN ab
largche C- — 08 O che quelli che C di LSGMBNCC«Ca — (¡^ foigt 70 in
KC^ fehlt ¿n C und C; in letzterem cod. zwischen 70 und 7 1 Raum fur einen
Vers frei fehlt E BZ fehlt e RC-* dureççe N — 70 Dispender NC« Di-
spende/íte (.•• larghezza MBÍ^C-^Z largheççe C> — 71 Et B riguarda {statt
ti g.) NZ - 72 „D'una cosa gambarda** C 73 „La giente piccolo grado**
Z eh' al RMC — 74 è 1 MNZ del dado MNZ — 75 e pparte Z — 76 Chi
seqta C chi seguila C"-* Che Z fehlt in C — 77 „Ch'elli è desuianicrfflo**
C che gran disuiame//lo** C- fehlt è Z dislrugimento NZ — 78 disuia-
mento NC'Z p^rdemtnto C* — 79 lutto NZ dico io BC'C* li dico Z —
82 fehlt All MZ od a RLSGBNMCC-» — 83 „che tu giochi bengrosso** B
il più Z — 85 in te R be uileçça C — 86 „Ma getta gagliardeçça** C —
88 moti costa i^ — 89 Et non dir Z — 91 Ch' ancor C^ — 93 O GMBNC»C«
— 95 Che M A BNCC'C- — '96 agradaua C inte C> — 97 ne statt m'è C
— 98 Chi spende il suì) in N <Jhe C* spendono C* — 99 „Ma perdendo
lorno** C- O M i^pcndendo N - loo Chon feniina Z — 105 X GZ ouer
B — 106 Ma non che Z 108 non òtait noi MC — III O C»C* prr LS
V. fehlt Z — 112 „Et chi in beueria bi gietla'* Z fehlt o LSNC -- H3 El
G Etd è C'C^ - 114 (hi 1 suo (t II suo BZ chi 1 sc C» dUpende LN
— 115 vv. 115— 119 f nel. fehlen in 'S I'o BM» Et in uista O» uiste RM *
persona (^"^ — iiO Che chonperan RSGMNZ Che'n comparar B Chi cöprra
C'^ Che conperar i.'C Che compera M* - 117 o MC* fehlt e C grosse
C'Z pascie C^ spese Z — 118 se spender C=* non GMM'CC'O* rincrescie
GMM ' C -
DER TESOREllO UND FAVOLELLO H. LATINOS.
361
1475
Che, chôme uul sien chari,
120 Pur truouansi danari,
Sì pagha 'nman tenente
E crede, che la gente
Li li pongha illarghezza;
Ma ben è gran uilezza
125 Ingholar tanta chosa,
Che già fare no«n osa
Chonuiti, né presenti,
Ma cholli propi denti 1480
Mangia e diuora tutto.
130 Eccho chostume brutto!
Mad' io, s' io m' auedesse,
Ch' egli altro ben facesse
Unqua di ben ma/igiare, 1485
Nollo dourei blasmare.
I 35 Ma chil naschondc e fuge
E chonsuma e dislrugic.
Solo che ben si pasce,
Cierto in mal punto nascie. 1490
ACci gente di chorte,
Che sono use ed achorte
A sollazzar la ge/ite.
Ma doman dan souente
Danari e uestimenti. 1495
Cierto, se tu ti senti
145 Lo poder di donare.
Ben dei chortesegiare.
Capitolo XV.
Guardando d' ongne lato
Di ciaschun lo suo stato.
Ma già nonn ubliare,
150 Se ttu puoi megliorare
Lo dono in altro locho.
Non ti uincha per giocho
Lusingha di buffone;
Guarda locho e stagione.
1500
1505
155
ANchora abi paura
D'il
mprontare a usura;
Ma se tti pur chonuene
Auer per spender bene, 15 IO
Pregho, che rende iuaccio,
160 Che nonn è bel prochaccio,
Xè piaceuol chonuento
Di diece render cento.
Già d'usura, che dai, 1515
Nulla grazia no//n ai,
165 Nò n ciò no/m a larghezza.
Ma tua gran pigrezza.
Ben forte mi dispiace
E gran noia mi face 1520
Donzello e chaualero,
170 Che, ijuando un forestero
Passa per la chontrada,
Non lascia, che no« uada
A farli chonpangnia 1525
In chasa e per la uia.
\\^ fehlt Che MBCM' uonglion MM> — 120 „Purché se ne truouj a
ddanarj" M' truouinsi SGMBCC* truouisi NC-^Z i danari RZ a danari M
— 121 Et pagha C- „Si paghan mantene//te** R ¡)aghan M' ìcontancnie M
larghamente M > — 122 credon RLSGMBNCC'M' — 123 Glile LSGMNC'Z
Glel B Nur Lo C- Nur gli M' in LSNM' í gra// largheça B a lar-
ghe<;\a CC'Z In C- in Col. 3 ivieilerholt - 124 Ma gli è Z Col. \ wieder-
holt in C^* — 125 Ingoiar N 120 far già N fehlt fare M« noli' C«C-Z —
127 Chonuito G Inuiti C'C"^ „Chonuienli nel presente" Z o statt né N
128 co suo M Ma suo propii C Ma gli suoi propij M' — 129 Mangian
C Magi C diuoran R — 130 E cciò G E chon M' — 131 Ma se io
MNC'C^Z fehlt s'io C - 133 Vn' opera Z — 134 Noli L — \l^ fehlt 1
ce-« — \ib fehlt E Z - 137 E ssolo fehlt che M Sol ch'el Z chi LSBC
— 138 certe C^ in mal' ora N — 139 a chi C'-* Aui Z — 140 „Che son
use in corte" BN (vsi a) C^ (a) Z (ad) ,,Che uomo us'é acorte" C „Che
sonno sì acco/rte" C- usi S - 142 domandar N domandoti C domanda
C^ — 143 o LSB - 144 certe C- fehlt ti C^ — 145 da BC» -- 146 puoi C»
puio C'^ cortegiare B cortesiare (^'C'-* — 148 ciaschedun N fehlt lo MN
di suo B loco suo C - 149 mangia C — 1^0 fehlt C — 15 1 dapuo' {statt
Lo dono) Z alchun R — 153 Vsanya C'C'-' 155 vv. 155 — 184 incl. fehlen
in BNCCC*-* - 156 D'acatlare LSM Di prestare Z — 159 Pregoli Z che
1 LS — 163 E M Che già — ch'ai Z -- 165 Né in ciò a M Né cciò G
— 166 tutta GMZ — Î67 E forte M - 168 v. fehlt Z — 169 o LSGZ —
172 Se lascia M fehlt Non Z lasciar G — ^74 a cchasa G o Z —
302
B. WIESE,
175 E gran chose promette;
Ma altro nun ui mette.
Chosi ten questa mena;
K chi lo 'unita a cena,
Terrcbe ben lo 'nullo;
l8ü Non farebe chonuito,
Seruij^io, né presente.
Ma ssai, che m' è piagc//te,
Quanilo uene un forese,
Di farli ben le spese,
185 Sechondo che ss'auiene;
Che 1 presentar ritiene
Amore c'ti i;/noran¿a,
Chonpanj^nia ct/ usanza.
E ssai, eh' io molto lodo,
190 Che ttu a onj^ne modo
Abi di belli arnesi,
Et jiriuati, e palesi.
Sì che n chasa e ili fore
Si j)aia 1 tuo onore.
19s 17 J» ^^' ^u Ì^iii chonuito
Li Ü chorredo bandito,
Fai prouedutame//tc.
Che non falli neente.
Di tutto inanzì pensa,
2ÜO E, quando siedi a mensa,
Ntjn fare un laido pillio,
Non chiamare a chonsillio
Sinischalcho o serijez/te.
Che da tutta la ^entc
205 Sarai se liar so tenuto
E non ben proueduto.
•S3S
CS40
»54S
oy
1555
()'
Capitolo XVI.
Mai t' o detto assai ;
l'er ciò ti partirai
E dritto per la uia
1530 2 IO Ne uà a chortesia
E preghal da mia parte,
Che ti mostri su' arte.
Che j^ià non uegio lume
Sanza suo bon chostume**.
i:;6o
1365
i;
Capitolo XVI.
O chaualer ualente
Si mosse isnellamente
E \^ìo sanza dimora.
Locho doue dimora
5 Chortesia graziosa,
In chu i ongnora posa
Pregio di ualime//to.
E chon bel gechinuvito
I-a preghò, che 'nsengnare
IO Li douess' e mostrare
Tutta la maestria
Di fma chortesia.
Ed ella inmantenente
(^hon bel uiso piace/ite
15 Disse in questa manera
Lo fatto e la matera:
,,Sie certo, che larghezza
E 1 chapo e la grandezza
Di tutto mio mistero,
20 Sì eh' io non uaglio guero ;
li, ss' ella non ni" aita,
l*ocho sarei gradita.
1370
1373
iñSo
1385
175 Ma M íp/'omette Ci 176 E M - 177 „Se nnon di questa mena'*
M 178 ma echi Cr /c/t/l E Z — 180 Et non Z — 182 „Ma si come pla-
ciente*' Z 183 forestiere Z - 184 larui LSG prese Z — \%() fvhlt 1 R
presente O 189 che fe/i/t io M loco C - 190 et d'ogne C* — 102 celati
N primati Z - 193 fchil 'u C^ — 194 al Z — 197 i>/'i;uendeutamêtÉf C* —
fo8 sì che N - 102 E non 1< Né Z - 203 M/uent*' C- — 206 o non
GIUC'C- - 207 t'ì''- - ^08 IV/Ò LSCMHNCZ dipartirai K — 2i)<) fiMt
E C ritto M directo \ur altra C- - 2io Te ne N Neuna C fifi/t a RC
— 211 /•//// 1 MHC-^ 212 mmi C 'nsengni LSGZ tua Z — 213 Ch'io
LSGMBNCC'C^Z non ucgj^io già N neghi Z - 214 lo suo KM bel M.
Cap. XVI 2 smosse Z matteiuntc- C-* — 4 Colà doue M oue KGI>S —
3 gronsa C^ - 7 „ptv ciò de iialiamcnto" C- et statt di Z - 8 fvh/t K BNC*
diporiamentt) 1^ agediimcnto N — 9 mostrare LS(t — io *nsengnarc 1-iìG —
II mastra uia N 13 f'ih/t Ed il 14 buon KC - 15 matera M — 16
manera .MZ — 17 cha \\ la larghc^a C> - 18 Et C /Mt 1 BC« et è
grandeçi^a H ricche/.a Z !o 1 mio C- - 20 uoglio guerio Z — 21 Che Z
— 22 sarai (X'
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LALINOS.
òàò
Ella è mio fondam^/tto,
E io suo dorami/Ito
25 Et cholore e uernice.
Ma, chi lo buon uer dice,
Se noi due nomi auemo,
Quasi una chosa scmo.
Ma a tte, beli' amicho,
30 Primeram^/ite dicho,
Che nel tuo parlanwwto
Abi prouedinv/ito.
Non sia troj)po parlante
E pensati dauante
35 Quello che dir uorrai.
Che non retorna mai
La parola, eh' è detta,
Sì chôme la saetta.
Che uà e non ritorna.
40 Chi a la lingua adorna,
Pocho senno gli basta.
Se per follia noi guasta.
E 1 detto sia soaue,
E guarda, non sia graue
45 In dir ne' regimenti;
Che non puoi ale gewti
Far più granosa noia.
Chonsiglio, che si moia,
1615
1590
N'
Î62O
1595
162:
1600
Capitolo XVI.
Chi spiace per grauezza,
50 Che mai non si ne suezza.
E, chi no;in a misura,
Se fa 1 ben, sì lo fura.
'On sia iniççatore,
Né sia redicitorc
55 Di quel eh' altra persona
Dauante a te ragiona,
Né no//n usar rampo/<gna,
Né dire altrui uerghongna,
Né uillania d' alchuno ;
60 Che già no/in è nessuno,
Chui non posse di botto
Dicere ulaido motto.
Né no« sie sì sichuro,
Che pure un motto duro,
65 Ch' altra persona toccha,
T' escha fuor delà boccha,
Che troppa siclmranza
Fa chontra buona usanza.
E chi sta lungho uia,
70 Guardi di dir follia.
MA ssai, che tti choma/tdo
E pongho a greue bawdo,
Che 1' amicho da bene
Innora, quanto tene 1640
1630
IÒ05
1635
1610
23 „Et ella cunu fondami^wto" C E lo mio NZ — 24 son suo R fu*
staU suo Z addornamento MNCZ duramento C** - 25 chore Z — 26 E chi
NC« ('2 llor C^ ben GNC'C'' lo uer ben B /c/iU buon Z - 27 „Ben che
Juo nomi auemo** M d* uno Z — 29 /t/i/i a RGCZ — 30 Primame//le ti
MCC'C* Priniemente si B Primamente lo N -- ^^ chórente G — 34 so-
uenie G 35 „Quello che Irouerrai" Z — 36 „Per che non torna mai'* B
J>h/¿ non C ritorni NC-' — 40 Ma chi a N /c/t/i a K — 42 no sia/t noi R
la sfait noi Z - 43 „e 1 tuo detto sia breue** N II LSGMBCC'Z L C-* —
44 E uolghar no« RM (El uolghar) % non C — 45 „Nelli tuoi reggimenti"
M né in SGBC-'Z — 46 Ma no/i C „ma no pò ¡)oi ali gc//lj*' C*** ft/i/t
non Z — 47 Sarai j)iìi Z greue NC'C^ — 48 ssia C'** muoia NZ - 49 Che
C* — 50 Giamai non ß - 51 „Chi parla oltre misura** M cui C En cuj
r^ fehlt E Z — 52 Se dice ben M l'oscura BNC'C^^Z — 53 E non M
inmezatore C*'* anuntialorc Z — 54 v. fehlt Z „Et no sia riditore*' C'C-
55 ch'altre persone Z — 57 fehlt Né L Et GMNCC'C-' Non ne Z men-
zogna Z - 58 V. fehlt Z Non C'C- d'altrui M menzoA/gna RLSM — 59
ad aleono C- — U\ Che GMCC- sia Z — 62 „Di dicicre ala laido mocto" Z
un tal C - 63 Non esser sì B he R E no« sia MNCZ sia fehlt si Z —
04 per noi motto R p**r un (ìNC- pure a Z — 65 Ü e' altra C Et altra Z
— 66 Non t'e^cha NZ di boccha NZ — 67 ttroppa S — bc) fehlt E R
E sse si ai M Se tu stai C- — 70 ila B statt di ein Loe h in C'-* fehlt dir Z
— 71 Et sai Z ch'io li BNC'C^ — 72 Et inpono a gran BN Inpongo a
gra« C Etd in poco a gran C a te pono gran C-* Et pongo ad grande
Z in graue M — 73 de RC* — 74 „Tu l'ami (pianto tene" BN (come tee)
C'C^ tiene Z —
3^4
B. WIESE,
Capitolo
75 A piede ed a chauallo.
Xè già per pocho fallo
Non prender i^mosso chore,
l*er te non Ìiilli amore.
E Abie scni)re a me//le 1645
D' usar chon buona gewte
E dal' altra ti parti,
Che, sì chôme dell' arti.
Qualche ui/.io n'apre//di.
Si ch'anzi che tt' ame^z/di I65U
85 N'aurai danno e disnore.
Però a tutte 1' ore
Ti tieni a buona usanza,
Perciò eh' ella t' auanza
In i)regio t\i in ualore 1655
90 E fa tt' esser migliore
E dà bella figura;
Che Ila buona natura
Si rischiara e pulisce,
Se 1 buon uso seguisce. 1660
95 ^la guarda tutta uia,
S' a quella chonpangnia
Tu j)aressi granoso.
Di gir IVO// sie più oso;
Ma d'altra ti prochaccia, 1665
100 A chui 1 tuo fatto piaccia.
Amicho, e guarda bene:
Chon più riccho di tene
Non li chaglia d'usare,
XVI.
Che starai p^-r giullare, 1670
105 O spenderai quant' essi.
Che, se tu noi facessi,
Sarebbe uillania,
E pensa tuttauia.
Che llargha inchomi/2ciaȣa 1675
I IO Si uuol perseueranza.
Dunque dei pröuedere,
Sel porta tuo podere,
Chel faccie apertame/fte.
Se now, si poni menio. 1680
115 Di non far tanta spesa.
Che poscia sia ripresa;
Ma prendi usanza tale,
Che ssia chon techo iguale.
E, s'auanzasse un ]yocho, 1685
120 Non ti smaghar di locho.
Ma spendi di paragiu;
Non prendere auaiitagio.
E ))ensa ongne fiata,
Se nella tua brighata 1690
ir. 5 A omo, al tuo parere,
Men potente d' auere,
Per dio nollo sforzare
Più che no;< possa fare.
Che, se per tuo chonforlo 169S
130 Lo suo dispcnde a torto
E torna in basso stato,
Tu ne sarai biasmalo.
76 E SG danno Z — 77 „Non ingrossar di core** M /« C //^
chore; (Jb. schrieb es hin — 78 ristea Z onore M — 8 1 d'altra R — Í2
ssia C"^ dal' arti HCN — 83 qualunque N ne prendi GNC»C« — 84 ^^^
menai ce-' - 85 N'ai MHNC*^ N'auerC N'auerei Z o C« — 87 rr. 87
und 88 fehlen Cr T'attieni MZ con BNC« 88 IVrò LSMNZ — 89 onoie
ESGCZ — 01 Et a BC — 92 cha da C'^ bella C^ uentura C — 93 ¿^
Si GZ richiama C — 94 E 1 N — 95 guardati R — 96 se quella C'C% —
97 i"<)sse R - - 98 si pin uso C'^ — 99 Et Z altro RZ altri BCC'C» — 100
feßiit 1 C^ - loi fehlt e LSGBNZ — 102 ti tene CZ — 104 Che RL O
stari e: Co// C stai Z jx-r iguale C — 105 E BNZ spendemi C ^ 106
Et se Z - 107 Faresti LSGMZ - 108 Spensa R — 109 comÌDciftiiza LNC4
— \\z fehlt \ Z il tuo BCH:- — 115 tali spese G tale M tutta ÌH>«i*^
— fio che sia possa C- poi N sie R sian G riprese G — \\Ì JM
chon B — 119 „Ma s'auanzassi in pocho" R - 120 „Non ti partir di wx/^
MCC» (mutar de) (.'■* (mutar de) Z (ti singare) Non dismagar LS — IH
Man spcndj dj ('-' — 1 22 pendere \n uantaggio M no ui preder C XMBESMíl¡P
<V- ntaggio Z — 124 su nela C^ — 125 E como al B È Puono N pb"
cere Z — 126 No// poie//tc C'C- „Et meno potesse haucre" Z posKOte LSG
polen B dañar C- — 127 „Per dio uoglio isforçare" C — 128 „Pill ckcd e
possa N Poi che nt>n posso C — 129 che per se B — 130 ,4 tuo
der ad to/io'* ("•* distrugge MCZ — 13 1 a basso GC —
L.«rV. *
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
365
K ben ci son persone
D* altra chondizione,
135 Che ssi chiaman jjewtili;
Tutt* altri tnngnon uili
Per chotal gentilezza.
E a questa baldezza
Tal chiaman mercewnaio,
140 Che più tosto uno staio
Spenderia di fiorini
Ch' esso di picciolini,
lìenchè li lor podere
Fossero d' un ualere.
145 E chi gientil si tene
Sanza fare altro bene
Se now di quella boce,
Credesi far la croce,
Ma e' si fa le ficha.
150 Chi now dura faticha.
Sì che possa ualere,
Xow si creda capere
Tra gli nomini ualenti,
Perchè sia di gran gewti.
155 Ch'io gentil tengho quelli.
Che par che modo pilli
Di grande ualim^-wto
E di bel nudrim^wto,
Si ch* oltre suo ligniagio
Capitolo XVI.
160 Fa chose d* auantagio
1700 E uiue orratamente,
Sì che piace ale gente.
Ben dicho, se *n ben fare
Sia r uno e 1* altro pare, 1 730
165 Quelli eh' è meglio nato,
1 705 Tcnut' è più a grato ;
Non per mia maestranza.
Ma perchè sia usanza.
La qual uince e abati 1735
170 Gran parte di mie' fatti,
1710 Sì ch'altro non ne posso.
C^h' esto mondo è ssì grosso,
Che ben per pocho detto
Si giudicha 1 diritto; 1740
175 Che lo grande e 1 minore
1715 Ci uiuono a romore.
Perciò ne sie aueduto
Di star tra lor si muto.
Che no// ne faccian risa. 1745
180 Passati ala lor guisa;
1720 Che *na//zi ti chonporto.
Che tu segue lo torto.
Che, se pur ben facessi,
Dache lor no// piacessi, »750
185 Nulla chosa ti uale
1725 E dir bene né male.
Î33 Ma ben R /^A// E M di pr/sone M — 134 D'alta M — 136
Tant' N Et gl' Z a//no ad uilj C^ — 137 Pel R — 138 „menano gran
baldcza" C- a//no G {sia// E a) E chon M E per BN baldanza (l —
13Q chiama MNCZ — 140 tosto nostraio C^ — 141 Spenderian R — 142
„Che son di piccionini" R ch'igli di fìN(>* — 143 „Pongnan che di podere"
M „Benché ciascun podere-" C* ualere R — 144 podere RLS volere Z —
145 y>Ä// E R Ma M — 147 Se uno C questa N — 148 Credendosi Z -
149 Ed e' N — 150 Che GC^ Ad chi Z — 151 ch'el B — 152 /¿-A// Z —
153 „Tal omini ualenlj" C^ - 154 sian RCC^Z — 155 fih/f Z E che getil C
— 156 che 1 mondo BZ eh' ad modo C*-* — 157 Di lo C- /e/t/f ualimento Z
— 158 chel sfa// bel C — 159 t-?». 159— X VII ?'. 16 ine/, fehlen Z cch' oltre
a G ch'alto suo (^2 — 160 uantaggio MB — 161 Or C uic G ornatamente
MCC« — 162 piacci C» — 163//'//// 'n RCC» che statt se 'n G — 164 „E
l'uno e ir altro pare" MC* (all'uno) l'omo C — 166 ,,più tenuto ad grato" C*
È tenuto RLSGC - 168 par LSGMNCCì*Z — 169 „ La quale uee ch'abatte"
N rabati R — 170 de' LSGNCK>* — 17Î no// dir C« - 172 „Che questo
modo grosso" G ,, eh' esto medesmo grosso" C^ Questo statt ch'esto BN
modo BC — 175 e 1 miglor** C* - 176 che uiuono C* — 177 Però LSM
ui sia N — 178 talor N fehlt si C^ — 179 no ui C« faccia RC facci BN
— 180 a lor C - 181 conforto LSG - 182 sengni C lor LSMCC'O» —
184 „Ed a llor no// piacessi" MN „Et tu lor non piacessi" BC'C (Et pur
lor ne-) In Q fehlt der v.\ Uh. schrieb hinein e tu lor non piacessi — 186
„E dire berne male" G E ddirebl>rrne malo MB A dir ben LS ,3 di-
chorne male" N 1 dire o ben o C*-* I male C —
366
H. \VIESE,
J*erò no// dir nouella,
Se no// par hui>na e bella
A ciaschun, che la *nlcn<lc.
igo (^hc tal li ne riprende
E aiiiun^ie bnjjia.
Quando se' ilo uia,
(he Iti dee ben dolere.
Però dei lu sapere
195 In cliotal chonpanghia
Giuchar di maestria:
Ciò è, che sapie dire.
Quel che ileia piacere.
E lo ben, "sel saprai,
200 C'hon altrui lo dirai.
Doue fie chonosciuto
E ben charo tenuto.
Che molti schonoscenti
Trouerai fra le jjenti,
205 Che metton magio chura
D*u»lire una laidura
Ch' una chosa, che uallia ;
Trapassa e no// ti chai^lia.
E sie bene apensato,
210 S' un om molto pregiato
Alchuna uolta faccia
('hosa, che no// s* agiaccia
In piazza, ne in te//plo.
No *nde i»igliare asenplo;
215 Perciò che no//n a scusa.
I7S5
1760
1765
Capitolo XVI.
Chi al* altrui mal s* ausa.
E Guarda, no//n errassi,
Se tu stessi o andassi
Chon donna o chon scngnorc 1785
220 O chon altro magi ore.
E, benché sia tuo pare.
Che lo sapic innorarc
Ciaschun per lo suo stato.
Siene sì apensato, 17QO
223 E del più, e «lei meno.
Che tu no/i perde freno.
Ma gi;\ a tuo minore
Non render più honore,
Ch'a llui si ne chonucngha, 1795
230 Nò, eh' a nil le ne tcngha.
Però, s' egli è più basso,
TJa senpre inanzi un passo.
'1.1 Sse uai a chauallo,
Jj Guardasi d*ongnc fallo; 1800
235 E se uai per cittade,
Chonsiglioli, che uadc
Molto chortescme/ite ;
Chaualcha bellamente.
Un i>ocho a chafM) chino, 1805
240 Ch' andar chosi 'n disfreno
Par gran saluatichezza :
E non guardar l'altezza
D* ongne chasa, che truoue;
Ghuarda, che nnn ti moue 1810
1770
177
//?
1780
188 Che non sia N ^c no// è C- — iqo Ch'altri te ne B — igi Che R
Ma C „E giunge gle busia" R E n'agiungne N giungne C ad grange O
/// H fo/.,-/ :: KM nnr/i U}i - i<)2 Da che LS gito C* „Quando sae con-
wi.r* C i.)5 /\)/j^r/ ifi ß ,q.| ttu G cci C f*hìt ben R uolere GMCC»C*
u.dore X \i)\ E jk/ò /,//// tu M che ttu dei l>cn N tn dei BC ti di C«
- i<)fi „l'sar gran maestria" ('- — 107 „E a llor profferere" M prrò che
I-SG che Ili yi7/// sajùe N — iq8 „Ouello eh* è lor piacere'* B credi statt
dtiaM gradire X - H)q ßhif E C^** 2Ji Oue N sia JJ>MC« — 202 E
più charo M - 20 j ira le' H — 20() <li dire NC* — 208 tin passa N tin B
- zon) chi \/i/// sie (' molto -\í — 210 „Quando alcun uom pregiato" M
.,^0 hom multo priato" C- >c huom GBX pesato R {vor pesato rim áurck-
^triihcnrs .1) 212 no// li juaccia M sogiaccia RI-SG saccia C se affaccia
C- - 213 O in M o«l in GMX tempo B 214 v. fehlt C No» ne C«
— 215 Però HNM no ^c v7.i// no//n a C- — 2\(> fehlt .il R al mal altnii
B zx- f'hìt E XC 221 fehlt E G O BNCC» tuaC» — 222 Ili CC«
luj C- 223 ..Socon.hì -un stato" M — 224 Si nnc sic GBNCC»C* ^
<Menf -ì aui-^aio" M ii\ fehlt E R — 2Z^ fehlt ne RC s* aconnengna C
.\V1 Ond'.i iiil .\[ /.//// a' ne - 231 ]vrciò N — 233 Et se >-n ad- C* —
234 ..Guarda do no// iar fallo'* CC- 235 Quando uai R — 237 Jekä sami
235 //; n ~ 240 mollo a M [fehlt chosi' n> così a B — 242 Né non RC —
243 cho.sa GMCC'C- —
DER TKSORRTTO UNI) FAVOLELLO B. LATINOS.
367
1820
Capitolo
245 Chom' on, che sia di uilla;
Non guizzar chom' aníjnilla,
Ma na sichuramcntc
Per uia e tra la gente.
Chi Iti chiede in prestanza, 1815
250 Non fare adimoranza.
Se tu li uuol prestare.
Noi far tanto penare,
Che 1 grado sia perduto,
Anzi che sia rcnduto.
255 'T^ Quando se' in brighata,
JLÌ Seguisci ongne fiata
Lor uia e lor piacere,
Che tu no« dei uolere
Pur far ala tua guisa,
260 Nt' far di lor diuisa.
K guardati ad ongn' ora.
Che laida guardatura
Non faccie a donna nata
A chasa o nella strata.
265 Però, chi fa 1 senbiante
E dice, eh' è amante,
K un bricchon tenuto.
E io o gii\ ueduto
Solo d' una chanzone
270 Pegiorar chondizione;
(^hò già 'n questo paese
Non piace tal arnese.
0'
l82¡
I83Ü
1835
xvn.
E guarda in tutte parti,
Ch' amor già per su 'arti 1 840
275 Non t' infiawmi lo chore.
Chon ben graue dolore
Chonsumerai tua uita.
Né già di mia partita
Non ti potrei tenere, 1845
280 Se fossi in suo podere.
R ti torna a magione,
Ch' omai è la stagione,
E ssie largho e chortese.
Sì che 'n ongnie paese 1850
285 Tutto tuo chonuenente
Sia tenuto piagente".
Capitolo XVII.
I Per chosì bel chonmiato
N' andò dal' altro lato
Lo chaualicr gioioso, 1855
E molto chonfortoso
5 Per senbianti parea
Di ciò eh' udito auea.
E 'n questa benenanza
Se n'andò a leanza i860
E Ilei si fece chonto
IO E poi disse suo chonto.
Si chôme parue a lui.
E cierto, io, che ni fui.
245 di nulla C — 246 guzzar R — 248 „pí'r uia roca la gentr" C=*
l.i uia M /-//// e RMN fra LS le C» — 240 E chi LS /eh// in C - 250
Noi R dimorança R — 251 Ma se Igli M lil L /e/i// li C puoi NC C'-^ —
252 Non ('• lardare R — 253 /r/i// 1 C'-' — 254 „])rima che ricevuto" M
'nanzi C^ /eh/i sia ('^ perduto R per tuto C — 256 Segui CC — 257
uolere LS — 259 /<*/'// far C — 260 da BN(^'C-' — 261 „E guardati e pro-
cchur.V M /eh// ti C /*-//// ad RG — 264 In casa LSBC^ O'n ccasa C
0 per la (ÌM ne in RN od inn C'C'^ — 265 Perchè M /eh// 1 C» — 266
1 dichón G o C'^ — 267 E nne B Egli è N „Et unbri conuenulo" C E
nubricon C E lubricon CJ becchon M — 268 E .iggio N — 271 E ggià M
Ne già C /eh/e 'n f!' — 272 loro s/a// tal GBNCC'C« — 273 ïn ongni MN
- 274 /t'/i// i-h' (y sua N — 275 infamasse LSGM — 276 „(^he co/; graue
<lolore" M ('hun R che GNC Chc'n B — 277 „Consumarai la uita" B
la uita N tutta C — 278 Né mai RC E già BN da mia G d'una C —
281 Oritorna LSG /eh// ti MBN a ttua MBN — 282 ormai N ala x/a/f
e la C 286 Tenuto sia B.
Cap. XVII I „Per bello incominciato" M — 2 Daudo C — 3 gioso R
gaioso ('' - «; e* auea LSGM — (> che dicto C'^ — 7 „In (¡ueste begimza" C*-*
/e/i// E BNC /eh// 'n G - 8 Si andò N ala BC» — 9 A Ilei NC« aconto
LSGM( 'C'C'^ — IO 7'. /eh// C, /^/>. sc/irie/ì hin „Poi le disse suo conto"
/^Ä//EGBXC> li dissi B li C- fece LS 11 piacque M — 12 „Et certo
io lem fui" C /eh/t E BN /e/i/t ui C» —
368
H. WIESlí,
1870
Loiio ben sua manera
E 1 chostumc e la cera.
1-5 K uidi lealtatc,
(^ic pur (li ueriiatc
Tenca suo parlamí«to.
Chou l)cllí) acholl inií'wto
Li «lisse: „ora m'intendi
20 IC ciò eh' io dicho apren<li.
A Micho, primam/v/te
i'honsij»lio, che no;/ mi'wte;
K 'n qual che jìarte sia, 1875
'J u no//n Usar huj^ia ;
2«; ('h' on dice, che menzow^na
Ritorna in {jran uerjjowpna,
Però eh' a breue chorso.
E cjuando ui se' schorso.
Se tu ale fiate
30 Dicessi ucritate,
Non ti sarà creduta.
Ma se tu ai saputa
La uerità d' un fatto,
IC jìoi per dirla ratto
3 li Graue brij:,dia nascesse,
('erto, se la tacesse,
Se ne fossi ripreso.
Sarai da me difeso. i8qo
Capitolo XVII.
186;
40
Íj^T se tu ai parewte,
Á O e
1880
1885
charo benuogliente,
<.*hui la i»ente riprenda
D* una laida uiccnda,
Tu dei essere achorto
A diritto ed a torto
45 In (licer ben di lui,
E per fare a cholui
Discreder ciò che dice.
E poi, quando li lice,
L' amicho tuo ^hastigha
50 Del fatto, onde s'inbrif^ha.
Chosa, che tu promette,
Non uo, che la dimette.
Chomando, che s' atenf^ha,
Pur che mal nofin aucn^ha.
55 Ben dichón buoni e rei.
Se tu fai ciò che dei,
Auen^a ciò che puote.
Ma poi, chi ti rìschuotc
S' un graue mal n' auene ?
60 Foli' è chi techo tene;
Ch' io ten^o ben leale.
Chi per un picciol male
Fa schifare un magiorc.
Sei fa per lo migliore.
i8q5
1900
190S
1910
1915
13 \jo don R Lodai LS — 14 ßhlt E C'C^« — 15 uidi in N — 16 Et
j)ur de (^M>' (x) 18 1^ ci)n MX a;;iechimento LSMZ gicchimcnto N —
M) IC disselli H Mi disse C' Si disse Z — 20 perciò Z tidicho NCZ —
31 inprimame;/te BC"^ p;7uatamente C - 22 Comando LSMZ consiglioti K
23 In (piai GH(3'C-Z F.t cpial C pare R qual parte che C* — 24 Mai
no//n M non de' Z - 25 ,,lVrò che 1 dir menzongna" M „Che s'om dice
nìencioj;na" B „Chon dicier menzogna" Z che l'uomo feh/i che N Non
dire C ft'hit Ch'; hom (** 26 Si torna B Ritornagli N Che ritorna mZ
fffi/i gran N(* - 27 p/vciò BCC'C-Z che in N che fehlt a C — 28 uùlc
\tatt ui se' C corso B — 30 Dicali N - 31 saria GBNCC»C«Z creduto Z
- 32 saputo Z ft'hlt se C^ - 33 del liitlo M 34 „Poi perdi laratto" C
E tu per LSN lo LGN -- 33 Grande M facessi M nascie Z — 36 Certa G
certe C- chi la BN tacessi MZ cesse C-' - 37 E ffossine M — 38 da mi
seria BN te R ripreso (' - - 40 //•//// (> NC altro statt charo C charo o C*
41 riplende í' - - 42 Di layda M — 43 Et dei G racto Z — 44 „^ a
ilriclo X ad torto" C-^ - 45 A dicier Z - 46 fehlt E N — 47 Discender C
ch'el B — 4«) mio C 50 fallo I^iGMC'C^Z ond'cl B ouc N ond'cj C«
si briga S(3* sia briga Z — 51 Cose LS prometta MZ in pr<nnittj C* —
52 uol C« le f-S che ssi dimetta M che tu dimitti B dimecta Z — 53 U*
a///// s' g 54 Doue mal M Perchè BC>(>'Z n' statt no«n N non ti C
ad mal no uengha C- - SS „dic<mo e bonj et rej" C* dico NCZ a buoni
et a rei Z 57 Aduegna chil che puot/" ( - - 58 S'a poi BCC*C» ,3c
j)uoi ti risclìuote" N - 51^ „D'un gran male n' aucune" Z grande GMBNCC»C*
frhlt n'( - 61 „Ch'i't'o ben per leale" Z Ciò statt Ch'io C — 62 Che
C — 03 Ma statt Fa C il maggiore MC-*Z — 64 Se fai Z —
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
369
Capitolo
65 Sì che lo pegio resta.
Echi ti manofesta
Alchuna sua credenza,
Abine retenenza iq20
£ la lingua si lenta,
70 Ch' un altro noia senta
Sanza la sua parola;
Ch' io già per uista sola
Uidi manofestato 1925
Un fallo ben celato. .
75 E chi Iti (la in prestanza
Sua chosa o in serbanza,
Rendila sì a punto,
Che non sie in fallo giuwto. 1930
E chi di te si fida,
80 Senpre lo guarda e guida;
Nò già di tradimento
Non ti uengna talento.
11 Uo, eh' al tuo chonìune, 1935
Á Rimossa ongne chagionc,
85 Sie diritto e leale
E già per nullo male,
Che ne poss' auenire,
XoUo lasciar perire. 1940
E quando se' 'n chonsiglio,
90 Senpre ti tieni al meglio,
XVII.
Né pregho, né temenza
Ti mona in ria sentenza.
Se fiai testimonianza 1945
Sia piena di leanza,
95 E sse giudichi altrui
Guarda sì abondui,
Che già da nulla parte
Non falli l' una parte. 1950
100
A Nchor ti priegho e dicho,
IOS
Quand' ai lo buono amicho
E lo leal parente,
Amalo choralmente;
Non sia si graue stallo, 1955
Che tu li faccie fallo.
1^ Uoglio, eh' am' e crede
i Santa chiesa e la fede;
E ssolo, e' nfra la gente
Innora lealmente
Gieso cristo e li santi,
no Sì che uecchi e li fanti
Abian di le speranza
E prendan buon usanza.
E uà, che ben ti pigli,
E che dio ti chonsigli;
Che per esser leale
Si chuopre molto male*
i960
1965
1 1
>i<
65 ,,S*el fa che peggio resta" N ,,Se qw/'lle peggio desta" C*C* — 66
a sfaft ti N — 68 ,,de qua1u^;cha fallenza" C* — 69 /eh/t E GC* la lor lingua
C* sia lenta LSMNC* sia sì lenta G silenza Z — 70 altro hom C^ nollo
MNZ — 72 Che già BNC'C/^ — 73 manofesto Z — 74 /« Z fol^t „Che
gran briga n'é tornato" — 75 „A cchui dai in pr^stança" N f^h/t E G
/fh// tti C — 76 „o soa cosa in s^'/uanza" C-* Suo G roba BNCC* /rM/
o N ad in C prestanza C — 77 Rendiglile N — 78 „Che'n fallo non sij
giunto" R 79 s'afiìda NC — 80 le GC« — 81 E mai di M E già N
Non già Z — 82 in talento NC-*Z — 83 „Sou ch'ai tuo conmune" C* eh' a
tua chagionc N che tuo Z — 84 Rimessa N accagiona C*^ — 87 /eh/f ne C
— 89 ff/t/f 'n R ad Z — 90 t'apilgla M poni CZ t'alieni C'C» ad s/a/f
al Z — 91 /eh// C^ pregio GN — 92 feh/t CC'C« metta BN a sfn/f in
GMZ — 93 E se N teslemoniez/ça C - 94 pieno C'^ liença C* — 95 „E
sse 1 giuoco è altrui" M iudice C — 96 se GZ — 97 „Che Itu nò« prenda
parte" M per nissun arte BN (nulla) dall'una C de C'-* — 98 „Né falsi
diritta arte" M „No falli la mia arte" C^ falsi nulla LS ï nulla GCC'Z
a nulla N nulla B — loo quando l buono C^ Che quand' ai buon Z —
101 O lo B O leale NC« Sì leal C et oi lo C« - 102 Che ir ami M la Z
lialmentc BN 103 Et non Z grande MZ fallo GCC^C^Z /o/^i in Z „Che
ne riccui danno" {ffhlt V) — 104 feh/f C — 105 „Et uoglio che tu mi chrc-
di" Z che mi ne crede N — 106 Sanca C — 107 et far la Z fehlt E G
Essempre M infra R fra M intra GCC 'BN tra C« /M// e RLSGMBNCC«
— lOQ e i soi- B — MO li uechi BNC^Z fehlt li C^C« santj C« — m
tidan/a M - II2 En N prenda CC- fehlt prendan Z costumanza Z —
113 Or ua M t'apijjlia Z -- 1 14 „E ua che ben ti pigli" C {sic\) fehlt E NZ.
ZeltNohr. f. rom. Phil. Vil. 24
370
B. WIESE,
Capitolo
Capitolo XVIII.
1 Allora 1 chaualero,
Che 'n si alto mesterò 1970
Auca la mente misa,
Se n' andò a distesa
5 E giscne a prodezza
K quiui chon pianezza
E chon bel piacim^wto 1075
Le disse 1 suo talento.
Allor uid' io prodezza
IO Chon uiso di baldezza,
Sichura e sanza risa
Parlare in questa «juisa: 1080
„Dichoti apertamente,
Che tu no/fsie chorrewte
15 A far né dir follia;
Che, per la fede mia,
Nonn a presa mi' arte, 1985
Chi se/jue folle parte;
E chi brijjha mattezza
20 Non fie di tale altezza.
Che now rouini a fondo:
Nonn a grazia nel mondo. i<i<P
E guardati ad ongn'ora.
Che tu no« faccie ingiuria,
25 Nò forza a om uiuente.
Quanto se' piii ])olc//te,
D'
XVIII.
Chotanto più ti guarda, i<>QS
C!hè la giente non tarda
Di portar mala boce
30 A om, che sen pre noce.
I tanto ti chonforto,
('he, se t' è fatto torto, 2000
Arditamente e bene
La tua ragion mantene.
35 Ben ti chonsiglio questo.
Che, se cholo legisto
Atartene potessi, 2005
Uorria, che lo facessi.
Ch' egli è magior prodezza
40 Rinfrenar la mattezza
Chon dolzi motti e piani
Che uenire ale mani. 2010
E non mi piace grido;
Pur chon senno mi guido.
45 Ma se 1 senno non uale.
Metti mal chontra male.
Né già per suo romore 2015
Non bassar tuo onore.
Ma s' è di te più forte,
50 Fai senno, sei chonporte,
E dà locho ala mischia;
C^hè foir è, chi s^ arischia, 2020
Quando no«n è potente.
Cap. XVIII 2 /MI 'n R Ch'a si Z — 3 intesa Z — 4 Si partì GBN
CC'C« „Si se mando a distiesa" Z Z statt a G ala B — 3 fthit E C«
giunse LSM('Z andonne BN ädossenc C'f:* alla M — d fehlt E C'C*
co gran C'C^« baldezza RM 7 >/^-/ 8 in B fehlt E B — 8 Li BNC«
fehlt Le Z fehlt 1 GNC'C^ - 9 „Prodezza baldanzosa" M udio LS nidi
fehlt io GZ — IO „Ardila % coraggiosa" M „monstrar grande baldeza** C*
naso C« - II Sichuro RGC fehlt e LMBNC'C^ — 12 Parlò in M — 13
Di chore C^ — 15 Di far LS In far GC'C^ Né a ffar N Né fare C né
a R o ddir MZ né 'n C — 17 pressa R aprese BCC»C*N — 18 che C«
si getta in xtatl segue I-SGZ prende M (piella statt folle GZ — 19 fehlt
E (^' chi pur Z brighi) C-* usa M mattcççe N — 20 „Nonn è di tal for-
tezza" M fu C'(^,^ aheche N — 21 „('he nonne uenga a fondo" Z „Che
non uengha a fiondo" K — 22 Né a MZ X non a ('^ ilio mondo C al
mundo C'-î — 23 „E guarda che co// furia" M fehlt E B fehlt ad RI..SG
— 24 „Altrui now facci ingiuria" M — 26 poi statt più C — 27 riguarda
statt li- N 28 arda C'C- 30 AlPuom M — 31 Et di Z — 32 te faccio
^-* -■■ 35 >'Ma é milglore accjuisto" M — 36 „Se ttu collo legisto" M „Se
collo legisto" Z se tu R co legisto \Ál ~ 38 E uorre' M — 40 Rafireiur
LZ Rifrenar GBNCC A rrifrcnar M fehlt la M — 42 Che 11 uenire^ C* —
43 f'^^^l '^ Nò no// (' no// piaccion grida C- — 44 jvr C te guida C —
45 il statt sc 1 Z 4Í) contro ad Z — 47 fehlt M — 48 fehlt MN abassar
LSÌìZ 4») E ss'é M f'hlt più ("' \\\\ dj te C- - 50 senno fai .C* se
non sci Z -51 dai LSHN(.'' lato (' - 52 ssi rischia N adnschia €• —
53 possente M —
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
37»
Però chortfe^emente
55 Ti parti dal romore.
Ma se per suo furore
Non li lascia partire,
Uogliendoti ferire,
Chonsiglioti e chomawdo,
60 No' nde uada di bando,
Abie le mani achorte,
Non dubiar delà morte;
Che tu sai per lo. fermo.
Che già di nullo schermo
65 Si puote omo chourire.
Che non uada al morire.
Quando lo punto uene.
Però fa grande bene,
Chi s' arischi' al morire,
70 Anzi che soferire
Uergongna, né graue onta;
Che 1 maestro ne chonta.
Che om teme souente
Tal chosa, che neente
Li farà nocim^wto.
Né non mostrar pauewto
A om, eh* è molto folle;
Che, se ti truoua molle,
Piglieranne baldanza.
/>
2025
2030
2035
2040
2045
8'
Capitolo XVm.
80 Ma tu abi menbranza
Di farli un mal riguardo,
Sì sarà più chodardo. 2050
E tu ai fatto offesa
Altrui, che sia ripresa
85 In graue nimìstanza,
Si abi per usanza
Di ben guardar da esso 2055
Ed abi senpre apresso
E arme e chonpangnia
90 A chasa e per la uia.
E sse tu uai atomo,
Sì uà per alto giorno, 2060
Mirando d'ongne parte;
Che no« ci a miglior arte
95 Per far guardia sichura,
Che buona guardatura.
L'occhio ti guidi e porti, 2065
E lo chor ti chonforti.
E un'altra ti dicho:
100 Se questo tuo nemicho
Fosse dì bassso afare,
Non ce t' asichnrare ; 2070
Perchè sie più gentile
Nollo tenere a uile,
105 Ch'ogn'omo a qualch' aiuto ;
54 Et però Z — 55 di R da LBC — 56 s'el BNC«C« tuo C» — 60
„Che now churi di bando" M „che no ,ne timi bando" B Che no« ne C*Z
y>Ä// di RC« tal stait di N in baño C« in Z — 62 temer BNCC" temar
C* la s/aif delà LS di stati delà GZ — 64 „Che di ninno schermo" MC
da nullo G per nullo N schemio C* Vom letzten Wort des Verses in C*
alles bis auf seh durch ein Loch zerstört — 65 „Ti potrai ricoprire" M Non
si N l'om BZ — 66 degia statt uada C'C« a statt al BNCC» ad Z fehlt
al C* — 67 fehlt bis 69 incL in N no uene C* — 68 fo C* maggior M —
69 perire M s'addricza ad C^ a statt al BCC»Z — 70 „Che troppo sofferire"
M che ad soffrire C^ — 71 „Grande verghongna ed onta" M o statt né B
con statt né C grande NZ — -j 2 fehlt 1 L — 73 ll'uom MBCC>C»Z tene
C>C^ che teme Z ~ 75 E li faria M saria G — 76 E non LSMGZ fehlt
Né N demostrar ^ — TJ Che statt A G All' M D' Z — 78 s'el B fehlt
molle Z — 79 „pilgaran dj baldanza" C* Ne pilglera M — 80 fehlt tu M
abie in LS n'abbi C* rimembranza MZ — 81 sguardo M — 82 Che sarà M
sarrai C« — 83 fatta LSMBNCC»C« — 84 Ad alcuno N ~ 85 grande MC«
ongnc N nimistade Z — 86 fehlt Sì R Siati Z — 87 fehlt ben BNCC«
guardarti RLSBNCC'C^Z d'esso .LS — 88 „E abbie l'arme presso" M —
8q fehlt E LSGBNCC«C«Z o LS a C „E buona copangnia" M — 90 in
casa C« o CZ fehlt la C« — 91 „Qñ tu uai adtomo" C« fehlt tu Z —
92 altro C — 93 Guardando M per ongne R lato N — 94 ci è M — 95
far a C — 96 Et buona C* per bona C* — 97 Gl'ochi BN guardi M gui-
dino N — 99 „E ancora ti dico** MBNC^C — 102 „Guarda no t'affidare** N
ui ti Z — 103 sia men M tu sie C —
M*
372
B. WIESE,
E i* o già uediito
Ben fare una uengianza,
Che quasi rimenbranza
No'nd'era tra la gente.
no Però chortesemcnle
Del ncmicho ti porla
E abie usanza achorta.
Sei truoui in alchun lato,
Paia, l'abie innorato.
115 Sei truoui in alchun loco.
Per ira, né per giocho
Nolli mostrare asprezza.
Né uillana fierezza.
Dalli tutta la uia,
120 Però che maestria
Afina più l'ardire.
Che no« fa pur ferire.
Chi fere bene ardito,
Può ben esser ferito;
125 E sse tu ai choltello,
Altri V SL buono e bello.
Ma maestria chonchiudc
La forza e la uertudc
E fa'ndugiar uendetta
130 E alunghar la fretta
E mettere in oblia
Capitolo XVIII.
E atutar follia. ' 2100
2075 E tu sia bene apreso,
Che, se ti fosse ofeso
135 Di parole o di detto.
Non rizzar lo tuo petto,
Né non sie più chórrente, 2105
2080 Che porti 1 chonuenentc.
Al postutto non uollio,
140 ('h' alchun per suo orghollio
Dicha, né faccia tanto,
Che 1 giocho tomi'n pianto, 21 io
2085 Né che già per parola
Si tagli mano o ghola.
145 E i*o già ueduto
Omo, ch'é pur seduto,
Xon faciendo mostranza, 21 15
2000 Far ben dura uengia/rza.
8' Ofeso fé di fatto,
Dichoti a ongne patto,
(^he tu non sie musomo.
Ma di notte e di giorno 2120
2005 Pensa delà uendetta,
E nown auer tal fretta,
155 (^he tu ne pegior'onta;
('he 1 maestro ne chonta,
í^he fretta porta ingamio 2125
106 E tu ai LSGNCC — 107 buona Z ucgianza RZ(' — 108 „A ttal
che ricordanza** M — loq fra LSMC ìfra G — 112 „Et ahi sempre adcorto"
Z — Ili ''^'' i*3 ""*' \\^ fi'hli'tt /;/ GBN'C'Cy- „Quando lo scontri fore" M
— 114 „Ben digli alquanto onore" M „Tu Tabi innorato" Z trouato C —
115 Et sei Z — 118 fehlt C fermeçça C'C« — 119 da a llui N — 120 Ver
ciòC«C» ch'elio é C*^ che é Z - 121 Ch'aflìna G Et adfina Z — 122 non
é Z puro C* — 123 „P^TÒ che l'uomo ardito" M bene ^ B — 124 „e
puot' esser fedito" N b« può C« — 125 Che MCC^* — 126 Ed altri N —
127 E statt Ma R fehlt Ma Z — I2q /// C* ein Lach, no tlass ttur f dugiar
erhalten ¿st x fretta statt uendetta B la fretta NC frecta C» — 130 Et
fa C allungha C'C=* uendetta BNC'C-» „La forz;i et la frecta" Z — 131
obria KSMC In C'^ ist nur Em -- in oblia e// lesen — 132 E a tuta RMCC*Z
— 133 „Ancora abbi cöpreso" M inteso BN appresso C'C*Z — 134 fehlt
se C ttu MCZ - 135 dil M fatto N — 136 „E no« rizzare il petto" M —
137 E no« MNBC^ fehlt Ne C pur (^ — 138 porci 1 B — 139 M'al C«
— 140 „('he ttu ]vr tuo argholglo" M „Ch'alcun faccic o diche orgollio"
N — 141 Ne dicha N — 142 fehlt 1 C ritorni R 143 fehlt che N —
144 „Mctali mano a gola" C o mano o gola C- 145 Perch'io o B Ch'i' o
NC'C» - 146 D'uomo C« che ss'é se<luto M 147 Né C - 148 „E
ffar bella vengianza" M bene una R uegia«za RN('Z - 149 „S'a di
facto" C; Kaum für das fehlende frei sc' M t'a Z — 152 o Z fol^f^t in
C*^ „Mirando d'ogni partj" — i^,"^ fehlt i J !>> „('he ne pegiori tu* onta"
L fehlt ne Z — 157 ilanno N -
DER TESORE^nO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
373
K'ndugio e par di danno.
E tu chosi digrada;
i6o Ma pur, chôme che uada
La chosa lenta o rratta,
Sia la uendetta fatta.
E se 1 tuo buono amicho
A guerra di nemicho,
165 Tu ne fa quanto lui
E guardati di plui;
Non menar tal burbawza,
Ched elli a tua baldanza
Chominciasse tal chosa,
1 70 Che mai no/in abia posa.
'} Anchor non ti challia
D*üste né di battallia;
Nò no« sie trouatore
Di guerra o di romore.
1 75 Ma sse pur auenisse,
Che l tuo chomun facesse
Oste nò chaualchata,
Uoglio, che *n quell' andata
Ti porte chon barnagio
180 E dimostreti magio
Che non porta tuo stato ;
E dei in ongni lato
Mostrare tua fra/ichezza
E far buona prodezza.
185 Non sie lento, né tardo;
Che già homo chodardo
Capitolo XIX.
No;/n aquistó honore,
Né diuenne magiore,
E tu per nulla sorte
190 Non dubitar di morte;
2130 Ch'assai è piìi piagente
Morire erratamente
Ch'esser uituperato,
Uiuendo, in ongnc lato.
2135
E
2140
2145
2150
2155
2160
195
/ ìK torna in tuo paese
E ssie prode e chortese.
No« sia lanier, né molle, 2165
Né chorre/fte, né folle".
Chosi noi due stranieri
200 Ci ritorna/«mo arrieri.
Chollui n'andò in sua terra,
Ben apresso di guerra;
E io presi charriera
Per andar, là dou'iera
205 Tutto mio intendimento
E 1 fmal pensamento,
Per esser ueditore
Di uentura e d'amore.
2170
217
/:>
Capitolo XIX.
I i ìR si ne uà 1 maestro
yj Per lo chamino a destro.
Pensando duramente
Intorno al chonuenente 2 180
5 Dele chose uedute;
158 „Et indugi e perdi danno" C „x indugio e paro de dapno" C^
Lo 'ndugio Z — 159 vv. 159 und \6o /eà/en LSC /t'à/i Z ti guarda N —
160 z pur G — 161 tarda M î N — 163 caro B — 164 /e/r// Z con C* —
iò$ Si ne B „Se non fai quanto lui" N fai Z — 166 /eh/i E N Ma Z
da llui G dopo lui N guarda che de luj C-' del pine Z — 167 mostrar M
borança C — 168 fidanza RM — 169 Incominci M — 171 /eh¿t EM —
172 traualgia C — 173 „Non essere trouatore" Z Et non GMBNCC-* —
174 guerre Z né di RLSGCZ - 175 achadcsse M — 177 o RLSGMNC'C»Z
— 178 „Vo che q«ella fiatii" M am Ramie -j uoglo C** fehlt 'n SC* —
179 „Vadi co bariìaggio" M baldanza Z — 180 E ti dimostri L 1 G di-
mostrar C'Z — 181 porti N — 182 „Et uo che in ogni lato" Z — 183 Mo-
stri Z tutta R la tua LSMG uiua BNC» bona C^ — 184 „L'ardire e Ila
prodezza" M „cosa ona prodeza" C* ; das fehlende ausgekratzt Né Z —
187 conquistò LSCC^G — 188 E non N Ne non uenne C'C diuieni Z
in magiore C* — 189 Dunque per M nullo forte Z — 190 la NZ {statt di)
— 191 (Joxi é Z — 196 largho R -- 197 vv. 197 -XIX 154 incl. fehlen Z
Né non G vile M — 199 no RC* Onde noi M — 200 Sì N ritorniamo C
alterj C-* - 201 ad soa C* — 203 „Et po' prisi carrera" C — 204 lo B —
205 Tutto 1 G — 206 „Î tìnj al pensamento" C* fehlt \ M — 208 uenture R.
Cap. XIX I fehlt 1 C mastro humecto C — 2 per vno N — 4 D'in-
torno M —
374
B. WIESE,
Capitolo
E sson magior essute,
Ch'io non so diuisarc.
E ben si dee pensare,
Chi a la mente sana
IO Od a sale 'n doghana,
Che 1 fatto è smisurato,
E troppo gran dittato
Sarebe a rìchontare.
Or uoglio intralasciare
15 Tanto senno e sauere.
Quant' io fui a uedere
E chontar mio uiagio,
Chôme 'n chalen di* magio,
2185
2190
2195
Passati ualli e monti
20 E boschi e selue e ponti,
Io giunsi in un bel prato.
Fiorito d'ongne lato,
Lo più riccho del mondo.
Ma or parea ritondo, 2200
25 Ora auea quadratura.
Ora auea Paria schura.
Ora è chiara e lucente.
Or uegio molta gente,
Or non uegio persone, 2205
30 Or uegio padiglione.
Or uegio chase e torre.
L*un giace e l'altro chorre.
L'un fugie e l'altro chaccia.
Chi sta e chi prochaccia, 2210
35 L'un ghode e l' altro 'npazza.
XIX.
Chi piange e chi sollazza;
Chosi da ongne chanto
Uedea giocho e pianto.
Però, s'io dubitai, 2215
40 O mi marauigliai.
Bello deon sapere
Que' che stanno a uedere.
Ma trouai quel sugiello,
Che da ongne nibello 2220
45 Mi fida e m'asichura.
Chosi sanza paura
Mi trassi più auanti
E trouai quatro fanti,
Ch'andauan trabatte/tdo. 2223
50 E io, eh' ognora ateodo
A saper ueritate
Dele chose trouate,
Pre^jhai per chortesia,
Che sostasser la uia 2230
55 Per dirmi 1 chonuenexite
Del luogho e delà ge^te.
E l'un, ch'era più sagio
E d' ongne chosa magio.
Mi disse in brcuc detto: 2233
60 „Sapi mastro bumetto,
Che qui sta monseDgnorc,
Ch'è chaiM) e dio d'amore,
E se tu non mi credi,
Passa oltra e sii ti uedi; 3240
65 E più non mi tocchare»
6 Che son LSGMC — 8 de om- G — 9 /eà/t a C» — IO „E ual nella
dogana" M Ed L ouer C* — 12 trattato RM peccato C — 13 ricordare
BC*C*N — 14 or lo uo C* Î tralasciare R tralassare C* — 15 e ad sauere
C* — \b fehlt io CC»C* — 17 Per statt E C Contarò 1 mio O» contra N
— 18 „Che'n kalendi di magio" B E chôme C fihit^n NC"— 19 Panate
LS Passai |vr M passando B 7 valli C valle L ponti M — 20 frkit E
LSGMB bochi C- fehlt e IJ^ monti M — 21 E statt Io M Etd io C«
Et yo giuso C« fehlt bel XC»C* — 23 E 1 più M — 24 fehä Ma LSB Or
mi l^SGB Ma e' or mi C — 25 Ora u'c C — 27 „Or chiaro Î lácente*« GO
era L fehlt è M - 29 E or M — 32 fehlt e LC* — 33 fehit e C» — 35
fehlt e r B pazza R trauagla B — 36 risagla B — 38 ne daua C* acS-
la^vo C fehlt e C» 40 Or L E si mi N Et C — 41 pò hom €• debo«
MB — \z fehlt C; von Ub.s Jlamì .»Que'chc stanno a uedere" — 43 qvd
ch'è statt quel R — 4S M* afida RC»C« fehlt e C> — 50 „E io g5 grnide
intendo" N fehlt E C- intendo C'C^ - 51 Di R Assai ¡vr CK? — 52
passate LSG^ÌC 53 PreghaMi N in cortesia BN — 59 /^A// Mi R —
ho „sappi tu ix-r biuneclo" (^- — f>i Che questo M questo è N Che comúM
C^ sta 1 B mio sengnore MB — (>2 „Cioè lo dio d'amore" BNCK? E
chapo ^I magiore statt d' amore R — 63 noi mi BC — 64 „posata x ^ ^^
uedi" r« si ttel MC fehlt ti RN — 65 hontare N —
-*- -<. -'
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
375
Capitolo XIX.
Ch*io no/í t'oso parlare".
Chosi furon spariti
E in un punto giti,
No« so doue, nò chôme,
70 Né la 'nsengna, né 1 nome.
Ma io m'asichurai
E tanto inanzi andai.
Che io uidi al postutto
E parte e mezzo e tutto.
75 E uidi molte genti,
Chui liete e chui dolenti,
E dauanli al scngnore
Parea, che gran roraore
Facesse un'altra schiera.
80 E 'n una gran charriera
IO uidi dritto stante
Ignudo un frescho fante,
Ch'auca Tarcho e li strali
E auea penne ed ali.
85 Ma neente uedea
E souente traea
Gran cholpi di saette,
E là doue le mette,
Chonuien, che fora paia
90 Chi che perillio n'aia.
E questi al buon uer dire
Auea nome piacere.
E quando presso fui,
Io uidi intorno a lui
95 Uuiitro donne ualenti
2245
225Û
"yy
255
2260
2265
2270
Tener sopra le genti
Tutta la sengnoria;
E delà lor balia
Io uidi quanto e chôme, 2275
lOo E SSO di lor lo nome:
Paura e disianza
E amore e speranza.
E ciaschuna in disparte
Adouera su* arte 2280
105 E la forza e l sauere.
Quant* ella può ualere.
Che disianza pungie
La mente e la chonpungie
E sforza malamente 2285
1 1 o D' auer presentemente
La chosa disiata:
Ed é si disuiata.
Che non chura d'onore.
Né morte, né romore, 2290
1 1 5 Né perillio, eh* auengna,
Né chosa, che sostengna,
e no//, che la paura
La tira ciaschun' ora,
SI che nonn osa gire, 2295
120 Né solo un motto dire,
Né far pur un senbla/tte;
Però che l tino amante
Riteme a dismisura.
Ben a la uita dura 2300
125 Chi chosi si bilanza
S'
66 no posso C* — 67 E chosi R dipartiti BNC dispartiti C* — 68
pocho s/aíí punto C — 69 Ch*i*non RLSGCC* „ch'io no so ne nome** C^
I come C» 73 Ch'io pur B — 74 /eh/t E LSGM mezza RC« — 76 Qua'
MC^ Chi NC qua' MC« chi NC» — 77 a R — 78 Parean chon R Parue
M paria cun C^ — 79 in altra C — 80 „In un' altra gran carrera** C'-* fih/i
'n RLC - 81 /e/i/t Io GM ritto BNC»C^ stare C — 82 2/. ßhä B „vn
nudo fresco fant<f*' C'-* — 83 ,,Ch'aueua arco et stralj" C^* — 84 penne d'ali R
- 85 me C'-* — 89 di for N fuor se C* — 90 X chi ftrh/t che G che chi
B Chi chi NC — 91 al mi' parere M — 93 i fui B — 94 fih/t a R — 96
la C — 98 dala GN ala B — 99 E vidi N — 100 „E so uui dire 1 nome'*
LSN (lor) C „esse dir lo lor nome** C^ — loi „Et amore î sp<rrança** C —
102 „Paura % disiança" C /eh/t E LB — 103 „Ciascun uidj parte** C* /^Mt
EN — 104 Adoperar G Adoperan lor N „Auea suo modo % arte** M
„adorar soa arte*' C-* — 105 /eà/t 1 C — 106 O qua//to /eh/t ella M uedcre
R — 108 l'amore N /c/t/i e C — 109 força CC« — II2 /r/t/t Ed N —
113 romore M — 114 „Morte né disinore** M v. fehlt N né 1 C* — 1 15
che uengia ('*'* — 116 cl\cl sostengnia G — 118 „La tira alla misura" M Lo
RG tura C - IÍ9 sa L lassia BNC^C» — 120 Né pur B poco N - 121
solo un ce-* fehlt un C — 122 fehlt IM— 1 23 Ritien la M t statt a C
— 124 la mepte R — 125 s'imbilanza L se sbilancia C'' —
376
n. WIESE,
Tra tema e disianza.
MA tino amor solena
Del gran disio la pena
E fa dolce i)arere
130 E lleue a sostenere
Lo trauaglio e l' afanno
E la dolila e lo'nghanno.
D'altra parte sperawza
Aduce gran fìdanza
135 Inchontra la paura
E senpre Tasicbura
D*auer buon chonpinu-z/to
Di suo innamoram¿'/ito.
2305
2310
140
Tjl Questi (juatro stati
Son di piacere nati,
Clion essi sì chongiunti,
Che gii\ ora nò punti
Non potresti chontare
Tra lloro ingenerare.
145 Che, quando omo 'naraora,
Io dicho, che'n quell'ora
Disia ed a temore
E speranza ed amore
Di persona piaciuta.
150 Che la saetta aguta.
Che moue di piacere,
Lo punge e fa uolere
Colpitolo XIX.
Diletto chorporale.
Tant' e l'amor chorale.
155 Chosì ciaschuno in parte
Aoucrar su' arte
Diuisa ed in chomuno;
Ma tutti son pur uno,
Chui la gente a temore
160 Sii chiaman dio d'amore,
Perciò che l nome e l'alto
S'achorda più al fatto.
Assai mi uolsi intomo
E la notte e lo giorno,
165 Credendomi chawpirc
Del fante, che ferire
Lo chor non mi potesse.
E ss' io questo tacesse,
Farei magio sauere;
170 Ch'io fui messo in podere
E in forza d'amore.
Però, charo sengnorc,
S'io fallo nel dittare,
Uoi douete pensare,
175 Che Tom, eh* è* naraorato,
Souente muta stato.
Oi mi tornai da caiito,
E in u/t riccho manto
Uidi ouidio magiore,
2330
233s
2340
23«S
2345
2320
2350
2325
F
2355
127 „ma 1 furo amare allena" C^ ma il BN — 128 Nel C che mena
statt la pena RMC - 129 lieue AI — 130 fehlt E C» ddolle M lene C* —
132 fehlt E C» lo danno BNC^C« — 133 „dal' altra ispcrança" N — 136
tutta statt scnprc B tuttor NC^C- »37 lo statt bon C'C* -- 138 Del
LSCiBNC imo statt suo C amoramcnto C^ — \y\ dece C* — 140 Che son
LSNC» che so del C^ — 141 E chon M esso GBNC«C- son statt si LSBNC
fehlt si M 142 höre BC» — 143 poteste C* trouare BNC'C* — 144 „Né
fra llor generare** G „tra lor ingriarc** C* lo 'ngenerare R lo generare M
- 146 Già dicho N ben statt che'n C — 147 fehlt ed a; de temore C"
tremore BNC'-« - 148 ad C — 150 scripta C* — 15 1 da G — 1 52 la G
a suo statt e fa RMC „la força e fa uolere" BN (el) C* (sforça) C (sfona)
154 canale C* — 155 vv. 155—162 ¿nel. fehlen in BNC*C». Die darauf
fol inenden vv. sind in den vier codd. so geordnet: nach 154 vv, I77 — 203;
■i"i\ 165 -176; 163, 104, 203 //*. ciascuno li pare Z ciascuna S fehit in LS
in ciaschuna parte MC — 15Ô Adoj^^/a LSMCZ — 157 In diuisa GM — I58
„Ma tutti siano ¡)ur une** Z -j son R — 159 a romore LSM — \^ fehit Q
chiamano amore LS „Tutti chiamano amore'* M „Si 11* a chiamato amore" Z
— 161 fehlt Z Però G — 162 „è quasi tutt'un fatto** M — 164 £ di notte
I di R — 165 „Chrcdendo carpire** Z — 166 Dal MB facto cVel Z —
167 I/arco .statt Lo chor X — if)8 „E questa se tacicsse" Z — I71 forteua
Z - 172 Et però Z 175 fehlt eh' è GMBNCC'C^Z — 176 ».Sonente in
tostato" C^ — 177 „Et io mi tra^^si a canto" BC*C-* „E io mi ristrinsi a
cha//to'* N ritornai G trouai M di il — 178 „Et dimora' ui tanto** C'C
amanto G — 179 „Uidi un dio magiore** RN „Uidi un dio d'amore** M
DER TESOREITO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
377
i8o Che gli atti del' amore,
Che son chosì diuersi,
Kasenbra e mette in uersi.
E io mi trassi apresso
E domandai lui stesso,
185 Ched elli apertamewte
Mi dicha 1 chonuenente
E lo bene e lo male
Del fante e dell'ale,
Deli strali e dell' archo
190 E onde tale incharcho
Li ucnne, che non uede.
Ed olii in buona fede
Mi rispose in uolgharc,
Che la forza d'amare
195 Non sa, chi noUa prona,
„Perciò, s'a te ne gietia,
Cierchati fra lo petto
Del bene e del diletto,
Del male e del' errore,
200 Che nasce per amore**.
E chosì stando un pocho,
Io mi mutai di locho,
Credendomi fugire;
Ma non potti partire,
205 Ch'io u'era sì 'nuescato,
Che già da nullo lato
2360
23Ö5
Capitolo XIX.
Potea mutar lo passo.
Chosì fui giunto, lasso,
E messo in mala parte.
210 Ma ouidio per arte
Mi diede maestria,
Sì eh' io trouai la uia,
Ond'io mi trafughai.
Chosì l'alpe passai
215 E uenni ala pianura.
Ma troppo gran paura
Ed afanno e dolore
Di persona e di chore
M'auenne in quel uiagio,
220 Ond'io pensato m'agio.
Anzi ch'io passi auanli,
A dio ed ali santi
Tornar diuotam^/ite
E molto umilemente
225 Chonfessar li peccati
A preti ed ali frati.
E questo mio libretto
E ongn' altro mio detto,
Che io trouato auesse,
230 S'alchun uizio tenesse,
Chometto ongne stagione
Illor chorrezzione.
Per far l'opera piana
2385
2390
2395
2370
2400
2375
2405
2380
„Et nidi Iddio maggiore** Z Ch'io uidi C che /<fÄ// uidi C — 180 „Chol-
gli altri amori** Z Ch'a s fu tt Che G altri N d'amore G — 181 „Sì echóme
son diuersi** M v. 181 /o/¿'^t 182 /// M — 182 „Rascnbra 'n motti ^ ucrsi" R
,,Rasscmbra in molti uersi'* M ,,rasëprare e mettere in ufrsi" X ,,Rascnbrati
in uersi'* C „Rassembramenli et uersi** Z assembra C"^ — 186 imantene/ztc —
188 Di quel fante % M „Del fante ch'auea l'ale** B — 189 „Ch'a le saette e
l'arco** IJSG „Colle saette all'arco" M „Dele saette e l'arco'* B N (d' archo)
„Chclle saette 1 l'archo" CZ E deli R — 190 donde GMNC» — 191 ricde
C — i()2 /fh/t E Z — 194 I l'amare M d'amore NC'Z - 195 „Non sa se
«non chil pruoua" M la {ft/iU non) R nollo C — 196 \*erò LSGMNBC^C^Z
se te BN'C^Z — 197 fra 1 mento e 1 pecto Z in fra GBN — 200 fc staíí
nasce Z - 201 ft^h/t E C*C'- stato M io un C'-^ -- 202 /eh/i Io; Non mi
mutai Z mi parti RM non s/uft mi LS — 204 perire C — 205 'nestato RZ
legato BC'C^X 'nescato C - 206 di N — 207 /fh/i lo Z — 208 Et cosi Z
uinto e lasso BNC'C- giunto o M - 209 giunto in RBNC'C=* — 210 „Ma
io uidio parte" C* „Ma io uidi parte** Z uidio R idio N in part<? s/ait
per arte C'-* — 211 gran mastria C^ — 213 Chora' io R trasfigurai N — 214
Sì ch'io N Et così Z - 217 D' siuU Ed BNC'C-^ di dolore NBC»C-' —
2ìf) /t'/i/t in R — 220 posato C* passalo C'^ Ond'io ho Z — 221 passesse
C^ /t'/tU dauanli Z — 122 v. fehlt C Ub\ „A Dio et alli Santi** — 225
Confessai Z — 226 et ad M a prelati N — 227 Di questo CC'-* - 228 C'o-
gn' altro C O d'onn'altro C* mottecto statt m. d. Z — 231 Ch'io mccto Z
— 232 A llor GBCC^C-* Ala lor N correptione C» — 233 piena Z —
378
B. WIESE,
Chola fede cristiana.
235 E uoi, charo sengnore,
Pregho di tutto chore,
Che non ui sia grauoso,
S'io alquanto mi ])oso,
Finché di penitenza
240 Per fina chonoscenza
Mi possa chonsigliare
Chon omo, che mi pare
Uer me intero amicho,
A chui souente dicho
245 E mostro mie credenze
E tengno sue sentenze.
Capitolo
2410
2415
2420
■A"
Capitolo XX.
L tino amicho charo,
A chui molto chontraro
D'allegrezza e d' afanno 2425
Pare uenuto ongn'anno,
5 Io, burnetto latino.
Che nessun giorno fino
D'auere gioia e pena.
Chôme uentura mena -43^
La rota da falsa parte,
IO Ti mando in queste charte
Salute e 'n ter o amore;
XX.
Ch'io no« truouo migliore
Amicho, che mi guidi, 2435
Né di chui più mi fidi
1$ Di dir le mie credenze,
Che troppo ben sentenze,
Qua^tdo chcro chonsiglio
Intra 1 bene e 1 perillio. 2440
Or m'c uenuta chosa,
20 Ch'io non poria naschosa
Tener, ch'io non ti dica.
Pur non ti sia faticha
D'udire infila fine, 2445
Amicho, tu, ch'ai fine,
25 Mie parole mondane,
Ch'io dissi ogn'ora uane.
Per dio merzè ti mona
La ragione e hi proua, ^450
Che cciò che dire uollio
30 Da buona parte achollio.
Non sai tu, che lo mondo
Si poria dir non-mondo,
Chonstderando, quanto 2455
Ci a nno-mondezza e piantò?
35 Che truoui tu, che uallia?
Non uedi tu san fallia,
Ch'ogne chosa tenena
234 ala C^* Che Ila Z — 235 Ad Z — 237 C'a uoi non sia C«C«
graueza Z — 238 s'alqua/ito me C^ „Saluanto mi posso" Z — - 239 Finch' io
BN Fin qui C fin qui y^er C"-* Sin Z — 240 „di bona consiença" B di
buona N buona C^C'-* — 241 posso N — 242 uno M /ehU che C* m' impare
C miopare Z — 243 Venne intro Z — 245 „tutte le mie credence'* BNC*0
mostra mia credenza Z — 246 loccho sua sentenza Z /» R folgt i ^nlto
tcsoretto | Sempre sia xpo benedetto. In S: Qui è copiuto il tesoretto» AU
Überschrift über das folgende Capitel in K : Or chomincia la penetenxa | La
quäl ci chonuienc auer zon rcue[renza]. In C: Qui comincia la peni | lençiii
che fl'e pcrr prone ¡ dença il buon mastro bur | necto che ffu sanca dtfecto.
Cap. XX I „Ad cui fino amicho** Z a fino C*C* — a „ad ciij malto
coslaro** C'-* „Ad cui molto contradicho** Z contato N contara C* — 3
fehlt D' C'C-ä Et d' Z — 4 „Sonno auenute ongnno** C»C* PerZ dhiemito
M auenuto B aucduto N oguanno B In C* und C* fehlt der Rest des
Gedichtes und der Favolello. In C* sind nach XX v. 4 die ersten 6 irr. vmt
XIX wiederholt mit leichten Varianten — 7 pene Z — 8 fortuna MB Meii-
tura N mene Z — 9 „Baracta falsa parte** Z in falsa MB — %Q /Mt in
KB - 14 fehlt Nc; A cchui C — 17 Quand' i' M — 18 Tra 1 N — 19
auenuta MN uenuto Z vna cosa N — 21 no la dicha N — 23 fino • C
fino alia Z — 24 „Amicho mio eh* a' fine** R Amico caro î fine** là fMi
eh' LSG NC — 26 ehe disse B disio Z — 27 ora statt mene G — 28 ca*
gionc Z — 29 (Idirti MC ch'io Z — 30 A Z — 31 sazia statt ni tv Z —
32 douria LSBNZ — 34 Ma nno N „Canno mondani** Z iitmondcta M
— 35 Che tructu Z — 36 che statt tu MZ — 37 fehlt Ch' MNZ tnmaX*
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
379
Porla peccato e pena,
Né chosa ci a sì clera,
40 Che no/f falliscila e pera?
Or prendi un animale
Più forte, e che più uale;
Dicho, che'n pocho punto 2465
È disfatto e digiunto.
45 Ai om, perchè ti uante,
Uecchio, mezzano e fante?
Di che uai tu cercha/ido?
Già non sai l'ora e quando 2470
Uen quella, che ti porta,
50 Quella, che no« chonporta
Oñcio o dingnitate.
Ai deo, quante fìate
Ne porta le chorone
Chôme basse persone!
55 /Giulio ciesar magiore,
vi Lo primo imperadore.
Già non chanpò di morte.
Né sansón lo più forte
Non uisse lungiam^/tte..
òo Alesandro ualente,
Che chonquistò lo mondo.
Or giace morto in fondo.
Assalon per bellezze,
Ettor per arditezze,
65 Salamon per sauere,
Attauian per auere
Capitolo XX.
2460 Già non chanparo un giorno
Fora del suo ritorno. 2490
A Dunque, omo, che fai?
Già tome tutto in guai.
La mannaia non uedi,
Ch'ai tuttora ali piedi?
Or guarda 1 mondo tutto; 2495
E foglia, e fiore, e frutto,
75 Augiel, bestia, né pesce
Di morte fuor nonn esce.
Dunque ben per ragione
Pronao salamone, 2500
Ch'ongne chosa mondana
80 È uanitate nana.
A Micho, or moni guerra
E uà per ongne terra
E uà uentando 1 mare; 2505
Dona robe e mangiare,
85 Guadangna argento td oro,
Amassa gran tesoro:
Tutto questo che monta?
Ira, faticha ¿d onta 2510
Ai messo a 1' aquistare;
90 Poi non sai tanto fare,
Che no« perde in un motto
Te e r aquisto tutto.
ONd'io di ciò pensando 2515
E fra me ragionando,
95 Quant' io agio fallato.
-475
2480
2485
38 V. fehlt Z — 39 Che cosa N no« ci a N ci è BZ — 40 o Z —
41 Et prendi C — 42 fehìt e N — 43 Di ciò G i«n un punto M 'n u«
solo punto N — 44 X di fatto G difunto N — 45 fehlt Ai MZ di che M
- 46 Vecchi meccani 1 fanti N — 47 E di M fehlt tu MZ — 48 fehlt
Già MZ né LSCZ né 1 M fehlt e B — 49 que' KLSGNX — 50 „E a
niun còporta" M — 51 né Z digratate B — 52 Onde quante Z — 53 por-
tan LSNCZ portar G — 55 „Io uo Ciesare maggiore" Z — 57 ne di Z —
S8 Et Sansone Z — 62 fehlt Or RLSCZ Già G in profondo C — 63 bel-
lezza GMBZ — 64 arditeççe NC „Et Catone per francheza" Z — 67 cam-
pato Z — 68 di lor B lor M — 69 Alunquc R Dunque LSG AI omo
dunque C Or dunque Z — 70 „Già truoui tutto iguali'* N torna LSGZ -—
71 „In pianto la manaia non uedi" Z — 72 „Che tuttora ai a piedi" G CS
- 73 „Guarda come van tutti** M -- 74 ,,E fiori e folgle e frutto'* LSMNC
„E fiori et erbe et fructo Z fehlt E R — 75 bestie LSGBCZ né bestie N
e BCZ pesci Z — 76 esci Z — 77 fehlt per N — 78 Appruoua M Prouò
I bon B — 80 1 vana MN ,,Et uanecta et nana** Z — 81 guerre Z — 82
tuctc terre Z — 83 Or BXZ — 86 Et amassa Z — 87 „E tucto questo
moneta** Z — 89 inn aquistare C — 90 E non sai tucto- C ^ — 91 p^rda di
butto M ad un BGC fehlt in Z — 92 „Se a l'acquisto tucto** Z 1 tutto G
— 93 fehlt Z in ciò LSGC — 94 E 'n LSN ragionato Z — 95 Quando
aggio C Quand' io Z —
38o
B. WIESE,
E chôme sono istato
Omo reo, peccatore,
Sì eh* al mio creatore
Nomi chi prouedenza,
loo Né nulla reuerenza
Portai a santa chiesa,
Anzi To pur offesa
Di parole e di fatto,
Ora ici tengno matto,
105 Ch'io uegio ed o saputo.
Ch'io son dal mal perduto.
E poi ch'io uej^o e sento,
Ch'io uado a perdimento.
Seria ben for di senso,
HO S'io non pri/uegio e penso,
Chorno per lo ben cawpi,
Che lo mal non m'aua/ipi.
Capitolo XXI.
I Chosì tutto pensoso
Un giorno di naschoso
Entrai in monpuslieri,
E chon (juesti pensieri
5 Me n'andai ali frati,
E tutti miei pecchati
Chontai di motto in motto.
Ai lasso! che chorrotto
Feci, quand' ehi inteso,
IO Ch'om'io era chonpreso
Di ^misurali niali
Oltre che criminali!
(^h'io pensaua tal chosa.
Che non fosse grauosa,
2520
2525
2530
Capitolo XXI.
15 Ched è pecchato forte
Più quasi che di morte. 2550
Ond'io tutto a schouerto
Al frate mi chonucrto,
Che m'a penitenziato.
20 E poi ch'i' son mutato,
Ragion è, che tu muti; 2555
Che ssai, che sen tenuti
Un i>ocho mondanetti.
Però uo, che t' afretti
25 Di gire a frati santi.
Ma pensati dauanti, 2360
Se per modo d'orghollio
Enfiaste unque lo schoUio,
Si che 1 tuo creatore
30 Noiin amassi di chore
E non fossi ubidenti 2565
A suoi chomandamenti ;
E ssc tti se'uantato
Di ciò ch'ai operato
35 In bene o in follia;
O per ipocresia 2370
Mostrane di ben fare,
Quando uolei fallare;
O sse tra le persone
40 Uai mouendo tencione
Di fatto o di minacele, 237S
Tanto ch'oltragio Ìsiccic;
O ssc t'insuperbisti
O in greche salisti
45 Per chaldo di ricchezza
O per tua gentilezza 2580
O per grandi parenti
^Slh
2340
2545
96 chom'i' MBN — 97 Rio homo e ß — 98 Che nel mio G chcl t
— 100 E R lilla B - 101 Portando a sancta Z — 102 sempre M — 103
0 NC — iü6 d'alma LSGM del BN partuto C — 108 uado in Z — HO
chonpcnso R«.' — ili Chom'io LSGBCM per ben far M — 113 „Che 1
mal no// mi diuampi** M Sì che 1 BC.
Cap. XXI 4 fehlt E Z — S fehit Me Z al frate C — 6 i miei SGNCZ
— 7 a motto a /«motto M di motto a- BC — 8 Io sjiso che Z — 9 io
abbo N — IO feh/t io Z — 15 Ch'era LSGMBC — 17 „Cosi tolto scoocfto**
B /chit a MZ — 20 che son G s'io son B — 21 ti BZ — 24 „Perciò che
tu atìretli** Z — 25 „Di gire in fra Santi" Z — 26 E LSG — 28 Infìastl in
q//ell() L Ai enfiato lo M — 29 „Se ttu il tuo criatore" G il boono cri»-
tore Z che al N - 30 di bon core C - 32 Ai BN — 33 O MNZ tin G
tu l'ci B - 33 Î in (j 36 Et per Z - 37 Mostrate R — 38 pecare B —
39 E se LSGC — 40 mettendo Z — 41 D'oltragio R fatti MZ — 43 pi
se tu 'nsuperbisti** B v. fehlt Z — 44 „Odinere chreco salisci** Z — 46 «^
fehit Z — 47 molti M —
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
381
O perchè dale genti
Ti par esser laudato;
50 O sse tti se* sforzato
Di parer per le uie
Miglior che tu no« sie;
O ss' ai tenuto a schifo
La giente o torto 1 grifo
55 Per tua gramattesia ;
O sse per legiadria
Ti se' solo seduto,
Qua/ido no»n ai ueduto
Chonpangno, che tti piaccia;
60 O ss' ai mostrato faccia
Crucciata per superba
E la parola acerba,
Uedcndo altrui fallare
E te stesso pecchare;
65 O sse tti se'uantato
O detto in alchun lato
D'auer ciò che no«n ai
O ssauer che no« sai;
A Micho, e ben ti menbra,
^ . Se tu per belle mewbra
O per bel uestime«to
Ai preso orghogliam/f«to,
Queste chose cho«tate
Son di superbia nate,
75 Di chui lo sauio dice,
Ched è chapo e radice
Del male e del pecchato.
El frate m' a chontato,
Sed io ben mi ramewto,
80 Che per orghogliam^/ito
Pallio l'angel matto,
Capitolo XXI.
Et eua ruppe 1 patto;
E la morte d'abel,
E la torre babel,
2585 85 E la guerra di troia.
Chosì chonuien, che muoia 2620
Soperchio per soperchio,
Che spezza ongne chop^rchio.
A Micho, or ti prouedi;
,, , , Che tu chonosci e uedi,
C^he d' orgholliose prone 2625
Inuidia nasce e moue,
Ch'c fuocho delà mente.
Uedi, se se' dolente
259s 95 Del' altrui benina«za,
O ss'auesti allegra«za 2630
Dell' altrui turbamento,
O per tuo trattamento
Ai ordinata chosa,
2600 100 Che ssia altrui granosa;
E sse sotto mantello 2635
Ai orlato 1 chappello
Ad alchun tuo uicino
Per metterlo al dichino;
2605 105 O sse Ilo 'ncholpi a torto,
O sse tu dai chonforlo 2640
Di male a suoi guerrieri,
E quando se' dirieri
Ne parie laido male,
2610 no Ben mostri, che tti chale
Di metterlo in mal nome. 2645
Ma tu no« pensi, chôme
I^ spregio, eh' è lleuato,
Si possa esser lauato,
2615 115 Nò pur, che mai s' amorti
49 T'apar R — 51 la uia M — 52 Maggior MZ — 54 „Alchuno a
ttorto grifo" M e torto NZ a C /<?//// 1 GC — 55 o per N — 59 Com-
pangni I^ Chonpangnia G Compagna B — 60 mostrata LGMN — 62«jColla
s/ati E la M — 64 A C - 65 E R - 66 fehlt O Z - 68 ciò che Z —
69 or ben LS fekif ben; or ti GM fe/i/t e C rimenbra GM — 76 Ch'eli' è
B — 79 De dio R Se Dio Z — 80 „|vr or orgogliamento" G — 84 di
Babel BZ — 87 coperchio Z — 88 Si speçça B soperchio C v» fehlt V —
%(\ fehlt ti GZ — 92 muore Z — 93 Ch'ò 1 Z — 94 Pensa se sse' M se
fu Z — 95 Della tua G betunanza Z — 96 E BNCZ — 98 Et -tradimento
Z — 99 ordinalo Z - lOO dañosa BNZ — loi O LSG M sotto 1 LSG —
102 fehlt 1 BZ — 104 a B — 105 E B — 106 O sse desti M — 107 ai B
— 108 O MB a dirieri N da rieri B dirietro Z — 109 „Nel parlare ullaido
male" G parole C di atatt parle M — iio E mostri M mostra Z — 113
pregio MCB alleuato C — 114 può LS leuato LSGMCZ — 115 O MB
par GNZ se mai C —
3^2
B. WaESE,
120
Capitolo
Lo blasmo, chi che I porli ; 2650
Che tale 1 mal dir t'ode,
Che poi nollo disode.
INuidia ò i;ran pecchato,
E o scritto trouato,
Che prima choce e dole 2655
A cholui che la uuole.
E certo, chi ben mira,
D'inuidia nasce l'ira;
125 Che, quando tu non puoi
Diseruire a cholui, 2660
Né merterlo al disotto,
Lo chor s'inbrascia tutto
D'ira e di mal talento,
130 E tutto 1 pensam^wto
Si gira di mal fare 2665
E di uillan parlare,
Si eche batte e p^rchuole
E fai pegio che puote.
135 Perciò, amicho, pensa,
Se 'n lawla maluolienza 2670
Uer cristo ti crucciasti,
() se lo biastemiasti,
O se battesti padre,
140 Od ofendesti a madre
O chericho sagrato 2675
O sengnore o parlato.
Chui l'ira da di pillio,
Perde senno e cho«sillio.
IN ira nasce e posa
Accidia nighittosa;
»45
2680
Che, chi no« puote in fretta
XXL
Fornir la sua uendetta,
Né difender chui uole,
150 L'odio fa chôme suole,
Che sempre monta e cresce, 2685
Ne di mewte no« li esce;
Ed è'n tanto torm^ito,
(/.he noMn a pensamento
155 Di neun ben, che ssia;
Ma tanto si disuia, 2690
Che non sa melliorare.
Né già ben chominciare;
Ma croio e nighittoso
160 È uer dio glorioso.
Questi non uà a messa, 2695
Né ssa, qual che ssi'essa,
Né dicer pater nostro
In chiesa, né in chiostro.
165 Chosì per malusanza
Si gitta in dispcranza 2700
Del pecchato, eh' a fatto;
Ed é si stolto e matto,
Che di suo mal non crede
170 Trouare in dio merzede;
O per falsa chagione 270;
Apillia presunzione,
Chel mette in mala uia
Di non creder, che ssia
175 Per ben nò per pecchato
Omo salu'o dannato, 2710
E dice a tutte Tore,
Che già giusto sengnore
NoU'aurebe creato,
116 /f/i/t Lo Z chi chi 1 RN che chi 1 B chi conporta C — II7
„Che tal mal dicitore" Z //•//// 1 BNZ /•/*// t' RM — 120 I è scriUo G —
121 'nprima RN — 127 E M — 128 s'infiamaB s' abrasela NZ — \y> ftkit
1 Z - 132 VX di nulla Z — 133 eh' abatte G — ii\ fekit 1 Z — 135 Però
GM Et perciò Z — 136 fehlt 'n LSGMBNCZ S'a B Se con fekit Unta
M - - 137 Verso iddio M — 138 E G — 139 Der v. folgt 140 »t B — I40
fvhlt a LSGMNCZ — 145 D'imiidia B — 146 Auccide R — 147 „Chi non
può in tecla** C Et chi Z — 148 fehlt la N — 149 offender GNZ chi RCZ
150 Lo Dio sa Z corne 1 MB — 152 E IJSMB fehU H LSGBN — 153
fehlt l: \\ — 156 E B OC tutto G — 158 Che già B — 159 „láa taat'è
nighittosiï" M „Ma uoio neghittoso" Z accidio î N — 160 /Mt È GM
Ch'è nucr Z 'nuer LSG <lio é N - 161 „Che già nonn ode messa"* M —
162 „Ne sa ({ual si sia essa" LSGB {fehlt si) Z fehlt quai; che ssi sia UN
qudla che sv;i;i C — 1(4 né nel K — id^ fehlt è NZ cosi NZ -- 169 dd
Z — 170 In dio trouar M a Dio C — 171 E B fehlt per Z — 172 Pügla
LSG — 175 o |v;- GN 176 nc MBNC condannato LSG „Loi saino né
dapnato" Z — 177 „Et dichono a ttutt'ore" G —
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
383
Capitolo
180 Perchè fosse dannato
Ed un altro prosciolto. 2715
Questi si schosta molto
Dala uerace fede.
Forse che now s* auede,
185 Che 1 miserichordioso,
Tutto che ssia pietoso 2720
Sentenza per giustitia
Intra 1 bene e le uizia
E dà merito e pene
190 Sechondo che ss'auene?
Or pens', amicho mio, 2725
Se tu al nero dio
Rendesti grazia o grato
Del ben, che tt'a donato;
195 Che troppo pecca forte
Ed è dengno di morte, 2730
Chi non chonosce 1 bene
Di là, donde li uene.
E guarda, s*ai speranza
200 Di trouar perdona/iza.
S*ai alchun mal chonmesso, 2735
E non ne se' chonfesso,
Pecchato ai malamente
Uer l'alto re potente.
J ncghienza m'auisa,
Che nasce chouitisa; 2740
Che, quando per neghicwza
Non si truoua potenza
Di fornir sua dispensa,
205
D
XXI.
210 Inmantenente pensa.
Chôme potesse auere 2745
Sì del' altrui auere,
Che fornischa suo porto
A diritto ed a torto.
215 Ma cholui, eh' a diuizia,
Si eh ade in auarizia, 2750
Che, doue de, no« spende
E già l'altrui non rende,
Anz'a paura forte,
220 Ch'anzi che uengna a morte
L'auer gli uengna meno, 2755
E pur istringe 1 freno.
Chosi rapisce e fura
E da falsa misura
225 E peso frodolente
E nouero fallente 2760
E non teme pecchato
D'auistar suo merchato.
Nò di chometter frode;
«
230 Anzil si tene illode
Di naschonder lo sole, 2765
E per bianche parole
Inghanna altrui soue/ite,
E molto larghamentc
235 Promette di donare.
Quando noi crede fare. 2770
E un altro per enpiezza
Ala zara s'auezza
E giuocha chon inghanno;
180 ch'el B — 182 si cholta R — 183 Della C — 186 tuttora sia N
— 188 fra 1 Z malizia M — 189 „Et ui tormento e pena" Z tormento N
— 190 „Si ccome si comiene" M auede C — 193 „Rendesti grande grado"
Z o gracie o N e MB - 194 ch'el B — 195 „Che troppo peccatore" Z
pecca troppo N — 197 E chi no N — 198 onde N — 199 sua sfaíí s* ai Z
— 201 /¿»A// S* RN /eh// S'ai Z „E sse ai mal comesso" M confesso Z
— 202 Se RNZ Che M fehlt ne Z sia MB — 203 /<?A// ai M — 204
„Verso iddio ñipotenle" M dio R — 205 m'accusa Z — 206 cortesia Z —
207 quand* omo N quando l'uomo Z — 210 v. fehlt C Incontanente M —
212 Di statt Si B — 214 „A diritto o ai torto" N o B — 215 che statt
eh* a Z — )i6 EB getta G - 217 „Che l' auere no spende" R fehlt Che
B là doue BN là oue CZ — 218 Né LSCZ — 220 Che prima Z la N
fehlt a Z — 221 no« statt gli M — 222 Et poi Z ristrenge BZ fehlt 1
RLNZ — 223 Et chosì G — 224 Et a Z mala R — 226 non uero RZ
ma fallente Z — 227 tiene a GZ nò non tiene a N chura M — 228 agiu-
star BZ Di uistare C lo suo- Z — 229 v. fehlt Z — 230 fehlt 1 NZ a
lode Z — 231 „Di nascondere chi lode il Sole" Z — 232 Se \ter N — 233
Inghannare R — 236 non crede C — 237 fehlt K GMBNCZ - 238 sì s'a-
uezza R — 239 giuoco LSMCZ p^r G —
3^4
B. WIESE,
Capitolo
2780
2785
240 E per far T altrui dawno
Souente ]Mnt;na 1 dado
E no« Ili guarda fjuado;
E ben presta a unzino
E mette mal fiorino.
245 E ss«3 perdesse un pocho,
Ren udiresti locho
Biastemiar dio e sawti
E que* che son daua/;ti.
Un altr*è, che no;/ cura
250 Di dio, né di natura
Sì douenta usoriere
E in molte maniere
Rauolj^ie suoi danari.
Che li son molto chari.
255 Non guarda dì, nò festa,
Né per pasqua no« resta,
E no;/ par, che li 'ncrescha.
Pur che moneta crescha.
Altro per semonia
260 Si gietta in mala uia
E dio e santi ofende
E uende le profende
E santi sagrame;/ti
E mette 'n fra le gewti
265 A sen pro di mal fare.
Ma questo lascio stare,
('he toccha a ta* persone;
<'hè no;/n è mia ragione
Di dirne lungiamí*;/te,
270 Ma ilicho apenamf';/te,
('he Tom, ch*è troppo scarso, 2805
27QO
2795
2800
XXI.
Credo, cha 1 chor tutt*arso,
Che 'n pouere ptrsone
E 'n o«, che ssi* in pregione,
275 No;/n a nulla pictade;
Tutto in inferno chade. 2810
Per ischarsezza sola
Cien pecchato di ghola,
Ch*om chiama ghiottomia.
280 Che, quando Tom si suia.
Sì che monti in rìchezza, 2815
I^ ghola si s'auezza
Ale dolce uiuande
E a far chocine grawde
285 E mangiare anzi l'ora,
E molto ben dinora. 2820
Chi mangia piìi souente,
(^he non fa l'altra gente
E talor mangia tanto,
2qo Che pur da qualche canto
Ei duole chorpo e fiancho 2825
E stanne lasso e stanche
E inebria di uino,
Si ch*ongne suo uicino
295 Sene ride dMntomo
E mettelo inn ischomo. 2830
Ben è tenuto baccho
('hi fa del chorpo saccho
E mette tanto in epa,
300 Che talora ne crepa.
cierto per ghiottomia 283S
J S* aparecchia la uia
Di chonmetter lusura.
(
240 jWi// E Z /e//// 1 G - 241 piglia N — 242 Né N ui mette
ghuado G Et non riguarda Z -■- 243 adottino Z — 249 E un R /ekU è NZ
250 Î di R — 251 Che M E R diuienc G vsuraio Z — 252 E di BK
ongne LS(ÌC — 2f;3 Riuolge RNZ — 255 „Et non guarda la festa" Z —
256 Va Z - 258 „Pur che monta e cresca" C — 262 „E uendele per mal
perdente" Z — 264 melton LS(r menton C /rh// 'n LSGMC la gente LSGC
//•//// le Z - 2i)5 As^cmpri L v. fehlt Z — 267 ch'el B assai Z — 271
ft'hìt 1* Z — 272 Chredi Z — 273 Chon G O che pouere Z — 274 N* "n
LSMBNC NO ohon ÍV O fehlt n Z - - 275 ulla B — 276 »,Tiicto infenno
cade" <■ — 277 feh t sola Z — 278 ,.vn picato di gola" B — 279 „Chiamato
ijhioitornia" M che ama Z — 280 «piand uomo G s*inuia GNZ — 2S1 ,4b
sì falta *iiiochc/za" M uengnia G -- 283 ghiotte M — 284 ,^t fine chone
di granili" Z „Fare ci>ntinuc e grande" B fehlt a RLSC cucina M cor-
redi N 287 (^he (tNZ — 2»)0 „Che pur di quel cotanto" Z — 29I t». 291
und 2Q2 fehlen in ÏK il corpo NZ o cí>rpo o MC o LSG c 1 NZ — 394
Sì chôme (' 205 d'attorno M — 2Q<> mettorlo N — 297 lacho R matto
C — 2t)«) in l'epa R — 3lxî liai uoha M - 303 In R Foi Z —
tiw-Ji.... .
DER TESORETTO UND FAVOLELLO B. LATINOS.
385
Capitolo
Chi man^a a dismisura,
305 La lussura s'acende,
Si ch'altro no/in intende 2840
Se nnon a quel pecchato,
E cercha d'ongne lato,
Chôme possa chonpiere
310 Quel suo laido uolere.
E uecchio, che ss'inpaccia 2845
Di chosi laida taccia,
Fa ben dopio peccato
Ed è troppo blasmato.
315 Ben è gran uituperio
Chonmettere auolterio 2850
Chon donne o chon donzele,
Quanto che paian belle.
Ma, chil fa chon parente,
320 Peccha più agrami^nte.
MA tra questi pecchati 2855
Son uie più condannati
Que' che son soddomiti.
De, chôme son periti
325 Que' che chontra natura
Brighan chotal lusura! 2860
Or ucdi, charo amicho,
E *ntende ciò eh' io dicho ;
Uedi, quanti pecchati
330 Io t'agio nominati,
E tutti son mortali. 2865
E ssai, che cci a di tali,
xxn.
Che ne churian ben pocho.
Uedi, che nonn è giocho
335 Di chadere in pecchato,
E però da buon lato 2870
Chonsillio, che tti guardi,
Che 1 mondo non t' inbardi.
ORa a dio t'achoroando,
Ch'io no« so l'ora, quando
Ti debia ritrouare; 2875
Ch'io credo pur tornare
La uia, ch'io m'era messo;
Che cciò che m'è promesso
345 Di ueder le sett' arti
Ed altre molte parti» 2880
Io le uo pur uedere»
Inparar e sapere;
Che poi che del pecchato
350 Mi son penitenzato
E ssonne ben chonfesso 2885
E prosciolto e dimesso,
Io metto pocha chura
D'andar ala uentura.
Capitolo xxn.
I /^Hosì un dì di festa
\J Tomai ala foresta 2890
E tanto chaualchai,
Che io mi ritrouai
5 Una diman per tempo
304 „Chi mangia tanto in furia" M — 305 /eh/t La L A Z — 306
Ch* ad altro M non ne Z atende GN — 308 in ongne NZ — 309 adempiere
M — 310 II suo M — 311 E 1 NZ chi SC traccia N trama Z — 313
Si ffa doppio M Sa bene Z — 314 molto M — 315 Ed è gran M Et ben
è il — 317 donna N e B pulcclla NZ — 318 Quantunque paian M Come
che Z paia bella NZ — 320 laidamente LSN('Z grauemente GB — 321 in
tra N — 322 via L ui B — 326 Cometton M chotale usura R soççura B
— 328 /M// E Z /ehU io Z — 329 Se di quanti Z — 330 contati LSGC
— 331 ft^h// E B — 332 che tu ai Z — 333 nnoi N noi Z fehlt ben RB
— 335 II cadere M — 336 Perro feh/t E B da lor M dal buono CZ —
337 /n M lautet dieser und der folgetiiie vers-, „Ch'ai mondo non t' inbardi |
E ffa che tte ne guardi" M — 340 „Non so doue né quando" MZ l'ora
né RLSG doue né NC v. fehlt B — 341 v. fehlt B debo Z — 342 deggio
Z andare R — 343 „Là dou*i'm*era messo" M Ala Z che mi N — 344
„P<?/ò che m* è promesso" ^ v. fehlt Z m* era C Ìpromesso G permesso
B — 345 „Ch' i uedrò le sette arti" M che statt le Z — 347 Le quali i' uo
uedere" M — 348 E cercare e sauere LSC 1 inparare I GMBN In parere
et in Z — 349 Da poi LSC — 351 son fehlt ne N v, fehlt Z — 352 z/.
fehlt Z Et asciolto B - 353 Ch'io R poco LSGMBNC.
f'ap. XXII I Et così Z — 3 anco Z — 4 trouai NZ — 5 /n Z: Vna
di mane j Ch'io mi trouai per tempo*
k«
Zaittchr. f. rom. PhIL VII.
25
386
B. WÎESE,
In sul monte d'olempo
Di sopra in sula cima.
£ qui lascio la rima,
Per dir più chiaramente
IO Ciò ch'io nidi presente.
Ch'io nidi tutto 1 mondo,
Sì cchom'egli e ritondo,
E tutta terra e mare
E 1 fuocho sopra l'aire;
15 Ciò son quatro aulim^Mti,
Che son sostenim^Titi
Di tutte creature
Secondo lor nature.
Or mi uolsi da chanto
20 E nidi un biancho manto
(Zhosi dala sinestra
Dopp'una gran ginestra.
E io guatai più uso
E nidi un biancho uiso
25 Chon una barba grande,
Che sul petto si spande.
Ond'io m'asichurai
E 'nanzi lui andai
E feci mio saluto
30 E ffui ben riceuuto.
2895 Ond'io presi baldanza
E chon dolze chontanza 2920
Lo domandai del nome,
E chi elli era, e chôme
35 Si staua si soletto.
2900 Sanza neun ricetto.
E tantol domandai, 2925
Che nel suo dir trouai,
Che là, doue fu nato,
40 Fu tolomeo chiamato,
2905 Mastro di storlomia
E di filosofìa; 2930
Ed è a dio piaciuto,
Che ssia tanto uinuto,
45 Qual che ssia la chagione.
2910 E iol misi a ragione
Di que' quatro aulinvfrti 2935
E di lor fondamrMti,
E chomo son formati
50 E insieme leghati.
2915 E e' chon belle risa
Rispuose in questa guisa: 2940
F
Il Favolfxlo.
Capitolo I. Di far difensa e schndo.
Orse lo spron ti moue, Ma sse'del tutto 'niado;
Che di scritte ti pruouc 5 Che tua difensione.
6 su Z molte C — 8 quiui RL — 9 charamente C — IO Io che nidi
Z — II „Io uidi cierto il mondo" Z — 12 „E come ritondo" Z — 14 H R
— 19 Po* mi M uols'io BN salio Z di C — 21 di Cosi M finestra GZ —
22 D'una SGBNCZ fehlt gran N — 23 „E riguardando fiso" M ^ 24 Pnidi
M — 26 'n sul LSGMBNZ li spande LSGN — 27 E io N mi sicarai C —
28 a Uui n'andai M a lui B più statt lui Z — 31 Et io Z — 32 ffehit E R
Sì con N dolcie Z accontanza \S contanza MZ acontanda B contanca N
— 33 Li C: La Z — 34 fehlt E RGC feìut elU Z — 35 fehU Si LSBNCZ
così BNZ — 36 alcun B nullo Z — 37 anco Z — 38 Ch'i' RN v. /MÄ C
— 39 Colà NC oue B - 43 a die è C — 44 Ch'i'sia GLSB — 46 fMi
E BC „Et di lui sia ragione" Z — 47 D'esti G ,J>anqae quattro aUneoti"
Z - - 48 fehlt E Z de' LSMC - 49 legati LS — 50 fonnatì LS -- $1 >***
E Z que' M — 52 /w R folgt'. Finita penitenza ¡ Che dio ci prrdom p«r
sua {K)teMza. S: AMEN. In B folgt, nachdem ein Raum fSr Hmem Vtrt
freigelassen ist: Che 1 gran thesor deuisa | In la lingua franciia.
Folgt Jew Te sor etto mit einer Unterbrechung im RLSGMN. In C:
Qui comincia il fauolello | il quai fu buono X bello | che | mandò mastio Bm^
necto a Rusiicho di filippo. In Z und V folgt der Fav^Ml» étm TfêmwtÊê
ohne I 'Unterbrechung der l'ers folge.
Cap. I I dimoue G — 2 „Che di chriate proue" Z scritto F -* 4 E
M sicuio C „Ma del tutto se' ngnudo" F - 5 tutta M —
DER TEFORETTO UND FAVOLKLLO B. LATINOS.
387
S' o mente, di ragione
Fallati dirittura.
Una propia natura
A dritta benuoglienza,
IO Che riceue crescenza
D'amore ongne fìata;
E lungha dimorata,
Né paese lontano
Di monte, né di piano
15 Non mette ose untate
In uerace amistate.
Dunque pecca e disuia,
Chi bono amicho oblia;
(>hè 'n tra li buoni amici
20 Son li diritti onci,
Uolere e no« uolere
Cìaschuno ed atencre
Quello che IF altro uuole
In fatto ed in parole.
25 Questa amistà e certa.
Ma delà sua chouerta
Uà alchuno amantato,
Chôme rame indorato.
Chosi in molte guise
30 So/i l'amistà diuise,
Perchè la gente inuizia
La uerace amicizia.
Ch' amicho, eh' è magiore,
Uuol essere a tutt'ore
35 Parte, chôme leone.
Amor bassa e dispone,
Capitolo I.
Perchè in fìn' amanza
No/f chape magioranza.
Dunque riceue inganno
40 Non certo sanza danno
L' amicho, ciò mi pare,
Ch'è di minore affare.
Ch'ama ueracemente
E serue lungiamente,
45 Donde si menbra rado
Quelli ch'è in alto grado.
Ben sono amici tali.
Che saettano istrali,
E danno grande lode,
50 Quando 1' amicho l'ode.
Ma nuli' altro piacere
Si può di loro auere.
Chosi fa r ausingnuolo :
Serue del uerso solo,
55 Ma già d'altro mistero
Sai, che non ual guero.
N amici m' abatto,
Che m'aman pur a patto
E sserue buonamente,
60 Se uede apertamente,
Chom'io rìserua lui
D'altretanto o de pluL
Altretal ti redicho
Délo ritroso amicho,
65 Che dala chomincianza
Mostra grande abondanza;
Poi a pocho a pocho alenta.
r
6 V. fehlt C sometti GMN Souente FZ — 7 E falla RNZ — 8 Ch'una
RGM — 9 Adirata F Ardita Z — io increscença C — il Da morte R
D'amare lisNC fehlt D' GM — 12 alungha G — 13 Di paese M Nel NZ
Né 'm F — 15 „Si ommette obscuriiate" Z metto N — 17 „Dunque peccato
o disuia" R „Dunque perchè disuia" Z — 18 Chi 1 MN Qual Z — 19 E
C fehlt 'n LSGMNCFZ 20 leali R - 22 atemere C — 24 E'n Z fatti
MZ — 25 e questa N „In questa amistà certa" Z — 26 Ma ella N — 27
„Va Tuom e mantando" Z — 28 è dorato F — 31 uizia GM — 33 L' LS
S* C — 34 fehlt essere G ttutte l'ore LGN — 36 lascia M basso Z —
37 amistanza M — 40 credo LSGM — 41 „L' amicho compare" Z — 42 basso
RM — 43 neramente C „Chanta ueraciemente" Z — 44 „E assai lungha-
mente" M lealmente LSG larghamente C allegramente Z — 45 Onde sin
M — 46 Colini LSM — 51 neun N — 52 da NZ — 54 che ffa lo uerso- G
Che serue F — 55 Ma p<?r altro M — 56 Sa' ben che M uà leggiero Z —
57 Et in Z — 58 m'ama N m' inamaro Z Ch'amano F — 59 „Serue bo-
nariamente" M sseruon RG — 61 fehlt io M riseruai N sema F — 62
X fehlt de M — 63 „Altretale la te redicho" RCFZ (-lo ti dicho) „Altrettal
la ti dico" M dico N — 65 ala LSGM delà N 'ncomincianza SGMFC —
67 Et p<»i atì Z allena F —
»5*
388
B. WIESE,
Capitolo I.
Tanto che aneenta,
E in detto ed in fatto
70 Già no«n oserua patto.
CHosì o posto chura,
eh' amicho di uentura
Chôme rota si gira,
Ch'elio pur guarda e mira
75 (ahorne uentura chorre;
E sse mi uede porre
In glorioso stato,
Sememi di buon grato;
Ma sse chado in anghosce,
80 Già no« mi richonosce.
Chosì face l'augello,
Ch'ai tewpo dolce e bello
Chon noi ghaio dimora
E chanta ciaschun ora,
85 Ma quando uien la ghiaccia,
Che no« par cha li piaccia.
Da nnoi fugie e diparte.
Ond'io ne prendo un'arte,
Che chôme la fornace
90 Proua l'oro uerace,
E la nane lo mare,
Chosì le chose amare
Mostran ueracenu*«te
(vhi ama lealmente.
95 Cierto 1' amicho auaro.
Chôme lo giocholaro,
Mi loda grandem^«tc.
100
105
no
115
120
125
Quando di me ben sente;
Ma quando nolli dono,
Portami laido sono.
Questi dauante m'ungie,
Ma di dietro mi pungie,
E, chôme l'ape in seno»
Mi dà mele e ueleno.
EL' amicho di uetro
L'amor gietta di dietro
Per pocho ofendimento;
E pur p^r pensamento
Si rompe e parte tutto,
Chôme lo uetro rotto.
E 1' amicho di ferro
Mai no« dice: diserro,
Infìn che può trappare;
Ma el no uorria dare
Di molte erbe una cima.
Natur' è delà lima.
Ma 1' amicho di fatto
È techo a ongne patto,
E persona ed auere
Puoi tutto tuo tenere;
C^hò nel bene e nel male
Lo trouerai leale.
E sse fallir ti uede,
Unque no« se ne ride.
Ma te stesso riprende
E d'altrui ti difende.
Se ffai chosa ualente.
68 E tanto N che neenta N che a niente ména £ eh' è niente Z —
69 E di USCF „In docto nò in facto" Z e di LSCF o in N — 70 „ChosI
è pur baratto" M non ne Z aserue R sema N — 71 Che si N Che s'io
o Z — 73 s'agira N 74 Che mi LS Che pur lo M o M — 76 „che
se Ho uede ])orre" G E sse lo M uedi M uedesse Z — 78 Semi L Se-
ruelo GM — 79 chade GMZ — 80 „Già più noi richonoscie" G nello M —
82 Ch'a il G Nel Z gaio LSGM — 83 „Che con ongni hnòrn dimora'* M
„('hon inganno dimora" Z %^ fehlt E; Chantando M — 85 £ F ni è R
- 86 Che pare che nolli C — 87 si fugge M parte M — 88 n'o presa R
n'aprendo LSG — 89 Sì echóme GM fehlt Che C — 91 et lo zT — 93
apertamente M ueramente C' -- 95 E II' amico M fehlt TO — 96 î chôme
il GMCFZ — 97 Che ñij F — 100 Mi porta Z — Statt w. lOI — 104 fit M:
„(*hosi o visto fare ¡ Al chañe Z ripilglarc | Ciò ch'elgl'a bomicato j Chosl
è loro vsato" — 102 E I-SGNCZ — 103 fehlt E G — 104 „Má dì me h)
ueleno" Z - ios da uento Z — 107 ostendimento Z — 108 O MZ possa«
m^wto M - 109 parte c rompe R E ronpo C Mi ronpe F — III rv.
III— -116 ùirl. fehlen Z fehlt E C Ma GC — 112 io diserro N — II3
rappare M — 114 Mai F fehlt el MF — Il 6 dell' anima F — II7 vr.
117 134 tm-l. fehlen M — 121 EC— 126 Et da altri Z — 127 coae Z —
DER TESORErrO UNO FAVOLELLO B. LATINOS.
389
La spande fra la ge/ite
E 1 tuo pregio radoppia.
130 Chotal è buona cheppia;
C ir amicho di parole
Mi serue quando uole
E no«n a fermam^wto,
Se non chôme lo uento.
Capitolo II.
I Or, che ch'i' penso o dicho,
A tte mi torno, amicho,
Rusticho di fìlippo.
Di chui faccio mio ceppo.
5 Se teco mi ragiono.
Non ti chero perdono;
Ch'io no« credo potere
A tte mai dispiacere;
Che la gran chonoscenza,
IO Che 'n te fa rìsedenza.
Capitolo II.
Fermât' a lungha usanza, 145
Mi dona sichuranz«,
Chom'io ti possa dire
E per detto ferire.
15 E cciò che scritto mando
È chagione, e dima/fdo, 150
Che tti piaccia dittare
E me scritto mandare
Del tuo trouato adesso.
135 20 Che 1 buon palamidesso
Mi dice, ^d ol creduto, 155
Che se'n cima saluto,
Ond'io me n'allegrai.
Qui ti saluto ormai;
140 25 E quel tuo di latino
Tien per amicho fino 160
A tutte le charrate,
Che uoi oro pesate.
128 „Le spandi fra Ile gienti" Z î fra Ila G tra N — 132 quanto C
come Z — 133 vv. 133 uud 134 fehlen LS.
Cap. II I Or ciò M Onde ch'i' F „Or che ch'io mi pensi et dichi"
Z — 2 „A tte perfetto amicho" RM mi ritorno N — 4 „1 chui fìccho mi
cieppo" G mi fo F tempio Z — 6 Non cheroti G — 7 Che non C —
9 choscienzia F — io far sentenza Z — li X lungha M Fermerà Z —
14 profcrere LSNCZ — 15 fehlt E M ch'io G ti mando M — 16 „A
cagione addomando" LS „E a ragion dimando" M fehlt EG Et CZ fehlt
e GF addimando GF — 18 „e scritto a me mandare" GM „Et in scripto
mandare" Z „E iscritto mandare" F — 21 fehlt Mi LSNCFZ disse GMZ
fehlt 1 RMZ a Z — 22 „che sconcia e saluto" N sse'n somma G fehlt
saluto C sso'n Z — 24 „Quantj salutj ormaj" F „Et qui ti salutai" Z ornai
GN — 25 „Omai quel tuo LATINO" Z — 26 „Tienj per oro fino" F —
28 Che uno oro R.
Folgt in L: Qui è compiuto il fauolctto | Che mandò s^r burnetto la-
tini I a rustico di tìlippo. S ebenso doch', fagoletto ke — latino. In G:
„Finito il libro chiamato tesoretto | deo gratias . amen". In N: „AMEN
deus". In C: „Explicit liber tesoreti | domini Burnetti la | tini de florentia".
In F: „deo grazias". In Z: „Finito è questo tractato".
B. Wiese.
Die Spraohformen Matfre Ermengau's.
Einleitendiis. Matfre Ermengau ist der Verfasser des Breviari
d'amor. Wie wir im Eingango des Werkes erf-ihren, ¡st dasselbe
im Jahre 1288 begonnen worden. * Es ist eine religiös gehaltene,
für den Laien geschriebene Encyclopädit; des allgemeinen Wisseiis
der damaligen Zeit.
Die vorliegende Untersuchung hat die Aufgabe, die Sprache
des Dichters, dessen Heimat l^éziers ist, darzustellen. Nur ein
zweifacher Anhalt bietet sich hierbei der philologischen Kritik: die
Reime und die feststehende Silbenanzahl der einzelnen Verse.
Bereits Gabriel Azaïs hat in der Einleitung zu seiner Ausgabe des
Breviari d'amor (p. C' — ('IX) über die Sprache des Gedichtes ge-
handelt. Beweisfähig jedoch für die Sprache des Dichters ¡st seine
Abhandlung nicht, denn sie ist ohne jede Rücksiclit auf die l>eiden
erwähnten Kriterien verfafst.
Azaïs* Ausgabe ist keine definitive, da weder alle Handschriften^
zu Rate gezogen sind, noch eine methodische Klassifikation der
erhaltenen Handschriften vorausgegangen ist. Dem Texte liegt die
Hs. A zu gründe; die übrigen Pariser Hss. liat der Hcrausgitbcr
benutzt, um die Lücken von Hs. A auszufüllen und die Fehler
derselben zu eniendienni. Mussafia (HandschriftL Studien III. in
d(Mi Sitzungsberichten der Wiener Akademie der Wissenschaü
Bd. XLVI, p. 4i4se(i.) teilt das Ergebnis einer Vergleichung der
ersten 1 3 1 90 Verse mit den beiden Wiener Hss. F G mit Seine
Emendationen sind, soweit sie für die Kritik der Sprache in Be-
tracht kommen, angeführt. Im „Jahrb. f. rom. u. engl. Lit" Kd. V
hat Mussafia die Lesarten der Hss. F(t für den .Schlufs des Breviari
(„L^^ Perilhos Tractat d'Amor") angegeben.
L^nser Werk, 34099 Verse umfassend,^ ist in paarweise ge-
* Am ersten Frühlinfista^e des Jahres 1288 hat Matfre sein Werk be-
j»oniien. In dem Abschnitte ,,De la naissensa del ßlh de dUu" (V. 21673)
erzählt er, es seien seit der Geburt Christi 1289 Jahre, 3 Monate, 2 Tage ver-
flossen --; es war also am 2. April 1290.
'** Über die hand>chriftliclie Verbreitunj» des Werkes vgl, Bartsch,
„Grundrifs der Gesch. der prov. Lit.'* p. 53.
3 Azaïs zählt 34597 Verse. Seine Zählung ist jedoch an mehreren
Stellen fehlerhaft. Von V. 4599 geht dieselbe auf V. 5000, von V. 8999 ^^
V. 9000 über. Ferner befmdet sich zwischen V. 1900 — 5 und V. 33280 — 5
je ein nicht gezählter Vers.
DIE SPRACHFORMEN MATFRE ERMENG AU'S. 39 1
reimten Achtsîlbem gedichtet, und zwar so, dafs vvie die Verse
auf mähnlichen, auch die auf weiblichen Ausgang nur acht Silben
haben. Männliche und weibliche Reime wechseln in bunter Mischung
mit einander ab. An mehreren Stellen hat sich der Dichter mit
der Assonanz begnügt:
contendré 1681 : membre, milia 2886 : seria, 6820 : avia, 16174 i companhia.
estadis 3652 : miliar is. Mer cur is 40CX) : Saíurnis (6363, 6405). maragdes
3899 : achates, espazi 6329 : savi, vista 6959 : Citra. vilania 12331 : symia.
diabol 13753 • habitacol. partas 14509 : patriarchas. latz 15966 \ partz.
malicia (= maleza) 1 8344 \ grepia. ontz 18378 : dotz. apóstol 26429 \ pobol.
célele 27529 : feme (31940). bela 34205 : fera.
Selbst der Assonanz entbehren die Bindungen:
Ambrueys 1289 : engenres. respondo 1319 : entendu.^ avaricia (■— avareza)
3490 : luxuria, 736 1 : cimia, 27 1 44 : glotonia, 32966 : simonia, comandai
9187 : vendas.^ azulteri 1 69 1 0 : testimoni. dejunis 1 94 1 6 : celicis. grepia
21757 : avia, conjuro 23260 : demando, doctrinas (Subst.) 231 00 : fermas.
Magdalene 23690 : Salome (24929). célele 2772 1 \ prueyme, verdiera 31413 :
fregura.^ abaissa 323 1 1 : issalsa.^
Die Bindung desuncía 6153 : plueia ist ebenfalls unregelmâfsig.
Die Stelle ist wohl verderbt. Für desuneia hat B deshueiay C deS'
neyta. In F findet sich ein regelmäfsiger Reim: desnuda (dis-nodiat) :
piueia.
Die unregelmäfsigen weiblichen Reime wie respondo ; eniaido etc.
sieht Mussafia (Handschriftl. Mittheil. Ill in den Sitzungsberichten
der Wiener Akademie der Wissensch., Bd. XL VI, p. 4 1 1 ) als männ-
liche an und scandiert : respondo : entendö. Demnach müssten alle
diejenigen weiblichen Bindungen, die hier entweder als Assonanzen
oder als Consonanzas bordas aufgeführt sind, unter denen mit
Accentverlegung einen Platz finden.
Zur Herstellung des Reimes wird von provenzalischen Dichtem
der Accent zuweilen auf die unbetonte Endsilbe verlegt. Auch im
Breviari sind eine Anzahl derartiger Bindungen zu belegen:
autres 121 3 : al res. issamen 1839 : comensén. aurión ^11"] : mon. comté
(computus) 6325 : conte (-tenet), compairés 162^0 : parentes, banairés 17432:
tres, la 21 368 : Judd.
Die Masculina auf -« tragen häufig auf der letzten Silbe den Ton :
planeta 4028 : astrologia, 4108 : sobiras, regelmäfsig aber 3658 : netas, 3848 :
sage tas.
Einige der angeführten Reime giebt Mussafia, Hanschriftl.
Studien III, an. Von anderen Dichtern (Guiraut Riquier, Guiraut
de Cabreira) hat Bartsch in Gröbcrs „Ztschr. f. rom. Phil." Bd. II,
p. 131 mehrere Beispiele beigebracht. Vgl. auch Suchier, Denkm.
prov. Lit. und Spr. I, p. 292,49; 293,87.
Aufser den weiblichen Reimen finden sich auch leonynische
Reime bei männlichem Versausgang. Dafs dieselben vom Dichter
beabsichtigt seien, ist nicht anzunehmen.
Dreireime hat der Dichter an zwei Stellen gebraucht, V. 23728 —
30 (nohlamens : enguens : tssamens) und V. 34439 — 41 {cor : lauzor :
* Nach den Leyä d'amor Consonanza borda.
392 R. WEISSE,
amor), Abwiìichondc Ri'imjstt'llunf^ liegt vor bei V. 28769 — 72
(dcsptssa : error : trobador : maleza). An zwei StelliMi (V. 4200, 15097)
finden sich alleinsttihende, ungebundene Verse, vor oder nacli denen
der Ausfall je eines Verses angenommt;n werdeii mufs. Ks ist zu
verwundern, das keine der sechs von Azais benutzten Handschriften
den Text an jenen Stellen vervollständigt hat. In F G ist der mit
4200 reimende Vers vorhanden:
E volontiers se bar raí ha
Don se diiz dieus de hatalha.
In der Ausgabe des Gabriel Azaïs ist am Schlüsse des Breviari
d*araor ein ebenfalls in Reimen verfafster Brief des Matfre Erraengau
an seine Schwester enthalten. Derselbe umfafst 138 zehnsilbigc,
paarweise gereimte Verse.
Femer sind von unserem Dichter noch zwei (jedichte bekannt,
welche ebenfalls Gabriel Azais veröffentlicht hat (s. „Les troubadours
de Bóziers", p. 131, 134 in „Bulletin de la société archéologique,
scientifique et littéraire de Béziers").
A. VON DEN LAUTEN.
L Die betonten Vokale.
§ I. Lat. u, o. I. Lat. û und ô in freier Silbe werden im
Provenzalischen zu í;*. Ausweichung des 0 in u findet statt in
deorsum — jus (: plus 5881) neben jos (: fws 6123). Ferner wird
das lat. illönim neben lor (z. B. : cahr 6132) nicht nur in der
Schreibung zu ///;-, sondern zwei Reime beweisen, dafs dem Dichter
auch die Aussprache lur nicht fremd war, welche nach Diez
(Gramm.* II, 99) von der Lyrik im Reim venniedcn wird: iur 1 1773 :
dur, Iur s 1 1 85 1 : durs,
2. Welche Färbung lat. o in freier Silbe erfahren hat, ob der
einfache I^ut 0 geblieben, ob die nach der Rhône und I^nguedoc
zu setzende Diphthongierung zu uo, oder ob die in Marseille und
der Prov(ince übliche Diphthongierung zu ue stattgefunden hat,
läfst sich aus keiner I^indung erkennen. (Ebensowenig läfst sich
das Schicksal des lat. o in der Position nachweisen.)
Anmerkung: Die Scheidung von 0^ und 0^ hat der Dichter
streng innegehalten.
% 2, Lat. a. Der Vokal a hat sich im l^rovenzalischen rein
erhalten. T^l. aqua wird ai^uay woneben nach Diez, Gramm.* I, 146
ai^ua nicht vorkommt, hn Breviari findet es sich mit a gebunden:
aigua 23710 : pia g un.
In dem vom griech. 7cá{iít stammenden Worte cara^ welches
in anderen Tt^xten zuweihMi die französische Form ciura zeigt,
z.B. bei Arnaut do Ahirolh (Bartsch, Chrestom. prov.^98, 3), be-
wahrt Matfre das a: cara 12501 : ciara, 28417 : Navarra,
Über die Jùidungcn -arius, -aria vgl. § 3. Die Ncbcnfonn k
von ¡av (22204 : plaj) läfst sich aus einer Bindung nachweisen:
la 2 1 368 : Juda,
DIE SPRACHFORMEN MATFRE ERMENGAU's. 393
Anmerkung: Das tiefe a (vor abgefallenem losen «), ¿z', bindet
unser Dichter mit dem offenen (a^\ Beispiele sind:
ca (canem) 371 \ fa (fácil), fa (facit) 1225 -.pia (planum), ma (manuni) 1433 :
a (habet), endetna 15089 : veyra. cápela 16705 : mandara.
Auch vor s findet die Mischung statt: sobaras ¿\2'^'] \ planetas.
§3. La t. e, i. I. Lat. è, oder durch Consonan tenausfall
lang gewordenes, bleibt é\ Ausweichung in i zeigt venenum: veri
1 1 63 1 : giqw\ 26739 '' (fÇ^^i' vier ce hat sein e ausnahmslos bewahrt
(9959 : he\ Hierher gehört auch die Form quist mit den Compo-
sita: conçu/s/ S ^Söy 1 1 647 : Cris/, requis/ 14776 : Cris/; -rf 10745 •
ris/a. Daneben auch conqueza 17693 : riqueza. — Der Nominativ
Plur. des Pronomens aqtiest ist ebenfalls mit / zu lesen [22^^'] :
Crisi). — Die Participia près und mes haben ihre provenzalische
Form mit e bewahrt: près 6551 : mes (mensis). Irameza 19875 :
riqueza,
2. Lat e in offener Silbe wird nicht diphthongiert:
quer (quaerit) 9086 : cer (cervus). fers (ferus) 24838 : ters (tertius). fera
(fera) 34206 : bela (bella).
3. Lat. Ï wird zu e^. Eine Anzahl , hauptsächlich weniger
volksmäfsige oder jüngere Wörter, behalten ihren ursprünglichen
lat Vokal. Allein unser Dichter scheint auch dieses / in e über-
gehen zu lassen:
digne 141 15, 14433 : regne, minas 5803 : venas, provincia 3485 : esperiensia.
4. Neben meravelha, meravclhar, vom lat mirabilia (1735 : so^
leilhf 9177 : cosselha) gebraucht unser Dichter auch Formen mit /;
meravilhas 316, 33377 : filhas.
5. Lat e + u, e + v, e + p und lat 1 + u, 1 + v, 1 + p werden
in unserem Denkmal durch den Triphthong ieu vertreten. Ebenso
wird das aus lat. i + u, î + v, í-f-p entstandene iu zu ieu. Da
nun beide Triphthonge mit einander im Reime gebunden werden,
so ist der Gebrauch der Diphthonge eu und iu ausgeschlossen.
Beweisiahige Bindungen sind:
ieu (ego) 495 : vieu (vivit), 13770 : vieu (vivum). beure 17146 : vieure.
vieus 20936 : Bertolmieus.
6. Die lat. Endungen -arius, -arium, welche im Romanischen
wie -erius, -erium behandelt werden, lauten im Prov. -/Vr. In
der Bindung dcners (denarius) 30267 : poders ist ohne Zweifel das
Subst podier zu erkennen , welches Suchier, Denkmäler prov. Lit
und Spr. I im Glossar mit drei Stellen belegt. — Die feminine
Endung -aria (-eria) bekommt bei Matfre den Triphthong iei. Be-
weisfähige Bindungen fehlen.
7. Das griech. xáXavxov lautet im Munde des Dichters talen
und /alan: /alan 2431 : Sa/an, 31996 : semblan, /alen 85 : issamcn,
3080 : sen.
Anmerkung : Mit der Scheidung von e^ und e^ ist der Dichter
nicht ganz so sorgfältig verfahren, wie bei 0. Immerhin sind es
der Abweichungen von der Regel nur wenige: pre'^s (prensus) \ pe^s
(pes) 797. molhe^r (mulierem) 16828 : fe'^s (fecit), (sonst immer
394 R- WKissE,
mit í' gebunden: 32731 '.sers (scrvus), 32784 : f/aer (qiiacrît), di-
tnaneh 26103 : preh (pressura), co/c^s 28435 : /eh (fecit), comda,
plancia haben 6- (vgl. Wiechmann, Die Aussprache des prov. c,
Hall. Diss. 1880, p. 37). Demgemäfs stehen diese Wörter auch
stets im Reime zu t'2 (3658 : netas, 3848 : sageias). Mit e^ spricht
Matfre secret (13662 : ;y/, 22637 • t'stantjuet)^ Beeret (17244 : tnictei),
ftTner Helizahet (20548 : comtety 21222 : emprenhet\ Nazaret (12033 :
effantet, 2122Ò : trohet). Doppelte Aussprache hat Oitvetz 12757 •
tohare'^tZy 1Ö178 : pogc^t, — Der Subj. Impf, von naisser hat in
Bindungen nur e^ {nast/nes iiyö^ : cf ¡ear neh) , von v/u re hingegen
t' und e-: visques 19561 : onreh, 15026 : Iwh. Bermerkenswert ¡st
die e^ enthahcnde Endung von Jeronimes (9545 : ¿'J, 9678:1^«,
13505 • volrcs),
^4. Lat. Diphthonge, i. oe wird mit c wiedergegeben:
pena 24685 : cadena,
2. au erhíilt sich rein im Provenzalischen. German, au im (iot.
haunipa hat den reinen T.aut a bewahrt: anta 31037 : carUa^ 3^938 •
planta,
II. Die unbetonten Vokale.
a) Aufserhnlb des Hiatus.
S 5. Vor der Tonsilbe, i. Vor s impurum ist das pro-
thetisrhe e zuweileiì unterdrückt worden. Man kann jedoch an-
nehmrn, dafs die Auslassung nur graphisch ist: Îvlx Santa Scriptura
12 19, 12005 ist Sani^ Escriptura^ für g randa spericusa 540 gran{if)
esper icnsia (so in Hs. V (ji gran experiencia) ^ für fratre sptrital
i()^g^ /rair* espt:rita/, für specYas 17 147 vielleicht espacias zu lesen.
— Ausnahme: scorpios 7459 neben escorpios 11633.
2. Abfall der anlautenden Silbii findet statt in ihauces 5706,
neben ühances 6128, 6189 „Wetterleuchten", ferner in Judas Sca*
riot 22945. — Die C onjuiiktion „während" lautet bald nuntre ib^lZ^
bald domcntre 26325.
?5 6. Hinter der Tonsilbe, i. Der Ausfall des der Ton-
silbe vorhergehiMiden Vokals ist Regel, z. R foutai (follitatem) 30694,
clardat (claritatem) 16095, segur tat (securitatem) 2035 1, egaliai (ae-
qualitatem) 19485 (nur Hs. (ZD), plentat (plenitatem) 19877.
Diese Kegel wird aber nicht allgemein durchgeführt, sondern
di(» Klision unterlassen bi»sonders bei weniger volksmafsigen und
gewährten Wörtern. Darin liegt eine Ilauptquelle von DoppelformeDt
deren unser Denkmal eine Anzahl besitzt:
<z v/><.7(/ /;/<"/; ' 131 70. itspfritiit 13095, iiòpra ()'J12, aspramen 13094. ambesiôs
13U», ,inibùfits 1322, amifos 269, tiwttui ^2$^, benezir 21 ys^, àetuiir ll^JJ,
12030. ispt-n'/z 124S3. espritz II 14. Jideltat \y^\'], feUat 27023. humi^
ütiit 21311. hiimiltat 21131. mcnesprezar 16393, me{nh)spreaar I9203.
nt'itiiczii (nctlctc) 1 744. ncdr^i 2 1423. onorar I9$57, 20365, onrar 19560^
21625. trt'inohir 16102, 16203, /rc/w^Z/ir 16167. verttat gzy, vertat ZEISS'
' Punira trop a operarne ft. Setzt man nach den Hss. FG/iimìr£f> IO
könnte man aspra nun le ben.
DIE SPRACHFORMEN MATFRE ERMENGAU's. 395
Das Part, praes. von offrir lautet einmal offeren 13607.
Nur ohne Elision des Vokals sind zu belegen semettar 17037,
saneiai 16575, esiranogiar 181 70, tribolar 17295.
2. Vokale in unbetonter Enbsilbe.
a) Auslautendes a erhält sich, auch stets in der 3. P. Sg. Prs.
Ind. der i. schwachen Conjugation, z. B. comema 3874 \ f alhema.
Die unbetonte Verbalendung -ant ist gleichlautend mit -unt:
esquivo 7367 : vivo, pauzo 3270 : auzo (audiunt).
/}) o, Û wird zu e geschwächt. Erhalten ist es in pobol 26430:
apóstol, ausnahmsweise auch in diahol 13753 : hahitacol (sonst immer
diable 1555 \ azirabky 5427 \ perdurable^
y) Auslautendes e ist überall abgefallen, wo es nicht für die
Aussprache nötig war. Ausnahmen sind folgende : clergue (clericus)
16101, 18253 neben clers 172 19. deude (debitum) 171 ii, 17905.
malaute 17748, 24508 neben inalaut 25318. sánete 14928, 22666
neben sane 18777. rebelle 34575. termini 9024. carre (carrus)
6858. calici (calicem) 23038. carees (frz. charge, vom lat. caricare)
25879. seìies (sine) 3 und ses 4. monti (montem) 23547, 23567,
24086 (nur in der Verbindung Monti Calvar). Ferner sind hier
noch anzuführen die Infinitive falhire 5276, mentire 13369.
b) Im Verhältnis des Hiatus.
§ 7. Combinationen mit i (e), i. Die Nasal- und Zitter-
laute mit palatalem i. Nach 1 und n verliert oder behält i seinen
Silbenwert. Ersteres ist der Fall bei junh (Junius) 3780, silbebildend
ist /' in oli (oleum) 21064, //// (lilium) 151 10, juli (Julius) 3797,
dejuni 13027, sanguini 7763. — Verhärtung zu g findet statt in
vcngua (veniat) 19759, 25421 : lengua, und in iengua (teneat) 19663,
23877 : iengua. Nach m hat i consonantische Geltung in comjat
(commeatus) 22489. Nach r sind dieselben Möglichkeiten vor-
handen: escorjar (excoriare) 24581, 25466, doch auch escoriar
27030; albir (arbitrium) 21029, 344^0 1 liaQXVQiov lautet martire
2891 1, 31034 und mártir 28826. — Das Substantiv von dezirar
lautet dezir 150 17, 26221, von cossirar dagegen cossire 24027.
2. Sibilanten mit palatalem i. Nach Sibilanten wird i eben-
falls in volksmäfsigen Wörtern consonanticrt, während es in jüngeren
Wörtern seine vokalische Geltung bewahrt. Eine Anzahl Wörter
braucht unser Dichter in doppelter Form (nach s, /, c) : occayso 811,
occasïo 19987; orazo 13243, 15356, oracio 132 17; minis trazo 9919,
aministracïo io 167, 18021; razo 1940, doch rational 2639, 2807;
comparazo 1264, dagegen declarado 62, dubitacïo 61; nescius wird
nesci 27906, 28008; spatium lautet espazi 3630, 3641, zweisilbig
jedoch in der Redensart per espas („par intervalles") 34251, 23998.
— Die lat Endung -entia wird stets zweisilbig gebraucht, nur zwei
Ausnahmen sind nachzuweisen: essentca tc^'j , presencia 698 (Hs. C). —
Immer behält i seinen Silbenwert in Wörtern wie sacrifici 15233,
offici 15342, malifici 15343, juzizi 12460, vici (vitium) 7527, malicïos
3293 u. a.
39^ R. WEISSE,
3. i nach dim stiinmliaftcn Vcrschlufslauton d, b und nach v.
Auch hìvT uiiUTlicgen einige Wörter einer zweifachen Bildungsregd.
gladius wird g/azi 14306, gi^bunden mit gasif welches auch f^'J/f^'i
34271 (: cnrah^t) lautet. — Nach f> erhält sich i als Silbe in cum'
b'i'tir 4179, 3 14 16, camhmritz 31 321, dagegen camjadors 2Z%'^1^
camjo (3. 1\ PI.) 32887. — ahnrüir 5486, 7086 wird stets dreisilbig
gebraucht (als ahreujar zu sprechen); *greviare \ü\\\ñ\. grmjar : grcujo
17 159, 24038 {frrcTi'iin =^ greujivi),
4. i nach d(Mn stimmlosen Verschlufslaut p. Consonantierung
des i ist Regel in sapchatz 9999. Ausnahme: sapun 15087; vielleicht
auch 4335 {J)cl soleilh vuelh qut- sapchatz, in welchem Verse eine
Silbe fehlt; DFG setzen ehi E an den Anfang. — appropiarc
wird aprochar 13680, 22270 (Matfre braucht auch tf/r^/z/Wr 12505).
S 8. Zusammentreffen von i + a. Die Combination w
wird in den verschiedensten Stellungen je nach den Krfordemissen
des Metrums bald ein-, bald zweisilbig gebraucht. Nur lia ist zu
sprechen in goliar 8147, ifaì'ùìmni 31 2 10, gahador 29554, caiumfh
nïar 16242, païïiar 16772, i'cmüm'íar 9424, vauìeniìador 6696, nesâa
(Fem. des Adj. ncsci) i^^fi^^ anunciar 12345, cssmcïal 106 1, Mafia
1434 1, 14755, fnïat 13289, escorpio 11633. Einsilbig ¡st ia in
sanfonìa 7303, milia 2455, 2886, blasfemias 15402, cimia 7362,
12332 (Ausnahme: sim'ta 10678), ferner in den Endungen -oria
und -eria: cstoria 10202, victoria 13274, meritorias 2591, memoria
885 (Ausnahme: memoria 890), miseria 15453, materia 2002, gloria
12529 (oft auch gloria 1124, 103 16), ferner in discordia 3432,
12357, misericordia 12358, contumacia 16328, grepia 12640, dici*
das 1 363 1.
l^ald ia, bald ia ist zu sprechen in contrarias 2408 neben
contrarias 85^0, especial 212, 15662 neben especial 12857, gf"C^M
16329 neben gracia 17295, ferner substancia loi l, doch substancial
15528, Iranssuhsfanciat 15646; Asia 25432, Asia 26447; Endias
zyiö^ neben Endias 26882, bestia 7345, 7371 neben bestia 7364,
diable 3330 neben diable 3416, 3560, liais 9662, Halmen 18024
ausnahmsweisi? neben Hals (legalis), propriamcn 9191 neben pro-
priamen 2'J']2,
Strlbsl das biîtoiite / wird mit folgendem a einsilbig gebraacht:
guia 15805, dia (dies) IH)']^, folia 28716 (Hs. BC).
Di(^ Knilungen des Imperf(;kts und Condiciónale sind bald
ein- bald zweisilbig zu scandii»ren: avia 1392, sericm 2822, faziait
30905 und sabia 18 13, devia 18 14, avia 1955, WÄI 1988, «fu
1756, fifia 1989.
§ 9. Combinationen mit u. Der Filile sind es hier nur
wenige. Flidiert wird u in vacs (vacuus) 34024, dreisilbig ìsX jemtr
3886, febrier da^^argcn stets zweisilbig (3887, 3QOi). — camtimÊm
wird Ci-niinus 1 5965 ; continuamen ist öfter coniinvamen zu spreclicn
(viersilbig 13501, 19241, fünfsilbig 11232, 23752). In unsu-úSkd
7550, pirsuacio 24535 i^l- " silbebildend.
DIE SPRACHFORMEN MATFRE ERMENGAü'S. 3Q7
§ IO. Hiatus durch Zusammentreffen anderer Vokale
Den durch Synkope eines g herbeigeführten Hiatus hebt Matfre
nicht auf in maestre 26532, maëslraiz 18405. Nur einmal ist
maestre zu lesen: E t'en que vostre maestre sta 22987.
Doppelte Formen kommen von einer Anzahl von Wörtern vor:
pië/atf ausnahmsweise pïetat 14554; teologías 2T^']y teulogia 2889,
20188; traidor 14536, trachor 24077; döas 3287, 14068, viel
häufiger aber doas 13955; Joans 3518, weniger häufig Joan 12^20,
14473; sohrefluitatz 6614, 104 12, sobreßuitatz 9568; Betl'éem 2i'j^2y
Betieem 21753, Ahraam 25586 nur ausnahmsweise neben Abra-
ham 26614.
Einsilbig ist eo in geometrìa 240, 5586, au in Emaus 9902.
Viersilbig ist Vsa^y-as 1 2 1 1 9, dreisilbig Moysens 1 1 5 1 2 und Azaron
11511, 12419.
III. Die Consonanten.
g II. Lat. c. I. c im Inlaute vor aou wird zur Media
oder, wenn a e i vorausgeht, in den Laut Y aufgelöst. Letzteres
scheint auch im Breviari der Fall zu sein : plaia (*placat für placeat)
31438 : gaia. Dabei geht iV in einfaches ;* über: amica = amia
30592 : Jolia, 33521 : dia (dies); dicat = dia 10908 : sia, 11 905 :
projecia', crucifigat = crucifia 14342 : Maria\ diversificat = diversifia
14086 : dia (dies); fructificat = Jruc tifia 3800 : guia.
2. Für den Übergang des c vor a in den Laut TS H (eh)
liefern die Reime keine Beweise.
3. c vor e oder i ist im Provenzalischen in ss übergegangen.
Bindungen, welche dies erkennen lassen, sind : Jassa (faciat) 1 1 62 :
massa, 3763 '.passa, 13 142 : dequassa (dequassat).
Im Auslaute wird der Laut zu TS (tz). Dieses tz kann auch
in s übergehen: oras (*bracium) 1684 : nas (nasum), 23768 : detrás,
25177 : Tomas', totas ves 16438 : es', crotz 23579 : la iros', solas (soia-
cium) 31407 : las (lassus); tertz (tertius) 24837 : Jers (ferus); mers
(merces, Acc. PI. von mer) 4179 : leugier s,
4. In der Verbindung c-f-s fällt c in folgenden Fällen aus:
senescacls 23316 : desleals; brans 29049 : Rotlans, Hier ist auch zu
erwähnen dextra 833, 16260 : senestra.
5. Die Combination et wird in den südöstlichen Mundarten,
in der Provence und in Languedoc zu TSH (ch). Diese Ver-
wandlung wird bestätigt: freja (frigida, *fricta) *] 120: veja (videat);
anuech (ad noctem) 23053 '. pueh (podium). Doch sprechen auch
einige Reime gegen diese Verwandlung: Jrugz 417 : vertutz, 14549 :
rezemug', dig (dictum) 2%S22 : escarnig (es ¡st hier zu lesen yVi// :
vertut : rezemut, dit : escarnit). In der Lautverbindung net wird c
ausgestofsen : sancta 1 1065 : canta, 33391 : mantas, Rine Mouillierung
des ;/ kann nicht nachgewiesen werden.
6. Die Combination sc wird im Provenzalischen -/>. Beweis-
fähige Bindungen sind: nais (*nascit) 4247 : rais (radius); Jais
(fascis) 10436 : mais, 26210 : ueimais.
39^ R- WEISSE,
î5 12. Lilt. qu. qu ¡m Inlaute wird in e verwandelt und
erhält dann mediale Aussprache: aigua (aqua) 237 ii \plagua\ ini'
qua 23456 : cruci figa,
S 13. La t. g. g hat in vielen Fällen dasselbe Schicksal er-
fahren wie c.
1. Im Inlaute vor den Vokalen a e i und vor Consonanten
erhält sich die ursprüngliche Media in dem ^ísíxui^ plagua 23710:
aigua. Dem widersprechen einige Bindungen: Ha (ligat) 1Ò476 :
vol ria, 20174 : ///V? (dies); des lia iW] \ : dia. Den Verlust des g
beweist auch die Einsilbigkeit der Fonn Ha/ 9662, Halmen 18024.
2. Steht g vor e oder i im Auslaute, so löst es sich, nach
Abstofsung der Vokale e oder i, in /"auf: leys (legem) 9315:
mezeis \ fuy (fugit) 667, 28532 :///>•. Formen wie fug kennt der
Dichter nicht. Der Zischlaut findet sich auch in anderen Fällen
nicht: aia (habeat) 20292 : veraia\ domuei 33841 : crei,
>5 14. Lat. t. 1. Inlautendes t wird zur Media envcicht.
Ausfall dieses d ¡st bei Matfre nicht nachzuweisen.
2. Im Auslaut der Wörter bleibt die Tenuis ungeschwächt.
Ausfall derselben (iz = s) zeigen indessen mehrere Bindungen:
voUis (voltitus) 5099 : vis\ refus 18866 : pHis\ logas (locatus) 4423 :
planetas \ cofors 19420 : cors (cor), 20571 : cors (corpus); esfors
17492, 31908, 33297 : cors\ ireiz 9846 : trames\ fondes (2. P. Plur.)
20221 : fes (fides). — Über veiz = ves vgl. § 11,3.
Regel ist der Abfall des / in der Perfektendung -iV, z. B.
segui 126 17 :/; aorri 12624 : fi\ ohezi 12599 : atressi\ parti 5066 :
aqui, Ausnahme : senlit 1 2484 : Esperii (die Lesart der Hs, D ¡st
auziC), — Ausweichungen dieses / in r (z. B. partie) kennt unser
Text nicht.
3. Auslautendes /// wird im Breviari stets zu n vereinfiadit:
tan (tantum) 1 1616 : Satan \ grans 108 15 : fohans\ aitam 6787 \ am\
bas tans 6827 : ans,
g 15. Lat. d. I. Inlautend zwischen Vokalen wird d xu f ,
z. B. lanza 1 1050 : causa, Ausfall dieses Lautes fìndet statt in fiar'
lia (fidat) 12070 : Maria.
2, Anzuführen ist der Abfall des auslautenden d in dem
Kigennamen Davi 157 : ////, 11 709 : atressi. d fallt auch aus in
//erodes : l^ro 22166 : aquo (n(*ben Erodes 23396, 23404).
S 16. LaL n. i. n hat zuweilen Ver^vandIung in r erfahren.
Abgesehen von 7'eri hat der Wandel stattgefunden in dimergues
18252 : cltrgut's,
2. Das lose, von den Leys d'amors indifferent genannte n
fällt im Auslaut regt'lmäfsig ab. Beispiele sind: fi 1390 : atretsii
vi (vinuiìì) 0780 : atressi', u (unum) 6865 : fhesu\ ma (manum) 1433 :
(/; iomus gu7() : plus, Bindungen des losen n mit dem festen ge-
statti't sich MatiVe nicht. Nur das ;/ in son (lat sunt) findet sich
an zahlri'irlu'n Stellen mit fcstrm ;/ gebunden: son 6145 \fciH (fiindit),
2^083 \ fron nelhMi so ^71 : operating 22346 :o (hoc). Lat foit
braucht der DichtiT nur in der Vonwfo (i 282 : mutatio, 139 18 : ùriK»y
DIE SPRACHFORMEN MATFRE ERMENGAU'S. 399
Eine Verletzung der Regel findet sich nur in wenig Reimen,
und zwar bei Eigennamen : aurion (griech. Í¿ciwv, œvoç) 4227 :
mûH; Peguìlhan 28137 • 7^» (faciunt). Die Unterdrückung des in-
lautenden losen ;/ (in den Vorsilben con-, en^) läfst sich aus Reimen
nicht erkennen, ist aber in Analogie zu dem Abfall des auslautenden
losen n anzunehmen.
3. Assimilation des n liegt vor in der Verbindung ns: pem-
densa 199 : adressa, 8489 : desiressa\ seynensa 12039 '» promessa \ pessa
(pensa) 137 11 : messa \ despessas [-pensas) 17325 : sosmesas; pes (pens)
38 1 1 : se/es.
4. Die Mouillierung des n, welche im gewöhnlichen Proven-
zalisch bei n-f- Vokal, ng oder gn stattfindet, erstreckt sich auf
einfaches n und den Subj. prehendam: piatias 7218 : monianhas,
22483 : companha\ prenha 33096 : renha\ prenho 18534 : captenho\
escomprenha 13908 : venha, 15942 : lenha\ tenh (teneo) 5260 : reden,
§ 16. Lat. s. I. Für den im Gebiete von Ost -Languedoc
beliebten Wechsel von s in r liefert folgende Bindung den Beweis:
almorna 97 1 1 : corna,
2. Das stimmhafte s zwischen Vokalen fällt aus in dem aus
dem Germanischen stammenden Worte guiza: guia 675 : sia, 3090 :
iherargí'a. Daneben bleibt z erhalten in den Bindungen : gw'za
7089 : Arcimiza, 26137 : diviza,
3. Den Ausfall des j vor ;;/ bezeugen die Bindungen: caresme
329, 27261 '.feme,
4. Nicht ursprünglich ist das s im W^orte legisme. Nach Diez
(Gramm.* I, p. 405) ist dasselbe dem Einflüsse des lat. Superlativs
(alitsmey saniisme) zuzuschreiben. Sehr wohl läfst sich das s auch
als aus t (in legitimus) entstanden erklären. Es findet sich in dem
Reime: legisme (129, Brief) : altisme,
5. Die Adverbia auf ^men haben sehr häufig auch die Neben-
form -mens [veramens 5639 : démens , N. Sg. ; solamens 16408 : omni-
potens, N. Sg.). Matfre gebraucht auch von anderen Adverbien
Doppelformen: denans 16 195 : grans neben devan 16437 ' dec far an,
dallan 21 152 \ an (haben t); alhors 1686 : majors, 31482 : razos neben
alhor 14460 : amor\ mays 1271 : nais (*nascit), 3792 : rais, hueimays
2Ò20g :/ays (fascis) neben maj' "ji^i/ay, gyt;^ : desp/ay, hneimay
18948 : faj'\ enquara, enguera kommt im Reime nur ohne s vor
(19446 : cara, 29988 : era)\ die zweisilbige Form enquer in Matfre's
Sirventes, vgl. Azaïs, Les troub. de Beziers, p. 135,4).
Eine facultative Stellung hat das auslautende s ferner in als
16849 '"generals, 7587 : naturals neben al 13117 : diabolical und in
res (frz. rien) 18027 : es, 20616 : /es (fides) neben re 20859 • /^
(fidem).
ä5 18. Lat. r. I. Die Vermischung der Laute r und / läfst
sich aus mehreren Bindungen erkennen: neblas 16084 • tcnebras\
sempre 21883, 22147, 22828 : temple,
2, In einigen Fällen ist Ausstofsung des r zu bemerken: Ber-
natz 12073 : desinaiz, 12266 : peccatz, 15168 : datz. Vor s findet
400 R. WEISSE,
Ausfall statt in escas {aairs) 18470, 32068 : avo/as; alhors 31482 :
razos,
3. Umstellung des r ist üblich in temperare = ircmpar. Doch
ündet sich : sempre 6083 : trempe,
§ IQ. Lat. l. I. Übergang von ou (aus ol) in 0 zeigen
moliz 1753 : motz, 19008 : crotz\ mot (multum) 25951 \ tot\ moHas
30252 : t ms totas \ dos (dulcis) 11 82Ò \ peyros, 2 603 2 '.glorios.
2. In unserem Denkmal erstreckt sich die Monillierung nicht
nur auf die Combinationen cl, tl, gl, pl, lg und l + halbconson. i,
sondern auch auf den einfachen Laut in asalh (salit) 605, 17734 *
treha1h\ fils (íilum „Faden") 100 \ perils\ silh (Pron. dem.) 21645 •/^^•
3. Für die Aufliwung des l hinter Vokal in u sprechen mehrere
Bindungen: caut (calidus) 7125 : mahiut\ cauda (calida) 22953 : gauda
(gavata); gau (gallus) 32i5q : sesjau\ chau (calet) 22675 • ^« (audit).
§ 20. Lat. p, b. I. Die Lautverbindung pti wird m ss ver-
wandelt: cassa (frz. chasse) 17829 \ piasse (platea).
2. Nach vorhergehendem Vokal kann b in u aufgelost werden.
Dies ist der Fall in malaut (male habitus) "¡126: caut
j$ 21. Lat. V. Das auslautende v (y") hinter Consonant wird
regelmäfsig abgestofsen : W (salvus) 1877 • w^A 14001 : merlai; err
(cervus) ^085 : t/uer. Der Abfall fmdet auch vor flexivischcm f
statt: sa/s (salvus) 10305 : temporals , 22'j^'j : senlials; sers {semis) 9 :
Bezers, 32730 : mothers. Anmerkung: Für ahriva 190 : avia ¡st mit
CF(î aviva zu lesen.
^22. Lat. m. I. Verwandlung des auslautenden m in »
hat stattgefunden in den F'remdwiktern Chérubin^ Serafini Chérubins
8197 : dedifis,
2. Über das Schicksal von mn läfst sich nichts Sicheres nach-
weisen. Die IIss. haben für dominus, -a : donSj dona, Matfre wendet
diese Worte zwar oft an, vermeidet \sie aber im Reime.
R VON DKN FLEXIONEN.
DiK Deklination.
^2^. Die Feminindeklinationen. Die Feminina der prov.
tasten und zweiten Deklination sind ausnahmslos regelmäfsig abge-
wandelt. Das zur lat. dritti^n Deklination gehörige soror hat hn
Breviari zwei Slammfonnen : ser or Nora. Sg. 227 13, Acc. Sg. l (Brief) :
setilwr'y sor Acc. Sg. 198 19, 34407. Die Nominative melher^ pejer etc.
lasseii sich aus den Hindungen nicht mehr erkennen, sondern Jiw-
jors 1685 : alhors \ menor s 2'^%2^2 : amors,
§24. Dil- erste Masculindeklination. i. Der Nom. Sg.
erhält ein s in planeta, z. H. planetas 4 108 : sobiras, 5055 : saieiras',
pat ria relias 1 1 214 : pareas; dias 6318 : guias neben dia 22729. Auch
un Plural erhält der Nom. von dia ein s: dias 3725 : m'as.
2. Dir Nom. ^g. diT Masculina auf unbetontes e hat in der
Rt'gel schon imu 0' angenommen: r<^ï/r<\v 6453 :/>•<«>« (Acc PL);
fraires 31 |u^ : afaires (Acc. PI.). Dafür spricht audi, dafs im Innern
DIE SPRACHFORMEN MATFRE ERMENG AU*S. 4OI
der Verse nie eine Elision des e bei folgendem Vokal stattfindet,
aufser in der Verbindung: Lo PaiY el Filh el S, Espriiz 1 1 14, 15526.
§25. Die zweite Masculindeklination. i. Der Nom. Sg.
erhält regelnjäfsig das flexivische j. Verletzungen der Regel finden
sich an verschiedenen Stellen:
tnetalh 5800 : salh (salit) ; Anticrist 6885 : Crist (Acc.) ; lo dezirier carnal
5349 • »mortal Acc. Sg. ; Pons Pilat 23489, 23590 : cieutat, regnai Acc. Sg, ;
Gaucelm Faidit 292 12 : petit Acc; nat 6054 • Qualität Acc. Sg. , 23378 :
Verität Acc. Sg. ; temprai (-alus) 4372 : qualitat Acc. Sg. ; nomnat (-atus)
6715, 3774 : qualitat, Proprietät Acc. Sg.
Fernere Vermischungen sind:
sals Nom. PI. 59 (Brief) : perpétuais Nom. Sg. ; defalhimens Acc. PI. 24155 :
covinens Nom. PI. ; sentens Nom. PI. 33729 : defalhens Nom. Sg.
Maivalz soll (Rasos de trobar 76) nie sein s verlieren. Den Nom. PI.
jedoch bildet Matfre maivalz und malvai'.
malvatz Nom. PI. 162 18, 27633 \ peccatz Acc. PI.; malvai Nom. PI. 3391 :
malvestat Acc. Sg., 24981 : emblat Nom. PI.
Der Eigenname Jhesus lautet im Äccusativ Jhesus und Jhtsu\
de Jhesus 10775 : Damascenus, 21 731 i plus ; jfhesu 6865 : u (unum).
2. Wortstämrae auf s sind in der Poesie des 12. Jhs. indekli-
nabel. Matfre fügt an solche Stämme häufig die Silbe -es\
brasses 26789; clauses 10748; corses (= corpora) 14689, 26^^^, gar dacor ses
1 852 1; rorje'j (= cursus) 4098, 4263, diverses 58, 24816; /aises 1 7575,
^oi y); grasses (crassus) 181 10, 18111; meses (menses) 6422, 2 1 33 1; nozes
(nuces) 11516; osses y^Sg; pezes (pedes) 7152, 26687; verses 34315.
3. An die substantivisch gebrauchten Infinitive tritt im Nom. Sg.
das flexivische s:
intrars 3724 : Mars\ sagnars 55 16 ; canicular s Acc. PI.
§ 26. Die dritte Masculindeklination. i. Den Nom. Sg.
braucht •\Iatfre bereits mit flexivischem s\
Pt'Záiires 3701 '. fraires Acc. PI.; salvaires 21056 : enter pretaire s Acc. PI;
companhos 23625 : nos. Ausnahme: salvaire 11888 : paire Acc. Sg. ; Lat.
major lautet majors 4322 : actors Acc. PI.
Auch die Form senher existiert nicht mehr: senhors 21080 : creators,
— Neben dem Nom. companìws findet sich auch companhs 30640 :
eslranhs.
2. Fälle, in denen der Dichter die Form des casus obliquus
mit der des casus rectus vertauscht, sind :
creaire Acc. Sg. 9278, 19306 : /rt/ré*; salvaire Acc. Sg. 2184I : maire,
22200 : paire.
Nicht selten steht auch in der Apposition, wo wir im Deutschen
den Äccusativ erwarten, der Nominativ (creaire 20910, salvaire
10594, 14437, 24877, 25330).
3. Von den männlichen Eigennamen hat sich die Form des
Nominativs noch nicht durch die des Accusative verdrängen lassen:
Vc 12356, 32243; Peire 23284. 23295. Auch der Äccusativ lautet
Peire 2 2g ^6, 24951: are/ re.
4. Die ursprünglichen Neutra auf -ium und -aticum ver-
schmähen im Nom. Sg. das flexivische s: lesiimoni 28Í12 : malen"
coni Acc; dampnalge 24583 : lina Ige Acc.
ZeiUchr. f. rom. l'hil. Vil. 26
.[02 R. WEISSE,
§ 27. Der Vocativ. In clor Mehrzahl der Fälle wird der
Vocativ durch di»n Nominativ vortreten:
Voc. Sß. : re^'s cch'stia/s 14073 : mais Acc. PI., 14655 : terreiuils Acc. PI.;
7'erays paires omttipotcns 141 01 : 7'/7r//.v Nom. Sj;., 14507 :.^iv/.v; Air.v {turris)
14376 : /irr*/</<7y.\- Acc. PI.; vers cotmn.samt'ns l^oz"^; ßiün'mt'ns Acc. PI.;
Senker bonaüratz 22086 : estatz (2. P. PK); Dieus mieus 26203 : 7'ieus (vivu^).
Voc. PI.: percador 22051 : redemptor Acc. Sj^. ; bonazurat I4Q4f> : timat
Nom. PL; iìnalilieu baro 25203 : acencio; filhol mieu 26793 : discipol situ
Nom. PI. Ausnahmen: Voc. Sjj. : Messier Maf/re 2C)04i i el fre, 3154O:
>pte, 31 118 : merce-, malastruc 22355 : Beìzcbuc Acc. Voc. PI.: angcis ho-
nazuratz 14443 : voluutatz Acc. PI.
S 28. Das Ci eil US. Es kommt hier nur das Geschlecht der-
jenigen Substantiva in TkHracht, welche abweichend vom Lateinischen
bald als Masculina, bald als Feminina gebraucht werden: profeta^
nur Mascul. , 11980 del profeta^ ^5^M Sa/th profeta', pafni^ nur
Mascul., 16405 noi papa^ 16453 «^"^ A'A'Î planeta, nur Mascul., 4367
le quins planeta , 399^ li pianeta daran dig y 4050 Car cascuna dels
planetas ist wohl richtiger mit C-DF(i ear eascus dels VU planelas
zu lesen; dia, imr Mascul., Ò320 us dias; wíí/ (manu.s), M.xscul. und
Femin., el wa ^ito, 26943, dagegen 7nas junchas 114 14, am largua
nui 15099; persona. Femin., nulha prsona 409 , 33010. Nur eine
Au.snahme: eascus persona 353 (Ci Triar deu quascuna persona: dann
würd(; triar einsilbig zu lesen s(iin). res, als Neutrum gebraucht
nur in den Verbindungen als res 1200, 6016 und re pariti 14063,
14589; mar, Mascul. und Femin., pel mar (= per lo mar) 26091,
dtl 7nar pro/xla 6057, dagegen aula mar 6^183.
S 29. Adject i vu m. Fenuninbildung. Die Adjectival der lat.
3. D(*klination liaben noch kein € angenomm(»n. Abweichungen :
dulcis : dousas (causas) il 297, doussa maire 11431, 14367; doussamen
13097. In di(\seim Worte ist das a ein im Romani.scheii von jt-her
vorhandenes, ^mudis : granda pudor 15910, dignilatz grondas i^i^ii),
IläufigiT jedoch lautet das Famin. gran; manens : ;/¿<?;/f';i/<7 21313;
gaudens : /»/ 7'ergis gauzenta 12307, 21268; mollis : molas (causas)
11298. l'Vrner sind noch zu erwähn(ni die substantivisch gebrauchten
AbjiMUiva effanta 26275, párenla 16909, sirvenia 12308, 2 13 12.
Die Pronomina.
§30. Pronomen personale. 1. Die triphthongischo Form
ieu ist nach J^ 3, 3 als nachgewiesen zu erachten.
2. mcy le, se sind die gew<)hnlii*hen Formen, z. B. me 164 : Äf,
te 21237 : he, 22109 • ''''^•i ; sc 551, 25743 • ''''• Daneben braucht
Matfrc nicht selten mi, ti, si (disjuìikliv): mi ì^^ : Davi, 5331-
alressi, 20816 : issi; si 18527 : tral/i, 19629 : eli,
3. Abkürzungen von illhi y.u Uh fehlen.
^. l)i(^ Form lieis stiìht im Ki'inie zu sieis (sex) 34078.
ì^ 31. Pronomen possesivuni. i. Das maskulinische Pro-
nmuMi poss(;.ssivum lautet im Singular mieus, tieus^ Sieas: mt'eus
19337» -3365 -Mieus; Heu 2^()^^^, 20531 : Dieu; sieu 10547 : ^^
Der Plural lautet mieu, Heu, sieu. Formen wie mia\ lia, sia lassen
DIE SPRACHFORMEN MATFRE ERMENGAU'S. 4O3
sich aus den Bindungen nicht nachweisen: mieu 23371 \ Juzieu\
tieu 23064 : iiii\ SÌCU 2222/^ : Dieu,
2. Die femininen Formen lauten w/^/, //(?, sia: mia 2831 \ seria^
20742 : dia\ tia 14296 : Maria, 14765 : sia {== frz. seit); sia 213 :
envia y 22463 : avia,
3. Über lur neben lor vgl. §1. — Dafs der Phiral bei Matfre
ein s bereits erhält, l)eweist nur eine Bindung: lurs 11851 : durs,
4. ma, ta, sa werden vor a apostrophiert: m'amisiat 18 145,
m'arma 21307, spanta 17863. Vor anderen Vokalen ist die Apo-
strophe nur facultativ : ma insufficiencia 167, sa esiatio 112, 394, sa
ententio 3552, sa error 20783 neben s'esialio 2961, s'emage 2702,
s'en iene io 18402. '
% T^2. Pronomen demonstrativum. i. Die mit lat. ille,
iste zusammengesetzten Pronomina zeigen ;' in ihrem Stamme:
a<juisi Nom. PI. 2.2847, 23257 : Crisi\ silh Nora. PL 21645 '- fih,
2. Der Artikel lo ist vor Vokalen stets apostrophiert, la kann,
ausgenommen vor (?, im Hiatus stehen: la emages 107 2 2, la encar'
natio 21 103, la ocayso 559, la humililat 21t^\i neben Veinage 107 23,
r encarnado 21133, l'umaniiat 21466; // wird ebenfalls im Hiatus
geduldet, z. B. // aimador 28802 neben Vaimador 28835. Die En-
klisis dt^s lo ist in vielen Fällen unterjassen worden, z. B. e lo [e ^ss et)
i42ii;/6> lo 314, 761; no lo 15077; en lo 16573, 10974; ^« ^^^
7921; per lo 6550, 16003; per les 16005; sus lo 773.
Das Verbum.
ii 30' Allgemeines, i. Die unbetonten Endungen -ant und
-uni der 3. P. Plur. sind gleichlautend (-<>»), vgl. § 6, 2.
2. Das e des lat. Infinitivs auf -ire hat sich in zwei Fällen
erhalten: falhire 5276, mentire 13369.
3. Die 1. P. Sg. Ind. Praes. hat Nebenformen auf i und e\
hayli 27fì22\ co/esse 2469, 15421; batege 22067; conjuri 23262;
responde 15420; passi 12698; trobi 12540, 23384; meravilhe I1770;
tracti 21010, 25357; lauzi 2 2'jto\ sente 20981; dupde 26747; mangi
26318; entende II 576, 164 li; laissi 25509; ame 23459 ^^^ öfter.
In einigen der angeführten Fälle liefse sich i [è) beseitigen, wollte
man zur Verbalfonn das pronominale Subjekt fügen. — Die Endung
e ist gegen / gesichert ¡ii den Bindungen aprueme 9 197 : prue me
(proximus) ; cossire 1 1448 : i//>-^.
4. Im Imperf. Subj. finden häufige Zusammenziehungen statt:
aesem 22493 neben aguessem 31543; dec se m 12138 neben deguessem
13236; pocxem 5768 neben poguessem 184. Von saubessem 117141
12154 findet sich die abgekürzte Form nicht.
a) Schwache Flexionsart.
§ 34. Erste Conjugation. 1. Das Praesens hält in der
3. P. Sg. Prs. sein Kennzeichen a fest.
2. Im Subj. Prs. sind die Formen mit und ohne e willkürlich
neben einander gebraucht. Fonnen mit e sind z. B. ame 93 1 5,
26*
404 K. WEISSE,
i'ossire 33992, i'spen 18912, ^arJc 3280, Lwzi 18553, remire 18553,
visite 34406, ohne e z. B. ador 21605, ^^^^ 3^7^» g^^^^ 13Ö83, mera-
veilh 1735.
3. Kinzelno Verba, a) aitar. Dio i. P. Sg. Prs. ist nicht ¡m
Reime zu belegen. — 3. P. ^^, vai 23149 : haizarai, 26586 : say
(sapio). — Ol) der Subj. ane oder vaza lautet, ¡st nicht zu erkennen.
ß) dar, donar. Den Subjunktiv vertritt die Form do 20306
oder done 16389.
y) esiar. Von der 3. P. 'S^, Prs. wendet Matfre Doppelformen an:
íí/í?/ 33780 : veraiy 5057 : may und csia 5846 : a (habet), 16568 : caftela,
S 35. Zweite Conjugation, i. Von den Verben, welche
zugleich nach der dritten provenzalischen Conjugation gehen, lassen
sich folgende FormiMi erkennen:
a) segre y seguir. Iniin iti v: nur seguir i^ì)ì)2 : a/òir, 2 19 19:
aucir, — Perf.: segui 12617 :Jì, persegui n^bSò : a/ren\ danel>en
persegue/ 14026 : renegué/, — Subj. Impf. : seguis 21977 ■ ^^^/x (vi-
cinus). — Futurum: seguirán 17652, 32774 neben segran 22864.
^) respandre^ ir. Das Perfectum s\spandiro 25451 \ giquiro
wird nach der dritten Conj. abg(ìwandelt.
2. Verba, welch(» sowohl schwach als stark Hektiert werden:
«) respondre, Perf.: gewöhnlich respontie/ 0120^ 13336, rispon-
derò 22495, seltener respos 20813, 21202. — Part, praet nur re-
spos/ 8078, 30249.
(i) rezemer. Nur schwach tlektiert. Perf.: rezemet 21 085
(: eompre/), — Part, praet. : rezemu/ 23820, 102 (Brief). — Subj.
Impf.: rezeme^s 24491 \ most res,
3. B(;i denjenigen Verben, wtîlche im Provenzalischen neben einem
schwachen l*art. praet. ein starkes bilden, ist das schwache vorherr-
scht ;nd: deissendre : nur dissendu/ 222S2; défendre : nur defendut 22.\\2y
33430; rompre : nur rompu/z 22^20; reseondre : rescondn/ 28, 8127,
daneben reseos 13658; despendre \ despendu/ \\o\%y 15691, daneben
despeza 2 65 30.
4. lünzelne Verba, a) creire. Der Infinitiv lautet creire 12436:
r'07Y (vitrum), 23617 \ pra^eire, — I>ie l. und 3. P. Sg. Prs. crt
3797 : dtzt/t/e, 3248 : Je (fideni), 5466 : he\ nur einmal credo =■
^''V' 33840 : domnei,
■J) re(n)dre. In diT Regel worden die gcw(>hnllchcn Fonnen
mit n gebraucht: nndn 26232 : dissendre, 33083 ipenre; renda 18806:
esmenda; ren (reddo) 14072 : nien; ren (reddit) 13257 \ferven. Doch
auch ret (reddit) 6314 : se/ (septem) 13661; secret^ 26876 : deU
y") veneer, we!cht;s im Stammauslaut zwischen (lUttural (c) und
Sibilant (.9) schwankt, tritt mit s íiuf: Subj. Prs. vensa 27146 X pene^
densa, 17638 : man ti usa,
(S) mt isser (misccre). Part, praet. ?nest (raixtus) 9 1 (Brief).
f) naisstr. 77>//v. Das Perf. lautet von naisser : nasçuei 21J02,
ausìiahmsweisi* nase 21076, von vieure nur i'isquei 16160, 26784.
Im Subj. Impf, hat naisser e^ (nast/ues 1 1 y b^ : en fames), vieure e^
und f* irist/uts 19561 : onn^s und i^o2b : ¿>e'h).
DIE ÖPRACHFOKMEN MATFKE EKMENGAU S. 4O5
§ 36. Dritte Conjugation, i. Wechsel zwischen reiner und
inchoativer Form: gequir: 3. P. Sg. Prs. ¿'/i: 21667, ¿''V^'-f 21032;
partir', pari 4264, 16805, partis 6674, 25844; falhir\ falh 7902,
falhis 27303; sentir: sen 1004, sentis 8504 (von cosscnlir: cossentisco
27428, 27430); repentir: repen 2391, repentis 19092. Mit reiner
Form werden gebildet: regir: //'(f^ 4095, riegon ^01 1, 4096, 8899;
culhir: cuelh 8869; vestir: viest 8376; merir: mero 29371; mit in-
choativer hingegen die Verba: jauzir: jauzis 28047; punir: punis
109Ò8; servir: servis 370, 12071, 19730; escantir: escantis 14 122,
27620; guérir: gue risco 147 17; convertir: convertisco 147 18; grazir:
grazisqiio Gedicht in „Les troubadours de Béziers" p. 133, 7.
2. Das Futurum stöfst nach r und t zuweilen sein i aus:
d) nach r: guerran 17801; viorran 15931; f erran 23056
(C fer irán) \ quer ras 22693 (wenn der Infinitiv quérir angenommen
wird). — Ausnahme: morirán 20159.
(Ì) nach t: par tran 18130, 32771; sentra 7487, 34364; cossen^
tran 32772; partria 1755. — Ausnahmen: sentira 11589, 20158;
cosse ni ira 27670; convertira 21 190; desmentiriatz 30906.
3. Die 3. P. Sg. Perf. wirft ihr t ab, Formen auf 'ic sind nicht
nachzuweisen (§ 13, 3).
4. Die Verben issiry ferir, vestir bilden ihr Part, praet. nur
auf -//: issitz 10500 : raditz, 30156 : trichairitz\ ferit 23539 : escarnit,
23735 : escopitz\ vestiiz 20204 : ditz, 23918 : esperitz,
b) Starke F 1 e x i o n s a r t.
s^ 37. Infinitiv. In verschiedenen Verben treten Doppel-
formen auf: tcfier 26588 : aver neben tenir 3024 : regir, 177 15 : se-
guir: querer 2534 : vezer neben quérir 1 29 14 : falhir, tollere wird
toter 4^28 : poder, dicere lautet dire 3315, 5353 und dir 103.
dire analog sind die Infinitive escondire 14800, escrire 23597, aucire
9556, 9677. rire 17 180, 27780 verliert nie sein e,
S 38. Praesens, i. Das Praesens von cazer, jazer, plazcr,
saber hat Doppel formen. Neben catz 32512 : esscnhatz\ platz 165 17,
10575 : pecca tz\ ¡atz 891 : assatz\ sap 2556 : mescap, 19739 : cap
braucht Matfre die Fonnen cay 5814 : estay, 26709 : adorarci}' \ play
16612 : may, 26715 : quer ay \ jai 3716 : /<?/; say 1640 : estay, 2036
: dir aw
2. Die Elision des e in der 2. P. ^g, wird häufig unterlassen:
sains 22961,5 (Brief); tenes 27028; venes 22689; voles 23021; deves
22152. Daneben sahs 25245; vols 22156, 22958; potz 21 12, 21536.
S 39. Perfectura. i. Die 2. P. Sg. schwankt im Provenza-
lischen zwischen -est und -ist. Unser Text bewahrt das i: tramezist
14149 : Crist \ venquist 14206 : Crist \ receubist 26167 • Cris\ fezis
23630 : dis (diese Bindung beweist zugleich, dafs das auslautende /
abfallen konnte).
2. Einige schwache Verben wandeln die 3. P. PI schwach ab:
dissero 21 781, 23274; mezero 21796, 23583; prezero 1398, 23727;
onssero (von ungere) 23730; traisseron 2685; remazero ^^"¡l.
406 K. WEISSE, Dil', SPRACH KOK MEN MAI'FKE ERMENG AU's.
i^ 40. Kinzi'liHj Verba. í. Klasse, (c) faceré. Inlìnitiv: /i/;
48, 94 [O, /(ri/L 9 ^33, .S0245. — Praesens: i. W/us 24556 : SaítWiis,
3. P. /(I 2564, 5792 : (i (halxít), öfter hingingen /¡ty 3668 : Wí/i.
831Ò : (//ni/. -— Piírf.: dii* i. P. Sg. ist im Keime nicht zu l)elegen.
im Innern dos Vi^rses lautet sie j/k 34536. 2. P. /ts/s 14071,
14736, ßs/ 14610. 3. P. /t/3 25745 (: vetz), ßs 28306 (: ¿es) und
/c' 172 II {: qiit). — Der Plural ist zweisilbig. — Impf. Subj. yicci
15845, 22024, Plural fistsso 22498 neben ftsson 24016.
^) videre. Praes.: 2. 1\ 7'ezcs 22157. — Perf.: 3. P, -■/ 19357
: ca/n/y 26507 : si und v/c 20423 : d/c (dico). — Subj. Impf, xns 26333
\ pc1cr/s. — Part. j)raet.: v/s/ 20261, 22122 : Cr/s/.
IL Klasse. «) dicere. Infniitiv: d/rc 3315 und dir 103. —
Praes.: 2. P. d/zts 17 12, 2746; 3. P. d//z 63 11 \ par///z, 10092 : dis-
sel)d//z\ d/s 3158 : parad/s, 914 i : pd/s\ d/ 12()2, 8002 : a/nss/, -
IN'rf.: 3. P. ^//> 23ÓfX) : escr/h, lieber d/sseron vgl. § 39» 2, Subj.
Prs. S II, I, Part, praet. S 11,5.
(ì) (¡uaerere. Inf.: yz/t/vv ist nicht zu belegen, nur ////¿rt'r 13694
: 7'tzcr und f/ucr/r 12914 \ fa/h/r. — Das Perf. zeigt die Form qws
zbSto : pcrt'gr/s neben t/ncn 16292:^7*, ibyyö : /ssiwzi. — Über
das Part, praet. vgl. )$ 3, i.
III. Klasse, a) ferre (in Comj)ositis). Pi;rf(icta auf 'tre finden
sich nicht, sondern soff'r/ 15598 : mor/; sofr/ro 23761 : auziro,
(Ì) tencire. Inf.: /tntr 26588 : iiinr und /in/r 3024 : n'^ir. —
Dili I. P. Sg. Praes. lautet /<;/// 5260 : reden. — Das Perf. ist au>
Keimen nicht zu belegen.
y) tollere. Inf.: AVít 4328 '.poder. — Zu verzeichnen ist das
Part, praet. /o// 11 899.
î$ 41. Ilül fsverb a. Ungewöhnliche Formen von aihir finden
sich nicht. — Von esstr (nie es/rt) lautet die i. P. Sg. Praes. nur
.v/i/ 137 :////. Im Futurum werden die beiden Formen wrrti und */*
neben lïinander gebraucht.
R. Weisse.
Neues zum Buche der kamonianischen Lieder und Briefe.
Je länger und inniger ich mit deoi herrlichen Buche der ver-
deutschten kamonianischen Lieder verkehre, um so mehr lerne ich
die Kunst des Übersetzers und seine unvergleichliche Sorgfalt be-
wundern. Hie und da entfernt sich aber meine Deutung schwie-
riger und dunkler Stellen, an denen die Redondilhas reicher sind,
als man von vorn herein vermutet, doch von der Deutung Storcks.
Ilie und da befriedigt mich auch die Übersetzung als solche nicht
ganz. Besonders ist für die schlichte Einfalt und Schmucklosigkeit
einiger kurzzeiliger Schelmenliedchen der Harnisch deutschen Tief-
sinnes zu schwer und allzu wuchtig; und der zu grofse Reichtum
deutschen Gefühles, mit dem der Übersetzer jene ausgestattet hat,
überbürdet sie und raubt ihnen ihre leichte Anmut und ihr volks-
tümliches Gepräge. Zu viel Kunst! zu viel Schmuck! zu grofser
Reichtum! zu grofse Gründlichkeit! möchte ich manchmal sagen.
Über alle diese Fälle nun, in denen, nach meinem Geschmack und
meinem Verständnis, etwas anders sein müfste als es ist, möchte
ich gar gern mit meinem Freunde plaudern. Da das leider
aber mündlich nicht sein kann, weil Münster und Porto allzuweit
auseinander liegen, so geschehe es schriftlich: mancherlei, was ich
zusammen gelesen und was einem so gründlichen und enthu-
siastischen Camocnskcnner, wie Storck es ist, nicht verächtlich und
kleinlich erscheinen wird, hoffe ich ihm dabei erzählen zu können.
Vielleicht findet sich unter diesen Stoppeln, die ich so vom Ernte-
felde meines Freundes gesammelt, hie und da auch eine wirklich
brauchbare Weizenähre.
Zu No. I I — 5. Die erste Strophe des wahrhaft beliebten Ge-
sanges ward im 17. Jahrh. von Antonio Barboza Bacelar glossiert
in 5 Dcciraen (s. Feniz Renascida 1 p. 185). Ich führe diese und
ähnliche Erscheinungen absichtlich sorgsam an, da sie deutlich und
klar machen, welche von den lyrischen Gedichten des Lusiaden-
sängers wirklich Allgemeingut dor Nation geworden und jedem
Gebildeten bekannt waren.
Zu No. II. Zum dreihundertjährigen Todestage des Dichters
veröffentlichte A. F. Barata in einem von mir bereits (Zlschr. IV 594
Anm. i) erwähnter> F>stschriftchen , nach Manuskripten der Biblio-
th(»k von Evora, einige sogenannte Inedita de Camdcs'. zwei Sonette
und eine Redondilha. Letztere ist, gerade so wie das von Storck
408 e M. DE VASCONCELLOS,
unter No. 2 iibcrsetzUi Gedicht, btítitelt: „Ao dtsconcerto fio mundc^^
Der Herausgcîbcr i)ekünnt ausdrücklich, dafs die beiden Hand-
("\iV CWI
Schriften, welche die Strophen enthalten (--- :- fol. 184 und ■ -.„
Schlufsblatt), den Namen des Verfassers gar nicht angeben: sie
Camoens zuzuschreiben habe ihn nichts anderes als die (gedruckte)
diesbezügliche Aussage des Oberbibliothekars Joaquim Antonio de
Sousa Teiles de Mattos bewegt. Selbiger bezeichnet sie nämlich
im Handschriften-Katalog der liibliotheca Publica ilvorense (Bd. Jl
S. 91) als Poesías de Luiz de Camdesy wovon Jeder, der den Katahig
besitzt, sich überzeugen kann. Nur steht daselbst kein Wörtlein
darüber, ob besagte Trovas allbekannte oder unbekannte Werke
des Dichters seien. Die Neuigkeit, sie seien Inedita, hat erst Herr
Barata verbreitet, wii; ich vermute darauf fufsend, dafs im Katalog
die V(;rse einfach als kamonianisch rubriciert sind, während Herr
T(illes de Mattos bei Aufzählung anderer, Camoens zugeschriebener,
schon gedruckter Werke, welche die Bibliothek gleichfalls besitzt,
wie z. B. die ProsabrieAî, die Jk^merkung macht, „sie ständen ge-
druckt in seintin Werken" (j). 177). Doch, dem sei wie ihm sei,
jedenfalls hat Herr Barata nicht bemerkt, dafs die Verse
„Sempre no mundo vi passar
uos bons {graves tormentos
oder [Vi aos bons sempre passar
Na vida graves tormentos]
c pera mais me espantar
aos maos sempre vi nadar
em mares de contentamentos.
Cuidando alcansar eu assim
este bem desordenado,
fui mao, mas fui castigado,
lie sorte que so pera mim
anda o mundo concertado**,
bis auf einigí; ganz unbedeutende Varianten, genau dieselben sind,
welche seit 1598, unter dem gleichen Titel, in allen Caraoons-
AusgalxMi sti'lirii; dieselben, welche Dom Francisco de Portugal
schon in seiruîn Prisdcs c So/ i ums de hua a/ma (p. 13) citiert; die-
selb(».n , welche spiiter Quevedo (Rivadeneyra Bd. 6g S. 94) in eine
seiner berühmten Letrillas Satiricas, in
Fui bueno, no fui premiado
y viendo revuelto el polo
fui malo y fui castigado,
asi que Jhira mi so/o
ligo ti mundo es concertado
eingeflochten hat; dieselben, welche auch Francisco de Mello in
seinem Apol. Dial. I „/^t/ogios Fa//a;i/es** p. 3 benutzt:
parece (¡ue bó para mim
anda o mundo concertado;
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 409
dieselben also, welche Storck unter No. 2 übersetzt. Da muís man
unwillkürlich wiedt»r einmal, wie bei recht vielen Bemerkungen mo-
derner Portugiesen über ihren Nationaldichter, leise vor sich hin-
summen :
Wer wird nicht den Camoens loben?
Doch wird ihn jeder lesen? Nein! —
Wir wollen weniger erhoben
Und mehr gelesen sein!*
* Ich benutze die Gelegenheit, um diejenigen, welche begierig darauf
waren , die neu veröffentlichten Inedita Camoníana kennen zu lernen , ohne
doch der kleinen Schrift von Barata habhaft werden zu können, darüber aufzu-
klären, dafs das eine der fraglichen Sonette nichts ist als eine Glosse zur ersten
Zeile des 18. kamonianischen Sonettes, das auch Francisco Rodriguez Lobo
umschrieben hat (Obras p. 192):
„Doces lembranças da passada gloria".
Ein Kundiger hatte neben diese letzte Zeile das Wort „CamÖes" ge-
schrieben; einem weniger Kundigen war es vorbehalten, daraufliin das arme
Scherflein des ganzen, unschönen Sonettes für den reichen Liebling der Nation
in Anspruch zu nehmen. Der antikanionianische Geist des fraglichen gongo-
resken Machwerkes ist jedoch so aufìlalHg, dafs auch Herr Barata Zweifel an
der Echtheit seiner Attribution äufsert: das sei zur Ehre der Wahrheit be-
merkt. Hier folgt es:
Aqui neste as idades consagrado
campo fatal, adonde peregrinas
pagam ja natural censo as boninas
do barbaro cultor ao duro arado;
aqui nestc d'abril throno abrasado,
de edificio, composto de ruinas,
reliquias doces, mas de raagoa dinas;
aqui foi Troya para racu cuidado.
Aqui venho chorar tanta mudança
e, celebrando exequias a memoria,
acabar de enterrar minha esperanza ;
aqui dar d'estas pedras nova historia
e aqui dcixar ao tempo por memoria (sic; ich vermute herança)
,,Joces lembranças da passada gloria".
Das zweite der fraglichen Sonette giebt sich in der Überschrift als ein Werk
des Dichters kund. Ob mit Recht, kann ich nicht entscheiden. Es lautet
Soneto de luis de c a m o i s.
Vingo-me, cm parte estando da ventura,
com seu engaño c minha confianza
que cuida que com seu poder alcanza
tirar-me d'alma vossa fermosura.
(Que) pode mudar-me a vida aspera e dura,
mas nao de vos, meu bem, minha lembrança.
Os olhos passäo o mal e a mudança;
a alma, onde vos estaes, está segura.
E vendo vossas grabas sempre n'ella,
nicus sentidos, em vos sempre enlevados,
cst3o tambem com ella em minha ajuda.
Vcnço a ventura; assi posso mais que ella,
ijuc cm meu mal tem scus peis tam confiados
que em mim, sendo mudavel, seu ser muda.
4 IO e. M. DE VASCONCELLOS,
Zìi No. III. Als miîistcrliafttT Nachahmer dieses kamonianischen
labyrinthes hat sich Francisco Alvares do Oriente gezeigt. In seiner
„Liisitania transformada" findet sich (p. i8o) ein Labyrinth von
25 Quintillen; und ein weiteres von 8 Oktaven (p. 182). Eine gute
Erklärung der metrischen Spielerei ist dem ersten Probestück bt^'i-
g(*gel)en. Sie lautet: Vtjo nestas Itiras ouiro iahtrinto fabricado por
a ¡if um alto cngmhoy de que vos confesso que me n3o sei salti r, Acho
juc cada ciuco regras des/as respondem humas a outras com tanta con-
sonancia que por onde quer que as tomo fazem huma tilo pcrfcita, que
nao so responde a todas as /eis da poesia^ mas ao proposito do sentido
tilo compridamcnte que ine tem maravilhado 0 sen cstranho artificio, ..
E tomando cada hum as reg ras dette por varias partes, achava que cahiäo
todas tao a proposito que mio pudt rìlo todos deixar de as engrandecer, . .
Zu No. VI. Auch ich glaube, dafs dies (iedichtchen mit dem
Frauennamen (Tra<,:a oder (xracia spielt, also an eine „Grava** ge-
taufte Schone gerichtet ward. D(T ganze Inhalt, besonders alKT
Zeile 10, scheint es zu bestätigen. Die Zahl der portugiesischen
und spanischen Oedichte, welche mit bedeutungsvollen Namen wie
„Paz, Luz, F^.strella, Dolores" etc. ein oft sinniges, oft un.sinniges
Spiel tieilnui, ist Legion. C^amoens selbst „heult mit den Wolfen**
d. h. er folgt der (iesellschaftsmode mehr denn einmal: in Son. 20g
feiíírt er eine Paz; eine Justa Paz in Son. 257; eine (ìama in
Red. 380; eine Justa vielleicht in Red. \^}\ einen Furia in .Son. 193.
No. VII. Die Absichtlichkeit, mit der im portugiesischen Ori-
ginale in jeder Zeile das Wort olhos = Augen angebracht ward,
ist vom Übersetzer nicht beachtet worden. Ein Nachklang der
alten Coldas capdenals dürfltí darin g(ìfund(ìn wiïrdcn.
No. Vili. Die Nachdichtung dieses „Fehdebriefchens eines
Verschmähten" scheint mir weder richtig und treu, noch elegant
und khir und verständlich. Der Cbersi;tzer hatte mit einem mangel-
haften Texle zu ihun. Demselben fehlte die (ichte tonangelxrnde
Überschrifl; eine vermutlich charakt(TÌstische Zeile war gestrichen;
(îin grobtT 1^'liler war, nebst vielen kleinen, stecken geblieben und
zwar l'in Fiîhler, der am vollen Verständnis hindert Wer aber
kann ohne absoluti;s Verständnis des Originals richtig, treu, elegant
und klar übersetzen? Storck hat im (îefuhl davon, dafs etwas in
diim (Itidichte mangelhaft sei, am portugiesi-schen Texte Si'lbst
nuihrfach gebessert; — den sinn stören den Fehler hat er nicht ent-
deckt, die Lücke meiner Meinung nach nicht glucklieb ausgefüllt —
Stellen wir zunächst des Dichters Wort und Absicht wieder her. Die
charakteristischi; Adn*sse des Briefes, welche der Herausgeber Juro-
menha wohl absichtlich fortgelassen, lautet: No7hìs cm resposta que
um galante mandón a hua dama y que ¡a tinha delta o qtu quería^ e
c//a the mand'u dizer que sc tsquccesse do passado. Responde e ixz.
Dieser kl<'inen Mitteilung entsprechend müfste das ganze Gedicht
im DtMitscheii einen t^twas keckenin, ja frechen Ton anschlagen.
Das innige, wahre (iefühl, das Storck hineingelegt, spricht aus dem
Originali» nicht. L^id diii in der dritten Strophe fehlende ZeDc
NEUES ZUM nUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 4 1 I
(die vielleicht ein gewissenhafter Kopist aus Schicklichkeitsgefühl
unterdrückte) muíste nicht von „Schmerz", sondern von „genossener
Lust" sprechen. Auch Phrasen wie „das Wcn'ge, was ich vordem
nannte mein" (16 — 17), das „in Ruhe mich bescheiden" (18) und
das Pochen auf „Gram und Leiden" sind viel zu poesievoll und
zart. — Der schon erwähnte Hauptfehler aber steckt in der zweiten
Strophe. In den portugiesischen Ausgaben, bei Juromenha und
Braga, lautet dieselbe:
Bern que a razSo vejo clara,
Que alguem vos enganou,
Porque eu certo julgava
Que o fio nSo quebrara
Pelo logar que cobrou.
In der Übersetzung heifst es:
Hört' ich doch, nicht mehr beflisse
Sich um Euch ein sichrer Mann,
(Der doch — meint' ich einst — gewisse
Fäden nicht so leicht zerisse)
Seit er höhren Rang gewann.
Die Parenthesen rühren von mir her: ich glaube durch dieselben
den Sinn und die Meinung des Übersetzers leichter verständlich
zu machen. Wie kam er zu dieser Auffassung und der etwas un-
gelenken Form? Die letzte Zeile des Originals — in welcher der
Fehler steckt — mufstc, eben um ihrer Unverständlichkeit willen,
der Ausgangspunkt für die Übersetzung werden. Die im Alt- wie
im Neuportugiesischen gleich unmögliche Formel j,Cobrar um logar''
ward aufgefafst, als hiefse sie „eine Stelle erhalten" oder, wie
der Dichter sich gewählter ausdrückt, „höhren Rang gewinnen".
Wer aber erhielt die Stelle? Der „Jemand" mufste gesucht und
konnte naturgemäfs nur in dem alguem der zweiten Zeile entdeckt
werden: daher die unnatürliche, nur gewaltsam herbeizuführende
Zusammengehörigkeit von Zeile zwei und fünf; daher die notwendig
daraus folgende Isolierung von drei und vier, eine Isolierung, die
der Übersetzer wieder aufhebt, indem er das betreffende Wort-
gefüge mit seinem einleitenden que als Relativsatz auffafst, dessen
Subjekt abermals der unbekannte „Jemand" und dessen Objekt der
„zerrissene Faden" ist. Damit ist aber der ganze Inhalt verkehrt
und verfälscht. — Statt cobrou lese man quebrouy wie der Sinn es
fordert, und wie das einzige vorhandene Manuskript, welches
das Briefchen aufbewahrt hat, wie also die Miscellanea Juromenha
auch unverkennbar deutlich schreibt (cfr. Bd. IV p. 604 dieser Ztschr.).
Folgender (iedankengehalt ergiebt sich dann naturgemäfs: „Ihr,
schöne Dame, wollt, dafs ich F^uch nunmehr fern bleibe
und Kuer vergesse. So sagt mir doch gefälligst das
Warum dieses Kures Willens; obzwar (so beginnt die zweite
Strophe, um die (;s sich handelt) obzwar ich selbst den Grund
Eures Wunsches klar einsehe, dafs nämlich Jemand Euch
412 e. M. DE VASCONCEIXOS,
betrogt'ii hat (das kann so vici hciTsun als: Jemand hat mich
verleumdet, Eucli Böses von mir erzählt, oder auch Jemand
hat Kuch durch seine Verführungskünste für sich erobert,
jedenfalls aber bedeutet es, dafs ein Dritter an der Untreue der
Dame schuld ist). Dcnin (man erwartet hier o bschon, em^i/ue
iii3iíi pon/ ue) y denn ich hielt es für gewifs, dafs der Faden
(sc. unserer Verbindung) nicht reifsen könnte an der
Stelle, bei der Gelegenheit, wo er in Wahrheit zerrissen:
d. h. gerade am dicksten Knde, in dem Augenblicke, wo wir
einander am innigsten nahe standen. Sagt doch das Sprichwort
— das Volksevangelium, an das jeder gute Portugiese glaubt — :
n conia sempre qticbra pelo mais dei gado ,^
Ob das kecke Liíidchen überhaupt von Camoens ist? Die
Quellenhandschrift besagt das keineswegs. Der einzige Umstand,
der den Herausgeber veranlafst haben kann, es für kamonianisch
zu erklären, ist der, dafs es in der Handschrift unmittelbar auf ein
vermutlich dem Dichter zugehöriges Sonett folgt („Tristezas",
s. St. II No. 357) und dafs nahebei einige andere unzweifelhaft von
ihm herrührende (iedicht(î stehen. Ist er genügend? Mir scheint,
man thue in jeder Hinsicht wohl daran, wenn man den „Absagebrief
eines Verschmähten" unter die fälschlich und leiclitfertig Camoens
zugesprochenen, in Wahrheit aber vaterlosen Findlinge setzt
Der vom Kopisten entstellte; und vom Herausgeber nicht nur
unverbessert gelassene, sondern noch andenveitig verderbte Text
bedarf noch einiger kleini;r Reformen, selbst nach den frei erdachten
liesserungsversuchen Storcks, nach der oben erwähnten Berichtigung
von Zeile 10, und nach weiten;n auf Cîrund des Manuskripts vor-
zunehmenden Rektifikationen. Z. W, ¡st Zeile 24 N*isso guanho eu
mais eine unm(')glichii Redondilienzeile. Man lese Qiu n^isso ganho
eu mais oder X^isso guaaniio eu îfiais. In Zeile 17 ist natürlich
statt Com o Co zu spn;chen, und man thut besser, wenn man heut-
zutage auch also schreibt.
No. XI. Ob in der l Überschrift, die ich schon früher (IV 604)
mitgeteilt habe, nicht maidispos/a statt maidisposlo zu lesen ¡st? Der
eigtMitlich Krank(* und Mifsgelaunte ist ja doch die Dame, und nicht
der Liebhaber. Dafs die vier Schlufszeilen (;'<;;/(//<), welche die zweite,
in Storcks Anmerkungen mitgeteilte Fassung des hübschen Schreibens
an di(î kranke TVeundin begleiten, nicht zu diesem gehören, sondern
v\\\ si'lbständiges Ej>igramm bilden, wie Storck meint, will mir durch-
aus nicht einleuchten. Dafs sie in der Handschrift thatsächlich mit
diMii Gedichte eng verbunden sind, t.*ntscheidet freilich nichts; ent-
scheidend ist, in meinen Augen, nur dafs der Gedanke
Sc il vcnìadf di /tir posso
Estiir docnte convinlui
V<')s n3o, que sois alma minha,
Ku sim, (juc »ou corpo vosso.
' Cfr. das kasi. Sprichwort: quebrar la soi^a por lo tnas delgado.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 413
unmittelbar, enge und untrennbar mit dem in den ersten vier Zeilen
der vorhergehenden Strophe ausgesprochenen verknüpft ist, in wel-
cher es heifst:
Que tanto mais qualquer daño
Vosso que o meu sentirla,
Quanto he maior a valia
D*alma que a do corpo humano.
(So und nicht que do steht im Ms.) Ja mir scheint das „Remate"
überhaupt das Facit des ganzen fìriefchens zu sein, dem es vielleicht
als Überschrift, vielleicht aber auch als Aufschrift beigegeben war.
Zum portugiesischen Texte bemerke ich noch einige Kleinig-
keiten. Soll einmal die Regel durchgeführt werden, dafs Amor
überall, wo er personificiert gedacht werden mufs, oder besser kann,
d. h. dafs er überall da, wo das Wort ohne Artikel auftritt, mit
grofsen Anfangsbuchstaben wie ein Eigenname zu schreiben ist; so
sind zu den zahlreichen von Storck gelegentlich herausgehobenen
Stellen noch manche andere hinzuzufügen, wie z. B. in der zweiten
Zeile dieses (jedichtes. Dabei sei noch erwähnt, dafs, soll die andere
Regel durchgeführt werden, dafs tonlose metrisch ungültige Vokale
wirklich zu elidieren sind, dafs z. B. qWer capUäo off* recimenio fra
es frito und co für com 0 überall da geschrieben werden mufs, wo
also gesprochen wird, gleichfalls manches Beispiel zu den ge-
sammelten nachzutragen ist; z. B. Vili \'] Co für com o\ XIX 58
Cos für Com os etc.
No. XV 6 — IO. Mir scheint der Gedanke des Originals nicht
treu, also nicht gut wiedergegeben zu sein. „Das alte tiefe
Wehe, keine Entschuldigung für sie zu finden, hat mir
die Seele so vergrämt, dafs ich sie schon für entschul-
digt halten d. h. dafs ich ihr verzeihen werde, sobald sie
nur ihre Schuld bekennen will". Wer hört diesen Gedanken
aus den Worten heraus:
Weil ich nichts davon verstehe, (?)
Quält mich so mit Ungeduld
Mein erlittenes herbes Wehe,
Dafs Entschuld'ßung schon ich sehe
Blofs im Eingestehn der Schuld.
Auch Zeile 24 ver que iVisso se contenta würde ich anders deuten
als Storck, und verdollmetschen : „zu sehen, dafs sie sich dazu
hergiebt, d. h. dafs sie darauf eingeht, dafs es ihr recht
ist, nämlich mir die Wahrheit zu gestehen"; und nicht wie
Storck: „zu sehen, dafs sie Freude daran hat, nämlich an
meinen Peinen. Solch boshafter Zug pafst nicht hierher. —
Zeile 56 — 65 würden, ein klein wenig anders gefafst, den Sinn noch
genauer und verständlicher wiedergeben. Im Übrigen ist das Ge-
dicht ganz herrlich übersetzt.
No. XVIII 16 — 20. Das im Portugiesischen bis zum Überdrufs
abgenutzte Wortspi(*l z\\ischt*n pena Leid und penna Feder, das in
414 e. M. DE VASCONCELLOS.
dieser Strophe versteckter als gewöhnlich auftritt, ist deshalb wohl
in der Nachdichtung unheachtet geblieben. Amor giebt Camoens
eine Feder pcnmi, damit er seine pena, sein Leid, damit nieder-
schreibe. „Und da alles, was Amor verlangte, dafs ich schreiben
sollte, mir Schmerzen machte, mir penas gab, so konnte ich von
ihm sagen, dafs das, was er mir zum Schreiben gab (die penna),
mir zu gKicher Zeit zu schreiben gab (nämlich penasY*. — In Zeile 94
ist zu lesen Depois por manifestarme statt D, que m.
No. XIX. Die Handschrift, welche t Juromonha diesen Brief,
gleichwie den nächstfolgenden (No. XX) entnahm, ist nicht die
Miscellanea J; seine Quelle ist mir unbekannt. — Zeile 6: statt
saudade ein que ando (oder com que andoy wie Storck bessert) würde
ich lesen saudades com que andOy weil die Sehnsucht im Portugie-
sischen gt^v-öhnlich in Pluralform auftritt. Das Wortspiel, das in
Saude und saudade liegt, konnte nicht berücksichtigt werden. —
7. Man lese cem für sem, — 8. Storcks Umänderung von E zu Em
ist keine notwendige. Annehmbar wäre sie überhaupt nur, wenn im
(= ab inde) gemeint wäre, sodafs die einschlägige Phrase bedeutete:
Hunderttausend Sehnsuchtsseufzer sende ich aus; darum
doch nicht ohne solche zurückbleibend.* — 38. nao raros
für Ulo raros scheint mir gleichfalls keine unerläfsliche Änderung.
Der ironische Stil der familiären (doch ungleich feineren und schö-
neren Epistel, als es die folgende ist) läfst es sehr wohl zu, dafs
der Dichter die lästigen Tage der Langeweile im Gamisonleben
„so seltene" nennt. — In Zeile 126 [hlo maltratar -me) steckt ein
Fehler, doch weifs ich ihn nicht zu berichtigen. — ■ 130. Man lese
comigo? für commigo, — 150 neum für n^humt — 157 asst für asstm, —
158 cos für com os.
Die giíllügelten Worte, mit denen jede Strophe abschliefst, sind
meistenteils stark verderbt, und Storcks Besserungsversuche haben
trotz ihrer Vortrefflichkeit, natürlich da, wo sie ohne Erkenntnis
und Kenntnis des Citâtes gemacht sind, nicht immer das Rechte
treffen kininen. Im Nachstehenden verbessere ich stillschweigends
den Wortlaut aller derjenigen, deren Quelle ich mit Sicherheit
nachzuweistMi im Stande bin. Leider sind es wenige an Zahl:
Zeile 15 — 16 entstammen einem Liedchen des 1514 in Afrika
gefallenen Helden Dom Joâo de Menezes.'- Dasselbe steht im Cane.
gen. de 1557 auf fol. 181; im Cane. gen. de 151 1 auf fol. 125V (laut
K. Vollmöller in Ztschr. Ill 84). Ks beginnt:
No hallo a mis males culpa,
porque en mi terrible pena
ìa causa que me conde na
me desculpa.
' Vjjl. Miranda No. 164,332: h m tambem era o j'uiz.
'•' Nuchträj^lich bemerke ich, dafs schon Dom Joam Manocl das alte Lied
umschrieben hat. S. ('anc. de Kes. I p. 410. — D. Jo3o de Meneze<% ist also
Dicht der Verfasser, sondern nur einer der Renutzer desselben.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UKD BRIEFE. 415
Auch ^lontemayor und Gregorio Silvestre haben diese Worte zum
Thema für eigene Volten und Glossen gewählt. Man sehe Obras
de Montemayor, ed. 1588, fol. 39V und Rivadeneyra Bd. 35 No. 889,
wo Silvestres Umarbeitung der Zeilen ins Geistliche abgedruckt steht.
In dem Camoens zugeschriebenen Briefe ist die Ausgangszeile wahr-
scheinlich von späteren Abschreibern, vielleicht aber auch erst vom
Herausgeber als eine zu knappe überarbeitet worden. Man ver-
gleiche Zeile 103. Den kurzen Vers hier wie dort zu füllen, wie
Storck es möchte, scheint mir durchaus unnütz. — Auch Ant Prestes
benutzt das Verschen (p. 453).
47 — 48 Triste del, triste que muere
Si al paraíso no va.
Woher sie sind, weifs ich nicht. Beliebt und allbekannt müssen
sie gewesen sein, denn auch Jorge Ferreira de Vasconcellos ver-
wertet sie in seiner sentenziösen Eufrosina (p. 130) und in seiner
Ulysippo auf Bl. iigv. — Garcisanchez de Badajoz, Rodríguez del
Padrón, Guevara, Cartagena und Dom Joäo de Menczes sind die
meist benutzten und meist citierten Dichter des Cancionero General:
in ihren Werken findet sich daher vermutlich auch dieses Citat,
wie die übrigen, noch nicht auf ihre Quellen zurückgeführten
(in so weit sie nicht dem Romancero entnommen sind).
95 — 96 li* no llegará el plazer
Donde llegó la tristeza,
zwei Zeilen, die Ferreira de Vasconcellos in seiner Ulysippo (fol. 187V)
anführt mit der Bemerkung, sie seien von Garci-Sanchez.
118 — 119 Las tristes lagrimas mias
En piedras hazen señal
(Y en vos nunca por mi mal).
Ein altes volkstümliches, oft glossiertes Motto. Ich kenne eine
Glosse dazu im Cane. Gen. de 1557 fol. 390, eine anden» steht im
Cane, de Nágera No. Il von Coloma; eiue dritte im Cane, de Oxford
(Bd. U p. S^ d. Ztschr.), eine vierte Variation von Gregorio Silvestre
in Rivadeneyra Bd. X 35 No. 887.
143 — 144 sind ein portugiesisches Sprichwort „Oj homens que-
remos ver y que os vestidos sao de A?*, das z. B. von Bento Pereira
verzeichnet wird, und das Francisco Manoel de Mello in seinen
Cartas Familiares p. 348 verwertet
151 — 152 Por aquel postigo viejo
Que nunca fuera cerrado.
Es ist der Anfang einer hochberühmten alten Cidromanze, die man
bei Duran unter No. 804 und 1897 findet, und die von portugie-
sischen Dichtem wie Gil Vicente, Prestes, Ferreira de Vasconcellos
oft benutzt worden ist, früher als sie in eine Sammlung auf-
genommen ward. Der Reim des portugiesischen pejo mit dem
kastilianischen inejo beweist nur noch einmal das langst bewiesene
Faktum, dafs das kastilianische j im 16. Jahrhundert noch portu-
giesischem gleich lautete.
4l6 e. M. DE VASCO NCELLOS,
'59 — 1^1' Mirava la mar ile Kspafia
Como menj^uava y crecia
sind Zeile 2 und 3 der scluMien Romanze, welche dem Könige
Alphons IV. von Aragon eine Apostrophe an die Stadt Neapel in
den ^lund legt (Duran No. 1227).
167—168 Tiempo bueno, tiempo bueno
Quien te me llevó d'aqui?
Über diese Romanze habe ich bereits anderwärts gesprochen (Ztschr.
V 77). Zu d(im früher Bemerkten füge ich noch hinzu, dafs sii*
auch von Simäo Machado in seiner „(Somedia Alfea" citiert wird
(laut Braga, Quinhentistas p. 22), femer von Ferreira de Vasron-
rellos in der Ulysippo fol. 103 und von Rodriguez Lobo, Obras
p. 74<) — Stellen, aus denen hervorgeht, wie beliebt die alte Ro-
manze gerade auf portugiesischem Boden war.
1 83— 1 84 Mas envidia he de vos, (^onde
Que manzilla ni pesar,
denn also, und nicht Mas he dt nos Conde oder mas es de nosotros
Conde, wie Storck vorschlägt, mufs es heifsciu, gemäfs der viel-
gesungenen hochberühmten Romanzi; vom Conde Claros (Duran ^2{)
nebst Anm. 6, und cit^\ deren Melodie in Portugal so wohlgelitteii
war, dafs der Verfasser der J^ufrosina von gewissen höfischen Üicb-
tern stichelnd sagen durfte „sie spielten alles nach der Conde-
cí aro s -Mei odie*' (p. I y und 189).* Die beiden von Camocns
verwiTteten Zeilen bilden den Beginn jener bekannten Rede des
Pagen, dit^ oft auch als abgesonderte Romanze gedruckt ward uiul
weh'hi^ Lope dtî Sos.i im Cane. Gen. fol. 202 v parodisch glossiert
hat (ein Machwerk, welches t^bendaselbst wieder von Soria um-
schrieben worden ¡st). Man vergleiche auch Salva No. 2055; Wolf,
Studien }). 456 und Prager S. Fl. Bl. p. 86. Das spanische Sprich-
wort Anies envidia que manzilla ward entweder aus der Romanîe-
abstrahiert oder schon in derselben verwertet
Acht Cítate hatte Storck bereits erledigt; acht andere glanbc
ich erklärt zu haben ; weitere sieben harren noch der Besprechung.
No. XX. Aus welcher Quelle Juromenha den Brief gezogen,
wíúfs ich nicht. Und ob diese Quelle ganz lauter war? Mir Ist,
als würile (amoens uns tief l)etrûbt und wohl auch etwas verächt-
lich anbliiken, sähe er banausische Brieflein, wie dieser und der
vorige (*s sind, als seines genialen Geistes Kinder betrachtet!* —
' Man verjjleiche D. Francisco de Portugal, PrisSes p. 23:
O enten<limento, que sempre
Se apura uestes estragos.
Hum ('onde Claros tangia,
Sem chetar nunca a ser claro.
Auch in Castilien war die Romanze sehr belieht; die Worte A^ui del Cond*
C/ann dicntt'u im Kampfe der Lo})isten gegen die Gongorístcti den crstefM
aU liumnristis-'lur WaÜVnnif.
- Meine Ahnuni: hat mieli nicht getäuscht. Das oben besprochene Brief-
chtn hat nicht den Lu*»i;ulons;ingcr zum Verfasser. Wie ich das erfahren, so
NEUES ZUM BUCHE DRR K.AMON. LIEDER UND BRIEFE. 417
In der deutschen Übersetzung klingen übrigens beide edler, voller,
gedankenreicher und feinsinniger als in dem hier ganz platten und
poesielosen! spanisch-portugiesischen Kauderwälsch. Wie im vorigen
kurz gesagt. Im Catalogo dos Maniiscriptos da Bibliotheca Publica Evorense
lomo II, den ich oft zur Hand nehme, las ich — vor längerer Zeit — auf p. 95 :
Trovas de Alanuel Pereira de Sem, es f ando em Arzilla a hü seu amigo que
estava em Portugal, em que the diiva novas de si e da terra. Corn. = Man-
CXIV
daste-me pedir novas = Cod. -^■— ci fol. 14 1. 2folhas, fot. Letra do prin-
cipio do secuto XVII. — Ein Briefchen aus Afrika geschrieben, beginnend
mit denselben Worten , mit denen Camoens eine der ihm zugeschriebenen
Redondilhas eröffnet, das machte mich stutzig, und ich beschlofs Handschrift
und Druck bei erster Gelegenheit zu vergleichen. Die Gelegenheit bot sich
nicht, und so ersuchte ich am 23. Januar Herrn Gabriel E'creira mir freuntl-
lichst das fragliche Gedicht zu kopieren und zu senden, was er bereitwilligst und
umgehend that. Gestern Abend (27. Januar) erhielt ich die Abschrift — für
die ich hiermit öffentlich meinen Dank ausspreche — und erkannte darin das
pseudokamonianische Gedicht, das mir so wenig gefallen. In einigen Kleinig-
keiten weicht der Text ab, der sicherlich besser ist als der von Juromenha
benutzte: l Mandastes-me — 3 sej'am — 5 C-mque — 9 Deixando — 12 passo
Vúr faço — l^ jutgai — 14 75" o que ta sentir ia — 15 atgiia hora — 16 Ti-
vestes — 19 meu cuidado (}) — 20 , a 7'ida mudada, — 23 — 24 Alas da maa
sempre he figura (? mir scheint die gedruckte Lesart in diesem Falle vorzüg-
licher) Que da boa etc. — 25 E pois me ja obriguei — 31 Una adarga ante
pechos — 36 vento — 37 em que cuido — 39 der Kopist schrieb irrtümlich
a ntiude für span, a menudo — 40 Trabathandoif) de tarde en tarde. —
42 a companhia. — 45 Como me vou aJongando — 50 Todos fneus vaos
fundamentos — 53 — 54 Se altna mais que a vida dura^ Mais que a 7'ida ha
de durar. (? Auch ich würde wie Storck hiîo setzen und das Subject dazu
in den pensamentos der dritten Zeile suchen) — 64 Juramentos — 72 men-
gua — 73 que saudade — 76 por me anojar — 80 mi — 8 1 Crêde-me quanto
vos falo — 84 í/y> que digo — 85 com a alma — 87 Por el vuestro amor,
señora — 92 Cue enfim imo funde nada (? ? Man erwartet Qu^emfìm nao
servem de nada. Wahrscheinlich war servent durch die übliche Abbreviatur
ausgedrückt) — 99 embraçadas — \00 A flor de la Derberia (sic) — 104
Ç ( K) encima sus alòornozes — Iü6 E de diversas feiçdes — W] festa —
120 alabarci (Schreibfehler für alabareis) — 123 Dezia quem etc. — 125 A
pois que — 128 Si en — 133 E houve — 144 Do meu amor que la erar --
145 Quisera dizer-i'os mais — 146 Mas pois — 147 Fazci — 148 Entendei-
me — 150 Que inda d*isto mais dissesse — 152 Puede (vielleicht Puedo}). —
Über den Verfasser der „Carta cm Trovas" weifs ich nichts zu sagen: Manoel
Pereira de Sem ist mir als Dichter und Krieger in Afrika gleich unbekannt.
Der Familienname Pereira de Sem befremdet mich, und ich vermute, de Sem
sei als Abbreviatur zu fassen imd aufzulösen in de Sanctareml Manoel Pereira
de Sanctarem klingt schon ungleich echter; mehr denn ein Portugiese dieses
Namens hat existiert. — Sind, so vermag ich heute nur zu fragen statt selbst
die Antwort zu geben, sind in Evora noch weitere handschriftliche Werke
von Manoel Pereira vorhanden? Ich vermute es: auf Seite 95 des oben
erwähnten Katalogs stehen nämlich verzeichnet : Poesias de Manuel Pedreira
('XIV
de Santarem. Cod. — ^ — - d. a fol. 226. An der Existenz eines Manoel Pe-
1- 12 -^
dreira de Santarem erlaube ich mir ebenso ungläubig zu zweifeln wie an
der eines Manoel Pereira de Sem. — Und weiter frage ich: ist Manoel
Pereira, der bei Alcacer-Qucbrir gefochten (Jeronymo Mendoça p. 113; Bayîo
p. 744; Hist. Scb. 443; Barb. Mach., Memorias IV 423), identisch mit unserem
Dichter? Gehörte er zu den Pereirns von Santarem? Hatte er in Arzilla
gestanden? (S. Souza XI ')36.) Barbosa Machado, Innocencio da Silva keimen
den bis heute überhaupt unbekannten Poeten nicht.
ZeiUohr. f. rom. Ph. VII. 27
4l8 e. M. DE VASCONCFXLOS,
Briefe, so schlicíst auch hier cinc jode Strophe (mit Ausnahme der
einleitenden drei?) mit zwei spanischen Zeilen ab, die stets ge-
flügelte Worte sind.
47 — 48 r^is vozes que iba dando
Al ciclo quieren subir
entstammen der alten, populären Palmsonntagsromanze „Domingo
era de ramos" (Duran 394), aus welcher eine andere Zeile Vueiia,
vuelta a los francests sehr h/iufiií citiert wird, z. 13. von (iil Vit:ente
und Ferreira de Vasconcellos. — Oanz ähnliche Formeln kehren
übrigens noch in anderen Romanzen wieder, wie in der von Gai-
feros (Duran 377). Daselbst ist nur der Assonanz wegen mbir
durch llegare ersetzt.
63 — 64 Los ojos puestos nel cielo
Juramentos iva echando.
Sie gehören zur Romanze von Oliveros und Montesinos (Durau
370, 53—54).
71 — 72 S. oben XIX 159.
79 — 80 Por el tu amor, señora.
Passé yo la mar salada.
Señora stelle ich aus dem unsinnigen sen ti ora her. Die Lesart señora
scheint jedoch mehr als eine aus Reimesnöthen des Dichters ad Aoi
gemachte Variante zu sein, da auch Ferreira de Vas4:oncellos sie
in derselben Weise citiert (Kufrosina p. 181 Por amor de t^os, señora,
etir.). Im spanischt^n Originale steht freilich der Name der Dame,
der schönen Infantin Sevilla (s. Duran No. 373, 85 — 86).
87 — 88 Vi venir pendón vermejo
Con trescientos de caballo.
Dit»se Zeilen gehr»ren dersellven Cídromanzc an (Duran 804 uikí
1897), aus welcher in die vorhergehende Nummer (XIX 151) z*'ö
Zeilen eingefügt worden waren.
95 — 96 Ricas aljubas vestidas
V encima sus albornozes
finden sich in einer anderen Cidromanzc (Duran iSçS, 5 — ö).
103 — 104 Los bordones que ellos llevan
Lanzas vos parecerán
vermutlich aus einer heute unbekannten Gaiferosromanze.
120- 121 A las armas Moriscote
Si en ellas quereis entrar
sind überaus l>ekanni und oft als Citat l)enutzt worden, parodkf^
z. B. in den Autos von Prestes p. igo as pancadas^ morisco/e; doch
ist die Quellenromanze nicht oder wenigstens nicht vollstäiKfiS
erhaltíMi. F. Wolf sagt richtig, sie komme in keiner der bekannte^
Sammlungen vt»r, und verzeichnet sie daher in dem Quodlibet a^
Romanzen uml Lietlrranffiiigen , welches seinem Briefe über di^
Prager Sammlung fliegen« 1er Hlfilter zur Einleitung dient, mit daoff^
Sternclien. Daselbst lautet die zweite Zeile
Si las has en voluntad.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 4IÇ
Ein etwas umfangreicheres Bruchstückchen (sechs, vielleicht sogar
zehn Zeilen) enthält das Libro de Musica para vihuela des Miguel
de Fuenllana, Sevilla 1554 (s. Salva II p. 340 No. 2515).
128 — 1 20 Donde estás que no te veo?
Que es de tí, esperanza mia?
Von den zahlreichen Volten und Glossen zu dem, wie so viele
andere, höfischen Kreisen entsprossenen und doch echt volkstüm-
lichen Thema hat Storck bereits vier angeführt. Auch Gil Vicente
citiert das Thema (II 329), dessen zweite Zeile von den „Flick-
schneidern", die es ihren Gedichten als bunte Lappen anhängen,
je nach dem Reimbedürfnis verwandelt wird in alma mia que es
de tí oder que es de ti\ esperanza mia,
136 — 137 Y que nuevas me traedes
(Del mi amor que alla era?)
Die erste der beiden Zeilen findet sich in der Romanze von der
schönen Maurin und Alfonso Ramos (Duran 4, 13), doch heifst es
weiter darin:
de mi flota bien guarnida. —
Am portugiesischen Texte bleibt noch manches nachzubessern.
In Zeile 5 würde ich Êmque statt E que lesen. — 14 Storcks Vorschlag,
Deista an Stelle von Do zu setzen, um den zu kurzen Vers zu
füllen, ist darum unannehmbar, weil von fernliegenden und nicht
von örtlich und zeitlich naheliegenden, gegenwärtigen Empfindungen
die Rede ¡st. Besser scheint mir zu setzen Do que ¡a eu sentiria
oder E o que ìa sentiria, — 15 Die Schreibweise algu hora ist ver-
kehrt, die alten Handschriften lassen durchgängig algua hora unver-
kürzt. — 16 Tive este ist vermutlich durch Tivesse (ich hätte) oder
Tivestes (ihr hattet) zu ersetzen. — 37 Vau- me traz isto em que
ando soll ci'i Camoens geschrieben haben! ando ist sichtlich ver-
derbt, da die Zeile Suspirando a menudo darauf reimen mufs. Storck
schlägt vor, um diesen Fehler zu beseitigen, A menudo suspirando
zu lese. Ob es nicht besser ist diese Zeile unberührt zu lassen,
statt ando aber endo {cuido) zu setzen? — In 42 steckt unbedingt
ein Fehler. Doch welcher? — 100 ist eine spanische Zeile mitten
im portugiesischen Texte. — 117 Man lest festa statt f estas» —
120 alabareis für a liaba reis, — 128 Nicht S* in, wie Juromenha
druckte, und nicht S^en, wie Storck berichtigt. Man drucke und
lese Si en\ beide Vokale müssen hörbar, also auch sichtbar sein.
No. XXI. Von diesem Briefe gilt dasselbe, was ich zu No. VII!
bemerkte, dafs nämlich die Handschrift, welcher Juromenha das
bislang unbekannte Stück entnahm, dafs also die Miscellanea,
weicht» seinen Namen trägt, kein Wörtchen über den Autor des
Briefes verliert. Auch hier hat den Herausgeber die Thatsache,
dafs der in Wahrheit kamonianisch klingende Brief unmittelbar auf
eine dem Dichter geh()rig(^ und ihm auch von der Handschrift zu-
gesprochene ähnlichii Liebesbotschaft (No. XXII) folgt, zu seiner
unbewicst*nen Behauptung verleitet Sein Abdruck ist nicht sehr
27»
420 e. M. DK VASrONXELLOS,
sorgfältig ausgefallen, wie meine Ht^ichtigungen (Ztsc^hr. IV 604)
gezeigt. Einiges ist nodi zu erledigen. In Zeile 7 wird es gut
Sfin podtfcs an Stelle von poder zu si^tzen; eiiit* Änderung, durch
weleh(* der Vers nielit überzählig wird, da (is erlaubt ist (lebrauch
zu machíMi von <ler allbi^kainUen Lia*nz, P/i7 für para zu h'sen
(vgl. Ztnlti 9, 12, i^^, 15). — In Zeile 18 steht ptni und nicht por
in der Handschrift. — Zi'ile ig und 20 sind mir unverständlich
und sclieinen verderbt. Ston'ks freit» Interpretation „Ungezählt sc»i*n
deine Zähren, Meine \V(»irn nicht unerzählt" scheint eine glück-
liche zu sein, giebt aber keine Handhabe zur V'erbesseruiig di's
Originals. - - Zeile 2 1 mufs bti (^iner zweiten Auilagi* di»s Huches
der Lieder umgearbeitet W(»rden, ria das Original nicht chorando
sondern chinando hat. — 30 Ich würde leseli Por hua iam ^ram
belleza, Ks ist wahrs(^hiMnli(rher, dafs der Kopist irrtümlich /^rJ zu
irr ande erweitert hat, als dafs er nhîta durch por hua ersetzt halH^
wie Storck annimmt. - 63 Macias hält bis zur Todesstunde <leii
Nameii des (beliebten im Herzen, in der Krinnerung fest, ñámente,
wie das Original sagt (statt na morti\ Kin Hinweis auf Uhlands
schiine Hallad(* wärt' drm (hnitschcn Publikum gegenülKT in der
Biographie des verliebttMi Portugiesen wohl angebracht gewesen.
No. XXll. Zeile 17 scheint mir verderbt zu sein: ich schlage
vor fica an Stc'lle von vica zu setzen. — 07 Der Vers ist zu lang,
wenn nicht der Nasal von mio elidiert wird. -- 71 — 75 I)or (i<*-
danke rles Originals ist gewifs vom deutschen Dichter fein und
rein nachempfundtMi un<l ausgedrückt w<irden ((;in andíTor pafste
kaum in den Zusammenhang); ilie granjmatische Konstruktion des
portugiivsischen Textes bltMbt mir aber trotzdem unklar, — 91 lï"
Ms. steht vendido\ Juromenha ändert rendido, ¡eh würde th-ncido vor-
ziehen.
Nii. XXIV. Den Titel Jh'spii raies na India übersetzt Storck mit
„Narrheiten iii Indien". Ersichtlich ist aus dieser Verdeutschung
niiiit, dafs der Portugiese, wie der .SpaniiT, unter Disparate eine
besi^ndere, humoristische, oft auch satyrische Dichtgattung versteht!
Iii Wiirti'rbüchern und PoetikiMi su<*ht man freilich vergelilich nach
Auskunft über dies (ienre, und (»s ¡st sehr wohl möglich, dafs
Storck den I)o}>}M'lsiini, der in der portugiesischen Olierachrift
steckt, nicht empfuiiden hat. Disptira/e Umdeutet cousa dita sem
proposito, sem n m„do e #> firn divido, auf deutsch also „ungereimtes
und doch geriMmtes Zeug**, „närrisiih«' l\in fälle**, absichtlich sinnlose
Reimspirle, (^uo«llibets [eot/'à-/\ine); und ilas Kigentümliche der so
iK^titelten l)ii*h;gattuiig, «lie jeglichtî metrische Form annehmen oder
auch in Prosa auflri*ieii kann, besteht darin, dafs entweder in freier
(ieilankenasso(*iaiion die hettTogrnsten Dinge zu einander in eine
>ii'heinbar niotiviertt* lìezirhung gestützt oder ganz lose an einander
gtTeiht wenh'ii: oder «larin «lafs hinter solche Worte in den Tert
hineingetliM'htrn NsiTdeii. die einiT mehrfachen Auslegung fähig
Sinti. ZutTst wird dann das Wort in «ler einen, gewohnlich der
ursprüni^lii hen, lu'deutung angewandt: der nachfolgende Ziuati
NEUKS ZUM BUCHE DEK KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 42 I
aber wird auf eine ganz verschiedene Anwendung bezogen, und
es entstehen so burleske Witze mit widersinnigen Kontrasten, bei
denen der Reiz des Lächerlichen eben im Widersinnigen gefunden
wird. Oder aber er besteht darin, dafs allbekannte Phrasen und
geflügelte Worte zusammengestoppelt und gleichfalls in anderem
als ilirem ursprünglichen Sinne verwertet werden. In allen drei
Fällen wird eine komische Wirkung l)eabsichtigt und meist auch
erreicht; am besten, wenn auch au: gröbsten, da wo Wortspiele
den eigentlichen Gehalt des Stückes bilden, also in den Dichtungen
nach der zweiten Manier.
Augenblicklich kann ich nur auf je zwei Probe- und Beweis-
stückchen für die beiden ersten Kategorien hinweisen. Für die
dritte aber sind die „Disparates na India" der einzige mir bekannte
poetische Beleg.
Komisch wirkende Gedankenassociationen bilden den Inhalt
der „Disparates compuestos por D. Pedro Manuel de Urrea" (Bibl.
de Escritores Aragoneses. Sección litt. Tomo 11. Cancionero de
Urrea p. 166, Zarag. 1878) und des „Romance de disparates de
Diego de la Llana" (Duran No. 1887; cfr. No. 1874, i875).i
Wortspiele sind der humoristische Kern der „Novela dispara-
toria do gigante sonhado por A. S. C.'* (Lisboa 1745) und eines
Zeitungsinserates im „Folheto de ambas Lisl)oas" (No. 3, Lisb. 1730).
Um dem Leser zu zeigen, um welche Art von Witzen es sich darin
handelt, citiere ich je einen Satz aus beiden Volksschriften. In
der ersten heifst es bei Gelegenheit der Traumschilderung des
Riesen: 0 seu rosir 0 tra de capato; a cabeça de Monte' Achique; hum
olho de couve; outro de al face; a boca de forilo; os beiços de aiguidar;
os dentés de serra; as pastanas de vestido; huma mäo de papel^ e outra
de almófar iz; hum pé de cravo, outro de cantiga; os bracos de mar etc.
In der zweiten heifst es: Huma trevoada excessivay que deu com huma
grande chuva^ fez huma tal cru hur rada nés ta rua que causou admiraçao
a iodos os visinhoSj pelo descosiume; e depois de cessar se vio na boca do
cano hum cadaver de extraordinaria grandeza que se nao conhecco pelas
eslranhas feiçoens; porque a cabeça era da saude; os olhos hum
de couve y outro de agua; a boca de Sacavem; as barbas de
' Dem Titel, aber nicht dem Inhalt nach, sind mir noch verschiedene
andere Di>j)aralcs bekannt: Almoneda de disparates, nuevamente hecha;
en coplas (jue dizen : ,,Kn la tarde hay almoneda". Pliej»o Suelto sin L. ni A. —
(llosa jocosa á modo de disparates, hecha al romance de: „Tiempo es
el caballero*'; en coplas que dicen: „En danza mil putas viejas". — Dispa-
rates de Gabriel de Saravia, muy ^»raciosos y apacibles paia cantar, glosando
muchos viejos romanzes. — Disparates muy jjraciosos y de muchas suertes
hechos, y un aparato de guerra (jue hizo Monloro, y unos fieros que haze
un rufián. - und vor allem die Disparates y almoneda trabados por Juan
tie Kncina. Diese letzteren waren ohne Zweifel die beliebtesten und bekann-
testen Ungereimtheilen; in spanischen und portugiesischen Dramen begegnet
man oft Phrasen wie nuis itispanifes no Hijo Juan del Emina (s. ^íorcto,
Antioco y'Seleuco und Jorge Ferrcira de Vasconcellos, Ulysippo fol. 214V).
Laut F. Wolf, Studien p. 203 und 273 stehen auch ini Cancionero de Baena
zwei Disparates trobados unter No. 99 und 106.
42 2 C. M. DE VASCON'CELLOS,
balea; os òr a co s hum dt mar, ou ir o de mola; as ma o s huma
de rabäos, oiiira di papel e finalmente os plSy hum de can^
iìga, outro de er avo ctc.^
Die Disparates des Canioens nun briiìgen die eigentümliche
Lachwirkung, auf welche auch sie abzielen, wie btTeits giisagt ward,
in andtirer Weise als die eben kurz verzeichneten „Ungen»imüieiten
in Reimen" hervDr. Sie stehen dem bekannten Genre der „Ensa-
ladillas**'-^ und der „Centöes** und der „Cartas de girÖi'S** nahe, da
sie, wie alle diese, ein Potpourri aus entlehnten Versen; aus be-
kannten Sprichw örti;rn und vulgären Redensarten sind, mehr wahr-
scheinlich noch als wir es heute, nach drei Jahrhunderten, bei
mangelhafter Sachkenntnis, zu ahni?n im Stande sind.'* In den
„Disparates da India** steht die Schlufszeile aller Strophen aufserhalb
des metrischi'n Rahmens, d. h. sie ist nicht durch den Reim mit
den übrigen () Strophenzeilen verbunden, und weicht, was Rhyth-
mus und Silbtînzahl betriiìt, von ihnen ab; sie ist, oder klingt doch,
witi reinti Prosa. Aufserdem sind spanische mit portugiesischen
Hrocken in absoniierlicher Weise gemischt.^ Die bunte Wirkung,
welche diese beabsichtigten Unregelmäfsigkeiten erzeugen, läfst sich
* Mussatia hat 1867 aus einer IJandschrifl der Wiener lioibibliothek
einen spanischen Brief veriiflentlicht , der (;anz und ^ar aus solchen Wort-
spielen besteht, dem aber im Tilel nicht das Schlaf^wurt „Üisparalcs'* gegeben
ward. Der Verj^deich mit den portuj^iesischtn Slücken ist lehrreich.
'^ Die „Ensaladas" mischen Keime aus den verschiedenarligsten Gedichten,
in vlen vcrschiedenarligslen Metren, aber auch in zwei oder drei verschiedenen
Dialekten unter einander. Ich kenne solche „eni mourisco, portuguez e bis*
cainho". — Ein sehr interessanter ,,Klickenbrief*' steht in der Aulegraphia
ibi. 00. Er besteht au> italienischen Sätzen Dantes und Petrarcas und latei-
nischen aus Ovid, und schlägt, wie ein echler nnd rechter Klickunbrief mufs,
..mehr krause Wellen als der Nordwest".
3 Es mufä damals Mode gewesen sein „Cartas de Disparates" in Prosa
und in Poesie an gute Freunde zu senden. Erzählt doch Rodriguez Lobo
in .seinem „Höfling" (Corte na Aldeia p. 25 der Obras): ha outra \esp€cie de
.il ff. to) ltd iti S bii ruft' S que parecendo que .se JtS7'i3ü nas paiavraA do pro-
j\K\ito que tonttio, dîio ii cntenihr eomo em ent\çfna o pensamento de quem as
i'.\Lri'Ti\ t' odo t\s/tis ¿'^raeioA.is com iu/i/fja\ und weiter: ¿ certo que niste
tiitrîlo ftiiìo particular os ror/ii¿mczc6 que esercire rilo a o gracioso, que nem
,'S /taliauos na frasi burlesca ncm os Ilespanhoes no estilo picaresco os i^U'
.timo. — Wären nur erst mehr l*robestücke bekannt!
* Storcks JWmerkung „der Dichter habe vielleicht die damalige Rede
des Tages in Goa kopiert und parodiert" scheint mir im höchsten Grade un-
w.dirscheinlich. Die>e \\\\\U unendlich viel barbarischer, verderbter und roher
gewesen >ein, wie .ui> aller Zeitgenossen Klagen hervorgeht (Jo3o de Barros;
Kei reirá ile Vasconcrìlo>ì. — Die willkürliche Mischung von Spanisch und
I'oitugie>isch aher hocliiänkte ^ich keineswegs auf Goa (wenn sie überhaupt
dort .Mode war): mc war in rmlug.d >elbst. wie die ganze quinhentistischc
Litteratur, vor allem .ibei der dramatische Teil derselben, auf das sinnfälligste
zeigt, an der Tagoortlniing uml bei hoch und niedrig gleichinäfsig zur Ge-
wohidicii gewv>rilcn eine .uif ^^.inz nalurgemäfse Weise entstandene Ge-
wohnheit, die wir, Nil gern wir e^ möchten, doch nicht als Undlte bezeichnen
dürfen. Einen ä>theti<ch reinen Eimlruck kann ein mehrsprachiges Gemifch
trcilich nie machen, und Canu)eud hat &ich selbstverständlich auch gehätct
NEUES ZUM RÜCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 423
im Deutschen nicht wiedergeben. Der Übersetzer hat es, mit Recht,
für mifslich erachtet hie und da dialektische Formen einzustreuen.
Weniger stimme ich damit überein, dafs er alle die Sprichwörter,
welche den Schlufs von Strophen bilden, durch eigens erfundene
und in sich gereimte Nachbildungen ersetzt hat Ein ungefähr
gleichwertiges, aber wirklich bestehendes und, was die Hauptsache
ist, allbekanntes, drastisch derbes, deutsches Sprichwort in Prosa
würde mir besser gefallen und den humoristischen Effekt sicherer
hervorrufen, auf den es in diesen Ungereimtheiten nun doch ein-
mal ankommt. Wie Prosaiker und Blankversdichter hie und da
eine starke und unerwartete Wirkung durch plötzliches Einstreuen
von gereimten Zeilen erzielen, so erzielt sie der Dichter hier durch
ein pl()tzliches Aufgeben des Reimes wie des Rhythmus. Natürlich
ist die Wirkung aber eine gerade entgegengesetzte, dort ein Er-
heben in alle Himmel, hier ein Herabreifsen aus allen Himmeln.
Nur die ersten neun Strophen halte ich für echt. Den letzten
acht fehlt es, wie Storck bemerkt, an Schlagfertigkeit und Schärfe;
auch richten sie sich formell nicht immer nach den oben auf-
gestellten Regeln; auch sind sie durchgehends in reinem Portu-
giesisch geschrieben.*
Ich bin nun keineswegs im Stande die Quellen aller derjenigen
Zeilen zu nennen, die mir entlehnte zu sein scheinen, und glaube
auch nicht, dafs es irgend einem Anderen gelingen wird sie aus-
findig zu machen: denn die Mehrzahl der Zeilen sind stereotype
Redensarten, deren Einzelurheber nicht aus der grofsen Schaar der
Nachsprecher gefunden werden kann. In Strophe i halte ich z. B.
aufser i und 10, die Storck schon als erborgte nachgewiesen hat,
auch Zeile 2 A(/o hay duzientos vaos (sic)^ und 4 Todos somos del
CS zu anderem als zu humoristischem Zwecke darzubieten. — Man verj;leiche
auch seine lustige Einsprache, selbst gegen lustige Anwendung der Flicken-
theorie in seinen AmphilriÖes (ed. Braga, p. lio):
Que a trova trigotremez
ha de ser toda d'hum panno!
que parece muito ingrez
n'um pelote portuguez
todo hum quarto castelhano!
' Auf das Seltsame, was darin stecken soll, dafs der Dichter in Vers 147
dem Leser den Rat erteilt „ein dreifsig oder vierzig Reime" zu überschlagen,
während nur noch 27 übrig seien, lege ich kein Gewicht. Der Dichter sagt
tres ou quatro trovas; unter trovas können aber ebenso gut Verszeilen wie
ííanzc Strophen verstanden werden: es existieren einstrophige und doch trovas
übcrschricbenc Lieder genug. Freilich wäre demjenigen, welchem die Un-
gerciiulheilen zu lang däuchten, mit dem Überschlagen von drei oder vier
Zeilen wenig geholfen ! Aber in der Unzulänglichkeit des vorgeschlagenen
Heilmittels kann vielleicht gerade der (recht schaale) Witz stecken!
'^ Die Übersetzung dieser Zeile scheint mir mifsglückt. „Einer Strafse
gleicht die Erde" nicht rauh, beschwerlich, steil und eng — , sondern einer
Strafse, die zweihundert verschiedene Übergangsstellen bietet, wo also jeder-
mann, ob gut ob schlecht, ob reich ob arm, ob hoch ob niedrig, sich seinen
eigenen Weg sucht.
424 e. M. DK VASCOXCKLLOS,
merino ^ und in 8 das dt- jad/os mi madri: für spriclivvortiihnìiche volks-
tümliche RedewiMidungcn. Dasscihu gilt von ^o Assi enirou o mundo,
assi ha dt: sahir, das C^aniO(.*ns selbst in scinrni Prosai )rii'f (No. 15S
Z. 221) wiederholt und das vor und nach ihm sattsam gi*nng ge-
predigt worden ist; und von 60 colirir 0 au com huma joeira und
von 69, wo ti-mpu dt fi^os auf das Sprichwort //// Umpo de figeas fulo
ha amigos hinweist ; und von 84 fazer a jusiiea de /cas de aranha.
Wirkliche Citate stt»cken in Zeile 13 und 14 Villas y casíiiios leng^^
Todos a mi mandar soné, Sie gehí)rtín der Romanze von Fernán
Gonzalez an (Duran 704, 25- -26), aus welcher auch die sprichwijrt-
lich gewordenen Verse stammen:
Mensajero eros, aniií^o,
No mereces culpa, no.
Zeile ^2í "'^^ 34 kehn.'n in den Romanzen von der Ti«*Iagi'rung
Zamoras wieder (l)uran 776 und 1895). Zeile 78 l)i«jtet ohne Zweifel
ein bekanntes und volkstümliches spanisches J.ied. Wo ich es ge-
lesi^n, weifs ich freilich nicht zu sagen; wohl aber dafs der citaten-
reichiî Possenschreiber Antonio Prtîstes zweimal tiieselbe Zeile wit-
Camoens benutzt: auf S. 17 und if;5 Que nel campo dormiras Que
no eomigo,'^ Die spanische Zeihí loi Ado /icmn /as menies erinnert
mich an ein Villanceio von Hartolomé Santiago, welches beginnt
Do /ienen odt;r Do iimes /as nitu/es (Duran I p. LXXIV); andere er-
innert es vielleicht an andere Lietler.
Noch habe ich einigt; Henn^rkungen auf dem Herzen: Zeile 87
und d>^
Para os pcijucnos huns» Neros,
l*ara os ¿îrandes tiulo feros
scheinen mir zwar hübsch und munter, aber nicht richtig wieder-
gegeben durch
An den kleinen ¿lehn und ¿erren
Und bcrupfen j^rofse Herren.
Das Gegensätzliche beider ZeiliMi ist unbeachtet geblieben, obwohl
doch die leiTcn Prahlhänse in d(T kamonianischcn Phrase so kernig
charakterisiert sind „Den Kleinen gegenüber sind sie kühn in Thalen,
wahre Nerone; dt:n (ìrofsen gegenüber blcibts bei eitlem Drohen
und Prahlen". — Mil Jiros wird noch heute alles grofsmäulige Hra-
' Diese l'hrase - die vielleicht einem alten Schäferspiel cntsUiniiit ? —
wai bei den Ouinhenli>tas ^ehr l>cliebl. Allein bei Jori»e Ferrcira de Va^on-
cellos, dem spruclireiclie>ien unter allen, bejjej^ne ich ihr vier mal: Ulys. 113»
201. 261 und Eufr. p. 23, und wird sie daselbst \\\}> pa/avra corriqttcira per
que foJtt o //fi/ntft) />,i^Mi d.h. alst) als Allerwelts-Weisheilssjiruch, als haus-
backene "Wahrheit be/A*i( linet. Die betrelì'en«le Stelle der U1y.«dppo ist
charakteristisch: ein Kavalier, der die ííelafíerunj; von Ma^af*3io milgemachl
hat, läfst sich einen Rund>child machen, auf welchem Herkules mit seiner
Keule vor den, vom Drachen bewachten, «goldenen 1 lespcridenäpfeln dar{*estellt
ist. Darunter die bi^chrili /''i/f^. .\,'/nos de/ merino, was doch nichts andere»
bciieuten kann ab >i /:,//'/(' tono pittore „Auch ich wanl in Arkadien geboren"
d. h. „auch ich bin Afrika, ilem Atlas nahe, f^ewesen wie Du, oh Merkalcs".
■^ Camoens citiert das^clbi- Liedchen noch (wie Slorck bemerkt) in einem
seiner Pro^abriefe ("l^VI, 141 un-l ferner in den AmphitriSes ed. Braga p. 149^
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 425
marbasiercn bezeichnet, das der PorLugit.'se übrigens, nebenbei be-
merkt, für die hervorstechendste Eigenschaft des Kastilianers hält,
während dieser dem verhafstcn ^Mitbesitzer der iberischen Halbinsel
seine Verliebtheit, Phantasterei und Weichlichkeit vorwirft.* — Dafs
in Zeile QO das Sprichwort id väo /fis onde querem reis durch die
Censur zu ¡a vilo reis onde querem cruzados verändert worden sei,
scheint mir unglaublich. Ein in aller Welt Munde kursierendes,
tausendmal im täglichen Leben citiertes Sprichwort, mit Aufhebung
der darin sttîckenden Reimformel, im Ernste modifizieren zu wollen,
ist ein Unterfangen, das man selbst dem Büchercensor nicht zu-
trauen darf, am allerwenigsten in einem Lande, wo der Satz „Sprich-
wörter seien kleine Evangelien" von jeher Geltung gehabt hat. Nur
als Witz (und die Witzform, in allbekannten Phrasen ein erwartetes
Wort durch ein unerwartetes zu ersetzen, ist ja auch heute noch
beliebt), und zwar nur als vom Dichter selbst gemachter Witz, ist
die Metamorphose von reis zu cruzados aiuìehmbar. Eine doppelte
satyrische Pointe steckt natürlich darin: erstens, Geldmacht geht
über Fürstenmacht, wie um die Mitte des 16. Jahrhunderts tausend
Zungen klagten; und zweitens, die kleine Münzsorte der Kupfer-
reis ist jedoch bereits machtlos, ^iXúííx - cruzados haben ihre Stelle
eingenommen.
Ob die Übersetzung der 116. Zeile die Intention des portu-
giesischen Originals klar macht? Morio por desenterrar Parentes que
cheiram ja bedeutet doch nur, dafs der Emporkömmling aus nie-
derer Abkunft tödtlich oder sterblich darauf erpicht ist, alte, Ver-
wesung duftende, unkenntliche Ahnen aus dem Grabe der Ver-
gtîssenheit aufzuwühlen und auszuscharren. — Zu Zeile 130 bemerke
ich, dafs unter dem Sprichwort, auf welches angespielt wird, ver-
mutlich Quem niente^ arrede testemunhas zu verstehen ist, dafs der
Dichter es aber zu seinem Zwecke umgemodelt liat in Quem näo
mente, näo arreda testemunhas mit einem bösen Seitenblick auf die
ohne Zeugen d. h. in der Beichte gesprochenen Wahrheiten.- —
IJluT Vers 150 habe ich schon früher gesprochen (Ztschr. IV 602):
eine Varianti^ des betreffenden Sprichwores Quem porcos busca a
cada monta the grunhem ist manchem behufs Sicherstellung der von
mir gegebenen Deutung vielleicht erwünscht. Sie steht in der
Ulysi})po fol. 132V.
Dafs trotz der humoristischen Form des Gedichtes sich den-
nocli cM*n gut Teil ernster Satyre darin verstecke, leugne ich übrigens
in'cht; doch ¡st sie keineswegs sehr scharf und vor allem wenig
inilividuell; dieselben Disparates, welche Camoens als indische
geifselt, sind zur gleichen Zeit von anderen Portugiesen, als
heimatliche und gleichfalls als indische, mit gröfserer Kraft ange-
' S. z. ß. Aulej^r. p. 128: {L00 Portu!^ue¿e:i) nu saben mas que hablar
., minila fe r mo sa*'. — K Castelhanos sabcm mais que rebotarías e feroòt
- Jor^'c Fcneira ile Vasconccllos beginnt unii unierbricht in der Eufro-
sin.i p. 71 (las Sprichwort in gleicher Weise. Anderwärts citicrt er vollständig
Quem quiser mentir^ arredc testemunhas.
420 e. M. DE VASCONCELLOS,
griffen und an den Pranger gestellt wordim. Dafs dies Gedicht
ihm gerade besondere Feinde und Feindschaften in Goa zugezogen
haben sollte, wie noch immer behauptet wird, scheint mir sehr un-
glaublich.
No. XXVI. Vers 8 und 9 bergen in sich in der That eine
Allusion auf ein Sprichwort, oder gar auf zwei. Diese heifsen
Morra M ariha e morra faria^ und Bern canta oder Bern paira oder
Bern prega Martha depois de farta. Eine Erinnerung an die typische
Gestalt der frommen d. h. scheinfrommen Martha (Marta a pie"
dosa oder Martha piadosa t¡ue dava o caldo aos enforcados^ dio Tirso
de ^Molina z. H. zum Gegenstand einer seiner Komödien erwählt hat,
mufsUi und sollte wohl dabei durch jedes Spaniers Gedanken ziehen.
Man verwechsele nicht die biblische, lleifsige Martha a solicita Martha
nìit der schc;infrommiîn. — Wie prächtig ist übrigens auch diese
kleine Hiltschrift dem Übersetzer gelungen!
No. XXVIJ. Wie prächtig auch das lustige Gelegenheitsgedicht!
Schade, dafs das allerliebste Menu nicht ganz treu übertragen
wtîrden konnte. Es ist im Portugiesischen doch noch graciöser
und einleuchtender und natürlicher, w<nl seine Anordnung genau
den wirklichen Speisezettel nachahmt:
Tendes,
ncmif^alha — assada
cousa ncnhuma — de molho
K nada — feitu cm cmpada etc,
Capanca in Zeile. 2^ ist, wie jeder Leser vermuten muís, thatsäch-
lieh wegen seines schonen Rebt^nsaftes btirühmt
No. XXVII. Ich habe gegen die Übersetzung von fios seccM
niciits einzuwenden. Dafs es jtnloch sehr wohl „Dtìrreiàden'* im
Sinne von „Ilungiirleider" heifsen könne, l>eweist eine Stelle aus
Soropita p. 83, wo dieser von solchen, welche das ganze Jahr
Hunger leiden, am Fastnachtsabend sich aber gütlich thun, sagt:
todo amw estilo de fios seceos para aquella conjunccäo*
No. XXXVIII. Montemayor hat dasselbe Thema wie Camocnb
glossiert (I^d. 1588 fol. 40). Ik^ide aber haben es aus dem Cane
Gen. 151 1 geholt, in dem Ixiroits der Marquis von Villafranca es
benutzt und i^uiros es mit 18 Zeilen umschrieben hatte (Na 329
und 592 der Kd. 1882).
No. XLIX. Zur Geschichte von Justa fue mi pcrdìeùm kann
ich, wie ji'glicher, der die alten Cancioneros oft in die Hand nimmt,
einigle Beiträgt! liefern. Aufser der Volta von Jorge Manrique,
wtîiehe im Cane. (ìen. de 1557 auf Blatt iSov steht (No. 329 in der
21. rul)likation der Bibliófilos Españoles), bietet dasselbe Liederbach
auf Bl. 2^2 noch eine andere von Costana (handschriftlich in Evora
V— fol. 1.^6); wieder rino andere dichtete Montemayor, ed. 1588
fol. 36; noch eine a lo divino Gregorio Silvestre, Rivad. 35 No. 884.
— Was mochte alle diese Dichter zur Wiederaufnahme des abge-
nutzten Themas bewegen? I\Iir däucht, sie seien alle irgend
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 427
Dame, Justa benannt, zugethan gewesen; wie wir solches mit Be-
stimmtheit von einem Benutzer des Mottos wissen, von D. Joäo
Manoel (t 1476), der, nachdem seine Liebe zu D. Justa Rodrigues
Pereira (der Amme des Königs Emanuel und Stammmutter der
Manoeis) sich in Hafs und Reue verwandelt hatte, das Motto an-
nahm Jusia fue mi perdición (Caet de Sousa, HisL Gen. XI 388).
No. L. Dasselbe Motto steht glossiert in den Inéditos de
L. Caminha II 240 unter dem Titel Quintilhas de um fida/go portu-
guez captivo em Ber her ia depois da infeliz perda do Senhor Rei D, Se-
bastiäo.
No. Lll. Der Anlafs zu der bekannten, von Castilho her-
rührenden Auslegung, der Dichter habe diese Verse auf sein eigenes
Portrait gemacht, dando urna navalhada no rosto de urna sua imagem
a que /aitava certa cicatriz, möchte darin zu suchen sein, dafs Pedro
Joze Suppico in seinen Apothegmas (Coimbra 1761) zwei ähnliche
Anekdoten erzählt: i) D. Lourenço Arcebispo de Brag a y mandou
lavrar a sua sepultura na Sé da mesma cidade, e sobre ella a sua estatua
vestida de pontifical, Vindo ver a obra, e adver lindo que a estatua nao
tinha figurada no rosto huma cutilada, que elle recebera na batalha de
Aljubarrota em defensa da patriay pedindo huma espada Iha deo por aquella
propria parte, e disse: Agora sim que fica a o fia tur al. Die zweite
betrifft das karaonianische Gedicht noch näher. Sic behauptet (I 164),
der Herzog von Bragan^a, D. Thcodosio IL, habe Francisco Rodri-
guez Lobo hochgeschätzt und dessen Bild in seinem Palast aufge-
hängt. Der Dichter aber habe das Fehlen einer Narbe im Gesicht
l>emerkt, selbige durch einen Messerschnitt angebracht und dabei
deklamiert :
Retrato, vos n3o sois meu;
retratár3-vos muy mal,
que a eslares ao natural,
foreis mofino como eu.
Citierte er das kamonianische Lied aus dem Gedächtnis? oder sollen
die Zeilen für sein eigenes Machwerk erklärt werden?
No. LIV. Mir scheint es nötig, die ersten fünf Zeilen der
vierten Strophe mit den ersten fünf der dritten zu vertauschen.
Anderwärts (Ztschr. VII p. g6 No. 21) habe ich gezeigt, dafs das im
Cancioneiro de Kvora erhaltene Lied, welchem Camoens das Motto
i'ntlieh, wahrscheinlich von D. francisco de Portugal, erstem Grafen
von Viniioso ist; und dafs, aufser Lobo, auch noch Francisco de
Sä e Menezes dasselbe zum Gegenstand einer hübschen Glosse
gemacht hat.
No. LVIII. Ob das Motto ursprünglich spanisch oder portu-
giesisch ist, weifs ich nicht. Camoens und Diogo Bernardes glos-
sieren die })ortugiesische Fassung desselben; Pedro de Padilla,
Cane. p. 499 hingegen glossiert die spanische:
Sin vos y con mi cuidado
Mirad con quien, y sin quien.
428 e. M. DE VASCONXELLO.S,
No. LXII. Im Index da Livraria de Musica de D. Joao IV.
(Ed. J. de Vasc:oncellüs) sttihl auf S. 264 unter den Villancicos de
Navidad ein solches Weihnachtsliedchen von Francisco Harca kom-
poniert, wtilches Ixginnl: Ttndt\ Amor, mìlo, nelle. Oh dieser Fran-
cisco Harca nun etwa das IJi;dchen des C'anioens in Musik gesetzt
hat, oder ob beide ein ursprünglich popul.ïres aus dem Volksmundf
aufgelesen haben, mufs daliing(;stellt bleiben.
No. LXXV. Amor louco ist ein ^Sprichwort: überall nvo es al»
solches citiert wird, ist diese .\nrufsronnel nicht verdoppelt. Diti
Verdoppelung haben erst die Dichter vorgenommen, die es zum
Vi;rs erhebeil wolltiui.
No. LXIX. IJbiT Jorge da Silva spreche ich in einer An-
merkung zu Oktave VU.
No. LXXVI. I). Francisco Manoel de Mello hat dasselbe Thema
biîhandelt {^^'^. Fres Musas. Thalia p. 205).
No. LXXXII. Diîr Name Qiuiresma ist noch immer üblich und
durchaus nicht selten. Dafs der ErzpriestcT de Ilila viel mit
D. (¿uaresma zu thun hat, ist btîkannt. Auf die Frage: war das
Weib Fastens Frau? wird jeder Portugiese Niiin antworten. Azouiar
ist eintj ölientlichi.' Strafhandlung von Seiten eines Beamten.
No. LXXXVI. Dies I.iedchen ist im Portugiesischen überau>
schelmisch, naiv und lieblich; und mir scheint als hatte trs von
seiner Anmut im Deutschen verlonMi, weil der Ausdruck nicht ein-
fach und schlicht genug gewählt ist. Wozu eine Perle noch in
(iold fassen?
No. XCV. Das Thema ist jedenfalls ein fremdes und mufs
zu diMi bekínmlíTen geh(')rt haben. Prestes erwälint es in seinen
Autos p. 2 [7.
No. XCVIII. Diti dritte Zeile dieses zweifellos dem Volks-
nuHide enlnomnunen Mottos verwendet Lobo, .sie leicht variierend.
noch mehrnials. So p. 3Ò4 maà humilde e mais secura. Mau ver-
gK^che au( h Mello, Chartas 1^'amiliares p. 105: amiar htwia creatura
Sim amor he piHieo menos que andar desealea, trajo que aie em Lianor
quando hia para a fonti de s calca pela verdura me /azia arri'
piar " cabello.
No. C Die Annahme Bragas ist thatsächlich cine irrige. In
F. K. Lobos Werken konmit „Le o no re am Brunnen" nicht vor.
Yä verwechselte das von C'amoens auserlesi'ne bis iiu» 18. Jahr-
hundert hinein i)Opularcî, oft glossierte Liedchen
Na finite Cí>tá Leonor
mit einem anderen, ebenso volkstümlichen, welches lautet:
< )uebrara I^ianor
<J pote na fonie,
E deitara os tcstinhüb
Tarn lonjje.
Diisrs letzlere hat der Vi'rfasser der Primaveva auf p. 315 und
aufser ilnn z. H. noch I). Fraiicisco de Portugal (Divinos y humanos
versos p. 78) benutzt.
NEUES ZUM RUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 429
No. CV. S. meinen Aufsatz über Palmeirim in Ztschr. VI 217.
No. ex VII. So sinnreich auch Storcks Auslegung ¡st, der ich
zuerst gern beigestimmt, so glaube ich sie nach reiflicherer Über-
legung nun doch abweisen zu müssen. Von einem zu des Dichters
Zeiten vielgenaniUen Liebespaare Mendes-Gonçalves kann kaum die
Rede sein, weil keine Spur von seiner Existenz zu entdecken ist.
Kein einziger unter all den allusions-, ciUiten- und anekdoten-
reichin Zeitgenossen des Camoens gedenkt desselben. Bei einem
kleinen Volke aber, das den Beinamen des „verliebten" trägt ^ und
wieder und wieder mit Stolz auf seine Treue, seine Schwärmerei,
seinen Enthusiasmus hiiiweist, und wieder und wieder die Namen
derer preisend liennt, die vor Liebe starben und vor Liebe den
Verstand verloren haben, da würde sich wohl unbedingt durch
schriftliche Aufzeichnung die Nachricht von einem sprichwörtlich
gewordenen Liebespaare erhalten haben.
Ich versuche eine andere Auslegung: (lonçalves ist — wie ja
' Die Reweise für diese Behauptung sind unschwer zu finden: aus dem
Munde der Sj)anier tönt tausendfach variiert das Lied von ihrer Schwärmerei,
ihrer Sehnsucht, ihrer Liebestreue. Gilt das Wörlchcn saudades nicht für
unübersetzbar? Wurden von den alten Portugiesen wohl je andere Poeten
gepriesen als solche, die um ihrer Liebesthatcn willen Ruf und Ruhm er-
langt? Macias; Garcisanchcz ile Badajoz; Ruy de Sande; Petrarca; Garcilaso;
D. Jollo de Menezes? Strebt nicht selbst Camoens unaufhfirlich und inbrünstig
danach, den Treuvcrliehten beigezählt zu werden? — Einige noch nirgends
verzeichnete Bcwcisslückchen stelle ich hier um der Kuriosität willen zu-
sammen :
Moracs, Palmeirim III 71 : e como de seu natural {port ui;^uezes e castelhanos)
tcnhaw a condiçam namorada» cm especial os portu^í^^^uezes.
Tirso de Molina, la Villana de Vallecas (Rivad. p. 55):
Es a mor ador
Mas que un portuf[uez.
id. p. 24 V Por cl Sótano y el Torno:
^•V amor nacio en Portugal,
la es portugueza Castilla.
id. ]>.. 209. Kl Vergonzoso en Palacio:
Ha de amar en su conquista
De oidas el Portuçuez.
Jorge Ferreira de Vasconccllos, Eufrosina )). 296: o bom portuguez da sua
naturai constel/a^äo apurado no amor.
id., Aulegraphia p. 121: en esta tierra {de Portugal) do todo es locura y
fantasia.
id., ibid. p. 38: porém, o amor he portuguez, e quem al disser nao Ihe
uìtu' mondar as alturas e navega por fora de todo o bom sentir,
id.. Eufrosina p. 294: E por isso ridé>vos dos namorados r — E nao me
negareis ser esta a principal inclinaçao portugueza.
D. l*'raniisco tic Portugal, Arte de Galanteria p. 84 : Sin ninguna com-
petencia fue siempre Portugal la escuela de la fina galanteria. De
aqui aprendieron todas las naciones finezas.
ibid. p. 115: como se entre as capas de baeta de Portugal deixasse ainda
de hai'cr algún s que de amores se mantem.
D. Francisco Manoel (le Mello, Epanophoras p. 286: e como nosso natural
é entre as mais nacres conhecido por amoroso.
An die oft citierten Stellen aus Madame de Sévigné und des Cervantes Per-
siles y Sigismunda brauche ich nicht zu erinnern.
430 e. M. DE VASCONCELLOS,
schon die Überschrift a huma ftula Gonçahez zeigt, die auf den
Familionnamen und nicht, wie ge\v()hnlich, auf den Rufnamen hin-
weist — Goìì^alvos ist (h^r Familienname der von Camoens ange-
sungenen Schönen. Dersttlhe scheint bedeutungslos und einer Aus-
legung unfähig, gewinnt aber Sinn und Bedeutung durch eine ganz
Itiise AnchTung in der Aussprache, durch Schärfung des anlautenden
g zu k. l'ls sei nun, dafs besagte Schonhcîit sich wirklich Con^sahti
geschriei)en habe — eine Komi, die in alten Dokumenten nicht
selten vorkommt — es sei, dafs der Dichter die Änderung will-
kürlich und auf eigene Iland vorgenommen hat, mir scheint, man
müss<* Comsahes lesen, d. h. ich nehme an, der Dichter hal)e den
Namen als einen auslegungsHihigen empfunden und ihn aus diesem
(irunde, der Mode gemäfs, vielleicht gar, wie meistenteils, auf der
D.ime ausdrücklichen Wunsch und Befehl, kunstgerecht in sein (ic-
legenheitsgedicht hin(îing(îheimnifst. Ich denke dabei nicht an das
obligate Spiel mit Voniamen wie Luz, Paz, Grava, von dem schon
oben ilie Recle war; auch nicht an das schwierigere mit auf den
ersten Blick sinnlosen wie Lianor, Dorotea etc.*; ich denke nur an
das Spiel mit wirklichen Familiennamen ; erinnere z. B. an No. 82,
wo der Name (¿uaresma, und an 88, wo Moráis gedeutet wurde,
und mache auf zwei (iedichte; aufmerksam, in denen etwelche Damen
Soares gefeiert wurden. Das eine steht in der Miscellanea des Miguel
LeitÜo (p. 187) und tändelt mit besagtem Namen, den es als Verbal-
form von soar = „tönen" fafst und verwendet^ Das andere ward,
so viel ich weifs, noch nie gedruckt Ich kenne es aus der hand-
' Verse auf jcjjlichc Lianor mufstcn mit dem Verbum /tar «»pielen. Der
Kiinig Johann H. trug hei den berühmten Hochzeitsfcierlichkeiten des Kron-
prinzen Alfonso als Kmblem Stricke «= fiâmes de ntwe mit dem Motto:
estes lulo de maneira
({ue jamais pode quebrar
cjuem com elles navegar.
Eine Dorotea besingt J. F. de Vasconcellos (Aulegr. p. 88) in einem Vilan-
cete. Ks beginnt:
Dorotea f dor se atea
no meu triste coraçSo
vendo vossa iscnçSo.
'•* Es hfifst dort: .... tornou o musico a cantar por outra toada, com
os olhos na damn menor {que dona lüvira Soares se chamara) o stg^uinte:
Se pelo que de vos soa
se passa a vida em pczares,
(jue será por vos soares?
Se soares, e ou vi da
for essa voz excellente,
hem sei eu alguma gente
que liará a troco a vida:
Nilo quei rai s (juc a parti<la
se passe toda em pezarcs
coni, senhora, nïo coures.
No e.x/rt'nii> w mo if ni rao a/t^rrv es/as donzellas (zwei Schwestern Soares),
da ain/ií;'a, a\òi por nt'lla iwrem metido o seu nome, Como pelo remoftu
e toada.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 43 1
schriftlichen Miscellanea Juromenha (fol. 90), wo es ohne jegliche
Angabe über den Autor steht. Es deutet Soares durch so ares =
„nur Wind" und spielt recht anmutig mit dieser Formel.* In der-
selben Weise meine ich nun, dafs Camoens mit dem Namen Gon-
sahes oder Consalves scherze, den man in com salves = „mit Grüfsen"
zerlegen müsse, um die Amphibologie des Liedchens zu verstehen.
» Mote.
— So ares le darSo vida
Se so nelles esperares: —
— Sim, mas dizem que he perdida
Esperança, posta em ares. —
{t'ck vermute em sa ares.)
[Glos a.]
Tem me morto hum gentil ar
De hums claros olhos que vi;
Outros ares concebi
De v3o cuidar e esperar
Que me lem fora de mi.
l3o que ares so me cau^árSo,
{vielleicht: Do que so ares causarlo)
Me queixo ao Cegó omecida.
Responde: „elles ferem e sárío.
Se so ares le matárSo,
So ares te darJo vida".
Vendo quam ponco mereço,
Cuido que engañar me ordena.
Com esperança do que peço.
Sa ares me deu por pena,
Sa ares me dà por preço.
Diz me „sim", se as espcranças
Délies fora de ti fundares;
Mas se sua grandeza olhares,
Bem fundadas esperanças.
Se só nelles esperares!
Mas larda o contentamento
E vai ja temendo amor
Que nSo ponha empedimento
Meu pouco merecimento
A sen liberal valor.
Ceg3o meus olhos em ver
Que nîlo vem sua luz querida;
N3o Ihe basta para a vida
Esp>erança de viver.
Mas dizcm que he perdida;
, Perdida, ou tam mal fundada
Que em só ares se sustenta,
E segundo este ar Ihe venta,
Asi he caida c alçada,
Asi falta ou se acrecenta.
Empinas me alto, ventura.
Para mor queda me dares;
Das vida para matares.
Das me por tore (torre?) segura
Esperança posta em {só) ares.
432 e. M. DE VASCONCELLOS,
„Mit Kuren Au<çin, diin^h Grüfsen, habt Ihr, Herrin, gefangen dies
mt'in Ilcrz".
Das Original sagt t\^/i' mtu coraçtlo Mt'rtdfS^ und dieso auffällige
P'ormcl bfdarf ebenso sehr der Ivrklärung wie ilir schon behandelt«*s
(iegenstück. Ks ist klar, dafs, wie die erste Zeile den S<:hein er-
we.ck(*n sollte, als si*i den räuberischen Augen der Ijcsungenen
Freundin ein Familienname, oder be,sser ein scherztMidi'r Spitz- und
Kosename g(»giîl)en worden (die in Portugal fast unenti >ehrlicho
ülcunha), «liso ;iu('h die U^tzte Zeil<^ der Art gestaltet sein muís, dais
es aussieht, als sei auch dem gefangíMien Herzen ein \Vr»rtlein U'i-
gegeben, das, dopi)elsinnig, zu gleichcT Zeit die ureigenste Eigen-
schaft dii'ses Herzens ntiune, und ihm einten F'amiliennam<ín gebe.
Als portugiesischer Familienname ist und war Memits ebenso häufig
und ungew()hnlich wie Gonçahes^ wie jeglichen Fremdi^n ehi Iili<:k in
irgend ein Adrefsbuch oder z. H. in die Listen der Hofstaaten der
portugiesischen Ki'niige lehren k«inn (Scusa, Hist, (ien., Provas
vol. VI).
Doch was bedeutet es sonst, wo es als Eig(inschaftswon oder
Adverb auftritt? Mnuies oder mtmiez ist nichts anderes als eine
jüngere, heute freilich schon veraltete und den meîsUïn Portugiesen
unbekaniite Form des älteren nu'des ', d. h. des laL mei-ipsí\ es Um-
deutet also nichts and(*res als „selbst" mesmo [mehipsimus) und
ist in allen mir bekannten Fällen mit „selbsteigen, leibhaftig,
in eig(Mier Person" zu ülxTsetzen, <la es stets dazu dient, mit
grois(T Kraft unii starkem Nachdruck auf das Substantiv, woIcIm^s
es b(»gleitet, lìinzuwc^istMì.*^ Camoens will also mit coniçiïo mtnJes
sagen: gerade so wie Ihr ganz Auge seid, wie Eure Augen
das Hervorstechendste an Euch sinil, so dafs sie Euren
Vatersnamen zu tragen verdienen, so bin ich ganz Herz,
d. h. ganz Seele, ganz (iefühl, ganz Hingebung.
Schon ein anderem hatte vor Camoens sein Spiel mit dem
Namen Mt-mles getri(»ben, und an diesi^n anderen dachte dtrr Dichter
sicherlich, als er sein Liedchen verfafste; an diesen anderen, all-
bekannten, mochte und sollte sich «iber auch Dame Gonsalves er-
innern und deii für Portugiesen des i6. Jahrhunderts ohne Zweifel
überhaupt wenig schwierigen Doppelsinn gleich herausfìnden.
Die Mo fina Mcndes des (lil Vicíente (1534 geschrieben)* ¡st die
' I''ür «He Hctonunji mthidcs sprechen viele Stellen, in denen mendcs auf
tt'mir.s (tcnetis) und t'ndt's (== index) reimt, z. B. in den Autos de Antonio
Prostesi )). 250 und p. 127. (.'fr. Ztschr. VII II2. Für die daneben jedoch zu
redil litstelurndc ßi'tonunjj Mfdt's, wie in den Ncu-Aus^aben alter Chroniken
und AulíK bisweilen jitMÌrnckt wird, spricht eine Stelle im Cane, de Res. I 79,
wo ffttuir^ auf /n's und wía reimt.
- lJly>>ippo p. 2()iv: Dtnios tomara t^u ajfora aqui de hoamenfe, — E eu
p y i m e i y ì n Ita yncììdc v = „Wiirf'd hìitt' ich jetzt für mein Leben gern hier. —
Uml ich Silber, d. i. unii ich erst, fiir meine eigene Person". — Eufros. p. 194:
E'icovinha mendts.' =^ „Du ^tlbst, Du in l*erson, bürste mich ab"; etc.
■' Das Wilrlorbucli von Moraos verweist unter memiex auf eine andere
Posse von Gil Vicente, den Cifri^'o da Bt'irä. Gewifslich ist das Anto de
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 433
typische Ciestalt, in der die bekannte Fabel mit dem Milchtopf per-
sonificiert worden war*
Motina Mendes ist ein übennütiges Bauernweib, das einem
reichen Landmann als Hirtin dient Während ihrer Dienstzeit
schlägt diesem jedoch alles fehl, alles raifsrät ihm: er sagt daher
nicht Nein, als sie ihren Abschied verlangt. Als Lohn giebt er ihr,
nach gelhaner Abrechnung, bei der er ihr all das Leid vorhält, das
ihm durch sie widerfahren, einen Topf voll Öl, den sie auf dem
Markte verkaufen soll. Und sie baut nun, glücklich im Besitz des
Öltopfes, kühn ihre Luftschlösser auf, ähnlich wie die Besitzerin
des Milch- oder Hoiiigtopfes im Pantschatantra, beim Grafen Lu-
canor, bei Lafontaine und Oleim; springt tanzend in die Höhe;
der Topf fällt und liegt in Scherben zu ihren Füfsen. Dies der
Sinn dtîr kleinen Farce. Dafs aber Mofina Mendes nicht einfach
als Eigenname gefafst werden darf, sondern in seine ursprüngliche
Bedeutung als „das Unglück selbst, in Person" ' zurückübersetzt
werden mufs, beweisen folgende Stellen (Gil Vicente li p. 112, 113,
114, 116):
1. — Mofína Mendes quanto ha
que vos serve de pastora? —
— Bern trinta annos bavera,
ou crelo que os faz agora;
mas socego nSo alança;
nSo sel que maleita a toma.
Ella deu o sacco em Roma,
e prenden el rei de Franca;
agora anda com Mafoma
e poz o Turco em balança. —
2. Mas ere que andou per hi
Monna Mendes, rapaz. —
3. Que a negra burra ruca,
Monna Mendes dcu nella. —
4. Porque mais corre a MofinS
vinte vezes que a raposa;
und ganz besonders eine fünfte, die der Bauer nach dem Einsturz
aller Luftschlösser spricht:
5. Agora posso eu dizcr
e jurar e apostar
que es Mofina Mendes toda.
Ob Mofina Mendes ein von Gil Vicente selbst erfundener Name ist,
oder ob er bortûts für die typische Gestalt der „Milchfrau" existierte.
Mofma Men<lcs gemeint ; denn im vorgenannten Stücke kommt das Wörtchen
mendes nicht vor.
' Man denke an Uhlands „Unstern, diesen guten Jungen", an Chamissos
„l'cch" und antlcro lilinliehc Gestalten. Auch im 2q. Kap. des Conde Lucanor
ibt der Name der Milchfrau doña Truhana ein bedeutungsvoller.
Z«ltMhr. f. rom. Ph. VIL 28
431 ^' M. DE VASCONXELLOS,
oder allgemeiner für das perse >nííiderte Unglück, das weifs ich nicht,
doch glaube ich, dii^ letzten; Vennutung sei gerechtfertigt. Irre
ich nicht, so giebt es ein altes Sprichwort über Mofina Mtmies.
Dafs Jorge F(;rr(;ira de Vasconct;llos sie kennt ', beweist nichts: er
kann ebenso gut nur an iV\\ Vicentes Schöpfung gedacht halx^n,
gerade so wie Camoeus that, als er sein im Dienste der (Jihos
Comsa/ves stehendes Ilerz, Coraçilo Afcndes taufte.
No. CXXIII. líber die Volkslieder von der spröden Schönen
[Mem'rM fermosa — mas despiedosa) s. Sa de Miranda Anm. igo.
No. CXXVl. Das Thema scheint ein spanisches gewesen
zu sein, s. Salva II p. ig. Daher das mas an Stelle von port. mais.
No. CLII. Kin gewisstT Aiïonso T.ol>o hat ein Villancico mit
der Anfangszeile Xasce a esireUa da alva komponiert, s. Catalogo
de D. Joäo IV p. 245. S. oben No. I.XII.
No. CLIV-— CLXI. IVosabriefe. Da ich bis heule mein Ver-
spreclien (Ztschr. IV 60g), einige Ik'merkungen zu den schwierigen
Prosabriefen anderwärts mitzuteilen, nicht erfüllt hal>e, so stelle ich
hier zusammen, was ich für erwähnenswert halte.
CLIV. Das erste Briefchen (154) steht in der That, wie Juro-
mcnha behauptet und Storck wiederholt, in der einzigen Quellen-
handschrift, d. h. in der Miscellanea J zu Knde einer Anzahl ka-
monianischer (iedichte. Doch ¡st diesem Anzahl klein. Blatt 54 V — 73V
gehören andíTeu Dichtern an; auf 73V folgt das poetische Alpha-
b(it (Storck No. XXX), welch(\s Camoens als Verfasser ausdrücklich
nennt; daran schliefsen sich fol. 75V die Trovas que fez um preso
d. h. 4 Sonette, die ihm wahrscheinlich gehören; es folgen Navas
em respos/a d. h. das Absagebriefchen eines Verschmähten, von dem
ich oben (No. Vili) gesprochen; dann folgt eni Sonett von Diogo
Bernardes (Flores do Lima 3 Dos o/hos) und nun -ein Sonett von
Camoens .\'('>7'(>.v casos de amor, al)ermals ohne Nennung seines
Namens, unti darauf der Brief. Dieser hat keine andere Über-
schrift als (Mr/a de amores, a modo de pitiçam. Nachfolgen zwei
anonyme (iedichtii und hinterhi;r Caria de L, de Camois a hum amiguo,
Storcks No. CL VI. Der Leser urteile, ob man angesichts dieser
Lage ein Recht hat, das kurz(^ launige Briefchen dem Sänger der
Lusiaden zuzuschreiben. Die Schlufsabbreviatunm, welche Juromenha
E R, M*^' liest und die» Storck als ciine unterbrochene d. h. nur an-
gedeut(^t(i Unti^rschrifl auffafst, bestt^hen im Ms. aus nichts als den
deutlichen Buchstaben R, JA Statt luusa pcrfeicäo setze man «Jtf,
diîini also steht geschri(iben.
C'LV. Zum „Schreiben eines Freundes, und Camoens'
Antwort*', dessen (einzige Quelle abermals die Mi.sceUanea J ¡st
(ft)l. 80v), mufs ich b(Mni*rken, dafs i(*h, wit* Storck, an ihrer Echtheit
zweiilt». Nichts spricht dafür, dafs CamcHrns einer der Briefsteller sei,
tis s(M denn man wolU» folgtMidi^n Sa<rhverhalt für bcweisfahig halten:
* Auloj^raphia j>. ^2: ffrmosura com vìi ¡¡gloria daña mais do que apr^^
vt'ita, e 'lì mais i///v ti'uw ¡ht' carre pt^r davtinte mofina mendtz.
NEUES ZUM IIUCHK DER KAMON. LIEDER UKD BRIEFE. 435
In der Handschrift folgt auf eiììen wirklich dem Dichter angehörigen
Brief (No. CLVl — CLVlll), welcher fol. 79 V — 85 V einnimmt, erstens
ein anderes Prosastück, ein Fragebrief des Grafen von Alcoutim
an A. de M., und zweitens die entsprechende Antwort, fol. 85 V — 86;
drittens ein ganz gleichartiges Werk, betitelt Caria de preguntas^
abermals mit der entsprechenden Pjitgegnung (Reposia), Diese letz-
teren beiden sind es nun, die Juromenha dem Dichter zugeschrie-
l)en hat, einzig und allein dämm, weil sie herrenlos waren und im
Manuskripte in der Nähe eines karaonianischen Erzeugnisse» Platz
fanden. Trüge die zwischen diesem und jenen stehende Korre-
spondenz nicht den Namen des Grafen von Alcoutim, so würde
wohl auch sie in die Werke des Dichters Aufnahme gefunden ha-
ben. Liegt es aber nicht näher, den zweiten Fragebrief dem
ersten Frager, dem Conde de Alcoutim, und den zweiten Antworts-
brief dem ersten Antwortgeber, A. de M., zuzuschreiben? An Klar-
heit übertrifft der erste den zweiten in (^twas, an Interesse steht
er ihm nicht nach. Der eigentümlich gekünstelte, geschraubte,
verzwickte, absichtlich schwer zu verstehende, mit Allusionen ge-
spickte unpers(>nliche Prosastil damaliger Schriftstellerbriefe macht
es jedoch ganz unmöglich aus der Schreibweise auf den Brief-
steller schliefsen zu wollen.' Was ich von diesem Genre kenne:
' [fol. 85V] Do Conde de Alcoutim a A. de M.
Estando cm conversaçSo, descansando da caca em hüa aldeia deste termo
a que chamîo as Cortes, passou um soldado da India que disse haver esca-
pado da nao de Fcmîlo de Mendonça; ao quai eu e o duque meu senhor
pcr^nintámos mil cousas de seu naufrajjio, a que elle satisfez como t» (teste-
munha) de vista. E querendo saber mais se (ícterminava tornar á India pois
de tal escapara, respondco que „per de baixo da augua, n3o havendo outro
caminho", jiorquc o medo que ja perderá Ihe dava animo pera acometer tudo.
E porque me parecen fjrande o spirito deste soldado e mor a força da India
que assi chama e come homens, e ij^ual a ambos a conñanca em que o costume
pñi aos que nave^jío, haverei por grande mimo d'essa mío, que tudo pode,
apontarme o senhor. {sic)
Xa primeira o duque c eu veremos que calidadc tem a India na voz
comum, pois obrijja a tanto, e que dá confiança a homens tam desengañados
de perigos alhcios para njo temerem os proprios; e que força he a do costume
que isio faz mais fácil. E entretanto veremos se sío milhores os poicos d*aqu¡
que os de Alcm-Tejo.
Reposta.
Devo tanto ao gosto com que V. S. sempre se serviu de mim que todo
o termo, fora de mandar-me como criado, me faz sospeita de ter minha espc-
rança morta ; porque so este nome he o aceno a que a obediencia mais acode
c milhor conhece.
Quanto ao que V. S. me manda que responda, farei com mor gosto que
suficiencia, por ser materia em que hei de faíar por emformacÖes. — E vindo
á pregunta, ocasionada da reposta do soldado, direi o que eu vi praticar ao[s]
homens anligos da India c muito versado[s] nella; c dahi farei consequencia
ao erro de (juem a ])usca a segue {d. i. e segue), que he a conñanca nacida
do eoslume, com que tantos a husc3o. Quanto á India sempre ouvi dizer
cjue »;ra sepultura de homens nobrcs, praça de cavalleiros, feira de feitos
illustres, força <Ie poder real cm fronlcira <le tantos imigos; pelo (jue nella
ha hfla medida igual <le esforço (de) para designáis em sangue. E os que
di«>to fa/em emprego, prinieiro tlcvcm do que tenhäo; porque o que prometem
28*
436 e. M. DE VASCONCELLOS,
die C amoens zugeschriebeneiì Episteln, die des (irafeu von Alcoutim,
die von Soropita, von Jorge Ferroira de Vasooncellos und von
D. Franciseo úc. Portugal gliMchcn sich wie ein krauses schwarzes
Ilaar dem anderen J
Was den Stofi' der von wStorck übersetzten Korrespondenz be-
trifft, so eriniiere ich an die Frage- und Antwortspiele, mit denen
die adeligen 1 Ierren, welche um SA de Miranda und seinen Schwager
Manoel Machado de Azevedo geschaart waren, sich Al)ends unter-
hielten (Braga, Quinhentistas p. 114).
Der Text bedarf der Nachbesserung J.Vp. 241,18 creio fur
creta, — ig dovidn für decido. Diese Lesart klärt den Sinn auf:
Diesell)en Fragen .sind schon einmal gestellt und l>eantwortet
worden, zur Zufriedrnheit des Schreibers, doch nicht zur Zufrieden-
heit anderer Freunde, dii» daher noch einmal diesell>e Litanei
singen. Deswegen (*ntsi:huliligt er sich und fährt fort: digo ijut
dovi do por oui rem [nern me pe jar a de confessa r^ por ser de v. w. rt'
posta y que eu era 0 que dovidava etc.). Damit vergleiclie man auch
im Antwortschreiben den Salz ie^'e pejo e.m responder a estas duvidas
(p. 242, II), und in seiner Schlufsformel estas opinities com que as
dtwidas respondo (p. 244, 3).2 — 24 avisawio^me für (wisando. —
p. 242 Reposta für Re sposta, — 8 Diiî nach forma stehenden Buch-
staben sind Co i h li heiua\ t»in(»n Sinn v(>rmag ich darin nicht zu
entdecken. Unwillkürlich ab(;r fiel mir die Formel jr. p, t. o s=^ xis'
pê'iè-ô ein, wel(ih(* cU;r Portugiesin sonderbarerweise scherzhaft dazu
verwiindet, um etwas ganz Ivxquisites zu bczeidmen, z. 15. tima fitûy
n hum hé o ({ue ha de vir a lograr depois da vida de mutlos. Por onde
tcnho averijjuíido que vende caro o que manda, ou o troca com vantaigem,
pois, levando homens e dinheiro, manda podra e barro, no que bem se mostra
quantos milhores sSo os emprc^os que os relomos. E se V. S. pregunta
(¡nem dá animo a homens desen{;anad(}S para seguir tal partido (dcixando o^
pericos da passa^em (pie s?lo para temer tanto), digo que he a engañosa con*
tian^n (pie aos homens dá estes infortunios, sendo esta espcrcncia a qne d¿
mais que temer; por(]uc ainda que a coniiança ñas cou sas ordinarias he suave
meio, ñas que o nJo s3o, he bem fraco remedio. Donde os ^"gyptios a pín-
tarSo cega, ou portpie se engaña no mais do que espera, ou porque está á«
escuras do ipie dezia. K ajuda-se esta contiança da com que se navega hnm
mar tanto mais indomito (pianto mais tratado. Por onde entende que o pri*
meiro engaño deste soldado nilo he nSo te[me]r o pcrígo que o costume dos
outros Ihc faz fácil cometer, mas o nao conheccl-o, porque antfto ou o cometerá
como tal, 011 se arriscará menos engañado. K pois elle tem tanto de que se
engañe,) siga se qui/er seu erro; «¡ue eu fico com este desengaño que a India
deve ser buscada ou dos venturosos ou dos desemparados, porque aquelles
tudo vencem, e estes nada temem.
K pois V. S. me falla em porcos, será para mim mui grande, se o en
n3o vir este Natal, vercm me elles a mim; e entSo me terei para algfia consa
quando for mandado em muitas do servido de V. S. a quem etc.
' Den v(in Joao Lopez Leiiîlo verfafsten Brief in Camoens Manier, von
dem Slorck auf p. 372 spricht, kenne ich nicht.
- Dcmgemiifs ist zu ü]>ersetzen (CLV 31) .,dafs ich für einen Andefen
zweitlc". - Zu Anfang des Briefes (Z. 5) würde ich responderá fur respomUrd
lesen und also im Deutschen sagen „womit Sie meine weitschweifigen Fragen
beantwortet haben**.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 437
um vestido xts-p¿'/í''0, — venlagtm de] vantagem do. — 9 para por
paradoxus] por paradox os, — \ 2 de] do, — 19 injur ia^ aquelle] iti"
juria aquelUy — 21 seja formalmente hum pesar ^ desgosio^ e affronta]
seja hum pesar^ 0 desgosto e a affronta, Storcks Nachbesserung zu
dieser Stelle ist somit nicht mehr nötig. — 2^ 0 que magoarem] ao
qtu magoar, — 28 dinheiro que honra] honra que äinheiro. — p. 243, 6
trabalhar^se] trabalhosa (?). — 1 1 ndo-no podem] nClo pode, — 1 5 tempo
em que ella se conserva] tempo ^ e aquella se conserva, Storck hat richtig
erkannt, dafs etwas falsch ist; sein liesserungsversuch ist nunmehr
unnütz. — 23 algum que à esper anca chame engañó] alguns q, á e,
chamcm eng, — 24 isso niìo tira a verdade de quem sabe situai-^] isto
nao lera a verdade de q, situa l-a, — 25 mancipou] emancipou\ espe^
riença] esper anca, — 26 chamarla] e ha mar ei, — 2^ faz] fez. —
29 hinter desesperaçHo folgt noch eine Phrase que é oposta da divina
M^, (tn ise r ico r dial Mariai), Juroraenha liefs die Stelle fort, aus
Furcht sie ungenügend zu interpretieren. — 30 por tal melo] por
tal termo, — 34 ^ hua] a hum, — 35 tanto hd] tanto.
No. C'LVI. Dieser Prosabrief — von dem die als No. 157 und
158 mitgeteilten Fragmente thatsächlich nur Ikuchteile sind — ist
aus inneren und äufseren Gründen wohl echt: als innerer Grund
gilt vor allem, dafs ein kamonianisches Gedichtchen darin vor-
kommt (das vom flügellahmen Rebhuhn), welches damals wohl kaum
allgemein bekannt, sondern nur dem Verfasser und demjenigen,
dem es gewidmet war, vertraut sein konnte. • Die äufseren Gründe
sind, dafs der Brief seit 1598 dem Dichter zugeschrieben wird,
dafs auch die Miscellanea Juromenha ihn Carta de L. de CamÔis
nennt, und dafs ein in Kvora ruhendes Manuskript (¡^gg fol. 167)
— von dem ich persönlich leider noch nicht habe Einsicht nehmen
köniien — das gleiche thut. Die Handschrift, nach welcher Estevam
Lopes zuerst den Ikief abdruckte, scheint jedoch S(;hr verderbt
gewesen zu sein: an dem von ihm überlieferten Texte haben
spätere Herausgeber wenig und ungenügend nachgebessert; er
befriedigt keineswegs. ^Wi Hilfe des Ms. J läfst sich zum Glück
an vielen Stellen die echte und rechte Lesart herstellen. An ein-
zelnen Orten ist jedoch auch sie mangelhaft. Da nun Juromenha,
als er im fünften Hände seiner grofsen Camoensausgabe die Prosa-
stücke veröfft ntlichte, vergessen hat sein kostbares Manuskript zu
Kat(* zu zie'cn — obwohl er seinen Lesern davon als von einem
wesentlichen Hilfsmaterial zur Reinigung des Briefes bereits im
ersten Bande (1 17) gesprochen hatte, so bleibt es mir vorbehalten
seine Lesarten hier zum ersten Male zusammenzutragen. Da ich
aber verschiedene Ik^merkungen an dieselbe knüpfen und gleich-
zraig die deutsche Übersetzung ins Auge fassen möchte, so ziehe
ich es vor das Original, so wie es in der neuen Gestalt aussehen
niufs, abzudrucken und meine Erklärungen nebenhergehen zu lassen.
Die Abweichungen von dem bisher bekannten Texte sind durch
den Druck hervorgehoben; die Interpunktion und das typographische
440 ^' M. DE VASCONCELLOS,
cue o Ionico uso dos annos*
se converte em natureza
pois
o que hé pera mor mal,
tenho eu ])era mor bem,
aindaque pera viver no mundo me debruo de outro panno, por nïo ficar^
coruja entre pardais, fazcndo-me um pera .ser outro, sendo outro pera scr^
um. J/í/j ainda a dor desenlutada dard neu fruito *, que a tristeza, no cora^äo
hé como a traça no pano.
PI por taui triste me tenho,
que se sentisse alegria,
de triste nao viveria;
Porque a tal sorte vim
(]ue nSo vejo bem algum
em quanto vejo;
que^ nSo nasccu ])ara mim,
e por n2o sentir nenhum,
nenhum desejo.
Porque cousas impossiveis, hé melhor esquecel-as que desejal-as, e por isso
so tristeza ver^ quería,
pois minha ventura quer
que soo ella
conheça por alegria,
e que, se outra ver"^ (juizer,
morra cont^ ella.
Pouco sabe de'^ tnsteza quem, sem remedio ¡xira ella, diz au triste que
se alegre; pois n?lo ve tjue alheios contcntamcntos, av^^^ cora^So descontente,
nSo Ihc remediando o que sente, Ihe dobram o que padece.
Vos, se veni á mHo", csperareis^"^ de mim palavrínhas joeirada», enfor-
> porque. Doch ist que die echte l.esart, wie Criäfal sie bietet. Auch
ist danos für annos kaum mehr als Schreibfehler irgend eines Kopisten.
■■* parecer.
^ Das Ms. schreibt, wohl fälschlich, beide Male ptireoir fur pera *er.
'* Unlïcdingt ist auch in diesen Worten eine entweder von den Ab-
schreibern entstellte, oder von Camoens ungenau citierte Stelle aus CrisCil
/u erkennen. Sie heif^t;
Anda a dor desintu/ada
ina s e I hl dard seu fruito (Sir, 43).
In den Drucken fehlt anda,
^ Ms. e. " 7'£;.v.
' fehlt in einigen Ausgal)en; nicht in ed. 1629, 1632, 1651 und I666.
•* por. '* da. **• a hum.
" Die Phrase .V6' vem d mito kommt noch einmal vor in No. CL VIII
Z. 80. - Storck üborsct/A das erste Mal „wenn Kuch (dieser Brief) zu
Händen kommt", und das zweite Mal „wenn (Kie ihm) in die HInde
fallen'* d.h. er übersetzt wörtlich, das fehlende Subjekt ergänzend. Se
vem d milü ist aber eine Redensart und bedeutet: wenn der Zufall es so
will, wenn es sich so macht, wenn die Gelegenheit günstig ist
(cfr. P-ufrobina p. 230).
^''^ Einige Ausgaben schreiben esperáis; nicht so die vier oben (7) geumleB.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 44 1
cadas de bons propósitos'. Pois, desenjjanai-vos, que dùpois que'^ professei
tristeza, nunca mais pude^ jogar a outro fito. E porque nîo digáis que n3o
sou gente fora de^ meu bairro, vedes, vai hfla volta feita a este mote, que
escolhi na manada dos engeitados; e cuido que n3o he tam dedo queimado
que nao seja dos que el-rei mandou chamar. E^ falla assi
Mote.
Nao quero, nao quero
xibäo^ anrarello.
Volta.
Se de negro for,
tam bem me parece
quanto me aborrece
toda ¿z' alegre cor.
Cor que mostra dôr
quero, e nao quero
xibaú amarello.
Parece-vos que se pode dizer mais.»^ Nao me respondeis a isto:^ quem
gabará a noiva?* porque assentai '<* que foi^^ comendo e fazendo ou asso-
prando, que nao he tam piquena habelidade. E porque vos nao pareça que
foi mais acertar que quercl-o fazer, vedes vai oulro^'^ do mesmo jaez, com
tanto que se nílo vá a pasmar:
Mote.
Perdigäo perdeu a pena ;
nao ha mal que Ihe nSo venha.'^
Volta.
Em hum mal outro conieça,
que nunca vem so nenhum;
e o triste que tem hum,
a sofrer outro se ofreça!
e so pelo ver '* conheça
que basta hum so que tcnha
para que outro Ihe venha.
' propoòi/os; hier wohl eher „Vorsätze" als „Ratschläge". Der Über-
setzer wählte den letzteren Ausdruck, um ihn mit Zeile 104 in Einklang zu
bringen.
■■* dt'sgue. •* soube. * do. ^ 0 quäl. '■ jubäo,
"^ fehlt; nicht so in ed. 1629 etc.
•* näo me respondáis.
" Quem ¿uibard anoivu ist ein Sprichwort, das in all den Fällen vor-
gebracht wird, wo wir mit einem bekannten Wörtchen über „Eigenlob** bei
der Hand wären. Cfr. Eufrosina p. 103 u. 231 ; Ulys, passim.
'" Mas assentai que .. ,: ,,prägts Euch recht ein, dafs . . .** gehört
auch /u den durch vielfache Benutzung recht abgebrauchten Briefstilphrasen
(Ulys. p. 2fo).
" fui. *=* outra.
'^ rerdi¿'ao perdeu a penna ist ein Sprichwort und keineswegs ein von
Camoens erfundenes Motto (s. Bento Pereira).
'• ter\ nicht so in ed. 1629 etc.
440 e. M. DE VASCONCELLOS,
que o lon|»o uso dos annos*
se converte em natureza
pois
o que hé pera mor mal,
tenho cu pera mor bem,
aindaque pera viver no mundo me debruo de oulro panno, por nao ficar^
coruja entre pardais, fa¿endo-mc um pera ser outro, sendo outro pera ser'
um. Ala^ ainda a dor desemu/ada dard seu fruito *, que a tristeza, no coracSo
he como a traça no pano.
E por tam triste me tenho,
que se sentisse alegria,
de triste nao viveria;
Porque a tal sorte vim
que n?lo vejo bem algum
em quanto vejo;
què^ nao nasceu para mini,
e por n2o sentir nenhum,
nenhum desejo.
Porque cousas impossivcis, he melhor esquecel-as que desejal-as, e por isso
so tristeza ver^ qucria,
pois minha ventura quer
que soo ella
conheça por alejjria,
e que, se outra ver"^ quìzer,
morra com^ ella.
Pouco sabe de^ tristeza (juem, sem remedio para ella, diz ao triste que
se alegre; pois nSo ve (juc alheios contentamentos, au^^^ coraçSo descontente,
nSo Ihe remediando o (\\xq sente, Ihc dobram o que padece.
Vos, se vem á mäo**, esperareis^'^ <le mim palavrinlias joeiradab, enfor-
' porque. Doch ist que die echte Lesart, wie Crisfal sie bietet. Auch
ist danos für annos kaum mehr als Schreibfehler irgend eines Kopisten.
* parecer.
^ Das Ms. schreibt, wohl fälschlich, beide Male parecer für pera ser,
^ Unbedingt ist auch in diesen Worten eine entweder von den Ab-
schreibern entstellte, oder von Camoens ungenau citiertc Stelle aas Crisial
zu erkennen. Sie heif^t:
Anda a dor desimulada
mas ella dará seu fruito (Str. 43).
In den Drucken fehlt anda,
* Ms. e. " vos.
"^ fehlt in einigen Ausgal)en; nicht in ed. 1629, 1632, 1651 und 1666.
* por. * da. *" a hum.
" Die Phrase se vem â mäo kommt noch einmal vor in No. CL Vili
Z. 89. — Storck übersetzt das erste Mal „wenn Kuch (dieser Brief) zu
Händen kommt", und das zweite Mal „wenn (sie ihm) in die Hände
fallen'* d.h. er übersetzt wörtlich, das fehlende Subjekt ergänzend. Se
vem ä mäo ist aber eine Redensart und bedeutet: wenn der Zufall es so
will, wenn es sich so macht, wenn die Gelegenheit günstig ist
(cfr. Eufrosina p. 230).
^' Einige Ausgaben schreiben esperáis; nicht so die vier oben (7) genannten.
NEUES ZUM BUCHE DER KÂMON. LIEDER UND BRIEFE. 44 1
cadas de bons propositóse Pois, desenganai-vos, que dispois çue'^ professei
tristeza, nunca mais pude^ jogar a outro fìto. E porque n3o digáis que nSo
sou gente fora d€^ meu bairro, vedes, vai hûa volta feita a este mote, que
escolhi na manada dos engeitados; e cuido que n3o he tam dedo queimado
que nao seja dos que el-rei mandou chamar. E^ falla assi
Mote.
Nao quero, nao quero
xibäo^ anrarello.
Volta.
Se de negro for,
tam bem me parece
quanto me aborrece
toda ¿z' alegre cor.
Cor que mostra dôr
quero, e nao quero
xiòtto amarello.
Parece-vos que se pode dizer mais? Nao me respondéis a istoi^ quem
gabará a noiva?* porque assentai '<* que fui^^ comendo e fazendo ou asso-
prando, que nao he tam piquena habelidade. E porque vos nao pareça que
foi mais acertar que querel-o fazer, vedes vai outro^'^ do mesmo jaez, com
tanto que se nao vá a pasmar:
Mote.
Perdigäo perdeu a pena ;
nSo ha mal que Ihe nSo venha.^^
Volta.
Em hum mal outro começa,
que nunca vem só nenhum;
e o triste que tem hum,
a sofrer outro se ofreçaî
e só pelo zvr'* conheça
que basta hum só que tenha
para que outro Ihe venha.
* propósitos; hier wohl eher „Vorsätze" als „Ratschläge". Der Über-
setzer wählte den letzteren Ausdruck, um ihn mit Zeile 104 in Einklang zu
bringen.
* desque. ^ soube. ^ do. ^ 0 quai. '• j'ubäo.
'' fehlt; nicht so in ed. 1629 etc.
* näo me respondáis.
" Quem ¿'■abará a noiva ist ein Sprichwort, das in all den Fällen vor-
gebracht wird, wo wir mit einem bekannten Wörtchen über „Eigenlob'* bei
der Hand wären. Cfr. Eufrosina p. 103 u. 231; Ulys, passim.
**^ Mas assentai que .. .: „prägts Euch recht ein, dafs . . .** gehört
auch zu den durch vielfache Benutzung recht abgebrauchten Briefstilphrasen
(Ulys. p. 210).
*^ fui. '^ outra.
'^ Perdigäo perdeu a penna ist ein Sprichwort und keineswegs ein von
Camoens erfundenes Motto (s. Bento Pereira).
" ter\ nicht so in ed. 1629 etc.
442 e. M. DE VASCONCELLOÖ,
Que fjra^a será csj)t;rar(lcs tic niim pn-posito^ cm couous que o uño ttm
para comij^o; puis, aindaquc (jucira, nSo posso o que quero; que hum sen*
lido remontado de nílo por pé cm ramo verde,'* [tudo Ihe succede assi]^; e
cada hum acode ao que ]hc mais doi,* c mais cu, (}ue^
o que mais me entristece,
he contcntamento ter*'*
pois fujo d'elle,
que minha alma o aborrece,
g ne' Ih e lembra (juc he ver^
{veryse*'^ sem elle.
Pois^^ ja cabéis que magoa he ,,vcl-o-has, e nSo-no paparás"; *• e^^ por
fugir d'estes inconvenientes;
toda a cousa descontente
contentar-me a mim '^ convinha,
de nicu ^osto;
(jue o mal de que sou doente,
sua mais certa mezinha
he desjjosto.
Ja ouvirieis dizei : „mouro o {sic) que n2o podes haver, dá-o pela tiu
alma'*." C) mal sem remedio, o mais certo rcniedio'^^ que lem, he „fazer ds
necessidadc virtude**'"; quanto mais
bC tudo tam pouco dura,
corno o passado prazer.*''
Pois-'** emhm :
' p^cpositoò tin couòUò tjiw oò mìo fem. — In ed. 1O32 steht causa. —
Storck«» C])crsctzuniì (^>. vorherij;c Seite Anni. I) scheint mir nicht das Hechte
zu ireflen. proposito oder proptaitua bedeutet hier „ä propos", RUt passende.
schlackende Wiizeiniälle. Ich würde übersetzen: „Es ist zum Lachen, daf>
Ihr verlan j,'en könntet, ich solle Vernunfl reden über eine Sache, die lür mich
keine hat'*.
"^ Sj)richwort.
** Das Kinjjcklanmierte fehlt im Ms,
* Das heifst nicht: „Jeder eilt dem ¿u Hilfe, der ihn am meisteo
dauert*', sondern „jeder [greift da zu, hilft da, an der Stelle, wo es
ihn am meisten schmerzt", i. c. wefs das Plerz voll ist, dcfs läuft der
Mund über.
^ „So ihu' auch ich, denn ..." Storck hat richtig vermutet, in den
Worten o que mais bis sem eile stecke eine zertrümmerte Copla. Dais den
so sei, bezeugt das Ms.
'• ter contentamento. ' porque \ ed. 1632 hat que*
** u. ■' que he i'irtude viver sem eile. ed. 1632 i/ef viver»
*" Çue\ 1632 porque. '' Sprichwort. " fehlt. *' jj.
'* Das Sprichwort lautet Mouro que näo podes haver, forra-o, peta tua
•uniti (Nunez fol. 73) und bedeutet man solle sich nicht um UnerreichlMircs be-
mühen und nicht um Verlorenes trauern. Man mufs ûl>ersetzen: „Kinen Mohm,
den du nicht haben kannst, gieb ihn frei, bei Deiner Seele". Die Variuite
■Ì que fiàit podes haier, dai-o pela vossa alma (afelio. Cartas familiares P-34S)
ist moderner.
'•'• fehlt. "' Sprichwort.
•' Ich vermute, die Worte se bis prazer seien ein Ven.
'" 1*0 r que.
NtUEb ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 443
allegados son iguales
los que viven por sus manos
í los ricos .^
A este preposilo, pouco mais ou menos, se iizeram hOas voltas a hum
mote de enchcmao"^ que diz por sua arte, zombando, mais que de siso^,
cousu por que me derreto^ (que toda a galanteria he liral-a d'onde se n3o
espera); e^ crede que tem mais que roer [do que hum]^ praguento. Por isso''
Recuerde ei alma dormida*
e mande escumar o entendimento, porque^ d'outra maneira
de fuera dormiredes, pastorico.'^
' fehlt im Ms. Doch bilden die drei Worte die notwendige Ergänzung
des sonst unverständlichen Citâtes. Selbiges stammt aus Jorge Manriques
viclbenulzlen, vielcilierten, parodierten, glossierten und nachgeahmten Coplas
(Lemcke II p. 172 Z. 3 — 5), an welche, wie Storck richtig zu Z. 39 bemerkt,
die von Camoens diesem Briefe eingestreuten Stegreifverschen nicht nur in
fonncller Hinsicht, sondern auch dem Inhalt nach erinnern. Ihre Bedeutung
ist eine ganz andere als der Übersetzer vermutet, nämlich; „Angekommen
(nämlich am Ziele ihrer Lebenspilgerschaft), sind reich und arm ein-
ander gleich.
'-* äMoIc d^enchemäo übersetzt Storck in Übereinstimmung mit den
Wörterbüchern mit ,,ein vortreffliches Motto**. Ich glaube, dafs es
gerade das Gegenteil bedeutet ,,ein nichtssagendes Motto**, wie es man
zu einer Hand voll guter als Zugabe beigiebt. Sonst verstehe ich die Be-
merkung nicht „es enthalte, obwohl in scherzender Form, ganz unerwarteten
Ernst, es stecke mehr in dem Motto als es den Anschein habe**. Ich mufs
gestehen , dafs ich den versteckten tiefen Ernst und die bittere Satyre nicht
herausfinde, so viel ich auch am Motto und an den Voilas ,,nage**; vor allem
kann ich «lenjcnigen Sinn, der doch drin stecken mufs, dafs nämlich alle
Menschen Brüder seien, und dafs der Tod alles gleich mache, durchaus nicht
ilarin entdecken.
•'' mais que nao de siso.
* = „eine Manier, in die ich schier verliebt bin**. — Fehlt in
den Drucken.
* o quai. Das o quai bezieht sich nicht, wie Storck annimmt, auf siso,
sondern íímÍ mote. Ich verstehe: „ein Motto, .... an dem es mehr zu
nagen giel)t als an einem Koshaften und offen satyrischen**.
'• fehlen im Ms.
'' Ich würde sagen: Deshalb
Wach' auf, du verschlafne Seele
Und lafs den Verstand abschäumen; denn sonst
Wirst du heute draufsen schlafen.
Lieber Hirt!
Die Intention des Dichters und der Zusammenhang der einzelnen Glieder
wirtl so klarer ersichtlich als bei Storck.
*♦ Braga, Hist, de Cam. II p. 572 meint, Camoens spiele hier auf eine
von ihm sell)st herrührende satyrische Glosse von Recuerde el alma adormida
an, welche der Cancioneiro de L. Franco, doch ohne jegliche Angabe über
ihren Verfasser aulbewahrt hat. — Das glaube ich nicht. Die Glosse irgend
eines dichterisch begabten Indienfahrers, welche der Leser in Bragas Werke I
p. 424 findet, ist wohl kaum von Camoens. Der Prosabrief aber ward aller
Wahrscheinlichkeit nach geschrieben während der Dichter noch in intimen
Beziehungen zum portugiesischen Hofe stand, ich meine zwischen 1542 und 50:
eine Anspielung auf ein in Indien also nach 1553 verfafstes Werk kann er also
nicht enthalten. — Das vorhergegangene Citat aus den „Coplas** führte natur-
gemäfs zur Benutzung auch der sprichwörtlichen Anfangszeile derselben.
^ que. '0 Im Ms. verderbt.
444 e. M. DE VASCONCEIXOS,
E o meu, senhor, he^
Mute.
Dava-lhc o vento no chapeirSo
qucr [llie] de, qucr nìo.*
Volta.
Bern o i)ócle revolver
que vcnto^ nao traz mais fruito;
e mais vento he sentir muito
o que emtìm tìm ha de ter.
() milhor he melhor ser
que o vento no chapcirUo.
(|uer Ihe de, quer nSo.*
Hüa cousa sabei de mini, (juc qucria antes o bem do mal que o mal
do bem; que^ muito mais se sente o porvir que o passade, e a morte, até
matar, niAta. Nao sei sc seréis marca de voar tam alto; porque pata tomar
A pallia a esta materia sao necessarias azas de nebri. Mas vòs suis liumem
de prol, f cu sa/vu-me na conta ^^ em que vos tenho. A qtit de mim io.-
/orno a dar'' he que
Esperanza me desjiede,
tristeza nao me falcce.
E todo o mais aùorri\o^j
ja que mais n3o mereceu
minha estrella;
li só^ tristeza conheço,
poisquc ]>ara mim nasccu
e cu pera ella."'
No mundo nîo se tetn por boa a sorte ^^ scnfto [de] quem tem por
boa a (|ue tcni. E d*aqui vcm contentarme de triste. Mas olhai de que
mancita:
' K o nun otn/tor (':) dt'j assi.
'^ Auch dies Thema ist nichts als ein Sprichwort (Bcnto, Pereira), dessen
Ursprun)^: und feinerer Sinn mir noch verborj^en ist. Mello, Cartas familiares
P- 347 ^'^K^' ^''* «*''.*' '/'"' ¿**"''"' /<' tmtito peor que o chapeiräo de /). Andrf
e m que dava o vrnto, quer Ihe de quer näo.
•* o vento. ' Hier ist ein kleiner weifscr Kaum. ^ porque.
*• e de sculpa -me a conta.
' K a que de mi vos set dar.
** me aborrece. " So a.
'" Die Lesart der Drucke war sichtlich verderbt. Der deutsche Über-
NCtzer suchte mit Recht eine sechszeili^c Manriquc-Copla henrnszuschfilen,
wie solche in diesem Briefe achtfach, und in seiner zweiten Hälfte (CLVIII)
fünffach vorkommen. Im Gedanken an tlas „Trübsinn" überschricbcnc Lied-
chen (Z. 30 — 47) glaubte er eine drei/.eilij^c EJnlcitunf* (xaa) und cinc Copla
vnr sich /u haben , in welcher Zeile 2 verloren (;e{^n|;en sei. Er crgiBit
< W Sern firn dores ¡*adcço. — Das Ms. aber stellt in einfacher und durchaus
j;cnüj»ender Weise eine fehlcrK)se <*opla her, der freilich nur zwei EinleitUBgi-
zcilcn vorangehen.
" ntlo tcm boa sorte se nao quem.
NEUES ZVÌA BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 445
Vivo assi ao reves,
tomando por certa vida
certa morte,
com que folgo, êmque me pez**
pois minha sorte he servida
de tal sorte.-
Hûa cousa sabei que o mal, ainda que as vezes o vejáis louvar, nîo ha
quem o louve com aboca que o nao tache com o coraç3o. £ tornando d terra^:
Ajuda me a sofrer
vida \com'\ tal^ sofrimento
e tarn sem vida,
ver que emfim fim ha * de ter
descosto, e contentamento
sun^ medida.
AsfnfiiP que n3o s3o ta?n mans^ concntos^ de enforcados para os que
estSo com o barago na gar<;anta cuiílar que o beni e o mal, aindaque dife-
rentes^^ na vida, s3o conformes na morte;
Que nao ha tam alta sorte
nem ventura tSo subida
ou desestrada,
a quem um sopro da morte ^^
nSo sopre o fogo da vida
e torne em nada.^'^
A seu fim toda a cousa 7>at^^ correndo,
nem ha cousa que o tempo nSo consuma
nem vida que de si tanto presuma
que se nìo veja nada, em se vendo.
Que o mais certo que temos
he nada tt^remos^^ certo
ca na terra;
porque por seus^'* n3o nacemos,
se o seu nos dà incerto,
nada erra.**"'
* Scheint mir nicht gut verständlich. Der Dichter sagt: „ich lebe so
widersinnig, dafs ich im Tode Leben erblicke und daran Gefallen finde, so
sehr es mich auch bekümmert" ■« hnqud me pez. '^ Abschnitt. ' fehlt.
* tüo sem: scheint mir eine unmögliche Lesart. ^ häo.
^ sem. VA. 1632 liest hûa medida und so dürften vielleicht auch die
Buchstaben gedeutet werden, die ich als sua verstehe.
"^ Attentai. <lfr. S. 435 Anm. 10. • maos. * confeitos {^.).
'" ainda que sej'am d.
'* o assopro. Ed. 1632 sagt a quem nao assopre a morte.
*^ fehlt. Storck suchte die unvollständige Strophe zu ergänzen durch
tan desejada : lauter feine und gute ('onjecturen, die aber angesichts der Wirk-
lichkeit weichen müssen. — Die drei Versgruppen sind im Ms. deutlich von
einander geschieden. " todas causas 7'äo. ** nao termos nada.
'^ pois ptira seu s. — Im Ms. ward seos zu ceo s verändert, wie in der
folgenden Zeile seo zu ceo. '* Abschnitt.
446 e. M. DE VASCONCFXLOS,
(¿iiero-vos dar conta «le hum sondo scm /dvi//j(?)', que se fez a hum
certo recontro (juc se teve coni este destruidor de bons propósitos; e nao !%e
acabou porque se teve por mal cmprejjada a obra, cujo teor he o sc^ìnte:
For<;ou-me Amor bum dia que joji;asse;
dcu as cartas, e [az]^ de ouros levantou,
e, sem respeitar mäo, logo triumphou
cuidando que o metal mo^ engañarse.
Dizendo, pois triumphou, que iriumphasse
A hüa sota de ouros que jojjo«,
Ku tambem * por burlar quem me burlou
tres paos joguei c disse que ganhasse.^
Principes de conditilo, indague'^ o sejam de sangue, sïo mais cnfa-
donhos (|ue a pobreza, e fazt'tn com suas fidalguias com que Ihe cavern a de
seus uihkO^ onde n3o ha trigo tarn Íimpi^* que nao tenha algüa ervilhaca.
E'^ ja sabéis que basta um frade roim para dar que falar </<r*** um convento.
Tres cousas fulo sofrem companhia ícm discordia: mandar: namnrar;^^
villSo ruim sobre cousa de sen interesse.
Xào NC pode ter paciencia com quem quer que Ihe faìem verdade näo-
na usando, c cotn quem quer que Ihe^^ façam o que n5o faz.
^ per ñas. - az fehlt in ed. 1632. ^ que me eng, ♦ entilo,
^ Abschnitt. •*• aindaque,
" fazem com sua fidal^i(uia com que ihe cavemos ßdalguias de seus avas.
" joeirado, ^ fehlt.
*" a. Diese I^sart: Und Ihr wifst ja bereits: ein schlimmer
Brutlcr reicht hin, um Stoff zum Gerede über ein ganzes Kloster
zu geben, scheint mir besser als die alte, welche Storck richtig übersetzt
mit: Ihr wifst ja, ein schlimmer Bruder reicht hin, um einem
Kloster Stoff zur Unterhaltung zu geben.
** Diese zweite Sentenz in der hübschen Perlenschnur der hier anein-
ander gereihten Weisheitssprüche lag bis jetzt nur in stark verunstalteter Form
vor: Tres cousas nHo soff rem (oder näo sesoß'rem) sem discordia: Companhia,
namorar, mandar lùiiilo ruim etc. Die Hamburger Herausgeber veränderten
Tres zu Duas und sagten, um dem sinnlosen Satze doch irgendwelche Be-
deutung einzuschmuggeln, companhia no amar, mandar vUläo ratmi eine
Änderung, welche Juromenha und Braga annehmen und welche Storcks Über-
tragung zu Grunde liegt. Sie lautet: „Zwei Dinge gehen nicht ab ohne
Zwietracht: i) Mitgenossenschaft in der Liebe, und 2) Bevoll-
mächtigung eines gemeinen Schurken in Sachen, die seinen Vor-
teil mitbetreffen*'. Wie die fehlerhafte Redaktion entstand, ist leicht er-
sichtlich : der erste Drucker setzte aus Versehen das Wort companhia hinter sem
discordia, missverstand nun den Satz und schob, ihn zu klären, ein se ein
(falls dasselbe wirklich schon in ed. 1598 zu finden ist?). Der Sinn ist: Drei
Dinge dulden nicht, ohne dais Hader daraus entstände, etwelche
Mitgenossenschaft: I) Liebschaften, 2) Befehle, 3) ein hart-
näckiger boshafter Schuft, wenn es sich um Dinge handelt, die
seinen Vorteil betreffen. Den Dichter umschwebten verschiedene Sprich-
wörter-Reminiscenzen, z. B. Amar nilo quer par; No amor nao se sufre com^
ptinhia ; und wohl auch Tres cousas ao homem fazcm medrar: sciemcm, tmmr
e casa real und Tres cousas destroem ao homem: muito fallar e pomco
muito inastar e pòuco ter-, muito presumir e pouco valer,
'-' fehlt in allen Ausgaben.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 447
Desagradecimentos n obras boas deslrucm vontades para fazei-as. Amigo^
que lem mais conta co interesse que com a amizade, rézam'^ d'elle, porque^
he dos ca nomeados.
Grande traballio he fazer^ alegre rosto estando o coraçào triste^', panno
he que nao toma nunca bem esta tinta; que a lua recebe a claridade do sol,
e o rosto do coraçîo.
Nada dà quem n2o dà honra no que dà: nào tem que agradecer quem
no que recebe a nao recebe, porque bem comprado vai o que com ella se
compra, nem^ se dá de g raga o que se pede.
Muito certo esttP^ quem nào tem hüa vida, ter^ muitas. Onde a rez3o
se governa pela vontade, ha muito que pragucjar e pouco que louvar.
Nenhüa cousa homezia os homens tanto consigo como males de que se
nam guardaram, podendo.
N3o ha alma'-* sem corpo que tantos corpos faca sem almas como este
purgatorio que chamamos^ honra; onde" muitas vezes os homens cuidam
que gnnham, ahi perderne'*
Onde ha inveja, n3o ha amizade, nem a pode haver em disigual con-
versaçïo.
Bem merece^'^ o engaño quem cre^^ mais o que Ihe dizem que o
que ve '^
Agora ou se ha de viver no mundo sem vcrdade, ou com verdade sem
mundo.
/Vra •** muito pontual, perguntai-lhe de do viene r^"^ e vereis que
algo tiene en el cuerpo ^^ que le duele. ^^
Tornei o pulso a todos os estados da 7'ida, e nenhum achei em perfeita
Saude: porque a dos clérigos, pera remedio a i^ejo tomar mais da vida que
salvacño da alma : a dos f rades, indaque por baixo dos hábitos, tem huns
pontinhos, que quetn tudo deixa por deus, nada havia de querer do mundo;
a dos casados he boa de tomar, e ruim de sostentar, e pior de deixar; a dos
\olteiros barca de vidro sem lerne que he bem roim navegaçào. Ora tempe-
* Auch dieses Sentenzenpaar ist in den bis heute überlieferten I..esarten
unverständlich : Desagradecimentos de obras boas destruem a vontade para
nao fazellas a amigo que tem etc.
^ rezai. ^ que. * querer fazer.
^ quando o coraçtJo esta triste.
** Nada se dá de graça (1 632) oder nem se dd de graça o que se
/tede muito.
"^ Está certo (1632) oder estai certo que quem etc., wie schon ed. 1651
schreibt.
* tem.
* Das Ms. schreibt fälschlich mal für alma.
*" a que chamáis.
*• donde (1632). *^ cuidam que a ganhúm, ahi a perdem.
*3 mereceu. ** creu.
^* viu. Ed. 1C32 schreibt ve, stimmt also häufig mit unserem Manuscript
überein.
*•* K pera. *' donde vem.
*" Das Ms. schreibt fälschlich nel campo.
*» Abschnitt. - Storcks Vermutung, der nachfolgende Passus sei hier
einzuschii'bcn, ist also, wie bereits bemerkt ward, eine richtige.
44^ e. M. DE VASCONCELLOS,
rai-me la essa * j;ait.i, que, nem assi nem assi, acharéis meo real^ de descanso
nesta vida! o caw he^, ella nos trata como alheòs, e com rezäo,
Pois somante nos he dada
para j^anhdremos^ nella
o (jue sabemos.
Se se gasta malgastada,
juntamente com perdel-a,
a tiós^ perdemos
[certa]
porque mais della esperamos
e queremos,
se a vemos tam incerta
que quando a mais desejamos,
a perdemos ?'^^
Emñrn esta minha senhora(?) sendo a cousa porque mais fazemos, he a mais
fraca alfaia de que nos servimos; e sc queremos ver quam breve he"^
Ponderemos e vejamos
que ganhamos em viver
os que nascemos.
Veremos que nSo ganhamos
mais que^ algum bem fazer,
se o fazemos.
E por a qui re speit ando^^
que tal o porvir será,
entesouremos;
porque nao sabemos quando
a morte nos pedirá
que Ihe paguemos.
* esta.
' Storck übersetzt: „ein wirksames Mittel für Ruhe'*; fafst also
meo als Hauptwort, real als Eigenschaftswort auf. Wer, wie ich, tS|rlich
Klagen darüber hört, dufs die portugiesischen Dienstboten nicht iur fünf Reis
Verstand haben {näo thn cinco reis de juizti)^ fmdet es befremdlich, dafs man
meo real de descanso anders übersetzen kann als „für einen halben Kreuzer
Ruhe**. — Wahrscheinlich schrieb der Dichter auch nem assim nem assado
eine familiäre Redewendung, die mit dem ganzen Briefstil in Einklang
steht, an welcher gewissenhafte Puristen aber vermutlich Anstofs nahmen.
* fehlt. Die Drucke sagen ella nos trata sômente como aìheios de si,
* para que ganhemos. ^ Nos.
^ Diese leider unvollständige Copla fehlt in allen Drucken.
' Unlesbar im Ms. * Alais que.
° Auch diese atrophe stand in allen bisherigen Camoens*Ausgaben in
ganz verderbter Form (diejenigen Ausgaben abgerechnet, welche sie einlach
weglassen wie i62q, 1632, 1651, 1666, 1720, 1721, 1759). Die erste Zeile
E por isso respeit ando gall für Prosa, tlie nerte und fünfte waren so ent-
stellt, dafs ihre Reimworte fehlten .Porque ao certo nao sabemos Qtmmdo a
morte pedirá". Storck suchte selbstverständlich nachzubessern: sich an die
überlieferten Reimworle será entesouremos sabemos pedirá parteemos bindend*
glaubte er Zeile i in Einklang damit bringen zu müssen, und schlug vor respei"
tando in respeitemos zu verwandeln. So entstand eine unschöne Strophe mit
vier Reimen in ^emos.
NEUES ZUM BUCHE t)KR RAMON. LIEDER UND BRIEFE. 44Q
Nunca vi cousa mais pera lerabrar e menos lembrada que a morte, /*,
sendo mais aborrecida que a verdade ter-se^ em menos conta que a verlüde.
Mas comtudo, com seu pensamento^, quando Ihe vem á vontade, acarreta mil
pensamcntos vSos, que tudo pera com ella he lume^ de palhas. E com nenhua
c'ousa enche tanto as tnedidas como com estes que viveram na mor bonança
com ella^y porque, quando Ihe menos lembra, antam Ihes^ arranca as amarras,
dando-lhe"^ com os corpos á costa, e se vem a mìo*, com as almas no inferno,
que he bem ruim gasalhado; e pois tudo^ isto temos*®,
n5o nos enganem riqueza\s^^^
[por que tanto esmorecemos] '*
tras que vamos;
e a'^^ que temos por certeza[s]
que quando mais as^^ queremos
as deixamos.
Gastamos com alcançal-aj
a vida, e quando queremos
usar aellas,
nos tira a morte logral-ax,
assi que a deus perdemos
e a ellas.
Porque ja ouvirieìs^^ dizer: „ninho feito, pega morta".*® E concluindo
aqui esta chave do jogo ", que me dizeis ao contentamento do mundo, que
toda a dura d'elle está em quanto se alcança? Porque acabado de alcançar^^y
acabado de esqueccr. E com rezam, porque alcançado e passado tudo he
hum. E acabado de passar, mais^^ saudade deixa do que he o contenta-
mento que deu. Esperai, por me fazer mercé, que Ihe quero dar um par
de palavras"^.
» fehlt. 2 tem-se.
3 Das Ms. schreibt passatempo. ♦ um lume.
* Netthuma cousa mo enche t. as m. para com estes que vivem na mor
bonança como ella etc. Die Stelle war in der überlieferten I-^sart sichtlich
entstellt, befriedigt aber auch in der des Manuscriptes nicht ganz. Der Sinn
ist, dafs der Tod keinem gegenüber das Mafs der Grausamkeit so ganz füllt wie
gegenüber denen, welche in der allergröfsten Sorg- und Furchtlosigkeit gelebt
haben. Die ílbersetzung ,, Nichts entspricht denen gegenüber, welche auf
heiterer See dahinfahren, so sehr meinen Erwartungen wie er" ist genau,
kann aber natürlich ebensowenig befriedigen wie das Original, nach dem sie
gemacht ward.
ß Ihe. "^ dando.
" S. S. 440 Anm. 11. ® todos.
*<* Das Ms. behandelt mit Recht e pot's tudo isto temos (nicht vemos),
mit Unrecht näo nos enganem riquezas als Prosa.
** engañe a riqueza. ** fehlt im Ms. *' Ja.
** a. Singular in allen Formen, während das Ms. durchgängig die Plural-
formen bietet, die daher auch für riquezas und certezas angenommen werden
raufsten.
*^ ouvireis. ** Sprichwort.
" fehlt. '» passar.
**• acabado de alcanzar hé passado, e maior etc.
'•**' urnas palav rinhas de proposito.
Zeitdchr. f. rom. FbU. VU. 29
450 CM. DE VASCONCELlbS,
Mundo, se te conhecemos,
porqué tanto desejamos
teus engaños?
E se asst^ te queremos,
mui sem causa nos queixàmos
de teus danos.
Tu nSo enf^anas ninf^uem,
pois, a quem te desojar,
vemos que dañas;
sc [te] querem quai te vem
e se^ querem engañar,
ningucm engañas.
Veja' se os que betis^ tiveram,
e os que mais em alcanzarte
se esmeraram**,
que huns vivendo n5o viveram
e outros só com deixartc
descansáram.*
Nada te pode estimar
quem bem quiser estimarse^
c conhecerte ;
que pois perderete he ffanhar,
mais seguro he ganharse
e perder-te.
* Kd. 1651 sagt inda assi. * Se se.
' Vejatti'se os bons que tii'eram.
* Dus Ms. schreibt falschlich esmerâo.
* Hier fehlen zwei Quintillen, die in den Drucken lauten:
Se esta tarn clara fe
Te plie claros teus engaños,
(oder 7e aclara f. e. ed. 1 629, 1632 u. 165 1,
oder A o mundo de t. e. ed. 1666)
Desengaña ;
Sobejamente fnal i.'e
Quem com tantos desengaños
Se engaña,
Afas como tu sempre mores
(oder M. e. t. te acomodes ed. 1666, 1 720 etc.)
No engaño em que andamos,
e que vemos.
Nao eremos o que tu podes
Senäo o que desejamos
E queremos.
* Dafs auch diese Strophe in allen alten und neuen Ausgaben fehler-
haft überliefert war, hat Storck abermals erkannt; mit Takt und feinem Sprach-
sinn hat er auch hier nachgebessert und statt
Nada te pode estimar
quem bem quizer ronhecer-te
e est ima r -te
que em te perder ou g a nhar
o mais seguro g an h ar -te
he perder 'te
NEURS ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND RRIEFE*. 45 1
E quem em ti detremina
descanso poder achar,
saiba que erra;
que ^endo a alma divina
nada a pode contentar
ca na terrai
Nascemos pera morrer,
Morremos pera ter vida,
em ti morrendo;
o mais certo he merecer
nossa^ vida conhecida
ca vivendo.
•
Emñm, mundo, es estalagem
em que pousam nossas vidas
de corrida.
De ti levam de passagem
ser mal ou bem^ recebidas
na outra vida.
Afuera, afuera, Rodrigo!*
que xe eu muito por este caminho for^^ darei em enfadonho, aindaque me
parece, que para o deixar de ser ja me nao livraräo privilegios^ de cidadSo
do Porlo. Mas'^y pois me vendo a vós, sofrei-me com meus encargos; e
porque n5o digáis que sou ereje de amor e Ihe nao set alguas^ oraçois,
vedes, vai^
Di, Juan, de que murió Bras
rom hum pe d casíelhana e outro á portugueza '**. E nSo vos espantéis da *
libre que em^^ qualquer palmo d'esta materia perro o norte. E os supli-
cantes dizem assi.
die folgende Lesart angenommen:
Nada te pode estimar
quem beni quiser resguardar-te
e conhecer'te;
que em te perder ou ganhar
o mais seguro ganhar 'te
he o perder 'te,
welche freilich nicht, wie er annimmt, auf ed. 1720, sondern auf die ältere
von 1666 zurückzuführen ist. — Die Lesart unseres Ms. scheint mir jedoch
echter und besser: die unschön klingende Wiederholung derselben Aus-
<lrücke ist eine durchaus absichtliche und schon bei Christovam FalcSo viel-
fachst angebrachte.
' Näo a pode descancar Nada da terra.
^ nos a. Ed. 1 666 schreibt a vida mal conhecida.
3 bem ou mal. ♦ Cfr. Soropita IX.
* que eu se muito for por esto caminho,
'^ de que me parece me näo livrará nem ainda privilegio etc.
"^ E. ^ e que the näo sei oraçdes. ^ vai hûa.
'** com hum pé d portugueza e outro á castelhana. Die Lesart des Ms.
ist unbedingt die echte.
" que eu em.
291
45 á e. M. r>R VASCONCELLOS,
Mote.
Di, Juan, de que morió Bras?
tan niño y tan mal -logrado ? —
— Gil, morió de desamado. --
Volta.
Dl-me, quien le engañó *
que con Amor se engañase,
pensando que el bien hallase
donde* el mal cierto halló?
Despues que el engaño vio
que hizo desengañado?
— Gil, murió de desamado.
Travou com elle pendença,
em ter razSo confìado;
Afnor^, como he letrado,
houve contra elle sentença^^
E co' aquella diferença
disse entre si o coitado;
— Gii, „morr*eu de desamado".*
Quem tem rez3o tam cerrada
que^ n5o saiba, sendo rudo
e sem respeito,
que sem deus he tudo nada,
que nada com elle ßie'' tudo
sem defeito?
V. sendo isto tam* certo,
como todos confessamos,
e sabemos
nSo liemos^ pelo incerto
o que por tam certo damos ^^
pois o vemos.
A tudo isto podéis responder que todos morremos do mal de Phaetoiii
porque „del dfcho al hecho, va mui'^^ gran trecho. P2 de saber as cousas a
passar por ellas, ha mais differença que de se consolar a ser consolado, ou
Je Jar conselho a tomai-o '-. Mas „assi entrón o mundo e assi ha de sahii^;
muitos a reprehende! -o e poucos a emendál-o. R com isto acaòo'^*, bcijando
7'<M»v/i** poderosas míos hila catrinea de vczes, cuja vida e reverenda ^^ pessoa
Nosso Senhor accrescent^ por muitos annos^^,
* Di-me, Juan, quien se engañó (ed. 1720, 1721 und I75Q lesen richtig
le engañó). "^ a Jon Je. ^ mas Amor. * a sentença.
* Storcks Besserung von mor reu zu morreen ist gut und annehmbar. —
Mufs man aber wirklich Gil durch Joito ersetzen? Mit Gil konnte yoâo
seinen Freund anrufen. '' quem. " fehlt. * isto assi tao,
^ troquemos-, ed. 1632 hat Jemos wie das Ms.
'" o em que tam certo estamos. " fehlt. ^* fehlt.
*^ amaino. '* í*.v.\v/.v. *^ reverenJa.
^^ fehlt. Storcks Krgänzung der Schlufsformel ist durchaus korr^t.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. LIEDER UND BRIEFE. 453
No. CLIX. Z. 30 Ingrata ierra, non possidebis mea ossa. Schon
vor Camoens hatte Jorge Ferreira de Vasconcellos in seiner Uly-
sippo (1547) die Worte des Scipio Africanus benutzt. Auf S. 259
in einem abstrusen und konfusen, absichtlich „dunkel" gehaltenen
Briefe sagt er: Xäo que ä fiuza (Veste desengaño lancet's de iodo a
roar arrependimentos porque ninguem diga y,bem esiou*\ e niais quando
as esperanças, afisiuladas do que nao quero dizer^ morrem ao desemparo
iam naessiiadas que, a Ihe nao vir como de por amor de dais hum
,, Ingrata patria nec ossa mea habebis^'' pera epitafio da sepultura^
¡a vai quanto Marta fiou,^ — Z. 36 — 37 Auch der oft citierte Dom
Francesco de Portugal flicht diese Zeile — als Nachahmer des
("amocns — in einen seiner Prosabriefe ein, p. 38: A estar a senhora
D, Isabel de la Cueva en otro muro as ida y no hay paciencia que
baste, — Z. 55 Die Phrase über die Stiere von Merceana hat Storck
selbst in Bd. Ill 370 gedeutet. — Zu Z. 57 vgl. Jorge Ferreira de
Vasconcellos, Eufrosina p. 123; Aulegr. p. 14 und 160^', wo Indien
lago de honrados gescholten wird; vor allem aber den Brief des
Conde de Alcoutira, in dem es heifst a India, sepultura de homens
nobres (s. oben). — Z. 80 se veiu cd mais humanamente heifst nicht:
„kam etwas menschlicher davon", sondern „benahm sich hier etwas
menschlicher". — Z. 89 Vgl. Eufr. p. 119. — Z. 92 Frei Pero Gön-
salves s. Eufr. p. 118 und Soropita p. 58.
> Sowohl Camoens wie Ferreira konnten diese Worte nur in humo-
rislisclicr Absicht aussprechen. Ich stimme mit C. C. Branco durchaus in
der Dculunjí des lateinischen Citâtes überein. Er äufsert sich darüber
(L. de Camöes, Porto 1880, p. 42) in folgender Weise: Esta carta encerra a
nota melancólica diurna phrase de Scipiäo: Patria ingrata^ nao terds
meus ossos. Mas a comparaçao, para nao ser um dislate d*orgulho, era
de certo um gracejo de L. de C. Que I he devia a patria em 1553? Elle
tinha 30 annos ; escrevcra poemas lyricos excellentes» apenas louvados na
roda dos palacianos e dos menos cultos. Ferreira e Sa de Miranda parece
que nao o conheciam, O bravo que sahira do carcere com perdäo de Gon-
zalo Borges f a quem golpeara o cachaco, ou o toutiço, como disseram 00
physicos do exame, em verdade, confrontando-se coiH Scipiäo Africano, ao
desterrar- se nao primava e m pontos de modestia. O seu avantajado e in-
discutivel díreito d gratidäo da patria» era um poema começado apenas, ou
íalvez ainda nao tracejado etc.
C. Michaelis de Vasconcellos.
Rf]CENS10NEN UND ANZEIGEN.
Franz X. Wegele, Prof. der Geschichte in Würzburg: Da nie Ali-
ghieris Leben und Werke. Im Zusammenhang dargestellt. Dritte
teilweise veränderte und vermehrte Auflage. Mit einer Abbildung des
Dante-Denkmals zu Florenz. Jena. Verlag von Gustav Fischer 1879. XIV
und 630 S. 80.
Dafs ich die dritte Auflage dieses Werkes, obgleich sie schon vor
mehreren Jahren erschienen ist , noch heute besprechen will , hat eine ganz
besondere Veranlassung. Wie man aus Anni. 1 S. 638 Bd. VI ersehen kann,
hat mich eine Behauptung Scartazzinis , die mir im Januar 1883 bekannt ge-
worden war, mit dem höchsten Unwillen erfüllt, nämlich die Behauptung,
dafs Wegeies Buch von der deutschen Kritik nur deshalb nicht mit Acht
und Aberacht belegt, vielmehr gelobt und gefeiert werde, weil ein Deutscher
es geschrieben habe. Ich wies Scartazzinis Motivirung zurück; ich bemerkte
ihm, dafs doch nicht die deutsche Gelehrtenwelt dafür verantwortlich zu
machen sei, wenn ein nicht genügendes Werk einmal von Freunden des Ver-
fassers gerühmt werde. Aber ich konnte nicht in Abrede stellen, dafs Wc-
geles Biographie in Deutschland nur Anerkennung gefunden. Da erschien
es mir geboten , eine rein kritische Besprechung zu liefern , denn eine solche
mufste ja allen Ausländem das Recht nehmen, auch fürderhin noch uns
Deutschen den Vorwurf zu machen, dafs wir eine schlechte Leistung —
gleichviel, aus welchem Grunde — für eine gute ausgäben. So versprach ich
demnächst auf Wegeies Werk zurückkommen zu wollen.
Indem ich es heute thue , schlielse ich einen Teil der Wegeleschcn
Arbeit von meiner Recension aus; ich beschränke mich auf Dantes Leben:
die eigentlich historische Seite, das biographische Element privater und
^ Ich habe Scartazzini eine Verdächtigung zum Vorwurfe gemacht
Heute wcifs ich, dafs eine solche Absicht ihm ganz fernlag: er schrieb die
Worte unter dem Kindrucke übler Krfahnmgen, welche darzulegen mich zu-
weit führen würde. Genug, er vernahm aus unseren Zeitschriflen nur ein un-
bedingtes Lob Wc;;eles, und es wurde ihm das Audiatur et altera pars zur
Unmöglichkeit gemacht. Von .\bncigung gegen uns Deutsche, bemerkt er
mir, gar von Deutschcnliafs, könne bei ihm nicht die Rede sein. Dafür sei
er seit Jahren um die Bekanntmaclmng und Anerkennung unserer Litteratur
und Wissenschaft in Italien zu>elir bemüht gewesen. Das kann ich nidit
bestreiten ; und so mufs ich gestehen , einen allerdings sehr drastischen Aus«
bruch seines Unmutes mifsverstanden zu haben.
WEGELE, DANTE ALIGHIERIS LEBEN UND WERKE. 455
politischer Natur, soll mich vor Allem beschäftigen. Nur wie zur Probe
will ich einige littcrarhistorische Partien berücksichtigen. Wegele wird sich
über diese meine Beschränkung nicht beklagen können, hat er doch als
Historiker eben den historischen Abschnitten den Hauptwert beigelegt.
Geradezu aber glaube ich im Interesse der Leser dieser Zeitschrift zu handeln,
denn wenn ich gut unterrichtet worden bin, so sind dieselben längst nicht
mehr gewohnt, sich etwa wegen des Buches über die Volkssprache oder wegen
des Gastmahls um Auskunft an Wegele zu wenden, wohl aber vertrauen sie
ihm in den rein geschichtlichen Dingen.
Wegele redet von der sicilianischen Dichterschule; ihr Sitz ist der Hof
von Palermo, den er mit wunderlichem Bilde den leuchtenden Heerd der ita'
lienischen Civilisation nennt, an welchem er in einer doch starken Über-
treibung* die Blüthe der Hochgebildetsten zusammenströmen läfst. Aber
an der Sprache, worin diese Sicilianer dichten, erkennt er schon die grofse
Zukunft Toskanas. Um es kurz zu sagen: das Problem der italienischen
Sprachforscher, ob die Dichter Friedrichs II. und Manfreds in sicilianischer
Mundart oder in verschiedenen Dialekten dichteten , wird S. 44 durch einen
Machtspruch gelöst. Während Corazzini, Bartoli, d'Ovidio und d'Ancona
der Ansicht waren , dafs alle Gedichte unserer Schule , weil sie eben nur in
raittelitalienischen Handschriften überliefert sind , eine „Toscanisirung*' er-
fahren hätten; während noch jüngst Gaspary sich dahin entschied, die Sici-
lianer hätten unzweifelhaft nicht toscanisch geschrieben, wenn damit auch
eine nahe Verwandtschaft ihrer dichterischen Sprache und der heutigen Schrift-
sprache nicht geradezu ausgeschlossen sei; erklärt Wegele kurz und bündig,
dafs die Einflüsse Mittelitaliens und besonders Toskanas vorherrschend gewesen
seien. Die Mittelilaliener sind es dann, welche zwar an die sicilianische Poesie
anknüpfen, aber ihr einen ganz neuen Charakter geben; von den Sicilianern
unterscheidet sie namentlich die „Erweiterung des Inhaltes". Diese fìndet
Wegele, wenn ich ihn recht verstehe, in der philosophischen, reflektierenden
Liebespoesie eines Guido Guinicelli, in dem religiösen Liede des hl. Franziskus
und seiner Schüler, in der moralisierenden Richtung eines Guittone von Arezzo.
Aber das religiöse Lied gehört kaum in diesen Zusammenhang, denn der
hl. Franziskus geht der sicilianischen Dichterschule voraus; seine Nach-
folger entstammen aber bis auf Jacopone da Todi, den Wegele selbst als
Zeitgenossen Dantes mit Recht nicht hierher zieht, dem oberen und unteren
Italien; sie dichteten überdies, mit Ausnahme des Giacomino von Verona, nicht
in der Volkssprache. Guittone von Arezzo würde ich dagegen viel mehr in
den Vordergrund gerückt haben, denn wenn es auch wahr sein mag, dafs er
nicht „aus dem Bronnen echter, natürlicher Empfindung** geschöpft habe, —
so hat er doch den lief greifendsten Einflufs auf die ganze Litteratur seiner
' Wenn er S. 88 Anm. 1 nur eine deutsche Chronik für die Schlacht
bei Campaldino anführen kann, so heifst es im Texte gleichwohl : Selbst gleich-
jeitige deutsche Chroniken u. s. w. Bekanntlich schickte Dante dem Mark-
grafen Malaspina ein Gedicht: Das ist für Wegele viel zu wenig, und so läfst
er S. 186 einige Gedichte an dessen Adresse gelangen. Aus einem einzigen
Versuche , das über Florenz verhängte Interdikt rückgängig zu machen , wer-
den S. 152 jene Schritte. Das aber sind vergleichungsweise nur Kleinig-
keiten.
45Ö RECENSIONEN UND ANZEIGEN. P. SCHEFFER-BOICHORST,
Zeit ausgeübt. Das beweisen Aeufserunjjen Dantes im Fegefeuer XXVI 124.
125 und im Buche von der Volkssprache I 13 und II 6: Dante mag seine
Art nicht, aber dafür dafs selbst seine Zeitgenossen sich der Einwirkung
Guittones noch nicht entzogen haben, giebt er ein beredtes Zeugnis ; und die
Alten haben seinen Ruhm , wie Dante bestätigt , weit und breit verkündet.
Einer aus ihrer Mitte, Geronimo Farmagnino, hat den Guittone denn auch
geradezu als Muster für Alle hingestellt ^ und derselbe Guido Guinicelli,
den Wegele ebenso erhebt, wie er den Guittone herabdrückt» verehrte ihn
als seinen Meister*, sandte ihm eine Canzone zur Verbesserung.-* Wie aber
auch immer, — das religiiise Lied ist auszuscheiden, und es bleibt nur die
Moral Guittones und die Keilektion Guinicellis. Aber ist dafür nicht Anderes
zu ergänzen? Wegele sagt sehr allgemein, die Liebespoesie hätte un steh
selbst eine Modifikation erfahren vi ü s sen. Sie hat die Schnüre des Con-
ventionalismus gelöst und bewegt sich freier, volksmäfsiger. Als vornehmsten
Vertreter der neuen Art kennen wir aber durch Witte* den Florentiner
Chiaro Davanzati, dessen Name nun in keiner Einleitung zur Geschichte Dantes
mehr fehlen sollte.* Dann haben die Mittelilaliener, vor allen die Floren-
tiner, das politische Element in die Litteratur eingeführt. Wenn Wegele
behauptet, vorliiufig sei die Poesie, ah die Domaine des Friedens, dem Ge-
triebe der Parteikämpfe entrückt gewesen, so kannte er nicht die im Ten-
zonenstil gedichteten Sonette, die Trucchi und Cherrier veröffentlicht haben ;
gerade in Florenz sind dieselt)en entstanden; er kannte nicht jene Satire,
welche Guittone d'Arezzo nach der Schlacht von Montaperti auf die Floren-
tiner dichtete®; und was anderes sind denn Sonette des Florentiners Rustico,
als Stimmen aus dem „Getriebe der Parteien**?'
Auch soll den älteren Schulen jeder Zusammenhang mit dem Altertum,
mit der römischen Litteratur gefehlt haben. Aber wenn Guittone in einer
Canzone den Beweis Gottes aus Cicero, Bocthius und Seneca fuhrt*, sind
ihm dann die Alten ganz unbekannt? wenn Guidotto da Bologna (?) zur
Zeit Manfreds die Rhetorica ad C. llerennium übersetzt, gebricht es dann an
jeder Fühlung mit der römischen Litteratur? Albcrtano da Brescia hat eine
Menge Stellen aus alten Autoren im Wortlaut mitgeteilt» und so ist die ziem-
lieh gleichzeitige Übersetzung seines Traktates doch gewifs ein Beweis, dafs der
von Wegele geläugnete Zusammenhang mit dem Altertum durchaus nicht fehlte.
* Poeti del primo secolo II 53.
« Ibid. I loi.
^ Darauf antwortet Guittone im 150. Sonett. Biblioteca dei class, ital.
\^ serie I 233.
* In Böhmers Rom. Stud. I 114 il".
•'' Statt dessen nennt Wegele S. 40 den Brunellesco , von welchem nun
eigentlich gar nichts weifs. Vielleicht war er Verfasser eines Gedichtes Gaeta
e Birria, wovon Wegele möglicher Weise ganze drei Strophen gekannt hat,
mehr nicht.
^ Canzone 41 Bibl. dei cías«*, ital. l. c. I 116.
" St) verkehrt Wegele, so richtig urteilt Gaspary Die sicilianische IMchter«
schule 22: Ditwc Bürger der toòcanisrhen Communen untren selbst zu tief in
die politischen Begebenheiten leririckelt, als dass dieselben in ihren Versen
nicht hätten einen Widerhall finden sollen.
* Canzone 7 Bibl. dei clash. 1. c. p. 36.
WEGliLE, DANTE ALIGHIERIS LEBEN UND WERKE. 457
In das Altertum soll erst Brunetto latini eingeführt haben; eben des-
wegen und dann noch als Begründer der Allegorie stehe Brunetto in der Mitte
beider Epochen, nämlich der Schule der Mittelitaliener einer- und Dantes
andererseits. Was das Altertum angeht, so glaube ich nach dem oben Ge-
sagten nicht, dafs es erst von Brunetto „eingeführt" sei; wohl aber hat Bru-
netto die Kenntnis desselben erweitert. Das that er freilich nicht durch
seinen Tesoro, auf welchen nach Wegele das Wiederaufleben der Antike
zurückzuführen wäre. Denn wenn Brunetto hier auch etwa erzählt, dafs ihm
im Gefolge Amors dessen römischer Dichter begegnet sei, dafs er sich mit
demselben nun über die Liebe besprochen habe, oder wenn er auch 'vor
seiner Bekehrung erwägt , dafs weder Julius Caesar, noch Samson , noch
Alexander, noch Absalon, noch Hektor, noch Oktavian dem Tode entflohen
seien, dafs das Salomonische Vanitas vanitatum die tiefste Wahrheit sei, —
ein bedeutender Fortschritt war damit nicht gemacht. Ein eigentliches Ver-
dienst, das sich Brunetto um die Wiederbelebung des klassischen Altertums
erworben hat, ist vielmehr in einer anderen Richtung zu suchen. Auch We-
gele hat darauf geachtet: er sagt, Brunetto habe den Ovid und den Boethius
übersetzt. Die Arbeilen müssen verloren oder ungedruckt sein: die zahlreich
vorhandenen und veröffentlichten Übersetzungen verschmäht Wegele dafür zu
nennen, nämlich die Rettorica = De invenlionc , dann die Orazioni di Sal-
lustio, di Tito Livio, di Tullio und endlich den Fiore di filosofi e molti savi.
Wie aber steht es mit der Allegorie? Brunetto scheint wirklich der erste
AUegoriker Italiens gewesen zu sein; aber es verdient doch Beachtung, dafs
seine unmittelbaren Nachfolger, Dino Compagni und Francesco da Barberino,
nicht unter seinem Einflüsse stehen, sondern unter französischem oder
provenzalischem: das Muster der Allegorie, der Roman de la Rose, war
unzweifelhaft auch in Italien weit und breit bekannt, und eine Bearbeitung
in italienischer Sprache, das Werk eines Florentiners, ist uns ja erhalten.*
Man sieht, dafs es Wegele durchweg an einer gründlichen Kenntnis der
italienischen Litteratur fehlt. Die wenigen Seiten, die ich besprochen habe,
geben aber zugleich Proben, wie nachlässig Wegele arbeitet. Noch vor dem
Antritte einer Mission, die ihm im Jahre 1 260 nach Spanien übertragen wurde,
soll Brunetto den erwähnten Tesoro begonnen haben. Nur die Vollendung
setzt Wegele also in die Zeit, welche der Gesandtschaft folgte. Wer die
Handbücher der italienischen Litteratur kennt, ist durch diese Behauptung
überrascht, denn in ihnen allen heifst es einfach. Brunetto habe den Tesoro
nach seiner Gcsandlschaftsreise gedichtet. Schlägt man nun die von Wegele
angeführte Quelle nach, nämlich die Einleitung Chabailles zu einem anderen
Werke Brunettos, so findet man da S. VIII: il cotnposa son poëme lorsque
Florence brillait de tout son éclat et qu\'lle était la reine de Toscane y d. h.
cr vcrfafste den Tesoro nach seiner Reise, denn während derselben traf Florenz
' Ich habe in dem Vorstehenden ebenso wenig der Anfänge der drama-
tischen Dichtung, also der Passionsspiele, wie der politischen Volkslieder ge-
dacht. Sic sind nicht Produkte der Kunstpotsie, haben Nichts mit der mittel-
ilalienischcn Dichterschulc gemein, und in der Entwickelung, welche zu Dante
fuhrt, scheint ihnen kein Platz zu gebühren. Von beiden Kategorien hat
denn auch Wegele nicht geredet.
45^ RECENSIONEN UND ANZEIGEN. P. SCUEFFER-BOiaiOKST,
(1er vernichteiulc Schlag, die Xiederlajic bei Muntaperti. Hier also er ver-
fasste^ dort er begann. Beides ist gleich neu und gleich verkehrt. Man
braucht nur den Anfang des Gedichtes zu lesen:
Lo tesoro coffu^nzii. — A/¿*a/fo re di Spugna.
Al tempo che Fiorenza E io presi compagna
F io rio e fece frutto, E andai in I spagna
Sì ch'elicerà del tutto, E feci l* ambasciata.
Im. donna di Toscana : Che mi fu comandata,
Esso comune sag¿no E poi sanza soggiorno
Mi fece suo messaggio /Ripresi mio ritorno.
Wie man sieht, hat Chabaillc den ganzen Zusammenhang miläverstanden; auf
seine Darlegung verweist Wegcle, anstatt sich das Gedicht selbst anzusehen.
Dazu aber trübt er noch die abgeleitete (Juelle, indem er composa mit er be-
¿'ann übersetzte. — Wie schon erwähnt, citiert Wegelc Übersetzungen des
üvid und Boethius, die von Brunetto Latini herrühren sollen; S. 53 Anm. 2
verweist er zum Belege dafür auf Melius Vita Ambrosii Traversarii S. 157 ff.
der Vorrede. Da aber sind wohl seine auch sonst bekannten, nur von We-
gelc nicht genannten Übersetzungen besi>rochen, ñndet sich aber Nichts über
Ovid und Boethius. — S. 51 Anm. 2 bringt Wegele litterarhistorische oder
philologische Nachweise zum Tesoro, und er schliefst: Ülfer die Über-
arbeitung des ersten Entivurfcs siehe Scheffer- Boichorst F'lorefitiner Stu-
dien S. 246 Anm. 3. Da aber handele ich nicht von einem ersten Ent-
würfe des Tesoro, wovon mir Nichts bekannt ist, auch nicht etwa von einem
ersten Entwürfe des livre dou trest)r, des französischen Werkes Brunettos:
ich zeige nur, dafs »lie Kapitel 87 — loi aus Martins Chronik zu dem fertigen
livre dou trésor nachgetragen sind.
Indem ich mich den biographischen Elementen zuwende, möchte ich
doch nicht sofort die litterarischen verlassen: ich will ein Wort über die
Dichter einschalten, welche zu Dante in Beziehung standen. Wegele redet
nur von zwei Freunden Dantes, von Guido C.^ivalcanti und Cino da Pistoja.
Bei ihnen brauche ich nicht zu verweilen; gleichsam nur im Vorbeigehen »ei
der wunderl)arcji Ilyimthese auf S. 191 gedacht: 7i'ir gründen auf den Um-
stand, dafò sich unter Cinos (Jedichten ein Sonett auf den Marchese Mala-
spina findet, die Vermutung, dafs er sich vielleicht gleichzeitig mit Dante
in dessen Hof begab, (.'ino hat aucli eine Canzone an Guido Novello ge-
richtet; weshalb mag Wegele doch darauf nicht die analoge Vermutung ge-
gründet haben?' Wichtiger ist mir, dafs in dem ganzen Buche aber auch mit
keiner Silbe von den litterarischen Gegnern die Rede ist. Den Reigen der-
selben eröflnet Dante tla Majano : auf das bekannte Sonett der Vita nuova,
' Übertlies ist der Ausdruck „auf den ^iarchcse** auch verkehrt; in
einer Handschrift ist das Sonett an einen Markgrafen Malaspina gerichtet;
Cianipis Ausgabe trägt die Überschrift ,,an Lemmo von IMstoja". Noch
mehr: wer hat Wegclcn denn ge»«agt, dafs tier Markgraf, der in dem einen
<^>dex als Adre'^'^at genannt wird, gerade Marvello Málaspina von Salnuo
sein müsse r das (ieschlechl der Malaspina war weit verzweigt, und jeder
andere Malaspina könnte geradeso gut gemeint sein, als der von Saluzio,
Dantes Wirt.
WEGELE, DANTE AUGHIERIS LEBEN UND WERKE. 459
welches die Dichter zur Mcinungsäufserung einlud, hai Da Majano eben so
höhnisch und verletzend geantwortet, wie Guido Cavalcanti ermunternd und
liebenswürdig. Ich verweise nur auf die Antologie von Nannucci Man. della
litteratura ed. Ill« I 319, wo das Sonett gedruckt ist. Es folgt Cecco Angio-
lieri, dieser unordentliche, vagabundirende , aber hoch begabte Geist. Dante
hat einmal den Versuch gemacht, ihn auf die rechte Bahn zu führen; er
warnt ihn vor dem übermäfsigen Genüsse der Liebe und empfìehlt ihm ein
Thema zu poetischer Behandlung. Später ist Cecco der erklärte Gegner
Dantes. Auch er antwortet auf ein Sonett in der Vita nuova, aber auch er
voll Hohn : er nennt sich sogar Dantes servo e amico und vertraut auf dessen
gentil cuore \ doch meint er es ganz anders. Dann folgt ein Sonett, das man
wegen seiner Selbstanklage fast liebenswürdig finden könnte, wenn es nicht
zugleich den Dichter der göttlichen Komödie auf dasselbe Niveau der Schlech-
tigkeit herabdrücken sollte:
Se io pranzo con altrui^ e tu vi cenni.
rimproverare
Può V uno air altro poco di noi due.
Ch* io sono il pungiglione, e tu se* il bue.
F. d'Ancona, dessen Arbeiten man genau kennen mufs, wenn man über
Dante schreiben will, hat in der Nuova Antologia 1 874. XV 1—57 einen
lehrreichen Aufsatz über Cecco veröflentlicht ; auf S. 18 — 20 wird da Ceceos
Verhältnis zu Dante besprochen. Gröfseres Ansehen hatte bei den Zeit-
genossen ein anderer Cecco, der von Ascoli: er ist der berühmteste Astronom
der Zeit, und als Dichter besafs er einen Ruf, den wir heute freilich nicht
mehr begreifen. Auch dieser Cecco ist nun ein Gegner Dantes, und zwar ein
boshafterer und hämischerer, als die anderen. Zahlreich sind die Spuren, die
der Antagonismus in Ceceos Gedicht L'acerba hinterlassen hat, und nicht
selten sind auch in letzter Zeit die Beziehungen Beider zum Gegenstand der
Untersuchung geworden. Ich habe die Litteratur in meinem Buche: Aus
Dantes Verbannung S. 60 Anm. 3 behandelt ; wenigstens zwei der betreffenden
Aufsätze hatten längst vor dem Erscheinen von Wegeies neuer Auflage
der Dantebiographie die Presse verlassen , und überdies hätte Wegele sich
auch ohne dieselben, nur auf Grund der Auszüge, die Fraticelli in seiner
Vita die Dante 287 — 291 mitteilte, ein Bild gestalten können. Über Alles
geht er hinweg; er macht auch keinen Versuch, aus den Aufserungen der
Zeitgenossen sozusagen den litterarischen Principal des alternden Dante zu
schildern. Angesichts so ungeheurer Mängel fragt man sich doch, welche
Begriffe Wegele denn eigentlich mit der Aufgabe eines Biographen verbinde ?
Die allgemein gültigen, die er hoffentlich nie erschüttern wird, sind es ganz
gewifs nicht.
Ein verwandtes Thema berührt unser Autor, da er von Dantes Be-
ziehungen zu den Künstlern Casella, Belacqua, Giotto und Oderisi handelt.
Fr macht dabei die für die Geschichte des Dichters, wenn begründete, dann
durchschlagende Entdeckung , dafs alle vier ein wichtiges Zeugnis von dem
mächtigen und aber auch zugleich gewinnenden Eindruck seiner Person^
lichkeit und seines Umganges ablegen. Auf die Beziehungen zu Oderisi
460 RECENSIOXEN UND ANZEIGEN, SCHKFFER-ROICHORST.
scheint Wegcle j^erinijcren Wert /.u legen, und in der That will e*» Nichts
bedeuten, dafs Dante Purg. XI 80 ihn als ronor d'^Agabbio feiert. Nichts will
es auch bedeuten, dafs Oderisi XI 82 den Dichter seinen Bruder nennt, denn
sogar Leute , die nicht einmal Zeitgenossen waren , heifsen sich in der gött-
lichen Komödie frate. So begrüfst etwa Virgil im Purg. XXI 131 den Sta-
tius, ib. 13 Statius den Virgil und den Dante, und ib. XIII 94 nennt die
Sapia von Siena, deren Leben sich doch schon 1 269 zu Ende neigte und die
Dante schwerlich überhaupt nur von Person gekannt hat, unseren Dichter
ihren Bruder. Doch wie gesagt, die Beziehungen zu Oderisi nehmen auch bei
Wegele eine untergeordnete Stelle ein. Umso höher schätzt er Dantes Freund-
schaft zu dem Reformator der italienischen Malerei, zu Giotto ; er spricht von
dem Bilde, das Giottos Meisterhand von Dante entworfen*; und fast könnte
man auf den Gedanken kommen, Wegele wolle dadurch den Beweis für die
hcJctitcndstc dieser Freundschaften führen. In Wahrheit fehlt jeder Beleg:
ein einziges Äial hat Dante des Malers Krwähnung gethan : Purg. XI 95 sagt
er, dafs Ciambue den höchsten Ruhm genossen ed ora ha Giotto U grido.
Das wäre ein Zeugnis für die bedeittendUe dieser Freundschaften, welches un-
gefähr die gleiche Beweiskraft hätte, wie Dantes Portrait. Es bleiben also
nur Casella und Belacqua; und sie sind allerdings Dantes Freunde gewesen.
Wie I*urg. IV 123 zeigt, hatte Dante befürchtet, Belacqua würde in der Hölle
büfsen , und er freut sich nun , dafs derselbe mit gelinderer Strafe davon
gekommen ist: II 88 versichert ihn Casella, er liebe ihn hier noch geradeso,
wie drüben. Demgemäfs bezeichnet denn auch der Anon. Fior. ed. Fanfani
II 37, 74 Dantcn als domestico Beider. Jedoch ist damit der machtige und
aber auch zu j^' le ich gewinnende Eindruck seiner Persönlichkeit und seines Um'
ganges erwiesen ? Kann nicht Casellas wie Belacquas Freundschafl aus einer
Verehrung des Genies, aus einer Wertschätzung jener Tugend, die man als
Rettitudine bezeichnet hat, aus der Verwandtschaft ihrer künstlerischen
Richtung'-* entsprungen sein? Wenigstens was den gewinnenden Eindruck
betrifft, so hat Wegele S. 181 selbst ein ganz anderes Urteil gefallt: danach
ist Dante auch in seinen guten Tagen schwerlich ein Mann von leicht um*
gänglicher Natur gewesen. Und S. 90 meinte Wegele doch ein gewichtiges
Zeugnis auch für den ge^cinnenden Eindruck seines Umganges erbracht zu
haben. Das Gegenteil bezeugt er nun mit der Charakteristik, die Villani von
Dante entworfen. Was dann die Mächtigkeit des Eindruckes betrifft, so
mufs ich meinesteils auch sie in Abrede stellen. Wenn Dante im Convivio 1 3
Klage darüber führt, dafs die Menschen durch sein Erscheinen getäuscht wor-
den seien, dafs sie nach seinen Werken eine ganz andere Vorstellung von
ihm gehabt und dafs sie nun, da seine Persönlichkeit nicht den Erwartungen
entsprochen, sogar die Erzeugnisse seines Geistes viel geringer geschätzt hätten,
als vordem, so scheint er doch eben nicht im Stande gewesen zu sein, einen
mächtigen Kindruck zu machen. Wie aber auch immer, — das gewUhOgt
Zeugnis von dem »nächtigen und aber auch zugleich getoinnenden Eindruck
seiner Persihilichkeit und seines Umg^anges existiert nur in Wcgeles
' Dazu verweist Wegele auf einen veralteten Aufsatz Paurs, nicht
auf die neue Behandlung, die derselbe Gegenst<ind auch durch Paar im Jahr-
buch der DantcgcscUschafl II 262 --330 erfahren hat.
* So bemerkt Wegele S. 90 selbst. •
WEGELE, DANTE ALIGHIERIS LEBEN UND WERKE. 46 1
Dafs Dante der Mann geworden ist, als welchen man ihn verehrt, das
danken wir nach Wegele S. 64 wahrscheinlich der tiefgreifenden , nachhal-
tigen, sittlichen Einwirkung der Mutter. Dafür scheint ihm die drastische
Weise , in welcher Dante Inferno VIII 45 auf seine Mutter hindeuten soll,
einen Beleg zu geben ; und dieses kräftige Zeugnis j wofür er Dantes Worte
halten möchte, wird dann durch den bekannten Erfahrungssatz von den be-
deutenden Müttern grofser Männer nachdrücklichst unterstüt^U. Sehen wir
uns die Stelle an. Dante nennt den Filippo Argenti einen fluchbeladenen
Schatten, der im Weinen und Trauern verharren möge. Diese Verwünschung
ist nun dem Virgil ganz aus dem Herzen gesprochen : nachdem er den Argenti
von sich abgestofsen , nachdem er ihm zugerufen hat : Pack* dich mit den
andern Hunden! nennt er Danten eine Eiferseele und preifst den Schofs
der ihn getragen. Der Vers ist der Bibel entlehnt: bei Lucas XI 27 lesen
wir : quaedam mulier de turba dixit Uli (Jesu) : „Beatus venter, qui te
portavit**. Und so wenig nun die Frau aus dem Haufen an ihre Mutter
dachte, als sie sich freute, dafs der Welt ein Heiland erschienen sei, so wenig
hat Dante, da er das gleiche Wort dem Virgil in den Mund legte, seiner
Mutter eine Erinnerung kindlicher Pietät gewidmet.* In ganz prosaischer
Form besagt der Vers nur: ,,es ist doch gut, dafs es einen Menschen giebt,
der das Laster so verabscheut, wie Du eben bewiesen hast". Von Drastik
ist da keine Spur; man mufs sich nur auf die Sprache der Bibel verstehen.
Aber einmal zugestanden, Dante habe in Rührung der Mutter gedacht, mufs
denn damit gleich ein kräftiges Zeugnis für die tiefgreifende , nachhaltige,
sittliche Einwirkung der Mutter auf den Sohn gegeben sein ? Hat Wegele
denn nie erlebt , dafs eben Söhne , die ihre Mutter früh verloren haben , der-
selben vor Allen gern gedenken , dafs gerade diese sich von der Mutter eine
wohl allzu ideale Vorstellung machen ? Das gilt besonders, wenn meine Be-
obachtungen mich nicht getäuscht haben , von solchen Söhnen , welche unter
einer Stiefmutter herangewachsen sind. Stiefmutter und Dante sind nun viel-
leicht für Wegele zwei ganz unzulässige Zusammenstellungen. Gleichwohl
bin ich nicht der Erste, der von einer Stiefmutter des jungen Dante reden
möchte. Der grofse Genealoge Italiens, Passerini*, hat die Ansicht aus-
gesprochen, dafs Donna Bella, Dantes Mutter, die erste Frau seines Vaters
war, dafs ihr Donna Lapa, die den Franzesko AUaghieri gebar, in der Ehe
gefolgt sei. Auch Wegele weifs nun recht wohl, dafs Dantes Vater zweimal
verheiratet war, aber die Frage, ob Dante dem ersten oder dem zweiten Ehe-
bett entsprossen sei, ist ihm gar nicht in den Sinn gekommen. Im Jahre 1332
verträgt sich Franzesko mit seinen Neffen Jakobo und Pietro, den Söhnen
Dantes, über den bisher gemeinsamen Besitz. Da ist auch die Rede vom
Heiratsgut domine Lape mat ris dicti Francisci et filie o lim Chiarissimi
Cialuffi et uxoris oli m Alaghierii, ebenso vom Heiratsgut domine Belle olim
' Das hat auch Scartazzini Dante Alighieri, zweite mit Nachträgen ver-
sehene Ausgabe S. 549 bemerkt; im Text S. 108, 109 folgt er Wegelen.
* In dem Sammelwerk Dante e il suo secolo 63. Das Werk ¡st We-
gelen unbekannt geblieben , wie so manches , ohne welches man eine Bio-
graphen Dantes heute nicht mehr schreiben darf. Aber er konnte die gleiche
Ansicht in dem Dante -Jahrbuch II 337 lesen. Da sagt Reumont im Anschlufs
an Pas?»ciini: „Bella, wohl die erste Gattin, war Dantes Mutter".
462 RECENSION EN UND ANZKTGEN. SCHEFFER-BOICHORST,
main's diet i Dnnfis et ni im arie âictorum yacobi et domini Pieri et uxoris
oli m diet i A/ii,(^/ticri.^ AVenn <lcr Urkiindenschreiber mit Bedacht schrieb:
Lape mat ris dirti Frafirisri, wenn er nicht unbedacht ein o/im vor matris
iiusliefs, dann war Donna T^pa noch 1332 am Leben, dann hatte also Dante
eine Stiefmutter. Dazu kommt als Bestätigung ein Moment, das zuerst
von Passerini geltend gemacht wurde: in drei Urkunden von 1297 bezüglich
13CX) werden viermal „Dante uini Franzesko" genannt-, und da es dem
IJrkundenslil entspricht, Brüder nach dem Alter zu ordnen, so ist Dante der
Ältere gewesen, <1. h. nach den obigen Notizen über die Verschiedenen Mütter
der Beiden: Dante halte eine Stiefmutter. Nun nehme man die Bemerkung
Wegeies S. 63 hin/u: Gcivifs ist, da/s Dante seinen later ziemlich früh
durch den Tod verloren hat'-^\ und man gelangt mit Notwendigkeit zd
dem Schlüsse, dafs die Mutier sehr bald gestorben ist. Wo bleibt da die
tiefgreifende, nachhaltige, sittliche Einwirkung der Mutter? Doch gesetzt.
meine obige Ausführung habe ihr Ziel nicht erreicht, — es wäre die l^cht
Wegeies gewesen, seine These zu beweisen ; er aber will ein Biograph Dante<(
sein, und macht nicht einmal einen Versuch, die nächsten genealogischen Ver-
hältnisse zu bestimmen. Dafs ein Dutzend Italiener ihm vorgesprochen, ist
doch für den Deutschen , der so gern von seiner nochmaligen , reiflichen
Erwä^unir redet, wahrhaftig kein Grund, ihnen einfach nachzusprechen.
Geld und Gut spielt nun einmal im Leben aller Menschen eine hedea-
tende Rolle, und soweit ich unsere anerkannten Biographien gelesen, habe
ich danach denn auch gefunden , dafs die Autoren derselben insgesamt dem
uncr(]uicklichcn , aber wichtigen Thema die gebührende Sorgfalt widroeteo.
Nur Wegcle macht eine Ausnahme. Nach dem Vorgange mancher der ältefen
Italiener, die ohne Gründlichkeit arbeiteten , die nicht wie Wegele tiack
iviederholter. sor^^fültiger Prüfung ihre Gedanken zu Papier brachten, sajjt
der Verfasser S. 61 nur das Eine: Das Jiesüzttwi der Alighieri reihte sie
nicht gerade zu den reichen, aber doch zu den entschieden wohlhabenii*
(rrschlechtern der Stadt. Das ist Alles. Kein Wort von der mehrfachen
(Tcldvcrlegenheit, in der wir Dante finden ! Ich rede natürlich nicht von f^^
Armut während des Exils, — es ist ein wohlzubeachtendes Moment, dafs» er
schon vor seiner Verbannung Geld brauchte, aber nicht hatte. Wenn ^
gleich nach i-rlangter Volljährigkeit, im Jahre 1283, als Erbe seines Vaters
air scine Ansprüche auf Güter zu Ontignano einem RustichelU verkanft*f ^
* Genügende Auszüge konnte Wegele den folgenden, ihm bekaBnW|
Werken entnehmen : (San Luigi) Delizie tlegli erud. Toscan. XII 255. 1^^*
Memoire per servire alla vita (li Dante Ed. Il« p. 35. Fraticelli Vita di Ds**i
p. 43, 44. Dann ist die Urkun<le in grofserer Ausführlichkeit gednickl b«
Frullani e (ìargani Della casa di Dante 43 — 46, d.h. in einem WeACf <^
Wegelc nirlìt gekannt hat, aber kennen mufste. Endlich gab Imbriani ô"*"
vollständigen und verbesserten Druck im Propugnatore XIII«, die betreffe«^
Stellen S. 186, 187.
'^ Die /.weite ist vollständig gedruckt bei (Sxin Luigi) Delizie XU 2)^
Fraticelli 1. e. 41. I^'ruUani e Gargani 1. e. 38. Von der ersten and letll**
habeii wir Aus/,ü;^'e bei Frullani e ítargani 39.
^ Die Aligabe siüt/.t sich auf Leon. Aret. Vita di Dante ed. BianchiXI:
11 padre >un ¡»erde nella sua puerizia.
* Man kennt ilie l'i künde leider nur aus der Erwähnung PasKCiBb i*
Dante e il -.uo secolo 6O.
WEGËLF, DANTE ALIGHIERIS LEBEN UND WERKE. 463
mochte ich schon diese schnelle Umsetzung von Besitz in Geld eben aui
Mangel an Baarvermögen deuten. Zu Ende des folgenden Jahrzehnts sind
die Geldverlegenheiten offenbar gestiegen. Denn am 23. Dezember 1297 leiht
er und mit ihm zugleich sein Bruder bei der Firma Jacobo e Pannocchia
Corbizzi die nicht unbedeutende Summe von 480 Goldflorenen.* Aber der
Stiefbruder, glaube ich, ist nur zur besseren Sicherung der Banquiers mit in den
Handel hineingezogen, denn später stehen die 480 Florenen allein auf Dantes
Conto*, und dann ist es nun eben Franzesko, der etwa zwei und ein halbes
Jahr später in kürzester Aufeinanderfolge dem Bruder zweimal vorstreckt.
Freilich es ist auch das bewegte Jahrißoo gekommen; Dante steht vor seinem
Eintritte ins Priorat, und da leiht ihm der Bruder am 14. März einhundert-
iunfundzwanzig Goldflorenen und nochmals am i I.Juni, drei Tage vor dem
Beginn des Priorates, die Summe von neunzig.^ Mag es nun auch den Alla-
ghieri, wie nach der Teilung von 1332 feststeht, nicht an Grundbesitz geradezu
gefehlt haben, — an baarem Geld hat unser Diinte oft einen unangenehmen
Mangel empfunden.^ Und davon hat Wegele, obwohl die wichtigsten der
betreffenden Urkunden seil Ende des vorigen Jahrhunderts wiederholt ge-
druckt sind, aber auch nicht eine blasse Ahnung! Wenn er aus Überlegung
nicht davon geredet hätte, so möchte ich doch fragen, welche Vorstellungen
er von der Aufgabe eines Biographen habe? Doch er hat die Urkunden
einfach nicht gelesen, sonst würden uns die fest gesicherten Daten „1297
Dezember 23, 1300 März 14, 1300 Juni II" wenigstens in den Regesten be-
gegnet sein.^
S. 164 behauptet Wegele von Dantes Frau, sie sei etwa 1308 gestorben.
Nachdem er noch S. 147 erklärt hat, dafs es ihm auf möglichste Sicherheit
und kritische Feststellung der Thatsachen ankomme, wird man hier wenigstens
eine Art von Beweisführung erwarten dürfen. Sie fehlt in der That nicht :
wir hören Nichts mehr von seiner Frau. Aber was hat Wegele denn etwa
aus den Jahren 1302 — 1307 gehört? Die Angaben Boccaccios über Dantes
Verhältnis zu Donna Gemma verwirft Wegele, und selbst wenn er sie bei-
behalten wollte, — eine Notiz, wie z.B. die, dafs Dante seine Frau nie
wiedersehen mochte, — kann sich doch ebenso gut auf die Jahre nach, als
vor 1308 beziehen. Nun ist es zu allem Überflufs gar nicht richtig, dafs wir
nach 1308 von Dantes Frau keine Nachricht mehr erhalten. Im Gegenteil;
' (San Luigi) Delizie XII 256, Fraticelli 1. e. 41, Frullani e Gargani 38.
' Nach dem Testamente von Dantes Schwiegermutter bei Frullani e
Gargani 1. c. 41. Witte Danteforschungen II 66. Scartazzini Dante Alighieri
552. Doch sind die beiden letzteren Drucke nach Wegeies neuer Auflage
erschienen.
3 Die Urkunden selbst liegen uns nicht vor; genaue Auszüge besitzen
wir aber in der Teilungsurkunde von 1332, deren Druckorte ich schon S. 462
Anm. I nachwies.
* Zwei weitere Anleihen vom ii. A.\m\ 1297 und 2. März 1300 'habe
ich bei Seite gelassen; die kurzen Auszüge der betreffenden Urkunden, in
denen neben Dante übrigens auch der Bruder wieder erscheint, können von
dem Geschäfte kein deutliches Bild geben. Frullani e Gargani 1. c. 39.
* Ein weiteres, „zuverlässig bezeugtes" Datum, d.h. ein Datum, wie
Wegele es nach S. 619 Anm. für seine Regesten verlangt, hätte er im Ar-
chivio storico Ital. ser. Ill torn. IX'» p. 8 fìnden können. Danach ist Dante
den 28. April 1301 ofticialis et superestans in einer Bauangelegenheit.
464 RECENSIONEN UND AKZEIGEN. l\ SCHEFFER-BOICHORST,
recht Bestimmtes erfahren wir erst nach 1308. Aus dem Testamente ihrer
Mutter, das schon im Jahre 1865 gedruckt wurde*, wissen wir nämlich, dafs
Gemma noch 13 14 am J-eben war. Ja, in jüngster Zeit ist ein Prozcfs, den die
Wittwe Dantes, eben Donna Gemma, noch im Jahre 1333 anstrengte, an das
Tageslicht gekommen. Die letztere Publikation kannte Wegele noch nicht
kennen ; und dafs ihm die erstere entgangen ist -, will ich ihm nicht gerade
zu härterem Vorwurf machen. Aber energischen Tadel verdient es, dais er
die windigste Behauptung, obwohl er immer von dem Ernste seiner Forschung
redet, als Thatsache hinstellt.
Ganz ähnlich verhält es sich mit der Zeit, welche Dante nach Wegele
am Hofe Cangrandes von Verona verbracht haben soll. Vier volle Jahre wäre
der Dichter ein Gast des Scaligers gewesen, von 1316 — 1320; und in einem
Briefe, den auch Wegele in keine andere Zeit zu setzen weifs, als in die dem
Veroneser Aufenthalte folgende, nennt Dante sich doch einen Neuling in der
Gunst des Scaligers, versichert er ihn, dafs er von dem Anfange aus, den er in
seiner Gunst gemacht habe, zu dem ersehnten Ziele, zu deren ganzem und
vollem Besitze , rüstig weiter streben wolle. Durchaus willkürlich ist auch
die Behauptung, dafs Dante in Verona seine Söhne bei sich gehabt, dafs der
eine derselben, Pietro, schon damals dort dauernden Wohnsitz genommen habe.
Wegele weifs nicht, das derselbe noch im Todesjahre seines Vaters als Be-
sitzer einer Pfründe zu Ravenna erscheint, dafs er dort einen Streit mit dem
päpstlichen Legaten bestehen mufste. Freilich, je weiter man in der Bio-
graphic vorschreitet, desto mangelhafter wird die Forschung: es gilt da von
Wegele, was von seinen italienischen Vorgängern gilt, dafs sie nämlich in
den späteren Abschnitten ihrer Darstellung ermatteten. So ist es Wegele
z. B. nicht in den Sinn gekommen, uns mit dem Kreise bekannt zu machen,
dessen Mittelpunkt Dante in Ravenna war, also mit dem Schutzherm Guido
von Polenta, dann mit seinen Freunden und Schülern. Es ist nicht gerade
ein Beweis für die Eigenartigkeit von Wegeies Forschung, dafs er in der
bezeichneten Richtung über seine italienischen Vorgänger aber auch keinen
Schritt hinauskam. Da konnte ich denn in meinen Studien „Aus Dantes Ver-
bannung**, wo man auch die Belege für die obigen Angaben findet, mehr als
eine blofse Nachlese halten.
In dem angeführten Buche untersuchte ich auch, wann Dante in Paris
studiert habe. Die Frage betrifft einen der wenigen Punkte, denen gegenüber
Wegele sich nicht mit Behauptungen begnügt, sondern wenigstens einen Anlauf
/u kritischer Untersuchung nimmt.^ Dafs es aber ohne jeden Erfolg geschah,
* S. die Nachweise S. 463 Anm. 2.
* Dafs Wegele von Allem, was seit 1865 über Dante erschienen ist, so
ziemlich Nichts kennt, hat schon Scartazzini im Litcraturbl. f. germ. u. rom.
IMiilologie 1880 S. 73 gezeigt. Ich aber will Wegele nicht einmal zum Vor-
wurfe machen , dafs er sich auch die wichtigsten der neueren Fublikationen
enlgehen liefs; ich übe ihm gegenüber die Nachsicht, nur zu fragen: „Wie
hat er tue ihm bekannte Litteralur stutliert?"
^ Leider habe ich in meinem Buche S. 24»^ behauptet, Wegele habe so-
wohl in der /weiten, als auch in der ersten Auflage der Reise nach IjOO
gesetzt. Das wahre Verhältnis ist, tlafs er in der dritten wieder zu der An-
sicht (Irr crstrn zurückkehrt, dafs er in beiden die Reise den Jahren der
Verbannung vorausgehen läfst: nur in der /.weilen setzt er die Pariser Stadien
WEGELE, DANTE ALIGHIERIS LEREN UND WERKE.' 465
glaube ich a. a. O. 249—252 gezeigt zu haben. Hier möchte ich jetzt nur
eine Seite des Problems noch einmal berühren. Der Herr P. Meyer hat
neulich in der Romania XI 616 meiner Widerlegung gedacht, und zwar in
einer Weise, dafs wohl Jedermann glauben mufs, ich hätte aus Parad. X 136
bis 138, wonach der berühmte Siger von Brabant in der Halmengasse zu
Paris mifsliebige Lehren vorgetragen, einen Schlufs auf die Reise selbst und
deren Zeit gezogen. Nichts hat mir ferner gelegen. Ich stütze den Pariser
Aufenthalt allein auf das wiederholte Zeugnis des Boccaccio.* Gegen Wegele
aber führe ich aus, dafs die angezogene Stelle des Paradieses keineswegs zu
der Annahme zwingt, Dante müsse zu Sigers Füfsen gesessen haben. Wegeies
weitere Argumentation war: „da Siger dem Dichter im Jahre 13CX) auf seiner
Wanderung durchs Jenseits begegnet, da er mithin vor 1300 gestorben ist,
so mufs auch der Pariser Aufenthalt Dantes in eine frühere Zeit gesetzt wer-
den, als in die der Verbannung." Mit der falschen Schlufsfolgerung aus den
angezogenen Versen des Paradieses, die alsdann ja die Voraussetzung für
Wegeies Zeitbestimmung wurde , fällt natürlich auch die letztere. Jetzt füge
ich hinzu , dafs Dante ganz unmöglich noch ein Schüler Sigers gewesen sein
kann. Denn wie ich erst nachträglich erfahren, hat Potvin im Bullet, de
Tacad, roy. de Belgique 2rae ser. tome XLV 330 — 348 gezeigt, dafs Siger sich
vor 1277 von der Universität Paris zurückgezogen hat; die letzte Nachricht
über ihn, deren Zeit feststeht, bezieht sich auf 1277: da wird Siger, nunmehr
Stiftsherr von St. Martin zu Lüttich , vom Ketzerrichter nach Saint Quentin
geladen. Was man von einer Pariser Lehrthätigkeit Sigers aus späteren
Jahren wissen wollte, betrifft den Siger von Courtrai, den man verkehrter
nach 1300. Auch will ich noch bemerken, dafs die Ausführungen, aufweiche
Wegele S. 96 verweist, welche ich aber nach S. 213 Anm. I vergebens ge-
sucht habe, sich S. 1 1 1 finden. Die Bedeutungslosigkeit derselben werde ich
ein andermal darthun.
* D. h. auf die beiden Auflagen der Vita di Dante, auf den Dante-
commentar und das Gedicht, das Boccaccio 1359 mit einem Codex der gött-
lichen Komödie an Petrarca schickte. Zu dem letzteren möchte ich hier einen
Nachtrag einschallen. S. 206 habe ich mit allen früheren Herausgebern und
Benutzern gelesen:
novisti forsan et ipse,
Traxerit ut iuvenem Phoebus per . . .
Aonios fontes. Parnassi culmen et antra
Julia, Pariseos demum extremosque Britannos.
Es ist offenbar zu lesen:
Parnassi culmen et antra,
jfuliam Pariseos demum extremosque Britannos,
Über Parnassi culmen et antra brauche ich nicht zu reden; für die Änderung
von jfulia in Juliam und für Pariseos als zugehörenden Genitiv verweise ich
auf den Brief Petrarcas an Zoilo in Opera ed. Basel p. 1350^, den Boccaccio
in den Geneal. deor. VII 29 benutzte :
quem Julia nostro
Tempore Parrisseos, studiorum tertia nutrix,
Suscipit.
Das Paris damals für eine Gründung des Cäsar gehalten wurde, wissen wir
auch aus Petrarchac De vins illust. cd. Razzolini II 32. Damit sind denn
die unverständlichen antra Julia beseitigt, und Alles ist in Ordnung.
ZeitKohr. f. rom. Phil. VII. 30
466 RBCENSIONEN UND ANZEIGEN. P. SCHBFFER-BOICHORST,
Weise mit Siger von Brabant identifiziert hat. Da nun unser Siger nach 1177
nicht wieder auf den Pariser Katheder zurückgekehrt ist, so muíste Dante
nach Wegeies Deutung der in Rede stehenden Verse als kleiner Knabe in
Paris studiert haben.
Doch ich verlasse die biographischen Momente von privater Natur, um
mich denen von politischer zuzuwenden. Gerade in dieser Beziehung hat die
dritte Auflage ihre wesentlichsten Änderungen erfahren. Die früheren Dar-
stellungen beruhten noch, wie Wegele in der Einleitung bemerkt, auf der Be-
nutzung der Chroniken der Malespini und des Dino Compagni. Da nun die
erstere als gefälscht, die letztere als unecht erkannt sei, da mithin gerade der
politische Teil einer gründlichen Revision bedurfl hatte, so wäre ihm der
Wunsch des Verlegers nach einer neuen Auflage doppelt willkommen ge-
wesen. Was aber das Werk Dinos betrifft, so betont er geflissentlich, dafs
er dasselbe nur (ur verfälscht ^ nicht für gefälscht halte, und man sollte
danach glauben, dafs er einen Versuch machen würde, den Waizen von der
Spreu zu sondern. Weit gefehlt; Wegele hat den Rotstift zur Hand ge-
nommen, um alles auf Dino Zurückgehende auszustreichen. Und nicht einmal
da hat er gerade besondere Sorgfalt angewandt. Z. B. S. 161 Anm. 2 der
zweiten Auflage waren für ein Unternehmen der Verbannten als Quellen an-
geführt: Dino und Villani \ in der dritten ist nun S. 179 Anm. i der Verweis
auf Dino gefallen ; aber was seiner Darstellung entlehnt war, was eben nnr
in ihr sich findet, nicht auch beim Villani, ist darum aus dem Texte keines-
wegs ausgemerzt. Wenn Dino III 10 z. B. schildert: // caído era grande, sì
che parea che Varia ardesse \ so lesen- wir bei Wegele: Die Sonne strahUe
glühend heifs, die Luft schien zu brennen. Einen anderen Fall bietet S.154:
da hören wir von drei Kollegen, welche mit Danten nach Rom geschickt
wären. Die Charakteristik derselben, die Wegele in der zweiten Auflage
S. f 34 nach Dino II 1 1 entworfen hatte, ist nun allerdings beseitigt ; aber die
drei Kollegen selbst sind geblieben, und ihre Existenz ist doch eben nnr durch
Dino bezeugt. S. 219 der zweiten Auflage heifst es von den Florentinern:
sie hatten überall in der Lombardei ihre Agenten t die mä Intrigue und
Gold die Abneigung gegen die Deutschen steigerten, den Widerstand gegen
sie möglich machten und erhielten. Die zugehörende Anmerkung verwies
auf Dino; das Citat ist nun in der dritten Auflage S. 237 gefallen, nicht
aber der angeführte Satz. S. 158 Anm. 2 der zweiten Auflage begründete
Wegele seine Behauptung, dafs im Jahre 1 304 die Verbannten einen Kardinal
als Vermittler angerufen hätten, mit einem Hinweis auf Dino: an dessen
Stelle ist nun S. 177 Anm. i Villani VIII 68 getreten, obwohl dersdbe
nichts derartiges meldet. Wo Wegele in der zweiten Auflage S. 153 Anm. I
und 2 wiederum Dino angeführt hatte, da nennt er nun S. 171 Anm. 3 und 4
das eine Mal Fraticelli Vita di Dante 156, das andere Troya II VeÜro
alleg. 1 3, der Text aber ist unverändert geblieben ; gleichwohl können
die beiden modernen Autoren auch nur auf Dino stützen.*
* S. 141 der zweiten Auflage hat Wegele mit den Worten: »Vide
den bei diesem schlimmen Handel grofs, die vorher unbekannt wamf
ziemlich getreue t)bersetzung aus Dino II 23 gegeben. Jetzt sagt er: »»Vide
wurden reich, die vordem arm gewesen waren, und arm, die reidi
WEGELE, DANTE ALIGHIERIS LEBEN UND WERKE. 467
Und wie gründlich hat Wcgele die Dino-Frage doch studiert! Was er
früher durch Dino und jetzt durch Troya belegt, dafs nämlich Scarpetta degli
Ordelaffì päpstlicher Vikar von Forlì gewesen sei, ist längst durch Wûstenfeld
in den Gott. Gel. Anz. 1875 S. 1571, 1572 als ein böser Anachronismus dar-
gethan ! Ein anderes Beispiel bieten Wegeies Anschauungen über die Art und
Weise, wie man damals zum Priorat gelangte. Dino hat darüber ganz Ver-
kehrtes berichtet: indem ich nun Dino in meinen Florentiner Studien S. 100
widerlegte, entwickelte ich zugleich das wahre Verfahren. Mit Dino kommt
freilich auch Wegele nicht überein; er hat sich eine apparte Ansicht ge-
bildet, und er ist — in einen groben Irrtum verfallen. Dafs er sich aber
mit meinen so einfachen Ausführungen gar nicht auseinandersetzt, beweist
wohl zur Genüge, wie obernächlich er die Dino-Frage studiert hat.
Ich gehe auf Wegeies Anschauungen ein, doch nicht wegen der Chronik
Dinos oder meiner Florentiner Studien; auf beide komme ich nicht wieder
zurück : die Sache an sich ist für die Geschichte Dantes von der höchsten
Bedeutung.
Am 15. Juni 1300 wurde Dante Prior, d. h. einer von den sechs Herren,
die bis zum 15. August regieren sollten. Es war in einem Augenblicke, da
der Staat nach Wegele sozusagen aus Rand und Band zu gehen drohte ; und
also wird man geneigt sein, aus der Würde, die Dante gerade jetzt empfing,
auf ein hohes Ansehen desselben zu schliefsen. Dagegen mahnt nun Wegele
S. 141, dem Faktum keine gröfsere Bedeutung zuzuschreiben. Man solle ja
nicht glauben, dafs dem Dichter mit der Berufung in die Regierung, wie
wichtig der Moment auch gewesen sei, ein ganz besonderes Vertrauensvotum
erteilt worden; denn sämtliche Prioren eines Jahres wurden im voraus ge-
wählt und teilten sich hernach dann durch das Loos in die sechs sweimonat'
liehen Amtsperioden. Statt Dantes hätte also, wenn der Zufall des Looses es
so gefügt, auch jeder Andere aus den Sechsunddreifsig, die zu Anfang des
Jahres gewählt worden wären, gerade in dieser kritischen Stunde den Sitz in
der Regierung erhalten können. So Wegele; ganz anders die beglaubigte
Geschichte. Das Äufserste der Demokratie, die Verlosung der Ämter, ist in
Florenz erst nach einem Menschenalter eingeführt worden; bir dahin wählte
man von zwei zu zwei Monaten und zwar nach einem Modus, der jedes mal
erst für den betreffenden Fall festgestellt wurde. Das aber ist keine Ent-
deckung, die erst heute gemacht wurde, es ist vielmehr eine Thatsache, die
von jeher feststand. Wegele hat die Verfassung von 1293, die für die Gre-
schichte Dantes von so eminenter Wichtigkeit ist, wohl nur rascher Hand
durchblättert, anders würde er dort, Archivio storico Ital. Nuova serie 1 43
und 44, folgende Bestimmung gelesen haben : unam diem ante exitum priorum,
qui pro tempore fuer int, — {capitaneus) in praesentia ipsorum dcminorum
priorum coram ipsis capitudinibus et sapientibus proponat et consilium petat,
quo modo et qua forma electio futurorum priorum artium, qui sint — pro
duobus mensibus tunc futuris, fieri et celebrari debeat, — IIU igitur
sex, qui secundum modum et formam, ut predicitur, proviäendam tunc eli»
waren". Das heifst, aus der einen Antithese, die Wegele nicht mehr durch
Dino verbürgt glaubte, frischweg zwei machen. Wie soll doch ein gewissen-
hafter Historiker solches Verfahren nennen?
30»
468 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. P. SCHEFFER-BOICHORST,
gentur» sint et esse deheatit — priores — />er duos wen sc s fune futuros.
— Sicque quolibet anuo, sin¿j^u¡is du ob us menstbus, predicto tempore
super electione priorum f adeuda, proponendo semper quo modo et forma in
ipsa electione procedendum sit, de cetera observetur. Dementsprechend haben
wir nun eine fortlaufende Reihe von Dokumenten, in welchen an betreffenden
Tagen der sechs Monate, die für den Amtswechsel bestimmt sind, der Eine
diesen, der Andere jenen Modus der vorzunehmenden Neuwahl empfiehlt. So
stimmt am 14. April 1301 kein Gerinj^erer als Dante selbst einem Vorschlafe
zu, den ein Ser Bind(ì (ìuicciardi für die Wahl der am 15. April eintretenden
und am 14. Juni wieder ausscheidenden Prioren der Versammlung gemacht
hat. Ks ist ein unendlich einfaches und klares Verhältnis. Wenn Wegele es
nicht gekannt hat, so wird man ihm den Vorwurf nicht ersparen können, dafs
er die hoch wichtige Verfassungsurkunde keines gründlichen Studiams ge-
würdigt hat. Es leuchtet aber auch ein, dafs er die Bedeutung von Dantes
IViorat, indem er dasselbe auf das Ix>os, nicht auf eine, eben für den Kall
getroiïcne Wahl zurückführt, gegen alle Gebühr herabdrückt.
Wie oberflächlich der Biograph Dantes seine Quellen benutzt hat, —
davon kann man sich gerade im Zusammenhang mit dem Wahlmodus noch
an einer anderen Stelle überzeugen.
Dante ist Prior. Die Parteien liegen im grimmigsten Hader, namentlich
um das Priorat. Da kommt der Kardinal Acquasparta, der den Frieden
wiederherstellen soll: am 27. Juni erhält er die Vollmacht, eine neue Ver-
fassung auszuarbeiten. Acquasparta entspricht dem Auftrage; aber nacn We-
gelc S. 142 wird sein Bemühen vereitelt, weil die Partei Dantes befürchtete,
dafs durch die Annahme der von ihm vorgeschlagenen Verfassungsänderung
heute oder morgen die (¡egner in den Besitz der Macht gelangen könnten.
Die Ablehnung erfolgte, wie Wegcle vermutet, unter l>esonderem Zuikun
Dantes. Da fragt denn Jeder, wefs' Inhaltes die Vorschläge des Kardinals
gewesen seien. Wenn etwas in eine Biographie Dantes hineingehort, so ist es
die Antwort auf diese Erage. Wegele spricht in einem Rätsel ; die Auflösung
giebt uns Villani VITI 40. Danach hat der Kardinal nämlich den Vorschlag
gemacht, dafs das Loos entscheiden soll, freilich in einer anderen Weise» als
es nach Wegcle schon seil 1293 üblich gewesen wäre, nämlich nur noch
demokratischer : die Namen aller Brauchbaren sollen in einen Beutel geworfen
und dann von zwei zu zwei Monaten sechs Namen herausgenommen werden;
wahrscheinlich sollen erst nach Ablauf von 3Ys Jahren die Beutel wieder
neu gefüllt werden.* Wenn nun Dante sich gegen einen solchen Modus
sträubt, bewegt ihn dann die blofse Furcht, dafs die Gegner das Heft in
Händen bekommen werden? Mit Recht hat Wegele den Dichter als bedeu-
lentlcn Staatsmann, als aristokratischen Geist gefeiert, — zwei Momente, welche
für die Ablehnung »Icr Vorschläge eine viel tiefere Erklärung nnd bessere
Rechtfertigung geben, als »lie Eurcht, dafs die Gegner einmal zur Herrschaft
gelangen ktmntcn. Die kommunistischen IMäne des Kardinals mnfsten aber
<1cm staatsmännischcn , aristokratischen Dante umso bedenklicher erscheinen,
als man in Florenz bis dahin an keinerlei Verhisung gewöhnt war, auch nicht
an die mildere Form derselben, <Uc nach Wegele schon seit 1293 bestanden
* Das würde Villanis rome In z'entura i^enisse besagen.
WEGELE, DANTE ALIGHIERIS LEHEN UND WERKE. 469
haben soll. Und so tritt Dantes Verhalten in eine ganz andere Beleuchtung:
seine Motive kann nur verkennen, wer in der Verlosung der Ämter eine auch
schon früher übliche Einrichtung erblickt und wer dann besonders die An-
gaben Villanis VIII 40 nicht scharf hervorhebt.
Gleichwohl soll Dante, wie Wegele sich ausdrückt, in einem entmutigten
Augenblick ein Gefühl von Reue über die Abweisung empfunden haben.
Denn in einem Briefe, von welchem Leonardo Bruni uns einen Auszug über-
liefert, habe er gemeint : AW mein Leiden und aW mein Ungemach nahm An-
fang und Ursache von der verhängnisvollen Geschäftsführung meines
Priorats. Verhängnisvolle Geschäftsführung- übersetzt Wegele und giebt
eben damit eine Begründung seiner Ansicht ; bei Leonardo lesen wir dagegen :
Tutti li mali e tutti gr inconvenienti miei dalli infausti comizi del mio
priorato ebbero cagione e principio. AVo aber bedeutet comizii : Geschäfts-
führung? Wie viele Lexika man auch nachschlagen mag, man findet überall
nur für comizio und comizii dieselbe Deutung, wie für das lateinische co-
mitium und comitia, comizio = comitium = Versammlungsort, und comizj =x
comitia = Versammlung.
Ich glaube nun nicht, dafs Wegele seiner ganz falschen Übersetzung noch
das Wort reden wird; vielleicht ist er jetzt der Ansicht, die infausti comizi
bedeuteten jene Versammlung, auf welcher die Vorschläge des Kardinals ab-
gelehnt wurden. Aber erstens pafst dann der Zusatz del mio priorato nicht;
denn da Acquasparta erst im Juni nach Florenz kam, da er gleich nach dem
Mifslingen seiner Vermittlungsversuche die Stadt verliefs, er laut dem glaub-
würdigen Zeugnis Paolino Picris aber „mehrere Monate" dort geweilt hatte,
so kann seine Zurückweisung schwerlich schon vor dem 15. August erfolgt
sein , d. h. vor dem Tage , an welchem Dante aus dem Priorate ausschied.
Zweitens ist nicht recht abzusehen, wie von einer Versammlung, die sich mit
der Auslosung der Ämter nicht befreunden mochte, Dantes ganzes Unglück
seinen Anfang nehmen konnte. Von dieser Stunde soll zwar nach Wegele
der Tiafs datieren, mit welchem Dante von seinen Gegnern verfolgt wurde.
Aber dafür fehlt jeder Beleg, und ich meinesteils verstehe nicht recht, wie die
Partei der Schwarzen, die doch nicht weniger nach Alleinherrschaft trachtete,
wegen der Ablehnung eines Modus, der bald ihnen und bald den Weifscn
das Übergewicht geben konnte, sich gerade besonders erhitzen sollte.*
Was für eine Versammlung gemeint sei, lehren die lateinischen Ana-
logien : comitia consolaria, praetoria, quaestoria etc. Priore selbst ist ein als
Substantiv gebrauchtes Adjekt, und comizj priori wäre eine ganz unzulässige,
auch unverständliche Verbindung gewesen; daher trat der Genetiv des Amtes
an die Stelle des sonst üblichen Adjektivs: wir erhalten also „die Ver-
* Man hat in die Zeit, während welcher Dante Prior war, die Ver-
sammlung von Santa Trinità gesetzt, d. h. jene Versammlung, auf welcher die
Schwarzen beschlossen, den Karl von Valois zu berufen. Aber abgesehen
davon, dafs schwerlich schon im Sommer 1300 an den französischen Prinzen,
als Refienten von Florenz, gedacht werden konnte, war die Versammlung von
Santa Trinità eine Parieiversammlung, die danach in dem Rahmen der Ver-
fassung keinen Platz hat; sie war eine ragunta, nicht aber comizi, und hat
zu Dantes Priorat, sofern sie weder von der Regierung berufen war, noch zu
deren Wahl führte, nicht den geringsten Bezug.
470 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. P. SCHEFFRR-BOICHORST,
Sammlung, welche zur Wahl Dantes führte".* Dafs dieselbe eine stürmische
war und die gröfstc Unzufriedenheit bei den Gegnern erregte, hat Dante in
der hinzugefügten Rechtfertigung angedeutet: von Seiten meiner Jahre und
Treue war ich des Amtes nicht unwürdig, wenn ich auch in Hinsicht der
Klugheit desselben nicht würdig war. D. h. aus staatsmännischen Erwägungen
mochte man gegen mich sein, während ich die von der Verfassung vor>
geschriebenen Bedingungen erfüllte.
Indem ich comizj del priorato meo auf die zur Wahl führende Ver-
sammlung beziehe, schliefsc ich mich aber einfach älteren Forschem an.
Vielleicht allzu kurz hat noch im Jiihre 1869 Scartazzini übersetzt: „meine
unselige Wahl zum Priorat"'-'; und wenn ich auch nicht fmde, dafs man die
Deutung durch die Heranziehung des lateinischen Sprachgebrauches aus-
drücklich gerechtfertigt hätte, — bcwufst oder unbewufst, hat man sich von
diesem leiten lassen. Weshalb Wegclc im Gegensatze zu seinen Vorgängern
von einer „unseligen Geschäftsführung" redet, hätte er doch wenigstens mit
einem Worte erklären sollen. Wenn man etwas besser zu wissen glaubt, als
Frühere, soll man es sagen: das ist nicht unbescheiden, sondern schützt den
Leser vor Verlegenheiten. Aber wahrscheinlich hat Wegclc sich auf den Irr-
weg begeben, ohne gleichsam auf die Warnungstafel, die ihm in der richtigen
Deutung Anderer vor Augen gestellt war, irgendwie Acht zu haben.
So gewinnt Dantes Wahl, wenn man noch hinzunimmt, dafs Wegclc
vom Wahlverfahrcn ein ganz falsches Bild entworfen hat, eine durchaus andere
Bedeutung, als aus der Darstellung in „Alighieris I^ben und Werke" auch
nur zu ahnen ist. Dafs ein wichtiges Ereignis, welches zur Zeit des Priorats
wenigstens sich vorbereitete, durch Wegele gleichfalls nicht die richtige Wür-
digung erfahren hat, wurde schon gezeigt: es erübrigt jetzt noch der Beweis,
dafs Wegele eine andere Begebenheit nicht blofs verdunkelte, sondern unge-
höriger Weise aus dem Priorato Dantes strich.
Es handelt sich um die Verbannung von Parteiführern. Nach Wegele
S. T47 Anm. 2 erfolgte dieselbe, als „Dante nicht mehr im Amte, und so
wird leider die Biographic des Dichters um einen charakteristischen Zng
ärmer. Uns kommt es aber auf möglichste Sicherheit und kritische Fest-
stellung der Thatsachen an." Man höre! Leonardo Bruni erzählt, dafs die
Verbannung von Weifscn, wie Schwarzen, diede grave^ta assai a Dante,
Aber der Angeschuldigte: si scusi come uomo senza parte. Nun werden die
Weifsen zuriickberufcn, und auch deswegen werden Dante Vorwurfe gemacht.
A questo risponde Dante, che quando quelli — furono rivocati, esso era fuòri
deW uficio del priorato. Wer die offenbar einem Briefe Dantes entnommenen
Worte ernstlich prüft , kann wohl nur folgern : Ein Gegner hat Dante bc-
* Zu comizi del priorato meo vergleiche man etwa Cicero Ad Attic I IO, 6
de meis comitiis\ I 4, I Quinti f rat ris comitia.
' Das ist zugleich einer der wenigen, die Geschichte betreffenden Punkte*
in denen Scartazzini von AVegele abweicht: gleich auf der folgenden Seite
stellt er das Wahlverfahrcn ganz nach Wegele dar. Dazu stimmt, dafs er
im Lileralurbl. f. germ. u. roni. Philol. 1880 S. 74 von den weügesekicktUcheu
Abschnitten sagt, sie seien ganz ausgezeichnet und ständen durchaus auf der
Hi^he der Zeit. So aber behauptet er mit Rücksicht noch anf die 3. Auf-
lage, die er nach allen anderen Richtungen scharf verurteilt.
WEGELË, DANTE ALIGH1£K1S LEBEN UND WERKE. 47 1
schuldigt, mit seinen Kollegen, den anderen Pnoren, die Führer der Schwar-
zen verbannt zu haben ; und ebenso wird er wegen Zurückberufung der Weifsen
zur Rede gestellt. Darauf antwortet Dante: „dak ich an der Verbannung
der Schwarzen beteiligt war, hat seine Richtigkeit, aber ich handelte als
uomo senza parte: ich stimmte auch für die Austreibung der Weifsen. An
der Zurückberufung der Letzteren habe ich dagegen keinen Teil, denn zur
Zeit, als sie erfolgte, war ich nicht mehr Prior.'* Also war Dante doch einer
jener Prioren, welche die Verbannung beschlossen.
Fast zum Überflufs haben wir nun jüngst noch ein präzises Datum er-
halten. In der kleinen, aber wertvollen Chronik von Florenz, die O. Hartwig
zum 80. Geburtstage K. Wittes herausgab, lesen wir Folgendes: E del mese
di giungio si fecie chatuna parte grande rannata ; e V chomune veggiendo
ciò si si fornirò di gente e mandoe a* chonßni V una parte e V altra per lo
meglio di Firenze. E andorone il dì di San Giovanni detto mese.
Nun ist das Verhältnis so: am 15. Juni ist Dante ins Priorat eingetreten;
seine und seiner Kollegen Wahl mufs eine sehr stürmische gewesen sein ; die
Aufregung dauert auch nach derselben fort; da verbannen die Prioren am
25. Juni die Rädelsführer beider Parteien , und am 27. erhält der Kardinal
Acquasparta den Auftrag, Vorschläge zur Befriedigung der Stadt auszuarbeiten.
Mehrere Monate vergehen darüber, und die Auslosung der Amter, die er dann
empfiehlt, findet keinen genügenden Beifall. Wenngleich nicht mehr Prior,
wird Dante aus staatsmännischer Überlegung und aristokratischer Überzeugung
dagegen angekämpft haben. Aber nicht daher „nahm air sein Leiden und
all' sein Ungemach Anfang und Ursache", sondern aus der Versammlung, in
welcher er zum Prior gewählt wurde.
Das Priorat Dantes erhält, wenn ich so sagen darf, ein ganz anderes
Aussehen, als Wegele ihm gegeben. Beginnend mit der Art und Weise, wie
Dante zum Priorat gelangte, begeht Wegele Fehler auf Fehler: er hat die
Bedeutung und das Ineinandergreifen der Dinge verkannt. Das aber geschah,
weil er die Quellen nicht gründlich studierte.
Ich wende mich zu Einzelheiten aus der bewegten Zeit 1300 — 1302.
S. 1 45 lesen wir : Die nächsten Monate nach Dantes Amtsführung verliefen
ohne auf serordentliche Vorkommnisse, Und doch setzt Wegele einige Zeilen
weiter eben in diese Zeit, in den Herbst, die Versammlung von Santa Trinità,
auf welcher die Berufung des Karl von Valois beschlossen wurde, und die
Verbannung der Parteiführer! — S. 152: Sie hatten jene Schritte gethan,
um von Interdikt und Bann, die der Kardinal, als er erzürnt Florenz ver»
lief s, über die Stadt ausgesprochen hatte, befreit zu werden. Von einem ein-
zigen Schritte, den die Florentiner zu dem bezeichneten Zwecke thaten, habe
ich in meinen Florent. Stud. 1 32 Anm. I auf Grund einer Bologneser Urkunde
berichtet. Nicht einmal dieses einen Schrittes hat Wegele auch nur mit einem
Worte gedacht, und nun verweist er den armen Leser auf „jene Schritte" ! —
S. 154 Anm. I spricht er über einen Ratsbeschlufs vom 26. März 1302 und
eine zugefügte Randglosse. Der Beschlufs sagt, dafs dem Karl von Valois Hilfe
gegen Sicilien gebracht werden solle ; nach der Glosse hätte Dante wider-
sprochen, und wie in dem ihm gemachten Prozesse zu lesen sei, wäre er eben
deshalb verbannt worden. Wegele führt nun aus, dafs Dante am 26. März 1302
nicht mehr in Florenz war; er ändert 1302 in 1301. Die Berücksichtigung
472 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. P. SCHRFFER-HOICHOKSI,
der That sache, tin/ s die Florentiner das Jahr tnit dem 25. März beci^iniien,
vennutet er, dürfte vieileicht den scheinbaren Widerspruch am Einfachsten
lösen. Man soll also das alte Jahr der Florentiner um ¿wei Tai^e weiter-
gezahlt haben. Dann würde aber der 26. März 1302 der Florentiner Zeit*
rechnunp; nicht den 26. März 1301 der unsrigen bedeuten, sondern den
26. März 1303! Umsomehr bleibt F 302, als dazu auch die 15. Indiktinn stimmi.
Wegele majj einmal bis zur vierten Auflaj^e über eine andere Lösung nach-
sinnen. — S. 155 trifft Dante, als Gesandter seiner Vatersiandt, vor Anfangs
Oktober 1301 nicht in Rom ein. S. 160 ereilt den noch in Rom :,urück-
¿gehaltenen Dante die Kunde seiner am 27. Januar 1302 ausgesprochenen
Verbannung, und nach S. 163 hat derselbe Dante bei der ersten Kunde, Karl
von Valois sei am i. November 1301 in Florenz aufgenommen worden, die
ewige Stadt verlassen. Der Widerspruch zwischen S. 160 und S. 163 ist zu
krafs, als dafs er einer Erläuterung bedürfte. Auf S. 155, auf den Oktober
1301, als auf den frühesten 'i'ermin für Dantes Ankunft in Rom, h.ibe ich
al)er deshalb verwiesen, weil I^onardo Bruni erzählt: — la cacciata seguitò
di tutta la parte bianca. - Dante in questo tempo — era a Roma, mandato
poco avanti ambasciadore al papa. Die Massen Verbannung erfolgte April
1302, imd danach hat wenigstens Bruni noch eine andere Meinung ül>er die
Zeit der Gesandtschaft, als Wegele. Weit entfernt, sich mit ihm auseinan«U'r
zu setzen, führt Wegele für die Mission sein Zeugnis überhaupt nicht an:
S. 154 bedauert er, dafs aufser Boccacci»» die übrigen Zeit ¡^e nassen i^!) über
diese Gesandtschaft auffilli^^er ITeise überhaupt schioei^^en. — S. 159 hcifst
es: Alle Weif sen ivurden vor Karl von Vtilois geladen und diejenigen, die
erschienen, aus der Stadt an die Grenze der Landschaft venciesen; die iich
nicht stellten , und das war die Mehrzahl , als Rebellen und Verräter 7-er'
urteilt und ihre (riiter einq-ezo^en, sie selbst, wenn man ihrer habhaft ivurde,
verhaftet und nur ¿^e^^t-n hohcA Lose¿'^eld wieder freii^'^Cj^eben. Das sei alicr
dem I'apsie zuviel geworden, und so habe er am 2. Dezember 1301, um Karl
von Valois zu überwachen , einen Kardinal nach Floren« geschickt. Man
sollte danach meinen, die ganze l'artei der Weifsen sei schon vor Dezember
1301 aus der Heimat vertrieben oder ins Gefängnis gcspcnt worden. Und so
liest man denn S. if)2 zu nicht geringem Erstaunen, dafs die Schwarzen erst
lu Anfang 1302 den Valois gegen die Weifsen gehetzt hätten, und nnn Ter-
Heften Alle, die vermi'ire ihrer Stellunji/- zu fürchten hatten, die Staat, Daf»
die Weifsen im April 1302 in> Exil wanderten, ist eine bckanute Sache; —
um den stimlerbarcn Widersjiruch von S. 159 zu S. 162 zu erklären, wird
man nach der Ouclle für die frühere Verbannung und Bestrafung suchen. Da
hndei man denn: l'Ulani I.e. -- /Veri Paolino. — Perrens i, c, pàssim. Oie
beiilen zuerst Genannten geben keine Auskunft, W(ihl aber T'crrens Hist, de
Florence III 57; und deslíen Er/ählung hat Wegele nun einfach übersetzt, nur
macht er au> Perrcn^' tou.< les chefò Ji'ancs kurzer Hand alle Weifsen and
giebi Prix d\ir^etf! durch hohe< LWej^eld wit-der. Die Hauptsache sind di£
Häupter der ¡l'eif-en, und ¿a nur sie im November 1301 verbannt oder
eini^O'.perri sein sollen, ^o bleibt ja für die Ausweisung von 1302 noch
immer eine L:enü^cnde Ma-^'^e übri^:. Die Ouelle i«.t also ebenso verstind-
licii, wenn ich s<> >;,ij^en tiarf, wie die Ableitung unklar und verwirrt. Doch
worauf stützt sich Wegelos Gewährsmann? Der Franzose nennt III 57 Aiim.6:
WEGELE, DANTE ALIGHIERIS LEBEN UND WERKE. 473
Istorie Pistoiesi in Rer. Ital. Scr. XI y]^. — Pi¿^notti Storia di Toscana I II 20^^
d.h. eine Chronik, die erst mit 1348 endet, und eine moderne Bearbeitung.
Was Pignotti angeht, so verallgemeinert er Angaben Dino Compagnis
II 25 ; seine Schilderung übernahm Perrens*, von welchem dann Wegele
wenigstens einen Teil entlehnte. Die hier vornehmlich in Betracht kommenden
Nachrichten gehen auf die Istorie Pistoiesi zurück. Und nun ist es merk-
würdig: in der Pistojeser Quelle lesen wir, dafs schon im November 1301
die Häupter der Weifsen vor den Richterstuhl geladen, dafs die Erschienenen
verbannt, die Ausgebliebenen als Rebellen und Verräter behandelt worden
seien. Die Florentiner dagegen setzen dieses Verfahren in den April 1302.
Dafs beide Angaben sich ausschlicfsen , liegt auf der Hand, und jeder an-
gehende Seminarist weifs auch, wofür er sich zu entscheiden hat. Und doch
— mufs ich gleich hinzufügen, — Hegt in der Erzählung des Pistojesen ein
Körnchen Wahrheit. Nur ist es nicht Karl von Valois, der schon im No-
vember 1301 Austreibungen vorgenommen hat, nur geschehen diese selbst
nicht in einem, wenn auch gewalthätigen, so doch den Schein des Rechtes wah-
renden Prozefsverfahren : vielmehr hat Corso Donati, der Catilina von Florenz,
der unter dem Schutz Karls am 5. November in Florenz einbrach, der dann
mit seinem Gesellen raubte und brannte, auch viele Bürger zur Stadt hinaus-
getrieben.*
Ich komme zu den Jahren der Verbannung ; und da wüfste ich bis zum
Römerzuge Heinrichs VII. Nichts, was für die Geschichte Dantes wichtiger
wäre, als eine Antwort auf die Frage : Wann hat Dante sich von den Ge-
sinnungs- und Schicksals -Genossen losgesagt, wann ist er Partei für sich
selbst geworden? Nach Wegele S. 187 wäre die Trennung im Juni 1307 noch
nicht erfolgt, denn damals hätte Dante an einer Versammlung seiner Partei
in der Abteikirche San Godenzo im Mugello teilgenommen : im Interesse der
Forlsetzung des Krieges gegen Florenz hätte man eben einen Vertrag mit
den Ubaldini abgeschlossen. Nun ist leider das Jahresdatum der betreffenden
Urkunde ganz verschwunden. Schon im Jahre 1748 hat es der erste Heraus-
geber nicht mehr entziffern können ; dann aber kam ein Druck in den Delizie
degli erud. Toscan. X 102, der das Jahr 1307 trug, und ihm folgte Pelli
Mem. p. servire alla vita di Dante ed. II* 117. Zu diesem Jahre, behauptet
nun Fraticelli Vita di Dante 196, sci man aus keinem anderen Grund gelangt,
als weil Jemand im vorigen Jahrhundert an den Rand der Protokolle , von
denen unsere Urkunde ein Bestandteil ist, dal 1307 al 1308 gesetzt habe.
Wegele geht darüber hinweg; er erklärt sich einfach fur 1307 und zwar in
einer Weise, dafs man glauben könnte, es seien für dieses Jahr doch schwer-
wiegende Gründe geltend gemacht. Sich auf eine Untersuchung einzulassen,
* Das Beisjnel zeigt zugleich, wie obertlächlich der Franzose zu Werke
gegangen ist. Ich billige ganz das Urteil in der Hist. Ztschr. XXXIX 556
l)is 562, und kann es nicht gerade für ein Zeichen von besonderer Kenntnis
otler Einsicht gelten lassen, dafs Wegele sich „bei dem Geschäfte der Reini-
gung" der Führung von Perrens anvertraut hat. Vgl. die Vorrede S. VIII.
-^ — cacciorno molti cittadini. Anon. Fiorent. ed. Fanfani II 326. Dazu
stimmt Dino Comp. II 23 : cacciarono molti cittadini. Ich bemerke noch, dafs
diese früher von mir übersehene Kongruenz meinen Ausführungen S. 78 dieses
Bandes eine neue Stütze verleiht.
474 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. P. SCHEFFEK-BOICHORST,
erscheint ihm ^an¿ übcrílüssi^ ; und doch - - wenn Wegele sich nur die kleine
Mühe gegeben hätte, Villani Vili 86 einzusehen, wenn er damit den von ihm
selbst skizzierten Inhalt der Urkunde verglichen hätte, so wurde er schnell
die Unhaltbarkcit von 1307 erkannt haben. S. 187 Anm. 2 hat Wegele den
Vertrag in folgender Weise zusammen gefafst: Die Uhaldini räumten nämlich
ihre Venite Montaccianico behufs der Krieg sfiihrung gegen Florenz ein und
lief sen sich eventuelle Schadloshaltung zusichern.^ Das wäre also am 8. Juni
1307 gewesen. Dagegen erzählt Villani a. a. O., im August 1306 hätten die
Florentiner Montaccianico so zerstört, che non vi rimase casa né pietra sopra
pietra; dann ergreifen sie Mafsrcgeln, acciochè Montaccianico mai non si po^
tesse riporre. Gleichwohl wäre Montaccianico, wie Wegele behauptet, noch
im Jahre 1 307 ein geeigneter Stützpunkt für eine neue Bekriegung der Floren-
tiner gewesen. Noch in einer anderen Beweisführung ergiebt sich die Un-
möglichkeit des Jahres 1 307. Die Verbannten schliefsen nämlich den Vertrag
mit Ugolino di Feliccione degli Ubaldini, und schon in einer Urkunde vom
17. Oktober 1306 begegnet uns ein Gcrio, Sohn weiland des Ugolino di Fe-
liccione degli Ubaldini. Delizie 1. e. X149. Danach ist der Juni 1307 ganz
unhaltbar; Wegele hat es an dem nötigsten Studium der Chroniken und Ur-
kunden fehlen lassen; — wenn seine italienischen Vorgänger es nicht besser
gemacht haben, so mag ein Kompilator darin seine Entschuldigung finden,
nicht ein Forscher. Doch in welches Jahr gehört die Urkunde? Im Mai 1306,
im März 1303, im Juni 1302, in all* diesen Monaten begann Florenz einen
Krieg gegen die vom Mugello aus drohenden Feinde; und da San Godenzo
eben im Mugello liegt, so könnte Dante mit den Seinigen im Juni eines jeden
dieser Jahre dort gewesen sein. Doch um nicht lange die gegen 1304 und
1306 sprechenden Gründe zu erörtern, so will ich nur diese beiden Thai-
sachcn hervorheben : am 8. Juni des betreiTenden Jahres ist Dante im Gefolge
der Cerchi, der Ubertini von Val d'Arno, eines Pazzi, der Ubertini von Ga-
ville eben in San Godcnzo, und am 21. Juli 1302 verurteilt der Podestà von
Florenz gewisse Herreu von Sammaria, weil sie rompono 1 confini e si tro^
vono a Godenzo co" i Cerchi, libertini e Pazzi di Valdarno, Ubertini di Ga»
ville. Soviel wufsten wir längst aus Delizie X 102 ; und nun haben wir jflng»t
von Del Lungo noch einen reicheren Auszug des Urteilspniches erhalten;
danach sind die Verurteilten mit den anderen Genannten gerade auch im Juni
1302 in San Godenzo zusammengekommen. Das letztere Datum, den be-
stimmten Monat, konnte Wegele noch nicht kennen, - - die übrigen Momente
genügen, um sein Werk als leichte Waare zu kennzeichnen.
Die weitere Untersuchung, wann Dante nun für sich selbst Partei ge-
worden sei , überlasse ich einer etwa noch erscheinenden Auflage des We-
gelcschcn Buches; genug, dafs Wegele seine These: Fortan, d.h. nach dem
Juni 1307, trennte er sich von den Genossen, nicht bewiesen hat, anch gar
nicht beweisen konnte, weil sie eben ganz verkehrt ist. Und wie ihm die
* Wenn ich auch gegen die Fassung des Kegests nichts einwenden will,
so soll damit keineswegs gesagt sein, dafs Wegele nun doch wenigstens diese
Urkunde recht gründlich stucliert habe. Im Gegenteil; S. 187 Anm. l be-
hauptet er, Dante erscheine mit dem Cerchi und vielen Anderen als Zeuge-
Unter den Zeugen erscheint er nun eben nicht ; er geht vielmehr mit den
('erchi u. ». w. in Bürgschaft.
WEGELE, DANTE ALIGHIERIS LEBEN UND WERKE. 475
Fixierung des entscheidenden Wendepunktes mifslungen ist, so in dem ganzen,
bis zum Römerzuge reichenden Abschnitt noch gar Manches. „Mifslungen"
ist ein sehr mildes Wort ; Wegele selbst trägt die Schuld , für welche ich
überdies nirgends einen Milderungsgrund sehe. Z. B. S. 170 erzählt er, Dante
sei mit seinen Parteigenossen etwa gegen Ende 1302 nach Forlì gekommen;
Scarpetta degli Ordclafñ habe den Oberbefehl übernommen ; da es ihm aber an
Truppen gefehlt, so habe er den Bartholomeo della Scala, den Herrn von Verona,
um Hilfe gebeten; er schickte eine Gesandtschaft an denselben; und an ihre
Spitze stellte er Dante, d^n er schon vorher, wird berichtet» zu seinem Geheim^
Schreiber erkoren hatte. Diese Gesandtschaft» fügt Wegele hinzu, ist ein wich"
tiger Moment in Dantes Leben, und danach darf man denn erwarten, dafs Wegele
Nichts versäumte, dem Leser zu eigener Prüfung, wenn es deren bedürfe,
das kritisch gesichtete Material an die Hand zu geben. Nun fìnden wir S. 172
Anm. 2 als Quelle genannt: Leon. Bruni l. c. p. 56. Ich weifs leider nicht
in welcher Ausgabe Wegele Leonardos Dantebiographie benutzt hat, — in
den von mir eingesehenen Drucken fìndet sich nichts Derartiges. Um zu-
nächst von Dante als Geheimschreiber zu handeln, so berichtet der Forlivese
Biondo um die Mitte des 15. Jahrhunderts, dafs Dante im Jahie 1310 von
Forlì aus einen Brief an Cangrande gerichtet habe: Biondo will das Schrei-
ben noch in einer Kopie des Peregrino Calvi gesehen haben.* Zum Jahre
1303 sagt derselbe Geschichtsschreiber, es gäbe zu Forlì mehrere Briefe des
Peregrino Calvi, Scarpettde epistolarum magistri; und darin sei Dantes, a
quo dictabantur, öfter Erwähnung geschehen.* Diese Notizen sind nun die
Veranlassung geworden , Danten zu Scarpettas Geheimschreiber zu machen.
Zuerst that es in der zweiten Hälfte des 1 7. Jahrhunderts P. Bonoli Storia
di Forlì 1 66 1 p. 123, 124. Das hätte Wegele dem Leser entwickeln müssen;
ihm die Autorität Leonardos vorzuführen, anstatt eines zweifelhaften Schlusses,
der von einem Autor viel späterer Zeit herrührt, ist eitel Blendwerk.
Was dann die Hauptsache angeht, die Gesandtschaft und die sich an-
schliefsenden kriegerischen Unternehmungen des Jahres 1303, so bemerkt
Biondo, dafs (Carolo Valesio ad Bonifacium reverso) multa sunt secuta,
quae Dantis Aldegerii poetae Florentini verbis dictata certioris notitiae sunt,
quam a Villano Ptolmeoque Luccensi referri videamus. Ich sehe nicht, wo-
durch man das „Dictât" als unecht verdächtigen könnte, denn dafs Dante
hier an Cangrande della Scala geschickt wird , anstatt an Bartholomeo , den
damals regierenden Herrn von Verona, ist ein leicht zu erklärendes Versehen :
wie schon erwähnt, sah Biondo auch die Abschrift eines Briefes, den Dante
im Jahre 13 10 an Cangrande richtete, und damals war dieser ja Herr von
Verona ; die Annahme aber, der Name könne aus dem späteren Schreiben in
das frühere „Dictât" übertragen sein, ist nicht zu gewagt.^ Jedenfalls haben
wir hier die einzige Notiz von Dantes Sendung nach Verona. An sie glaubt
< Fl. Blondi Hisoriar. ab inclin. Romanor. lib. XXXI ed. Basel 1531,
P. 342.
'^ 1. c. 338. Beide Schriftstücke sind z. B. von Troya und Fraticelli an-
gclührt, d. h. von Autoren, deren Werke Wegele benutzte.
^ Et Canisgrandis Scali fer, Veronae tunc primum dominio potitus.
Auch Letzteres müfste ein willkürlicher Zusatz Blondos sein, denn es würde
ebenso wenig auf den seit 1301 regierenden Bartholomeo passen.
476 RPXENSIONEN UND ANZEIGEN. 1'. SCHEKFEK-HOICHORST,
Wejîçle. \Vcshi\ll) nicht auch an das Andere, was auf das „Dictât" /.urück-
ßcht? Danach hat z.B. der Scaliger die Hilfe genehmigt*, danach nimmt
auch der hier hoch }^'efeierte Uguccione della Faggiuola an dem nun l>eginncn-
den, zweiten Feldzuge ins Mugello Teil. Wenn aber über all* diese Dinge
das „Dictât" Dantes sich verbreitete, dann wird er wohl den Krieg selbst
mitgemacht haben. Wegele behauptet einfach, Dante sei bis 1304 in Verona
geblieben : wie es nach seiner Darstellung scheint , gilt für den ganz un-
gewöhnlichen Mcnsclien Dante eben nicht die gewöhnliche Regel, dafs man
zu der Partei, als deren Bote man gegangen, sofort nach Erledigung der
Mission zurückkehrt , um an den weiteren Unternehmungen der Freunde
teilzunehmen.
Wenngleich unter der Firma des Leonardo Bruni, so hat Wegele die
eine der beiden Notizen , die wir Biondo verdanken , doch wenigstens zum
Teile benutzt; die andere hat vor seinen Augen gar keine Gnade gefunden.
Danach hätte Heinrich VH. — aus Villani ergänze ich: am 3. Juli 1310 — in
Florenz verkünden lassen : a) er würde mit einer unzähligen Streitmacht kom-
men, b) er verlange Aufnahme in Florenz, c) die Florentiner sollten von der
Befeindung ihrer Nachbaren ablassen, namentlich der Aretiner. Dann Iieifst
es wörtlich : Dantes Aldt'¿''erius, Forolivii tunc a/i'cns, in epistola ad Canem-
i^randcm Scalii^crum^ Veronensem, partis albae extorrum (fautoretn), et suo
nomine data ^ quam Pere^^rittus Cahus scripta m reliquit, taita äicit de re-
sponsione supradictae expositionis» per quae temcritatis et petuhintiae ac cae*
citatis sedentes ad clavum notât, adeo ut Benventus Imoiensis, quem Pere-
¿^rini scripta legisse crediderim . Dantem asserat hinc coepisse I*iorcHtinos
epithet o caecos appella ri.^ Jedenfalls ist es Thatsache, dafs Dante die tlurcn-
rentiner blind genannt hat.^ Wenn ich auch sonst keine Bestätigung für den
Brief erbringen kann, - ich wüfste auch nicht, was man gegen die Echtheit
einwenden könnte. Sollte aber Wegele Gründe gehabt haben, die.sc Korrc-
s)Hindenz von seiner Darstellung auszuschliefsen , so hätte er in den Anmer-
kungen sich erklären müssen. Es ist wohl nicht zu gewagt, sein Schvreigen
auf Unkenntnis der obigen Überlieferung zurückzuführen.*
Der Zeit des Könierzuges würde der Brief an (Sangrando vorausgegangen
sein ; ihr ^cl)>^t gehört ein Sihreiben an , von welchem uns Leonardo Bruni
Kunde gicbi, leider wieder nicht Wegele.'* lieinrich VIL war gegen Florenz
jusgc/ogcn. Wozu Dante in seinem bekannten Briefe gedrängt hatte, das ¥rar
nun endlich ins Werk gesetzt worden. Aber Dante non vi voi/e essere, se-
condo lui scrive , contuttoché confortatore fusse stato di sua venuta. Über
' . . aux ilium equitum peditumque concessit. Dennoch behauptet We-
gele : Wir icissen zicar von dem Erfol¡^e der Ixi^ation nichts Sicheres, Wenn
wir alu-r ül)erhaupl von der Legation etwas Sicheres wissen, dann auch von
dem iMfolgr. Aus einem ik'vichte dieses entnehmen und jenes ohne Beweis-
liilirung in Al)rcde stellen, ist keinem Historiker gestattet.
-^ Den Beleg tlafür habe ich in Hcnvenutos C!!ommentar umsonst gesucht.
-' Vecchia ftinia nel mondo li chiama orbi. Inf. XV 67, — c^cci estis.
Fp. VI ap. (ìiidiani Opere lai. di Dante li 20.
■' S'ì /war d.if«N Wegele ihm vorliegende Werke in ungenügendster Weise
bcnu!/l«.'. V;,'!. S. J75; Anni. 2.
•'• Dafür plauileri Wegele denn gerade in diesem Paragraphen über alle
íno¿;liclieii Dinj^e, die nur eben zu Dante keinen Bezug haben.
WEGELE, DANTE AMGHIERIS LEBEN UND WERKE. 477
die Bedeutung dieser seiner Äufserung brauche ich nicht zu reden. Ich be-
tone hier nur, dafs Leonardo gar manchen Brief Dantes noch sah, der uns
heute verloren ist. S. 143 hat Wegele den Auszug eines solchen, wie wir ihn
eben dem Aretiner verdanken, denn auch ohne Argwohn verwertet. Weshalb
nimmt er nun von dessen Mitteilung aber auch nicht die geringste Notiz?
Wie ich glaube aus dem einfachen Grunde, weil er*s hier gerade so machte,
wie meistens : er hat in viele der einschlagenden Quellen einen Blick geworfen,
aber nicht eine jede studiert.
Einer weiteren Nachprüfung wird es nicht bedürfen. Ich wende mich
zur Darstellung, Gliederung und Sprache.
Wie der Forschung Eindringlichkeit , fehlt der Darstellung Anschau-
lichkeit. Nicht einmal ein abgerundetes Bild von dem Dichter selbst wird
uns vorgeführt; die einzelnen Züge seines Charakters und Wesens sind durch
das Buch verzettelt. Auch von dem Staate der Florentiner, in dem Dante
doch lebte, dessen Gestaltung sein ganzes Leben bestimmte, enthält man kaum
eine oberflächliche Skizze. Die Menschen, die mit unserem Dichter ver-
kehrten , sind nur Schemen , während doch das Material genügt , ihnen Aus-
druck und Wärme zu verleihen.^
Die Gliederung ist meist chronologisch. Nur selten ist die jahrbuch-
artige Erzählung unterbrochen. Zuweilen geschieht es in recht wunderlicher
Weise. So etwa S. 193. Da benutzt Wegele „die Zeit, die zwischen der
Anmeldung und der Ankunft des Königs liegt", um Dantes Convivio „näher
zu betrachten". So auch S. 95. Die Staatsumwälzung von 1293 ^^^ ^^ sehr
dürftiger Darstellung gekommen. Unmittelbar darauf folgt eine Untersuchung,
in welcher Wegele wahrscheinlich machen will, dafs Dante zwischen 1284
und 1288 in Paris studiert habe.
An Blüthen der Sprache, die nicht lieblich duften, ist kein Mangel. Ich
beschränke mich auf einige, allerdings ungewöhnlich arge Proben. S. 58
werden Schranken entwurzelt. S. loi heifst es von Corso Donati: Also
auch in diesem Falle ^ fl o/s sein Verdienst aus dem Bronnen seiner gewalt"
fhätigen, unbändigen Natur. S. 118 quellen Gedichte ^ die in den Bronnen
der Mystik getaucht sind, aus dem Born des Gemüthes heraus, S. 174:
Er nahm ein schlimmes Ende und alle seine grofsen Entwürfe unverwirh-
licht ins Grab. S. 200: wenn wir auch selbst zugeben, dafs Dante eine
Zeit gehabt habe, in welcher er sich der grübelnden Spekulation hingegeben.
* Wo Wegele einmal einen Anlauf nimmt, uns in Zeit und Zustände zu
versetzen, geschieht es mit wenig Glück. Geradezu komisch erscheinen die
Ausführungen S. 88, 89, wenn man die benutzte Quelle damit vergleicht. Der
Klerus zog den Siegern in feierlicher Prozession entgegen ; das jubelnde Volk
mit wellenden Fahnen und den Abzeichen der Zünfte; der Feldhauptfnann
und der Podestà der Stadt wurden unter Baldachinen von den reichsten
Stoffen Ton Bittern ¿'■¿fragen. So lebte man damals. Die Emphase bezieht
sich natürlich nicht auf den festlichen Empfang, denn in ihm ist nichts Be-
zeichnendes, sondern auf das ja allerdings sonderbare Schauspiel, dafs Feld-
hauptmann und Podestà, zwei schwer gepanzerte Männer, von Rittern ge-
tragen sein sollen. Schlägt man Villani VIII 132 nach, so ñndet man natür-
lich, dafs die Baldachine gelragen wurden, nicht aber Feldhauptmann und
Podestà.
'^ Ein anderer Fall ist übrigens nicht vorgeführt worden.
47 8 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. P. SCHEFFER-BOICHORST,
so können wir an/^'t'sic/ifs Jes ge ¡^ebenen Falles u. s., w. S. 227: ein Kar»
dinailegat, der ihm zur Seite stehen, seine Schritte aber auch unzweifelhaft
kontrollieren sollte, wurde ihm zur Seite gegeben. Dafs Wegele S. 230 die
Wendung: Einer einzigen Spur bin ich begegnet mit dem Zusätze entschuldigt:
wenn ich mich dieses Ausdruckes bedienen darf ist zum mindesten zimperlich.
Um so rückhalisloser spricht er S. 303, wo es ihm zweifelhaft bleibt, ob
Dante sich von Verona unmittelbar nach Ravenna begeben habe : wir müssen
offen gestehen, das verbindende Vorderglied fehlt. Wie mir scheint,
fehlte da der klare Gedanke. S. 142 meint er, Dante habe bewirkt, dafs
die Vermittclungsvorschläge des Kardinals Acquasparta abgelehnt worden
seien; eben daher rühre der Ilafs seiner Feinde gegen ihn; und wenn auch
seine weitere, noch- deutlicher nachweisbare Haltung zu jenen Gefühlen seiner
Gegner ganz und gar stimmt, so liegt doch von Dantes Seite selbst eine be^
stimmte Aufserung vor, wonach er in der That die Pläne des Kardinals durch-
kreuzte. Das ist geradeso, als wenn ich sagen wollte : Obwohl noch Niemand
an Wegele Schärfe gerühmt hat , so läfst doch sein Stil zuweilen Schärfe
vermissen. Doch wie kann ich diese in der Satzfugung verlangen, da sie ja
sogar der Forschung fehlt?*
Ich komme zum Schlüsse.
Man hat den Hauptwert des Buches in der historischen Forschung und
deren Ergebnissen gefunden ; eben ihretwegen ist es als Meisterleistung gefeiert
worden. Da aber war man in einem argen Irrtum befangen. Die historische
Kritik ist vielmehr der schwächste Teil des Werkes. Wegele hat in der Über
lieferung geblättert, zu einem erschöpfenden Studium ist er nicht gekommen. Ob
er auch S. iio, 126, 253 von seiner wiederholten, reiflichen Überlegung redet,
ob er auch S. 161 seine gewissenhafte Erforschung des Einzelnen rühmt, ob
er auch S. 147 möglichste Sicherheit und kritische Feststellung der Thatsacbcn
als sein Ideal bezeichnet, — es sind nur klingende Worte, die mit der ein-
fachen Wirklichkeit in schroffem Widerspruche stehen. Gerade an Ernst
hat es seiner Forschung überall gefehlt, und die zahlreichen Irrtümer und
Lücken sind zumeist der ungenügenden Lektüre oder der Flüchtigkeit in der
Verwertung des wirklich Gelesenen zuzuschreiben.
Wie aber konnte ein Werk, welches in der Forschung oberflächlich, in
der Form nachlässig ist, zu dem Rufe eines Meisterwerkes gelangen?
(^iquc und Frcundschafl mögen ja das Ihrige dazu beigetragen haben;
aber bei genauer Überlegung fìnde ich doch, dafs Wegele einem anderen Mo-
mente viel mehr verdankt.
Von beachtenswerter Seite* ist neulich beklagt worden, dafs heute die
Recensionsarbeit fast ganz durch eine unkundige, sich aber sehr groTs dfinkendc
Jugend besorgt würde, dafs jeder ältere Mann von Bedeutung, wenige rühm-
liche Ausnahmen abgerechnet, sich derselben entzöge. Die Klage ist in der
That wohlbcgründct ; nur fmde ich nicht, dafs der positive Schaden grofs ici:
* Zu air den übrigen Nachlässigkeiten pafst die Legion von Druck-
fehlern. Unter zehn (Zitaten werden vier nicht zutreffen; die Anführongen
aus lateinischen und italienischen Werken sind bis zur Unverständlichkeit ent-
stellt, und selbst der deutsche Text bietet manche Veranlassung für Konjck*
tnralkritik.
■-' V. Treitschke in den Preuss. Jahrbüchern 1882 L 6o6.
WEGELE, ALIGHIERIS LEBEN UND \\'ERKE. 479
alle Kundigen legen die Kritik solcher Knaben bei Seite, ohne die Ansicht
gewonnen zu haben, dafs im Gebiete ihrer Wissenschaft auch nur irgend eine
Änderung eingetreten sei; und so verhallt das unverdiente Lob und der un-
verdiente Tadel. Gefahrlich aber ist, wenn ein Mann, der in seinem Fache
eine hervorragende Stellung behauptet, die Arbeit eines Anderen über- oder
unterschätzt; sein verkehrtes Urteil wird von Hunderten und aber Hunderten
angenommen, und zwar wird es um so mafsgebender sein, je geringer die
Zahl Derer, die sich selbständig mit den betreffenden Fragen befafst haben,
je höher das Ansehen des Kritikers, der vielleicht gar unter den wenigen
Mitstrebenden der anerkannte Führer ist.
Das unbedingte Lob, welches Wegele geemtet hat, verdankt er offen-
bar der Kritik, welche K. Witte, der Altmeister der Danteforschung, in den
Blättern fur literarische Unterhaltung 1853 veröffentlichte.
Witte und Wegele hatten einen gemeinsamen Gegner, E. Ruth ; ich kann
nicht beurteilen, wieweit der alte Erfahrungssatz, dafs zwei Menschen, die
sonst vielleicht an einander vorbeigegangen, in der Abneigung gegen einen
dritten sich befreunden, auch dieses Mal wirksam war; nur glaube ich be-
haupten zu dürfen: wenn das bezeichnete Verhältnis auf das Mafs der An-
erkennung einen Einflufs geübt hat, so ist Witte sich desselben nicht bewufst
gewesen. Witte irrte in der redlichsten Meinung; — gerade in Hinsicht der
von mir besprochenen Dinge konnte er sich aber um so leichter täuschen,
als er kein Historiker war. Dafs eben ein Mann, welcher die Geschichte
an einer deutschen Hochschule vertrat, das Buch geschrieben hatte, wird
nicht geringen Eindruck auf ihn gemacht haben.
Wittes Urteil bezog sich auf die erste Auflage, und für das Jahr 1853
mag diese auch etwas besser gewesen sein, als die beiden späteren fur ihre
Zeiten, d. h. Hir 1 865 und 1 879. Berechtigten Ansprüchen zu genügen , war
auch sie nicht im Stande.* Dennoch lobte sie Witte, und das Gros der
Rezensenten schlofs sich ihm an. In ihrer Voreingenommenheit betrachteten
sie es dann als selbstverständlich, dafs die Dante -Biographie, welche ein
Witte empfohlen hatte, in den folgenden Auflagen nur noch mehr gewonnen
habe. So steigerten sie ihr Lob, und aus dem ungenügenden Buche vnirde
eine Meisterleistung.
Das „ipse dixit** hat eine verhängnisvolle Kraft, nicht blofs über Re-
zensenten ganz gewöhnlichen Schlages.*
' Dabei ist mir sehr wohl bekannt, dafs sogar Scartazzini, der doch für
die dritte Auflage nicht genug der tadelnden Worte findet, die erste und
zweite „eine wahre Perle der deutschen Litteratur" genannt hat.
* Das gilt, wenn ich nicht irre, ganz besonders von Th. Paur, der in
der Deutschen Rundschau XXIV 143 — 146 noch die dritte Auflage sehr warm
gepriesen hat. Dafs ich nicht an seine Rezension dachte, als ich Bd. VI
S. 638 Anm. I von dem Lobe „unkundiger Freunde" Wegeies redete, sei an
dieser Stelle — wenn es überhaupt der- Erwähnung bedarf, — noch ausdrück-
lich gesagt. Freilich hätte ich von einem Manne, wie Paur, etwas mehr
Selbständigkeit des Urteils erwartet.
P. SCHEFFER-BOICHORST.
480 NACHTRÄGE. DIEZSTIFTUNG.
Nachträge.
Zu VI 1 1 2. assetier ist bereits von Scheler in seinem Diet. etym. und
im Glossar zu Froissart (wo noch sein Aufsatz in der Revue de l'instruction
en Bel^iíjue 1863 citiert wird und endlich in dem Anhang zu Diez* Wtb. auf
* senno zurückgeführt, was mir ebenso wie allen, die sich nach mir mit dem
Worte beschäftigt haben, entgangen ist. W. F.
Zu VII 167. Nachträglich macht man mich darauf aufmerksam, d.ifs
Bartschs Versehen betreffs des angeblichen lat. Distichon von Dante bereits
im Jahrb. XII 30 f. seine Berichtigung durch Mussafìa gefunden hat, welcher,
auch ohne die Hs. einschen zu können, die Verse als solche des Hcnricus
Septimellensis erkannt hatte. A. Gaspary.
S. 345. Zwischen V 616— 617 ist aus Versehen eine IJicke gelassen.
S. 455 Anm. I Zeile 7 und S. 471 Zeile 42 kann man den Ausdruck jene
Schritte doch insofern rechtfertigen, als zu dem Versuche, den Florenz in Rom
machte, auch die Mitwirkung Bolognas und anderçr Städte erbeten un»! eneicht
wurde. Nur Wegcle durfte nicht von jenen Schritten reden, denn er hat des
ganzen Versuches nicht gedacht.
S. 466 Z. 5 V. u. 1. Autoren kritischer Weise auch.
S. 475 Z. 14 1. p. 46 statt p. 56. S.-B.
Diezstiftung.
Laut der zum 31. März 1883 von dem Rendanten der Diez-Stiftung ge-
legten zweiten Rechnung beträgt der Substanzfonds der Stiftung M. 120OÛ
(dagegen ein Deficit von M. 12,70), der ('urrcntfonds hat ein Vermögen von
M. i2üO und einen Baarí)estan(Í v(m M. 183,80, wozu noch 4**/o Zinsen von
M. 13200 vom I. Januar 1883 ab kommen. Weitere Beiträge bittet der Unter-
zeichnete an ihn gelangen zu lassen.
Berlin S.W., Warten burgslrafse 21.
A. Tobler.
Briefe von Friedrich Diez an Jakob Orimm.^
I.
Giessen den 15' August 18 17.
Wohlgebohrner,
Hochgeehrtester Herr Bibliothekar!
Indem ich Ihnen durch Uebersendung des anliegenden Heftes*
für die schöne Silva^ einen Theil meines schuldigen Dankes ab-
trage, lasse ich die Bitte an Sie ergehen, von gegenwärtigen Proben
eine kleine Anzeige in einem öffentlichen Blatt zu machen — wenn
es füglii.h so geschehen kann, dafs Ihre Arbeiten und Forschungtrn
nicht dadurch leiden.
Hätte ich damals, als ich die Ehre hatte, Sie in Kassel zu
sprechen, schon gedacht, so bald mit der Ankündigung der Ro-
manzen aufzutreten, so würde ich Sie um etwaige Beiträge ersucht
haben. Doch ist dadurch noch nichts verloren; ich ersuche Sie
diefsraal inständig, falls Sie einige Uebersezungen solcher Romanzen
ausgearbeitet haben, und mir sie zukommen lassen wollen, mich
gefälligst davon zu benachrichtigen. Die Romanzen vom Cid und
die übrigen guten aus der Spanischen Cìeschichte werden á^n ersten
Theil, die Ritterromanzen u. andre den zweiten füllen; der erstf
könnte binnen einem Jahr erscheinen. Da ich hier ganz obliti
einen guten Vorgänger arbeite, so hielt ich ìMq Herausgabe solcher
' Dem ficuiìiìschafiliclien Willfahren Herman Grimms danke ich, dafs ich
nunmehr diese fiinf Briefe Diezcns an Jakob Grimm den dreien J. Grimms
an Die/, kann folgen lassen, die in dieser Zeitschrift VI ^0\ ff. veröffentlicht
^ind. Sie sind tier (reschwister Grimm Eigentiyn und werden auf der hiesigen
Kgl. Bibliothek auf l)e wahrt. In der Meinung, sie werden wohl auch im Aus-
land mil Interesse aufgenommen werden, habe ich etwas mehr an Anmerkungen
dazu gethan, als für l)lofs deutsche Fachleute unerläfslich war.
- Altspauische Romanzen. Uebersezt von Friederich Diez. Frankfurt
am Main 1818. Verlag der Hermannschen Buchhandlung. Die Vorrede ist
(Hefsen im August 1817 datiert; damals mufs vorstehendem Briefe nach tlas
Heft auch schon ausgegeben worden sein.
"* .SV/7V/ </<• romances viejos publicada por yacobo Grimm. Vienna dt'
Austria en casa de Jacobn Mayer y Comp. 1815. Von Diez 1 81 7 angezeigt,
s. Diez' kleinen- Arbeiten und Recensionen, herausgeg. von II. ßreymann,
München 1883, S. 1. Fine Besprechung von Diezens Proben durch J.Grimm
ist nicht erfolgt, sie müfste denn in dem Chronologischen Verzeichnis der
Schriften J. (ìiiinins (Kleinere Schriften, V 483) übergangen sein.
Zttitȟbr. i. rom. l'tiii. Vil. 3 1
482 A. TOBLER,
Proben für dienlich, inn noch manche Winke, die ich hoffenlh'ch
erhalten werdf^ beiuizen zu können. Mancher Schwächen bin ich
mir recht wohl bewufst, und sie rühren wohl dalier in den diefs-
nial gegebenen Stücken, weil ich sie vor langer Zeit, wo ich nieintr
N'orstellung vom Uebersezen noch nicht geläutert hatte, übersezt
habe, und mich von den vertrauten Ausdrücken jezt niclit mehr
losarbeiten kaim; einige später in Göttingen entstanchie Romanzen
sind daher besser. Manchmal scheint die Uebersezung nach-
lässiger, und dennoch ist t\s geflissentlich geschehn. Insbesondre
halt ich für n(')thig, mich hier wegen der ersten Verse cler ersten
Romanze zu rechtfertigen, wo ich das Wort estrado (Pfühl im Be-
suchzimmer) wirklich beschri;ibend geben mufstc.* Doch ¡st diefs
nicht zulänglich. Auch übersah ich mit Fleifs, um den Fortgang
der Verse nicht zu stören, an dieser Stelle die weibliche íí-o- Asso-
nanz, was in der Urschrift wahrscheinlich auch nur versehen ¡st
Kinigemal war der Silin zweifelhaft, und es ist hier die Frage, ob
i('h ihn getroffen.
Ueberzeugt, dafs ich Sie nicht länger stören darf, wage ich
nur noch die Hitte an Sie, mich Ihrem lln Bruder zu empfehlen,
un<l habíí die l\hrc: mit vollkomnumster Hochachtung zu verharren
Kw. Wohlg(îbohren
gehorsamster
K. Diez. (C'andital d. Philos.)
II.
Bonn 29* Jan. 26.
Als ich um die Mitten des vorigen Sommers das erste Heft
von „Beiträgen zur Kenntnifs der romant. Poesie"* herausgab, bo
siininite ich sogleich, als Zeichen meiner Hochachtung und Ver-
ehrung, ein l*'xemplar für Sie, legte es aber vorläufig bis zur nah
geglaubten l^rschiMnung (»iner andern Schrift zurück, um Ihnen etwas
mehr, als ein so kleines Büchlehi vorzulegen. Unterdessen traten
am Irti Beschäftigungiiii störend dazwischen, und so mufste ich die
Ausarbeitung des letztern Buches: „Geschichte der Troubadours"
verschii^ben. Seit einiger Zeit habe ich es von neuem ergriffen,
<la es ab(T, wie ich nun absehe, vor Mitte des bevorstehenden
Sonnners nicht erscheinen wird, so halte ich es fiir geziemend, mich
einstweilen wegen jencT ViTsäumnifs zu entschuldigen, so gut ich
<'s Vi*rinag, ohnci Ihnen je<loch das Heft, welches Ihnen gewifs vor
' listiibasr la comìt'sa En su estrado asentada, Tisericas de oro en imano:
Su hijn af'ritandiì estaba. Palabras le está diciendo. Palabras de gran pesar*
I)i(/. 1S17: ,Auf (leni ITiihlc .saf'^ die Gralìn Wohl in ihrem Prunkgemach, In
il«r Hand da«; j^'oldnc Sclieerchen Puztc sic des Sohnes Haar; Worte sagte rie
/um Kk'inciì, Wi)itc ihm zu j^rofscm Granì . . .*; Die» 1821: ,In dem Palast
Will dio iirätin. Auf dem ]\>lster saf*^ sie da. In der Hand das goldne Scheer-
t ln'ii Soliniii sie iliicm Stilin da«< Kaar, Worte hat sie zu dem Kleinen, Worte
Vnllrl Well i^'csaj^t . . .'
- Htrhn iiei (i. Keimer 1825.
BRIEFE VON FRIEDRICH DIEZ AN JAKOB GRIMM. 483
Augen gekommen ¡st, jetzt beizuschliefsen. Lassen Sie mich diefs
thun, wann ich die Ehre haben werde, Ihnen das gröfsere Buch
zu überschicken.
Wann ich die Fortsetzung der „Beiträge" liefern kann, diefs
gehört unter die vielerlei Dinge, welche ich selbst noch nicht weifs,
da ich in einer ziemlich beengten Lage, wozu noch ein schlechter
Gesundheitszustand tritt, vielfachen Hindernissen unterworfen bin,
welche mich jeden Augenblick aus der Bahn des mir so werthen
Studiums der romant. Poesie verschlagen. Welche Zeit mir die
Uebersetzungen aus dem Englischen und Schwedischen * etc. rauben,
dessen kann ich nur mit Unmuth gedenken; dafs diese dann ihrer-
seits die Spuren einer üblen Stimmung tragen, versteht sich von
selbst. Diefs kann wenigstens meine Bitte rechtfertigen, dafs Sie
meine Abhandlungen mit Nachsicht betrachten mögen. Die folgen-
den Hefte sollen, wo möglich, fruchtbarere Gegenstände enthalten,
an welchen es namentlich im Gebiete der altfranz. Litt, bei der
dilettantisch-eleganten Behandlungsart der Franzosen nicht fehlt.
Für das erwähnte Buch über die Troubadours habe ich wenig-
stens die pariser Handschriften studirt, welche zu meinem Zwecke
Stoff genug lieferten. Unterdessen ist nach einer Anzeige im Kunst-
blatt ^ auch in Deutschland, nämlich in der Bibliothek des FürstiMi
von Wallerstein ein provenz. Codex entdeckt worden, ich habe um
dessen Einsicht gebeten, aber keine Antwort erhalten. Cilöckle's
Abschriften, deren sich (ïorres bedient hat ^ möchte ich wohl auch
durchsehen, weifs aber nicht, wie ich dazu gelangen soll. Merk-
würdig ist es, dafs ich noch bis auf die Stunde den Parnasse occi-
tanien (v. Rochegude) nicht habe erhalten können. Wenn ich
nicht noch dazu gelangen kann, so gibt diefs einen wesentlichen
Mifsstand für meine Schrift ab, indessen kann ich nicht ins Blaue
hinein harren. Ich habe in dieser Schrift besonders gesucht, di«i
Geschichte u. den Character der prov. Kunstpoesie darzustellen,
und zu diesem Zweckti jede Stelle auf die Wagschale g('legt, dann
aber auch über Sprache und Verskunst gehandelt. Die Beziehung
der prov. Poesie zu auswärtiger -- französischer, deutscher, italiä-
nischer — ist ein anziehendes, aber nicht leichtes Capitel; einerseits
ist W(ihl zu erwägen, dafs, wenn auch der Grundcharacter der Völker
' Jahreshcriclit der Schwedischen Academic der Wissenschaften über
die Fortschritte in der Naturgeschichte, Anatomie und JMiysiologie der Thiere
und Pflanzen. Aus dem Schwedischen mit Zusätzen von Johannes Müller.
Jahrgang 1824, der Ucbersv'tzung erster Theil. gr. 8". 1826. Jahrgang 1825,
(1er Uebersetzung zweiter Theil. 1828. Bonn, Marcus. Welche Übersetzungen
aus «lern Englischen Die/ geliefert hat, ist bekannter, da er auf den Titeln
dieser sich genannt hat.
- Im Kunstblatt (Beilage des Morgenblattes) von 1825 habe ich eine
bezügliche Notiz nicht gefunden. Öffentlich hat Diez des Ferabras zuerst in
den Nachträgen zur Poesie der Troubadours (1-. u. W. 613) Erwähnung ge-
than und hier Uhland als Gewährsmann genannt. ^
3 Über (ïlockles Beteiligung an Görres' zustande gekommenen und an
unausgeführten Arbeilen, s. R. v. Räumer, Geschichte der german. i*hilol.,
München 1870, S. 370.
31*
484 A. TORLER,
(les Mittelalters verschieden war, er docli dieselbe Richtung an-
genommen hatte, und wir also liei Übereinstimmung nicht eo ipso
auf Nachahmung schliefsen dürfen, andrerseits ist die Vergleichung
von Poesieen, welchen es zu sehr an einzelnen hervorstechenden
Zügen fehlt, an und für sich schwierig; nur übereinstimmender In-
halt ganzer Lieder, vorzüglich bei wiedergegebenen Gleichnissen,
sowie besonders gleiche Fonn, berechtigen auf Nachahmung zu
scfeliefsen. In dieser Hinsicht ist nur aber in der deutschen Poesie
kein andres Beispiel vorgekommen, als das bekannte^ von Rudolf
von Niuwenburg; in (»inigen andern Fällen ist Nachahmung von
Seiten der Deutschen wahrscheinlich, aber nicht enveislich. Doch
gibt es einige Züge, welche im Ganzen übergetragen sind, z. B.
(wie mir dünkt) di(» Albas (Aubaden), deren Heimath nur ein süd-
licher Himmelsstrich sein konnte.^ Was die Romane betrifft, so
kann ich die ziemlich allgemein angenommene Bearbeitung eines
Lancelot v. Arnaut Daniel durch U. v. Zazichoven nicht zugeben,
da mir keine beweisende Stelle bekannt geworden, wiewohl ich
übrigens einen Roman dieses Namens von Arnaut gelten lasse.
Ihre Vergleichung der provenzalischen Kunstpoesie mit der deut-
schen, in Ihrer Schrift über den dt^utschen Meistergesang gibt mir
- wiewohl di(; prov. Litt, damals noch sehr im Dunkeln lag —
immer noch recht schätzbare Fingerzeige, und ich mufs in den
meisten Puncten mit den daselbst aufgestellten Ansichten überein-
stimmen. Ich nehme auch für die prov. Hofpoesie an, dafs sie
nicht von den Kdeln, sondern von den fahrenden Sängern aus-
gegangen ist'*, wiewohl unter Mitwirkung und dem Pünflufs der
(irofsen; das Beispiel Guillems von Poitiers, des ältesten Liedcr-
ili(-hters, wird niemand irre führen; er gehört der Penode der
Kunstpoesie nicht an, und wird niemals von den Troub. erwähnt;
di(\s(» entwickelte sich erst (*twa nach 1125 u. s. w.
Der Roman du Renard ist ja nun wohl in Paris erschienen:
durch ein Versehen, wozu mich die Reiette ençydopéd, verführte, habe
¡(ih ihn in den „Beiträgen" •• bereits als erschienen angeführt. Für
Ihre Unternehmung, dessen {sie) Ausführung wir schon so lange ent-
gegen harren, wird j\I(!*ons Ausgabe doch von Interesse sein.
Ihre deutsche Grammatik'' hat auch l)ei uns, wo übrigens die
' Schon durch J. J. Bodmcr, der den Folquel durch Crescimbeni kannte;
s. W. Wackernajicl, die Verdiensie der Schweizer um die deutsche Litteratnr,
HasH 1S33, S. 31; von der Haften, Minnesinger I V 50; R. v. Raumer a. a. O. 256.
- In der l*oesic der Troubadours sjmcht Diez hierüber weit zurückhalten-
der S. 265. Grimms Widersj)nich (hier Vi 502, wozu jetzt noch der Hinweis
auf Kl. Schriften VI 2<)5 „Über die Tajjelieder* vom Jahr 18 19 nachgetragen
-.t'i) mag ihn eingeschüchtert haben.
3 Vgl. damit die abweichende Darstellung in Poesie d. Tr. 20, 258.
* S. 55 Anm. „Méon, der nun auch den Reinhart Fuchs ediert hat
iraris 1823. IV)". Kr ist 1826 erschienen.
•■' Ks nuif^ noch <!er erme, i8iq zum ersten, 1822 zum zweiten Male er-
^chirnene Teil gemeint sein, da Grinmi erst in seiner Antwort (hier VI 502)
d;i> l-'r-M-htinen des /weiten meldet.
BRIEFE VON FRIEDRICH DIEZ AN JAKOB GRIMM. 485
altdeutschen Studien nicht sonderlich gedeihen, eine gewisse Be-
wegung hervorgebracht. Schlegel hat sich mit dem Buche eine
Reihe von Tagen eingeschlossen; vor etwa einem Jahre sagte er
mir, er wolle in Bezug auf die von Ihnen angeführten Sanskrit-
Formen ein Sendschreiben an Sie ergehen lassen, u. diefs in der
indischen Bibliothek. Ob es noch dazu kommen wird, steht dahin.
In diesem Augenblicke arbeitet er an einer Abhandlung über die
Quellen der Tausend und eine Nacht, welche in einer englischen
Zeitschrift erscheinen soll.* Seine Studien über das Nib. Lied liegen
gänzlich, und müssen nun liegen bleiben, da er Tact genug hat,
um die Foderungen zu kennen, die man gegenwärtig an einen
Herausgeber dieses Gedichtes macht, die er aber, bei so getheilten
Studien nicht mehr befriedigen möchte. Doch liest er noch zu-
weilen darüber und mit Beifall; überhaupt wäre zu wünschen, dafs
seine zum Theil sehr scharfsinnigen Bemerkungen u. Beobachtungen
in diesem Bezirk nicht verloren giengen. Sehr wünschte ich, man
hätte eine Ausgabe des Walther v. d. Vogelweide 2; dieser würde sich
wegen der historischen Stücke vortrefflich zu Vorlesungen eignen.
Länger will u. darf ich Sie nicht abhalten. Doch noch die
eine Bitte. Sollten Sie den pâmasse occUanien in der Bibliothek
besitzen, und mir ihn einmal mittheilen wollen, so würden Sie mich
überaus verbinden! — Haben Sie die Güte, mich Ihrem Hm Bruder
zu empfehlen, und behalten Sie mich in geneigtem Andenken.
Hochachtungsvoll
Ihr ergebenster
Fr. Diez
Brof. zu Bonn.
N. S. Ich habe in dem ganzen Briefe vorausgesetzt, dafs Sie
Sich meiner, als des Uebersetzers der span. Romanzen, noch er-
innerten.
Sr. Wohlgeboren
dem Herrn Oberbibliothekar Dr. Grimm
zu
frei. Kassel
in Hessen -Kassel.
111.
Giefsen 18* Apr. 26.
Sehr bin ich Ihnen verpilichtet. Hochgeehrtester Herr und
l'Veuiid, für die gütige Zusendung des pâmasse. Ich empfing ihn
glücklicherweise noch den Tag vor meiner Abreise aus Bonn, und
konnte ihn noch mitnehmen, um ihn hier zu benutzen. In einigen
Tagen gehe ich nun nach Bonn zurück. Meinen Beifall hat das
Buch nun freilich nicht, der Text ist am [1. im] Ganzen ungram-
' Les mille el une nuits (Bonn 1833), im Nouveau Journal asiati(juc,
aufj^enomnien in die Kssais littéraires et historiques, Bonn 1842.
- Lachmanns Ausgabe erschien 1827 zum ersten Male.
486 A. TOHLKR,
niatiscli, die Losartrn häutig schlecht gewählt, auch fand ich etwa
nur 12 mir unbekannte T.ieder; gleichwohl war mir die Kiiisicht
von Wichtigkeit. \\ as Raynouard betrifft, so stimme ich Ihrem Ur-
theile bei: die vornehme Haltung des Vfs schadet dem Werke er-
staunlich; er sagte mir selbst, er habe nicht mehr geben wollen,
als was er nicht selbst verstanden habe, das übrige sei unverständ-
lich und des Abdrucks nicht werth — und so vermifst man meh-
rere wichtige und bei den Troub. berufene Lieder. Seine Litteratur-
kenntnisse in diesem Fach sind mir sehr zweideutig, ich glaube, er
ist bei Millot stehen gebli(;ben; das sieht man aus seinen Abhand-
lungen IM. IL woraus wir nicht viel mehr erfahren, als was wir
längst gewufst haben, und zuweilen falsch berichtet werden. Aus
ilem Aufsatz über die Vers- und Dichtungsarten führe ich an, dafs
er die Bedeutung von motz als Kunstausdruck für „Vers" nicht
gekannt hat; über vers ist er ganz im Dunkeln, indem er z. B.
diesen Ausdruck auch für eine Benennung des Briefes u. d. gl. halt
II. S. 165, wo aber vers in der Bedeutung „Wahrheit" steht Das
Beste sind scinta Texte. Die Grammatik ist dagegen wieder sehr
lückenhaft, wiewohl weitschweifig; zum grofsen Nachtheil gereicht
ihr die gänzliche Vernachlässigung des Tonsystems, welches doch
bei den abgeleiteten Sprachen so sehr zu berücksichtigen ist; daher
sind seine Ktymologieen gewöhiilich falsch, wie bei sovén, ab, die
er von siPpe, aiur, statt von suhhidc, apud herleitet.* lune merk-
würdige Ligenheit der Sj)rache hat er aus LTnkenntnifs í}k'Qí> Ton-
systems ganz übors(»hen. In gewissen Wiirtern zur ^ lateinischen
Deci, hat sich die do)»pelte Betonung erhalten, z. B. stnher, cas.
obi. st'/t/iòr, mJ/'ir =■ maìòt., i rucher = /rac/iôr (/radi/or), daher denn
auch emperth're = emperador^ wovon diiî erste Form keineswegs von
einem vorausgesetzten imptràriiis, das zweite von ¿mperatunm, son-
d(irn von ¿mperàtor == imperotorem herzuhohlen ist.^ Damit soll
ihm aber sein Vordienst nicht bestritten werden.
Sie rathen mir, einen ganzen fr. Roman zu edircn. Die Sache
hat bei uns manche Schwierigkeiten, indessen bin ich schon lange
mit (lern Plan umgegangen, einige Romane von Chrcstien, und
iianicntlieli den Perceval, allerdings vollständig, zu liefern. Nach
des Herausgabe meiner Geschichte der Troub. wird es sich ent-
sehcidiMi. ob i(.li zu iliesem Zwecke nach Paris gehen kann — wie-
wohl die Franzosen diesen Fin griff in ihr Gebiet nicht leiden mögen.
l'aurirl war abwes'Mid, als ich mich in Paris aufhielt. & arbeitete
friilier, wie« ich ln")rle, an einem Werke über tlic prov. Littcratur;
die Ausführung aber lälst sein etwas buntes Treiben kaum er\i*artcn.
Lieber die Lebziit der von Ihnen bezeichneten Dichter kann
¡eh bis jetzt noch kleine entschiedene Notiz geben, da ich mit diesem
' <'lioix 1 410, ^47.
■ Kaynounl i^ieht allciiUnj,'-. die licluij:«.' Krklänm^j jener Nominati vfonncii
\\e<l'i CliiMv 1 12«) nurh VJ S;, «loch sehe ich auch nicht, dafs er an -arius
«^chichi hätte, [\\[^\ er ihich immci die Nominative auf -aire mît denen anf
-eivf, 'ire zusanìmen.
BRIEFE VON FRIEDRICH DIEZ AN JAKOB GRIMM. 48/
Gegenstand noch nicht im Reinen bin. Indessen lassen sich fol-
gende Bestimmungen mit einiger Sicherheit annehmen. Bei den
unbedeutenden Troub. ist die Chronologie gewöhnlich schwankend,
da ihrer bei andern selten Erwähnung geschieht; zuweilen beziehen
sie sich auf Zeitgenossen, allein daraus läfst sich ihre mittlere Lebens-
zeit nicht immer bestimmen.
I. Guiraut de Cabreira 11 1200 — 1220, insofern er Zeitgenosse
von Cj. V. Calanson gewesen zu sein scheint, der seiner gedenkt.
2. Arnautz d'Kntrevenas 1200— 1220; er führt nämlich Blacas als
lebend an. — 3. Feire Cardinal unzweifelhaft von 1220 — 1270, er
erreichte ein hohes Alter und dichtete fort bis gegen den Unter-
gang der Hofpoesie. 4. Guillem de Bergucdan 11 90 — 1210. 5.
Aimeric de Peguilain 1200 — 1250. 6. Peirc de Bussignac etwa
1180 — 12 10: er griff die Lieder Bertranes de Born an, wie der
Biograph sagt: die 'IVoubadours kritisiren aber stets die Werke
lebender Kunstgenossen. 7. Richart de Berbezieux 1200 — 1220.
Seine Lieder enthalten keine deutlichen historischen Anspielungen.
Er scheint indessen früher gelebt zu haben, als Raynouard ihn in
der Reihe (t. III.) setzt, da er, nach den Handschriften, sich bei
D. Diego, einem spanischen Ritter und (iönner der Troubadours
aufgehalten haben soll. Letztrer wird von R. Vidal und A. de Pe-
guilain als gleichzeitig mit Blacas und Peire (II) von Aragon be-
zeichnet. — 8. Ricaut de Tarascón 1200 — 1230 während des Al-
bigenserkrieges. — An diesen Angaben werde ich vielleicht nach
einem halben Jahre einiges auszusetzen haben, indessen kann diefs
nicht bedeutend sein.
Auf die von Ihnen angedeuteten Zusammensetzungen werde
ich stets Rücksicht nehmen, um so mehr, da mir der Gegenstand
gleichfalls interessant ist. Zusammensetzungen wie cercamons sind
häufig, und kommen grofsentheils in den allegorischen Namen der
Geliebten vor {miells-de-he), doch mengen sich deren auch im Wörter-
buch finden. Aus Ihrer (Grammatik, die ich noch nicht gesehen
hai)e, auf die ich aber in hohem Grade gespannt bin, werde ich
mich über Ihre Frage genauer belehren können. Schlegeln habe
ich Ihre Empfehlung noch überbracht, ehe ich abreiste, er erwiedert
den Grufs, macht aber wenig Hoffnung zu dem versprochnen Aufsatz.
Lassen Sie uns auf Ihren Reinhart Fuchs nicht länger warten.
Wie sehr die Arbeit auch unter Ihren Händen durch die Verzöge-
rung noch gewonnen haben mag, so scheint mir die endliche
Herausgabe doch zeitgemäfs. Das Licht, welches dadurch auf ge-
wisse Theile der romantischen Poesie fallen wird, mufs bedeutend
sein. Die Wichtigkeit provenzalischer Zeugnisse in dieser Bt;-
ziehung liegt am Tage. Ich habe versäumt, sie mir zu bemerken,
d. h. sogleich aus den Handschriftt^n , denn ich habe nur das be-
rücksichtigt, was mir zunächst unentbehrlich war; indessen mögen
doch einige ungedruckte in meinen Papieren stecken, auf die ich
Rücksicht nehmen werde. Etwas fällt mir sogleich ein. In dem
iranz. Liede König Richards, Parnasse p. 13 steht: Com n Aengns
488 A. TOBLKR,
</ Rainart, So üt'sL auch MS 7225; umgekehrt hat MS 2701 ch'c
Stelle so: K vos ¡NrasUs a ?/itT. K pcriasies me fa/ few Com a Aìm-
ir/i RainarL Que scmhhs ik [>oiì Hart.
Die Stelle aus Rud^ Orlenz, die Sie mir mitzuthcìien die Gute
hatten, die Minnehöfe betreffend, ist mir bedeutend, und ich werde
sie iï-gendvvo benutzen. Vielleicht ersuche ich Sie später einmal
um eine genauere Notiz, welche sich darauf beziehen würde, worin
(Jie Klage der FraucMi \tmd fetzent eine liiinegin. ir klage ze richten t]
bestanden habe. Daraus mufs sich ergeben, ob die Sache als eine
ernstliche und förmliche, oder als i*in Zeitvertreib dargestellt wnrd.
Ich habe in der Abhandlung das t»rstere, besoiiders für die frühere
Z(Mt und für ProvtM\ce, geläugnet. Die übrigen altd. (»edichtc,
welche nach franz. Vorbildern sich mit allegorischen Minnegerichten,
u. (îesetzen beschäftigen, habe ich, zum Theil nur dem Titel
nach — da ich nicht mehr davon hatte — berücksichtigt
Wenn es gut geht, so denke ich Ihnen nach 3 Monaten den
ersten Theil der (ieschichte d. Troub. zu schicken; den zweiten
habt* ich, von Umständen geuöthigt, zurücklegen müssen; letzterer
wird die Lebensgeschichten enthalten.
Indem ich Ihnen Lebewohl sage, bitte ich Sie, Ihren Herrn
Bruder von mir zu grüfsen, und bleute mit der vorzüglichsten Hoch-
achtung
Ihr ergebenster
F. Diez
IV.
Bonn d \z Dec 2Ò*
Kndlich bin ich im Stande, Ihnen, hochgeehrtester Herr und
IVeund, das verspn^chene Buch über die Troubadours zu über-
senden. Empfangen Sic es aber mehr als ein Zeichen meiner
Hochachtung und Liebe für Sie, denn als etwas, das auf wissen-
schaftliche Bedeutung Ans|iruch machen dürfte und wollte, (rlück-
licherwtMSiî habí' ich mich früher gi'gen alle günstigen Vorurthcile
• 'fklärt, sehen Sie .sich also getäuscht, so ist es nicht meine Schuld.
Dt uh w(mI's ich, dafs ich unter bessern Umständen etwas Besseres
ut^lietert \\\\W\\ würde. Die Zusammenstellung der provenzalischen
iniil ileuiM-heii Lit^derpoesie läfsl besonders viel zu wünschen übrig;
vieil- ici it :iber woriì«- ich diesen Gegenstand künftig noch einmal
\<>ii (îrnnd aus bearbeiten, nachdem ich «lie codices nochmals
diiiilrnìusteri bal'e. \v^\\ Ihren Mittheilungen habe ich S. 260 den
\iM:liiillialìi>te!ì Uu-I raurli gemacht. Köniile ich sie Ihnen nur
i iwii'ilem! Da irli iiulesst 11 dii\seii verllossiMien Summer nicht viel
pnn-. noch Iran/. :;firiebfn habe, so war ich niciit einmal im Staude,
Ihnen tli»- 4v\^ü^.'^^ liten Peiiräi;'.* von Worlcompositionen jetzt schon
:\\ lieiern; dodi l'ebaiie fili ^ii' im Ange. Die Sprachabhandlung
enthalt .-.war tnanrhes Neue, allein ^ie ist im Verhällnifs zu gedehnt,
und li ber ha 11 ¡«i ;'.ii «mÜí^^ iiietleru'e^cbriebeiì worden. — Die zweite
> 1: Oi-r i-i -ìIm tiîi ->.iKli'«trii lu r.f. 14 N'in j;e>chrichcn.
BRIEFE VON FRIEDRICH DIEZ AN JAKOB GRIMM. 489
Abtheiliing, welche das Leben der Dichter umfassen soll, wird nur
langsam fortschreiten können; theils ist sie schwerer, theils meine
Mufse noch beschränkter; diesen Winter darf ich an diese Arbeit
nicht denken. Ich habe daher auch nicht mit Bestimmtheit einen
zweiten Band versprechen mögen.* Wahrscheinlich unternehme ich
unterdessen ein französ. Etymologicon, ein Gegenstand, der mir
höchst anziehend zu sein scheint. Es würde dieselbe Einrichtung
bekommen, wie das lateinische meines Freundes Schwenk^, von
welchem Sie ohne Zweifel vernommen haben, wiewohl es noch nicht
erschienen ist. Gern würde ich Ihnen vorläufig einige Mittheilungen
aus diesem letztern Werke machen, wenn ich die gednickten Bogen
hier hätte; in diesem Augenblick erinnere ich mich nur der Ablei-
tung homo vom alten feo (woher l)ekanntlich auch femtna), so dass
also die Hegrifife Mann u. Weib von dem des Zeugens (oder (ie-
deihens?) genommen wären. Schwenck arbeilet gegenwärtig auch
an einem deutschen Etymologicon^, von welchem gleichfalls schöne
Erwartungen zu hegen sind.
Der neue Band Ihrer d. Grammatik hat mich mit neuer Be-
wundrung erfüllt. Die Revolution, welche dieses seltne Werk in
den grammatischen Studien unsrer und fremder Sprachen hervor-
bringen mufste, verkündet sich nun schon in einzelnen Erschei-
nungen. Hier hat Schlegel angefangen, deutsche Sprache zu lesen,
sein Auditorium ist über 200 stark; Grundlage ist ¡hm, so viel ich
' Bei dieser Gelegenheit sei mitgeteilt, was Diez in einem Briefe vom
10. März 1869 mir zu banden meines Schunegervaters Dr. Salomon Hirzcl
antwortete, in dessen Namen ich ihm den Verlag eines Neudrucks der beiden
Bücher über die Troubadours angeboten hatte. ,Was die Anfrage des Herrn
Dr. Hirzel betrifft, so habe ich darauf zu erwiedern, dafs ich durchaus nicht
beabsichtige, meine beiden Bücher über die Troubadours noch einmal heraus-
zugeben, da ich eine solche Ausgabe nur mit einer Umarbeitung zu rechtfer-
tigen wüfste, eine Umarbeitung aber neue, ziemlich weitläuftige Studien erfor-
dern würde, denen ich mich nicht mehr gewachsen fühle. Was damals leicht
war, ist durch das Anschwellen der einschlägigen Litteratur, wie Sic wissen,
schwer geworden. Wie schnell ich damals arbeitete, geht aus der Thatsache
hervor, dafs ich zu Paris im Sommer 1824 die provenzalischen Studien eigent-
lich erst anting und schon im Jahr 1826 die Poesie der Troubadours gedruckt
vor mir sah. Übrigens fühle ich mich Herrn Dr. Hirzel zu verbindlichstem
Danke verpflichtet fiir einen Antrag, der mich in jüngeren Jahren glücklich
gemacht haben würde.' Und um gleich in einem Male zu geben, was ich
von den lieben Briefen meines Lehrers an mich drucken zu lassen gesonnen
bin, füge ich aus einem vom 28. Juni 1873 hinzu: ,Was meine Beschäfti-
gungen betrifi't, so habe ich Ihnen, glaube ich, schon früher wahrheitsgetreu
niitgetheilt, dafs ich meine litterärischc Werkstätte so gut wie geschlossen
habe. Ein Gelehrter bin ich überhaupt nie gewesen. l3aran hinderte mich
vor allen Dingen ein physischer Umstand, eine fatale Augcnschwäche, die mir
täglich nur sechs bis sieben Stumlen und oft noch weniger zu arbeiten erlaubte.
JaUob Grimm sagte mir einmal, er arbeite dreizehn, und daran war nicht zu
/weifein '.
'^ Etymologisrhes Wörterbuch der lateinischen Sprache mit Vergleichung
(li r griechischen und dciitschen. Frankfurt a. M. 1827. 8®.
^ Wörterbuch der deutschen Sprache in Beziehung auf Abstammung
und Begriffsbildung. Frankfurt a. M. 1834. 8® (2. Ausg. 1836; 3. Ausg. 1838).
490 A. TOMLER,
veniiuthen kann, eben Ihre ( irammatik, auch ist sie bereits in Mund
und Hand der Studenten, welches hier, wo von andrer Seite gegen
die nicht- classischen Sprachstudioii gewirkt wird, sehr viel sagen
wilL Ich hoft'e aber, die Zeit wird bald erscheinen, wo ein Philo-
loge ohne Kenntnils rh^s (iolhischen nur für einen Halbgebildeten
gilt. Dieser Tage geht ein jüngerer Bekannter von mir nach Paris,
um u. a. auch für mich abzuschreiben, sowohl provenzalisch wie
französisch; ich habe ihm zugleich zur Pllicht gemacht, in dem
I landschriften-Cabinet nach altd(».utschen Sachen zu forschen. Um
diesen /weck zu vi»rfoIg(?n, ist ein längerer Aufenthalt und eine ge-
nauere Bekanntschaft mit dem fatalen M. Méon erforderlich, selbst
(jeldmittel müssen iingewandt werden. Hase behauptete gegen
mich, das Cabinet mussi» noch manchi-s Unbekannte dieser Art
enthalten, und wirklich ist ja durch iV^.u Herausgel)er der „deutschen
Präpositionen"* etwas zum Vorschein gekommen. —
Das versprochene Heft der „Heiträge" habe ich Ihnen diefs-
mal nicht beigelegt, weil es einen andern Titel bekommen soll; ich
denke sie nämlich nicht fc^rtzusetzen, weil es, wie zu erwarten stand,
an Abnehmern fehlt, ich auch nicht geneigt bin, kleinere Abhand-
lungen zu unternehmen. Vielmehr denke ich ehie umständlichere
Ausehiandersetzung der altfrauz. Romane zu liefern, wofür eine
neue Reise nach Paris bestimmt werden würde. Dicfs würde nur
von meinem Wohlbefinden abhängen, denn (is gehört einige Krañ
uiìd Muth dazu, sich durch 30-40 Romane durchzuarbeiten. Die
Vorarbeiten, d. h. die Notizen, welche man aus dem bis jetzt Ge-
druckten ziehen kann, sind übrigens fast fertig — imr fehlt es mir
noch an manchen l^üchern. -- Ihre Mahnung (in der Vorrede zum
2. Theile der Grammatik) ^ zum Studium der kymrischen Sprache
hatte mich vor einigen Wochen lebhaft ergriffen, und ich war schon
im Begriff, Sie um nähere Notizen zu bitten — als ich meine
Verhältnisse näher erwog, und die Sache wenigstens hinaussctzte-
Ks hat aber grofsen Reiz für mich, ein neues Sprachstudium anzu-
fangen; vor innigen Jahren lernte ich Arabisch, ohne zu wissen
wozu. VÀUC Auffoderung von Ihnen wird aber auch ohne mich
nicht wirkungslos bleiben; auch hiben wir in einer Zeit, wo jeder
Sioif zu Untersuchung mit Begierde ergriffen wird.
Welcker, mit dem ich zusammenwohne, läfst Sie und Ihren
I ItTni Bruder recht herzlich grüfsen, welches letztere auch von mir
geschieht. — Mit der vorzüglichsten Hochachtung empfehle ich
mich noch Ihrem ferneren geneigten Andenken und sage Ihnen
mein herzlichstes T.ebewohl. Ihr
FDiez.
' K. (i. < irati, die alihoclulcuischeii Präposilioiicn. Königsberg, 1824.
s**. Die Kr;iebni>sc seiner Reisen, «lie ihn auch nach Paris geführt hatten,
kannle man 1826 teilweise berL-ii> au^ dem ersten Bande der Diuttska.
■' S. VI Anni. ,Fiir diesen ^den celtischcn) stamm findet sich das wenigste
vorj»carlicitet , obgleich die gehaltvollen denkm.Hhler der cymrischen (waDi-
BKIEFK VON FRIEDRICH DIEZ AN JAKOB GRIMM. 49 1
V.
GiefscD d. 20' April 36.
Indem ich Ihnen, Hochgeehrtester Herr, den beiliegenden Ver-
such einer romanischen I^utlehre zu übersenden mir die Freiheit
nehme, erfülle ich eine mir sehr theuere Pflicht. Denn wie könnte
ich auch nur einen Augenblick mir verbergen, dafs dieses Buch
seiner Idee nach Ihnen gehört, wie sehr ich auch mit der Ausfüh-
rung selbst jetzt schon unzufrieden zu sein Ursache habe. Em-
pfangen Sie also diese kleine Arbeit als ein Zeichen meiner innigsten
Verehrung, und schenken Sie ihr, da sie ohne alle Ansprüche auf-
tritt, einen nachsichtigen Blick. Sollte sie dem historischen Sprach-
studium zu einiger Förderung gereichen, so ist wenigstens etwas
dadurch geschehen. Vielleicht ist Ihnen schon eine vorläufige
Kunde davon geworden. Ohne mein Wissen und in meiner Ab-
wesenheit hatte der Verleger in den letzten Herbstferien eine etwas
rednerische Anzeige davon gemacht, worin das Buch mit Ihrer
Grammatik verglichen wurde * ; ich erkläre, dafs mir dergleichen nie
eingefallen ist.
Ich habe über diesen Versuch, wie gesagt, schon jetzt viel zu
klagen. Abgerechnet mannigfache kleinere Verstöfse, die in der-
gleichen Arbeiten freilich nicht zu vermeiden sind, hätte ich viel-
leicht besser gethan, das was jeder Sprache unter den einzelnen
Buchstaben zukommt, getrennt darzustellen anstatt die Sprachen den
einzelnen Erscheinungen des Buchstaben unterzuordnen; indessen
schien mir meine Einrichtung der historischen Behandlung ange-
messener, da sie das allen Mundarten (lemeinsame deutlicher her-
vorhebt, und wenn sie das Besondre durch das Allgemeine zu ver-
dunkeln droht, so schien diefs ein Übel, dem in der Ausführung
begegnet werden konnte. — Für die deutsche Abtheilung mufs
ich Sie noch besonders um Nachsicht bitten: hier kam es vorläufig
darauf an, festen Boden zu gewinnen, dazu gehörte eine Masse von
Belegen und wie sehr ich stets auf die Strenge der etymologischen
Regel gehalten, so wird doch manches Einzelne fallen müssen.
Hier besonders verdanke ich Ihnen manchen trefflichen Beitrag.
Nur 2 bis 3 Ihrer Herleitungen habe ich ablehnen müssen; dahin
gehört sire von sihora (S. 40 Note), der franz. Nominativ aus sénior,
sischen) und noch mehr die älteren der irischen spräche zum Studium dersel-
ben treiben sollten. In England und selbst in Italien und Deutschland liegen
althibemische werke und glossen ungedruckt*.
' »Unter der Presse: Diez, Fr., Grammatik der romanischen Sprachen.
In zwei Theilen. gr. 8.
Eine auf den strengsten wissenschafUichen Forschungen beruhende
(rrammatik aller romanischen Sprachen, d. h. aller Sprachen, die in der latei-
nischen ihre gemeinsame (¿uelle haben. Für diese Sprachen, also fur die ita-
lienische, spanische, portugiesische, französische, provenzalische und walachische,
wird diese Grammatik das sein, was Grimm's Grammatik für die Sprachen
deutschen Stammes ist.
Eduard Weber.*
Börsenblatt für den deutsthen Buchhandel, 1835, Sp. 1488.
492 A. TOHLKK,
Accus, eigentlich seigneur, prov. dagegen shihcr senhôr. Soiìderbar
ist allerdings das a in sira, alltMn es findt^t sich bereits in den
ludfonneln {sendra) ii. ra()chte, wenn ich so sagen darf, vocati-
visch sein. Ihr ganz überzeiigtindes altfranz. ahivre von zehar^ habe
ich aus Scliuld eines Zufalles nicht benutzt; ich hatte diese Her-
leitung schon gemacht ohm* die Ihrige zu kennen, nahm sie aber
nicht auf, da ich mir das Wort unrichtig nachgewiesen hatte u.
den Beleg nicht mehr lìndeiì konnte; erst nach <iem Abdruck be-
merke ich es in Ihrer Mythologie und selbst mit Verweisung auf
Ihren Reinhart, a wäre in diesem Worte prosthetisch wie in mehrern
andern aus deni Deutschen entnommenen (S. ,>3i). Verschiedene
Worte lassen sich im 2. Theile noch benutzen, so toccare veni zucchan,
worin sich die Hegriifsübertragung durch lat. tangere (ziehen und
berühren) stützen läfst, vielleicht auch franz. t'Tariou/r von sueinjan^
wiewohl (Tdnescere zu bedenken bleitit; audi würde das rom. Wort
eigentlich sueinwjdH cTfordern. Knd dergl. könnte ich schon jetzt
noch viel anführen, (regen manche der hi der Abhandlung über
die B(^stdthle der rom. Spr. angeführt(»n deutschen Ableitungen
kamen mir unter dem weiteren Druck wieder Zweifel, ich verbannte
sie daher im 2. Abschnitt gewöhnlich in die Noten; dagegen fehlen
unter deii S. 56 zusammengesti'llten gothischen und andern merk-
würdigeren Wörtern noch manche in dtmi 2' Abschn. aufgeführte.
— Doch ich will Sie mit diesen Khiinigkeiten nicht länger auf-
halten.
Sie wtTden leicht bemerk(Mi, dafs meine Hülfsraittel, wiewohl
nicht ganz ärmlich, doch auch nicht ausreichend gewesen sind.
Nicht einmal den Conde Luca nor konnte ich benutzen. Auf
neuprovenzalische Grammatiken habe ich für den i. Theil gleichfalls
verzichten müssen, werde aber für den 2***" das, was man darüber
hat, mir zu verschaffen suchen ; vielleicht hätten Sie einmal Gelegen-
heit (und Mufse), mir eine Notiz darüber mitzutheilcn. In diesen
Ferien habe ich hier in Giefsen an dem Verbum gearl)ettet. Dabei
ist mir das Hedürfnifs fühlbar geworden, die s. g. regelmäfsige und
unregelniäfsige Conjugation unter einen andern ( resichtspunct zu
bringen: das ital. feci als eine Anomalie dahinzustellen, wäre natür-
lich <lic gröfste Verkehrtheit, die man begehen könnte. Sie haben
die l-nterscheidung zwischen starker und schwacher Flexion bereits
auf die lateinische Grammatik angewandt, und ich bin sehr geneigt
sit» auch auf die romanische auszudehnen, wie auffallend es auch
für den Anfang lauten mag. Allein welche Bequemlichkeit und
Hestimmthrit li(*gt darin, sageîi zu köiinen: conobbi ital. geht stark,
ri>noseiu/i* schwach. Eigentlich liegt das Kennzeichen der rom.
starken FI<*xion in dem auf der Stammsylbe des Perfects (i. Sing.)
' Nachj^'ctraj^cn im Et. Wh.* 11c toi vre.
- \\'l. (iramm.* II 322, wo zuci:hjati anjjeset/t un<l strinj^ere vergUchen
ist: \Vl).* lüccarc-, wo als Etymon zucchon erscheint und zu stringare noch
attingetele kommt.
BRIEFE VON FRIEDRICH DIEZ AN JAKOB GRIMM. 493
^f u. passiven Particips ruhenden Accent, daher ward aus quaesivi
f quaesiium selbst chiesi chiesto mit zurückgezogenem Accente gebildet,
ja er zog sich, wie in sursi statt surressi auf die Compositionssylbe
zurück. Man könnte also auch stammbetonte und formbetonte Flexion
statt unregelmäfsiger u. regelmäfsiger sagen, wäre nur der Ausdruck
nicht etwas zu ungefüge.
Ihre deutsche Mythologie* hat in Bonn eine Art von Bewe-
gung hervorgebracht: sie bildete oft den Gegenstand der theil-
nehmendsten Unterhaltung selbst da, wo man es weniger erwarten
sollte u. alle, die sie entfernt berührte, eigneten sie sich möglichst
schnell an. Wie willkommen sie unserm Welcker war, können Sie
leicht denken, und Delbrück'^ sagte mir neulich vor meiner Abreise,
er habe seine Vorlesung über deutsche Litteratur zurückgenommen,
weil er ohne \ orhergegangenes Studium dieses Werkes eine solche
Vorlesung nicht mehr zu halten wage. Ich habe bis jetzt nur
blättern können, allein sogleich nach meiner Rückkehr werde ich
das Buch von Anfang zu Ende lesen um wieder einmal etwas zu
lernen, aber auch um wieder einmal etwas zu geniefsen. Geneh-
migen Sie nun schliefslich die Versicherung der ausgezeichnetsten
Hochachtung und Verehrung, womit ich mich nenne
Ihren
ergebensten
Dt Fr Diez.
* Erschienen 1835.
^ Joli. Friedr. Ferd. Delbrück, geboren in Magdeburg 1772, gest. 1848
in Bonn, wo er seit 1818 Professor der schönen Litteratur und der Philoso-
phie war.
A. TOBLEft.
Neues zum Buche der kamonianisohen Elegien.
£in zelanm er k ungen.
Zu Elegie II. Ohne jeglichen Zweifel ward sie in Afrika ge-
schrieben, fallt also in die Jahre zwischen 1546 und 1550. An wen
aber richtet sie sich? wen macht der Dichter zum Mitwisser seines
Liebesleides? Selbstverständlich wohl einen ungefähr gleichaltrigen
Freund ! Die Oberschrift, welche die Miscellanea Juromenha bietet
und welche lautet: ,^Elegia do Camois a um seu amigo" ^ ist demnach
unanfechtbar; und ebenso ist es die andere, etwas inhaltreichere des
Cancioneiro Luiz Franco: „/?í Ceifa a hum amigo**, in der doppelten
Behauptung, die sie enthält. Ob es auch die andere, genauere
Rubrik ¡st: „yl dorn Antonio de jVoroi/ha, estando na India**, welche
Soropita 15^5 dem ersten Drucke der Klegie beigab, und welche
die meisten Herausgeber und Biographen unbeanstandet wiederholt
haben? Ob er sie einer handschriftlichen Quelle entnahm? oder,
wie spätere Herausgeber in ähnlichen Fällen oft gethan, die allge-
meine Angabc der Originale eigenmächtig specialisierte ? Mir, und
auch wohl Storck, scheint die letzte Vermutung die wahrschein-
lichste zu sein. Trotzdem bleibt es Pllicht zu untersuchen, ob dio
Doppelangabe der Überschrift, dafs der Empfanger D. Antonio de
Noronha geheifsen und dafs er in Indien geweilt, richtig sein könne ;
oder üb wenigstens eine von beiden haltbar ist. Storck erfüllt diese
Pflicht und leugnet beide Möglichkeiten.
Kr stellt fest — was er den vielen Gedichten gegenñbcir,
welche die gleiche Adresse tragen, mehrfach wiederholen mufste —
dafs Camoens zu zwei Edelleutcn, Namens Anton {de Noronha), in
intimen Beziehungen gestanden hat, nämlich:
I. zu D. Antonio de Noronha, dem erstgeborenen Sohne der
zweiten (Irafen von Linhares (D.Francisco de Noronha und seiner
Frau I). Violaiite de Andrade), dem Freunde des Kronprinzen D. Jofto.
Am 5. August 1552 that er mit diesem in dem romantischen Toumier
von Xabregiis seinen ersten WafTengang, wurde dann, weil er sich
in das Edelfräulein D. Margarida da Silva verliebte, von den be-
sorgten Kitern nach Afrika entsendet, woselbst er, gleich nach
seiner Ankunft, am 18. April 1553, siebzehnjährig bei Oeuta, auf
dem „Monte da C'ondessa", mit 300 anderen Jünglingen, zur Seite
seintïs Kapitäns und Oheims D. Pedro de Menezes, im Kampfe
gegen die Mauren von Tetuan fiel.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 495
2. ZU einem anderen D. Antonio oder D. Antäo de Noronha,
welcher von 1564 bis 68 Indien als Vicekönig verwaltete.
Doch will Storck keinen von beiden als Empfanger des Briefes
anerkennen; den ersteren nicht, obwohl er zwischen 1546 und 50
vermutlich in Lissabon weilte, aus dem Grunde, weil er ein Knabe
war; den zweiten nicht, weil er schon vor 1550 in Indien gekämpft
haben soll (nach Braga, Juromenha etc.).
Letztere Angabe aber ist falsch, wie es falsch ¡st den be-
treffenden Helden D. Antonio zu nennen, falsch dafs er von den
Geschichtsschreibern bald so, bald D. Antäo genannt wird; und
falsch dafs er der Sohn des Vicekönigs D. Garcia de Noronha ge-
wesen sei. Alle diese Daten schreibt Storck seinen Gewährsmännern
Faria e Sousa, Juromenha und Braga nach, die ihn leider hier, wie
oft täuschen und irreführen. Sie haben auch in diesem Falle
Daten aus den Lebensgängen gleichnamiger Personen durcheinander
gemischt.
Erstens heilst der Edebnann und Held, welcher Indien von
1564 — 1568 als Vicekönig verwaltet hat, D. Antäo. Nie und
nirgends wird ihm in port. Denkmälern, nie und nirgends von den
Geschichtsschreibern Francisco de Andrada, Frei Luiz de Sousa,
Couto, von den Chronisten des Königs Sebastian etc. der Vorname
D. Antonio beigelegt. Sein Schutzheiliger war nicht Santo Antonio
de Lisboa oder de Padua, der Patron Portugals (f 1231), dessen
Festtag am 13. Juni vom ganzen port. Volke, besonders aber in
Lissabon, seiner Geburtsstadt, gefeiert wird, derjenige, welchen die
Malerei mit dem Christkinde auf dem Arm in seliger Verzückung oder
als den Prediger der Fische verherrlicht hat; nein, sein Schutzpatron
war Santo Antäo, der in der Wüste lebende Eremit, der „Vater der
Einsiedler", der 1356 in der thebaischen Wüste starb, derselbe,
dessen Anfechtungen und Versuchungen Malerei und Dichtkunst so
unendlich oit dargestellt haben, und dessen Insignie das Antonius-
kreuz mit oder ohne Glöckchen ist. Ebensowenig wie es nun er-
laubt ist aus den beiden Heiligen einen zu machen, ist es gestattet
die Schützlinge, die auf ihren Namen getauft wurden, mit einander zu
verwechseln und die in Portugal seltnen Pathenkinder des zweiten
nicht von den unendlich zahlreichen des ersteren zu trennen.
Zweitens war D. Antäo de Noronha nicht der Sohn des Vice-
königs D. Garcia. Sein Vater, genannt D. Joäo de Noronha war ein
illegitimer Sohn des zweiten Marquis von Villareal, D. Fernando de
Menezes, also ein Halbbruder des Vicekönigs D. Alfonso de Noronha.
Als „Nefi'e des Vicekönigs Í). Alfonso" wird er denn auch von
Couto und anderen l)eständig bezeichnet. Mit seinem Oheim
hatte er lange Jahre in Afrika gekämpft (von 1538 — 1549) und
dabei einmal, während einer Abwesenheit D. Alfonso's, Ceuta als
stellvertretender Kapitän kommandiert. Und zwar geschah das
von Ende 1547 bis Juli 1548, also gerade in der Zeit, wo Camöes
in Afrika weilte! Mit D. Alfonso ging D. Antäo nach Indien als
jener im Mai 1550 seines Postens als Gouverneur von Ceuta ent-
496 e. M. DE VASCONCELLOS.
hoben und als Vicekönig nach Goa entsandt wurde. Beider
Thaten in Indien sind für di'n Zweck dieser Anmerkung von
keinem Belaiig. Krst im Jahre 13Ò1 begleitete D. An täo Constantin
de Bragan^a nach Portugal, wurde 1564 selbst zum Vicekönig
ernannt, als welcher er sein Amt rühm- und erfolgreich verwaltete;
1568 kehrte er nach Kuropa zurück, starb aber auf der Heimfahrt,
in der Nähe von Morambique, wo sein Geschwader von Juli bis
November rasten muíste, und wo Diogo do Couto, welcher D. Antflo
begleitet hatte, den Lusiadensänger in Not und Pllend fand. In
seinem Testamente bestimmte der Held, dafs sein rechter Arm
nach Ceuta gebracht und im Grabe seines Oheims Nunalvares de
Noronha beigiîsetzt, der übrige Körper aber ins Meer versenkt
würde, was auch geschah (S. Couto passim, besonders VIII 229;
Souza X 204 u. öfters).
Unbedingt hat Camoens ihn demnach gekannt: in Afrika
waren sie WañengeHlbrten , und in Indien haben sie zusammen
wenigstens an der Expedition gegen den Pfefferkönig teilgenommen.
Kann der Brief sich nun an diesen D. Antäo wenden? Krst Mai
1550 schiffte derselbe sich nach Indien ein; im Nov. 1549 aber hatte
er bereits Afrika zu diesem Zwecke verlassen, und mittlerweile wohl,
aller Wahrscheinlichkeit nach, in Jjssabon geweilt Der Brief kann
also sehr wohl an ihn gerichtet sein: nur mufs er nicht kurze Zeit
nach des Dichters Ankunft in Afrika geschrieben sein, wie Storck
aus Zeile I o ff. schliefsen möchte, sondern zwischen Nov. 1549 und
Mai 1550. Was war natürlicher als dafs Camnens dem Freunde
und Kameraden, der nach Lissabon, an die Stätte der Sehnsucht
seines Dichterherzens gehen durfte, seine Seufzer und .seine Bitten
um Nachricht, die er ihm gewifs persönlich schon anvertraut, nun
auch noch schriftlich nachsandte?
Zwei Persönlichkeiten sind es mit denen Braga (z. B. HisL
de C. 11 102) und andi^re z. B. iManoel rie Faria Severim diesiMi
D. Antat) de Noronha verwechseln. Beide ht^ifsen 1). Antonio, uml
beidt* haben in Indien lange gekämpft, der erste vor 1550, wie
man es aus diesem (ìrunde auch nun von D. Antflo aussagte.
Dieser erste D. Antonio de Noronha war der dritte Sohn
des Vicek(">nigs D. (iarcia de Noronha (s. Couto 5, 2, 74); und wir<l
stets und überall , wo in Cîeschichtswerken von ihm die Rede ist,
nur „niho do Viso -Rei D. Garcia" genannt. 1546 nahm er Teil
an tier zwi'iten Belagerung von Diu; 1556 starb er als Ka|)itäii
von Malakka (C'outo 0, 1, 241, 244, 385, 421; 6, 2, 24, 88, 141;
2 I i etc. cic). •
Der zweite war in C'ochhn v(Theiratt;t, und wird stets „casado
eni Cochim" oder „o de Cochim" genannt. Er war Sohn des
D. .Marthiho de Noronha; ward 157 1 auch (wie D. AntAo früher)
Vicekönig von Indien unter äufserst schwierigen Verhältnissen! in
llenen er >icli mannhaft und klug zeigte. 1573 ward er in Folge
gehässiger Intrigueii abgesetzt. Im Mai 1574 starb er, gleich
jia«;lj seiner Küekkelir, au^ Gram über die Undankbarkeit und Un^
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 497
gerechtígkeit Sebastians gegen ihn (s. Q)uto 9, 2 und 120). —
Mehr über alle diese tapferen Seehelden zu sagen, ist hier nicht
angebracht
Camoens aber scheint zu keinem von diesen beiden in freund-
schaftlicher Beziehung gestanden zu haben. — Die zweite seiner
Elegien aber wird man von nun an gut thun zu überschreiben,
entweder einfach De Cetäa, a um amigOy oder De Ceuta, a D. Antäo
de Nor on ha.— (Cfr. Ode VII und Oktave I).
Zu Elegie III. Sie ist in dem glaubwürdigen Cancioneiro
Luiz Franco überschrieben: Da India, a D, Antonio de Noronha,
Die Schilderung der Seefahrt nach Indien (26. März 1553 bis Sep-
tember desselben Jahres) und des ersten Kriegszuges, an welchem der
Dichter gleich im November teilnahm, bildet den Hauptinhalt der
schönen Elegie. Ich sehe nicht ein, warum sie nicht dem jugend-
lichen Freunde des Dichters gewidmet sein soll, von dem oben
die Rede war. Als Camoens sie schrieb, wufste er noch nicht um
den tragischen Tod desselben, wufste vielleicht überhaupt nicht, dafs
er in Afrika weilte, und vermutete ihn daher in Lissabon. Erst
November 1554 brachte die Flotte die Trauerkunde vom Hinscheiden
des Freundes. Ob selbiger bei Camoens* Abfahrt das Vaterland
schon verlassen, bleibt freilich unbestimmt: ich zweifle daran; denn
nur wenige Tage nach der Ankunft des jugendlichen Kämpfers und
seiner Genossen in Ceuta fand er mit ihnen den Tod. Das beweist
eine Stelle in Sa de Mirandas Poesien (ed. C. M. de Vasconcellos
No. 145, 147 und 197), wo es z. B. von Concaio Mondes de Sa, dem
Sohne des Dichters Francisco de Sa de Miranda, welcher an dem
selben Tage wie D. Antonio de Noronha seinen Tod fand, heifst:
Eis que subitamente a morte veiu:
Inda bem se nSo tinha despedido,
Inda as lagrimas bem nSo s'enxugavSo,
Inda nSo tlnham d'eie nova ouvido,
E a primeira nova que ihe dav3o,
Era de morte!
V. 149. Die Bezeichnung „Pfefferkönig" enthält keineswegs
.Spott. Der Besitzer der kostbaren Pfefferinseln im Busen von
Cochim, Repelim, Parebaläo, Bárdela, führte diesen Titel von Rechts-
wegen, und wird von Couto nie anders als 0 Rey da Pimenta genannt.
1549 ward er in einem Kampfe gegen den König von Cochim,
welcher Verbündeter der Portugiesen war, getötet (Couto 6, 2,182);
sein Nachfolger und Krbe ward der König von Chembe, der von
1560 an also gleichzeitig Rei da Pimenta war. V. 151 — 156. In
Faria e Sonsas Schilderung spielt die Phantasie keine hervorragende
Rolle : er berichtet treulich was Couto überliefert hat. Dieser zählt
die Kapitäne von 7 Galeeren, 5 lat. Galeotas, 3 Galeonen, 6 Cara-
vellen und 8 Fustas namentlich auf, sagt aber es seien noch viel
mehr gewesen und spricht im ganzen von loo Segeln (6, 2, 499 — 508).
Dil* Nachricht vom Verluste nur eines Mannes bezieht sich auf eine
Zettttohr. f. roin. Ph. Vll.
32
49^ e. M. DE VASCONCELLOS,
einzelne Aktion des Kapitäns von Cochira, Jofto da Fonseca. —
Der ganze, obwohl kurze Feldzug bestand aber doch aus mehreren
Aktionen: es wurden all die kleinen fruchtbaren Inseln voller Palmen-
haine, Ilhas alagadas genannt, welche den Busen von Cochim fällen,
mit Feuer und Schwert verwüstet, und erst nachdem nichts mehr zu
zerstören war, zog der Vicekönig ab. Über den Gesamtverlust wrd
nichts gesagt; doch haben die „Wolken von Pfeilen", welche die
Feinde von den Wällen herunter auf die Angreifer schleuderten, wie
Couto bemerkt, viele verwundet und gewifs auch manchen getötet
Zu Elegie IV. Von der alten Ausgabe der „Historia da Pro-
vincia de Sancta Cruz" sind nur zwei Exemplare vorhanden; das eine
gehört Ternaux - Compans und hat ihm seine Übersetzung ermög-
licht; das zweite ruht in Rio de Janeiro. Doch existiert eine neue
zweite Ausgabe, welche die Lissaboner Akademie 1858 nach einer
zu ihrer Bibliothek geh(')rigen Handschrift besorgen liefs. Colliccäo
de Opúsculos retmpressos, relativos á ìùstoria das navegaçdes, tnagems, t
conquistas dos portuguezes. Tomo J No. 3: „Historia da Pramncia
Santa Cruz, a que vulgarmente chamamos Brasil, feita por Pero de
Magalhäes de Gandavo, dirigida ao multo illustre senhor Dam Leom's
Pereira, Gobernador que foi de Malaca e das mais partes do sul na
Jndia". — Die Überschrift des kamonianischen Dedikationsbrìefes
lautet daselbst Ao multo illustre Senhor doni Leow's Pereira ^ sobre 0
ìivro que Ihe offerece Pero de Magalhäes, Tercetos de Lutz de Camifes,
Die Textredaktion stimmt mit der von 1 598 im grofsen und ganzen
ü berein.
Zu V. 4. Ein Schriftchen ist das Werk in der That nur: es
zählt 68 Quartseiten. — V. 49. Numa mäo livros, noutra ferro e aço,
Cfr. Sa de Miranda No. 105, 46 — 50. — V. 71. Faria e Sonsas Be-
richt ist ungenau oder doch so gefärbt, dafs er zu Mifsverständ-
nissen Anlafs giebt. Wer ein deutliches Bild von D. I..eoniz selbst
und von seiner klugen Verteidigung des schwachbesetzten Malakka
haben will, mufs Couto 8 p. 133 — 163 nachlesen. — Im September
des Jahres 1567 hatte der Vicekimig D. Antäo de Noronha seinen
Schwager D. Leoniz de Pereira, Sohn des 3. (Crafen von Feira, der
sich 1535 bei Tunis die Sporen verdient hatte, als Kapitän nach
Malakka geschickt, gegen welche I'^estung der König von Achem sich
richtete. Mit einem starken und glilnzenden Heere erschien der-
selbe am 20. Januar vor der Feste , zu einer Zeit wo D. Leoniz
sich zur Feier des Sebastianstages mit seinen Rittern an Rohrstock-
spielen ergötzte: unter Jubel und Freude, com muito ar e galanieria^
. . pera que 7'issem os inimigos o alvoroço com que os esperavam^ be-
endete man die unterbrochenen Spiele, um dann sofort alles sum
Kmpfang des I'^eindes vorzubereiten. Die Flottenmacht desselben,
deren Ausrüstung zwei ganze Jahre in Anspruch genommen, war
grofs: D. Leoniz zählte 3 grofse Galeotas, 4 Cíales bastardas, 60 Fustas
und kleine Galeotas, mehr als 200 Lancharas, 80 BalÖes, 2 Cham-
pañas voll Munition. 15,000 ausgesuchte Mann nächst 400 Türken
und vielen Dienern hatten diese Selline, deren Zahl in mnder
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 499
Summe mehr als wirklich 350 ausmachte, mit sich geführt, aufser-
dem 200 grofse und kleine Kanonen. Von Weibern und Kindern
und Hab und Gut sagt der Berichterstatter keine Silbe; noch viel
weniger von einem schnellen Siege! Am 21. Januar begann die
Beschiefsung und Umzingelung der Stadt, und von Seiten des Ka-
pitäns die Verteidigung seiner Feste. Mit 1500 Mann, von denen
nur 200 Portugiesen d. h. mit D. Leoniz herüber gekommene Fest-
länder waren, wagte selbiger gleich an diesem Tage einen kleinen
aber glänzenden Ausfall gegen den Achem. — Dieser listige Fürst
versuchte auf alle möglichen Weisen sich zum Herrn der Burg zu
machen: umsonst. Der portugiesische Feldherr, in dem er einen
Neuling [reynol) vermutete, vereitelte mit grofser Klugheit all seine
Vorhaben. — Die entscheidende Schlacht ward erst am 25. Februar
geschlagen; nach dieser und nachdem der König von Achem in
aller Stille abgezogen war unter Zurücklassung vieler Schiffe, ver-
teilte D. Leoniz 50CX) Cruzados unter seine Leute d. h. alles was
er besafs, que näo quería que Ihe fic'asse mais que a honra^ com a quai
ficœva muito rico. Zu der Zahl 15,000 kam Faria e Sousa, indem
er 10,000 Cruzados mitveranschlagte, welche der Kapitän verloren,
oder mit Couto zu reden „um der Belagerung willen ausgegeben
hatte". Diesen Wert nämlich repräsentierte ein beladenes Schiff,
welches zur Abfahrt bereit im Hafen stand, als der Feind nahte;
D. Leoniz liefs es in den Grund bohren. — Von seinen „Portu-
giesen" waren nur drei gefallen, deren Namen Couto verzeichnet
V. 79. Als 1573 D. Antonio de Noronha seines Amtes als Vice-
könig enthoben und an seiner Statt Antonio Moniz Barreto mit dem
Titel eines Vicekönigs zum Gouverneur der indischen Gebiete vom
Kap Guardafui bis Ceilon erwählt ward, erhielt D. Leoniz die
Würde des zweiten Gouverneurs von Pegu bis China, darunter also
auch Malakka. Als er nun die zur Behauptung Malakkas dringend
notwendige Flotte und Mannschaft forderte, ward sie ihm für den
Augenblick verweigert, für den nächsten Herbst aber verheifson.
Da September 1574 das gegebene Versprechen jedoch nicht ge-
halten ward, schiffte er sich nach Portugal ein, dem Könige
Rechenschaft abzulegen (Couto 9, 22^.
Zu Elegie VII. Das Werk von Frei Isidor de Barreyra,
„Tractadu das significa<;öes das plantas, flores e fructos que se re-
ferem na Sagrada Escríptura" (Lisb. 1622 und 1698), aus welchem
Faria e Sousa seine Anmerkungen geschöpft, ist reich an gelehrtem
Beiwerk; was es aber über die Bedeutung und die stumme Sprache
der Blumen sagt, ward nicht aus der portugiesischen Volksüberliefe-
rung entnommen. Und doch war, meiner Ansicht nach, bei der
Beurteilung des „Vergel de amor" von wirklichem Interesse nur eines:
festzustellen ob der Dichter seinen Blumenstraufs nach Art und
Aberglauben des portugiesischen Volkes gebunden hat. Das scheint
der Fall zu sein.
Die Rose (64) ist auch heute noch das Sinnbild der Liebe
(nach J. Leite de Vasconcellos, TradiçOes populares de Portugal,
32»
500 e M. DE VASCONCELLOS,
Porto 1882, und nach Barreira 378 ist sie Symbol der Anmut).
Die Myrte (66) bedeutet niemals Freude, sondern gerade das
Gegenteil, den Schmerz, wie viele Volkslieder deutlich zeigen, z.B.:
Se te mandei um raminho
de murta, e nada mais,
a murta ê para os morios :
se morro, vos me mataes.
und
Entre as mSos frías de neve
um raminho me puzeste;
levaste as rosas e as cravos,
deixaste a murta e o cypreste.
Camoens schliefst sich also auch hier der Volksüberlieferung an.
Die Münze (69 horteld) weist auf Grausamkeit:
A hortelä é crueza;
menina nSo seja crua!
diga a seu pae que a case,
acceite quem a procura.
Die Levkojen, besonders die violetten, doch auch die goldbraunen,
l)edeuten Trennungsschmerz, und werden mit besonderer Vorliebe
auf Kirchhöfen gepflanzt. Der Majoran (80 manjerona) verkündet
wirklich Lust = prazer (Leite p. 118). Die Pappel (85) ¡st das
Sinnbild der Unbeständigkeit, und Redensarten wie mostrar ora urna
cara, ora outra como a foi ha do aìemo sind nicht selten. Die dunklen
Nelken, besonders wenn sie zu welken anfangen, bedeuten ver-
lorene Liebesmüh (96).
Z. 1 20 hat Storck mifsverstanden, und auch Braga hat sie nicht
zu deuten vermocht, obwohl Faria e Sousa das richtige schon ge-
sehen hat (IV 58). Beiden ist unbemerkt geblieben, dafs auch die
maravilhas Blumen sein müssen. Die hübschen bläulich -violetten
Blüten, welche das portugiesische Volk marvUhas^ mervilhast auch
mervilhas do Perú nennt, erinnern lebhaft an die Blumenkrone der
(leutscheii blassen Winden; sie schliefsen sich Nachts vollkoiniiien
und leben nur einen 1 ag (?). Darum sind sie das Sinnbild der
Vergänglichkeit. Als Zierpflanzen sieht man das hübsche Schling-
g('wächs in südlichen Gärten recht oft. Ich glaube es ist die
„mirabilis Jalappa'^ — Die alten portugiesischen Golsdchmiede haben
dii' graziösen Fomicn der Blüten und Blätter der Wunderblume
oft als Ornament verwertet.
Die Verse:
Ja nSn se quer deter o mcu cuidado
Com a r</;//¿- descanso : a brevidade
Das maravilhas so tem desejado.
müssen daher anders übersetzt werden als
Du kündest Ruh\ Granate; Ruh* zu pflegen,
Sträubt Liebe sich; doch wehrt ihr dein Gebot,
Der Blumen Sinn noch weiter auszulegen.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 5OI
Schlüter hatte treuer, wenn auch weniger gewandt, verdeutscht:
Nicht fürder noch nimmt die Granate wahr,
Erholung, mein Gedanke; nur verlangen
Darf er der Wunderblumen Ende gar.
Zu Elegie Vili. Auch ich halte die Klegie für apokryph und
sehe sie bis auf weiteres als rechtmäfsiges Eigentum des Chronisten
Francisco de Andrade an. Hätte ich Lust und Neigung zum
Schmieden kühner Hypothesen, so würde ich, gestutzt auf die Mit-
teilung von Barbosa Machado (li 104), Francisco de Andrade habe
eine Historia de Fei icio e De Ha, obra pastoril geschrieben, wie femer
eine Elegia á morte de D, Catherina de Attaide ein que säo interlocu'
tores Fe lie io e Sylvano, vielleicht auch die I5te der kamonianischen
Idyllen, in welcher ein gewisser So li so und ein Silvano den Tod
Katharinens betrauern, für ein Werk des sangeskundigen Chronisten
erklären. Den Namen Felicio zu entfernen, statt seiner aber den
neuen, sonst nirgends vorkommenden Namen So liso zu zimmern,
weil das richtige Anagramm aus Luis (= Liso) nun doch einmal
in den Vers nicht passen wollte, das wäre ein Kunststückchen, das
man Faria e Sousa wohl zutrauen kcmnte. In Luiz Francos Lieder-
buche wird, so viel mir bekannt, der Name des Dichters der idyl-
lischen Elegie oder des elegischen Idylls gar nicht genannt. Auch
dafs oder ob die Namen der auftretenden Hirten dieselben sind,
die Faria e Sousa verzeichnet, sagt niemand ausdrücklich. Im Text
ruft Sylvano seinen Gefährten 6 mal bei Namen, in Zeile 116, 152,
157, 221, 238, 256. Davon fehlen im Cane. L. Franco die zweite
und dritte Stelle ganz; für die vierte und sechste verzeichnen Jur.
und Braga eine abweichende Lesart, in welcher der Name nicht
vorkommt. Zweimal nur, in Zeile 116 und 221, bliebe also Soliso
(oder Felicio) stehen. Ob die Herausgeber hier Varianten über-
sehen haben? Bei nächster Gelegenheit werde ich mir Gewifsheit
darüber verschaffen.
Weder die Elegie, aii welclie ich diese Bemerkung knüpfe,
noch die 15. Idylle gehören zu dem Schönsten, was die kamonia-
nische Muse geschaffen: die erste steckt voller Künsteleien und
voller Wiederholungen; die zweite ist matt und weniger tief em-
pfunden, als der Titel „auf Katharinens Tod" vermuten läfst: beider
Verse sind wenig melodiös und nähern sich in vielen metrischen
Eigentümlichkeiten den Werken des Caim'nha, Fer rei ra, Sa de Miranda
und des Diogo Bernardes. Es hat am portugiesischen Hofe mehr
denn eine Schöne Namens Catharina de Ataide gegeben: warum
soll denn gerade nur die eine, welche Camoens' Herz gefesselt,
besungen worden sein?
Zu Elegie IX bemerke ich nur, dafs ich keinen rechten Grund
habe an ihrer Echtheit zu zweifeln — wenigstens keinen anderen
als das Mifstraucn, das ich alle dem entgegenbringe, was Faria e
Sousa aus Manuskripten aufgelesen. Geschmack fìnde ich m'cht
daran.
502 e. M. DE VASCONCELLOS,
Zu Elegie X. Storcks Untersuchung ¡st auch hier rait grofser
Sorgfalt, Kunst und Feinheit geführt; da sie aber auf schwanker
Basis ruht, wird es einem starken und gewappneten Arme niclit
schwer werden den mühsam errichteten Bau völlig einzureifsen ;
und mir schon ist*s gelungen gar manches von seinem Mauen^^erk
abzubröckeln. Jedenfalls aber hat Storck bewiesen was er beweisen
wollte, d.h. er hat mit Nachdruck gezeigt, dafs die überlieferten
Rubriken der kamonianischen Gedichte nicht ohne strenge und
genaue Prüfung als mafsgebend für Auffassung und Erklärung der
Gedichte betrachtet werden dürfen — und dieser Nachweis ¡st
immer noch wertvoll und erspriesslich, weil immer noch viel zu oft
Bezug auf die Überschriften genommen wird, als auf unantastban^
und verbürgt echte Nachrichten über den D¡chter. Was Storck
aber, ohne es eigentlich zu bezwecken, fenierh¡n bewiesen, ist, dafs
d¡e von jüngeren Herausgebern, Kommentatoren und I^itterarhisto-
rikern an den kamonianischen Überschriften vorgenommenen um-
deutenden Änderungen und die damit zusammenhängenden neueren
Interpretationen mit ebenso grofser Furcht und Zweifelsucht anzusehen
sind wie die alten — ein nicht gerade erfreuliches und ermutigendes
Resultat, welches zwingt jeglicher Behauptung, Camoens und seine
Freunde und Gönner betreffend, bis auf den Grund naclizugehen,
nach ihren Quellen und Veranlassungen zu forschen — und das
um oft nach langer Arbeit nur zu dem negativen Ergebnis zu
kommen, dafs heute mit den zu läge liegenden Hilfsmitteln über
diese oder jene P>age überhaupt nichts mehr rund und klar zu
entscheiden ist.
So ist's mir leider auch mit dieser Elegie und mit der sicli
daran knüpfenden langen Untersuchung gegangen: ich kann nach-
weisen, dafs die alten Überschriften unecht, aber auch dafs viele
ändernd daran geknüpfte Behauptungen der Camoensforscher falsche
s¡iid; neue mich selbst befriedigende, alle Zweifel lösende. Sätze
vermag ich jedoch nicht an Stelle der alten zu schieben, die ich
stürze. Überall nur Vennutungen, le¡d¡ge Hy|)Othesen.
Es handelt sich darum zu wissen: i. Steht es aufser Frage,
dafs der in Elegie X besungene Held den Namen Miguel de Me-
nezes getragen? 2. Wer war er? 3. Wo und wann fiel er?
4. Wann und wo mufs das Gedicht geschrieben sein? 5. Kann
Camoens es verfafst haben?
I. Stellt es aufser Frage, dafs der besungene Held den Namen
Migu<il i\r. Meiurzes getrageii? Ja; es steht fest und aufser Frage,
aurh ganz abgesehen von der Überschrift, welche es behauptet, die
ich al)(T zunächst ganz bei Seite lasse, da sie von Antonio Alvares
da C-uuha und von Paria e Sousa, den ersten Herausgebern der
Elegie, aus dieser selbst erschlossen se¡n kann. — Der Dichter klagt
in Zeil«? 7:
und .später (Z. gi und 22g in A) nennt er denselben Namen nodi
zweimal, einmal sogar im Versausgang, wo er auf crue/ und aui
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 503
reimt. Der Vorname steht also aufser Frage. Den Zunamen nennt
der Dichter nicht, doch sagt er in wichtigen Zeilen (169 — 174 A),
der Gefallene gleiche auch darin, dafs er un beerdigt,^ eine Beute
der wilden Tiere, liegen geblieben sei, dem grofsen Urahnen,
welcher, um seines Königs Leben zu schützen, sein eigenes den
Lanzen der wilden Tingitaner preisgegeben habe, d. h. er sagt
deutlich und klar, der Held, den er beklage, sei ein Urenkel „des
Grafen", d i. jenes tapferen D. Duarte de Menezes, welcher im Jahre
1463 oder 14Ò4 in den Bergen von Benacofii seinen Herrn und
König Alfons V. rettete vor den Streichen der Mauren, selbst ab^r
in Stücke gehauen ward ((iomes Eannes de Azurara, Chronica de
D. Duarte de Menezes). Alle männlichen Nachkommen dieses Grafen
von Vianna aber haben den stolzen Namen de Menezes getragen.
2. Wer war D. Miguel de Menezes? Ein Urenkel D. Duartes
das wissen wir bereits; und es scheint ein leichtes nun auch die
Namen des Vaters und Grofsvaters zu finden, die Reihe seiner
Vorfahren bis auf den Urgrofsvater zurück zu verfolgen, d. h. eine
kurze, nur fünfgliedrige genealogische Kette zusammenzusetzen,
die noch dazu so schimmernden Metalles ist. Bei dem sprich-
wörtlichen Überflusse der Portugiesen an „Livros de Linhagens"
müfste es in der That so sein, und doch ist es ein schweres, ja
fast unmögliches Unterfangen. Gerade die grofse Anzahl der Adels-
bücher macht es oft schier unmöglich volle Sicherheit über einen
zweifelhaften Fall zu erlangen: die Angaben der einzelnen Genea-
logiker widersprechen sich tausende von Malen; tausend Mal aber
lassen uns alle ganz im Stiche. So ist es auch in diesem Falle
zwar leicht über den ältesten Sohn und Erben des Grafen von
Vianna und über dessen Nachkommen bis in unsere Zeit hinein
genaue Notizen zu finden, schwer aber etwas zu erfahren über
die Spröfslinge der jüngeren Söhne, zu denen D. Miguel gehört
haben mufs.
Prüfen wir zunächst die verschiedenen Angaben unserer Vor-
gänger im Amte, vor allem diejenige, welche Storck für die rechte
hält. Sie stanunt vom Visconde de Juromenha und lautet dahin:
D. Miguel de Menezes sei Sohn eines D. Manoel und Enkel eines
D. Joâo, dieser D. Joâo aber sei der sechste Besitzer der Ortschaft
Cantanhede gewesen. Wäre dieser sechste Herr von Cantanhede
nun ein Sohn des Grafen von Vianna, so stände alles gut und
wir brauchten keinen Schritt weiter zu thun. Leider aber ist das
nicht der Fall, wie ich gleich zeigen werde; thatsächlich war er ein
Edelmann aus dem Hause Cantanhede, und das ist die Hauptsache;
und ein Sohn des Grafen von Vianna hiefs freilich D. Joâo de
Menezes, doch nicht Menezes-Cantanhede, sondern Menezes-Tarouca.
Die Linie des Hauses Menezes, welcher Cantanhede erb- und eigen-
tümlich ist, ist aber eine ganz andere als diejenige, welche Tarouca
inne hat. Um bis zum Stammvater Beider zu konamen, müssen
wir um 7 (Generationen, um 200 Jahre, zurückgehen: der Vater des
iTsten Herrn von Cantanhede (wie auch der Königin D. Leonor
504 e. M. DE VASCONCELLOS,
Telles de Meneses) genannt Martin Añbnso Telles de Menezes, ist
der Bruder des ersten Herrn von Tarouca, Joäo Aifonso Teiles de
Menezes, dessen Enkel erst der erste Gouverneur von Ceuta, der
Graf D. Pedro und dessen Urenkel unser Graf von Vianna ¡st
Juromenhas weitere Angaben sind, an und für sich betrachtet,
ziemlich getreue. £s ist richtig und steht thatsächlich aufser Zweifel,
dafs ein D. Miguel de Menezes am 4. Aug. 1578 in Afrika bei Alcacer
Quebir fiel. Es ist richtig, dafs er der Sohn eines D. Manoel und
ein Enkel des sechsten Herrn voii Cantanhede war. £s ist richtig,
dafs er zur Seite seines erstgeborenen Bruders den Heldentod starb:
kurz alle die Einzelheiten, welche der Visconde auf Grund einer
handschriftlichen Chronik Sebastians und auf Grund eines Alvará zu
Gunsten der Mutter des Verstorbenen mitteilt, sind genaue. Und
es ist auch richtig, dafs Miguel in der Blüte seiner Jugend starb;
und in gewissem allgemeinen Sinne auch richtig, dafs er für seinen
König das junge I^ben gelassen. Auch ich weifs das und twar
aus der Liste ^ der in der Schlacht von Alcacer gefallenen , ver-
wundeten und gefangenen Mitglieder der erlauchten Familie der
Meneses. Denn selbige ist keineswegs ungedruckt, sondern steht in
Bayflo „Portugal Cuidadoso e í^astimado'' (1737) und gelangte dahin
aus handschriftlichen Aufzeichnungen des bekannten Frei Bernardo
de Brito. Letztere sind also vermutlich Juromenha zu Gesicht ge-
kommen. Darin heifst es in der Liste der „Menezes da Casa de Can-
tanhede e do Lourival" (Zweiglinie) auf p. 708 : „Z>. Jodo de Menetes,
fiiho primogenito Je D, Alütwei de Menezes e de Brües de Vi/Aemi,
filha de Joäo de Mello da SylvOy e de D, Judo de Menezes, 6^** Senhor
de Cantanhede, morreo na hatalha. D, Miguel de Meneses, seu irmdo,
for morto na mesma". Die meisten Angaben dieser Verlustiiste» die
ich von Punkt zu Punkt geprüft, haben sich als treue, wahrhaftige
mit den Angaben der Chronisten Sebastians, vor allem mit der
ausführlichen Schlachtschilderung des Jeronymo de Menduça über-
einstimmende gezeigt: Des D. Miguel mid seines Bruders gedenkt
freilich kein anderer Chronist (ein Beweis dafür, dafs sie sich nicht
in hervorragender Weise ausgezeichnet haben) ; da aber keiner
})rätendiert, auch nur annähernd vollständig alle bei der Schlacht
beteiligten Edelleute anzugeben, so kann es nicht verwundern wenn
ein Zeitgenosse, weU*her die Verluste eines einzelnen ihm bekannten
' Die Liste zähli im ganzen 31 Glieder der Menezesfamilie auf, von denen
II gleich in der Schlacht starben, während 20 in Gefangeoichaft gerieten.
Von diesen 20 starben noch in Afrika an ihren Wunden drei oder vier. Die
übrigen wurden losgekauft oder kauften sich selbst los. — Von fast allen
sprechen die zeitgenössischen Chroniken, su dafs es eigentlich jeglichem Leser
derselben möglich war die Britosche Liste anzufertigen: auch die nllieKn
Angaben über ihre Eltern, die zur Auseinanderbaltnng der vielen gleidi-
namigen nötig sind, stehen zum Teil schon in den Chroniken, sum anderen
Teil linden sie in Genealogien Bestätigung. Brito schöpfte sie ans seiner
eigenen Kenntnis. Kinige kleine Fehler sind in der Liste, zn der ich nodi
drei vei bürgte Xamen hinzufügen kann. Hier würde eine nähere Dulegnng
verhältnismäfsig zu viel Raum einnehmen, weshalb ich sie nnterlane.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 505
Hauses zusammenzählt, noch manchen Namen nachzutragen findet
Dafs ein Miguel aber gelebt hat und jung gestorben ist, dritter Sohn
eines Manuel und £nkel des sechsten Herrn von Cantanhede, der
unendlich oft D. Joäo wie der vierte und siebente Herr von Can-
tanhede genannt wird, in Wahrheit aber D, Jorge hiefs, dies wissen
auch die Genealogiker , z. B. Gaetano de Souza (V 398 ; XI 807,
842, 876, 877), der die Namen der Eltern genau so angiebt wie
Bernardo de Brito, und der uns zeigt, dafs Miguel aufser D. Joâo
noch zehn Geschwister gehabt, Namens: D. Pedro, Domingos, Fran-
cisco, D. I^onor de Vilhena, D. Joanna Manoel, D. Anna, D. Maria
de Vilhena, D.. Catherina, D. Ignez und D. Joanna de Menezes.
Ein Filipe ¡st nicht darunter (und auch kein Aram *, was weniger
bedeutet) wie die Elegie es als Bedingung für ihren Helden ver-
langt! vor allem aber ist derjenige D. Miguel, auf welchen diese
Daten passen, kein Urenkel des D. Duarte von Vianna. Folglich
ist er es nicht, den unser Gedicht besingt, und in der Identifi-
zierung zweier verschiedener Homonyme hat Juromenha hier wie
öfter geirrt.
Gehen wir zu einem anderen Deutungsversuch über. Antonio
Alvares da Cunha (A. p. 24) giebt der Elegie I die Überschrift :
Ä morte de D, Miguel de Meneses, filho de D. Henrique de Meneses,
Governador da Casa do Civel^ que morreo na India und Fana e
Sousa (IV 64) behauptet, in ziemlicher Übereinstimmung damit, in
den beiden Manuskripten, welche er benutzt, führe die Elegie den
Titel : A la muerte de D, Miguel de Memses en la India , hijo de
D, Enrique de Meneses Governador de la Casa del Civil, Die Elegie
ist port geschrieben, folglich wird auch die Überschrift in dieser
Sprache mitgeteilt worden sein, Faria e Sousa's spanische P'assung
wäre also eine Übersetzung, bei welcher, seiner Interpretation gemäfs,
der Zusatz „in Indien" unverkennbar auf D. Miguel bezogen
wird, während es in der zweideutigen Fassung des Alvares da
Cunha unklar bleibt ob Vater oder Sohn in Indien starb. Ich halte
die Fassung des Alvares da Cunha für die ältere und glaube, dafs
das Manuskript, welches er benutzte, sie bereits bot; stimme also
nicht mit Storck überein, welcher annimmt, A. habe nur nach Ein-
sicht der FS.*schen haiidschriftlichen Sammlung sein Gedicht veröffent-
licht. Bot denn die Sammlung des FS. auch die 241 Verse zählende
1 extredaction ? Doch dem sei wie ihm sei. Faria e Sousa, falls
er die Überschrift auf eigene Faust gefertigt hat, oder Alvares da
Cunha, so er zu dem gleichen Resultat wie jener kam, oder ein
früherer Besitzer und Sammler, vielleicht gar Schreiber des Lieder-
buches, in welchem A. und FS. die Elegie fanden, ist bei seinen
Nachforschungen nach D. MiguePs Vater zu dem Ergebnifs ge-
* Der Name Aram ist mir, als ein in Portuj^al üblicher, fremd; nicht
einmal einen Mönch oder Einsiedler (was der betreffende in Zeile 58 der
Elegie (A) erwähnte fjewesen zu sein scheint), der sich diesen biblischen
Namen beijjelejjt, ist mir bekannt. Ob vielleicht Joam oder Fernam zu
lesen ist?
506 e. M. DE VASCONCELLOS,
kommen, derselbe habe D. Henrique de Meneses geheifsen und sei
(jovernador da Casa do Civel gewesen.
Diese Behauptung müssen wir also einer Prüfung unterziehen.
Der belesene und auch in genealogischen Fragen im Allgemeinen
gut bewanderte FS. versucht natürlich in seinem Kommentar nähere
Auskunft ül)er D. Henrique zu gebtin. Er erzählt Don Henrique
habe im Anfang der Regierung des Königs D. Joäo III. dem damals
in Lissabon ständigen Civilreichsgericht als scchstcir Gouverneur
vorgestanden: er sei Comthur von Idanha-a-velha und Azinhaga
gewesen ; seine Frau habci den Namen D. Brites de Vilhena geführt
und ihm elf Kinder geboren, Namens: D. Joäo^ Rodrigo, Antonio,
J'Vancisco, Miguel, Felipe, Joäo (vielleicht Joâo Pello?), D. Branca,
D. Maria, D. Leonor und D. Joanna. Wann und wo, und dafs
D. Miguel im Kampf gefallen, ist ihm unb(.'kannt: er suchte ihn
unter den Kämpfern in Indien, weshalb er ihn nicht fand. Auch
ich kenne D. Henne lue de Meneses ; nicht nur aus genealogischen
Werken, sondern aus Goos und Andrade etc., d. li. aus den Chro-
Ì liken, welche von seinen Thaten zu berichten wissen. Im Jahre
15 13 >var er bereits alt genug um unter D. Jaime de Braganya
die F^pcdition nach Azamor mitzumachen. Wahrscheinlich ver-
diente er sich dort die Sporen (so dafs sein Geburtsjahr um 1500
sein wird), oder die ioga vin/t'Sf denn m'm ira permHiido — aas mocos
ßdalgos — t/ue andavam no paco, tomar trajo de varäu sem ierem
ptissado li Africa e rìrem d*- ht com certidòts de rsi/oroses. Im Jahre
1 52 1 lìiìden wir D. Henrique als stellvertretenden Kapitän von
Tanger.* In Indien ist er nicht gewesen; weder Gaspar Correa
noch Harros, noch Cbuto, die doch jeglichen Edelmann namhaft
machen, der sich dort Lorbeeren gepflückt, wissen von ihm zu er-
zählen : der Zusatz der Überschrift des Alvares da Cunha, cue morreo
mi India y kann also nicht auf D. Henrique bezogen werden, und
da er auch nicht von D. Miguel wahr ist, wie die fUegie selber es
Iwweist, so mufs er als apokryph gestrichen werden. Den Titel
eines Cìoveruador da Casa do Civel geben ihm nicht nur unsere
Elegie und Faria e Sousa; auch Chetano da Sousa (Hist Gen. X 795,
XI 457, XII 535) bezeichnet ihn zu dreien Malen als solchen und
als C!omthur von Idanha-a-Velha : er wird ihm also wohl zukommen.
Man vergleiche auch Fr. Manoel dos Sanctos, Hist Sebast 489.
Freilich scheint es mir als sei er nicht da/u gekommen seine Stelle
wirklich zu l>ekleiden: es ist bekannt und vielfachst zu beweisen,
dais schon unter Emanuel, und durch Johanns III. Regierung hin,
iuir I). Alvaro de Castro das Amt wirklich verwaltete, und dafs
unter Sebastian, Diogo Lopes de Sousa an jene Stelle trat Als
' N;Khtr.ï^lich erfahre ich da> ungefähre Datum seines Amtsantrittes.
In der Bibliothek von Kvora befindet sich nämlich, laut ihres Handschriften-
K.atalo^c< II p. ibo, ein vom 15. De/ember 1540 datierter Brief an D. Hen«
rii|ue: l\irfa qut' J-ernäo Cart/i».\'o r'scn'veu a O. Henrique de MetUMs qtê^ndo
.\íizcr,ifM ^s'i'ií'"«'»''"' »/«' casa </.i cñr/ tie JJsboa. q eirei o mandou chamar
a Aí'meirim.
i
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 507
Substitut, oder als präsumptiver Erbe des hohen Postens, oder als
Inhaber der zweiten Charge eines Regedor (ein Titel der unrecht-
mäfsig oder beliebig mit dein des Govemador gewechselt wird)
kann er jedoch mit vollem Rechte den Titel getragen haben. Auf
die Angabe, er sei der sechste Govemador gewesen, ist gar nichts
zu geben, sie ist jedenfalls ungenau.^
Wer war nun dieser Henrique? stand er in naher Beziehung zum
Grafen von Vianna und Helden von Benacofu ? Ja wohl ; er war
sein echter und rechter Enkel, wie die weiter unter mitgeteilte
kleine genealogische Tabelle es dem Leser zeigt. Er war der
vierte Sohn des Grafen von Tarouca, D. Joâo de Menezes, welcher
selbst der Erbe und erstgeborne legitime Spröfsling jenes D. Duarte,
des Grafen von Vianna, ist. Hätte D. Henrique nun einen Sohn
D. Miguel, einen anderen D. Philippe und aufser diesen noch zahl-
reiche Kinder, und wäre nachzuweisen wann und wo D. Miguel
der Urenkel in erster Jugendkraft auf afrikanischem Boden den
Lanzen der Mauren erlegen ist, so hätten wir unsere Untersuchung
zu Ende geführt. Wie schade, dafs ich keine Auskunft gefunden
trotz Wochen langen Suchens in allen mir zugänglichen historischen
Quellenwerken! Der Name seiner Frau ist mir unbekannt ge-
blieben. Es frappiert dafs sie, gerade wie die Mutter des bei
Alcacer - Quebir gefallenen D. Miguel de Meneses, den Namen
D. Brites de Vilhena getragen haben soll, doch ist es sehr wohl
möglich, ja wahrscheinlich, da eine mir bekannte von ihren Töchtern
faktisch de Vilhena heifst, ihre erste Tochter aber wiederum
D. Brites getauft ward. Solche Coincidenzien sind in den port.
Familien überaus häufig und bei der Sitte, die Namen des Grofs-
vaters auf den Enkel, der Grofsmutter auf Enkelinnen zu übertragen,
auch ganz natürlich, um so mehr als unter den Adelsfamilien die
Verbindungen naher Verwandter — Onkel und Nichte, Cousine
und Cousin — überaus häufig sind. Auch frappiert es, dafs
D. Brites de Vilhena die Mutter des ersten D. Miguel , zwölf
Kindern, und auch D. Brites de Vilhena, die Mutter des zweiten,
1 1 Kindern das Leben gegeben haben soll — laut Faria e Sousa.
Ich selbst kenne sie wie gesagt nicht näher.
Ich kenne nur vier von denen, welche der belesene Kommen-
tator aufzählt: D. Branca (Souza XI 457) de Vilhena, welche sich
mit D. Pedro de Menezes, Kapitän von Tanger (aus dem Hause
* Von dem ersten Govemador da Casa do Civel an, D. Pedro libato,
welchen Johann I. eingesetzt haben soll , bis zu Alvaro de Castro sind ihrer
viel mehr denn 6 gewesen; ich allein kenne 9 — 12 bei Namen, freilich, wie
ich bekenne, ohne recht zu v^issen welche davon nur für die Zukunft ernannt
waren, ohne je wirklich zu fungieren , welche nur auf kurze Zeit in Stellver-
tretung, und welche thatsächlich Bestallte waren. Wer hat denn überhaupt
die Reihe der höchsten Justizbeamten im port. Staate zusammengestellt? wer
wcifs wie die Rcgcdores das Justiças und die scheinbar «nter ihnen stehenden
Governadores oder Kegedores da Justiça da Casa da Supplicacäo und der
tJasa <lo Civcl sich zu einander verhalten r Nur wer die Archive der Torre
do Tombo durchforscht, wird die einschlägigen Fragen beantworten können.
508 e. M. DE VASCONCELLOS,
Tarouca), vermählte; D. Maria de Menezes (S. X 795), die Creinahlin
des Dichters D. Manoel de Portugal ; I). Joäo Tello, welcher, ein
hochbejahrter (iréis, ^1580 als einer der fünf Gouverneure Por-
tugals fungierte; und D. Philippe, über den ich jedoch anders
unterrichtet bin als Faria e Sousa, welcher angiebt, derselbe sei als
Kapitän von Orniuz ausgiisandt worden, auf der Fahrt von Roin(!)
nach Portugal hätten ihn jedoch Mauren gotödtet! Wann sollte
das gewesen sein? Couto IV 2, 303 ncMint ihn als Begleiter Kon-
stantins von Braganya auf dem Seezuge nach Jafana]»atäo 1560,
sonst nie. Aufserdem ist mir ein Jeronymo de Meneses als Sohn
d«is D. Henrique lìekannt, welcher 1568 als Rektor die Universität
Coirabra verwaltete. Weder D. jNliguel, noch Aram(?) kenne ich,
halte es al>er für sehr niöglich, dafs beide existiert haben und
dafs die Angabe von FS. die rechte, sf)wie dafs die alte (M)er-
schrift, insoweit sie lautet:
A' morte de D. Mi^^ucl de Meneses
tilho de D. Henriiiue de Menesc.«». Governador da Casa do Civeì
eine echte, Wahrheit sprechende, sei.
Noch ein dritter Deutungsversuch l>edarf der Kritik. Die
Lissabon(?r Camoens- Ausgabe von 1720 überschreibt die Elegie:
Es fa Kit' già fez o Poe la a morie de I), Migue/ de Ment'Zes na Indttìy
filho de D. Henrique de Menezes VI Goiurmidor da India chi tempo
del Rey I). Joiìo IlL Xeue Maìiuskripte hal>en dem Herausgeber
ilieser Ausgabe nicht vorgelegen : er hat sich die Überschrift also
selbst zunxhlgemacht , d. h. er hat geglaubt (ìovernador da Casa
ilo C.'ivel sei ein Irrtum; und da ihm selbi^r nur ein D. Henrique de
^leneses von Ansehen und Bedeutung bekannt war, der Governador
da India, der ja noch dazu im Beginn der Regierung Johanns III.
gewirkt, wie FS. von seinem D. Ilenriijue behauptet, so schloss er,
müsse dieser notwendig der Vater des Miguel sein. Wenn er auch
den 'I'od des (ìiìfeierten nach Indien verlegt, folgt er FS.'s Spur.
All(î st^int^ Angaben sind jedoch rein willkürliche, denen jeder
Schein des Rechtes fehlt. D. Henrique de Menezes, welcher 1526,
nach noch nicht dreijähriger Regierung, in Cananor starb, ist kein
Knkel des Grafen von Vianna, ja steht zu ihm überhaupt nicht in
naher verwandtschaftlicher Beziehung. l^r gehört einer Zweiglinie
<ler M(*nezes-C^ntanhede an, den Menezas do Praço de Lourival,
diiren Nachkommen (ìrafen von Isri^eira wurden. Der dritte Bruder
d<;s vierten Herrn von C'antanhede, Joäo oder Joäo Tello de Me-
nezes, gen.'innt Fernando o Roxo, C^onnnendador da Menda-marques
(Barros III 2, 3^6, 521 und Souza Xll 535), ist der Vater D. Hen-
ri« |ues. Seine Kinder heifsen: D. I)i«)go, D. SimSo, D.^Antonia und
1). C'alliariiia. Des erstgeborenen fünf Kinder, D. Simäo, D. Hen-
rique, J). Ibernando, D. Diogo und Joäo, sämtlich mit dem Zunamen
o Roxo, kiimpften alle heldenmütig bei Alcacer- Quebir, wo zwei
von ilnu'ii lullen, und zwei schwerverwundet in Gefangenschaft
gerieten.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 5O9
Weder unter seinen Söhnen noch unter seinen Enkeln ist
also ein D. Miguel — und keiner seiner Angehörigen darf auf den
Grafen von Vianna als auf seinen Ahnherrn weisen.
Dazu den Gouverneur von Indien mit dem Govemador da Casa
do Civel zu verwechseln ist also nicht der geringste Grund vor-
handen; ja nicht einmal der von Storck ersonnene, beide seien
„sechste Statthalter" gewesen. Keiner von beiden war das:
weder der erste, wie ich schon bemerkte, noch der zweite. Der
Gouverneur, welcher Indien von 1524 bis 1526 verwaltete, war der
siebente seines Amtes, wie es die folgende Tabelle zeigt:
D.Francisco d'Almeida i.Vicekönig und i. Govemador 1505 — 1509
D. Aifonso d'Albuquerque 2. „ 1509 — 15 15
D. Lopo Soares 3.
D. Diogo Lopes de Sequeira 4.
D. Duarte de Menezes 5.
D. Vasco da Gama 2. Vicekönig und 6.
D. Henrique de Menezes 6.
1515-1518
1518 — 1521
1521— 1524
i524Sept.-Dec.
1524— 1526.»
Dafs der in der lo. kamonianischen Elegie gefeierte D. Miguel
de Menezes, von dem das Gedicht selbst uns berichtet: i. er sei
auf afrikanischem Boden gefallen; 2. im Augenblicke des Todes
habe er noch in erster Jugendblüte gestanden; 3. er habe Ge-
schwister gehabt, darunter ein D. Filippe; 4. er sei ein Urenkel
des hochberühmten (trafen von Vianna D. Duarte de Meneses, —
dafs dieser D. Miguel unmöglich einen D. Manoel de Meneses und
ebenso unmöglich D. Henrique de Meneses, Gouverneur von Indien,
aus dem Hause Louriçal, wie die Ausgabe von 1720 annimmt, zum
* Ich knüpfe hier eine Notiz an betreffend das 89. Sonett, welches den
(fouvemeuer von Indien feierte. Derselbe starb in der Festung Cananor, an
der Küste Malabar am 2. Februar 1526, d. i. am Tage der Reinigung Mariae,
wie solches Corren (II 970) und Andrada (II 2) ausdrücklich bemerken. Das
von Storck angegebene Datum, 23. Februar, stammt aus Barros (Dec. Ill io,
p. 521), in dessen Originalhandschrift wahrscheinlich „2 ou 3" stand, woraus
später 23 ward. Caetano de Sousa spricht es ihm nach. Couto (Dec. IV 1,1)
spricht von Ende Januar. Chorreas Angabe ist jedoch hi ;r wie überall der
meiste Glauben zu schenken. Auch über sein Alter wird verschiedentlich
ausgesagt: Correa und Andrada nennen ihn 45 jährig. Barros sagt er sei
30 jährig gestorben, so dass Faria e Sonsas Behauptung er sei mit 27 Jahren
Gouverneur geworden, jedenfalls keine aus der Luft gegriffene ist, auch fur den
Fall, dass sie falsch wäre. Seine Gebeine ruhen nicht in der Iglesia major
Je Gon, sondern in der igreja mayor de Cananor, junto do alt ar -mor á parte
do avangelho (Correa und Andrada) oder genauer noch na capella de Santiago
na igreja de Ca nano r , onde foi sepultado junto do altar 'mar na parte do
Evangelho (Barros). Das 89. karaonianische Sonett kann nur beim Anblick
des Grabmals geschrieben sein, und nur die Rubrik A sepultura de D. H. de
äM. ist also gerechtfertigt. Seinen Tod konnte weder der damals einjährige
Camoens, noch irgend ein anderer port. Dichter in einem Sonette feiern: 1526
verstand nur ein Portugiese Sonette zu machen und dieser eine hat es sicher-
lich nicht verfasst. Als Camoens im Nov. 1553 am Feldzuge des Vicekönigs
Alfonso de Noronha gegen den PfefFerkönig teil nahm, hielt er sich einige
Tage in Cananor auf, wie Couto in der 6. Dekade (Buch 10, Kap. 15 p. 501 — 3)
erzählt. Bei iliescr Gelegenheit also ward das Sonett gedichtet.
5 IO e. M. DE VASCONCELLOS,
Vater gehabt haben könne, ist somit erwiesen. Erwiesen auch dafs
D. Henrique de Meneses, Governador da Casa do Civel, aus dem
Hause Tarouca sehr wohl, wie Alvares da Cunha und Faria e Scusa
behaupten, meiner Meinung nach, auf Grund einer alten Handschrift
sein Vater gewesen sein kann.
Um dies Ergebnis noch sicherer zu stellen, müssen jedoch
alle Urenkel des Grafen D. Duarte aufmarschieren: es könnte ja
sein, dafs unter ihnen ein srweiter D. Miguel wäre, auf den die
Indicien der Elegie noch besser pafsten. Sehen wir zu!
D. Duarte hinterliefs fünf Kinder: D.Henrique, D.Joâo, D.Garda,
D. Fernando und D. Maria. — i. D. Henrique, der älteste, der Lieb-
ling und Kampfgenosse seines Vaters, war illegitim und zählt darum
bei vielen Genealogikern nicht mit; Alfons V. ernannte ihn gleich
nach seines Vaters Heldentode zum Grafen von Loulé; er vermählte
sich mit D. Guiomar de Bragança; heider einziges Kind, D. Brites
de Meneses, ward die Frau eines Coutinho Marialva, und derer
wiederum einziger Spröfsling, D. (ìuiomar Coutinho, ward der viel-
besprochene und besungene Anlafs zu dem neunjährigen Skandal-
prozefs zwischen dem Herzog von Aveiro und dem Infanten D. Fer-
nando, als dessen Gemahlin sie 1534 ohne Erben starb. — 2. D. Joäo
de Menezes war der Erbe seines Vaters und erhielt als solcher das
Stammgut Tarouca, zu dessen (irafen er 1497 erhoben ward. Ich
habe später noch seiner zu gedenken. Er hatte eine zahlreiche
Nachkommenschaft. — 3. D. Garcia starb schon 1484 kinderlos. —
4. D. Maria hat auch keine Nachkommenschaft. — Wohl aber
5. D. Fernando, mit dem Beinamen „o Narizes", der 1532 hoch-
betagt starb. — Pinkel und Urenkel des Grafen von Vianna finden
wir also nur unter den Spröfslingen des Grafen von Tarouca und
dos D. l'ornando o Narizcs. Die nebenstehende Tabelle stellt sie
in m()glichst übersichtlicher Weise zusammen.
Der Leser ersieht daraus, dafs der Graf sechs Enkel gehabt,
und fünf bis zwölf Urenkel männlicher Linie, dafs von allen diesen
aber nur einer den Namen Miguel geführt, der Sohn cl)en des
1). Henrique, von dem Faria e Sousa weifs.
Kr ersieht aber ferner — und das ist hochwichtig för die Be-
antwortung der Frage 3. Wo und wann fiel D. Miguel de Meneze?
— dafs v(jn Urenkeln des Grafen bei der Schlacht von Alcacer -
Quebir nur noch ein einziger tlas Schwert führte, D. Garda de
IMenezes! Und von diesem ehien erzählt Jeronymo de Mendoza,
er sei so alt gewesen, dafs der König ihm nicht gestatten wollte
ihn zu begleiten (p. 66), eine Thatsache welche alle Chronisteu
verzeichnen. VAn weiterer Urenkel war noch am Leben, D. Joflo
Tello, doch auch hochbejahrt; vielleicht auch D. Jeronymo, der
Rektor von Coimbra, der jedoch schon 1568 ein Greis war. —
Und ila ^ollte noch ein ganz jugendlicher Urenkel, mit rosigen
Wangen und blitzenden Augen, ein Adonis, ein Hjädnth, 1578 bei
.\lcacer gekämpft haben? Wo sollte der herkommen? Selbst die
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 5 1 1
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512 e. M. DE VASCONCELLOS,
Ururenkel, wie D. Duarte, der Generalissimus, und D. Luiz, der
Alferes-mór, waren schon Männer. Nur die zwei Ur-ur-urenkel
waren halbwüchsige Knaben. Hier angekommen gehe ich sur Be-
antwortung der Frage über
3. Wo und wann fiel D. Miguel de Menezes? Kann er bei
Alcacer-Quebir, also am 4. Aug. 1578, zugegen gewesen sein? Nein.
Im Jahre 1578 gab es keinen Urenkel des Grafen von Vianna, dessen
alma pura, dessen idade immatura e innocente und dessen formosos
olhos ein Dichter hätte feiern können; nur weifsköpfige Urenkel-
Greise. Auch aus diesem Grunde ist Juromenhas Deutung der
Elegie zu verwerfen. Was veranlaistc aber Storck, der doch nie
blindlings einem Vorgänger folgt, sich der Interpretation desselben
anzuschliefsen? £r glaubte in der Elegie selbst eine absolute Be-
stätigung der Möglichkeit zu finden, dafs D. Miguel bei Alcacer
gefallen, d. h. er glaubt sie spräche aus, der (gefeierte habe um
seines Königs Leben zu schützen die eigene Brust den Lanzen
der Feinde dargeboten; da aber, folgert er, von portugiesischen
Königen nur einer, D. Sebastian, seine eigene Person den Streichen
der Feinde ausgesetzt hat, so kann es sich eben nur um die furcht-
bare Niederlage handeln, in welcher Portugals Freiheit verioren ging.
(>egen diese Folgerung ist nichts einzuwenden, einmal zugegeben
(lafs ihre Prämissen richtig sind, d. h. zugegeben D. Miguel habe
wirklich des K<'>nigs Leben verteidigt. Steht das aber aufser Zweifel?
Doch wohl nicht?
Der Dichter sagt:
Wohl weifs ich, dafs der î^ib im freien Feld,
Wo ehrenvoller Gruft er inufs entbehren,
Dem Wild der Berg* als Speise ward bestellt;
Jedoch versöhnt mich, dafs er gleicht dem hehren
Urahnen, der des Königs Brust mit Muth
Beschützt und seine beut des Feindes Speeren.
In Stücke reifst den i^ib der Mauren Wnth.
Und läfst ihn liegen, und mit rohem Herzen
Kntziehn sie ihm des Grabes Rast und Hut.
Im portugiesischen Originale heifsts:
Bern conhc^o que o corpo assi perdido,
(■orno de illustre tumulo carece,
Será de brutas feras consummido.
Mas consola-me emñm que se ])arece
Ao grande bisavo, que por a vida
Real a sua á maura lança oftVece.
\juicr: Mas tambem n'isto vi que se parece
O) grande bisavò que pela \*ida
Real a sua as lanças offerece.]
Era pedaços a gente enfurecida
O corpo alli Ihe deixa, e com mSo dura
I^hc nega a sepultura merecida.
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 5 1 3
Zwingen diese Worte den Vergleich zwischen dem grofsen Ur-
ahnen und dem jugendlichen Urenkel auf mehr als auf den Umstand
auszudehnen, dafs beider Leichen unbeerdigt auf afrikanischer £rde
liegen geblieben sind? Ich glaube es nicht; und das Zeugnis ver-
schiedener unparteiischer, weil um die schwebende Frage ganz und
gar nicht wissender Portugiesen, das ich angerufen, giebt mir Recht.
Der Zug, dafs der Urahn einst sein Leben opferte, um das seines
Königs zu retten, konnte, ja mufste hinzugefügt werden um den-
selben, ohne Nennung seines Namens, überhaupt kenntlich zu
machen, kann und muís sich daher auf D. Duarte allein, und nicht
auch auf den in erster Jugendblüte stehenden Heros beziehen, in
dessen Brauen doch einmal der Ahnen grofse Züge eingeschrieben.
Und die Möglichkeit erwiesen, dafs ein anderer afrikanischer
Schiachttag als der von Alcacer gemeint sein kann, frage ich weiter:
Ist es denn überhaupt denkbar, dafs ein Dichrer eines Freundes
Waffenthaten und glorreichen Tod besingt, der mit seinem Leibe
des Königs Leib gedeckt hat, und dieses Umstandes nur so neben-
her in zwei Zeilen gedenkt? 1st es möglich, dafs er keinen Jammer-
ruf darüber ertönen läfst, dafs das Opfer ein vergebliches war,
dafs Sebastian, trotz der Hingabe seines Getreuen, dem Tode an-
heimfiel? oder, das unannehmbare angenommen, der Jüngling habe
seinen Herrn wirklich gerettet, wie einst D. Duarte den König
Alfons V., oder der Dichter habe sich das wenigstens eingebildet,
habe an Sebastians Rettung geglaubt und von der Schwere der
erlittenen Niederlage nichts geahnt, mufste er dann nicht einen
Freudenschrei über den im Tode errungenen Triumph ausstofsen?
Kann es ein Gedicht irgend eines Portugiesen geben, giebt es eines,
das den Verlust eines einzelnen der bei Alcacer gefallenen Helden
beweint, und der allgemeinen Not, und des Unterganges der Freiheit
und Herrlichkeit seines Vaterlandes nicht gedächte? Ist es möglich,
ilafs eine solche Episode des verhängnisvollen Kampfes in Ver-
gessenheit geriet? Würde der Name D. Miguel de Menezes nicht
ebenso ruhmvoll genannt worden sein (falls er wirklich die ¡hm
vindicierte Tliat vollbracht hätte), wie der des Jorge de Albuquerque
Coelho, der am vierten August thatsächlich , durch Überlassung
seines Pferdes, dem unglücklichen Sebastian das junge Leben
rettete, das jener freilich Stunden nachher doch lassen mufste?
oder wie der Name des greisen Gomez Freiré und seiner vier
Söhne? der Name Simäo de Meneses, Lourenço da Silva, Jorge da
Silva, Sebastiao de Sa, Manoel Teiles, kurz aller derer die in der
Schlacht durch irgend eine That sich auszeichneten? — Wir kennen
den Verlauf derselben ganz genau: Listen der gefallenen Ritter,
Listen der Gefangenen und Losgekauften sind vorhanden; jedes
kühne und energische Wort, das gesprochen ward, jede opferfrohe
Tliat, jeder verzweifelte Schrei ist von Augenzeugen und von 2^it-
genossen , die von Augenzeugen den Bericht empfangen hatten,
verzeichn(it worden : von einem D. Miguel de Menezes, Urenkel
úe> Grafen von Vianna, weifs jedoch keiner etwas zu sagen. Er
2^1tiohr. f. rom. Ph. VII. xx
514 e. M. DE VASCONCRLLOS,
war also nicht 1578 bei Alcacer-Quebir, und hat sein Leben nicht
zur Rettung Sebastians eingesetzt. Wenigstens glaube ich iiiclit
daran — bis sich mir überzeugende Beweise bieten.
Wann aber fiel er? und wo? Jedenfalls auf afrikanischem
Boden, da in A 83 seine Feinde Tingitanos genannt werden. Eine
andere Antwort vermag ich nicht zu geben. Sehe ich mich nach
Niederlagen um, welche die Portugiesen erlitten, und die allgemeinen
Jammer erregten und in Prosa und Poesie betrauert wurden, nach
einer Niederlage, bei der man wohl von einem Zurückweichen und
Fliehen der Angegriffenen reden kann, so fallt mir nur die Nieder-
lage ein, welche D. Pedro de Menezes, stellvertretender Kapitän
von Ceuta, der dritte Sohn des ersten Grafen von Linhares, am
18. April 1553 unweit von Ceuta erlitt; jene Niederlage, bei welcher
der Kapitän selbst mit 300 adligen Jünglingen der Übermacht der
Feinde zum Opfer fiel; an seiner Seite D. Antonio de Noronlia,
der 17 jährige Freund des Lusiadensängers, und darunter Gonzalo
Mendes de Sa, der noch jugendliche Sohn des Dichters Sil de
Miranda, von welchen beiden schon oben gesprochen ward; und
femer Paulo da Silva, und André Rodrigues de Beja, zwei Knaben,
die auch kurz vorher, im Toumier von Xabregas zum Schwert ge-
griffen hatten; jene Niederlage, bei der „wie durch ein Wunder**
die Fahne wenigstens, durch die Hand auch eines kaum erwachsenen
Jünglings, des JoÄo Rodrigues Pereira gerettet ward; jene Nieder-
lage, die in Portugal schmerzlich wiedertönte und allsogleich von
den Dichtem beklagt ward. Von Jorge Ferreira de Vasconcellos
in der Segunda Tavola Redonda (p. 358 — 59), von Antonio Fer-
reira in seinem Briefe an Miranda (No. 197), von Miranda in der
Antwort darauf (No. 147) und in dem Widmungsbrief (No. 145),
mit dem er die J^gloga „Basto" an seinen Freund Antonio Pereira
schickte , und von Camoens selbst in seiner ersten Idylle und hn
zwölften Sonett
Die dem Geschwader des Vicekönigs D. Pedro Mascarenhas
ungehörigen Schifte, welche im November, oder nadi anderen schon
im September, 1554 gleichzeitig die Nachricht von der Gelnirt
Sebastians, vom Tode des Kronprinzen und von der älteren Nieder-
lage bei Ceuta nach Indien brachten (Couto VI 2, 141), mochten
die Kunde vom Tode (ies Miguel de Menezes nicht mit voller
(Genauigkeit an die in Indien weilenden näher und femer verwandten
Glieder der Menezesfamilie, und der eng und mehrfachst mit der-
selben verschwägerten Noronhas, melden ; mit Gewifsheit aber doch
wohl, denn sonst würde der Dichter kaum seine Terzinen geschrieben
* Dafs man in Goa zuerst nur gerüchtweise von dem Unglñckstmge bei
Alcacer-Quebir gehört haben solle (wie Storck vermnten mnls, um glaabHch
/u machen, dafs ein dort weilender Dichter unsere Elegie geschrieben habca
könne), scheint mir unwahrscheinlich. Laut Couto IV p. 148 Tohren eist ia
Oktober 1579 die Schiffe von Lissabon ab, welche die Nachnchteo TomTode
Sebastians nach Indien bringen sollten : um diese Zeit aber mafoten die flbcr-
brachten Nachrichten ganz, genaue und sichere ¡»ein.
NEUES ZUM BUCHE DRR KAMON. ELEGIEN. 5 1 5
haben. Die Gebeine des D. Antonio de Noronha wurden nun
zwar in der Cathédrale von Ceuta beigesetzt, und gewifs ist manche
andere Leiche bestattet worden ; dafs jedoch viele andere unbeerdigt
blieben, ist an und für sich wahrscheinlich, wird aber zur Gewifs-
heit dadurch, dafs auch Miranda von seinem Sohne, genau so wie
Camoens von Miguel de Menezes, im Andenken an Vergil (Aeneis
II 646), sagt:
A sepultura (que os olhos engaña)
é levissima perda!
Dafs ein Miguel de Menezes bei dem Gemetzel auf dem Monte
da Condessa war, kann ich übrigens nicht behaupten, nur vermuten.
Jedenfalls stand der in der Elegie Besungene aber wie die meisten
der gefallenen Leute, in zartem Alter, und jedenfalls konnte 1553
einer der jüngeren Söhne des D. Henrique de Meneses das Knaben-
alter kaum überschritten haben, und kann er daher recht gut einer
der 300 (wentureiros sein aus jener lustrosa companhia que alegre
s^emharcou na triste armada»
Von ihnen allen heifst es: morreram äs laucadas em Africa
es for cadamente. Auch scheint es mir ungezwungener in Zeile 118
das Wort Capitäo auf einen wirklichen Kapitän, wie D. Pedro de
Menezes, zu beziehen, als auf den König Sebastian ; und das gleich-
viel, ob meine Auslegung sich nun als richtig erweist oder nicht
Bis jetzt ¡st sie nichts als eine Hypothese.
4. Wann und wo wurde die Elegie verfafst? und 5. Kann
Camoens sie geschrieben haben? Verfafst ward sie zweifelsohne
in Goa, wie Storck richtig erkannt hat Die Worte
Que vejo as praias húmidas de Goa
Ferver com gente attonita e torvada
Do rumor que de boca em boca soa.
stellen es aufser Frage. Auch mufs sie gleich nach Empfang der
Trauerbotschaft gedichtet worden sein: trifft meine unter 3. aus-
gesprochene Vermutung das Rechte, so fiele sie in das Ende des
Jahres 1554 und dann hinderte nichts daran, sie für eines der
echten Gedichte des Lusiadensängers zu halten, an dessen Denk-
und Dichtweise sie auffällig anklingt; und der damals in der
Wintermufse zu Goa seine erste Idylle, sein Sonett 12, den Prosa-
brief an einen Freund in Lissabon (I No. 1 59) und manches andere
dichtete.
Hier könnte ich aufhören: die fünf oben gesteUten Fragen
sind beantwortet so gut oder schlecht es eben gehen wollte. Doch
habe ich noch einige in Storcks Kommentar zu den Menezes-
Terzinen ausgesprochenen irrtümlichen Sätze umzustofsen, die sich
wie eine Krankheit von Buch zu Buch weiterschleichen. Den Leser
bitte ich ob meiner Weitschweifigkeit um Verzeihung: soUen aber
einmal all die kleinen Fragen, welche sich- an die kamonianischen
Gedichte knüpfen, klar und wahr beantwortet werden, soll dem
gröfsteii Dichter Portugals ein seiner ganz würdiger Kommentar
33»
5 1 Ò e M. DE VASCONCRLLOS,
werden, so müssen eben alle falschen Sätze daraus entfernt werden.
Die Sätze beziehen sich auf denjenigen D. Manoel de Menezes,
welchen Juromenha für den Vater unseres Miguel und auf den-
jenigen D. Joäo, welchen er den (irofsvater desselben nennt, welche
beide aber thatsächlich Vater und ( jrofsvater eines ganz änderen
bei Alcacer-Quebir gefallenen gleichnamigen Helden sind. Storck
identificiert nämlich die beiden Vorfahren mit zwei Dichtem des
Cancioneiro de Resende gleichen Namens, gestützt auf Théophile
Braga (Hist de Cam. I 37 1 und Poetas Palaciaros p. 432), der vor
ihm, im Anschlufs an die von Juromenha (III 489) gewonnenen
Resultate, das gleiche gethan hat. Alle drei irren : sie verwechseln
auch hier wiederum D. Joflo und D. Manoel mit zwei anderen
Personen, wie es bereits Barbosa Machado und viele andere gethan ;
sie mischen die Menezes - Tarouca mit den Menezes-Cántanhede
durcheinander. Die Sache, welche ich in meiner Miranda-Ausgahe
bereits in ihren Hauptsachen dargestellt habe, liegt wie folgt
D. Joao de Menezes Graf von Tarouca, der Sohn und Erbe
des Grafen D. Duarte, daher der mutmafsliche Grofsvater unseres
Miguel, den ich schon oben erwähnte, war ein gefurchteteter und
geachteter Held in Emanuels Zeiten: über seinen Lebenslauf und
über seine Thaten geben die Chroniken von Goes, Osorío, Andrade,
Frei Luiz de Sousa, Resende die genaueste und sicherste Nachricht
und selbst Barros und Couto erzählen oft gelegentlich, wenn sie
von seinen Söhnen, Enkeln und Urenkeln zu sprechen haben, von
seinen Thaten in Afrika und seinem Ansehen bei Hofe. Graf von
Tarouca und Conde-Prior sind die Titel unter denen er auftritt:
(îr starb alt und bejahrt unter der Regierung Johanns III., bei
dessen Tlironbesteigung er noch das Banner hielt, also nach 1521.
l^r war Poet, wie fast alle grofsen Hofmänner seiner Zeit, doch steht
im Cancioneiro Geral nur ein einziges T.ied, das ihm mit Bestimmt-
heit zukommt (II 63), und dieses eine feiert als l)erûhmten Sänger
seinen noch ungleich berühmteren und bedeutenderen Namensvetter,
von dem ich nun reden will.
D. Joflo de Menezes Cantanhede, der den Namen Dichter
wirklich verdient, ist der in Azamor am 15. Mai 15 14 verstorbene
Held, dessen Siingeslust Sa de Miranda, Jorge Ferrdra, Jo&o de
Barros, Ferreira, Osorio etc. feiern, und von dessen Knegsthatcn
alle Chronisten rühmend sprechen (besonders auch FS. in seiner
„Africa"). Ihm gelitirt im Cancioneiro de Resende eine stattliche
Reihe von Gedichten (1 107 — 135 und viele andere); ein Liedchen
von ihm steht auch im kastilianischen Can. Gen. (ed. 1557 fl. 181),
U!id Witzworte und feine Sentenzen über ihn fìnden sich in allen
port. Anekdotensamnilungen. Was hier besonders hervorgehoben
werden mufs ist i. dafs er unvermählt und kinderlos starb, dafs
er also Niemandes Cìrofsvater sein kann, und 2. dafs er nicht der
sechste Herr von Cantanhede war, weder Herr noch sechster, nodi
war der sechste Herr überhaupt ein D. JoÄo de Meneses, wie ich
schon oben gesagt. Kr war der dritte Sohn des vierten Herrn
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 5 I ^
von Cantanhede D. Joäo Tello de Menezes. Sein ältester Bruder
D. Pedro (der 147Q bereits den Grafentitel erhielt) war der Erbe
seines Vaters und fünfter Majoratsherr. Dessen Sohn und Erbe,
Cantanhede 6, hiefs D. Jorge, und erst sein Erstgeborener, der
siebente Besitzer des Erbgutes, hiefs wiederum D. Joäo de Me-
nezes, und er erst ist der Grofsvater des bei Alcacer gefallenen
D. Miguel , da sein dritter Sohn, D. Manoel, thatsächlich desselben
Vater ist. — Dieser D. Manoel war laut Souza XI 842, 876 u. 877
Oberkämmerer des Senhor D. Duarte, Sohn des Infanten D. Duarte.
Zu dem Poeten D. Joäo de Menezes steht er also im Verhältnis
eines Grofsneffen; er selbst hat nichts gedichtet
Welcher Manoel de Menezes aber ist es denn, den Juromenha,
Hraga und Storck als poeta afamado do Cancioneiro de Resende auf-
führen? Ich kenne noch einen des Namens. Als der Conde-Prior
1496 Venedig mit einer portugiesischen Flotte gegen die Türken
zu Hilfe eilte, begleitete ihn ein D. Manoel de Menezes, der bei
der Exj)edition verunglückte und im Meere ertrank. Goes (I 24)
sagt nichts über seine Herkunft; Souza (XI Bio) nennt ihn Sohn
des ersten Grafen voìì Cantanhede, also einen Neffen des Dichters
Joäo de Meneses-C'antanhede. Dieser 1496 gestorbene D. Manoel
kann jedoch unmöglich identisch sein mit dem im Cancioneiro de
Resende auftretenden Dichter, den Sa de Miranda preisend lobt, in
einem .\tem mit dem 15 14 verstorbenen, und in einer Form die es
wahrscheinlich macht, dafs er selbst persi'mlich dem letzten Schwanen-
gesange der beiden Dichter Emanuels gelauscht hat Die Frage
bleibt also immer noch (jrt'en. — Dafs Storck sein peculium poeiicum
nicht entdecken konnte, ist übrigens gar nicht auffällig. Beträgt
es doch ein einziges Stücklein im Cancioneiro de Resende III 224.
Dixi.
Zu lüegie XIV. Sie ist zweifelsohne ein Werk des Diogo
Mernardes. — 159Ö veröffentlichte er sie in seinen „Flores do Lima".
Und unter seinem Namen bietet siti auch die Miscellanea Juromenha.
Alvares da Cunha hat also gröblich geirrt, als er dieselbe 1668
Camoens zuschrieb: an rohe Kntstellung, an Fälschung und Ver-
hallhornung glaube ich nicht. Der Text, den jener herausgegeben,
ist zwar verderbt, doch kann ihn sehr wohl eine Handschrift in
diesem Zustande üluírliefert haben. J^s steht keineswegs schlimmer
um ihn, als es durchgängig der Fall mit der kamonianischen Lyrik
ist Kine Terzine ist nach Zeile 12 ausgefallen, sei es weil sie
schon in der benutzten Handschrift fehlte, sei es dafs Alvares da
Cnnlia oder sein Schreiber ilüchtig kopiert hat; in Zeile ^2 ist das
Reim wort wol unleserlich gewesen, stat sobe ¡as setze man sab t da s \
in Zeile 54 ist respondido falsch, ich schlage vor rependido an seine
Stelle zu setzen; in Zeile 85 mul's für cor dor gelesen werden; in
Zeile 96 für muiias (wahrscheinlich moHas) mor tas. Damit aber sind
die verderbten Stellen vollzählig verzeichnet, fünf an Zahl, von denen
vier sichtlich nichts als Lesefehler sind. Was Storck mir sonst et^va,
angesichts des schöneren 'J'extes der „Flores do Lima", fur Ver-
5 1 8 e. M. DE VASCONCELLOS,
ballhomungen erklären könnte, ist nichts als minder gelungene
Fassung desselben Gedankens. Wenn alles Verderbte gefälscht ist,
woraus ist dann Elegie XV entstellt, der ja auch eine ganze Ter-
zine aus der Glitte heraus fehlt? und Elegie XIX, in der dasselbe
geschehen? Giebt es denn überhaupt einen einzigen kamonia-
nischen Text — diejenigen abgerechnet, welche Soropita und Este-
vam Lopez mit Sorgsamkeit und Liebe und Fleifs gesammelt haben,
und diejenigen bei Seite gelassen, an denen Faria e Sousas nach-
glättende Feile thätig gewesen — , giebt es, frage ich, einen einzigen
z. B. unter all den von Juromenha und Braga als Inéditos veröffent-
lichten Texten, der nicht in hohem Grade vernachlässigt und reich
an Fehlem und Lücken wäre? Hat nicht Storck selbst überall
Kleinigkeiten gefunden, die der Nachbesserung bedürfen?
Die Lesart der Elegie, wie uns die Miscellanea Juromenha sie
giebt, hält die Mitte zwischen den beiden bis heute gekannten:
bald nähert sie sich der in den „Flores d<:) Lima" von Diogo Ber-
nardos selbst veröffentlichten, bald der weniger schönen, von D. Ber-
nardos verworfenen, welche Alvares da Cunhci aus irgend einer
Handschrift auflas, wo sie vermutlich ohne Namensangabe in der
Nähe etwelcher kamonianischer Werke stand. In i6 Fällen — welche
durch kursiven Satz in die Augen fallen — kann ich eine gänzlidic
oder partielle, unter keiner Bedingung aber zufallige Überein-
stimmung der in Camoens' Werken umlaufenden I..esart mit der in
der Mise. J. enthaltenen konstatieren. Wenn aber auch nur in fünf
oder sechs Fällen eine aus Alvares da Cunha zu entnehmende
Variante in einem alten, glaubwürdigen Manuskripte eine Bestäti-
gung fände, so wäre man, mein' ich, schon verpflichtet ihm zu
glauben, dafs er eine handschriftliche Quelle benutzt und niclit
willkürlich an Di( >g(j Bernardas* gedrucktem Limatexte geändert hat
Die drei Texte lauten wie folgt:
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN.
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522 C. M. DE VASCONCFXLOS,
Zu PLI eg i e XV. Der Text dieser Elegie, welche Alvares da
("unha 1668 (p. 56) für kamoniaiiisch erklärte, an deren Fchtheit
ich aber zweifle, bleibt mir stellenweise dunkel: die Gedanken
folgen sich in loser und etwas bunter Reihe, so dafs die Interpre-
tation eine schwierige ist. Was wollen z. H. Zeile 13 — 15 sagen?
ich habe die verschiedenartigsten Deutungeii versucht, doch keine
gefunden, die mich ganz l)efriedigt hatte. Wenn in Z. 16 — 18 steckt,
was Storck herausgelesen, so ist ihre jiortugiesische Fassung mir
unklar. Ich möchte übersetzen : „Mit dem (iedanken stehen meine
Augen in Fehde, weil er, der immer l)ei Kucli und in Euch ist,
sie nicht mit sich nimmt: denn es giebt keinen Wall, der ihm
widerstände*' (Punkt nach ns/s/ij). Freilich kann idi keinen Beweis
dafür beibringen, dafs Ar </'//y///jA7 t"W ì Ig tu m Umdeute „mit Jemand
entzweit sein'*; doch zweifle ich nicht daran, dais es das hat
bedeuten k< innen.
In Zeile 31 lese man »//w»/ tu in hü statt iilma t? mM/uti in 36
î>etze man ein Komma nach innhiWCii und keinen Punkt : in 5 1
mur> e> heifsen Jt quanto tur 'h qiuình\ in 54 ./ e seguir =
il stguil'v und nicht «/»> sign/r: in óo ist die Schreibart tsphera
vorzuziehen: 64 ist metrisch nicht fehlerhaft, dixrh ziehe ich auch
vor Oihos an Stelle von Os o/hos zu setzen.
Zu Elegie XVI. Ist das Gedicht sch<>n? ist es echt? ist es
treu überliefert? ist es nur eine Cliersetzung? Steckt noch ein
Cieheinniis darin, d.h. verbirgt e^ irgend ein Kunstatückchen , das
noch dtT Entdeckung, irgend ein Rätsel, tla> noch der l^ung
harn? Kaum, da Storck !•> nicht i^efunden. Doch was befremdet
liaran in ío >eliNani aufdringlicher Weist*? Ich weifs e> nidit, doch
finde ich tleii Styl sonderbar und die Ver>e holperig und reich an
Ihinoii. liiiL-rpunktiou und I)ruckeinrichiung der port. Au8gal)e
sind «iehr niangelhafi.
Zu E'.fgie XVII und XVlll. IWdr Stücke sind genan so
ungeierik va A unhannoniscli wie die spanischen PfKîsien des Dom
Manur". ilr PiTiUiHil uìui Sa de Miranda. Sa de Menezes etc. Man
vorgìeicln- Nt\ 171.'. 171 und iù2 meiner Ausgalte. I^amlierto Gil's
NaclìK'S'-iTiniCtMi ;:elie!! >ami und M»ndcr^ darauf aus häfsliche
lliateii /i: ti!go!\ die Verse voliti »neiidcr zu maclien und Lusitanismen
im Au>driîck /u i»e>eitigen. l'nbt-dingi sind seine Änderungen
Xer^iliöniTungei:: sind •m.ï.cîk- Verschímenuigen al>er statthaft?
W firL-: : beide E li ¿ien c r \\ i o s e r. i- r m a i's e n von CamoenN so muíste
nì;i!ì <ich die Verft^inerungen wohl «»der üliel gefallen lassen, da
or :r.àt>.ic}ìlii'h ein vorrüg', i elio und kein stümperliaftes Spanisch
j:i*M.iirielH-!i ;.:. P. in Eg!. 1 . >o daiV es angesicht;» so M^vrderbter**
IVxie. wir die' Ix'ider. frag'.ichen e^ >ind. auf der Hand läge die
l\-hlor AVA ivràiriuni: der Kopisten zu schreilien. So aber, da kein
iiiiiorer .vie! . ir. "serer liruiid dazu zwingt, die Texte als kamonia«
• i>oiu' .1: i'iirachie!. . ;-: t> auci. gr statte:, wenn nicht geboten,
iii' l':.« l-i'î.V.i'itfïi r.:id l.i:si:a:ÜÑiui;i dorsellvn. unter die ich sdbst-
vor>:.iv.».".*ij' das ^ur'^'ioh Eoiilerha?':e nicht einb^^ife, für
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 523
tümlichkeiten ihres unbekannten Verfassers zu halten, und sie dem-
entsprechend unangetastet zu belassen. So z. B. finde ich in
Elegie XVni i die Änderung passadas zu pisadas unnütz: passadas
bedeutet nämlich genau dasselbe wie pisadas d. h. Schritte und
ist ein in der port Bukolik überaus häufig gebrauchtes Wort (cfr. Mi-
randa No. 1 50, 296 und 302) ; besonders da in Z. 4 pisando Reimwort
ist, ist's überñüssig im Reimwort der ersten Zeile auch ein Wort
gleichen Stammes anzubringen. Ebenso sinnlos ist es aus montaña
inirataiada^ m. inhabitada in Z. 35 zu machen. Auch dies ist ein
Lieblingsausdruck der ältesten port. Idyllendichter (cfr. Miranda
No. 192, 211). Auch tormiento fiero in Z. 41 und apastar in 17, 5
hat nichts Anstöfsiges — wohlverstanden für alle spanisch dichtenden
Portugiesen; vura Feingefühl eines echten Castilianers sehe ich selbst-
verständlich ganz ab.
Manche Fehler von denen, welche Lamberto Gil verbessert
haben soll, stammen erst von den modernen Herausgebern her.
Die Ed. 1668 hat z. B. in No. XVII richtig in Z. 5 y ei pensamiento ^
in Z. 9 apartamento, in Z. 10 espirito, in Z. 1 2 fuente (und in No. XVIII
Z. 1 1 ^ perfecta), — Notwendig scheinen mir für No. XVII nur die
Änderungen von Z. 8, 2"^ und 37, und von den Storckschen accep-
tiere ich die für Z. 17 und 47.
Was die „Ungestillten Klagen" betrifft, so halte ich für ent-
behrlich von Gils Besserungen die an Z. 9, 10, 11, 16, 28, 35, 36,
37, 41, 44 und 46 vorgenommenen. Von Storcks Besserungen ge-
fallen mir die auf Z. 9, 13, 15, 17, 29, 25 bezüglichen. In Z. 20
ist si für se zu setzen; in 26 würde ich ventura?, in 27 empedernido!
lesen, in 49 dureza, in 51 aspereza? In Z. 53 finde ich nichts auf-
fallendes. Konstruktionen wie
al que puedes dar vida, y por ti pena . . .
für aquel a quien puedes dar vida y que por ti pena sind nicht selten,
nur fehlt im obigen Falle der Nachsatz, den ich in Z. 54 suche.
Freilich müfste er lauten
Le niegas lo que el mundo no pensara.
In der Schlufszeile scheint mir das en zu viel.
Zu Elegie XIX. Nach Storcks Auseinandersetzung blieben
noch dir Fragen offen: i. in welchem Jahre ward in Afrika am
21. Dezember ein maurischer Anführer besiegt und gefangen, imd
zwar von einem portugiesischen Kapitän Namens D.Pedro da Silva?
2. wer war dieser junj^e Kapitän von Tanger? — Ich habe auf
beide Fragen ungefähr befriedigende .\ntwort zu geben, obwohl
die beiden Quellenwerke mir unzugänglich sind, aus welchen man
von Rechts wegen seine Kenntnis über einen Angehörigen der
Familie da Silva, der als Kapitän Tanger kommandiert hat, schöpfen
raufs, d. h. »ibwohl ich die ausführliche „Historia de la Casa de
Silva" von I). Luiz de Salazar y Castro (Madrid 1685, 2 vol. fol.)
nicht benutzt habe, und ebenso wenig die „Historia de Tangere"
von D. Fernando de Menezes, Conde de Ericeira (Liss. 1732).
524 e. M. DE VASCONCELLOS,
Die allgemeinen genealogischen Werke hal>en mich auch hier
wieder im Stich gelassen: ül>er diejenigen Söhne aus alten Adels-
familicn, welche nicht als Erstgeborene die Anwaltschaft aaf den
Rang, den Titel und die Erbgüter des Vaters, (xier durch glück-
liche Heirat des Schwiegervaters hatten, geben selbige nur höchst
selten Aufschlufs. Der erlauchte Herr D. Pedro da Silva, an den
die Elegie sich wendet, ist ihnen denn auch unbekannt; die Ge-
schichtsschreiber, welche Sebastians Regierung zum Gegenständ
von Spezialwerken gemacht, gelxîu jedoch glücklicher Weise aber
ihn hinreichenden Aufschlufs. Sowohl Jemnymo de Mendoça wie
Fr. Bernardo da Ouz, und BaySo, und Barbosa Machado kennen
und nennen den jungen Helden.^ Aus ihren vereinzelten und zer-
streuten Angaben setze ich folgendes zusammen:
D. Pcdrr» da Silva gehört der Regedorfiunilie an, vt»n welcher
St<jrck im ersten Bande unter No. XXX "^^^ ™ dritten bei Ge-
legenheit der Oktave V spricht, \\m der ich weiter unten noch not-
gedrungen reden mufs. Er war der jüngste Sohn von D. Diego
da Silva (dem ältesten unter den Kindern des berühmten Justiz-
l>eamten D. Joäo da Silva), welcher 155Ö noch bei Lebzeiten seines
Vaters starb. Seine Geschwister sind also: I^>urenvo, genannt der
Regedijr; D. Luiz, der Liebling, Vertraute und Berater König
Sebastians; D. Fernâi», Hofprediger jenes Monarchen und auch in
seiner Gunst; D. Bartholomeo, der D. Pedro im Alter am nächsten
stand und daher Lust und T^id des Thebens mit ihm geteilt hat:
alle — bis auf D. Pedro -- kämpften heldenmütig bei Alcacer-
Quebir. Eine der Sclnvestern, D. lianor da Silva, war mit dem
tapferen, den Lesern hekamiten Ohorbefelilshaber von Tanger und
Generalissimus bei Alcacer, D. Duarte de Menezes-Taniuai vermählt
Sebastian, der, wi(^ gesagt, an D. Luiz, seinem Staatsrat und sumiiktr
da cortina (d«jch nicht camareiro, wie so i>ft fälschlich behauptet
wird), mit grofser Zuneigung hing, bewies der ganzen Familie des-
selben — die ja auch seit |ahrliuuderten auf den afrikanischen
Schlachtfeldern und in Bekleidung der hi^chsten Amter dem Staate
hervorragende Dii^nste geleistet hatte — grofses und auffallendes
Wohlwollen, hesi»nders den Kindern I). JtiSos. Bei seiner ersten
ExiMidition nach Afrika besuchte der frauenfeindlidic Monarch
D. Liaiior da Silva in langer und zeichnete sie aus; I^mrenço
und h'ernäo wurden auch vielfach geehrt, und dafs D. Pedro eine
hohe, vielbeneidete Gunstl)t^,zeugung von ihm erwiesen ist, weifs
der Leser der Elegie auch ohne meine l^stätigung.
1). P(HÌro verdiente sich 1573 in Afrika die Sporen (er modite
I7jrihrig sein): er und sein Bruder Bartholomeo gehörten za den
50(^ Rittern, welche in diesem Jahre zur Hilfe des Befehlshabers
von Tanger, Ruy de Sousa Carvalho, ausgesandt wurden. An ver-
schiedenen Ausfallen nahm er teil — ohne bescmderes Glflck.
' Jcronyino de Mciulo^a p. Q4: Bernardo da Cruz p. 178, J09; Baylo
p. 295, 296, 440; Hist. Sebastica p. 337; Barb. >rachado IV p. 109.
NEUES ZIM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 525
Passierte es ihm doch, dafs in dem unglücklichen Treffen, in welchem
sein Kapitän nel, die Mauren ihm das Fähnlein, das er zu schützen
hatte, nahmen (Bayâo p. 295, 296). An des Verstorbenen Stelle
trat interimistisch Diogo Lopes da Franca, der schon öfter im Not-
falle als stellvertretender Kapitän Tanger verwaltet hatte, doch nur
bis zu dem Augenblicke, wo 1574 der traurig berühmte Fürsten-
sohn und Prior d(» Grato, D. Antonio, von seinem königlichen
Neffen, dessen steter Traum damals schon Eroberungen in Afrika
waren, nach dem wichtigen Platze geschickt ward, mit bedeutsamen
Plänen betraut. Als Sebastian jedoch im Herbst desselben Jahres
persönlich Afrika betrat, lag nicht der geringste Grund vor D. Pedro
da Silva auszuzeichnen : die Hyp< )these, er habe ihn zu dieser Zeit
zum Kapitän von Tanger gemacht, ist eine hinfällige. Am 15. Aug.
hatte der König Belem verlassen; am 17. war er in Cascaes; am 20.
hatte sein Geschwader Lagos erreicht; am 25. Ceuta, wo er bis
Ende September blieb, mit Streif- und Jagdzügen beschäftigt. Am
1. Oktober traf er in Tanger ein, und überaus unzufrieden mit den
Anordnungen D. Antonios, entsetzte er ihn seiner Stellung und er-
nannte an seiner Statt den verdienten D. Duarte de Menezes zum
Gouverneur, dem dieser Posten zukam als militärisches Erbteil seiner
Vorfahren, der Menezes-Tarouca. Weiter that Sebastian nichts: am
2. November war er bereits wieder in Lissabon.
Der vielen kleinen Schannützel, welche zwischen 1574 und
1578 selbstverständlich stattfanden, gedenkt kein Chronist ausführ-
licher. D. Pedro übte und stärkte gewifs seinen jungen Arm in
manchem Kampfe; und man darf annehmen, dafs es unter seines
verdienstvollen Schwagers Kommando mit Erfolg und Glück geschah,
im Jahre 1577 (dem Anschein nach im Juli oder August, doch ist
der Tag leider unbekannt) übergab Cid Abd-el-cherim, mit Ge-
nehmigung seines Merni, des Xarife Mulei-Hamet, in Furcht vor der
sich sammelnden kriegerischen Übermacht des Mulei-Maluko, den
Portugiesen die Festung Arzilla, die einst Joihann IIL den Mauren
preisgegeben. D. Duarte de Menezes mufste seinen Posten ver-
lassen und Arzilla im Namen des Königs in Besitz nehmen. Wäh-
rend seiner Abwesenheit nun, d. h. in der zweiten Hälfte des Jahres
1577, blieb D. Pedro da Silva auf ausdrücklichen Befehl des Königs
in 'l'anger als Kapitän zurück — ein hi>her Ehrenposten für einen
Jüngling, ob er auch nur für kurze Zeit verliehen war. Als D. Duarte
nach Tanger zurückkehrte, wo der Xarife sein Gast sein sollte, ward
D. Pedro als Kapitän nach Arzilla geschickt. Über kriegerische Aus-
falle, die er während seiner Regierung wahrscheinlich gesucht und,
wenn man die Elegie als historisches Dokument gelten lassen will,
auch gefunden hat, schweigt die (ieschichte: über den maurischen
Häuptling von Tetuan, Alafe, den er am 21. Dezember 1577 besiegt
haben mufs, weifs ich also nichts zu melden.
1578 ging 1). Duarte als Oberbefehlshaber und persönlicher Be-
rater des Königs mit in die Schlacht: wer als sein Substitut in Tanger
zurückblit'b, wird von den Chronisten nicht erwähnt. Doch ist es
526 e. M. DE VASCONCELLOS,
wahrscheinlich, dais D. Duarte in der gefahrvollen Situation, deren
Ernst er gewifs erkannte, die Sorge für Frau und Kind abermals dem
Schwager übertrug. Selbiger hat am 4. August m'cht mitgekämpft;
und als nach dem Unglückstage Belchior de Amarai ausgeschickt
wurde um in Arzilla, Aza ììor, Tanger etc. den Verlauf der Schlacht
zu melden, aberstattete er in Tanger, laut Jeronymo de Mendoça
p. 94, seinen Bericht an den Capitäo Pedro da Silva que na cidade
por ElRey estava. Man vergleiche auch Cruz p. 309. Seine ferneren
Schicksale sind mir unbekannt, sind aber für die Erläuterung der
ihm gewidmeten Elegie von gar keinem Belang. Selbige kann nur
zwischen dem 21. Dezember 1577 und dem 4. August 1578 ge-
schrieben sein.
Ob sie wirklich von Camoens ist? ich finde die Terzinen nicht
nur kühl und allgemein gehalten, sondern prosaisch durch und durch.
Mat der Lusiadensänger, welcher der Familie da Silva befreundet
war, sie gedichtet, so war es in einer Stunde, wo die Muse ihm
nicht hold und seine Phantasie durch das Erförchten und Erhofien
der afrikanischen Expedition ermüdet und unbeschwingt u-ar. Die
J'Jcgie würde eine seiner letzten Schöpfungen sein.
Dafs die überlieferte Form zu wünschen übrig läfst, hebt auch
Storck hervor. Die Änderung von Christâos zu Christas in Z. 41
ist bedingungslos luizunehmen. Mir scheint fehlerhaft auch Z. 34
(nicht 27, denn darin läfst sich der Nasal vokalisch behandeln) und
Z. O2, in der mich die Formel denso daño frappiert Der Sinn er-
fordert e xi'f/i dano. Vielleicht stand im Original senza danno. Das
Kinnechten italienischer Formeln und Phrasen in portugiesische
Poesie und Pn^sa des 16. Jahrhunderts ist nichts seltenes, wie jeder
weifs der Jorge Ferreira de Vase« inceli« >s, Andrade Caminha und
Hemardes' (iedichtc kennt.
Storcks Deutung von Vers 2 ist natürlich richtig: freilich pflegten
die Silvas in ihren Wappenmärchen ihren Ursprung nicht in so
graue Vorzeit zurückzuverlegen; sie nennen sich gewöhnlich Nach*
kommen von Aeneas Sylvius Piccolomini oder auch des Kaisers
Marcus Salvius Otho, der ja Statthalter in Lusitanien gewesen ist
Dafs die /weiglinie der Kegedores Aeneas als ihren Stammvater
anführt, ist mir nicht bekannt, doch thut das \vahrscheinlich das
Cieschlecht des Aeneas Sylvius — und schon in diesem Falle ist
ja des Dichters Datierung eine erlaubte und wahre.
Zu Elegie XX. Ob die Überschrift Ä morte de D. Tdb qme
ttuitaram na India echt ist? Wer kann es sagen? Alvares da Coiüiay
der einzige, der das Cìedicht handschriftlich aufgefunden, pfl^fte
sich die l'berschriften zu seinen Funden zurecht zu machen, wie
ich weiter oben angedeutet habe. Hat er t^s aber in diesem Falle
gethan, so traf er, dem Anschein nach, das rechte. Den Namen Tdio
orgiebt das (xedicht (in Z. 205) : Tello oder Teües aber heilsen nur
(flieder der grofsen Menezesfauiilie, in welcher der Name ein alter
und erblicher war. Der Kürzt; halber sei nur an die bekannteste
iVägeriii desselben, an ilie berühmte odt^r berüchtigte Königin
NEUES ZUM BUCHE DER KAMON. ELEGIEN. 527
D. Leonor Telles de Menezes erinnert. Gewöhnlich geht freilich
dem Tello noch ein Vorname wie Luiz, Jofio, Ayres, Diogo etc.
vorauf. Da nun aber ein junger Edelmann, genannt nur Tello de
Menezes, laut Coutos Bericht in Dekade VII (Buch lo Kap. 9), im
Dezember 1562 den Grafen von Redondo nach Calicut begleitete
und bei dessen Zusammenkunft mit dem Samorim im Hafenplatze
Tiracolla zugegen war, kurz darauf aber, noch vor dem 15. Januar
1563, in dem mûfsigen Gamisonleben in Cochim mit einer Schaar
seiner Kameraden in Streit geriet und im Zweikampf fiel, so lag
es nahe das schöne Klagelied auf den Tod eines Tello auf ihn
zu beziehen.
Über sein Verwandtschaftsverhältnis zu den vielen ruhmvoll
bekannten Angehörigen der grofsen Menezesfamilie weifs ich nichts
Sicheres zu sagen. Jedenfalls mufs sein Vater nicht zu den nam-
haften Helden gehört haben: sonst würde das Klagelied, das zu
seiner Mutter und einer Schwester Maria spricht, desselben ge-
denken, gleichviel ob er zu den Toten oder zu den Lebenden
gehörte.
Ein Wort über die Entstehung der Ansicht von Costa- e -Silva,
„dafs unsere Elegie ein angeblich verlorenes Gedicht von Fernâo
Alvares do Oriente sei", wäre für den deutschen Leser wohl ange-
bracht, und vielleicht auch für den portugiesischen (vgl. Braga, Hist,
de Cam. II p. 118). Der Dichter der Lusitania transformada, der
Camoens kennt, liebt, feiert, nachahmt und glossiert, hat nämlich
sein Werk einem Menezes gewidmet, Ao lit^ e mut Ex!^ Senhor
D, Miguel de Menezes^ Marquez de Villarealy Cotide de Alcoulim e de
Valença^ Senhor de Almeida^ CapUäo^mör e Governador de Ceitüy und
denselben in einer Ode (p. 268) und in Octavas-Rimas (315) ge-
feiert, weshalb man iiamenlos überlieferte Gedichte auf irgend einen
Menezes im allgemeinen gern dem Alvares zuschreiben möchte.
Kür diesen Fall aber existiert n<ich ein besonderer und nicht un-
wichtiger (irund: Barbosa Machado (II 14) teilt nämlich mit, in
dem oft erwiihnten, 1577 zusammengestellten, 1755 beim P>dbeben
von Lissabon zerstörten Cancioneiro des Padre Pedro Ribeiro habe
eine Plegie v<jii Alvares do Oriente gestanden, deren Anfangszeile
er mitteilt als
Saia d'està abna triste e magoada,
Angesichts dieser Erklärung bleibt es also unentschieden, ob Camoens
oder ob sein genialer Nachahmer der Verfasser der Elegie ist.
In Z. 196 ist nem-no espania für nem^nos espania zu lesen,
eine Änderung, die Storck stillschweigends seiner Übersetzung zu
Grunde legt.
Zu Elegie XXI. Der (iang der Gedanken und ihr Zusammen-
hang tritt im Deutschen weniger klar zu Tage als im Original. Die
Umgestaltung, die Storck an Z. 18 — 30 vornimmt, ist durchaus zu
billigen. Im Hinblick auf Z. 16 Lembro-Dos schlage ich vor auch
in Z. 13 nJo WS i e mitro für ndo vos lemhre zu setzen. In Z. 52
528 e M. DE VASCONCELLOS,
ist möglicherweise insiste zu lesen: der identische Reim würde frei-
lich auch so nicht aufgehoben.
Zu Elegie XXII. Dafs diese Elegie von derselben Hand ge-
schrieben ward, welche die 14. gestaltete, d. h. dafs auch sie von
Diogo Bemardes, und nicht vrm Camoens ist, steht aufser Zweifel.
Eine absichtliche und gröbliche Entstellung der dritten Elegie jenes
Dichters sehe ich jedoch darin nicht. Domingos Fernandez, der
sie 161 6 zum ersten Male in die kamonianische Lyrik aufnahm,
ward weder durch einen anderen getäuscht, noch wollte er täuschen:
auch er ward durch irgend ein Manuskript irregeführt Auch in
diesem Falle wird meine Ansicht sicher gestellt durch die Lesarten
der Misceli. Junjmenha, welche abermals die Mitte halten zwischen
der Redaktion der „Flores do Lima*' und der kamonianischen, und
es sicher stellen, dafs dieselben letzteren nicht von einem beliebigen
Poetaster ad hoc geschmiedet wurden, und zwar angesichts eines
gi^druckten Exemplares der „Flores do Lima's um dem Publikum
vorzuschwindeln, der Herausgeber von Camoens habe eine Hand-
schrift gefunden, in der sich die echte und rechte Lesart der von
D. B. gestohlenen und verfälschten kamonianischen Dichtung fände.
Der Leser urteile selbst:
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Ein mûnsterisoher Dichter.
Zu denjenigen, welche für die Ausbildung des Dialektes unseres
Münsterthaies thätig waren, gehört in erster Linie der Mann, aus
dessen poetischen Erzeugnissen in diesen Blättern eine kleine Aus-
wahl folgt; stand er doch im Mittelpunkte jener geistigen Bewegung,
welche die kleine aber sprachlich so interessante Litteratur dieses
Dialektes schuf. Seinem Eifer und seinem Geschick verdankten
die Thalgenossen eine romanische Schulfibel, eine Übersetzung des
kam'sischen Katechismus, sowie der alten Statuten des Hochgerichtes
Münster, und auch das münsterische Gebets- und Unterrichtsbuch
¡st nicht ohne seine Beihülfe zu Stande gekommen. Die poetischen
Versuche, welche wir hier genau nach dem Autograph wiedergeben
— dasselbe ist uns von dem Sohne des Dichters, Landammann
Jacub Pitsch, zur Veröffentlichung überlassen worden — sind
nie gedruckt worden, haben jedoch in handschriftlichen Kopien
weite Verbreitung im Münsterthale und im benachbarten Unter-
engadin gefunden.
Florian Pitsch — s(» lieifst unser Mann — wurde 1787
in dem durch sein altes Benedictinerinenstift bekannten Dorfe
Münster geboren. Sein Vater hiefs Jacob Anton, seine Mutter war
eine geborene Fasser. Der geistig geweckte Knabe besuchte die
Dorfschule und genofs dann noch sechs ganze Wochen den Unter-
richt eines deutschen Lehrers im Nachbarlande Tirol, von wo der
Tod seiner Mutter ihn für immer nach Hause rief. Was so an
Schule fehlte, das ersetzte der Knabe bei einer geradezu hervor-
ragenden Begabung und einem gewaltigen Wissenstrieb, der keine
Gelegenheit ungenutzt vorübergehen liefs, durch rastloses Selbst-
studium. So machte sich Pitsch schon in frühen Jahren die deut-
sche, italienische, französische, ja sogar die ungarische Sprache zu
eigen, letztere im Verkehr mit ungarischen Truppen, die damals
an der tirolischen Grenze stati(jniert waren. Mit 17 Jahren über-
nahm der originelle Autodidakt die Dorfschule, um sie dann in
musterhafter Pflichttreue fast zwei Jahrzehnte hindurch zu leiten.
Die Fähigkeiten des Mannes konnten nicht verborgen bleiben und
so legte das Vertrauen seiner Thalgenossen, wie der kantonalen
und eidgenössischen Behörden nach und nach fast alle die Würden
und Bürden auf seine Schultern, welche in diesen engen Verhält-
34»
532 e. DECÜRTINS,
nissen zu vergeben waren. Nach einem ungemein vielseitigen und
segensreichen Wirken starb Pitsch am lo. Mai 1865, von allen, die
ihn kannten, um seiner Talente, seines geraden Charakters und
seines menschenfreundlichen Wesens willen geliebt und verehrt.
Was Pitsch neben seinen Berufsarbeiten mit l>esonderer Liebe
pflegte, war die Geschichte und Sprache seiner engeren Heimat.
Mit unermüdlichem Fleifse sammelte er während seines ganzen
langen Lebens die alten Urkunden und Dokumente, deren er hab-
haft werden konnte, die Lokalsagen und Lieder, die sich noch im
Munde des Volkes erhalten hatten. Eine Frucht dieser Beschäf-
tigung sind denn auch die beiden (Gedichte, welche wir an die
Spitze dieser kleinen Sammlung gestellt, „die Pest in Münster** und
„das Blutwunder**, welchen Episoden aus der geschichtlichen Über-
lieferungen der Heimatgemeinde zu Cirunde üegen; für die minutiöse
Sorgfalt, mit der sich Pitsch in diese Studien versenkte, zeugen die
Anmerkungen, die er in der Absicht die Darstellung historisch zu
belegen den beiden Stücken hinzufügte. In Ton und Form er-
innern — nel)enbei bemerkt - - diese (iedichte an die älteren
ladinischen Reimchroniken. Eine rätische Rittersage behandelt
Nr. 3; der Einflufs romantischer Vorbilder ist dabei unverkennbar.
Ausgeprägt ist der moralisch-didaktische Zweck Ì)eì den Nr. 4 und
5, die das Kapitel von der unglücklichen Ehe behandeln und z>var
s< », dafs in der ersteii der Mann in der zwt'ittni die Frau die Qualen
der unglücklichen Ehe schildeni. Was diesen Stücken Wert und
Reiz verleiht, ist die durchgehende volkstümliche Kraft, welche auch
die bisweilen rücksichtslose Derbheit eher ertragen läfst. Dasselbe
Gepräge volkstümlicher Originalität und Derbheit zeigt der sati-
rische Dialog zwischen IMutter und 'l'ochter (Nr. 8) wo die Zank-
sucht und Eitelk(?it gegeiselt wird; man fühlt es dem Dichter an,
dafs er nicht fremii und kühl über dem V(»lke oder dem Volke
gegenüber stand, sondern mit siMne.ni ^^anzen Wesen in ihm wurzelnd
aus seinem rauhen aber unverliilschten Sinn heraus dichtete. Frisch
und fröhlich kliiigen die nun folgenden Spinnlieder den Mädchen
gewidmet, welche der alte heimische Brauch am A))end beim
Schnurren der Spinnräder à pìaiz sammelte; sinnig und tief em-
pfunden bildet das hübsche Lied „für die Jungfrauen^ einen wohl-
thuenden Gegensatz zu jenen und darum auch der Beschlufs
unserer Publikation.
I. Rk.i.atii:n dkiia i»kstk in Mi" stair et St. Maria.
1630.
Milli ses cient e trenta Per tor la vitta taunts chi min:
Gnit con perchia percutienta Un anguel fat a mort
Con spada in fö inchialadu — In ira ñilminanta
Con frizza tössiaintada, Chins* main* aprova sort
5 Scoi litschuider con il tufi IO Da sur in jò clamanta.
KIN MINSTERISCHKR DICHTER.
533
Pels vaing da Jul as manifesta
In plain carácter dretta pesta
Con la mort da Screla Piotar,
Sco'l plavaun chi jeta notar.
15 Senza Spendi et sepoltura,
Caus'il mal per quort chial dura.
Ser Francesco Malgiaritta
Fo in quel temp noss bun Plavaun,
Degn da gnir nota chial sita,
20 (^aus*ins jet schè mal a maun.
Sco Saccrdot el fo ellett
Per clastr'et tott la vali sulctt,
Pac temp davo el fo eir el
Un sacrifìci del Bagel.
25 Amò a Iretta l'ha notada
Co da pesta Teis passada;
Senza medi et Spiritual,
Il pò ver pövel or da sai,
A momaints il cuolp mortai
30 Vegn a mai o vegn a tai.
Amis la saira as daun la maun
La mort als pigia (in dumaun
Ils vivs quels vaun chialond
Ils morts pü'vi'e plü creschond
35 La mort et tema del Judizi
Fa tremblar con Schnuizi
La povra Mama in angonia
II pitschen qua sot costa
Con pechiadus chial tengia via
40 Maina plü non dà risposta.
Un atter bap in un dMndett
Croda et mora be solet.
La solla pozza in lur chiasada
Eis eir quella trapassada.
45 Ils povers orfans senz'ajiid
Ingiin in cas d'als dar salud
I^s chiasas plain cridöz
Sco fo insacura in „Rama"*
1^1 Spad'haun schon sün lur colöz
50 Et pafsan bot pro bap e Mama.
Un atter bap sa mala
Con flamatiun mortala,
Alla dona rump'il cor:
Bè chia Dieu gnis eir am tor.
55 Cinch ufTaunts totts pechiadus
D'intuorn seis lett sun mez confus :
Chiar bap non morarai!
Chiai fesni senza vu?
Non ins bandunarai,
60 Co gnis ad ir con nu.^
Cridan totts in ün chiantun
La mort als da ingün pardun,
II bap surgnit la fatscha naira
Jet in Tattermond la saira.
65 I^ povra Mama con sia ñgla
Duoi dits davo la mort las pigia.
In spazi dudesch dits
Totts quater sauns uifaunts
La pest'als ha cuolpits
70 Schi fofsan stats mo taunts.
Ad'attra guaìrda in iin dMndet
La vegn in let seis fìgl sulet
Chi gema et braja in convulsiun
Mortal'et senz'alchün pardun.
75 Ingiin ami chil vegn a chiatar,
Eisend minchün sto svess com-
battar.
Quel fìgl iin maister aun famus
Nel flur da sia fermeza
Quel sto sucomber dolorus
80 Nel cuolm da sia belezsa.
Il vcgl bapsegner et la nona
Culs cors plajats sco ün supona
Non sun in cas plü star in joma,
Els spetan hart chia Dieu als
doma.
85 In dits deschsett sun eir clomats,
In pesta sun indormainzats.
La guaivda svessa con sia fìgla
Ün*e I'attra trapafsada;
A totts la pest'als pigia
90 La chiaesa gnitt schundada.
Ai a ria Walaina bain ducada
In quindes dits dess gnir spusada,
Richa in roba et in virtu,
Juvna et fermiamo daplü,
05 D'indett la sieta ün gron chialur
Tauntüna saintla pac dolur.
* Rachael j)l()ret tìlios suos et etc. Matli. 2, 13 -18.
534
e. DECÜRTINS,
La domain pieds et tott la maint :
Scgncr dara un confefsur!
Dam almain un Sacramaint,
100 Fam la grazia e quel favur.
Co eisch tu grilt o Scgner chiar !
Calma Vira et non strufiar!
Chia has fat del mal ? tu por Miistair
Ingün da qua chi voi savair,
105 Ta clom con gusch ardainta:
Non ir in judici con tia serviainta,
Ma jüda tras da quist desiert,
Mia orma eis jà tia spusa,
Intaunt chian ha presaintmes spiert,
no A vaunt chia vegn confusa.
Pigia su mia contritiun,
Col cor devut dumond pardun !
Mia orma aspira per dumaun^
Da gnir in teis sonchifsem mauu,
115 Ve bain bot la piglia!
Adieu tu mìa familia!
Adieu meis spus non cridar zond
Sias constant a Dieu fìdel;
A bun s'revair in Tatter mond
120 Las nozzas fain in Ciel.
La mort et il judici
Ma mett'in grond stremisi
Mias forzas vaun chialond —
Meis mal quel va creschond,
125 La vezuda am va jod'via
Et cunter Pangonia.
IjA mort m'ha schon frizada,
Liut'unfresch mia vitt*c mort
O Dieu! per tai jau sun rizada,
130 Fam grazia e dam cnífort!
La fraischgia sauna juventüm,
Dall'impofsibel pari ad iin,
A daldar las anguoschas
Et chi moran jò scu muoschgias.
135 Als povers vegls als rump'il cor.
Ma bain bot vegn Dieu als tor.
yuist'horenda disfortüna
A minchia chiasa Pha tuccada,
DalPhom pii vegl infin la chuna
140 Una sula gnit schaniada.
Il bain da guad dadora
Fo quel chi restet ora,
Bc quel — bc quel et justa quel
Eis gni lischient dal grond flagel,
145 Ingiua blers sun refugi&ts
Et per miracul sun salváis.
Kir plus, schi haun podü
Et pro temp chi sun pafsats
Su pels munts — et bain in su
150 Sun gnits dal mal salvats.
Postât las gron familias
Chia vegls con fìgls e figlias
Per s'asister un áU'atter
Non jevan or da gliatter.
155 Totts schi stevan a numtun
Murivan taunts chi sun.
DLschan: Segner non ans priver!
Orgliatter lains britsch ir,
Insemel lainsi viver —
160 Insemel eir morir.
Qualuns morivan mez da tema,
Alters vevan mafsa flema,
Blers in mera povertà
Et debéis eir da lor sandà.
165 Con pafsar taunts all'alter mond
Las bleras frûas staun sfil fond
Con las alps co Ìò pafsà
Non s'pol avair contezza
Probabel pac varaan schalpià,
170 Et quai con grond'tristezza.
Chiasas plainas san srodadas
Las personas son mätschadas.
Con quai sliaoB qoists salvats
Et son totts finuincs taomats.
175 La pesta por chiasset
Cura glieot ne plfi ddatet
Sun baras quaraont'ott
Be sul .,Döfs^ solet,
Scha quai non fos aboi
180 Eir quaraunt'in plaz crodet.
Be da Clastra term oit dits
In vaing e ses son gidta colptts
Et morts insemel col plavaos«
Chia varaoni tott a maon?
' 11 curs della malatia crisolit conoschaint.
t--
EIN MÜNSTERISCHER DICHTER.
535
185 Las mortaglas creschan su
Ils segns non sunan più.
Vcgn ogni taunt un chiar con morts
Chi mainan in Senteri:
Povers, saimpels, richs e scorts
190 Tots maisdats in un lauricri.
Nel Aguost in ñn del mais
Pur s'ba il mal furius palais,
NelPultim quart da glüna
Jet creschond la disfortuna.
195 Vainge quater in ott dits
S'pol dir chi sun perits.
Diversas muongias eir sun mortas
Eir chi fofsan inserradas;
ÌA pesta pafs'eir portas
200 Uschett'eir ella sun pafsadas.
All'Abadcfsa Mohr
Il Segner amò non voi la tor;
Eir britsch a Guorschla Ciri,
Chi (il priura senza fai.
205 Quistas sun pro temp fúgidas
Et vi'n Plazol sa transferidas
In lur muglin con attras sett,
Et ñn la tschöscha sun salvadas ^
Et dopo chial flagel pafset
210 Saunas, frischas sun tuornadas.
Ils morts or Clastra gnits
D'avaun baselgia en sepolits,
Resalv'Ias muongias et Plavaun,
Quals nel lo chia totts chi saun.
215 Ils atters del Comiin daplii
Dal mez Senteri in sii
Duos femnas in lur chiasas.
Una in vali „del lai"
Sco povras imblûdadas
320 Chi non sa sa perchai.
Dais Ott da Liigl in via string
In fin November vaing e cintschg
Las baras vegnan as contegner
In morts cintsch cient spartits
nel Segner
225 L'ultim amò in quella nott
Morit nofs podestà Cattoch;
Patrun del Schier in vali del lai
Et terza chiasa sott la via,
Ve su in Somvi con mai
230 In quel chiantun quavia.
Ü^n solda nativ Damai
Ans mainet naunprò quist mal
Da Guerra e gron Battagla
Sper Mantua e gron mortagla.'
235 Gron temp ils morts restats
Sul Camp senz'efser sotterats.
L*ana gnit tras quai infetta
Causond cui temp l'eppidemia,
La pestilenza cler'c schgietta
240 In blers pajais rasada via.
Quist malhorus solda
Da tal battaglia tuorn'a chià.
A Santa Maria stai surnolt,
Parev'ün pà malcott.
245 A zond ingün foss gni per testa
Chial vess dumaun la pesta.
Dalunga quella fett progrefs
A quater cient sefsaunta baras
In pitschen temp fìi quai succefs
250 Con bleras larmas et amaras.
Tuomain darchiau a Miistair
Co pafsa per savair:
Quels pacs chi sun vanziats
Mez morts et mez varziats,
255 Non hauD alchuna vögla
Et tremían sco la fogla.
Ingiunchi guardan tott eis vöd
I chiatan ingün cufTort
Co fauni a viver in quist möd.^
260 Foss forza megl la mort.
Pafsä la gron calamità,
Schi tots chi sun tuomats a chià
Da Vanesch*et aint da Buorm
Et atters los d*intuorn.
265 Totts insemel cient vaing un
* Quella sia digià quinaun statta infifsada et morta via muglin. U muglin
Clastra presaint eis pur fabrica 171 2, siond mancheva all*atter l'aua.
' Una sanguinusa guerra tra Timpcrader Ferdinand et il duca da Nivers
franzes. La pesta gnit in quasi tott l'Italia.
536
C. DECURTINS,
Fev'ora noss Comün,
Compráis sesaunta quais mütschats
Su pels munts et pac lontaun,
Et sun totts frauncs tuornats
270 Ailg hoz et ailg dumaun.
A quist flagel crudel
Nofs clementissem Bab in Ciel
Ha inifs per grazia term,
Et quel haï miss schè ferm,
375 Chi perdûret fìn hoz in di
Chia nofs Comün non gnit ledi.
Davo la pesta gnit a qua
Sr Bastiaun Capol PlavaunS
Dal qual l'historia vain artà,
280 Nofs morts hai scrit da propri
maum.
Somvi:
285
290
Pasquer:
295
Nota dels morts, ma non totts.
Sr Joanes Pianta, Dona e 2 ligias.
Sr Ghidenz Mohr.«
Sr Padrot Pianta.
Dn» Betta Catoc con 7 figls.^
Jori da Runatscha, la dona e 4 ñglas.
Barbla Cari, dona del dit Catoc.
Andreas a Salis, con 5 Uffaunts.*
Peter da Crisel Depeder.
Simun Andri.
Jon da Flip, con sia dona.
La familia da Gurgias.
Chiarlett da Runatscha, dona e 4 ñgis.
Remies da Remies, colla dona e 7 figls.
Buorgia Degen et 4 fìgls.
Baltisar Gna et sia Dona Eva.
Maria Cari, dona da Clan Mosaun et 2 Uft*.
Domeni Carats, la dona e 4 ñgls.
/Vas Dimez: Caspar Walaina. -- Jon da Maini Sepp.
Sr MI. della Clastra Jacob Gna e dona.*
300 Jon da Nesa, sia dona e 5 fìgls.
Barbla Andri con 3 fìgls.
Si* Jon da Crisel Hermanin con 3 fìgls.
Sr Caspar Capol meis frar.
Duri l'revost (I. origine) dona e 4 Uffaunta.^
nog.
305 Plaz groftd: Sr Ludovic Carl, consorte et fìglia. — S' Conradin Cari, Thto-
Jori Oswald e sia dona. — Jon de Tomasch cola figla Eva.
Cristel d' A neta Hermanin e la dona.
Jacom d'Albert con dona e 6 fìgls.
* 1607 Parochus Malsi, Vicar. Cur. S. T. D. deìnd. Par. S. Ifaric et
Monasterii. obhic. 1664 sepoli ainta Som Senda gronda, sia plata colPafma a
Capol sott r Ampia, in Presbiteri.
'^' Il chiastè Mohr e Salis in Soin Sonvi. Vid. ils Wapens sSlla porta.
3 1863 Clau Naz Lechtaler.
• 1863 Chiasa Hancs Cur/..
^ NB. Ils Prevosts da II. origine chi existan o(sa derivan da Seat
ií>37 Duri Prévost in Runacha.
EIN MTJNSTERISCHER DICHTER.
537
3ÎO
Sül Doss:
315
Jon da Clau Groos, con dona e 2 figls.
S^ Jon Hermanin con 1 2 attras persunas in Chiasa gronda
sott la plaza.*
Sr Gudenz Carl, con dona et 4 atters. — Sr Jacom Hemiaiùn.
In chiasa da Nuolv, mortas ii persunas.
In quella da Federici Spiler 6 pers. — In quella Jon del
Döss 6 persunas et fu l'ultima infettada.
In chiasa da Maini Osvald 8 pers. — Uorschla Jung col frar.
In chia d'Andrea Pitschen 8 pers. — In quella da Colum-
banus Motta, 9 pers.
Per extratt del Cudesch Parochial, da quäl eis eir la copia translatada
dal latin in il Cudesch vegl da comün a pg. 131 attesta
Mustair i. Mai 1863. Fl. Pitsch.
Nota: Diñcil eis da chiatar ora las chiasas ingiua tais e quais habitevan
nell'atto della peste, causa non sun numeradas.
II.
Relatiun et hùtoria daW Origine delVuschè dit MIRACUL DEL S. Saung (»i^-
diante la sacramentala particula 0 S. Oblada gnu transmudada in insibla e
palpabla chiarn e saung) in no/sa Clastra delV orden da S. Benedeit neWOn
1598 tenor risulta d* un vegl documaint in nofs vulgar chi fU poi tradut in
todaischg et stampa avaunt circa 80 Ons et in sequit it per/s con interlaschar
una copia manscritta fatta 1781 autentica, chi conserva o/sa la Clastra,
La consuna colla Cronica délias mifsiuns Jtaliaunas nella Rezia stampada in
Italiaun 1621 extensiva fin 1693. P^^ P' Cleamteda Brescia.
Vid, Lib. J. Cap. 7 pag. 41.
Conserva no/s V*^*» Hospiù.
Per detagl la scguainta poesie. 1863.
A tai Común Müstair
Avaunt chi sia imbludà,
Con tott meis fleis ta fetsch savair
Dun grond miracul devaintà
5 Via da nofs Son Sacramaint
Nel qual eis Dieu real presaint.
In nofsa Clastra qua
Dall' orden Son Benedeit,
Schi s' ha quel taunt manifesta
IO Sco vain rifert egual pcrfett
La sonch' iiblada consacrada
In chiarn e saung gnit trans-
mudada.
Per confonder nialcrettaivels
Ans dal nov quist Argumaint,
1 5 Et per cuffort dels baincrettaivels
Col divin qubt sacramaint.
L'eis qua presaint a seis fìdel
Con orma e corp scol'eis in Ciel.
20
25
Quist misteri nett divin
Chi surpafsa nossa maint,
Con efser Sacrosant sublim
Sun nofs alters quist Sacramaint
Sco pegn d'amur ans det Dieu zond
Avaunt co i>artar da quist mond.
L^On quatordes cient et nonauntott
Una nobla muongia naun da
Sent
Vet dubis, scrupels blers sur nott
In fìn la gnit eir mo Spavent,
' Sr Janet e fr.ir J. B» Pernstainers,
538
e. DECÜRTINS,
S'impaìsa: degna più non sun
30 Dator la sonchia Comuniun.
, Scha scruj^els surchiatschats,
U haun mifs' in tal parair,
O forsa fais amo sopats,
Ingiin eis gnu a savair.
35 La muongia eis anguschiada
I^'vol gnir mez varziada.
La doma: o Spus divin sdii vf
Tu sas mia afFIictiun, [a mai !
Meis refugi pigi pro tai —
40 Dam la just* inspiratiun!
Levam via da meis cor
Quist pais ch'im vo surtor!
IIoz eis di da Comuniun [sors,
Non vegni eir jau conmias con-
45 Schi dai sajür momuratiun,
* £1 chìai s'impaisan in lur cors/
Jüdicis faun divers
Et schgiandel fa progrefs.
D'intaun la vegn Tinspiratiun
50 La schett con sai: Jau vegn!
A quista sonchia Comuniun
Pro Dieu meis spus am tegn.
O chiara Sonch' ublada!
Per lai sun iitsch malada.
55 Sco solid ida eir quella jada
Con sias consors sco tacca,
Ritschaiva la sonch'ublada
£t tott nascus la pigl'or bucea
La plaja in seis mantschun, ^
60 Ingiin sMncorscha taunts chi sun.
La pigia tott con ella
Con taunt rispett et devotiun,
La mett in salv in zelta
Tal c qual in seis mantschun.
65 Frau Agnes in legria,
Craja tott fat via.
Hola. - quai non tueca qua,
^uai defs un bel spettacul.
Ci) fofsi bain da far zopà
70 Chia la gnis nel Tabemacul .'
Tchialla pac schi cridi
Pur ofs* am vegn fastidi.
Studia in via studia in naun.
Co fetschi adestramaing .''
75 Co pigli ofs' a maun.^
Les far decentamaing.
Sun Palter la sto gnir data,
Accio chial sacerdot la chiata.
Secrett la i>osta siili' Alter,
80 Appaina rivida neaung,
Splaja ora et chiata clor
Maisdad' in chiam e saung.
La povTa muongia vogo stremida
Chia taunt dad* àt la crida.
85 La pigia sii dalunga
Et quorra bain dabot
La va in chiapella langa.
La chiata là il sacerdot,
Al consegna seis mantschun —
90 Al quinta tott et voi pardon.
5)er Joalles tott alkgnmaing
Pigi' il Thesar in qnbt mant-
schon.
Et mütscha via .secrettamaing
Senz' ad un da far menaiun.
95 La clastra gnit surpndsa —
La muongia non palaisa.
1 mane il confefsur,
Non saun il viv o mort,
Ç^ai mett fin gron terror;
100 II vulgo bler chi la da tort;
D'intaunt eis tott secreti
Ingon chi vegn a pertschet.
Davo lung temp scuorfi
Et increscher da contili,
105 Ingûn non ves nvfi
Chial fofs it sSl Trcotùi,
Cherchiond ona chiapella.
In un goad el chiata quella.
Con zelo fett el l'intentiim,
110 Chi sita sco chi sita,
D*imponder qua sia devotion
^ 11 vel alb intuom il peti.
EIN MÜNSTERISCHER DICHTER.
539
Et maincr sonchia viltà.
Et quella taunt constante
Per vitta sia durante.
115 El aintra in sia chiapella,
Post' il schgiazi san 1* titer,
D*in taunt chia l'eis a quella.
Voi rezer amo pii clor,
La müdaziun el less savair
130 Schal eis amò seo fu a Müstair.
Con tott rispett el riva sii,
Crajond da chiatnr fraunc
La mudaziun sco fìi quasü,
La sonch* iiblada in chiara e
125 Tott atter Tha chiatà [saung.
Et vegn tottalraaing consterna.
Chiarn e saung eis transfuormà
In bel e taunt graxius bambin ;
Joalles da quai miraveglià,
130 Non voi vair vifs uífaunt sehe
Con fatscha divin' amabla, [ñn,
La tschera confortabla.
Prostrati avaunt a quel
£1 fett sia debita aduratiun,
135 Quasi transporta vegn ci
Col spiert in plain' ellevatiun.
In una capsla al mettal aint,
Pro interim l'ai lasch'al quaint.
In jejuna et oraziun
140 Adurai Dieu con tal fervur.
Sia viti' eis spür consols^iun,
Bè a Dieu vol dar Thonur.
Stand in paina da con tin,
Darchè voi vezer il bambin.
145 Joafies guarda bain!
Ma paras mafs' un pà curius,
Teis gaudi pò eir gnir al main
Teis spiert pò gnir confus.
Il chiar Bambin non eis grazius
150 Ofs' el muda in ,,honi serius".
Sur quai el vegn streniì
Sa tem* avair falà.
Sa tem' avair schon Iraperì,
Con maneschar tauntas jà.
155 O viv meis Dieu dumond pardun!
Jau fetsch un act da contritiun.
Via d'un temp il grond fervur
Al fìi da nov curius
Sur seis pcchiats hai grond dolur
160 El voi vezer l'hom serius.
Ma l'hom as iransmâdet
In bel et alb agnè mansuet.
La clastra intaunt in colisiun,
Frau Agnes pigia part,
165 In scmpels fa risolutiun
Et palaisa tott il fait.
Probabel non saveva
Ingiù' Joafies steva.
Ofs'eis netta sia conscienzia
170 Dumond' a totts pardun;
La fa SCO auda sia pententia
Et vegn a somifsiun.
In sia Zella s'ha serrada
Per viver et morir beada.
175 Pro temp regneva l'Abadefsa
Adeüuit, nativa da Novena,
Prudainta et pia conte fsa
Chi survivet a quista Scena
liimarcabla naun da fond
T 80 Et pnblichiad' in tott il mond.
Con alchünas sias consors —
Con famails et Capelan,
Totts munits con lur bun cors
Et SCO l'haveva fat seis plan
185 Eis ida fìn a là
Ingina a Joafies l'haun chiatà.
Bain long al haun chierchià,
Con ansietà et gron premura
Intìn chi l'haun chiatà
190 In una multa schgiira.
Territori da Trient
Et que fu nofs Credent.
A ser Joanes hala dit,
Ma tott mansuetamaing :
195 Vu vauat fat zond tritt,
Ans portar via secretamaing
Ouel gron miracul in Dieu viv.
Quel Act d'amur uschè intensiv.
540
e. DECTTRTINS,
Jau s'comond per obbedienza
200 Da tuornar sul momaint
Sott paina da conscienza
Con quist divin son Sacra-
maint.
Ser Joannes Tobedit
— Et a Müstair turnet subit.
205 11 Segner qua tuornet
In fuorma sco la prüma ja
Chia frau Agnes al chiatet,
Et uscheta fol resta
Cioè in chiam e saung
2ro Sco public vis per fraunc.
Prus fidels Thaun vis eir qua
In seguito dels ofis.
In diversas species transmuda
l'or rinforzar malcrajonds.
215 Sur quai laschain seis pais
Sco plus chid haan prêtais.
IJ Abadefsa ordinescha
Scrupolus inquisitiun,
l*ercio chi s* constatescha
220 L*adequat' inforraatiun
Fatta tal resoma
La procedura vegn a Roma.
Per gnir dal Papa Urbano quart
Tenor rito auttenticada
225 II qual piglet speciala part
Per dar sia confirmada.
Il sacramaint fu tal e qual porta
In chinm e saung sco qua mais dii.
L'agent da Clastra fu eletl:
230 Ser Bertold un sacerdot
Per ir a Roma be dirett
Scoi jeva di et nott.
Consegn al I^apa il Sacramaint,
Transmuda sco ditt nel argu-
maint.
235 NB. II papa, plain miravegla sur quist miracul doma su: Bcnedi e
lauda sia Dieu in seis sonchs duns et miracolusas ovras operadas con
quist sacramaint in la Clastra da Miistair sco similiond qnà in Roma da
pac long devaintet sot Papa Gregori I.
Da lunga il Papa ordinet
240 Da far un vas cristal ,
Nel qual el riSñetet
11 miracul tal e qua!.
A Bertold hai cumondà
D'ai riportar ñn aqua.
245 Efsend miracul auttenticà
Pardun plenari fu concefs - -
Tn tott il mond Hi publichià
<\) quist miracul fu succefs
Et <}uel pardun eis per son Saung
250 Et tott Toctava fraunc.
Amò ses oient quaraunta dits
A totts pardun plenari
("hi confefsan et sun contrits
Seo requisit preliminari,
255 Et sun activs da maint
Andur.md il sacramaint.
Ser joano tuotii ad ir
A Star sul romitori
l'tT Dien el vi^ suffrir
260 Et miitschar il purgatori
Seis efser fò un sacrosant
Et usché sarai restÀ constant.
Appendix: Qaist miracul dcU'aoiur
In baselgia fu porta
265 Et a vard Palter majar
Aint n mûr fù déposa
Inseri dadaint ferrada
Con dadora glfim vüdada.
L'aduratiun gnit freqnentada
270 Con solecit grond concoors.
Pu \i et plu gnit ampHada
In ons duoi cient decuors.
La chiarn e saung Tisibel«
Il cas fu rar et tott plansibcl.
275 Milli sett cient cinquantasctt
La cbiapeUa un ha bUi,
L'alter gnit bain costrett,
11 miracul là fu translocù.
<Tnii fat il Tabemacnl
2 ho Per impofier il miracnl.
EIN MUNSTERISCHER DICHTER.
541
In üna bela mostranza
Eguala SCO pel Vcncrabel
Gnit mifs la divina substanza
Dà comprender quala ingiin ca-
285 Per gnir al comprensibel [pabel
Be viv* eretta ans fa possibel.
La trista guerra gnit a qua
Neil ofi nonaunt' e nov ( 1 799)
Il Tabernacul ha sclavezà
290 Et chiai vain vis da nov?
Il son miracul ha manca
Et fii probabel devasta.
Baselgia e clastra handunada
In temp da confusiun,
295 Paramainta devastada
Con spretscli et devisiun,
Neaunc ad un chi gnit a maint
Da tor il miracul a salvamaint.
La sonch' Eucharistia
300 Sott tala specie presentada,
Ans* fett bain grond' fadia
D'ans efser manquantada.
Quants blers da grazia privs
Et mezs morts chi sun gnits vivs !
305 Quistas tauntas müdatiuns
Aint il sacramaint d'amur,
Sun tottas cing exortatiuns
Per s'imprimer il fervur.
Sun sia reala presenzia
310 Dieu spetta confìdenzia.
Il di Sant Saung in procefsiun
Quist grond Thesar gnit com-
Sott il Ciel et in uniun [porta,
Air alter celebrant tachi;\.
315 Passada la fiinctiun,
Benedittan effetts da devoti un.
Miraculs tais da coneguen/a
Sa chiatan pacs notats,
Ma la divina providenza
320 In nofsa clastra ans* hai graziats,
Per ans confermar in la eretta
Et far vair chial* eis la dretta.
III. Historia.
rumili. (la duoi impromifs nel Chiastè Haldensikin nel temp délias
Cruciatas cunter ils infidels in Palestina.
1.
Diletta mia promifsa!
Sias hoz a Dieu remifsa.
L'ins* metta sulla prova
Hoz vegn con nascha nova.
5 Tu sas co nofsa promifsiun
Da svefs leis bab fu stipulada,
Et con la clera conditiun
In quel reguard fu riservada.
Per havair tia nöbla maun
IO Jau n'ha impegna mia vitta
Schal di dad ho/ o quel dumaun
Dindet ma doma, pront chia sitta.
Per trar in Palestina
Ala, sarà sco Dieu destina,
15 Per batter malpofsaivels
Et venscher malcrettaivels.
Sun ('avalier da vocatiun,
Sco meis vegls siin nofs chiastès,
Haun totts défais la religiun,
20 Uschè vö far cir jau scho ès.
La domada eis già rivida
I schglingian nofsas armas,
Quist' ofsa eis mia partida,
Meis Öls ma vann in larmas.
3.
25 Teis nobel bab fo eir un tal,
Et voi eir mai per tal egual:
Plus Caropagnas con victoria
Hal fati con Mera gloria.
Mia vittft eis hofsa san un fìl,
30 Taunt' una lain sperar
Chia bot il Segner mett'iin Zihl
Et jau non perda meis Thesar.
O sebi! sper Dieu tu meis The-
sar —
Tu netta mia Tiblaina,
35 Nu vain s'amats sco sor e frar
Et huofsa stains in paina.
5P
e. DECURTINS,
O nobel/ meis promifs!
(^o pechiadus am guardas íifs,
Tü vezas ai ni meis cor
40 La pafsiiin chim* vo surtor.
Quista trista nova
Dnfatt m' ha consternada,
Tü vezas qua la pnrova,
Co ferm nel cor plajada.
45 Tall' immensa chiarità
Non s*chiata fácil neis humauns
(^hid* haun lur vitta taunt í^}\
Per trar una Dona ils mauns.
Iiigiua vegn per ricompensa?
50 Per tal'buntà immensa,
t>a mai svefsa non pois plü
Scha quel sQsura non fa sü.
Per pegn la duni meis amur.
Tal e quai seo Dieu m* ha dat,
«>5 Mettel sura per sia honur,
Schi vain un sonch contratt.
Meìs bain stat bler Pavaunt
Et slatta bler afflitta,
Perdont mia pozza et bun ufTaunt,
60 Eir in priel vegn mia vitta.
6.
D'intaunt sün tai ma spondi
Al destin da Dieu secondi»
Con nus agcschel con amur,
Nu vain da spettar seis favur.
65 F<irtüna temporala,
Ora (la tai non spetti sii,
PÜ bod la botta am gnis mortala
Scha tii non tuomas plii.
(^o fefsi a ma quietainter?
70 Morir piì bot con meis fidel
<^o qua plii ma tormaintar
Et al chiater chiad in Ciel.
Sta sii mia zariia purità,
O chiar Tesar da chiarità!
75 Jau t*ingraz per taunt amur,
Dieu surlevia nofs' dolur.
Per pegn ta duni meis aaé
(.*on pedra clera scoi Cristal,
Sehe long mia vitta sta in pè
80 In clerità starai.
Schal gnis da saung et tuorblentà
Malavita sunt mort,
Pro tai jau pia non tuomarà
Ne con vita ne cuffort.
8.
85 O chiara compognia!
Con Dieu sta san la tia.
Eir jau scha san absaint
Meis cor pro tai sarà proschaint.
Sta su meis pnis Tesar
90 Innozainta scoi Son paun,
Kefud' ìntaunt a deplorar,
Dam naon amó tia mann.
Il dett da Dieu m* ha der mofsà
Da buttar Pol san tai,
95 Tott perfett fofs bain grattiá
Taunt per mai et seo per tai.
Co asper eia quist cernia!
L'eis ofsa bot glivrà.
Âddieu, tü povr'aÎBîcta!
100 Non pigiar malavitta;
Taanter tema e sprannsa
Il Segner ans toI ha^air,
Sun el stain vair fìdaaiua
Et far il nofs dovalr.
IÜ5 Scha plû non ans veaain
Et gnin a mala Sort,
Àlmain non s'imblûdain
In fin* a nofoa mort.
Addieu!
iio Meis cor plajà!
Al meis tachià,
Jan sun allas armas
Et tü in larmas.
O (.^ontin enenza!
Í ytùna.
115 O dura partensa!
A Dieu remetta,
A quel ta metta,
Surdain ad El, —
Just a quel. — Vol dir:
A Dieu!
EIN MÜxVSTERISCHER DICHTER.
543
120 Va addieu cufFort,
Non ir a mort!
Jau t* obbcdesch,
Ma taunt mMncresch!
Non s'imblüdain
125 Ingina stain o jain
Ultima cantra,
A bain s' revair,
Col vegl plaschair,
Dilett promifs!
Stain remifs:
130 A Dieu!
Il signal da mort in la pëdra sanguinada.
O grond dolur!
In mez l'amur.
O frizza töfsiantada!
Co m* has il cor plajnda .- !
135 La pedra in saung —
Il meis cuffort —
Mort êl fraunc —
Dal cert êl mort.
Co mai pafsùr
104 Con meis promifs —
Col disgrazia
Et chi ha vifs?
Chi vegn am dir?
Jau sto languir.
145 Laschai chia crida
Sun tal ferida.
Mia ferma s]X)nda
Eis hoz crodada,
Ingün risponda
150 A mai varziada.
Non per V horn
Ma per sia gron pietà —
Neanc seis nobil nom
lía taunt meis cor plajà.
iv=> O Dieu piel us!
Pigia sii meis spus.
A mai bandunada
Fam bot bcada !
Fam segnar a meis spus -
160 Sco in Tata chianzun —
Quel bun e pietus
Pel quai mia pafsiun.
Clomam prò
Meis spus fidel —
165 Jau vegn naun prò —
Pel chiatar in Ciel.
Ingiua ma tegn —
Ingiua chia vegn,
Schi chiat sia mort,
1 70 Quist* eis mia sort.
O Segner!
Sias tu meis spus,
Ve am sustegner,
Meis spiert eis confus.
175 Non pofs ma ievaintar,
Jau sto languir —
Non pofs ma süstaintar.
Et vegn a morir.
Ag-onia.
O Segner chiar !
180 Tu meis prüm Tesar,
Müa ultima poza,
Fam tu mía nozza!
Meis Öls sa nimpan »—
Meis flà sa scuorta —
185 Mias nervas commpan — *
Mia vitta s'fa cuorta.
Addieu fadia!
In quist desiert,
Jau vegn in angonia —
190 Pigia Segner, tu meis spiert!
544
e. DECÜRTINS,
IV. Matrimoni MAi.aRATiA causa la dona.
Bun di, bun dì meis cusdrín Jofi ! Per mur da quella roba
IIoz suni bain varzià. N'ha fat quel sauber patsch,
Daplü dais atters dits dell* oil N'ha tutt quella bella goba.
Da fatt sun consterna. Et sun it aint il satsch.
5 Ho/ n' hai siin tett il sprêr,
„Mars'' in spada sun balcun
Ser „Bachus" eis jo'n feebler
£t jau sto pafsar per cojun.
Schon hoz bain a bun' ura
ID Det litschaiders tuns terribels
Et sajettas pur lasura
("on iiilmins incredibels.
Uschè non pofs plü ir avaunt
Con quista trista norma,
15 Sto guardar eir frataunt
Chia pofsa salvar l'orma.
0 Dieu, o Dieu, meis povers
uífaunts,
Quels ma faun un' aíFlictiun !
Quels ston gnir in atters mauns
20 Uschetla jcfsni in perditiun.
Tu eisch bain un pover Leider,
Lefs bain la cioccar ora,
Mez dadaint e mez dadora
Et far un rett schûschaiver.
2-; Chiüfla las darscholas,
Tirla brav intuorn!
Infm dcvaintas stuorn!
Bè senza far parolas.
1 stolan gnir jüdadas,
30 Bain PÜLs haun fatt da quellas
Kt eir d'amò j)ü belas
In lin chis* haun mudadas.
In vol chia ün sa sforza,
1 vol resolutiun
35 Kt prüma intimaziun.
Pel Sathan dovrà forza.
Un Sathan chiatschar ora,
Et Sett jaraun in aint,
Il Iura vegn landrora
40 Chi rest' il végl scrpaint.
45 Chia cuselg ma dasch?
Ch' or d' Un mal non vegna dus
Da tott l'objett tus sasch
Per mai sun mez confus.
Tott real pro interim
50 Requinta a nofs Plavaun,
Un qualche mez darai amaun
Per gnir a qualche fìo.
Tott quai al nha dngUi quinti,
Et el a tott pudair
55 S'ha bler presta e grìtaintà
Senza mainar a dovair
Dim: con quala lingua hasch recita
Las grond' lamentatiuns,
Tias talas aíAictiuns?
60 Et co eisi dopo resulta.^
Un pad' todaischg, un pad' francés.
Un pad' latin, un pad' Uta n.
Quai chia sa fa sett e ses
Seo mal stQdiá chia sun.
65 Co hasch ta declara.'
Pels plongs Us principals.
Da fais venials e fais mortals,
D^ tott amó öna ja.
„Nha dit col cor in mann:
70 Reverende Sr Plavann!
Per spinto da consdenna
Per forza al rov sentenxia!
Mia orma vegn al main
Et fonda nd terrain, [mats
75 Us povers uffannts seo malcoitñ-
Faun quort da gnir minata.
Amor, amoris, amori.
Sa convertit in „Tricolori".
Colur alb il prûm romnr dd taimp»
80 Colur verd, colnr Serpût.
("otschen eis colnr da lo,
A totts mia dolla & dar là.
KIN ML-NSTRRISCHER DICHTKR.
545
N'ha (lii perfin al Schur Curat
Chial (lefs ilisfar il noss contratt.
ii^ Tot chi disch et bain supoña
(Hìial am pigi' ino la Dona,
ijjuisla famusa ludimajjistra
Tira aduna a parte sinistra.
Non datur hue silentium,
gO Sed nimis stridor dentium.
Fides, spes et caritas
Sun its et mifs perversitas.
Seis Spiritus vitalis
Est lapis infernalis.
*)5 Seis duos tamus custodis
Subit i muossan monis.
Un frar et un cojjn;\
i'n spenà et un scorna
Totts chi sbriian senza Schiern
100 Seo chia foss il Schelm.
Sun conlin in Santinella
Per chiirar schura falilella
i/omai forma dictatura
La dinasta superiura.
\u^ Chiar Signur plevaun!
("hialam detta un me/, a mann,
Jau mai combaterà
I*ü tschönsch jau morirà.
Nom lasch eir plü tormaintar
lio Laschai chia pofs m'absaintar.
Piglain davent ils pover uft'aunts
Sch' un voi chi restan sauns.
(.'on bain sarà absaint
Meis cor sarà preschaint.
1 1 5 Nofs jüdisch pupilar
Seis dovairs gniral a far.
Con pitras larmas al n' ha roà
Kt rest con (¡uai tranquilisà.
N' ha tutt (juintà mias circum-
stanzas
1 20 Kt dat il cuint da mias linan/.as.
Alla fo trist et consterna
Il presi<lent ha svefs cridà". —
Meischiarcusdrin tottquai nha dit
(^ol Sr Plavaun, ne plü ne main,
I2ç; Kt el ha mifs tott quai per scritt,
Sco bè nus duos sa vain.
Amó al schetti or' in sala:
Scha strias pur chi defs,
Ztiuohr. f. rom. Phil. VU.
Pél main metta sarai a
130 Am lid da far proccfs.
Vefit eir pudü da quai taschair
Per efser glieut da T^j,
Ma r ira va uschè a manair,
Kt fa chi non s' impaisa quai.
135 Chia schett il Ser Plavaun sün
quaist? —
— El dett culs rnaun» inscmel
Et schett ch'il tira bain sai.
Et bù a s'impaifser trcmbl* el.
El disch : O Spiert da mártir in-
chiarnà
140 Un Sudit SCO sott 1' Alcoran,
Tu eisch un martyr publichiä
Scols martyrs sot Trajan.
Da tai sün bain edìfìchià,
Tu stimasch l' orma sur da tott,
145 l*er quai sun eir certifìchià
Chial Scgner at jüda da pertott.
Teis fatts avaunt reglescha,
Jls pitschens mett' in salv.
Fa Öls et observescha
1 50 Chi non tuornan aint il schialf.
(xhia lunga contumazia!
Hasch tu patiaint sufert,
PIÜ lunga co Dalmazia,
Per tuott eisch stat perdcrt.
¡55 Miracol eis sch' un onna
Poi efser preservada
A viver taunter coma
Et restar conservada.
Bain jent ta dun permefs
160 Chia tu ta posch absaíntar,
Senza far alchün procefs
Per non ta plü grìtaintar.
Va pur con Dieu in ajüd,
Ad' ella avaunt la dischas quai:
165 Sta a Dieu jau ta salud,
Sco tueca a glieud da Lai.
L' ingraz infìnitamaing,
Reverende Ser Plavaun!
35
5*6
e. DKCt^RIINS,
Ad El reccomand tott humelmainç
170 Et vegn al biitscliar maun.
Ctimià della <loña chia pijjlara
Essend un pover saimpel
Sarà SCO Dieu am dictará
Fer dar la un píi d'exaimpel.
Cumia.
1 7 S Xantippa, tu meis prüm Tormaint !
Id eis in tin rivi il momaint
Chia jau da tai m^abísaint.
Tu sasch, per disfortuna
Chia nus eschen conjugáis,
iî<o Stats saimper malperíina
Seo' n pover peer basguals.
Ta disch „a Dieu" istefs,
E pigi meis brav eßrefs
Per ßlivrar quist procefs.
185 Chi eis da quai la causa?
Co da contin factiuns
C^hi progredan sainza pausa
In sustegn da tias pafsiuns.
Audacia et vaunitii,
iijo Falda et cecità
Per tai fu deretà.
Totts mezs sun evacuáis
Per tía conversiun,
Ingüns sun adoptats.
ms Totts its in perditiun.
Di a tiá lenüra
(^hi mainta bler et jüra
Chi spettan fm chi dura!
Chiastj da Dieu gnirà
loft Per tai et per tia banda.
Ma da quai severità
Piglarasch seo Dieu la manda.
Con bel chid eis teis Oaunz:
Tiranna cols Crnstianns,
20^ Et Tigra cols Uffaunts.
Spelt* il ili «lei grond jüdici
Cur il cudcsch vegn avert
Cur ^arà quel grond schnuizi
( hia t(ïlt il mal ans'vcgn sc« »vert.
210 D'inlaunt tras tia nardà
Gnirasch bain bot in povertà
Teis spiert sa sbafserà.
Di a teis second Minister
Chi s* doma TAstarot
(Diab. II. in gradui.
215 Chial maina bun register
Avaunt chial maglia tott.
X' ha tauntas jà roà
A Christ cruzitìchià
Chia vegna delibra:
220 Delibram o 5>egnerî
Sicut Moysem e manu Pharao-
Ma jiida bain sustegner [niü.
Sicut Daniel in lacu Leonis!
Il Segner fett uraglias sco sablas.
225 Meis cloms jenn tras elas nubla«.
Quai vaira et nà bè schüblas.
Jau n*ha fati tras tott l'Alphabet
Et fatt meis brav fagot,
N'ha fatt dal „A" in fin al .,Z''.
230 Ofsa basti et eis abot.
Sta qua, sta qua, meis Nicola !
Lain far sco fatt aduna,
La glieud pudefsan dir laprò
Sco fufsan mal perûna?
-35 ^(^ Quà, sta qaà meis hom,
Tu stasch ja bain abot;
Tii eisch pur ofsa hain in tnm«
A tai ta maunchi niiot.
I voi un pad' pazienza,
240 Con quella gnins'a Ciel,
Vers gliater confidenzia
Et dutscha pasch sen mèi.
Lambe me in podice,
TU eisch una lima suorda.
2(5 In folio et in mariane
Con tai non vo plA corda.
Onà, Onà Padierla!
Tu nom rìva.sch più als pails,
Tu nom mainas pl3 in Schnicria
2 SO Ne tu ne teis fanuuls.
VÚ. tost vo vair la grippât
Ofsa da tal ma mundi.
.— ~ ji
KIN MrNSTKKlSCHRR DICHTER.
547
Adié. Adié, Xantippa,
Sic transit gloria mundi.
2^ S ^'^ etiam propria nostra
Tott eis transit scoi vent.
Id eis paisà la jastra.
Et jau ma fetsch davent.
Mala es amica mea,
2ÒO Macula magna est in te.
Tu hasch la mail* idea,
Taeditim magnum est in me.
Adieu cusdrin eir vu,
Saludé cornar Polonia;
2i>5 Jo son diretto per Corfìi,
Me forza eir Cefalonia.
Davent jau vegn sco sculozà.
Et pafs per il mar Jonic,
l'Iiitost co qua star mez varzià
270 Et morar malinconie.
PÜ tost VÖ cuorrar à galopt»
Intìn al Poi semptentrional,
Schi fefs basögn jau tuoro iiu
atter toc
Intìn al Poi meridional.
275 Jau s'biitsch meis chiar cusdri»,
Reccomond meis pitschefis Uf-
faunts,
S* ingraz minch' ara et da conti«.
Per taunt del bain da vof*
bun mauBs.
Scha piti non vess da luornar,
280 Eat il just et bain regla,
Non s'iascharai subuoraar,
Jau s' rov per chiarità!
Stat con Dieu, e Dieu coa vu,
Stat sauns et properus;
285 Jau vegn a chierchiar meis Corfu
Avaunt chia vega confus. —
E i n i s.
\\ Matrimoni triblí..\ caá í/mom.
O (luai a mai sco dona et maina.
Il guai ma va tras l'ofsa:
La trista et mala fama
Ei< gniida in chiasa nofsa.
:; Nofs credit eis it pers
Ma hùtsch per causa mia,
Nofs cred't ofsa schmers
Ma lolt per causa sia.
0 Dieu, cl a pais nbii jau ?ȟl cor!
Il) Ma Icfs iniìna perder via.
1 chialla pac chia mor
Da spür schagrign per via.
<) chiars para'nts jau plonsch al
Ciel,
Sa disch il vaira et niigla fiut,
1 ^ Meis cor eis plain da pitra fei,
Efseml in Strada 11 „c/own-
Scha ciò nescheÌN da pur disgrazia
Chiatcfsens bain eir compafsiun.
Dieu et mond ans fefsan grazia,
20 Non iofs da temar perditiun.
Pur mafsa non eisi qua quel ca$,
I para infina ''^tt a posta,
Chial metta pur ofs* aint il nas
Cur' in platt e cur' in costa
2f; Scha gur d nofs pitscfaens inno-
zaint!»
Sch' im vegn üb dubel guai,
Et cur chia crid a ccrts momainttt
Schi cri<lan eis con mai.
O vefsi amó meis genituors!
30 S^hi gnifsi cuifortada
Con totts iUmeis basgnus sucuur!$.
Non vefs da gnir »n Strada.*
Ma chia gnifspn quels da dir,
C^hia san in quist prociBt
35 Am' vezer qua languir.
Am' vczcr far qaist cuint.
O chiara maina! inguà eis meis
bab, -
Ingün vol dar risposta.
Da mezza nott jau s' elf un dad'àt
40 Per saintar qual proposta.
3S»
54«
e. DKCÜRTINJi,
•O Dieu sa renda e Dieu sa píija
Per tott vofs sprogn e taunt
Seo tott ha vifs et craja, [pifser,
In nofs conìiin inter.
45 Ofs eis la chiasa devastada
Con barbuogn' et derifsiun,
Mia dotta eis sclavezada
Senza plii da far menziun.
Nha bain aduna fìtsch temii
50 Pifóla malinconia
Uscheta non sa jeva più
n chiar fu tott or via.
Seis modo da s* impaiser :
Pazias orgogliusas
55 Sa craja quasi Kaiser
Con crettas fitsch confusas.
El vol persunas grondas,
Per ir as conversar,
Illura al mainan aint in jondas
60 Et quai al quosta chiar.
Sun nofs* ecconomia
S* impaifs' iinguott' afiatt,
El scz* in r usteria
Infìn chia Teis saziat.
65 La servitù sun maltîdëls,
I mainan totts la cogna,
Et jau sun naira da spür (eis
Ingün ünguot guadogna.
Da spür patocs crajaintamaints
70 HaM piain la sia busatscha
Sumaglia bain a certs armaints,
Al rian totts in fatscha.
L'eis tott quostaivel in vestir
Seo eir per atters mobils,
75 Tnfin chil manca seis respir
Vol star a per dais nobils.
El va contin a spender
In prescha sco per Hir con fain,
Dumaun el tuoma a vender
80 1/ objett per bier damain.
Barata e venda con minch' un
Et (.'onsünia mal ils bazs.
Et SCO chi disch schgiadün,
Schi fa* l d' un vair fiirbaz.
85 Per ir a mezza saira
El tuorna a mezza nott.
EI eis contin in faira
Non guard' a chiasa ünguott
Ma ih contin tormaint
90 Et senza refrigeri
Da taunt chil vegn in maint
Eis propi un vituperi.
El fa debits a tott pudair,
Impegna dubel et con fraud,
95 Fä finta sco per non savair,
U eis scalter et bain caut.
Ofsa bot varal Jahr aus
n möz eis ofsa piain,
Et El po tor Reiiìsaus
100 Con atter taunt da main.
Quant pechià chia V inozaint
Sto painer pel cuolpaivel,
Combain chia eir da quist tormaint
Insajeral il malcrettaivel.
105 Ma el tott quai merita
Sco Stat malign poltron,
Momain per meldrar vitta,
Sa spera pac da bun.
Be r otter di al n* ha imbuttä
no Sia beir indiferenzia
Al trand a risponsabiltà
Et cuolpa da conscientia.
L' import da nofs passiv
Non voi pSr brichia palesar
115 Per confimntar coXV activ
Et plu manaivel calcolar.
Palpablas imposturas
Am sporsch'el in liipostas.
Et in malplazadas nras
120 Eir bottas sun las costas.
Tott quai nha goadogoà
Tras taunt fiístidis di et nott«
Tott mias larmas liami vanaà
Nügla et main d'iin gnotL
EIN MÜNSTER I SCHER DICHTER.
549
123 La buna glicut da bain
M* invian a pazienzia,
Et sella vcfs da gnir al main
Sun Dieu la confidenzia.
O scili sia plonsch a tai!
130 TU Segner meis creader,
Tu vezas taunt perfett in mai
Et posch ta persuader.
Innozainta sun seo tu in crusch
Num laschar zond varziar
135 Ma laschan daldar quella gusch
Chini* vegna a refectar.
C) gusch, divina gusch!
Con tai sa confortain,
A tai unfresch' mia crusch
140 <Jualjà meis cor eis plain.
Ta lascha gnir pechià
Dels povers innozaints
Chid' haun ne cuolpa ne pechià
D'intuorn a quists fragmaints.
145 Vendetta doma in Cicl
A sguitschar povers pitschens
Infin las beschgias piglan fél
Et grimafsan per lur pitschens.
O Segner chiar, fa tu meis cor
150 A Tai raintà chial resta,
Da mal num laschar britsch surtor
In quista vitta mesta.
La povertà eis mala trapla
Vaschin' als mais adiis,
155 Scha pur ad un la clapa
Sco là bain tschüff a plus.
O Segner meis sulett appogi
Per mai et meis ufìfaunts,
Recomond per un alloggi
160 In teis sonchifsens mauns.
A.
VI. Lamaint deix Mama via da dl'os vkìlas.
IO
I.
O chiaras ligias chiaras — 15
Chia daldi eau da vu?
Vu hauat pac judici \^
Et niafsa bier chiaprizi
Lische non fevni nu.
l'isèr per vofsa chiasa
ijuai hauat pac abot
Daschiitlas, marschas levas
Inibliidan sco las levras
Faun tott lur fatt Schip-schop.
20
< rajauat Mania vêgla,
La non s'incorscha quai?
O povras franzinellas ! 25
Crajauat eir da quellas
D' am far sul nas a mai ?
Las duos figlas rispondanr
I.
Hoz hauat nascha gliina,
Qualchiin s' ha frizà su.
Nus eschen matas scorias
Et brichia mezzas mortas,
Chia lefsat mo daplii?
2.
Nu mai non jain in trosia —
Sco fevan da temp vegl,
Tott tleisig nu lauraini,
Sul nas eir britsch sa faini
La glicut da nu hau fêl.
Las duos Sors traunter ellas:
/m T(\i^'-/(i :
Turla narra vl^.ís <juà
Nha ta ditla launtas jà:
Lascha star ad ir a spafs
<Jr da Í liià non vegn un pafs!
La yuvna:
30 Chiara tu non dir da mai,
TÜ hasch da far abot per tai;
Crajas tott da far dascus,
Forz' hasch schon an mez marus.
550
e. DECURTINS,
B.
Mama :
I.
Scha zop un qualche plo/.iar
^^ Per mcis hasöf^n ila chià.
Schi chìerlschni siin corunas
Las xazzas buserunas
In tin chid haun chiatù.
Da tauntas laurs da chiasa
40 Non sa qual tor avaunt
Da quai non s* impisauat
Sco asolat rupelauat
Sa dund bun senn intaunt.
Vu jauat launt in Schnierla
50 A chierchiar ber nardats
Cucond, laiclond sulctta«
Kl jauat con tcrlettas
Per scuflar su nostats.
B« Las fiólas rispondan.
1.
Vos ploziars mai lucchaini.
5(> ('hia laini far con qaai?
Tcrlettas mai portaini
Schin' s quintan schi taschaini
Quai Schelms chi dischan quai.
45
^5
Almain qucllas laurcttas
Schii fefsat flcisij» (juai,
Purschlins, vades, jalinas
Kt attras laurs pii finas
Dumondni blér dò quai.
La vìigla:
Higuard las laurs da chiasa
60 Pudefsat taschar qoiei
Lain jcnt sa jädar ora
Schi fois con quai riz' ora.
Ma mai non eis fat reit.
Ofsa daldasch, causa tai
Vej;ni tott cir sur da mal,
Marsch' cisch bain scoi bel laithim
Aint il fluT da juvcntüm.
Las sors trauntcr per:
La y UV na:
Tu cumondar sasch pulit
Teis scusai non fasch gnir tritt
70 Tu sasch fiir il {rniogn con toll
Et intaunt jau vegn il poz.
(!.
Mama:
/.">
I.
Sa rovi: fatt jüdizi!
Uschlia disch con bab ;
'Jau discherä cui pader
Et forza cul Schlobiader
Et brajarain dad' át.
Jau sun da fall sl'orzada
Da s' dir tott clor c nett
Sco n* ha sün mia conscicnzia
80 Et disch in mia conscicn/ia
i*er dar mcis quint indrctt.
.>•
Anguoscha chia };u;^larda>
Kabizan qua id a là.
Scha pur chis' resolvcHian
85 Scha pur chis' maridefsan
Quel hom fofs bain segna.
I ñlan pozadüraü
Et mandan aint curais.
Ma cur chi vegn ils cromars
90 Ans fauni su las comas
Et volan becs scufsals.
('• Las figlas rispondan:
1.
Anj^uoscha quant jûdici
Chi para chia nu vain,
Ne bab ne pader crajan
05 Las femnas cur chi brajan
Piitosl ans metían train
EIN MUNSTERISCHER DICHTER.
551
Fur/a lain maridar,
Lain far infìn chi va.
Vofs fuor, scili berrai via
iO(j Ils jalts sa purtan via
Non vain britsch rabiza.
Cilia lauat vu s' almaintar
A cumprar nofs scusals
Guardai las attras mallas
105 Chi lischan sun baintratta«*
Schibain chi faun corals.
La 7 •('•'¿'/a
Gulla lunj^'a quai tcis dun
Mania ha bain un toc raschun
Ito l'umpa vikla, plazs dascus,
Quel nas lunj; tcis \\n puoglus.
Las duos sors taunt er p ê r.
La juz'tia :
Tu non clapasch ncaunc da quces,
Neaunc als portar pels chiavces,
Chi malom vo tor a tai
115 Tu guglarda per da quai.
1).
I-.\ Mama.
I 20
i:
I.
An^'uoscha bundriusas
Chi ({uoran sül balcun
l'ci minchia each chi paisa
Las esi totl da mafsa:
rii! chiitta quel caghm.
I rumpan las cupallas
Kt /oppan via ils tochs.
Las toccas lumbardunas
LaN Ncroccas >trapatschuna>
Comainzar stögn con clochs.
Las mandi ora a zerclar
Sellini faun una bela lin;
Sa bulan per t|uai via,
l'cr spula daschütlia
130 Darschian loti nofs glin.
»35
D.
140
»45
Medcni eis eir cui cusar,
Faun toil dabot — dabot
Imbliidan la niasiiras
launtiina grond fajüras
Et faun un bel chiampott.
Las figlias rispondan:
I.
Co vaini bain da zerclar —
Ils pecs tor sün calöz.**
Nus eschen qualchia jadas
Ün pà eir surmenadas
Da dofias sül mez möz.
Hundriusas eschens brichia,
Scuain avaunt nofs üsch
Per rumper la Vaschella
Scha pur chi fofs a quella
Vain pac d' ans a trar su.
Lu vt\i{/a
Las s o r a s l r a u n t e r peer:
Lii j'uvna:
i'i^lia i lilscha su per tai 150 Mezza narra tu gnirasch
(Jiiai non va bö prò a mai, U^ai ta dischi chia tu sasch.
Scriva sii sün palanlschiu Straunia senza remifsiun
Ic^na quint da nofs purschliu. U^ai sarà tía vocatiun.
C o n c 1 u s i u n.
L(i Miuñii:
Alluna sa chj^ij^nainlan
r-^; Sfo fof-ian ( hiaim e jail
Con tollas sorts slichadas
Con totlas sorts ögladas
Totl rpiai non eis bain fait.
Fini s.
552
e. DFXÜRTINS,
II. Interven /.iun (reslras amias.
Î.
DiletUs carneradas!
1 6o Con tott nofs bain plaschair
Vain bandunà las rodas
Per far il nofs dovair,
Crajevan da sa chiatar
In buna harmonia, —
165 In buna compognia,
InUunt eis tott in crusch.
Vu Mama rabiantada
Sa dat un pà bun sen
185 Con quista bel bargiada
Chi faun tott il mcdem.
Schu vefsan nu per ñglas
Nu fofsan bain pu scortas
Scrrefsan nofsas portas,
190 Tiridum, titum titell.
Ànguoscha chia strcmizi
A daldar quist combatt,
Ànguoscha chia sbrajizi,
170 Chi para tic i tac
Titum, Titum Titella
Chia litta buserunu
La busra s' incoruna
I para chiauns e jatts.
3.
175 Chia diantras comanzauat
Iflaspetta damaing?
A MaiSa respondauai
Bain arrogantamaing
Ingina eis vofsa Scola r
180 Vu scortas juvantschella^
Prudaintas madmoisellas
Hauat pers V educatiun ?
VII. CHIANZIUNS l^A DIVER I IMAINT
I.
Nofsas chiaras amidas
Nu gnin as saludar,
Con bunas partidas
Lain jcnt conversar
5 Fain pafsar la saira
Fain pofsar las roda>
Chia nu pofsan sa refar
E dumaun bain levar.
Nofsas chiara> canuradas
fo Tott prus Cl bain jcnt
In honur da lott fcrmada>
idìlli star allej^ramenl
Schia las veglias ins --abrunclan
K Ñchi volan ins ranfuñar
Crajai co gnitan smortas
A daldar quels discuorss
Conbain nus eschen scortas
Parett da vezcr V uors.
195 Fortuna a chi chi tacca
Da justar quista litta
A fermar la dispitta
Tirìdum titum Titell.
6.
1^1 Prussia con la Frauntscha
200 Sa mettan aint intaont.
Con quai havaini spraunza
Chi vegna sco awaunt.
Et forsa vegn a quella
Chis' metta Tlngilterra
205 Con nova mail* in terra,
Illura lustig sein.
PKK LAü J i: VN AS I)II.S PLAZS DE FILAK.
15 Schi podaini las sa dir
Non eis temp dad urdir.
3.
Be taunter da nu femnas
Dischaini la vairdà
Taunts dits e tauntas emnas
20 dm sezzar s* vegn maUu
Nofsas chiaras ju\Tias vitas
Fleisi s'lain parchûrar
Chin non gnifsa indebolidas
O defett d' vaintefsan
{PartiMd M ßau)
25 O dilettas cognoschaüitas
O amidas e pOTnintat
¿ «:
EIN MUNSTERISCHER DICHTER.
553
Contott chi fofsan cir maridadas
Qua in quisl plaz accompo-
^nadas
II arresps bain scuafsar jo
30 E lotts chi dormán con prò.
UfC at tra.
I.
Nu eschan arrivadas
In quist laudabel plaz
Per quintar las fadias
Per causa da bler fjlatsch
35 Cura in pé e cura in rain
Simpisai, co quai jea bain
Per saludar las amias
Eschni gnidas qua
Per vezzer co quai sia
40 E chiaminar da qua in pii.
2.
Bc launler da nu feninas
Fois quai bun star
Schi fofsan eir 3 emnas
Fofs bun per ans conversar.
45 Schi fofs inqualche maschel qua
Schial s* retira fort ün pà
A riserva il Schur Patrun
Al quai dumondain pardun.
Con partir.
Nu lain tor la via ad ir vers
nofsa chià
50 E pafsar con legria per efser slatas
La buna saira giavüschain [qua.
A Tollas qua chià nu lain bain
E quai loll in sincerità [qua!
Usche vaira chia eschan statas
Vili. PkR LAS Jl VANTSCHELLAS.
I.
Unfri a Dieu vu juvantschellas
Vofs cor toll nett da minchia mal
Fortunadas sujii quellas,
Cor angelij^s adingual.
5 Sun cllcttas per sia spusas
Con taunt plaschair da toll il Ciel
In amur dad ormas prusas,
Et al saltan per sia fêl.
3-
Appaina fait (juist Sacrifìci
IO Sco rosas finas lisch' il cor
Fina taunl chià Un nasch vizzi
(jucl vanlaz las \*egn al tor.
4.
In disgrazia surmainadas
1 sun in grond dispcratiun
15 Vczzan co disfortunadas
E non saun })lü (piai chi sun.
Un lai don ireparabel
Causa eir plus et attars mais.
Dubel guai insurportabel
20 Guais del corp et spirituals.
6.
Una scorta juvanlschella
Vezza bain quai loll avaunl
Bain pro temp la miilscha quella
Sco sto far iin bun ufl'aunt.
25 La lema bleras jadas
Da bleras sorts conversaliuns
Schgiva buceas mal lavadas
Et suprima allas tainlalciuns.
8.
Quel chi fa loti seis pufsibel
30 A Dieu varal per seis ajud
Fa Vitoria al impofsibcl
Quai der orma sia salud.
C. Decürtins.
Bibliographie des traditions et de la littérature populaire
du Poitou.
l/aiiciciiiR' proviiiCL' du Pf)itou, qui [)arle un dialccU- de langue-
d'oïl, su compose des trois dcpartumunls actuels do la Vienne, de.s
I)(Uix-S«'vres et de la Vendée. Bien cjue ce pays, sauf pour \c.s
chansons, n'ait pas été l'objet d'une exi)loration aussi complete au
point d(i vue du folk -Lore proprement dit (jut; la Bretagne, et
(juekiues autres provinces de France, on y trouvera i>ourtant l'indi-
cation de iminbreux ouvragi;s on s(î riincontr«nt, en quantités varia-
bles, des renseigntnnents rtîlatifs aux traditions, aux tuteurs t;t aux
usages.
Nous avons suivi à i)eu de chose près le même plan que dans
nos deux i)récédentes publications' sur le même sujet; après avoir
relevé les glossaires »;t les ouvragtìs de linguistique, si souvent
intimtîment liés A la littérature orale, nous avuns ensuite passé en
revuti les traditions, mteurs et usages — les contes populaires -- - les
Chansons -- les N(^ëls — les Devhiettes — les Formulettes et les
prièri's f)Of)ulaires — les Prov(»rbes — les Costumes — les livres
populaires et les almanachs les faïences, l'imagerie et la plom-
berie — le théâtre populaire.
riusieurs savants du I^)itou, et parmi eux M. I-éo Desaivre,
ont bien v«)ulu n«)us envoyer de précieuses notes qui ont singulière-
ment enrichi notre travail, et sans les quelles nous serions loin de
de j)résenter un ensemble aussi complet. Qu'il accepte nos rcmcr-
•:ieinents et ceux de nos lecteurs pour son dévoué concours.
Aire linjjuihtiquc »lu putois poitevin.
Dkki \ i)i: Kadikk. Bibliothèque histor. et crit. du Poitou. 5 vol. Paris,
Gaueau, 1754. Journal »le Verdun fevr. 1758, t. 93, p. 123.
DrriN, jircfct des 2. Sèvre». Statistique des 2.S. lermém. p. 56; 2« mcm.
p. 204 et 205; mcm. de la ^oc des antiq. de Fr. lome l« p. 195 et seqq.
l)K LA F<»NTKNKi.i.K i)K Vaudork. Keclierclies sur la langue poite\îne.
J3ull. cle la Société d'aj»riculture etc. du Poitou 1830.
< '«)nimunications »le M. M. ('ardin (de Poitiers) et De la Fontenelle de Vau-
lloré au (\)nj^rè> scicntifuiue »le Bloi> 1836.
> Hihlio^Mapliie »k-> traditions et de la littérature populaire de la Brc-
ta;;nc (Revue (eliiiiue t. V p. 277 — 339)- Bibliographie des traditions et
de la liitéralure ])0))ulaire (le l'Alsace. Strashourj», Noiriel, 1883 (tirage & part
sUi Polybihlion <le Novend^re 1882).
BIBLIOGK. DES TRADII". ET DE LA LI'IT. POPUL. DU POFTOU. 555
ScHNAKK\Brk(ì. Tableau synoptique et comparatif des idiomes populaires ou
patois de la France. Berlin, 1840.
Favre. Glossaire du Poitou. Introduction p. 2.
ToURTouioN (Ch. de) et Brin(;i îer (O.). Rapport sur la limite géographique
de la lanj^'ue d'oc et de la langue dVil. Archives des Missions 3«sér. t. Ill,
1876. Il existe un tirage à part.
Sur Iti limite du Poitevin cf. ia page 54.
BoicHERiK (A.). Patois de la Saintonge; curiositi î étymologiques et gram-
maticales. Angoulème, A. Nadaud, 1865.
Dans V introduction M. Boucherie rattache le Poitevin et le Saintongeais
à la langue d^oïl.
Patois. Glossaires et Grammaires.
Dk<u HF/i (Jean), ha Moirie de Sen Moixont o les vervedé de tretoule lez
autre (la Mairie de St. Maixeut où il est parlé de toutes les autres).
La Mizaille à Tauni, comédie en vers (sic) avec l'explication des mots poitevins
les plus difficiles à savoir. Poitiers, Pierre Amassard, 1660 et 1661.
Oit peut considérer cette explication comme le premier essai de Glossaire
fait en Poitou.
Ai.KRKi) Rk HARD, Archiviste de la Vienne. Les (t'uvres de Jean Drouhet,
Mp apothicaire à St. Maixeut. (La moirie de Sen MoixOnt — la mizaille à
fauni — Dialogue Poictevin de Michea, Pérot, Jouset Huguenots et Lucas
Catholique sur ce qui s'est passé à la conversion de M»" Cotibi, ministre de
Poictiers en I660 — Lez bon et bea prepon do bounhoume Bretau — La
dcfonse dos enfous de la ville de Sen Moixont contre les railleries do gens
de Poetey le grou fremage d'Hollande.) Avec notes expliquant les mots
difficiles. Poitiers, Druineau, 1878.
La Revei.likre-Lkpkai X (L. M.). Notice du Patois Vendéen. Mém. de
l'Acad. Celt. t. IH (1809) p. 267 — 290. Il existe un tirage à part sans pa-
gination spéciale.
Notice du patois vendéen, précédé d'une biographie de l'auteur. Niort,
1868, gr. in 8" de 80 p.
- Essai d'un vocabulaire vendéen. Mém. de l'Acad. Celtique t. Ill (1809)
p. 384-398.
Uk \.x F(JN'iENEiJ-E DE Vaidoré. Recherches sur la langue poitevine. Poi-
tiers, F. A. Saurin, in 8^. s. d. (P. G.)
Les exemplaires complets comprennent une seconde partie pour la gram-
maire etc.
Poi-^Y d'Avant. De l'Influence du langage poitevin sur le style de Rabelais.
Paris, 1855, i" 8". (Kxtr. de la Revue des provinces de l'Ouest. Nantes,
A. (îuéraud.)
Düca.st-Matifeux. Ktude sur le patois poitevin. Revue des provinces de
l'Ouest. Nantes, A. Guéraud, 1858.
Aidé (Léon). Du langage populaire en Vendée. Najwléon -Vendée, 1858.
Pressac (biblrc de hi ville de Poitiers). Glossaire à la suite des poésies
patoises de l'abbé Gusteau. Poitiers, Henri Oudin, 1855, in 12. 61.
(RííNDiER.) (Quelques mots du patois poitevin, (le Mellois 28 Juillet 1861.)
— Génie du patois poitevin par un paysan, (le Mellois 14 Juillet, 21 Août,
L^^rSept. 1861.)
Gennes (Ch. de). Sur l'duvrc du patois Poitevin. Poitiers, Dupré, 1863,
broch. in 8^.
Bealchet-Fiileat. Fssai.sur le patois poitevin. Melle, 1863, in 8".
C^est un glossaire avec grammaire.
Dreux di: Radier. Kssai sur le langage poitevin. Niort, 18Ò6, in 8**.
Di <;ast-M ATiKEiîX (Ch.). Réimpression de Particle du Journal de Verdun:
lettres sur l'orig. des langues espagnole et italienne ou essai sur la lan-
gage poitevin de Dreux du Radier, voir cidessus.
Dr VAI. (L.). PUudes critiíjues sur le patois poitevin. Niort, Ch. Mercier,
i8(»7, in 8".
556 H. (iAlDOZ KT P. SKBILLOT,
Lf.vrikk (Gabriel). Dictionnaire élymologiiiuc du patois poitevin. Nioit,
Ch. Mercier, 1867, in S^ de 195 p.
Kavre (L.). Glossaire du Poitou, de la Saintonge et de TAunis, precede d'une
introduction sur l'ori^jine, le caractère, les limites, la grammaire et la biblio-
graphie des patois poitevin et saintongeais. Niort, 1868, in 8<^ de 356 p.
Lalannk (abbé), (ilossaire du j)atoiis Poitevin. Poitiers, 1867, in 8**.
For MC le tome XXX II 2^ partit* des Mém. de la Soc. des Ant. de P Ouest.
Cf. not. de Paul Meyer Rev. Soc. savantes 4e sér. t. IX p. 405.
R(»L*ssRAi; (abbé), (ilossaire poitevin. Paris, 1869, in 8" de 95 p., a paru
i\ la même époipie dans la Rcv. de l'Aunis. de la Saintonge et du Poitou.
HourHKRii:. Le dialecte poitevin au XIII« siècle. Paris, l*edonc Lauriel,
in «", 1873.
l'etit Glossaire poitevin — à la suite des Etudes sur les poésies de Christophe
des Frances, seigneur de la Chidonnière et de la Jalonsicre, imprimées à
Niort che/. Th. }*ortau, 15OS» et intitulé:
Histoire des poetes compris au grand Olympe et ensuivant la Méta-
morphose d'Ovide.
Kavrk (L.). Supplément au dictionnaire du Poitou. Niort, L. Favre, 1881,
gr. in 8".
Traditions, M <e u r s et Usages.
BorcHKT (Guillaume). Les Serées. Poitiers. G.Bouchet, 1584. in 4'*.
YVKR (Jacjues, Sgr. de Plaisance). Le jirintemps d'hiver, conten, plus. liiM.
discourues en cinq journées, en une noble compagnie au chateau de Prin-
temps. Niort, Thomas Portau, 1598, pet. in 12 (pourrait être mis parmi les
livres populaires anciens).
Discours facétieux des fmesses île Ooustelle, accommodé aux afl'aires de ce
temps. Aux admirateurs de la tournure moderne, jouxte la copie, imprimé
à Poitiers par Pierre I^oyrier, imprimeur s. d. gloss. Favre.
BoDiN (Jean, né à Angers, mort à Laon en 1596). (Bibl. i*oil. Clouzot 1878.)
Le lléau dos démons et sorciers. Niort, David du Terroir, 1616, in 8®.
Discours lamentables et espouvantables des merveilleux ténèbres advenus
sur la ville de Poitiers et cinq lieues à la ronde, le 3« novembre 1613, en-
semble les estranges signes de feu en forme de dragon, aVcc cris effroyables
et demeurèrent l'espace de trois jours sans y avoir aucune clarté. Lyon,
Doret, 161 4, in 8'.
Dk la IIavk (Jean, baron des (.'oustaux). Les mémoires et recherches de
l'Vance et de la Gaule uijuitanique à Paris, (iuillon, 1619, pet. in 8®.
('nLi.ARi)KAL* (Julien). Peste de village i)ar Julien Collardeau, procureur du
Roy ;\ Fontenay (1^37). Fontenay, Kobuchon, s. d., br. in 8**. (Publié par
les soins de M. Dugast-Matifeux.)
DKorcHKi (Jean). La Moirie de Sen Moixont 1660, ouv. cité.
On Y trouve la description d^un festin de mairie et des détails Je tnœurs.
M\i<nix (A.). Histoire de Saint<mgc, Poitou, Aunis et Angnumois. Saint-
Jean-d'Angély. 1671, 2 j)artics en un vol., in folio.
Drkix 1)1; Radikr. Bibliothècpie historique du Pintou. 1754- Ouvr. cité.
Le t. 1 p. 368 et sqq. contient un long article òur les raretés du PoUou^
extrait du Reductor iu m repertorium et Dictionnarium morale etc» de
Petrus Berchorius Poitevin (mort en 1362) L. / T C. 43 éd.Colog'fie 1692.
Ce passai(e est relatif à des superstitions sur les oiseaux; sur le privi'
li'îfes qu\tnt certaines familUw de chasser le^ serpents etc.
Ai'BiN. Histoire des diables de Loudun , ou la possession des religieuses
L'rsulines, et de la condamnation et du supplice d'Urbain Grandier, curé
lie la même ville. Cruels effets de la vengeance du cardinal de Richellen.
A Amsterdam, 1752, in 12.
J<n vNF.Ai DKs Lur.Es, fondateur du affiches du Poitou le«" Janv. 1773 —
31 Dec. 1781 plus. art. dans cette précieuse collection.
DuMiU.siiKR ])K i.\ Font. Essai sur 1* Hist, de Loudun, 2 vol. in 8", Poitiers
Chevricr. 177M.
BIBLIOGR. DES TR ADIT. ET DE LA LITT. POPUL. DU POITOU. 557
THrBAUDKAi . Aliréiîé de riiistoire du Poitou, contenant ce qui s'est passé
de plus remarquable dans cette province, depuis le règne de Clovis jusqu'au
commenceirent de ce siècle. Poitiers, 1782, 6 vol. in 12.. Errata de Tabregé
de l'hisl. du P. ou lettres îi M. Thibeaudeau suivies d'un petit Commentaire
par M.*** (Allard de la Resniere en France 1783) plus, fascicules dont le
dernier en resté ms.
Thibaidkai. Histoire du Poitou, nouvelle édition précédée d'une intro-
duction, par M. H. de Sainte-Hermine, avec notes. Niort, Robin, 1839,
3 vol. in 8^.
La Vai-LÉe etc. Voyage dans les départements de la Fr. (Vienne, Deux-Sèvres,
Vée). Paris, Desenne etc., 1794, in 8".
DoRi-'ELiLLK. Dissertation sur l'existence des dragons, présentée à l'administra-
tion centrale du Département des Deux Sèvres à la séance du 16 fructidor
de l'an 6. par le citoyen C. H. W. Dorfeuille. A Saint Maixent chez
F. Laîné. An VII in 12, de XVI-59 pp.
C^t opuscule, dâs plus curieux par la crédulité de P auteur fermement
persuadé de V existence des dragons, rentrerait dans les généralités , si
en quelques passages et notamment p. 25 et 26, // ne parlait d^une
légende poitevine oft un soldat combat le dragon de Niort avec un
masque de verre, afin de se présenter du venin que lance le fnonstre.
Oraison funèbre du Mardigras, prononcé le 29 pluviôse au IX sur la place de
la Brèche de la ville de Niort etc. Niort de l'imprimerie de P. A. Elie
au IX in 12.
Jacqiin (E.). Annuaire statistique du département des Deux-Sèvres an XIII,
(1804 et 1805). Niort, Plisson, an XIII, un vol. in 8®, avec la carte hydro-
graphique du département.
Vendée (Annuaire statistique du département de la) pour 1803 — 1804, par
le citoyen Cavoleau, se vend a Fontenay chez Goichot, in 8".
Trioli-ET. Antiquités et monuments du Poitou. 1804 in 8**.
Dltin. Mémoires statistiques du département des Deux-Sèvres. Paris an
XII. in fo.
PlET. Mémoires laissés ;\ mon fils. Noirmoutiers 1806, in 4°.
JorvN'EAL DES Loc.ES. Sur les Noces noires des marais du Bas-Poitou. Mém.
de l'Acad. Celt. t. V (1810) p. 275— 280.
Barré de Jam.ais. Essai sur les mniurs, l'administration et les besoins de
la Vendée 1815.
JouYNEAi des L(k;es. Note sur le dragon de Poitiers et celui de Niort.
Mém. de l'Acad celtique 1809 n° 13.
Richer (Edouard). Statistique de Noirmoutiers, vers 1820.^
DuPLN (Baron). Notice sur quelques fêtes et divertissements populaires du
département des Deux-Sèvres. Mém. de la Société des Antiq. de France
t. IV (1823) p. 104—127.
DuFouR. De l'ancien Poitou et de sa capitole. Poitiers, Loriot, 1826, in 8®.
Souvenirs pittoresques du Poitou A. Noël. 1828, in f**.
Massé (Isidore). La Vendée poétique et pittoresque. Nantes, 1829, in 8".
Marchés de louage et de fiançailles des garçons et des filles dans la Vendée.
Magasin pittoresque 1834 p. 135.
MÉRIMÉE (Prosper). Notes d'un voyage dans l'Ouest de la France. Paris,
Fournier, 1836 in 8«.
La Foni en elle de Vaudoré. Notes sur l'Ile Dieu, 1836, in 8®.
Le même — Les arts et métiers à Poitiers, pendant les XIII«, XI V« et
XV« siècles. Poitiers, Saurin, 1837, ^^- *" ^•
Dar TIGE. Le Poitou Pittoresque. 1838 in 4®.
GiJERiNiERE. Histoire générale du Poitou 1838 — 40, 2 vol. in 8°.
Notice sur les feux de la St. Jean dans le cant, de Gençay par M. Nicolas-
Clémot. Soc. des antiq. de l'O., Bull. 1838.
Savarv (chef de bataillon du génie). Notice sur les huttiers de la Sèvre.
Mémoires de la Soc. de statistique des Deux Sèvres. 1838 — 1839.
55^ H. (iAII)OZ KT P. SKBILLOT,
ítL'Kkrv. Ni)te sur les usajjcs et traditions dii Poitou. Mém. Soc. Ant. <!e
France VITT 1830. p. 45» - 4i>5-
Feux de foie à St Jean — Mariage — rubans de la mariée — bœuf a
bthiis Jour de St. Blanc — œuf coq ua tri — chanson de ¡a mariée.
Bkm.in dk ta LiBf>RLiKRF.. Second rapport sur des gâteaux truno forme par-
ticulière. Poitiers, Saurin, 1840, br. in S**.
- Le pr mémoire a pour titre: Sur Melusine et des gâteaux qui la repré-
sentent par M. de la Liborlière. Bull, de la soc. des antiq. de TO., 184O,
avec \\'¿.
\j^ KoNTKNKM.E DK Vaidork. (Chronique fontenaisiennes 1841, in 8**.
I.)K LA Vii.i.E(;iLLK (A.). Mœurs et Coutumes du Poitou. Bull. Soc. des
Ant. de l'Ouest 4t* Trimestre 1H42, p. 300 312. Avec la chanson de la
Mariée en patois.
Richard (J., avocat). Notice sur rétablissement des rosières de La mothe
St. Heraye et son fonda- eur. Soc. de stat. des 2 S. Livraison 1843 — 44.
1)K Lastic st. Jal. Zoologie du départ, des 2 Scv. Soc. de stat. des 2 S.
Livraison 1843 — 44.
Mandïvt. ITerpétologie de la Vienne. Poitiers 1844.
DrpRK. Tableau indicateur des principeaux monuments historiques des sites
et des curiosités naturelles de Poitiers et de ses environs. Poitiers, Dupré,
s. d., in 8".
BAriiiKR et Ch. Arnalld. Monuments religieux, militaires et civils du
Poitou. Niort, Robin, in 4*».
l^i'jRK-C'HF.VALiKR. Les Noces vendéennes. Musée des familles 1845 — '^4^
p. 207—208.
Défaits sur la danses; chansons de noces.
De la r.iBORLiKRE. Vieux souvenirs du Poitou d'avant 1789. Poitiers,
1 846. (Notice sur la grand* Goule.)
FiLLON (Benjamin). Recherches historiques et archéologiques sur Fontenay.
Tome L Fontenay, Nairiére - Fontaine, 1846, un vol. in 8® br. (T. I, le
seul paru.)
// existe quelques e.Kemplaires du sec. vol.^ tous incomplets.
Journal de Guillaume et de Michel I^ Riche avocats du roi à St. Maixent
(de 1534 ;\ 1586) pubi, par I^i Fontenelle de Vaudoré. St. Maixent. Re-
versé, 184O.
A la suite Requête présentée par les hab. de St. M. à Moreau de Beau-
mont, lieutenant du Poitou pour iibtenir les entrées {en patois) d* après
un imprimé du temps ( V. 1 748).
Babinet. Melusine, Geoffroy la grîinde dent, lég. poitevines. Paris, Techener,
1847, broch. in 8».
Superstitions populaires dans TAlmanach du bon agriculteur pour l'année 1848.
Niort. Robin.
C\'.st, dit M. Desaivre (Croy. etc. p. 5), la confession d*UM ex'Sorctert ^w
raconte ses anc'.'nnes pratiques, tont en s^en moquant, à un instituteur
et à ses éltTes.
BiîssiKKK (Th. de). Histoire de Sainte Radegonde, reine. Paris, 1830, gr.
in 8". Dans l'Introduction, récit populaire d'un miracle.
GiRAiM)EAr (J.). Précis historique du Poitou pour servir à l'histoire générale
<le cette province, suivi d'un aper^^u statistique de la Vienne» des Deaz-
Sèvres et de la Vendée. S. 1., in 8". cartes. Cf. plus. art. de la Romania
sur la Badin (de Niort) Couvent lupanar (pic l'on disait avoir été fondé ä
Niort par un comte du Poitou.
LoNta KM VR (A. de). Chroni(|ues et légendes populaires du Poitou, des Gaulois
à l'an 1000, recueillies sur les bords de la Vienne, du Clain et de la Gar-
icmpc. Poitiers, 1851, un vol. in 8" avec carte et gra^nires.
Al KKR. Recherches sur la Paroisse de St. Pierre Les Eglises, prèn Chan-
vigny->ur -Vienne. Mém. Soc. Ant. ile l'Ouest Année 1851. P. 4^$ — 416:
l 'sajúes vt coutumps.
La VtMuléi' en 1852 j)ar le baron de Wismcs. Gr. in fol. avec planches
j^ravét's.
nilU.IOGk. DES IKADIT. ET DK L\ UTV. POPUL. DU POITOU. 55g
Li NlKR (Dr.i. Recherches sur quelques déformations du crâne observées
dans le département des Deux-Sèvres. Mém. de la Soc. de statistique des
Deux-Sèvres 1852.
6V//<? déformation ri' était pas rare autrefois; elle était obtenue au moyen
Je Varmature d'aune coiffure en carton posée sur la tête de Penfant.
Melusine poème relatif h cette fée poitevine comp, dans le 14« siècle par
CouMrette, publié jiour la première fois par Francisque Michel. Niort,
Robin, 1854, i" 8"-
Histoire de Melusine princesse de Lusij;nan avec Thist. de Geoffroy surnommé
à la grande dent, par Nodot, précédé d'une introduction sur la légende de
Melusine. Niort, L. Favre, in 8".
DrcHKMix. Récits du pays du Bocage, traditions, légendes et chroniques.
Laval, 1855, in 12» de 400 p.
Thiais (David de). Le paysan tel qu'il est, tel qu'il devrait être. Actualité.
Poitiers, Hileret, 1856, un vol. in S*».
Superstitions populaires dans l'Almanach du bon agriculteur pour Tannée 1857.
Les rives de la Vienne, légendes du Poitou, par le comte de Croy. Paris,
1857, in 12".
Marcel (T.). De la Bachelerie de Melle. Niort, Favre, 1857.
Détails d^anciennes mœurs. *
Ledain (B.). Histoire de la ville de Parthenay, de ses anciens seigneurs et
de la Gatine du Poitou, portrait et carte. Paris et Poitiers, 1858, in 8®.
Notice sur les feux de la St. Jean par M. Ch. des Courtis. 4e bull. 1859 Soc.
des antiq. de l'Ouest.
Bi»i;cHARi) (Henri Edm.). Annette Taudet ou les Sorciers du Poitou au
XIX« siècle, croquis de mœurs d'après nature. Poitiers, Dupré, 1867, in 12**.
Cf. sur ce livre la Revue de V Aunis 25. Mai 1867.
JozKAii (Dr.). Elena, 1867.
Roman: détails sur les marais de la Sévre.
LiBoRLiKRK (de la). La Grand' Gueule de Poitiers. Soc. des Antiquairs de
rOuest 1867, I er bulletin.
Chkr<;k (('h. de). Guide du voyageur ;\ Poitiers.
Fii.i.oN (Benjamin). Lettres écrites de la Vendée à M. Analole de Mon-
taiglon. Paris, Tross, 1861 (figures), in 8<^. Tiré à 120 exemplaires, et non
mis dans le commerce.
Superstitions flans Annuaire de la Soc. d'émulation de la Vendée 1861 p. I42.
lV\ri>RV (abbé). Antiquités celtiques de la Vendée et légendes. La Roche-
sur- Yon 1862, 1864, 1873. Extrait de l'Annuaire de la Société d'émulation
<le la Vendée 1872 p. 1 10 -136.
Ai.BARKF (abbé). Pèlerinage de N. D. de Pitié. Poitiers, Oudin, 1866.
KoNDiKR. Vie de Saint-Junien, Poitevin et bénédictin, patron des laboureurs
(lu I*oitou. Xiori, riouzot, 1866, un vol. in 8**.
Baidrv (abbé Ferdinand). Mémoires lus au Congrès archéologique de France
(Fontenay le C:omte 1864). Niort, Clouz.ot, 1865.
Caii.i.ki (Pierre). Les Veillées du Mardigras, entretiens sur l'agricultur.
Xiort, Mercier, 1867, in 18".
Cmi.i.kt (i*ierre). Michelle, Roman Poitevin, 1868.
Ces deux romans contienent des détails sur les mœurs.
Xicoi.iKRK (Stephane de la). Une paroisse poitevine. Nantes, 1866.
Viai:i)-Grani)MARAIs. Tableau des Serpents de la Vendée. Nantes, 1868.
Gai. 1,1.1 ((Jh. Edouard). La ville de Beauvoir sur mer (Vendée). Nantes,
1868, in 8», 217 p.
BKAirHF.T-Fii.i.KAi . Simples notes sur quelques pèlerinages oieuses pra-
ii(|ues, usages etc. du diocèse de Poitiers. Paris, 1869, in 8".
LoNi.iKMAR (de). (îéographie populaire du département de la Vienne. Poi-
tiers, Lélang, 1869, un vol. in 12".
HihKiKREs (L.). Petite géographie communp^e, histoire, biographie, statistique
et usage*< locaux du (léparlement des Deux-Sèvres, avec i carte coloriée, etc.
Niort, L. l'avrc impr. In 16^, 96 p.
560 H. (;aII>0/ et p. SKBILLOT,
KiJi.oN [h.) cl O. DK KncHEHRLNK. Poitou ct Vendée. Etncleil liistoriqiio
et artistiques avec eaux -fortes par Rochebrune. In 4®.
Df.saivrk (J.éo). Lu chasse Gallery. Revue de la Saintonge, du Poitou ct
de l'Aunis 25 DCt., 29 nov. i86q.
Dksaivke (Léo). Garj^antua en Poitou avant Rabelais. Brocli. in 8". Kxir.
de la Revue »le l'Aunis, de la Saintonjje etc. du 2!^ juin 1869 t. IX p. 354
et suiv. avec .idditions.
LiK.vRK (A. F.). Xotes sur ('(udié ct ses environs. Niort, Clou/.ol, i8</<).
2 vol. in X".
Détails sur Mt'lusint\
TkEvs.vv (abbé de). CJuelques mots sur Tile d'Yeu. Luçon, i8óq.
Quelques traditions.
l^KArr'HJhVi-Kn.i.KAU. Pièces inédites rares ou cur. Concernant le Poitou et
les Poitevins. 1870. in 8*^. (Rachat d'un repas dû par le commandeur
d'Ensigué, appelé la tripe.)
rfr(;rF.*î Imhrrt. Histoire de Thouars. Extr. des Mém. «le la Soc. de slat.
des Deux-Sèvres 1S70.
(.lkmknt-Prif.ir. La Vendée en 1873. An)^oulênie, Nadaud. In 8*».
lh;(;rKS îmjîKki. Une quenouille de raariaj;e avec planche. Notice sur cer-
tains ilroits <lu Sgr. de Thouars. Bull, de la Soc. de stat. des Deux-Sèvrc;»
187O p. 7^-
Barbirr DR Montai i.i. Jeu de la (juintaine en Poitou dan.s la Commune
de (^lasscneuil. Mém. de la Soc. des Antiq. de VOuest 1874, 14s — 146.
Dksaivre (I^éo). Le coîj, la poule et l'o'uf. Dans Bull, de la Stic. de stat.
des Deux-Sèvres 1876 p. il 2.
Le Serpent, le Lé/ard et le (Trajiaud. Niort, Clouzot. Bull, de la Soc.
de stat. des Deux-Sèvres 1877 P« .VH-
UNafjes et trailiiions du Poit(iu - Dans la préface de Lalanne: (rlossaire
du Patois Poitevin. Mém. <le la Société des Antiq. de VOuest t. XXXII.
année 1877 p. XIII-
Buche de Xoi-l — - (iuilloneu (cf. p. i6o) - i'gu de St, Jean - - Ensùrcei'
lernen ts — (râteaux de Frie. {Nau/et, forme grotesque d^un petit en-
fa nt Mer/ u s ine).
Laïsnki. 1)K la Sai, le. ('royances et léjjendes du centre de la France. 2 vol.
in 8" (plus, faits relatifs au Poitou).
Dksaivrk. K.s>ai sur le Noyer et le Pommier. Niort, Clouzol, 1879. in 8*
»le 19 p. Extr. des Bull, de la Soc. de stat. des Deux-Sèvrcs.
— Jeux et divertissement populaires en Poitou avant la Kévolution. Niort,
1870, in 8** de 24 p. Extr. des Bull, de la Soc. <le stat. des Deux-Sèvres.
— A propos du saut de Verruyes. Bull, de la Soc. de statist, des Deux-
Sèvres 5. 12. 1876.
- Analyse »l'un IVIémoire relatif au préjujfé superstitieux sur les Sorciers et
les devins dans les départements de TOuest. Bull, de la Soc. de .stat, des
Deux-Sèvres 1880 p. 273.
Etudes de Mythologie locale: I. Les Abeilles; II. Noël; III. les Oiseaux.
Niort, i'Iou/,ot, 1880, in 8° de 14 p. Extr. des Bull, de la Soc. de statist.
des Deux-Sèvres.
StuTHK. Croyances présages et Superstitions diverses. Niort, Clousot, 1881,
in 8*^ lie 32 p. Extr. des Bull, de la Soc. de stat. des Deux-Sèvres.
Dksaivre (L.). ('royances présages, usages, traditions diverses et proverbes.
Niort, Clou/.ot, 1881, in 8<> de 39 p. Extr. des Bull, de la Soc de statist.
des Deux-Sèvres.
SoL(:hé. Proverbes, traditions diverses, conjurations, formulcttes et devinettes.
Niort, Clou/.ot, 1881 (1882), in 8<> de 82 p. Extr. des Bull, de la Soc de
stat. des Deux-Sèvres.
Dk>aivrk (Léo). P'ormulettes et enfantines du Poitou. Niort, 1881» in 8^
Beai:<'HE1-Fii.i.eau (iL). Croyances, superstitions, médecine, usages et pré-
jui^és du canton de Chef-Bouionne. Bull, de la Soc. de rtat. des Denx-
Sèsres i 881 82 p. 543 565.
lîIMLlOiiK. DH:S TRADIT. Kï DK LA LUT. POPUU DU POirOU. 56 1
Desaivrk (L.). Eludes de mytholojjie locale. Le monde fantastique. i882,
in 8*^ de 25 p. Dans Bull, de la Soc. de stat. des Deux-Sèvres.
S>:bji.l«»t (Paul). Gargantua dans les traditions populaires. Paris, Afaison-
neuve, 1883, in 12®.
Ijt chapitre V {de In pnj^e 170 n la pa¿rc 185) est relatif à Gar¿^antua
en PnitflU.
Races maudites.
Onvrngeri u consulter.
Mn:HKi. (Fr.). Hist, des races maudites (Calots du Poitou).
Arnai IJ) (Ch.). Hist, de l'abbaye de Maillezais. Niort, Robin, p. 3. (Colli-
berts du Poitou).
( fr. sur les C'oUiberts:
Ai.FRF.i) Ri( HAKi). Mém. de la Soc. des Antiq. de l'Ouest t. XXXIX Djs-
cour> <lt' la séance publique annuelle.
ARrÎKK (T*.). ITist. de la Rochelle et du pays d'Aunis I p. 96.
Dl'Fni R. De l'anc. Poitou et tie sa cajiilale p. 121.
Savarv. Notices sur les Huttiers de la Sèvre. Mém. de la Soc. de Ktatiüit.
des Deux-Sèvres 1838 39.
Dk I a F'îiNTF.nkij.k 1)F. Vaidork. Statistique de la Vendée p. 93.
L\r, ARDKi.i.K. Note anthropologique sur les Huttiers de la Sèvre, revue
d'Aunis i86f) p. 343, etc. etc.
Contes.
FiLLON (B.). Frère Fadet. Revue des jirovinces de l'Ouest t. I p. 243 sqq.
l'oKv d'Avant (M»le). La Monéte de quene (Moitié de Cane). Dans Revue
des prov. de l'Ouest 1858. Tirage ;\ part. Nantes, 1859, in 8".
Vax dkr Crïjvssen. La messe nocturne. Soc. de statist, des Deux-Sèvres,
Bull. 1—3, 1880.
Dksaivrk (Léo). Le curé de Parihenay le vieux, conte analogue au pré-
cfdenl id.
DdVai.i.k (Charles). Poésies. Paris, Charpentier, 1868. in 18". (I-a chasse
invisible. Conte en vers.)
I^s i^ens de Saint- Maixont sont de ¡a part de /ears voìsìms r objet de
facêtiis et les héros d* histoires drCdes, un numéro de V Ancien Figaro
contient sur ce sujet un article de J/ de Co ralles. - Ai. Gelin, ancien
instituteur, a recueilli beaucoup de contes, de traditions et de légendes
i¡u il se propose de publier.
(Chansons et danses.
iiiKRRN. Ouvr. cité, p. 462. (^Jianson fie la mariée. Deux versions en
fran<^ais.
V'iLi.K(rii,i.K (de la). Ouvr. cité, ('hanson <le la mariée en patois. Citée
dans Instr. rei. aux poésies pop. com. figurant à la p. 26 de Notice arch.
>ur Chavague en Paillers.
Instruction^ relatives aux poésies populaires <le la France. Impr. imp. 1853,
in 8". j>. 49. Rossignolet des bois, rossignolet sauvage, recueillie près de
Niort par M. de ('orcelle.
p. >ü. Le Rossignolet dc> bois.
Ma.y>k (Isidore^. La Vendée poétique et pittoresque. (!(mt. chans.
IÍ1 jKAii) (Jérôme). Chants et Chanson» populaires des provinces de l'Ouest,
Poiiou, Saintonge. Aunis et Angoumois, avec les airs originaux recueillis
et annotés. Niort, Clou/ot. 2 vol. gr. in 8". K\tr. dos Mém, de la Soc. de
Ntat. îles Deux-Sèvres.
La Vii.i.KMARoUK (H. de). Analyse des chants et chansons populaires des
provinces de l'Ouest. Bulletin du bouquiniste, I nov. 1866.
Bh.At i.iKi (Désiré .Martin). .Mém. sur quelques airs nationaux qui sont dans
la tonalité grégorienne. Kxtr. des Mém. de la Soc. de stat. des Deux-Sèvres.
Chan.sitns Vendéennes avec la traduction. Mémoire.« de PAcad. OItique 1. III
p. 370 — 383. Musique ù la im du volume.
Zeitáchr. f. rom. Phil. VU. ^6
502 H. «AIDO/ Kl P. SKIULLOT,
RoHiN. Etude sur certains airs de danse du Poitou au XVIc siècle. Bull,
de la Soc. des Antiq. de r(3uest, 9e série.
Cf. G. Bertrand, Rev. des Soc. Sav. 4. st'r. t. Ill p. 283.
Dk lÀ Marsonnikrk. Coup d'oeil sur la poésie poitevine. Bull, de la Soc.
' des Antiq. de TOuest i860, 2» Bull.
— Etude sur la gente poitevin*rie. Mém. de la Soc. des Antiíj. de l'Ouest
1858—59. — Voir plus loin: Chansons en Dialecte Poitevin.
ForiLLOi;x (Jacques du). La vénerie etc., précédé de quelques notes biojjr.
et d'une notice bihl. par Prcssac, avec j^rav. sur bois. Angers, Ch. Le-
bossé, 1844, g^' *" ^*** Plus, airs poitevins notés.
Chanson poitevine: Al cntrade del tens ciar, citée en partie dans La Rousse.
verbo. Vadurié t. XV p. 720.
('hansons poitevines publiées dans le (.'anard pote vin. Journal hebd. en
Patois Poitevin publié à Melle, Deux-Sèvres, in 8°.
Annonce du 20 août 1877 du Journal la Melusine, Paris, Viaut.
Branles di: Ponor. Les Poitevins jouissaient .lu Moyen fige d'une grande
reputation comme danseurs, (^f. le recueil de proverbes dit de l'Aposloile.
Paris, Crapelet, in 4** et Abel Jouan, Recueil et discours du voyage <lu roi
Charles LX. (passage de la cour à Thouars). V. La description du branle
dans Torchésographie de Thoinot Arbeau. Les autres danses <lu Poitou
sont descrites dans les Chants et Chansons populaires des prov. de l'Ouest
de Jérôme Bujeaud. St. Maixent, 1866. Extrait des Mém. de la Soc. de
stat. des Deux-Sèvres.
Gaitthikr (K.). Etudes sur les chants i>opulaires de la Bretagne et du Poitou,
recueillies et annotés par M. A. Guéraud. Nantes, 1859.
I^ travail de M. Artnand Gucrand y ronron fit^ en 1858 par la S*tcit'tt
académique de Nantes, allait enfin para)tre quand fa mort est venue
surprendre fauteur, f^ ms. fut dépost' à fa bibl. de la viff^ de Nantes.
{Note des Citants et Cfiansons populaires des prov. de C Ouest de feu
y. Buj^eaud, biôlio^s^rapliie.)
N o ë 1 s.
Les Grands Noëls nouveaux en François, en poitevin et en ecosKois. Paris
in 8", goth. s. d.
// y a eu deux éditions, cf. Nouvelles ree fie relies /. // p. 107 et F, Denis.
Revue de Paris t. XL Vil p. 105— 2 06, //;/ article sur tes Noels, oft il
donne quelques citations, mais françaises, de ce volume. (G. fi.)
Recueil des plus beaux Noëls i*oitiers 1668. Grande bible des Nocís. Phu.
éditions de ces Noëls ont été imprimées à Orléans, ;\ Poi tiers cl à
Nantes pendant le XVIIl«? siècle, ((.ilossaire L. Favre).
Gl STKAf (abbé). Noëls très-nouveaux dans tous les styles, par un pasteur
i\ l'usage de sa paroisse. Fonlcnay, J. Poirier, 1738, 48 p. in I2«.
î'n avertissement dit: quelques uns de ces Noëls quoyque imprimez ailleurs,
sont du même autfieur. Cette impression est restée inconnue. {G. B,)
— Noëls très-nouveaux composé par un pasteur. Fontenay, 1738, nouvelle
édit. en 1742, 84 p. in \2^.
Contient p. 10, 23, 27 et 30 quatre Noè'fs en patois; un fragment a été
reproduit par G. Jhunet, Recueil de plusieurs pièces etc. p. 137 - I38.
(irsTiAi (abbé). Noëls nouveaux dans tous les styles povr les différents
goûts par un pasteur, edition revue par l'auteur, augm. de notes cvrîeuses
ft d'une pastorale en cantique pour servir de rejouissance aux familles
rhrcsticnnes. Fonlcnay, Jacques Poirier, 1742, in 12*. Avertissement, jn**'-
sur bois (Armes de Fontenay), 84 p. (Favre Gloss, abbe Gustcau v. ci-après
el ci-dessus.)
•— Autre édition des NoëN de M. Fr. Gustcau 1756 avec avertissement in I2*t
I2Ü p. Fontenay, Chambonneau imp. du roi. (G. Bardy, préface des poésies
de l'abbé (iusteau v. ci-après.)
■ - Plu»iieur»j autres éditions: en 1776 avec avtTtiss. nouv, bois représentant
l)uvid jouant de la harpe, imi 1780 édition difVérente contenant plus de 120 pw
lie. t'ti".
HIHLIOÜK. DRS TRADFr. ET DE LA LUT. POPUL. DU POITOU. 563
— Poésies patoises ornées d'un portrait de rauteur avec glossaire par Pressac
sousbihliothécaire de la ville de Poitiers et notices sur l*abbé Gosteau et
Pressac. Poitiers, H. Oudin, 1855 — 61, et sur la couverture Niort, M<ie
riouzot et fils, 1862.
Cotí fit' ut plusieurs Noci s et Chansons dont une pour la ter emonie du
gâteau et du bouqtiet de la mariée qu'on chantait encore dans ma jeU'
Hesse dans les l'illages. — £¡n attendant les adieux cU ses compag^nes,
il t'fait traditionnel que la mariée fondit en larmes. — Complitnent sous
forme de dialogue à r ève que de la Rochelle {Roch de Menou), qtte fai
entendu encore réciter. La misère dau.x paysans au sujet dau.v man-
geoux. Première églogue de l'irgile rappelant une traduction faite
par un autre patoisier poitevin, le curé Bnbu.
Xoëls ¡)oitevins (au nombre de 87), manuscrit indiqué au Bulletin du Biblio-
phile publié par la libr. Tecliener, 2'' série n" 371.
Nouveau recueil des plus beaux Noéls (français et poitevins). Poitiers, Oudin.
s. il. in I2<*.
Recueil de Xocls. Poitiers 1824; (juelques pièces en patois.
— Nouveau recueil des plus beaux noëls poitevins. Niort, Robin, 1845,
un vol. in 12^.
Lk MüIí'.nk. S'en suivent plusieurs chansons de noëls. Nouelz nouveaulx.
J'aris, 1520. pet. in 8«, t;oth., 63 ft»«.
L^ auteur était curé de Saint -Georges du Puy- la -Garde, en Poitou. Ce
volume, oil se montre une grande naïveté, est d'aune rareté extrPfne; un
exemplaire fait partie ds la belle bibliothèque de M. Cigongne, achetée en
bloc par le duc d'' Au ma le [catalogue, n^ 1 284). /m Société des biblio-
philes français en a donné une édition nouvelle {Paris, Lahure, i860.
in U>", XI' let lyz p.); elle n'a été tirée qu\) ^d exemplaires; on y a
joint leo nocís composés {vers 1524), par les prisonniers de la Concier-
gerie et deux autres tirée du Recueil des noëls du plat d'argent. {Poly-
Inblion.)
Daniki (Jean). Dit maître Mitou: Noëls (i 520 — IS30), précédés d'une étude
sur «>a vie et ses poésies par Henri Chardon. Le Mans, Monnoyer, 1874,
un vol. in 8*'. (Noëls en patois poitevin du XVI« siècle.)
Recueil des plus beaux Noël^, choisis entre tous ceux qui ont paru jusqu'à
jirèsenl. Poitiers, Barbier, 1824, un vol. in 12".
Nouveau recueil des plus beaux noëls. Poitiers, Barbier, 1838, in 12.
Cunilipies spirituels composés par Messire Louis Marie Grignon de Monfort
}>rètre et missionaire apostolique, décédé en odeur de Sainteté à St. Laurent
sur Saivre (sic) le 20 avril 1716. 4' édition. Niort, Jacob Desbordes, 1740,
in 12".
(antiiiues des mission> par L. M. (irij^non de Monfort. Poitiers, 1779, in 12*;
(lantiipies des missions comp, par L. M. Grijjnon de Monfort, prêtre et mission.
apost., né en Hrctajjne le 31 Janv. 1673 et m. en odeur de sainteté en fais.
la mission à St. Laurent sur Sèvre en Poitou le ?8 Avril 1716. Poitiers,
l'r. aine Barbier, 1817, in 12", avec bois, (('es cantiques sont encore très-
répandus et constituent un livre populaire si non patois.)
(H ARON (Louis Pierre, ))aysan Vendéen). Précis historique de la prétendue
éj^dise-lrançaise, dans les communes de Pouillé et de Petosse (Vendée) de-
dice aux bal), des Campagnes. Kontenay, Xairière Fontaine, 1843.
Devine \!<i e s.
Dksaivkk (L.). Kormulettes et enfantines du Poitou. Niort, Clouzot, 1881,
in S" de 35 p. Extr. des Bull, de la Soc. des statist, des Deux-Sèvres.
Contient 39 devinettes.
Si)i Í HK. Proverbes etc. ouv. cit.
Contient 66 devinettes.
Dksaivkk iL. i. Journal la Melusine p. 24Ü.
36»
56 I II. OAIhO/ Kr I\ SKIULLOT,
K o r m u 1 e 1 1 e s.
Desaivkk (L.). Ouvr. cité et Melusine ]>. 366.
SoiTCHK. Proverbes etc. ouvr. cil.
Dom Thamari) (bi'nédiclin de Lijjuíjé). Bull, de la Soc. des Antiq. de l'OueM,
4« trimestre 1865. Note relcitive ;\ une formule dMneantation.
Df.saivrk (Ix'o). Prières populaires du Poitou. Bull, cle la S4»c. île stutibt.
des Deux-Sèvres 1883.
i* r o V e r b e s.
Cam. LET (Pierre). Les Veillées du Mardigra^î, i>uvr. cité.
Desaivrk (L.). Ooyances etc. ouv. cité.
ContiVtif à la fin des proverbes.
SniCHK. Ooyances (passim). Proverbes, Traditions «Uverses (etc.).
Contient 120 proverbes sur ie,\ Mammipre.s et /e\' Oñettnx. It y en a
iVautres dans ie mrnie ouvraj^e.
Costumes.
Mi.)NBAn- (comteE.de). Monuments religieux, militaires et civils du Poitou.
(Département de la Vendée.) ((.'oiftures des femmes de Kontenay, Les Salde«;
d'Olonne, Bourbon -Vendée etc.)
Vues et Costumes j)ittores(jues du déparlement des Deux -Sèvres par P. Geîlé
avec texte par Ch. Arnaud. Niort, typo.-litho. Morisset. Contient seule-
ment 4 litli.: Sortie de l'Ej^lise St. André de Niort, les Grisettcs de Niort,
une foire à Niort, un marché à Niort: resté incomplet.
// existe plusieurs autres lit h, de (telle représentant des scènes villa-
geoises vejidues séparément et dant il est tri'S-difficile de réunir aujourd* hui
une collection complète. ¡J'une représente le philanthrope Sauguet Javelft
distribuant des aliments aux p<iuvres, titre: Sauguet Javelot: une autre
une noce villageoise: une y une noce {à \iort)\ une ^^ une <i s semblée de
village: une 5*' g^ deux tableaux, la mariage à P église» le bouquet de la
mariée: une 6« une l'illageoise allaitant son enfant et une scèfL* d*ahreu»
voir {aussi en deux tableaux); une 7»? la veillée de Noi'l dans une
ferme du Poitou: une 8«" P adoration des bergers du Poitou: une Qf des
mendiants etc. etc. - - P. Ci elle a fourni des des.^ins aux o'uvres agricoles
de Jacques Bujault qui ont paru p<tr fragments dans P almanack de
Morisset et ont été réunies en un vol. sous le titre: (Euvres de Jacques
Bujaultt illustrées de 34 sujets grai'és sur bois par Guiilaumot diaprés
les dessins de Gellé. Il est aussi Pauteur de la lithographie du premier
volume de Phistoire de P administration supérieure du département de*
DeuX'Sèi'res représentant la proclamation de la patrie en danger dans
un village des J)eu.\-Sti'res et de diverses études lithographiées.
Suite de ('ostumes n«" i \\ 6. Lith. de Cbar|K*ntier. Char|>entier pcrr et fiU
et ('5c.. Editeurs à Nantes. — Département des Deux-Sèvres.
I. Grisettes de Niort: 2. I^iitières et marchandes de légumes de Niort:
3. Femmes des environs de Niort. Costumes d^été: 4. Paysannes des en-
lirons de Niort allant au marcile: 5. Femmes des empirons de Niort en
grande mante: 6. /\iysannes des environs de Niort,
Nif»rt in histoire des principales villes de France de L. Fa\Te. Niort, Robin.
i;r. in 8" s. d.
Mi'RiMKK (1^.). Lettres à une inconniie.
// y est question de la coiffe des femmes de la Gâtine {Partkenay) q%Cil
assure remonter au XV* siècle.
A l'occasion du concours réjjional de Niort, M. H. (iclin, ancien institntevr
a publié dans le Mémorial des Deux-Sèvres 2 Mars, iK Mars et 8 Juin 1882
ties articles sur les costumes de la région.
Les institutrices avaient envoyé à Tcxpositirm scolaire des poiii>ées habillées
suivant lu mode actuelle, et en même temps plusieurs spécimens de modes
anciennes. M. iielin avait émis plusieurs idées originales et formé des
groupes de costumes.
niBLIOGR. DES TR ADIT. ET DE LA LITT. POPÜL. DU POnOU. 565
Livres populaires, alnianachs.
ílisloirc de la vie, jurandes voleries et subtilités de Guillery et de ses coni-
pajjnons; et de leur fin lamentable et malheureuse. Paris, 1608, pet. in P.
Réimprimée ;\ Troves et ailleurs et dans les Hist, tragiques de F. Rosset,
réimpression récente (1H48) ¡>ar B. Fillon i\ Fontenay chez Robuchon sous ce
titre: Histoire veridicjue des {grandes et exécrables voleries et subtilités de
Guillery depuis sa naissance jusqu'à la juste punition et de ses crimes,
remise de nouveau en lumière. In 8**.
- La ])rinse et defiaicte du capitaine Guillery qui a esté pris avec 62 voleurs
«le SCS compaj^^îons qui ont esté rouez en la ville de La Rochelle le 25^' de
Nov. 1608; avec la complainte qu'il a faicte avant de mourir. Paris jouxte
la copie imprimée à La Rochelle par les héritiers de Jerosme Hautain 1609,
pet. in 4".
Reproches du capitaine Guillery faits aux carabins, picoreurs et pillards
de l'armée des princes. Paris, de l'impr. d'Ant. du Breuil, 16 15, in 8<*.
La complainte* lì e Guillery souvent publiée {en patois poitevin) se chante
t'ncore aujourd" hui.
Tollet le célèbre voleur, mort au bajjne de Rochefort vers 1835, a aussi joui
d'une «^aande célébrité en J*oiton. Ch. Moreau imprimeur à Melle a publié
ks: Mémoires d'un condamné ou Vie de Collet.
i,cs autres publications populaires locales n'ont guère plus iVimportance
et ne méritent point une mention spéciale.
Dr. Chabot Conseils aux cultivateurs sur leur santé ou précis d'un cours
d'hyjiiène fait à l'école primaire de St. Romans les Melle. Melle, Moreau,
1841. fort. vol. in 18**.
L.i ministresse Nicole. Diah)^ue Poitevin de Josué et de Jacob. Poitiers,
IL Oudin, s. d. l'original serait à la bibl. nat. d'après le gloss, de Favre.
Jean Babu curé de Soudan. Kglogues Poitevines sur différentes matières
de controverse. Nyort, J. Elie, 1701. Réédité par L. Favre. Niort, 1875.
Du liiênie. Les deloicremont d'in oncien des Huguenots de ('hondoné apre
la rouinc do prêche, sur tout ce qui >>'est fait et passé pendant la démo-
lition du temple le trci/.iènie septembre 1663. Poitiers, Pierre Amassard,
s. d. 8 p. in 8", attribuée à tort i\ Drouhet.
A. lùivre Gloss, cite deux éditions ; réédité dam son glossaire. Babu ai-ait
célébré aussi la destruction des temples de St. A/aixent et de la Mothe.
C/r. la réédition de la Moi rie et autres œuvres poétiques de Jean Drouhet
par Alfred Richard 1878, Notice sur J. Drouhet p. \\.
Jean Babu avait peut-être emprunté sttn titre à yaques Béreau Poitevin,
auteur des égloguci et autres auvres poétiques, à Poitiers, par Bertrand
Xoscereau, maistre imprimeur de la dite ville MDLXV. îm 3*-' égloguc
de Béreau a été réimprimée par Rei'ersé à St. Maixent, 1869, gr. in 8",
tiré à 25 exemplaires avec courte notice de M. Charles Dugast-Matifeux.
La lUbliitgraphie poitevine de M. Clouzot (1878) indique une réimpression
iitus forme de placard à 10 exempt, s. l. n. d.
I.'cnondrcmcnt du palais tic Justice de Fontenay le Comte arrivé le 8 Janv.
Hv)i) >uivi d'un ])ot'me sur le m. sujet et de stances à la gloire de AI. le
maire perpétuel de cette ville. Poëme burles(|ue en 3 p. dont une en patois
poitevin du XV'lKs., attribué à Duchesne de Denant, pubi, par les soins
<lc B. Killoii. Niort. Clouzot, l8i)6, broch. in 8**.
Dialogue de la mère Catjuet et »le Jeanneton par C. P. (('harles Palliot) en
patois poitevin. Fontenay vers 1850, 4 p. in 8".
Le nicme auteur, aujourd'hui décédé, a pui>lié plus, articles patois dans l'In-
dicateur de Fontenay.
L.e journal le Mellois s'eòt .surtout fait remarquer par plus, publications
de ce genre: il i ver s pseudonymes cachent les noms de AL M. Moussaut
d. m. p. Rondier. h'eauchet Filleau etc. Des lettres patoises ont aussi paru
dans ces derniers temps dans le Jfémorial des Deu.X'S?vres et la Revue
de r i)i(e\t de Niort. Nous croyons devoir ñgnaler plus spécialement
celles ijm sont signées feandu.
306 H. GAir>OZ El l». SF.hILLOT,
Lanterne nia^i({uc roniiqu«, hislori(|UL'. ])oliti(iue, morale et locale, où Ton
verra journal, animal sans c¿;al et autres, le tout à Toccaaion ilu carnaval.
Prix 75 centimes au profit des Polonais. Niort, Morissct, 1831, in 8**.
(Trand catéchisme nation.il par André Bouin. de St. Gelais près Niort"
(Deux-Sèvres). Niort, Dépicrris (après 1830).
Jardin d'amour ou Catéchisme des jurandes tilles, très* répandu dans ma
jeunesse et (jue je ne puis retrouver, in 1 2**? n'était point immoral mai«»
stupide. Le«; amants bien édu(]ués se récitaient le jardin d'amour d*un
bout à l'autre c'est un dialogue.
A 1 m a n a c h s.
Vienne.
Le Poitou est un pays d'almanach?». Cette série se i>rcscnte <lès le régne
de Louis XIH sous forme de calendriers de cabinet ou placards. Après
eux, L'Almanach de d'Ar^joly nmiain et Poitevin {^rand astrolo^rf^e (sic) est
signalé dès l'année 1^73, on K' croit même antérieur à celte dale.
— L'Almanach d'Argoly change un instant île nom à la Tin du siècle dernier
pour reprendre en l'an XI 1 son ancien titre (ju'il conser%-e jusqu'en 1833.
Il existe des almanachs imprimés ;\ Niort et ;\ Fonten.iy au type de d'Argoly.
Le véritable almanach de Poitiers pour 1791 par Argoly romain grand
astrologue. Niort, Jian Heaujcau M«l rue du chaudronnier près l'hôlcl
<les Cavaliers de la Maréchaussée.
Le véritable almanach de Poitiers pour 1792 par Argoly romain grand
astrologue. Fontenay, ('hambonneau.
Quoique Pa/mautich ii\lf\i;'o/y de Poitiers fut très-réptimiu, iti coflection
en est dt'pourvue iVinft'rrf.
L'Almanach du Poitou (in 12") antérieur à 1732 est en grand ¡jrogrès sur
son devancier sans pouvoir cependant être comparé à Talmanach provincial
(|ui le semplace en 1772 t*t continue avec une année d'interruption (1791)
jus(|u'en 1792 (en cette dernière année aous le nom d'Almanach du ilép.
de la Vienne).
L'Almanach provincial du Poitou, véritable annuaire de la province, est
à ce titre très-recherché des travailleurs.
Son formai pet. in 1 2" le fut facilement Jistinj^uer des autres aitutiHacki
publiés à cette êpot/ue tituf en Poitou que dans ¡es provinces voisÏHes.
Dans ces derniers temps, la plupart des imprimeurs de Poitiers uni eu leur<
almanachs. Celui do Dépierris ]>i-i'nait en 1840 le nom d'Almanach de la
Vienne, celui de Pellet fds aine, celui d'Almanach populaire de la Vienne
(1853), l'Almanach de IL Oudin portait le titre d'Almanach de bon labou-
reur (1851) et même celui d'Almanach agricole el instructif de Niort en
1863; il est vrai de dire qu'eu 1787 l'imprimeur Pierre Klies de Niort avait
fait un almanach de i'oiiiers. Citims encore l'Almanach du bon cultivateur,
Poitiers, A. Dupré, 1851. 52, et surtout le Calendrier Poitevin poor l'année
1841 avec vue des principaux monuments de Poitiers. Poitiers, Pichot.
Almanach de l'arrondissement de Loudun. J^ouilun, Mazeau, 1861.
J>cux-Sèvres.
Nous n'avons point rencontré justpi'ici d'almanachs Nioriai» antérieurs à
Louis XVL i,es Ci )iitr(. faisons de l'almanach de Poitiers sont la preuve de
la vogue dont jouissaient oxcbwivcinent les almanachs de celle vUle.
On retrouve l'almanacli <le Heaujeau m'i rue du Chaudronnier sous le nom
•le Calendrier ])our l'.in VI. K. et P. Dépierris avaient peut-être importé ce
n<im, l'année précédente en imprimant un calendrier pour l'an V. Ce titre
était conservé par eux en l'an VI. Kn 1793 Jean Joseph Dugrit (usait
imprimer chez; Le Kranc Mlies un almanach des Deux-Sèvres.
La publication de l'Almanach de I'. Klies, sans doute antérieure à l/S/i ae
continue sous la Képublitpie et l'Empire, pcn<lant plus, années, la petite
brochure porte sur la converture un bois représentant Onon entouré des
>ignes du Zodiacpic, en 1816, il devient l'almanach Royal et passe en 1817
à Morisset successeur de P. Klies associé conune lui à M'^^ V^« Elies OrillaL
HIIil.IOr.R. DES IR ADIT. ET DK LA LITF. POPUL. DU POITOU. 567
■
En 1822 Robin succède à son tour à M<le Elies Orillat et rassociation
continue, en 1825 Morisset reste seul. En 1832 cet almanach prend un
intérêt véritable par suite de la collaboration de Jacques Bujault qui donne
successivement divers extraits de son agriculture populaire. En 1834, 35
et 36 cette publication produit, chose assez exceptionnelle, un supplément;
Talmanach dès 1833 prenait le titre d*almanach du cultivateur et même de
Îjrand almanach du cultivateur à partie de Tannée suivante. Les articles
agricoles continuent après la mort de maître Jacques arrivée en 1843 et
bientôt apparaissent les illustrations d'un artiste local épris de la vie rurale,
P. Gellé. Après être successivement passé aux mains de M^c Morisset (185 1)
et de ses gendres, cet almanach est aujourd'hui continué par M. Mercier
(1882). Il a donné deux fois (1845 ^^ 1861) l'histoire surprenante et mer-
veilleuse de M. de B. (Boisragon) gentilhomme poitevin; puis L'histoire ad-
mirable et prodigieuse du jeune Creusé (1847) ^^ enfin la sorcière et le
gentilhomme (1848). L' Almanach de E. et P. Dépierris que nous avons
signalé dès 1791 et qui porta un instant le nom de Calendrier, reprit sa
dénomination d'Almanach sous la direction de la V^e Dépierris en l'an X;
en 181 1, E. Dépierris aine lui donnait le nom d'almanach de la préfecture,
Cet almanach existait encore en 1837; a signaler comme annexe à l'alma-
nach de 1809: Le Dialogue entre pierre *** de la commune de St. Liguairc
et Kené *** de la commue de Bessine au sujet de l'entrevue de son maire
avec S. M. l'empereur — en patois poitevin.
Robin que nous avons vu tout d'abord associé à Morisset fondait à son tour
en 1832 l'almanach curieux des Deux-Sèvres, qui devenait en 1834 ^'alma-
nach des foires et marchés des Deux-Sèvres et en 1842 l'almanach du bon
agriculteur titre que lui conservait en 1873 M. L. Favre, successeur de Robin.
A signaler en 1830 l'histoire surprenant de la belle fée Mellusine, en 1840
l'hist. de Guy de Lusignan, roi de Jerusalem, et de son frère Urian, roi de
Chypre, fils de Mellusine; en 1841 la vie de Geoffroi la grand' dent fils
Mellusine et le combat entre un (Iragon ailé et un soldat Niortais; en 1842
la véritable chanson de la mariée (à partir de cette époque les deux va-
riantes lie cette chanson apparaissent tour à tour chaque année dans les
divers alinanachs Niortais); en 1846 Hist, extraordinaire et aventures mer-
veilleuses de Louis Têtard, cultivateur vendéen. Cf. conte breton publié
l)ar E. r>ouvestre dims le foyer Breton. En 1848 et 1857 articles sur les
superstitions et préjugés populaires, etc. etc.
Almanach du père Gérard pour l'année 1792 la 3e de l'Ere de la liberté par
J. M. Collot d'Herbois. Niort, Lefranc Elies, 1792, in 12°.
Almanach des Muses de l'h^cole centrale du département des Deux-Sèvres.
Niort, (le l'impr. de E. Dépierris, de l'an VI à l'an X. 5 tomes en 2 vol.
in I 2", grav.
Almanach de l'association agricole du centre de l'Ouest pour les départ.
de la Charente, de la (Charente inférieure, des Deux-Sèvres, de la Vendée
et lie la Vienne. Niort, Robin, 1846, in 12".
— Le même Almanach pour 1847. La Rochelle, Caillaud, in 12°.
Ce double Almanach (hi cidlivateur pour 1842. A Niort chez Bonncau
près la l)arrière de Paris, Saintes Pathouot libr. (impr. à Limoges).
Alnianacli nouveau <le Niort 183Í. Niort, Pathouot; Autres Almanachs des
yO (Urnièns années: Ahnanach de Maitre Jacques, Almanach agricole,
Almanach du bon laboureur, Ahnanach Napoléonien (1850), Almanach de
la Sanie pour 1X50 Niort, Morisset, pour 1851 Niort, Métivier. Calendrier
d'horticulture florale par Desprez aine. Niort, Desprez, 1867.
Partlienay a publié un Almanach <le la République Française en 1881.
St. Maixent (Deux-Sèvres).
L'Alnianacli Cniiir porte diflérents nonis, en l'an II Etrennes de la raison ou
Talendrier rc'j)uhlicain : entretiens de l'écclectique l'hocion avec ses frères
de la (.ampa<^ne. Laine, St. M.; en l'an IV c'est le Calendrier républicain.
Cainé, Si. Maixent; en l'an V et 1797 Calendrier grégorien et républ. par
(l'Arj^oly, romain astrologue, F. Cainé, St. M. puis le simple titre de (jalen-
568 H. GAIDOZ KT P. Sl^BILLOT,
drier, ans VU. VIIT. IX. XI et enfin en ¡«Soy, c'est encore le Calendrier
Krc};orien par il'Arf^iily. romain astniloj^uc. St. Maixent, François Laine.
En ces Jerniirrs temps M. Cßi. Rêvent a imprimé plusieurs de^ Almu-
michs qui ont rem [torte le prix fondé pur Jacques BujauH pour fa
meilteure de ces utiles publications.
Veiuiée. Kontenav.
Les plus anciens almanachs de la Vendée paraissent être ceux de Fontenay.
Ln l'an VII le cili)ycn K>nard défenseur oñlcicux à Fontenay le peuple
public chez (.'ochi>n, TAlmanach du départ. <le la Vendée avec un précis
historique sur t|uehiues lieux princij)aux du dcjiart. (Il y est parlé de Me-
lusine à propos de Vouvent). Nous avons sij^nalé antérieurement ( 1792} un
almanach au type d'Ar;;oly chez Chambonneau, impr. à Fontenay. En i^Mt
la V^c Beaujeau donnait l'Alnianach nouveau. Ilabcrt (Auj». Vict.) eut en-
suite ses annuaires (1S26 etc.), vers le même temps (1826—36 . . .) apparaît
l'Almanach royal «le l'ctitot puis rAlmanacli Vendéen tie Gaudtn fd^
(1838 -44), <pii donnait encore le double Ahiianach Vendéen en 184'!. I^a
V^*«Fillon, successeur de (iaudin, imposait à son tour le ntmi de grand
almanach Vendéen à cette publication ... 1H62 68...
T/ Almanach national ihi départ, de la Vendée de Robuchon (1850) prenait
plus tard vers 1868 la dénoniinatitm d'Almanach jjénéral de la Vendée.
Knfin Nairière - Fontaine confiait aux ])resscs de (Vaudin fds en 1843 le>
Ktrcnnes Vendéennes, d'abord impriniécs à Nantes (1840) et à Luçon (184O.
La Koche sur Von (Vendée).
L'Almanach île la Roche sur Von, sorte d'annuaire publié avec suin portait
rn iSoi) le ntnn il'Ktrenne« de Napoléon et du dé])art. de la Vendée. Kn
1816. 17 etc. celui: d'Eirenncs de Bourbon Vendée et du départ, plus Urd
Ktrenncs du départ, de la Vendée nu plus simplement encore Ktrcnnes île
la Vendée . . . 1833. 1S30 . . .
LutjOn a aussi son almanach depuis (juelqucs années, etf. etc.
Chansons en Dialecte Poitevin.
(.'hanson joyoust: in linj;a;4e poetevinea fate do sej^'e mis devant l'octer» |»ìit
l' Amiro. Poeters, iy»9, in 8". (*Iì. B. réimpr. par tic la Fouchardièrc I.e.
La gente pf»etevin'rie, tout «le nouvea racontrie ou J'albot ben et bea fat
raiponse à Robinea. Avec le procès de Jorget et de si>n Vesin, et chan-
sons jeouses compousi cu bea poictevin. l'oeteis amprimì lout avourc pre
iMner Mesner 1572, pet. in f(d. de 55 lì", sign. A - G iij lettres rondes tig.
s. bois. (L. Favre gloss, (h. B.)
La gente poetevin'rie etc. amprimi tout avoure à l'oetcrs, pre la veufve Jon
Blonchei demouranl pn/. le grond Horloge 1605, in 8** sans pag. (J-. F. glos».)
La gente poetevin'rie ouectjue le precez de Jorget et de son Vesin ei chan-
sons jeouses com])ousie en bea ¡X)itevin et le preces criminel d'in Marcassin.
Poeters, Jelian Tliorea. i62ii, pet. in 12". ('h. B.
La gente poetevin'rie ttc. Poeters. V^i^" Jon Blonchet. I62U, in 12"*. (L. F.^
La gente poetevin'rie etc. Poiticjs, <ìabìiel Garné, pet. in S** s. d. t'h. B.
La gente poetevin'rie etc. Poeter>, J. Flevrea. 1646, pet. in 12*, avec une
seconde partie intitulée Kolea divisi in beacol de pèces.
La gente poetevin'rii- etc. recueillis et mis en ordre par J. Fleunau. Avec
le Rolea divisi. Poelers. |. Kleuriau, H)6o, in 12".
La gente poetevin'rie etc. Pdiliers 1671. ("h. B. (Le nienclogc de Robin
y pièce de la gente poct'.'viii'rir de 1572 par Jean Boicenu sgr. Je la Bor-
derie Jurisconsulte Poitevin) avait été imprimé ])our la première fois à Poi-
tiers à l'enseigne tic la Fontaine en LvSS-
Rééditions récentes:
• — I-;v gente ptiiteviniie (sic) avecpie la procès de Jorget et de äun V^e^D et
«■hans«)ns ieouses comi>ousi en liea ptùctevin. réimpression conforme \ l'édi-
tion de 1572. Introduction par Alfred .Morel-Fatio. Niort, MartincU et
Nargot, 1877, pet. in 4".
BtBLlOGR. DES TRADIT. ET DE LA MTT. POPÜL. DU POITOU. 569
— Rolra divisi in bcncot de pcccs ov Tunivcrsc ov poelevinea fat pre dia-
logo suivi de preces criminel d'in marcassin, réimpression conforme à Tcdi-
lion do 1660, pet. in 4", Niort, Martincau et Xargeot, 1879.
La gente poetevin'rie ouecquc le precez de Jorgel et de San Vesin et
chonsons jeouses compousie in bea poitevin. Av. introduction par L. Favre,
pet. in 4". Niort, L. Clouzot lihr., 1878.
— Kolca divisi in l)ea cot de peces ov l'universeov poetcvinea fat pre dialoge
suivi du procez criminel d'in marcassin, pet. in 4^ Niort, L. Clouzot, 1878.
Hymne, ode, couplets et ronde poitevine sur la naissance du roi de Rome
par K. M. Dépierris jeune, ini})r. h Niort 1811, in 12" d« 16 p. (L. Favre
glossaire.)
Faïences, imagerie, plombs.
FilJ.ON (B.). L'art de Terre chez les Poitevins, suivi d'une Ktudcs sur l'an-
cienneté de la fabrication du verre en Poitou. Niort, Clouzot, 1864, in 4**.
Reproduit en partie dant; Poitou et Vendée du même auteur.
Faïences d'Oiron (ouvrages à consulter):
Bro.ngni.\kt (A.). Traité des arts céramiques.
PoiiiEK (A.). Monuments inédits ])Our servir à l'histoire des arts réunis par
Willcmin (texte par A. Pottier).
Saivftai (A.). Technologie céramique.
Labartk (Jules). Catalogue raisonné du Cabinet Debruge - Üumesni! (Intro-
duction).
Bf)Rl)K (L. de la). Le château île Boulogne,
Thork et A. Taixii RlER. Notice sur les faïences du XVl« siècle, dites de
Henri II (Alliance des Arts 1847).
L. Ci.KHK.Ni i>F Ri.^. Article in Ga/ette des Beaux-arts i8i)0.
DRr.Wi'.F, (père et lils). Recueil de toutes les pièces connues jusqu'à ce
jour de la faïence frant^aisc dite de Henri IL
1)K IA Fkrkiî;rk-Pfr(:\. Une fabrique de faïences ;\ I^yon sous le règne de
Henri II. Paris. Aug. Aubry, t862.
Dkm.min (Auguste). Guide de l'amateur de faïences.
Pn»T (Eugène). Le Cabinet de l'amateur 1862 n" 19. etc. etc.
Montatoi ON (Anatole dei. Les œuvres de Maitre Bernard Salissy, réimpri-
mées d'après les éditions originales etc. Fontenay le c'e, p. Robuchou.
Lnseigncs de pèlerinage. (Ouvrages à consulter:)
RjCH \KJ> (Alfred). Note sur quelques enseignes de pèlerinages. BulL df la
Soc. des antiq. de l'Ouest 1875. I.lrim.
1)k..sainrf (Léo). Note sur une enseigne du Mont St. Michel au péril de la
mer. Bull, de la Soc. de statist, ties Dcux-Scvres 1881, 10 — 12.
Tribfrt (abbé). Don d'une croix de pèlerinage du Notre Dame de Liesse.
2»' Bull. île la Soc. des aniiq. de l'Ouest 1882.
La symboliijue de l'armée Vendéenne. Cfr. Inventaire archéologique par For-
tuné Parenteau. conservateur du Musée archéol. de Nantes. Nantes, Vincent
Forest et Fmile Grimaufl, Í878, in 4**.
1>k>aivrk (Léo). Note sm un sceau présumé du Conseil supérieur de ramier
Vendéenne. Bull, de la Soc. de statist, des Deux-Sèvres 1881, 1-3.
Méreaui protestants. Cfr,:
LiKVRK (Aug.). Histoire «ks protestants et des églises réformées du Poitou.
> vol, in X", Paris, (irassart et Cherbuliez, T. 3 p, 362 et sqq.
1' II i.oN iB.). Eludes numi«;mariques.
M Mil ARI), Bull, du Protestantisme Fr. I p. 343, etc.
Imag«:rie populaire.
Frpmn CiKANDiKR. I. Kfligic de la condemnation à mort |1 au dessous boifr
représentant le curé de Loudun assis de face sur son bûcher entre un
bourreau muni d'tinc tout che qui attire le feu à ilroite et un magistrat à g.
^cène d'exorcisiiHt daîis une chapelle h g. derrière le magistrat, au dernier
plan, l'église Si. l'iene de Loudun !| et exécution d'Urbain Grandicr curé de
'^t. Pierre «lu .Marché <lc Loudun, atteint et convaincu de magie, sortilèges
cl maléfut >, lecpiel a esté brulé vif dans la dicte ville. || Fac-sim. très-réduit
570 H. G AIDO/ KT I>. SKHILI.Or,
en tête du traite du célibat des prêtres par leti. Urbain Grandier, cure »le
Loudun, opuscule inédit introduction et notes par Robert Luzarchc frontis-
pice à l'eau-forte de Ulm. Paris, René Pincebourdc, 1866.
— 2. l'ourtrait représentant au vif || Tcxécution faicte i\ Loudun en la per-
sonne de Urbain Grandier i| Prestre curé de S. Pierre et chanoine de Tej^lisc
Ste. Croix dudit lieu atteint et convaincu des crimes de sacrilèf^e, || magie
sortilège, maléfice et possession: brulé tout vif par arrest des Juges com-
missaires députe/ de par le roy [\ en la dite ville de Loudun, le vendredi
13 Aoust 1634. Plxéputé le même jour. ;| Ensemble la copie de TArrcsl et
les noms des ditz Commissaires.
Au dessous Urbiiin Grandier assis sur un bûcher, tourné à jjauche, 3 bourreaux
attisent le feu, prêtre arrosant le bûcher d'eau bénite à g., église à g., hc-
rault fi cheval à droite, diables dans la fumée etc. à droite et à g. de la
composition se trouve un énoncé du procès.
A Poitiers par René Allain imprimeur et libraire demeurant en la rue notre
dame la petite et sa bouticjue dans la grande allée du palais 1634 avec
l)ermission. In fol. reproduit grand, nat. en fac-similé in Gabriel Legué
Urbain Grandier et les possédées de Loudun documents inédits de M. Charles
Barbier. Paris, Ludovic Haschet, 1880.
Tout le reste de l'imagerie populaire poitevine — portraits de Sie. Kudigondc.
du j)ère de Montfort ((.irignon de) etc. a])partient îi l'hagiographie qui ne
me parait mentionnée dans le travail.
Bois rejiréseniant Ste. Macrine semant dublé dans un sillon ; V" de la cou-
verture inférieuri- de l'histoire abrégée de Ste. Macrine et de Sie. Pczenne
])rcs Niort i)ar rabl)é P. P. (Picard) desservant de Magné. Niort, Morisset.
'J' h é à t r e p < ) p u 1 a i r c.
Rabkî.ais. Pantagruel i^ivre IV Chap. XIII raconte que sur ses vieux jours
Fran^'ois Villon se relira à St. .Maixent en Poitou sous la protection d'un
abbé du monastère bénédictin et c|u'il entreprit d'yfaire jouer la passion
en gestes et languaige Poitevin. 11 parle à ce sujet des diableries (myulêres)
joués au temps de Villon dans le parlouère de Poitiers (hôtel de ville.") cl
à Montmorillon. Plusieurs localités situées hors du ]*oitou sont aussi cilcess:
Saumur, Angers, Doué, Langes (Langeais), St. Kspain.
— Pant. Livre HT Chap. XX VÌI, il est encore ({uestion de la i'assion jouée
à St. Maixent. Le parcpiet (}ui servait de théâtre était sans doute celui
de l'abbaye situé en face de la grande porte de l'église des bénédictins.
On a cru (jue la passion jouée ;\ St. Maixent était le mystère de Jean Michel
joué à Angers en i486 il la fin d'août (v. J. B. Brunei, Manuel du libraire
édition de 1862 t. JJI, 2« p. 1971 72, verbo niy.stère).
Journal de Chiillaume et de Michel Le Riche j)ublié par de la Kontenelle de
Vauiloré. St. Maixent, Reversé.
Guillaume Le Riche (|ui avait lui même joué la Passion à i*oitiers le 19 Juillet
IS.)4> ^'^^ ^I y >'ivait tant de peuple qu'il y en demeura plus de la tierce
partie (pii n'y entra nous apprend (jue le 12 Juillet IS45 *-*t autres jours
prc-cédenls, 10 ou 12 jeunes gens c(mmiencèrent à jouer la Passion (à Sl.-
Maixent) ce qui dura 1 5 jours et à la tin de chaque Mystère jouèrent une
farre joyeuse.
Nous voyons enfin que le i Octobre 1.S7X, des enfants »le Paris jouèrent ¿
St. Maixent cl continui rent à jouer des jeu\ en la salle haute de Pauinn-
ncric (h.'s fcnimes. Ils jouèrent du luth, des violes et chantèrent en musique
in iiuair»- parties (journal de Michel le Riche).
B(»r( HM ijchan). Annales (l'Aquitaine, Poitiers, Abr. Monnin, 1644, p. 474
donne les <létails suivants sur les mystères jcmés i\ Poitiers en 1534 (5 Juillet)
,. furent faites joyeuses et triomphantes monstres des mystères de l'Incarna-
tion, nativité. Passion, rcssurection et ascension de X. S. Jésus Christ et de
la mission tlu St. Ksprit, les(juels mystère on joua quinze jours aprùs au
Marché Vieil de la dite ville, en un théâtre fait en nmd fort triomphant
tl tut le lUt jeu r.-commencié le Dimanche iq iludit mois et dura onxc
jour- r.imtiniicls et subsécutifs oii il y eut de très-bons jobeurs, et richement
BTBLIOGR. DES TRADIT. ET DK LA LUT. POPUL. DU POITOU. 57 I
accoustrés . . . Ou joua aussi la Passion et Resurrection troi^ semaines
après ou environ, en la ville de Sauniur où je vy d'excellentes feintes."
Le Journal de Géncroux notaire à Partenay publié par M. B. Ledain dans les
Meni, de la Soc. de statist, des Deux-Sèvres de 1862 donne les détails sui-
vants sur les représentations scéniques de Partenay.
„Le Jeudi 10 de Juin (1571), jour de Trinité, je fis jouer au carrefour de la
Croix du Marchioux de Partenay, la tragédie ou histoire d'Abcl tué par
Caïn , son frère.** Le chroniqueur a voulu conserver le souvenir des
acteurs, les rôles de femmes étaient tenus par des hommes, un festin suivait
la représentation. L'année suivante à la môme fête et au même lieu, Géné-
roux fit jouer la tragédie de Médée*, dont il donne encore la distribution
«¡ui réveille la même observation quand à l'absence des femmes.
„C'était, dit il, chose fort magnifique tant pour être bien jouée oue pour les
feux artificiels et autres singularités La farce fut composée par M"
François Ju Vignault S«" de Magot, de trois femmes qui trompèrent leurs
marisjurés, l'un desciuels je jouais."
Nous ignorons si la tragédie patoise suivante a été jouée en son temps: Les
amours de Cola^; comédie Loudunaise en beau langage, dédiée à M. M. les
économes de la Tour-volu (par St. Long). Loudun, R. Billault, 1 732, in 8".
Ch. B. cite une première édition.
Les amours de Colas, comédie Loudunaise en beau langage, dédiée à M. M.
les oeconomes de la Tour-volu par S. L. Loudun, Chachercau, in S** de
2 ff. et 37 p. réédition chez Techener à Paris par les soins de M. Ch. Brunet
en 1842, aussi in 8^^.
A la Révolution les tragédies reparaissent dans les campagnes, Dupin dans
l'une de ses statistiques raconte que la mort de César fut représentée dans
une grange à Champdeniers, bourg d'un millier d'âmes, les acteurs semblent
avoir appartenu ;\ la localité.
Le paysan écrivain, comédie en cinq actes par L. P. Charon, paysan vendéen,
avec glossaire. Fontenay le c»«', Gaudin père, vers 1840, in 8® de 48 p. s. d.
Gloss. Favre.
Ai I.KMATN (P.). Les élèves en chirurgie ou l'amour de l'hôpital, Vaudeville
en un acte, représenté sur le théâtre de Poitiers le 3 Janv. 1840. Poitiers,
Dépierris, 1840, in 8".
Le siège de Poitiers, drame lyrique en 3 actes et en vers, in 8", indiqué dans
le cat. Saurin frères, Poitiers, vers 1830.
* pnr .K'iui lie la l'6rii!*9c poitovin ami de Jeun liuic«au Juri.^connulte poUcrlu tt
piitol(>ier.
H. Gaidoz et Paul Skbillot.
M I S C E L L E N.
I. Zur Lautlehre.
Ein vulgärlateinisohes Betonungsgesetz.
R(;kaiintlich sind die klassischen I^ildungen hathit^n , ronstirrr,
mtiliercmy pan'ekm, ahietem, aridem ^ phiala und filioiua nebst allen
iihnlichcii DiMninutivii auf -ioliis gemeinromanisch zu hdUcrf^ fnnsî^erf^
m ulti' rem, ¡Hxruiem, alntcm (it. abeto, sp. abeto), ariekm (sp. ariete
ist gelehrt), filiòìus ge\v< irden; dazu kommt it pitta. V\\x dies**
Verschiebung des AcciMites ist meines Wissens noch keiiie einhcit-
liclie l>klärung versucht worden. Diez handelt über «.Uiescllw R(i
1 502 und 503 in drei verscliiedenen Paragraj)hiin, Bàttere und
ohisvf/y solliîn tlurch irrige l.'bertragung des Accentes des Praesens
fníttío, i'hisiío (îiitslanden sein. Filioìus soll zu fiìiòìus geworden sein,
weil ii\ sich bess(»r zum Diphthong fügte, als io. Für "iolus ha))en
(i. Paris, De Paccent S. 37 und M. Miriseli ((ieschichtc i les Suffixes
'>///.v in drill romanischen Sprachen) andere Deutungen versucht, die
eben so wenig befriedigiMì als die Diezsche. — Alle jene l^'f^niien
jialxMi das gt»meinsam(i, dafs in denselben /', / oder ft vor kurzem
\'okal in lateinischer drittletzter Sillxi erscheint Ks ergielit sich
das (lesetz
/'. Ì und // vor kurzem Vokal in lateinischer drill-
It^tzter Silbe sin<l unfähig den Ton zu tragen.
Der Accent rückt daher auf dio vorhergehende Silbe \ì\k\ in
htUt^rt o<.ler auf die. folgende wit» in muHt'rem , afr. mui/hVr, Das /
kann lit-harrcüi wie ni fi/ióìus od(»r schwinden wie im it. abete und
im ,ü:''meinromanischiMi part if m \ ptirt/ts stecht in einer allen Inschrift
Bulini iiK» della commiss. arch. ci»munalt» di Koma 1873, 165. Da
(las (ii'sriz für das gesammte romanische (iebiet gilt und Ausnahmen
nicht VMrkMinmeii , so ist man berechtigt, es als ein schon vulgär-
lateinisches zu betrachten mögliclurrweise als ein sehr altes.
D.ifür spnchtMi di<' Messungen «>///*/< bei Knnius, ähjetfbuSj tlrjMi,
ahjfii, parjitihiis, tniria bei Vergil und den späteren Dichtem; vgl.
Lachmann, /um Lucrez S. 129. 130. Man wird es natürlich finden,
<iafs sobald paru it m zu ¡nirtitm wanl, das 1 »etonte e lang ^^iirde;
auffällig abíT ist, «lafs in ßlit'tlus . mu/it-rtm <» un<l e kurz blieben«
wie die romanische Diphlh«uigierung zeigt, und dafs sie trotzdem
• <^.
A. HOKNlNCi, EIN VL'Lí i AR LATEINISCHES BETON UNGSGESETZ. 573
in dieser Stelliuig den Ton erhielten ^ — eine in der Geschichte
der lateinischiin Spraclie nur hier und in Wörtern wie tniêhraf, in^
itfrrumy colûbra vorkommende Abweichung.
Fnigt nian, aus welchem (irunde jene Vokale den Ton nicht
tragen k< »nuten, st> läfst sich folgendes antwi>rten. Ks ist bekannt,
dafs gemeinj« »manisch, als<» auch vulgärlateinisch die unbetonten
kurzen e, /, // vor Vokal ihre Sonderexistenz als Vokale aufgaben und
sich als jW oder v dem vorhergehenden Consonanten anschlössen;
für //, das in dieser StclUmg auch ausfallen konnte, steht die Sache
nicht weniger f(»st als für c und /, wie it. morio^ quaüroy cardo = r<//--
thms (it. sp. arduo ist gelehrt) und die Messungen ^enva^ tenvis bei
Lachmann 1. 1. beweisen. Auf die Thatsache der romanischen Ac-
centverschiebung gestützt, darf mau als sicher annehmen, dafs jene
Vokah» auch dann, wenn sie ursprünglich betont waren, derselben
Neigung zur K< »ns< »nantirung folgten, was eine Verrückung des
Accentes zur notwendigen h'olge hatte. In zweisilbigen Wörteni
wie meus y tua, Jeus, dû's, pius behi(»lt der erste Vokal den Accent,
weil er im l'halle der Verlegung auf die Kndung hätte übergehen
müssen, dies aber einem (Grundgesetz der lateinischen Sprache
wiílíírstrebt. Sobald j(î<loch Pronomina wie mea^ tua als Prociiticae
unter Anlehnung an t^n anderes Wort des eigenen Accentes ver-
lustig gingen, so trat das Cn;setz, nach dem /, /% u vor Vocal zu
( onsonantcMi werden oder schwinden, wieder iii sein Recht, und
so entstandtMi ma, ta ^ sa etc., die sehr alt sein können; vgl. R(ì
11 80 das lat. som, sos, sis = suam, suos, suis.
A. Horning.
II. Syntaktisches.
1. Altfranz, mar, mal mit demi Konjunktiv.
Wohlbekannt ist die altfrz. Verwendung von ;/////' mit einem
Futurum in demsellxín Sinnt^ wie ein Optativ oder Imperativ mit
Negation, s. Diez, Gram. lU 2S2, Anm. z. li. Tobler, Mitth. 13,9:
(h A>.v7 as tir mes/ mar i'os escha/tera, eigentlich: „er wjril euch zum
l Ix'l entkommen, tnier Unglück wird es sein, wenn er entkommt",
was auf dasselbe hinausläuft, wie wenn maii sagte: „er darf, möge
eui h nicht entkommen". Indem man flic üblen Folgen eines Thuns
vorher verkündet, will man jemanden von dem Thun zurückhallen.
Das F'uturum mit mar erscheint daher auch einem Wunschsatze
im Konjunktiv oder Imperativ coordinirt, wie Mitth. 62, 29: ÍMissits
ítn pais, mar i eri adtsts\ ib. 77,5: Li cuetis a pris ses gens a chasloier
Que il se lieu^fieui io ut ad sans desrengier. Afar se motaron/ por Aubri
veri^oignier, Ken. .Mont. 93,21 rät der alte Aymé ironisch seinen
' [Kur/ waren sie für die hittcratursprache, lang für «Uc Volkssprache,
iVitr fi/iô/u.\, mnìit'repfì mit lanj^ein offenen Vokal sprach, wie die Diphthon-
gierung <les o und e in solchen Wörtern selbst /eigt, und wie jedes lat. ? Tt
vor einlachem Konsonant erst lang, dann Diphthong wurde. .G.] ' *"
574 MISCKLI.KN. II. SYNTAKTISCHES.
Söhnen sich diircìi Strafsenríiul) zu ernähren: A7 dei sien îfos donni,
si li faites pardon, Ei qui nei 7'oidra faire, mar aura raençon. Fühlte
man nun hier nur das Verbot oder (ieii negativen Wunsch, so ist
es nicht zu verwundern, liafs sich an St(îlle des Futurs unlogisch
auch d(T Modus des W'uììsclìes nach mar einstellte; in dem mar
i eri adest's fühlte man ein quii ne soi/ fias /our/h\ und so kam es
dahin, dais man schliefslich auch sagte: mar soi/ adeses, wie Mitth.
52,23: (>//V/ vi(\sfne ti moi en al palais lis/e. Afar ai/ fiaour d'home
de mere ne; ib. 2;^2f2i: E/ cil respondent: ia mar i ai/ do/e. Durch
(une ähnliche (Jbertragung erklärt sich <ler Konjunktiv in dem Aus-
drucke» fei soi/ qui. Man sagt: „ein schlechter Mensch wird der
sein, der ilas unfl das thun wird*'; es ist eiii mifsbilligendes Urtheil,
das aber ausgesprochen wird, um von der Mandlung, die es hervor-
rufen würd(s abzuschrecken, also in gleichem Sinne wie „Keiner
thuo es". Ks sollte, hei fsen yir/ ier/ qui n^i ferra\ statt dessen, weil
man doch die Kmpfindung hatte, dafs man mahnte, erschien der
Konjunktiv, Mitth. 13,28: fei soil qui n^ i ferra; ib. 152,13: Ei dis/
li dus : fei soi/ qui ne l'o/rie; Antioche 1 258: Ains verra de son Dien
quel puissance il aura, E/ del Dieu ans François li quieus miens en
vaura. Fel soi/, s* il n*es/ li mieudres, qui mais l'onorerà.
Afar, mal oder das gleichbedeutende a mal L'ur treten aber
oft auch zu einem Konjunktiv Imperfekti, s. liischoff, „Der CV»n-
jmiktiv bei Chrestien" (Halle 1881), p. 12. So z. 1^. Mitth. 85, 13:
Cisl Jior^if^nons a bien au euer le rai fr e, Alar venis/ il onques en
ces/ her halite! Aye d'Av. p. 78, wo Cìanor das Hausge.sinde mit
Schlaftrunk betäubt hat, um (iuiot zu rauben: .-l ros/el eftvoya (näm-
lich Ave) CO m men/ ííc con/ien/ (has; Mais cil (d. i. der Hôte) ni pue/
en/rer, /uit fur en/ endormi. Le prevos/ e/ li autre : mal le hëusseni il.
Und hier isl die Ausdrucksweise auch pn>venj5. in dem so gewöhn-
lichen mala nasques und mala fos, z. ii. Sta. Agnes v. 296, sagt ein
Netie zu der Heiligen, als man entdc^ckt, dafs sie (liristin sei: Que
mala fosas /u anlic nada; ib. v. 1432 ein Romer zum Senator:
X* Aspani, semer, que far em Xi quai consevi aver poirem D* agues/a
femna hlas/emada Que mala pi)guesa esser natiti, Gaucelm Faidit,
M. W. 11 109: Qu una fats' enganairi/z, On heuiaiz mala nasques ^ Me
l'es faillir tan . . . Peire Vidal, 2,42: Quel cor ai ian feio Vas ieis
qu\mc mata fos. ib. 43, 12: Don ja ses Ieis no ere aver garensa,
Qu\inc mata fos tan hela ni tan bona. Raimbaut d'Aureng^, M. G.
.357» 5» '/li Amors: Ades o die sur auras De ros qtianc maia sai foi
Vostra rnitura mesi nos. — Dies(Mi Formeln mit mar^ mala treten
«lann korrcspondierenrle mit buer, bona gegenüber, wie Parton. 8830:
Partotmpfus sace Pespee Qui buer fust el sarcia irovee, ib. 6084:
I 'rrake . Je suis vostre sers, Ruer i pissase jo les mers, Ren. Mont
1 22, 38 : ¡ìiaus nies, dist rempereres, huer fuissies onques ms, Antioche
II 2 2(), der Bischof Ademar, den ('bristen predigend: Baron^ distil
a eus, buer fuissies onques né. prov. Peire d'Alvemhe, M. G. 231,2:
El dous temps, que bona nasques. Paulet de Marselha, Revue des
lang. roui. 111 7, p. 285: Cantra vetz ai vist seih que boriane fos^
A. G ASP AR Y, ALTKRAN/. MAR, MAL MIT DEM KONJUNKTIV. 575
Lo Villen rei a cui s\ipeìt Leos, î.icîbeshof, Revue des lang. rom.
Ill 6, p. 2 OC) V.801: K die : Oiìlz, bona fosses (anc) nai, Quar henees
per vii donz pìorot (Chahaneau, Revue, III 7, p. 94 liest: y'(?.v anc\
Wir haben es hier mit Wunschsätzen zu thun, die mir einer
Erklärung bedürftig scheinen. Man wünscht doch in der Tliat nicht
jemandem, dafs er zur guten oder zur bösen Stunde geboren sei,
u. dergl. m., sondeni man beliauptet es von ¡hm: „Du bist zur
schlimmen Stunde, d. i. zu meinem, deinem, unserem Unheil ge-
bijren", u. s. w. Und man bedenke, um das Unlogische jener Aus-
drucksweise zu erk(*nuen, dafs es ein Wunsch in der Form der
Unerfüllbarkeit wäre, aUo nicht das deutsche „miïgest ílu zu böser,
guter Stunde gebon^n sein", was hiefse mar^ huer soies neSy sondern
„wärest du doch zu böser, guter Stunde geboren", du bist es also
nicht. Wir kann man aber das sehiem Feinde, resp. Freunde sagen?
Ks wäre das (iegentheil dessen, was am l^latze ist. Was ist gar
i\\c süfse Ialir(\szeit, von der man wünscht, sie wäre zu guter Stunde
entstandeii? Ks sind also jenes Formeln, die man verwendete, ohne
sich dabei eigentlich zu denken, was sie wörtlich besagten, und
sie müssen ihre Existenz einer Übertragung verdanken. Ursptûng-
lich stand dtT Indicativ, wie lluoii de Bord. p. 12Ò: Que de male
heitre fustes vous owjues nés. (laut. de Coinsy, Nat. Jesu, H(»rrigs
Arch. Ò7, p. 248, V.9Ó8: Ki disoit : Lasse, mar fui née. Mitth. 51,5:
mar vos 77 ne\ ib. 149,5: lie Guihors dame, tant mal vos vi ains née
u. dgl. m., s. auch Hischofi p. 84. Mit huer z. B. Gaut. de Coinsy,
I. c. p. 242, V. 4i(^: /)ist li angles : X^aies peour, Marie; car tu fus
huer née. prov. z. H. Peire Vidal, 44,17: Mala vi sa gran heutat e
sa cortesia. Im Poinna ilei Cid stets el que en huen'ora nasco oder
nació. \\"w nun aber das Futur mit mar den Sinn eines erfüllbaren
n(\giitiven Wunsches tThält, so fuar mit dem IVaeteritum den eines
uiierfüllbanMi negativen Wuîisches. Indem man die üblen Folgen
eines zuküíiftigen l'r<Ngnisses konstatiert, sucht man es abzuwenden;
indem man (liej<nigen eines vergangenen Ereignisses konstatiert,
bedauert man s<Mnen Eintritt, wünscht (vergeblich), es wäre nicht
eingetreten. Was man zur üblen Stunde sah, wünscht man nicht
gesehen zu haben; von dem, der zur üblen Stunde geboren ward,
wünscht man, er wäre nit» gebc^reii worden. Das mar vi wird
also gleichbedeutiMid einem n*et/sse-/e ¡amais vu, das itiar fustes ou"
(¡ues nes einem ne fussiez-vous jamais ;//, u. s. w. Und nun geschieht
dasselbe wie bei der Konstruktion des mar mit dem Futur; dort
trat unlogisch der Konjunktiv Praes. ein, so hier der Modus des
Tiegativen unerfüllbaren Wuîisches, der Konjunktiv Imperfekt, oder
PlusquamptTf. mar renist il ist ein mar inni ti mit dem Modus von
ne venist il, ílas man in jenem mar vint il fühlte; mala nasques ist
mala nasquet mit dem Modus von anc no nasques. Bischoflf hat alsc»
nicht Unrecht, wenn (*r bi;i der Übersetzung an Stelle des mar
eiîifach die Negation setzt; thut man das nicht, so kann man im
Deutschen nicht den Modus der frz. prov. Formel wiedergeben. -
Was dann <lie Verbindung «des Konjunktiv mit huer, hona betriiit,
576 MISCKLLF.N. II. SYNl AXllSCHKS.
so biTuht siti, \vi(^ ich glaiilu^ auf blofser Nachbildung derjenigen
rait mar. Als man einmal an dir Formel mit mar als eine ver-
wünschendíí gewöhnt war, bildete man mecham'sch danach eine
segnende mit ftuir\ man wälilte das korresponditirende Adv*Tb und
lii^fs alles andere ungeändert, ohne, an den Widersinn zu «ionken,
der in dtMi Worten nunmehr lag.
A. (ÍA.SPARY.
2. Über zwei merkenswerte Übertragungen der Modusverba
Potere, Dovere, Volere.
A. Das Hilfsverb îles „regierten" Zeitworts ül)erträp:l
sieh auf das Modusverb.
Dafs die Verba poterv^ dm^erty l'ohn ihre Zeiten an sich mit
ai'rrr bilden, entspricht der allgemeinen Regel.
Lt ¡Uli ht volte che ho imonirato la vir it) y ho dovuto sempn com'
pia f Iterili. Foscolo, Ortis 7. — / cipressi ih\'^ìi vi post non hanno
potuto allii^nare. Fose, ( )rtis i,^. — // cielo mm ha voluto con'
cedermi un maschio che conservasse il mio nome, Xota,
Wenn aber ílas negierte Zeitwort (»ines der intransitiven Verba
ist, (he ihre Zi^iten mit essere bilden, so wird jenes Hilfsverb geni
auf das Modusverb ül)ertragen. Wie geläufig der heutigen Sprache
ditîsr l'lxírtragung ist, zeigen folgende Heispiele:
Quella r"sa che tanto poco era pet uta durare. D'Azeglio,
Nice. 1,1.^2. — Questo non vi i voluto entrare prr il momento.
Pungolo 250,16. — Siamo pochi mesi dopo potuti entrare in San
Marco, Lamarmora, 120. Il Re non vi ì. potuto intervenire.
111. l^)j). 20,7. 7g. — Xon 7.'i f mai potuto riuscire il colpo, Pietro
l'erri. 111. Pop, 22,4. 7g. — // mondo, come le l'ecchie bisce ^ vien
mutando ta pelle. I^cg^ìo per noi d* esser dovuti l'izze re durante
r operazione. D'Azeglio, Ricorfli 1 158. — Atcuni deputati gli face*
vano osservare quanti soprusi sarebbero potuti nascere da qwsiu
arbitriti concisso al governo, lionghi, Cavour 49.
Auch Ditíz (Gram. Ill 2Ò8) erwähiit diese „raerken.swerte Ülxrr-
iragung*' beilegt sie abcîr nur mit älteren Heispielen.
„Hei den Modusverben ftotere, volere s<» wie bei sapere^ die ihre
Temjjora s«»nst mit allere umschreibtMi , kommt es vor, dafs sie zu
Inlransitivrn construiert essere annehnuin als: ella non era ancóra
pot util run ir e. (\N. 150. ■-- Sr. io /'ossi voluto andare. Dee. 4,6. —
Costui ottima mi ntt essere saputo uscire. I»ò".
DtT l'ionnitiner Kigutini (Rettori(::a p. 7) verlaugt dagegen als
allgemeine Regel, dafs die Verba pottn, volere stets dasjenige
Hilfszi'itworl ncihnuMi, welches das v«)n ihnen regierte Zeitwort zu
erhalten hat. V.r sagt: Xon ho poluto dor mir t; non ho voluto cam*
minare. w( il dor mir Cy camminare ihn* Ziùten mit innere bilden. Aber:
Sim dovuti vtnir sol/; In cosa non tra pulula riuscire, weil zvjvfW,
riuscire ihre Zeiten mit essere bilden.
<
E. KADE, ÜBER ZWEI MERKENSWERTE ÜBERTRAGUNGEN. 577
Gleichwohl gesteht Rigatini seihst ein, dafs der Gebrauch in
diesem Punkte etwas schwankt, indem er hinzufügt: Afa, doi^e da
fini io S can i speda/ mente sí erra spesso, è sui uso dei due ausiliari
Esstrt t- Avere, coi verbi Dovere, Potere ì Volere,
B. Das Passiv der Verba potere, dovere, volere.
/. Die einfachen Zeiten.
1. Wenn den Verbis potere, dovere, volere ein passiver In-
finitiv folgt, so kann derselbe selbstverständlich entweder durch
ein Ililfsverl) [essere, venire u. a.) oder durch si ausgedrückt werden.
I.a verità no può essere celata oder celarsi.
Uli studi comparativi pò uno essere condotti con un solo intento.
Correnti'. — Dopo lungo pensiero deliberò di voler sapere, se quelle
(lue cose poi e s ser venir fatte. Dee. — Moltissimi altri riscontri
di un tal uso potrebbono ad dur si. Gold. Pretaz.
2. Nach den allgemeinen Gesetzen läfst sich si auch voran-
stellen.
Iai ver ili) non si dee celare. Gold. Accid. I 7. — La prima
scienza è quella dell* uomo, la quale non si può studiare fiella solitu"
line. Fose. Ortis 34. — Xon si dee aspettare libertà dallo straniero.
Fose. Ortis 118. — Si dovrebbero bandire gl* inventori di mode,
comt fomentatori dell* Umana ambizione, (iold. Donna di Garbo. I 4.
3. Durch diesí^ so geläufige Voranstellung von si entsteht der
S(liein, als seien die Verba />i>/f;v, dovere, volere selbst passivisch
gebraucht. Infolge dieses Mifsverständnisses macht die Sprache
den VtTsiich, das Passiv dieser Verba auch durch essere zu bilden,
Fai verità non i^ potuta celare.
Auf diese Weise überträgt sich das Passiv, welches eigentlich
dem regierten Iniiniliv zukommt, auf das Modusverb.
La camera fu dovuta sciogliere. Bonghi, C avour 38. — // cou"
voglio diretto incontrò un convoglio di merci. Vurto non fu potuto
tvitare. Pungolo di Milano 1874, 22. 12. — // contratto dai primi
assuntori non fu potuto mantenere. P. 74, 2 1.4. — T^ libertà con"
qui statt non furono potute conservare. P. 72, 23,3. — Quanto alla
polémica col cancelliere dell* impero, Arnim dichiara che essa fu voluta
itderc tra le linee della sua lettera. P. 74, 6. 5. — // marito, più
jredulo alle altrui falsità, che alle verità da lui per lunga esperienza
potuta conoscere, la fi uccidere. Dee. II Q. — Questi sono provvedi^
menti o insufficienti per se, o non potuti far (osservare (i. e. che non
SI possono far osstnuiri). Circolo Gei^gr. 1872.
Wenn Blank diese Fonnen als ganz veraltete bezeichnet, so
beweisen obige Beispiele das (ìegenteil.
//. Die zusammengesetzten Zeiten,
I. Die zusamnienges(»tzt(in Zeitfm der Verba potere, dovere,
volert vor eiiìeni passiven hifìnitiv lassen ebenfalls eine doppelte
/.Itsclir. f. rom. IM.II. VU. 3j
57^ MISCKLLRX. II. SYNTAKTISCHES.
Hob an (1 lui I ji^ zu. a) KntwecU-r konjuj^iort man sie als Aktiva mit
tiTft-fif (xliT {)) als Passiva mit rssi'/r. Im ersleren Kalir bJeilil (ia^
Parlicip poittio, dovuio. voluto unvcränderlicii, im zweiten Falle C(»n-
^ruierl es mit dem Subjekt der i*assivconstruktioii.
Iai verità ìivii si ha potuto ù/iin' (.)der ;///// si r potuta (tUìn,
a) La guardia nazionaii fu più attiva di tjueììo che si av reit h e
potuto spcrart-, ( 'u(>c<) 275. — J^*'^ti stessi insorgiuti si avrebbero
potuto formare tanti amici. /Cssi seguivatw un capo, it quale per /"
più non era che un ambizùisv: questo capo quando non avesse potuto
rstinifuersi, si poti va ¡^uadai^ìuire. ('uonn 260. - Si az*ea bisoi^no di
un inquisitor di stato^ r si scdsr ]\innn^ per ¡a ra^^ione ¡stessa per ta
qua ti wm si avrebbe dovuto scegliere^ Cuoco 47. — Per io meno
avrebbe si dovuto fissate F ordine dei guarno, V. 74, 15. 5. — La
fortezza ha dovuto essere eTuicuata. V.
b) I preparativi per ta partiuza si sono dovuti fare colla mas^
sima rapidità. T. 74, 11.4. - I'rim/>ossibile e ri de re che non si avesst
potuto /'acilmint' conservare quei re¡rno che si r potuto tanto facile
mente ricuperare. Cuoa» 140. — Xon si ," questa volta potuto tro--
7'are uno che 7'ottsse sobtmrearsi alfimprrsa di formare un gahinttto,
P. 74, 12. 5. — Xon entrerò qui à spiegare come quest* alture non
si siano da noi potute manttuere. Lamarmora 3.5 j. — /,/■ harclu
cannoniere w>n transi potute per la troppo precipUd'olc fuga taspor-
tare in Sicilia. Cuoco 14 j. - - Xessun altra amministrazione si era
potuta costituire. H<»n,içbi, Cavour 62. — io mi senio alla fine della
vita, non esst n dosi potuto trovar mai rimedio a questa mia /astidiosa
indisposizione. '1 asso (iMaiìei, inderai. 1 .^04).
Anni. I. Dafs ilicsolhe Kuiistrukiioii auch Rctìexivbetleuluni; haben
kann, vorsteht >ith. tWtù v/ \ono potuti salvare. X»)ta , Bcnef. I,i. --
Aber lV>l}^'cnde ncliaiipuin«i Kii^uiinis will mir nicht irinlouchtcn.
„Coi verbi rcJh'SAivi e rtviprot'i. sf tu particella pronominale è tiffis^a
al 7'ert)n, rau.\Hiarc di Doì't'rr, Potere e Volere è il 7'erfto Avere, come: Lu
non ai- rest i dovuto afjìiji^^erti t.ìj/. Ma se r dii'i.sa dal proprio verbo è pre-
niess't a uno di t/ucòti tri-, allora r ausiliare / Essere, come: tu non ti Saresti
doeuto aflìigi(er co.\}".
Dafs dio Walil von aeere odor essere sich durch die blofse Stellung; des
J<olìcxivj)r()n(»nions ho>tinìnio, ist schwor cin/usehen. Denn obige Beispiele
/.(•iíjcn, dafs l)cini I<.cnoxj)a>.siv aiere sich sehr wohl mit vorgesetztem si
vcrträ^'l.
Anni. 2. Ob »lio Sj)rachc- auch den Vorsucli gemacht hat, die zusainmen-
i,'e««ot/.ton Zeilen ohne .w. mit diippcliem Hilfsverb zu bilden, kann ich nicht
bohaupion. V.s ist \v(»hl nn');^liih. dafs í.¡ih I''ormon iinden, wie: La ferità
Htoi t- .\/a/a p-ttuta celan.
¡IJ. Das uiipirs'hiliclu Passiv der Wrl^a potere, dovere, volere,
ai Wenn den Verbis potere, do-vre. volere ein aktiver Infinitiv
follet, wclebtT kein Objekt n'»,nert, das zum Subjekt der Paf«iv-
k(»nsiruklii»n wcnlrn k<)nnt<*, so ¡st i^^lcicbwobi das un person liehe
Passiv ¡euer Vi'rl»a sebr ^iieläiili.ii.
Xtai S.Ì pu-' (man kann) t ssere più im^desti. P. — Si Ì dovuto
(man bat nuisstMi) rico) rere atto scioglimento della Camera. P. — Se
I. HAKC/YK, EINE BEMERKUNG ZUM T.EHRAUCHE VON TRÈS. 57g
(iisposiz/oni si /'ossero prese con più sollecitudine^ si sarebbe potuto
impedire (so hätte verhindert werden k(*)nnen) che F ordine sempre
esemplare nella nostra città fosse turbato, P. 74, i-5.
!)) Aber auch dann, wenn der aktive Infinitiv ein Objekt re-
giert, das zum Subjekt der Passivkonstruktion werden könnte, wird
häufig das unpersönliche Passiv vorgezogen. Statt zu sagen:
Jai verità non si ? potutu. celare kann man auch sagen: Ä^on si t"
potuti) ce/are la írrita. Dann ist verità Accusativ. Denn, nachdem
potere die Passivform übernommen hat, ist celare wieder Aktiv, folg-
h'ch transitiv geworden.
Ä'on mi sorprendo che non si sia potuto prendere nessuna de-
cisione, P. 74, 26. IO. — Sembra che si sia voluto fare una pres-
sione politica sul Ministero. P. 74, IO. 5. - — Di otto 0 dieci degli
tì'asi non si era ancora potuto rinvenire le traccie. P. 74, 7. 5. —
Per raggiungere la meta j i%^ dovuto revescia re i troni dei Principi
legittimi. P. 74, 15. 4. — Si è voluto dare il supremo comando a
Bene deh. Scettri e Corone, P. 74, II. 6. — Cento mila ferite egli ha
già avuto y Xì ucciderlo però mai s^ è potuto. Ori. Fur. XV 65. —
.-// postutto non si è potuto accusarlo che d'arni errore, P. 74, 2"^. 9.
— Xon si t" potuto scoprire più alcuna traccia di bande armate.
P. 74, 15. 8. — .Von lo si poteva pigliare a gabbo. Scettri e Co-
rtine, P. 7 f, I 2. 5.
E. Kade.
3. Eine Bemerkung zum Gebrauche von très.
In einigte! alten, nach Racines Tode erschienenen Ausgaben
lauten in der Thébaide 3,3. 633 f.:
Mcneccc, cn iin mot, digne frère d'Hémon,
Ht /;vj-indij4nc aussi d'être fils de Créon, . . .
während die beglaubigte Lesart der älteren Texte trop indigne
biclíH. Jene an sich geringfügige Änderung ist doch recht be-
mt'rk(Misw(îrt, weil sit; zu einer für den Sprachgebrauch der fran-
/.(■)sis(lu'n 'iVagödie nicht unwichtigen Beobachtung (jelegenheit giebt.
Jenes très ist nicht nur eine willkürliche, unberechtigte Änderung,
sondern .L;(;radezu eine Unmöglichkeit; denn in Racines Tragödien
kommt diiî Partikel tr?s nirgends vor. Ja man kann den Satz
aufsl(»llen, dafs der ganzen hcWiern profanen neufr. Dichtung,
wi<» der Trago(li(\ der Ode u. s. w., das Steigerungsadverb tri" s
ganz frcMnd ¡st. Dagegen ist das Wort in der kirchlichen Poesie
inrht zu entbehren, weil es hier archaisch den allerhöchsten Grad
bezeichnet, wi(î in très haut, très saint (vgl. hiermit auch die pro-
saische Devot ion sfonntd l< très humble^ très obéissant et trh fidèle
serviteur et sujtt\. Ab(T schon vor der klassischen Periode findet
sich très in der Tragödie nur sehr spärlich, so z. P. bei Robert
37»
580 MISCELI KN. 111. KTYMOLOGISCHES.
Garnier wohl nur dreíuiai: M. Antoine 4O4 (ed. ?T)rster) a ;;/</;/
tresgratui malheur \ Troado 1017 nitre 1res ^ mise nihlt'\ ¡b. 138Ó Jr
félicitez royne ires -accomplie. Wenn sich nun später bei Kotruu,
Antigone 2,2 ires-sensilflement findet, so ist diese seltene Erscheinung
höchst auffaUig, ohne dafs jetloch hierdurch die obige Regel um-
gest»>rsen wird. — Während nun ires der Tragödie? allmählich frinnd
wurde, behauptete es in der Koiniklie immer seinen Platz, z. H.
bei Racine in den Plaideurs 2, 11. 568 uncf 2,4. 434. Im all-
gemeinen ist Racine damit sehr sparsam; aufser in dem Epigramm
Bd. 4 S. 187 (bei Mesnard) une eliose irts claire dürfte es, natürlich
unter Abrechnung der geistlichen Hymnen, schwerlich noch einmal
auftauchen. Auffällig könnte es erscheinen, dafs très bei Molière
in der F.cole des maris gar nicht, in den Femmes sav. nur einmal,
5,3. 1O40: im Misanth. und Tart. je zweimal, in seinem Jugend-
werke I/Ktourdi dagegen etwa zwanzigmal erscheint; doch möchlci
ich daraus keinen naheliegenden Schlufs ziehen, weil es sich im
]\Ial. imag. doch wieder zeigt. Wohl aber dürfen wir nach allem,
was wir bisher gesehen, folgern, dafs lr!s schon vor ilem ersten
Drittel des 17. Jahrhunderts (R(»nsard hat es z.B. viel seltener als
Marot) als ein unpoetisches Wort empfunden wurde, ebenso wie
unser sehr, an dessen (irundbedeutung niemand mehr denkt, und
das sich nur noch im alten Kirchenliede linden dürfte.
Wcin'ger verpíMit als tris ist in der klassischen Tragödie
fort. Racine hat es freilich nur an zwiii Stellen beim Verbum:
Théb. 5, 2. 1222 o?i tient si fort t) r amour und Alex. 2, 2. 558 Qui
m\ihaisse si fort au-dessous ¡r Alexaudri ?y wo es durch j/ noch modi-
liciert wird; bei Corn, aber trifft man auch das schlichte yi)/-/, z.B.
Ileraclius 2, 8. 761 ¡e m'étonne fort. Dagegen scheint fori beim
Adj. und Adv. niclit der Tragt "xliti zu ziemen; denn .schon ho\
(iarnier ist das W«»rt sehr selten: Hipp«»|. igS^ for/ hlesm€\ Antig.
15O3 J^ ir ois fort volontiers, — Die Konì<")dici alxìr verwendet fort
überall und liberaus häufig, viel lieber als très und in allen mög-
lichen Verbindungen. — So bleiben denn für die Tragödie als
.Steigerungsadverbia die auch s<)nst gebrauchttM) beaucoup^ bien, trop,
Kür tuen wäre zu bemerken, dafs es alle l^cgrifio steigert, nicht
(itwa blofs die in di^r allgemeinen Sphäre des Guten liegenden
(vergi, auch Hannnesfahr, Zur Kom])aralion im Afr. S, 25), Wenn
Racine bien malheureux, biin funeste'. Garnier Juifves 437 bien foibitt
sagen, so ist hier gewiis jede Spur <ler ursprünglichen Bedeutung
geschwunden. — Di»* engere grammatisch«.' Verwendung von beau'
coup bringt es mit sich, dafs es seltener als bien erscheint; dabei
hängt diT Gebrauch öfter n«»ch vmuì Versmafs ab; daher mag e.s
\\ohl konnnen, dafN kaueoup nicht in allen Stücken von Racine
erscheint. Kine \veit îHisgedehnteni Verwendung hat trop^ wel-
ches n<»ch in der klassischen Zeit nicht nur „zu sehr", sondern
archaÌM:h auch „Nehr, hr)chst" bedeutet, also zur Bildung des Ela-
tivus dient; «»in trop htunux entspricht »»ft unserm übcrghlcklich.
Schli< rslii^h könnte hierbei auf die abgeschwächte Bedeutung des
A. SCHKLRK, AD VERHL'M NOURRICE. 58 I
cl('Uti>cli(Mi z u hirigt'wicscn wiTclcn, wie sic bei uns längst merklich
gcwordiMì ist; man erinnere sich z. ÌÌ, nur an Hallers
ln\ Innere der Natur dringt kein erbcliaflener Geist;
Z u glücklich, wem sie noch die äufsre Schiale weist.
I. Harczyk.
III. Etymologisches.
Ad verbum nourrice
(Zeitschr. VI 436).
Herr Horning thut mir Unrecht wenn er mir einen 1862 be-
gangenen Fehler [nourrice = lat. nutriceni)^ den ich in meiner
2. Ausgabe (187.3) mit Vorbedacht, nach Littrés Anleitung ver-
besserte, 1882 noch nachträgt. — Seine Gleichung norriçon =
nutrìttioìicm halte ich für sehr gewagt und möchte sie durch
einen analogen Fall belegt sehen. Mir scheint das weibliche
Subst. (die übliche Form im Norden war noreçon, nourresson, bei
Froiss. non ree hon) aber nur eine Anlehnung an das männliche (=
* nui r il ione m , abgeleitet von nuiricius), das nicht gerade als das
werbliche in concreter Bedeutung aufgefafst zu werden braucht.
l'brigens läfst sich auch das weibliche noreçon eben so gut auf
nuiriiionem zurückführen als souspeçon auf suspicionem^ für
wrlclu^s letztere selbst Herr Horning kein suspicationcm zu Hilfe
ruft, sondern suspect ioncm^ und zwar nur wegen der Analogie
der in den Schwestersprachen üblichen Form. Zu vergleichen wäre
noch parecen, parcho fi = pariitionem (?).
A. SCHELER.
RPX'KNSIOXEX UNI) ANZEICIKN.
La Vita e le opere del trovatore Arnaldo Daniello. Kili/.ioiic critici.
c<jrrc(l;ilii delle variante; di tulli i manoscritti, •!' un' introduzione blori»i)-
letterarid e diversione, note, rimario e |jl(ìssario a cura ili U. A. Can eli«».
Halle 1883. M. Xiemeyer. «•\ VI, 283 S.
Es liej^'t uns liicr die kritische Ausgabe eines tier scli\vicrij»sten Tniu-
badours vor. auf welche der leider inzwischen der Wissenschaft entrissene
Merausj^eber einen Fleifs und eine Sor;,'raU verwendet hat, wie wohl n(icli
keinem altprovcnzalisclien Dichter a\\ teil {geworden i^t. In der Vorrede heln
der TIerausjjeber die Schwicriijkeiten hervor, mit denen er bei dem Manj^el
an litterarischen Hilfsmitteln in l*adua zu käm])fen halle, indem ihm zum Teil
die wichtijjsten Hilfsmittel fehlten; um so mehr verdient Anerkennung die
Jieharrlichkeit, die solcher Hindernisse Herr wurde. Ebenfalls in der Vorre<le
erwähnte.: *il terribile lavoro della classazione dei codici', welche er aK
'lavoro di Sisifo' bezeichnet. Und mit Recht; fast bei allen Lietlem, die in
einer j^rofsen Zahl von Texten überliefert sind, kehrt diese Scliwicripkcit
wieder, dafs eine reinliche Scheiilun;^ der Familien fasi unmö};Iich ist, wenn
m.m nicht sehr häuli«; zu tlem immer nicht unbedenklichen Auskunftsniittel
tier Mischhandschriften ;^Tcifi. Der (irund scheint noch von keinem unserer
Philologien hervor^^ehoben oder erkannt worden zu sein. Er liegt mcinvh Er-
achtens wesentlich »larin , dafs die Niederschriften , au?» denen unsere Hund-
schriften stammen, zimi Teil «jemacht wurden nach dem X>ictat des V4>rlra{;en-
tien Sänjrers. Dieser lernte den Text auswendig;, wi)bei, wie es in der Natur
des menschlichen Gediichlnisses ließt, er hin und wieder kleine .\nderunj:en
sich iilaul)te, die bei der leichten Art des provenzalischen Dichtens si:h
leicht einstellten. Kr winl dabei nicht jedesmal j^enau denselben Text wieder-
holt, wird manchmal in der Fol;:ie der Strophen sich j^eirrt und abgewechselt
haben. I^s liej^'t also alk-rdin<is eine Mischunj^ von Texten vor, aber nichl
ujiter lionutzunj^ ualirerei Ilandachriften neben einander (wiewolil auch dieser
MihIus, namentlich Mir ('. nicht in Abrede j^estellt werden kann), sondern auf
tieni We^^e müiidliclu-r Koripll.m/im«;. Daraus erkliirt sich, dafs mitunter nicht
vt.rwandte Handschriften in Zahl und Kol^'c der Strophen stimmen, verwandte
Handsclirifli.n abweichen.
In tkr l'Ünleiiunc,' S. 3 ¡^itl)t ( ". den Text tier provenzalischen Biographie
nach Al^a mit «kn Lesarten tltr ¡ibrij^^en Hamlschriften. Eini^^c Bemerkungen
und IViicliiiu'niîL^t 11 nii'»;^« 11 liit 1 «I.izu fol«ieii. Z. i fehlt sì in K. nach meiner
i.^llaiiini. In tUrselben Zeile scheiden sich die Handschriften, indem ABa
( ANKLI.O, LA VITA E LH OPKKK DEL TKOV. ARNALDO DANIELLO. 583
.lr/i'U//z Ji- J/, EIKN-'R Xaniautz de M. lesen. Ich «glaube, dafs lclzte^e^
die richlij»e Lesart isi, die Handschriften haben theilweise ausgleichen wollen,
beidemal ohne en (Aßa), beidemal mit en (X-). Aber am Anfang einer Bio-
graphic wird en nicht gesetzt, weil die Person, deren Leben erzählt werden
soll, noch als unbekannt vorausgesetzt wird; wo aber im Verlauf einer Bio-
graphitr auf eine andere Persönlichkeit Bezug genommen ist, wird en öfter
gesetzt. Doch beginnen einige Biogra])hien auch mit En, wie die von Blacatz,
Blacassct, der beiden Italiener Bertolompu Zorgi und Lanfranc Cigala, auch,
was auffalk*nd ist, die von Aimeric de Peguillan , der doch von Hause aus
ein Bürgerlicher war. Deutet das 'Herr' bei den Italienern daraufhin, dafs
der Verfasser der biographischen Nachrichten, der unzweifelhaft ein Zeit-
genosse derselben war, in Italien lebte? Das en entspricht dann dem italie-
nischen Messer, das auch nicht leicht dem Namen eines irgendwie angc-
>ohcnen Mannes fehlen durfte. Wenn nun, wie ich vermuthe, Arnautz Daniel
und NArnautz de Maroill die richtige Lesart ist, dann würde sich weiter
daran«, ergeben, ilafs der Verfasser der biographischen Nachrichten über beide
Dichter die von Arnaut de Maroill früher schrieb als die von Arnaut Daniel,
weil er in dieser auf jene Bezug nahm.
In Z. 3 spricht C. selbst einen Zweifel aus, den wir mit Sicherheit lösen
können und zwar zu Ungunsten von ABa. Diese hatten offenbar in älterer
Vorlage e de feitet se en tr^ìbar et \jibandonet ¡as letras e fetz se j\ífiar e près
und nuinieira de frobar'] en cariis rimas. Die eingeklammerten Worte fehlen
in ABa: tier Schreiber ihrer gemeinsamen Vorlage sprang von trobar auf
//vA/;- über: die Handschrift a lies das nun allerdings überflüssige ¿?/ von AB,
das noch auf die Lücke hindeutet, willkürlich weg. Auch R begeht hier
einen ganz ähnlichen Fehler, indem es von letras auf letras übersprang. Bei-
läutig: hat R wirklich près manyeyra und fehlt hier una}
Der zweite Teil der Biographie, den nur R enthält, steht bei C auf
S. 0, und zwar in urkundlichem Abdruck, ohne Auflösung der Abkürzungen
und ohne Abtrennung der Worte mittelst diakritischer Zeichen. Ich gesiehe,
d.if^ ich k\m\\ (irund dieses Verfahrens nicht einsehe, da ja doch im übrigen
l)e.ir])eilcle Texte gegeben sind. In einigen Fällen möchte man zweifeln, ob
die Handschrift wirklich >o schreibt: so bei Z, 3 tene so a desquern. Zu
■as se s /, 5 bemerke ich. dafs ursprünglich der Schreiber lasset geschrieben
h.itu- und vias / in v verwandelte, wodurch es eine Art Ähnlichkeit mit tz
iickoinml. Statt col trays se s isqurr** Z. 10 f. ist zu lesen col tr. ad isquern,
entsprechend den Ausdrucksweisen tener ad esquern, traire a cap, a lutz,
.1 i^'-aren. a def>ort etc. Diese Vermutung hat schon Mahn in der zweiten
Ausgabe st-iner Bingrajihien S. 37 unter Xo. }^%^ die angelilich auf KIR be-
ruht ; doch ist CS keineswegs ein treuer Abdruck des letzten nur in R ent-
haltenen Stücke^, wicwold es sich durch Hinzufiigung von Buchstaben in
Klamniern diesen Anschrin giebt.
/. 5 des l\\te> von unten 1k i fanello las ich in der Handschrift de-
ifi'indt\. /. 5 v.u. si( ht .dlirdings in der Handschrift aqititiast, aber dies ist
'ino unniogliclu- l'oiin. <•> niufs ,iqnitat heifsen ; ein aquitiat wäre etwa noch
h nkb.ir. Rayii.. Lex. R. 5, 24 führt unter Berufung auf unsere Stelle eine
Ncbinforni njui stitir aw, die al>o zu streichen ist, da >ie handschriftlich nicht
existiert.
#
5^4 RKCBN'SIOXKN UND AX/KUiKN. K. liAKTSl.II,
D;is ;im Sclilusso der Ri()jira]ì]iic von R anjicfiihrte Lieil kiinn nitht ilas-
jcnif^e sein, das der Ji)ugleur dichtete und das ihm Arnaut vorwej^ahni :
denn da es heifst, der Jonj^lcur habe sich anheischi;; gemacht, in schwereren
Keimen als Arnaut zu dichten, so mufs es ein Lied in schweren Heimen
gewesen sein. Das angeführte Lied hat höchstens in den Endungen ama und
orna solche. Es ist mithin eine ähnliche Verwechslung, wie sie in tier Bio-
graphie von Guillem de (^abestanh vorkommt.
Im weiteren Verlaufe der Einleitung behandelt C. die A. Daniel sonst
nocli beigelegten Werke, namentlich die Stelle im l'urgat. XXVI, ferner giebl
er die Erklärung, wie Dante dazu gekommen sei, den Dichter unter die Sodo-
miten zu versetzen ; ofl'enbar auf Grund des Sirventes gegen R. de Durforl und
Turc Malee. Ausführlich und eingehend wird der Eintlufs Arnauts auf die
provenzalische und italienische Poesie dargestellt und die Beschäftigung mit
den Liedern des Dichters bis auf lUe Gegenwart begleitet.
Der letzte Abschnitt legt in verständiger Weise die kritischen Grund-
sätze dar, die der Herausgeber befolgt hat. Die Anordnung der Lieder be-
treffend, mufste auf eine chronologische verzichtet werden; auch die Reihen-
folge, in der die J-ieder in den Handschriften stehen, hat ('. nicht berück sichtigl,
da die Handschriften und Gruppen hier trotz mancher Üiiereinstimmung doch
erheblich abweichen. So hat er denn ein Verfahren eingeschlagen, wie ich
es ähnlich schon in meinem Peirc Vidal (1857) beobachtet: eine Anordnung
nach der Form, aufsteigend vom einfacheren zum kunstvolleren.
Die Einrichtung der Ausgabe ist die, dafs zunächst der kritisch con-
stituierte Text, dann die italienische Übersetzung, dann die Lesarten, endlich
die Anmerkungen kommen. Das hat freilich für <lie Benutzung grofse Un-
bequemlichkeiten, indem man an vier Stellen des Buches nachschlagen mufs.
Dii* Einrichtung der Lesarten ist so, dafs jede einzelne Handschrift eine
Rubrik für sich bekommt, höchstens die ganz nahe verwandten Handschriften,
wie IKN* oder UV, in eine Rubrik gestellt sind. Auch das ist, abgesehen
von grofser Raumverschwendung, eine Unbequemlichkeit, da man viel schwerer
M) ül)ersieht, welche Handschriften stimmen, welche etwa Kreuzungen der
Lesarten zeigen u. s. w. Der Variantenapparat, bei welchem mit Recht das
Orthographische ausgeschlossen ist, zeigt sich im g<inzen recht sorgläUig und
genau: dafs einzelne Versehen und Fehler vorkommen, wird bei dem grofscn
Material nicht wunder nehmen. Wünschenswert wäre es gcwebcn, bei den
einzelnen Liedern die Blattzahl, wo sie in den Handschriften sich linden, an-
gegeben zu sehen.
Lied L V. 2 hai (.' nicht, wie ('anello, M.ihn (Gedichte 421) folgend,
.ingicbt, tiefen, sondern defrn. aN») ein Syni)nymum zu chapten\ ferner ist
angegeben, dafs dies Wort in R unleserlich sei (von ('. durch Punkte be-
zeichnet; R hat iff M'n. w«ihl verlesen aus Jr/t'n (==(). Für den Eigen-
namen liat R Raum i;cla«.-en, was die Punkte bei ('. auch nicht richtig aas-
drücken. Auch ist nicht genau, daf> (' na ynan, IK na i/ui haben; alle
drei Handschriften schreiben zusammen nur nan naina , und daraus ergiebt
sich, dafs n\iina[n\ /u Hennen ist. Die (Übereinstimmung zwischen C und IK
/eigi ferner, ilaf«* ('anello-. Loart nu Ena nicht richtig ist; denn auch die
cntsullto Le-iari nu muriti in A tacili auf nahm, ila /'/ iìlTenbar m gelesen
wurîc, unti endlich aprichi für den Auslaut n in «lern Namen die Überein-
CANia.r.o, LA vu A e lp: oiuckk dkl tkov. ai<naij)0 danmello. 585
.slimiiiun}^» zwischen C und D, wohl auch A, da ri aus n entstellt sein kann.
Der Vers ist mithin zu lesen chapten ti* Ainan e sos decs. Die Reimform
(liman bei Raimon von Durfort weist ebenfalls auf consonantischen Auslaut.
Z. 3 hat C nicht cauecx, wie C. nach Mahn fehlerhaft angiebt, sondern
richtig' ciifit'cx: ferner hat R nicht einfach can, sondern es wäre zu bemerken
gewesen, dafs auch hier R nach can einen leeren Raum läfst.
Z. 7 ist übersehen, dafs auch D que, nicht que/, queil hat, also mit CR
stimmt.
8 issir hat allerdings A, allein die Entstellung csser in DHIK weist
auf eissir, als die ursprüngliche und ältere Form, deren sich also der Dichter
bedient hat, eines der vielen Beispiele, wo wir durch abweichende Lesarten
der Handschriften auf ältere Schreibung hingewiesen werden. Wer auf der-
gleichen Dinge sein Augenmerk zu richten gelernt hat, wird sich doch wohl
berechtigt fmden , von der Autorität des Schreibers einer Handschrift sich
loszusagen. In derselben Zeile liest ('. wieder mit Mahn fecx in C, ich
las secx.
Z. 0. I schreibt, wenigstens nach meinen Angaben, nicht quies, sondern
qui CS, also anders aufgefafst. Auch hier weist die Entstellung auf eis, nicht
die triphthongischc Form icis; eis haben DH bewahrt. In R las ich nicht
nimtrcis, sondern mintrels (== C).
Zu 1 1 gebe ich die abweichenden Lesarten, weil es einer der Fälle ist,
wo die richtige Lesart in keiner Handschrift sich erhalten hat, sondern erst
aus dem Zusammenhall der Handschriften sich ergiebt. el becs fos Iones et
a¿;utz haben DHIK, CR el bccx que fos , A c quel becs fos. Die echte
Lesart war e lo becs fos loncò et agutz. e lo ist in s|)äterer Zeit ungewöhn-
lich, weil die Anlehnung des Artikels Regel wurde. Wahrscheinlich hatte
schon die Vorlage, auf welche alle uns erhaltenen Handschriften zurückgehen,
fehlerhaft cl bccs, und die Lesarten von A-fCR r»ind verschiedene Versuche,
den zu kurz gewordenen Vers auf das richtige Mafs zu bringen.
Einen ganz gleichen Fall haben wir im folgenden Verse, der ursprüng-
lich lautete que lo corns es fers e pelutz. Die Schreiber sprachen quel oder
landen es schon in ihrer Vorlage ; sie streckten daher den Vers auf ver-
schiedene Weise: (*R haben quar lo für quel {que lo), AH schieben nach
fers ein liiitz. IK hal)en latz; dafs dies Wort in D fehlt, hätte den Heraus-
geber stutzig machen sollen.
13-15 hat der Herausgeber anders geordnet als sie die Handschriften
haben; er bespricht diese Anordnung S. i8ò, aber es wäre doch übersicht-
licher gewesen, wenn er bei den Lesarten seine Abweichung von der Über-
lieferung auch markiert hätte, ebenso das Fehlen und Umstellen einzelner
Verse in CR, was S, i86 besprochen ist, aber bei den Lesarten trotzdem
nicht telilen duifie. Als V. 13 folgt in allen Handschriften V. 14 <les Canello-
>clien Textes. Dieser V'ers wird von ('. so hergestellt
et rs prions: ti ins ha palutz.
Ihi ist Conitetur für la sänmitlicher Handschriften. Allein schon der etwas
abgerissene Siil dieser Zeile macht die Herstellung nicht wahrscheinlich.
Auch ist autVallend, dnfs nicht blofs A prion hat, nicht prions, wahrend
diese HanNthrift die Nominaliv-Rcgel floch durchaus beobachtet, sondern
5^6 RIXKNSION'KN UNJ) AN'ZKKilON. K. HARTSCH,
auch (lie I'lntsidhin^'en in CR un.l IK. i/f// un«l />or^) wci^fii \\xlí prion, iiiclu
auf prion.s hin. Ich Lîhiube (hilier, thifs der Vers laulele
r pn\>fnP ins fs la palutz,
priond ins wurde als pn'oti dins aufj^cfafsl, und dies hatte /.nx Fol;:;e, da nun
prion la palutz nichl >.timnilt.-. dafs iW in rn verwandelt wurde. Die Lesati
vt)n CK Ie«4l einen íjan/, and(?ren Sinn hinein: tapón j^ehört zu tapir * ver-
stecken'.
15. Dais C tcllicn lese, i-^t wieder ein Fehler, den der Ilerausi^cbcr
aus Mahns Abdruck hat: (' hat rcllirn.
16. Die Schwieri^jkcit dieses Verses bespricht die Anmerkung, uline
jciloch /u befricdij^cndem Ergebnis zu j;clangen. Ich erwähne zunächst, dafs
ADHIK übereinstimmend in einem Worte haben corne, nicht cor nc, was
die Lesarten hätten anj^eben müssen. Mir scheint audi, dafs corne richtif»
ist, Conj. praes. vi)n cornar, rcdutz ist sicher nur andere Form von rendut'^,
vielleicht soj^ar die ur^prün^jliche J.esart, da redrc seltener als rendre ist.
Sicher ist es nichl, wie Chabaneau vermutet, in re dutz zu trennen. Lsi ren-
du f.. in dem Sinne von 'Mönch' zu nehmen? Den Pfaffen sajóte man v<»n
jeher nach, dafs .sie St)domiterei trieben. Dann wäre ein Gej^cnsatz zwischen
dem Miinch und dem drufj, dem höfischen Liebhaber, anzunehmen, prezi,
«las AD haben (D hat presi, nichl prezi\ ist vielleicht die richtige Lesart,
wenn^^leich (.'R mit per so die l-,esart per si zu bestälii»cn sclieinen; es ist
I. ]iraes. von prezar und davon der Satz {que) corne rendutz ahhän^^i^. Dodi
j;estehe ich, dafs auch dies mich nicht recht befricdijjcn will.
In der ftd^'enden Zeile ist bei den Lesarten nicht angcj,'ebcn, dafs I
(wohl auch FL) haben nia sia statt mais sia. '¿. 18 ist unrichtig» an{*eführt.
dafs K sabora habe, die II >. liest vielmehr sa bocca, als«) der echten I^Mirl
viel näher stehend. Auch habe ich mir notiert, dafs cef in II fehlt: bei ('.
linde ich das nicht erwähnt. Zu 19 i>t fehlerhaft bemerkt, ilafs K lese </iijjfii.>.
es liest wie (' un«i die übrij^en assais. Auch ist nicht ^enau, dafs C pro /
habe, ;;erade die üblich(t Aussprache als eine Silbe (wie /<»/. tioi) hat die
llinzufüj^uiif^ von <///,ir veranlafst, weil der Vers zu kurz erschien. V. 29 i>l
icns cnn R bei den Lesarten ein Lese- oder Druckfehler: die Hs. hai ieu^
lini. V. 24 hätte nach t'.'s Anj^abe nur (.* lor ays, aber auch R hat (or ais,
nicht /(' rais.
Zu 27 stimme ich tlem Schlüsse der Anmerkuni» bei, dafs die Verande-
run«; corn el aus comes nicht nötig ist. Der Tempuswechscl ist hier ^anz
}^erechtferti}4t.
28. Die Lesart von CR (R hat nöz, was nicht nonz, sondern nom auf-
/ulö^iiMi war, ein Fehler, der sich mehrfach wiederholt; vj^l. TI ii. 34, VII 7 ele.)
erwrist sich sofort als eine Ánderun;^, um dem zu kurzen Verse eine Silbe
hiii/uzurü«;en. Aber es fragt ><ich, ob no m\n. was .\ für notn aller übrigen
llandscliriften hat, nicht auch eine solche An»lerung ist. nom acori ist die
Lesart, von ilcr auszugehen i>t; dafs sie fehlerhaft ist, erweist der Vers. Ich
denke, auch hiei wird, ähnlich wie in V. Fl und 12, die nach {j^ewöhnlichcm
Sprachgibiauch \idl/ogene .\nlehnung des Pronomens den Kehler veranlaf^t
haben. Dei Dichter schrieb no mi. lUnn no me wird man vor vocalischem
Anlaut .h> \'erbuni< Wohl nielli wagen tlürfeii. Vielleicht ist mi aach als
in i aul/iila-'.sen.
CANKLLO, LA VU A K LE Ol'ERIÍ DEL TKOV. ARNALDO DANIELLO. 587
3u. R liat nicht //.. sondern ¿\ also btr\ in iler folgenden Zeile liest K
corna se. nicht conuise, was in den Lesarten bei Candió den Eindruck einer
Conjunctivform macht; eine solche ist nur das cornessa in C, eine aus jüngeren
Quellen wohlbekannte Form des Praet. conj.
34 las ich in R fents, mchi fetn s , und so mufs wohl auch gelesen
werden, da sonst der Vers in R zu kurz wäre. Ferner verdiente bemerkt zu
werden, dafs D zusammenschreibt peizol , weil daraus die entstellte Lesart
pezoill in A sich erklärt.
37. Fehlt gran wirklich nicht in D.^ Ich hatte es mir so notiert.
Kbenso ist mir zweifelhaft, ob die Angabe, dafî* D in der folgenden Zeile
vostre {= ( R) liest, richtig sei. Dies wäre eine merkwürdige Übereinstim-
mung in einer fehlerhaften Lesart, die einen näheren Zusammenhang zwischen
D und CR verriete, als er sonst begründet ist.
39 gicbt Canello nach Mahn als Lesart von C an tug lj\ allein die
ILindsclirift hat, wenigstens wie ich las, tugh.
40. Möglich ist allerdings, dafs A xíví'í fora recht hat gegen vengra
DHIK, indem diese die Wiederholung von fora 38 vermeiden wollten; aber
denkbar ist doch auch, dafs A fehlerhaft in den früheren Vers hineingeriet.
Dafs in der folgenden Zeile nicht le fonili, sondern Vefonill zu schreiben ist,
hat Chabancau bereits hervorgehoben; ich bemerke, dafs C nicht le fonili,
sondern lefonill in einem Worte schreibt, was die Zusammenfassung be-
.sliiligt. Übrigens wird der in DHIK. überlieferten Form enfonill der Vorzug
zu geben sein. Bei 42 hätte auch pcntenil als Lesart von C Erwähnung ver-
dient. Bei 43 ist zwar angegeben , dafs dieser Vers in A fehle, aber nach
meiner ( 'oUation der AViener Abschrift von D fehlt er auch in D. Gleich-
falls uidjemerkt geblieben ist bei den Lesarten, dafs R zum Ersatz für V. 42
hier eine Zeile einschiebt.
46 at rail in 11 ist oflenbar entstellt; (.'R haben e'^/r///r, Canello schreibt
./////. Aber //■ ist durch die Lesarten beider Klassen gesichert, und da ail
in 11 des Reimes wegen falsch sein mufs, so war die letzte Silbe trill. Ein
atrillar giebt es nicht, man kcinnte nun estrilh nach CR schreiben. Ich lese
mit näherem Anschlufs an H astrili = lat. adstrigilare. estrilhar heifst über-
iragcii 'plagen, placken', altd. 'müejen', astrilhar wäre a^so 'bemühen',
\\istrilliar 'sich bemühen'.
48 el sein nehme ich im Sinne 'im Sitzen', und schreibe für das ent-
stellte traig del in il, nach traue la CR, trauquel.
40 ist bei den Lesarten übersehen, dafs R liest e pueis.
Lie<l 11. Mir ist nicht wahrscheinlich, dafs der Dichter in der ersten
/eile jeder Sirophe einen inneren Reim beabsichtigt hat. Darauf führt zu-
nächst der Umstand, dafs die Stellung desselben wechselt; in der ersten
Siroj)he lallt er nach der 3. Silbe, in der zweiten nach der 2., in der dritten
11. iL h der 5., ili der vierten nach der 4., in der sechsten nach der 2. Dazu
kommt, dafs er in der fünften ganz fehlt, in der sechsten nur in drei Hand-
sclnilten sich rindet. Nun ist allerdings Wechsel in der Stellung des inneren
Reimes etwas nicht ungewöhnliches, aber eine solche Unregelmäfsigkeit ist
doch kaum naeliweislich, und eineni Verskünstler wie Arnaut Daniel, der in
Licil IX ein Strophengebäude mit tien künstlichsten Inreimen ganz streng
durcliführi, am wenigsten zuzutrauen. Man müfste ferner annehmen, dafs er
.5«^8 KKCRNSIONMCN UNM) AN/KKiKX. K. HAKTSCH,
•Itni Rcimt- /u Kicbc in V. I o ori^^oi// siati ttf^i^-oiV/s pcsaj^t hätte, was ln-i iluii
koine Analtj<iic hai. Was die Strophciibilihiiiy betrilVt, so kann man schwanken,
ob die viersibipen Verse nicht teilweise /u Paaren zusaninicnzufassen siml;
ich wäre j^eneij^t V. 4 und 5, 7 und S jeder Stroplie zu achtsilbi^'cn Zeilen /u
verbinden, da Strophen mit s<> vielen kurzen Versen nicht üblich sind. Doch
darüber, wie gdsaj^t, läfst sich rechten.
Im einzelnen bemerke ich zu Text nnd l^sarten folgendes. Z. i hat C
nicht tfofi, sondern (fo/. Die Erklärung, welche Canello in der Anmerkung
von {/(>// giebt. ist nicht richtig: fioiV ist nicht aus de ubi illi entstanden,
s»)ndern aus de unde illi, es steht fur doiilh\ wie franz. ¿r/ aus cnL so ward
iioulk doih, aus doni dol. Allerdings kommt 0 für on aus uhi vor; ein dv
aus de ubi i^t mir nicht bekannt, und wenn es wirklich vorkäme, so wäre e>
damit als Vertreter de» Genitivs des relativen Pronomens nicht erwiesen, dieser
lautet immer don. Die Frage, ob doi! einen reinen Reim auf ori^uiU etc.
giebt, komitii hier für uns nicht in Betracht, ila wir an dieser Stelle über-
haupt keinen Keim annehmen. Aber wenn man Reim annimmt, so folgt
daraus, dafs auch toiil. broilt etc. zu schreiben ist, und nicht blofs in diesem
l.ie«le, sondern durchgängig, da der Dichter nicht o : uo, sondern 0:0 ge-
reimt hat.
V. 2 hat R eras, nicht rni ; V. 7 haben nicht IKN- e c, e b., sondern
ilie Handschrift c. V. iS hat N knbrii\ wenigstens ist C.'s Angabe irreführend,
da bei R /'.». angemerkt, al>o der Artikel beigefügt ist, könnte man glauben.
dafs N den Artikel nicht habe. Diese Undeutlichkeil der T^csarten begegnet
mehrfach.
V. 10 hal)en den Singular /V/ brnoi/i u.a. nur BLPRSc. also, was Be-
achtung venlient. nicht A, die sonst mit BÎJ*S zusammengeht. Ferner i>t
bemerkenswert . dafs c schreibt /V/v (mit fehlerhafter Initiale für /«•/.». wie
auch !. was ('. nicht angiebl, /)r/. statt /VA. \va\) hrui/h, also das erste Wort
noch in pluralischer Forni. Man sieht, ilafs die Vorlage von c den Plural
halte, und <rst der Schreiber >eizte, um einen Reim zu gewinnen, bruilh im
Singular. Kin gleiches ist hier und an anderen Stellen anzunehmen für die
llandschrifun, die abweichend von tlcn übrigen in <ler ersten Zeile der Strophe
inneren Reim h.d)en.
V. n l)i:iierke ich, «lafs nach meiner Collation der Wiener Copie von D
vliesc Hs. iiai //■' ntt-n, nicht ntni. Die ur>prüngliche Fassung des Verses war
f /.'•/• </:(\*fff n-i ntt- f,i.<sti crim. Sämmiliche Änilerungen der Handschriften
;^ohen auf die Hoeitigung iles //i» w,- zurück, da nom, die angelehnte Form
Ics Pri»noinens. im 1 v Jahrh. «las übliche war. Daher die Einschiebnng von
» • in Ali. von r 1: in l'RS. un<l ilie l.e>.'irt no nte-n in den übrigen, mit Aus-
nahuK' von L un 1 N-. N- hai r-^»f n*»/. L tyn< no, beide also fehlerhaften
Vers: ^ic haben niiihin ilas echie relativ ani treusten bewahrt. Vennutlich
liattc schon «lie Vorlage der Mss. die übliche angelehnte Form (nom), und
der min cnistandene iiuiii-clu- Fehler wurde auf verschiedene Art beseitigt
iv;^l. /u 111'. WtiuM halle idi vue Lesart t//é\'w. nicht cue {=■ ABL) fur
lie rirhiiijr. -Kî I*^, lie >.mi-i mil ABl. gehen, hier zu den übrigen stimmen.
i;. Wi.r.n .lie l.i^aii ; : i:' L betnerkt wurde, «¿o war vielleicht noch
:'.'i» ■: Mivichnn!. '...Ñ F .'./. " li-sî. Bei 1 7 ist unerwähnt, dafs R mit
..•:^c!u lì l\>.i:iu lie»-: .•*• .\-. In V 10 hat I* nicht Pfti/ ho ihU, soDdeni
CANKLLO, LA VITA E LK OFFKK DKL TROV. ARNALDO DAXIKLLO. 58g
Petit vai, mil febìcrhaflem Verse wefjen d\imor für d\imador, während S
(lie richtijíc Lesart bewahrt hat. Sollten ferner nicht die Lesarten von G und
Q vertausclit sein?
20 ziehe ich die Lesart qu^ades vor, da sie durch die Übereinstimmung
von PS mit CD etc. bestätigt wird. Freilich kann dem entgegengehalten
werden , dafs auch R mit ABL in leu zusammentrifft. Aber R stimmt mit
L auch /. B. in V. 23 überein, wo sie doch nicht die richtige Lesart haben.
26 terrim, nicht tenim hat der Abdruck von P im Archiv, also ■* S.
Auch in der folgenden Zeile hat der Abdruck contr, nicht conq, wie Canello
angiebt; ebenso 29 Bella, nicht Della, auch der Abdruck von S bei Mahn
hai bella. 34 hat I iawJc.
36 ist auf Grund der handschriftlichen Überlieferung sicherlich que lor
o coilla die richtige Lesart, jedenfalls auch grammatisch richtiger als lor acoilla:
'dafs ich es ihnen {= von ihnen) hinnehme, mir von ihnen gefallen lasse'.
Aiifserdem steht acoilla schon V. 51.
37 hat C nicht ad estlalh, sondern ad est talh. Dafs esdaill als ein
Wort zu schreiben ist, hat schon Chabaneau in der Anmerkung mit Recht
hervorgehoben.
41. Warum hat (fanello der Lesart ans, die doch nur in dr«i Hand-
schriften (DJÍN) überliefert ist, den Vorzug gegeben? partir kann ebenso
gut intransitiv wie reflexiv gebraucht werden, wie im Deutschen 'scheiden*
und 'sich scheiden'.
42. Auch hier geben die Lesarten zu Mi fs Verständnis Anlafs, indem bei
nill der Artikel teils gesetzt, teils weggelassen ist: ST Poil, L Poil, DIK etc.
oill. Danach kcinnte es scheinen, als wenn letztere Handschriften den Artikel
nicht hätten, was doch nicht der Fall ist.
46. Die Übereinstimmung von AB mit allen Handschriften aufser LPS
macht es wahrscheinlich, dafs die Einführung des inneren Reimes auch hier
eine Änderung ist. Denn wie wäre sonst genealogisch jene Übereinstimmung
/u erklären? Bei den -Lesarten wäre übrigens zu bemerken, dafs L liest 6>.c
noPH toill.
52 las ich in P nicht trinuidor, sondern truizador (IKS haben trizador).
Lied IIL 14 hat a, was bei den Lesarten nicht angegeben ist, cobre en
siali cìiehrem (!K. Hier ist o statt uè in einer Handschrift überliefert, in
V. 33 voll stall lueill, vuelh. Wenn in II doill : ori^'^oill reimt, wie Canello
innimml, so ergiebi sich daraus, dafs A. D. so, und nicht rueill, und in unserm
Liede nicht fueilla, tueilla etc.. sondern foilla, tailla gesprochen hat. Wir
>iiid also nicht l)lof«> berechtigt, sontlern vom Standpunkte methodischer Kritik
verpflichtet, auch dann diese Formen zu setzen, wo sie wie in HI Strophe l
von keiner der drei Handschriften ('Ea überliefert sind. Dies im Hinblick
auf die Anmerkung I S. "¡i).
28 glaube ich nicht, dafs C die richtige Lesart in den beiden ersten
Silben überliefert hat. C hat tornieu, a trou tran, E terra torn. Daraus
ersieht sich , <laf> zwei mit / anlautende Silben auf einander folgten. Ich
«lenke trestorn oder trastorn wird <lie richtige I^sart sein, troti kann ver-
lesen sein aus fräs, ferra aus T/v/ entstanden, und dies aus /m*, indem «las
übergeschriebene s als Abkürzungs/eichcn gelesen und daher an falsche Stelle
gesel/t wurdi'.
5gO RKCKNSIONF.N UND ANZKl(ib:N. K. HAR ISCH,
3v r>ii' onl-ilcUtcn Lesarten von CK scheinen mir, im Zusnnimenliali
mit a, auf .*/ (/u\un Jail inemblc zu weisen, (-anello schreibt si tjii'eii. ('
hat v/ qut'tt nianihlt'. was auf si qucun iti mble (= memble) zurückgeht, K
v/ ijuen Uiial mamhlt' aus si quenti iiil membie. Aber auch wenn man tjueu
liest. So ist die«* ein J^cwcis, dafs die Vorlaj;e von CE eu^ nicht ifu schrieb,
und jene ältere Form ist daher für Arnaut durch/.ufühzen, auch wo die Hand-
schriften icu haben.
45 ai plus hat a, plus ai K, ein im {ganzen fjlcichgiltifjer Punkt. Aber
wahrscheinlicher ist doch inmier, dafs bei der Lesart dont cu ai plus (r= a)
eine Umkehr wegen des Zusammenstofses tu ai stattfand, als das ent;jcj;en-
«»esetzte.
48 «jiebt ('anello an ciurlili K, aber sein Text hat ja nicht cill, son-
dern cel.
4»). Ich bin auch der Ansicht (.'ancUos, dafs in a die echte Lesart er-
halten ist (S. 201). Die Veibindunj^ taut per ist nicht anfìal1en<l, da A\<
verstärkende per seine Stell un jj j^ewidmlich vor »lem Verbum und nach einem
antlercn Adverbium, meistens molt^ hat (Hoethius: molt per foretiS.
58 hat a nicht //, sondern /*•. aufserdem /«•/, was Beachtung verdient,
weil auch hier die diphlhonp^ische Form leis «ler triphthon{>i^i'hen lieis al<
die ältere vorzuziehen ist.
Lied ÍV. Das Lied ist in den Handschriften sowohl Arnaut Daniel (A)
al«i (iuiraut de Borneill (r)"N-) beij^elejit. Die Autorität der Handschriften
ist ziemlich gleichstehend, vlenn die Bedeutung von N' wird man nicht hoch
anschlagen dürfen. Auch seinem (-harakter nach kann das Lied sowohl von
dem einen wie von dem an«lern Troubadour verfafst sein, <lcnn beide haben
in schweren Riimen gedichtet, (ileichwohl spricht manches j^cf^cn die Auto-
rität von A und für DN-. Arnaut j^llegt fast in allen Liedern im Geleit oder
in der letzten Strojdie (VÎ 34) seinen Namen anznbrin(;en. Ein Bertrán, der
hier im (Teleile angeredet wird, kommt sonst bei A. I). nicht vor, wohl aber
hat ihn (iuira\it de Horneil: li dui Bertrán Çtx.i\i^ \(i, Allerdin^ macht
('.mello auf mögliche Beziehungen zwischen Bertrán de Born und A.D. auf-
merksam tS. 3K anderseits aber hat er selbst eine autVallende Übereinstimmung
im (ieleilf niit einem Licde Guiraul s tiìr. 242. 4<)) hervnr^hobcn. Man winl
daher be^sov iluin. »la^ Lied bei A.D. zu sireichen und im Gr. nach 242.42
ein/ureihen.
V. 4 ««ch reibt * . ,■/ t-utretim, A hat eu lent ricini, Y en ìantrecim\ es
ist kein (ìrund vi^rhandcn, das in beiilen INs. Überlieferle en /* in r/ zu ver-
wandeln.
5. AuiVallcnil isi. dafs beide INs, nicht clar^ sondern cìcr (A f//>r) haben
i(\nullo gioln nur r.VíV an. hat D wirklich rlar?). Da die Form im Reime
bellici 1*^1. bei Bern.îri vimi Veniailorn </",—, z-,/ : elent etc. Gr. 70, 3) so ist sie
nicht .^Ivie weiteres .11 voiwerfen. wenngleich sie wie auf franzoMSchem Ein-
liiiÑ beiulitnd .iU sticht.
ÌO. In .Irin : von A.»/;: da* zu :\'.',- gehörige frflexîve s zu when, wie
t '.mello in lîvi Annurkiin;^ tüi möglich hält, gehl nicht an, da dies nicht in
V. I li.mv'i \\\ i-i' .\n;:. lehnt wiid. ,-\us »lie-em Grunde trage ich auch Be-
ienUt n ,* • ' ;. .- .'. ■/?. 33 .d- tichiig anzuerkennen. Denn die in
lìti A:;mìi Tkr.:;:^ .íí-.^i lull ili ií .'limliihen KälK- «»o harter Knklíscn haben doch
CANELLO, LA VITA E ÌM OPERE DEL TKOV. ARNALDO DANIELLO. 59 I
nicht ohne weiteres für jeden Dichter GeUnnfj und sind überhaupt so selten,
dafs sie in den Text einzuführen bedenklich ist.
V. 13 (ioas zweisilbig gebraucht ist nicht ein Archaismus, sondern ent-
spricht durchaus dem Gebrauche der guten Zeit.
19. Das von (fanello gesetzte esclembla ist allerdings sinnreich aus dem
Italienischen begründet; da jedoch escletnba in D»» ebenso gut ein Schreifehler
für t'scembla sein kann und auf diese Lesart auch A {ceiembfa = rcsenibia,
s und /, c und e vei lesen) zurückzugehen scheint, so bleibe ich bei escembia,
welches ich = *exinvo]are nehme; sc wie in escemir (= eximere), das das
(tIoss. occ. hat.
23 hat auch D tnons^a. In V. 27 ist o auf V. 25 zu be7Íehen: 'sie be-
nimmt mir das Leben ohne sie'.
30. Mit na weifs ich nichts anzufangen; die Personifikation der Mes-
volitila wäre wohl statthaft, aber das beigesetzte devisa als 'stessa, in per-
sona' zu erklären geht nicht wohl an. Es mufs daher wohl mit D gelesen
werden sa devisa, auf yíwc/' bezüglich ; als Object \çm falsar. In der letzten
Zeile behalte ich m^en posea bei, w' ist in medialem Sinne zu nehmen; D
hat poscovi, aus dem schliefsendcn /// nehme ich die zu ergänzende Silbe und
schreibe m'en posea neis falsar un fil.
35 Po ist wohl nicht richtig: wenn es bedeutete 'es ihm*, so würde A
dem üblichen provenzalischen Gebrauche gemäfs geschrieben haben loi, es ist
also lo 'es' zu schreiben oder o mit D, denn man kann sillo in A trennen
sill 0 (D hat seil 0), und man trennt vielleicht besser so, da die Handsidirift
die Mouillierung im Auslaut meist durch /// bezeichnet.
37 hat A (jand el, nicht qan del, also eine unrichtige Wortabteilung
und demgemäfs Auffassung, die Wiener Abschrift von D hat cane del, was,
wenn es wirklich so in der Handschrift steht, anzugeben war.
39 sol"] die Angaben von Canello weichen ab bei den T^sarten und in
»len Anmerkungen. Dort wird als Lesart von D« angegeben sei, hier sol
( — ■■ A); nach meiner ('oUation der Wiener Abschrift ist sol die Lesart von
D«. Dies in el /u verändern ist kein Grund vorhanden; ich übersetze 'wenn
«lie Liebe ihm das Auge ausreifst, so dulde und folge er mit demütigem
llcr/eii, wenn sie (die Liebe) nur es ihm dann salbt'.
40 hat D nach der Wiener Abschrift sifre e se^-^ua. Dies scheint mir
darauf hinzudeuten, <lafs von den beiden a, welche hier als elidierbar in Be-
tracht kommen (sofra -- sei^'-ua) das erstere zu elidieren, also snfr^ e seç-a zu
schreiben ist. Dies stimmt auch besser zum Khvthmus, denn wenn auch der
sieben- oder achisilbige Vers keine feste ('äsur hat, so fallt, falls eine vor-
handen, dieselbe meist nach der dritten oder vierten Silbe, hier also ist tier
Hiatus am wenigsten störend. Canello schreibt sofra e sega, ohne eine Ab-
weichung von D an/.uge]>en, und läfst somit unentschieden, welches a zu eli-
dieren sei.
47 halte ich die Lesart von D» für die richtigere; loigna in A ist Lese-
fehler für ioigna 'jungat': 'denn nicht will ich, dafs Scherz mit Schande und
Tadel mit Khre sich verbinde', joigner intransitiv gebraucht kommt öfter
vor. Daher ist ;iuch bla^tne<i in D" richtig, wenngleich die Hinzufügung des
Artikels nicht richtig ist. Wäre i^abs Acc. ])lur., nicht, wie ich es nehme.
5g 2 RECENSIÓN EN Í^Nl) ANZEIGExN. R. BARTSCH,
Nom. sinj^., dann wünlc ilio Inconj^iucn/. nutìallcn, tier Dichter halte tlann
wohl i^ap ^^CM'hrit'hcn.
Lied V. 2 fiä ist si)ra('hlicli unrichtig: t'ii Io kann nur ei ^eben. In
V. 4 haben nach meinen Aiil/eichnungcn sowohl E als a nicht latiwi, sondern
tiuzel. Die richti^^e Le>art hat sich also in a erhalten, ranas - auzel ohne
ArtiUel; K sctzlc den Artikel und vorletzte dadurch das Metrum. Auch
vertlicnit l-'-iwähnunj,', tiafs a statt hose liest boi.
\. Die Änderung; von (anello scheint mir nicht richtijj. denn sie sel/t
die (!äsur nacii der sechsten Silbe voraus. wa.> bei A. D. keine Analogie hat,
wenn sie auch zuweilen vorkonmil. ich ^jlaube vielmehr, dafs a mit fior das
richtige bewahrt liat. Kntweder ist ein Verbum fiorar anzunehmen {ßoratz
hat das Gloss. (Hc. ohne Beleg, aufserdem kommt es bei Arnaut Vidal vor)
oder von fiorir, eine nicht inchoativische Bildung, da bekanntlich bei Verben
auf ir beide I*'ormen (reine und gemischte Conjugation) mehrfach vorkommen.
U hat K nicht rft^iiia, wie Mahn druckt, >ondern entweder ist rt'r.\itia
oder, was wahrscheinlicher, rci^sida. also die ganz richtige Form, zu lesen.
~. Hat K wirklich autrr ji^t-n': Ich las aufra ¿i^en , mit einem Keim-
punkte dahinter, wie auch in iler vorhergehenden Zeile nach .;'t'//. worin tier
Schreiber otïenluir Reimworte gesehen, und da«, war lier Grund, weswegen er
••rii statt irrn.-^ hier schrieb.
() las ich in a st'/.'-tfra/t. nicht scji^^urai: 1 1 hat E nicht ca-pors (Mahn),
sondern capdes, also die häutige Verlauschung von s und /. Hat Z. 12 a
wirklich fnior't ich las paor. V. 14 hat K nach meiner Lesung /»//, nicht /fi/.
wie Mahn hat. Da von der Lesung iai mithin auszugehen ist {¡ai fehlt in a),
so ist von tier Krkläiung, die (anelh) in der Anmerkung giebt, abzusehen.
In per <;ehe ich einen allen Lesefehler Vxlx pren: lai pre» estar * nimmt dort
Wohnung*. Da p un<l / oft in Handschriften verwechselt werden, so ist eine
Knistellung von prett in per wohl möglich.
17 liest K nicht e.sfrui^, sondern estuj^ mit übergeschriebenem 1/, der
Schreiber geriet also in das Keimwort von 15, besserte aber den Fehler.
20. Hat a enfili a: ich las e\iit/a, und die Vorlage von a hatte in jedem
i''alle so. Ich nehme Merces ebenfalls ])er.sönlicii, wie Awors; denn dafs ein
antleres Wc-^en hier angeredet wird , ist aus dem e vos der vorhergehenden
Zeile wahrscheinlich: auch liie iïorm mereeò weist darauf hin, man würde
sonst merce erwaiten.
24 hat a liir, nicht liij^^. In V. 25 ist die Angabc der Lesarten von E
bei Mahn um! ("anello nicht genau: M hat w\i¿\\l mentirs espei, sonatiti /uertfir
sespei. Da nun a meníirs .sespt'ì hat, so emi)längt ilurch E diese Lesart eine Be-
stätigung, und demgemäfs ist mentirs s*espel zu schreiben. Vgl. Candios Anm.
2.S las icli in a sel soi, nicht eei soía. V. 38 sind die Lesarten von E
unrichtig nach Mahn angegel)cn : K hat richtig sis nan (s= a), aufserdem nicht
pie/... sondern vielleicht piei... wenn nicht etwa prêt., /.u lesen ist.
Lied VI. Auch hirr sind mehrere auf dem Abdrucke bei Mahn be-
ruhende L-nrichligkeiien in den Lesarten zu bemerken. 5 hat E guieu, nicht
quien. () ist in (" ausgelassen, tlic Punkte im Abdruck bei Mahn konnten
allerdings, da sie bei E das weggeschnittene bezeichnen, zu dem Irrtum ver-
anlassen, tlafs sie hier «lie gleiche Betleutung haben. 14 hat K f//ii7/fiiw, nicht
nai//,i}i. 17 liest (! (]uel>ui.\. nicht quelaiis. 2») hat E senher.
CANELLO, LA VTl'A E LE OPERE DEL TROV. ARNALDO DANIELLO. 593
In der Schreibung; schliefst sich Canello hier im j^anzen an E an, aber
mit mehrfachem Schwanken: V. 5 haben beide Handschriften quWeu, Canello
«ichreibt qu'^u, dage^jcn V. 7 etc. qii'ifu. 14 hat E d'ai, C. mit C qu^ai.
20 K soi, C. mit C sui. 21 K carte, C. qu'ami C hsLt qui^u. 26 haben beide
Handschriften puec\ da in anderen Fällen ue beibehalten ist (z. B. in Hueimais
29 etc.), so fragt man sich, warum hier o gesetzt wurde. In der Anm. sagt
der Herausgeber, er habe es der Gleichmäfsigkeit der Reime dol, vol etc.
wegen gethan. Allein puec ist hier I.Person, nicht 3., yi2S dol, z/a/ etc. sind.
äuei, vuel lautet diese niemals, die Diphthongierung ue ist dagegen in der
I . Person in jüngeren Handschriften ganz üblich ; Jue/h, vuelh schreiben z. B.
CR immer. Und wenn einmal die Gleichmäfsigkeit bei der Schreibung in
Betracht kam, so mufste sie in ganz anderem Mafse einwirken. 26 defamar
nìit ; haben beide Handschriften, fanello s. 27 E cela, C selha, CaDello
schreibt celha, aber talk, wie C hat, giebt er wieder durch toi s» E. Richtig
war beiiiemal cela und toi. 28 anz hat keine Hand.schrift, beide haben ans,
32 cofti hat K, Canello mit C schreibt cuvi. 34 bella hat E (nach Mahns
Abdruck auch C, was aber unrichtig, C hat bela), Canello bela,
V. 12 schreibt Canello statt des fehlerhaften quautre he {pen) CE quei
autre bes und übersetzt dies S. 125 'nessuna sua opera*. Ich glaube nicht,
d;if«i dies richtig aufgefafst ist, vielmehr wird zu lesen sein qu* antra res be
noi podia »y? Av/r 'nichts anderes (als Gnade) konnte mit Fug ihn retten'. Der
Ausfall einer der beiden Silben ra res konnte in der Vorlage von CE, die
durcli ihre Lesarten auf eine (Quelle weisen, leicht stattfinden, namentlich
wenn etwa autra re be überliefert war.
16. Die Lesung s'o statt so hatte ich. noch ehe ich Canellos Anm. las,
vorgezogen und fmde sie durch (^habaneaus Bemerkung bestätigt, der auch
mit Recht pnas in der Bedeutung 'aber', nicht 'da', nimmt und zugleich dit
Vermutung mal ausspricht.
33 macht die T^sart von C, nicht die von E, welche Handschrift über-
haupt in diesem (ietlichte die besseren Lesarten hat, den Eindruck einer will-
kürlichen Änderung, laus aus K konnte ein Schreiber für eine Dittographie
halteu, während es thatsächlich = /// tos aus ist, und dadurch veranlafst
werden ieu einzuschieben. Dafs in der folgenden Zeile cort nicht ' Hof be-
deuten könne, sehe ich nicht ein: 'nehmt in (euren) Hof auf kann von einer
vornehmen Dauie, die einen Liebenden zu Gnaden aufnehmen .soll, wohl ge-
sagt werden: eine Form cort (corde) für cor 'Herz' scheint mir sehr bedenk-
licli zu sein.
Lied VII. 2. Hat G wirklich tor} ich las toz, r und s sehen bekannt-
lich in Hianchen Handschriften einander sehr ähnlich. — 3 hat Y^ emfai tnirar,
imd mirar hat auch D, wo aber nach meiner Collation nicht efn fai, sondern
e J'ai steht. Man sieht die allmälige Entstellung aus dem Schreibfehler in D
zur Lesart in K. — 5 hat R que ben, was freilich nicht richtig, aber doch
ebenso gut anzuführen war wie nos rr= nos in c Z. 4. — 8 hat D, wenigstens
die Wiener Abschrift, per quem. — 1 1 hat R mescarida. — 12 las ich in I
wenigstens Un, nicht leu, un<l wahrscheinlich ist dies auch nach der Ver-
wan<lischaft mit den anderen Handschriften; es ist nur verlesene Initiale (für
Ben). J) hat übrigens nach meiner Collation der Wiener Abschrift Eu (=s= E),
nicht Sit, wie Canello angiebt. - 13 hat N nicht tetnens, sondern temers,
ZelticUr. f. roiu. Plill. VII. jJJ
5()4 KKCKNSIONKN UND AN/EIGKN. K. BARTSCH,
14. Ich halte plain^i^, wie A urn! fünf andere Handschriften haben, fur
die richtifje I-esart. TMe Zunge ist dem Her/en entijegengestellt; (lie«ie>
schmachtet, aber beklaj^t sich nicht (V. 16). die Zunge klagt, obgleich auch
^i»• wenig sagt (V. 12).
15. Der Lesart von A vor ¡;(en aller anderen Handschriften (nur R hat
f />//) den Vorzug zu geben scheint mir kein Grund vorhanden.
17. Hill (' wirklich a randa': Xach meiner Collation fehlt a in ('.
18. Hat c et fa': ich las terra-, vielleicht abgekürzt r geschrieben ?
24 hat I) ausgeschrieben ;//)/;/. nicht //(". dagegen hiit uon noch fj, w;ih-
cnd (ic nich nom. sondern ///" haben, was also nom wie 7wn bedeuten kann.
25 mi dot haben auch GO, nicht men dot.
27 que hilt auch R , und , nach meiner Collation der Wiener Ab.
Schrift, D.
20 las ich in IK nicht man. sondern nan. wie auch N* hat; elienso
nicht huoit/, sondern mc'iíí. In der folgemlen Zeile hat D quim {=r. K). A
ilagegen cum. fem statt ten hat auch X.
37 las ich in der Abschrift von D Cadorna, »loch kann sein, ilafs die
Handschrift tadorna hat.
39 ein in DE etc. weist auf eum. wie yem (nicht i>///) in R auf t>um,
unii eum wird daher zu schreiben sein.
46. Ich halte afi für die richtige T,esart, weil eher wahrscheinlich i^t,
dufs Schreiber an dem zweimaligen at? An.stofs nahmen al« umgekehrt.
4q. Nach meiner Abschrift hat (' quenquera» nicht t]uenqurran\ ferner
G fügt ein s bei, also qanqera'. Die Lesart sint haben auch GO tinti N:
wahrscheinlich ist sie die echte, sint als i. Person verhält sich zu sent wie
ri HC, tinc zu veno, tene.
^ I hat G nicht ne, sondern lies // sp<inda ; li ist aber Abkürzung für
HO oder non. In der folgenden Zeile haben. IK (auch N*.') nicht ttmen, si»n-
dfMii souen, also = A DK etc.
54 hat D nach meiner Lesung der Wiener Abschrift ^w^(=^E^, nicht ^MfW.
57 las ich in (' nicht ni a^s^ra, sondern maf^ra, was auch allein ilem
Metrum entspricht. (" uiihm oflcnbar an der Form fes Anstofs und setzte
<laiur die gewöhnliche /ì's^j. daher mufste pius gestrichen wenlen; durch ni
aifra wäre dies nicht erreicht worden. O hat nicht sen, sondern s7\ was
auch in sem aufgelöst werden kann.
50 auch N (= D) hat lir. Die Lesart von R os (= o) ist unverstand-
li ("h. K liest mostr atorna, also ein olVenbarer Schreibfehler fur mo trastorma.
Dagegen wäre vielleicht noch zu bemerken gewesen, dafs TK lesen tratortia,
60 las ich in D nicht maliama, sondern mi /tama.
62. Statt noilt haben IKR uo/, und dafs wirklich so, weniffstens in R,
is gemeint ist. ergiebt sich aus dem Reimpunkte nach rot, wodurch ein Reim
auf 7'o/ (Z. 60) hergestellt werden soll. In der fcdgcndcn Zeile hat nicht E,
sondern C mas {r= \) für ans.
Lied VIH. 2 habe ich in D nicht gefunden, dafs ii ram fehlt, sondern
I) hat et rams; ferner hat X et rans. nicht e/s rans. ('anello schreibt mit
A // ram ei! rene. Allein er >ieht sich dadurch genötigt für ntnc eine Be-
driilung an/unehmen, die nicht nachzuweisen ist. nämlich 'Hecke*. Vielmehr
i',t mit «h'n anderen Hand-achriften zu schreiben eis rams it retici e« ist
L
CANKl.LO, LA VITA E LE OPERE DEL TKOV. ARNALDO DANIELLO. 595
konstruieren // rene df jlors 'die Reihen von Blüten' t'is rams 'an de«
Zweii^en'. Ein (TCgensatz von atitet e bas, auf den sich ram und rene be-
zöge, ist nicht vorhanden, sonclern nutet e bas bedeutet 'auf der Höhe und
im Thal'.
II ist, wie ich <;laube, besser mit dem fol<;enden zu verbinden: 'durch
ihre Erkenntnis kam mir Kreude'. In der folgenden Zeile hat auch D, nach
meiner Collation, anei, und nach tier t'^bereinstimmung in naui der folgenden
Zeile ist dies auch wahrscheinlich.
lO. Die Lesart em K, eu X'-' {gehört zu V. 15; übrijjens hat auch 1 em
(oder ist K für I verdruckt?); ferner hat in \i^ nicht nur A, sondern die
meisten Handschriften ferms\ ich habe mir nur von D ausdrücklich die Les-
art f refus an<jemerkl. Die Anmerkung sagt, <lafs alle Handschriften ferms
liât ten. was wieder nicht richtig.
19. Ich glaube nicht, dafs durch die I^esart c'ara s A, die Canello auf-
nimmt, der tiefer liegende Fehler gehoben ist; vielmehr wird car die richtij^e
Lesart sein. Es ist nicht genau, wenn Canello als Lesart von DHIKNN'*
ungiebt '//', sie schreiben sämtlich car. wonach gar nicht sicher, dafs sie dies
als i\ir auflfafsten. Wäre dies, dann wäre doch wohl ara auch von anderen
Handschriften gesetzt worden; ich denke vielmehr car mi acoiils wird die
ufiprüngliche Lesart sein, nii wurde wie üblich vor folgendem Vokal elidiert
und so entstand die falsche Lesart fn\icoi//s. Die Lesart von E ist auch nicht
richtig angegeben, nach ('anello hat es den Anschein, als wenn amors in
K fehlte.
23 hat T pel sus. woraus sich auch die falsche Lesart Jte/ ins in H
erklärt.
26. Die Angabe <ler Lesart von A ist «lurchaus unverständlich , ja un-
richtig, pusteìlaiì ist pustella-lh (Dat. sing, vom I'ron.) 'eine Eiterblatter ihm
auf seine Wange'. Auch die anderen Handschriften haben getrennt pusteila
ien (D ^eu), auch C weist auf die Lesart pustela en (— ^ E). Dafs (gleichwohl
die vi)n Canello hergestellte Lesart die richtige ist, bestreite ich keineswegs.
3X ist die Lesart von IK unrichtig angegeben : IK (wenigstens I) haben
///, nicht //. aufserdem frene, nicht tene. Ebenso hat D trenc, nicht tene.
Ks stehen mithin il\ mit der Lesart tene allen anderen Han<lschriften gegen-
über, und trene wird daher wohl das richtige sein. Denn es ist an sich auf-
fallig. dafs A. I). den Keim trenc sollte übergangen haben, während tene in
refere \, 46 schon verwan<lt ist. Ich lese daher tnas ab jauzir celat lo trenc.
4u. Iwms hat nicht nur H, sondern auch D. Die Lesart von E ist
wieder unverständlich ; ill steht verlesen für XÍ.. wie DHTK schreiben, C hat
das Wort ausgelassen, was Canello hier durch i*unkte statt f bezeichnet.
42. Auch 1 hat en sus. In der nächsten Zeile steht A mit totz allein,
e-. ist daher wahrscheinlich erst ein Zusatz, imi den zu kurzen Vers zu ver-
längern. Nach meiner Ansicht liegt hier ein alter, atif die gemeinsame Vor-
l;4ge aller Handsihviftcn zurückgehender, aber leicht erklärliches Fehler vor:
es hicfv tih sf sems, dafür wurde //// sems geschrieben, A machte willkürlich
daraus tot ^ essetns. sems ist zwar ebenso wenig belegt wie absems, doch
düiikr CS mieli wahrscheinlicher als die Bildung absems.
Lied IX. Ich hatte die.> Lie<l in meine ('hrestomathie aufgenommen in
der richtigen Zusanmicnfussung der kürzten Verse durch Binnenreime, als sieben-
38*
5«)Ö RECKNSIONKN TNI) ANVKIfiKN. V, URIîRKCHI',
(nicht, wie (Janello an«,nel)t, als aclit-) zeilijje Strophe. Schon der Umstand,
(lafs (He Handschriften in «îer Sct/unj» der den Versschlufs bezeichnenden
Punkte von einander abweichen, miifste darauf führen, ilafs hier innere Reime
an/.unehmcn sind. Dazu kommt die (ileichhcit des Strophenbaues mit LiedXITI;
der Unterschied besteht (von <lcr Melodie abgesehen, über die wir kein ITrtcil
haben) eben nur darin, dafs in TX innere Keime sind, in XIII nur Endreime.
In der Darstellung von (fanello zeigt sich IX als ein rhythmisch durchaus
ungefüges und regelloses (.ipus in Bezug auf Strophenbau, in der meinigen
als ein kunstvolles Gebäude von einfacher Stilistik, aber mit reichem Schmuck
innerer Reime.
V. 4 ist die Lesart nicht richtig angegeben ; R hat espHssat^ so wenig-
stens las ich, iiuch fueih. nicht fuelhs. In Z. 5 hat R auch et (= DN).
Z. 14 hat R aman, also eine wirkliche l^sart, da es anders aufgefafst ist.
N hat in Z. 17 nicht sil, sondern .v/.f (= sil.^}). So verführerisch es auch ist.
.v//.v mit IKRN*^ zu schreiben, so erblicke ich doch in dieser Lesart eben nur
einen Änderungsversuch, asotnar ist in intransitiver Bedeutung zu nehmen.
Bei V. 19 hätte die Glosse von H prima . i . subti/is erwíihnt werden
können. In der folgenden Zeile hat N titr sir, also r= CD.
24 ist bei (' durch Punkte bezeichnet: warum nicht durch ein Kreuz.
da diese Worte doch in C fehlen : 25 hat N Sffst luç = DH.
In 29 nehme ich deportz und Toiers beide als Subjekte zu M*es, es ist
die bekannte Konstruktion ro/) xnivttv. bos motz ist Objekt von adauur.
34 hat R sotna, nicht coma, wie die anderen.
36. ben vengutz wird als richtige Lesart schon dadurch widerlegt, »lafs
es nur in CV, also z.B. nicht in U, das sonst ganz genau mit V stimmt, sich
lindct. Auch würde schwerlich sui ben veti^^ufz que — so verstanden werden
können, wie Canello übersetzt 'io son venuto (a tale) che' — .
39 hat R tat desf, nicht tats tiest» wie man nach f^anellos Lesart an-
nehmen mufs. 45 hat X fenrs, nicht femrs. Bei 46 stehen für die I^sart
von (' Punkte, ebenso 47, aber (1 hat ja tne fai suß'rir mafüis vers, 49 halie
ich wenigstens in I bais, nicht bas gelesen. 55 hat H sii, nicht si, 56 hat
( ' itt't qutxx, nicht dets quecx. 59 hat D for, nicht fort, so dafs also R mit
fort {UW fortz) allein steht. Daher ist /i>r sicher die richtige Lesart, es ist
Gegensatz zu dedins.
i)5 ist nicht angegeben, dafs die Worte queill prec in R fehlen. Ferner
hat 1) ¿n-ei, dagegen hat K nicht ¿^rei. sondern brry; es scheint hier eine
Verwechslung der beiden Handschriften vorgelegen zu haben. Das gleiche
ist vielleicht bei 66 der Kall, hier hat wenigstens N sicher caichon, was als
Lesart von D angegeben ist. h'erner haben auch IK tem (= UV) für ten,
70 ist nicht angemerkt, dafs H liest b totz aips d.h. cara'b (ab)\ N hat
iiirah d. h. cara, aber die Vorlage von N hat sicher cara ab oder cantò ge-
habt. Das Hinüberziehen über den inneren Reim ist etwas häufiges, und
gerade das ist ein weiterer Beweis, dafs wir es in unserm Liede mit inneren
Reimen zu thun haben. Die Streichung von ab ist dadurch veranlafst, dafs
von den Schreibern der Reim nicht als innerer angesehen wurde, wodurch
dann allerdings die zweite Hälfte eine Silbe zu viel bekam.
7O hat X nicht bruit z, somlern brutz. 81 hat I nicht fWr.f, ich wenig-
stens la»; f///f'/ ».
HALLEK, ALTSl'ANISCHE SPRICHWÖRTER ETC. 597
Hei 85 hätte die wichtige Glosse von H erwähnt werden sollen, die
wenigstens bezeugt, wie ein nicht viel späterer die Stelle auffafste: doma rs
US fnons fort autz on es sohimen una maissos domes spiritals fo^tz.
87 hat I nicht Cane, sondern dins. 90 hat R, wenigstens nach meiner
Collation, nicht car uer, sondern ca uer. 92 hat V car lai es, nicht wie U
cai lai el. Ich sehe keinen Grund das chai {cai) der meisten und besten
Handschriften in sai zu verändern: 'denn Ruhm sinkt trocken (oder blind)
dahin, dort (bei dem Könige) ist er verdoppelt'.
08 hat I nicht decs, sondern ders. loo hat Canello bei der Lesart von
N ein Fragezeichen gesetzt; N hat/<7/;r für iorn. loi hätte angegeben werden
^ollen, dafs UV haben /// 7'ol guesir, weil daraus die falsche Lesart no vol
:ruerir in R sich erklärt. In 107 hat C ses, nicht ser. 108 abir hat nicht
nur Fi, sondern auch DN.
Raum und Zeit gestatten mir nicht auch die zweite Hälfte der Gedichte
in gleiclier Weise durchzugehen. Ich kcmime bei der Ausarbeitung des Textes
für meine Gesamtausgabc der Troubadors auf Canellos fleifsige und verdienst-
liche Arbeil zurück, und kann mir nur viele solche Vorarbeiten wünschen
wie diese.
K. T^ARTSCH.
Haller, Joseph, A Its panisch e Sprichwörter und sprichwörtliche
Redensarten aus ilen Zeiten vor Cervantes, ins Deutsche über-
setzt, in spanischer und deutscher Sprache erörtert, und verglichen mit
den entsprechenden der alten (rriechen und Römer, der Lateiner der späteren
Zeiten . der sämmtlichen germanischen und romanischen Völker und einer
Anzahl der Basken, emllich mit sachlichen, sprachlichen, geschichtlichen,
litterarhistorischen, l)iographischen , geographischen und topographischen
Krläuterungen versehen, nebst Vorwort, Einleitung, Index und einem kleinen
Anhang. Erster Teil. Regensburg. Im .Selbstverlage des Verfassers und
in Commission der G. J. Manz'schen Buchhandlung 1883. XXXII und
652 Seiten (Juart.
Wir hal)en es hier mil einer sehr gewirjsenhaften, mit grofser Liebe und
Austlauer gehandhabten Arbeit zu thun, an welcher sich zwar mancherlei,
nacli dem jemaligen Geschmack derer, die es gebrauchen, auszusetzen findet,
die t!s jetioch jedenfalls vervlient, sie ebenso gewissenhaft zu beurteilen, zuvor
aber sich mit derselben bekannt zu machen. Allerdings keine kleine Aufgabe!
Man bedenke, fast 700 Ouartseitcn ! Und es genügt nicht, blos den spanischen
oder ilen deutschen (einander gegenüber gedruckten Teil) ins Auge zu fassen,
^ondern, um gereclu zu sein, müssen beide beachtet und oft verglichen werden.
Keine kleine Aufgabe !
I'm dem Verf. gerecht zu werden, wollen wir zuvörderst „Vorwort und
Kinleilung" nicht bei Seite liegen lassen, sondern sehen, was er uns milzu-
icilen hat. Wir ersehen, tiafs das „jetzt aufserordentlich selten gewordene
Buch*' des Mosen l'edro Valles, welches 1549 zu Saragossa mit dem Titel
,, Libro de Refranes" herauskam und worüber der zweite Teil des vorliegenden
Werkes, ,,der die Lilteraiur der Sprichwörter der romanischen und germanischen
598 RECKNSIONKN UND ANZKIGEN. F. LÎEBRECIÏT,
Sprachen l>rin4jcn wird", ilic <ìiiiinlla|^c von llallcr.s Aihoil bildet, von welcher
/.unächsl nur (.-in Teil vorlitj^i; lUnn, wie er bemerkt, „das alphabctÌM:h ;;e-
ortlneU" ' I.ibro de Refranes' enlliält nämlich K^ck) s))anischc Sprich würtcr.
tlas meini;;c nur die unter dem Huchstaben A mitì^eteilten 555 an der Zahl. . .
Aber mit Hinzufiij;un;,' der /alilreichen Synonymen und dor cnlsprcchendcii
Sprich\V()rtev in den vielen .indern Sprachen, werden es viele Tausende. Zu-
dem bildet meine Arbeit ein in sich abj^e^jchlossenes Gan/.es, da.s sehr wol
für >ich bestehen kann, auch wenn keine Fortset/unjj des Werko folgen
<>ulUe**. Der Verf. >ieht nämlich bereits in-. 73. Lebensjahre, /.war frisch und
rüstig, jedoch „jeder laj^ kann eine unerwartete Anderunjj brinjjen". — Dci
Verf. spricht dann von den Sprichwíirtern im Alljjenieinen , von Kntstchun;:
und Ouellen der Sprich wínter, von der \Vichti;;keit und Bedeutung!, míxiic
M«n der Schwierijjkeit ilc^ Verständnisses derselben, vtm <ler iicncM'* und
Ausai beilun;; seines Buches, von »lessen Zweck, von den L'bcrscl/unjîen und
cmilich von den Mundarten. Aus allen »iieson Mitteilungen ist vieles /u er-
sehen und /u lernen und wei Lust und Lielx* /.um Sprichwiirterstutliuin liat.
winl dem Verf. sicherlich jjrofsen f^enk /.ollen für die Menj^e von lJin;;en.
die ihm in dieser Kinleitunj,' und mehr noch in dem Werke selbst cntj;e;:cn-
trt'ten. Wenn /u eiw arten stünde, d.^f»« da^-^elbe einer ;^rofsen Verbreitung
thrilhafi würde. <o liefse -sich alUrdinj;« der (irundsat/ »les Verf. „superflua
n»»n nocent" mit hinnehmeii . auch in Be/u;; auf »lie Í*l>crsetzuní;en. wtirübti
rr bemerkt: .,L'm mein Buch allen Klassit-n vnn Lesern /u;;än};lich und vrr-
<>tändlich /.u machen, hab».* ich e^ lur unerliifsltch gehalten. Alles, was in ileni-
-»clben in einei frennliii Spracht vurkijnnnt . auch in mri;^dichsi wortj;etrcuei
deutscher Í'ber«<el/unj; mit/uieileii". und allenliniijj'i sind von «len aU;»riechischen
^piichw»irtevn trotz Leutsch unii Schnei^lewins Coipuo nur sehr wcniüe /.ur
Kenntnis des :^r(>rven rid)likmns ;^t.-k«immen . uml Heller hat sich »lurch •li''
teilweise Mitteilunj; un»l l'beisei/un;: deiselben ^ewif- ;;r«if!*fs Verdienst er-
Wiuben. In wit\iel Hän«le wir.l aber seine Arbvii :;ila!»;^'en .' wie viele werden
^ich diesen ;i:r»»fsfn. ^larken ijuanband an^challen: war v«mi demselben nicht
numches, y\ M^^^ar xiele*« wr;,'^ida>«»en r I)ie Kcniitni^ de^ vier otler t'üntlausen»!
I.dirr allen, in KeiNcliiifi uns überlittertei» .dt babylonischen Sprichwoif'
*^. IX ..l>u i^iiiiist. 'In ìiahrjì^i da- I'eld di-" Feinde-: c- ;;in|i;. es nahm drin
l-cld «lei Feind**: rni-jiu-vtu-n.i dem Deui-chcr- ..wit- du mir. so ich dir**i ist
w.u .dleidiu;;- an/ichvnd: i-i liv- aiici .luck die A'.if/Iihlun;; der in Ucut^i*!!-
laiui, l'ianknich un.l Kii^lan.i ;eî *. Irbenìen n.\upi\<.rtreter der Ass) río1oi;ie.
wiiiij^Niin'. füi dip. .11 suh WA: Sj li^hw.'.neikurdc beschaftij;!.' Der Verf.
w.i'.lu- timcii -cii: !ì:.v ii ■ v.:ci'. lí«.'ili;i;; "îr..: Maie!!..l liefern zur Culiur-
^»-ciiicliu. ui iÑ.\nv.*;;;- x."*: X.i'.u* lird f n.itakter dei verschifilenen
N..;io"'er.. vUi >;m:'ai v>^^ «."toi u : »^ -»K uïiterh.illeii und belehren /u;;lcicb.
l; . Li.vi Mil:;. .;;»i* ■ ;.■ - wlì: »:ù-c rr.îtrii.iTiiic.^- un.ì Belehrun;: mil <len
^i'tv ■•\\,»i;.ir- ::• \'- 1 "m- ."•.i-:^ -■.•.':: ■.:.'>.. < -i-i 'v.'aIh- -ias xorlie^endc Werk
r;«'. I vv\vu»ì>...;'.v \\v:..i ;--;•■. u \;. .- .i-.:.i-. c'.r.jn Anlaut nimmt. Gleich
^ ; ill .Vîî'i.viivi: .; .1 . ■ .»•"./. 1 -.t::". c.':r"i\. ur.^eh'"»ii«; wie die auf S. S
•■.■ î; Tx 1 '..:;. ■•> :. livi". .'. . > \' ..•.::. i.i« ^ciií-rt in die Mythulüp«
■■.■î^l v.^:i V..'.-. .- . :v Iv'.vlii.-.j: . .-.v. .t ..v -■.-.. ■:: wirien: und gleiches oder
.!•.;■.'•..!•■.«. l.;i-' -'v ■ ';"^;'i -, ■. -/; ■ \-c*i Ar;v.< íÍLu:'¿:i n <a};en: î«o nanienüich
•<^: '■ ^ .';. •.'■-,:.■ \\ : ";.— : w.i- =ai.ir ru wì^m'U. dafs <ia5 Slätll-
HALLER, ALTSPANISCHE SPRICHWÖRTER ETC. 599
chen Cucllar in der Provins Scí^'ovia zwei Casinos besitzt (la Castellana und
el Circulo de la Amistad) so wie eine Briefpostexpedition, und Sitz eine.s
Kichtcis erster Instanz ist? (S. 40) ; dafs der Flecken Cantimpalo 5 jjröfsere
und 2 kleinere Gassen besitzt u. s. w.? (S. 358); dafs es in Spanien 4 Dorici
oder (Jrtc Namens Embid giebt und die Pfarrkirche eines derselben auf ihrem
rhurm eine Uhr hat? (S. 494). Die betrelVenden Anmerkungen sind aber bei
weitem län^^er als hier angeführt und so noch zahlreiche andere von ähnlicher
Wichtigkeit. Was soll (S. 409 f.) die endlose Bemerkung aus Pedro Valles,
wo/u lier Verf. beifügt: „Ich habe diese Erläuterung vollständig hier ange-
führt, weil sie Einblicke thun läfst in die sittlichen Zustände und die Ver-
hällnisse des sjianischen Volkes und Landes zu der Zeit, wo sie geschrieben
wurde, also um die Mitte des 16. Jahrhunderts*'. Sie lehrt indefs sehr wenig
oder gar nichts, denn dafs es in jener Zeit Bauernschinder gab wie überall
>o auch in Spanien, ist nichts neues und unbekanntes. Auf S. 65 findet sich
linier den Bemerkungen , wie man in verschiedenen Sprachen den Ausdruck
, .gegen den Strom" bezeichnet, auch folgende Angabe: „Die Basken: góaia
gora ó goaiaz goiti (den Strom hinauf, stromaufwärts). Góaia auch göaya
(bei goaiaz ist das z am Ende nur Artikel, der den Ablativ, das spanische
</c' andeutet) = Strömung, Strom, gora oder goiti = dem latein. supra, oben,
hinauf, aufwärts. Bei «len Basken fügt sich der Artikel am Ende des Sub-
stantivs an, im Genitiv und Ablativ durch ein z, wenn das Substantiv mit
einem Vocal endigt wie hier góaia, durch die Silbe ez, wenn das Substantiv
mit einem Cimsonanten endigt". Wer wird sich für diese Notiz interessieren?
Den, der sich nicht mit Baskisch beschäftigt, gewifs nicht; und wer Baskisch
versteht, wirtl das hier mitgeteilte längst wissen. Gehört wol in dieses Werk
über Sprichwörter die Abhandlung über die Synonyma des altgriech. (Só^a'r
(S. 410) und über die Bedeutung von (i{ttii]'r (S. 562). Und so begegnen wir
einer ül)crgrofsen Anzahl Bemerkungen aller Art, die oft auch lehrreich genug
>irul, die aber durchaus nicht in das vorliegende Werk gehören, dasselbe viel-
mehr überbürden und seiner Verbreitung als CJuartband im höchsten Grade
hinderlich sein werden. Der Hauplzweck des Verf. war allerdings, dem Leser
jede Schwierigkeil aus dem Wege zu räumen und überhaupt so vollständig
wie njnglicli zu sein; ein unerreichbares hleal ! nach welchem zu streben blos
dazu tlicnen win!, selir viel überllüssiges geboten zu haben, wie z.B. auch
lie >oviel Kaum einnehmende l'bersetzung alles (iriechischen ins Lateinische
und Dentedle. Hatte der Verfasser dabei die Absicht seinem Werke auch
finen Weg nacli Spanien zu crölVnen , so zweitle ich sehr, ob ihm dies ge-
lingen wird un<l ob viele Spanier die deutsche l'bcrsctzung gern mit in den
Kauf nehmen un<l bezahlen werden; ^cin llau])tpul)likum bleibt doch nur das
deut>che: und dies wird sich, wenn e>. das Original der langen >Iesiodischen
Stelle (S. 53) niclil verstclit, mit iler deutschen l'bersetzung begnügen, die
lateinihche .d)er kaum ansehen, uml so auch wohl die sämtlichen ^nitgeteilten
laleinisclien Í bersetzungen der castilischen Sprichwörter durch Ferdinando de
Benavente. Dabei sehe ich ganz davon ab, dafs jene Stelle aus llesiod cigent-
licli gar nicht in ein Werk über Sprichwörter gehört; aber der Verfasser läfst
sijli heilich oll gellen, giebt nicht selten eine Stellensammlung und verliert
;;anz die Sprichwörter aus den Augen. Was sollen ferner (S. 52) die deutschen
Ridcnsartcn: ,,G(h weiter! — (iehl eures Weges! Dort hat der Zimmer-
600 RECKNSIONKN UND ANZEIGEN. F. LIRBRECHT,
mann das Loch hinaus ;»eniachl". I)a.s >ind keine sprichwörtlichen Kedcn>-
artcn, und so noch oft, wie No. lOi: Pack Dich! Fort mit Dir! Hinwej:!
Zum Henker! No. 280: Xach Wunsch, nach Herzenslust, nach Wunsch un'!
Willen; die spanischen Xo.3if): .1 sobre ptynt\ obenhin, oberflächlich; No. 31 7:
A pie juntülas u. s. w. u. s. w. — Infolj^c davon dafs der Verfasser sich von
der Fülle seines angesammelten Stoii'es fortreifsen läfst, bringt er oft das hun-
dertste und tausendste zusammen, \va.s, wie es scheint durchaus nicht zusammen-
gehört oder es gehört wenigsten«« ein scharfer Sj)ürsinn «lazu um die Zusammen-
gehörigkeit heraus zu fmden, wovon fast jede Seite Beweise liefert; so z. B.
fmdet man schwer das Verhältni>i des deutschen .Sprichworts: „Gesottenem Fisch
hilft das Wasser nicht** zu dem spanischen: ,,y/ täja casada, salen los yernoò*'.
Was will die griech. Redensart: ,,Kin arabischer Flötenspieler**, zu deren Er-
klärung hinzugefügt wird: „Man sagt, dafs die Araber bei den Nachtwachen
sich einer länglichen Flöte bedient haben; diese Flöte aber sei von einem
dem andern behändigt worden, und so hätten sie beim Wachtfeuer Flöte ge-
blasen, bis es Tag wurde. Zenob. 2,3«), Menandr. 17'*, wie gehört, fragen iRnr.
iliese griechische Redensart /u dem s}>anisclien Sj)richwort : „-i/ rnyn quanto
mas ìe ruegan, mas sc estìendc*': und st> noch oft sehen wir derartiges zu-
sammengebracht, was weiter zu belegen übcrtlüssig wäre, da wir nur auf^
(rcratcwohl hineingreifen. — Dafs >ich bei der Überfülle des Stofles vielfache
Wiederholungen finden, ihirf nicht Wunder nehmen; so findet sich da«; be-
kannte „Donec eris felix etc.'* auf S. 161 und 288; ferner „amicus certUK in
re incerta cernitur'* S. 162 N<í. io und S. i6<) No. 78 und zwar in der nSni-
liehen Sprichwortnumnier 175 „AI que no tiene amigos etc." Das schwc<l.
Sprichwort : „Wer Fleischstücke und Mehlhaufen hat, der bekommt Kumpane"
steht S. I7i,d und S. 173SS. : auf derselben S. 336 steht „medio tutissimas
ibis" zweimal u. s. w. — Warum hat der Verfasser, der iloch soasi längere
Artikel (wie z. 11 Xo. 260 A poco caudal, poca ganancia [S. 295 — Jiol;
\o. 340 Antes caùcça de gafo, tjnc cola de leon [S. 423—443]; No. 450 Aqufi
se hazc mucho derogar, ijue no le plaw virtudes ttbrar [S. 562 — 5^1» No. IJ-î
yU i/uc no tiene amigas , pobre le llaman [S. 150--I94!]) durchaus nicht
scheut, das wirklich /usammengehtirige nicht auch zusammengestellt; so z. B.
ilje Sprichwortnummer 227: „Antc^ cue.z que hiervas (zuvor koche, che Du
»•iedest)'* und No. 336: Aun no asamos, ya empringamos (Noch braten wir
nicht und tauchen schon ein)". Diese Sprichwörter, wenn irgend welche.
nebst ihren Anhängen gehörten zusammen und eine Verweisung des einen
auf das andere hätte genügt. — Auf S. 76 teilt der Verfasser die deutiichen
Sprichwörter mit: „Wenn die Maus satt ist. so schmeckt das Mehl bitter"
und „Wenn die Maus satt ist. so ist da^ Mehl bitter" und die beiden schwe-
dischen: „Wenn die Maus >att ist, schmeckt das Mehl bitter** und „wenn
die Ratte satt ist. ist das Mehl bitter*. War es nun notwendig, diese sich
fast wortgenau entsprcchemlen vier Sprichwörter in ihrer Gesamtheit mit-
zuteilen und, da sich dergleichen unendlich oft wiederholt, das Volumen de^
Bandes anzuschwellen, dadurch auch den l*reis desselben zu steigern? vgl.
S. 84 schwed. i) „Dei Bauui fäll niiht auf den ersten Hieb". 2) Baum fSllt
nicht auf den ersten Hieb*'. Dan. 1) Der Baum fiillt nicht vom ersten Hieb.
2) Der Baum fallt nicht vom ersten Hieb. S. 301 schwed. 18) Frisch gewagt
ist liaU) gewonnen. 10) Rasch gewagt ist halb gewonnen; u. s. w. n. s. w.
HALLER, ALTSPANISCHE SPRICHWÖRTER ETC. 6oi
Ich komme nun /m einigen einzelnen Ausstell uni^en, die bei einem so
umfangreichen Werke nicht Wunder nehmen dürfen, jedoch den Beweis liefern
sollen, dafs ich dasselbe sehr sorgfältig durchgegangen habe, wobei ich aber
nur das eine und andere, nicht alles hervorhebe, was mir aufgestofscn ist.
Zuvörderst will ich erwähnen, dafs der Verfasser selbst oft bemerkt, dafs es
ihm trotz aller angewandter Mühe nicht gelungen, Autklärung über verschie-
dene dunkele Ausdrücke, Redensarten, ganze Sprichwörter u. s. w. zu erlangen,
und dafs wir daher bei dergleichen Mängeln uns in Geduld ergeben müssen;
ihm kann daraus kein V\)rwurf gemacht werden. So z.B. gleich Xo. i:
Aùad y ba/ìestdro : mala pura /os nwros (Abt und Armbrustschütze: Übel
für die Mohren), liifst trot* des langen Commentars, bei dem auch sogar
Pindar herangezogen wird, an der Richtigkeit der gegebenen P>klärung zwíá-
feln. Die Sache mufs sich amiers verhalten. S. ferner No. 94: A la moca
fnala, la campana la llama, a la mala, mala, ni catnpana niñada (die
schlechte Magd ruft <lie (îrlocke, die schlechte [Magd] eine schlechte [Glocke]
nicht einmal eine Kinderschelle. Ko. 331: A quien mal quieras» pleyto le
veas : v a quien mal mal, pleyto y urinal (Wem Du übel willst, sprich vom
Procefs: und wem übel übel [recht übel] vom Procefs und Nachttopf). Mit
der Erklärung „ l 'er d. pleito*' will sagen : Bericht sich erstatten lassen über
vlen Stand des Prozesses, wenn die Parteien mit ihren Advokaten sprechen.
Ks ist eine bei den Gerichten gebräuchliche Redensart (Domingues). Die
Erklärung läfst die Sache so dunkel wie sie war. Was soll hier der „Nacht-
lopf".^ lassen die spanischen Mägde denselben zu einem so aufserordentlichen
nuisance werden.' Das wäre allerdings ein Stück Kulturgeschichte, woran
sich mancherlei Betrachtungen knüpfen licfscn über Stubenmädchen, Haus-
frauen und Reinlichkeit in Spanien. Xo. 272: A quien Dios quiere bien,, la
casa le sähe : y a quien mal, la casa y el hoifar (Wem Gott wohl will, defs
Haus nimmt ihn wahr [wird ihn inne]; und wem er übel will, defs Haus und
Heerd). Der lange aber ungenügende Commentar läfst die Schwierigkeit
einer genauen Erklärung dieses Sprichwortes erkennen; und so noch oft. —
Zu den nicht sehr bedeutenden Versehen oder Mängeln die dem Verfasser
•«clbst zuzuschreiben find , gehören imter andern auch folgende. S. 8 heifst
es: ,.Los antiguos Romanos : Incidit in Scyllam, (|ui vult (cupiens) vitare
riiarybdim. {Autor incertus)*'. Der Autor ist jedoch sehr wohlbekannt, ge-
hört aber nicht dem römischen Altertum, sondern dem Mittelalter an; siehe
(raulier von (^hatillons (aus Lille fi20i) Alexandreis 5,301, wo der Vers
laulei : ,J^t•i(li^ in Scyllam , cupiens etc." — S. 06 Xo. 74 A^^ua ile Mayo :
sana me rsia sarna que frayo. Der Verfasser übersetzt: „Mai-Regen heilt
mir diese Krät/e, die er gebracht". Mir scheint indefs trayu nicht = trujo
oder trajo, sondern so viel wie traverò (ich habe) und die agua Je Mayo
vielleicht auf den Maitliau /u gehen, über dessen heilsame Wirkungen siehe
(Tervas. von Tilh. S. 57, Rocliholz, Drei Gaugöttinnen, Leipzig 1870 S. 54 ff.
,,Der .Mythus vom Maientau". Bujeaud, Chants el Chansons de TOueiit etc.
I. 281 führt an; ,.P'.n Saintonge. Ics amoureux vont se rouler nus dans la rosée,
pour être ainus de qui ils aiment. Cela s'apelle prendre Vaiguail de mai**.
S. 85 wird das Romansche Sj)richwort angeführt: „Afai una Parida /a * lg
Pumér-Buc dar ant urn a terra schecr. (Palabra por palabra en francés :
Jamais un coup ne fait le ])ommier tomber, à terre giser". Statt glser^ wie
602 RECENSIONES UND ANZEIGEiV. F. LIEBRKCHT,
dreimal f^cMlrmkl steht, i>{ /u K>cii ,</'*"': iiulcf^ i>l st/uur nûlil . .: ;^C'-Í!
sonilcrn = cli^oir. — S. lü.^ No. 128 .// buey o cavualLo mahftio ci pt/o ir
Iuu\ Zu (1er beij^efü^tcu Erklärung; dieses Sprichwortes nach dem Dice, de
la Acad. íiigt der Verfasser die Bemerk un*;;: „Der innere Zusammenh;ui;¿ diocr
Auslej^unj^' mit dem Wortlaute des Sprichwortes ist nicht klar". Ich hahe
jedoch letzteres verdeutlicht in dieser Zeitschrift III I 2»» jrele^^entlich deh sici-
li.schen: A cavaddru jastimatu ci luci hi ¡lihi". ~ S. 122 ist unter den deut-
schen s})richwörtlichcn Redensarten anjjefiihrt: „Mücken seichen [sie] und
Kameclc verschlucken". üie>e stammt aus» Kv. Matth. 23, 24. — S. 131 /. i
C(int/ifn'uò bedeutet nicht „der Kruj;'* sondern „der Wallach ^(iaul)". Das
>pan. cántaro mag wohl /u der unrichti;;en Übersetzung^' verunlafst haben,
liei dieser (lelegenheit will ich auch noch auf einige andere fehlerhafte (rber-
selzungen aufmerksam machen, so weit sie mir aufgefallen sind. S. 140 ./
/;/<//! mav hohi his toni^iw in an ill time il. h. Man kann auch zur unrcclilen
Zeit schweigen (vgl. schwed. „Oft schweigt man /u seinem eigenen Schaden**):
• 1er Verfasser übersetzt: „Kin ^lann halte seine Zunge (schweige) zu einei
>chlechten Zeil, d. h. er spreche nicht zur unrechten Zeit". S. l/ii dün. z. H.
Uro ci vil lide paa miudelsc af .sin ven. er 7'trrJ a J lid e straf aj sin jii'ftJe;
d. h. „wer sich nicht verlassen will auf die Erinnerung (Weisung) von seinem
Freund, ist werth Strafe zu leiden von >einem Feinde". Der Verfasser ulwr-
sctzl : .AVer nicht gehen will auf Erinnerung (Weisung) von *>einein Freuml
U.S.W." S. 214 Sterne tori>.^ , adhitje laut is bella lia mensis übersetzt der
Verfasser ..Schlag nur Stiere und füge zur üppigen Tafel den Nacllti^ch'^
Sternere toroò (i. e. lect«») heif>l aber hier: die Speisesofas mit Teppichen
bedecken. S. 221 No. H)*) /-f piours a moro c'est tie nonains , nberi>elzt dei
Verfasser „die fríimme Liebe i^t liie \on Xonncn": stdl aber heif>en: „die
schlimmste Liebe u. s. w." — S. l')^: Iranât. skaltu tn'ia ùnt^ttr Ik'oniálunt
.'.,' brotnu A7erf)i: kaum sollst du trauen der Braut Bettredc und gebrochenem
Schwerte. Dies ist als islän»li>ches Sprichwort angclührt, stanimi aber ei|;enl-
lieh aus //i/,-'«/////// iSi) (î<5i. — S. 2M> L'ber den dort angeführten l)ekannicn
Spruch: ..(>// /</y///i/ '/.4,'/.». prudent er ajilas et respite jinem'' h. Büchiuann,
iietlügeltc Worte 12. Aull. S. 27. — !^- ,>-'» Los I^itinos I) Cürrijfit Deu^
t/ueni díli,í,'it. 2) l'tisti^^'iit /.>eus et cor r i i: it quem diltiçit. Diese beiden
•Sprüche sjiul aus dem liebriierbriet 12,0. 3) (> ue m IK us perdere ruft, priUA
ilcuicntat: s. liüchmaiiii a. .1. (). S. 258. Zu ilem dort angeführten füge n»K"h
folgende Stelle aus I*achym. Dr Michaele Talaeol. 1,10 (]>• 5'» I'd. Bonn):
,./<;■.' yf'.i». tUftfd . Torun\: rò itò(uìiuuy. xaì xò /.í-yn/tn'or ¿A,t¿{}t^, iv<i
n if r I ^nl T nt r h .■ tf n /.' r n .* o r t( .1 o /, i a m u i- /./.n r n H tlit v *'. — S. 4 1 u
Ni». 3^1 ./ '/ /o di:: o. hijutlii : enciende /i« /«, /;// nore„uela.. Zu den Aníüh-
runden des Vei lassers lüo».- noch -las ital.: ,.Dico a te. suocera. |>erchè tu,
nuor.v. inii mia". l'iirè. Cinti pop. 1.5«» Anm. ; ani Kreta: Tii ).hyw atra
l.'ihnr. yn\ ì'f( r' Aidtv ì, vnffi- Jeannaraki, .'|.S".)/-1ÏM KlHiTIKA, Leip-
zig if<7i» s. 311: und auf ( ypivu: tùìv' rò /j\o .if .'>/Ai-*#/V yifc va r' nxov^
¡, yini- inMi,. l\H\i:,LÌ.\l*lnl\ TA KMIPÌAKA, AOHMi^i. i«6i.
Ili i^r. S. f2i No. ^44 „Eher ■ Lieben Katzenkt>pf als LöwenschwciO*.
liier wir.l .mui .indem nach Kr.isinus angefülirt: ..Julius Caesar maluit in
iVij^id" •>|ipidul«» primus esso, »|u.im Rfunae secumlus". S. hierüber Plutarch.
< Mt^-.ii II und d«n-.cll)eii in Reg. ti Inipt-i. .ipophth. <\ijiis <"at.'S, V. — S. 603
HALLER, ALTSPANISCHE SPRICHWÖRTER ETC. 603
,,Nach andern AngHl)cn stammt der ¿weile obige Vers von Kratinos aus
Pytine her". Kratinos war jedoch aus Athen gebürttj^ und namentlich be-
rühmt \var sein Lu.sts])iel //er/V// (die Weinflasche). Es mufs also an jener
Stelle vielmehr heifsen : „aus seinem Lustspiel * Pytine * ".
Jedoch genügt es an diesen einzelnen Berichtigungen, die nur unbedeu-
tend sind im Verhältnis zu dem ungeheuren Stoff, den der Verfasser des vor-
liegenden Werkes mit bewundernswerter Ausdauer in erstaunlicher Fülle
zusammengetragen hat, und wenn, wie wir gesehen, manches <laran auch aus-
zusetzen ist, so ist dies doch uur die Folge seines vielleicht zu weit ge-
triebenen Strebens etwas Vollständiges zu liefern, was eben niemand verliehen
ist. Viel leicliter imd angenehmer würde es sein, Stellen des Buches hervor-
zuheben, welche man mit Vergnügen und grofser Befriedigung durchliefst.
Man schlage nur auf und dies wird sich fast überall bewährt finden. Das
Mangelhafte und zu Tadelnde bildet eben nur die Ausnahme und bestärkt
blos die Regel. Beispielsweise frühe ich an No. 359: „A quùn buena muger
(iene, n¿H¿^'Uft mal le puede: reñir, q no sea de sufrir** und No. 360: „A tjuien
tiene mala wnger, ningún bien le puede venir, que bien se pueda dezir*'.
nier hndel man vieles zusammengestellt, was die Volksweisheit für und wider
/u Tage gefr>rden und man mit grofsem Ergötzen lesen wird. Diese (felegcn-
lirit will ich auch benutzen um zu den holländischen Sprichwörtern von dem
..kwaad wijf* (S. 4Ó7 Anm. 4- 8) ein spafshaftes Epigram von Huygens (Boek
XXV 108) hinzuzufügen:
Aen Dirck.
l'w'vrouw, die zoele ziel, ilacr van gh'u .soo beroemt.
En die ghy, koninghs wijs, de Gocdertieren 'noenU,
Kijft, hot)r ick, vroeg en laet: Dirck, heet dat goederiieren,
Soo kan ick gcen goed duytsch : ick weel geen tjunder Iteren.
Vgl. Hormatis, Leven van Sinte Christina. (ìent 1830 p. 320 f. — Sehr trcfiend
und anziehend ist auch alles was gesammelt ist unter Xo. 231: ,,Anda ei ma-
/'adero de ulero en otero y rie ne a quiebrar en el hombre bueno". Tch füge
hinzu eine ne.ipoliíanische Redensart oder S])richwort: ,,Si mme metesse a fa
lo tantararo — L'uomniene nasciarriano senza culo". Schon Kreidank hol
;^esagl (S. 71, 2. A. Grimnih .,swcr zéime helblinc ist erborn — wirbt der nach
/wein er ist verlorn**: und vor ihm Ebn Ezra (F>ra) : „If Í took to shrou-
niaking, I believe mankind wuld cease to die : or if I adojHcd candle-making
\\)\ ,\ i)r<)fessinn, the sun, T leel sure, would shine by night as well as by
day. till the hour of my death**. Spectator 26. May 1877 p. ()6g^•. Will-
konunen sind ferner alle auf «lie Katzen bezüglichen Sprichwínter, gesammelt
unter Xo. 3i>2 : ,,Aues visto mocas mi gato en galochas" r und so noch sehr
>ieles andere, >o dnfs es überflüssig wäre hier noch einzelnes weiter hervor-
luben zu Wollen, Wir haben hier einen wahren Schatz von Sprichwörtern
\Mrliegen, «icr zwar, wie jeder andere Schatz sich noch vielfach vermehren
li( r«., aber «leslialb doch immer einen sehr bedeutenden Wert besitzt, so dafs
rille i)ben lior vorgehobenen Mängel u. s. w. eben nur als Beweis dienen sollen,
wie «'orgfallig ich, wie ich schon früher bemerkt, denselben durchgegangen.
Einen audirn, freilich nicht sehr angenehmen Beweis davon, will ich aber
.\\\c\\ noi h hirclì den Xachweis einer Reihe von Druckfehler liefern, und
/wai n\ir so weit mir dieselben in der ersten Hälfte «les Bandes aufgefallen
604 RECENSIONKN UND AN/EIGE.V. F. LIEBRECHT,
unci ich dieselben angemerkt habe; >päter hal>c ich dies unterlassen. S. 2
Holland, i) sl. paper 1. pcper. - S. 1 3 Z. 5 u. 29 st. AvxHor 1. Avxf-ior.
S. I4l> Z. 29 st. Phalaephatus 1. Palaephalus. — S. 17" Ital. i) sl. corte 1. cori»i.
— S. i8f) sl. Alábete 1. Alábate. - S. 20" Z. 13 st. ¿vu(fia(^t^ 1. HpHfhih^.
— S. 42« st. tinnungulus 1. tinnunculus. — S. 45a Z. 2 v. u. st. le grassa 1.
l'ingrasso. — S. 56»« Z. 20 sl. venare 1. venari. Z. 13 v. u. sl. agnac 1. agnar.
— S. 60« Z. 14 V. u. st. dar 1. da. — S. 61» Z. 23 st. akta 1. aktar; Z. 35 sl.
toi 1. soi; ib. ^ Z. 23 st. Hungrige Ksel achten 1. Hungriger Esci achtet. -
S. f)qo Z. 9 V. u. st. kücken 1. koeken. S. 72« Z. u sl. novit 1. nooit. --
S. 151« b Z. 15. If) V. u. sl. ejo 1. ojo. — S. 199»« Z. 5 st. gor 1. gîir. ■ S. 203»
Z. 5 st. l'ublian 1. Publilii. — S. 215« Z. i<> si. come 1. conio. — S. 223»
Z. 20 V. u. st. needry 1. needy. — S. 243» Z. 2ü :>t. upptinnigens 1. upplìonin*
gens. — S. 250« Z. 16 st. cum 1. un. S. 252« Z. 13 st. skjale l. .skjule; Z. 24
sl. schorfths 1. schürft. — S. 266" Z. 16 v. u. st. orn 1. om. — 8.272» Z. 0
>t. nylt . . . sader 1. nytt . . . seder. — î>. 303, 11) st. uten 1. uit'en. —
S. 304» Z. 2 st. helly 1. belly. — S. 310" Z. 9 st. vuro 1, ouro. — S. 326« Z. 19
st. pierde l. pierda; Z. 20 st. i)ascarillo 1. pajaritlo.
JJie vom Verfasser selbst nachgewiesenen io Druckfehler reichen also,
wie wir eben gesehen, durchaus nicht hin und er hätte deshalb über das
Wandcrsche Werk nicht so streng /,u Gericht sitzen sollen, wie er es (S. XIV)
gelhan.
F. r.lERRECHT.
(TargantuA dans 1 es Ti adi tion> populaires p a r Paul Sébillot. Paris
Maivonneuve et Cî^ 1883. XXVIII und 342 Seiten. S«.
I>er vorliegende Band ist der Tome Xll der Littératures Popufairci Je
tonttw /e.\ .Vtitiofts, deren frühere Bände ich an dieser Stelle (VI I36flr. 4iJ f(.\
besprochen habe. In der gegenwärtigen Arbeit Scbillots, den wir bereits als
tüchtigen Korscher auf dem Gebiete <ler Volkskunde kennen gelerai, hat der-
selbe ^iih »lie sehr verdienstliche Aufgabe gestellt und auch ausgeführt, sfimt-
liche, in verschiedenen Ländern, namentlich aber in den Provinzen F^ankreich^
wcit/.ersireuie auf (iar^anfua bezügliche Sagen unti Überlieferungen xu sam-
meln und bekannt ¿w machen, um weitere Forschungen hinsichtlich dieser
mythischen Persönlichkeil /u ermöglichen. In der sehr lehrreichen tntro-
duct ion bespricht der Verfasser aufser den früheren Forschern Jacob Grimm
und Bourquet. welche in (ìari^antua eine L'bcrlicferung der keltischen Epoche
erkannten, namentlich noch den Essai de mythologie ceftique des bekannten
Kcliisten Henri Gaido/ (in der AVz/zc archéologique^ septembre 1868), der an
«leu Schlüssen kam :
„1" (Jue Gargantua est certainement un type antérieur à Kabelais» et
»|ue ce mythe est celtique, puist|u'on le retrouve répandu en France, en Grande-
Bretagne et non ailleurs;
,.2" (hic (rargantua est probalflfment le développement populaire d'un
liercule gaulois;
,,3" <Jue Gargantua est peut-être un mythe solaire.
SKHILLOT, GARGANTUA DANS LES TRADITIONS POPULAIRES. 605
,,Peut-être pourrait-on y rattacher le Gayant de Douai, le GraulH de
Metz, la Gargouille de Rouen, la Chair Salée de Trois, etc."
Die Richtigkeit dieser Schlüsse Gaidozs hat jedoch Gaston Paris in der
Reviu critique 1868 pp. 326 ff. bezweifelt, wogegen Sébillot sich so ausdrückt:
„J'ai reproduit les parties essentielles de l'argumentation de M. H. Gaidoz qui
avait très ingénieusement exposé cette théorie. Mais à part le fragment,
page 83, où Gargantua produit de la neige et la fait ensuite fondre, je ne
crois pas que les nouveaux documents que j'ai pu réunir apportent beaucoup
d'arguments pour ou contre la thèse soutenue avec prudence, d'ailleurs, dans
Garganttia^ Essai de Mythologie ceitique^''. Der Verfasser schliefst seine
Introduction mit folgenden Worten : ,,I1 est permis de penser qu'antérieure-
ment au XVI siècle il pouvait exister quelque part, en France, un géant
appelé Gargantua, dont les aventures étaient répandues dans le peuple. Ra-
belais, fort an courant des croyances et des traditions de son temps, a pu en
avoir connaissance et, transformant au gré de son génie le récit confus du
])euple, il en a fait l'u'uvre immortelle que l'on connait. Le retentissement
des Grandes Chroniques^ et surtout de l'œuvre de Rabelais, auront fait con-
naitre un peu partout un héros qui, peut-ôtre, n'était d'abord que local; les
Vies du fameux Gargantuas , l'imagerie populaire sont venues ensuite et,
quoique sous une forme altérée, ont répandu ce nom de Gargantua, expressif,
cnmpris de tous et facile à retenir, et qui sera peu a peu devenu synonyme
(le géant*'. Gaidoz hat nämlich gezeigt, dafs alle romanischen und selbst
keltischen Dialekte die onomatopöische Wurzel gar besitzen, die, mit welchem
Suffix auch immer verbunden, die Idee ,, verschlingen" erweckt, so dafs Gar-
l^'antua also eigentlich ,,un grant mangeur" bezeichnet.
Der Verfasser hat nun in seiner Arbeit, wie bereits bemerkt, alles zu-
sammengestellt, was sich irgendwo auf Gargantua bezügliches vorfindet und
in einer sehr willkommenen Table alphabétique des Gestes de Gargantua et
dt' ses similaires das Auffmden der betreffenden Gegenstände und Sagen
hiichst l)equem gemacht. Ich selbst hebe nur einige wenige Punkte daraus
hervor: so aus dem Kapitel „Popularité de géants similaires^* das folgende
(p. I2q): ,,A plusieurs blocs remarquíibles est associé le souvenir de géants
ji.irfois anonymes. 'On voit dans la forêt de Quénécan, en Camors, [Bretagne],
les roches dites Castel Finatis ou Castel -Géant , citées dans la vie de Saint
(ìildas, et ilans le traité de Roch de Baillif, qui y découvrit, en 1577, des
monnaies d'argent portant une tour et ayant \iO\\x exergue Castri Gigantii
[sic]. (Ogce, art. Camors, nouvelle édition)'. D'après un article du même
ilictionnaire la partie sud de l'île aux Moines se nomme Gurgantelec, nom
(ju'il est intéressant de comparer avec celui de Gargantua". Ferner folgende
Legende aus Poitou : ,,Une legende chère aux maraichins nous montre sainte
Macrine fuyant devant < rargantua, montée sur une mule ferrée à l'envers. La
bête, harassée de fatigue, s'arrête dans l'île de Magne, près d'un champ où
des paysans sèment de l'avoine. Macrine, se fiant en la miséricorde divine,
les prie de dire à tout venant (|u'elle a passé le jour où ils mettaient leur
grain en terre.
„(rrand étonnement des laboureurs, en trouvant le lendemain leur avoine
mûre; ils reconnaissent à .ses oeuvres l'envoyée du Seigneur, et, quant sur-
vient (iarguniua, ils se hâtent de lui apprendre que l'avoine n'était pas née
Òo6 KECKNSIONKN l'ND AN/KK^KX. F. I>IEHRRCHT.
]ors fìii passavìe de la sainte" (p. 174). Ol)er diese weitverbreitete , hochet
wahrschernlich aus einem orientalischen Märchen entstammende legende s.
meine Hemerkunj» in Bartschs German. 27, 377 ff. — Endlich vergleicht der
Verfasser (S. 30H f.) eine corsische Sage, wonach (Targantua auf Ritten einer
sich vergeblich abmühenden Volksmenge in einem Handumdrehen einen Thurm
zur Krde wirft, mit einer Stelle eines ossianischen (icdichtes, welche Henri
Afariin (Kludes d'archéologie celtique p. 93) auf folgende Wei<.e erzählt : „Os-
sian, marié ii une fée de Killarncy, se souvient tie son peuple et de sa patrie,
et il désire les revoir. î-a fée, consentant ;\ grand' peine, lui donne un cheval
magique et lui recommande sur toutes choses de ne pas mettre pied h terre
durant son voyage. Il se retrouve dans le pays des Finiens, dont les rafhs
et les Juns jonchent les valées de débris. Comme il s'en allait le coeur
triiste. il aperçoit une grande foule de peuple qui s'efforçait de dresser une
haute pierre, et n'y pouvait parvenir. Im foule implore l'aide «lu cavalier
qui passe. Ossian s'approche et son bras puissant me debout le menhir. Il
n'a pas quitté la selle, mais dans son grand effort, son pié a touché la terre.
I,e cheval disparaît, et Ossian se retrouve seul, abandonné, aveugle, et courbé
sous le poids de trois siècles". Die verwandten Züge der beiden Sagen von
Gargantua und Ossian wird man leicht entdecken. Let/.tere, die irische Sage,
ist mir auch aus K. v. K(illinger)s Krin Bd. Ill (Sagen und Märchen i, 161 — 5)
Stuttgart und Tübingen 1847 bekannt, mit dem Titel: „Osschin und das Land
der Jugend", welche Sage mir um so merkwürdiger dünkt , als sie mit der
altbritischen vom König Herla sehr genau verwandt scheint; s. Zur Volks-
kunde S. 27 ff.
Nur diese wenigen Punkte aus tlieser erschöpfen<len , Gar^i^anfun be-
treffen<len Sagensammlung habe ich hervorgehoben, es dem Leser überlassend,
den Reichtum derselben auszubeuten und Folgerungen daraus zu ziehen; nach
Sébillots Forschungen wird auf diesem Felde nichts neues mehr zu entdecken
bleiben.
F. Ij EHR ECHT.
£. Rolland, Kimes et Jeux de l'Enfance. Paris (Maisonneuve & O«)
1883. II r. 396. 8".
Wir haben hier den vol. XIV der Littt'rafures populaires, dessen Verf.
aufser durch andere Arbeiten auch durch seine Fnuiit populnire rühmlich
1)ekannt ist. Er beschäftigt sich vorzugsweise mit der Volk.skunde. der auch
die vorliegende Arbeit angehcirt und in Bezug auf welche er bemerkt: „On
ne se rendra compte de la gen¿*se de la tradition enfantine que <]uand chaque
peuple aura recueilli et classé la sienne. La France a. jusqu'à présent apporté
peu de matériaux, à cet édifice de l'Avenir", und er hat es nun unternommen
einen Beitrag /.u diesem Gebäude zu liefern. Li Deutschland besitzen wir
verschiedene hierhergehiirige Sammlungen, von denen ich blofs die von Roch-
holz (Allcmannischcs Kindcrlied und Kinderspiel) und J. V. Zingerle (Das
deutsche Kinderspiel iin Mittelalter) erwähnen will , da sie auch schätzbare
littcrarische Nachweise enthalten und, namentlich ersteres Buch, auch auf ver-
E. kOIXANü, kIMKS KT lEl'X i»K I/KNFANCK. 6oT
/
ijicichende Untersuch an gen eingehen. Rolland beschränkt sich gewohnlich
auf Hcrbei/.iehen de<? Stoffes und /war aus allen Provinzen Frankreichs, so
dafs dem Forscher auf diesem Gebiete derselbe hier in reichem Mafse vor-
liegt. Ich selbst will nicht auf diesen Gegenstand naher eingehen und nur
flie eiozelnen Abteilungen der Kim£s ^tc. anfuhren. I. Brrcrusrs. — IT. y^ux
fi Formuhttfs pour amuser Us tout petits enfants. Die No. 13 handelt von
den vertauschten Füfsen (Formnlettes de rembrouillement des pieds) und knüpft
sich \nclleicht an die auch anderwärts bekannte Schnurre an . s. meine Be-
merkung in Bartschs German. XTX 3Q0 und X\Tri 170. în Xo. 25 wird auf
die Frage des Kindes: „One m*as-tu apporter" geantwortet: „Un petit rien
du tout dans une boîte perece". Mir wurde (in Breslau) von der Magd ge-
antwortet: „Ein silbernes Xixchen und ein goldenes Warteweilchen". —
ITT. Prières enfantines. — ÍV. Rondes. V. Chansonnettes. Fasi lauter
T.ûgenlieder, über welche Liedergattung s. Uhland, Schriften zur (tesch. d.
Dichtung u. Sage 3, 223 ff. — VI. Randonnées, enthalt Haufellieder oder viel-
mehr Häufelsprüchc, wie sie sich weit und breit und selbst unter den Holten?,
totten finden: s. mein .,Zur Volkskunde** S. iSo zu Xo. 273. Xahe verwandt
sind die Kettenliedrr, worül>er ebend. S. 17S. — VII. Jeu.x et Formulettcs de
jeux. — Vni. Ga^cs et Penitences de j'eu.x, — IX. Devinettes. Hierzu wird
bemerkt: „Ce chapitre peut-être consideré comme un supplément ;\ mon Re-
cueil d*énigmes populaires, publié en 1877". Zu Ende dieses Abschnittes
finden sich einige „Phrases à répéter avec volubilité sans se tromper". Der-
gleichen finden sich auch in Deutschland und in vielen anderen IJindei-n.
Hier lautet das letzte: .»Haut nid pie a — Bas nid caille a, — Kn mare cane
est". — X. Tht'âfre enfantin. — XI. Formulettes d\'iifnination nu /eu. -
XII. Formulettes satyriques et facétieuses. XIII. Formulettes diverses.
Hiermit verlasse ich vorliegende Arbeit, die sich vielfach verwerten
lafst. indem der Verf. z.B. ganz richtig bemerkt, wie mir scheint (p. 242):
„Je crois que beaucoup de fornìulctles enfantines sont d'anciennes incantations"
und zugleich daselbst ein Beispiel anfuhrt, so dafs er nicht ohne Grund in
dem Avant-propos sich äufsert: „Notre livre sera sans doute bien accueilli
des savants qui étudient In démopsychologie".
\\ LlEimF.CHT.
Raffaello Fomaciari, Studi su Dante editi ed i ned i li. Milano, Tre-
visini, 1883. VI. 188 S. 8«.
Unter der grofsen Masse von Schriften über Dante, welche beständig
publiziert werden, verdient das neue Buch Kornaciaris eine besondere Beach-
tung, und der Verfasser ist vollständig I)erechtigt, diese in der Vorrede für
seine Studien in Ansj)ruch zu nehmen. Von den 5 Abhandlungen beschäftigen
sich die 4 ersten, welche schon einmal in periodischen Publikationen erschienen
sind, mit der allegorischen Deutung einzelner Gestallen und Züge der Komödie,
welche von jeher ganz besondere Schwierigkeiten darboten und die zugleich
für die Gesamtanft'assung von D;uUes Komposition von grofser Wichtigkeit
sind. Fornaciari ist es nicht darum zu Ihun, durch die Neuheit seiner Aus-
Òofi RECENSIONMÍN UNI) AN/KIGKN. A. GASPAR V,
le^^un^n tm ^Vàn/.vn, und so die verwirrende Menj;e der Mutinafsungen noch
zu vermehren, ohne jemand überzeugen zu können; vielmehr acceptiert er
ohne Bedenken, wo es ihm passend erscheint, die von Anderen gemachten
Krjclärunjjsversuche, und sein Streben {ijeht dahin, inmitten der zahllosen sich
widersprechenden Meinunj^en einen Halt, eine Entscheidung auf fester Grund-
lage zu finden. Diese Grundlage sucht vr in dem s()rgíaUígsten Studium des
ganzen Gcdiciites: er leitet aus der Gesamtanlage desselben den Sinn der
einzelnen Stelle her und setzt sie in Beziehung zu anderen oft weit entfernten
Stellen, die mehrfach in überraschender Weise über den streitigen L*unkt Licht
verbreiten. So versteht er die Methode, Dante mit Dante zu erklären, indem
er sich nicht mit <ier äufserlichcn (regenüberstellung von Worten begnügt,
sondern dem Zusarnuicnhangc der Gedanken nachforscht, und die Ernsthaftig-
keit dieser Bemühung mufs mairauch da anerkennen, wo man mit dem Re-
sultate nicht einverstanden ist.
Der erste Artikel Su/ Si¿'-nif¡cafo A//eji;orico ddfia Lucia entscheidet zu
gunsten einer Ansicht von Ruth, dafs die Lucia der Komödie, die man sonst
meist als die Gnade auHafste, vielmehr die Gerechtigkeit sei; sie steht über
Virgil, der Philosophie, die zum aktiven Leben anleitet, wie die göttliche
Barmherzigkeit (Maria) über Beat rice, der Theologie steht, welche die Kuhrerin
im coniemplalivcn Leben ist. Dieser Flrklärung gicbt JMimaciari durch seine
weiteren Ausführungen zum wenigsten eine grofse Wahrscheinlichkeit. In
<ier Vision Purg. TX sieht sich Dante von einem Adler an den Eingang des
Purgatoriums emporgetragen, und Virgil erzählt ihm dann, dafs dies Lucia
gethan habe : also ist das Bild für Lucia der Adler, das Zeichen der Universal-
monarchic und der Gerechtigkeit. Lucia heifst nemica di ciascun crudele,
weil die Gerechtigkeit in Dantes idealer Monarchie alle Übergriffe beseitigt,
allem Streite, aller Gewaltthat ein Ende macht. Maria nennt Dante Lucias
(ìetreuen, und er hielt sich vor allem für den Apostel der Gerechtigkeitt für
tien poeta della rettitudine, wie er sich selbst bezeichnet. Weniger ist es
Foruuciari geglückt nachzuweisen . was den Dichter bewogen habe, gerade
diese Heilige zum Symbol für seine Idee zu verwenden. Die Bezüge, welche
(*r zwischen ihr und <ler Gerechtigkeit ausfindig macht, scheinen gar subtil;
solche SophÌNiikationen sind freilich durchaus nicht gegen Dantes Verfahren,
und er hat sirh ihrer auch sonst bedient: aber das Schlimme ¡st dabei, dafs,
wo er uns nidu selbst den Schlüssel gegeben hat, wir heut* bei einem so
mühselig aufgespürten Zusammenhange niemand mehr recht überzeugen können,
Dantes Gedanken getroffen zu haben, wie denn auch Fomaciari zwischen
mehreren Auffassungen schwankend bleibt, in den Anmerkungen ist noch
i)eiläufig die I^edeutung des Veltro bes])rochen und gegen Del Lungo, der in
ihm wieder die Prophezeiung eines grofsen Papstes sehen wollte, mit guten
(iründen die Ansicht verteidigt, dafs ein mächtiger und gerechter Kaiser oder
dessen Vicar gemeint sein müsse.
/.// Ruina di Dante secondo F opinione di un ultimo commentatore ver-
teiiligt und l>egründet eine von Bcnnassuti gegebene Deutung. Von den Wol-
lüstigen im ;. (Te>angc des Inferno heifst es, sie klagten und weinten und
fluehlen d'ji j,MJitliclien Macht, wenn ^io vom Sturm getrieben an die rmna
gelangten. Die ruina, sagt Fornaciavi, mufs von derselben Art sein wie die
in c. XII erwähnte, d. h. ein Bergsturz, welcher stattfand bei dem Erd-
FORNACI AKT, STUDI M' DANTE EDI 1 1 KD INEDITI. 609
beben /iir Zeil von Christi Tixie. Ini l2.(Tesanj;c deutet Virj^l ausdrücklich
an, daf> »oldier Kinslur/ auch nodi anderswo eingetreten sei; man bezojj das
auf «lie zertrümmerten Ikücken in> 8. HöUenkreise: aber es ist unmöglich,
weil von <liesen Virgil noch garnichts weifs. Der Bergsturz des 12. Gesanges
bietet den Weg. um von den Unenlhaltsamen /u den Gewaltthätigcn hinab-
zusteigen, die eine steile Felswand scheidet: es i>t natürlich, dafs auch die
Vorhölle von den l'nenthallsamen durch eine solche steile Felswand gesondert
war, und dafs auch hier ein Einstur/ die Möglichkeit des Zuganges bot, nur
ein weniger abschüssiger, entsprechend der geringeren Verworfenheit dieser
Sünder. Bei den folgenden grofsen Abteilungen der Verdammten, denen der
Betrüger und Verräter, hnden sich solche IJbergänge nicht mehr, und es treten
daiür andere genau bezeichnete Arten der Beförderung ein; dieser Unterschied
hat, wie Fornaciari zeigt, einen bestimmten allegorischen Sinn. Die Gebehr-
«lung der Sünder des v iresanges vor jener ruiìia erklärt sich daraus, dafs
dieselbe sie an das I-lreignis erinnert, dem sie den Ursprung verdankt, an
f'hri>ti Tod. sie zugleich an die Macht Gottes gemahnt, und sie, die noch
nicht so verslockt sind wie die Bewohner der lieferen Hölle, mit Gewissens-
bissen erfüllt.
Jeder der Höllenkreise hat eine mythologische Figur, welche in Be-
ziehung zu der in demselben bestraften Sünde steht ; um daher den allego-
rischen Sinn von Dantes P'urien zu erkennen , fragt sich Fornaciari in dem
3. Artikel // Mifo ilellt' l-urie in Intinte, wohin man sie zu beziehen habe
Kr sucht zu zeigen, dafs, obschon sie auf den Mauern der Höllenstadt er-
scheinen, sie dennoch dem vorhergehenden 5. Kreise angehören, zu dem sie
sich hinwenden, und dafs umgekehrt P'legias, obgleich er die Seelen über den
Sumpf des V Kreises übersetzt, dennoch nach Dite hineingehört, wo sein
eigenlliches Gebiet ist. Fornaciari glaubt, dafs der 5. Kreis mit dem stygischen
Sumpfe vier Kategorien von Sünden enthalte, alle hervorgehend aus dem
Hasse als Wurzel, d.i. die iracondi, accidiosi, sufierbi und invidiosi. Die
l'urien wären nun die Personifikation des Hasses und zwar vorzugsweise oder
allein des Neides, concepita come un odio morta/e a^/i uomini, corne l'opposto
deir amore verso il prossimo. Damit stimmt ihr Benehmen ; sie schreien,
weinen, zerfleischen sich selbst, wie es der machtlose Neidische verzweifelnd
iliut; dazu passen die grünen Schlangen, tlie sie umgürten. Die Medusa be-
deutet dann, wie schon Boccaccio erklärte, die irdischen Güter, welche den
.Neid erregen und damit die Seele versteinern. Fornaciari zieht zur Bestäti-
gung die in l*urg. XI II und XIV geschilderten Wirkungen des Neides heran,
die in<lessen keine zwingende Analogie bieten; eine solche Verhärtung der
Seele kann ja durch verschiedene Laster hervorgebracht werden. Dafs Dante
gerade hier den Leser aufVordert, auf die Allegorie zu achten, kommt nach
«lern Verfasser daher, dafs die wörtliche Bedeutung der Verse eine ungehörige
sei, vom Versteinern des Menschen in der Hölle nicht die Rede sein könne;
hier überwiege <ler moralische Sinn ganz und gar den buchstäblichen, wie
auch an der einzigen an<leren Stelle, wo sich eine gleiche Aufforderung findet
(Turg. VITI 19).
niese Deutung der Furien ruht ganz auf der Einteilung der Sünder des
5. Kreises in 4 Kategorien, für die sich der Verfasser auf einen mir nicht zu-
gänglichen Artikel Del Lungos beruft; allein die besten neueren Erklärer,
ZditHchr. f. rom. l'hll. VII. 39
6 IO RECKNSIONEN UM) AXZKIfiEX. A. GASPARY,
unter ihnen Wiitc unti TodcÑchini, sclicn in den Bcwolìnern des styi^isciien
Sumpfes nur die Zornniüliíícn; der accitUoso fummo bezeichnet hier nicht «lie
J-,:issigkeit, sondern die «^alliije Gemütsart, welche in allen Dinfjen einen
Stachel fmtlet, alst) da^. was l'ctrarca und andere die accidia nannten. Der
Neid und die Lässijjkeit haben nach Wittes über/eupender Ausfiihrun«;
(Puntes Sii ndcìì system in I/ö///r und Ft'^:^u\fcuer. Dante -Jahrb. IV ,^73 und
Oanteforsoh. IT I2i fl.) j^ar keinen Platz in der Hidle, da hier, im Gcßcnsat/e
/um I*ur«;atorium. nur die Tlial, nicht die (resinnunfi fjestrafl winl, un«l jrne
keine Thatsünden siml. Ferner hat Kornaciari auch nicht hinreichen<l klar
;,'emacht, wie Dante da/u kam, die Furien als Symbol des Neides zu ver-
wenden , da er doch aus Viridi und Ovid gewohnt sein miifste, sie als die
Erre«^'erinnen von Streit, Wut, Schrecken zu betrachten.
Zum Schlüsse sticht der Verfasser zu beweisen, dar> der A/esso de/ l'te/.:
der Dante und Virjjil den Eini^an;^' in die Stadt Dite er/winf^t, kein anderer
sein kiuine als Christus. Va- ölVnete. wie Virgil sagt, ehedem das Höllcnthoi :
nur er kann auch dieses Thor der Statlt Dite aufthun: ein Engel oder eim-
mythologische Gestalt würden eine solche Macht nicht besitzen. Auf ('hri'*lH%
deutet die Feierlichkeit der l^scheinung und Virgils mysteriöse Kedcweisi-,
der, wie auch sonst immer, den Namen Gottes nicht ausspricht, sondern iim-
>chreibt. Dante giebl »iüiner Reise eine hohe Bedeutung für die Menschheit:
daher war es miiglich. dafs er i'hristi j)ersönliches F.ingreifen fingierte.
In der Scene des Odysseu»*, mit der sich ilie 4. Studie beschäftigt, weicht
Dantes D.usteHung vun der klassischen I'.rzählung in merkwürdiger Weise .d».
irnlem xie i\n\ HeMen nicht nach Ithaka heimkehren, sondern auf einer kühnen
Seereise jeuscit der Säulen des Hercules seinen To<i in den Wogen finden
läfst. h's ist bisher nicht /u ki)nstatiercn gelungen, ob diese poesiereiche
lùlìiidung von Dante »«elbst herrührt, oder ob er sie aus einer mittelnlterlichvn
I'iadition sch(i|)fte. Nach l''ornnciaris Ansicht hätte dieselbe ihren Keim in
di'in Glauben «ler Sjiäteren, der Fingang in die Hnterwelt, den Odysseus anf-
<uclu, habe sich au <ien fernen Küsten «les (.)ceans befunden; auch die mittel-
alt<rlichon Legenden verlegen die Vi^ionen der anderen Welt jenseit iles
Meeres (lìrauikin) oder nach irlftnd (Tun«lalu.s uml Hurgatorium cles li. I'ntricius),
und di«.'s»' seien eben für Dante ilie Veranlassung gewesen, seinen Purgatoriiim-
brrg in die westliche TTeuiisphäre zu setzen. Dahin nun gehe ja Odysseus'
Fallit, von der ihn der Dichter nicht habe k('mnen heimkehren lassen, weil
iniin damals dns Durchmessen des Oceans für ein unmögliches Wa|TnÌR hielt.
luiles^cn bleibt «lieser Zusammenhang /wischen iler Reise von Dantes Ulisse
uinl der klassischen Sage nou der Fahrt zur Unterwelt doch xweifelliaft, weil
ihis Ziel •le'i ersteren nicht «las i.nnd der 'l'oten ist, und er zu demselben
uhne «.ein«- Absicht gelaugt. Allegiuisrh «leutet Fomaciari die l^ntcrnchmung
des rii^si« auf die l'berhebung des menschlichen Geistes, der die };5ttlirhcn
Geheinini«.se erforschen will, «diiur von <ler (itinde geleitel zu sein. Aber er
verkenni «labei nicht die lebhnfte Symj)athie. mit welcher der Dichter, trot«
dieser mi>ralischen Absicht, ilic- (restait behandelt hat. Im Ulisse ist der
i\ri<\ dr^ W'eheneiitilecker«»; ei i^t der ])oetische Vorlaufer eines Columbus
un»l V.i-cti d»- ri.iiua. uiiil iliesr Leiilenschnft iles Frkennens, der alle Aflektc
um! da'> Ltbeii selbst gioph-n wi-nUn. mufste Dante bewundem. Da forna-
ciai i hiei \nt\ den Keisrn M.iu'n I'ul(w redet, so hätte er wohl auch ein
FORNACIARI, STUDI SI' DANTE EDllT KD INEDITI. 6 li
iimlereh Ereignis erwähnen können, welches mit Dantes Darstellung in viel
näherer Beziehung sieht, und an welches Grion l>ei Gelegenheit des Ulisse er-
innert hat (s. // Pozzo di S. Patrizio, Propugnatore ITT, I**, p. 67 ff.). Gegen
lindo dt's I ^. Jahrh. (die Zahlenangaben schwanken zwischen 1 281 und I2qi)
waren zwei genuesische Schiffe aus der Knge von (ribraltar hinausgefahren,
unì einen westlichen Seeweg nach Indien zu suchen, und waren nicht wieder-
;4eke]irt. Dieses Unternehmen, das in «les Dichters jüngere Jahre fiel, mufste
^eine Phantasie beschäftigen, und wenn es nicht, wie (xrion will, der ganzen
lirlindung vi>n Ulisse den Ursprung gegeben hat, so wird es wenigstens ge-
dient haben die Wärme von Dantes Inspiration zu erhöhen. Es fragt sich
auch, ob nicht etwa der Wiederauflindung der canarischen Inseln durch die
Genuesen, die nach Petrarcas Aufserung (De Vita Sol. 1. II, sect. VI, cap. 3)
in diese Zeit fallen müfste, irgeml ein EinHufs zuzuschreiben ist.
im Anhange teilt Eornaciari Facciolis ital. Übersetzung eines Gedichtes
von Tennyson auf Odysseus mit, welches, sagt er, mirahi/mente ritrae e pone
in atto ¡o spirito </<•//' episodio da tne i/lustrato. Aber der Dienst, den diese
Anführung Dante leistet, scheint mir vielmehr der zu sein, dafs sie die ganze
irröfse und Kraft seiner Dichtung durcli den Gegensatz einer schwachen Nach-
alimung hervortreten läfst. Dantes Schilderung giebt uns in ihren kurzen
Í iieigischen Zügen die wahre Poesie des Meeres, den Zauber der Uncndlich-
ktit, das rastlose Vorwärtsdringen ,,(ler Sonne nach, in menschenlose Weiten",
d;is (Telieimnisvolle des Zieles, das die Phantasie in Bewegung setzt. Tennysons
( )dy.ss('iis <lagegen ist ein breiter Schwätzer, der sich in abstrakten Betrach-
ningen ergeht und unser Herz kalt läfst.
Die wichtigste unter Kornaciaris fünf Al)handlungen ist die letzte, hier
zmn er^iten Male veröffentlichte, betitelt: Jai Tri/o¿^''ia Dantesca. Die drei
italienischen Werke Dantes, die Vita Nuova, das Convivio und die Komödie,
bihlen, wie Witte ehedem zu zeigen suchte, eine Trilogie; sie stehen, wie er
meinte, in engem Zusammenhange mit einander, indem jede eine der drei
IMiasen seiner geistigen Entwicklung darstellt, die V^ita Nuova die Periode
der unbefangenen Gläulngkeit, das (Convivio die Entfernung von der einfachen,
w.uimn Keligiosiiät durch Vertiefung in die Philosophie, die Komödie «lie
Rückkehr auf den wahren Weg <ies Heiles. Witte bemühte sich zu erweisen,
dafs Dantes Sünde, von <ler er sich auf der mystischen Reise befreit, wegen
dert!) er die heftigen Vorwürfe Beatrices über sich ergehen lassen mufs, eine
¡ntcUckluelle, eine Abirrung von <lem rechten (ilauben in Grübelei und Zweifel
gewesen sei; Beatrice, die Theologie, die Oflenbarung werfe ihm die Uber-
litbnng im IMülosophieren vor. Witte selbst hat das später eingeschränkt
und neben diesen Vergehungen bei Dante amlere zugegeben. In der That
w.ir j<'ne einseitige Deutung, an der Scarta/zini festhält, eine l'bertreibung;
aber an<lcrerseits kann man nicht wohl, wie Ruth und Klaczko thaten, gänz-
lich l)esti eilen, <lafs Dante unter die Sünden, deren er sich anklagen läfst,
aucli eine Uberhebung der Vernunft begreift, und es ist nicht gut möglich,
die oft besprochene Stelle Purg. XXX 11 Í 85 ff. anders zu rerstehen als dafs
hier die ir«l¡sche Wissenschaft der göttlichen entgegengestellt, Dantes Ver-
tí autii auf jene als eine Entfernung von der Offenbarung, ein straniarsi von
der íkMuice, entIHrh aK eine Schuld bezeichnet wird. Dieses ist die Ansicht,
welche auch I*'üiiiaciari veruitl.
39*
6l2 KKCKNSIONKN IJ^'I) AN/KKiKN. A. GASPARV,
Der Ziisammenlianjí /wischen den «Irei italienischen Werken Dantes
scheint aber nicht ein solcher zu sein , <lafs «las /weile in der Darstellung;
jenes geistij^jen Kntwickelunj^spro/esscs da anknüpft, wo das erste endet, son-
dern dafs der Inhalt der Vita Nuova über den des Convivio hinausreicht,
ihn abgekürzt in sich bej,Meirt, und tlaf> die Komiidie unmittelbar da einsetzt,
wo die Vita Nuova schliefst. Gej^en Knde der letzteren Schrift er/ählt Dante,
wie er einst, als er tief in ilie Trauer um Beatrices Tod versunken [»ewesen,
an einem Fenster eine schöne Krau bemerkt habe, die ihn voll Mitleid an-
schaute, wie er, sie wieder un<l wieder sehend, allmählich solches Gefallen an
ihrem Anblicke j^efunden habe, dafs er in Crcfahr ;^'eriet. den Schmerz um die
dahinf;eschiedene fieliebte zu verj^essen , und wie daraus ein heftiijer Kan)]>f
in seinem Innern entstand, der aber schliefslich nach einer Vision mit dem
Siege der verklärten Beatrice endete. Diese Triisterin , diese Donna ¿'^t'fitii*\
wie sie Dante zu nennen pHegt . war nun , wie uns im Convivio gesagt wirtl,
niemand anders als die I*hilosoj)hie, dieselbe, an welche sich die allegorischen
Canzonen richten, von der das Convivio handelt, und wir hätten damit hier
jene Abwendung vom Glauben und jene Rückkehr, die uns bis zum Eingang
der Komödie führt. Kerner heifst es im 41. Kap. der V. N. von dem Sonette
Deh pere^i>^rim^ es wende sich an gewisse I*ilger, welche durch Florenz kamen
„in jener Zeit, da viele Leute gingen um das gebenedeite Bild zu schaueo,
das Jesus Christus uns als \Vie<lergabe seines sehr schönen Antlitzes gelassen
hat". Dies hat man von Alters her auf das Jubiläum des Jahres 1300 be-
zogen. Endlich ist am Schlüsse des Huches von einer wunderbaren Vision
die Rede, nach der der Dichter sich vorsetzte, von der Geliebten nicht mehr
zu singen, bis er sich in würdiger Weise vorbereitet hätte, und danach liotTte
er von ihr zu sagen, was noch von keiner gesagt worden. Hier glaubte man
«lie Andeutung derjenigen Vision zu haben, welche den Inhalt der Kumötlic
bildet. Daher setzte man die Beendigung der V. X. um 1300, und zwar
schon im 15. Jahrhundert, wie «He in der früher Witte gehörigen, jetzt strafs-
burger Ils. in Kap. 25 der V. N. interpolierten Worte zeigen. Das Convivio
aber wird damit, wie Lubin und Carducci sich ausdrückten, zu einer blofscn
Episode der Vita Nuova.
Indessen gewisse Schwierigkeiten blieben hierbei in der Deutung der
Donna gentile. Die einzelnen Umstände, welche die V. N. berichtet, das
Anschauen aus dem Fenster, des Dichters Zorn gegen sich selbst wegen
seiner Niedrigkeit und der Eitelkeit seiner Augen, <lie Bezeichnung seiner
Neigung für die Trösterin als eines avversario delia rai^ione (Kap. 40) machen
es uns schwer verständlich, wie es sich unì eine blofse Personifikation der
Wellweisheit handeln könne. Auch finden sich Abweichungen und Wider-
s|)rüche zwischen der Darstelhnig der V. N. und der des Convivio. Die Donna
gentile der ersteren zeigt sich sogleich freundlich und mitleiderfüllt , fordert
die Neigung des ganz in sich Gekehrten fast heraus; Madonna la Filosofia
ist zu Anfang grausam und s])röde, belohnt erst nach langem Miihen den
Anbeter mit Zeichen ihrer (inade. Ferner, mag man die Angaben der wenigen
Tage {aiqunnti t/i) , welche nach der V. N. die Neigung zur Donna pietosa
getlauert hätte, auch nicht so ¿,'cnau uehnien, immer erscheint hier das Ver-
hältnis als ein vorübergt-liemles, als eine Verirrung, wird v<in dem Gctlanken
an Beau ice bald wieder besii;^i, tier ilann tier Dichter von neuem ganz ge»
FORNACIAKI, STUDI SU DANTE EDITI ED INEDITI. 613
hört. 1st (liisc Donna pietosa die Philosoplìie, so hätte also Dante vor dem
lalirc 1300 (lie Bcschäftifjunji mit ihr als eine Verirninj; erkannt, als der
Beatrice feindlich und sie reiiij,' aufgegeben. Allein die Kommentare des
(unvivio reichen doch bestimmt über 1300 hinaus, und hier finden wir den
htichsten Enthusiasmus für die Philosophie. War es ein Rückfall in die schon
überwundene Verirrung? Dann wäre doch irgendwo etwas davon gesagt.
Auch das Verhältnis zwischen Beatrice und Philosophie, wie es sich im
(Duvivio darstellt, ist ein anderes als das /wischen Beatrice und Donna pie-
tosa in der V. N. Jenes ist ein allerdings ursprünglich feindliches, aber doch
vtTsohntes; denn einerseits nennt der Verfasser (Conv. II 2) die Verstorbene
tpicihi lient rict' beala, che vive in cielo co-i ^{>/i An^ioii, e in terra colla mia
anima , andererseits spricht er von dem nuovo pensiero (der Donna gentile)
<■//<• t-ra virtuosissimo siccome virtìi celestiale. Also liebte er wieder seine
Beatrice, ohne sich von der l*hiloso])hie abzuwenden. Philosophie und Bea-
trice hatten zugleich in seiner Seele Raum, was mit der Donna pietosa und
Beatrice der V. X. nicht der Kall war. Daher haben denn viele, und unter
ihi'.en ausgezeichnete Kritiker wie Todeschini, D'Ancona, Carducci, angenom-
men, dafs die Donna pietosa der V. N. eine reale Persönlichkeit gewesen und
erst in späteren Jahren von Dante umgedeutet worden sei, und auch V^ittc
bekannte sich neuerdings zu dieser Auffassung (Proleg. zur V. N. p. X), wäh-
rend er sich ehedem streng an die Deutung des Convivio gehalten hatte
(Dantef. 1 58 fl*. und anderswo). Gegen jene jetzt so verbreitete Ansicht haben
andere in jüngster Zeit heftigen Einspruch erhoben, Renier (Vita Nuova c
l'iammetta, p. 185 ff.) und Bartoli (Storia della Lett. Ital. IV 220 if.) mit grofsem
Aufwände von nioralischer Indignation über eine, wie sie meinen, so schmäh-
liche Lüge, deren man Dante zeihe; Imbriani (Uuando nacque Dante, p. 89 f.)
mit den gewcihnlichen Kraftworten, die er über seine Gegner auszuschütten
liebt; aber keiner von ihnen hat es unternommen, die Widersprüche zu be-
seitigen, welche sich aus Dantes eigenen Aussagen ergaben, und dieses gerade
war die Hauptsache, während mit dem Deklamieren wenig geholfen ist.
Fornaciari nun macht, nachdem er die verschiedenen bisher gegebenen
l'ikhirungen angeführt und beurteilt hat, einen bemerkenswerten Versuch,
lue Frage zu lösen, und, wenn auch, wie ich glaube, das gewonnene Rc-
>ullat anfechtbar ist, so hat doch seine Untersuchung in mehreren Punkten
Kl.irheit geschallt. Das Haupt verdienst derselben scheint mir dieses, die Zeit
■ 1er .Abfassung für die V. X. gegen die gewöhnliche Annahme dcñnitiv fest-
gestellt /u haben, womit ein Teil der Schwierigkeit und Verwirrung aus der
Danteschen Chronologie schwiniiet. Fornaciari setzt die Vollendung des
lUichleins wieder in das Jahr 1292. So that allerdings auch Fraticelli, aber
mit mangelhafter Begründung; so that Todeschini; aber seine Schrift über
die (■hn)m)logie der V. X. blieb Fragment. Dante selbst .sagte im Convivio
I I, indem er die Vita Xuova jener Schrift gegenüberstellte: E io in quella
ti i nan J alT entrata di mia ^ioventute parlai, e in questa dipoi quella ^ià
traf^a.ssata. Man solite nun freilich, nach Dantes Einteilung der Lebensalter,
scliliefsen, liie V. X. müsse spätestens in sein 25. Jahr fallen, also in die erste
Hiilfie von I 290, was aber unmöglich ist, da er mit ausdrücklicher Zeitangabe
mehr als ein Jahr über Beatrices Tod hinausgeht. F2ntweder drückte er sich
etwas ungenau aus, oder man mufs mit Fraticelli die Worte in quella dinanzi
6l4 RECKNSIONEN UNI) ANZEIGEN. A. GASPARY,
/usaitiiuciinchnicn .,iii jciiei fr>i<.'r(.'n", wie audi Witte wollte (Lyr. Gcd. IT o,
Anm.). Auf alle Fälle ist es da^e^^en uiulenkbar, dafs Dante mit ilen Worten
all^ entrata di mia ^i^ioventutc auf sein ^j^. Jahr ;4edcutet hätte, wo «lie ;»i<)-
Ventil tiir ihn schon halb vcrtlossen war. Lubin meinte, die Zeitbestinmiun«;
beziehe sich nicht auf die j^an/.en Bücher, sondern nur auf die in ihnen ent-
haltenen Poesieen, dii' der leichter al> deren Kern betrachte: aber Fornaciari
(p. 155) erklärt das niii Kecht lür unniö«ilich; Dante spricht offenbar von dem
«ganzen Werke, von <les«,on Absicht als «^an/eni. bezieht sich auf Dinj^e, die
nur in der Prosa enthalten sintl. Die Zeit der Piljjerzügc, von der ^^e^cn
ICndc der V. N. die Rede ist, l>raucht nicht die ties Jubiläums zu sein;
Dante konnte an «lie alljährlich statllindende Vorzeigung; (Icn Schweifstuchc>
denken, unii um so mehr ist dieses anzunehmen, als viele und die besten Ils«».
lesen: /// quel tempo che molta trente va pr:y reiiert' . . . >talt aniiara» >, Vax-
naciari, ]>. 116. Ja. die Slimmunj;, au> der Dante mit den l'iljjern r«;det, wiir<le.
wie Fornaciari bemerkt, ;;arnicht für da> Jahr Ijtx». für cinc Zeit *w> lanj^c
nach dem Tode tier (ieliebten pa>sen: «.ein Schmerz nnifstc noch ein frisclifi
î.ein, wenn er die <;anze Stadt an ihm partizipieren läfst. Und auch die Visitjn
.vm Schlüsse und den \^)rsatz einer j^rofNartij^en Dichtunj^ /um Preise der Ver-
>lorl)enen darf m.m nicht einfach mit der Vision der Komödie und der Idee de«
(icdichies in seiner späteren Ausführung i<lentitizieren: denn, sagt Fornaciari
treffend, die unschuldige Neigung zur Donna gentile ist keine so SiChwcre
Sünde , und nirgend xm^t in der Vita Nuova finden sich Vergehungen an-
gedeutet, die solche Mittel der Bekehrung wie die Wanderung durch «lie
Hölle nötig gemacht hätten. Vielmehr liegt die wahre Fpoclie tier Sündig-
keit für Dante hinter der l'>/ählung der V. N. , uml in dieser Zeit hat sich
ihm der anfängliche Plan des <ie«lichte'i umgestaltet. In der V. N. bemerken
wir schon eine gewisse Bekanntschaft mit der Philosophie: zweimal i^it .iiich
Aristoteles zitiert (Kap. 25 und 42): aber das bietet keinen Kinwand gegen
jene Zeitbcslimmimg; entwed(T lallt da< Buch schon in tlrn Anfang von Dantes
philosophischen Studien, wozu da^ Jahr 1292 sehr wohl jiafst, oder jene> KÎnd
Rcminisceuzen der Schule: <lenn ganz unbekannt war ja der Dichter auch
vorher mit diesen Dingen nicht geNxesen.
Somit hört ilas Convivio auf, eine blofse K])i<ode im Verliültnis /ui
Vita Nuova zu ^ein un»! lìillt ganz und gar, sowohl ilie Can/ouen aN <lie
Kommentare, hinter ilie Vollendung der letzteren Schrift. Wenn nun die
V. N. von einer Neigung zur Donna pietosa, k\. i. zur Philo.sOphie. und einer
Rückkehr zur Beatrici erzählt , und wir Dante im Convivio wieder als den
rntliuMaslischen Jüngei dei Phil«)>ophie lindeu , su glaubt Fornaciari hier in
der I hat an einen Rückfall. ,\n zwei verschiedene Perioden der philosophischen
Studien, eine crvic kürzeie, die schnell durch die Rückkehr des GedankeUìì
an die verstorbene Geliebii endctf, und eine weil längere, deren Denkmal
• hl*. ('«)n\ivio i>i . und während deren iler Dic.hlei auf Abwege geriet, bis
ihn die mysii^eht l<»isr zum Heile zurückluhrlt . Dante« Fehllrilt bestand
iber, wie Fornaciari (p. 161 IV.) ausfühit. idcht in d<*m Philosophieren an sich,
^luidern in der Art und Weise seines PhiloMiphierens, in dem zu grufsen
lüfcr, mit dem ei sich ijer «irübelei hingab, in der weltlichen Richtung,
die damit sein ganze>> Denken erhielt. Die Philosophie an sich ist nicht die
^ünde: im íMgenieil, -ie, die /um aktiven J-eben anleitet, ist mittelbar der
FORNACIAKI, S 1 UDÌ SU DANTK EDITI ED INEDITI. 6 I 5
Wc;^ /.un. coiitcniplaliven , /.uni c\vi«jcn Heile; Dantes Kchlcr sci j^cwescn,
<lafs cr sich das Mittel zum Zwecke machte, dafs er die Philosophie an Stelle
der Beatrice setzte. Die Umkehr geschieht auf demselben Wege wie der
Fall; die Philosophie in ihrer rechten Auffassung führt ¿um Glauben, zur
liealrice zurück, zuerst Virgil, Statins, d.i. die heidnische Philosophie, in
die sich der Dichter zu sehr vertiefte, dann Matelda, die Fornaciari in einer
längeren, sehr scharfsinnigen Ausführung mit der Scholastik und zuglcicli mit
der Donna gentile der Vita Nuova und des Convivio identifiziert (p. 167 ff.).
Mit dieser Scheidung zwischen ilem rechten und dem unrechten Philo-
M)pliieren in Dantes Auffassung hat Fornaciari unzweifelhaft recht. Die Phi-
l«)sophie spielt ja in der ganzen Komödie eine so hervorragende Rolle; selbst
iu)ch in dem Glaubensexamen des Paradiso werden ihre Argumente neben
der Autorität iler Kirche ausdrücklich als gültig anerkannt; die Ratio, Scicn-
li.i neben der Aucloriias erscheint zum Beweise für die Existenz und Macht
(iotles im Briefe an Can Grande (§ 2[ f.), und in einer seiner letzten Schriften,
dem rraktate />><' jlt/ua ei Tt-rra (vom 2ü. Jan. 1320) nennt sich Dante phi-
lo.\oplioyuni ininimusy zeigt dieselbe Liebe, wie im Convivio, für Aristoteles
und die Phih)sophie. Nicht in dieser selbst also, deren Anhänger er sein
Leben laiig blieb, kann die intellektuelle Schuld liegen, sondern in ihrer
i'berhebung, wenn sie sich auf Gebiete wagen will, die ihr versagt sind. Die
Beatrice des Purgatorio will mit den Worten E Teg¿^i vostra vìa dalla di-
iina Di.stai cotanto, tjuanto si discorda Da terra il ciel che più alto festina
nicht allgemein das menschliche Wissen verdammen, sondern es nur dem Glauben
unterordnen; eben in die-em Sinne führt ja Dante in der Schrift De Aqua
et Terra, § 22 die nämlichen Worte des Jesaias an, die er hier der Beatrice
in y\.itu Mund legt. Aber können wir das Convivio als das Denkmal einer
solchen Epoche j)hilosophischer I'berhebung in Dantes Leben betrachten r
Schon die Zeil tier Abfassung dieses Werkes widerspricht dem. Fornaciari
hat freilich (j». 1^4) die Chronologie Selmis acceptiert, nach welcher Gedichte
und Kommentare, soweit wir sie besitzen, im wesentlichen vor 1300 gcsclnic-
boii. und nach dem Exil nur einige Zusätze gemacht wären. Allein das wider-
Mtiiilu Dantes eigener Aufserung, der gerade auf seine durch das Irren in
.1(1 Verbannung geschaffene Lage die ganze Darstellungsweise im Buche
zurück fülm. und die Begrümlung, welche Selmi für die Hypothese jener selt-
>anieii Flickarbeit gab, ist eine höchst subtile, bisweilen sophistische. Witte
(Lyr. (led. II Oo) ^cizte das Convivio nach 1307, mit guten Gründen, und, was
felini dagegen vorbringt, wiegt nicht schwer: alles dreht sich schliefslich um
den Schuster Asdente von Parma, ilen Dante mit seinem òareOOe più nobile,
IV \i) als nt)ch lebend bezeichne, während er ihn in der Komödie (1300) be-
ri ils unler «leu Schallen trifft; Witte dachte. Asdente könne sprichwörtlich
gewesen sein und this mreOOe dann auf den Toten gehen; vielleicht steht das-
selbe noch in ilem allen Sinne eines Condii, jiraeter. statt sa reOOe stato; vielleicht
• liückle sich Dante nur nachlässig aus. Jedenfalls müfste man, wenn man eine
solche Erklärung ablehnt, konsequent sein unii zugeben, dafs Conv. IV 14
>j'älcr geschriebell sei als IV lO; denn wird hier Asdente als lebend genannt,
-o d(ul Glierardo d.i Cammino als tot, und er starb 1307 und bestimmt
nach I iO'J' 'Il ^'' /•»"■ '''«•'it der grofsen Vision Dantes noch lebte. Ich halte
<.s für ausgLinai ht, dafs das Convivio nach 1307 zu setzen sei, also weit später
6l6 REClíN'SIONEN I'M) AN/EIGEN. A. GASPARY,
ills (lie niyslischo Kci^t? <K'r Ktniiöiiic. Vnd wo lindel >icli in «icii i-ehr<n
jc!ie> Jiucbes amh iij^end ein Maii«,'cl an Drlluxloxie? Dante ¡)hilt>>n|ihiert
hier, wie das stets anerkannt worilcn ist, ^lrení; eliristlieh, wie S. Tommaen.
dessen Doktrinen i*r j;rofsenteil> reprodii/.iert: er or<lnel so oft ausilnickliili
sein Denken dem Glauben unter, be/eicbnet deutlich die Grenzen, w«) dit
Thätifjkeit der Vernunft auf/uhüren hat, und wo die OfFenbarunj; allein redet.
Beatrice und die Donna ijentile >ind, wie ^^e^aj^t, im (.'onvivio versöhnt, wohnen
neben einander in des Verfassers Geiste. Kr steht mit seinem Philosophieren
auf [janz demselben Stantlpunkte wie in der Komödie, und nirjjend ist etwas
von einem Gej^ensat/e der beiden Werke sichtbar, wie er vorhamlcn sein
müfstc, wenn sie zwei ñíí stark kontrastierenden Epochen seines Denkens eni-
si>rechen sollten. Die Canzonen ties Convivi«» Mn<l freilich vor 1300 ent-
standen; aber auidi sie spief^'cln keine an<lere Denkweise. Auch hier heir>l
es v«)n Madonna la Filosofia, wr» >ie re<le, sleij^e ein Geist vom Flimmel.
der Glauben brin«;e, ihre \Virk«<anikeit sei ho, dafs sie den (rlnuben unter-
stütze, und zu diesem Zwecke sei sie von (iott j^eschaflen (Canz. Amor ehr
nrlla mente mi ra¿^iofiii, str. 3). [Tn<l hätte in den (.'anzonen etwas von Un-
«^lauben , von Überhebunf; ^^esteckt, so hätte das Dante in dem Kommentar,
der strenji i^läubij^ ist, doch anj^enicrkt. Conv. IV i erwähnt Dante, er lialic
sich zu der Zeit, als er die Canzone /,*' tfo/ci rime tfamor verfafste. nïit iler
J''raj,'e beschäftigt, ob die materia ])rima von (jott j^eschaflcn sei, also hier.
wie Witte nachdrücklich hervcirliol». allerdin^^s mit einer Kra^e, die die Kirche
entschieden hatte. Aber die>e Bemerkung: des Convivio bezieht sich auf ilic
Verj^'angenheit , und sie allein wür»le uns llüchti^ eine Kpoche de** niel.i-
jdiysischen Zweifels andeuten, j^ej^en welche Beatrices Vorwürfe jjchen könnten.
und deren Spuren wii in D^intes Schriften selbst .s<mst ver^jeldich suchen.
So mufs man, wie ich ;^laube, dem Convivio in Dantes };eistif;<^ni Knt-
wickelunjjs^an}:ie eine andere Stelle, neben, nicht vor der Komödie anweÌM.*n.
uml die strcuj,'e Einheit der Triloj^ie i>t j^oiört. Aber auch in Re/.U}; auf
<len Zusanunenhan;^' zwischen Vita Nuova und Convivio bleilien, trot/. P'oma-
ciaris sinnreicher Deutung. ^;ewi>.sc Schwicri;»keiten. Es soll zwei vcfMiliicilene
I.i«besverhältnisse zur Donna ]»ietosa jícjíeben haben, vcm denen das Convivio
dA> zweite behandele: aber dieses macht doch vielmehr «len Anspruch, uns
das näuiliche zu schildern wie die Vita Xuooa. In V. N. und im (*onv. win!
ja die Jk'kann tschaft mit iler Donna pietosa von Anfanj; an berichtet, uuil,
wenn eine so bedeutsunic Cnterbrechun;: des Verhältnisses stattfand, warum
wird 'las im Convivio nicht erzählt: Immerhin hätte Dante also hier Ver-
schiedenes vermischt odir Wichtif^'c^ verschwie}.;en , uini auffallen mufs auch.
dafs >ich im Kommeniar der V. N. nicht «1er jjerinj^iste Wink über «lie alle-
}Tv)ri<che Bedeutun}^ (kr Doniia j^eiitile findet, und sie erst ein anderes Buch
ii> Jahre später anj^'eben niuf^. So ilrän|;t >\c\\ <lem I,eser dt)ch immer wieder
der (iedanke auf, dafs die Donna })ietosa tier V. N. eine wirkliche Person
¿:ewe?»en und er«^t iKulitraj^lich zur J*hili)sophie ^jewonlen sei. in der nämlichen
Weise, wie die wirkliche Beatrice später zur Allej^orie der Theölof^e wurde.
Cnd schreibt man deiiii mit iliescr ruHleutun«^' Dante eine so grufse Sünde
zur Man le^^'te die>e in di« .Xb-icht, die er dabei {gehabt hStte, sich von
einem Vorwurfe zu b«'freien. Allein uian l)e«lenke, dafs er im Convi\io nicht
sa«;i, er wolle sich rcini^'en \on der infamie der Liebe zur Donna pietosa,
FORNACIART, STUDI SU DANTE KDITT ED INEDITI. 617
son<itrn von «1er, wrîchc ilim scino aìle<x<>riscìien, falsch vorslandcncn Canzoncn
rinj;cl»rav'hl hätten. Dafs <liesc Can/onen auf die Donna pietosa der V. N.
j;in^;cn, beweist nichts, und es ist sehr unwahrscheinlich; sie waren gcwifs
von Anfanjj an alle¿j(jrisch, und als Dante 1294 das Gedicht Voi che intendendo
verfafsic, mochte das Verhältnis zur Donna pietosa, das 1291 bejjann, längst
zu Ende gewesen sein, ja war es sicherlich, wenn die Vollendung der V. N.
1292 fällt. Es war eine flüchtige Neigung, von keiner Bedeutung und sehr
unschuldig; in <1er Entfernung betrachtet mochte sie so auch dem zuerst
exaltierten Liebenden erscheinen, und er fand es, nach 16 Jahren, als er sein
gelehrtes Buch schrieb, bequem, sie als Allegorie für seine philosophischen
Studien zu beniitzen; eine leicht verzeihliche Fiction, da mit ihr sich keine
besondere Absicht verband; denn, wie gesagt, wegen jener fluchtigen Km-
phndung hatte er sich gar nicht zu rechtfertigen. Auch Fornaciari leugnet
übrigens durchau»; nicht, dafs der Donna pietosa eine reale Persönlichkeit zu
Grunde liege; nur will er, tlafs in ihr und so in der Vita Nuova überhaupt
zugleich von Anfang an auch schon der allegorische Sinn vorhanden gewesen
sei (p. H>0).. Dies war tue Ansicht des Marchese Trivulzio, die neuerdings
Renier verleidigt hat. Indessen, meint Fornaciari, habe Dante, als er die
V. X. schrieb, diesen allegorischen Sinn selbst nur unklar gesehen und zum
grofsen Teil ihn dem Buche erst nachher beigelegt. Damit erklärt er die
Stelle Convivio Í i, welche Renier und Bartoli zum Beweise für den allego-
rischen Gehalt der V. N. heranzogen; das Convivio sei ,, männlicher" geschrieben,
d. h. der Schleier werde hier gehoben und die Bedeutung dargelegt, die Liebe
verwandelt ^ich in das Studium; das Convivio will der Vita Nuova ,, keinen
Abbruch thun", weil es nicht die Wahrheit des buchstäblichen Sinnes in ihr
leugnet; e> will ,,ihr helfen", indem es das Mittel giebt, auch deren wissen-
schaftliche Seite zu verstehen. Aber giebt das Convivio denn wirklich dieses
Mittel.- Höchstens doch für eine Ej»isode der V. X., die der Donna gentile,
währentl wir über den Hauptgegensland nirgend Aufklärung erhalten, und
auch im Convivio von einer allegorischen Betleutung der Beatrice noch nicht
gesprochen wir«!. Ich glaube, daf>» die Stelle Dantes nicht richtig gedeutet
worden ist. Er sagt: sr nt'lla presente opera, la quale Convivio è nominata
Í- vo\/ie sia. pili virilmente si trattasse che nella V'ita Nuova, non intendo
però a quella in parte alcuna derogare, ma magj^iormente giovare per questo
quella, i'ri,''¿:,''cndo siccome raj^ionevolmente quella fervida e passionata, questa
temfnrata e virile essere conviene, und er verweist auf die Lehre von den
vier Lebensaltern un<l ihren verschiedenen Tugenden in Traktat IV. Hier
>agt Dante klar genug, worin die Hilfe bestehen soll, nämlich nicht in der
Auf Weisung cinc^ verborgenen Sinnes für das frühere Buch, sondern darin,
dafs an einer bestinmitcn Stelle ties (!onvivit> die Berechtigung jener früheren
verschiedenen Schreibweise nachgewiesen werde. Die Schreibweise der Vita
Xm)va ist leidenschaftlich und glühen<l, die <les Convivio gemäfsigt und männ-
lich; ihiN scheint \\\\x zu l)e«leuten , ilafs. während die letztere Schrift die
l'rucht wissenschaftlicher Beschäftigung, ein opus doctrínale ist, die erste <las
geratle nicht un<l nur Ausdruck ile*. Afl'ektes sei, und Dante will sagen, er
Ncrurteile dir^e Noine ehemalige Schreibweise jetzt, wo er sich einer anderen
zugewendet hat, dennoch nicht, halte sie für die in jener Epoche seines
Lelien> berechtigte, unti «iieses ist eben die Hilfe, ilie das (convivio der Vita
6l8 RECENSIONKN UNI) AN/EIGE:^. A. GASP AR Y,
Xuova leistet, dafs cs ilurch die Lelirc von den vier r.ebensaltcrn int {. Tiak-
l:ite deutlich weiden läfsl, wie eine Selirit't gleieli der V. N. für ila*. Jiin;;lin;:>'
alter aiij^eniessen í>cin könne.
A. (ÍA.S1»ARY.
Giornale di Filolog^ia Romanza. Vol. TV, fase. 3 -4.
C Anlona- Traverbi, /m Lia deirAmcto. Der Verfasser wei>l sein
umständlich die von Renier aufj^estelUe Hypothese /.urück, dafs Lia cinc (ìe-
liebte Boccaccios, die Mutter seiner natürlichen Kinder j^cwcscn sei, ein
/.ienilich überliüssijjer Beweis, wenn, wie Tr. selbst sajil, Keniers Gründe j;ar-
nichts wert waren, und ihn zudem Kiaiinj^', wie er versichert und durch Über-
setisunii lauj^er Stellen zeigt, in/wischen scln)ii j^eiuhrl hai.
B. Wiese, Ai' C'inzonttir di Ltvuanio (Jiusiiniafti secondu il cihìÌkc
^' 5» 7' 47 t'f//'í Pafatifiu di Firfuu. Die Balladen des Vcnetianers J.,cünardo
Giustiniani haben ein bedeutendes litterarhistoriüches Interesse, soMohl durch
ihren inneren AVert, da sich hier in ansprechender Weise mit den kunven-
tionellen Elementen der alten Liebesdichtnng echt volkslümMche Zü|{c mischen,
wie auch die Sprache vielfach die Spuren des Dialektes zci|»t, als besonders
auch dadurch, dafs sie aus einer Zeit staumuMi, wo die Produkte der K.un«>i-
dichtun^r in italienischer Sjirachc .«selten sind, und der Kmcucrung durch
Loren/o tie' Medici und J'oli/iano voranj^ehen. Ks war <laher ein vortreff-
licher Gedanke, die unifanj^reiche Samuìlunj; ilieser J.icder, welche eine ¡lala-
tinische li>. in Morenz enthält, und von denen I'alenno einige bekannt
j»emacht liatte. vollsiändij: zu verütfentlichcn. Wiese jjiebl hier eine ]i¡cnauc
Bcschrcibun;^ der Jls. , welche die unzureichende l'alcnTi«)s verbessert und
ergänzt, und Xachrichten von einent schon bekannten Drucke und einem
anderen von 14X5, «len er selbst aulVand ; ei hat auch nieiircre der Liciler
in einem liccardian. ('odex entdeckt. Ferner teilt er 8 der (iedichte nach
der I.A-.>art der palat. Hs. ndt. Durch ilie inzwischen erfolgte l'ublikation der
jjunzen Sanindung (Porsir cditt rd inedite dì L.iìiustininni per cura dì Jj.H'if^e.
Bologna, 1SS3, Scella ili (urioMi.'i, di.sp. 1^3) hai freilich «licse Probe ihren
eigentlichen /weck verloren. Die hier gegebeneu Stücke simi übri};ens ^ut
an>>gcwäldt und wohl geeignet, Giustinianis eigentümliche Manier /u kenn-
zeichnen, bt-iomlers die vier, welche, nach der in der populären Poesie be-
liebten Weise, Wechselgespräche zwischen den Í bebenden und zwischen Mutter
und locliler enthalten.
\'. ( .' r e > c i lì i , Hort- s y Bianca dar, Inhal tsangubc de> S|>anischen KonuU!»
natii eint.in Diucke des i(). jahrh., der sich in der Bibliothek von S.Marco
lu lindel. Bei «ler Seltenheit de^ Buche> und der Wichtigkeit, die man ihm
liir die J'!ni Wickelung des Sioile> in ikr I.itteratur beigelegt hat, inufs man
dem Veri'a>s( r ile^ Artikels dankbai sein, da Du Morii über diese Kcdaktion
nur wenige llüchtige J>enierkungen machte. Zum Schlüsse sind noch die nicht
unbedeutenden Abweichungen eines ganz modernen Druckes (Madrid, 1877)
verzeichnet, l.'ber die Beziehung der spanischen Redaktion £U dtn anderen
bekannt« n, hc.^onilers zum FU'Uudn beschränkt sich Ocscini hier auf vereiaxdtc
GIORNALE DI FILOLOGIA ROMANZA IV 3 — 4. ÓIQ
Andeutungen, indem er sich das Weitere für eine andere Arbeit vorbehält.
Man niiichtc wünschen, dafs er weniger zurückhaltend wäre, und die Resultate
seiner interessanten Studien über die südlichen Versionen der verbreiteten
Sage, die er hier und in einer früher erschienenen Schrift (Due Stuäi riguar-
danti opere minori del Boccaccio, Padova, 1 882) nur teilweise bekannt machte,
bald vollständig publizierte.
G. F usi na to. Un Cantastorie Chioggiotto , Nachricht von einem vor
kurzem verstorbenen Ermenegildo Sambo aus Chioggia, welcher in Venedig
dem niederen Volke die alten RittergeschiclUen erzählte, einem letzten Über-
reste jener ehedem >(» beliebten cantastorie, wie es in Neapel die kürzlich
von I*io Rajna so anziehend geschilderten Rinaldi sind. Fusinato hat den
vcnetianischen cantastorie in seiner Kindheit selbst erzählen gehört und ihn
>päter, nachdem derselbe sich von der Ausübung seiner Kunst in ein Alters-
hospital zurückgezogen hatte, dort besucht, um weiteres über diese Reste der
allen romantischen Volkslitleratur zu erfahren. Sambo erzählte alle seine, oft
verwickelten Geschichten völlig aus dem Gedächtnis; er konnte selbst nicht
lesen, behauptete aber seinem Publikum gegenüber, was er vortrug, einst vor-
lesen geliöri zu haben, um sich so mehr Ansehen zu verschaflen, da für das
Volk da?> Buch die höchste Autorität ist. In Wahrheit hatte er vielmehr.
\va>< er wufsle, selbst durch mündliche Tradition von einem älteren cantastorie
Cl halten. Fusinat<í teilt al« Probe für seine Darstellungsweise die aus seinem
eigenen Munde vernommene und stenographisch niedergeschriebene naive Er-
zählung von der Schlacht von Ronceval mit, und merkt ge\\nsse IJberein-
^limmungen n»it dem Margante, tier Spagna m Prosa und der Spagna in
rima an, von der er beiläufig ein wertvolles Ms. der <'orsiniana und einen
Druck ei)cndasclb>.t bochreibl. Schliefslich berichtet er von anderen can-
tastorie, welclie in ('hioggia selbst ihre Vorträge hielten oder halten, vom
Volke cupidi genannt, namentlich von dem noch leben«len Lodovico Dupuis,
del, seinem Berufe nach eigentlich Barbier, im Gegensatze zu Sambo ausge-
sprochene liiierarische Prätentionen hat, seinem Publikum vorliest und erklärt,
un<l selber die handschriftlich überkommenen Geschichten eines früheren
cupido bearbeitet.
VARIETÀ; T. (Ianni ¿zuro, Sulla Canzone della íVolina. Zu den
verschiedenen von S. Ferrari im Giornale, vol. Ill, betrachteten Versionen dcs
\nlkstiimlichen Liedes teilt C. noch eine sicilianische mit, und eine spanische
Romanze, welche dasselbe Motiv bebandelt. — E. Te za, Per il Rofnanzo di
li/andino da Cornoraglia, giebt die von P. Meyer, nach dem irrigen Citate
Kaynouards, vergeblich gesuchte Stelle der Memorie dell'Accademia di l'orino,
\v«) \r)n der Hs. des Romans in der kgl. Bibl. zu Turin und einer Analyse
desselben von Portalis de> Luckels die Rede ist. Teza» Nachforschungen
nach letzterer blieben fruchtlos. - J . Casini, Di Alcune Rime Attribuäe a
il /lo (ill Pi^lnia, liefert den dehnitiven Beweis, dafs in <ler Ausgabe der
í.íííIm ( iiin> von J'austino Ta^si 3 Sonette des i. Buches und das ganze
:. Buch, deren lùhlheil Bartoli bereits leugnete, in der That eine wissentliche
K.iUchung de«. Herausgebers -.ind, der sie aus <len Gedichten des Pctrarchisten
Marco l^iaceniini entlehnle, indem er die Anspielungen auf Iwiura in solche
auf Selvag;jia vorv^andelte. José Leite «le Vasconcellos, Litteratura
]'i>rliii'ueia. Contos Populares do cyclo de Christo e S. Pedro.
620 RKCKNSIONKV UND AN/KÎGKN. A. GASPARY,
KASSKGNA lUBLlOGKAFU'A : </. Rrz^tsco. Dizionarnulr/ /in::wt.i:i:io
îtnlitino storico e iimtninisttatho ((.'.Paoli, mil intcressniitni Zusäl/.cn).
/'. Ciisi'm', J.t: Rime dri poeti JJo/ttifucsi lit'i scy. XIII (Morj>urj;<)). — A'. Renu-r.
Uriche rditc rd inedite di /ut zio de^ç-/i liberti (cltTsclIie; zwei wiclit!í»c uml
lehrreiche Arlikel. von aufscrj^cwölinliclier Vcrlraulhcit mit der fillestcn il.il.
LiUeratur zeugend, wie aile ]<ecensionen Morpur^^os).
BULLETTIXO BIBLIOGRAFICO.
An iUm' Sj)it/e dieses I lelles des (.ìiornale stehen /.wei schöne unti wanne
Xekrolo«»e auf (^ai.\ nnil Canello aus der l*"eder von Rajna und D'Ovitlio: am
l^nde des Heftes findet sich eine Xachrichl, welche von <len Romanisten mit
lehhafleni Bedauerii aufj^'enommcn werden wird, nämlich, dafs das (ìiorniiir,
welches seinerseits einst tlie Riiistii di Fihloî^ia Romanui ablöste, auch in
der jelzijien Geslnlt seine Kxisten/ als rej;elmäf«»i},'e periodische Publikation
nicht fortzuführen ini Stande ist, uml dafs iler llerausj^eber an Stelle dessen
künfliji Sfndi di I''i/tdoi^'ifi Roinanza in freien /wischenräumen und ohne Alion-
nement trrscheinen /u lassen beabsichtiget. Alan kann nicht jíenuj» die in Italien,
wie bei uiis, immer zunehmende Zersplilterunj; der Kräfte auf romanistischeni
(rebiete beklagen, welche nun einem an sich so };esundcn und von Monaci
so vortrefllich ;jeleiteten Unternehmen den Fortbestand unmöjjlich gemacht hat.
A. Gaspary.
Giornale Storico della Letteratura Italiana. Diretto e redatto da
.\.(ìraf, Fr. Novati, R. Renier. Roma — Torino -- Firenze. Krm.
Loescher. Voi. I, fase. i". 18S5.
PROCìRAMMA. Die neue Zeitschrift will sich mit der italienischen
Litteralurjjeschichle aller Epochen, auf^er der nllerneuesten, boschSftif^n, Ab-
handlun;;en, Texte. Xotizen unti eine umfanj^reichc Ril>li()}:rr^]>bio ^eben und
Sí) «lie st)r<;fälli<,^en kritischen Siu<lien fönlern, welche notwendig sind, um
eine wisvon^chafiliche Geschichte der italienischen Utteralur vorzubereilcn.
Die Herausgeber übertreiben vielleicht etwas, wenn sie behaupten, dafs c» fiir
die Arbeiten auf dem bezeichneten (icbiete ^anz imd j^ar in Italien an einem
Orinane fehle. Der Propujjnatore brachte ehedem die wcrtviiUslen Untcr-
suchunj^en und Publikationen von D'Ancona, Rajna, D'Ovidio und anderen,
un<l ist erst in neuerer Zeit, ich weifs nicht aus welchen Gründen, »o herunter-
l^'ekommen. Das Giornale di Filolo^da Romanza führt, trot/, der ernstliaflen
Bemühunjjen seines trelVlichen Leiters, eine kärgliche Existenz, doch wohl
nur aus Mancad an re^^er Beteiligung:; von Seiten der italienischen Gelehrten.
Damit will ich die Berechtigung der neuen Unternebmunfr nicht bestreiten,
und nur wünschen. daf> sie ein besseres Schicksal haben raö^^e als jene beiden.
Ttimmaso Casini, La Colt um ììdo^ttese dei Secoli Xi I e XU i. In
diesi-m inleresvanten Artikel sucht der durch eine Reihe wichlif^er Pablika-
tionen über die älteste bolo^jnesische Litleratur bekannte Verfasser in einem
/usammenfasNcnden Bilde das reichbewejjie j^ei'^tij.^e Leben BulofniAS im 12.
und 1,5. Jahrh. darzustellen, wie t^ die Grun<llaj;e für die fo1|;ende Entwicke-
lun«; der Dichtun«; wurde. Die lTnivcr>ität war eine in ganz Europa berfibmte
(ÍIOKNALE STORICO HELLA LEITKKAIURA ITALIANA I, I. 6^1
Stätte tier Ivlnssischen SliuUen, und nicht h\of^ des römischen Rechtes, sondern
auch (1er Phil()>()|)hic und besonders der Grammatik und Rhetorik, deren
Haupiaufi^ahc damals die Anweisun^i zum Epistolar- und Urkundenslil bildete.
Xel)en diesem klassischen Elemente erscheint das ritterlich-romantische, die
proven/alis:hc Lyrik, verbreitet durch m) viele aus der Provence eingewanderte
Troubadours und fortjjeseizi von deren italienischen Nachahmern, unter welchen
ein Bolo^^iiese. Kamberliuo Buvalelli, einer der frühesten war, und die fran-
zösischen Chansons de «,'pste. welche die Spielleute dem Volke auf der Strafse
vortruf^en. Hier bleibt die fremde Sprache der Originale herrschend; aber in
(1er /weiten Hälfte iles I \. [ahrh. tindet sich der heimische Dialekt verwendet
in j)()pulären DiclUvmgen des verschiedensten Inhaltes und Charakters, im
j)«)liti.schen Seivcnlesc, in Gebeten und Lauden, in plebejisch cynischen Hal-
laden, in Liebcslie<iern von zarterer Empfindung. Aus diesen drei Strömungen,
der klassischen, der nnllclalterlich-romantischen, der volkstümlichen, welche
hier noch gcsonderl neben einander herlaufen, ging, wie Casini bemerkt, in
ihrer Verschmelzung die grofse nationale Dichtung des folgenden Jahrhunderts
hervor. — ('a^inis Mitteilungen über die grammatischen Studien in Bologna
sind unvollständig und teilweise irrtümlich ausgefallen, weil ihm die Arbeiten
Rockingers unbekannt geblieben waren : / 'öfr die Ars äictandi und die Summuf
dictaminum in Italien, in Sitzungsber. der kgl. bayer. Akad. d. W. zu München,
Jahrg. 1861, vol. I p. 98 fi", und Brief steiler und Formelbücher des eiiften bis
vierzehnten Jahrhunderts, in Quellen und Erörterungen zur bayer, u. deutsch.
Geschichte, vol. IX. München 1863 und 1864. Von den Schriften, welche
Boncompagno in seinem Hauptwerke, dem nach ihm selbst benannten Bon-
compai^nus, als die seinigen aufzählt, sagt Casini, p. 16, sie seien nicht mehr
vorhanden oder imbekannt ; aber sie finden sich alle, aufser der Jsagoga^ dem
Liber amicitiae und der Rota ì'eneri^, nach Rockingers Angabe (Q. und E.
1. c. p. 117) in einer Münchener lis., und Thurot in den Notices et Extraits
XXII, 2«î partie, p. 37 f. weist in zwei Pariser Mss. 10 Werke Boncompagnos
nach, unter ihnen auch Rota l'eneris und Über de amicitia, so dafs also nur
die Isiii^oga bis jetzt unbekannt ist. An den beiden Stellen finden sich dann
auch einige Schriften des Grammatikers genannt, deren Titel bei Casini fehlen.
Kockinger publizierte den Cedrux ganz und von dem Boncompagnus umfang-
I eiche Stücke, so dafs wir nicht mehr auf <lie Auszüge Sartis angewiesen
sind.* Der Boncompagnus beginnt nicht mit einem Dialoge zwischen Lehrer
und Schüler, wie (-asini sagt, sondern mit einem solchen zwischen dem Autor
und seinem Buche. Der Empfehlungsbrief für Bernart de Ventadorn trägt bei
Boncompagno nicht den ganz unpa.sscnden Titel De violatore et lyratore, über
den sich ("asini p. 23 wumlert, sondern hat ganz richtig De inventore cantionum,
d.i. die gew()hnliche l'bersetzung des Wortes troöador, s. Q. u.E. I.e. p. 163.
Das Jahr der Publikation des Boncompagnus ist nicht 1227, sondern 1226,
wie man bei Rockinger un<l Thurot sieht. Hatte Casini Rockingers Arbeiten
gekannt, so würde er wohl aufser Boncompagno und Bene auch andere be-
' Delisle ini Annuaire-Bulletin de la Société de l'Histoire «le France,
Année i <S6<), p. 152 teille die Vorrede von Boncompagnos fJber decern tabu'
larutn mit, die von Interesse ist wegen tier l'olemik des Autors gegen die
Schule \()n ()ilcauá.
022 RECENSIONEN UND ANZKIGEN. A. GASPARY,
deutenile (rramniatiker von Boloj^a erwähnl haben, wie Hu^o von Bolo^^na.
der noch in die i-rste Hälfte ties 12. Jahrb. ¿jehört, und namentlich Guido
Faba, Kaplan von S. Michele in Bolofjna, der eines seiner Werke I22g dem
Podestà Alijírandus Faba widmet, und dessen in <J. u. Kr. I.e. p. l85flr. jje-
druckter Traktat so besonders interessant ist, weil er neben drn hiteinischcn
eine j^anze Reihe von Musterstücken in der Vulfjär^j »räche giebt. d. h. wohl
die ältesten bekannten Proben /usammenhäni^ender italienischer Prosa. In-
dessen ilürfie Casini wejjen jener Unkenntnis /u entschuldigten sein, weil ihm
an seinem Wohnorte die genannten Hücher vit-lleicht nicht znf;änf*lich waren:
Xovati hat sie in diesem selben Hefte des Giornale citiert (p. <>)). aber in
einer Weise. <iie vormuten läfst, dafs er sie nicht j;csehen habe.
fi . M a / /. a t i n t i , Inventario dei Codici dâlfit BiblU>teca yiscontfO'Sforze.<ca
redatto da Ser Facino da iùii>riano nel 1459 e 1469. Von der ehemaligen
Bibliothek der Visconti un<l Sforza in T*avia. welche in der ersten Hälfte de>
lit.Jahrl). anj^elegt, dann be<leutend vermehrt, bei der Erobening des Herzog-
tums von Ludwig Xn. nach Frankreich geführt ward, und sich jetzt gröfsicn-
teils in der Pariser Xationalbibliothek befindet, giebt es ein Ver/oichni«. von
142O, welches der Marchese l)'A<ida publiziert hat, und ein anderes von 1459
mit Nachtrag von I46q, welches Delislc teilweise bekannt machte, und da-
nun Mazzatinli vollständig veröffentlicht nach der Hs. 11400 fonds lat. der
I'ariser Xationalbibl. Dieses Inventar bezeugt den grofsen Reichtum ilcr
Hiblioiluk, besitzt aber sonst eine weit geringere Wichtigkeit als die früher
ili der J<omania abgedruckten der Ksle und Gonzaga, erstens weil der Bücher«
scliaiz nur wenige Werke tier ritterlichen T-ilteratur enthielt, und dann weil
der Verfasser der fristen die Bücher ganz allgemein und unbestimmt bezeich-
nete, ohne nähere Andeutungen über »len Inhalt und das Aussehen des Exem-
plars zu geben, weshalb auch der Herausgeber es unterlassen mnr>te. Identiíi-
kationen mit den noch vorhandenen FIss. zu versuchen.
Marco Landau, A<* Tradizioni Giudaiche nelìa NoitlUstica Italiana.
>ucht für die Trcschichte von Bileam im Novellino und iiir einen Zug in
Boccaccios Tiriselda einen wenigstens indirekten Ursprung aus der hebräischen
Lilteratur des Mittelalters nachzuweisen.
Fr. N ovati. Tre Latiere Giocose di Cecco d^Asco/i. E» sind drei kleine
l.iteinische Briefe, der erste ein scherzhaftes Schreiben an die Heller and
Gtdden, welche <ler Veríiisser verherrlicht un<l um Beistand bittet, der zweite
die Antwort <ler Heller und Gulden; diese beiden fand der Herausgeber in
einer l^Is. (.'orsini und einer von S. Marco: er fafst sie als eine Parodie de*
durcli die damalige grammatisch-rhetorische Kunst in Fonnelbiicheni und Brief-
Ntellern typi*»cii geregelten und erstarrten Epistolarstiles, und macht bei dieser
firlcgenheii interessante Mitteilungen über alte handschtiftlich oder in sel-
tenen Drucken erhaltene Parodien von Predigten und Briefen. Das dritte
Schreiben, nur im Cod. (^)rsini betin<llich und aus wenigen Zeilen bestehend.
i>t eine Liebeserklärung an eine Nonne, welche mit einem gottcsISsterlicben
Wun-che vchlicfM. Xovati glaubt, dafs der Inhalt dieser Briefe sich recht
Wdhl mil >U-:ii un> bekannten riiarakter Ceceos von Ascoli vertrage, ist aber
iloch nicht ganz sicher, ob die Briefe wirklich von ihm herrühren, und ihm
nicht tiwa jiacli .meinem l'ode untei geschoben worden sind.
GIORNALE STORICO DELLA IXTTER ATURA ITALIANA I, I. 623
Achilìe Neri, f^na Commeâùt deìr Arte^ handelt von einer italienischen
Komödie Trnfaliliito Afedico Vofanfe (ijedr. Milano 1673, aber auch schon
vorher), welche mit ausijelührtem Dialogue genau dem von Bartoli publizierten
Scenario entspricht. Das Interessante an dem Stücke ist dieses, dafs es in
seiner vernachlässijjten unlitterarischen Form uns unmittelbar den Dialog zu
hielen scheint, wie ihn die Schauspieler improvisierten, und nicht eine nach-
trägliche Bearbeitung desselben, wie die von Bartoli angeführten Beispiele
von Stücken, die, zuerst improvisiert, nachher vollständig gedruckt wurden.
Neri setzt den Scenario Harlolis und damit auch die von ihm besprochene
Komödie in die erste Hälfte des 17. Jahrh. und hält sie für die Originale
Molieres, indessen, solange der Beweis für ein solches Alter des italienischen
Stückes fehlt, kann man immer nicht bestimmt entscheiden, ob es nicht etwa
selbst eine Nachahmung und Erweiterung von Molieres Farce ist. Das Lust-
spiel von Boursault . welches dem Molieres sehr nahe steht, hat Neri nicht
mit in Betracht gezogen; jenes ist nach Angabe des Verfassers aus dem Ita-
lienischen übersetzt, welchen Ausdruck man freilich nach dem damaligen
Sprachgebrauchc nicht so genau zu nehmen braucht, so dafs er Neris Ansicht
nicht widerstreitet. Weiter glaubt Neri eine bisher unbekannte Quelle für
Molieres TartutVe in einem Scenario Flaminio Scalas, dem Pedante, entdeckt
zu haben; Scalas Pedant ist ein Heuchler, der grofscn Einflufs im Hause
Pantalones erlangt hat und unter dem Scheine strenger Tugend und Frömmig-
keit Pantalones Frau Isabella zu verführen strebt, aber von dieser durch
scheinbare Bereitwilligkeit gefangen, entlarvt, luid von dem Gatten gezüchtigt
wird, pjne Ähnlichkeit ist also freilich vorhanden, doch vielleicht nicht eine
solche, welche flie Entlehnung zu völliger Gewifsheit erhebt.
Giuseppe Biadego, Vua I^'itera di Vincenzo Monti, publiziert einen
kurzen unedierten Brief Montis an den Grafen Giovanni Roverella, datiert
Milano, 10. Ott. 1821, der zu einer chronologischen Berichtigung in Montis
Briefwechsel Gelegenheit giebt.
KASSEfiNA BIBLIOGRAFICA. D' Ancona e Campar etti, U Antiche
Rime ì'oìi^ari. voi. // (('asini). Dieser umfangreiche Artikel giebt eine grofsc
Anzahl Emendationen . namentlich zur Berichtigung der metrischen Form,
ferner Bemerkungen über die Attribution der Gedichte, bisweilen auch über
die Personen der Autoren. Die Textverbesserungen sind teilweise vortreff-
lich, mehrfach aber auch gewaltsam und wenig überzeugend. So mufsten,
um das erste Lied des Bandes ganz in Ottonarien herzustellen, dem Dichter
die abscheulichsten Verse zugeniutet, vielfach der tonlose auslautende Vokal
im Hiatus als besondere Silbe gezählt, c'iera, sembiante, sembianza etc. ange-
nommen werden , was wenigstens so oft in einem Stücke kaum vorkommt.
Für das zweite Lie<l hat wohl ('asini das richtige Schema der Strophen ge-
bmden; nur. statt V. 4 und 8 für Ouinarien zu halten, ist es einfacher auch
als 3. Vers einen endecasillabo mit Binnenreim zu setzen; die Änderungen
im einzelnen verdienen auch hier nicht alle Reifall ; unter anderem hat Casini
lî^nrecht, sollenanza in sollevanza zu ändern; das erstere steht in gleichem
Sinne auch bei D'Ancona. Venti Sonetti Inediti (Propugnatore VI i'^) No. 17,
w<» e^ Carbone gleichfalls mil Unrecht bessern wollte, das Verb so/lena bei
Trui i hi I 1 40 zweimal, und bei Brimetto Latini, Tesor. XIX 127 (ed. Zannoni),
wn es iiuich Reim auf mena gesichert ist; man vergleiche auch das noch
024 RRCENSIONKN UND ANZI-.IQKN. A. GASHARY,
vorhandene ull^mue. Die jjrnfse Menge von Casinis Bemerkun((en isi hier
/u bespivchen uniniij^^liih. Bti No. 177 fragl er, wie es komme, dafü nach
<Jaix der (.'od. V <la.s Gedicht Jiinaltlo d'Aquino zuschreibe, und im Drucke
kein Aiiiornanu- -îUrhc: ein Blick in Giion» Verzeichnis liätte ihm die Ant-
wort gej[;cl)en : dtr Name Rinaldo d'Aquino ist nachträglich äl)er;;esch rieben. —
.-/. GlierarJi^ (ili Statuti dfila (.'niversità f Studio FiorifniOio (Novali). —
/'. Sraäiifo, Stato f (liùsa /tv^/i scritti politici ecc. (Chiapjielli). — /». Im»
banca, Marsi/in dit ì^ufova iChiappelli). — P. Vitìari^ Niccolò Machiavelii,
Voi. ni ^Ferraj). /•. Sahicrajt^^iio, Le Odi del Pari ni (Novati). — iì. Finù,
i^ziani di Storia delia I^tt, ¡tal. {Renier. Der Recensent kennt, nach p. 129.
eine fis. von Malas]uni^ ("hronik ans dem 14. Jahrh. in der Bibliothek Lord
A^hburnh.im-», von der, wie ich glaube, man bisher nichts wufste.)
BOLi.KJTlNO BIBLIOGRAFICO.
SPOGLIO DKLLE PUBBLICAZIONI PKRIODICHK.
Kür diese beitlen sehr umfangreichen Littcraturübcrsichten mufs man
den Herausgebern namentlich auch im Auslande dankbar sein, da sie ¿um
gror>en Teile von i Publikationen Nachricht geben, diu nicht in den Handel
gekomnien oder in zahllosen ilies-icit *ler Alpen unerreichbaren Journalen ver-
^treut sind.
( RONACA.
Anno 1, vol. I, fase. 2".
Michele ?' a 1 o e i P u 1 i g n a n i , Ar- Arti e le Lettere alla corte ilei Trìnci
di Foliii^nio. Die Trinci herrschten über Foligno von 1 305 bis 1 439, und
mehrere Mitglieder der P'amilie, besonders Ugolino III. (+ 1415) **'>*J CoX'
rado III., dor let/.te der Dynastie, waren Beschützer der Kunst und Dichtung,
wie so viele der kleinen Herrscher Italien> im Zeitalter der Renaissance. Im
ersten Abschnitte des vorliegenden Artikels zählt der Verf. <He Überreste von
Kimstwerkcn in Foligno auf, welche in dieser Epoche entstanden, die Fresken
in der Sala dei Giganti des ehemaligen Palastes der Trìnci, die der Haus-
kapelle, welche von Ottaviano Nelli aus Gubbio 1 424 vollendet sind, die
Madonna mit dem Kinde von dem Fulignaten Bartolomeo di Tommaso in
S. Salvatore (1 430), u. s. w. Der zweite Abschnitt handelt von den Dichtem,
und zwar zuerst von Tommasuccio, dem Nachfolger Jacopones. Pulignani
verteidigt gegen Mazzatinti die Richtigkeil der Angabe, dafs Tommaso Unno,
vom Volke Tommasuccio genannt, in Gualdo geboren sei; aber er lebte in
Foligno und scheint in freundlicher Beziehung zu Trincia Trìnci gestanden
zti haben. P. giebt eine umfangreiche Bibliographie über diesen naiven und
ungebildeten Dichter, berichtet über seine Profezia und die anderen teilweise
ungedruckten Lieder, und sucht in seiner in Prosa abgefafsten Vistone Re-
miniscenzen aus der göttlichen Kommlie nachzuweisen. Von Paolo da Foligno,
Knde de< 14. und Anfang des 15. Jahrb., ist so gm wie nichts bekannt, da
2 liss., welche Gedichte von ihm enthielten, und welche noch im vorigen
Jahrh. existierten, inzwischen verschwunden sind. Der Artikel, der fortgesetat
werden soll , schliefst mit Pierangelo Bucciolini und seiner Leggenda di
S. Feliciano, welche kürzlich von Mancinelli im Propugnatore veröffentlicht
worden ist. und deren poetisches V'erdienst P. mit Recht sehr gering
schlägt.
GIORNALE STORICO DFXLA LETTERATURA ITALIANA I, I, 2. 625
Michele Scherillo, La Prima Commedia Musicale a Venezia. Venedig
war die Stadt, welche zuerst ein stehendes musikalisches Theater besafs; 1637
ward hier die Androtneda von Benedetto Ferrari, mit Musik von Francesco
Mamelli gegeben. Aber in der volkstümlichen komischen Oper, der später
sogenannten opera buffa, ging Neapel voran. Die erste komische Oper, die
in Venedig aufgeführt wurde, war die Elisa (171 1) von Domenico Lalli, wie
sich pseudonymisch der Neapolitaner Sebastiano Biancardi nannte. Von diesem
giebt Seh. biographische Nachrichten, Aufzählung seiner Werke, und zeigt,
dafs seine Elisa nichts mit der populären Oper in Neapel gemein hat, viel-
mehr aus der gelehrt klassischen Richtung stammt, welche statt der gegen-
wärtigen Realität die fremdgewordenen Verhältnisse der plautinischen Komödie
darstellte. Die Elisa ist nicht original, sondern Bearbeitung von Niccolò
Ameutas Gostanza, die ihrerseits wieder aus den Inganni des Niccolò Secchi
geschöpft ist. Aus diesem letzten Stücke stammt das so stark hervortretende
unsittliche Element, das bei Amenta noch sehr sichtbar, bei Lalli verhüllt ist.
Die Häufigkeit des Plagiats an älteren Stücken mufs uns, wie Seh. am Schlüsse
bemerkt, vorsichtig machen, wenn wir eine Komödie als das Spiegelbild der
Sitten ihrer Epoche auffassen wollen ; es gilt zuerst zu ergründen, welche Be-
standteile aus einer anderen Zeit etwa verarbeitet worden sind.
G. A. Scartazzini, Gli Studi del professore Scheß'er - Boichorst , ist
eine Kritik des Buches „Aus Dante*s Verbannung**, eine Kritik, deren An-
fang und Ende mit dem Reste schlecht genug zusammenpafst. Zu Anfang
und Ende spendet der Recensent Scheffer-Boichorst ein hohes Lob, nennt
sein Buch eine der wertvollsten Publikationen über Dante im verflossenen
Jahre, und acceptiert doch von allen in dem Buche verfochtenen Ansichten
nur eine einzige, nämlich die betreffs der Authcnticität des Briefes an Can
Grande, erklärt hier aber den Beweis im Grunde für überflüssig und von
einigem Nutzen nur in Deutschland, und bestreitet, sehr mit Unrecht, dafs
der Verfasser für die Echtheit irgend ein neues Argument beigebracht hat.
Alle anderen Resultate von Sch.-B.s Forschungen verwirft Sc. durchaus, ja
klagt den Verfasser der Nachlässigkeit und Leichtfertigkeit, des Widerspruchs
mit sich selbst an, beschuldigt ihn, die Werke Dantes nicht ernsthaft studiert
zu haben (p. 272). Scartazzini glaubt allerdings, dafs Dante nicht erst 1320
nach Ravenna gekommen sei, aber aus anderen Gründen als Sch.-B.; denn
den Brie! von 1313 an Guido von l^olenta fahrt er fort für unecht zu halten,
und er setzt jene Übersiedelung auch nicht 131 3, sondern 1316, weil ihm der
Aufenthalt in Lucca kein blofser Ausflug sein zu können scheint. Hat man
übrigens Recht, diesen von Dante flüchtig angc<leuteten Aufenthalt in Lucca
mit solcher Bestimmtheit zwischen 1314 und 131Ò zu setzen.^ Man thut es,
weil die Stailt vorher guelfisch war; aber Dante weilte ja so oft bei Guelfcn,
bei den Malaspina, bei (iuido Novello, bei Guido Salvatico, der sogar zu den
Schwarzen gehörte. Warum konnte der Dichter nicht in einer Zeit, wo der
Parteihader weniger heftig war, etwa 1308, kurz oder lang sich auch in Lucca
befinden? Sc. verteidigt weiter Gemma Donati gegen Sch.-B., wie er es
früher bei Gelegenheit anderer Angriffe that, und, wie ich glaube, ist ihm
hier beizustimmen; denn alle Nachrichten oder positiven Andeutungen über
das Verhältnis zwischen Dante und seiner Gattin fehlen uns. Wenn man sich
wundert, dafs Dante sie nirgend in seinen Dichtungen erwähnt hat, dafs, wie
Zeitüohr. f. rom. Thil. VII. ^O
626 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. A. GASPARY,
Sch.-B. sagt, „kein Lied sie verherrlicht", so heifst das doch wohl die Zeiten
verwechseln. Die Liebe, wie sie in den Gedichten Dantes und seiner Zeit-
genossen zum Ausdrucke kommt, lag von derjenigen weit ab, welche er bei
seiner Gattin finden konnte. Alle diese Dichter schweigen von ihren Familien-
verhältnissen ; die Gattin spielt eine prosaische Rolle; sie befindet sich ganz
aufscrhalb des litterarischen Horizontes, und neben dem Affekte, welchen man
ihr widmete, konnte ein anderes Gefühlsleben bestehen, welches als das höhere
galt. Die Ehe konnte daher auch in Dantes Augen nicht als Gegensatz gegen
seine Liebe, nicht als Untreue gegen Beatrice erscheinen, wie sie Scartazzini
selbst irrtümlich aufgefafst hat. Dantes Schweigen kann uns somit nicht be-
fremden; wie viele giebt es denn sogar heut*, bei unseren so verschiedenen
Begriffen, die ihre Khefraucn besingen? Auch in dem, womit Sc. die gegen
Dante erhobene Beschuldigung einer starken Sinnlichkeit zurückzuweisen sucht,
ist mancherlei Zutreffendes; über das Verhältnis zur Gentucca wissen wir
nichts Sicheres ; der Brief an Maroello Malaspini braucht nicht unecht zu sein,
wie Sc. will, von sinnlicher Liebe redet er gewifs nicht. Die Zeugnisse von
Schriftstellern des 14. Jahrh. fallen wenig ins Gewicht; denn, wie Sc. mit
Recht bemerkt, die Liebesdichter kamen damals leicht in schlechten Ruf.
Geben wir zu, dafs Dante ein Mensch war, machen ihn aber auf solches Ge-
rede hin nicht zu einem Wüstling und Weiberverfiihrer. — Die Zeit für die
Abfassung der Monarchia hält Sc. jetzt für gamicht fest bestimmbar, setzt
dieselbe allerdings in Dantes spätere Jahre, jedoch auf Grund anderer Er-
wägungen als Sch.-B., dessen Argumentation er als verfehlt ansieht. Noch
mehr scheint es ihm diejenige bezüglich der Echtheit des Briefes an Frate
Ilario, der, selbst wenn der Codex Boccaccio gehört haben sollte, was Sc.
bezweifelt, doch nur eben ein älterer Betrug wäre; denn vor allem sei es
undenkbar, dnfs Dante schon 1308 das Inferno vollendet gehabt habe. End-
lich die zweite kürzere Redaktion der Vita di Dante hält Sc. auch fernerhin
nicht für Boccaccios Werk, ohne dafs er sich auf die Gründe cinliesse; die
historische Glaubwürdigkeit Boccaccios scheint ihm unzureichend begründet,
wenn man immer nur die Vita di Dante in Betracht ziehe; aus seinen anderen
historischen Arbeiten, den Büchern De dar, mul. und De cas, vir. iU. sei zu
ersehen, dafs er gerne Geschichten erfand.
VARIETÀ: A. Graf, // Zibaldone attribuito ad Antonio Pucci, giebt
nach dem Cod. Rice, den Inhalt dieser ehedem von D'Ancona bekannt ge-
machten Excerptcnsammlung vollständig an und teilt ein Sonett Puccis und
die Geschichte der Giündung von Florenz daraus mit, welche letztere in
mehreren Punkten von den bekannten Darstellungen abweicht und, was von
Wichtigkeit ist, auch die bei dem angeblichen Ricordano Malispini sich fin-
dende Er/.ählun;; von der Liebe Catilinas zur Königin Belisea und der des
Centurionen /a\ deren Tochter Teverina enthält. Dafs die Sammlung von
Pucci hcrrührr, und mit dem Zwecke angelegt worden sei, dem Bänkelsänger
als Rcpertoir zu dienen, wie D'Ancona annahm, hält Gr. für sehr gut mög-
lich, wagt aber nicht Inrstimmt zu entscheiden. — R. Renier, Un Codice
Malnoto del V Acerba, Fiesclìreibung einer Ils. der kgl. P'rivatbibliothek zu Turin,
nach R. von Mitte des 14. Jahrb., und Mitteilung von 54 Versen als Prolïc. —
A. M ed in. La Biblîoi; rafia della Mandra¿^ola, verteidigt gegen Borgognoni
Villaris Ansicht, dafs Macîiiavcllis Komödie nicht vor 15Í3 vcrfafst sei. Der
GIORNALE STORICO DELLA LETTERATURA ITALIANA I, I, 2. 627
Beweis, dafs die erste Ausgabe von 15 13 sein müsse, ist mangelhaft; denn
daraus, dafs ein Druck von Ariostos Supposai ähnliches Papier und Format
und ähnliche Typen zeigt, folgt doch noch nicht, dafs beide Ausgaben dem-
selben Jahre angehören. Freilich, da es unzweifelhaft ist, dafs die Mandra-
gola nicht vor 15 13 entstand, so kann auch der erste Druck nicht älter sein. —
C. Paoli, Uli Sonetto al Duca d* Atene. Dieses Lobgedicht, aus einer lauren-
zianischen Hs. herrührend, ist von einem Piero d'Anselmo.
RASSEGNA BIBLIOGRAFICA : U. A. Canello, La Vita e le Opere
del trovatore Arnaldo Daniello (Renier. Der Recensent entwickelt gewisse
Ansichten über die Kritik provenzalischer Texte, die sich wenig durch Klar-
heit auszeichnen und auf keine besondere Vertrautheit mit diesen Studien
schliefsen lassen. Dann geht er mit grofser Breite auf die berühmten prose
di romanzi ein, die Arnaut Daniel nach Dante geschrieben haben sollte,
schiebt G.Paris (p. 315), wenn ich recht verstehe, die Meinung unter, dafs
nach Dante Arnaut auch frz. geschrieben habe, und giebt mit einiger Selbst-
gefälligkeit als ganz neu (p. 318) im Grunde gerade die Auffassung von Dantes
Versen, welche diejenige von G. Paris ist. Und abermals verkehrt er des
letzleren Ansicht, sie bekämpfend, p. 320, indem er ihn sagen läfst. Tasso,
nachdem er in den Discorsi del Poema Eroico Arnaut einen Lancelot zuge-
schrieben hatte, thue es in dem Discorso sopra il parere fatto dal signor
Fr. Patrizio nicht mehr, weil er es vergessen habe, während in Wahrheit
G. Paris (Rom. X 480 f.) sagte, an der ersten Stelle schreibe Tasso Arnaut
einen frz. Lancelot zu, und an der zweiten habe er sich korrigiert, und rede
vielmehr von provenz. Romanen , ohne einen Lancelot zu nennen. G. Paris
beging hier allerdings ein Versehen, aber ganz anderer Art; der Discorso
sopra il parere etc. ist nämlich vom 8. Sept. 1585, und die Discorsi del Poema
Eroico waren am 9. Juni 1587 noch blofses Projekt und sind erst 1594 er-
schienen (s. Lettere del Tasso, ed. Guasti, III 210). Also ist die in den letz-
teren enthaltene Stelle über Arnaut die spätere, und von einer Korrektur
seiner früheren Ansicht kann bei Tasso nicht die Rede sein. Renier meint,
Tassos Äufserung sei schwerlich grundlos, und wenn er auch im Irrtum sei,
Arnaut einen Lancelot beizulegen, so habe doch gewifs ein provenz. Lancelot
existiert, wofür er sich auf das Citat Chabaneaus aus einem alten Inventar
beruft, und auf die Möglichkeit, dafs das Ms., dessen eine Merlin-Übersetzung
enlhaltendcs Fragment der Abbó Guillaume auffand, zur Zeit seiner Voll-
ständigkeit auch eine Lancelot-Übersetzung enthalten habe. Reniers ganze
Darlegungen würden offenbar gewinnen, wenn er, anstatt mit so vielen ge-
lehrten Citaten zu prunken, die Stellen, auf welche er sich bezieht, genauer
ansähe. A me sembra che uno scrittore, prima di accusare gli altri di legge-
rezza » dovrebbe cercare di non essere leggero egli stesso, sagt er mit Recht,
p. 320; nur pafst das nicht auf G.Paris, auf den er es anwenden will, sondern
auf einen anderen, p. 323 beschuldigt er sich selbst eines solenne sproposito,
und fügt hinzu: // mio errore si deve tutto alla memoria, cui talora troppo
facilmente m* affido; eine üble Gewohnheit!). — E. Celesia, Storia delle Lette-
ratura Italiana nei Secoli Barbari (Graf. Gerechter Tadel dieses wertlosen
Machwerkes). — G. Sif^igaglia , Saggio di uno studio su Pietro Aretino
(Luzio; am Ende teilt der Recensent ein Dokument aus dem Archiv Gonzaga
zu Mantua mit, aus dem hervorgeht, dafs Pietro Aretino durch einen Fall
40*
628 RFXENSIONEN UND ANZEIGEN. A. GASPARY,
mit dem Stuhle starb). — K. IVon, Bciivenuto Cellini (Campori). — Fr.Ruspoli,
Poesie, p, da C. ArDa (Toci). - R. Koehler, Ein Brief Goethe* s an A. Poerio
(Novati).
BOLLETTINO lUBLIOGRAFICO. Bei Besprechuni; von Serafinis
Canzoniere Ji Dante heif>t es ¡i. 348, -Bartolis Vcrmutunf; über die von Dante
im Briefe an MarocUo Malaspina und der zu;;ehörij^cn Canzone geschilderte
Geliebte sei vielleicht falsch, verdiene aber nicht den Vorwurf, der ihr im
I-iteraturbl. f. fjcrni. u. roni. Thil. 1883 p. 68 gemacht worden. Kinigc Bemer-
kungen mögen /eigen, dafs die Beschuldigung der Verkehrtheit nicht ohne
Grund gegen Bartolis Ansicht erhoben wurde. Nach dieser wäre die Can-
zone allegorisch; die Erscheinung, welche den Dichter zu plötzlicher, furcht-
barer Leidenschaft fortreifst, soll das Bild seiner Vaterstadt sein, als einer
besseren, so wie sie seinen Wünschen entsprechen würde. Die Curia, von
der Dante geschieden ist, erklärt B. für Florenz, wie es Torri geihan hatte.
Allein wie kommt Florenz dazu, ein ,,Hof** genannt zu werden? Und wie
kann der seit lange Verbannte (seit lange; denn es heifst. Amore, d. i. nach
Bartoli die Liebe zu seiner Stadt, sei nach langem Exil in ihn wieder ein-
gekehrt, und Bartoli will, er habe damals schon an der Komödie geschrieben),
wie kann er sagen : mihi a limine suspiratae curiae separato . . . çuum primum
pedes juxta Sarni fi uenta ... defif^eremì da mufste er doch eben erst aus
Florenz verstofsen sein. Und wie konnte der Marchese in FJorenz beobachten,
dafs Dante vom Dienste der Liebe gelassen habe (iV/ "qua, velut . . . %ñdistis,
fas fuit sequi libertatis officia)^ da jener doch weit entfernt in der Lunigiana
weilte? Und diese libertas wäre doch nun die Freiheit von der Liebe zu
F'lorenz; also in Florenz selbst war Dante von Liebe zu Florenz frei, sie fiel
ihn an, als er herauskam. Aber damit ist es nicht gcnng; Dante sagt zn
Ende des Gedichtes: „o Lied, sage meiner grausamen Vaterstadt, dein Ver-
fasser könne jetzt nicht mehr Krieg gegen sie fuhren; ihn hält jetzt eine Kette
fest, dafs, riefe man ihn auch zurück, er nicht mehr Freiheit hat heimzukehren".
Also das Bild eines idealen Florenz fesselt Dante in den Bergen so, dafs er
in das wirkliche F'lorcnz nicht zurück kann. Und diese Auslegung der Stelle
acceptiert Bartoli ausdrücklich, und dergleichen kostbare Gedanken mutet er
einem grofsen Dichter zu, um ihn von einer angeblich unpassenden Handlung
frei zu sprechen (unpassend nach heutigen Begriffen , nicht nach damaligen)!
Heifst das nicht auf Abwege geraten?
SPOGLIO DELLE PUBBLICAZIONI PERIODICHE.
CRONACA.
Anno I, vol. I, fascicolo 3".
Fr. Novati, Im Cronaca di Sa limbe ne. Diese vortreffliche Arbeit hat
den Zweck, eingehenden Bericht über das Verhältnis der einzigen Vatican. Hs.
zu dem bekanntlich stark verstümmelten und entstellten parmcnser Drucke
von Fra Salimbencs Chronik zu erstatten, da die früheren Mitteilungen Clédats
diese Aufgabe nur in mangclhaficr Weise erfüllt hatten. Den UmCing der
Fortlassungen in der Ausgabe hat man wohl übertrieben, und dieselben schä-
digen, wie Novali bemerkt, das Werk mehr in seiner litterarischen als in
seiner historischen Bedeutung, aber crstercs doch in einer solchen Weise, dafs
eine neue Publikation durchaus geboteu erscheint. Was Monsignor Marini
GIORNALE STORICO DELLA LITFRRATURA ITALIANA I, I, 3. 62Q
in der unter seiner Leitung angefertigten Kopie unterdrücken lies, war nament-
lich eine sehr grofse Anzahl der von Salimbene beständig verwendeten Citate,
wodurch der Text oft ganz unverständlich wird; femer ist das, was der Ver-
fasser gegen die Weltgeistlichkeit und insonderheit gegen die Kurie vorbringt,
entweder ganz ausgeschieden oder verstümmelt; bei manchen Auslassungen
läfst sich endlich gar kein Grund angeben, oder es hat hier, wie so oft bei
den Herausgebern historischer Monumente im vorigen Jahrhundert, eine ganz
subjektive Ansicht über Nützlichkeit und Überflüssigkeit gewaltet. Für diese
verschiedenen Arten von Gewaltsamkeiten gegen den Text giebt Novati stets
Proben, durch welche uns zugleich höchst interessante Stellen aus dem un-
edicrten Teile der Hs. bekannt werden. Drei andere Stücke dieser Art fügt
er noch im Anhange hinzu, die Invective des Bruders Hugo von Montpellier
gegen die Kardinäle, den kurzen Rhythmus auf Adam und einen solchen
De Contemptu Mundi, Auch das, was die parmenser Ausgabe enthält, ¡st
sehr mangelhaft wiedergegeben; die Fehler, sei es, dafs sie aus der Abschrift
stammen, sei es, dafs sie sich im Drucke einschlichen, sind zahlreich; die von
Salimbene selbst herrührenden und recht wichtigen Rubriken sind meist fort-
gelassen, die grofsen Lücken der Hs. nicht angezeigt, u. s. w. Der Tractatus
de Praelato, den die Ausgabe als besondere Schrift des Autors an das Ende
stellt, ist nichts anderes als eine der zahllosen Digressionen und gehört an
die Stelle, wo von Frate Elia die Rede ist, da sie sich auf ihn bezieht. —
Indessen eine Enttäuschung hat das bessere Bekanntwerden der Hs. bereitet;
die Ilofl'nung, in derselben noch weit mehr Proben von satirischen lateinischen
Versen und populären Poesieen in der Vulgärsprache zu fìnden, ist nicht in
Erfüllung gegangen; Marini hat alles hierher gehörige, mit Ausnahme zweier
anderweitig bekannter Rhythmen des Primas, aufnehmen lassen, wennschon
mehrfach die Lesart verdorben, tuch Verse ausgefallen sind. Novati giebt auch
hier einige Verbcsserungen. Für die sprichwörtlichen Vtrse auf die Eigen-
schafton des guten Weines, p. 412, hatte bereits Clédat die wahre Lesart der
Hs. geben wollen, Revue des lang. rom. IIIc S. t. VIII p. lOO; dieselbe weicht
übrigens auffallend stark von der Novatis ab, und dieser ist dabei ohne Zweifel
im Rechte. Was dann das Vorkommen ähnlicher Weinregeln betrifft, so war,
aufscr auf diesen Artikel Clédats, noch auf den umfangreicheren von P. Meyer
/u verweisen, Romania XI 572 ff. — In einer langen Anmerkung zu Anfang
bestreitet Novati in überzeugender Weise Clédats Ansicht, dafs die Hs. Auto-
graph Salimbcncs sei. Im Anhange ist, aufser den schon erwähnten Stücken,
die satirische Epistola Luciferi ad Preìatos Ecclesiae nach 2 Hss. abgedruckt,
von welcher Novati im Giornale Stör. I 71 gehandelt hatte, und welche nach
einer Stelle der Chronik (s. Novati p. 400 Anm. I) schon Salimbene bekannt
gewesen sein mufs.
VA RIPETA: C. Cipolla, Laudes yacoponi Lay ci in un Manoscritto
Torintwc. Der Codex Manoscritti Varí, No. 13 der kgl. Bibl. von Turin, der
gegen Mitte «les 15. Jahrh. geschrieben ist, enthält unter anderm 5 Gedichte
als ¡Mudt-s Jacopoiii ÍMyci. Das erste: Poi che sei fatto frate o caro amico
i>t ein Serventese von Domenico Cavalca ; die anderen 4: Audite nova pazzia,
lùinian fitti or farciamo. Chi vote trovar amore ^ Jesu nostro amatore, sind
in Wahrheit Lauden Jaco¡)ones. Cipolla giebt vom ersten Gedichte die Va-
rianten zu dem Drucke in der Palermitaner Sammlung der Rime Antiche,
630 KECKNSIONEN UND ANZRIGKN. G. GRÖBKR, G. BATST,
vom 2. und 3. die Varianten zu Tresattis Ausgabe, das 4. und 5. läfst er voll-
sländijj abdrucken , weil hier die Abweichung von der bekannten Lesart be-
deutend ist. — R. Renier, Cinque Sonetti di yacopo da Montepulciano, 5 un-
edierle petrarchisierende Sonette des Dichters der Fimerodia, den Renier
selbst das Verdienst hat vor kurzeni dem Publikum zuerst bekannt gemacht
zu haben. Die Gedichte linden sich in einer früher Pietro Vitali gehörigen,
jetzt in der Bibl. Nazion. in l*arma bcfmdlichen Hs. vom Ende des 14. oder
Anfang des I5.jahrh. In einer 1820 erschienenen, jetzt sehr seltenen Schriit,
über die Renier zu Beginn seines Artikels berichtet, zog Vitali aus dieser
Hs. eine Anzahl von Poesieen des 13. und 14. Jahrh. und Varianten zu Werken
Dantes, Petrarcas und Boccaccios. - V. Crescini, Notizia d'una Ignota
Biografia di Arnaldo Daniello. Diese biographische Notiz ist enthalten in
den ungedruckten Vite d^ uomini illustri volgari des Cinquccentisten Marco
Antonio Nicoletti, einem Werke, von dem das Autograph im Besitze des
Grafen Francesco di Manzano in Jassico bei Cormons ist und eine Kopie in
der Bibl. ('ivica zu Udine. Nicoletti schöpfte vorzugsweise aus Vcllntello;
irgend welchen historischen Wert hat also seine Nachricht natürlich nicht. —
G. Biadego, Due Lettere di Carlo Tedaldi-Fores. Sie sind von 1819 nnd
1822, an Ippolito Pindemonte gerichtet, ein Begleitschreiben bei Sendung des
Romans Narcisa, und ein Dankschreiben nach Empfang der Odyssee-Über-
setzung.
RASSEGNA BIBLIOGRAFICA: O, Tommasini, La VUa e gii Scritti
di N. Machiavelli, voi. I (Pellegrini; langer, interessanter Artikel, voll von
höchstem Lobe für das besprochene Werk). — R, Renier^ Liriche Edite ed
Inedite di Fazio degli liberti (Casini, mit zahlreichen Textverbessenin^en). —
A*. For nadar i. Studi su Dante (Renier; cine oberflächliche Polemik, welche
dem Ernste von Fornaciaris Arbeiten durchaus nicht gerecht wird. Wie
Renier des letzteren Buch gelesen hat, zeige nur ein Beispiel: Fornaciari setzt
die Vita Nuova um 1 292, vor das Convivio, und zwar ausdrücklich ganz und
gar, und Renier dagegen p. 481: io mi penso che almeno il Fornaciari non
vorrà negare che il § 45 della V. N. sia posteriore al Convito, mutet also dem
Autor die entgegengesetzte Meinung zu von der, die derselbe ausgesprochen
hat). — Le Poesie di (/go Foscolo, pubbl, da G, Biagi, D^ Sepolcri, carme
di Ugo Foscolo, con discorso critico e comfnento di Fr. Trevisan (Novali). —
l). Bortolan, Giambattista Maganza Seniore (Morsolin).
1K)LLKTTIN() BIBLIOGRAFICO.
SPOGLIO DELLE PUBBLICAZIONI PERIODICHE.
(CRONACA, p. 523 f. ein Brief Luciano Banchis, der bekannt macht,
dafs D:iiitcs Pia nicht die Pia de' Tolomci gewesen sein kann, da diese noch
13 18 als Wittwe Baldo Tolomeis lebte. Die Frage, wer sie in Wahrheit
gewesen, verspricht B. in einem Buche über die Pia zu beantworten.
A. Gaspart.
Romania, iie année. — 1882. Janvier.
Das zweite Dezennium ihres Bestehens eröffnet die Romania mit einem
Vortrage von
ROMANIA XI, 631
G. Paris, Paulin Paris et la littérature française du moyen âge, ge-
halten am Collège de France, 8. Dezember 1881, eine sympathische Skizze der
litterarischen und Lchrthäti^keit seines um die Kenntnis der altfranzösischen
Litterat ur vor allem so hochverdienten Vaters.
P. Meyer, V histoire de Guillaume le maréchal, comte de Striguil et
de Pt-mbrocke, régent d* Angleterre. Poème français inconnu. Die Hs. bc-
tindet sich in Middlchil und jjehort dem 13. Jahrh. an. Das reimchronikartigc,
in a^jnorm. Mundart überlieferte Gedicht zählt 192 14 achtsilbige Verse und
ist nach M.s Urteil von einem historischen Werte und litteraturgeschichtlichen
Interesse, wie es selbst Villehardouin und Joinville nicht beanspruchen können.
Es handelt in einer an Einzelnheiten reichen Darstellung von dem Leben des
Rcichsverwesers Englands in den Jahren 1216 — 19, der 1219 nahe Sojährig
starb, und über ca. cbensoviele Jahre englischer Geschichte. M. legt über-
zeugend dar, dafs nach verschiedenen im Gedicht enthaltenen Andeutungen
anzunehmen ist, das Werk sei nach einer Prosavorlage verfafst, die der
Dichter zu ergänzen in der Lage war und die von einem Vertrauten G.s de P.,
Johan d'Erlec (f vor 1231), herrührte. M. teilt über 1400 von historischen
Erläuterungen begleitete Verse aus verschiedenen Teilen des Gedichts mit, in
dessen ungenannten Verfasser er einen normannisch schreibenden Bewohner
der englischen Besitzungen in Frankreich sehen möchte. Einzelne der edierten
Verse besprach bereits K. Hofmann in den Sitzungsber. der bayr. Ak., phil.-
hist. Kl. 1882, IT S. 234 ff.; vgl. dazu Romania 1882 S. 624. G.
J. Cornu, Etudes de grammaire portugaise. (Suite). II. VA pros thé'
tique devant rr en portugais , en espagnol et en catalan. Cornu bringt als
Beleg der Prosthese von a vor r im Span., Port, und auch Catal. eine lange
Reihe von Fällen, in welchen ein Wort mit arr anlautend dem mit r anlau-
tenden vorhandenen oder vorauszusetzenden synonym steht. Davon dafs die
port. Sprache die meisten Beispiele biete, kann ich mich nicht überzeugen;
liic Gleichung Port, zu Span, wie Moraes (92) zu Wb. der span. Akad. (63)
ist bedenklich; die span. Reihe wäre zu vervollständigen, und es dürfte so
ziemlich Sjian. = Port, herauskommen. Von vornherein müssen aber die ara-
bischen Worte wegfallen, da ja hier a bezw. ar der arabische Artikel ist und
in demselben Verhältnis als bei den anderen Buchstaben (ungefähr i : i) zum
Worte gezogen und nicht gezogen. Auch bei Fällen wie arranciarse = en-
ranciarse == ranciarse kann von Aphärese und Prosthese sicher nicht die Rede
sein, obwohl die Verstärkung des Begriffs durch die Partikel unmerklich wird.
Wenn wir alles derartige abziehen, schrumpft das Verzeichnis erheblich zu-
sammen. Da sich nun aber nicht weniger starke Reihen aus irgend einem
anderen Buchstaben, z. B. dem t, beibringen lassen, so kann hier ein Vorgang,
der dem baskischen regel mäfsigen durch a oder e ausgedrückten vokalischen
Einsatz vor anlautendem r auch nur ähnlich wäre, nicht gesucht werden. Es
ist vielmehr a vor t und r einheitlich zu erklären, wie das von Diez RG
I 355, II 425. 437 mit Recht geschieht. Es treffen zwei Vorgänge zusammen.
I. Dafs der vor s, s, z', ç, dz, d, dh, t, t» th, n, r assimilierte'^ arabische
Artikel ebenso wie al, und wie er bei arabisch-spanischen Worten gelegent-
' Wo für az- al eintritt (algerife, algeroz), wandelt sich z in j.
- Auch vor 1 resultiert für das Span, a-f-l.
6^2 KECÜNSIONKN UND ANZEIGEN. G. BAIST,
lieh für korrektes :il eintritt, auch lateinischen Worten vorgesetzt wird, bedarf
weder einer Krkliirunfj nocli eines Beweises. 2. Zu der Bedeutung des Er-
reichens und Hinzufü^ens, welche die Präposition ad dem Compositum ver-
leiht, entwickelte sich die einer schwachen begrifflichen Verstärkung, so leise
dafs sie oft j»anz verschwindet und das einfache Verbum mit dem Compositum
jjleichbedeutend ist. Weder der häufige Gebrauch noch die Abschwächung
der Bedeutung; können auffallen, und bedürfen ebensowenig einer Erklärung
durch den liinllufs des arab. Artikels, als man daran denken wird, das farb-
lose gc- im Deutschen durch auswärtigen Einflufs oder als Prosthese zu er-
klären. Wohl aber mag in einzelnen Fällen gefragt werden, ob das Verbum
oder das Substantiv ursprünglich sei; so durile arranzon durch arranzonar
veranlaf^t sein, während arrebolar (wie port, alcorcovar von alcorcova) von
arrebol kommt, das als Schminke arabisiert ward. Bei anderen, wie arrotar
und arroto, franz. rot, das rüctus, rüctare, ital. rutto, span, erutar eruto nicht
sein kann, mufs die Herkunft überhaupt erst festgestellt werden. Comu hat
Romania IX 58 ^ überzeugend nachgewiesen, dafs das altport. Adv. ar er nicht
ora, sondern re- ist. Er fragt nun, ob er dar, ar dar aus ♦redare durch
Transposition des e oder aus einer Zwischenform *err[e]dar *arr[e]dar komme;
er neigt sich zu der letzteren Annahme und es ist ihm wahrschainlich , dafs,
wie im Baskischen der stumme prosthetische Vokal e oder a ist, ursprünglich
auch *errependersc, *erruido, *crredar neben arrependerse, arruido, * arredar
gestanden seien. Als ein scheinbarer Beweis wäre hier gal. engurra, enniga
für ruga aufzuführen, kommt indessen von irrugare wie arruga von arrugar.
Die Hypothese lallt mit der oben bestrittenen Meinung, als sei arrasar anders
zu erklären als atalar, arroyo anders als almadreîla und gar arrope anders als
anoria. Ich betrachte die ar, er als Verstärkung eines vokalischen r, aber
dessen Eintritt im ['ort. ich im Anschlufs an Cornus vorausgehenden Artikel
gesprochen habe. Damit ist zugleich das Fehlen der ar im Spanischen be-
gründet, weil hier ein r-V(ikal nur viel seltener als im Portugiesischen vor-
kommt. - - ///. Li' s nominatifs tie us, mee st re mestre, ladro, t redro trtdo,
anvii/os, fins /is, prestes, suites,, mnire. Eine Anzahl von Ausdrücken haben
span. ])ort. ihr Nominativ -s bewahrt. So deus, weil es vurzugsweise im
Nomin. und Vocat. gebraucht wird; ('arlos, Domingos und andere, weil im
täglichen Leben die Figennamen meist vocative gehört werden. Ähnlich
niccsire meslre und als .Schimpfworte ladro und altport. tredro tredo. Auch
einige Adjektive blieben im Nominativ, dem meistgehörten Fall: Nächst dem
auch altport. in einer Anzahl von Stellen nachgewiesenen anvidos haben fias
fis von fidus und prestes von einem Adjektiv *praestis aufgehört dekliniert
zu werden, weil sie fast immer mit sedere und stare verbunden wftren; saget
von saj)iens vielleicht, weil es häutig in biblischen und sprichwörtlichen Phrasen
vorgekommen wäre; maire maior in zwei altport. Texten mufs vorläufig ohne
Begründung bleiben. - Im gewcihnlichen Leben sagt und sagte man gewib
so oft con dios und por dios als santo dios; die vom Sprachgebrauch ab-
weichende Haltung des Wortes mufs also auf die Kirche zurückgehen, wo
allerdings Anrufung und Nennung vorwogen und in welcher der Casus rectos
geraile im Gegensatz zur Lingua vulgaris betont werden mochte. So scheint
CS nicht ohne Bedeutung, wenn Berceo V. S. Dom. 277 die Mönche auf das
Benedicite des Abtes dominus statt dominum antworten. Die rcgelmäfsige
ROMANIA XI. 633
und die kirchliche Form sind (wie bei presbyter) neben einander bestanden,
die letztere, vielleicht begünstigt durch den volleren Klang des bedeutenden
Wortes, hat erst später, obwohl vor der Zeit der ältesten Sprachdenkmäler
überwogen; der Jude, der nicht in die Kirche ging und kein Latein konnte,
bewahrte dio bzw. diu. Auch sand^u, sandio ist ein lebendes Zeugnis, und
zwar ein Vocativ. Der Eigenname Carlos kommt durch die Kirche und
Litteratur aus Frankreich, und ebenso aus der Kirche Domingos etc.,
während alle wirklich im gemeinen Leben übliche Eigennamen die regel-
mäfsige Form haben. Auch mestre und maestre sind nicht aus der
Syntax zu erklären, so wenig als preste, ligustre Scheideform zu ligustro
lat. ligustrum, lustre alt fur lustro, spanisch lastre portugiesisch lastro, desastre
neben astro und (RG. Il 391) Suffix -astre = astro in sollastre. Einwirkung
von SuíBx -stris -ster ist hier unverkennbar, fällt bei maestre (als Titel) gegen-
über maestro allerdings mit einer gelehrten Betonung des Casus rectus zu-
sammen, während preste (cfr. auch baste neben basto und preboste, prioste)
im ganzen Abendland sich als wenn auch noch so altes Fremdwort charakte-
risiert. Ladro aber (neben ladräo, gal. auch ladra) und das offenbar ziemlich
seltene tredro genügen mir nicht , um populäre Fortexistenz des Vocativs als
gesichert zu betrachten. Amidos ist Adverb. Mayre ist ein deutlich franzö-
siches Lehnwort. Auch bei sages legt sage ina Reim auf die franz. Lehn-
worte gage und domage die einzig mögliche Erklärung von sage und sages-
mente nahe genug; fis und fius dürfte von Diez unter Fi richtig erklärt sein;
prestes neben preste und presto* zeigt gleich sagesmente unrichtige Auffassung
des franz. Nominativzeichens; bei dem unermefslichen Eindufs Frankreichs im
Mittelalter ist es gewifs nicht zu verwundern, wenn sich hier ähnliche Er-
scheinungen zeigen wie die uns Deutschen geläufige mifsbräuchliche Verwen-
dung des franz. Infinitivs -ier. Dais prestes, maires, sages und fis der Volks-
sprache fremd waren ist auch aus ihrem völligen Verschwinden zu schliefsen.
Ebenso dürfte lestes (Diez s. v. presto) zu beurteilen sein ; testes neben toste
ist nur Adverb. — Etymologies. Aro •=. agrum. Ist sehr wahrscheinlich;
doch ist vorläufig in Rücksicht auf yero etc. neben yerbo '-^ auch arvus zu
erwägen. Ero kenne ich aufser bei Berceo span, noch in dem Sprichwort
('astig. e Doc. 175a: da dios trigo enei ero sembrado parallel zu quien se
ayuda dios le ayuda, ziemlich sicher Ackerfeld, nicht Brachfeld. Für ero
aus ager wäre allerdings 1166 in einer port. Urkunde eher eiro oder airo zu
vermuten. Doch ist das nicht entscheidend, ager jedenfalls wahrscheinlicher
als etwa goth. arjan, ah d. ero etc. — Bicha r= bestia , bicho =. bestius. Be-
stätigung dieser sicheren Erklärung. — Üb vielleicht chibo, a aus bicho durch
Methathese erzeugte, dem Tier verständlichere Koseform ist? — Bradar von
einem balatro entsprechenden balatrarc. Erledigt die Deutungen von Diez
und Caix. Vielleicht auch *balaterare. — Cas und chez in und wegen der
adverbialen Verwendung durch Satzphonetik aus casa, ähnlich wie la primer
VC/ und andere. Ohne Zweifel richtig. — Coima, irrig bei Dozy, ist calumnia,
wie vollständig nachgewiesen wird. — Er dans Gil Vicente, einem der letzten
* Als Adverb von praesto in praesto esse.
'■* Cfr. RG. I 286. Der Ausfall des v in dieser beliebten Verbindung ist
unspanisch, ein lat. *erum, *arum etymologisch wohl möglich.
034 KECKNSíONKN UNI> ANZEIGEN. G. BAIST,
Autoren, die die Piirlikel kennen, fast immer vom Verbum getrennt, ein in
älterer Zeit sehr seltener Fall. — Espoens = propter, häufig in der Regra de
S. Benito, sonst nur in zwei Stellen. Der Gedanke an exponens, der ja auch
Cornu nicht befriediget, hat wenig für sich. — Faro für *fraro aus fragrare
(cheirar). ist bestechend, aber nicht ohne Bedenken, die durch galtzisch
farun (cfr. port, fortum), catal. farum, farumear und furmear verstärkt werden;
vgl. ah/, enfruni, und fpf(()0^ = ipf((>vy^ wurzelgleich frumcn. Dem span, husmar
(Diez Orrna) entspricht catal. ensumar. — Ne¿;^a, utì^o sinon bei Gil Vicente
von ni qua. (^)rnu betrachtet e aus î als einen Ilispanismus entsprechend
dem bis auf Augustus' Zeit heruntergehenden ei. Ein scheinbar ganz sicheres
Beispiel wäre span, cerrión aus stïria, E. \V. ll^> s. v. Aber diese Deutung
vergifst die Nebenform cencerrion, welches mit Bestimmtheit auf das von Diez
zu cencerro gegebene bask, cinccrria, cinzarria* verweist, also übertragen wie
die synonymen calamoco, pinganello, catal. caramell. Unter den von Comu
erbrachten Fällen erklärt sich carena und gal. otcga aus Suftìxverwechslung,
escrevo aus escrevir, esteva aber zeigt, dafs slips = stipes bei Petronius ein
kurzes i hat gleich stipula. Für pega allein werden wir kaum in die Zeil
der Republik und der Gracchen zurückgreifen. Das se für sì ist nicht nur
portugiesisch, und die Annahme eines altlat. nei = nî = nîsi oder = nei sei
dürfte an sich den allerbedcnklichsten Bedenken unterliegen. Ob aber, wie
ich glaube. Cornus Vermutung in der Hauptsache richtig, nega in der That
*nîqua ist, mufs eine genauere Untersuchung des Verhaltens der sie, sí, si,
nee, ne, ne, nï-, nï-, nî im Vulgärlat. und Komanischen lehren. Nego aus
ni (jua durch Einflufs der Labialen lieber als aus ni quo zu erklären, ist, zu-
mal in Rücksicht auf lat. si quo wenn etwa, kein Grund gegeben. — Ninho
aus nido durch Einflufs der ersten Nasalen. — Olhar = '"'adoculare. Das
Wesentliche, dafs port, aolhar durch oolhar olhar ergab, ist erwiesen; doch
dürfte auch ein oculare bestanden haben, cfr. asp. ojar. Span, aojar ist nur
in der Bedeutung mirar veraltet. — Ontem gal. onte gestern durch oÖlc aus
ad noctem, in Überlieferung und lautlich erwiesen. — Zu span, anoche gestern
Abend cfr. mhd. naht, nahten und die Zählung nach Nächten. — Par per por
= por. Par altport. beim Schwur, hier und im Span, (in gleicher Verwendung)
regelrecht aus per als die em])hatischc Form. Por und per sind altportug.
genau geschieden, par deus ist Bcteurung, por deus Bitte. Para beteuernd
im D. (Juixote ist par, entweder durch Verwechselung oder wahrscheinlicher
durch Verlängerung: par ^pra para. Auch tonloses per und pro sind altporU
in der Regel geschieden, por für per entstand durch Einwirkung der Labialen.
Das heutige i)ello, pella, erst seit dem i6. Jahrh. häufig, entweder durch Ver-
wechselung in Folge jenes lautlichen Vorganges oder durch Verwandlung von
por in per wie fermoso aus formosus. Castil. por íur per ñndet sich in den
ältesten Texten, ])er aufser im Alexandre besonders in mehreren Hss. des
F. J. Aus allen diesen Thatsachen geht hervor, dafs nicht per durch pro
ersetzt wurde, sondern (durch Einwirkung des p, bezw. des r auf den Vokal)
> Hieraus vielleicht zarria E. \V. II i\ cfr. jedoch auch cazcarria und
zarrio =: charro. Wie cencerrion =-- cerrión zu erklären sei, durch ein ur-
spriin>i;liclies rcduplikatives oder ein sekundäres cccerrion, muís eine nähere
Untersuchung des baskischen Wortes lehren. Griech. aia&^iov sei nur der
Vollständigkeit halber erwähnt.
ROMANIA XI. 635
lautliche Verwechselung eintrat. In pero allein blieb per infolge der Accent-
verschiebung. Para ist nicht pro ad, sondern per ad. Per für per und pro
im Catal. und Provenz. ist ebenfalls phonetisch; wie im Italienischen bleibt
dahingestellt. — Wären die Schlüsse, welche Cornu aus seiner wertvollen
Zusammenstellung zieht, in der That unwidersprechtich , so läge der Wider-
spruch vor, dafs im Castilianischen , wo sich höchstens zweifelhafte Spuren
der Beeinflussung eines tonlosen vokalischen Lautes durch vorausgehende oder
folgende Labiale finden, das einzige per zu por wurde, während im Port., wo jene
Erscheinungen häunge und alte sind, per neben por bis ziemlich spät bestand.
Wenn wir von lat. per nichts wüfsten, würden wir die gesamte Verwendung
des span, por ohne Anstand aus lat. pro entwickeln; umgekehrt ebenso bei
ilal. und prov. per. Es hat, so scheint mir, schon vulgärlat. ein teil weises
Übergreifen der einen Partikel in das der anderen in der Schriftsprache zu-
kommende Gebiet stattgefunden*; die teilweise Ersetzbarkeit aber der einen
durch die andere konnte leicht die vollständige nach sich ziehen. Die Öko-
nomie der Sprache mufste bei vollständiger Vertauschbarkeit zu Eliminierung
der einen um so mehr führen, als die beiden tonlosen Wörtchen sich lautlich
nur wenig unterschieden. Es mag also die lautliche Ähnlichkeit die Ver-
tauschung befördert haben (RG. II 429; Gaston Paris, Rom. X 45), aber nicht
sie ist der eigentliche Grund derselben; hätte per und und por von bedeutet,
so wären sie ebenso geschieden geblieben wie portero von partero, cordero
von carderò etc. Dafs hier per, dort por überwog, anderwärts beide in nur
teilweise vermischtem Gebrauch erhalten bleiben, ist genau der entwickelte
Vorgang. So erklärt sich ungezwungen die abweichende Haltung des Span,
und Port, und zeigt sich, warum span, für tonloses per in fester Zusammen-
setzung und wurzelhaft nicht por eintritt, während bei Annahme eines laut-
lichen Vorganges doch auch pordiz und pordigon für perdiz und perdigón etc.
zu erwarten stünde, das Verhalten des Span, sowohl als des Ital. unbegreif-
lich bliebe. Kurzum, Diez hat vollständig Recht. Dafs im heutigen Port,
pello pella steht, auch wo nach altport. Gebrauch polho zu erwarten wäre,
dürfte allerdings mit fermoso (redondo, arrebol, reloj, seror Alex., Berceo,
redor, redoma, cfr. remor, retular, veluntad) insofern zu vergleichen sein, als
bei vollständiger Verwechselung und im Übrigen Ersatz des per durch por,
hier durch Dissimilation per vorgezogen und wegen pello auch pella gesagt
wurde; da es sich um die Auswahl zwischen zwei vorhandenen Formen,
nicht um die Erzeugung einer neuen handelte, konnte jene Neigung or vor
bot. o in er zu wandeln um so eher zu Einflufs kommen. Differenzierung
gegen puUus hat sich kaum geltend gemacht. Bei heutigem para für altspan.
altport. pora und pera scheint Assimilation und die Verwandtschaft des r mit
a zusammengewirkt zu haben: vgl. da qua für de qua bei Ewald-Löwe X, XI
und die zahlreichen vardasca, maravedí etc. Por ad neben per ad, por hoc
neben per hoc gehen vielleicht bis ins Vul gärlateinisch e zurück. Schwieriger
dürfte es sein, altport. auch altspan.^ par im Schwur zu erklären. Dafs man
* Man vergleiche das gegenseitige Verhalten ihrer deutschen Verwandten
vor und für. Auch in der lat. Schriftsprache ist perinde = proinde.
^ Ich streiche eine Bemerkung über das Spanische, weil das an sich
schwankende Verhalten verdunkelt wird I. durch die Unverlässigkeit der
Drucke, die die Sigel willkürlich und oft falsch auflösen, wie z. B. der Alex.-
636 RIÌCKNSIONEN UND ANZEIGEN. GROFIER, STENGEL, MEYER,
j)cr für die Bctcucrunj; beibehalten hätte, während por zur Bitte dienle, wäre
selir bcííreiílich, unverständlich aber ist, warum hier, und nur hier, par dafür
eintrat. Die Emphase lie^t doch nur auf dem Hauptwort; ein hinlänglich
passendes Beispiel bietet deutsch der Teufel ! den Teufel ! : man hört hier wie
in j^ebundener Rede in der Rejjel nur ein vokalischcs r und n für den Artikel.
Für Diez* Ansicht, dafs par höfisch-französisch sei, spricht noch der Umstand,
dafs der Fall, in welchem es volksüblicli blieb, ein entschieden altfranz. ist:
pardiez*. Auch über beteuernd para'^ ist vorläufig keine Entscheidung mög-
lich; nur dürfte diese schwerlich der von Cornu bevorzugten Auffassung ent-
sprechen. Ich betrachte, wie dargelegt, mehrere der von Comu behandelten
Fragen anders als er; auf jeden Fall sind dieselben, auch da, wo er nicht
Recht behalten sollte, in diesen Studien formell und materiell aufs wesent-
lichste gefördert. — Rí¿''onha in der Regra de S. Bento iracundia. — Sarar
von sanare, indem an sar aus saar die Infmitivcndung nochmals angesetzt
ward, nicht mit von Die/ und Coelho angenommener (ganz unzulässiger) Ver-
wandlung des n in r. — Vielleicht ähnlich span, enaguarchar. G. Baist.
G. Paris, V^crsions incdites de la chanson de Jean Renaud, 15 unge-
druckte französische Varianten des ergreifenden Volksliedes z. T. aus einer
handschriftliclicn Sammlung der Pariser Nat.-Bibl. G. P. kündigt eine ein-
gehende Arbeit über den Gegenstand an.
J. Cornu, kacheveì, chachevel ^= caccabeU%is\ sichere Hcrleitung des
Q. L. d. R. vorkommenden Wortes. Godefroy weist es noch an einer anderen
Stelle nach.
Ders., urc ^r= utrum, das Primitiv des altfrz. amb-urc, das schon Diez
auf ''^ambutrum zurückführte, eine Florleitung, die er später mit einer un-
wahrscheinlichen vertauschte. G.
(Ì. Paris, Un manuscrit inconnu de la Chronique de Weihenstephan.
G. Paris beschreibt hier ein neues Ms. der sogenannten Weihenstephaner
Chronik, welches vor kurzem unter den IIss. des Pariser Institut von Laianne
vorgefunden ist. Doch ist ihm die lehrreiche Anmerkung, welche Dönges in
seiner Marburger Dissertation (Heilbronn 1880) S. 24 ff. über diese Chronik
geliefert liat, entgangen, wie umgekehrt D. die von Paris angezogene Stelle
der Geschichte der altdeutschen Dichtkunst in Bayern von Holland, Kegcns-
burg 1802 p. 17 unbekannt geblieben war. Dönges spricht aufser von der
eigentlichen Weihenstephaner Chronik (Hs. 1839 der Münchener Bibliothek,
18. Jahrh.) von zwei Hss. 315 und 259 der Münchener Bibl., von denen in-
dessen keine Arelins Vorlage lür seine ,, Älteste Sage über die Geburt and
Jugenil Karls des Grofsen. München 1803** gewesen sein könne. Interessant
ist nun, dafs die neue Pariser Hs. zwar auch nicht als diese Vorlage gelten
viel häufiger per und pera hat als bei Sanchez- Janer; 2. dadurch dafs das
tUirchslrichene p ebensowohl für i)ar als per gebraucht ist. Ausgeschrieben
hat die ll>. <ies P. C. pera V. 3440, sonst nur ¡)ora; die Hs. Ac. hist, der
Vida do So. Domingo bietet 104 fehlerhaft ausgeschrieben peia, sonst durch-
weg j)a. Wir dürfen eine weitere Verbreitung annehmen, als sie uns das
14. Jahrh. sehen läf>t.
^ W;ire diez hier eine der häufigen verdunkelnden Schwurvarianten =
de/em. so ulüf^te docli auch jior diez vorkommen.
- So vielleicht Alex. 2 202 par[a] las barvas mias. Im D. Quixote noch
eine Stelle ^^ara mi santiguada) H 33.
ROMANIA XI. 637
kann, aber doch näher zu Aretin stimmt als die beiden Münchener Hss. Auch
über das Verhältnis der Chronik zum Stricker hat sich D. verbreitet und
zahlreiche Abweichungen von letzterem nachgewiesen, darunter auch einige,
worin die Chronik mit Konrads Rolandredaktion übereinstimmt. Die jetzige
Ansicht von G. Paris, wonach die ('hronik aufser Stricker für Karls Jugend
keine andere schriftliche Vorlage benutzt habe, scheint mir durch die Dönges-
schen Auseinandersetzungen vollkommen ausgeschlossen. Strn<jf.l.
A. Morel -Fat io, Al buen callar llaman Sancho. Die ingeniöse Er-
klärung, die M. -F. hier von dem vlelgedeulcten Sprichwort im Don Quich.
II 43 giebt, beruht auf der Annahme, dafs sancho eine alte, von santo später
verdrängte Form für sanctus gewesen sei, die als Figenname fortlebte, und
die weitere Bedeutung von „weise, klug" gehabt habe, sodafs das Sprichwort
ursprünglich lautete: al buen callar llaman sancho.
J. Cornu, Coco, fruit du cocotier. Die scheinbar abgeleitete Bedeutung
des Wortes „Kindskopf, Bobanz'* erscheint nach einer Angabe des Joam de
Barros (z. T. bei Conslancio gedruckt) die ursprüngliche und der Name aul
die Cocosfrucht übertragen zu sein wegen ihrer, einem fratzenhaften Gesicht
ähnlichen Aufsenseite.
E. Rolland, I^s trois saints de Palestine; Conte,
A. Grain, Le grand loup du bois; ronde bretonne,
A. Morel-Fatio, Corrections aux textes publiés du m s. de Carpentras
No. 377 : zu den von Mussafìa herausgegebenen catalanischen Sieben weisen
Meistern, zu dem Dispute entre En Buch et son cheval (Ztschr. I 78 íT.), beide
von W. Foerster kopiert, und zu dem von Mariano Agnolo veröffentlichten
Libre dels mariners. G.
Nachtrag zu Romania X 346 ff. Lambrior, Essai de phonétique rou-
maine. Voyelles toniques a. Der Verfasser fährt fort, die Fälle zu betrachten,
wo lat. a im Rum. nicht bleibt (vgl. Rom. IX 366 ff.). Inzwischen hat Miklo-
sich Bcitr. z. Lautlehre d. rum. dial. Vokalismus I 15 ff. die gleiche Frage be-
sprochen, ohne zu einem Resultate zu kommen. Er vermutet den Grund in
der Kürze (?) des a. Unter III bespricht L. die 3. sg. perf. iz = avit, nach
deren Vorbild im heutigen, nicht im alten Rum. und im Wal., die I. 2.
äi a.f/ statt ai asi gebildet sind, ä soll aus avt au(t) o entstanden sein; aus-
lautendes ó werde zu a. Der letzte Satz ist falsch. Zum Beweise werden
angeführt vii vos, nä nos, la illos, ca quod; dies sind aber ursprünglich nur
tonlose Formen; wenn sie heute im Verse den Ton tragen können, beweist
das nichts dagegen; nä : noi =dupä : poi. tau siiti PI. tHi siii aus tuus suus,
loos soos, tos sos; ganz anders erklärt Miklosich 1. c. II 38; mit Rücksicht
auf das ilal. dial. t(r7>os (Arch. IV 408) ist auch eine andere Auffassung mög-
lich. Jc<icnfalls kiinnen diese vieldeutigen Formen nicht ein schwaches Gesetz
stützen. — Magy. -ó erscheint rum. als Hu. Wie wird dieses o gesprochen?
A7 (lavai lava) dií stií fa ((ac) 7^7 (vade) aus *laut *lo; dieses von *lao *launt
a»is gebildet. Aber, abgesehen von au = habet und *habunt, beeinflufst im
Ruin, der PI. den Sg. nicht (wie die l. sg. impf, zu fassen sei, lehrt der Ver-
gleieh (le> ("agi); wenn *laut lii giebt, so kann man billigerweise auch lii
- *lau und launt erwarten, es sei denn man nehme hier Einwirkung der
übrigen Verba an. Viel einfacher ist es da aus da u.s. w. aus deni Einflufs von
638 RECENSIONEN UND ANZEIGEN. W. MEYER.
cìnta zu erklären; da kein Fall fau == *faco *facunt, ßi = *faut vorkommt,
so ist dies die cin/.ifj mögliche Deutung für fa und va. — Mit den gegen
sein Gesetz sprechenden Formen wird Lambrior zu leicht fertig. Wenn poi
wegen des / nichts beweisen sollte, so sind dagegen acoló tncotrô sicher nicht
aus catrao ccciUo entstanden; ital. dial, und lad. Formen lehren, wo in ältester
Zeit der Accent stand. Auf roa p. 550 verspricht der Verfasser später zurück-
zukommen. Ich bemerke, dafs im Rum. nicht von rore(m) auszugehen ist.
Mehr anderswo. — Die fragliche 3. sg. perf. fìndet ihre Erklärung bei Vcr-
gleichung der „unregelmäfMgen" Perfectformen der «-Conj. in den übrigen
rom. Sprachen, und bei Berücksichtigung des Umstandes, dafs im alten Rum.
Perf. 4 =as Praes. 4 war. Es würde mich zuweit führen, die Sache ausein-
anderzusetzen; die Andeutungen mögen vorläufig genügen. — 1*. 347, 2 werden
einige Fälle von Ditterenzierung ursprünglich gleicher Formen, die zu ver-
schiedener syntaktischer Verwendung gekommen waren, aufgeführt, cintare
wurde Subst.; um den Inf. davon zu scheiden, läfst man im letzteren Falte
das -rc fallen. Solche Erklärungen durch Diflerenzicrungstrieb findet man
allerdings häutig, sie sind aber weder psychologisch noch sonst wie verständ-
lich und dienen meist nur, um schwierige Formen wegzuräumen. In unserm
Falle: tilgten die Rumänen auslautendes -r, dann mufs es überall weg, oder
sie tilgten es nicht, dann bleibt es überall. Die Berufung auf j/iViar^ suh^ire,
wo sekundäres r vorliegt, ist wenig glücklich. Eine Erklärung der Differenz
zwischen cinta und cintare, wobei auch das Genus berücksichtigt wird, werde
ich demnächst an anderm Orte geben. In are — ar, das übrigens sicher
falsch erklärt ist, beruht die Differenz auf der verschiedenen Stellung im
Satze. — IV. behandelt die Fälle, wo im Moldauischen nach i und f á zu ^
wird, sofern die folgende Silbe einen palatalen Vokal enthält: muiere, Part.
p]. 7nuü(r; durch Übertragung mute, mutet \ von der 2. sg. [und 2. pi.] des
Impf., wo caí ea(í zu ei e(i werden, wird das ganze Tempus umgestaltet.
Nach ^v wird heute ä gesprochen, wie lat. a wird auch lat. e = mm. a {f<i</^)
behandelt. Die Relege für diese, dem Moldauischen eigene und nur sporadisch
ins Rum. dringende Erscheinung reichen bis ins XVI. Jahrhundert zurück. —
V. Eine Anzahl Feminina mit innerem a veru'andelt dieses im PI. auf 7 in S.
Die relativ junge und keineswegs durchgreifende Erscheinung ist das Produkt
einer feilschen Analogie, deren Ausgangspunkt später gezeigt werden soll. —
Hoffentlich läfst uns Hr. T^mbrior nicht zu lange auf die Fortsetzung warten;
denn dafs er, wenn auch Miklosich in 2 Heften ihm manches vorweggenommen
hat, noch recht Interessantes bringen kann, zeigt namentlich Abschnitt IV
des vorliegenden Aufsatzes. W. Meybr.
Berichtigung.
S. 457 Z. 7 v. u. 1.: nicht nach statt nach.
Sachregister.
Aberglaube, port. 105.
A i m e ri e von Pegulhan, Verf. eines
Liebesbriefes 1 61.
Alberico de Romano, it. Trobador
233-
Albert de Scstaron, Schmahlied auf
die Frauen 181.
Albertet Cailla 179 ff.
Alexius, prov. 159.
Andra de, Francisco de 501.
André de Contances, Roman des
François, Hs. 166.
Anonimo Fiorentino 66 ff. Ver-
gleich, mit Dino 69 ff. Der A. von
Dino unabhängig 76.
d'Anselmo, Piero, Sonett 627.
Aretino, Pietro 627.
Arnaut Daniel, Ausg. s. Werke
582 flf. 627. Bemerk, u. Berichtig,
zum Texte der prov. Biographie
582 ff. Biograph. Notiz 630. Ein-
flufs Ar.*s auf die prov. u. it. Poesie ;
it. Übers, s. Lieder; Verbesserung,
zum Texte u. zu den Lesarten der
verschied. Hss. 584 ff. Lancelot
zugeschrieben 627. Bearbeitung des
L. durch U. v. Zazichoven von Diez
bestritten 484.
Arnautz d'En tre venas 487.
A üb er t, David, Chroniques abrégées,
Hs. 165.
Aufzüge u. Vorstellungen aus der
heil. Geschichte im Neapolitanischen,
Beschreibung der — 166.
Aycard, Tenzone zwisch. — u. Gi-
rard 161.
Raidi, Epigramme; Mss. derselben
in der Nat.-Bibl. zu Neapel 170.
Barbazan, Biographien afrz. Dichter,
Hs. 165.
Hcichtformcl, prov. 159.
Bembo, Pietro, Versi Spagnuoli 166.
Bene, (irammatiker von Bologna 621.
Be mart. Tenzone zwisch. — u. Bla-
caz 163.
Bertrand von Anduze, Beslätigungs-
urkunde 183.
Bibliothek der Visconti u. Sforza,
Verzeichnisse 622.
Blacaz s. Bemart.
Blandino da Cornovaglia, Romanzo
di — 619.
Blandrate, Graf von, it. Trobador
232.
Boccaccio, Sicil. u. Verones. Wörter
im Decam. 170. Moralisches darin
171 ff. Lia nicht Geliebte B.'s 618.
Frz. Hs. 165.
Bodel, Jean, Flexion des Vokativs
in s. Chans, des Saxons 26.
Bologna, Das geistige Leben B.'s
im 12. u. 13. Jahrh. 620 ff. Gram-
matiker u. grammat. Studien da-
selbst 621 ff.
Boncompagno, Grammatiker in Bo-
logna, Werke 621.
Borchard Lalemant, Advis pour
faire Ic saint voyage, transi, p.
J. Mielot, Hs. 165.
Brief des Priesters Johannes an Kaiser
Friedrich, prov. 163.
Brunetto Latini, Der Tesoretto u.
Favolello 236 ff. Hss. 168. 236 ff.
Drucke 237. Handschriften Verhält-
nis 237 ff. Sprache 249 ff. Text
des Tes. u. Favol. mit Varianten
334 ff. Verdienst um die Wieder-
belebung des klass. Altertums; der
erste Allcgoriker Italiens (?); Ent-
stehungszeit des Tesoro 457.
Bucciolini da Foligno, Leggenda di
S.Feliciano, in ottava rima 169. 624.
Caix, Nekrolog auf — 620.
Calvo, Bonifaci, it. Trobador 225 ff.
Camoens' sämmtl. Gedichte übers, v.
Storck, Bemerkungen darüber 1 31 ff.
407 ff. 494 ff. Inhalt der Ausg. ;
Anordnung der verschied. Gedicht-
gruppen 136 ff. Echtheit u. Unecht-
heit einzelner Gedichte 1 37 ff. 407 ff.
Einrichtung, Strophenbau u. Reim-
stellung 138 ff. Bemerkungen zu
dem Kommentar; histor. Quellen-
werke lür das Studium des C. 1 39 ff.
640
W. LIST,
Ribliojjr. Vcr/cichnis der in Deutsch-
land bis heute üb. C. geschriebenen
Werke; Zerlepunj» derGedichtf^rup-
]ìen in ihre Bestandteile u. Storcks
Verhältnis (was den Inhalt, d. h. die
Summe der CTedichle betrifTi) zu den
JNj^'j;. Juromenha u. Rraj^a 141 ff.
Inedita de CamHes: 2 Sonette und
eine Retl()n<lilha 407 IT. Abdruck
<ler 2 Sonette 40«). (*. wahrscheinl.
nicht der Verf. des Gedichtes „Ab-
sa^^ebrief eines Verschmähten** 412.
Disparates des f!. 421) Í1'. Prosabriefe
434 IV. Bemerkunj»en /u <len Ele-
i^ien : Datierung;, Echtheit u. Un-
cchthcit einzelner; Krcirterunj^'en üb.
Personen, an welche die K. «icrichtet
sind 4<)4 fl'.
C a n c i o n e i r o d'E vora, zum 94 ÍT.
('anello, Nekrolog auf hzo.
( .' a n t a s t o r i e s. Märchenerzähler.
Cartas de giròes, span. Dicht-
•:,Mttung 422.
('asar, J., frz. Ils. 165.
(.' at al a n i seh ; Ms. ( .'arjientras N0.377.
Textverbesserunj^en zu den „Sie-
ben weisen Meistern", zu dem „Dis-
pute entre En Buch et son cheval"
u. zu dem „Libre dels mariners"
637. — Prosthese von a vor r und
t í.^l.
('a vale a, Domenico. Serventesc 629.
í'avalcanti, Guido, litterarischer
(iej»ner Dantes 450.
(lecco Angiolieri, lilterarischer
Gegner Dantes 459.
('ecco d'Ascoli, 3 lat. Briefe 622.
('en toes, sj)an. Dichtgattung 422.
('h art i er, J.. ('hrímif|ue, Us. 165.
('ha s tel lain, (t., Le 'l'empie Boccace,
lis. H)^.
G h i o gg i a , Märchenerzähler daselbst
6 H).
('h res ti en de Troves, Ausg. seines
Perceval 4X0. Nominaltlexion in s.
Werken 26.
('hristine de Pizan, Ejiistre d'Othca,
Ils. If»i).
('hroniíjues d<? St. Denis, Ils. 165.
(id, (juellen tier ("reseli. <les Gi<l 175.
Knm.inzen vom 41S. 481.
Gino ila Pistoia, 3 Siluette de>
I . Buches u. das ganze 2. Buch der
von Faustino Tassi besorgten Ausg.
der Lieder G. 's gefälscht (>I<).
Glaros, Romanze vom ("onde — 41(1.
Com e st or. fr/. II ss. lOv '(>(i-
Courtecuissc. jehan. Le Livre Sc-
nècpie, lis. K»-^.
Cupidi s. Märchenerzähler.
Curtius Ru fus, frz. Hs. 165.
Dante, T-«ben u. Werke von Wcgelc,
Bemerkungen darüber 454 ff. Can-
zone pietrose 169 ff. Sonett an Lippo
174. Son. an Betto Brunei leschi 175.
Purgatorio 168. D. versucht sich
im Provenz. 235. Dantckommen-
tare 72. Dantestudien ôoy ff. 630.
Sul Signitìcatico Allegorico della
Lucia, T^ Ruina» Il Mito delle
P^uric, Ulisse nella Div. C, La 'l'ri-
logia Dantesca i>o8 ff. Hs. der Vita
Nuova; Abfassungszeit der V. N.;
Widersprüche zwisch. der V. N. u.
dem Convivio 612 ff. Abfassungs-
zeit des Gonv.; De aqua et terra
615 ff. Entstehungszcit des Ge-
dichtes „Voi che intcn<lendo" 617.
Über Scheffer- Boichorsts Buch „Aus
Dantes Verbannung" 625 ff. Ab-
fassungszeit der Monarchia 626.
Canzoniere 628. D.*s Pia 630.
Dante da Majano schrieb 2 Sonette
provenz. 235. Litterarischcr Gegner
Dante Alighieris ^$8.
Deschamps, E., CEuvres iiiéd., Ils.
I()6.
Diätetik, prov. 159.
Diaz de Toledo, Pedro, Sprichwort-
sammlung 105.
Dichterschule, Sicilian. 455.
Diez, Fr., Briefe von — an J.Grimm
481 (f. Diezstiflung 480. Geschichte
tier Troubadours 482 ff. Frz. Ely-
mologicon 489. Romanische Laut-
lehre 491.
Dino ('ompagni. Wiederholter Be-
weis, dafs die Chron. des D. C. ge-
fälscht ist 66 ff. Quelle Dinos 80 ff.
Verhältnis zu Villani 80 ff. Wider-
sprüche der C^hronik D.*s zu den
benutzten Quellen 88 ff.
Diogo Bern ardes, Stanzen auf die
heil. Ursula 138. 149. Elegien 517.
528.
Disparate, portug. u. span. Dicht-
gattung 420.
Doria, Perceval, it. Trohador 221 ff.
Doria, Simon, it. Trobador 220 If.
D u p u i s , T^udovico 6 1 9.
E n s a 1 a f 1 a s , f K>rl. Dichtgattung 422.
Evangelium Nicodemi, prov., Hss.
der poet. Form u. der Prosaauf-
lr'>sung; Bemerkungen zu dem Ge-
dichte 158.
F aba, Guido, Grammatiker von Bo-
logna 620.
Faillit, (jauselm s. Raimbant.
Falcilo de Resende, Micrcxrosrao-
giaphia 137. 148.
SACHREGISTER.
641
Ferrari, B., Andromeda, mit Musik
von Franc. Mamelli 625.
Ferrari de Ferrara, it. Trobador
231 ff.
Fulastre, G., Thoy son d'or, 1er livre,
Us. 165.
Floire und Blanche flor. Il Poema
Italiano 166. Inhaltsang. des span.
Rom. nach einem Drucke des 16.
Jahrh. (in der Bibl. von S.Marco);
Abweichungen e. modern. Druckes;
Bezieh, zu Boccaccios Filocolo 618.
Flexion im Reim des fri. Rom. 26.
Folquet de Marseilla 179.
Foscolo, Ugo 630. Entstehungs-
gesch. des Rom. „Jacopo Ortis" 175.
Francesco da Barberino, lat. Rand-
glossen i6().
Französisch, Hss.'. Chronique de-
puis Adam jusqu'à Jésus -Christ;
Trésor des hystoires; Mirouer hys-
torial, vol. II; Légendes des saints;
La vie Notre Dame; traité pour
cognoistre qu'est pechié mortel ; En-
seignements; La vie .St. Clement;
Vie de Marie et de Jésus; Le livre
du trésor, cont. un abrégé de l'his-
toire des Hébreux; Hyst. troyennes;
Lts histoires de Rome; Hystoires
romaines abrégées ; I^ fait des Ro-
mains; (chronique des comtes de
Savoie ; Croniques et hystoires de
France (bis 1383); Chroniques de
France, d'Angleterre et de Flandres
(12(^6 — 1370); Ancienne Chronique
de Valenciennes (1290 1345); His-
toire des guerres de la Terre Sainte ;
Konian de la marquise de Saluées
1 65. Theologica u. Moralia in Prosa
u. Versen; Jubinals Kopien franz.,
span., ital. Dichtungen; Kopien
Méons u. Trébutiens; Roman go-
thique p. ex le roman de la Rose
suivi tlu Codicille de Meung; Le-
benden (frz.?); Psautier [?]; Traité
de div. temptacions; Le jeu des
Felices moralisé ; Les ystoires a tous
les aages dou monde ; La 3« partie
des costumes de l'ordre de ('har-
irouse laquelle appartient es frères
lays; Legenden (frz.) 1O6. Pariser
Hss. der Hihi. nat. frani,'. 1745, 1747»
0 1 1 S 157. Cheltenhamer Liederhs.
157. Londoner Harl. 7403 157.
Texte: Les trois saints de Pa-
lestine, Conte; Le grand loup du
bois, ronde bretonne 637.
lAiutUht e', a vor der Tonsilbe
/.u e 183. Über lat. e vor e und i
im Pikard. 103!!. Auslaut, ce (i) wird
ZeiUchr. f. roin. l'hll. VII.
im Pik. durch s nie durch c oder
ch dargestellt 163. s statt z 164.
SS oder c wie stimmloses s ausge-
sprochen 164. V vokalisiert sich
zu u 182.
Deklination : Die Flexion des Vo-
kativs im Altfrz. u. Provenz. 23 ff.
Entstehung des Vok. 24. Nomina-
tivform für Vok. 24 ff. Nom. für
Acc. ' 25 ff. Bald Nom., bald Acc.
für den Vok. 25 ff.
Konjugation : Die analog. Wirk-
samkeit in der Entwickelung der
franz. Konjug. 45 ff.
Syntax : Ausruf mit quel im Acc.
27. Afrz. Adverbien der Zeit (Be-
deutung u. Gebrauch derselben) I ff.
Afrz. mar, mal mit dem Konjunktiv
573 ff', buer, bona mit Konj. 575.
Bemerkung zum Gebrauche von très
579 ff. Die Steigerungsadverbia
beaucoup, bien, fort, trop 580.
Froissart, Hs. 165.
Gaiferosromanze 418.
Gargantua, auf ihn bezügliche Sagen
u. Überlieferungen 604 ff.
Gerson, frz. Hs. 165.
Gesta Florentinorum 84.
Giacomo da Leona, Kenner des
Provenz. 235.
Gibert de Montreuil, Behandl. der
Flexion in s. Veilchenroman 26.
G i ral don. Tenzone zwischen — u.
einem Grafen 162.
Girard s. Aycard.
Ciiustiniani , L., Hss. u. Drucke s.
Lieder 618.
Gonzalez, Fernán, Romanze 424.
Graal, roman du St. — , Hs. 166.
Grill, Jacme, it. Trobador 220.
Grimm, J. s. Diez, Fr.
Gui Folqueys, Die sieben Freuden
Marias 161.
Guillaume de Guilleville, Le pèle-
rinage de la vie humaine, Hs. 166.
(iuillaume le maréchal, Histoire
de , Hs. u. Text 631.
Guillaume de Nangis, Hs. 166.
(ÌU il lau me de Sylvecane, Beweise
für s. provenz. Abkunft 185.
(iuillaume de Tyr, A., Hs. 165.
< Ì u i 1 1 e m de Berguedan 487.
(iuionet, Tenzone zwisch. — u. Po-
mairol 163.
Guiraut von Bomeil 161.
Ciuiraut de Cabreira 487.
Handschriften: Hss. der Arsenal-
bibl. in Paris, in Avignon, Bagnères,
Beauvais, Bourg, Chalons-sur-Saone,
Chalons - sur - AÎarne , Chateauroux,
41
1^
U . U^T,
Í hciliourj^, Í luiiy, • «»iit.iiu t.-. Dijmi
(i.ivttjii, Frcrc, Li\r'.- ■n; hi lit.ui -i»-
Iii^ioire-) Ao la terre ii'Mrifm, JI>.
IIoiic>lc d«.r Mcliciicr. I uuriiicic
Ma^keraiit-n , Tänzf. Bc-chrt-ibunu'
der — 17Ó.
Huí» o von Bologna, G rainmaii(çcr '»22,
Jacobus de Voraj^ini.-, frz. H^. lOv
Jacopo da Montepulciano. Fimerodia
170. 173. 5 Sonette 630.
Jehan, Lettre du prêtre — . Hs. i6v
Jehan de Courcy. Us. 165.
Joseph us, Hs. 165.
Italienisch, I/ss.: Xo. 5 «ler Arse-
nalh^s. in Paris: Laudi di íie-^u-
í.'risto, di María vergine et di alcuni
santi, XIII— XIV S. 165. Vat.-Hs.
174. Hs. von S. Marco h22. Hss.
der Xat.-Bibl. zu Xcai»el 170. M^.
der Corsiniana 619. Hs. der kgl.
Prívatbibl. zu Turin 62O. Hand-
schriftenkatalog der Bibl. Pubi. P^vo-
rense 408.
Texte'. Gcílichte des 13. und
14. Jahrh. 174.
Lautlehre-. Ltl. des Tcsorctto
und Favolello B. Latinis 252 ff.
Deklination : Acccntverschiebuni;
beim nomen proprium 325. l'bcr-
gang aus einer Deklination in die
andere 327.
Kunjuj^ation : Flexionsverhält-
nisse im Tcsorctto und Favolello
Br. Latinis 328 fi.
Syntax: Übertragungen der Mo-
dusverba potere, <lovcre, volere
(A. Das Hilfsverb des „regierten"
Zeitworts überträgt .«»ich auf das
Modusverb. B. Das Passiv der
Verba potere, dovere, volere) 576 fV.
quel mit dem Vokativ 27.
J/etriÂ': Strophen zu achtsilbigcn
Zeilen 588. Ottava rima 169. Ter-
zinen 171.
Kalender, prov. 159.
Keltisch: Die onomatopöische Wur-
zel ,.gar'* in allen kelt. Dialekten 605.
Kinderlieder und Kinderspiele in
Frankreich 606 flf.
Kin der reim, ein frz. des XI.
XII. Jahrh. 94.
Kreuzlegende, ])rov. 159. 168.
L a d i n i s c h , 7 exte : R ü gel i eil 99 ñ.
Romanische Schultibel; Übersetz,
des kanisisch. Katechismus; t'ber-
setz. der alten Statuten des Hoch-
gerichtes Münster; münsterisches
(lebetÑ- und l'nterrichtsbuch 531.
Vtilk^-î.igcii :în i Lit it-r : !i. ".. Ri*.:-
ehioniken ^32. Pt-»: in Mûr.-:-.:
; 32 rt". I )a» Blutw iiu¿¿z z ;- ñ. Eir.-.-
rälische Ritler>.i;;c 54 i fr. V n .irr
unglücklichen Ehe 544 n. Dial:.:
zwi>chen Mutter uni Tochtrr »^ j tt.
Spinnlieder 352 flf.
Sprache: Au^bilduni: -ie«! Díj-
lektes des Münsterthaies 531.
Lain. D.. s. Elisa die I. kùnî. «'per.
die in Venedig aufgefìihrt v urde :
biograph. Nachrichten und »eine
Werke ^?^.
Lan franc Cigala, it. Trubador 2ióri.
Lanfranc, Paul de Pi-ioja. i:.
Trobador 229 fl".
Lanza marques, it. Trobador 1S7 tT.
=3 Manfred IL Lancia 1S7.
Lateinisch: Vokativ im Lat. 24.
Unterschied des Vok. vom Nox.
u. Acc. 24. — Participial pr¿ep><-
sitionen 125 fi.
Laudes Jacoponi Layci f>2g.
Le fé vre, Raoul, Hs. 165.
Leonard de A., Li\Te de la I* guerre
punique von — , übers, von J eh. Le
Bègue, Hs. 105.
Liebesbrief, prov., Verf. desselben
161.
Liederhandschriften: Nieder-
schriften von I jedem zum Teil
nach dem Diktat des vortragenden
Sängers gemacht 582.
Livius, frz. Hs. 165.
Loherains, Chans, de j;. des —,
Hs. 166.
Luca Grimaldi, it. Trobador 219 fr.
Lu q uc t Gattilusi, it. Trobador 223 fl'.
Luxembourg, P. de, Epistre«. H«.
165.
M a c h i a v e 11 i , s. Leben a. s. Schriften
630. Abfassungszelt der Mandra-
gola 626 ñ,
Magalotti, Conte L., 171.
Malaspina, Albert, it. Trobador:
Biographic 188 ff. Wilhelm and
Conrad, s. Neffen 189 ff. Tenzone
mit Rambaut von Vaqueiras iqi.
Datierung der Tenzone 192.
Malaspini, Chronik, Hs. 624.
M a n de V i 11 e , Jehan de — , IIsïi. 1 65.
166.
Mar, genuesischer Familienname 1 93.
Märchenerzähler, it. 619.
Matfre Ermengaus Sprachfonnen
390 ff. Breviari d'amor 390. Ent-
stchungszeit des Gedichtes; Heimat
des Dichters; Hss. des Breviari 390.
Ein in Reimen ver&sster Brief des
M. E. 392.
5iACHREGL<>TER.
643
Maurin und Alfonso Ramos, Ro-
manze von der schönen — 4i*i.
Melibeo. Rom. de — . Hs. ihh.
Meneses, D. Henricjue de S^f) íí*.
Menc/es. D. Mij^uel de ^03 fT.
.Mij^jlii^ri dejLjli Aliali. Kenner des
Proven/. 235.
Nfofin.i Menden 133. Sprithwoit
über 434.
Molière, Tarlufìe, Oueile 623.
Mon s irei el. Eng. de. lis. 165.
Montcniayor 415. 426.
Monti , v.. Brief 623.
!Mou^kci. Phil., in s. Keinichronik
nur 9 gesicherte Vokative 26.
Neapel, kom. Oper daselbst 625.
Ni cole t de Turin, it. Trobador 214 ff.
Ni col et ti, M. A., Vite d'uomini il-
lustri volgari, Ms. 630.
Noronha, Antonio de, 2 port. Edel-
leute, Biographisches 494 ff. 514 ff.
Obs de Biguli, it. Trobador, 233.
Ol i vero s und Montesinos, Romanze
von — 418.
Ordinamenta 82.
Oro si US, frz. Hs. 165.
Palais, cobla 194 ff.
Paolo da Foligno 620.
Paris, Paulin, litterarische u. Lehr-
thätigkeit desselben 631.
Paves, Li, it. Trobador 214.
Pecorone, Novelle 1 70.
Pei re de Bussignac 487.
Peire Cardinal 487.
Peire de la Cavarana, ein Proven-
zale 182 ff. Datierung seines Liedes
183.
Peire Guillem de Luserna 205.
Peire de la Mula, it. Trobador 194 ff.
Peyre de Ruer, ein Provenzale oder
Italiener.- 185 ff.
Peire Vidal 184.
Petrarca 171. Hs. 165. Trionfi 138.
Pi Is eh, P'iorian, ein münsterischer
Dichter, s. Biographie, s. Werke
531 ff.
Poitou, Bibliographie des traditions
et de la littérature populaire du
554 ff.
Polo, Marco, JIs. 165.
Po m ai rol s. Guionet.
Portugiesisch: Elision des tonlos.
Vokals und Erweichung der Tenuis
k zur Media 105. Prosthese von
a vor r und t 631.
Provenzali seh, //s.: Fragment d'un
poëme prov. sur la prise de Da-
miette 165.
/V.v/: Bruchstück eines Romans
161.
Laiitléltrt'\ bei Matfre Ermengau
392 ff. 1 zu \ 197. Vertauschung
von s und l 592.
Delilinatioii : bei Matfre Ermen-
gau 400 ff. Die Flexion des Voka-
tivs im l'rov. 39 ff.
írorthí¿i/uit¿r: Bildung «ler Orts-
namen auf ..ana" 183.
Kon/u j^iitìon : bei Matfre Ermen-
gau 403 ff.
Aìftrìk : Paarweise gereimte
Achtsilber; Assonanz: Accent auf
der unbel. Endsilbe; Weibliche
Reime; leonynische Reime bei
inännl. Versausgang; Dreireime 391.
Zehnsilb., paarweise gereimte Verse
392. Binnenreime 595. „ist" bald
ein-, bald zweisilbig 396. Casur
beim sieben- oder achtsilb. Vers
meist nach der 3. od. 4. Silbe 591.
Pucci, Antonio 626.
Raimbaut, Tenzone zwisch. — und
Gauselm Faidit 162.
R aim on de Castelnou, Doctrinal,
Textberichtignngen 160.
Rambertin de Buvalel, it. Trobador
197 ff. 621.
Renard, Roman du — 484.
Renaud, Chanson de Jean — 636.
Ricaut de Tarascón 487.
Richart de Berbezieux 487.
Rime volgari, Antiche — Vol. II,
Emendationen dazu 623 ff.
Rolandslied, frz. Hss. 166 s. auch
Weihenstephaner Chronik u. Sam-
bo, E.
Romanische Sprachen: Kürzung
der Endung „atc" zu „a" 232. —
Die onomatopöische Wurzel „gar"
in den roman. Dialekten 605. —
Verschiebung des Accents; üb. das
Suffix „-iolus" 572. — Kennzeichen
der rom. starken Flexion 492. —
Artikel bei Appellativen im Voka-
tiv 26. Entstehung der rom. Par-
ticipialpraepositioncn 125 ff.
Romanze, Die alte — in Portugal
beliebt 416.
Romanzen, altspan., übersetzt von
F. Diez 481 ff.
Rose, Rom. de la, Bearbeitung in
ita!. Sprache 457.
Rou, roman de, Vokative darin 26.
Rugetto da Lucca, it. Trobador
^ Guiraut de Luc 234.
Rumänisch: Lautlehre: lat. a; 3. sg.
perf. ä = avit, darnach heute die i . 2.
iii S^T statt ai así; á aus aot au(t)
o entstanden; ausi, ó zu ä Çr)\
Magy. -Ó rum. als Su; Aussprache
41»
644
\V. LIST,
dieses o; la, da, stii, fii, vìi aus laut,
lo; dieses von lao, la, aut, aus ge-
bildet 637. Im Moldauischen nach
i u. Ç á zu c, sofern die folfjendc
Silbe einen palatalen Vok. enthält
638. nach Ç wird heute a gesprochen ;
wie lat. a wird auch lat. è = rum.
a behandelt; eine Anzahl Feminina
mit innerem a verwandelt dieses im
PI. auf Î in n 638. — Diflferenzie-
rung ursprünglich gleicher For-
men 638.
Deklination', Das Wallachischc
besitzt noch heute eine bes. Form
für den Vokativ 44.
Sagensammlung 604 fl".
Salerno, G. N., 2 Sonette 170.
Salimbene, Chronik, Verhältnis der
einzig. Vatican. Tis. zu dem par-
menser Drucke 628 ÍT.
S ambo, Ermenegildo, it. Märchen-
erzähler, PIrzählung von der Schlacht
von Ronceval 619.
Schwur, port. 634 ff.
Scot, Li, it. Trobador 234.
Seneca ins Span, übertragen 105.
Servcri de (Hrona, Lehrgedicht 161.
Sforza s. Bibliothek.
Silva, D. Pedro da 523 íT.
Silvestre, Gregorio 415.
Sor del, it. Trobador 202 il'.
Spanisch, IIss.: No. 22 der Arscnal-
bibl. in Paris: Historia de Eutropio;
No. 23: ^Martin iVdono, (.'roñica 165.
Fai ut lehre: Prosthese von a vor
r u. t 631.
Sprichwiirtcr: S]ìr. u. sprichwiirll.
Redensarten, altspan. — aus den
Zeiten vor ('ervantes, ins Deutsche
übers, von J. Haller 597 fl'. Span.
416. 436. Span. u. j)ort. Sprich-
wort Sammlungen 104. Port. 102.
412. 415. 425 n; 428. 434. 442. 449.
Käst. 412. Neapolit. 603.
Sünders Reue, Des — , prov. 150,
J'cdaldi - Kores, Carlo, Due Lrllere
^30.
Tcnnysons Gedicht auf Odysseus
ins Ital. übers. 61 1.
Thomas Tl. von Savoyen, it. Troba-
dor 233.
Tommaso Un zi o s. Tommasuccio.
Tommasuccio, Biographisches 624.
Trinci, Kunst u. Wissenschaft am
Hofe der — 624.
Trobadors, Ital., Lebensverhältnisse
derselben 1 77 ff. Provenz. Trob. in
Italien 1 77, Ital. Trob. dichten in
der provenz. Sprache 177. lebhafter
Verkehr zwisch. Genua u. der Pro-
vence 177. Sind einzelne von den
bisher als Italiener angesehenen Tro-
badors Provenzalen gewesen } 1 78 ff.
Trufaldino Medice Volante, it. Ko-
mödie 623.
liberti, Fazio degli — 630. schreibt
provenz. Verse 235.
Uc de Pena, s. provenz. Herkunft
178.
Valerius Max. p. Simon de If csdin»
frz. Hs. 165.
Valles, Pedro, Libro de Refranes
597-
Venedig besafs zuerst ein stehendes
musikalisches Theater 625.
Villani 75 ff.
Vi oli na, Can/one della -, sîciL
Version u. eine span. Romanze des-
selben Motivs 619.
Visconti s. Bibliothek.
Volkslitteratur 604ff. 619. s. auch
Poitou.
Vu 1 gä r 1 a t ci n : Vulgärlat. Beton ungs-
gesetz 572. Reduplikation vermie-
den 4b. Lat. Vulgärsprachc ersetzt
unbet. P'lexioncn durch betonte 46.
Wace s. Ron.
Weihenstephan er Chronik, Ms. in
Paris 63Í).
W c 1 1 c h r o n i k , Über die Quellen der
romanischen - - 157.
Zeichen des jüngsten Gerichts, Die
fiinf/chn -, prov. 159,
Z orz i, Bertolomeu, it. Trobador 226 ff.
Wortregister.
Italienisch.
;icointanrc 2SS.
Albcnga, Alberga
iSo.
all ore 255.
anchore 255,.
androni- 124.
bua 116.
Inibbonc 1 if>.
cardo 573.
caiogn.i iif).
i lionlan/a 2SS.
chonto 288.
«lovcrr «i7<).
rndice III.
galoppare 1 \<).
ga//,a 110.
leccare 1 1 7.
I.Ticia, Bedeutung
608.
lìnaro, verb. 320. marco 121.
lino, praep. 130. morto 1^73.
t'oi.i, tore 275. orea 124.
fuor, fuori 275. i)rr 255,
(Tai/ 184. perire 330.
pietà 572.
piusor 328.
plusor 328.
l>otere 576.
prasor 328.
quattro 573.
sciatto 124.
tacchetta 116.
talore 255.
toccare 492.
WORTREGISTER.
645
tuttore 255.
verone 124.
Vidallana = lat.
Vidilianum 214.
volere 576.
zolla 116.
Französisch.
ades 13.
adone 20.
ainçois 21.
ainques 21.
ains I ff.
alors IO. 21.
anc'ouan 9.
antan, anten io.
antenois 10.
après 20. en, par,
a r — 21.
assener 480.
asteur, astur == a
ceste heure 2.
atoivre 492.
aucunesfois, au-
cunefois 17.
l'aiitrier 20.
avant 1.
avanthier 20.
a wan 9.
l)eaucoup 580.
bien 580.
bobo 1 16.
l)runela 120.
car 5.
cependant 18.
ehalt pas 21.
chatte 125.
cointe 288.
covoitise, convoi-
tise, convoitise
288.
cran 1 16.
cuivre Ili).
delivrement 20,
demain 15.
ilenianois 20.
dementrc, deinen-
tres, dcmentier.v
18. que 18.
en 21.
ilemettres 18.
depuis, <iu depuis
12.
Hepuisque i ^,
de rechief itt.
desja 20.
désormais 3.
dcvanthicr 20.
(i'ist di en avant 3.
donc I.
donques 21.
d'or en avant =
dorénavant 3.
d'ores a altres,
d'ores en altre
= de temps à
autre 3.
eclanche 116.
el 588.
empres 20.
encores 21.
encui 20.
endemain 16.
enquenuit 20.
a ces entrefaites
18.
entrementres 18.
entresait 20.
entretant 18.
entretemps 18.
entrues 18.
cnwan 9.
erranment 20.
errant 20.
a estros 20.
et — or 4.
évanouir 492.
ferir 405.
liner 329.
fois 1 7.
a la fois 17.
fort 580.
horion 120.
hors 5.
houcre 124.
hourque 124.
hui 9. en - - 21.
huimais 20.
jadis 21.
idonc 20.
incontinent 20.
jocr 9.
i sn element 20.
isnele pas 21.
kachcvcl, chache-
vcl 636.
lonjjes 20. a — 21.
longtemps 21.
lonfjuement 2ü.
lors 20.
lues I.
main 15.
maintenant 20.
de — 21.
maintcsfois, mainte-
fois 17.
mais 20.
maishui 20.
mar, mal 574.
matin 16. par —
16.
mesouan 9.
n agüeres 20.
nichet m.
nourrice 581.
oan 9.
onques I.
or I ff.
orains 3.
orainz i.
orendroit 2.
ore que 4.
ores 21.
ouan 9.
ouanmes 9.
owan 9.
pareçon, parchon
581.
a la parestrousse
21.
parmain 16.
pennon 123.
picca 20.
poire 195.
posa 20.
premerein, preme-
reinement, pri-
mereinement 1 1 .
premier, promier,
prumier 10. pre-
mièrement, pre-
mier de faire,
pr. que faire,
pr. qu'il fasse
II.
present 9. de — ,
a — 21.
présentement 9.
primereinement
20.
jirimes 10. de — ,
a - 10. de
prim saut 21.
primos IO.
puis 1 1. puis —
puis:r=nfrz. tan-
tôt—tantôt 12.
puis di, puissedi
12.
puisque 13.
rarement 17.
semprcs 13.
sire 491.
souspeçon 581.
souvent 1 7.
sus 5.
tandis 18. — que,
- comme 19.
en — 19.
tantost 20.
tard 15.
taudir 123.
tempre 15.
toise 123.
tost 5.
tousdis 14«
tousjours 14.
tous tens, toutes
ores 14.
toute jor 15.
très 579.
trop 580.
tutes ures = sem-
per 14.
ure = utrum
636.
Provenzalisch.
ab 486.
anar 404.
aver 406.
carogna 116.
cazer 405.
cercimons 487.
creire 404.
dar, donar 404.
défendre 404.
deissendre 404.
dementia 18.
despendre 404.
dire 406.
doil 588.
emperáire = em-
perador 486.
esser 406.
estar 404.
far 406.
ferir 405.
jazer 405.
Jhesus 401.
joigner 591.
issir 405.
lagot 117.
legisme 399.
mas 593.
meisser 404.
Mendcs 432.
motz 486.
n.iisser 404.
peire 195.
plazer 405.
querré 406,
re(n)dre 404.
rescondre 404.
respandre, ir 404.
respondre 404.
rezemer 404.
rompre 404.
saber 233. 405.
646
/ \V. LIST, WORTREGISTER.
segre, seguir 404.
sónher 486. 492.«
soar 430.
sonar 234.
so vén 486.
tener 406.
tolcr 400.
trácher = trachòr
486.
vencer 404.
vestir 405.
vezer 406.
viure 404.
Ca t ala ni se h.
barana 124.
fai agar i iq.
farum , farumear,
furmcar 634.
urea 124.
veral 124.
xaLo 124.
xolla, xulla 116.
Spaniseli.
arapcnde 123.
arduo 573.
armuelle 115.
ate/ar 124.
atobar 123,
avedcllo 118,
1)aranda 124.
buba IH>.
carroñar 116.
cerrión 634.
cholla 1 1 ().
cuerdo 113.
deus, nom. 632.
dintel 124.
enguera uj.
estrado 482.
fai agar 117.
fascás 120.
ganzúa no.
gayo 119.
halagar 117.
bascas i 2ü.
jilguero 121.
buho Ó32.
lagotear ir 7.
Icjo I iS.
le/.da 120.
lóbrego, lobrigo
120.
loro 120.
mangia 121.
marco 121.
mas 434.
maslo, nia/do 1 17.
mego 113.
nidal I n .
nieve 121.
nollo 118.
papagayo i 1 9.
péndola 1 23.
pintacilgo 121.
podenco 122.
prestes, nom. (132 .
sages, nom. 63 2.
sancho O37.
santiguar 113.
sesgo 122.
silguero 121.
tesar 123.
tieso 123.
toba 123.
tobera 123.
tobillo 123.
tralladar 1 17.
trayo 6ül.
umbral 124.
urca 124.
uzlar^ustulareí 17.
vereda 124.
xata, xato 124.
/.urdo 125.
Portugiesisch.
ainda <]ue no.
anguoira n7.
anvídos,nom.632.
Aram $0^.
armuelle n^.
aro BB agrura 633.
a/.uutar 428.
bicha = bestia
033.
bicho = besiius
^>33-
bra dar 633.
bruxa 114.
cas f.33.
coco, Bdtg. í)37.
coima:- -calumnia
com(]uanto 109.
ere na l n .
deus, nom. 632.
rilo I Ib.
em que :-~ émquc
IU9 fl".
enupie = ainda
({ue 1 10.
éndes , cnde¿
noff.
éndice ni.
er, Partikel d^^,
ospoens =::= prop-
ter 633.
estriga n4.
faro 034.
fcros 424.
lius, fis. nom. 632.
gazua 119.
Gonial ves 429.
index II I ff.
incjuc no.
leira 120.
lóbrego 1 20.
louio 120.
maire 032.
mais 434.
mangra i 2 1 .
marco 121.
meestre . ujc^lre
032.
meigo 113 fl.
meiguices lij^.
méndes =& nicdi"
432-
naja, neja 108.
namja. nan ja
1 05 ff.
nega, nego = ni
qua 634.
nemja, nenja 105.
ninhu 634.
t)lhar= adocuUre
^34-
ontein = ad
nocttni 634.
papagayo il<).
par per por =
por 634.
]ìintasirgo X2i.
prestes, nom. 632.
(Juarcsma 428.
rigonha = iracun-
dia 636.
sages, nom. 632.
sarar 636.
saudades 429.
sengo 102 ff.
sesgo 122.
sesta 122.
so ares 431.
tolda, toldar 133.
toldo 123.
tredro, tredo 632.
urca 124.
varanda 124.
vereda 124.
//alU, Druck ron K. Karra».
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